Bernhard Kirchmair Originäre Ausgründungen aus etablierten Unternehmen
GABLER RESEARCH Innovation und Entrepreneurshi...
7 downloads
1905 Views
2MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Bernhard Kirchmair Originäre Ausgründungen aus etablierten Unternehmen
GABLER RESEARCH Innovation und Entrepreneurship Herausgegeben von Professor Dr. Nikolaus Franke, Wirtschaftsuniversität Wien, Professor Dietmar Harhoff, Ph.D., Universität München, und Professor Dr. Joachim Henkel, Technische Universität München
Innovative Konzepte und unternehmerische Leistungen sind für Wohlstand und Fortschritt von entscheidender Bedeutung. Diese Schriftenreihe vereint wissenschaftliche Arbeiten zu diesem Themenbereich. Sie beschreiben substanzielle Erkenntnisse auf hohem methodischen Niveau.
Bernhard Kirchmair
Originäre Ausgründungen aus etablierten Unternehmen Eine empirische Analyse der Ausgründungsentscheidung Mit einem Geleitwort von Prof. Dietmar Harhoff, Ph. D.
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Ludwig-Maximilians-Universität München, 2009
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Jutta Hinrichsen Gabler Verlag st eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2210-6
Geleitwort Die deutsche Wirtschaft gilt als erfindungsstark, aber umsetzungsschwach. Viele Erfolg versprechende Forschungsergebnisse werden nicht effektiv vermarktet. Der Frage nach dem Transfer von Ideen in neue Produkte und Dienstleistungen sollte daher viel Aufmerksamkeit zukommen, sowohl in der Politik wie auch in den Unternehmen. Herr Kirchmair analysiert in seiner Arbeit originäre Ausgründungen als eine Möglichkeit für etablierte Unternehmen, an der Kommerzialisierung von intern nicht verwertbaren Projektergebnissen zu partizipieren. Die fragmentierte und heterogene Literatur zu diesem Phänomen wird konzeptionell neu geordnet und der aktuelle Kenntnisstand der Forschung wird transparent gemacht. Der inhaltliche Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt auf dem Entscheidungsverhalten etablierter Unternehmen bei der Prüfung von Ausgründungsvorhaben. Der Autor untersucht die Determinanten des Ausgründungsverhaltens und deren relative Bedeutung im Entscheidungsprozess der Unternehmen. Zudem charakterisiert er Innovationsprojekte im Hinblick auf ihre Attraktivität für eine Ausgründung. Dazu entwickelt Herr Kirchmair theoriegeleitet ein Entscheidungsmodell, das er mehreren empirisch-quantitativen Tests zuführt. Das Verhalten etablierter Unternehmen untersucht Herr Kirchmair zunächst experimentell durch ein Entscheidungsexperiment mit Entscheidungsträgern in Unternehmen, bevor er sich einer ex post-Analyse realer Entscheidungsfälle zuwendet. Die Daten für diese Untersuchung stammen aus einer umfangreichen Befragung etablierter Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die vorliegende Arbeit stellt eine Reihe neuartiger Ergebnisse vor. So zeigt Herr Kirchmair beispielsweise, dass eher jene Innovationsprojekte ausgegründet werden, die sich durch eine ausgeprägte Produktüberlegenheit, eine hohe Qualität kaufmännischer Kompetenzen im Team, einen im Verhältnis zum Ausgründungsaufwand hohen finanziellen Nutzen für das Inkubatorunternehmen und eine geringe Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie des Inkubatorunternehmens auszeichnen. Bemerkenswert ist das überaus positive Erfolgsbild ausgegründeter Innovationsprojekte: Diese weisen überdurchschnittlich hohe Überlebens- und Wachstumsraten im Vergleich zu anderen jungen Unternehmen auf.
VI
Die hier vorgestellte theoretische und empirische Untersuchung originärer Ausgründungen leistet einen wichtigen Beitrag zur Innovationsforschung. Die konzeptionellen und analytischen Ausführungen dürften sich als außerordentlich fruchtbar für weitere Forschungsarbeiten in diesem praxisrelevanten Bereich erweisen. Somit liegt mit dieser Arbeit ein anregender und äußerst interessanter Forschungsbeitrag vor. Ich wünsche dieser Arbeit lebhafte Resonanz und große Verbreitung sowohl in der wissenschaftlichen Fachwelt als auch unter Managern innovationsorientierter Unternehmen. Stanford, im März 2010 Prof. Dietmar Harhoff, Ph.D. Vorstand des Instituts für Innovationsforschung, Technologiemanagement und Entrepreneurship der Ludwig-Maximilians-Universität München
Vorwort Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit entstand während meiner Tätigkeit am Center for Digital Technology and Management (CDTM) der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Technischen Universität München und des Elitenetzwerk Bayern. Die Betreuung dieser Forschungsarbeit fand am Institut für Innovationsforschung, Technologiemanagement und Entrepreneurship (INNO-tec) der Fakultät für Betriebswirtschaft der LudwigMaximilians-Universität statt. Viele Personen aus meinem privaten und beruflichen Umfeld haben auf höchst unterschiedliche, jedoch stets wertvolle Weise – und teilweise sicherlich nicht immer bewusst – zu diesem Dissertationsprojekt beigetragen. Ihnen möchte ich hiermit meinen Dank aussprechen. Mein erster Dank gilt voller Hochachtung meinem Doktorvater, Herrn Professor Dietmar Harhoff, Ph.D. für die äußerst konstruktive fachliche Betreuung und stete Bereitschaft zum Dialog. Von seiner unerschöpflichen Inspiration durfte ich genau zu den richtigen Zeitpunkten profitieren. Bei Herrn Professor Dr. Dres. h.c. Arnold Picot möchte ich mich für die freundliche Übernahme des Korreferats und die Begleitung meines Promotionsstudiums „Master of Business Research“ (MBR) bedanken. Spezieller Dank gebührt meiner Kollegin Dr. Karin Hoisl. Sie hat meine Forschung von Seiten der Habilitanden betreut und durch viele wertvolle Diskussionen nachhaltig gefördert. Ohne das so prägende und inspirierende Umfeld des CDTM und der kritischen und fruchtbaren Resonanz von Freunden, Kollegen und Studierenden würden nicht nur meiner Arbeit, sondern auch meiner Persönlichkeit wertvolle Facetten fehlen. Hervorzuheben sind hier Rebecca Ermecke, Nikolaus Konrad, Marie-Luise Lorenz, Philip Mayrhofer, Christian Menkens, Patrick Nepper, Uwe Sandner und Uta Weber. Ihr Lieben, ich weiß, was ich an Euch habe! Daneben möchte ich mich bei den zahlreichen Diskussionspartnern und Studienteilnehmern aus der unternehmerischen Praxis bedanken, deren Kooperation zum Gelingen des empirischen Teils dieser Arbeit so wichtig war. Stellvertretend zu nennen sind Dr. Heinrich Arnold und Marie Dowling der Deutschen Telekom Laboratories in Berlin sowie Christian Wiesinger des Siemens Technology Accelerator.
VIII
Großer Dank gilt meinen lieben Eltern Wolfgang und Regina, die mir Flügel als auch Wurzeln mit auf den Weg gegeben und seit jeher meine Projekte mit uneingeschränktem Vertrauen unterstützt haben. Er gilt Claudia, meiner Schwester, auf die ich so stolz bin und die zu haben ich mich nicht zuletzt aufgrund ihrer kraftvollen Hilfsbereitschaft und unstillbaren Neugier überaus glücklich schätze. Und er gilt ganz besonders meiner Freundin Barbara, die sehr nahe dran war am Dissertationsgeschehen, an emotionalen Höhen und an einigen Tiefen und zugleich ermutigt, inspiriert und kritisch reflektiert hat. Ohne ihre liebevolle und bedingungslose Unterstützung würde ich diese Zeilen nicht schreiben dürfen. Diesen mir so wertvollen Menschen ist die vorliegende Dissertationsschrift gewidmet.
München, im März 2010 Bernhard Kirchmair
Inhaltsverzeichnis 1
2
Einführung ........................................................................................................................ 1 1.1
Motivation und Problemstellung........................................................................... 1
1.2
Ziele der Arbeit und Forschungsfragen ................................................................ 3
1.3
Untersuchungsgegenstand und grundlegende Begriffe......................................... 4
1.4
Wissenschaftstheoretische Verortung ................................................................... 6
1.5
Struktur und Untersuchungsgang der Arbeit ........................................................ 7
Stand der Forschung zu originären Ausgründungen ................................................. 11 2.1
Terminologische Abgrenzung ............................................................................. 11
2.2
Erklärungsansätze zur Entstehung von Ausgründungen..................................... 14 2.2.1 Motive und Eigenschaften der Gründerpersonen ...................................... 14 2.2.2 Auslösefaktoren in den beteiligten Organisationseinheiten ...................... 20 2.2.2.1 Organisatorische Trägheitsfaktoren und Innovationsbarrieren ..... 20 2.2.2.2 Spannung zwischen Unternehmen und Ausgründungsnukleus ..... 22 2.2.2.3 Existenz brachliegender Ressourcen ............................................. 26 2.2.3 Einfluss des ökonomischen Umfelds ......................................................... 27
2.3
Ausgründungsunterstützung durch Inkubatorunternehmen ................................ 28 2.3.1 Ziele der Unterstützung ............................................................................. 28 2.3.2 Unterstützungsformen................................................................................ 30 2.3.3 Unterstützungsprozess ............................................................................... 31
2.4
Ergebnisse zu Erfolg und Erfolgswirkung .......................................................... 32 2.4.1 Erfolgsfaktoren von Ausgründungen ......................................................... 33 2.4.2 Erfolgswirkung auf Inkubatorunternehmen ............................................... 36 2.4.3 Einfluss auf die Entwicklung von Regionen und Industrien ..................... 37
2.5
Synthese, Forschungsdefizite und Forschungsfragen ......................................... 39 2.5.1 Synthese und Forschungsdefizite .............................................................. 39 2.5.2 Forschungsfragen ....................................................................................... 43
3
Theoretische Bezugspunkte der Arbeit ........................................................................ 45 3.1
Diversifikation aus ressourcenbasierter Perspektive........................................... 46 3.1.1 Ressourcen, Komplementarität und Synergie............................................ 46 3.1.2 Richtung und Erfolg von Diversifikationsstrategien ................................. 48
3.2
Einfluss von Kannibalisierungseffekten auf Innovationsaktivitäten .................. 50
X
Inhaltsverzeichnis
3.2.1 Erkenntnisse der industrieökonomischen Forschung ................................ 50 3.2.2 Erkenntnisse der Innovationsmanagementforschung ................................ 51 3.3
Indikatoren des Entwicklungspotenzials junger Unternehmen ........................... 52 3.3.1 Investitionsverhalten von Risikokapitalgeber............................................ 53 3.3.2 Indikatoren der Unternehmensentwicklung ............................................... 54 3.3.2.1 Eigenschaften der Gründerpersonen .............................................. 55 3.3.2.2 Eigenschaften von Markt und Branche.......................................... 56 3.3.2.3 Eigenschaften von Produkt bzw. Dienstleistung ........................... 58
3.4 4
Zwischenfazit ...................................................................................................... 59
Explorative Untersuchung ............................................................................................. 61 4.1
Ziele der Exploration und Methodik ................................................................... 61
4.2
Beschreibung der befragten Experten ................................................................. 62
4.3
Hinweise zu Einflussfaktoren auf die Ausgründungsentscheidung .................... 63 4.3.1 Unternehmensstrategische Faktoren .......................................................... 63 4.3.2 Gründerteambezogene Faktoren ................................................................ 65 4.3.3 Absatzmarktbezogene Faktoren................................................................. 67 4.3.4 Technologiebezogene bzw. produktbezogene Faktoren ............................ 67 4.3.5 Finanzielle Faktoren .................................................................................. 68 4.3.6 Weitere Faktoren ....................................................................................... 69
4.4 5
Zwischenfazit ...................................................................................................... 71
Theoretisches Modell, Hypothesen und Grundlagen der Hypothesenprüfung ........ 73 5.1
Modell der Ausgründungsentscheidung.............................................................. 73 5.1.1 Hypothesenbildung .................................................................................... 73 5.1.2 Zusammenfassende Darstellung ................................................................ 82
5.2
Grundlagen der quantitativen empirischen Analyse ........................................... 82 5.2.1 Ziele und Konzeption des Analysegangs ................................................... 83 5.2.2 Grundgesamtheit und Stichprobenbildung ................................................ 84 5.2.3 Repräsentativität der Stichproben .............................................................. 89
5.3 6
Zwischenfazit ...................................................................................................... 90
Entscheidungsverhalten im Experiment ...................................................................... 91 6.1
Ziele des Entscheidungsexperiments .................................................................. 91
6.2
Methode der Präferenzmessung und Präferenzmodell........................................ 92
Inhaltsverzeichnis
6.3
XI
Design des statistischen Versuchsplans .............................................................. 96 6.3.1 Auswahl der Eigenschaften und Ausprägungen ........................................ 96 6.3.2 Spezifikation der Alternativen und Festlegung der Auswahl-Sets ............ 98
6.4
Erhebung und Datensatz ................................................................................... 101 6.4.1 Erhebungsinstrument und Pretest ............................................................ 101 6.4.2 Durchführung der Erhebung .................................................................... 103 6.4.3 Aufbereitung des Datensatzes.................................................................. 103
6.5
Deskriptive Analyse .......................................................................................... 104 6.5.1 Allgemeine Beschreibung der Stichprobe ............................................... 105 6.5.2 Charakteristika der Entscheider ............................................................... 105 6.5.3 Bedeutung des Ausgründungsmechanismus............................................ 109
6.6
Multivariate Analyse und Befunde ................................................................... 111 6.6.1 Modellspezifikation ................................................................................. 112 6.6.2 Modellschätzung und Hypothesentest ..................................................... 112
6.7 7
Zusammenfassung............................................................................................. 118
Entscheidungsverhalten im Feld ................................................................................. 121 7.1
Ziele und Design der ex post-Studie ................................................................. 121
7.2
Erhebung und Datensatz ................................................................................... 122 7.2.1 Erhebungsinstrument und Pretest ............................................................ 122 7.2.2 Durchführung der Erhebung .................................................................... 123 7.2.3 Aufbereitung des Datensatzes.................................................................. 124
7.3
Operationalisierung des theoretischen Modells ................................................ 125 7.3.1 Abhängige Variable ................................................................................. 128 7.3.2 Erklärende Variablen ............................................................................... 128 7.3.3 Kontrollvariablen ..................................................................................... 135
7.4 7.5
Methodik der Datenauswertung ........................................................................ 137 Deskriptive Analyse .......................................................................................... 139 7.5.1 Allgemeine Beschreibung der Stichprobe ............................................... 141 7.5.2 Operative und strategische Beziehung zwischen den Entitäten .............. 143 7.5.3 Produktbezogene Eigenschaften der Innovationsprojekte ....................... 147 7.5.4 Eigenschaften der Gründerteams ............................................................. 150 7.5.5 Charakteristika des Entscheidungsprozesses ........................................... 155 7.5.6 Durchführung und Gestaltung der Ausgründungen ................................. 159 7.5.7 Erfolg und Erfolgswirkung ...................................................................... 167
XII
Inhaltsverzeichnis
7.6
Multivariate Analyse und Befunde ................................................................... 173 7.6.1 Modellspezifikation und Modellvoraussetzungen ................................... 174 7.6.2 Modellbildung und Hypothesentest ......................................................... 177 7.6.3 Diskussion ausgewählter Befunde ........................................................... 186
7.7 8
Zusammenfassung............................................................................................. 193
Synthese und Schlussbetrachtung............................................................................... 195 8.1
Zusammenfassung der Arbeit und vergleichende Beurteilung der Befunde .... 195
8.2
Beitrag und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis ................................. 204
8.3
Restriktionen der Arbeit und Aufruf für weitere Forschung............................. 207
Literaturverzeichnis ............................................................................................................. 211 Anhang .................................................................................................................................. 241
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1.1: Struktur und Untersuchungsgang der Arbeit .................................................... 9 Abbildung 5.1: Theoretisches Modell der Ausgründungsentscheidung .................................. 82 Abbildung 5.2: Forschungskonzeption des quantitativen Analyseteils ................................... 84 Abbildung 6.1: Alter der Probanden ...................................................................................... 106 Abbildung 6.2: Höchster Ausbildungsabschluss der Probanden ........................................... 107 Abbildung 6.3: Fachbereich des Hochschulabschlusses der Probanden ................................ 108 Abbildung 6.4: Berufserfahrung der Probanden .................................................................... 109 Abbildung 6.5: Bedeutung des Ausgründungsmechanismus heute ....................................... 110 Abbildung 6.6: Bedeutung des Ausgründungsmechanismus in der Zukunft ......................... 110 Abbildung 6.7: Ausgründungsprüfung und -durchführung relativ zu Wettbewerbern .......... 111 Abbildung 6.8. Ergebnisse der Hypothesentests im Entscheidungsexperiment .................... 119 Abbildung 7.1: Jahr der Ausgründungsprüfung ..................................................................... 142 Abbildung 7.2: Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen.................................................. 144 Abbildung 7.3: Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie..................................................... 145 Abbildung 7.4: Gefahr einer Geschäftskannibalisierung ....................................................... 146 Abbildung 7.5: Vermutete Beziehung zw. Ausgründung und Inkubatorunternehmen .......... 147 Abbildung 7.6: Zielmärkte der Innovationsprojekte .............................................................. 148 Abbildung 7.7: Produktüberlegenheit der Innovationsprojekte ............................................. 149 Abbildung 7.8: Reife der Innovationsprojekte ....................................................................... 150 Abbildung 7.9: Existenz eines Gründerteams zu Beginn der Ausgründungsprüfung............ 151 Abbildung 7.10: Verfügbarkeit eines geeigneten Gründerteams ........................................... 152 Abbildung 7.11: Schwierigkeit der Suche nach geeigneten Gründungsmitgliedern ............. 153 Abbildung 7.12: Anzahl der an einer Gründung beteiligten Personen .................................. 155 Abbildung 7.13: Ziele der Inkubatorunternehmen bei der Ausgründungsprüfung ................ 156 Abbildung 7.14: Dauer des Entscheidungsprozesses ............................................................. 157 Abbildung 7.15: Beratungsleistungen der Inkubatorunternehmen ........................................ 160 Abbildung 7.16: Intensität der Beratungsleistungen nach Eigenkapitalbeteiligung .............. 161 Abbildung 7.17: Ressourcentransfer von den Inkubatorunternehmen ................................... 162 Abbildung 7.18: Intensität des Ressourcentransfers .............................................................. 163 Abbildung 7.19: Kompensation von übernommenen Ressourcen ......................................... 164 Abbildung 7.20: Eigenkapitalbeteiligung von Inkubatorunternehmen .................................. 164 Abbildung 7.21: Entwicklung des Eigenkapitalanteils von Inkubatorunternehmen .............. 166 Abbildung 7.22: Eigenkapitalbeteiligung von externen Parteien........................................... 166 Abbildung 7.23: Erfolgswirkung der Projekte ....................................................................... 168
XIV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 7.24: Kooperationsaktivitäten zw. Inkubatorunternehmen und Ausgründung .... 169 Abbildung 7.25: Entwicklung der Kooperationsaktivitäten im Zeitverlauf ........................... 170 Abbildung 7.26: Beschäftigtenwachstum in den Ausgründungen ......................................... 172 Abbildung 7.27: Technologieführerschaft der Ausgründungen ............................................. 172 Abbildung 7.28: Diskrete Effekte der Modellvariablen Ressourcenverfügbarkeit (techn.) .. 188 Abbildung 7.29: Diskrete Effekte der Modellvariablen Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.) . 189 Abbildung 7.30: Diskrete Effekte der Modellvariablen Strategiekompatibilität ................... 190 Abbildung 7.31: Diskrete Effekte der Modellvariablen Teamverfügbarkeit (kaufm.) .......... 191 Abbildung 7.32: Diskrete Effekte der Modellvariablen Produktüberlegenheit ..................... 192 Abbildung 7.33: Ergebnisse der Hypothesentests in der ex post-Studie ................................ 194
Tabellenverzeichnis Tabelle 5.1: Bildung der Stichproben ...................................................................................... 89 Tabelle 6.1: Projekteigenschaften und Ausprägungen im Entscheidungsexperiment ............. 98 Tabelle 6.2: Erweitertes optimales 2431 Design ..................................................................... 101 Tabelle 6.3: Deskriptive Statistik (Entscheidungsexperiment) .............................................. 104 Tabelle 6.4: Verteilung der Probanden nach Unternehmen und Entscheidungseinheit ......... 105 Tabelle 6.5: Unternehmenseinheit und Alter der Probanden ................................................. 107 Tabelle 6.6: Ergebnisse der Modellschätzung (Gesamtsample) ............................................ 114 Tabelle 6.7: Ergebnisse der Modellschätzung (Subsamples) ................................................. 117 Tabelle 6.8: Ausgründungsattraktivität der fiktiven Innovationsprojekte ............................. 118 Tabelle 7.1: Messung der Variablen Ressourcenverfügbarkeit (techn.) ................................ 130 Tabelle 7.2: Messung der Variablen Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.)............................... 130 Tabelle 7.3: Messung der Variablen Strategiekompatibilität ................................................. 131 Tabelle 7.4: Messung der Variablen Kannibalisierungsgefahr .............................................. 132 Tabelle 7.5: Messung der Variablen Teamverfügbarkeit (techn.) ......................................... 133 Tabelle 7.6: Messung der Variablen Teamverfügbarkeit (kaufm.) ........................................ 133 Tabelle 7.7: Messung der Reife des Zielmarkts ..................................................................... 134 Tabelle 7.8: Messung der Variablen Produktüberlegenheit ................................................... 134 Tabelle 7.9: Deskriptive Statistik (ex post-Studie)................................................................. 140 Tabelle 7.10: Verteilung der Projekte nach Technologiefeld ................................................ 142 Tabelle 7.11: Dauer des Entscheidungsprozesses und Formalisierungsgrad ......................... 158 Tabelle 7.12: Interesse externer Parteien an einer (Mit-)Finanzierung der Ausgründung ..... 159 Tabelle 7.13: Ergebnisse der Modellschätzungen .................................................................. 179 Tabelle 7.14: Marginale Effekte im optimierten Modell 2..................................................... 182 Tabelle 8.1: Vergleich der Ergebnisse von Entscheidungsexperiment und ex post-Studie ... 198
Abkürzungsverzeichnis ANOVA
Analysis of Variance
bspw.
beispielsweise
BVK
Bundesverband Deutscher Kapitalgesellschaften e.V.
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
CVC
Corporate Venture Capital
d.h.
das heißt
DPMA
Deutsches Patent- und Markenamt
EK
Eigenkapital
EPO
European Patent Office
et al.
et alii
etc.
et cetera
EU
Europäische Union
e.V.
eingetragener Verein
F&E
Forschung und Entwicklung
f.
folgende
ff.
fortfolgende
ggf.
gegebenenfalls
H
Hypothese
i.A.
im Allgemeinen
i.d.R.
in der Regel
inkl.
inklusive
Interne W.
Interne Weiterführung
IPO
Initial Public Offering
i.W.
im Wesentlichen
i.w.S.
im weiteren Sinne
kaufm.
kaufmännisch
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen
Koeff.
Koeffizient(en)
LMU
Ludwig-Maximilians-Universität München
M&A
Mergers & Acquisitions
Max.
Maximum
Med.
Median
Min.
Minimum, Minuten
XVIII
Abkürzungsverzeichnis
Mittelw.
Mittelwert
MLR
Multinomiale logistische Regression
NVP
New Venture Partners
OLS
Ordinary Least Squares Estimation
OMEP
Orthogonal Main Effects Plan
R&D
Research and Development
RoI
Return on Investment
s.
siehe
S.
Seite
S.A.
Standardabweichung
S.F.
Standardfehler
sog.
so genannt
s.u.
siehe unten
techn.
technologisch
u.a.
unter anderem
UK
United Kingdom
US
United States
USA
United States of America
usw.
und so weiter
u.a.
unter anderem
u.U.
unter Umständen
v.a.
vor allem
VC
Venture Capital
VIF
Variance Inflation Factor
vgl.
vergleiche
vs.
versus
W.
Weiterführung
z.B.
zum Beispiel
z.T.
zum Teil
zw.
zwischen
z.Z.
zur Zeit
1 Einführung 1.1 Motivation und Problemstellung Ein Blick auf die historische Entwicklung hin zur gegenwärtigen Industrielandschaft lässt die Bedeutung technologischen Wandels und revolutionärer Innovationen erkennen.1 Er zeigt aber auch, dass nicht immer etablierte Unternehmen für bedeutende Innovationen verantwortlich sind.2 Häufig sind es junge Unternehmen, die Technologien einführen, Markt- und Wettbewerbsstrukturen durch einen „gale of creative destruction“3 aufbrechen und zur Entstehung neuer Industrien beitragen. Der wissenschaftliche Diskurs bietet dafür eine Reihe von Erklärungen in Form verschiedener Innovationsbarrieren in etablierten Unternehmen an, welche im Wesentlichen auf deren mangelnde organisatorische und strategische Flexibilität sowie auf deren Risikoaversion zurückzuführen sind.4 Seit den 1990er Jahren wenden sich etablierte Unternehmen unter dem Druck einer beschleunigten Intensivierung des Wettbewerbs verstärkt der Generierung von Innovationen als Quelle von Wettbewerbsvorteilen, Wachstum und Profitabilität zu und versuchen die Agilität junger Firmen zu imitieren.5 Strategisch verankerte Innovationsoffensiven sollen als Vitalisierungsspritze die den Unternehmen inhärente Trägheit aufbrechen. Strukturell schlagen sich die Initiativen durch neue organisatorische Arrangements wie dem Aufbau unternehmensinterner Inkubatoren6 oder der gezielten Einphasung unternehmensexterner Ideen nieder.7 Kulturell nehmen Konzepte wie Intrapreneurship Einzug in die Unternehmenspraxis.8 So werden auch von wissenschaftlicher Seite normativ Strategien proklamiert, die charakterisiert sind durch „a vision-directed, organization-wide reliance on entrepreneurial behavior that purposefully and continuously rejuvenates the organization and shapes the scope of its operations by recognizing and exploiting entrepreneurial opportunities that are oriented to innovation”.9
1 2
3 4 5
6 7 8
9
Vgl. u.a. Christensen (2003, 111), Arnold (2003, 3f.). Vgl. u.a. Christensen (2003, 192f.). Dass etablierte Unternehmen Schwierigkeiten mit der Einführung völlig neuer Technologien haben und dies vornehmlich jungen Unternehmen vorbehalten bleibt, zeigt nicht zuletzt die Entwicklung der Gen- und Biotechnologie in den USA. Vgl. z.B. Zucker et al. (1998). Schumpeter (1943, 64). Vgl. die Ausführungen in Abschnitt 2.2.2.1 der vorliegenden Arbeit. Zahlreiche empirische Untersuchungen belegen, dass die durch innovative Neuprodukte determinierten Wettbewerbsvorteile zu Wachstum und Profitabilität der innovierenden Unternehmen beitragen. Vgl. Weise (2007, 4f.) sowie bspw. Geroski et al. (1993, 208f.), Hall/Mairesse (1995, 287f.), Crépon et al. (1998, 135f.). Vgl. Hansen et al. (2000), Becker (2003), Evald/Bager (2008). Vgl. Chesbrough (2003b), Christensen et al. (2005), Vanhaverbeke et al. (2008). Intrapreneurship bezeichnet das unternehmerische Verhalten von Angestellten in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen. Aus Sicht des Unternehmens soll eine Forcierung von Intrapreneurship innovatives Potenzial freisetzen. Die Mitarbeiter sollen sich so verhalten, als ob sie selbst Unternehmer wären. Vgl. Burgelman (1983a), Pinchot (1985), Zahra (1991), Antoncic/Hisrich (2001). Ireland et al. (2006, 11).
2
Kapitel 1: Einführung
Als Konsequenz werden in den Unternehmen zahlreiche Innovationsprojekte angestoßen, deren Genese ex ante selten antizipierbar ist. Die Projekte durchlaufen dabei in der Regel einen trichterförmigen Selektionsprozess.10 Dieser wirkt als Filter, der reguliert, welche Ideen oder Inventionen im Unternehmen letztendlich kommerzialisiert werden. Dem Filtermechanismus, dessen Durchlässigkeit bspw. durch den Faktor der Ressourcenknappheit determiniert ist, fallen aber auch per se viel versprechende Projekte zum Opfer: Giuri et al. berichten, dass nur 50% aller patentierten Erfindungen von Unternehmen in eigenen Produktinnovationen kommerzialisiert werden.11 Eine andere Studie zeigt auf, dass bis zu 80% der F&E-Ergebnisse etablierter Unternehmen nicht weiterentwickelt werden.12 Gerade in Großunternehmen scheint dies oftmals der Fall zu sein.13 Für ambitionierte angestellte Ideengeber, Entwickler und Erfinder kann diese Tatsache in Frustration, Demotivation und Resignation aufgehen.14 Die Unternehmen selbst hingegen verzichten auf die Realisierung innovativer Neuerungspotenziale. Die vorliegende Dissertation greift diese Problematik auf und rückt originäre Ausgründungen in den Betrachtungsmittelpunkt: Die Befunde jüngerer Studien lassen erkennen, dass die in etablierten Unternehmen generierten Neuerungspotenziale vielfach nicht dauerhaft ungenutzt bleiben, nur werden diese nicht immer im Entstehungsumfeld kommerzialisiert.15 Vielmehr ist zu beobachten, dass deren Kommerzialisierung oftmals in neu gegründeten Unternehmen erfolgt. So berichtet Bhidé, dass 71% der Gründer der am schnellsten wachsenden privatwirtschaftlichen Unternehmen in den USA eine Idee repliziert oder modifiziert haben, mit der sie in einem früheren Beschäftigungsverhältnis in Berührung kamen bzw. die im Rahmen dieser Tätigkeiten entstanden ist.16 In einer Untersuchung von Venture Capital-finanzierten Start-ups stellen Gompers et al. fest, dass rund 45% aller Gründer in ihrer Stichprobe direkt von börsennotierten Unternehmen hervorgebracht wurden.17 Auch ist zu beobachten, dass etablierte Unternehmen selbst originäre Ausgründungen genehmigen und fördern, obwohl dies zumeist mit einem Abfluss an Humankapital verbunden ist.18 Tatsächlich kann aber die Unterstützung solcher Ausgründungen für Unternehmen eine Möglichkeit darstellen, die Kommerzialisie-
10
11
12 13 14 15 16 17 18
Die Literatur kennt eine Vielzahl von Innovationsprozessmodellen, welche die in einem Unternehmen stattfindenden Schritte der Generierung und Entwicklung innovativer Neuprodukte abzubilden versuchen. Vgl. dazu bspw. die Metastudien von v. Wartburg (2000), McCarthy et al. (2006) oder Rüggeberg/Burmeister (2008). Vgl. Giuri et al. (2007, 1119). Die Autoren analysierten 9017 Patente (PatVal-EU-Erhebung), die durch das Europäische Patentamt (EPO) zwischen 1993 und 1997 in Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Spanien und Großbritannien bewilligt wurden. Vgl. 3i (2002, 6f.). Vgl. Rivette/Kline (2000, 54ff.). Vgl. Lindholm-Dahlstrand (2001), Hellman (2002) oder Cassiman/Ueda (2006) sowie die Ausführungen in Abschnitt 2.2.1 dieser Arbeit. Vgl. Maselli (1997, 139ff.), Chesbrough (2003a, 404), Escher (2005, 63ff.), Cassiman/Ueda (2006, 262). Vgl. Bhidé (2000, 54). Vgl. Gompers et al. (2005, 584). Vgl. Maselli (1997, 275ff.), Lehmair (2002, 143ff.), Blum (2006, 158ff.), Newing (2007).
1.2 Ziele der Arbeit und Forschungsfragen
3
rung von Projektergebnissen relativ risikoarm auszulagern und dennoch an einer erfolgreichen Entwicklung zu partizipieren. Die Verbreitung und Relevanz dieses Phänomens in der unternehmerischen Praxis und seine Bedeutung in der wirtschaftspolitischen Diskussion zur Innovationskraft kleiner, junger Unternehmen gegenüber etablierter Großunternehmen führt zu einem wachsenden Bedarf an fundierten Hinweisen und Handlungsempfehlungen und hat eine Zuwendung zu wissenschaftlich abgesicherten Erkenntnissen zur Folge. Eine rasche Rezeption des gegenwärtigen Erkenntnisstands gestaltet sich jedoch schwierig, da die Literatur zu Ausgründungen äußerst fragmentiert und heterogen ist. Uneinheitliche Begriffsdefinitionen, unscharf abgegrenzte Analyseeinheiten sowie verschiedene theoretische Perspektiven erschweren den Vergleich einzelner Studien und verschleiern den tatsächlichen Stand der Forschung. Die vorliegende Arbeit möchte hier einerseits Klarheit schaffen und andererseits einen für das Verständnis originärer Ausgründungen gleichermaßen grundlegenden und wichtigen, überraschenderweise jedoch bislang nahezu unerforschten Bereich thematisieren: das Verhalten etablierter Unternehmen bei der Ausgründungsentscheidung. Unabhängig davon, ob Überlegungen zu einem Ausgründungsvorhaben von Angestellten oder dem etablierten Unternehmen selbst initiiert werden, wird das Unternehmen die Ausgründungsoption einer fundierten Prüfung unterziehen wollen. Dieser Entscheidungsprozess findet dabei in einem dynamischen Spannungsfeld zwischen den Polen Unternehmensstrategie, Innovationsstrategie und Entrepreneurship statt. Damit bewegt sich die Arbeit an der Schnittstelle mehrerer Forschungsgebiete. Indem die Entstehung neuer Unternehmen in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses gestellt wird, kommt dem interdisziplinären Bereich der Gründungsforschung eine zentrale Stellung zu. Eine wichtige Rolle spielt die Innovationsforschung, die hier insbesondere vor dem Hintergrund von Produktinnovationen betrieben wird. Durch die Thematisierung des Diversifikationsverhaltens etablierter Unternehmen, werden aber auch unternehmensstrategische Fragestellungen berührt.
1.2 Ziele der Arbeit und Forschungsfragen Die vorliegende Arbeit nimmt sich der Herausforderung an, das komplexe Phänomen originärer Ausgründungen wissenschaftlich zu untersuchen. Dazu sollen zunächst die verschiedenen Beiträge aus den relevanten Literaturbereichen zusammengetragen, systematisiert und analysiert werden, um so erstmalig eine umfassende Bestandsaufnahme des vorliegenden Erkenntnisstands zu generieren. Diese Bestandsaufnahme soll durch die Offenlegung von theoretischen und insbesondere empirischen Erkenntnissen sowie der Explikation von Erkenntnislü-
4
Kapitel 1: Einführung
cken Wissenschaftler und Praktiker gleichermaßen informieren und eine Basis für die Bearbeitung des Untersuchungsschwerpunkts der Arbeit bilden. Dieser Schwerpunkt liegt auf dem bislang unerforschten Bereich des Entscheidungsverhaltens etablierter Unternehmen bei der Prüfung von Ausgründungsvorhaben. Zu diesem Zweck soll theoriegeleitet ein Modell der Ausgründungsentscheidung konstruiert werden, das empirisch zu testen ist. Die vorliegende Untersuchung möchte damit zum Verständnis der Entstehungszusammenhänge originärer Ausgründungen beitragen und nicht zuletzt ob ihrer starken empirischen Ausrichtung Pionierarbeit leisten. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen dabei die folgenden forschungsleitenden Fragestellungen: - Welche theoretischen und empirischen Erkenntnisse liegen zum Phänomen der originären Ausgründungen vor? - Welche Faktoren beeinflussen das Entscheidungsverhalten etablierter Unternehmen bei einer Ausgründungsprüfung? - Welches relative Gewicht haben diese Faktoren bei der Entscheidungsfindung? - Welche Charakteristika besitzen Innovationsprojekte, die aus Sicht etablierter Unternehmen eine besonders hohe Ausgründungsattraktivität aufweisen?
1.3 Untersuchungsgegenstand und grundlegende Begriffe Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist die Ausgründungsentscheidung in etablierten Unternehmen. Das Untersuchungsobjekt ist der einzelne Entscheidungsfall. Dieser liegt in Form des Innovationsprojekts vor, welches einer Ausgründungsprüfung unterzogen wird. Im empirischen Teil der Arbeit werden Entscheidungsfälle betrachtet, die den folgenden ungewichteten Kriterien genügen: Erstens muss es sich um ein originäres Ausgründungsvorhaben aus einem privatwirtschaftlichen etablierten Unternehmen handeln. Von originären Ausgründungen abzugrenzen sind derivative Ausgründungen, die sich auf Unternehmenshierarchien und gefestigte Strukturen zurückführen lassen (bspw. Unternehmensteilungen, Ausgliederung ganzer Funktionsbereiche) und bereits eine relativ umfangreiche wissenschaftliche Betrachtung erfahren haben.19 Zweitens ist gefordert, dass das Ausgründungsvorhaben unternehmerisch geprägt ist, das Gründerteam insbesondere Kapitalanteile an der Neugründung halten wird und es sich nicht um die Gründung eines Tochterunternehmens handelt. Eine solche folgt in der Regel eigenen strategischen und finanziellen Motiven, Kriterien und Mechanismen, welche in dieser Arbeit
19
Einen umfassenden Literaturüberblick zu derivativen Ausgründungen beinhalten bspw. die Arbeiten von Moschieri/Mair (2005) und Brauer (2006).
1.3 Untersuchungsgegenstand und grundlegende Begriffe
5
nicht betrachtet werden sollen. Drittens muss das Ausgründungsvorhaben innovationsinduziert sein, d.h. auf einer Technologie des Inkubatorunternehmens basieren, wodurch im Fall einer Ausgründung ein Technologietransfer erfolgt. In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe Innovationsprojekt, Ausgründungsvorhaben, Inkubatorunternehmen, Ausgründung, Ausgründungsunterstützung und Ausgründungsprüfung häufig verwendet. Sie sollen im Folgenden definiert werden. Innovationsprojekt, Ausgründungsvorhaben. Nach Madauss sind Projekte Vorhaben mit definiertem Anfang und Abschluss, die durch die Merkmale zeitliche Befristung, Einmaligkeit, Neuartigkeit und Komplexität charakterisiert sind.20 Besteht das Ziel eines Projekts in der Entwicklung eines neuen, auf Technologie des Inkubatorunternehmens basierenden Produkts, wird in dieser Arbeit von einem Innovationsprojekt gesprochen. Die Begriffe Innovationsprojekt und Ausgründungsvorhaben werden im Folgenden synonym verwendet. Inkubatorunternehmen. Als Inkubatorunternehmen wird in dieser Arbeit jenes Unternehmen bezeichnet, auf das sich ein ausgegründetes Unternehmen zurückführen lässt. In der Literatur finden sich unterschiedliche Bezeichnungen für ein solches Unternehmen. Englischsprachige Arbeiten verwenden in Analogie zu einer Eltern-Kind-Beziehung zumeist den Begriff „parent company“ oder kurz „parent“.21 In deutschsprachigen Arbeiten wird hingegen häufig von „Mutterunternehmen“,22 „Ursprungsunternehmen“23 oder „Inkubatorunternehmen“ bzw. „Inkubator“24 gesprochen. Ausgründung. Gemäß dem zu untersuchenden Phänomen bezieht sich der Begriff Ausgründung grundsätzlich auf originäre, innovationsinduzierte und unternehmerisch geprägte Neugründungen aus privatwirtschaftlichen etablierten Unternehmen. Ausgründungen aus Bildungseinrichtungen oder anderen Institutionen wie bspw. öffentliche oder private Forschungseinrichtungen werden in dieser Studie nicht betrachtet. Die Heterogenität des Ausgründungsphänomens, welche sich auch in der Fragmentierung der wissenschaftlichen Literatur spiegelt, macht eine vertiefende terminologische Abgrenzung notwendig, die in Abschnitt 2.1 detailliert vorgenommen wird. Ausgründungsunterstützung. In dieser Arbeit wird die Ausgründungsunterstützung als Genehmigung des Ausgründungsvorhabens durch das Inkubatorunternehmen definiert, mit dem eine Förderung des Vorhabens durch die Bereitstellung von Ressourcen einhergeht. Die be-
20 21 22 23 24
Vgl. Madauss (1991, 31). Vgl. z.B. Ito (1995, 431), Roberts/Malone (1996), Wallin/Lindholm-Dahlstrand (2006, 611). Vgl. z.B. Maselli (1997, 14), Koch (2006, 38). Vgl. z.B. Lehmair (2002, 8). Vgl. z.B. Blum (2006, 38).
6
Kapitel 1: Einführung
reitgestellten Ressourcen können sowohl tangibler als auch intangibler Natur sein und damit bspw. physische Assets, Technologien oder finanzielles Kapital umfassen.25 Ausgründungsprüfung. Bevor sich ein Inkubatorunternehmen für oder gegen eine Ausgründungsunterstützung entscheidet, wird das entsprechende Innovationsprojekt einer Ausgründungsprüfung zugeführt. Damit wird im Folgenden das Bündel aller Aktivitäten bezeichnet, deren Durchführung sich auf die Entscheidungsfindung bezieht. Die Ausgründungsprüfung schließt mit einem Entscheidungsergebnis.
1.4 Wissenschaftstheoretische Verortung Die vorliegende Forschungsarbeit ist realwissenschaftlich ausgerichtet und folgt im Wesentlichen dem Ansatz des Kritischen Rationalismus.26 Dem Wissenschaftsverständnis des Autors entsprechend basiert die Arbeit epistemologisch auf drei Annahmen über das menschliche Wissen: (i) Wissen wird durch Erfahrung gebildet und validiert, (ii) Wissen ist kontextspezifisch, aber teilweise in andere Kontexte übertragbar und (iii) Wissen ist fehlbar. Ontologisch basiert die Arbeit auf vier Annahmen bezüglich der Realität: (i) Es existiert eine strukturierte Realität außerhalb des menschlichen Bewusstseins, (ii) die Realität folgt bestimmten Regelmäßigkeiten und Gesetzmäßigkeiten und (iii) die Realität kann aufgrund ihrer Komplexität vom menschlichen Bewusstsein nur partiell erfasst werden. Außerdem (iv) existiert eine subjektive Realität im menschlichen Bewusstsein, die sich von der außerhalb des Bewusstseins existierenden Realität unterscheidet, sich dieser aber durch Erfahrung annähert. Gemäß dieser Annahmenmenge wird die Position eines hypothetischen Realismus eingenommen, allerdings erweitert um eine kritische Komponente. Die subjektive Welt innerhalb des Bewusstseins und die objektive Welt außerhalb des Bewusstseins schließen sich gegenseitig zwar nicht aus, allerdings ist nicht unmittelbar erkennbar, inwieweit die durch die menschliche Wahrnehmung und Verarbeitung entstehenden Erscheinungen mit der objektiven Welt übereinstimmen. Die Betrachtung eines Gesamtbildes der beiden Welten, der subjektiven und
25
26
Die Begriffe „tangibel“ und „intangibel“ wendet Maselli (1997) direkt auf ausgegründete Unternehmen an und unterscheidet entsprechend „tangible Ausgründungen“ und „intangible Ausgründungen“. Erstere gründen sich auf den Transfer eines anwendungsreifen Produkts, letztere auf den Transfer von nicht anwendungsreifem Produktwissen, Technologien oder Erfahrungen. Der Kritische Rationalismus ist ein vom österreichischen Philosophen Karl Raimund Popper (1902-1994) begründeter wissenschaftstheoretischer Ansatz, der aus seinem Modell für die wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung, dem so genannten Falsifikationismus, hervorgegangen ist. Dieser knüpft im Wesentlichen an die Auffassungen des neueren Positivismus und Logischen Empirismus an. Die Grundlagen des Kritischen Rationalismus hat Popper erstmals in seinem Hauptwerk „Die Logik der Forschung“ (1934) dargelegt. Weitere an der Entwicklung des Kritischen Rationalismus beteiligte Vertreter sind Imre Lakatos (1922-1974) und Hans Albert (geb. 1921), der den Kritischen Rationalismus für die Sozialwissenschaft erschlossen hat. Das methodologische Programm des Kritischen Rationalismus gehört neben dem Logischen Empirismus zu den dominierenden wissenschaftstheoretischen Traditionen des letzten Jahrhunderts.
1.5 Struktur und Untersuchungsgang der Arbeit
7
der objektiven, erlaubt es, ein empirisches Phänomen besser erfassen und verstehen zu können. Das in dieser Arbeit gewählte Forschungsdesign, welches aus einer qualitativen induktiven Komponente und einer quantitativen deduktiven Komponente besteht und durchgängig empirisch ausgelegt ist, richtet sich nach dieser erkenntnistheoretischen Auffassung. Während der quantitativ-empirische Teil des Untersuchungsgangs die objektive Welt berücksichtigt, wird im Rahmen des explorativen Teils die subjektive Welt anerkannt und mit einbezogen.
1.5 Struktur und Untersuchungsgang der Arbeit Diese Arbeit gliedert sich in acht aufeinander aufbauende Kapitel, deren Inhalte im Folgenden synoptisch vorgestellt werden sollen und in untenstehender Abbildung 1.1 veranschaulicht sind. Im vorliegenden Kapitel 1 wird die Motivation der Untersuchung erläutert und die zu bearbeitende Problemstellung aus wissenschaftlicher und praxisbezogener Perspektive beleuchtet. Darüberhinaus werden Gegenstand und Ziel der Arbeit erörtert, eine terminologische Abgrenzung vorgenommen, die Arbeit wissenschaftstheoretisch verortet sowie Untersuchungsgang und Struktur der Arbeit vorgestellt. Kapitel 2 widmet sich einer Bestandsaufnahme der Literatur zu originären Ausgründungen und leistet damit einen ersten wichtigen Forschungsbeitrag: Es handelt sich hierbei um den ersten umfassenden Literaturüberblick zu diesem Themenfeld, der empirisch gewonnene Befunde in den Mittelpunkt stellt. Detailliert werden verschiedene Erklärungsansätze zur Entstehung von Ausgründungen diskutiert, Ziele und Formen der Ausgründungsunterstützung durch Inkubatorunternehmen identifiziert und Ergebnisse zu Erfolg und Erfolgswirkung von Ausgründungen aufgezeigt. Eine Synthese der zentralen Erkenntnisse erlaubt die Aufdeckung von Forschungsdefiziten sowie die Ableitung von konkreten forschungsleitenden Fragestellungen, deren Bearbeitung den weiteren Arbeitsverlauf bestimmt. In Kapitel 3 wird aus mehreren Bausteinen ein theoretischer Bezugsrahmen für die Analyse des Untersuchungsgegenstands dieser Arbeit konstruiert. Neben der ressourcenbasierten Perspektive der strategischen Managementliteratur und deren Aussagen zum Diversifikationsverhalten etablierter Unternehmen, werden der Einfluss von Kannibalisierungseffekten auf Innovationsaktivitäten dieser Unternehmen und Indikatoren des Entwicklungspotenzials junger technologieorientierter Unternehmen diskutiert. Um die theoretischen Bezugspunkte aus Kapitel 3 zu erweitern, zu konkretisieren und eine zusätzliche Erkenntnisbasis zu schaffen, wird in Kapitel 4 eine qualitativ-empirische Exploration des untersuchten Phänomens durchgeführt. Im Rahmen der explorativen Untersuchung
8
Kapitel 1: Einführung
wurden Experten aus mehreren deutschen Großunternehmen befragt. Aus den Gesprächen ergeben sich differenzierte Hinweise auf mögliche Faktoren, welche die Entscheidungsfindung etablierter Unternehmen beeinflussen. Basierend auf den Theoriebausteinen und den empirisch gewonnenen Hinweisen, wird in Kapitel 5 ein auf Hypothesen gestütztes Modell des Verhaltens etablierter Unternehmen bei Ausgründungsentscheidungen hergeleitet. Auch werden in diesem Kapitel die Grundlagen für den quantitativ-empirischen Analysegang gelegt, in dem das Modell einer empirischen Prüfung unterzogen wird. Diese Grundlagen umfassen Ausführungen zu Ziel und Konzeption der in den beiden nachfolgenden Kapiteln vorgestellten quantitativen Untersuchungen sowie eine Beschreibung der Stichprobenbildung und eine Diskussion der Repräsentativität dieser Stichproben. In Kapitel 6 wird das Entscheidungsverhalten etablierter Unternehmen in einem diskreten Entscheidungsexperiment mit Entscheidungsträgern in etablierten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz untersucht und das theoretische Modell partiell einer ersten Prüfung zugeführt. Die Ergebnisse ermöglichen quantifizierte Aussagen zur relativen Wichtigkeit einzelner Entscheidungsfaktoren und erlauben die Formulierung fiktiver Projekte, welche durch ihre spezifischen Eigenschaften eine besonders hohe oder besonders geringe Ausgründungsattraktivität aufweisen. In Kapitel 7 wird das historische Entscheidungsverhalten etablierter Unternehmen über eine fragebogenbasierte Erfassung realer Entscheidungssituationen untersucht. Diese Studie ist das auf realen Vorgängen fußende Komplement zum Entscheidungsexperiment, welches auf fiktiven Entscheidungssituationen beruht. Die Ziele der Untersuchung umfassen eine detaillierte deskriptive Darstellung der erhobenen Datenbasis, die umfassende Einblicke in das untersuchte Phänomen gewährt sowie die Überprüfung des vollständigen theoretischen Modells. Die Arbeit schließt in Kapitel 8 mit einer zusammenfassenden Darstellung des Forschungsgangs, einer Synthese und vergleichenden Beurteilung der in den beiden quantitativen Studien ermittelten Ergebnisse, einer Diskussion der Konsequenzen der Untersuchung für Wissenschaft und Praxis sowie einer Identifikation mehrerer fruchtbarer Ansatzpunkte für zukünftige Forschungsarbeiten.
1.5 Struktur und Untersuchungsgang der Arbeit
-
-
-
-
-
-
9
Kapitel 1: Einführung Motivation und Problemstellung - Wissenschaftstheoretische Verortung Ziele und Forschungsfragen - Struktur und Untersuchungsgang Untersuchungsgegenstand und grundlegende Begriffe Kapitel 2: Stand der Forschung Erklärungsansätze zur Entstehung von originären - Ergebnisse zu Erfolg und Erfolgswirkung Ausgründungen - Synthese, Forschungsdefizite und Ausgründungsunterstützung durch Forschungsfragen Inkubatorunternehmen
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte Diversifikation aus ressourcenbasierter Perspektive Einfluss von Kannibalisierungseffekten auf Innovationsaktivitäten Indikatoren des Entwicklungspotenzials junger Unternehmen
-
Kapitel 4: Explorative Untersuchung Hinweise zu Einflussfaktoren auf die Ausgründungsentscheidung
Kapitel 5: Modell der Ausgründungsentscheidung Herleitung eines auf Hypothesen gestützten Entscheidungsmodells Grundlagen der quantitativen empirischen Analyse zur Überprüfung des Modells
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment Erfassung des Entscheidungsverhaltens in einem quasi-Experiment
-
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld Ex post-Erfassung realer historischer Entscheidungssituationen
Kapitel 8: Synthese und Schlussbetrachtung Zusammenfassung der Arbeit und vergleichende Beurteilung der Befunde Beitrag und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis Restriktionen der Arbeit und Aufruf zu weiteren Forschungsaktivitäten
Abbildung 1.1: Struktur und Untersuchungsgang der Arbeit
2 Stand der Forschung zu originären Ausgründungen Jene Literaturbeiträge, die originäre Ausgründungen thematisieren, lassen sich aufgrund der unterschiedlichen theoretischen und epistemologischen Perspektiven, des empirischen Kontexts und des methodischen Vorgehens in Erhebung und Auswertung grundsätzlich auf vielfältige Weise systematisieren. Gartner identifiziert vier Perspektiven auf die Entstehung neuer Unternehmen.27 Diese umfassen die Personen, welche das neue Unternehmen gründen, das neugegründete Unternehmen selbst, das Umfeld des neuen Unternehmens und den Gründungsprozess. Nach einer terminologischen Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands wird im Folgenden der aktuelle Forschungsstand in Anlehnung an diese Struktur dargestellt. Die zentralen Betrachtungskomponenten sind dabei die Eigenschaften und Motive der beteiligten ökonomischen Akteure (d.h. Inkubatorunternehmen und Ausgründungsnukleus), der Einfluss des ökonomischen Umfelds auf Ausgründungsaktivitäten sowie verschiedene Aspekte der Ausgründungsunterstützung von Seiten der Inkubatorunternehmen und die damit verbundenen Prozesse. Außerdem werden empirische Befunde zum Erfolg von Ausgründungen und deren Wirkung auf ihr ökonomisches Umfeld behandelt.
2.1 Terminologische Abgrenzung Die gemeinhin als „Ausgründungen“ bezeichneten Unternehmensformen sind auf Basis unterschiedlichster Kriterien kategorisierbar. In der wissenschaftlichen Betrachtung findet sich eine große Vielfalt an Begriffsdefinitionen und Operationalisierungen. Gemeinsam ist den Definitionen, dass eine Ausgründung von einer Ursprungsorganisation abstammt, es also zu einem vergangenen Zeitpunkt eine Integration dieser beiden ökonomischen Entitäten bzw. eine Einbettung der an einer Ausgründung beteiligten Personen in diesen organisatorischen Urkontext gab. Aus der Literatur lassen sich zwei grundlegende Klassifizierungskriterien extrahieren, welche diese Literatur selbst in dedizierte Strömungen teilen. Das erste Kriterium bezieht sich auf die Art der Ursprungsorganisation. Je nachdem, ob die Ursprungsorganisation ein privatwirtschaftliches Unternehmen ist, eine Bildungseinrichtung oder eine sonstige öffentliche oder private Institutionen wird zwischen „corporate spin-offs“, „university spin-offs“ und „institutional spin-offs“ unterschieden.28 Das zweite Kriterium bezieht sich auf die Art des
27 28
Vgl. Gartner (1985, 698). Vgl. Tübke et al. (2004, 266).
12
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
Ausgründungsnukleus. Handelt es sich bei der Ausgründung um eine Auslagerung von Funktionsbereichen bzw. Abspaltung ganzer Unternehmensteile, so wird diese je nach Autor als „restructuring-driven spin-off“29 oder „divestment-type spin-off“30 bezeichnet. Kennzeichnendes Merkmal einer solchen derivativen Gründung ist der Rückgriff auf bereits vorhandene Strukturen. Zu dieser Form von Ausgründungen existiert ein umfangreicher Körper an finanzwissenschaftlichen und steuerrechtlichen Studien,31 aber auch Studien im Bereich des strategischen Managements, die sich mit den Entstehungsvoraussetzungen, Implementierungsprozessen und Erfolgswirkungen solcher Ausgründungen beschäftigen.32 Diese Ausgründungen werden i.d.R. vom Mutterunternehmen aufgrund von Motiven wie schwacher finanzieller Performanz oder Konzentration auf Kernkompetenzen initiiert. Handelt es sich hingegen bei der Ausgründung nicht um eine derivative, sondern um eine unternehmerischgeprägte originäre Aktivität, spricht die Literatur von so genannten „entrepreneurial spinoffs“,33 „entrant spin-offs“34 oder „spin-outs“.35 Dieser Literaturkörper nimmt Abstand von einer rein organisationszentrierten Betrachtung des Ausgründungsphänomens und stellt vielmehr den unternehmerischen Charakter dieser Gründungsform in den Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses. In der vorliegenden Arbeit werden unternehmerisch-geprägte originäre Ausgründungen aus privatwirtschaftlichen Unternehmen betrachtet. „Divestment spin-offs“ und Ausgründungen aus Bildungseinrichtungen oder anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen werden aus der Betrachtung ausgeschlossen. Um den begrifflich-konzeptionellen Rahmen der Arbeit zu setzen, wird im Folgenden der Begriff der originären Ausgründung einer definitorischen Analyse unterzogen. Das grundlegende Konzept der originären Ausgründung geht auf den relativ allgemein gehaltenen Definitionsansatz von Garvin zurück. Garvin stellt fest, dass „[…] a spin-off normally occurs when a new firm is formed by individuals leaving an existing firm in the same industry”.36 Garvins Definitionsansatz wurde von anderen Autoren aufgegriffen und im Laufe der Zeit verfeinert.37 Der zentrale Verfeinerungsschritt besteht in der Anerkennung der Bedeutung eines Ressourcentransfers zwischen Inkubatorunternehmen und Ausgründung. So definiert Lindholm eine Ausgründung als ein Ereignis, im Zuge dessen „[…] an entrepreneur leaves
29 30 31 32 33 34 35 36 37
Vgl. Moncada-Paterno-Castello et al. (1999, VI), Tübke et al.(2004, 266). Vgl. Markides (1995, 33). Vgl. bspw. Hite/Owers (1983), Daley et al. (1997). Vgl. bspw. Bohnenblust (1990, 293ff.), Woo et al. (1992), Moschieri/Mair (2005), Brauer (2006). Vgl. Lindholm (1994, 4), Lehmair (2002, 14). Vgl. Van de Velde/Clarysse (2006, 7). Vgl. Agarwal et al. (2004, 501). Garvin (1983, 3). Vgl. u.a. Lindholm (1994), Klepper (2001, 639).
2.1 Terminologische Abgrenzung
13
an organization to start a business of his/her own. This must include the transfer of some rights, e.g. assets or knowledge, from the existing legal body to the new firm”.38 Dieser Transfer kann sowohl tangible Ressourcen (physische Assets) als auch intangible Ressourcen (bspw. Wissen, Kontakte, Kapital) umfassen. Einige Definitionsansätze implizieren, dass eine Neugründung erst dann als Ausgründung zu bezeichnen ist, wenn deren direkte Grundlage das beim Inkubatorunternehmen erworbene Wissen bzw. eine durch die Tätigkeit beim Inkubatorunternehmen entstandene Idee ist. Beispielsweise sagt Moßig: “Bei einer Spin-offGründung setzen die beteiligten Personen Know-how ein, das sie in ihren vorangegangenen Beschäftigungen erworben haben.“39 Parhankangas/Arenius definieren eine Ausgründung als „new business formation based on the business ideas developed within the parent firm being taken into a self-standing firm”.40 Diese Autoren lösen sich dabei von der ursprünglichen definitorischen Voraussetzung Garvins, nach der eine Ausgründung in der gleichen Industrie tätig sein muss wie sein Inkubatorunternehmen. Koster differenziert in diesem Zusammenhang zwischen direktem und indirektem Ressourcentransfer, wobei er als indirekten Ressourcentransfer die persönlichen aus einem Beschäftigungsverhältnis stammenden Lerneffekte des Gründers auffasst und damit dem Inkubatorunternehmen die Rolle eines Erziehers oder Ausbildners zuschreibt.41 Neben dem Transfer der im vorangegangenen Beschäftigungsverhältnis erworbenen Wissenselemente, binden mehrere Autoren auch explizit den Transfer von Technologien in ihre Definition von Ausgründungen ein. So definieren Van de Velde et al. eine Ausgründung als „new business start-up which develops and markets new products or services based on proprietary technology or skills. This activity was originally developed in a larger parent firm”42 und Chesbrough/Smith bestimmen als Voraussetzungen für eine Ausgründung: “(i) The technology involved was initiated or pursued for at least 1 year at the a Xerox research center. (ii) At least one Xerox researcher left along with the technology to become an employee of the new spin-ff company. (iii) The entity that received the technology and the researcher was separated from Xerox and incorporated into a new legal entity.”43 Gemeinsam ist diesen Definitionsansätzen, dass mit der Neugründung immer ein Wissens- bzw. Technologietransfer einhergehen muss, der an die migrierenden Personen gebunden ist. Eine Unterscheidung wird in der Literatur auch danach getroffen, ob ein Inkubatorunternehmen eine Ausgründung zu verhindern versucht, toleriert oder aber aktiv unterstützt. Dement-
38 39 40 41 42 43
Lindholm (1994, 4). Moßig (2000, 50). Parhankangas/Arenius (2003, 464). Vgl. Koster (2006, 32). Van de Velde et al. (2007, 16). Chesbrough/Smith (2003a, 407).
14
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
sprechend wird eine Ausgründung als „virtuous“ oder „vicious“,44 „friendly“ oder „hostile“45 bzw. „einvernehmlich“ oder „nicht einvernehmlich“46 bezeichnet. Unterstützt ein Inkubatorunternehmen eine Ausgründung aktiv und willentlich, so werden oftmals die Begriffe „sponsored spin-off“47 oder „assisted spin-out“48 verwendet. Darüberhinaus lassen sich eine Reihe weiterer Klassifizierungskriterien identifizieren, welche sich auf den Formalisierungsgrad des Ressourcentransfers,49 den Formalisierungsgrad des Gründungsprozesses50 oder das Verhältnis zwischen Inkubatorunternehmen und Ausgründung nach dem Ausgründungszeitpunkt beziehen.51 Diese Darstellung von Definitionsansätzen und Klassifizierungskriterien erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, gibt aber einen Überblick über das Phänomen der originären Ausgründungen und zeigt die bestimmenden Definitionskomponenten auf. Zudem wurden einige der für diese Arbeit zentralen Studien genannt, so dass die darin festgelegten Definitionen dem Leser im Nachfolgenden als Referenz dienen können.
2.2 Erklärungsansätze zur Entstehung von Ausgründungen In diesem Abschnitt werden die vorliegenden Erkenntnisse zur Entstehung von Ausgründungen aufgezeigt. Während einige Erklärungsansätze Angestellte als Treiber einer Ausgründung ansehen und in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen, identifizieren andere das Inkubatorunternehmen selbst als Initiator von Ausgründungsüberlegungen. Eine dritte Gruppe von Erklärungsansätzen betrachtet die Bedeutung des volkswirtschaftlichen und regionalen Umfelds.
2.2.1 Motive und Eigenschaften der Gründerpersonen Zur Erklärung, weshalb Angestellte ihr Unternehmen verlassen um eine Ausgründung zu realisieren, lassen sich verschiedene theoretische Ansätze heranziehen.52 Ein Literaturstrang beschäftigt sich mit der Frage, welche Personen überhaupt zu Unternehmern (Entrepreneuren)53 werden. Dieser Strang ist in der Gründungsforschung angesiedelt und entleiht wesentliche
44 45 46 47 48 49 50 51 52 53
Vgl. Elfring/Foss (1997, 9). Vgl. Tübke et al. (2004, 267). Vgl. Szyperski/Nathusius (1977, 28), Hunsdiek (1987, 151f.). Vgl. Antonelli (2003, 34), Wallin(2006, 611). Vgl. Van de Velde et al. (2007, 11). Vgl. Koster (2006, 32). Vgl. Moncada-Paterno-Castello et al. (1999, 7). Vgl. Parhankangas/Arenius (2003, 474). Die folgenden Ausführungen basieren z.T. auf dem Überblick bei Koch (2006, 54ff.). Im Folgenden wird der aus dem Englischen stammende und auch in der deutschsprachigen Gründungsforschung gebräuchliche Begriff des „Entrepreneurs“ synonym zum deutschen Begriff des „Unternehmers“ verwendet.
2.2 Erklärungsansätze zur Entstehung von Ausgründungen
15
Konzepte der Psychologie und Soziologie. Entsprechende Arbeiten fokussieren sich auf endogene Faktoren wie Persönlichkeitsstruktur und Fähigkeiten eines (potentiellen) Unternehmers. Davon zu unterscheiden sind Ansätze, die exogene Faktoren in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen und der Frage nachgehen, warum Personen, die sich in einem Beschäftigungsverhältnis befinden, den Weg in die Selbständigkeit überhaupt einschlagen. Um ein holistisches Bild des Phänomens zu schaffen, werden im Folgenden Erkenntnisse beider Forschungsbereiche beleuchtet. Es existiert eine umfangreiche Literatur, die Persönlichkeitseigenschaften als bestimmende Faktoren für die Initiierung von unternehmerischen Aktivitäten ansieht und vornehmlich entlang dieser Dimensionen Unternehmer mit Nicht-Unternehmern vergleicht.54 Neben der Analyse von Persönlichkeitsmerkmalen, die jemanden zur Gründung eines neuen Unternehmens veranlassen, geht diese Literatur auch der Frage nach, welche spezifischen Merkmalsausprägungen den Erfolg einer Neugründung mitbestimmen.55 In einem Vergleich von Entrepreneuren, die eine eigene Firma gründen, und Entrepreneuren, die eine bestehende Firma übernehmen, findet Brandstätter bei Personen der ersten Gruppe eine höhere emotionale Stabilität, größeres Selbstvertrauen sowie stärkere Extrovertiertheit und Offenheit für neue Ideen vor.56 In einer Untersuchung der kanadischen HochtechnologieIndustrie in British Columbia stellen Amit et al. fest, dass das Bedürfnis innovativ und unabhängig zu sein sowie Herausforderungen anzunehmen die wichtigsten Motive für Entrepreneure zur Gründung eines eigenen Unternehmens sind.57 Diese Motive scheinen dominanter zu sein als die Aussicht auf hohe finanzielle Erträge. Mut zum Risiko wird in mehreren Studien als weiteres Persönlichkeitsmerkmal identifiziert, das die Entscheidung zur Unternehmensgründung positiv beeinflussen kann.58 Allerdings zeigen Studien auch, dass sich viele Unternehmensgründer des mit einer Gründung verbundenen Risikos schlichtweg nicht bewusst sind.59 So können falsche Vorstellungen über das Potenzial der Zielmärkte und die Illusion, nicht oder nur schwer beeinflussbare Größen kontrollieren zu können, die Risikoeinschätzung des Unternehmers beeinflussen. Damit zusammen hängt das Konzept der übersteigerten Zuversicht („overconfidence“). Laut De Bondt/Thaler gehört die Erkenntnis, dass Menschen tendenziell „overconfident“ sind, zu den robustesten Ergebnissen der psychologischen Erforschung des menschlichen Urteilsvermögens.60 Gerade bei Entrepreneuren wurde
54 55 56 57 58 59 60
Vgl. Amit et al. (2001), Brandstätter (1997). Vgl. bspw. Brüderl et al. (1996, 17). Vgl. Brandstätter (1997, 168). Vgl. Amit et al. (2001, 133f.). Vgl. Hisrich (1990, 209), Amit et al. (2001, 138). Vgl. u.a. Simon et al. (2000). Vgl. De Bondt/Thaler (2005, 385).
16
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
eine hohe Ausprägung übersteigerter Zuversicht nachgewiesen.61 Beispielsweise zeigen Busenitz/Barney in einem Vergleich von Entrepreneuren und Managern, dass die Indikatoren einer übersteigerten Zuversicht bei Entrepreneuren wesentlich stärker ausgeprägt sind als bei Managern.62 Während diese beschriebenen Merkmalsausprägungen charakteristisch für Unternehmer zu sein scheinen, so gibt es ohne Zweifel auch dauerhaft Angestellte, die diese Merkmale aufweisen. Der endogene Faktor der Persönlichkeit ist also ein wichtiger, aber sicherlich nicht der einzige Faktor, der Unternehmertum erklärt. Ein verwandter Ansatz fokussiert auf den endogenen Faktor der Fähigkeitsstruktur von Personen.63 Obwohl persönliche Fähigkeiten zweifellos durch die Tätigkeit in etablierten Unternehmen weiterentwickelt werden können, erklärt diese Literatur nicht, warum nur ein Bruchteil von Angestellten mit den entsprechenden Fähigkeiten und Erfahrungen ihren Arbeitgeber verlassen, um ein neues Unternehmen zu gründen. Als weiterer endogener Faktor, rücken u.a. Wagner, Westhead et al. und Shane die schon einmal durchlebte Selbständigkeitserfahrung von Angestellten in den Betrachtungsmittelpunkt und untersuchen, wie diese die Entscheidung zur (erneuten) Unternehmensgründung beeinflusst.64 Die Autoren stellen dabei einen Zusammenhang zwischen der Neigung zur Ausgründung und vorhandener Selbständigkeitserfahrung fest. Den positiven Einfluss von „entrepreneurial talent“ auf die Durchführung einer Ausgründung beschreibt Shrivastava in einem formalen Modell.65 Neben den aufgezeigten endogenen Faktoren können auch exogene Einflüsse auf die Entscheidung zur Ausgründung wirken. Tatsächlich wird diesen Faktoren in der Ausgründungsliteratur eine besonders hohe Erklärungskraft zugeschrieben. Diese Einflüsse untergliedern sich in Push- und Pull-Faktoren. Die Literatur kennt verschiedene Push-Faktoren. So können zunächst ökonomische Faktoren relevant sein. Beispielsweise kann Entrepreneurship in Zeiten eines wirtschaftlichen Abschwungs eine wichtige, wenn nicht sogar die einzige Alternative zur Arbeitslosigkeit darstellen.66 Eine zentrale Rolle in der Entscheidung zur Verselbständigung scheint der Faktor der Unzufriedenheit bzw. die Frustration im momentanen Beschäftigungsverhältnis einzunehmen. Cooper berichtet, dass 70% der befragten Ausgründer als Motiv für ihren Sprung in die Selbständigkeit Unzufriedenheit mit der ehemaligen Beschäftigungsposition angeben, die aus
61 62 63 64 65 66
Vgl. Cooper et al. (1988, 103). Vgl. Busenitz/Barney (1997, 22). Vgl. bspw. Holmes/Schmitz (1990). Vgl. Wagner (2004), Westhead et al. (2003) und Shane (2000). Vgl. Shrivastava (2008). Vgl. Bernardt et al. (2002, 14).
2.2 Erklärungsansätze zur Entstehung von Ausgründungen
17
mangelnden Aufstiegsmöglichkeiten oder Spannungen zu Vorgesetzten resultierte.67 Lamont identifiziert eine Reihe weiterer Umstände, die zur Unzufriedenheit von Ausgründern im Inkubatorunternehmen führen können.68 Diese Gründe umfassen die Neubesetzung von Führungspositionen, Unternehmensübernahmen, Unternehmenskrisen sowie explosives Wachstum. Mitton wiederum zeigt in einer Untersuchung von Unternehmen im BiotechnologieCluster von San Diego, wie Änderungen in Kontrollstrukturen zu unterschiedlichen Auffassungen („disagreements“) über die strategische Stoßrichtung führen können.69 Oftmals münden diese dann in Ausgründungen. Im akademischen Umfeld beobachtete Roberts, dass ein stabiles und geordnetes Arbeitsumfeld zu weniger Ausgründungen führt als ein eher instabiles.70 Als eine der zentralen Ursachen für Frustrationen wird in der Ausgründungsforschung die Ablehnung neuer Projektideen eines Angestellten von Seiten des Arbeitgebers identifiziert. So weisen Sah/Stiglitz darauf hin, dass Angestellte, die ihr Beschäftigungsverhältnis beenden, um ein neues Unternehmen zu gründen, dies oft deshalb tun, weil sie für ihre Idee unternehmensintern keine Unterstützung und keine Ressourcen erhalten.71 Die Ablehnung von Projektideen ist zentraler Bestandteil der theoretischen Modelle von Hellman und Cassiman/Ueda.72 Mehrere, auch empirische Arbeiten, stützen diese Auffassung.73 LindholmDahlstrand beispielsweise untersucht 350 neue technologiebasierte Unternehmen in Schweden und identifiziert die Ablehnung von Projektideen als wichtigstes Motiv für die Gründung des neuen Unternehmens.74 Der dargelegte Erklärungsansatz geht davon aus, dass Angestellte ihre Ideen dem Arbeitgeber offen legen. Dass dies nicht unbedingt zutreffen muss, berücksichtigen die von Anton/Yao, Wiggins, Bankman/Gilson und Chatterjee/Rossi-Hansberg entwickelten formalen Modelle, in denen verschiedene Arten der Informationsasymmetrie zwischen Angestellten und Arbeitgeber als Ursache für die Entstehung von Ausgründungen formuliert sind.75 Liegen die Besitzrechte („property rights“) einer vom Arbeitgeber finanzierten Erfindung beim Angestellten
67 68 69 70 71 72 73 74 75
Vgl. Cooper (1970, 58). Vgl. Lamont (1971, 41). Vgl. Mitton (1990, 66). Vgl. Roberts (1991, 15). Vgl. Sah/Stiglitz (1985, 292). Vgl. Hellman (2002), Cassiman (2006). Vgl. bspw. Smilor (1987), Dietrich/Gibson (1990), Garvin (1983). Vgl. Lindholm-Dahlstrand (2001). Vgl. Anton/Yao (1995), Wiggins (1995), Bankman/Gilson (1999), Chatterjee/Rossi-Hansberg (2007).
18
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
und schätzt dieser die Erfindung als wertvoll ein, so hat er einen Anreiz, die Kommerzialisierung selbst durchzuführen und sich mit einer Ausgründung unabhängig zu machen.76 Diese Erklärung hängt mit dem Pull-Faktor der Existenz einer (tatsächlich oder vermeintlich) günstigen Gelegenheit zusammen.77 Die zentrale Aussage der entsprechenden Literatur ist, dass erst das Zusammenspiel zwischen dem Vorhandensein von technologischen oder wirtschaftlichen Gelegenheiten, der Wahrnehmung dieser Gelegenheiten sowie der Umsetzung dieser Gelegenheiten zu Unternehmensgründungen führt.78 Die Fähigkeit solche Gelegenheiten überhaupt wahrzunehmen, ist geprägt von spezifischen Informationsständen der Gründerpersonen.79 Shane spricht in diesem Zusammenhang von „prior knowledge“.80 Der Wissensstand einer Person ist idiosynkratisch, bestimmt durch stochastische Prozesse des kontinuierlichen Lernens, und erlaubt so einer Person, gewisse Gelegenheiten zu erkennen, andere aber nicht.81 Die Umsetzung der Gründung selbst wird erst durch die Akquise bzw. den Zugriff auf die im Rahmen der Gründungs- und Unternehmensentwicklungsaktivitäten benötigten Ressourcen ermöglicht. Sørensen/Sorenson bezeichnen diesen Vorgang als „resource mobilization“.82 Dass Angestellte ihr beim Arbeitgeber erworbenes branchenspezifisches Wissen nützen, um eine Ausgründung zu realisieren, ist die zentrale Annahme der formalen Entstehungsmodelle von Franco/Filson und Agarwal et al.83 Deren Theorie impliziert, dass Ausgründungen ähnliche Aktivitäten durchführen wie ihre Inkubatorunternehmen und in den Wettbewerb mit diesen treten. Empirische Unterstützung haben die Modelle in Untersuchungen der USLaserindustrie,84 der US-amerikanischen Laufwerkhersteller für Computer85 und der Halbleiterindustrie im Silicon Valley86 gefunden.87 Ob und wie sich Ausgründer von anderen Unternehmensgründern unterscheiden untersucht Koch in den drei deutschen Metropolregionen Bremen, München und Stuttgart.88 Er findet
76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88
Eine ausführliche Darstellung über die Verteilung von Besitzrechten innerhalb von Organisationsstrukturen findet sich z.B. bei Picot et al. (2005, 47f.). Vgl. Koch (2006, 56). Vgl. u.a. Fiet (1996), Shane (2000), Sørensen/Sorenson (2003). Vgl. Fiet (1996, 421). Shane (2000, 451). Vgl. Venkatarman (1997, 119). Sørensen/Sorenson (2003, 90). Vgl. Franco/Filson (2000), Agarwal et al. (2004). Vgl. Klepper/Sleeper (2005). Vgl. Franco/Filson (2000). Vgl. Boeker (1988). Die in diesen Studien herangezogenen Datensätze decken die Jahre 1961-1994 (Klepper/Sleeper 2005), 1977-1997 (Franco/Filson 2000) sowie 1955-1981 (Boeker 1988) ab. Vgl. Koch (2006, 102ff.). Innerhalb dieser drei Regionen untersucht der Autor jeweils eine repräsentative Auswahl aller neugegründeten Unternehmen im Sektor der wissensbasierten unternehmensnahen Dienstleister zwischen 1996 und 2003 (Koch 2006, 85). Die untersuchten Gründungsformen sind: Gründungen aus
2.2 Erklärungsansätze zur Entstehung von Ausgründungen
19
dabei keine signifikanten Unterschiede bezüglich des Geschlechts oder der Qualifikation der Gründer. Allerdings besitzen Ausgründer ein höheres Lebensalter, insbesondere wenn diese aus Großunternehmen stammen. Der Autor führt dies auf ein stabileres Beschäftigungsverhältnis in Großunternehmen im Vergleich zu kleinen und mittelgroßen Unternehmen zurück. Die Befunde über die Zusammensetzung der Gründerteams zeigen, dass Ausgründungen aus privaten Unternehmen signifikant weniger Gründerpersonen haben als der Gesamtdurchschnitt der Gründungen. Einzelgründungen sind besonders häufig. Der Autor vermutet eine höhere Anzahl an „Einzelkämpfern“ und Individualisten in diesen Unternehmen, denen es schwer fällt, ein Team zu bilden. Im Vergleich der Gründungsmotive stellt Koch fest, dass Ausgründer häufig als Reaktion auf wirtschaftliche bzw. technologische Veränderungen im Inkubatorunternehmen gründen und/oder um eigene Ideen zu verwirklichen.89 Die große Rolle, die sowohl Pull-Motive (die Wahrnehmung günstiger Gelegenheiten) als auch persönliche Motive (insbesondere das Streben nach Unabhängigkeit) bei Ausgründungsüberlegungen spielen, wurde auch von Bernardt et al. empirisch bestätigt. Ca. 25% der befragten Ausgründer gaben als Motiv an: „[…] to utilize opportunities such as new products or technology.“90 Push-Motive wie die Unzufriedenheit mit dem Arbeitgeber oder die Gefahr der Arbeitslosigkeit wurden wesentlich seltener genannt. Gemeinsam ist den in diesem Abschnitt vorgestellten Erklärungsansätzen die Annahme eines unkooperativen Verhaltens der beteiligten ökonomischen Akteure. Entweder zeigt sich das Inkubatorunternehmen unkooperativ, indem es Projektideen eines Angestellten ablehnt, oder der Angestellte verhält sich unkooperativ, indem er vielversprechende Ideen oder durch den Arbeitgeber finanzierte Erfindungen vor diesem geheim hält und das Unternehmen verlässt, um sich potentielle Erträge selbst anzueignen. In beiden Fällen fasst der Angestellte den Entschluss zum Schritt in die Selbständigkeit. Dass dies nicht immer so sein muss und der Anstoß zu einer Ausgründung auch durch das Inkubatorunternehmen selbst erfolgen kann, zeigt der folgende Abschnitt.
89
90
Bildungseinrichtungen oder Forschungseinrichtungen, Gründungen aus privatwirtschaftlichen Unternehmen, bei denen kein personengebundener Technologietransfer stattfindet sowie freiberufliche oder selbständige Tätigkeit. Die abgefragten Gründungsmotive umfassen „Umsetzung eigener Ideen“, „Selbständigkeit und Unabhängigkeit“, „Bedrohung des Arbeitsplatzes“, „Veränderungen im Mutterunternehmen“ und „Wirtschaftliche Gründe“ (Koch 2006, 127). Bernardt et al. (2002, 5).
20
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
2.2.2 Auslösefaktoren in den beteiligten Organisationseinheiten Nach der Darstellung von Motiven, die einen Angestellten dazu veranlassen können aus eigenem Antrieb eine Ausgründung durchzuführen, wird im Folgenden untersucht, welche Auslösefaktoren zur Ausgründung auf Seiten des Inkubatorunternehmens wirksam werden können. Die entsprechenden Literaturbeiträge lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Ein Teil der Beiträge hebt primär die Entwicklung der Beziehung und gegenseitigen Abhängigkeit zwischen Ausgründungsnukleus und Inkubatorunternehmen hervor. Als Auslösefaktoren für Ausgründungsüberlegungen werden die im Zuge dieser Entwicklung auftretenden Differenzen und Konflikte angesehen. Ein anderer Teil der Beiträge stellt die Existenz brachliegender Ressourcen und Kompetenzen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Gemeinsam ist diesen Erklärungsansätzen der Rückgriff auf die Bedeutung von Trägheitsfaktoren und Innovationsbarrieren in etablierten Unternehmen als eine zentrale Entstehungsvoraussetzung für Ausgründungen. Diese Trägheitsfaktoren stellen gewissermaßen einen grundlegenden Auslösefaktor dar und werden daher im Folgenden kurz umrissen.
2.2.2.1 Organisatorische Trägheitsfaktoren und Innovationsbarrieren Die Literatur der Innovationsforschung ist geprägt von einer in Breite und Tiefe inzwischen sehr umfassenden aber nicht abgeschlossenen Diskussion über die Fähigkeit von Großunternehmen, Innovationen zu generieren und erfolgreich umzusetzen.91 Viele Autoren vertreten die Auffassung, dass etablierte Unternehmen grundsätzliche Schwierigkeiten im Umgang mit radikalen Innovationen haben.92 Henderson zeigt am Beispiel der Fotolithographiebranche, dass etablierte Unternehmen als Antwort auf radikale Innovationen mit Unterinvestition und Inkompetenz reagieren.93 Aus der Arbeit von Christensen geht hervor, dass nahezu alle großen Innovationen in der USComputerlaufwerkindustrie von einem neuen Unternehmen initiiert wurden und zum Niedergang des vorher dominanten Unternehmens geführt haben.94 Da organisatorische Veränderung risikobehaftet und komplex ist, tendieren etablierte Unternehmen dazu, existierende Strukturen beizubehalten und Innovationsaktivitäten nachlässig zu betreiben.95 Miller/Friesen zeigen anhand eines formalen Modells, dass etablierte Unternehmen Innovationen nur als Antwort auf ernsthafte Gefahren oder Instabilitäten in ihrem externen Umfeld umsetzen.96
91 92 93 94 95 96
Vgl. Schumpeter (1993 [1934]), Mintzberg et al. (1998). Vgl. Tushman/Anderson (1986), Henderson (1993), Christensen (2003). Vgl. Henderson (1993, 248). Vgl. Christensen (2003, 24). Vgl. Hannan/Freeman (1989, 158). Vgl. Miller/Friesen (1982, 16).
2.2 Erklärungsansätze zur Entstehung von Ausgründungen
21
Andere Autoren argumentieren, dass etablierte Unternehmen nicht nur langsam in der Umsetzung radikaler Innovationen sind (oder dabei sogar ganz versagen), sondern regelmäßig auch Schwierigkeiten bei der Einführung relativ kleiner Produktinnovationen haben.97 Die Arbeiten von Sull und Markides identifizieren in Metaanalysen verschiedener Literaturströmungen eine Reihe von Faktoren, die die innovationsbezogene Trägheit etablierter Unternehmen bedingen können.98 Zentral für die Erklärung von Ausgründungen scheinen insbesondere die Existenz starrer Denkmuster,99 die Existenz formaler Strukturen100 sowie die Komplexität von Ressourcenallokationsprozessen zu sein. Organisationstheoretiker betonen die Rolle institutionalisierter Denkmuster, die sich über den Zeitverlauf in einer Organisationseinheit entwickeln.101 Diese Denkmuster, Prahalad/Bettis sprechen hier von einer „dominanten Logik“ („dominant logic“),102 prägen und determinieren die Fähigkeit von Managern, sowohl neue Gelegenheiten wahrzunehmen als auch organisatorischer Routinen und Prozessabläufe neu zu gestalten. Diese Denkmuster sind so dominant, dass innovative Aktivitäten erst gar nicht angestoßen werden, bedeuten diese doch einen Bruch mit den etablierten und bekannten Aktivitäten. Die wachsende Komplexität großer Unternehmen gestaltet deren Management schwierig.103 Als Konsequenz entstehen hierarchische Strukturen und formale Regelwerke, die einem Unternehmen zwar dabei helfen, mit bekannten Aktivitäten, Technologien und Kunden umzugehen, aber dessen Fähigkeit auf neue Anforderungen und Bedürfnisse zu reagieren einschränken.104 Schon Hlavacek/Thompson wiesen darauf hin, dass die in etablierten Unternehmen beobachtbaren Strukturen existierende Praktiken und Prozesse verstärken und festigen können.105 Die vorherrschenden Strukturen sind zu starr und die Arbeitsteilung zu segmentiert für Innovationen.106 Wilson zeigt in diesem Kontext das Konzept des „organizational dilemma“ auf.107 Dieses besagt, dass jene Organisationsstrukturen, die für die Generierung neuer Ideen geeignet sind, hinderlich werden, wenn es zur Ausnützung („exploitation“), d.h. Umsetzung und Diffusion, dieser Ideen kommt – und umgekehrt.
97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107
Vgl. Henderson/Clark (1990, 9). Vgl. Sull (1996), Markides (1999) sowie die Ausführungen bei Reichardt (2005, 72ff.) und Keil (2000, 45). Vgl. Prahalad/Bettis (1986), Bettis/Prahalad (1995). Vgl. Hlavacek/Thompson (1973). Vgl. Chandy/Tellis (2000, 3). Vgl. Prahalad/Bettis (1986). Vgl. Damanpour (1996, 695). Vgl. Francis/Smith (1995, 383), Chandy/Tellis (2000, 4). Vgl. Hlavacek/Thompson (1973, 363). Vgl. Dougherty/Heller (1994, 200). Vgl. Wilson (1966, 195f.).
22
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
Burns/Stalker sprechen von „mechanistischen Strukturen“ („mechanistical structures“), die eine für bestimmte Innovationsvorhaben notwendige effiziente Ressourcenallokation zeitlich verlangsamen, insbesondere in den frühen Phasen von Innovationszyklen.108 Die Komplexität von Investitionsentscheidungen im Zuge von Ressourcenallokationsprozessen zeigen bspw. Burgelman und Noda/Bower auf.109 Diese Entscheidungen werden geprägt durch verschiedenste Interessen und Erwartungen der beteiligten Personen und geschehen damit nicht rein rational und langfristig gewinnmaximierend: Das Ziel der Herstellung kurzfristiger persönlicher Optima ist bedingt durch persönliche Risikoerwägungen sowie persönliche Machtinteressen.110 Diese in etablierten Großunternehmen bestehenden Trägheitsfaktoren können zu verschiedenen Zeitpunkten des Lebenszyklus eines Innovationsprojekts wirksam werden. Wie in Abschnitt 2.2.1 ausgeführt, stellen abgelehnte, oftmals für das Inkubatorunternehmen (zu) innovative Projektvorschläge, und die damit einhergehende Frustration der beteiligten Mitarbeiter ein Motiv für die Realisierung einer Ausgründung dar. Die innovationsbezogene Trägheit von etablierten Unternehmen kann aber auch während der Projektlaufzeit zu einem Spannungsverhältnis zwischen dem Ausgründungsnukleus und seinem Umfeld in der Inkubatororganisation führen, das letztendlich in einer negativen Entscheidung über die Fortführung eines Projekts aufgeht. Empirische Studien, die dieses Spannungsverhältnis untersuchen, werden im folgenden Abschnitt vorgestellt.
2.2.2.2 Spannung zwischen Unternehmen und Ausgründungsnukleus In der Literatur finden sich Hinweise darauf, dass Spannungen sowohl auf kognitiver, unternehmensstrategischer als auch operativer Ebene entstehen und als Auslösefaktoren für Ausgründungen wirken. Kognitive Rahmen des Inkubatorunternehmens und des Ausgründungsnukleus. Mehrere ausgründungsspezifische Untersuchungen konzentrieren sich explizit auf eine Teilmenge der im letzten Abschnitt erörterten Trägheitsfaktoren. So arbeitet Fiol die Rolle kognitiver Konflikte zwischen Ausgründungsnukleus und Inkubatorunternehmen heraus.111 Da die Technologien und Märkte von Innovationsprojekten Merkmale aufweisen können, die sich grundlegend von den im Inkubatorunternehmen bekannten Märkten und Technologien unterscheiden, bewegen sich diese Projekte innerhalb zumindest zweier kognitiver Rahmen: Der eine wird vom internen Umfeld des Inkubatorunternehmen aufgespannt, der anderen vom neuen Ziel-
108 109 110 111
Vgl. Burns/Stalker (1961, 119). Vgl. Burgelman (1983b), Noda/Bower (1996). Vgl. Pfeffer (1992). Vgl. Fiol (1995, 74).
2.2 Erklärungsansätze zur Entstehung von Ausgründungen
23
markt bzw. der neuen Technologie. Konflikte können sowohl durch die Dominanz einer der beiden Rahmen als auch durch deren Überlappung bedingt sein. Die Ausgründung des Projekts führt zu einer Beseitigung dieser Konflikte. Parhankangas stellt Ausgründungen als mögliche Lösung eines Problems dar, das Dougherty/Heller als „illegitimacy of new product development“112 bezeichnen: In ihrem Lebenszyklus sehen sich neue Innovationsprojekte mit der Gefahr einer abnehmenden Sichtbarkeit und Priorisierung konfrontiert.113 Diese Schwierigkeiten entstehen, weil signifikante Produktinnovationen entweder etablierte Routinen verletzen oder aber in ein kognitives Vakuum fallen, in dem kein gemeinsames Verständnis darüber existiert, welche Bedeutung die Innovation für das Inkubatorunternehmen haben kann. Die Autoren sprechen hier von einem „climate misfit“ zwischen den Innovationsaktivitäten des Projekts und den Routinen des Inkubatorunternehmens.114 Strategie des Inkubatorunternehmens und des Ausgründungsnukleus. Mehrere Studien in der Corporate Venturing-Literatur weisen auf die Bedeutung der Verträglichkeit der Strategie des Inkubatorunternehmens mit der strategischen Ausrichtung eines Innovationsprojekts hin. Wallin/Lindholm-Dahlstrand sprechen in diesem Zusammenhang von „strategic coherence“,115 andere wie DeSarbo et al., Dougherty/Heller oder Thornhill/Amit von „strategic fit“.116 Hinweise auf die Wichtigkeit einer Konsensbildung über die Unternehmensstrategie finden sich auch in der Literatur zu strategischem Management.117 Eine ausgeprägte strategische Verträglichkeit einer Aktivität wird häufig mit umfassender Managementunterstützung und hoher Performanz der Aktivität in Verbindung gebracht. In einer Erfolgsfaktorenanalyse von unternehmensinternen Innovationsprojekten identifizieren DeSarbo et al. den strategischen Fit als dominierendes Erfolgskriterium. Die Schlussfolgerung der Autoren ist eindeutig: „Do not expect support from any managers, inexperienced or otherwise, if there is no perceived [strategic] fit between the firm and the venture.”118 Thornhill/Amit zeigen in einer Untersuchung von Innovationsprojekten, dass der Grad des strategischen Fits zwischen Inkubatorunternehmen und Projekt, den Erfolg des Projekts positiv beeinflusst und dieser Erfolg mit der Unterstützung zusammenhängt, die einem Projekt von Seiten des Managements des Inkubatorunternehmens entgegengebracht wird.119
112 113 114 115 116 117 118 119
Dougherty/Heller (1994, 202). Vgl. Parhankangas (1999, 72). Dougherty/Heller (1994, 207). Wallin/Lindholm-Dahlstrand (2006, 618). DeSarbo et al. (1987, 337), Dougherty/Heller (1994, 207), Thornhill/Amit (2001, 33). Vgl. Andrews (1971), Cyert/March (1963), Dess/Priem (1995). DeSarbo et al. (1987, 329). Vgl. Thornhill/Amit (2001). Die Autoren messen der Projekterfolg über das zeitgerechte Erreichen gesetzter Meilensteine.
24
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
In einer konzeptionellen Untersuchung zu Entrepreneurship-Aktivitäten in Großunternehmen, betrachtet Burgelman Ausgründungen als ein vom Inkubatorunternehmen aktiv eingesetztes strategisches Instrument zur Wahrung der Kohärenz der verschiedenen Innovationsaktivitäten mit der übergeordneten Unternehmensstrategie.120 Keil unterstützt diese Auffassung und zeigt empirisch anhand von Fallstudien, dass Ausgründungen als Ergebnis eines gemeinsamen Evolutionsprozesses mit dem Inkubatorunternehmen entstehen können, im Zuge dessen sich die strategische Ausrichtung und die Ziele des Innovationsprojekts und die des Unternehmens voneinander entfernen.121 Das Inkubatorunternehmen initiiert dann aktiv eine Ausgründung, um strategische Kohärenz wiederherzustellen. Die Ausgründung von Innovationsprojekten, die eine nur schwache strategische Kohärenz aufweisen, wird in der Literatur allerdings nicht konsistent positiv bewertet. Vielmehr weisen mehrere Autoren auf die Bedeutung der Projekte in Hinblick auf eine Unternehmensvitalisierung122 und für „shaking up core rigidities”123 hin. Der Wert dieser Projekte wird gerade in den von ihnen ausgehenden neuen strategischen Impulsen für das Inkubatorunternehmen angesehen.124 Derartige Innovationsvorhaben können als Initiatoren einer Veränderung der strategischen Ausrichtung des Inkubatorunternehmens und somit seiner Anpassung an sich ändernde marktliche Umfeldbedingungen wirken.125 Erfolgreiche Projekte können „agents for renewal“126 darstellen – eine Rolle, die sie nicht mehr in vollem Umfang erfüllen können, wenn sie als neues Unternehmen ausgegründet werden. Ressourcenprofil des Inkubatorunternehmens und des Ausgründungsnukleus. Neben den kognitiven und strategischen Spannungen zwischen einem Ausgründungsnukleus und dem Inkubatorunternehmen, können auch ressourcenbezogene Unterschiede einen Auslösefaktor für Ausgründungsüberlegungen darstellen. Die entsprechenden Argumente in der Literatur beziehen sich auf Implikationen aus Unterschieden in der Ressourcenausstattung und den wechselseitigen Ressourcenbedürfnissen zwischen Nukleus und Inkubatorunternehmen. Die theoretische Basis für diese Betrachtungsweise bilden die Resource-based View127 und die Resource-dependence Theory.128
120 121 122 123 124 125 126 127 128
Vgl. Burgelman (1983a, 1362). Vgl. Keil (2000, 128). Vgl. Schmidt (2003, 4f.). Elfring/Foss (1997, 2). Vgl. Schmidt (2003, 177ff.). Vgl. Burgelman (1991, 250). Leonard-Barton (1992, 122). Vgl. Penrose (1959), Wernerfelt (1984), Barney (1991) sowie die Ausführungen zum theoretischen Bezugsrahmen der vorliegenden Arbeit in Abschnitt 3.1. Vgl. Jacobs (1974), Pfeffer/Salancik (1978).
2.2 Erklärungsansätze zur Entstehung von Ausgründungen
25
Auf Basis einer Stichprobe von 54 technologieorientierten Ausgründungen von großen Industrieunternehmen in Finnland untersucht Parhankangas die Rolle von Ressourcenkomplementaritäten zwischen Ausgründung und Inkubatorunternehmen in der Prä- und PostAusgründungsphase.129 Die Studie lässt erkennen, dass das Erreichen bestimmter Meilensteine in der Entwicklung eines Projekts mit der Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen im Inkubatorunternehmen zusammenhängt. Die Ergebnisse zeigen, dass (i) die technologischen Komplementaritäten positiv mit der Einführung eines Produktprototypen zum Zeitpunkt des Ausgründungsereignisses zusammenhängen, (ii) die Existenz von Produktkomplementaritäten die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das Produkt des Projekts in einem kommerziellen Umfang hergestellt werden kann bevor es vom Inkubatorunternehmen getrennt wird und (iii) die Verfügbarkeit von Marketing- und Vertriebskomplementaritäten des Inkubatorunternehmens dem Projekt dabei hilft, eine etablierte Position am Markt zu erreichen (bevor dieses ausgegründet wird). Die Studie zeigt auch, dass die durch die Weiterentwicklung eines Projekts bedingten Änderungen in Ressourcenkomplementaritäten zu einer Situation führen können, in denen die gegenseitigen Erwartungen über einen Ressourcenaustausch nicht mehr erfüllt werden. Der Abbruch einer solchen Austauschbeziehung kann in Form einer Ausgründung geschehen. Blum findet in einer fallstudienbasierten Untersuchung Unterstützung für die Hypothese, dass Ausgründungen dann zu einer Werterhöhung für beide Parteien führen, wenn die Leistungen der Ausgründung nicht zur Kernkompetenz des Inkubatorunternehmens gehören.130 Die Werterhöhung entsteht durch die Möglichkeit für das Unternehmen, sich auf seine Kernkompetenzen zu konzentrieren und Aktivitäten, die dazu nicht komplementär sind, auszulagern. Auf Ineffizienzen, die durch das gemeinsame Management unterschiedlicher Ressourcenbasen entstehen, verweisen u.a. auch Richardson, Burgelman und Wallin/Lindholm-Dahlstrand. Burgelman schlägt normativ vor, dass die Abwesenheit ausgeprägter Abhängigkeiten zwischen intern entwickelten Ressourcenkombinationen zu Ausgründungen führen sollte.131 Das Vorliegen von nur partiellen Abhängigkeiten führe zu ineffizienten Spannungen zwischen den Entitäten. Wallin/Lindholm-Dahlstrand verstehen Ausgründungen als eine Reduktion der Ressourcen- und Kompetenzbasis eines Unternehmens.132 Nach Richardson könne eine Ausgründung dann sinnvoll sein, wenn die einem Ausgründungsnukleus zugrunde liegenden Ressourcen zu „dissimilar“133 zu den Ressourcen des Inkubatorunternehmens sind und deren Ma-
129 130 131 132 133
Vgl. Parhankangas (1999). Vgl. Blum (2006, 199). Vgl. Burgelman (1983a, 1354). Vgl. Wallin/Lindholm-Dahlstrand (2006, 613). Richardson (1972, 895).
26
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
nagement deshalb schwer fällt. Elfring/Foss postulieren, dass ein in Freiheit entlassenes Projekt für das Inkubatorunternehmen, aber auch für andere Unternehmen, einen höheren Wert schaffen kann als in einem integrierten Zustand.134
2.2.2.3 Existenz brachliegender Ressourcen Ein weiterer Auslöser für Ausgründungsüberlegungen von Seiten des Inkubatorunternehmens sind brachliegende, nicht kommerzialisierte und nicht verwertete Ressourcen und Kompetenzen in Form von Forschungsergebnissen und Erfindungen.135 Die Zunahme an Innovationsaktivitäten in forschungsintensiven Unternehmen und die damit einhergehenden kontinuierlich steigenden Forschungs- und Entwicklungsausgaben erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Erfindungen außerhalb des Kerngeschäfts, erhöhen aber auch den Druck Erträge zu generieren.136 Innovationsaktivitäten sind durch Unsicherheit geprägt und deren Ergebnisse vorab nicht immer antizipierbar.137 Die dadurch entstehenden „spill-overs“, denen oftmals signifikante F&E-Investitionen vorausgehen, können unter Vorgabe einer Wert- und Gewinnmaximierung unternehmensexternen Verwertungsmechanismen zugeführt werden. Externe Verwertungsformen umfassen beispielsweise den Verkauf oder die Lizensierung an Dritte, Forschungskooperationen und -allianzen sowie Ausgründungen.138 Die Bedeutung von Ausgründungen in der externen Technologieverwertung heben mehrere Studien hervor. Gassmann et al. weisen in ihrer fallstudienbasierten Untersuchung von zehn privatwirtschaftlichen Unternehmen und Forschungseinrichtungen in Deutschland und der Schweiz auf die herausragende Stellung des Ausgründungsmechanismus in der Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen hin und begründen diese mit der Inneffizienz von Technologiemärkten.139 Die Ineffizienz von Technologiemärkten sei bedingt durch die hohe Spezifität der Forschungsergebnisse und Technologien, den daraus resultierenden hohen Transaktionskosten, dem Fehlen von Intermediären zur Vermittlung von Leistungsangeboten und Leistungsnachfragen sowie dem Wertverlust von F&E-Ergebnissen sobald diese offen gelegt werden. Antonelli hebt die Bedeutung des Ausgründungsmechanismus als ein „tool to valorize second-best technological opportunities“140 hervor, dessen Einsatz insbesondere dann sinnvoll ist, wenn interne Koordinationskosten hoch sind und das technologische Wissen „sticky“ ist, also stark personengebunden bzw. schwer kodifizierbar.
134 135 136 137 138 139 140
Vgl. Elfring/Foss (1997, 9). Vgl. Chesbrough (2003a), Gassmann et al. (2003), Antonelli (2004). Vgl. 3i (2002). Vgl. Chesbrough (2003a, 403). Vgl. Lichtenthaler (2005, 235). Vgl. Gassmann et al. (2003, 30). Antonelli (2004, 134).
2.2 Erklärungsansätze zur Entstehung von Ausgründungen
27
Weitere empirische Belege für die von Inkubatorunternehmen betriebene Praxis, Ausgründungen zur Kommerzialisierung brachliegender Ressourcen einzusetzen, geben verschiedene Fallstudien u.a. an den Beispielen des Philips Technology Incubator, der Firma Xerox, des Siemens Technology Accelerator oder des Novartis Venture Funds.141
2.2.3 Einfluss des ökonomischen Umfelds Literaturbeiträge zur Entstehung von Ausgründungen beschäftigen sich auch mit dem Einfluss des volkswirtschaftlichen und regionalen Umfelds. Der bestehende, relativ dünne empirische Erkenntnisstand wird im Folgenden ausgebreitet. Einfluss des volkswirtschaftlichen Umfelds. Basierend auf einigen Fallstudien zieht Garvin den Schluss, dass das Ausgründungsphänomen vorwiegend in jungen Industrien auftritt.142 Er argumentiert, dass in jungen Industrien eher neue Produktvarianten entstehen. Diese öffnen neue Nischenmärkte, deren Potenziale für etablierte Unternehmen schwierig zu evaluieren sind und deshalb günstige Gelegenheiten für Angestellte dieser Unternehmen darstellen, sich zu verselbständigen. Dieser Effekt werde zusätzlich durch die Tatsache begünstigt, dass in jungen Industrien Wissen eher in Humankapital als in physischen Ressourcen gebunden ist, was das Potenzial für einen Wissenstransfer zu einer Ausgründung noch verstärkt. Eriksson/Kuhn untersuchen auf Basis eines umfangreichen Arbeitgeber-Angestellten Längsschnittdatensatzes des gesamten dänischen Privatsektors den Markteintritt und Marktaustritt von Unternehmen in den Jahren 1981 bis 2000.143 Die Autoren stellen dabei fest, dass die meisten Ausgründungen, erfasst über Abwanderungsbewegungen von Angestellten aus bestehenden Unternehmen, in Zeiten eines wirtschaftlichen Abschwungs oder eines stabilen Wirtschaftswachstums entstehen. Relativ wenige Ausgründungen entstehen hingegen in Zeiten eines starken wirtschaftlichen Aufschwungs. Sie sehen darin eine Unterstützung für die beiden Erklärungsansätze, dass Ausgründungen entweder von Angestellten als Reaktion auf Krisen im Inkubatorunternehmen durchgeführt werden oder aber um günstige Geschäftsgelegenheiten auszunützen. Einfluss des regionalen Umfelds. Klepper/Sleeper stellen fest, dass in der von ihnen untersuchten US-Laserindustrie die Konzentration von Unternehmen in örtlichen Clustern die Häufigkeit von Ausgründungen aus diesen Unternehmen erhöht.144 Dieses Phänomen konnte Klepper auch schon in der US-Automobil-Industrie beobachten.145 Eine gewisse Bedeutung
141 142 143 144 145
Vgl. Escher (2005, 72), Chesbrough (2003a, 407), Becker (2003, 177), Meier (2007, 270). Vgl. Garvin (1983, 3f.). Vgl. Eriksson/Kuhn (2006). Vgl. Klepper/Sleeper (2005, 1305). Vgl. Klepper (2002, 663).
28
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
für die Entstehung von Ausgründungen wird auch der Verfügbarkeit von Risikokapital zugeschrieben. Malecki stellt fest, dass die Bedeutung von Regionen als Quelle von Ausgründungen durch den Umfang des verfügbaren Risikokapitals beschränkt wird.146 Roberts/Malone weisen ebenfalls darauf hin, dass „the spin-off process is more difficult in environments where venture capital […] [is] scarce and mechanisms for high-selectivity and a high level of support must be in place by the R&D organization to compensate for this scarcity”.147 Die Autoren zeigen insbesondere auf, dass die Bereitstellung von Risikokapital durch das Inkubatorunternehmen selbst geschehen kann. Dass der Einbezug von externen Venture CapitalInvestoren positive Effekte auf Umsatzwachstum und Marktbewertung einer Ausgründung haben kann, konnte Chesbrough in seiner Untersuchung von 35 Ausgründungen des USUnternehmens Xerox belegen.148 Im Gegensatz zu einem externen Venture Capital-Investor, dessen Zielfunktion primär das Wachstum und den finanziellen Erfolg seiner Portfoliounternehmen umfasst, verfolgt ein Inkubatorunternehmen mit der Unterstützung einer Ausgründung u.U. auch strategische Ziele. Diese möglichen Ziele werden im nächsten Abschnitt dargestellt.
2.3 Ausgründungsunterstützung durch Inkubatorunternehmen Die bisherige Auseinandersetzung mit der Literatur hat aufgezeigt, dass Ausgründungsüberlegungen sowohl auf Seiten einzelner Angestellter als auch auf Seiten des Inkubatorunternehmens entstehen können. Insbesondere können Situationen auftreten, in denen sich das Inkubatorunternehmen für oder gegen die Unterstützung einer Ausgründung entscheiden muss. Die Diskussion in diesem Abschnitt soll Erkenntnisse zu Zielen und Formen der Unterstützungsleistung sowie zum Prozess der Ausgründungsunterstützung reflektieren.
2.3.1 Ziele der Unterstützung Während die Ziele, die Unternehmen mit der Abspaltung ganzer Geschäftseinheiten verfolgen, vergleichsweise ausgiebig konzeptionell und empirisch untersucht wurden,149 findet sich eine systematische Analyse der Vorteile einer Unterstützung der in dieser Arbeit betrachteten originären Ausgründungen nur in den Studien von Maselli, Lehmair und Blum. Maselli unterscheidet direkte und indirekte Vorteile, die sich aus der Unterstützung von Ausgründungen für das Inkubatorunternehmen ergeben können.150 Die direkten Vorteile umfassen
146 147 148 149 150
Vgl. Malecki (1987, 215). Roberts/Malone (1996, 17). Vgl. Chesbrough (2003a, 415). Vgl. dazu bspw. den ausführlichen Literaturüberblick in Brauer (2006, 757) oder die Ausführungen bei Blum (2006, 92). Vgl. Maselli (1997, 38ff.).
2.3 Ausgründungsunterstützung durch Inkubatorunternehmen
29
Imagevorteile, finanzielle Vorteile, die Senkung von Entwicklungsrisiken sowie Vorteile, die sich aus der Konzentration auf das Kerngeschäft ergeben. Indirekte Vorteile können durch eine langfristig angelegte kooperative Beziehung zwischen der Ausgründung und dem Inkubatorunternehmen entstehen. Diese umfassen die Nutzung des technologischen Potenzials der Ausgründung durch langfristigen Technologie- bzw. Know-how-Transfer, die Nutzung von aus der Marktnähe der Ausgründung resultierenden Informationsvorteilen sowie Vorteile, die sich aus der Nutzbarmachung der durch die relativ geringe Größe der Ausgründung bedingten Flexibilität ergeben. Zusätzlich nennt Maselli die Ausnützung von Anreizvorteilen der Mitarbeiter, welche durch die Selbständigkeit der Ausgründung bedingt sind. Eine weitere Systematisierung der mit der Durchführung von Ausgründungen verfolgten Ziele stellt Lehmair vor.151 Der Autor differenziert zwischen finanziellen Zielen und strategischen Zielen. Letztere umfassen den Neueintritt in nicht bediente Märkte, die wirtschaftliche Verwertung von Ressourcen, die Fokussierung auf das Kerngeschäft, die Reduktion des Entwicklungsrisikos, die Erschließung von neuen Ressourcen sowie die Motivierung eigener Mitarbeiter zu unternehmerischem Handeln. Blum hingegen sieht die Realisierung von Werterhöhungspotenzialen als primäres Ziel der Unterstützung von Ausgründungen durch das Inkubatorunternehmen.152 In seiner konzeptionellen Analyse differenziert Blum zwischen unmittelbaren und mittelbaren Werterhöhungspotenzialen. Unmittelbare Werterhöhungspotenziale können die Verbesserung der Ressourcenallokation, die Reduktion von Transaktionskosten und die effizienzsteigernde Verteilung von Besitzrechten sein. Die mittelbaren Werterhöhungspotenziale ordnet Blum in die drei Cluster der Ressourcenverlagerung, des Informationstransfers und des Marktzugangs ein. Im Cluster der Ressourcenverlagerung bestehen die Potenziale der Kostensenkung, Risikosenkung und Technologieverwertung, im Cluster des Informationstransfers die Potenziale des Know-howTransfers und des Technologietransfers und im Cluster des Marktzugangs die Potenziale der Flexibilitätserhöhung, der Aneignung von Marktinformationen sowie der Nutzung von Anreizvorteilen. In Interviews mit neun deutschen Inkubatorunternehmen im Jahr 2003 konnte der Autor die Technologieverwertung und Rendite als hauptsächlich verfolgte Ziele identifizieren.
151 152
Vgl. Lehmair (2002, 194f.). Vgl. Blum (2006, 138f.). Die zentrale Annahme von Blum ist, dass durch Ausgründungen ökonomische Werte entstehen können (Blum 2006, 89). „Wert“ wird in der Studie nicht als monetärer Gegenwert eines Unternehmens verstanden und „Werterhöhung“ nicht als Erhöhung der Marktkapitalisierung eines Unternehmens. Vielmehr löst sich Blum von einem in der ökonomischen Literatur gebräuchlichen Verständnis einer objektiv messbaren und damit quantitativ fassbaren Wertsteigerung und zieht sich auf eine subjektivqualitative Ebene zurück.
30
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
2.3.2 Unterstützungsformen Die Unterstützungsleistung von Seiten eines Inkubatorunternehmens kann in unterschiedlichen quantitativen und qualitativen Ausprägungen erfolgen. Nach Richards kann die Unterstützung des Inkubatorunternehmens so vielfältige Leistungen umfassen wie die Bereitstellung von physischen Ressourcen, Technologien und Kapital, die Benutzungserlaubnis für Büroräumlichkeiten, IT-Infrastruktur, Mentoring und Coaching der Gründer, Zugang zu Kontaktnetzwerken, Rechtsberatung oder Buchhaltungsdienstleistungen.153 Viele dieser Unterstützungsleistungen entsprechen im Wesentlichen den Leistungen von dedizierten Inkubatoren, Business Angels oder auf Frühphasenfinanzierung spezialisierten Risikokapitalgesellschaften. Unter anderem hebt Lindholm die besondere Rolle von physischen Ressourcen und marktnahen Kompetenzen bei der Ausgründungsunterstützung hervor:154 Aufgrund derartiger Ressourcenzugänge hätten Ausgründungen aus privatwirtschaftlichen Unternehmen einen großen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Gründungsformen. Gerade für junge Unternehmen sei der Zugang zu Produktionsanlagen sowie Marketing- und Vertriebskanälen äußerst wertvoll. Van de Velde/Clarysse weisen darauf hin, dass die Quantität und Qualität der vom Inkubatorunternehmen bereitgestellten Ressourcen ein wichtiges Signal für externe Investoren sein kann.155 Empirisch fundierte Hinweise zu den tatsächlichen Unterstützungsleistungen von Inkubatorunternehmen finden sich in den Arbeiten von Bernardt et al., Blum und Koch. Bernardt et al. stellen in einer Untersuchung von Ausgründungen in den Niederlanden fest, dass 34% der jungen Unternehmen durch einen gezielten Wissenstransfer unterstützt wurden, 34% durch (anfängliche) Aufträge von Seiten des Inkubatorunternehmens, 26% erhielten finanzielle Unterstützung und 37% andere Unterstützungsleistungen wie Beratung oder die Vermittlung von Kontakten innerhalb des Netzwerkes des Inkubatorunternehmens.156 Im Bereich des Wissenstransfers wurde am häufigsten spezifisches Wissen über Produkte, über den Markt und technologisches Wissen transferiert. Patente und Lizenzen spielten eine relativ geringe Rolle. Nur an 3% der Ausgründungen wurde ein Patent transferiert bzw. eine Lizenz gewährt. In einer Fallstudienanalyse von zwölf Ausgründungen in Deutschland untersucht Blum Art und Umfang des Ressourcentransfers zwischen Inkubatorunternehmen und Ausgründung.157 Er stellt fest, dass von den Inkubatorunternehmen hauptsächlich Humanressourcen und
153 154 155 156 157
Vgl. Richards (2001). Vgl. Lindholm (1994, 50). Vgl. Van de Velde/Clarysse (2006, 21). Vgl. Bernardt et al. (2002, 24f.). Vgl. Blum (2006, 166ff.).
2.3 Ausgründungsunterstützung durch Inkubatorunternehmen
31
intangible Ressourcen (Patente, Lizenzen, Know-how) übernommen wurden. Sechs Ausgründungen wurden in erheblichem Umfang durch die Bereitstellung von Anlage- und Umlaufvermögen unterstützt. Drei Ausgründungen zahlten einen Kaufpreis für die übernommenen Ressourcen, der mit Hilfe externer Kapitalgeber finanziert wurde. Bei fünf Ausgründungen gaben die Inkubatorunternehmen Ressourcen gegen eine Beteiligung am Eigenkapital der Ausgründung ab. Die übrigen vier Ausgründungen haben kaum Ressourcen übernommen, weshalb auch keine Kompensation stattfand. 85% aller von Koch befragten Neugründungen gaben an, Ergebnisse aus vorherigen Tätigkeiten transferiert zu haben.158 Neben „weichen“ Transfers wie Kontakten (30,9%), Erfahrung (13,4%) und Know-how (14%), fanden auch Transfers von Produkten (35,5%), Geschäftsund Produktideen (29,1%), Technologien und Technik (20,1%) sowie von Forschungsergebnissen (5,7%) statt. Diese bezeichnet der Autor als „harte“ Transfers.159 Allerdings haben nur 1,3% aller Gründer einen Prototypen von ihrem Inkubatorunternehmen übernommen. Der Transfer von finanziellen Ressourcen spielte nur für eine Minderheit der befragten Ausgründungen eine Rolle.160 Insgesamt waren ca. 30% der Inkubatorunternehmen zum Ausgründungszeitpunkt unterstützend tätig, ca. 20% standen der Ausgründung ablehnend gegenüber. Die übrigen Unternehmen nahmen eine indifferente bzw. neutrale Haltung ein.
2.3.3 Unterstützungsprozess Empirische Erkenntnisse über den Prozess der Ausgründungsunterstützung finden sich in den Arbeiten von Lehmair, Gassman et al. und Blum. Lehmair entwickelt basierend auf drei Unternehmensfallstudien und konzeptionellen Überlegungen einen idealtypischen sechsstufigen Prozess zur Durchführung von Ausgründungen.161 Dieser setzt sich zusammen aus einer Zieldefinition (welche Ziele sollen mit Ausgründungen verfolgt werden), einer Projektidentifikation (welche Projekte kommen für eine Ausgründung in Frage), einer Detailplanung (welche Projekte werden auf welche Weise ausgegründet), dem eigentlichen Ausgründungsvorgang, der (Mit-)Gestaltung von Entwicklung und Wachstum der Ausgründung durch das Inkubatorunternehmen sowie der Institutionalisierung bzw. Beendigung des Engagements.
158 159 160 161
Vgl. Koch (2006, 98f.). Den Transfer einer der als „hart“ bezeichneten Transferelemente setzt der Autor als Voraussetzung für die Klassifikation eines Unternehmens als Ausgründung fest (Koch 2006, 97). Hier muss bei der Interpretation allerdings berücksichtigt werden, dass ausschließlich Unternehmen im Dienstleistungsbereich befragt wurden, die evtl. wenig Startkapital benötigten. Vgl. Lehmair (2002, 189ff.).
32
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
Auch Gassmann et al. untersuchen den Abwicklungsprozess von Ausgründungen.162 Die Autoren identifizieren dabei zwei Grundtypen von Gründungsprozessen. Bei Ausgründungen, die als strategische Stoßrichtung durchgeführt werden (d.h. aufgrund der Unternehmensstrategie werden gezielt Ausgründungen gefördert und realisiert) ist der Gründungsprozess gut strukturiert und formalisiert. Im Gegensatz dazu findet sich bei Ausgründungen, die als Reaktion auf „strategischen Misfit“ geschehen (d.h. aufgrund von Reorganisationen oder strategischen Spannungen), eine große Heterogenität in Struktur und Formalisierung des Gründungsprozesses. Dabei reicht der Formalisierungsgrad von klar definierten Inkubatorprozessen bis hin zu rein situativen Eigeninitiativen der Gründerteams. Die Unterstützung der Ausgründungen erfolgt bei der strategischen Stoßrichtung i.d.R. in Form von finanziellen Ressourcen durch Investitionsfonds. Gründungen aus strategischem Misfit werden je nach Unternehmen durch ausgründungsspezifische Abteilungen, Venture Fonds oder externe Kapitalgeber unterstützt. Blum untersucht für zwölf Ausgründungen den Implementierungsprozess und beschreibt dabei die Länge des Planungszeitraumes sowie die in der Planung involvierten Parteien.163 Der Planungszeitraum als Vorbereitung der Gründung beträgt durchschnittlich 11,8 Monate und es vergehen durchschnittlich 4,2 Monate bis nach der Identifikation des Ausgründungspotenzials mit der Planung begonnen wird. Ähnlich wie Gassmann et al. kann Blum deutliche Unterschiede in Bezug auf die in der Planung beteiligten Parteien ausmachen. In wenigen Fällen werden die Planungen ausschließlich von den Gründern durchgeführt. Manche Ausgründungen werden von einer eigenen Einheit zur Unterstützung von Ausgründungen betreut oder von M&A-Abteilungen. Oftmals werden externe Parteien, wie Rechtsanwälte, Unternehmensberater oder Investoren zum Gründungsprozess hinzugezogen.
2.4 Ergebnisse zu Erfolg und Erfolgswirkung Aufgrund des Wissens und der Ressourcen, die Ausgründungen von ihren Inkubatorunternehmen übernehmen, wird dieser Form der Unternehmensneugründung gemeinhin ein schnelleres Wachstum und eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit im Vergleich zu anderen Neugründungen unterstellt. Eine große Bedeutung wird v.a. der Kooperationsbeziehung zwischen Ausgründung und Inkubatorunternehmen zugeschrieben. So weist beispielsweise Teece darauf hin, dass „by preserving the relationship with its parent, the spin-off may combine the advantages of maintaining the entrepreneurship of a small firm and utilizing the existing as-
162 163
Vgl. Gassmann et al. (2003). Vgl. Blum (2006, 164ff.).
2.4 Ergebnisse zu Erfolg und Erfolgswirkung
33
sets of a large corporation”.164 Insbesondere in Branchen, die teure Produktionsanlagen erfordern, könne eine konstruktive und kooperative Beziehung zum Inkubatorunternehmen zu bedeutenden Kosten- und Wettbewerbsvorteilen für die Ausgründung führen.165 Aber auch auf der Seite des Inkubatorunternehmens können, wie im letzten Abschnitt erörtert, positive Effekte finanzieller und strategischer Natur wirksam werden. Im Folgenden wird ein Überblick über jene Studien gegeben, die diese Annahmen einer empirischen Überprüfung unterziehen. Anschließend werden Ergebnisse zum Einfluss von Ausgründungen auf die wirtschaftliche Entwicklung von Regionen und Industrien dargestellt.
2.4.1 Erfolgsfaktoren von Ausgründungen Eine Vielzahl an Studien beschäftigt sich mit Erfolgsfaktoren junger Unternehmen. Einige davon beziehen sich konkret auf Ausgründungen. Manche dieser Studien fokussieren sich dabei auf einzelne Branchen166 oder spezifische Inkubatorunternehmen.167 Andere betrachten Ausgründungen branchenübergreifend.168 Sleeper kann für die US-Laserindustrie zeigen, dass Ausgründungen von etablierten Unternehmen länger überleben als andere Neugründungen.169 Darüberhinaus stellt er fest, dass diese Ausgründungen in etwa gleich lang überleben, wie die für diese Industrie qualifiziertesten erfahrenen neueintretenden Unternehmen. Zu einem ähnlichen Ergebnis über den positiven Einfluss von Industrieerfahrung auf den Erfolg kommen Walsh et al.170 Die Autoren analysieren den Einfluss fachlicher Kompetenzen von Gründern auf den Unternehmenserfolg anhand eines Längsschnittdatensatzes von 35 Start-ups in der Halbleiterbranche, von denen die meisten Ausgründungen etablierter Unternehmen sind.171 Unternehmer, die schon Gründungserfahrung, Branchenerfahrung und materialspezifisches Wissen besitzen, sind wesentlich erfolgreicher als Gründer mit anderen Kompetenzprofilen (z.B. F&E-Fähigkeiten oder produktionsspezifische Kompetenzen). Auch Roberts et al. können in einer Untersuchung der australischen und neuseeländischen Weinbranche zeigen, dass neue Unternehmen, deren Gründer Erfahrung in der gleichen oder einer ähnlichen Branche besitzen, länger überleben als Neu-
164 165 166 167 168 169 170 171
Teece (1988, 256). Vgl. Van de Velde/Clarysse (2006, 21). Vgl. Walsh et al. (1996), Sleeper (1998), Franco/Filson (2000), Phillips (2002), Buenstorf/Klepper (2005), Chatterji (2005), Roberts et al. (2006), Klepper (2007). Vgl. Chesbrough (2003a). Vgl. Lindholm (1997), Parhankangas (1999), Eriksson/Kuhn (2006), Koch (2006), Van de Velde et al. (2007). Vgl. Sleeper (1998). Vgl. Walsh et al. (1996). Die Autoren messen den Erfolg am Umsatzwachstum und an der Lebensdauer der Ausgründung (Walsh et al. 1996, 151).
34
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
gründungen, für die das nicht gilt.172 Die Autoren begründen dieses Ergebnis mit produktivitätssteigernden Lerneffekten aus bestehendem Vorwissen. Diese Lerneffekte, so die Vermutung, haben einen größeren Einfluss auf den Erfolg als Faktoren wie besserer Kapitalzugang oder vom Inkubatorunternehmen übernommene Technologien. Zu einem konträren Befund kommt allerdings Chatterji in einer Untersuchung der Medizintechnikbranche: Ein Einfluss des Umfangs an Wissenstransfer und der Überschneidung an Kompetenzen zwischen Inkubatorunternehmen und Ausgründung auf den Erfolg von Ausgründungen ist in dieser Branche nicht nachweisbar.173 Den Zusammenhang zwischen dem Erfolg eines Inkubatorunternehmens und dem Erfolg seiner Ausgründungen haben Franco, Phillips, Buenstorf/Klepper sowie Klepper in verschiedenen US-amerikanischen Industrien untersucht (Computerlaufwerkindustrie, Anwaltskanzleien, Autoreifenindustrie sowie Automobilindustrie).174 Während Franco in der Computerlaufwerkindustrie keinen Zusammenhang feststellen konnte, zeigen die anderen Autoren für die von ihnen untersuchten Industrien einen positiven Zusammenhang auf. In seiner Untersuchung der Ausgründungen des Unternehmens Xerox, stellt Chesbrough fest, dass deren Erfolg negativ mit dem Eigenkapitalanteil von Xerox zum Gründungszeitpunkt korreliert.175 Eine höhere Anzahl an beteiligten Venture Capital-Investoren ging einher mit einem höheren finanziellen Erfolg einer Ausgründung. Ausgründungen, deren Geschäftsführer ehemalige Angestellte von Xerox waren, hatten nur einen geringen finanziellen Erfolg. Qualitative Interviews mit den an den Ausgründungen beteiligten Personen zeigen, dass der Erfolgsunterschied nicht durch den Eigenkapitalanteil zu erklären ist, sondern vielmehr durch die Art und Weise wie Xerox seine Ausgründungen managt. Bei Mehrheitsbeteiligungen wurden für gewöhnlich Xerox-Manager als Geschäftsführer eingesetzt. Diese Ausgründungen wurden relativ eng geführt und Vermarktungspotenziale für die Technologien meist nur im Stammgeschäftsbereich von Xerox gesucht. Ausgründungen mit einem externen Geschäftsführer orientierten sich breiter in der Suche nach Kommerzialisierungschancen für ihre Technologien, was den Ausgründungen zu größerem finanziellen Erfolg verhalf.
172 173 174 175
Vgl. Roberts et al. (2006). Vgl. Chatterji (2005). Vgl. Franco (2000), Phillips (2002), Buenstorf/Klepper (2005), Klepper (2007). Das von Chesbrough eingesetzte Erfolgsmaß ist bidimensional und besteht aus den Komponenten Umsatzwachstum und Marktwert der Ausgründung. Der Marktwert wurde entweder über den Verkaufspreis bei einer Veräußerung festgesetzt oder über die öffentliche Marktbewertung am Ende des ersten Handelstages eines Börsengangs bestimmt (Chesbrough 2003a, 410).
2.4 Ergebnisse zu Erfolg und Erfolgswirkung
35
Lindholm vergleicht das Umsatzwachstum und die Innovationskraft von 30 Ausgründungen mit 30 Nicht-Ausgründungen in Schweden in den Jahren von 1965 bis 1980.176 Nach einem Zeitraum von zehn Jahren wachsen Ausgründungen signifikant schneller. Dieses Wachstum konnte jedoch durch keine der untersuchten Variablen der Prä-Ausgründungsphase erklärt werden. 177 In der Post-Ausgründungsphase konnte Lindholm für die Variablen Internationalisierung, technologiebasierte Akquisitionen sowie frühe Minderheitsbeteiligungen von externen Investoren einen positiven Einfluss auf das Umsatzwachstum feststellen. Unterschiede in der Innovationskraft zwischen Ausgründungen und Nicht-Ausgründungen waren nicht nachweisbar. Parhankangas misst verschiedene Arten von Komplementaritäten zwischen den Ausgründungen und ihren Inkubatorunternehmen zum jeweiligen Ausgründungszeitpunkt.178 Im Ergebnis zeigt sich, dass technologische Komplementaritäten positiv mit dem Umsatzwachstum der Ausgründung korrelieren. Produktions-, marketing- und vertriebsbezogene Komplementaritäten korrelieren jedoch negativ mit dem Umsatzwachstum. Als einen Erklärungsvorschlag führt die Autorin bestehende ressourcenbezogene Abhängigkeitsverhältnisse auf, welche das Wachstum behindern könnten. Eriksson/Kuhn gelingt der Nachweis, dass Ausgründungen, die aus einem Pull-Motiv entstehen, ein geringeres Konkursrisiko aufweisen als die Referenzgruppe von NichtAusgründungen.179 Die Autoren führen dieses Ergebnis auf die Wichtigkeit von branchenspezifischem Wissen und auf den Besitz relevanter intangibler Ressourcen zurück, wie persönliche Netzwerke oder gegenseitiges Vertrauen innerhalb des Gründerteams. Koch zeigt, dass sich Ausgründungen hinsichtlich des Mitarbeiterwachstums in frühen Jahren der Unternehmensentwicklung grundsätzlich nicht vom Gesamtdurchschnitt aller Gründungen unterscheiden.180 Hinweise aus qualitativen Interviews lassen aber auch erkennen, dass die an Ausgründungen beteiligten Personen in den meisten Fällen nicht nach schnellem Wachstum sondern nach einer gesicherten Entwicklung ihrer Unternehmen streben. Hinsichtlich der her-
176
177
178 179 180
Lindholm klassifiziert ein Unternehmen als Ausgründung, wenn die Produktidee der Gründung im Rahmen des vorherigen Beschäftigungsverhältnisses der Gründer entstanden ist (Lindholm 1997, 335). Ein Großteil der Unternehmen in der Stichprobe stammt von privatwirtschaftlichen Inkubatorunternehmen (73%), 17% von universitären Institutionen und 10% von anderen Forschungseinrichtungen ab. Die Autorin misst die Innovationskraft der Ausgründungen über deren Patentierungshäufigkeit und Gesamtzahl an Patenten (Lindholm 1997, 173). Die betrachteten Variablen der Prä-Ausgründungsphase umfassen den Ausbildungsgrad des Gründers, Gründungsmotive (interne Krise, Ablehnung der Produktidee), persönliche Motive (finanzielle, familiäre, Herausforderung), den Neuigkeitsgrad der Technologie, die Art des Inkubatorunternehmens sowie den Umfang des Technologietransfers. Vgl. Parhankangas (1999, 157f.). Vgl. Eriksson/Kuhn (2006, 1038). Vgl. Koch (2006, 116ff.).
36
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
vorgebrachten Innovationen unterscheiden sich Ausgründungen vom Gesamtdurchschnitt der befragten Unternehmensgründungen dadurch, dass sie signifikant häufiger inkrementelle Innovationen hervorbringen und wesentlich seltener „nicht innovativ“ sind. Keine Unterschiede findet Koch bei der Generierung radikaler Innovationen. Van de Velde et al. untersuchen den Erfolg von 41 Ausgründungen in Flandern.181 Ausgründungen, die von ehemaligen Mitarbeitern eines Inkubatorunternehmens gegründet wurden, ohne dass das Inkubatorunternehmen formal über Lizenzverträge oder Eigenkapitalanteile an der Ausgründung beteiligt war oder die Gründungen sonst irgendwie aktiv unterstützte,182 sind erfolgreicher als Ausgründungen, die aus R&D-Aktivitäten des Inkubatorunternehmens entstanden sind und von diesem unterstützt wurden.183 Beide Arten von Ausgründungen sind jedoch erfolgreicher als Ausgründungen, die aus Restrukturierungsaktivitäten des Inkubatorunternehmens entstanden sind.184 Eine befriedigende Erklärung für diese Unterschiede bieten die Autoren nicht an.
2.4.2 Erfolgswirkung auf Inkubatorunternehmen Umfassende empirische Belege zur finanziellen und strategischen Erfolgswirkung von Ausgründungen auf ihre Inkubatorunternehmen sind nicht verfügbar. Allein Blum und Bernardt et al. geben erste Hinweise. Blum untersucht in diesem Zusammenhang die Erreichung der mit einer Ausgründung verfolgten Zielsetzung sowie die Bedeutung von Kooperationsbeziehungen.185 75% der befragten Inkubatorunternehmen gaben an, die mit einer Ausgründung ursprünglich verfolgten Ziele erreicht zu haben. Kooperativen Beziehungen wurde zwar von einer Mehrheit der Ausgründungen eine große Bedeutung beigemessen, die meisten Inkubatorunternehmen schätzten deren Relevanz für das eigene Geschäft allerdings nur als gering oder neutral ein. Lediglich zwei Inkubatorunternehmen sprachen der Kooperation mit ihren Ausgründungen eine positive Erfolgswirkung zu. Zu gänzlich anderen Ergebnissen kommen Bernardt et al. in einer Befragung von 256 Inkubatorunternehmen.186 60% der Unternehmen werten die durch ihre Ausgründungen entstandenen Effekte als positiv, da die Ausgründungen als neue Kunden (28%) oder Lieferanten (26%) agieren. Außerdem wurden positive Effekte auf die eigene Wissensentwicklung (31%) oder
181 182 183 184 185 186
Vgl. Van de Velde et al. (2007). Die Autoren messen Erfolg multidimensional an Mitarbeiterwachstum, Umsatzwachstum und Cash-Flow-Wachstum. Diese Art von Ausgründungen bezeichnen die Autoren als „entrepreneurial spin-offs“. Hier sprechen die Autoren von „assisted spin-outs“. Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Abschnitt 2.1. Diese Art von Ausgründungen bezeichnen die Autoren als „restructuring-driven spin-outs“. Vgl. Blum (2006, 176ff.). Vgl. Bernardt et al. (2002, 28).
2.4 Ergebnisse zu Erfolg und Erfolgswirkung
37
Technologieentwicklung (17%) erkannt. 58% der Unternehmen gaben an, weiterhin neue Ausgründungen unterstützen zu wollen.
2.4.3 Einfluss auf die Entwicklung von Regionen und Industrien Der Einfluss von Ausgründungen auf die wirtschaftliche Entwicklung von Regionen und Industrien wird in der Literatur sowohl anhand der Verbreitung des Phänomens als auch über die Analyse der Wirkung des Phänomens untersucht. Verbreitung des Phänomens. Empirische Studien, die Aussagen darüber treffen, welchen Anteil Ausgründungen am gesamten Gründungsaufkommen einnehmen, liegen nur vereinzelt für die Niederlande,187 Dänemark188 und die USA189 vor. Für Deutschland existiert eine Studie mit Fokus auf drei regionale Cluster und dem Dienstleistungssektor.190 In ihrer Untersuchung kleiner und mittelständischer Unternehmen in den Niederlanden, stellen Bernardt et al. fest, dass 5-8% aller beobachteten Unternehmen als Ausgründungen klassifiziert werden können.191 Dies entspricht einer geschätzten Anzahl von 6000-7000 Ausgründungen pro Jahr. Eriksson/Kuhn klassifizieren auf Basis ihres Längsschnittdatensatzes von 42 000 Neugründungen in Dänemark ca. 21% dieser Gründungen als Ausgründungen.192 In seiner Untersuchung der deutschen Metropolregionen Bremen, München und Stuttgart, klassifizierte Koch 31% der Gründungen in der Region Bremen, 23% der Gründungen in der Region München und 31,7% der Neugründungen im Raum Stuttgart als Ausgründungen.193 Im Mittel stammen 11,6% dieser Ausgründungen aus Großunternehmen und 16,6% aus kleinen und mittelgroßen Unternehmen. Koster zeigte auf Basis der Daten einer Panelstudie von 830 Unternehmern in den USA, dass ca. 50% aller Neugründungen auf Erfahrungen und Fähigkeiten basieren, die deren Gründer im vorherigen Beschäftigungsverhältnis erworben haben und deshalb als Aus-
187 188 189 190 191
192
193
Vgl. Bernardt et al. (2002). Vgl. Eriksson/Kuhn (2006). Vgl. Koster (2006). Vgl. Koch (2006). Vgl. Bernardt et al. (2002). Die drei von den Autoren herangezogenen Klassifizierungskriterien sind: „starting their firm with some kind of support from their former employer“, „taking specific knowledge built up in the previous job“ und „being independent from the parent company”. Der analysierte Datensatz besteht aus Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern, die in neun Wirtschaftssektoren angesiedelt sind, wobei die Bereiche „retail and wholesale trade“ (19%), „business services“ (24%), „construction“ (14%) und „manufacturing“ (11%) neben dem „non-private sector“ (22%) den größten Anteil einnehmen (Bernardt et al. 2002, 22). Um als Ausgründung klassifiziert zu werden, musste die Gründung insbesondere das Kriterium erfüllen, dass maximal 50% der Belegschaft des vorherigen Arbeitgebers in das neu gegründete Unternehmen wechselten (Eriksson/Kuhn 2006, 1024). Vgl. Koch (2006, 98). Ein Unternehmen wurde genau dann als Ausgründung klassifiziert, wenn ein Transfer von Forschungsergebnissen, Geschäfts- und Produktideen, Technologien und Technik oder Dienstleistungen und Produkten stattgefunden hat.
38
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
gründungen klassifizierbar sind.194 13% aller Neugründungen wurden dabei aktiv von ihren Inkubatorunternehmen unterstützt. Beitrag zur Entwicklung von Regionen und Industrien. Die Rolle von Ausgründungen bei der Entwicklung von Industrien und deren Beitrag zu Innovation und wirtschaftlichem Wachstum werden zwischen Theoretikern und Empirikern kontrovers diskutiert. Während Theoretiker Ausgründungen vorwiegend als Parasiten auffassen, welche die Trägheit ihrer etablierten Inkubatorunternehmen ausnützen ohne sie für das von ihnen abgezogene Wissen zu entschädigen,195 sehen insbesondere Empiriker Ausgründungen als Innovationsquellen, die auf volkswirtschaftlicher Ebene genau diese Trägheit kompensieren und auf betriebswirtschaftlicher Ebene positive Beiträge zur Unternehmensentwicklung leisten können.196 Beispielsweise zeigt Christensen, dass viele Ausgründungen von US-amerikanischen Herstellern von Computerlaufwerken signifikante Innovationen vor ihren Inkubatorunternehmen in den Markt einführten und damit zur schnelleren Entwicklung dieser Industrie beitrugen.197 Für die US-Laserindustrie zwischen 1961-1994 zeigen Klepper/Sleeper, dass Ausgründungen ihren Inkubatorunternehmen in Hinblick auf ihre ersten Produkte und Zielmärkte zwar sehr ähnlich sind, sich aber relativ bald vom Ursprungsunternehmen differenzieren.198 So waren die Ausgründungen verantwortlich für eine Reihe wichtiger Innovationen, die einen großen Einfluss auf die technologische Weiterentwicklung dieser Industrie hatten. Auch Wallin/LindholmDahlstrand untersuchen in ihrer deskriptiven Studie von 101 schwedischen Börsengängen zwischen 1992 und 1996 den Beitrag von Ausgründungen zur Entwicklung von Industrien.199 Beinahe 10% aller Börsengänge in diesem Zeitraum konnten als Ausgründungen klassifiziert werden.200 Eine Überrepräsentation von Ausgründungen wurde in wissensintensiven Industrien festgestellt. Diese Ausgründungen waren für 21% der Beschäftigung relativ zur Gesamtbeschäftigung aller neuen Börsennotierungen in diesem Zeitraum verantwortlich. Basierend auf dieser Feststellung ziehen die Autoren das Resümee, dass Ausgründungen allein durch ihre Anzahl und Größe einen großen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung nehmen und daher von großer Relevanz sind. Ebenso belegen die Ergebnisse von Koch den hohen Anteil an Ausgründungen am gesamten Gründungsgeschehen in den von ihm untersuchten
194 195 196 197 198 199 200
Vgl. Koster (2006, 85). Vgl. bspw. Anton (1995). Vgl. Klepper/Slepper (2005) und die Ausführungen in Abschnitt 2.3. Vgl. Christensen (1993). Vgl. Klepper/Sleeper (2005). Vgl. Wallin/Lindholm-Dahlstrand (2006). Hier ist zu beachten, dass die Ausgründungsdefinition der Autoren sowohl derivative als auch originäre Gründungen beinhaltet: Es wurden sowohl entrepreneurial spin-offs als auch divestment spin-offs berücksichtigt.
2.5 Synthese, Forschungsdefizite und Forschungsfragen
39
Regionen und die damit verbundene Relevanz für deren Entwicklung.201 Besonders Ausgründungen aus kleinen und mittelgroßen Unternehmen erzielen große Teile des Gesamtumsatzes in ihrer Region. Im Gegensatz dazu erwirtschaften Ausgründungen aus Großunternehmen nur unterdurchschnittliche Umsatzanteile in ihren Regionen.202
2.5 Synthese, Forschungsdefizite und Forschungsfragen In den vorhergehenden Abschnitten wurden Literaturbeiträge über unterschiedliche Aspekte des Ausgründungsphänomens synoptisch vorgestellt. Die Beiträge entstammen primär den Forschungsbereichen des Entrepreneurship, strategischen Management, Innovationsmanagement, Corporate Venturing und der Ausgründungsforschung. In diesem Abschnitt wird eine knappe Synthese der zentralen Erkenntnisse vorgenommen und Forschungsdefizite aufgezeigt. Anschließend werden konkrete Forschungsfragen abgeleitet.
2.5.1 Synthese und Forschungsdefizite Entstehung – Motive der Gründer. Die Initiierung einer Ausgründung von Seiten eines Angestellten lässt sich zurückführen auf Persönlichkeitsstruktur und Erfahrungen (endogene Faktoren) sowie äußere Einflüsse, die einen Gründungsanreiz schaffen oder den Angestellten in eine Gründung drängen (exogene Faktoren). Die Literatur identifiziert eine Reihe von Eigenschaften, die für Entrepreneure charakteristisch sind. Dazu gehören eine hohe emotionale Stabilität, Selbstvertrauen, Extrovertiertheit, Offenheit für neue Ideen,203 Mut zum Risiko204 sowie das Bedürfnis innovativ und unabhängig zu sein.205 Auch scheint eine vorhandene Selbständigkeitserfahrung die Entscheidung zur Unternehmensneugründung positiv zu beeinflussen.206 Während endogene Faktoren im Ausgründungskontext wichtig sind und Erklärungskraft zur Ausgründungsentstehung besitzen, konzentrieren sich die meisten dedizierten Studien zu Ausgründungen auf exogene Faktoren. Zentrale Motive stellen Unzufriedenheit und Frustration dar, die insbesondere durch die Ablehnung von Projektideen hervorgerufen werden.207 Aber auch das Erkennen von günstigen Gelegenheiten kann zur Realisierung einer Ausgründung führen.208 Aufgrund verschiedenartiger Anreizkonflikte, kann der Angestellte davon absehen, dem Arbeitgeber seine Idee oder Erfindung offenzulegen.209 Ein weiterer Er-
201 202 203 204 205 206 207 208 209
Vgl. Koch (2006, 153). Vgl. Koch (2006, 146). Vgl. Brandstätter (1997, 168). Vgl. Hisrich (1990, 209). Vgl. Amit et al. (2001, 133f). Vgl. Shane (2000), Westhead et al. (2003), Wagner (2004). Vgl. Cooper (1970), Sah/Stiglitz (1985), Lindholm (1997), Hellman (2002), Cassiman/Ueda (2006). Vgl. Fiet (1996), Shane (2000), Sørensen/Sorenson (2003). Vgl. Anton/Yao (1995), Wiggins (1995), Bankman/Gilson (1999), Chatterjee/Rossi-Hansberg (2007).
40
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
klärungsansatz bezieht sich auf die Ausnützung von erworbenem branchenspezifischem Wissen.210 Viele dieser Studien zu exogenen Faktoren sind theoretisch-formaler Natur, weshalb es nur wenige empirische Hinweise auf die tatsächlichen Motive zur Realisierung einer Ausgründung gibt. Die wenigen Hinweise scheinen zudem widersprüchlich zu sein. So identifiziert Lindholm-Dalhstrand die Ablehnung von Projektideen als wichtigstes Motiv, Koch und Bernardt et al. die Wahrnehmung von günstigen Gelegenheiten.211 Welche Bedeutung die verschiedenen Faktoren im gesamten Ausgründungsgeschehen haben, ist unklar. Auch wurde der Einfluss dieser Faktoren auf die Unterstützungsleistung von Inkubatorunternehmen oder auf den Erfolg der Ausgründungen noch nicht untersucht. Entstehung – Auslösefaktoren im Inkubatorunternehmen. Die Faktoren, welche für ein Inkubatorunternehmen Anreize schaffen, eine Ausgründung anzustoßen, werden in zwei verschiedenen Literatursträngen betrachtet. Ein Teil der Literaturbeiträge konzentriert sich auf verschiedenartige Spannungen zwischen einem Ausgründungnukleus und dem Inkubatorunternehmen.212 Kognitive Konflikte,213 strategische Unstimmigkeiten214 oder fehlende Ressourcenkomplementaritäten, die im Laufe des Lebenszyklus eines Ausgründungsnukleus auftreten, 215 können ein Inkubatorunternehmen dazu bewegen, eine Ausgründung dieses Nukleus anzustoßen. Der zweite Literaturstrang stellt die Existenz brachliegender Ressourcen und Kompetenzen als Auslöser für Ausgründungsüberlegungen von Seiten des Inkubatorunternehmens in den Betrachtungsmittelpunkt:216 Ausgründungen werden als Mechanismus angesehen, spill-overs aus F&E-Aktivitäten extern zu kommerzialisieren. Sämtliche Literaturbeiträge zu den Auslösefaktoren in Inkubatorunternehmen sind anekdotisch oder fallstudienbasiert.217 Für eine vertiefende wissenschaftliche Betrachtung birgt dieser Erklärungsansatz für die Entstehung von Ausgründunge ein großes Potenzial. Ziele und Formen der Ausgründungsunterstützung. Die vorliegenden Studien geben Hinweise darauf, dass Inkubatorunternehmen mit einer aktiven Unterstützung von Ausgründungen äußerst vielfältige Ziele verfolgen. Bernardt et al. stellen fest: „[…] there are about as
210 211 212 213 214 215 216 217
Vgl. Franco/Filson (2000), Agarwal et al. (2004). Vgl. Lindholm-Dalhstrand (2001), Koch (2006), Bernardt et al. (2002). Vgl. Fiol (1995), Keil (2000), Parhankangas (1999), Burgelman (1983a), Blum (2006), Wallin/LindholmDahlstrand (2006). Vgl. Fiol (1995), Keil (2000). Vgl. Burgelman (1983a). Vgl. Parhankangas (1999), Blum (2006), Wallin/Lindholm-Dahlstrand (2006). Vgl. Chesbrough (2003a), Gassmann et al. (2003), Antonelli (2003). Eine Ausnahme stellt hier nur Parhankangas (1999) dar, deren Arbeit statistisch belastbare Aussagen über die Rolle von Ressourcenkomplementaritäten bei Ausgründungen enthält. Allerdings besteht die untersuchte Stichprobe sowohl aus originären Ausgründungen als auch aus derivativen, wobei in der Analyse zwischen diesen beiden Ausgründungstypen nicht differenziert wird.
2.5 Synthese, Forschungsdefizite und Forschungsfragen
41
many motives that stimulate the birth of spin-offs as there are spin-offs.“218 In den von Lehmair und Blum untersuchten Fällen wurde eine Kombination verschiedener Zielsetzungen verfolgt, wobei finanzielle Ziele bestimmender waren als strategische.219 Erkenntnisse darüber, wie viele Ausgründungen tatsächlich von ihrem Inkubatorunternehmen aktiv unterstützt werden und auf welche Weise dies geschieht, sind sehr dünn. Bernardt et al. und Koch berichten, dass ca. 30% der Ausgründungen in der einen oder anderen Form Unterstützung von ihrem Inkubatorunternehmen erhalten.220 Während in dem von Koch betrachteten Dienstleistungsbereich nur selten finanzielle Ressourcen an Ausgründungen transferiert wurden, zeichnen Bernardt et al. in ihrer branchenübergreifenden Stichprobe ein anderes Bild: 26% der Ausgründungen erhielten finanzielle Unterstützung. Vor dem Hintergrund dieser spärlichen und heterogenen Ergebnisse sind tiefergreifende empirische Untersuchungen zu den Determinanten von Umfang und Art einer aktiven Ausgründungsunterstützung von Seiten der Inkubatorunternehmen notwendig. Prozess der Ausgründungsunterstützung. Auch zum Prozess von Ausgründungen durch das Inkubatorunternehmen liegen erst wenige Forschungsergebnisse vor. Fallstudien zeigen auf, dass diese Gründungen entweder einem relativ strukturierten Prozess folgen (dies ist meist der Fall bei der Existenz von dedizierten Corporate Venturing-Einheiten) oder unstrukturiert und „zufällig“ geschehen.221 Eine weitergehende wissenschaftliche Betrachtung der Gestaltung, Umsetzung und Wirkung beider Prozesstypen könnte einen wichtigen Beitrag zum praktischen Management der Abwicklung von Ausgründungen leisten. Erfolg von Ausgründungen und Erfolgswirkung auf Inkubatorunternehmen. Mehrere US-amerikanische Studien belegen den positiven Einfluss von branchenspezifischem Vorwissen auf den Erfolg einer Neugründung.222 Andere Studien wiederum können keine Effekte eines Wissens- oder Technologietransfers auf das Wachstum von Ausgründungen feststellen.223 Einen durchweg positiven Einfluss auf den Erfolg einer Ausgründung scheint allerdings die frühe Beteiligung von externen Investoren zu haben.224 Unterschiedlich fallen die Ergebnisse zur Innovativität von Ausgründungen aus. Während Lindholm keine Unterschiede zu Nicht-Ausgründungen feststellen kann, beobachtet Koch eine höhere Innovativität – aller-
218 219 220 221 222 223 224
Bernardt et al. (2002, 31). Vgl. Lehmair (2002), Blum (2006). Vgl. Bernardt et al. (2002, 5), Koch (2006, 138). Vgl. Lehmair (2002), Gassmann et al. (2003), Blum (2006). Vgl. Sleeper (1998), Walsh et al. (1996), Eriksson/Kuhn (2006), Roberts et al. (2006). Vgl. Chatterji (2005), Lindholm (1997). Vgl. Lindholm (1997), Chesbrough (2003a).
42
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
dings nicht im Bereich radikaler Innovationen, sondern in der Einführungshäufigkeit inkrementeller Innovationen.225 Christensen und Klepper/Sleeper hingegen zeigen für bestimmte Industrien, dass die durch Ausgründungen kommerzialisierten Produkte eine höheren Innovationsgrad aufweisen als jene ihrer Inkubatorunternehmen.226 Die vorliegenden Ergebnisse geben auch Hinweise darauf, dass die Unterstützungsleistung eines Inkubatorunternehmens nicht unbedingt einen positiven Einfluss auf den Erfolg einer Ausgründung haben muss und insbesondere ein zu enges Verhältnis zu dem Inkubatorunternehmen die Entwicklung der Ausgründung behindern kann.227 Auch die wenigen Untersuchungen zu positiven und negativen Effekten, die Ausgründungen auf ihre Inkubatorunternehmen haben, ergeben ein heterogenes Bild. Während die von Blum befragten Unternehmen der Kooperation mit ihren Ausgründungen kaum Bedeutung beimessen, berichten die von Bernardt et al. untersuchten Unternehmen über eine positive Erfolgswirkung.228 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Erkenntnisse zum Erfolg von Ausgründungen noch relativ vage sind. Die Wirkung verschiedener Arten und Intensitäten von Ressourcentransfers und sonstiger Unterstützungsleistungen zum Gründungszeitpunkt sowie im Laufe des Lebenszyklus einer Ausgründung, stellt einen Gegenstand für zukünftige Forschungsarbeiten dar. Die Zielerreichung und Erfolgswirkung auf Seiten der Inkubatorunternehmen ist ein weiteres interessantes und besonders praxisrelevantes Forschungsfeld. Verbreitung und Einfluss auf die Entwicklung von Regionen und Industrien. Ergebnisse zur Verbreitung des Ausgründungsphänomens sind aufgrund unterschiedlicher Ausgründungdefinitionen schwer zu vergleichen. Die zentralen Studien klassifizieren 5-8%,229 13%,230 21%231 und 28,6%232 aller untersuchten Neugründungen als Ausgründungen. Aufgrund dieses hohen Anteils am gesamten Gründungsgeschehen und ihres Beitrags zur Agglomeration in der regionalen Entwicklung wird dieser Gründungsform eine hohe Relevanz zugeschrieben.233 Die vorliegenden industriespezifischen empirischen Studien bewerten den Beitrag von Ausgründungen zur Entwicklung der jeweiligen Industrien durchweg als positiv.234 Die meisten dieser Studien untersuchen US-amerikanische Branchen oder bestimmte Regionen bzw. geographische Cluster in den USA. Untersuchungen, die diesen Studien Ergebnisse
225 226 227 228 229 230 231 232 233 234
Vgl. Lindholm (1997), Koch (2006). Vgl. Christensen (2003), Klepper/Sleeper (2005). Vgl. Parhankangas (1999), Chesbrough (2003a). Vgl. Blum (2006), Bernardt et al. (2002). Vgl. Bernardt et al. (2002). Vgl. Koster (2006). Vgl. Eriksson/Kuhn (2006). Vgl. Koch (2006). Vgl. Klepper (2001), Koch (2006), Wallin/Lindholm-Dahlstrand (2006). Vgl. Christensen (1993), Klepper/Sleeper (2005).
2.5 Synthese, Forschungsdefizite und Forschungsfragen
43
für europäische Branchen bzw. Regionen ermitteln und gegenüberstellen, könnten den Erkenntnisstand zur Ausgründungen bedeutend erweitern und vertiefen.
2.5.2 Forschungsfragen Dieser umfassende Literaturüberblick zu originären Ausgründungen sowie die Synthese zentraler Erkenntnisse zeigen weitreichende Defizite und Lücken im Bereich dieses jungen, fragmentierten Forschungsfelds auf. Offensichtlich existiert eine Vielzahl an Ansatzpunkten für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn. Die Menge der identifizierten Forschungslücken bedeutet zugleich, dass eine einzelne Forschungsarbeit eine restriktive Auswahl treffen muss, wobei eine Beschränkung auf die wichtigsten bzw. grundlegendsten Wissenslücken sinnvoll erscheint. Als gleichermaßen grundlegende und wichtige Lücke besonders hervorzuheben ist hierbei der Themenbereich der Unterstützung technologiebasierter Ausgründungsvorhaben von Seiten der Inkubatorunternehmen. Das Entscheidungsverhalten von Unternehmen in diesem Spannungsfeld zwischen strategischem Management, Innovationsmanagement und Entrepreneurship ist bislang nicht untersucht worden, ist aber zugleich fundamental für das Verständnis des Phänomens originärer Ausgründungen. Hier herrscht ein Forschungsvakuum vor, das durch folgende Forschungsfragen umrissen werden kann:
Forschungsfragen der empirischen Untersuchung Primäre Forschungsfragen: F1:
Welche Faktoren beeinflussen das Entscheidungsverhalten etablierter Unternehmen bei einer Ausgründungsprüfung?
F2: F3:
Welches relative Gewicht haben diese Faktoren bei der Entscheidungsfindung? Welche Charakteristika besitzen Innovationsprojekte, die aus Sicht etablierter Unternehmen eine besonders hohe Ausgründungsattraktivität aufweisen?
Zusätzliche Forschungsfragen: F4:
Welche Ziele verfolgen etablierte Unternehmen mit der Unterstützung von Ausgründungen?
F5:
Wie setzen etablierte Unternehmen die Ausgründung von Innovationsprojekten um?
F6:
Wie erfolgreich sind ausgegründete Innovationsprojekte?
F7:
Welche Bedeutung hat der Ausgründungsmechanismus für etablierte Unternehmen?
44
Kapitel 2: Stand der Forschung zu originären Ausgründungen
Die Menge dieser Forschungsfragen liegt zweigeteilt als primäre und zusätzliche Forschungsfragen vor. Die primären Forschungsfragen sollen den Untersuchungsgang der vorliegenden Arbeit leiten und Hypothesen-getrieben multivariat untersucht werden. Dazu wird in Kapitel 5 aus den in Kapitel 3 aufgezeigten theoretischen und den in Kapitel 4 gewonnen empirischen Hinweisen ein Modell der Ausgründungsentscheidung konstruiert, das in den Kapiteln 6 und 7 einer empirischen Überprüfung unterzogen wird. Die zusätzlich formulierten Forschungsfragen sollen auf deskriptiv-empirischer Basis beantwortet werden und erstmalig detaillierte Einblicke in die mit einer Ausgründungsunterstützung tatsächlich verfolgten Ziele sowie Einblicke in die Umsetzung, den Erfolg und die Bedeutung von Ausgründungen für etablierte Unternehmen geben. Die Bearbeitung dieser Forschungsfragen kann einen wertvollen wissenschaftlichen Beitrag leisten zum Verständnis des Umgangs etablierter Unternehmen mit innovativen Projekten, der Entstehung von Ausgründungen und der Determinanten unternehmerischer Leistungserbringung. Vor dem Hintergrund der Beobachtung einer zunehmenden Öffnung von Innovationsprozessen in etablierten Unternehmen, Chesbrough spricht hier von „Open Innovation“,235 ist eine wissenschaftliche Untersuchung der Ausgründungsprüfung auch von großer praktischer Relevanz: Innovationsprojekte bzw. innovative Ideen von Angestellten können durchaus großes Potenzial besitzen, wenn auch vielleicht nicht innerhalb der Grenzen des Inkubatorunternehmens. Seit wenigen Jahren schlagen immer mehr Unternehmen diesen Weg der Verwertung bzw. Kommerzialisierung ein.236 Nach der Offenlegung der in dieser Arbeit zu untersuchenden Forschungsfragen, werden im nachfolgenden Kapitel 3 mehrere theoretische Perspektiven aufgezeigt, die einen Beitrag zur Erklärung des Entscheidungsverhaltens etablierter Unternehmen bei Ausgründungsprüfungen leisten können. Diese Perspektiven werden den weiteren Untersuchungsgang der Arbeit leiten und Eingang in das theoretische Modell in Kapitel 5 finden.
235
236
Vgl. Chesbrough (2003b). Eine umfassende und vergleichende Gegenüberstellung verschiedener konzeptioneller Ausprägungen des Open Innovation-Paradigmas findet sich bei Faber (2008, 21ff.). Reichwald/Piller (2006, 95ff.) beleuchten die Bedeutung von Open Innovation in der interaktiven Wertschöpfung. Vgl. Maselli (1997, 275ff.), Lehmair (2002, 143ff.), Blum (2006, 158ff.), Newing (2007).
3 Theoretische Bezugspunkte der Arbeit Die Wahl eines theoretischen Bezugsrahmens ist ein wichtiger Schritt im Forschungsprozess. Ein solcher Rahmen setzt sich aus einer oder mehreren theoretischen Perspektiven zusammen und soll eine klare und fundierte Betrachtung des Untersuchungsgegenstands ermöglichen. Für ein so komplexes und wenig untersuchtes Phänomen wie das Ausgründungsphänomen, besitzt eine Vielzahl theoretischer Perspektiven eine gewisse Erklärungskraft. Daher ist es in Hinblick auf eine fundierte theoriegeleitete Beantwortung der in dieser Arbeit postulierten Forschungsfragen sinnvoll und notwendig, mehrere Ansätze zu kombinieren. Unter Berücksichtigung des spezifischen Spannungsfelds, in dem Ausgründungsentscheidungen stattfinden, wird der theoretische Rahmen dieser Untersuchung aus drei theoretischen Perspektiven der strategischen Managementforschung, der Innovationsmanagementforschung und der Entrepreneurshipforschung i.w.S. gebildet. Die Entscheidung über die Ausgründung eines Innovationsprojekts hängt eng mit der Frage zusammen, welche Aktivitäten ein Unternehmen selbst durchführen kann oder durchführen will. Die ressourcenbasierte Perspektive der strategischen Managementliteratur und deren Aussagen zum Diversifikationsverhalten etablierter Unternehmen bilden einen Ansatz zur Klärung dieser Frage und damit zur Erklärung des untersuchten Phänomens. Eine Ausgründung stellt die Schaffung einer neuen ökonomischen Entität dar, welche auf Märkten agiert und mit dem Inkubatorunternehmen in eine Wettbewerbsbeziehung treten kann. Vor diesem Hintergrund wird das Konzept der Kannibalisierung als zweite theoretische Perspektive herangezogen und aus den beiden Blickwinkeln der industrieökonomischen Literatur und der Innovationsmanagementliteratur beleuchtet. Die vorliegende Arbeit verfolgt die Idee, dass die Entscheidung über die Schaffung einer solchen neuen Entität insbesondere mit dem Erfolgspotenzial zusammenhängt, das dem Ausgründungsvorhaben zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung zugeschrieben wird. Die Literatur zum Entscheidungsverhalten von Risikokapitalgebern und die daraus ableitbaren Entwicklungsindikatoren junger Unternehmen dienen als dritter Bezugspunkt. Der aus diesen drei Perspektiven zusammengesetzte theoretische Bezugsrahmen wird im Weiteren wie folgt detailliert: In Abschnitt 3.1 wird das Diversifikationsverhalten von Unternehmen aus ressourcenbasierter Perspektive beleuchtet. In Abschnitt 3.2 wird das Konzept der Kannibalisierung eingeführt und als Einflussfaktor auf das Innovationsverhalten von Unternehmen vorgestellt. Indikatoren, welche das zukünftige Entwicklungspotenzial einer Ausgründung abschätzbar machen, sind Gegenstand der Analyse in Abschnitt 3.3.
46
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte der Arbeit
3.1 Diversifikation aus ressourcenbasierter Perspektive In diesem Abschnitt werden zentrale Elemente und Aussagen der ressourcenbasierten Perspektive vorgestellt und deren Implikationen auf das Diversifikationsverhalten von Unternehmen untersucht. Daraus ergeben sich Hinweise auf das vermutete Verhalten von Unternehmen im Rahmen von Ausgründungsentscheidungen, die in Abschnitt 5.1 in überprüfbare Hypothesen überführt werden.
3.1.1 Ressourcen, Komplementarität und Synergie In der ressourcenbasierten Perspektive werden Organisationen als Bündel von Ressourcen aufgefasst.237 Der Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens und als Implikation daraus der Unternehmenserfolg werden dabei auf die Heterogenität der unternehmensspezifischen Ressourcen und deren effektive Kombination zurückgeführt.238 Als Determinanten eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteils stehen strategisch wertvolle Ressourcen im Mittelpunkt der Betrachtung, die sich durch ihre Seltenheit und Immobilität auszeichnen und die schwer bzw. gar nicht substituierbar und imitierbar sind.239 Normativ legt diese Perspektive nahe, dass derartige Ressourcen grundsätzlich innerhalb der Unternehmensgrenzen zu halten sind.240 Teece unterscheidet zwischen Kernressourcen und komplementären Ressourcen.241 Als Kernressourcen zu klassifizieren sind jene Ressourcen, die den Kern eines Produkts darstellen und dafür unabdingbar sind. Dazu kann die Kerntechnologie eines Produkts gezählt werden. Komplementäre Ressourcen hingegen ergänzen Kernressourcen derart, dass erst durch deren Verfügbarkeit eine tatsächliche Wertgenerierung stattfinden kann.242 Fähigkeiten in Wertschöpfungsbereichen wie Herstellung, Vertrieb, Marketing oder Kundenservice sind Beispiele für komplementäre Ressourcen. Komplementäre Ressourcen erhöhen also den Wert von Kernressourcen und sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Kommerzialisierung.243 Während sich technologische Ressourcen als Ergebnis einer spezifischen Historie technologischer Aktivitäten und Erfahrungen entwickeln, entstehen komplementäre marktbezogene Ressourcen durch spezifische Marktaktivitäten.244 Eine allgemeinere Definition von Komplementarität findet sich bei Milgrom/Roberts. Diese setzen als definitorisches Kriterium komplementärer Ressourcen bzw. Aktivitäten fest: „[…] if the levels of any subset of activities are
237 238 239 240 241 242 243 244
Die resourcenbasierte Perspektive wird in der englischsprachigen Literatur als „Resource-based View“ bezeichnet. Vgl. Penrose (1959), Wernerfelt (1984), Barney(1991). Vgl. Barney (1991), Peteraf (1993). Vgl. Schilling/Steensma (2002). Vgl. Teece (1986, 289). Vgl. Jorde/Teece (1990). Vgl. Teece (1986). Vgl. Nerkar/Roberts (2004).
3.1 Diversifikation aus ressourcenbasierter Perspektive
47
increased, then the marginal return to increases in any or all of the remaining activities raises.“245 Nach dieser Definition steigert die Durchführung einer Aktivität den Wert einer anderen Aktivität. In dieser Sichtweise wird der Wert einer Ressource durch die Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen mitbestimmt. Fehlen die für eine bestimmte Aktivität notwendigen komplementären Ressourcen, so kann der potentielle Wert dieser Aktivität nicht oder nur unzureichend realisiert werden und es muss zwischen den Alternativen des Aufbaus der Komplementaritäten oder aber der Auslagerung bzw. des Abbruchs der Aktivität gewählt werden.246 Die Zusammenführung von ähnlichen oder komplementären Ressourcen hingegen führt zu Synergien, durch deren Ausnützung ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil entstehen kann. Insbesondere intangible Ressourcen wie Management-Know-how,247 spezialisiertes Humankapital248 oder technologisches Know-how,249 welche nur schwer nach außerhalb der Unternehmensgrenzen transferierbar sind, können durch eine gemeinsame Verwendung über Produktbereiche hinweg zusätzlichen Wert schaffen.250 Auf die Bedeutung solcher Ressourcen für die Entstehung von Synergien weisen auch Fernandez et al. hin.251 Synergie besteht, wenn Ressourcen, die in einem Teil eines Unternehmens angehäuft und verwendet werden, ohne signifikanten zusätzlichen Aufwand simultan in anderen Teilen des Unternehmens eingesetzt werden können. Intangiblen Ressourcen kann grundsätzlich ein hohes Synergiepotenzial zugesprochen werden, da sie auf Informationen in Form von Wissen basieren. Sie verlieren im Gebrauch nicht an Wert, sondern können vielmehr durch (Re-)Kombination zusätzliche Information und damit potentiellen Wert erzeugen. Nach Fernandez et al. lassen sich zumindest zwei Arten von Effekten, die auf derartige Synergien zurückführbar sind, unterscheiden. Zum einen erlauben Verbundeffekte, die Investitionskosten, die im Zuge des Aufbaus von Ressourcen entstanden sind, auf eine größere Anzahl an Produkten bzw. Aktivitäten zu verteilen. Dies beschleunigt die Amortisation dieser getätigten Aufwendungen. Zum anderen entstehen intra-organisatorische Lernkurveneffekte, da die am bereichsübergreifenden Ressourcentransfer beteiligten Unternehmensbereiche das in ihnen generierte, spezifische Wissen und die akkumulierten Erfahrungen miteinander teilen.
245 246 247 248 249 250 251
Milgrom/Roberts (1990, 514). Vgl. Teece (1986). Vgl. Prahalad/Bettis (1986). Vgl. Farjoun (1994). Vgl. Robins/Wiersema (1995). Vgl. Teece (1980, 223), Miller (2006, 602). Vgl. Fernandez et al. (2000, 90f).
48
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte der Arbeit
3.1.2 Richtung und Erfolg von Diversifikationsstrategien Penrose argumentiert, dass Unternehmen über den Zeitverlauf ihre Ressourcenbasis effizienter nutzen.252 Diese Effizienzsteigerung lässt sich auf Spezialisierung und damit verbundene Lerneffekte zurückführen. Unternehmen lernen, Fehler zu vermeiden und Probleme effektiver zu lösen. Die Erfahrung führt auch zur Entwicklung von formalisierten Vorgehensweisen in Form von Prozessdefinitionen. Dadurch benötigen Unternehmen mit der Zeit weniger Ressourcen, um dieselben Aktivitäten auszuführen. Die sich daraus ergebenden überschüssigen Ressourcen bilden durch die Zuführung derselben zu einem neuen Verwendungszweck die Basis für Diversifikation: „[...] the exploration and research involved will certainly speed up the production of new knowledge and the creation of new productive services within the firm. There is no reason to assume that the new knowledge and services will be useful only in the production of a firm’s existing products; on the contrary, they may well be useless for that purpose but still provide a foundation which will give the firm an advantage in some entirely new area.”253 Nach Penrose bestimmen Eigenschaften der bestehenden Ressourcenbasis die Diversifikationsstrategie. Da ein Unternehmen aufgrund beschränkter Managementressourcen innerhalb einer bestimmten Zeitspanne nur in begrenztem Umfang neue Aktivitäten aufnehmen, sich also diversifizieren, kann, werden Selektionsprozesse aktiv. Die Diversifikationsaktivitäten bewegen sich in Richtung jener Märkte, in denen aus den vorhandenen Ressourcen der stärkste Vorteil gezogen werden kann.254 Aus Sicht des Unternehmens wird dieser Vorteil durch Synergien mitbestimmt, die zwischen überschüssigen Ressourcen und den vorhandenen komplementären Ressourcen realisiert werden können. Der Eintritt in bestehende Märkte sowie die Erschließung neuer Marktnischen, neuer Technologiefelder und neuer Produktgenerationen wird somit durch die Kernressourcen eines Unternehmens und der Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen beeinflusst.255 Theoretisch diversifiziert sich ein Unternehmen also eher in Richtung jener Aktivitäten, deren Ressourcenanforderungen ähnlich zur bestehenden Ressourcenbasis des Unternehmens sind. Diese Auffassung hat in einer Reihe von Studien zur Wirkung des Zusammenspiels von komplementären Ressourcen und Kernressourcen empirischen Beleg gefunden. In einer fallstudienbasierten Untersuchung mehrerer japanischer Elektronikunternehmen zeigen Helfat/Raubitschek, dass die Einführung neuer Produktgenerationen sowie von Produkten
252 253 254 255
Vgl. Penrose (1959). Penrose (1959, 114). Vgl. Montgomery/Wernerfelt (1988). Vgl. Helfat/Lieberman (2002, 736f.).
3.1 Diversifikation aus ressourcenbasierter Perspektive
49
für neue Anwendungsfelder auf bestehende technologische Kernressourcen und dazu komplementäre marktbezogene Ressourcen zurückzuführen ist.256 Bei Herstellern von generischen Pharmazeutika beobachtet Scott Morton, dass diese eher in solche Märkte eintreten, welche eine stärkere Ähnlichkeit mit früherer Erfahrung der Unternehmen in Herstellung, Vertrieb und Marketing aufweisen.257 Auch Mitchell, Farjoun und Silverman belegen den Einfluss komplementärer Ressourcen auf die Diversifikationsstrategie.258 Mitchells Analyse des Eintritts von Unternehmen der US-Bilddiagnostik-Industrie in neue technologische Felder zeigt, dass Unternehmen mit geeigneten komplementären Ressourcen (in Form direkter Vertriebskanäle) eher in diese neuen Märkte eingetreten sind. Farjoun untersucht Charakteristika der in einer Industrie erforderlichen Fähigkeiten von Angestellten und deren Zusammenhang mit Diversifikationsaktivitäten. Er stellt fest, dass Unternehmen eher in jene Industrien diversifizieren, deren Fähigkeitsanforderungen den Industrien ähneln, in denen das Unternehmen schon aktiv ist.259 Schließlich erfasst Silverman die technologische Ressourcenbasis mehrerer US-Unternehmen anhand ihrer Patentportfolien und zeigt, dass diese einen signifikanten Einfluss auf die Diversifikationsrichtung haben: Unternehmen diversifizieren sich in jene Bereiche, in denen sie ihre technologische Ressourcenbasis zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen ausnützen können. Die beschriebene Richtung der Diversifikation wird in der Literatur als „verwandte Diversifikation“ (related diversification) bezeichnet. Davon zu unterscheiden ist die „nicht-verwandte Diversifikation“ (unrelated diversification).260 Diese liegt vor, wenn Unternehmen neue Marktaktivitäten aufnehmen, die keinen oder einen nur sehr geringen Bezug zu ihrer bestehenden Ressourcenbasis besitzen. Chatterjee/Wernerfelt stellen fest, dass ein Überschuss an physischen und intangiblen Ressourcen verwandte Diversifikation begünstigt, während ein Überschuss an finanziellen Ressourcen nicht-verwandte Diversifikation begünstigt.261 Der Erfolg von Diversifikationsstrategien wurde erstmals in den frühen Arbeiten von Rumelt und Bettis untersucht.262 Rumelt und Bettis stellen, wie auch viele der Autoren nachfolgender Studien, fest, dass Unternehmen, die eine Strategie der verwandten Diversifikation verfolgen,
256 257 258 259 260 261 262
Vgl. Helfat/Raubitschek (2000). Vgl. Scott Morton (1999). Vgl. Mitchell (1989), Farjoun (1994) und Silverman (1999). Zu vergleichbaren Ergebnissen kommen u.a. Robins/Wiersema (1995), Coff/Hatfield (1995) und MacDonald (1985). Zu den deutschsprachigen Bezeichnungen vgl. Wulf (2007, 13). Vgl. Chatterjee/Wernerfelt (1991). Vgl. Rumelt (1974; 1982), Bettis (1981).
50
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte der Arbeit
profitabler sind als Unternehmen, die unverwandt diversifiziert sind.263 Diese Ergebnisse deuten auf die Überlegenheit einer verwandten Diversifikationsstrategie hin.264 Aus ressourcenbasierter Perspektive lässt sich diese Überlegenheit auf die Ausnützung der Synergien zurückführen, mit denen eine verwandte Diversifikation einhergeht. Insbesondere lassen sich aus diesem Ergebnis Rückschlüsse auf die Bedeutung von spezifischen komplementären Ressourcen ziehen.265 Basiert eine Diversifikationsaktivität auf überschüssigen generischen Ressourcen (wie beispielsweise finanziellen Ressourcen), so sind die entstehenden Synergien durch Wettbewerber relativ leicht zu replizieren. Finanzielle Ressourcen stehen prinzipiell allen Marktteilnehmern zur Verfügung. Synergien, die jedoch auf intangiblen komplementären Ressourcen wie geeigneten Vertriebskanälen oder technologischen Fähigkeiten basieren, sind für andere Marktteilnehmer unter Umständen schwierig zu replizieren. Dadurch können derartige Synergien zu einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil führen.
3.2 Einfluss von Kannibalisierungseffekten auf Innovationsaktivitäten Eine zweite theoretische Perspektive, die zur Analyse des Ausgründungsverhaltens etablierter Unternehmen herangezogen werden kann, betrachtet den Einfluss antizipierter Kannibalisierungseffekte auf das Innovationsverhalten von Unternehmen. Der Einfluss dieser Effekte wird sowohl in industrieökonomischen Studien als auch in der Innovationsmanagementliteratur untersucht. Der aktuelle Erkenntnisstand soll im Folgenden dargelegt werden.
3.2.1 Erkenntnisse der industrieökonomischen Forschung Mehrere industrieökonomische Studien untersuchen und vergleichen die Anreizstrukturen etablierter Unternehmen und junger Unternehmen zur Investition in Innovationsaktivitäten.266 Diese Literatur zeigt insbesondere auf, dass für etablierte Unternehmen ökonomische Anreize bestehen, die Durchführung bedeutender Innovationen zu vermeiden. Die Höhe der antizipierten Erträge, welche durch gänzlich neue Produkte erzielt werden können, ist mit großer Unsicherheit behaftet. Diese Unsicherheit besteht für alle Unternehmen, ist allerdings für etablierte Unternehmen besonders relevant. Sie sind oft nicht bereit, ihre bestehenden Erlösströme durch risikoreiche Investitionen zu gefährden und vernachlässigen deshalb Innovationen, welche den Wert ihrer organisatorischen und physischen Ressourcen u.U. verringern, d.h.
263
264
265 266
Vgl. bspw. Yip (1982), Bettis/Mahajan (1985), Palepu (1985), Hitt/Ireland (1986), Montgomery/Wernerfelt (1988), Wernerfelt/Montgomery (1988), Hamilton/Shergill (1993). Einen ausführlichen Literaturüberblick geben u.a. Ramanujam/Varadarajan (1989) und Hill et al. (1992). Diese relativ konsistenten Ergebnisse zum Zusammenhang von Diversifikation und Unternehmenserfolg werden von einigen Autoren kritisch bewertet, da die meisten der Studien auf statistischen Querschnittsanalysen basieren, welche keine kausalen Rückschlüsse zulassen. Vgl. Ramanujam/Varadarajan (1989, 357). Vgl. Fernandez et al. (2000, 91). Vgl. Arrow (1962), Reinganum (1985), Conner (1988).
3.2 Einfluss von Kannibalisierungseffekten auf Innovationsaktivitäten
51
kannibalisieren. Darüberhinaus können fehlgeschlagene Produkteinführungen die Reputation eines etablierten Unternehmens nachhaltig verletzen.267 Stattdessen sind es kleine und junge Unternehmen, welche jene Innovationen einführen, die etablierte Produkte und Dienstleistungen substituieren, stellen doch gerade solche Substitute für diese Unternehmen eine Möglichkeit des Eintritts in etablierte Märkte dar.268 Diese Auffassung zum Innovationsverhalten etablierter und junger Unternehmen wird durch verschiedene empirische Untersuchungen gestützt269 und ist aus verschiedenen formalen Modellen der Produktkannibalisierung ableitbar.270
3.2.2 Erkenntnisse der Innovationsmanagementforschung Mehrere Studien im Forschungsbereich des Innovationsmanagements untersuchen die Wirkung von antizipierten Kannibalisierungseffekten auf der Ebene von Produktentwicklungsund Kommerzialisierungsaktivitäten.271 Day betont in ihrer Untersuchung zur Rolle von Produktchampions in Innovationsprozessen, dass die Innovativität eines Projekts durch politischen Druck innerhalb des Unternehmens untergraben werden kann.272 Dieser Druck entstehe, wenn der Entwicklungsverlauf des Projekts darauf schließen lässt, dass in Zukunft Umsätze von bestehenden Geschäftsaktivitäten kannibalisiert werden. Auch in organisationsübergreifenden Produktentwicklungsprojekten im Kontext von strategischen Allianzen, versuchen die beteiligten Unternehmen eine Kannibalisierung der eigenen Produkte durch die gemeinsam neu entwickelten Produkte zu verhindern.273 McDermott/O’Connor untersuchen auf Basis von zwölf Innovationsprojekten in zehn USamerikanischen Großunternehmen den Entwicklungsprozess radikaler Innovationen aus einer strategischen Perspektive und identifizieren Herausforderungen, denen Manager bei der Kommerzialisierung dieser Produkte gegenüberstehen.274 Ein wichtiger strategischer Faktor zur Erklärung des Entwicklungsverlaufs eines Projekts stellt dessen mögliche Kannibalisierung bestehender Geschäftsaktivitäten dar. Projektteams scheinen sich der Bedeutung dieses Faktors für die weitere Unterstützung des Projekts von Seiten des Managements durchaus bewusst zu sein und versuchen in der Kommunikation ein u.U. bestehendes Kannibalisie-
267 268 269 270 271 272 273 274
Vgl. Leonard-Barton (1985, 920). Vgl. Methe et al. (1997, 1193). Vgl. u.a. Tushman/Anderson (1986), Henderson/Clark (1990). Vgl. u.a. Reinganum (1985), Conner (1988), Ghemawat (1991). Vgl. u.a. Day (1994), Chandy/Tellis (2000), McDermott/O‘Connor (2002), Gerwin/Ferris (2004). Vgl. Day (1994, 155). Vgl. Gerwin/Ferris (2004, 23). Vgl. McDermott/O’Connor (2002).
52
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte der Arbeit
rungspotenzial abzuschwächen. So beobachteten die Autoren, wie sich ein Projektteam sehr intensiv damit beschäftigte, den Geschäftsbereich vom geringen Neuigkeitsgrad des Projekts für das Unternehmen zu überzeugen, um entsprechende Bedenken des Managements zu zerstreuen. Die Studie zeigt, dass insbesondere hochinnovative Projekte, die vom Unternehmen bediente Märkte anpeilen, aus Angst vor einer Kannibalisierung des bestehenden Geschäfts nicht optimal gemanagt werden. Dadurch wird das Wertschöpfungspotenzial dieser Projekte nur unzureichend realisiert. Chandy/Tellis entwickeln das Konzept der „willingness to cannibalize“ als Gegenentwurf zur Auffassung, dass primär die Größe eines Unternehmens dessen Fähigkeit bzw. Wille zur Einführung radikaler Innovationen bestimmt.275 Der Wille eines Unternehmens zur Kannibalisierung vergangener Investitionen in Produkte, Ressourcen und organisatorische Routinen wird in dieser Studie als bedeutenderer Treiber für radikale Produktneuheiten identifiziert. In einer Befragung von 192 US-amerikanischen Unternehmen der Computer-, Photonik- und Telekommunikationsbranche finden die Autoren Unterstützung für ihre Hypothese, dass Unternehmen, die einen stark ausgeprägten Willen zur Kannibalisierung besitzen, eher Innovatoren radikaler Produkte sind. Dieser Wille wird beeinflusst von bereits getätigten spezifischen Investitionen in bestehende Technologien, der Existenz interner Märkte, dem Einfluss von Produktchampions und der Orientierung auf zukünftige Märkte. Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass mögliche Kannibalisierungseffekte das Innovationsverhalten etablierter Unternehmen beeinflussen. Wie dargelegt, finden sich empirische Belege dafür nicht nur auf aggregierter Industrieebene, sondern auch auf der Ebene des Managements einzelner Innovationsprojekte. Insbesondere die auf dieser Stufe gewonnenen Erkenntnisse geben Anlass zu der Vermutung, dass der Faktor der Kannibalisierungsgefahr auch im Rahmen der Ausgründungsprüfung von Innovationsprojekten eine Rolle spielt.
3.3 Indikatoren des Entwicklungspotenzials junger Unternehmen Unabhängig von der konkreten Ausprägung der Zielfunktion, welche ein Inkubatorunternehmen bei der Ausgründungsprüfung anlegt, wird die Bewertung der Überlebensfähigkeit und des Entwicklungspotenzials des neuen Unternehmens ein Bestandteil des Entscheidungsprozesses sein. Nur wenn die Ausgründung am Markt erfolgreich agiert und eine ansprechende Entwicklung durchläuft, können sich für das Inkubatorunternehmen positive Effekte in Form von finanziellen und nicht-finanziellen Rückflüssen einstellen. Gleichzeitig werden negative Effekte wie die Beschädigung der Unternehmensreputation vermieden. So ist eine erfolgreiche Entwicklung der Ausgründung auch Voraussetzung für einen attraktiven Ausstieg aus
275
Vgl. Chandy/Tellis (1998).
3.3 Indikatoren des Entwicklungspotenzials junger Unternehmen
53
einer Beteiligung über Veräußerung oder Börsengang. Gleiches gilt für eine mögliche Realisierung rückfließender „Wissens-Ströme“ oder „Produkt-/Markt-Ströme“.276 Die langfristige Aneignung solcher Elemente wird erst über die Generierung dieser Elemente durch das neue Unternehmen sowie über die Etablierung einer zukünftigen Austauschbeziehung möglich. Die Wahrscheinlichkeit der Generierung dieses Know-hows in einer für das Inkubatorunternehmen attraktiven Qualität und Quantität nimmt mit einer erfolgreichen Unternehmensentwicklung zu. Aber selbst wenn die Zielfunktion keine Generierung zukünftiger Rückflüsse beinhaltet, wird ein Ausgründungsvorhaben, das von den treibenden Kräften als erfolgsversprechend darstellbar ist, vermutlich eher Unterstützung finden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, auf welche Weise und basierend auf welchen Informationen ein Inkubatorunternehmen die Erfolgswahrscheinlichkeit einer möglichen Ausgründung bewerten kann. Verschiedene Faktoren, welche das zukünftige Entwicklungspotenzial einer Ausgründung beeinflussen und im zu untersuchenden Entscheidungskontext beobachtbar sind, können aus der umfangreichen Forschung zum Investitionsverhalten von Risikokapitalgebern abgeleitet werden.
3.3.1 Investitionsverhalten von Risikokapitalgeber Die Investitionsentscheidung eines Risikokapitalgebers geschieht unter der Prämisse einer Ertragsmaximierung. Dies bringt den Investor in die Situation, in einem bestimmten, meist sehr frühen Entwicklungsstadium eines jungen Unternehmens, dessen zukünftige Erfolgswahrscheinlichkeit einschätzen und bewerten zu müssen. Diese Einschätzung erfolgt dabei ex ante vor der Aufnahme eines Beteiligungsverhältnisses. Die entsprechenden Literaturbeiträge dieses Forschungsbereichs untersuchen, welche Bewertungskriterien Risikokapitalgeber im Rahmen der Investitionsentscheidung anwenden. Das durch diese Beiträge offengelegte Bewertungsmuster soll aus mehreren Gründen als Element des in diesem Kapitel zu konstruierenden Bezugsrahmens dienen. Erstens wird an dieser Stelle die Auffassung vertreten, dass Risikokapitalgeber Spezialisten für die Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit junger Unternehmen sind und jene Unternehmensaspekte, die Risikokapitalgeber im Rahmen ihrer Investitionsentscheidung analysieren, für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung tatsächlich relevant sind. Diese Auffassung wird durch die Literatur gestützt. Beispielsweise stellt Dubini fest: „Venture capitalists
276
Vgl. Schmidt (2003, 91ff.), die mögliche Ressourcenströme zwischen einer Ausgründung und ihrem Inkubatorunternehmen detailliert diskutiert. Theoretische Aspekte einer nachhaltigen Kooperationsbeziehung zwischen diesen Entitäten erörtern auch Maselli (1997, 177ff.) und Lehmair (2002, 117f.). Blum (2006, 129ff.) zeigt mögliche Kooperationsszenarien auf.
54
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte der Arbeit
have excellent capabilities for assessing product and market assumptions.”277 Shrader et al. können in ihrer empirischen Untersuchung des Erfolgs von Venture Capital-finanzierten Unternehmen zeigen, dass Risikokapitalgeber ihre Investitionsentscheidungen auf Basis von Unternehmenseigenschaften treffen, die mit dem Unternehmenserfolg korrelieren.278 Zweitens steht ein Risikokapitalgeber genauso wie ein Inkubatorunternehmen, das eine Ausgründungsoption prüft, vor einer ökonomisch-rationalen Entscheidungssituation, deren positives Ergebnis mit einem Ressourcenfluss verbunden ist, wodurch gewisse Analogieschlüsse vertretbar werden. Drittens finden sich in der Literatur Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, dass Inkubatorunternehmen Risikokapitalgeber in den Prüfungsprozess einbinden.279 Deshalb ist anzunehmen, dass Inkubatorunternehmen von den Risikokapitalgebern lernen, sich bestimmte Entscheidungselemente aneignen und sich so in ihrem Entscheidungsverhalten annähern.
3.3.2 Indikatoren der Unternehmensentwicklung Ziel dieses Abschnitts ist die Diskussion von Eigenschaften junger Unternehmen, die in sehr frühen Entwicklungsphasen beobachtbar sind und Indikatoren für die zukünftige Unternehmensentwicklung darstellen. Die Literatur zu den Bewertungskriterien von Risikokapitalgebern identifiziert eine Vielzahl solcher Eigenschaften auf Basis unterschiedlicher Stichproben, die in Umfang, regionaler Ausrichtung und Branchenfokus variieren. Methodisch unterscheiden sich die Studien durch den Einsatz von Fragebögen, Interviews, Analyse von Bewertungsprotokollen oder experimentellen Ansätzen. Um von Spezifika einzelner Studien zu abstrahieren und die Wichtigkeit jener Parameter herauszuarbeiten, die in der Bewertung einer Unternehmung durch Risikokapitalgeber relevant sind, wurde eine vergleichende systematische Analyse der Erkenntnisse aus den dazu vorliegenden Studien durchgeführt.280 Der mehrstufige Analysegang sowie die tabellarisch aufbereiteten Ergebnisse werden in Anhang A beschrieben.
277 278 279
280
Dubini (1989, 123). Vgl. Shrader et al. (1997, 518). Vgl. Blum (2006, 166) und die Ausführungen in Abschnitt 2.3.3. Auch Clarysse et al. (2005, 194) vermuten in ihrer qualitativen Analyse der Ausgründungsaktivitäten europäischer Forschungseinrichtungen, dass die im Ausgründungsprozess angewandten Selektionskriterien denen von Risikokapitalgebern ähneln. Literaturzusammenfassungen, wie sie bspw. in den Studien von Brettel (2002) oder Franke et al. (2008) zu finden sind, genügen nicht der Anforderung dieses Analyseteils nach einer detaillierten Auswertung der Entscheidungsrelevanz eingesetzter Bewertungskriterien. So untersuchen Franke et al. (2008) in ihrer Studie zwar detailliert die Evaluierung von spezifischen Eigenschaften des Gründerteams durch Risikokapitalgeber in Deutschland und Österreich, der enthaltene Literaturüberblick besitzt aber eben diesen Schwerpunkt und trifft kaum Aussage über weitere entscheidungsrelevante Eigenschaften. Brettel (2002) andererseits vergleicht Entscheidungskriterien deutscher Risikokapitalgeber mit jenen internationaler Investoren, allerdings auf einer für das in diesem Abschnitt verfolgte Ziel zu groben Aggregationsebene.
3.3 Indikatoren des Entwicklungspotenzials junger Unternehmen
55
Auf Basis dieser Ergebnisse werden im Folgenden jene Eigenschaften junger Unternehmen beschrieben, denen von Risikokapitalgebern für die weitere Unternehmensentwicklung eine hohe Relevanz beigemessen wird. Dies lässt im weiteren Verlauf der Arbeit Aussagen darüber zu, auf welche Indikatoren der Unternehmensentwicklung Inkubatorunternehmen bei der Prüfung eines Ausgründungsvorhabens Bezug nehmen können und welche Präferenzen bzgl. der Eigenschaftsausprägungen wahrscheinlich sind. Die Darstellungsstruktur richtet sich nach den in der Literaturanalyse identifizierten Kategorien.281
3.3.2.1 Eigenschaften der Gründerpersonen Alle berücksichtigten Studien untersuchen die Bedeutung verschiedener Charakteristika der an einer Gründung beteiligten Personen. Schon in einer der ersten Studien zu den Evaluierungskriterien von Risikokapitalgebern hält der Autor fest: „Management considerations were found to be the single most important determinant of funding denials accounting for almost 40 percent of the ‘most frequently encountered’ reasons for rejection.”282 Dieses Bild wurde durch zahlreiche nachfolgende Studien gefestigt, die alle den großen Einfluss von Eigenschaften der Gründerpersonen auf das Evaluierungsergebnis zeigen. Kenntnisse über den Zielmarkt, demonstrierte Führungserfahrung und relevante unternehmerische Erfahrung der Gründerpersonen gehören in der Studie von MacMillan et al. zu den am wichtigsten befundenen Kriterien anhand derer die befragten Risikokapitalgeber junge Unternehmen bewerten.283 In ähnlicher Weise identifizieren Muzyka et al. die Managementfähigkeiten und den „track record“ sowohl des „lead entrepreneurs“ als auch des Gründerteams und die Branchenerfahrung des Teams als die wichtigsten Bewertungskriterien.284 Eine neuere Studie von Franke et al. bestätigt die Relevanz der Branchenerfahrung und Führungserfahrung in der Evaluierung von Start-up-Teams durch Risikokapitalgeber.285 Neben diesen drei Eigenschaften, die sich auf Erfahrungswerte des Gründers bzw. des Gründerteams beziehen, bewerten Risikokapitalgeber auch verschiedene fachliche Kompetenzen des Teams. Schon Tyebjee/Bruno zeigen, dass „marketing skills“, „financial skills“ und
281
282 283 284 285
Ausgespart werden dabei die beiden Kategorien der „sonstigen“ und „finanziellen“ Aspekte. Die Kriterien der ersten Kategorie sind allesamt wenig relevant oder, falls doch relevant, fondspezifisch und nicht als Indikatoren der Unternehmensentwicklung verallgemeinerbar. Dies gilt ebenso für explizit finanzielle Kriterien, die Risikokapitalgeber im Rahmen ihrer Investitionsentscheidung anlegen. Auch diese stellen keine Indikatoren der zukünftigen Unternehmensentwicklung dar. Die konkrete Ausprägung dieser Kriterien und deren Einfluss auf die Evaluierungsentscheidung spiegeln vielmehr investorenspezifische Anforderungen an Beteiligungen wider. Die Analyse zeigt, dass es sich dabei hauptsächlich um drei Kriterien handelt: (i) der erwartete RoI, (ii) die Liquidierbarkeit der Beteiligung und (iii) die Zeit bis zur Amortisation des Investments. Johnson (1979, 34). Vgl. MacMillan et al. (1985, 121). Vgl. Muzyka et al. (1996, 281). Vgl. Franke et al. (2008, 477).
56
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte der Arbeit
„technical skills“ zu den am häufigsten angewandten Evaluierungskriterien gehören.286 Dieses Ergebnis ist konsistent mit späteren Studien,287 wobei marketingspezifische Fähigkeiten durchweg als relevanter eingestuft werden als technologische Fähigkeiten, die wiederum bedeutender zu sein scheinen als finanzielles Fachwissen. Zusätzlich, messen Muzyka et al. noch der „organizational/administrative capability of the team“ eine hohe Bedeutung bei und bestätigen dabei das Ergebnis von Robinson, welcher neben der „executive experience“ die „organization skills“ als kritische Faktoren identifiziert.288 Eng zusammen mit den Eigenschaften einzelner Gründerpersonen hängt die Erfahrungs- und Fähigkeitsstruktur des Gesamtteams, d.h. der Teamzusammensetzung. Johnson berichtet: „The major descriptions of managerial inadequacies given by respondents included poor management, lack of experience, lack of relevant experience, and lack of a competent team.”289 Robinson et al. weisen explizit auf die Bedeutung eines “complete management team” hin.290 Auch MacMillan et al. folgern aus ihren Ergebnissen: “[...] half of venture capitalists will not even consider a venture that does not have a balanced team for the venture. Once again, the venture would be rejected irrespective of how glamorous the industry was or exciting the proposed product was.”291 Franke et al. stellen fest: „For industry experience as well as leadership experience […] it may suffice when only some team members posess it.”292 Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Gründerteam sich in wichtigen Fähigkeiten und Kompetenzen ergänzen sollte. Fasst man diese Befunde zusammen, so ist zu konstatieren, dass Eigenschaften der Gründerpersonen und die Teamzusammensetzung Indikatoren für die Unternehmensentwicklung darstellen. Besonders relevant scheinen Management- und Führungserfahrung, Branchenerfahrung, unternehmerische Erfahrung, Erfahrung im Bereich Marketing, Finanzen und Administration sowie technologische Kompetenzen zu sein.
3.3.2.2 Eigenschaften von Markt und Branche Neben verschiedenen Charakteristika der Gründerpersonen, bewerten Risikokapitalgeber auch Eigenschaften des Zielmarkts und der Branche, in dem sich eine Unternehmung bewegt. Die Literatur zeigt eine gewisse Vielfalt entsprechender Kriterien mit teils heterogenen Ergebnissen zur Wichtigkeit im Evaluierungsprozess. Beispielsweise stellen in der Untersuchung von
286 287 288 289 290 291 292
Vgl. Tyebjee/Bruno (1984, 1058). Vgl. Robinson (1987), Dixon (1991), Bachher/Guild (1996), Muzyka et al. (1996). Vgl. Muzyka et al. (1996, 281), Robinson (1987, 70). Johnson (1979, 34). Vgl. Robinson et al. (1987, 69). MacMillan et al. (1985, 125). Franke et al. (2008, 477).
3.3 Indikatoren des Entwicklungspotenzials junger Unternehmen
57
Tyebjee/Bruno sowohl die Zugänglichkeit zu Kundengruppen als auch die Saisonalität bzw. Sensitivität bzgl. der konjunkturellen Entwicklung wichtige Kriterien dar293 - einen Befund, den Muzyka et al. nicht unterstützen können.294 Shepherds Erkenntnis über die Relevanz der Wettbewerbsintensität im Entscheidungsprozess wird von mehreren anderen Studien nicht geteilt.295 Mehrfach untersucht, aber als weniger relevant befunden, wurden die Stabilität in der Branche296 sowie die Größe des zu bedienenden Markts.297 Hingegen zeigen nahezu alle Untersuchungen die Wichtigkeit des Marktwachstums als Evaluierungskriterium auf. Ein hohes Wachstumspotenzial des Markts wird mit einem hohen Wachstumspotenzial des Unternehmens in Verbindung gebracht. MacMillan et al. folgern: “[…] the critical market requirement is a high growth rate.”298 Robinson et al. weisen darauf hin, dass ein Start-up „substantial growth objectives, in a growth industry […]”299 verfolgen sollte, um für Risikokapitalgeber attraktiv zu sein. Eine weitere für Risikokapitalgeber bedeutsame Markteigenschaft ist die Existenz von Eintrittsbarrieren für Wettbewerber.300 Tyebjee/Bruno zeigen, dass für Risikokapitalgeber „the extent to which the venture is resistant to uncontrollable pressures from the environment” wichtig ist und dass “these pressures may result from […] low barriers to entry by competition”.301 Mehrere Studien belegen außerdem, dass Risikokapitalgeber auf jene Eigenschaften des Zielmarkts achten, die sich unter dem Begriff „Reifegrad“ subsumieren lassen. So stellt Shepherd fest, dass es im Entscheidungsprozess durchaus eine Rolle spielt, ob ein Unternehmen einen Markt als Pionier öffnet oder erst in einem späteren Entwicklungsstadium des Markts eintritt.302 Die Tatsache, ob ein Zielmarkt vollkommen neu ist oder schon besteht, scheint also von gewisser Relevanz zu sein, wobei ein junger Markt präferiert wird.303 Gleiches gilt für die Stimulierung eines bestehenden Markts durch die Aktivitäten der Unternehmung, welche positiv gewertet wird.304 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Eigenschaften von Markt und Branche als Indikatoren der Unternehmensentwicklung dienen können. Besonders relevant scheinen Entwick-
293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304
Vgl. Tyebjee/Bruno (1984). Vgl. Muzyka et al. (1996). Vgl. Shepherd (1999) sowie MacMillan et al. (1985), Robinson (1987), Muzyka et al. (1996). Vgl. Bachher/Guild (1996), Shepherd (1999). Vgl. Muzyka et al. (1996), Shepherd (1999). MacMillan et al. (1985, 123). Vgl. Robinson (1987, 69). Vgl. Tyebjee/Bruno (1984), Muzyka et al. (1996). Beide Zitate siehe Tyebjee/Bruno (1984, 1059). Vgl. Shepherd (1999, 81). Vgl. Muzyka et al. (1996, 281). Vgl. MacMillan et al. (1985, 121).
58
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte der Arbeit
lungsstadium und Wachstumseigenschaften des Zielmarkts sowie die Existenz von Eintrittsbarrieren für Wettbewerber zu sein.
3.3.2.3 Eigenschaften von Produkt bzw. Dienstleistung Wenig überraschend stellen mehrere Studien die Bedeutung von Eigenschaften des Produkts bzw. der Dienstleistung, die ein junges Unternehmen anbietet, im Bewertungsprozess durch Risikokapitalgeber heraus. Allen voran stellen die Differenzierung eines Produkts und sein Vorteil für potentielle Kunden wichtige Bewertungskriterien dar. Dies zeigen vier von sechs Studien, die dieses Kriterium untersuchen. Schon Tyebjee/Bruno identifizieren die Produktdifferenzierung als eines von fünf grundlegenden Evaluierungskriterien, die von Risikokapitalgebern eingesetzt werden: „The second characteristic reflects product differentiation which is determined by the ability of the entrepreneur to apply his technical skills in creating a product which is unique […].“305 In der Untersuchung von Muzyka et al. folgt das Kriterium „a product with an ability to sustain a competitive market position“306 in der Relevanz gleich jenen Kriterien, die sich auf die Gründerpersonen beziehen. Rea stellt fest: “A competitive edge is adequate.”307 Sowohl Tyebjee/Bruno als auch Bachher/Guild berichten, dass die Existenz klarer Kundenbedürfnisse und deren Befriedigung durch das Produkt oder die Dienstleistung des jungen Unternehmens wichtige Evaluierungskriterien für Risikokapitalgeber darstellen.308 In einem Vergleich von Finanzierungsentscheidungen in der Frühphase eines Unternehmens (seed stage) mit jenen in späteren Phasen weisen Bachher/Guild darauf hin, dass „at these [early] stages, in a technology based company, it is sometimes difficult to analyze the market being targeted by the venture […]. Hence, […] focus is primarily on the venture offering“.309 Diese Ausführungen zeigen, dass Eigenschaften des Produkts bzw. der Dienstleistung weitere Indikatoren der Unternehmensentwicklung darstellen. Besonders relevant scheinen die Produktdifferenzierung, der Produktvorteil und die Befriedigung von klaren Kundenbedürfnissen zu sein.
305 306 307 308 309
Tyebjee/Bruno (1984, 1059). Muzyka et al. (1996, 282). Rea (1989, 154). Vgl. Tyebjee/Bruno (1984), Bachher/Guild (1996). Bachher/Guild (1996, 372).
3.4 Zwischenfazit
59
3.4 Zwischenfazit In diesem Kapitel wurden mehrere theoretische Perspektiven behandelt, welche den theoretischen Rahmen dieser Arbeit zur Erklärung des Verhaltens etablierter Unternehmen bei Ausgründungsentscheidungen aufspannen. Normative Aussagen und empirisch belegte Vorhersagen der ressourcenbasierten Perspektive der strategischen Managementliteratur geben Hinweise darauf, welche Aktivitäten ein Inkubatorunternehmen selbst durchführt und von welchen es Abstand nimmt. Als zentrale Determinante derartiger Entscheidungen rückt der ressourcenbasierte Ansatz die unternehmensinterne Ressourcenkonfiguration in den Mittelpunkt der Betrachtung. Dass mit einer Ausgründung eine neue ökonomische Entität geschaffen wird, berücksichtigen die beiden anderen herangezogenen Perspektiven. Während das Konzept der Kannibalisierung den möglichen negativen Effekt einer Ausgründung auf ein Inkubatorunternehmen unterstreicht, machen die Entwicklungsindikatoren junger Unternehmen, welche auf Basis der Literatur zum Entscheidungsverhalten von Risikokapitalgebern hergeleitet wurden, das Potenzial einer Ausgründung abschätzbar. Die Menge der identifizierten Indikatoren zerfällt dabei in die drei Bereiche der Charakteristika der Gründerpersonen, des Markts bzw. der Branche und des Produkts bzw. der Dienstleistung. Nach diesen theoretischen Ausführungen wendet sich die Arbeit im Folgenden dem ersten empirischen Teil zu, der qualitativen Exploration des Untersuchungsgegenstands, um so den Brückenschlag zur betriebswirtschaftlichen Unternehmenspraxis vorzunehmen. Die eingeführten theoretischen Bezugspunkte informieren dabei die Gestaltung des in der Exploration verwendeten Gesprächsleitfadens und werden auch bei der Ableitung konkreter Hypothesen in Kapitel 5 wieder aufgegriffen.
4 Explorative Untersuchung Wie in Abschnitt 2.5 ausgeführt, war die Ausgründungsprüfung und das diesbezügliche Entscheidungsverhalten von Inkubatorunternehmen bisher noch nicht Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung. Die im vorangegangenen Kapitel durchgeführte theoretische Annäherung an den Untersuchungsgegenstand soll daher durch eine empirische Exploration komplementiert werden. In diesem Kapitel werden die mit der Exploration verfolgten Ziele, die angewandte Methodik (Abschnitt 4.1), die Eigenschaften der befragten Experten (Abschnitt 4.2) sowie die extrahierten Hinweise (Abschnitt 4.3) präsentiert und diskutiert. Das Kapitel schließt mit einem Zwischenfazit in Abschnitt 4.4.
4.1 Ziele der Exploration und Methodik Nach Friedrichs bestehen die mit einer explorativen Studie verfolgten Ziele v.a. darin, Sachverhalte zu präzisieren, wichtige Einflussgrößen auf das zu untersuchende Phänomen zu identifizieren und auf bedeutsame empirische Zusammenhänge hinzuweisen.310 Umgelegt auf den in dieser Arbeit betrachteten Untersuchungsgegenstand führt dies zu folgenden Zielen, die mit der Exploration erreicht werden sollen: Zum einen sollen auf empirischem Weg die theoretischen Erkenntnisse aus dem letzten Kapitel konkretisiert und erweitert werden. Dazu werden aus den Interviews Faktoren destilliert, welche die Entscheidungsfindung etablierter Unternehmen bei der Ausgründungsprüfung beeinflussen. Zusätzlich sollen Zusammenhänge zwischen diesen Faktoren aufgedeckt werden. Schließlich dient die Exploration dazu, über eine Diskussion mit den Experten weiterführende und vertiefende Einblicke in den Untersuchungsgegenstand zu erhalten. Für die Exploration wurde ein qualitativer Forschungsansatz in Form von semi-strukturierten Interviews gewählt.311 Der in den Gesprächen verwendete Leitfaden wurde auf Basis der bisherigen Erkenntnisse zu Ausgründungen unter Einbezug der eingeführten theoretischen Perspektiven erstellt und strukturiert.312 Um neben den entscheidungsrelevanten Aspekten ein umfassendes Bild über das Ausgründungsverhalten der befragten Unternehmen zu erhalten, wurden in den Gesprächen auch Informationen zu den bevorzugt eingesetzten Mechanismen der Technologieverwertung, den Stimuli zur Ausgründungsprüfung, der Erfolgswirkung, der Umsetzung sowie der Bedeutung von Ausgründungen erhoben. Der inhaltliche Schwerpunkt der Exploration liegt jedoch auf dem Erkenntnisgewinn zum Entscheidungsverhalten bei
310 311 312
Vgl. Friedrichs (1990, 121ff.). Vgl. Bortz/Döring (2002, 237ff.). Der Gesprächsleitfaden ist in Anhang C abgedruckt.
62
Kapitel 4: Explorative Untersuchung
Ausgründungsprüfungen und den entsprechenden Einflussfaktoren, weshalb sich die folgende Darstellung auf die diesbezüglich relevanten Hinweise beschränkt. Um Aussagen über den Zusammenhang von Projekteigenschaften und das Ergebnis einer Ausgründungsprüfung treffen zu können, wurden die Interviewpartner gebeten, ein ausgegründetes Projekt sowie ein geprüftes aber nicht ausgegründetes Projekt zu wählen und entlang mehrerer Dimensionen zu bewerten.313 Die Interviews wurden über eine qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.314 Der Analyseprozess umfasste mehrere Schritte. In einem ersten Schritt wurden die Interviews transkribiert. Anschließend wurden die Aussagen jedes Experten paraphrasiert und einer ersten Menge an Kategorien zugeordnet. Als initiale Kategorienmenge wurden die im Interviewleitfaden verwendeten Kategorien herangezogen, da diese eine für die Beantwortung der Forschungsfragen logische und geeignete Struktur bildeten. Im nächsten Schritt wurden aus den paraphrasierten Expertenaussagen innerhalb einer Kategorie weitere Unterkategorien abgeleitet, die Textfragmente entsprechend eingeordnet und in Hinweise auf Faktoren überführt, welche im Rahmen einer Ausgründungsprüfung berücksichtigt werden.
4.2 Beschreibung der befragten Experten Im Rahmen der explorativen Untersuchung wurden zehn Experten in acht Gesprächen befragt.315 Die Experten stammen aus sieben deutschen Großunternehmen aus unterschiedlichen Branchen und waren alle schon direkt an einer Ausgründungsprüfung und Entscheidung bzw. Erstellung einer Handlungsempfehlung an die Entscheidungsinstanz beteiligt.316 Fünf der Gesprächspartner waren zum Zeitpunkt der Befragung Geschäftsführer von Corporate Venture Capital-Einheiten oder Inkubator-Einheiten. Die übrigen Befragten waren Mitarbeiter in diesen Einheiten oder Innovationsmanager in verschiedenen Bereichen der Forschung und Entwicklung. Ein Experte war Mitglied im Unternehmerteam einer durchgeführten Ausgründung. Hervorzuheben ist das hohe Interesse der Experten an der Studie, welches sich auch in der hohen Teilnahmebereitschaft ausdrückt: Alle angeschriebenen Experten waren zu einem Gespräch bereit. Die Interviews fanden zwischen Juni und August 2007 statt und wurden vom Autor selbst telefonisch durchgeführt. In sieben Fällen konnten die mündlichen Interviews elektronisch aufgezeichnet werden. In einem Fall wurden handschriftliche Notizen angefertigt, da der Interviewpartner einer Aufzeichnung nicht zugestimmt hat. Mit zwei der zehn Ex-
313 314 315 316
Vgl. die Abschnitte 3, 4 und 5 im Interviewleitfaden in Anhang C. Vgl. Mayring (2003). In zwei Fällen nahmen an einem Gespräch jeweils zwei Experten teil. Eine detaillierte Aufstellung der Gesprächspartner (inkl. Unternehmen, Position, Interviewdauer und Interviewgegenstand) findet sich in Anhang B.
4.3 Hinweise zu Einflussfaktoren auf die Ausgründungsentscheidung
63
perten wurden Vertraulichkeitsvereinbarungen getroffen, die eine Anonymisierung der Informationen erfordert.317 Die Dauer der Interviews betrug im Mittel 87 Minuten (Minimum: 33 Min.; Maximum: 169 Min.).
4.3 Hinweise zu Einflussfaktoren auf die Ausgründungsentscheidung In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der Exploration berichtet. Im Verlauf der Inhaltsanalyse konnten sechs sachlogische Kategorien von Faktoren gebildet werden. Diese umfassen strategische, gründerteambezogene, marktbezogene, technologiebezogene und finanzielle Faktoren sowie eine Auffangkategorie für weitere Faktoren. Diese Kategorien mit den ihnen zugeordneten Einflussfaktoren werden im Folgenden detailliert dargestellt.
4.3.1 Unternehmensstrategische Faktoren Im Rahmen der Ausgründungsprüfung wird nach Aussage der befragten Experten genau evaluiert, ob das Innovationsprojekt unternehmensintern verwertbar ist. Experte A: „Ausgründungen würden wir ja nur machen, wenn es nicht [im Konzern] bleiben kann. Das wird dann auf Konzernebene auch diskutiert. Wir sprechen mit den Business Units.“ Experte B meint dazu: „Wir müssen immer höllisch aufpassen, dass wir nicht versuchen, anderen Bereichen etwas wegzunehmen. Sehr wichtig ist die interne Evaluierung, d.h. ob es nicht doch eine sinnvolle interne Nutzung gibt. Etwas, das wir durchaus sehr sorgfältig durchführen. Denn wenn man einmal eine Ausgründung verfolgt, bei der uns danach jemand vorhält, dass wir doch tolle Sachen weggegeben hätten, dann würden wir nie wieder Themen aus den Bereichen bekommen. Das ist also ein Prozess, der sehr sorgfältig gemacht wird.“ Die Bedeutung der internen Verwertbarkeit wird ebenfalls von den Experten C, D und I angesprochen. Dass eine Ausgründungsprüfung auch ein Mechanismus dafür sein kann, brachliegenden Projekten eine neue Heimat in einem anderen Unternehmensbereich zu finden, zeigt folgende Aussage: „[…] durch die Evaluierung ist eigentlich sehr wohl festgestellt worden, dass es [das Projekt] intern Sinn macht und das Ganze ist daraufhin auf einen neuen Level gehoben worden. […] weil es dann einfach in den Geschäftsbereich transferiert wurde.“ (Experte B) Hinweis 1: Die interne Verwertbarkeit des Innovationsprojekts unter Ausgründungsprüfung kann einen Einflussfaktor auf die Ausgründungsentscheidung darstellen. Besteht eine enge Verwandtschaft zum Kerngeschäft des Inkubatorunternehmens, so scheint eine interne Verwertbarkeit wahrscheinlicher: „Eine interne Vermarktung ist vor allem dann zu empfehlen, wenn es eine Nähe zum bestehenden Kerngeschäft gibt - das dieses erweitert,
317
Um die zugesicherte Anonymität zu wahren, korrespondiert die im Folgenden verwendete alphabetische Identifikation der Experten nicht mit der in Anhang B berichteten Reihenfolge der Expertengespräche.
64
Kapitel 4: Explorative Untersuchung
ergänzt, stärkt, zusätzlich ein Alleinstellungsmerkmal für das Kerngeschäft generiert und wenn die Verbundeffekte mit Dritten oder anderen Marktteilnehmern gar nicht so groß sind.“ (Experte B) Und: „Da ist immer die Frage zur Nähe des Stammgeschäftes. Je näher es am Stammgeschäft ist, desto besser ist es vermutlich intern aufgehoben.“ (Experte D) Hinweis 2: Die interne Verwertbarkeit des Ausgründungsnukleus kann durch seine Nähe zum Kerngeschäft des Inkubatorunternehmens beeinflusst werden. Liegen die Aktivitäten des Innovationsprojekts nicht im Kerngeschäft, wird vom Inkubatorunternehmen geprüft, ob eine Geschäftsfelderweiterung bzw. der Eintritt in einen neuen Markt strategisch sinnvoll sein könnte: „Es war eine gewisse Verwandtschaft [zum Kerngeschäft] da. Trotzdem stellte sich aber die Frage: Müssen wir unbedingt in das Softwaregeschäft gehen, was damit verbunden ist? Oder […] versuche ich das dann irgendwie extern best-inclass zu kaufen?“ (Experte B) Und: „Wir haben uns dann überlegt: Wollen wir in dieses Geschäftsfeld einsteigen?“ (Experte H) Hinweis 3: Im Rahmen der Entscheidungsfindung wird ggf. geprüft, ob eine unternehmensinterne Weiterverfolgung des Innovationsprojekts eine sinnvolle Geschäftsfelderweiterung darstellt. Einer strengen Prüfung wird auch die Auswirkung einer Ausgründung auf die Wettbewerbsposition des Inkubatorunternehmens unterzogen. Dies betonen mehrere Experten. So führt Experte H aus, dass „Geschäftsbereiche in der Regel kaum bereit [sind] - das ist, finde ich, eine zentrale Botschaft - ihre Position durch irgendeinen möglichen Spin-off zu gefährden“ und unterlegt diese Aussage mit einem Beispiel: „Wir haben zunächst interne Kunden beliefert, wären aber gerne hinausgegangen. Da sind wir dann aber an Hürden gestoßen. Man hat gesagt: Naja, es sind gerade unsere Wettbewerber ebenfalls an dieser Applikation interessiert. Aus geschäftspolitischen Gründen war man gegen eine Ausgründung und hat dieses Projekt intern weitergeführt.“ In diesem Zusammenhang spricht Experte D auch den Kontrollverlust an, der mit der Durchführung einer Ausgründung einhergeht: „Also wenn es natürlich innerhalb der Strategie ist, wenn es innerhalb des Kerngeschäfts ist, warum sollte man es dann outsourcen? Man sollte sich ja keine zusätzliche Konkurrenz machen. Außerdem ist dann ja auch immer die Frage der Steuerbarkeit relevant. Wenn ich so etwas erst als Spin-off draußen habe, dann habe ich das nicht mehr unter Kontrolle.“ Hinweis 4: Eine mögliche Schwächung des Inkubatorunternehmens kann einen Einflussfaktor auf die Ausgründungsentscheidung darstellen. Eine Schwächung der Position des Inkubatorunternehmens kann durch die Aufgabe eines bestehenden Wettbewerbsvorteils oder durch die Schaffung eines neuen Konkurrenten geschehen wie Experte B ausführt. Aus Sicht des Inkubatorunternehmens gilt es, dies zu vermeiden.
4.3 Hinweise zu Einflussfaktoren auf die Ausgründungsentscheidung
65
Dementsprechend wird die Art des abfließenden Know-how in die Prüfung miteinbezogen. Experte H meint beispielsweise: „Wenn die Know-how-Situation aus unserer Sicht so ist, dass wir in einem Weggang des Know-hows keine Schwächung unserer Wettbewerbsposition sehen, dann kommt es letztendlich darauf an, welches im Einzelfall das attraktivste Vorgehen ist - wie eben die Gründung eines Start-ups.“ Und: „Oberste Priorität hat immer die Absicherung der Wettbewerbsposition. Wenn mit einer Neugründung ein kritischer Know-howAbfluss verbunden ist, dann gibt das ein No-go, egal wie attraktiv die finanzielle Seite ist.“ Experte D geht auf die Problematik des Patenttransfers und der Nutzungsrechte eines Patents ein: „Intellectual Property ist natürlich ein Thema. […] da sind ja irgendwelche Werte geschaffen worden. Und angenommen, das Unternehmen sagt jetzt: ‚Ich brauche aber die drei Patente, die in diesem Projekt entwickelt wurden und möchte auch die Nutzungsrechte haben.‘ Dann muss man natürlich fragen: Wie viel vergibt man sich denn hier? Da ist natürlich ein potenzielles Risiko vorhanden.“ Hinweis 5: Der mit einer möglichen Ausgründung verbundene Know-how-Abfluss kann im Rahmen der Ausgründungsprüfung vor dem Hintergrund einer Schwächung der Wettbewerbsposition des Inkubatorunternehmens evaluiert werden.
4.3.2 Gründerteambezogene Faktoren Die Experteninterviews zeigen, dass Eigenschaften des Gründerteams einen großen Stellenwert im Prozess der Ausgründungsprüfung einnehmen. Entweder existiert ein Team mit passenden Eigenschaften bereits zu Beginn der Ausgründungsprüfung oder aber ein entsprechendes Team muss erst zusammengestellt werden. So meint Experte G: „Dann ist es natürlich immer wichtig, […] dass sich auch das Team, das an diesem Projekt arbeiten will, in irgendeiner Form schon gefunden hat oder man schon klare Vorstellungen hat, wie das Team aussehen soll. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt.“ Eine große Bedeutung wird der Motivation und dem Engagement des Teams zugeschrieben: „Man muss eine absolut commitete Mannschaft haben. Alle Mitarbeiter der ausgegliederten Aktivität müssen hinter dem Thema und hinter dem Produkt stehen. Ein Spin-off ohne das Commitment der Mitarbeiter funktioniert nicht.“ (Experte A) Als einen der Erfolgsfaktoren eines Ausgründungsvorhabens sieht auch Experte B ein motiviertes Team an: „Es gibt generelle Erfolgsfaktoren. Das ist […] ein motiviertes Team […].“ Damit stimmt dieser mit Experte C überein, der aussagt: „Die Mannschaft muss von dem, was sie tut, überzeugt sein. Sonst geht es nicht. Irgendeine Idee, die nur einer toll findet, reicht nicht.“ Hinweis 6: Ein motiviertes und engagiertes Team wird als Voraussetzung für eine Ausgründung angesehen.
66
Kapitel 4: Explorative Untersuchung
Neben einer hohen Motivation und einem großen Engagement der beteiligten gründungswilligen Personen, legen die befragten Experten auch großen Wert auf eine geeignete fachliche Zusammenstellung des Teams. Hervorgehoben wird die Rolle von technologischen Knowhow-Trägern: „Gerade die F&E-Kompetenz, die muss im Team vorhanden sein.“ meint Experte D. Experte E wiederum weist darauf hin, dass Schlüsselpersonen insbesondere bereit sein müssen, eine Ausgründung mitzutragen: „Der Rahmen ist: Sind da Leute, die diese Technologie entwickelt haben? Sind die bereit, das in einem Unternehmen weiter zu machen? Denn es bringt ja nichts, wenn ich das Patent oder die Patentanmeldung in so eine Firma übertrage und mir dann irgendwelche Leute hole, die zum ersten Mal davon hören. Vielmehr brauche ich ja jemanden, der das im Grunde genommen in der Arbeitsgruppe mitentwickelt hat; der da sofort einsteigen kann. Denn die [Entwicklung] ist noch nicht zu Ende.“ Hinweis 7: In Hinblick auf eine Ausgründung wird Wert darauf gelegt, dass die wichtigsten technologischen Know-how-Träger im Gründerteam vorhanden sind und das Team mit der benötigten F&E-Kompetenz ausgestattet ist. Doch nicht nur auf technologiebezogene Kompetenz kommt es im Gründerteam an, wie die Aussagen mehrerer Experten zeigen. So meint Experte G: „[…] es kommen halt doch viele Ideen eigentlich aus dem R&D-Umfeld. Und das ist eine Erfahrung, die jeder Mal macht: dass nicht unbedingt jeder Forscher ein guter Manager für ein Projekt ist. Und auch nicht unbedingt sein muss. Aber wir müssen trotzdem sicherstellen, dass, wenn wir so ein Team aufbauen, jemand dabei ist, der das ganze auch leiten kann.“ und ergänzt im Gesprächsteil zu Voraussetzungen für eine Ausgründung: „Dann brauchen wir ein Managementteam dafür.“ Neben technologischen Kompetenzen sollten somit auch Managementqualitäten und kaufmännische Kompetenzen im Team vorhanden sein. Auf das allgemeine projektspezifische Know-how weist Experte F hin: „Wir haben uns gedacht: Gut, da machen wir vielleicht eine Ausgründung. Und dazu ist notwendig, und unbedingt notwendig, dass das Team, welches dieses Projekt leitet, die Projektleiter also, das auch wollen. Das ist eine absolute Notwendigkeit. Sie können nicht auf einmal sagen, wir machen eine Ausgründung, wenn Sie keine Leute dafür haben. Also die Know-how-Träger müssen das wollen […].“ Experte I macht zusätzlich darauf aufmerksam, dass sein Unternehmen gezielt Coaching betreibt um fehlende Kompetenzen zu generieren. Hinweis 8: Neben der Verfügbarkeit von technologischen Kompetenzen, kann die Verfügbarkeit von Managementkompetenzen einen Einflussfaktor auf die Ausgründungsentscheidung darstellen.
4.3 Hinweise zu Einflussfaktoren auf die Ausgründungsentscheidung
67
4.3.3 Absatzmarktbezogene Faktoren Faktoren, die sich auf den Zielmarkt des Ausgründungsprojekts beziehen, scheinen in der Ausgründungsprüfung von großer Relevanz zu sein: „Die gewichtigsten Faktoren waren letztendlich, dass […] wir vor allem auch die Meinung hatten: Das [Ausgründungsvorhaben] ist attraktiv und hat einen Markt.“ (Experte B) Und: „Die zweite Voraussetzung ist natürlich, dass sich irgendwo abzeichnet, dass man ein sinnvolles Geschäft damit etablieren kann. Wenn ich das [Ausgründungsvorhaben] sehe, muss ich feststellen: Lohnt sich überhaupt daran zu arbeiten, dass man nachher auch eine Gründung durchführt. Ist das interessant für den Markt?“ (Experte E) Dieses Marktpotenzial wird u.a. durch bestehende, aber nicht oder nur unzureichend befriedigte Kundenbedürfnisse bestimmt: „Also ist das Ding in der Lage, […] Probleme, die ein potenzieller Kunde hat, zu lösen? Ja, das war ganz wichtig herauszufinden.“ (Experte E) Ein unzureichendes Marktpotenzial stellt für Experten B einen Grund dar, die Ausgründung nicht zu unterstützen: „Grund für einen negativen Bescheid für eine Ausgründung oder eine anderweitige Verwertung, ist schlicht und ergreifend, dass man keine Marktchancen sieht.“ Hinweis 9: Das Marktpotenzial einer Ausgründung kann einen Einflussfaktor auf die Ausgründungsentscheidung darstellen. Doch nicht nur das Marktpotenzial bzw. die Befriedigung von Kundenbedürfnissen scheint wichtig zu sein, sondern auch bestimmte Eigenschaften des Zielmarkts wie seine Größe und sein Wachstum. Dies belegen u.a. die folgenden Zitate von Experte H: „Es [das Ausgründungsvorhaben] muss im Grunde genommen skalierbar sein. Es muss ein Projekt sein, bei dem ich mir vorstellen kann, dass ich deutlich in die Region der, in der alpinen Welt würde man sagen, 3000er und 4000er komme. Es muss ein Marktpotenzial da sein, das über einzelne Nischenapplikationen hinausgeht.“, Experte E: „Und es gibt zumindest einige, die die [Technologie] auch nutzen wollen. Jetzt muss ich natürlich herausfinden: Wie viele sind das? Jetzt kommt natürlich mehr das Finanzielle. Wie groß ist eigentlich der Markt? Lohnt sich das überhaupt?“ und Experte B: „Also es gibt generelle Erfolgsfaktoren. Das ist einfach […] ein großer, stark wachsender Markt […].“ Hinweis 10: In der Ausgründungsprüfung werden Faktoren wie Marktgröße und Marktwachstum berücksichtigt.
4.3.4 Technologiebezogene bzw. produktbezogene Faktoren Eng mit dem Marktpotenzial hängen für die befragten Experten technologiebezogene bzw. produktbezogene Faktoren zusammen. Besonders herausgestellt wird der Neuigkeitswert und der Nutzen des Ausgründungsnukleus. So antwortet Experte E auf die Frage, welche Prü-
68
Kapitel 4: Explorative Untersuchung
fungskriterien angewendet wurden: „Also das ist zum einen in dieser frühen Phase die technologische Seite. […] Und da ging es im Grunde genommen darum, was wir oben schon abgefragt haben, wie hoch ist der Innovationsgrad?“ und „[…] das reicht aber nicht aus, man muss natürlich auch noch mal den Kunden fragen. Das haben wir auch gemacht und das ging so weit, dass ein Kunde gleich eine Lizenz haben wollte. Das ist natürlich das beste Zeichen. Die Technologie ist also interessant für Leute, die in dem Markt tätig sind.“ Auf die Produktdifferenzierung bezieht sich Experte G: „Natürlich sollten die Leute sich auch bei ihren Ideen überlegt und recherchiert haben, ob da ein gewisser Neuigkeitswert dran ist. Nicht dass jemand anders das auch schon längst gebracht hat.“ Experte B sieht einen Zusammenhang zwischen der Attraktivität der Technologie des Innovationsprojekts und der Wahrscheinlichkeit, eine Finanzierung für das Ausgründungsvorhaben zu erhalten: „Die Technologie muss attraktiv genug sein, sodass man auch überzeugt genug ist, eine Finanzierung zu bekommen.“ Aber nicht nur eine Finanzierung ist in einem solchen Fall wahrscheinlicher, sondern auch ein finanzieller Rückfluss an das Inkubatorunternehmen in der Zukunft wie derselbe Experte meint: „Bei dem Ausgründungsvorhaben ist wirklich der Hauptgrund der gewesen, dass einfach durch die Technologie ein zusätzlicher Nutzen generiert wurde. Und der ließ dann einen zukünftigen finanziellen Rückfluss erhoffen.“ Hinweis 11: Der Neuigkeitswert des Innovationsprojekts und seine Attraktivität für potenzielle Kundengruppen können Einflussfaktoren auf die Ausgründungsentscheidung darstellen.
4.3.5 Finanzielle Faktoren Die Interviews zeigen, dass die befragten Inkubatorunternehmen primär finanzielle Ziele mit der Unterstützung von Ausgründungen verfolgen und weniger strategische Ziele: „Wir haben bis jetzt die Spin-off-Strategie wirklich ausschließlich zur Verwertung benutzt, nicht um interne Themen voranzubringen.“ (Experte B) In dieselbe Richtung schlägt Experte F: „Also ich habe gesagt, dass das kein Feld für unsere Zukunftsaktivitäten ist. Deshalb hat das ganze keine strategische Relevanz, deshalb sind es rein finanzielle Parameter.“ Dementsprechend findet eine Ausgründungsunterstützung v.a. dann statt, wenn dem Ausgründungsvorhaben ein genügend großes finanzielles Potenzial als eigenständiges Unternehmen zugeschrieben wird: „Die Vorteile [einer Ausgründung] sind im Prinzip finanzielle oder das ist jedenfalls die Zielsetzung. Und die konnten wir bisher auch erfüllen: einfach die Generierung zusätzlicher Erträge durch diese Aktivitäten.“ (Experte B), „Auch muss ein entsprechender Return dabei sein.“ (Experte F) und „Wenn es keine Schwächung der Wettbewerbsposition gibt, dann versucht man einen möglichst hohen finanziellen Return zu erzielen.“ (Experte H) Hinweis 12: Das finanzielle Potenzial einer Ausgründung kann einen Einflussfaktor auf die Ausgründungsentscheidung darstellen.
4.3 Hinweise zu Einflussfaktoren auf die Ausgründungsentscheidung
69
Die finanzielle Unterstützung einer Ausgründung wird nach Aussage der befragten Experten selten vom Inkubatorunternehmen alleine geleistet. Vielmehr werden externe Partner hinzugeholt, die einen Teil der finanziellen Unterstützungsleistung tragen: „Nun ging es darum, dass man Hilfestellung gegeben hat bei diesem Ausgründungsprozess. D.h. es wurden dann irgendwann mal Bewertungsfragen diskutiert. Auch Abwicklungsfragen wurden diskutiert. Es ging auch darum, wer denn tatsächlich von extern auch noch mit unterstützen kann. Sprich, wer kann von extern mitfinanzieren.“ (Experte D) Die Bedeutung einer verfügbaren Frühphasenfinanzierung betont Experte B: „Von der Marktseite ist es ganz klar so, dass wir grundsätzlich immer sehr frühe hochriskante Themen haben und da ist der Markt für early stage Finanzierungen natürlich ein bedeutender Faktor für uns. Sprich, kommen wir zu Frühphasenkapital, wenn wir ausgründen?“ Auch Experte F erwähnt die Einbindung von externen Investoren: „Und deshalb haben wir hier die entsprechenden Schritte in Diskussion mit VCs eingeleitet, um das weiter zu bringen. […] Also da muss man mit Venture CapitalGesellschaften sprechen, wie viel die dann wirklich von den Ideen aufnehmen und finanzieren.“ Die Ansicht, dass die Einbindung externer Investoren nicht nur finanzielle Vorteile bietet, vertritt Experte H: „Ein Start-up läuft Jo-Jo-mäßig: Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt. Und deshalb brauchen Sie einen kräftigen Investor, der auch sagt: ‚Komm, da gehen wir jetzt durch und machen einfach mal weiter‘.“ und fügt hinzu: „Wir haben uns überlegt: Wollen wir in dieses Geschäftsfeld einsteigen oder geben wir das lieber raus und versuchen mit Hilfe externer Investoren, die Erfahrung haben in diesem Markt, das Geschäft zu entwickeln?“ Hinweis 13: Die Anschubfinanzierung einer Ausgründung wird oftmals zusammen mit externen Finanzierungspartnern durchgeführt.
4.3.6 Weitere Faktoren Die Interviews zeigen noch eine Reihe weiterer Einflussfaktoren auf die Ausgründungsentscheidung auf. Eng mit den finanziellen Aspekten der Ausgründungsprüfung hängt der organisatorische Aufwand zusammen, den ein Inkubatorunternehmen leisten muss, um eine Ausgründung zu realisieren. Von mehreren Experten wird die Abwicklung einer Ausgründung als aufwendig beschrieben. So ist Experte F beispielsweise der Meinung, dass eine Ausgründung „durchaus eine komplexe Angelegenheit [ist], und das sollte man nur machen, wenn das Portfolio einfach zu groß ist, so dass man nicht alles intern finanzieren will“. Auch Experte A stellt fest: „Das ist eine ganze Menge Arbeit. Sie müssen Verhandlungen führen mit Venture Capital-Gesellschaften und so weiter und so fort.“ Experte D macht darauf aufmerksam, dass „das, was da an Cash reinkommt ja eigentlich relativ übersichtlich [ist] für so einen Konzern.
70
Kapitel 4: Explorative Untersuchung
Eigentlich ist die Abwicklung, die damit verbunden ist, fast teurer als das, was man damit am Anfang erwirtschaften kann“. Eine ähnliche Argumentation verfolgt auch Experte I. Hinweis 14: Der Abwicklungsaufwand einer Ausgründung kann einen Einflussfaktor auf die Ausgründungsentscheidung darstellen. Eine Voraussetzung für eine Ausgründung ist, dass der für das Projekt zuständige Geschäftsbereich dieses Projekt und das damit verbundene Know-how auch loslässt: „Das heißt der Bereich, der das früher gemacht hat oder der das früher finanziert hat, der muss das Thema auch dementsprechend loslassen können, [sonst] starten wir vernünftigerweise auch kein Ausgliederungsprojekt.“ (Experte B) Dieses Loslassen scheint in der unternehmerischen Praxis oft mit einiger Argumentationsarbeit verbunden zu sein: „In dem Fall, bei dem wir die Ausgründung gemacht haben, war letztendlich der schwierigste Part, mit dem verantwortlichen Geschäftsbereich eine Einigung zu finden.“ (Experte H) Dieser Einigungsprozess wird durch „zu viele politische Interessenslagen“ (Experte I) erschwert, wodurch es passieren kann, dass sich „dieser Ausgliederungsprozess ewig hinschleppt und man mit allen möglichen Prügeln zu rechnen hat, die einem irgendwo vor die Füße geworfen werden“ (Experte B). Hinweis 15: Eine Ausgründung kann nur erfolgen, wenn der Geschäftsbereich, der für das Innovationsprojekt unter Ausgründungsprüfung zuständig ist, dieses loslässt und der Knowhow-Abgabe zustimmt. In diesem Zusammenhang scheint in Unternehmen, in denen der Ausgründungsmechanismus wenig systematisch und nicht formalisiert verfolgt wird, die Existenz eines „Promotors“ eine Rolle zu spielen. Experte D betont, dass man, „wenn es um solche Spin-off-Prozesse geht, jemanden braucht im Unternehmen, der so etwas dann auch managen kann, weil sonst eine Organisation völlig damit überfordert ist“. Ein anderer Experte (Experte H) stellt fest: „[…] da brauchen Sie intern eben Leute, die sich dahinter klemmen und das durch die Organisation tragen.“ Hinweis 16: Die Existenz eines Promotors ist für einen erfolgreichen Ausgründungsprozess von Nutzen. Auf die Rolle externer Partner bei der direkten finanziellen Unterstützung einer Ausgründung wurde schon hingewiesen. Eine wichtige Rolle spielt das Hinzuziehen von externen Parteien jedoch auch im Zuge der Prüfung des Ausgründungspotenzials. So meint Experte D: „Man muss sich natürlich auch anschauen, wie das Team aussieht, wie die Technologie aussieht, was die Konditionen sind. Dann ist es natürlich immer sehr hilfreich, wenn man einen Externen mit hinzu bittet. Gerade bei Bewertungsfragen ist das sehr interessant. Weil natürlich intern immer gemutmaßt wird, dass das hier so eine Art Insider Deal ist. Wenn man einen Externen dabei hat, ist das at arm‘s length, also sprich zum Marktpreis. Und das ist dann für
4.4 Zwischenfazit
71
die Bewertung auch immer recht hilfreich.“ Experte E weist explizit auf die Bedeutung seines persönlichen Netzwerks in der Prüfung des Ausgründungspotenzials hin: „Und dann haben wir angedacht: Gut, ich habe das natürlich erst mal […] validiert in meinem Venture CapitalNetzwerk. Ich habe das ein paar Leute mal anschauen lassen, die eine Meinung dazu abgegeben haben. Die war positiv. Wir haben uns dann auch Experten vom Markt geholt, die eruiert haben, was da geschäftsmäßig drin ist.“ Und: „Wenn man dann aus seinem Netzwerk heraus kein positives Feedback bekommt, über die Technologie an sich und auch über das Marktpotenzial, dann würde ich da jetzt gar nicht mehr viel Arbeitszeit investieren.“ Hinweis 17: Im Rahmen der Ausgründungsprüfung nehmen externe Partner und das Netzwerk der mit der Prüfung betrauten Personen eine wichtige Rolle ein. Externe Partner helfen bei der Feststellung des Ausgründungspotenzials.
4.4 Zwischenfazit In diesem Kapitel wurden die Durchführung und die Ergebnisse der explorativen Studie präsentiert. Befragt wurden zehn Experten aus sieben etablierten Unternehmen in Deutschland, die alle in Ausgründungsprüfungen involviert waren. Die Ziele der Exploration umfassten in erster Linie die Ermittlung von Faktoren, welche die Entscheidungsfindung etablierter Unternehmen bei der Ausgründungsprüfung beeinflussen, um so die theoretischen Erkenntnisse aus Kapitel 3 zu konkretisieren, zu erweitern und eine zusätzliche Basis für die Ableitung des Entscheidungsmodells im nachfolgenden Kapitel 5 zu schaffen. Insgesamt konnten tiefe Einblicke in den Prozess der Ausgründungsprüfung gewonnen und 17 Hinweise formuliert werden, die insbesondere zeigen, dass Inkubatorunternehmen Entwicklungsindikatoren junger Unternehmen bei der Ausgründungsentscheidung berücksichtigen. So ist es nicht verwunderlich, dass die ermittelten Faktoren in ähnliche Kategorien zerfallen wie die identifizierten Entwicklungsindikatoren in Abschnitt 3.3.2. Die explorativ ermittelten Hinweise beziehen sich auf Faktoren, die mit unternehmensstrategischen Überlegungen, Eigenschaften des Gründerteams, des Absatzmarkts, der Technologie bzw. des Produkts und dem finanziellen Potenzial zusammenhängen. Eine zentrale Erkenntnis aus der Exploration ist, dass diese Faktoren durch die ausgeführten Theorieelemente reflektiert werden. Zusammengenommen bilden die bisherigen Erkenntnisse damit ein solides Fundament für die Formulierung eines empirisch überprüfbaren Modells im nachfolgenden Kapitel.
5 Theoretisches Modell, Hypothesen und Grundlagen der Hypothesenprüfung Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln ein theoretischer Bezugsrahmen konstruiert (Kapitel 3) und eine Exploration des Untersuchungsgegenstands durchgeführt wurde (Kapitel 4), wird in diesem Kapitel ein theoretisches Modell der Ausgründungsentscheidung gebildet (Abschnitt 5.1) und der weitere quantitativ-empirische Untersuchungsgang zur statistischen Überprüfung dieses Modells vorgestellt (Abschnitt 5.2).
5.1 Modell der Ausgründungsentscheidung In diesem Abschnitt soll über eine Verdichtung der theoretisch und explorativ-empirisch gewonnenen Erkenntnisse zum Verhalten etablierter Unternehmen bei Ausgründungsentscheidungen ein auf Hypothesen gestütztes Entscheidungsmodell hergeleitet werden. Dazu werden unter Rückgriff auf den theoretischen Bezugsrahmen theoriegeleitete Argumente durch empirischen Indizien ergänzt und diskutiert.
5.1.1 Hypothesenbildung Die erste vorgestellte Hypothese gründet auf der ressourcenbasierten Perspektive wie sie in Abschnitt 3.1 synoptisch vorgestellt wurde. Sie führt die in der Exploration als relevanter Einflussfaktor identifizierte interne Verwertbarkeit eines Innovationsprojekts318 und somit dessen Ausgründungswahrscheinlichkeit auf die Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen zurück. Innovationsprojekte besitzen für das Inkubatorunternehmen per definitionem einen gewissen Neuigkeitsgrad.319 Dieser besteht aufgrund der projektspezifischen technologischen sowie marktbezogenen Ressourcen, die das Projekt im Entwicklungsverlauf kontinuierlich akkumuliert. Diese Kombination aus spezifischen Ressourcen eröffnet dem Inkubatorunternehmen die Möglichkeit zur weiteren Diversifizierung in Richtung der Aktivitäten des Innovationsprojekts. Um die Produktneuheit des Innovationsprojekts erfolgreich in den Markt einführen zu können (und sich somit zu diversifizieren), benötigt das Unternehmen zusätzlich zu den spezifischen Projektressourcen jedoch verschiedene komplementäre Ressourcen, welche z.B. die Herstellung des Produkts oder dessen Vertrieb ermöglichen. Außerdem sind zur Koordination und Durchführung des Kommerzialisierungsprozesses Zeit und Aufmerksamkeit des Mana-
318 319
Vgl. Abschnitt 4.3.1. Vgl. Söndgerath (2002, 9).
74
Kapitel 5: Theoretisches Modell, Hypothesen und Grundlagen der Hypothesenprüfung
gements erforderlich.320 Die Bedeutung dieses Ressourcentypus der komplementären Ressourcen für die Prognose der Diversifikationsrichtung etablierter Unternehmen wurde in Abschnitt 3.1 aufgezeigt. So stellt Teece fest: “[…] the design for a new automobile is of little value absent access to manufacturing and distribution facilities.”321 Wenn das Inkubatorunternehmen zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung diese benötigten Ressourcen nicht verfügbar hält, bestehen nur wenige oder gar keine Synergien zwischen der Ressourcenbasis des Unternehmens und den Ressourcen des Innovationsprojekts. In der Rhetorik der ressourcenbasierten Perspektive bedeutet dies, dass nicht alle der benötigten komplementären Ressourcen in einer solchen Überkapazität vorliegen wie die im Innovationsprojekt akkumulierten Ressourcen. Das Unternehmen hat nun die Möglichkeit die fehlenden Ressourcen aufzubauen oder existierende Ressourcen entsprechend zu adaptieren bzw. zu kombinieren. Beide Vorgehen erfordern Investitionen und verursachen Kosten.322 Neben direkt monetär erfassbaren Kosten, die beispielsweise für die Anschaffung neuer Produktionsanlagen anfallen, entstehen auch implizite Koordinationskosten, da bestehende Prozesse und Ressourcen mit den neu erworbenen in Einklang gebracht werden müssen. Um diese zu integrieren müssen Manager bestehende Ressourcenflüsse anpassen und neue Prozesse implementieren.323 Genauso müssen die neuen Ressourcen selbst an den spezifischen Kontext im Unternehmen angepasst werden. Dies kann die Konfiguration von Maschinen beinhalten aber auch die Schulung von neuen Angestellten. Lichtenberg zeigt in diesem Zusammenhang, dass Investitionen in zusätzliche Ressourcen höhere Kosten verursachen als die Erneuerung bestehender, da mit erstgenannten umfangreichere Anpassungen der existierenden Ressourcen und Prozesse einhergehen.324 Der Umfang an erforderlichen Investitionen wird durch die Menge der komplementären Ressourcen bestimmt, die zur Kommerzialisierung des Innovationsprojekts notwendig, im Inkubatorunternehmen aber nicht verfügbar sind. Je mehr solcher Komplementaritäten fehlen, desto höher sind die Investitionen, welche das Inkubatorunternehmen tätigen muss, um eine Kommerzialisierung zu ermöglichen. Diese Kosten können einen limitierenden Faktor für die Aufnahme oder Fortsetzung von Kommerzialisierungsaktivitäten darstellen. Wie Parhankangas feststellt, ist die Höhe solcher Investitionen in komplementäre Ressourcen einer der stärksten Faktoren, die auf die Entscheidung zur Weiterführung eines Projekts wir-
320 321 322 323 324
Vgl. Teece (1986). Vgl. Teece (1998, 72). Vgl. Roberts/McEvily (2005, 52). Vgl. Adler/Clark (1991, 271). Vgl. Lichtenberg (1988, 425).
5.1 Modell der Ausgründungsentscheidung
75
ken.325 Aus ressourcenbasierter Perspektive wird die interne Verwertbarkeit durch die Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen bestimmt. Ein Mangel an vom Innovationsprojekt benötigten Kommerzialisierungsressourcen beschränkt dessen interne Verwertbarkeit.326 Vor dem Hintergrund des hier betrachteten Ausgründungsverhaltens etablierter Unternehmen führt dies zu der Vermutung, dass ein Innovationsprojekt eher intern verwertet wird, wenn geeignete komplementäre Ressourcen zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung verfügbar sind. Analog dazu kann vermutet werden, dass die Loslösung eines Innovationsprojekts vom Inkubatorunternehmen durch eine Situation, in der kaum ressourcenbezogene Synergien zwischen Projekt und Inkubatorunternehmen zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung vorliegen, begünstigt wird. Da eine nachhaltig erfolgreiche Kommerzialisierung des Innovationsprojekts voraussetzt, dass das Unternehmen sowohl technologische Ressourcen (um das Produkt herzustellen und weiterzuentwickeln) als auch marktbezogene bzw. kaufmännische Ressourcen (um die Zielkundengruppen zu bedienen) vorhält,327 werden folgende Hypothesen formuliert: H1a: Je höher die Verfügbarkeit komplementärer technologischer Ressourcen, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Inkubatorunternehmen das Projekt intern weiterführt. H1b
Je höher die Verfügbarkeit komplementärer kaufmännischer Ressourcen, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Inkubatorunternehmen das Projekt intern weiterführt.
Wie diskutiert, verursacht der Aufbau fehlender Ressourcen Kosten, welche einen limitierenden Faktor für Kommerzialisierungsaktivitäten darstellen können. Dennoch könnte ein Inkubatorunternehmen bereit sein, diese Investitionen zu leisten, wenn das Innovationsprojekt in die zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung bestehende Geschäftsstrategie passt. Ob dies tatsächlich der Fall ist, wird möglicherweise erst während der Prüfungsphase festgestellt.328 Durch die ressourcenbasierte Linse betrachtet, unterstützt ein Innovationsprojekt die Geschäftsstrategie dann, wenn es die bestehenden Ressourcenströme zum Inkubatorunternehmen unterstützt, seine Ressourcen also zur Umsetzung der Strategie beitragen bzw. das Inkubatorunternehmen auf die Ressourcen des Projekts angewiesen ist.329 Die Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt Unterstützung des Top-
325 326 327 328
329
Vgl. Parhankangas (1999, 41). Vgl. Zirger/Maidique (1990, 878). Vgl. Dougherty (1992), Danneels/Kleinschmidt (2001, 361). So haben die Experteninterviews Abschnitt 4.3.1 gezeigt, dass in der Prüfungsphase i.d.R. detailliert evaluiert wird, ob das Innovationsprojekt in einen (anderen) Geschäftsbereich transferierbar oder eine Geschäftsfelderweiterung sinnvoll ist. Vgl. Tukiainen (2004, 35).
76
Kapitel 5: Theoretisches Modell, Hypothesen und Grundlagen der Hypothesenprüfung
Managements findet: „Projects that are consistent with the strategy are likely to receive the most support from top management. […] If the selected projects are consistent with the business’ strategic focus, they are likely to receive support and guidance through critical phases.”330 Mehrere Studien belegen, dass diese Unterstützung ein starker Indikator für das Überleben von Innovationsprojekten innerhalb eines Unternehmens ist. Tukiainen zeigt in einer Untersuchung von 37 Innovationsprojekten europäischer Telekommunikationsgerätehersteller diesen Zusammenhang zwischen Strategiekompatibilität, Managementunterstützung und Überleben von Projekten auf: Je besser ein Projekt zur Strategie des Unternehmens passt, desto stärker ist die Managementunterstützung für dieses Projekt.331 Brown/Eisenhardt stellen fest, dass die Bereitstellung von finanziellen Ressourcen für die Weiterentwicklung eines Projekts stark von der Managementunterstützung abhängt.332 Kumar et al. identifizieren “the extent to which the project objectives fit into the organization’s global corporate strategy […]”333 als wichtigsten Bestimmungsfaktor für das Überleben eines Projekts in der frühen Produktentwicklungsphase. Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommen auch Carbonell et al. in einer Untersuchung von Abbruchkriterien in Produktentwicklungsprojekten.334 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine bestehende Kompatibilität des Innovationsprojekts mit der Geschäftsstrategie zu einer Bereitschaft des Inkubatorunternehmens führen kann, die vom Projekt benötigten Ressourcen entsprechend zu allokieren bzw. aufzubauen. Ist diese Kompatibilität jedoch nicht vorhanden, so wird das Management auch keine entsprechenden Investitionen tätigen wollen und einer Ausgründung deshalb positiver gegenüberstehen. Diese Argumentation führt zu folgender Hypothese: H2: Je höher die Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie, desto weniger wahrscheinlich ist eine Ausgründungsunterstützung.
Nach der Betrachtung von Faktoren, welche die interne Verwertbarkeit eines Innovationsprojekts beeinflussen, wendet sich die Analyse im Folgenden der Frage zu, unter welchen Umständen eine Ausgründung zur Schwächung des Inkubatorunternehmens beitragen kann. Die befragten Experten haben diesen Aspekt als wichtiges Element der Ausgründungsprüfung herausgestellt.335 Als theoretische Perspektive wird hierfür das in Abschnitt 3.2 vorgestellte
330 331 332 333 334 335
Vgl. Suomala/Jokioinen (2001, 12). Vgl. Tukiainen (2004, 36). Vgl. Brown/Eisenhardt (1995, 371). Vgl. Kumar et al. (1996, 279). Vgl. Carbonell et al. (2004, 84). Vgl. die Hinweise 4 und 5 der Experteninterviews in Abschnitt 4.3.1.
5.1 Modell der Ausgründungsentscheidung
77
Konzept der Kannibalisierung herangezogen. Kannibalisierungseffekte, die durch neuartige Aktivitäten entstehen können, beeinflussen das Innovationsverhalten von etablierten Unternehmen: Eine relativ umfangreiche empirische Evidenz deutet darauf hin, dass Unternehmen Abstand davon nehmen, Produktneuheiten zu kommerzialisieren, die das Potenzial haben, bestehendes Geschäft zu kannibalisieren. In Anlehnung an diese Denkschule, wird an dieser Stelle vermutet, dass es insbesondere die Antizipation von Kannibalisierungseffekten ist, die Einfluss auf das Verhalten von Unternehmen im Zuge von Ausgründungsaktivitäten nimmt. Eine Ausgründung agiert als neue ökonomische Entität auf einem Produktmarkt und tritt so u.U. in eine Wettbewerbsbeziehung mit ihrem Inkubatorunternehmen. Eine Kannibalisierung liegt dann vor, wenn durch neue marktliche Aktivitäten Erlösströme, die durch bereits eingeführte oder geplante Produkte (in Zukunft) erzielt werden, negativ beeinflusst, d.h. verringert, werden. Das neu gegründete Unternehmen kann so, zumindest kurzfristig, das Inkubatorunternehmen durch seine Aktivitäten schwächen. Im Rahmen der Ausgründungsprüfung wird das Inkubatorunternehmen mögliche Wettbewerbsimplikationen prüfen und im Falle einer Kannibalisierungsgefahr der Ausgründung ablehnend gegenüberstehen. Dieser vermutete Zusammenhang ist in nachfolgender Hypothese festgehalten: H3: Je höher die antizipierte Gefahr einer Kannibalisierung von bestehenden oder geplanten Geschäftsaktivitäten, desto weniger wahrscheinlich ist eine Ausgründungsunterstützung.
Die bislang aufgestellten Hypothesen zum Entscheidungsverhalten erfassen die vermuteten Einflüsse der Integrationsfähigkeit eines Projekts in unternehmensinterne Aktivitäten und die durch eine Ausgründung bedingten Implikationen für das Geschäft des Inkubatorunternehmens. Im Folgenden wird argumentiert, dass ein Inkubatorunternehmen eher bereit ist, die im Rahmen einer Ausgründungsunterstützung entstehenden Mühen und Kosten zu tragen, wenn der Ausgründung ein gewisses Erfolgspotenzial zugesprochen werden kann. Dieses Erfolgspotenzial kann den Befürwortern der Ausgründungsoption als tragendes Argument dienen. Dies gilt umso mehr, wenn das Inkubatorunternehmen eine Unterstützung von zukünftigen Rückflüssen abhängig macht. Als theoretische Fundierung der nachfolgenden Hypothesen werden die in Abschnitt 3.3 identifizierten Indikatoren des Entwicklungspotenzials junger Unternehmen komplementiert durch die in Abschnitt 4.3 empirisch ermittelten Hinweise aus den Experteninterviews herangezogen. Die Analyse dieser Indikatoren hat die besondere Bedeutung des Gründerteams für den Geschäftserfolg aufgezeigt. Mit seinen Fähigkeiten und seinem Wissen bildet jeder der Gründer die Basis zur Umsetzung des Geschäftskonzepts einer Neugründung. Neben unternehmeri-
78
Kapitel 5: Theoretisches Modell, Hypothesen und Grundlagen der Hypothesenprüfung
scher Erfahrung stellen technologische und kaufmännische Fähigkeiten wichtige erfolgsrelevante Kompetenzkategorien dar. Eine große Rolle spielt die Zusammensetzung des Teams.336 Die Gründung und Entwicklung eines neuen Unternehmens ist eine komplexe, anspruchsvolle Aufgabe und eine Einzelperson kann in der Regel nicht alle Schlüsselqualifikationen hinreichend abdecken. Gerade bei Ausgründungen aus etablierten Unternehmen scheint dieser Aspekt von hoher Relevanz zu sein. Anekdotische Evidenz zeigt, dass der Gründungsnukleus oft aus F&E-Abteilungen stammt.337 Die meisten Wissenschaftler und Entwickler besitzen zwar profunde technologische Kenntnisse, haben aber wenig Erfahrung in kaufmännischen Bereichen. Damit sich eine Ausgründung erfolgreich entwickeln kann, müssen Kompetenzlücken im Rahmen des Gründungsprozesses nach Möglichkeit geschlossen werden. Die Ergebnisse der explorativen Studie bestärken diese Auffassung über die Wichtigkeit einer geeigneten fachlichen Zusammenstellung des Gründerteams. Während technologische Kompetenzen, die idealerweise direkt aus der Entwicklung des Kernprodukts einer potentiellen Ausgründung stammen, für eine effiziente Weiterentwicklung des Produkts notwendig sind, werden kaufmännische Kompetenzen im Rahmen der Geschäftsentwicklung und Markteinführung des Produkts relevant. Aufgrund dieser Zusammenhänge scheint die Vermutung gerechtfertigt zu sein, dass ein Inkubatorunternehmen eine Ausgründung eher unterstützen wird, wenn es dem Gründerteam (insbesondere gemeinsam mit dem Inkubatorunternehmen) gelingt, fehlende Kompetenzen zu ergänzen, um so bezüglich der vertretenen Kompetenzen ein möglichst vollständiges Team zu bilden. Diese Vermutung kann in folgende Hypothesen überführt werden: H4a: Eine Ausgründungsunterstützung ist umso wahrscheinlicher, je mehr umfassende, für die Ausgründung relevante technologische Kompetenzen im Gründerteam vorhanden sind. H4b
Eine Ausgründungsunterstützung ist umso wahrscheinlicher, je mehr umfassende, für die Ausgründung relevante kaufmännische Kompetenzen im Gründerteam vorhanden sind.
Neben den Eigenschaften und der Zusammensetzung des Gründerteams, bestimmen verschiedene Charakteristika des Zielmarkts das Entwicklungspotenzial einer Ausgründung. Aus dem herangezogenen Bezugsrahmen zur Analyse der Entwicklungsindikatoren junger Unterneh-
336 337
Vgl. Johnson (1979), MacMillan et al. (1985), Robinson (1987), Franke et al. (2008). Vgl. Gassmann et al. (2003, 24). Dies konnte auch im Rahmen der hier durchgeführten Experteninterviews bestätigt werden. So meint Experte G etwa: „[…] es kommen halt doch viele Ideen eigentlich aus dem R&DUmfeld“.
5.1 Modell der Ausgründungsentscheidung
79
men lassen sich, wie in Abschnitt 3.3.2 ausgeführt, das Wachstum des Markts, Eintrittsbarrieren für Wettbewerber sowie die Reife des Markts als bestimmende Indikatoren ableiten.338 In den Experteninterviews konnten das Marktwachstum sowie die Marktgröße als wichtige Faktoren im Entscheidungsprozess identifiziert werden.339 Zusammengefasst scheinen somit das Marktwachstum, die Marktgröße sowie der Wettbewerb relevante Größen im Rahmen der Ausgründungsentscheidung zu sein. Die Ausprägungen dieser Markteigenschaften lassen sich unter Rückgriff auf die Kategorisierung von Eisenhardt/Schoonhoven auf drei Entwicklungsphasen eines Markts abbilden:340 Ein Markt kann sich in der Entstehungsphase, in der Wachstumsphase oder in der Reifephase befinden, wobei jede Phase durch eine spezifische Ausprägung der genannten Markteigenschaften charakterisiert ist.341 Diese Phasen werden in der vorliegenden Arbeit als Reifegrad eines Markts interpretiert. Eisenhardt und Schoonhoven beschreiben die einzelnen Phasen wie folgt: Märkte in der Entstehungsphase sind gekennzeichnet durch eine geringe Nachfrage und hohe Unsicherheit. Da entsprechende Produkte für potentielle Kunden gänzlich neu sind, gibt es noch keinen Beleg für die Tragkraft des Markts. Auch sind Absatzkanäle kaum ausgebaut. Wachstumsmärkte zeichnen sich durch eine hohe Wachstumsrate aus. In diesen Märkten sind sich Kunden ihrer Bedürfnisse bewusst und schätzen die Vorteile neuer Produkte. Gleichzeitig ändert sich die Wettbewerbsstruktur, was neue Geschäftsmöglichkeiten zulässt. Märkte in der Reifephase sind große Märkte mit stagnierender oder nur langsam wachsender Nachfrage. Die Wettbewerbsstruktur ist stabil und neue Produkte sind meist evolutionärer und nicht revolutionärer Natur. Vergleicht man diese Reifegrade, so scheinen Märkte in der Wachstumsphase ein hohes Entwicklungspotenzial für Ausgründungen zu bieten, während Märkte in der Reifephase wachstumslimitierende Eigenschaften aufweisen. Märkte in der Entstehungsphase haben zwar ein hohes Potenzial, sind aber auch durch ein hohes Risiko gekennzeichnet. So argumentiert beispielsweise Maselli, dass sich Märkte in der Entstehungsphase durch vermehrte Ausgründungen auszeichnen, da sie durch umfangreiche Marktnischen und Informationsvorsprünge der wirtschaftlichen Akteure gekennzeichnet sind.342 Tübke kann empirisch belegen, dass Ausgründungen in Märkten aktiv werden, die ein stärkeres Wachstum und höheres Risiko aufwei-
338 339 340 341 342
Vgl. Tyebjee/Bruno (1984), MacMillan et al. (1985), Muzyka et al. (1996), Shepherd (1999). Vgl. Abschnitt 4.3.3. Vgl. Eisenhardt/Schoonhoven (1990, 506f.). Eisenhardt/Schoonhoven (1990, 506f.) sprechen hier von „emergent markets“, „growth markets“ und „mature markets“. Vgl. Maselli (1997, 273).
80
Kapitel 5: Theoretisches Modell, Hypothesen und Grundlagen der Hypothesenprüfung
sen als jene Märkte, in denen ihre Mutterunternehmen aktiv sind.343 Dies lässt folgende Hypothesen zu: H5a: Eine Ausgründungsunterstützung ist wahrscheinlicher für ein Innovationsprojekt, dessen Zielmarkt sich in der Wachstumsphase anstatt in der Entstehungsphase befindet. H5b: Eine Ausgründungsunterstützung ist wahrscheinlicher für ein Innovationsprojekt, dessen Zielmarkt sich in der Wachstumsphase anstatt in der Reifephase befindet. H5c: Eine Ausgründungsunterstützung ist wahrscheinlicher für ein Innovationsprojekt, dessen Zielmarkt sich in der Entstehungsphase anstatt in der Reifephase befindet.
Weitere Indikatoren für ein hohes Entwicklungspotenzial eines jungen Unternehmens stellen Eigenschaften des von ihm angebotenen Produkts dar.344 Die Kombination aus einer gewissen Differenzierung zu bestehenden Produkten und der Befriedigung dringender Kundenbedürfnisse scheint hier bestimmend zu sein. Ein Zusammenhang zwischen Produktdifferenzierung bzw. Produktinnovativität und Produkterfolg wurde in mehreren empirischen Studien nachgewiesen.345 Während Unternehmen im Laufe ihrer Entwicklung ganze Produktportfolien aufspannen, fußt ihre Gründung i.d.R. auf einem spezifischen Angebot am Markt. Der Erfolg dieses initialen Produkts kann für die weitere Entwicklung des jungen Unternehmens von großer Bedeutung sein. Auch die Experteninterviews zeigen die Relevanz von produktbezogenen Projekteigenschaften bei der Ausgründungsprüfung auf, wobei von den Gesprächspartnern der Neuigkeitswert und die Attraktivität für potentielle Kundengruppen hervorgehoben werden.346 Wenn sich das Produktangebot eines Ausgründungsvorhabens in ausreichendem Maße von anderen Produkten am Zielmarkt differenziert sowie einen hohen Kundennutzen besitzt, kann dies ein Anhaltspunkt für eine erfolgreiche Entwicklung der Ausgründung sein. Zusammenfassend kann hier von der Überlegenheit eines Produkts gegenüber anderen Produkten gesprochen werden. So weist ein neues Produkt insbesondere dann eine hohe Überlegenheit auf, wenn es bedeutende Neuerungen zu existierenden Produkten einführt, d.h. sich differenziert, und wertvolle Lösungen ermöglicht, die bestehende Produkte nicht bieten. Ge-
343 344 345 346
Vgl. Tübke (2005, 131). Vgl. Tyebjee (1984), Rea (1989), Bachher/Guild (1996), Muzyka et al. (1996) sowie die Ausführungen in Abschnitt 3.3.2. Vgl. Henard (2001, 369f.), Lee/O‘Connor (2003, 17f.), Langerak et al. (2004, 89), Montoya-Weiss/Calantone (1994, 397ff.), Wriggers (2005, 211). Vgl. Abschnitt 4.3.4.
5.1 Modell der Ausgründungsentscheidung
81
mäß der getroffenen Annahme, dass ein Inkubatorunternehmen bevorzugt jene Ausgründungsoptionen wahrnimmt, die mit einem gewissen Erfolgspotenzial einhergehen, lässt sich folgende Hypothese formulieren: H6: Eine Ausgründungsunterstützung ist umso wahrscheinlicher, je höher die Überlegenheit des Kernprodukts des Projekts gegenüber anderen Produkten am Zielmarkt ist.
Neben den diskutierten Faktoren, die sich allesamt direkt auf das Entwicklungspotenzial einer möglichen Ausgründung beziehen, haben die Expertengespräche mit dem Abwicklungsaufwand einer Ausgründung einen weiteren vermutlich relevanten Einflussfaktor auf die Ausgründungsentscheidung aufgezeigt.347 Stellt man die Aussage von Experte A, dass „das eine ganze Menge Arbeit [ist]. Sie müssen Verhandlungen führen mit Venture CapitalGesellschaften und so weiter und so fort“ der Aussage „das, was da an Cash reinkommt, [ist] ja eigentlich relativ übersichtlich für so einen Konzern. Eigentlich ist die Abwicklung, die damit verbunden ist, fast teurer als das, was man damit am Anfang erwirtschaften kann“ von Experte D gegenüber, so wird deutlich, dass insbesondere das Verhältnis des antizipierten finanziellen Benefit für das Inkubatorunternehmen zum erforderlichen Abwicklungsaufwand für die Realisierung einer Ausgründung auf Seiten des Inkubatorunternehmens einen Einfluss auf die Ausgründungsentscheidung haben kann. Diese Vermutung wird in folgende Hypothese gefasst: H7: Eine Ausgründungsunterstützung ist wahrscheinlicher, wenn ein im Vergleich zum erforderlichen Abwicklungsaufwand hoher finanzieller Benefit vom Inkubatorunternehmen antizipiert wird.
347
Vgl. die Abschnitte 4.3.5 und 4.3.6.
82
Kapitel 5: Theoretisches Modell, Hypothesen und Grundlagen der Hypothesenprüfung
5.1.2 Zusammenfassende Darstellung Die im letzten Abschnitt artikulierten Hypothesen lassen sich wie in Abbildung 5.1 visualisieren. Dieses theoretische Modell dient als konzeptionelle Basis des weiteren Untersuchungsgangs.
Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen
techn.
H1a: Entscheidung: interne Weiterführung (+)
kaufm.
H1b: Entscheidung: interne Weiterführung (+)
H2: Entscheidung: Ausgründung (-)
Kannibalisierungsgefahr
H3: Entscheidung: Ausgründung (-)
Verfügbarkeit geeignetes Gründerteam
techn.
H4a: Entscheidung: Ausgründung (+)
kaufm.
H4b: Entscheidung: Ausgründung (+) H5a: Entscheidung: Ausgründung (+) bei Wachstumsphase (vs. Entstehungsphase)
Reife des Zielmarkts
H5b: Entscheidung: Ausgründung (+) bei Wachstumsphase (vs. Reifephase)
Ergebnis der Ausgründungsentscheidung
Kompatibilität mit Geschäftsstrategie
H5c: Entscheidung: Ausgründung (+) bei Entstehungsphase (vs. Reifephase)
Produktüberlegenheit
H6: Entscheidung: Ausgründung (+)
Verhältnis Benefit / Aufwand
H7: Entscheidung: Ausgründung (+)
Abbildung 5.1: Theoretisches Modell der Ausgründungsentscheidung
5.2 Grundlagen der quantitativen empirischen Analyse In diesem Abschnitt werden die Grundlagen des weiteren Analysegangs zur Überprüfung des aus der theoretischen Diskussion und aus empirischen Hinweisen abgeleiteten Modells ausgeführt. Nach einer Darstellung von Ziel und Konzeption des Untersuchungsgangs und einer synoptischen Charakterisierung der zur weiteren Beantwortung der Forschungsfragen durchgeführten Studien in Abschnitt 5.2.1, wird in Abschnitt 5.2.2 die Bildung der Stichproben beschrieben, welche diesen Studien zugrunde liegen.
5.2 Grundlagen der quantitativen empirischen Analyse
83
5.2.1 Ziele und Konzeption des Analysegangs Im Mittelpunkt einer jeden quantitativen Forschungsstrategie steht der Begründungszusammenhang wissenschaftlicher Hypothesen. Eine qualitative Forschungsstrategie gewichtet den Entdeckungszusammenhang stärker.348 Während mit der qualitativen Exploration in Kapitel 4 das Ziel verfolgt wurde, ein erstes grundlegendes Verständnis für das Entscheidungsverhalten von etablierten Unternehmen bei Ausgründungsprüfungen zu schaffen (Entdeckungszusammenhang), bestehen die zentralen Ziele des nachfolgenden Analysegangs darin, dieses Entscheidungsverhalten hypothesenprüfend zu untersuchen und weitere vertiefende Einblicke in das Ausgründungsphänomen zu gewinnen. Die dadurch ermittelten Ergebnisse sollen eine Klärung der formulierten Forschungsfragen ermöglichen. Aufgrund des konfirmatorischen Charakters des angestrebten Erkenntnisgewinns wird eine quantitative Analysestrategie umgesetzt. Die verfolgte Strategie zeichnet sich durch einen bewussten Methodenpluralismus aus: Die Analyse stützt sich auf eine nebenläufige Anwendung verschiedener quantitativ-empirischer Methoden sowie auf verschiedene Datenquellen. Damit wird die Arbeit auf ein breites empirisches Fundament gestellt. In der Wissenschaftstheorie wird ein solches Vorgehen auch als Triangulation bezeichnet.349 Die Wahl einer derartigen Forschungskonzeption für diese Arbeit zielt auf eine Absicherung und Festigung der ermittelten Ergebnisse ab um eine Steigerung der Validität zu erreichen. Außerdem ermöglichen die unterschiedlichen Perspektiven auf den Untersuchungsgegenstand eine differenziertere Gewichtung verschiedener Aspekte der zu untersuchenden Forschungsfragen vorzunehmen als dies mit der Beschränkung auf eine einzelne Methode möglich wäre.350 Das Verhalten etablierter Unternehmen im Entscheidungsfall wird zunächst experimentell durch ein Entscheidungsexperiment mit Entscheidungsträgern in Inkubatorunternehmen untersucht (Kapitel 6). Zusätzlich wird in einer umfangreichen Studie eine Erfassung und ex post-Analyse realer Fälle vorgenommen (Kapitel 7). Ein kritischer Vergleich der jeweiligen
348
349 350
Die Unterscheidung von Entdeckungs- und Begründungszusammenhang wissenschaftlicher Hypothesen geht zurück auf den Kritischen Rationalismus des Wissenschaftstheoretikers Karl Popper. Für Popper ist es unerheblich wie Theorien entwickelt werden, da der Entdeckungszusammenhang weder logisch rekonstruierbar ist noch sein muss: Eine Theorie könne bspw. durch puren kreativen Einfall entstehen bzw. „entdeckt“ werden. Erkenntnislogisch wichtig sei vielmehr der Begründungszusammenhang, also wie aufgestellte Theorien überprüft werden. Vgl. dazu die Ausführungen bei Keuth (1998, 27ff.). Vgl. u.a. Janiseck (1994, 214f.), Flick (2008, 11ff.). An dieser Stelle ist anzumerken, dass sich die triangulatorische Ausrichtung der vorliegenden Arbeit nicht allein auf den Methodenpluralismus im quantitativen Untersuchungsteil bezieht. Vielmehr koppelt die Arbeit die beiden großen Forschungsstrategien der empirischen Sozialforschung, die qualitative und quantitative Forschung, indem sowohl qualitative Experteninterviews als auch quantitative Verfahren eingesetzt werden.
84
Kapitel 5: Theoretisches Modell, Hypothesen und Grundlagen der Hypothesenprüfung
Ergebnisse soll Divergenzen aufdecken und in eine finale Ergebnissynthese münden. Diese Forschungskonzeption ist in nachfolgender Abbildung 5.2 visualisiert.
-
-
-
Kapitel 5: Modell der Ausgründungsentscheidung Herleitung eines auf Hypothesen gestützten Entscheidungsmodells Grundlagen der quantitativen empirischen Analyse zur Überprüfung des Modells
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment Erfassung des Entscheidungsverhaltens in einem quasi-Experiment
-
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld Ex post-Erfassung realer historischer Entscheidungssituationen
Kapitel 8: Synthese und Schlussbetrachtung Zusammenfassung der Arbeit und vergleichende Beurteilung der Befunde Beitrag und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis Restriktionen der Arbeit und Aufruf zu weiteren Forschungsaktivitäten
Abbildung 5.2: Forschungskonzeption des quantitativen Analyseteils
5.2.2 Grundgesamtheit und Stichprobenbildung Das Untersuchungsobjekt dieser Arbeit ist der einzelne Entscheidungsfall, welcher in Form des Innovationsprojekts unter Ausgründungsprüfung vorliegt. Die in der ex postUntersuchung angestrebte Grundgesamtheit entspricht daher der Menge aller Innovationsprojekte in etablierten Unternehmen, welcher einer solche Prüfung unterzogen wurden und der im Nachfolgenden erörterten Definition entsprechen. Die angestrebte Grundgesamtheit der entscheidungsexperimentellen Untersuchung entspricht jenen Personen in den Unternehmen, die als Entscheidungsträger an derartigen Ausgründungsprüfungen beteiligt waren. Aufgrund der Vielschichtigkeit des Ausgründungsphänomens und des spezifischen Erkenntnisinteresses dieser Studie ist es sinnvoll und notwendig, die Grundgesamtheit über eine kriteriengeleitete Definition des Betrachtungsgegenstands klar einzugrenzen. Die Entscheidungsfälle müssen mehreren ungewichteten Kriterien genügen, die in Abschnitt 1.3 vorgestellt wurden und sich wie folgt zusammenfassen lassen: -
Bei dem Entscheidungsfall handelt es sich um ein originäres Ausgründungsvorhaben,
-
das auf Technologien des Inkubatorunternehmens basiert
-
und bei dessen Ausgründung das Gründerteam Kapitalanteile halten würde.
-
Die Gründung von Tochterunternehmen ist aus der Betrachtung ausgeschlossen.
5.2 Grundlagen der quantitativen empirischen Analyse
85
Vor der Durchführung einer Erhebung ist die grundsätzliche Frage zu klären, ob die Untersuchung branchenübergreifend oder branchenspezifisch erfolgen soll. Da im Mittelpunkt des Interesses prinzipiell all diejenigen Entscheidungsfälle stehen, welche die artikulierten Kriterien erfüllen, erscheint eine explizite Eingrenzung auf bestimmte Branchen wenig sinnvoll. Um die Fallzahl zu steigern, wurde die Untersuchung für die Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz durchgeführt. Die so definierte Grundgesamtheit wird angestrebt, ist jedoch unbekannt. Nach Kenntnis des Autors existieren keine Verzeichnisse bzw. frühere systematische Erfassungsversuche entsprechender Innovationsprojekte. Aus den Experteninterviews muss geschlossen werden, dass selbst die meisten Inkubatorunternehmen keinen präzisen historischen Überblick über solche Fälle vorhalten. Diese Tatsache machte den Aufbau einer eigenen Datenbank durch die Identifikation geeigneter Untersuchungsfälle notwendig, welcher sich äußerst herausfordernd und zeitintensiv gestaltete. Mit dem Ziel einer möglichst guten Approximation der unbekannten Grundgesamtheit durch die Stichprobe wurde im Zeitraum zwischen Januar und Juli 2008 eine Identifikationsstrategie verfolgt, die auf umfassenden Analysen verschiedener Quellen aufbaut und durch ein iteratives Vorgehen gekennzeichnet ist. Die Bildung der Stichproben der beiden quantitativen Untersuchungen geschah dabei simultan. Im Folgenden wird das Vorgehen bei der Identifizierung von Entscheidungsfällen (Stichprobe: ex post-Studie) sowie Entscheidungsträgern (Stichprobe: Entscheidungsexperiment) skizziert. 1. Identifikation in forschungsstarken Unternehmen. Unter der Annahme, dass Ausgründungsprüfungen technologiebasierter Innovationsprojekte bevorzugt in etablierten Unternehmen auftreten, die einen starken F&E-Bereich unterhalten, wurden systematisch forschungsstarke Unternehmen kontaktiert.351 Angesprochen wurden dabei Vertreter von Corporate Venture Capital-Einheiten, Inkubatoren, Lizenz- und Patentierungsabteilungen sowie zentrale F&E-Abteilungen. Die Identifikation von Ansprechpartnern erfolgte i.d.R. über das persönliche Netzwerk des Autors, über das internetbasierte Business-Netzwerk XING, über persönliche Weiterempfehlungen oder auf Basis von Hinweisen aus den nachfolgenden Quellen. 2. Recherche in kommerziellen Datenbanken. Ausgründungen von Großunternehmen in den untersuchten Ländern wurden auch in der Datenbank LexisNexis recherchiert. Als zusätzliche Datenquelle diente das Firmendatenverzeichnis MoneyHouse.
351
Die entsprechenden Unternehmen wurden auf Basis von Patentstatistiken für das Jahr 2007 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA), des österreichischen Patentamts, des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) sowie anhand des 2007 EU Industrial R&D Investment Scoreboards der Europäischen Kommission identifiziert. Um den Rechercheaufwand in realistischen Grenzen zu halten, wurden jeweils die 30 forschungsstärksten Unternehmen kontaktiert (gemessen an der Anzahl von Patentanmeldungen und der Höhe an F&E-Aufwendungen).
86
Kapitel 5: Theoretisches Modell, Hypothesen und Grundlagen der Hypothesenprüfung
3. Internetrecherchen. Umfangreiche Recherchen im World Wide Web, die primär über die Suchmaschine Google unter Verwendung relevanter Schlagworte durchgeführt wurden, ergaben weitere Fälle.352 Insbesondere wurden Programme von thematisch nahen Konferenzen und Workshops, Pressemitteilungen sowie Technologie- und Gründer-Blogs analysiert, aus denen sich oftmals Verweise auf erfolgte Ausgründungen extrahieren ließen. Auch konnten so Unternehmensvertreter identifiziert werden, die aufgrund ihrer Position oder ihres Vortragthemas als geeignete Ansprechpartner in Frage kamen. Die Websites von bekannten Gründerinitiativen und Gründerzentren dienten als weitere Identifikationsquelle. Zusätzlich wurden die auf Websites großer Venture Capital-Gesellschaften aufgeführten Portfoliounternehmen auf deren Unternehmensursprung hin untersucht. 4. Sichtung von Printpublikationen. Hinweise auf geeignete Fälle bzw. Kontaktpersonen konnten auch aus wissenschaftlichen Publikationen zu Ausgründungen sowie aus Studien zur externen Technologieverwertung, Corporate Venture Capital oder Open Innovation gezogen werden.353 Besonders wertvoll erwiesen sich dabei die Arbeiten von Lehmair, Rauser, Welpe, Escher, Blum, Koch und Pechlaner et al.354 Im Rahmen dieser Recherchen wurden sowohl etablierte Unternehmen kontaktiert als auch junge Unternehmen, bei denen aufgrund von Quellenhinweisen eine originäre Ausgründung als Unternehmensentstehungsform vermutet werden konnte. Sofern die Kontaktdaten eines Gesprächspartners nicht schon bekannt waren, wurden diese über verschiedene Verzeichnisse recherchiert.355 An die Kontaktierung von etablierten Unternehmen waren drei wesentliche Zielsetzungen geknüpft: die Identifikation von abgeschlossenen Entscheidungsfällen, die Identifikation von Schlüsselinformanten zu jedem dieser Entscheidungsfälle sowie die Ermittlung von Personen, die bei der Prüfung der Ausgründungsvorhaben als Entscheidungsträger involviert waren.356
352
353 354
355 356
Die im Rahmen der Recherchen verwendete Schlagwortmenge umfasste u.a. „Ausgründung“, „ausgegründet“, „Ausgründungsprojekt“, „Ausgliederung“, „Externalisierung“, „externe Technologieverwertung“, „Innovationsprojekt“, „Spin-off“ sowie „Spin-out“ in verschiedenen Kombinationen und Schreibweisen. Diese Studien wurden über eine Schlagwortsuche in den elektronischen Verzeichnissen der Bayerischen Staatsbibliothek sowie den Bibliotheken der LMU München und der UC Berkeley identifiziert. Vgl. Lehmair (2002), Rauser (2002), Welpe (2004), Escher (2005), Blum (2006), Koch (2006) und Pechlaner et al. (2007). Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Dr. Norman Blum und Prof. Dr. Isabell Welpe, die Teile der von ihnen erhobenen Datensätze zur Verfügung stellten. Dr. Blum identifizierte für seine fallstudienbasierte Arbeit mehrere Ausgründungen im deutschsprachigen Raum. Dr. Welpe befragte Portfoliounternehmen von Venture Capital-Gesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu der Kooperationsqualität zwischen Unternehmen und Investor, wobei auch der Unternehmensursprung miterfasst wurde (hier relevant: die Kategorie „Ausgründung aus anderem Unternehmen“). Sehr hilfreich erwiesen sich dabei die Online-Dienste XING, 123people.de, yasni.de und MoneyHouse. Da, wie in Abschnitt 2.1 gezeigt, der Begriff der Ausgründung bzw. des Spin-off mit verschiedenen Bedeutungsausprägungen beladen ist, wurde große Sorgfalt darauf verwendet, dem Gesprächspartner den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit präzise darzulegen.
5.2 Grundlagen der quantitativen empirischen Analyse
87
Die Kontaktaufnahme zu jungen Unternehmen erfolgte mit den Zielen der Identifikation eines Gründungsmitglieds, das Aussage darüber treffen kann, ob das Unternehmen eine Ausgründung aus einem etablierten Unternehmen im Sinne dieser Untersuchung ist, sowie ggf. der Identifikation eines Schlüsselinformanten zu diesem Ausgründungsfall in jenem Inkubatorunternehmen, aus dem die Ausgründung hervorging. Die Kontaktaufnahmen erfolgten durchweg durch den Autor persönlich über Telefon oder EMail. Nahezu jeder E-Mail-Kontakt führte auch zu einem telefonischen Gespräch. Dabei wurden Zielsetzungen und Rahmenbedingungen des Forschungsprojekts erläutert. Stellte sich bei dem Gespräch heraus, dass die Kontaktperson als Schlüsselinformant über einen Entscheidungsfall Auskunft geben kann, wurde näher auf die Form und Dauer der Befragung eingegangen, die Anonymisierung der Daten zugesichert und als Anreiz für eine Teilnahme an der Erhebung ein elektronisches Exemplar des Ergebnisberichts.357 Durch den direkten Kontakt und die Möglichkeit zur Beantwortung von Rückfragen war es möglich, zunächst skeptische oder ablehnende Personen für eine Teilnahme zu gewinnen.358 Die vorliegende Arbeit folgt einem Key Informant-Design. Es ist in der empirischen Forschung allgemein üblich, sich bei der Befragung auf Schlüsselinformanten zu stützen, wenn benötigte und relevante Informationen nicht als objektive Daten aus geeigneten Datenbanken gewonnen werden können.359 Als Schlüsselinformanten werden bewusst diejenigen Personen ausgewählt, die als „supposedly knowledgeable about the issues being researched and able and willing to communicate about them“360 gelten. Schlüsselinformanten werden nicht gebeten, Auskunft über persönliche Einstellungen oder Verhaltensweisen zu geben,361 sie sollen vielmehr Aussagen über „properties of organizations, their relationships with other organizations or other group or aggregated data“362 treffen. In der Literatur ist diese Form der Befragung nicht unumstritten, da erhebliche Messfehler auftreten können. Allerdings
357
358
359
360 361 362
Die Anonymisierung der Daten war für viele Schlüsselinformanten eine zwingende Voraussetzung für ihre Beteiligung an der Untersuchung. Aus diesem Grund können in der vorliegenden Arbeit zwar die Namen der Inkubatorunternehmen, nicht aber die Namen der Schlüsselinformanten oder der ausgegründeten Unternehmen veröffentlich werden. Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass der Inhalt des Forschungsprojekts bei den angesprochenen Personen überwiegend auf großes Interesse stieß, was sich auch in einer hohen Teilnahmebereitschaft ausdrückte. Mit vielen Kontaktpersonen fand (auch mehrmaliger) inhaltlicher Austausch zu dem untersuchten Phänomen statt. Diese Gespräche erwiesen sich für den Autor als sehr wertvoll, trugen sie doch in hohem Maße zu einem tiefergehenden Verständnis aktueller Herausforderungen, Wissenslücken und der Relevanz des Phänomens bei. Vgl. die zahlreichen Beispiele bei Ernst (2001, 87) und Montoya-Weiss/Calantone (1994, 397ff.) für die Verbreitung des Key Informant-Designs bei Studien im Bereich der Neuproduktentwicklung, einem Forschungsbereich, der dieser Arbeit inhaltlich nahe steht. Im Bereich der strategischen Entscheidungsfindung argumentieren bspw. Huber/Power (1985, 171ff.) oder Steensma/Fairbank (1999, 14) für ein Key InformantDesign. Kumar et al. (1993, 1634). Vgl. Ernst (2001, 1250). Bagozzi/Phillips (1991, 423).
88
Kapitel 5: Theoretisches Modell, Hypothesen und Grundlagen der Hypothesenprüfung
können diese Fehler durch eine gezielte Auswahl hochgradig kompetenter Informanten reduziert werden. Für die Datenerhebung der ex post-Studie wurden jene Personen als geeignete Schlüsselinformanten eingestuft, die über einen Entscheidungsfall im Detail Auskunft geben konnten und im Prozess der Ausgründungsprüfung involviert waren. Dies wurde in Gesprächen mit den betreffenden Kandidaten verifiziert. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, möglichst Entscheidungsträger in Inkubatorunternehmen zur Teilnahme an der Studie zu gewinnen. In Fällen, in denen dies aus z.B. zeitlichen Gründen des Informanten nicht möglich war, wurde versucht, eine Personen zu finden, die als Projektmanager eine leitende Funktion in dem Innovationsprojekt einnahm und auch einen genauen Überblick über das Inkubatorunternehmen und seine Innovationsaktivitäten zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung hatte.363 Im Rahmen der beschriebenen Identifizierungsstrategie wurden Entscheidungsfälle in 112 etablierten Unternehmen (Deutschland: 58, Österreich: 26, Schweiz: 28) und die Entstehungshistorie von 524 jungen Unternehmen recherchiert. Dabei wurden im genannten Zeitraum über 400 Telefonate geführt, ca. 1400 elektronische Nachrichten verschickt und über 50 persönliche Gespräche geführt. Insgesamt konnten 411 Entscheidungsfälle identifiziert werden (vgl. Tabelle 5.1). Nach einer Validierung jedes einzelnen Falls auf Zugehörigkeit zur Grundgesamtheit, mussten 298 Fälle verworfen werden. 90 Ausgründungen stammten nicht aus privatwirtschaftlichen Unternehmen, 23 Fälle nicht aus einem der untersuchten Länder. 127 Fälle bezogen sich auf derivative Ausgründungsvorhaben oder die Gründung von Tochterunternehmen. Die übrigen 58 Fälle basierten auf Dienstleistungen und hatten ihren Ursprung nicht in technologiebasierten Innovationsprojekten. Zu 102 der verbleibenden 113 Entscheidungsfälle konnte ein Schlüsselinformant identifiziert werden. Jene Fälle, bei denen das nicht gelang, lagen i.d.R. schon mehrere Jahre zurück. 89 Informanten erklärten sich zur Teilnahme an der Erhebung bereit, was einer vorläufigen „Erfolgsquote“ der Ansprache von 87,3% entspricht. Die Ablehnung der Teilnahme wurde überwiegend durch Zeitmangel begründet. Nur drei Schlüsselinformanten waren nicht bereit, zu dem spezifischen Untersuchungsthema Auskunft zu geben. Zwei dieser Informanten erklärten, dass sie grundsätzlich eine Teilnahme an Befragungen ablehnen. Für das Entscheidungsexperiment wurden ausschließlich Entscheidungsträger in etablierten Unternehmen als Probanden zugelassen. Ziel des Experiments ist die Analyse des Entschei-
363
Die Experteninterviews zeigen, dass Projektmanager i.d.R. in den Prüfungsprozess stark eingebunden sind. Gespräche mit den Projektmanagern vor der Befragung zeigten darüberhinaus, dass diese nicht nur über Eigenschaften „ihres“ Innovationsprojekts detailliert Auskunft geben können, sondern auch über Motive und Ziele des Inkubatorunternehmens.
5.2 Grundlagen der quantitativen empirischen Analyse
89
dungsverhaltens etablierter Unternehmen anhand vorgegebener fiktiver Fälle. Ein Schluss von im Experiment gewonnenen Erkenntnissen auf das reale Entscheidungsverhalten ist nur dann zulässig, wenn diese fiktiven Fälle auch von tatsächlichen Entscheidungsträgern bewertet werden. Von den insgesamt 60 identifizierten Entscheidungsträgern, die in entsprechenden Ausgründungsprüfungen in etablierten Unternehmen bereits involviert waren, sagten 53 eine Teilnahme am Entscheidungsexperiment zu. Alle übrigen führten zeitliche Gründe für eine Absage an. Entscheidungsfälle (ex post-Studie) Identifizierte Entscheidungsfälle, gesamt Identifizierte Entscheidungsfälle, studienrelevant Relevante Entscheidungsfälle mit Schlüsselinformanten Relevante Entscheidungsfälle mit teilnahmebereiten Schlüsselinformanten
Anzahl 411 113 102 89
Entscheidungsträger (Entscheidungsexperiment) Relevante Entscheidungsträger Relevante, teilnahmebereite Entscheidungsträger
60 53
Tabelle 5.1: Bildung der Stichproben
Ergebnis der hier beschriebenen Identifizierungsbemühungen war eine Datenbank mit Probanden für das Entscheidungsexperiment sowie mit Entscheidungsfällen und Schlüsselinformanten für die ex post-Studie. Umfang und Eigenschaften der so ermittelten Stichproben werden in den beiden anschließenden Kapiteln 6 und 7 zum Entscheidungsverhalten im Experiment respektive dem Entscheidungsverhalten im Feld vorgestellt.
5.2.3 Repräsentativität der Stichproben Zu diskutieren ist die Repräsentativität der gebildeten Stichproben, d.h. in wie weit die Forschungsergebnisse auf die Grundgesamtheit übertragbar sind.364 Für eine exakte Beurteilung der Repräsentativität müsste die Struktur der Grundgesamtheit bekannt sein, was nicht der Fall ist. Wie bereits erwähnt, existieren bislang keine Statistiken über Anzahl, Ergebnisart, beteiligte Entscheidungsträger, etc. von Ausgründungsentscheidungen weder in den untersuchten noch in anderen Ländern. Näherungsweise kann daher nur eine argumentative Charakterisierung der realisierten Stichproben Aufschluss über die mögliche, d.h. plausible, aber nicht mathematisch korrekte Repräsentativität geben. Im Folgenden sollen jene Aspekte diskutiert werden, welche die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse einschränken könnten.
364
Vgl. Bortz/Döring (2002, 400ff.).
90
Kapitel 5: Theoretisches Modell, Hypothesen und Grundlagen der Hypothesenprüfung
Erstens könnten die Stichproben in Richtung Großunternehmen aus forschungsintensiven Hochtechnologie-Branchen verzerrt sein, da in den untersuchten Ländern die forschungsstärksten Unternehmen systematisch kontaktiert wurden.365 Abgeschwächt wird eine solche Verzerrung jedoch durch die Direktansprache möglicher Ausgründungen auf Basis von Recherchen in Datenbanken und Internet sowie der Sichtung von Printpublikationen. Zweitens ist zu berücksichtigen, dass es grundsätzlich wahrscheinlicher ist, Entscheidungsfälle aus jüngerer Vergangenheit zu identifizieren. Gerade die kontaktierten Vertreter etablierter Unternehmen erinnern sich vermutlich eher an zeitlich nahe zurückliegende Fälle. Drittens muss angenommen werden, dass Venture Capital-finanzierte Ausgründungen durch Pressemitteilungen, Berichterstattungen, etc. eine höhere Sichtbarkeit genießen und dadurch möglicherweise bevorzugt identifiziert wurden. Eine verallgemeinernde Interpretation der Forschungsbefunde muss unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen erfolgen.
5.3 Zwischenfazit In diesem Kapitel wurde basierend auf den in Kapitel 3 eingeführten theoretischen Erklärungsbeiträgen und den Ergebnissen der Experteninterviews aus Kapitel 4 ein theoretisches Modell der Ausgründungsentscheidung konstruiert, das im weiteren Arbeitsgang einer empirischen Prüfung zugeführt wird. In das Modell wurden mehrere Einflussfaktoren auf die Ausgründungsentscheidung aufgenommen. Diese umfassen die Verfügbarkeit komplementärer technologischer und kaufmännischer Ressourcen zur unternehmensinternen Weiterentwicklung eines Innovationsprojekts, dessen Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie, die vom Projekt ausgehende Kannibalisierungsgefahr für das Geschäft des Inkubatorunternehmens, die Verfügbarkeit eines geeigneten Teams mit umfassenden, relevanten technologischen und kaufmännischen Kompetenzen, die Reife des Zielmarkts, die Produktüberlegenheit sowie das Verhältnis zwischen finanziellem Benefit für das Inkubatorunternehmen und dem von ihm noch zu leistenden Ausgründungsaufwand. Darüberhinaus wurde in diesem Kapitel die Forschungskonzeption des nachfolgenden quantitativen Analyseteils dieser Arbeit präsentiert. Erörtert wurden die grundlegenden Ziele und Komponenten des Analysegangs sowie die Bildung der Stichproben.
365
Vgl. dazu die Ausführungen zur Identifizierungsstrategie auf Seite 85.
6 Entscheidungsverhalten im Experiment In diesem Kapitel wird die erste der zwei quantitativen Studien dieser Arbeit vorgestellt. Das Entscheidungsverhalten etablierter Unternehmen soll darin quasi-experimentell untersucht werden.366 Die Darstellung des Untersuchungsgangs ist wie folgt gegliedert: Zunächst werden in Abschnitt 6.1 die mit dem Experiment verfolgten Ziele erörtert. Das der Untersuchung zugrunde liegende Präferenzmodell wird in Abschnitt 6.2 präsentiert, bevor in Abschnitt 6.3 die Generierung des statistischen Versuchsplans vorgestellt wird. In Abschnitt 6.4 wird das Vorgehen bei der Erhebung der Experimentaldaten beschrieben. Die Abschnitte 6.5 und 6.6 beschäftigen sich mit der deskriptiven und multivariaten Analyse der Daten. Das Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung der Befunde in Abschnitt 6.7.
6.1 Ziele des Entscheidungsexperiments Das primäre Ziel dieser Studie ist es, erste statistisch untermauerte Erkenntnisse zum Verhalten etablierter Unternehmen bei der Prüfung von Ausgründungsvorhaben zu gewinnen und das theoretische Modell einem ersten Test zu unterziehen. Die Wahl eines experimentellen Untersuchungsansatzes erlaubt die Aufdeckung impliziter Präferenzen der teilnehmenden Entscheidungsträger unter Annäherung an reale Entscheidungssituationen. Für die Beantwortung der untersuchten Forschungsfragen ist der Wert des Ansatzes in der Schaffung eines standardisierten Entscheidungsraums begründet. Dieser Entscheidungsraum ist künstlich beschränkt, wodurch das Ergebnis der Entscheidungsfindung durch einen Probanden unter kontrollierten Bedingungen ermittelt werden kann. Eine systematische Variation der Ausprägungen der in das Experiment aufgenommenen Entscheidungsfaktoren erlaubt eine Messung der Präferenzen, die nicht nur Aussagen über die statistische Nachweisbarkeit des Einflusses des jeweiligen Faktors auf die Entscheidungsfindung, sondern auch Aussagen über die relative Wichtigkeit dieser Faktoren zulässt. Insbesondere lassen sich Trade-offs zwischen den verschiedenen Ausprägungen quantifizieren. Darüberhinaus ist auf Basis der aufgedeckten Präferenzen eine Bestimmung jener fiktiven Innovationsprojekte möglich, die eine besonders hohe oder besonders geringe Ausgründungsattraktivität aus Sicht der Entscheidungsträger aufweisen. Die Wahl eines geeigneten Präferenzmodells und die Generierung der experimentellen Entscheidungssituationen sind für den Erklärungsbeitrag der Studie von ausschlaggebender Bedeutung und sollen im Folgenden erläutert werden.
366
Zum Begriff des „quasi-Experiments“ vgl. Schnell et al. (2005, 229f.). Zu quasi-Experimenten im Allgemeinen vgl. die Bücher von Campbell/Stanley (1966) und Cook/Campbell (1979).
92
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
6.2 Methode der Präferenzmessung und Präferenzmodell In der Literatur wird der Begriff der Präferenz i.d.R. als eindimensionaler Indikator für die subjektive „Vorziehenswürdigkeit“ einer Entscheidungsalternative gegenüber anderen Alternativen zu einem bestimmten Zeitpunkt beschrieben.367 Die Präferenzen eines Individuums erlauben Rückschlüsse auf den spezifischen, den Entscheidungsalternativen beigemessenen Nutzen, sofern man davon ausgeht, dass der Nutzen als das relevante Entscheidungskalkül zur Auswahl zwischen verschiedenen Alternativen herangezogen wird. In diesem Fall ist mit der Präferenz eine handlungsfördernde Tendenz verbunden, sodass sie als Prädiktor für das Verhalten des Individuums fungiert.368 Um sich dieser Funktion der Präferenz zu bedienen, bedarf es einer Messung der selbigen bzw. ihrer Indikatoren. Da es nicht möglich ist, die tatsächlichen Präferenzen eines Entscheidungsträgers direkt und exakt zu erfassen, handelt es sich bei jeder Art der Präferenzmessung zwangsläufig um eine heuristische Vorgehensweise.369 Grundlegend in der Präferenzmessung ist die Annahme, dass sich der Gesamtnutzen einer zu bewertenden Alternative, die multiattributiv, d.h. aus verschiedenen Komponenten bzw. Merkmalen zusammengesetzt, ist, aus dem Teilnutzen der einzelnen Merkmale dieser Alternative ergibt. Zur Bestimmung dieser spezifischen Beiträge verschiedener Merkmalsausprägungen zum Gesamtnutzen einer Entscheidungsalternative existiert eine Vielzahl an Verfahren und Verfahrensvarianten, die sich aufgrund spezifischer Anforderungen verschiedener Untersuchungsbereiche herausgebildet hat.370 So fand die Präferenzmessung große Verbreitung insbesondere in der Marketingforschung,371 in der Verkehrs- und Umweltforschung sowie in der Gesundheitsökonomie.372 Aber auch mehrere jüngere Studien aus dem Bereich der Venture Capital-Forschung wenden Präferenzmessungsverfahren an.373 Die vorliegende Untersuchung erschließt mit der Erfassung von Ausgründungspräferenzen von Entscheidungsträgern in etablierten Unternehmen einen neuen Anwendungsbereich für
367 368 369 370 371
372 373
Vgl. Hahn (1997, 6f.), Albrecht (2000, 7f.), Steiner (2007, 11f.). Vgl. Hsiao et al. (2002, 19). Vgl. Steiner (2007, 43). Für einen Überblick über verschiedene Arten der Präferenzmessung sei der interessierte Leser an Tausend (2006, 102ff.) verwiesen. Im Bereich der Marketingforschung werden v.a. Präferenzen von Kunden für bestimmte Produkte bzw. Produkteigenschaften untersucht. Eine der ersten methodisch wegbereitenden Studien in diesem Bereich war jene von Green/Rao (1971). Vgl. den Überblick in Telser (2002, 21f.) oder Schmidt-Wilke (2004, 80ff.). Vgl. bspw. Tausend (2006), Franke et al. (2008), Heibel (2008).
6.2 Methode der Präferenzmessung und Präferenzmodell
93
die quasi-experimentelle Präferenzmessung. Methodisch bedient sich die Untersuchung eines diskreten Entscheidungsmodells.374 Die diskrete Entscheidungsanalyse ist aus der klassischen Conjoint-Analyse und der Theorie diskreter Entscheidungen hervorgegangen und stellt eine Kombination beider Ansätze dar.375 Die Entstehung dieses Verfahrens ist unmittelbar mit den Arbeiten von Quandt, Theil, McFadden und Louviere verbunden.376 Im Folgenden wird dieser Analyseansatz von der klassischen Conjoint-Analyse abgegrenzt und dessen besondere Eignung für die vorliegende Untersuchung diskutiert.377 Die klassische Conjoint-Analyse hat ihren Ursprung in der mathematischen Psychologie und Psychometrie.378 Das konstituierende Element der klassischen Conjoint-Analyse ist die experimentelle Messung von Präferenzen für Untersuchungsobjekte, die durch systematische Variation relevanter Eigenschaftsausprägungen voneinander unterschieden werden.379 Dabei werden die Präferenzurteile in Form von Rankings oder Ratings der durch entscheidungsrelevante Eigenschaften beschriebenen Alternativen eines Auswahl-Sets erhoben.380 Demgegenüber basiert die diskrete Entscheidungsanalyse nicht auf einem Ranking bzw. Rating, sondern auf der Erfassung diskreter Auswahlentscheidungen. Dem Probanden werden dabei mehrere Auswahl-Sets von i.d.R. zwei bis fünf Alternativen zur Bewertung vorgelegt, von denen dieser je Auswahl-Set genau eine Alternative wählt. Ein diskretes Entscheidungsexperiment orientiert sich somit stärker an realen Entscheidungssituationen als die klassische ConjointAnalyse, wodurch auch die hier zu untersuchende Entscheidung über die Unterstützung eines Ausgründungsvorhabens besser abbildbar ist. Während bei der auf Rankings basierten Conjoint-Analyse der Sortiervorgang einzelner Kärtchen i.d.R. eine papierbasierte Erhebungsform voraussetzt (meist in Kombination mit persönlichen Interviews vor Ort), kann ein diskretes Entscheidungsexperiment ohne Einschränkungen computergestützt durchgeführt werden. Ein
374
375 376 377
378 379 380
Maier/Weiss (1990, 2) weisen darauf hin, dass die Bezeichnung „diskrete Entscheidung“ eigentlich unpräzise ist, „da nicht die Entscheidungen diskreter oder stetiger Natur sind, sondern die Alternativmengen, aus denen gewählt werden kann“. Diese Feststellung gilt auch für den Begriff des „diskreten Entscheidungsexperiments“. Trotz dieser sprachlichen Ungenauigkeit werden in dieser Arbeit die in der deutschen Literatur verbreiteten Begriffe „diskrete Entscheidung“ bzw. „diskretes Entscheidungsexperiment“ verwendet. In der englischsprachigen Literatur haben sich die Begriffe „discrete choice“ bzw. „discrete choice experiment“ etabliert. Vgl. Cohen (1997). Vgl. Quandt (1968), Theil (1970), McFadden (1986) und Louviere (1988). Das diskrete Entscheidungsexperiment wird von manchen Autoren aufgrund der an die klassische ConjointAnalyse angelehnte Form der Präferenzmessung auch als „Choice-based Conjoint“ bezeichnet. Vor dem Hintergrund der uneinheitlichen Begriffsdiskussion soll an dieser Stelle die Festlegung erfolgen, dass im weiteren Verlauf der Arbeit eine Präferenzanalyse auf Basis experimentell erhobener diskreter Auswahldaten als diskretes Entscheidungsexperiment bezeichnet wird. Vgl. Luce (1959). Vgl. Green/Srinivasan (1978, 108f.). Vgl. Gustafsson et al. (2001, 8f.).
94
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
weiterer zentraler Unterschied besteht darin, dass für die klassische Conjoint-Analyse von der oftmals als unrealistisch kritisierten Annahme einer vollständig deterministischen Nutzenstruktur ausgegangen wird, wohingegen die diskrete Entscheidungsanalyse aufgrund einer probabilistischen Nutzenkomponente auch solche Nutzendimensionen zulassen kann, die nicht expliziert erfassbar sind.381 Eine nachteilige Eigenschaft des diskreten Entscheidungsexperiments ist, dass die erhobene Datenbasis nicht wie bei der klassischen Conjoint-Analyse kardinal oder ordinal, sondern nur nominal skaliert ist. Das führt zu der Einschränkung, dass eine individuelle Parameterschätzung i.d.R. nicht möglich ist und die Schätzung der Nutzenwerte für alle Probanden aggregiert durchgeführt werden muss. Für das in der vorliegenden Studie verfolgte Erkenntnisziel allerdings ist eine solche individuelle Nutzenschätzung nicht erforderlich. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass zwar sowohl in der klassischen Conjoint-Analyse als auch in der diskreten Entscheidungsanalyse eine experimentelle Präferenzmessung erfolgt, allerdings auf Basis unterschiedlicher Erhebungsmethoden. Letzterer wird dabei aufgrund der realistischeren Abbildung der Entscheidungssituation und der Durchführungseffizienz bei der Datenerhebung in dieser Untersuchung der Vorzug gegeben. Die diskrete Entscheidungsanalyse basiert auf der Zufallsnutzentheorie.382 Das ihr zugrunde ሺሻ
liegende Präferenzmodell geht davon aus, dass sich der Nutzen ܷ einen Probanden ݅ aus einer deterministischen Komponente ܸ (stochastischen) Komponente
ሺሻ ߜ
ሺሻ
einer Alternative ݎfür
und einer probabilistischen
additiv zusammensetzt und als Zufallsvariable erfasst wer-
den kann. Es wird angenommen, dass der Proband bei der Wahlentscheidung seinen Nutzen maximiert. Formal kann diese Modellvorstellung wie folgt formuliert werden: (6.1)
ሺሻ
ܷ
ൌ ܸ
ሺሻ
ሺሻ
ߜ ݎǡ ݅
Die deterministische Komponente ܸ Eigenschaften der Alternative (6.2)
ܸ
ሺሻ
ൌ ܸ
ሺሻ
ሺሻ
besteht aus den für den Probanden ݅ beobachtbaren
ሺሻ ܼ :
ሺሻ
ሺܼ ሻݎ ǡ ݅
Die probabilistische Komponente setzt sich zusammen aus den entscheidungsrelevanten, aber nicht beobachteten Eigenschaften der Alternative ܼכሺሻ , den nicht beobachteten Persönlichሺሻ
keitsmerkmalen ܵ כund allen Messfehlern ߝ , die bei der Bewertung von Alternative ݎdurch den Probanden ݅ entstehen. Die einzelnen Komponenten werden i.d.R. zu einer Komponente
381 382
Vgl. Voeth (2000, 93). Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei Hermelbracht (2007, 97).
6.2 Methode der Präferenzmessung und Präferenzmodell ሺሻ
ߜ
95
verdichtet, so dass keine weitere Differenzierung bei der Schätzung und Interpretation
vorgenommen wird. Somit gilt: ሺሻ
(6.3)
ߜ
ሺሻ
ൌ ߜ
ሺሻ
ቀܼכሺሻ ǡ ܵ כǡ ߝ ቁ ݎ ǡ ݅
Nach der Zufallsnutzentheorie hängt die Auswahlwahrscheinlichkeit einer Alternative ݎdurch den Probanden ݅ (bzw. dessen Entscheidungsverhalten) von dessen Nutzenvorstellungen bezüglich dieser Alternative ab. Der Proband݅ wählt die Alternative ݎund nicht eine Alternative ݏdann und nur dann, wenn die Differenz zwischen den deterministischen Komponenten ܸ und ܸ ten
ሺ௦ሻ
ሺ௦ሻ ߜ
(6.4)
ሺሻ
mindestens so groß ist, wie die Differenz zwischen den probabilistischen Komponenሺሻ
ሺሻ
und ߜ (d.h. ܷ ܸ
ሺሻ
ሺሻ
ߜ
ܸ
ሺ௦ሻ
ܷ )ݏ ് ݎ. Es gilt:
ሺ௦ሻ
ሺ௦ሻ
ߜ
ሺ௦ሻ
֞ ߜ
ሺሻ
െ ߜ
ܸ
ሺሻ
െ ܸ
ሺ௦ሻ
ݏ് ݎ
Bei der Spezifikation der deterministischen Komponente wird üblicherweise, und so auch in dieser Untersuchung, von einem linearen Zusammenhang ausgegangen und ein Teilnutzenwertmodell unterstellt, welches die deterministische Komponente direkt mit der jeweiligen Merkmalsausprägung verknüpft (vgl. Formel 6.2): (6.5) ܸ
ሺሻ
ܸ
ሺሻ
ெ
ൌ
ୀଵ
ሺሻ
ୀଵ
ሺሻ
ሺሻ
ܸ ܸ݉݅ ݐ ൌ ߚ ݔ
stellt die Bewertung der Alternative ݎdurch den Probanden ݅ dar und die ߚ stehen für
den geschätzten Teilnutzenwert der Ausprägung ݈ des Merkmals ݉. Die binären Variablen ሺሻ
ݔ geben an, ob die ݈-te Ausprägung von Merkmal ݉ bei der Alternative ݎvorhanden ist. Da der Nutzen eine Zufallsvariable repräsentiert, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Proband ݅ die Alternative ݎwählt, gegeben durch: (6.6)
ሺሻ
ܲݎ
ሺ௦ሻ
ൌ ቀߜ
ሺሻ
െ ߜ
ܸ
ሺሻ
െ ܸ
ሺ௦ሻ
ቁ
ݏ് ݎ
Wird von einer Gumbel- bzw. Extremwertverteilung (Typ 1) der probabilistischen Komponenten ausgegangen und angenommen, dass die Zufallsvariablen unabhängig voneinander verteilt sind, ist die Auswahlwahrscheinlichkeit einer Alternative ݎdurch den Probanden ݅ nach McFadden bestimmt durch:383
383
Vgl. McFadden (1973).
96
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
(6.7)
ሺሻ
ܲݎ
ൌ
ቀܸ
ሺሻ
ቁ
ሺ௦ሻ σ ௦ୀଵ ݁ ݔቀܸ ቁ
ݎ ǡ ݅
wobei ܭdie Anzahl der Alternativen darstellt. Nach dieser theoretischen Einführung zur Präferenzmessung im Allgemeinen und der in der vorliegenden Studie eingesetzten Methode im Speziellen, wird als nächstes der Untersuchungsgang vorgestellt. Dieser erfolgt in mehreren aufeinander aufbauenden Schritten, welche (i) die Auswahl der Eigenschaften und Eigenschaftsausprägungen, (ii) die Definition der fiktiven Projekte und Auswahl-Sets, (iii) die Messung der Präferenzen und (iv) die Schätzung des Präferenzmodells umfassen.384
6.3 Design des statistischen Versuchsplans In diesem Abschnitt wird die Planung des diskreten Entscheidungsexperiments beschrieben, womit die Schritte (i) und (ii) der obigen Darstellung ausgeführt werden. Schritt (iii) wird in Abschnitt 6.4 und Schritt (iv) in Abschnitt 6.6 erörtert.
6.3.1 Auswahl der Eigenschaften und Ausprägungen Ein diskretes Entscheidungsexperiment stellt ein multiattributives Präferenzmessungsverfahren dar und die durch das Experiment zu ermittelnden Nutzenwerte beziehen sich auf mehrere entscheidungsrelevante Eigenschaften mit verschiedenen Ausprägungen. Im weiteren Untersuchungsgang werden diese Eigenschaften bzw. deren Ausprägungen als unabhängige Variablen in die noch zu spezifizierende Schätzgleichung aufgenommen und multivariat analysiert. Diese Eigenschaften zu bestimmen und deren Ausprägungen zu spezifizieren ist der erste Schritt in der Planung eines solchen Experiments. Wie bereits erörtert, müssen Probanden in einem Entscheidungsexperiment aus einer Reihe von Auswahl-Sets jeweils die von ihnen präferierte Alternative wählen. In der Regel werden die Alternativen durch eine Kombination von konkreten Ausprägungen aller in das Experiment aufgenommenen Eigenschaften gebildet. Um die Komplexität der Entscheidungssituation in sinnvollen Grenzen zu halten und den Probanden kognitiv nicht zu überlasten, kann deshalb grundsätzlich nur eine relativ geringe Anzahl von Eigenschaften berücksichtigt werden.385 Darüberhinaus müssen die Eigenschaften folgende Voraussetzungen erfüllen:386 Sie
384 385
Vgl. Hensher et al. (2005, 102). Ähnliche Schritte bei der Durchführung von Conjoint-Analysen schlagen auch Green/Srinivasan (1978, 103ff.) und Backhaus et al. (2006, 561ff.) vor. Green/Srinivasan (1978) empfehlen einen Richtwert von fünf bis maximal sieben Eigenschaften, der insbesondere vom Abstraktionsniveau dieser Eigenschaften abhängt.
6.3 Design des statistischen Versuchsplans
97
müssen entscheidungsrelevant, möglichst unabhängig voneinander und kompensatorisch zueinander sein und dürfen keine Ausschlusskriterien (K.O.-Kriterien)387 darstellen. Von den Eigenschaftsausprägungen ist zusätzlich gefordert, dass sie realistische Werte annehmen. In der Herleitung des theoretischen Modells in Kapitel 5 wurden mehrere relevante Einflussfaktoren auf das Entscheidungsverhalten etablierter Unternehmen identifiziert. Diese sollen im Entscheidungsexperiment einer ersten Prüfung unterzogen werden.388 In das Experiment aufgenommen werden die Eigenschaften Kannibalisierungsgefahr, Teamqualität, Zielmarkt, Produktüberlegenheit und Benefit relativ zu Ausgründungsaufwand. Die Eigenschaft Teamqualität ist auf eine Verdichtung der beiden im theoretischen Modell ausdifferenzierten technologischen und kaufmännischen Kompetenzkategorien zurückzuführen. Nicht übernommen aus dem theoretischen Modell werden die Variablen Ressourcenverfügbarkeit und Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie. Stattdessen wird den Probanden in der textuellen Beschreibung der Entscheidungssituation vorgegeben, dass die zu bewertenden Projekte unternehmensintern nicht verwertbar sind. Die Experteninterviews lassen vermuten, dass Faktoren, die eine interne Verwertbarkeit eines Projekts anzeigen, im Allgemeinen dominante Kriterien bei Ausgründungsentscheidungen darstellen (K.O.-Kriterien). Dies würde jedoch die Forderung nach einer kompensatorischen Beziehung der Eigenschaften untereinander verletzen. Bei der Festsetzung der Eigenschaftsausprägungen wurde neben der Erfüllung der Forderung nach realistischen Werten darauf geachtet, dass (i) die Spannbreite des Entscheidungsraums bei möglichst geringer Ausprägungsanzahl bzgl. des Erkenntnisziels hinreichend abgedeckt ist, (ii) die Ausprägungen einem für die Entscheidungssituation sinnvollen Abstraktionsniveau entsprechen und (iii) sie für die Probanden leicht verständlich sind. Für vier der fünf Eigenschaften wurden deshalb jeweils die Ausprägungen „gering“ und „hoch“ festgelegt.389 Der verbleibenden Eigenschaft Zielmarkt wurden der Theorie folgend die drei konkreten Ausprägungen „Entstehungsphase“, „Wachstumsphase“ und „Reifephase“ zugeordnet. Die in das Experiment aufgenommenen Eigenschaften und Ausprägungen der fiktiven Innovationspro-
386 387
388
389
Vgl. Backhaus et al. (2006, 562f.). Ein Ausschlusskriterium liegt vor, wenn bestimmte Eigenschaftsausprägungen für den Probanden auf jeden Fall gegeben sein müssen. Eine Alternative, bei der diese Ausprägungen nicht vorliegen, würde vom Probanden nie gewählt werden. Im Falle des Vorhandenseins von Knock-Out-Kriterien ist das kompensatorische Verhältnis der Eigenschaftsausprägungen untereinander nicht mehr gegeben. Vgl. Backhaus et al. (2006, 563). Die vorliegende Arbeit erfüllt damit die häufig postulierte Forderung einer theoretisch fundierten Bestimmung der in ein Entscheidungsexperiment aufzunehmenden Eigenschaften. Die Alternative der rein empirisch geleiteten Bestimmung ist mit Validitätsproblemen (u.a. durch eine subjektive Auswahl durch den Forscher) behaftet. Vgl. Hensher et al. (2005, 105). Die vorliegende Studie folgt hier einem in der Literatur etablierten Vorgehen. Bei relativ abstrakten Eigenschaften, denen kaum ein konkreter metrischer Wert zuordenbar ist, werden die Ausprägungen i.d.R. auf diametral entgegengesetzte Niveaus „gering“ und „hoch“ gesetzt (fallweise ergänzt durch ein mittleres Niveau). Vgl. bspw. Muzyka et al. (1996), Shepherd (1999), Franke et al. (2008), Heibel (2008).
98
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
jekte sind in Tabelle 6.1 zusammengefasst. Diese Eigenschaftsausprägungen werden als unabhängige Variablen Dummy-kodiert der multivariaten Analyse zugeführt.
Projekteigenschaft Kannibalisierungsgefahr Teamqualität Produktüberlegenheit Zielmarkt
Verhältnis Benefit zu Ausgründungsaufwand
Ausprägung gering hoch gering hoch gering hoch Entstehungsphase Wachstumsphase Reifephase gering hoch
Tabelle 6.1: Projekteigenschaften und Ausprägungen im Entscheidungsexperiment
Um sicher zu stellen, dass alle Probanden ein möglichst homogenes Verständnis der Semantik der Ausprägungen haben, wurden diese textuell näher erläutert. Die Ausprägung der Eigenschaft Benefit relativ zu Ausgründungsaufwand wurde als „hoch“ angenommen, wenn der zu erwartende finanzielle Benefit für das Inkubatorunternehmen im Vergleich zum organisatorischen/juristischen/finanziellen Abwicklungsaufwand einer Ausgründung hoch ist. Die Entstehungsphase des Zielmarkts wurde charakterisiert über die Beschreibung „Markt ganz neu, Nachfrage noch gering, hohe Unsicherheit“, die Wachstumsphase über „Nachfrage wächst sehr schnell, Wettbewerbsumfeld dynamisch, jährliche Wachstumsrate > 20%“ und die Reifephase über „Markt etabliert, Nachfrage stabil, Wettbewerbsumfeld stabil, jährliche Wachstumsrate < 20%“. Die Produktüberlegenheit wurde als „hoch“ angesehen, wenn das Produkt einen hohen Differenzierungsgrad und Kundenwert aufweist. Eine hohe Teamqualität liegt vor, wenn das verfügbare Team ein hohes Maß an relevanten technologischen und kaufmännischen Kompetenzen besitzt. Bei einer hohen Kannibalisierungsgefahr kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch die Ausgründung das Geschäft des Inkubatorunternehmens kannibalisiert wird.
6.3.2 Spezifikation der Alternativen und Festlegung der Auswahl-Sets Nach der Identifikation von Eigenschaften und der Bestimmung von Eigenschaftsausprägungen sind die Definition der Alternativen und die Konstruktion der Auswahl-Sets die nächsten Schritte in der Planung des Entscheidungsexperiments. In das Experiment werden vier Eigenschaften mit jeweils zwei Ausprägungen und eine Eigenschaft mit drei Ausprägungen aufgenommen, weshalb es sich um ein sog. 2431 Design han-
6.3 Design des statistischen Versuchsplans
99
delt. Die Spezifikation der einzelnen den Probanden vorzulegenden Auswahlalternativen erfolgt gemäß der Darstellung in Tabelle 6.1.390 Da die Eigenschaften eine ungleiche Anzahl an Ausprägungen aufweisen, ist das Design asymmetrisch. Aus den genannten Komplexitätsgründen wird jedes Auswahl-Set auf zwei Alternativen beschränkt.391 Nach den Regeln der Kombinatorik umfasst ein vollständiger, saturierter Experimentalplan somit 48 unterschiedliche Alternativen (2*2*2*2*3) und insgesamt 1128 paarweise Wahlmöglichkeiten ((48*47)/2). Ein solches vollständiges faktorielles („full factorial“) Design ist aufgrund seines Umfangs erhebungstechnisch nicht praktikabel. Deshalb wird für die Untersuchung ein reduziertes Design verwendet, bestehend aus einer Teilmenge aller Alternativen, welche das vollständige Design möglichst gut repräsentieren sollte.392 Dazu bedient sich diese Untersuchung eines orthogonalen Versuchsplans („orthogonal main effects plan“, OMEP), 393 mit dem die Haupteffekte394 der verschiedenen Eigenschaften auf den Gesamtnutzen einer Alternative geschätzt werden können. Nicht schätzbar sind Interaktionseffekte (Effekte, die aus der Kombination einzelner Ausprägungen resultieren), für die es im vorliegenden Fall aus theoretischer Perspektive aber auch keine fundierten Anhaltspunkte gibt und deshalb vernachlässigt werden können.395 OMEPs folgen der Methode vollständiger Profile („full profile“), bei der den Probanden bzgl. der Eigenschaften vollständig spezifizierte Alternativen vorgelegt werden.396 Der hier eingesetzte (2 2 2 2 3)-OMEP wurde mit der Statistik-Software SAS 9.1 generiert und umfasst mit zwölf Auswahl-Sets nur ein Viertel des Umfangs eines vollständig faktoriellen Designs.397
390 391
392
393
394 395
396 397
Vgl. dazu auch den in Anhang D abgedruckten Fragebogen. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass diskrete Entscheidungsexperimente grundsätzlich auch die Aufnahme einer zusätzlichen „no choice“-Alternative erlauben. Auch wenn diese zu einer noch besseren Annäherung an reale Entscheidungssituationen führt, wird in der vorliegenden Untersuchung darauf verzichtet. Zu begründen ist dies mit der relativ kleinzahligen Stichprobe und dem resultierenden Umfang an Auswahldaten, dessen Analyse bei der Inklusion einer „no choice“-Alternative problematisch werden kann. Vgl. Backhaus et al. (2006, 565) oder für eine ausführliche Darstellung Dey/Mukerjee (1999). Eine Voraussetzung für solche Versuchspläne ist dabei nach Addelman (1962b; 1962a) die sog. Bedingung der proportionalen Häufigkeit, der zufolge für zwei beliebige Eigenschaften die Ausprägungen der einen Eigenschaft über alle Alternativen hinweg gleich häufig wie alle Ausprägungen der anderen Eigenschaft auftreten müssen. Orthogonal bedeutet, dass alle Eigenschaftsausprägungen unkorreliert sind (was nicht gleichbedeutend damit ist, dass die Eigenschaften auch unabhängig voneinander Nutzen stiften). Orthogonale Designs bieten den Vorteil einer maximalen (Design-)Effizienz bei der Effektmessung. Von einem Haupteffekt spricht man, wenn der Grenznutzen aus einer Eigenschaft unabhängig von den Ausprägungen anderer Eigenschaften ist. Bei Interaktionseffekten ist dies nicht der Fall. In diesem Zusammenhang stellen Pox et al. (2005, 235) fest, dass Haupteffekte eine stärkere Effektgröße aufweisen als Interaktionseffekte zwischen zwei Faktoren und diese wiederum stärker sind als Interaktionseffekte zwischen drei Faktoren, usw. Nach Winer et al. (1991) erlauben reduzierte Designs i.d.R. ausreichend präzise Schätzungen, auch wenn Interaktionseffekte vernachlässigt werden. Im Gegensatz dazu, werden dem Probanden bei der Methode partieller Profile („partial profile“) nur eine Auswahl aller Eigenschaften pro Alternative präsentiert. Vgl. Backhaus et al. (2006, 566ff.). Die Generierung des OMEPs erfolgte mit dem SAS-Makro %mktex. Vgl. dazu Kuhfeld (2005, 99ff.).
100
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
Da OMEPs sich auf Auswahl-Sets der Kardinalität 1 beziehen (d.h. jedes Auswahl-Set besteht aus einer einzigen Alternative; bspw. für ein klassisches Conjoint-Experiment, das auf dem Ranking von einzelnen Conjoint-Karten basiert), muss das Design für das in dieser Untersuchung durchzuführende diskrete Entscheidungsexperiment angepasst werden. Für die Konstruktion von Auswahl-Sets der Kardinalität 2 gibt es unterschiedliche Strategien,398 wobei hier den Vorschlägen von Bunch et al. (1994) und Street et al. (2005) gefolgt werden soll.399 Die Generierung der fehlenden zweiten Alternative in jedem Auswahl-Set erfolgt mit einem mathematischen Generator ܩൌ ሺ݃ଵ ǡ ݃ଶ ሻ, der zu jedem Eintrag ܱ des OMEPs addiert wird. Die Szenarien jedes Auswahl-Sets werden somit durch die Funktion ݂ ൌ ሺܱ ݃ଵ ǡ ܱ ݃ଶ ሻ bestimmt. Der Generator wird dabei derart spezifiziert, dass die Szenarien in einem AuswahlSet maximal verschieden sind, womit die Eigenschaft minimaler Überlappung („property of minimal overlap“) erfüllt wird.400 Spezifiziert man ݃ଵ mit ݃ଵ ൌ ሺͲǡ Ͳǡ Ͳǡ Ͳǡ Ͳሻ, so ist die maximal unterschiedlichste zweite Alternative gerade der „fold-over“ der ersten Alternative. Dies entspricht einem Generator ݃ଶ ൌ ሺͳǡ ͳǡ ͳǡ ͳǡ ͳሻ. Diese Operation wird für jede Eigenschaft modulo ݇ ausgeführt, wobei ݇ der Anzahl der Ausprägungen der Eigenschaft entspricht. Das so generierte Design ist balanciert401 und erfüllt die für die Bewertung experimenteller Designs häufig herangezogenen statistischen Effizienzkriterien (A-Effizienz, D-Effizienz, GEffizienz).402 Das finale und in der Erhebung eingesetzte Design ist Tabelle 6.2 zu entnehmen.
398
399
400 401
402
Entsprechende Design-Strategien umfassen bspw. „shifting“ (vgl. Bunch et al. (1994)), „swapping“ (vgl. Huber/Zwerina (1996)), LMN (vgl. Louviere (1988)), „relabeling“ (vgl. Huber/Zwerina (1996)) oder „cycling“ (vgl. Sandor/Wedel (2001)). Der an der hier angewandten Design-Strategie im Speziellen und der Konstruktion von effizienzoptimalen Entscheidungsexperimenten im Allgemeinen interessierte Leser sei an das Buch von Street/Burges (2007) verwiesen. Dieses Kriterium besagt, dass jede Eigenschaftsausprägung innerhalb eines Auswahl-Sets so selten wie möglich enthalten sein soll. Vgl. Huber/Zwerina (1996, 310f.). Von einem balancierten Design spricht man, wenn jede einzelne Ausprägung einer Eigenschaft gleich häufig im Design enthalten ist. Bei einem unbalancierten Design ist dies nicht der Fall. Untersuchungen zeigen, dass die Signifikanz einer unbalancierten Eigenschaft eines unbalancierten Designs häufig darauf zurückgeführt werden kann, dass aufgrund der häufigeren Auftrittsfrequenz die Aufmerksamkeit der Probanden auf diese Eigenschaft gelenkt wird (vgl. Wittink et al. (1990, 113ff.), Hensher et al. (2005, 142f.)). Deshalb sind balancierte Designs grundsätzlich zu bevorzugen. Vgl. Kuhfeld (2005, 53f.) oder Street/Burgess (2007, 86f.) für eine detaillierte Darstellung der A-, D- und GEffizienzkriterien.
6.4 Erhebung und Datensatz Alternative 1 Alternative 2 Set # A B C D E A B C D 1 0 0 0 0 1 1 1 1 1 2 1 0 1 1 1 0 1 0 2 3 1 0 1 2 1 0 1 0 0 4 0 1 0 2 1 1 0 1 0 5 1 1 0 0 1 0 0 1 1 6 0 1 1 1 1 1 0 0 2 7 0 0 0 1 0 1 1 1 2 8 1 0 0 2 0 0 1 1 0 9 0 0 1 0 0 1 1 0 1 10 1 1 0 1 0 0 0 1 2 11 0 1 1 2 0 1 0 0 0 12 1 1 1 0 0 0 0 0 1 A = Kannibalisierungsgefahr, B = Teamqualität, C = Produktüberlegenheit, D = Zielmarkt, E = Verhältnis Benefit / Aufwand; für A, B, C, E gilt: 0 = gering, 1 = hoch; für D gilt: 0 = Entstehungsphase, 1 = Wachstumsphase, 2 = Reifephase
101
E 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1
Tabelle 6.2: Erweitertes optimales 2431 Design
6.4 Erhebung und Datensatz In diesem Abschnitt werden die Durchführung des diskreten Entscheidungsexperiments sowie die Aufbereitung des erhobenen Datensatzes beschrieben. Dies entspricht dem Schritt (iii) der weiter oben dargelegten Vorgehensstruktur. Der Schritt (iv) wird in Abschnitt 6.6 erörtert.
6.4.1 Erhebungsinstrument und Pretest Wie bereits diskutiert, sind diskrete Entscheidungsexperimente prädestiniert für eine computerbasierte Durchführung. In der vorliegenden Untersuchung wurde ein internetbasierter Fragebogen programmiert, der sich aus dem eigentlichen Entscheidungsexperiment und einer zusätzlichen Fragebatterie zu Charakteristika der Probanden zusammensetzt. Beide Teile werden im Folgenden näher beschrieben. Der Fragebogen ist in Anhang D abgedruckt. Im ersten Teil des Fragebogens wird der Proband zunächst in die Entscheidungssituation eingeführt und mit seiner Aufgabe, der Auswahl von Innovationsprojekten gemäß seiner Präferenzen, vertraut gemacht. Daran schließt der Entscheidungsblock mit der Präsentation der Auswahl-Sets an. Für eine valide Präferenzmessung ist es wichtig, dass alle Probanden im gleichen Entscheidungskontext agieren. Dies kann mit einer möglichst präzisen Erklärung der Entscheidungssituation erreicht werden. Im vorliegenden Fall wurde die Entscheidungssituation wie folgt beschrieben: „Sie prüfen als einer der Entscheidungsträger die Option der Ausgründung von Innovationsprojekten, die innerhalb ihres Unternehmens nicht verwertbar sind. Konkret überlegen Sie, welche Ausgründung Sie unterstützen wollen. Im Falle der Entscheidung gegen die Unterstützung einer Ausgründung wird das betreffende Projekt eingestellt und
102
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
nicht weiter verfolgt. Mit der Unterstützung einer Ausgründung würde Ihr Unternehmen eine Minderheitsbeteiligung eingehen und primär eine finanzielle Zielsetzung verfolgen.“ Zusätzlich wurden die Entscheidungsgegenstände in Form der fiktiven Innovationsprojekte näher charakterisiert: Die Projekte sind innerhalb des Inkubatorunternehmens nicht verwertbar und richten sich an einen Endkundenmarkt. Außerdem basieren die Projekte auf patentierter Technologie, wobei funktionierende Produktprototypen bereits vorliegen. Jedem Probanden wurden im Entscheidungsblock der Reihe nach 12 Entscheidungssituationen mit 2 Projektalternativen auf 12 Fragebogenseiten vorgelegt.403 Die Entscheidungsaufgabe wurde mit der Frage „Bei welchem dieser beiden Projekte würden Sie eine Ausgründung eher unterstützen?“ spezifiziert, wobei der Proband gebeten wurde, vorauszusetzen, „dass sich die Projekte, abgesehen von den gezeigten Eigenschaften, nicht voneinander unterscheiden“. Zusätzlich wurde auf jeder dieser Fragebogenseiten die Bedeutung der Projekteigenschaften und deren Ausprägungen textuell erläutert. Um Verzerrungseffekte zu vermeiden, die auf eine für alle Probanden gleiche chronologische Ordnung der Entscheidungssituationen zurückzuführen sind, wurden die Auswahl-Sets jedem Probanden in einer randomisierten Reihenfolge vorgelegt. Im zweiten Teil des Fragebogens wurden Informationen zu Alter und Geschlecht des Probanden, dessen höchsten Ausbildungsabschluss, den Fachbereichen aller erworbenen Abschlüsse, seiner Berufserfahrung sowie zu seinem Beschäftigungsbereich im Unternehmen erhoben. Auch wurde der Proband gebeten, anzugeben, in welchem Unternehmen, in welcher Unternehmenseinheit und in welcher Position er mit einer Ausgründungsentscheidung in Berührung kam. Zusätzlich wurde sein Zustimmungsgrad zu mehreren Aussagen, die sich auf Durchführung und Bedeutung des Ausgründungsmechanismus beziehen, auf einer 5-stufigen Ratingskala erfasst. Um die Probanden nicht zu überlasten, wurde der zweite Teil des Fragebogens möglichst kurz gehalten und der Fragenkatalog auf die Erhebung der für die Zielsetzung dieser Untersuchung wesentlichen Aspekte beschränkt.404 Im Rahmen eines Pretests wurde das Erhebungsinstrument im August 2008 insgesamt acht Experten vorgelegt. Unter den Experten befanden sich vier Praktiker und vier Wissenschaftler, wobei sich einer der Praktiker auch wissenschaftlich mit dem untersuchten Themenfeld auseinandersetzt. Keiner der Experten hatte Schwierigkeiten, die Entscheidungsaufgabe zu verstehen und zu bewältigen. Die kognitive Komplexität der Entscheidungssituation wurde
403 404
Diese Anzahl an Entscheidungssituationen liegt unter der in der Literatur empfohlenen Grenze von 20 Entscheidungen pro Proband. Vgl. Johnson/Orme (1996, 22). An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass einige der befragten Personen auch Schlüsselinformanten für die in Kapitel 7 beschriebenen Feldstudie sind. Die zeitliche als auch kognitive Belastung, die für die betroffenen Personen durch die beiden Erhebungen entsteht, ist somit außerordentlich hoch.
6.4 Erhebung und Datensatz
103
als annehmbar bewertet. In der Erhebung umgesetzt wurden die Vorschläge, die detaillierte Erklärung der Projekteigenschaften auf jeder Fragebogenseite zu wiederholen und in der Einleitung von „Conjoint-Experiment“ anstatt „Entscheidungsexperiment“ zu sprechen, da dieser Begriff den Praktikern eher geläufig ist und so die Art der Befragung schnell klar wird.
6.4.2 Durchführung der Erhebung Insgesamt konnten durch das in Abschnitt 5.2.2 beschriebene Vorgehen 53 Entscheidungsträger in etablierten Unternehmen identifiziert werden, die direkte Entscheidungserfahrung mit der Ausgründung von Innovationsprojekten besitzen. Im Zeitraum zwischen 11.8.2008 und 17.10.2008 wurden diese Personen per E-Mail kontaktiert. Die Nachrichten enthielten die direkten Zugangsdaten zum Online-Fragebogen. Entscheidungsträger, die nach zwei Wochen am Entscheidungsexperiment noch nicht teilgenommen hatten, wurden erneut über E-Mail oder telefonisch kontaktiert und an die Teilnahme erinnert. Zum Stichtag des 17.10.2008 hatten 46 Probanden den Fragebogen ausgefüllt. Zwei Personen hatten trotz wiederholter Kontaktversuche nicht reagiert. Fünf Personen begründeten ihre nachträgliche Absage an der Teilnahme mit Zeitmangel. Der Rücklauf beträgt somit 86,8%.
6.4.3 Aufbereitung des Datensatzes Um der multivariaten Analyse zugeführt werden zu können, wurden die rohen Entscheidungsdaten in einem zur eingesetzten Statistik-Software (STATA SE 10.1) kompatiblen Format kodiert. Jedem Probanden wurden 24 Zeilen im Datensatz zugeordnet, womit jede Alternative einer Zeile entspricht (12 Entscheidungssituationen mit jeweils zwei Alternativen). In den Spalten ist jede Eigenschaftsausprägung als Dummy-Wert kodiert. Dieser gibt an, ob die jeweilige Eigenschaftsausprägung in der Alternative aktiv ist (Dummy-Wert „1“) oder nicht (Dummy-Wert „0“). Zusätzlich ist ein Identifikator definiert, welcher für je zwei zu einer Entscheidungssituation gehörenden Alternativen den gleichen Wert besitzt. Die Auswahl einer Alternative durch den Probanden wird durch eine Dummy-Variable „choice“ angezeigt (Wert „1“ markiert eine gewählte Alternative). Ein weiterer Identifikator zeigt an, welche Alternativen Probanden aus derselben Entscheidungseinheit in den Inkubatorunternehmen zur Auswahl vorgelegt wurden.
104
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
6.5 Deskriptive Analyse Im Folgenden wird der erhobene Datensatz deskriptiv vorgestellt. Einer allgemeinen Beschreibung der Stichprobe in Abschnitt 6.5.1 folgt eine Charakterisierung der befragten Entscheidungsträger in Abschnitt 6.5.2. Eine zusammenfassende deskriptive Statistik der analysierten Variablen zeigt Tabelle 6.3 Variablenkategorie Abhängige Variable Entscheidungsvariablen
Variable Entscheidungsergebnis Kannibalisierungsgefahr (gering) [0/1] Kannibalisierungsgefahr (hoch) [0/1] Teamqualität (gering) [0/1] Teamqualität (hoch) [0/1] Produktüberlegenheit (gering) [0/1] Produktüberlegenheit (hoch) [0/1] Zielmarkt (Entstehungsphase) [0/1] Zielmarkt (Wachstumsphase) [0/1] Zielmarkt (Reifephase) [0/1] Benefit / Aufwand [0/1] Demographie Alter Geschlecht [0/1] Unternehmenseinheit Strategieabteilung [0/1] F&E-Fachabteilung [0/1] Inkubatoreinheit [0/1] Technologietransferabteilung [0/1] Corporate Venture Capital-Einheit 0/1] Sonstiges [0/1] Ausbildungsabschluss Fachhochschule [0/1] Universität [0/1] Promotion [0/1] Habilitation [0/1] Wirtschaftswissenschaften [0/1] Fachbereich der Ingenieurwissenschaften [0/1] Ausbildung† Naturwissenschaften [0/1] Geisteswissenschaften [0/1] Rechtswissenschaften [0/1] Sonstiges [0/1] Großunternehmen [0/1] Berufserfahrung† Klein und mittlere Unternehmen [0/1] Start-ups und Neugründungen [0/1] Bedeutung des AusHeutige Bedeutung gründungsmechanismus Zukünftige Bedeutung Vorgehen im Vergleich zu Wettbewerb † = Mehrfachantworten möglich Tabelle 6.3: Deskriptive Statistik (Entscheidungsexperiment)
Ø 0,500 0,500 0,500 0,500 0,500 0,500 0,500 0,333 0,333 0,333 0,500 44,71 0,022 0,239 0,239 0,196 0,043 0,196 0,087 0,087 0,413 0,478 0,022 0,500 0,304 0,348 0,022 0,022 0,000 1,000 0,478 0,565 3,783 4,022 3,261
S.A. 9,77 -
Med. 43 4 4 3
Min. 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 30 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 2 1
Max. 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 67 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 5 5 5
N 1104 1104 1104 1104 1104 1104 1104 1104 1104 1104 1104 44 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46 46
6.5 Deskriptive Analyse
105
6.5.1 Allgemeine Beschreibung der Stichprobe Der erhobene Datensatz umfasst 1104 einzelne Beobachtungen aus 552 vollständigen Entscheidungssituationen, die von insgesamt 46 Entscheidern bewältigt wurden. In der Stichprobe sind Probanden aus 32 Entscheidungseinheiten in 29 etablierten Unternehmen verschiedener Hochtechnologie-Branchen vertreten.405 Im Mittel nahmen pro Unternehmen 1,59 Probanden (Minimum: 1, Maximum: 7) und pro Entscheidungseinheit 1,44 Probanden (Minimum: 1, Maximum: 5) am Entscheidungsexperiment teil. 22 Unternehmen stammen aus Deutschland (35 Probanden), 1 Unternehmen aus Österreich (1 Proband) und 6 Unternehmen aus der Schweiz (10 Probanden).406 Tabelle 6.4 gibt einen detaillierten Überblick über die Verteilung der Anzahl der Probanden pro Unternehmen und Entscheidungseinheit. In 31% der teilnehmenden Unternehmen hat sich mehr als ein Entscheidungsträger am Experiment beteiligt, in der Mehrzahl (75%) der befragten Entscheidungseinheiten genau eine Person.
Anzahl Probanden 1 2 3 4 5 7 Σ
in Unternehmen absolut 20 6 1 1 1 29
relativ 69,0% 20,7% 3,4% 3,4% 3,4% 100%
in Entscheidungseinheiten absolut relativ 24 75,0% 5 15,6% 1 3,1% 1 3,1% 1 3,1% 32 100%
Tabelle 6.4: Verteilung der Probanden nach Unternehmen und Entscheidungseinheit
6.5.2 Charakteristika der Entscheider Die Teilnehmer am Entscheidungsexperiment lassen sich anhand der erhobenen Daten näher charakterisieren. Dies soll im Folgenden entlang der Dimensionen Alter, Geschlecht, Beschäftigungsbereich im Unternehmen, Ausbildung und Berufserfahrung erfolgen. Altersstruktur und Geschlechterverteilung. Die Alterststruktur der Probanden in der Stichprobe ist in Abbildung 6.1 dargestellt. Im Durchschnitt waren die Probanden zum Befragungszeitpunkt 44,7 Jahre alt (Median: 43 Jahre). Mit 40,9% aller Probanden machen die 40 bis 49-jährigen die größte Altersgruppe aus. 31,8% der Teilnehmer sind 30 bis 39 Jahre alt.
405 406
Ein Verzeichnis der befragten Unternehmen ist in Anhang H zu finden. Zur schwachen Ausbeute geeigneter Entscheidungsträger in Österreich vgl. Abschnitt 7.5.1.
106
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
Den beiden Gruppen der 50 bis 59-jährigen und über 59-jährigen sind jeweils 13,6% der Probanden zuzuordnen. Zu einem erstaunlichen Ergebnis führt die Betrachtung der Geschlechterverteilung. Unter den 46 Probanden befindet sich nur eine Frau. Dies entspricht 2,2% der Stichprobe und zeigt die Dominanz von Männern in diesem stark technologiegeprägten Entscheidungsumfeld auf.407 50% 40,9%
Anteil Probanden
40% 31,8%
30% 20%
13,6%
13,6%
50 bis 59
über 59
10% 0% 30 bis 39
40 bis 49
Alter (in Jahren)
N=44
Abbildung 6.1: Alter der Probanden
Unternehmenseinheit. Die Experteninterviews lassen erkennen, dass ein Ausgründungsnukleus grundsätzlich in verschiedenen Unternehmensbereichen entstehen kann und an der Prüfung von Ausgründungsvorhaben unterschiedliche Abteilungen eines Unternehmens beteiligt sein können. Dieses Ergebnis wurde in der vorliegenden Untersuchung berücksichtigt, indem die Probanden gebeten wurden anzugeben, in welcher Unternehmenseinheit sie beschäftigt waren als sie mit einer Ausgründungsprüfung in Berührung kamen. Gleich häufig arbeiteten die Teilnehmer in einer Strategieabteilung (23,9%) oder F&E-Fachabteilung (23,9%), gefolgt von Corporate Venture Capital-Einheiten (19,6%) und dedizierten Inkubatoreinheiten (19,6%) (vgl. Tabelle 6.5). Mit großem Abstand zu diesen vier Tätigkeitsschwerpunkten gaben 4,3% der Teilnehmer in der Stichprobe an, in einer Technologietransferabteilung beschäftigt gewesen zu sein und 8,7% in sonstigen Abteilungen.408 Eine Betrachtung der Altersverteilung der Probanden in den verschiedenen Unternehmenseinheiten zeigt, dass Probanden aus Entrepreneurship-nahen Bereichen (Corporate Venture
407 408
Vgl. Heibel (2008, 62), der bei einer Befragung von 22 deutschen Venture Capital-Firmen zu einem ähnlichen Ergebnis bzgl. der Geschlechterverteilung kommt. Die Nennungen in der Kategorie der sonstigen Abteilungen umfassen mit jeweils einer Nennung „New Business Development“, „gemischter Bereich“ und „Geschäftsführung“. „Patentabteilung“ wurde zwei Mal genannt.
6.5 Deskriptive Analyse
107
Capital-Einheiten, Inkubatoreinheiten, Technologietransferabteilungen) jünger sind als jene aus Entrepreneurship-fernen Unternehmenseinheiten.
Unternehmenseinheit Strategieabteilung F&E-Fachabteilung Corporate Venture Capital-Einheit Inkubatoreinheit Technologietransferabteilung Sonstige Σ/Ø
absolut 11 11 9 9 2 4 46
relativ 23,9% 23,9% 19,6% 19,6% 4,3% 8,7% 100%
Ø Alter Probanden 47,9 47,9 42 39,3 34 51,7 44,7
Tabelle 6.5: Unternehmenseinheit und Alter der Probanden
Ausbildungsabschluss. Bei den Probanden handelt es sich um Personen, die in der Vergangenheit an der Entscheidungsfindung im Rahmen von Ausgründungsprüfungen direkt beteiligt waren. Wie der Literaturüberblick in Kapitel 2 gezeigt hat, kann die Durchführung einer Ausgründung finanzielle und/oder strategische Implikationen für das Inkubatorunternehmen haben. Es ist zu erwarten, dass die in der Entscheidungsfindung involvierten Personen sehr qualifiziert sind und ein hohes Bildungsniveau besitzen. Diese Vermutung bestätigt sich bei einer Betrachtung der Verteilung des höchsten Ausbildungsabschlusses der Probanden (vgl. Abbildung 6.2). Alle befragten Personen besitzen einen Hochschulabschluss. 41,3% haben einen universitären Studiengang abgeschlossen und 8,7% einen Studiengang an einer Fachhochschule. Fast die Hälfte (47,8%) der Probanden hat überdies erfolgreich ein Promotionsverfahren durchlaufen und hält den Doktorgrad. Ein Teilnehmer (2,2%) hat sich habilitiert. Bei den Probanden aus Strategie- und Fachabteilungen ist das Ausbildungsniveau mit einem Promoviertenanteil von 59,1% höher als bei Vertretern der Entrepreneurship-nahen Bereiche, von denen 35% promoviert sind (ohne Abbildung).
2,2%
8,7%
Fachhochschule Universität Promotion Habilitation 47,8%
41,3%
N=46
Abbildung 6.2: Höchster Ausbildungsabschluss der Probanden
108
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
Fachbereich der Ausbildung. Abbildung 6.3 gibt Aufschluss über den fachlichen Hintergrund der Probanden. Die Hälfte der Personen gab an, einen wirtschaftswissenschaftlichen Abschluss zu besitzen. Die Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften bilden mit 34,8% respektive 30,4% die beiden anderen stark vertretenen Fachbereiche. Vergleichsweise gering ist mit jeweils 2,2% der Anteil jener Probanden, die geistes- und rechtswissenschaftliche Abschlüsse halten. 15,2% der Personen gaben mehr als einen erworbenen Abschluss in unterschiedlichen Disziplinen an, wobei die Kombination aus einem wirtschaftswissenschaftlichen und einem ingenieurwissenschaftlichen Abschluss dominiert (13% aller Probanden). In diesem Zusammenhang ist der hohe Anteil an Nicht-(Nur-)Wirtschaftswissenschaftler in der Stichprobe interessant – ein Ergebnis, das den interdisziplinären Charakter des untersuchten Themenfeldes widerspiegelt. In der Ausgründungsprüfung scheinen auf Seiten des Inkubatorunternehmens sowohl betriebswirtschaftliche Kenntnisse als auch ein fundiertes technologisches Wissen von großer Wichtigkeit zu sein. Dies ist nicht verwunderlich, erfordert die Bewertung des Potenzials einer Neugründung doch gleichermaßen ein Verständnis von Geschäftsmodell und marktbezogenen Aspekten sowie von technologischer Machbarkeit.
Anteil Probanden
50% 40% 30%
50%
34,8% 30,4%
20% 10%
2,2%
2,2%
0%
N=46 (Mehrfachnennungen möglich)
Abbildung 6.3: Fachbereich des Hochschulabschlusses der Probanden
Berufserfahrung. Die Berufserfahrung der Probanden wurde in Hinblick auf die Größe der (ehemaligen) Arbeitgeber erfasst. Die Ergebnisse sind in Abbildung 6.4 aufgetragen. Während es wenig überraschend ist, dass alle Probanden Berufserfahrung in einem Großunternehmen aufweisen können, ist es umso erstaunlicher, dass die Mehrheit (56,5%) bereits in Start-ups tätig war und immerhin 47,8% in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Mit 37% hat über ein Drittel der Befragten sogar berufliche Erfahrung sowohl in einem Start-up
6.5 Deskriptive Analyse
109
als auch in einem KMU gesammelt. Eine kombinierte Betrachtung der Berufserfahrung eines Probanden und seines späteren Beschäftigungsbereichs im etablierten Unternehmen zeigt, dass 66,7% der (zum Zeitpunkt einer Ausgründungsprüfung) in einer Inkubatoreinheit oder Venture Capital-Einheit beschäftigten Probanden im Laufe ihrer Karriere auch in einem Startup tätig waren. Dies gilt auch für 54,6% der in einer Strategieabteilung und einer F&EAbteilung beschäftigten befragten Entscheidungsträger. Dieser Befund kann als Indiz dafür gewertet werden, dass häufig jene Personen wichtige Positionen in Bereichen des internen Innovations- und Technologiemanagements in etablierten Unternehmen besetzen, denen eine gewisse Entrepreneurship-Affinität zu eigen ist. Zumindest aber scheinen es Personen mit diesen Eigenschaften zu sein, die in Ausgründungsprüfungen involviert werden.
Anteil Probanden
60%
56,5% 47,8%
50%
37%
40% 30% 20% 10% 0% Start-up
KMU
Start-up und KMU Berufserfahrung (Art des Unternehmens)
N=46
Abbildung 6.4: Berufserfahrung der Probanden
6.5.3 Bedeutung des Ausgründungsmechanismus Zahlreiche Autoren propagieren die Durchführung von Ausgründungen als attraktiven Mechanismus zu externen Verwertung von Technologien.409 Um die heutige und zukünftige Bedeutung dieses Mechanismus zu erfassen, wurden die Probanden gebeten, ihren Zustimmungsgrad zu mehreren vorgegebenen Aussagen auszudrücken. Der Aussage „Die Durchführung von Ausgründungen zur externen Technologieverwertung nimmt heute eine bedeutende Rolle ein“ stimmen 58,7% aller Befragten „eher“ oder „voll“ zu. 30,4% vertreten eine gemischte Ansicht, während nur 10,9% der Aussage „eher nicht“ oder „gar nicht“ zustimmen (vgl. Abbildung 6.5).
409
Vgl. u.a. Lehmair (2002, 73ff.), Gassmann et al. (2003, 30), Parhankangas et al. (2003, 10), Antonelli (2004, 134), Blum (2006, 210).
110
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
Anteil Probanden
50% 40%
32,6%
30,4%
30%
26,1%
20% 8,7%
10% 2,2%
0% stimme gar stimme eher nicht zu nicht zu
teils teils
stimmer eher stimme voll zu zu N=46, Med.=4
Zustimmungsgrad
Aussage: "Die Durchführung von Ausgründungen zur externen Technologieverwertung nimmt heute eine bedeutende Rolle ein."
Abbildung 6.5: Bedeutung des Ausgründungsmechanismus heute
Wird der heutigen Bedeutung des Ausgründungsmechanismus schon eine relativ hohe Relevanz beigemessen, so stimmen sogar 76,1% der Probanden „eher“ oder „voll“ der Aussage zu, dass dessen Bedeutung in der Zukunft noch weiter zunehmen wird (vgl. Abbildung 6.6). Nur 4,4% der Probanden stimmen der Aussage „eher nicht“ zu und 19,6% zeigen sich diesbezüglich unentschlossen. Zusammen mit der hohen heutigen Bedeutung des Ausgründungsmechanismus unterstreicht dieses Ergebnis die praktische Relevanz der vorliegenden Forschungsarbeit.
Anteil Probanden
50%
45,7%
40% 30,4%
30% 19,6%
20% 10% 0%
4,4% 0%
stimme gar stimme eher nicht zu nicht zu
teils teils
stimme eher stimme voll zu zu
Zustimmungsgrad
N=46, Med.=4
Aussage: "Die Bedeutung von Ausgründungen zur externen Technologieverwertung wird in Zukunft zunehmen."
Abbildung 6.6: Bedeutung des Ausgründungsmechanismus in der Zukunft
6.6 Multivariate Analyse und Befunde
111
Um zu erfassen, wie institutionalisiert der Ausgründungsmechanismus bei den befragten Unternehmen ist, wurde auch der Zustimmungsgrad der Probanden zu der Aussage „Mein Unternehmen geht bei der Prüfung und Durchführung von Ausgründungen systematischer und effektiver vor als Wettbewerber“ abgefragt. Das in Abbildung 6.7 aufgetragene Ergebnis zeigt, dass nur 34,8% der Probanden dieser Aussage zustimmen und 24% Wettbewerber sogar im Vorteil sehen. Die übrigen 41,3% der Probanden drücken ihre Zustimmung mit „teils teils“ aus. Insgesamt legt dieses Ergebnis nahe, dass ein nicht unerhebliches Verbesserungspotenzial bei der Prüfung und Durchführung von Ausgründungen in den befragten Unternehmen besteht. Gerade in Anbetracht der zunehmenden Bedeutung von Ausgründungen scheinen Unternehmen weiterhin noch zusätzliche diesbezügliche Kompetenzen aufbauen zu müssen. 50%
Anteil Probanden
41,3%
40% 30% 19,6%
20% 10%
19,6% 15,2%
4,4%
0% stimme gar stimme eher nicht zu nicht zu
teils teils
stimmer eher stimme voll zu zu
Zustimmungsgrad
N=46, Med.=3
Aussage: "Mein Unternehmen geht bei der Prüfung und Durchführung von Ausgründungen systematischer und effektiver vor als Wettbewerber."
Abbildung 6.7: Ausgründungsprüfung und -durchführung relativ zu Wettbewerbern
6.6 Multivariate Analyse und Befunde Nachdem im vorhergehenden Abschnitt der erhobenen Datensatz deskriptiv vorgestellt und die Probanden näher charakterisiert wurden, folgt in diesem Abschnitt die multivariate Analyse des Entscheidungsverhaltens dieser Probanden. Neben der Signifikanz der Präferenzen hinsichtlich verschiedener Eigenschaftsausprägungen eines (fiktiven) Innovationsprojekts, soll auch die relative Wichtigkeit dieser Eigenschaften in der Entscheidungsfindung ermittelt werden.
112
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
6.6.1 Modellspezifikation Um eine vollständige Spezifikation des zu schätzenden Modells zu erhalten, werden die in Abschnitt 6.3 definierten Eigenschaftsausprägungen in das in Abschnitt 6.2 vorgestellte Präferenzmodell eingesetzt (vgl. die Formeln 6.1, 6.5 und 6.7). Wie bereits erörtert, findet aufgrund des relativ geringen Informationsgehalts der Daten auf individueller Ebene die Auswertung des Datensatzes auf aggregiertem Niveau statt. Es ergibt sich folgende Modellspezifikation für den Nutzen ܷ ሺሻ , der durch die Auswahl einer Entscheidungsalternative ݎzu erwarten ist: (6.8)
ሺ୰ሻ
ሺ୰ሻ
ሺ୰ሻ
ሺ୰ሻ
ሺ୰ሻ
ሺ୰ሻ
ሺ୰ሻ ൌ ଵ Ⱦଵ ଶ Ⱦଶ ଵ Ⱦଷ ଶ Ⱦସ ଵ Ⱦହ ଶ Ⱦ ሺ୰ሻ
ሺ୰ሻ
ሺ୰ሻ Ⱦ ሺ୰ሻ Ⱦ଼ ሺ୰ሻ Ⱦଽ ଵ Ⱦଵ ଶ Ⱦଵଵ
Ɂሺ୰ሻ
mit ଵ ଶ ଵ ଶ ଵ ଶ ଵ ଶ
= = = = = = = = = = =
Kannibalisierungsgefahr: gering Kannibalisierungsgefahr: hoch Teamqualität: gering Teamqualität: hoch Produktüberlegenheit: gering Produktüberlegenheit: hoch Zielmarkt: Entstehungsphase Zielmarkt: Wachstumsphase Zielmarkt: Reifephase Verhältnis Benefit zu Aufwand: gering Verhältnis Benefit zu Aufwand: hoch
Bei der Schätzung des Modells wird auf eine bedingte Logit-Regression (conditional logit model) zurückgegriffen.410
6.6.2 Modellschätzung und Hypothesentest In die multivariate Analyse werden 1104 Beobachtungen aus 552 vollständigen Entscheidungssituationen aufgenommen. Diese Entscheidungen wurden von 46 Probanden getroffen. Gemäß der Skalierung der vorliegenden Auswahldaten ist die abhängige Variable dichotom definiert und reflektiert das Ergebnis der Auswahlentscheidung. Der Konvention folgend entsprechen der Wert „1“ einer positiven Ausgründungsentscheidung und der Wert „0“ einer negativen. Als unabhängige Variablen werden, wie in Abschnitt 6.3.1 diskutiert, die Dummykodierten Eigenschaftsausprägungen festgesetzt.
410
Vgl. Tutz (2000, 175).
6.6 Multivariate Analyse und Befunde
113
Da mitunter mehrere Probanden aus ein und derselben Entscheidungseinheit eines Inkubatorunternehmens am Experiment teilnahmen,411 handelt es sich bei dem untersuchten Datensatz um ein sog. Cluster-Sample. Insgesamt sind Probanden aus 32 verschiedenen Entscheidungseinheiten vertreten, weshalb der Datensatz in 32 Cluster zerfällt. Die Entscheidungspräferenzen innerhalb eines Clusters können kaum als unkorreliert angesehen werden. Vielmehr zeigen Interviews, dass die Ausgründungsprüfung i.d.R. im Team geschieht, weshalb zu vermuten ist, dass Probanden einer Entscheidungseinheit aufgrund etablierter „best practices“, spezifischer Entscheidungsvorgaben und sozialer Prozesse sehr ähnliche Präferenzen hinsichtlich der Ausgründungsattraktivität eines Innovationsprojekts haben. Das Modell wird daher mit einem Schätzer berechnet, der die Cluster-Eigenschaft der Daten auf Ebene der Entscheidungseinheiten berücksichtigt.412, 413 Dieser Schätzer ist heteroskedastizitätsrobust.414 Bei den in der Regressionstabelle ausgezeichneten Standardfehlern handelt es sich um robuste Standardfehler. Das Ergebnis der Modellschätzung und die relative Wichtigkeit der Faktoren ist in Tabelle 6.6 zu sehen. Die signifikante χ2-Statistik zeigt an, dass das Modell einen höheren Erklärungsgehalt besitzt als ein Modell, welches nur eine Konstante beinhaltet. Die inkludierten abhängigen Variablen haben also einen signifikanten Einfluss auf die abhängige Variable. Die Vorzeichen aller Koeffizienten weisen die in den Hypothesen vermutete Richtung auf. Ein positives Vorzeichen zeigt einen positiven Nutzenbeitrag der jeweiligen Ausprägung, ein negatives Vorzeichen einen negativen Nutzenbeitrag der Ausprägung zum Gesamtnutzen an. Der Gesamtnutzen bezieht sich dabei auf die Entscheidung zur Ausgründung eines fiktiven Projekts mit den entsprechenden Eigenschaftsausprägungen.
411 412
413 414
Vgl. die diesbzgl. Ausführungen in der deskriptiven Analyse in Abschnitt 6.5.1. STATA erlaubt die Berücksichtigung der Cluster-Eigenschaft bei der Schätzung von Logit-Modellen über die Option cluster(). Die Standardfehler werden dabei über einen robusten Kovarianzschätzer nach der von Liang/Zeger (1986, 13ff.) entwickelten Formel korrigiert. Eine detaillierte Beschreibung der Berechnungsschritte von robusten Standardfehlern in STATA findet sich bei Arminger (1995, 111ff.). Eine umfangreiche Diskussion von Logit-Modellen für geclusterte Daten findet sich bei Hosmer/Lemeshow (2000, 308ff.). Heteroskedastizität liegt vor, wenn die Varianz der Residuen (und damit der erklärten Variable selbst) für alle Ausprägungen der anderen (Prädiktor-)Variablen signifikant unterschiedlich sind. Bei vorliegender Heteroskedastizität sind die Regressionskoeffizienten zwar immer noch konsistente Schätzer der wahren Populationsparameter, jedoch wären, aufgrund einer verzerrten Varianzmatrix, Konfidenzintervalle und tStatistiken fehlerhaft und die Schätzung ineffizient (Woolridge 2003, 257ff.).
114
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
Entscheidungsergebnis Koeffizienten Relative Unabhängige Variablen [S.F.] Wichtigkeit Kannibalisierungsgefahr (hoch) [0/1] -0,204 5,1% [0,149] Teamqualität (hoch) [0/1] 1,339*** 33,4% [0,294] Produktüberlegenheit (hoch) [0/1] 1,417*** 35,3% [0,240] Zielmarkt (Entstehungsphase) [0/1] -0,166 4,1% [0,129] Zielmarkt (Reifephase) [0/1] -0,416*** 10,4% [0,154] Verhältnis Benefit / Aufwand (hoch) [0/1] 0,471*** 11,7% [0,150] Beobachtungen (N) 1104 Cluster 32 Log pseudolikelihood -254,352 45,98 ߯ ଶ (6) ଶ 0,000 Prob > ߯ 0,34 McFadden’s ܴଶ Signifikanzniveaus der Koeffizienten: * p < 10%; ** p < 5%; *** p < 1% Abhängige Variable: Entscheidungsergebnis (0/1 ≡ keine Ausgründung/Ausgründung) Schätzverfahren: bedingter Logit, robuste Standardfehler, geclustert nach Entscheidungseinheit Tabelle 6.6: Ergebnisse der Modellschätzung (Gesamtsample)
Bei der Interpretation der Regressionskoeffizienten ist zu beachten, dass diese im Fall der Eigenschaften Kannibalisierungsgefahr, Teamqualität, Produktüberlegenheit und Verhältnis Benefit zu Aufwand die absolute Veränderung des Nutzenwertes widerspiegeln, wenn die Eigenschaftsausprägung von einem geringen auf ein hohes Niveau wechselt. Für die Ausprägungen von Zielmarkt bezieht sich der Koeffizient auf die absolute Veränderung des Nutzens relativ zu der Referenzkategorie (Zielmarkt in Wachstumsphase). So generiert bspw. die Orientierung eines Projekts unter Ausgründungsprüfung an einen Markt in der Reifephase einen um 0,416 geringeren absoluten Nutzen im Vergleich zu einer Orientierung an einen Wachstumsmarkt und eine hohe Qualität des verfügbaren Gründerteams generiert einen zusätzlichen absoluten Nutzen von 1,339 im Vergleich zu einer niedrigen Qualität (jeweils hinsichtlich der Ausgründungsattraktivität für die Entscheider). Aus der Parameterschätzung geht hervor, dass die Eigenschaften Teamqualität, Produktüberlegenheit und Verhältnis Benefit zu Aufwand signifikant auf dem 1%-Niveau sind und somit der postulierte Einfluss dieser Eigenschaften auf die Wahl einer Alternative empirisch nachgewiesen werden kann. Diese Ergebnisse unterstützen die Hypothesen 4a und 4b, Hypothese 6 und Hypothese 7.
6.6 Multivariate Analyse und Befunde
115
Ebenfalls nachweisbar auf dem 1%-Niveau ist der Einfluss der Eigenschaft Zielmarkt auf die Entscheidung zwischen einer Alternative, die einen etablierten Markt bedient und einer Alternative, die sich an einen Wachstumsmarkt richtet, weshalb Hypothese 5b nicht zurückgewiesen werden kann. Allerdings finden Hypothese 5a und Hypothese 5c keine empirische Unterstützung, auch wenn Vorzeichen und Wert der Koeffizienten die in den beiden Hypothesen formulierten Zusammenhänge widerspiegeln. Diese Befunde zeigen, dass die Entscheider klar einen Wachstumsmarkt gegenüber einem etablierten Markt präferieren, sich aber uneinig sind bzgl. der Präferenzen in der Entscheidung zwischen einem neuen entstehenden Markt und einem Wachstumsmarkt sowie zwischen einem entstehenden und einem etablierten Markt. Das negative Vorzeichen des Koeffizienten der Variablen Kannibalisierungsgefahr bedeutet, dass die befragten Entscheidungsträger ein Innovationsprojekt, von dem nur eine geringe Kannibalisierungsgefahr ausgeht, im Vergleich zu einem Projekt mit hohem Kannibalisierungspotenzial für eine Ausgründung bevorzugen. Da der Koeffizient nicht signifikant ist, könnte dieses Ergebnis aber auch auf reinen Zufall zurückzuführen sein. Die Daten geben keinen Hinweis darauf, dass die Gefahr einer Kannibalisierung des eigenen Geschäfts durch die Ausgründung einen systematischen Einfluss auf die Entscheidungsfindung hat. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass bei einer vorgegebenen primär finanziellen Zielsetzung der Ausgründungsprüfung der eher als strategisch aufzufassende Aspekt der Kannibalisierungsgefahr in den Hintergrund rückt. Auch könnten die Probanden den über eine Kapitalbeteiligung an der Ausgründung realisierbaren Kontroll- und Steuerungseinfluss als Instrument zur Vorbeugung einer ernsthaft kannibalisierenden Geschäftsentwicklung antizipieren. Ein anderer Erklärungsvorschlag ist, dass Inkubatorunternehmen die Kannibalisierungseffekte, die von einer Ausgründung überhaupt ausgehen können, schlicht und ergreifend als wenig gefährlich einschätzen und deshalb dieser Eigenschaft wenig Bedeutung beimessen. Um zu untersuchen wie relevant die einzelnen Eigenschaften eines Innovationsprojekts für die Entscheidungsträger im Direktvergleich sind, wurde deren relative Wichtigkeit berechnet (vgl. Tabelle 6.6).415 Die wichtigste Eigenschaft ist mit 35,3% die Überlegenheit des primären
415
Die relative Wichtigkeit wurde wie folgt berechnet: Der absolute Nutzenbeitrag einer hohen Kannibalisierungsgefahr im Vergleich zu einer geringen beträgt -0,204, der Beitrag einer hohen Teamqualität 1,339, usw. Die relative Wichtigkeit lässt sich nun durch Normalisierung über die Division jedes Koeffizienten durch die Summe des Betrags der Koeffizienten aller Eigenschaften berechnen. Bspw. ergibt sich die relative Wichtigkeit der Teamqualität durch den Term 1,339 / (0,204 + 1,339 + 1,417 + 0,166 + 0,416 + 0,471) = 0,334. Die Prozentzahl ergibt sich durch einfache Multiplikation mit 100. Franke et al. (2008, 474) weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die relative Wichtigkeit einer Eigenschaft von der Semantik der Eigenschaftsausprägungen abhängt. Je ähnlicher sich die Ausprägungen sind, desto geringer ist die relative Wichtigkeit der Eigenschaft. Bei der Interpretation der berechneten relativen Wichtigkeit müssen daher die zugrunde liegenden Ausprägungen berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall scheinen die jeweiligen Ausprägungen hinreichend differenziert zu sein (geringes vs. hohes Niveau bzw. deutlich unterschiedliche Marktcharakterisierungen).
116
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
Produkts eines Innovationsprojekts, knapp gefolgt von der Qualität des verfügbaren Teams mit einer relativen Wichtigkeit von 33,4%. Das Verhältnis zwischen erwarteten finanziellen Benefit und dem Abwicklungsaufwand einer Ausgründung nimmt den dritten Rang ein (11,7%). Der Unterschied zwischen einem Zielmarkt in der Wachstumsphase und einem etablierten Zielmarkt ist mit 10,4% wichtiger als der Unterschied zwischen einem Zielmarkt in Entstehungsphase und einem in der Wachstumsphase (4,1%). Relativ unwichtig ist den Probanden auch die Frage, ob von einer potentiellen Ausgründung die Gefahr einer Kannibalisierung des Geschäfts des Inkubatorunternehmens ausgeht (5,1%). Überraschend an diesem Ergebnis ist die Bedeutung, die dem Produkt eines Innovationsprojekts im Vergleich zum Gründerteam beigemessen wird. Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus den Abschnitten 3.3.2 und 4.3.2 wäre zu erwarten gewesen, dass die Teamqualität das wichtigste Entscheidungskriterium für die Probanden darstellt. Dieser Befund wurde noch differenzierter analysiert, indem das Modell für zwei disjunkte Subsamples getrennt geschätzt wurde. Ein Subsample bestand dabei aus jenen Probanden, die in Inkubatoreinheiten, Corporate Venture Capital-Einheiten und Technologietransferabteilungen beschäftigt waren als sie mit einer Ausgründungsprüfung in Berührung kamen (Subsample 2), das andere Subsample aus jenen, die in Strategieabteilungen, F&E-Abteilungen oder sonstigen Bereichen tätig waren (Subsample 1). Im Mittelpunkt dieser Analyse steht die Frage, ob Probanden aus Entrepreneurship-nahen Bereichen der Qualität des Gründerteams eine höhere Bedeutung beimessen als Probanden aus Entrepreneurship-fernen Bereichen. Die Schätzergebnisse sowie die berechneten Wichtigkeitswerte sind Tabelle 6.7 zu entnehmen. Tatsächlich ist aus den Ergebnissen ersichtlich, dass für Probanden aus den genannten Entrepreneurship-nahen Unternehmensbereichen (Subsample 2) die Qualität des Teams wichtiger ist als die Überlegenheit des Produkts, während für Probanden aus Entrepreneurship-fernen Bereichen (Subsample 1) die Produktüberlegenheit den wichtigsten Faktor für eine positive Ausgründungsentscheidung darstellt. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Kannibalisierungsgefahr für Probanden aus Strategie- und F&E-Fachabteilungen relativ gesehen eine höhere Relevanz besitzt als für Probanden aus dem anderen Subsample. Allerdings müssen diese Befunde mit Vorsicht interpretiert werden, da die Anzahl der in die jeweilige Schätzung aufgenommenen Beobachtungen relativ gering ausfällt (Subsample 1: 26 Probanden; Subsample 2: 20 Probanden).
6.6 Multivariate Analyse und Befunde
117
Entscheidungsergebnis Modell (Subsample 1) Modell (Subsample 2) Koeffizienten Relative Koeffizienten Relative Unabhängige Variablen [S.F.] Wichtigkeit [S.F.] Wichtigkeit Kannibalisierungsgefahr (hoch) [0/1] -0,270 7,8% -0,112 1,8% [0,191] [0,199] Teamqualität (hoch) [0/1] 0,924*** 26,7% 2,645*** 42,1% [0,277] [0,630] Produktüberlegenheit (hoch) [0/1] 1,244*** 35,9% 2,400*** 38,2% [0,269] [0,481] Zielmarkt (Entstehungsphase) [0/1] -0,176 5,1% -0,124 2,0% [0,186] [0,139] Zielmarkt (Reifephase) [0/1] -0,433*** 12,5% -0,400 6,4% [0,166] [0,260] Verhältnis Benefit / Aufwand (hoch) 0,417** 12,0% 0,595*** 9,5% [0/1] [0,186] [0,218] Beobachtungen (N) 624 480 Cluster 22 13 Log pseudolikelihood -158,651 -84,155 ଶ 26,83 47,08 ߯ (6) 0,000 0,000 Prob > ߯ ଶ 0,27 0,49 McFadden’s ܴଶ Signifikanzniveaus der Koeffizienten: * p < 10%; ** p < 5%; *** p < 1% Abhängige Variable: Entscheidungsergebnis (0/1 ≡ keine Ausgründung/Ausgründung) Schätzverfahren: bedingter Logit, robuste Standardfehler, geclustert nach Entscheidungseinheit Tabelle 6.7: Ergebnisse der Modellschätzung (Subsamples)
Abschließend wurden die relativen Gesamtnutzenwerte jeder einzelnen Alternative berechnet, um so vergleichende Aussagen über die Ausgründungsattraktivität der fiktiven Projekte treffen zu können. Das Ergebnis wird in untenstehender Tabelle 6.8 berichtet. Auf Basis der berechneten Gesamtnutzenwerte lässt sich konstatieren, dass die höchste Ausgründungsattraktivität ein Innovationsprojekt besitzt, das sich durch eine geringe Kannibalisierungsgefahr, hohe Teamqualität, hohe Produktüberlegenheit, einen Zielmarkt in der Wachstumsphase auszeichnet und für das der erwartete finanzielle Benefit im Vergleich zum Ausgründungsauwand hoch ist. Im Gegensatz dazu weisen jene Innovationsprojekte die geringste Ausgründungsattraktivität auf, von denen eine hohe Kannibalisierungsgefahr ausgeht, deren Team eine geringe Qualität aufweist, deren Produkt kaum überlegen ist, die einen etablierten Markt bedienen und deren Benefit im Vergleich zum Ausgründungsaufwand gering ist.
118 Teamqualität
Zielmarkt
Benefit / Aufwand
Wachstumsphase Entstehungsphase Reifephase Wachstumsphase Entstehungsphase Reifephase Wachstumsphase Wachstumsphase Reifephase Entstehungsphase Wachstumsphase Reifephase Reifephase Entstehungsphase Entstehungsphase Wachstumsphase Entstehungsphase Reifephase Wachstumsphase Entstehungsphase Wachstumsphase Reifephase Reifephase
hoch hoch hoch gering gering gering hoch hoch hoch hoch gering hoch hoch gering gering gering gering gering hoch hoch hoch gering gering
abnehmende Attraktivität Æ
hoch hoch hoch hoch hoch hoch gering hoch gering hoch gering hoch gering gering hoch hoch gering hoch gering gering gering gering gering
Produktüberlegenheit hoch hoch hoch hoch hoch hoch hoch gering hoch gering hoch gering hoch hoch gering gering hoch gering gering gering gering gering gering
Å zunehmende Attraktivität
Kannibalisierungsgefahr gering gering hoch hoch hoch gering hoch hoch gering hoch gering gering hoch gering gering hoch hoch gering gering gering hoch gering hoch
Kapitel 6: Entscheidungsverhalten im Experiment
Tabelle 6.8: Ausgründungsattraktivität der fiktiven Innovationsprojekte
6.7 Zusammenfassung In diesem Kapitel wurde das Verhalten etablierter Unternehmen bei Ausgründungsentscheidungen quasi-experimentell untersucht. Durch eine multivariate Analyse von 1104 einzelnen diskreten Entscheidungen zu fiktiven Innovationsprojekten unter Ausgründungsprüfung konnte der Einfluss verschiedener Projekteigenschaften auf die Entscheidungsfindung bestimmt und die relative Wichtigkeit der Eigenschaften quantifiziert werden. Die analysierten Entscheidungsdaten geben Unterstützung für mehrere Hypothesen des Forschungsmodells (vgl. Abbildung 6.8). So konnte gezeigt werden, dass die Entscheidungsträger eine hohe Teamqualität, eine hohe Produktüberlegenheit, einen im Vergleich zum Ausgründungsaufwand hohen finanziellen Benefit und einen Zielmarkt in der Wachstumsphase gegenüber einem Zielmarkt in der Entstehungsphase präferieren. Die beiden wichtigsten Eigenschaften sind die Überlegenheit des primären Produkts der potentiellen Ausgründung gefolgt von den technologischen und kaufmännischen Kompetenzen des Gründerteams (Teamqualität). Die vergleichsweise geringste Relevanz in der Entscheidungsfindung scheint die Kannibalisierungsgefahr aufzuweisen.
6.7 Zusammenfassung
119
Zu beachten ist an dieser Stelle, dass sich die Ergebnisse der statistischen Analyse auf durchschnittliche Verhaltensmuster der Entscheidungsträger beziehen und das Entscheidungsverhalten eines einzelnen Entscheiders davon abweichen kann. Eine visuelle Darstellung der Ergebnisse der durchgeführten Hypothesentests folgt in Abbildung 6.8.
techn.
H4a: Entscheidung: Ausgründung (+)
kaufm.
H4b: Entscheidung: Ausgründung (+) H5a: Entscheidung: Ausgründung (+) bei Wachstumsphase (vs. Entstehungsphase)
Reife des Zielmarkts
H5b: Entscheidung: Ausgründung (+) bei Wachstumsphase (vs. Reifephase) H5c: Entscheidung: Ausgründung (+) bei Entstehungsphase (vs. Reifephase)
Produktüberlegenheit
H6: Entscheidung: Ausgründung (+)
Verhältnis Benefit / Aufwand
H7: Entscheidung: Ausgründung (+)
Unterstützung der Hypothese nicht gegeben Unterstützung der Hypothese gegeben
Abbildung 6.8. Ergebnisse der Hypothesentests im Entscheidungsexperiment
Ergebnis der Ausgründungsentscheidung
Verfügbarkeit geeignetes Gründerteam
7 Entscheidungsverhalten im Feld In diesem Kapitel wird die zweite quantitative Untersuchung dieser Arbeit, die Analyse des historischen Entscheidungsverhaltens etablierter Unternehmen im Feld, vorgestellt. Zunächst werden in Abschnitt 7.1 Ziele und Design der Studie erörtert. Nach einer Beschreibung der Datenerhebung in Abschnitt 7.2, stellt Abschnitt 7.3 die Operationalisierung der Modellvariablen vor. Die Stichprobe wird in Abschnitt 7.5 einer umfassenden deskriptiven Analyse zugeführt. Abschnitt 7.6 präsentiert die multivariate Analyse und die Befunde der Hypothesentests. Abschließend werden in Abschnitt 7.7 Untersuchungsgang und Ergebnisse zusammengefasst.
7.1 Ziele und Design der ex post-Studie Die primären Ziele dieses Analyseteils bestehen in der Überprüfung des vollständigen Entscheidungsmodells sowie in der deskriptiven Detaillierung und Vertiefung der vorliegenden Erkenntnisse zum Untersuchungsgegenstand. Dazu wurden ex post-Daten zu historischen Entscheidungsfällen über ein standardisiertes Instrument erhoben und quantitativ ausgewertet.416 Diese Studie ist somit das auf realen Vorgängen fußende Komplement zu dem in Kapitel 6 berichteten Entscheidungsexperiment, in dem die Entscheidungspräferenzen der Probanden auf Basis fiktiver Entscheidungssituationen ermittelt wurden. Im Gegensatz zu einem Experimentaldesign erlaubt es das Design der hier vorgestellten ex post-Analyse, Aussagen über das tatsächliche Entscheidungsverhalten etablierter Unternehmen in der Vergangenheit zu treffen. Eine wichtige Entscheidung in Hinblick auf das Untersuchungsdesign ist die Wahl einer geeigneten Datenerhebungsmethode. Grundsätzlich können Befragungen in schriftlicher Form und/oder mündlich in Form von Interviews durchgeführt werden.417 Aus methodischen als auch pragmatischen Gründen wird im vorliegenden Fall eine schriftliche Befragung mit einem voll strukturierten und standardisierten Fragebogen als geeignetes Erhebungsinstrument gewählt, wobei die Befragung internetgestützt stattfand. Methodische Aspekte, die für eine Wahl dieser Erhebungsform sprechen, umfassen die im Vergleich zu einer mündlichen Befragung geringere Gefahr einer Antwortverzerrung aufgrund sozialer Erwünschtheitseffekte sowie die häufig angeführte Vermutung, dass die zeitliche Flexibilität bei einer schriftlichen Befragung zu konzentrierterem und überlegterem Antwortverhalten des Informanten führt.418
416 417 418
Verschiedene Argumente für eine quantitative Forschungsstrategie wurden in Abschnitt 5.2 diskutiert. Vgl. Bortz/Döring (2002, 237ff.). Vgl. Schnell et al. (2005, 359).
122
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Auch den Anonymisierungswünschen einiger Teilnehmer kommt diese Befragungsform entgegen. Als pragmatischer Grund ist v.a. die Ressourceneffizienz zu nennen, kann doch eine derartige Befragung kostengünstiger und schneller durchgeführt werden als eine mündliche Befragung oder eine Befragung auf postalisch-schriftlichem Weg.419 Dem zeitlichpunktuellen Charakter einer diskreten Entscheidungssituation und dem konkreten Erkenntnisinteresse der vorliegenden Untersuchung entsprechend, ist die Studie als Querschnittstudie angelegt.420 Wie in Abschnitt 5.2.2 ausführlich diskutiert, liegt ihr ein Key Informant-Design zugrunde.
7.2 Erhebung und Datensatz Im Folgenden wird die Konzipierung des Erhebungsinstruments, die Durchführung der Datenerhebung sowie die Aufbereitung des Datensatzes beschrieben.
7.2.1 Erhebungsinstrument und Pretest Der auf Basis von Theorie und Exploration erarbeitete Fragebogen ist durch eine festgelegte Frageformulierung (standardisiert) als auch durch festgelegte Themenfelder und Frageanordnungen gekennzeichnet (strukturiert).421 Nach allgemeinen Angaben zum Innovationsprojekt (u.a. Art des Projekts, Jahr der Ausgründungsprüfung, Technologiefeld) werden Informationen zur Beziehung zwischen Inkubatorunternehmen und Projekt (Teil A), zu spezifischen Projekteigenschaften (Teil B) sowie zur Ausgründungsprüfung (Teil C) erhoben. Für jene Informanten, die Aussage zu einem ausgegründeten Projekt treffen, werden zusätzliche Fragen zur Ausgründungsgestaltung (Teil D) gestellt. Darüberhinaus muss für ausgegründete und intern weitergeführte Projekte ein Fragenblock zum Erfolg der jeweiligen Projektfortführung beantwortet werden (Teil E). In Abhängigkeit zur der am Anfang des Fragebogens ermittelten Art des Entscheidungsfalls wurde der Schlüsselinformant auf die entsprechenden Frageblöcke gelenkt. Auf die Entwicklung des Erhebungsinstruments folgte im August 2008 ein empirischer Pretest auf Verständlichkeit, Aussagefähigkeit, Beantwortbarkeit und Zeitbedarf.422 Dazu wurde der Fragebogen acht Experten vorgelegt.423 Insgesamt zeigte sich, dass keine wesentlichen Verständnisschwierigkeiten auftraten und der Fragebogen als sinnvoll strukturiert und
419 420 421 422 423
Abweichungen zu diesem Vorgehen werden in Abschnitt 7.2.2 besprochen. Vgl. zur Abgrenzung von Querschnitt- und Längsschnittdesigns empirischer Untersuchungen Roth (1989, 319ff.) und Bortz/Döring (2002, 520). Vgl. Stier (1996, 173 und 186), Schnell et al. (2005, 322f.). Vgl. Bortz/Döring (2002, 359f.), Schnell et al. (2005, 347f.). Es handelte sich dabei um dieselben Experten, die auch beim Pretest des Entscheidungsexperiments konsultiert wurden (vgl. Abschnitt 6.4.1).
7.2 Erhebung und Datensatz
123
logisch aufgebaut bewertet wurde. Da drei der Experten den Fragebogen als relativ lang empfanden, wurden einige Kürzungen an sinnvollen Stellen vorgenommen. Außerdem wurde die Formulierung einiger weniger Fragen überarbeitet, was deren Prägnanz und Verständlichkeit erhöhte. Der überarbeitete Fragebogen wurde noch einmal mit Experten besprochen. Der finale Fragebogen kann innerhalb von 15 Minuten beantwortet werden. In der vollständigen Ausprägung für ausgegründete Projekte beträgt der Umfang 36 Fragen (96 Items), 27 Fragen (80 Items) für intern weitergeführte Projekte und 24 Fragen (76 Items) für eingestellte Projekte.424 Konstrukte werden typischerweise durch 5-stufige Ratingskalen abgefragt. Für Namen und Kommentare sind Freitextfelder vorgesehen. Weitere Details lassen sich im Fragebogen nachlesen, der in Anhang F abgedruckt ist. Der Fragebogen wurde über den OnlineDienst der Globalpark AG programmiert und den Schlüsselinformanten online bereitgestellt.425
7.2.2 Durchführung der Erhebung Wie in Abschnitt 5.2.2 beschrieben, erfolgte zwischen Januar und Juli 2008 die Bildung der Stichprobe für die in diesem Kapitel vorgestellte Untersuchung mit dem Ziel einer möglichst guten Approximation der unbekannten Grundgesamtheit. Die eigentliche Erhebung fand zwischen 11.8.2008 und 17.10.2008 statt. In diesem Zeitraum wurden die Schlüsselinformanten der 89 identifizierten Entscheidungsfälle unter Bezugnahme auf den Erstkontakt individuell per E-Mail angeschrieben und gebeten, den in der E-Mail verlinkten Online-Fragebogen für den jeweiligen Entscheidungsfall zu beantworten.426 Besonderes Augenmerk wurde in dieser Untersuchung darauf gelegt, das sog. Identitätsproblem zu umgehen.427 Dieses resultiert aus dem für schriftliche Befragungen typischen Risiko, dass nicht der gewünschte Schlüsselinformant den Fragebogen ausfüllt, sondern eine andere Person, die möglicherweise nicht über das notwendige Wissen verfügt. Die Schlüsselinformanten wurden vom Autor dahingehend sensibilisiert. Informanten, die innerhalb von zwei Wochen nicht auf den Online-Fragebogen zugegriffen hatten, wurden sukzessive durch eine E-Mail oder einen Telefonanruf an die Teilnahme erinnert. In einem Fall bat ein Schlüsselinformant um die postalische Zusendung des Fragebogens. Um diesem Wunsch zu entsprechen wurde eine Print-Version des Online-Fragebogens
424 425 426 427
Vgl. dazu die Ausführungen zur kategorialen Erfassung der möglichen Ergebnisse einer Ausgründungsprüfung in Abschnitt 7.3.1. Vgl. http://www.globalpark.de (letzter Zugriff am 20.1.2009). Vgl. zur Vorteilhaftigkeit individueller E-Mail-Benachrichtigungen bei elektronischen Umfragen Frost (1998, 225). Vgl. Hafermalz (1976, 23ff.).
124
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
erstellt und mit Beilage eines frankierten Rückumschlags versandt. Den Wünschen zweier weiterer Schlüsselinformanten entgegenkommend wurde die Befragung in einem persönlichen Gespräch vor Ort auf Basis der Print-Version des Fragebogens durchgeführt.428 Zum Stichtag des 17.10.2008 hatten 75 Informanten an der Befragung teilgenommen. Drei der Informanten haben trotz wiederholter Nachfrage auf die Einladung zur Befragung nicht reagiert. Die übrigen Informanten hatten ihre Teilnahmezusage aus zeitlichen Gründen zurückgezogen. Die Rücklaufquote beträgt 84,3%. Für alle Fragebögen konnte durch Angaben im Fragebogen oder persönlicher Rückfrage verifiziert werden, dass tatsächlich die anvisierten Schlüsselinformanten die Informationen zu den betreffenden Entscheidungsfällen bereitgestellt haben.
7.2.3 Aufbereitung des Datensatzes In der empirischen Forschung folgt der Datenerhebung die Datenaufbereitung.429 Durch die Aufbereitung der erhobenen Daten soll die Qualität für die empirische Auswertung u.a. durch die Korrektur offensichtlicher Eingabefehler und der Ergänzung fehlender Werte gesteigert werden. Außerdem muss der Datensatz in ein Format gebracht werden, das eine Auswertung mit der verwendeten Statistik-Software erlaubt. Diese Schritte wurden auch in der vorliegenden Untersuchung durchgeführt. Zunächst wurde anhand der Angaben in den zurückgespielten Fragebögen kontrolliert, ob die Entscheidungsfälle tatsächlich in die Grundgesamtheit fallen. Ein Entscheidungsfall musste daraufhin aus dem Datensatz exkludiert werden, da es sich um ein Tochterunternehmen des Inkubatorunternehmens handelte. Die Prüfung auf offensichtliche Eingabefehler und fehlender Werte führte zur Entfernung zweier weiterer Fälle ausgegründeter Projekte, da die Beantwortung der betreffenden Fragebögen nach wenigen Fragen abgebrochen wurde und die Schlüsselinformanten aus zeitlichen Gründen eine Finalisierung ablehnten. Die endgültige Beteiligungsquote liegt somit bei 82%. Für zwei Ausgründungsfälle wurden über Internet-Recherchen fehlende Angaben zur Kapitalbeteiligung des Inkubatorunternehmens zum Ausgründungszeitpunkt ergänzt. Schließlich wurde der Datensatz in das Statistik-Paket STATA SE 10.1 überführt, welches in der statistischen Auswertung der Daten Verwendung findet.
428 429
Die betreffenden Gespräche fanden am 9.9.2008 in Berlin und am 13.10.2008 in München statt. Vgl. Schnell et al. (2005, 13f.).
7.3 Operationalisierung des theoretischen Modells
125
7.3 Operationalisierung des theoretischen Modells In diesem Kapitel soll eine multivariate Überprüfung des vollständigen Entscheidungsmodells erfolgen. Hierzu sind zwei Schritte notwendig: Zunächst müssen die theoretischen Konstrukte des Modells empirisch messbar gemacht werden. Als Grundlage und inhaltlich-theoretischer Rahmen dafür dienen die in Kapitel 3 diskutierten Theorieelemente. Dieser Prozess der Übersetzung des theoretischen Modells in ein empirisch überprüfbares Modell entspricht der Operationalisierung empirisch erfassbarer Einflussgrößen und der Beurteilung ihrer Güte. Erst im Anschluss daran kann der Einfluss dieser Faktoren auf die Ausgründungsentscheidung untersucht werden. In das Modell aufgenommen wurden als wesentliche Faktoren die Verfügbarkeit von Kommerzialisierungsressourcen, die Strategiekompatibilität, die Kannibalisierungsgefahr, die Verfügbarkeit eines geeigneten Gründerteams, die Überlegenheit des primären Produkts, der Reife des Zielmarkts sowie das Verhältnis von Benefit für das Inkubatorunternehmen zum Ausgründungsaufwand. Bei diesen Einflussgrößen handelt es sich um latente Variablen, die sich einer direkten Beobachtung entziehen und deren Erfassung indirekt über geeignete beobachtbare und messbare manifeste Variablen erfolgen muss. Mit Hilfe dieser so genannten Indikatoren wird ein „(…) observed score gathered through self-reported, interview, observation or some other means“430 für das zu untersuchende Phänomen bzw. die zu untersuchende Eigenschaft gewonnen. Zu spezifizieren ist, in welcher Beziehung Indikatoren zu einer latenten Variablen stehen. Spiegeln die Indikatoren die Ausprägung der latenten Variable wider, spricht man von reflektiven Indikatoren. Ist die Wirkungsrichtung umgekehrt, bestimmen also die Indikatoren die Ausprägung der latenten Variablen, bezeichnet man die Indikatoren als formativ.431 In dieser Arbeit werden für die Operationalisierung der Einflussfaktoren auf die Ausgründungsentscheidung sowohl formative als auch reflektive Indikatoren eingesetzt. Formative Indizes werden vor allem dann verwendet, wenn die Begriffe einer Theorie zwar mehrere Dimensionen ansprechen, aber die Theorie eine gemeinsame latente Variable postuliert.432 Die Dimensionen eines Begriffs bilden seinen Merkmalsraum. Dieser kann über Zuordnungsregeln reduziert werden, so dass aus der Kombination der Dimensionen über die
430 431
432
Edwards/Bagozzi (2000, 156). Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001, 269). Die Art der spezifizierten Beziehung wirkt sich auf die Bezeichnung des resultierenden Messinstruments einer latenten Variablen aus. Basiert das Messinstrument auf reflektiven Indikatoren, so wird es als Skala bezeichnet. Liegen dem Messinstrument formative Indikatoren zugrunde, so bezeichnet man es als Index. Schnell et al. (2005, 166) weisen darauf hin, dass die Begriffe „Skala“ und „Index“ in der Literatur uneinheitlich verwendet werden und Skalen als Spezialfälle von Indizes angesehen werden können. Im Gegensatz zur Indexbildung existieren für ein reflektives Messinstrument jedoch objektive (d.h. statistische) Kriterien zur Gütebeurteilung. Vgl. Schnell et al. (2005, 167).
126
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
mathematischen Operationen der Addition, Multiplikation und Gewichtung der einzelnen Indikatorwerte der Index gebildet wird.433 Ein Index kann somit als Funktion seiner Indikatoren aufgefasst werden, die die latente Variable verursachen. Im Hinblick auf die Reliabilitätsund Validitätsbeurteilung ist festzustellen,
434
dass ein Index i.d.R. selten formal validiert
werden kann, sondern mit seiner theoretischen oder empirischen Nützlichkeit argumentativ zu legitimieren ist.435 Dementsprechend ist bei der formativen Spezifikation auf eine hinreichend sachlogisch begründete inhaltliche Abdeckung des jeweils interessierenden Faktors zu achten. So ist es auch Ziel der Operationalisierung in dieser Untersuchung, die den Hypothesen zugrunde liegenden Konzepte durch eine präzise Beschreibung des inhaltlichen Umfangs zu erfassen. Um eine solche Abdeckung zu gewährleisten, wurden die in den jeweiligen Index einfließenden Dimensionen auf Basis der vorgestellten Erkenntnisse der Literaturanalyse, angereichert durch empirische Erkenntnisse aus der Exploration, festgelegt. Die Adäquatheit der Indizes ist somit einerseits aus theoretisch-inhaltlicher Perspektive beurteilbar und fußt andererseits auf einer qualitativ-empirischen Validierung. Wie bereits erläutert, geht eine reflektive Spezifikation davon aus, dass die latente Variable die zugeordneten Indikatoren verursacht. Hierbei liegt die Prämisse zugrunde, dass reflektive Indikatoren, die derselben latenten Variable zugeordnet werden, gewissermaßen dasselbe Konzept erfassen und daher stark miteinander korrelieren. Im Gegensatz zu formativen Spezifikationen existieren für reflektive Spezifikationen objektiv-formale Kriterien zur Gütebeurteilung, die für die Konstruktion des Messinstruments herangezogen werden können. Zur Beurteilung der Güte der Messung werden auch hier i.d.R. Reliabilität und Validität untersucht. In der Literatur werden vier Arten von Validität für eine reflektive Messung unterschieden.436 Die Inhaltsvalidität gibt an, in wie weit die Indikatoren einer latenten Variablen mit deren theoretischem Rahmen konsistent sind und sämtliche Aspekte erfassen. Alle Indikatoren müssen folglich dem „inhaltlich-semantischen Bereich des Konstrukts angehören“.437 Als Konvergenzvalidität wird der Grad der Übereinstimmung der Messung desselben Konzepts durch zwei möglichst unterschiedliche Maße bezeichnet und beschreibt somit die interne Konsistenz verschiedener Indikatoren einer latenten Variablen. Wenn hingegen die Messungen verschie-
433 434
435 436 437
Entsprechend werden nach Form der Zuordnungsregel u.a. additive, multiplikative und gewichtete Indizes unterschieden (Schnell et al. 2005, 171). Als „Reliabilität“ oder „Zuverlässigkeit“ kann das Ausmaß bezeichnet werden, in dem wiederholte Messungen eines Objekts mit einem Messinstrument die gleichen Werte liefern. Unter „Validität“ oder „Gültigkeit“ eines Messinstruments versteht man das Ausmaß, in dem das Messinstrument tatsächlich das misst, was es messen sollte. Reliabilität und Validität sind die zentralen Gütekriterien einer jeden empirischen Messung. Vgl. Schnell et al. (2005). Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001, 271), Schnell et al. (2005, 171). Vgl. Churchill (1979, 65), Peter/Churchill (1986, 1ff.), Homburg/Giering (1996, 7). Homburg/Giering (1996, 7).
7.3 Operationalisierung des theoretischen Modells
127
dener Konzepte mit möglichst ähnlichen Methoden unterschiedlich sind, spricht man von Diskriminanzvalidität.438 Nomologische Validität bedeutet, dass das Konstrukt Bestandteil eines übergeordneten theoretischen Rahmens ist.439 Da noch kein geschlossenes theoretisches Modell für den hier betrachteten Untersuchungsgegenstand vorliegt, ist diese weitgehende Forderung nomologischer Validität für die Messung der Modellvariablen nicht zu erfüllen. In dieser Studie werden für die kritische Beurteilung von Reliabilität und Validität das Verfahren der Faktorenanalyse sowie die Maße Cronbach’sche Alpha und die Item-to-TotalKorrelation (auch bezeichnet als Trennschärfekoeffizient) eingesetzt. Mit Hilfe der Faktorenanalyse kann die Faktorenstruktur einer Menge von Indikatoren und die Unidimensionalität der Faktoren untersucht werden. Lassen sich alle Indikatoren eindeutig einem Faktor zuordnen, ist ein gewisses Maß an Konvergenz- und Diskriminanzvalidität erreicht. Werden nur die Indikatoren eines einzelnen Faktors analysiert, so sollte im Hinblick auf die Konvergenzvalidität auch nur eine einfaktorielle Struktur erkennbar sein. Je höher die Ladung der einzelnen Indikatoren auf einen Faktor ist, desto höher ist die interne Konsistenz des Faktors.440 Für eine akzeptable Messung wird in der Literatur eine Faktorladung der Indikatoren von > 0,40 gefordert sowie eine durch den Faktor erklärte Varianz der dazugehörigen Indikatoren von mehr als 50%.441 Das Cronbach’sche Alpha erfasst die interne Konsistenz von Indikatoren, die einer bestimmten latenten Variablen zugeordnet werden, und trifft somit Aussage über die Reliabilität. Als Richtwert für eine akzeptable Reliabilität wird in der Literatur eine Ausprägung des Cronbach’schen Alpha von 0,70 vorgeschlagen.442 Dieser Wert wird auch in der vorliegenden Arbeit angesetzt.443 Die Item-to-Total-Korrelation ist ein Maß für die Korrelation eines Indikators mit allen anderen Indikatoren dieses Faktors. Je höher die Item-to-Total-Korrelation eines Indikators, desto
438 439 440 441 442 443
Vgl. Bagozzi/Phillips (1982, 469). Vgl. Homburg/Giering (1996, 7). Eine Faktorladung besitzt den Wertebereich [-1, 1]. Der Betrag der Faktorladung bestimmt das Gewicht, mit dem ein Indikator in die Berechnung des Faktors eingeht. Vgl. Homburg/Giering (1996, 12). Nunnally (1978, 245), Peterson (1994, 382), Homburg/Giering (1996, 8). Das Cronbach’sche Alpha stellt zwar das am häufigsten verwendete Gütekriterium dar, jedoch ist seine Anwendung mit einigen Limitationen verbunden und somit eine kritische Reflexion über seine Aussagekraft notwendig (Peterson 1994, 381). Seiner Berechnung liegt beispielsweise die implizite Annahme zugrunde, dass alle Indikatoren ein eindimensionales Set beschreiben und die gleiche Reliabilität aufweisen (Gerbing/Anderson 1988, 1990). Darüberhinaus ist eine inferenzstatistische Beurteilung auf Basis eines Tests nicht möglich. Auch steigt der Wert des Gütekriteriums mit der Anzahl der Indikatoren.
128
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
höher sein Beitrag zur Reliabilität des Faktors. Diese Arbeit übernimmt den in der Literatur empfohlenen Mindestwert von 0,30.444 Im Folgenden wird die Operationalisierung der abhängigen Variable und der unabhängigen Variablen, d.h. erklärende Variablen und Kontrollvariablen, des Entscheidungsmodells vorgestellt. Eine deskriptive Statistik der Variablen findet sich in Abschnitt 7.5.
7.3.1 Abhängige Variable Die abhängige Variable dieser Untersuchung differenziert zwischen den diskreten Ergebnissen der Ausgründungsprüfung. Aus den geführten Expertengesprächen geht hervor, dass eine Ausgründungsprüfung nicht nur in einer Ausgründung oder einer internen Weiterführung des betreffenden Projekts resultieren kann, sondern u.U. gar keine Weiterentwicklung stattfindet. In einem solchen Fall wird das Projekt eingestellt, wobei spezifische Technologien entweder ungenutzt bleiben oder Verwertungsmechanismen wie einem (partiellen) Technologieverkauf zugeführt werden. Daraus resultieren drei mögliche Ergebniskategorien einer Ausgründungsprüfung. Dementsprechend mussten ein Schlüsselinformant am Anfang des Fragebogens kennzeichnen, ob das Innovationsprojekt, über das er Auskunft gibt, nach der Ausgründungsprüfung (i) „ausgegründet“, (ii) „unternehmensintern weitergeführt“ oder (iii) „nicht weiterentwickelt (abgebrochen/eingestellt/andersartig verwertet)“ wurde.445 Um diese drei Ergebniskategorien im statistischen Modell abzubilden, wird die abhängige Variable kategorial, d.h. in diesem Fall trichotom, definiert.
7.3.2 Erklärende Variablen Das vollständige Modell enthält elf unabhängige Variablen. Drei der unabhängigen Variablen, Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie, Kannibalisierungsgefahr und Produktüberlegenheit, werden reflektiv spezifiziert. Die Operationalisierung der Variablen Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen (techn./kaufm.) und die Verfügbarkeit eines geeigneten Gründerteams (techn./kaufm.) erfolgt formativ als Indizes. Die Variablen Reife des Zielmarkts (Entstehungsmarkt, Wachstumsmarkt, Etablierter Markt) und Verhältnis zwischen Benefit und Aufwand werden jeweils dichotom über eine Dummy-Kodierung operationalisiert. Für alle nicht Dummy-kodierten Sachverhalte werden konsequent Konstrukte mit mehreren Indikatoren verwendet, wobei die Ausprägungen aller Indikatoren über 5-stufige RatingSkalen erfasst werden. Die Verwendung von Ratingskalen zielt darauf ab, eine hinreichende
444 445
Vgl. Nunnally (1978, 245), Churchill (1979, 68), Homburg/Giering (1996, 8). Originalwortlaut aus dem Fragebogen (vgl. Anhang F).
7.3 Operationalisierung des theoretischen Modells
129
Differenzierung aber auch Präzision der Antworten zu ermöglichen ohne die Differenzierungsfähigkeit des Informanten zu überfordern.446 Ratingskalen weisen prinzipiell ein ordinales Skalenniveau auf. In der Forschungspraxis werden jedoch messtheoretisch eigentlich als Ordinalskalen aufzufassende Skalen dann häufig als intervallskaliert interpretiert (man spricht hier von quasi-Intervallskalierung), wenn diese durch eine abnehmende oder zunehmende Intensität der Ausprägungen gekennzeichnet sind und die verbale Charakterisierung der numerischen Abstufungen der Skalen zumindest annähernd äquidistante Ausprägungen des Merkmalkontinuums markieren bzw. von den Befragten so interpretiert werden. Die Bezeichnungen der Abstufungen der im Fragebogen dieser Untersuchung verwendeten RatingSkalen wurden entsprechend dieser Überlegungen festgesetzt.447 Zur Operationalisierung der latenten Variablen wird im Folgenden ausschließlich auf ungewichtete Indizes zurückgegriffen, da nur bei Vorliegen starker theoretischer Argumente einzelne Indikatoren nicht gleichgewichtet in einen zu bildenden Index aufzunehmen sind. 448 Dies ist jedoch bei keiner der hier formativ gemessenen latenten Variablen der Fall. Die Werte der Indikatoren werden aufsummiert und der resultierende Wert durch die Anzahl der Indikatoren geteilt, weshalb die Variablen theoretisch jeden reellen Zahlenwert zwischen 1 und 5 annehmen können. Dies rechtfertigt zusätzlich die Auffassung einer quasi-Intervallskalierung der Variablen. Die Indikatoren der reflektiv gemessenen latenten Variablen gehen mit dem durch ihre Faktorladung bestimmten Gewicht in die Berechnung des Variablenwerts ein. Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen. Die Messung der Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen erfolgt entsprechend der Struktur des ersten Hypothesensets (H1a und H1b) zweigeteilt. Erfasst werden die Verfügbarkeit komplementärer technologischer Ressourcen und die Verfügbarkeit komplementärer kaufmännischer Ressourcen. Der Index Ressourcenverfügbarkeit (techn.) basiert auf einer Indikatorenmenge mit drei Elementen, der Index Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.) auf einer Indikatorenmenge mit vier Elementen. Die Bewertung der einzelnen Indikatoren durch den Schlüsselinformanten erfolgte über eine 5-stufige Rating-Skala zur Erfassung der Verfügbarkeitsausprägungen „sehr gering“, „gering“, „mittel“, „hoch“ und „sehr hoch“.449 Bei der Bildung der beiden Indikatorenmengen wurde auf
446 447 448 449
Vgl. bspw. Schnell et al. (2005, 179ff.) oder Bortz/Döring (2002, 221ff.) Skalierungsverfahren im Allgemeinen und Rating-Skalen im Speziellen. Vgl. hierzu die Diskussion bei Bortz/Döring (2002, 178ff.) sowie die Arbeiten von Rohrmann (1978) und Wyatt/Meyers(1987). Vgl. Schnell et al. (2005, 171). An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass auf eine Ausweichstufe „keine Angabe“ bewusst verzichtet wurde. Dies kann aus mehreren Gründen als legitim und die Antworten als valide gewertet werden: Bei den befragten Probanden handelt es sich in Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand um hochgradig informierte Personen, die ihre Teilnahmebereitschaft an der Befragung fast durchweg in persönlichen Gesprächen und nach einer präzisen Aufklärung von Erhebungsziel und -inhalt sowie Anonymisierung der
130
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Grundlage der Diskussionen in den Abschnitten 3.1 und 5.1 sowie den Ergebnissen der Experteninterviews auf eine hinreichend ausdifferenzierte Erfassung der für den angestrebten Erkenntnisgewinn relevanten Ressourcenarten geachtet. Dazu stützt sich die Operationalisierung auf die von Danneels/Kleinschmidt (2001) verwendeten Indikatoren, die bereits bei Cooper/Kleinschmidt (1997) Anwendung finden und im Kontext der Ausgründungsforschung in ähnlicher Weise bspw. bei Parhankangas (1999) und Tübke (2005) eingesetzt wurden.450 Dies legitimiert nicht nur die Verwendung der entsprechenden Indikatoren (im Sinne einer inhaltlichen Validität), sondern erleichtert darüber hinaus eine Anknüpfung an diese Literatur. Im technologischen Bereich wird die Verfügbarkeit von Ressourcen (i) für die Weiterentwicklung der Kerntechnologie, (ii) für die Entwicklung des Produkts und (iii) für die Produktion des Produkts erfasst; im kaufmännischen Bereich die Verfügbarkeit von Ressourcen (i) für den Vertrieb über bestehende Vertriebskanäle, (ii) die Bewerbung und Promotion des Produkts, (iii) die weitere Marktforschung und (iv) einen angemessenen Kundenservice. In Tabelle 7.1 und Tabelle 7.2 ist die Operationalisierung der beiden Variablen zusammengefasst.
Indikatoren Verfügbarkeit von notwendigen Ressourcen im Inkubatorunternehmen für … … die Weiterentwicklung der Kerntechnologie … die Produktentwicklung … die Produktion des Produkts Beobachtungen (N): 72 Tabelle 7.1: Messung der Variablen Ressourcenverfügbarkeit (techn.)
Indikatoren Verfügbarkeit von notwendigen Ressourcen im Inkubatorunternehmen für … … den Vertrieb über bestehende Vertriebskanäle … Bewerbung und Promotion des Produkts … die weitere Marktforschung … einen angemessenen Kundenservice Beobachtungen (N): 72 Tabelle 7.2: Messung der Variablen Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.)
450
Daten zugesichert haben. Sowohl diese informellen Gespräche als auch der durchgeführte Pretest haben gezeigt, dass die abgefragten Informationen einem Detaillierungsgrad entsprechen, der die Schlüsselinformanten keinesfalls überfordert. Zusätzlich wurden den Probanden einfache Möglichkeiten gegeben, mit dem Autor bei fragespezifischen Unklarheiten bzw. Bedenken rasch in Kontakt zu treten. Keiner der Befragungsteilnehmer kam darauf zurück. Daneben verwenden mehrere andere Studien aus den Bereichen der strategischen Managementforschung (u.a. Davis et al. 1992; Davis/Irene 1992; Woo et al. 1992; Steensma 1996), des Corporate Venturing und der Neuproduktentwicklung (u.a. Sorrentino/Williams 1995) diese oder sehr ähnliche Indikatoren, um Konzepte wie „relatedness“, „fit“ oder „Komplementarität“ zu messen.
7.3 Operationalisierung des theoretischen Modells
131
Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie. Die Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie zur Überprüfung der Hypothese 2 wird in Anlehnung an Kumar et al. (1996), Carbonell et al. (2004) und Tukiainen (2004) über die Fragen operationalisiert, ob das Projekt in die Strategie eines Geschäftsbereichs passte, zur Erreichung der strategischen Ziele eines Geschäftsbereichs beitragen und eine bestehende Technologie- oder Produktlinie sinnvoll erweitern konnte. Der Schlüsselinformant wurde gebeten, seine Zustimmung auf einer 5-stufigen RatingSkala („trifft gar nicht zu“, „trifft eher nicht zu“, „teils teils“, „trifft eher zu“ und „trifft voll zu“) auszudrücken. Eine Faktorenanalyse bestätigt die einfaktorielle Struktur der zu bildenden Skala wie erwartet.451 Der Skala kann mit einer Faktorladung der Indikatoren von mindestens 0,884, einer erklärten Varianz von 80,39%, einer Item-to-Total-Korrelation von mindestens 0,741 und einem Cronbach’schen Alpha von 0,877 eine hohe Güte zugeschrieben werden. Die Messung dieser Variable und die Ausprägung der Gütekriterien zeigt die nachfolgende Tabelle 7.3.
Indikatoren Das Kernprodukt des Projekts… … passte in die Strategie eines Geschäftsbereichs. … konnte zur Erreichung der strategischen Ziele eines Geschäftsbereichs beitragen. … konnte eine bestehende Technologie- oder Produktlinie sinnvoll erweitern. Cronbach’sche Alpha Erklärte Varianz Beobachtungen (N)
Item-to-Total-Korrelation
Faktorladung
0,792 0,757
0,912 0,894
0,741
0,884
0,877 80,39% 72
Tabelle 7.3: Messung der Variablen Strategiekompatibilität
Kannibalisierungsgefahr. Um den in Hypothese 3 postulierten Einfluss der Kannibalisierungsgefahr auf die Ausgründungsentscheidung zu messen, musste der Schlüsselinformant beurteilen, ob zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung die Gefahr bestand, dass durch eine Kommerzialisierung des Projekts bestehendes oder zukünftiges Geschäft des Inkubatorunternehmens kannibalisiert und die Lebensdauer (Produktlebenszyklus) eines bestehenden oder geplanten Produkts verkürzt wird. Die Einschätzung des Informanten wurde über eine 5stufige Rating-Skala (von „trifft gar nicht zu“ bis „trifft voll zu“) erfasst. Wie Tabelle 7.4 zu entnehmen ist, weisen die zwei Indikatoren der Skala eine Faktorladung von 0,909 und eine Item-to-Total-Korrelation von 0,655 auf. 82,7% der Varianz werden erklärt und das
451
Durchgeführt wurde in Anlehnung an Schnell et al. (2005, 481) eine Hauptkomponentenanalyse unter Beachtung des Eigenwertkriteriums (> 1,0). Dieses Kriterium entspricht dem so genannten Kaiser-Kriterium. Liegen mehrere der berechneten Eigenwerte über 1,0, so ist dies ein Hinweis auf eine mehrdimensionale Skala. Dies war für die hier analysierte Indikatorenmenge nicht der Fall.
132
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Cronbach’sche Alpha beträgt 0,784. Die Gütemaße sind somit höher als die dafür gesetzten Schwellenwerte, weshalb eine hinreichende Güte der Skala konstatiert werden kann.
Indikatoren Zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung bestand die Gefahr, dass durch eine Kommerzialisierung des Projekts… … bestehendes oder zukünftiges Geschäft des Inkubatorunternehmens kannibalisiert wird. … die Lebensdauer (Produktlebenszyklus) eines bestehenden oder geplanten Produkts verkürzt wird. Cronbach’sche Alpha Erklärte Varianz Beobachtungen (N)
Item-to-Total-Korrelation
Faktorladung
0,655
0,909
0,655
0,909
0,784 82,7% 72
Tabelle 7.4: Messung der Variablen Kannibalisierungsgefahr
Verfügbarkeit eines geeigneten Gründerteams. Die theoretische Diskussion und die Ergebnisse der Exploration lassen vermuten, dass den Eigenschaften des Gründerteams eine wichtige Bedeutung im Rahmen der Ausgründungsentscheidung zukommt. In den Hypothesen 4a und 4b wird ein Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit eines geeigneten Gründerteams und der Ausgründungswahrscheinlichkeit postuliert. Die Eignung des Teams wird in zwei Kompetenzbereichen erfasst, dem technologischen und kaufmännischen. Auch bei der Operationalisierung der beiden Variablen der Teamverfügbarkeit wurde auf Basis der umfangreichen Literaturanalyse und der Hinweise aus den Experteninterviews eine Abdeckung der wichtigsten Aspekte durch entsprechende Indikatoren (und damit eine möglichst hohe Validität) sichergestellt. Die kaufmännische Ebene wird über die vier Indikatoren (i) Management- und Führungskompetenz, (ii) relevante Marketingkompetenz, (iii) relevante Branchenkompetenz und (iv) Kompetenz im Bereich Finanzen abgebildet, welche formativ zu einem Index Teamverfügbarkeit (kaufm.) verdichtet werden. Auf technologischer Ebene beinhaltet der Index Teamverfügbarkeit (techn.) die drei Komponenten (i) Kompetenz in der Entwicklung der Kerntechnologie des Projekts, (ii) Kompetenz in der Produktentwicklung sowie (iii) Kompetenz in relevanten Produktionsprozessen. Um diese Aspekte quantifizieren zu können, wurde der Schlüsselinformant gebeten, seine Einschätzung, in welchem Umfang die für eine Ausgründung verfügbaren Personen die jeweiligen Kompetenzen besaßen, auf einer 5-stufigen Rating-Skala („sehr gering“ bis „sehr hoch“) auszudrücken. Tabelle 7.5 und Tabelle 7.6 zeigen die Operationalisierung der beiden Variablen.
7.3 Operationalisierung des theoretischen Modells
133
Indikatoren In welchem Umfang besaßen die für eine Ausgründung verfügbaren Personen folgende Kompetenzen? … Kompetenz in der Entwicklung der Kerntechnologie des Projekts … Kompetenz in der Produktentwicklung … Kompetenz in relevanten Produktionsprozessen Beobachtungen (N): 72 Tabelle 7.5: Messung der Variablen Teamverfügbarkeit (techn.)
Indikatoren In welchem Umfang besaßen die für eine Ausgründung verfügbaren Personen folgende Kompetenzen? … Management und Führungskompetenz … Relevante Marketingkompetenz … Relevante Branchenkompetenz … Kompetenz im Bereich Finanzen Beobachtungen (N): 72 Tabelle 7.6: Messung der Variablen Teamverfügbarkeit (kaufm.)
Reife des Zielmarkts. Für die Überprüfung der Hypothese 5 ist es notwendig, den Reifegrad des Zielmarkts eines Innovationsprojekts zu bestimmen. Wie in Abschnitt 5.1.1 diskutiert, kann sich ein Markt in Anlehnung an Eisenhardt/Schoonhoven in einer Entstehungsphase, Wachstumsphase oder Reifephase befinden.452 Jede dieser Marktphasen ist durch spezifische Eigenschaften charakterisiert. In der Erhebung wurde der Informant gebeten, Aussage über die Reife des primären Zielmarkts des Innovationsprojekts zu treffen und dafür anzugeben, in welcher von drei sich gegenseitig ausschließenden alternativen Phasen sich dieser Zielmarkt am ehesten befand. Konsistent mit der theoretischen Diskussion, wurde ein Markt in Entstehungsphase beschrieben als ganz neu, mit noch geringer Nachfrage und geprägt durch hohe Unsicherheit. Ein Markt in Wachstumsphase wurde charakterisiert über ein dynamisches Wettbewerbsumfeld, einer rasch steigenden Nachfrage und einer jährlichen Wachstumsrate von über 20%.453 Ein Markt in Reifephase wurde definiert als ein etablierter Markt mit stabiler Nachfrage und stabilem Wettbewerbsumfeld sowie einer jährlichen Wachstumsrate von unter 20%. Für jede der drei Phasen wird eine Dummy-Variable in das ökonometrische Modell eingebunden. Die Operationalisierung ist in Tabelle 7.7 zusammengengefasst.
452 453
Vgl. Eisenhardt/Schoonhoven (1990, 506f.). Die Wahl der Wachstumsmarke von 20% stützt sich auf die Untersuchungen von Romanelli (1989) und Eisenhardt/Schoonhoven (1990). U.a. greifen die empirischen Arbeiten von Steensma (1996) und Parhankangas (1999) diese Marke im Kontext verwandter Forschung (Technologiebeschaffung, Disintegration technologischer Kompetenzen) auf.
134
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Indikatoren Der Markt befand sich in der… … Entstehungsphase: Markt ganz neu, Nachfrage noch gering, hohe Unsicherheit … Wachstumsphase: Nachfrage wächst sehr schnell, Wettbewerbsumfeld dynamisch, jährliche Wachstumsrate > 20% … Reifephase: Markt etabliert, Nachfrage stabil, Wettbewerbsumfeld stabil, jährliche Wachstumsrate < 20% Beobachtungen (N): 72 Tabelle 7.7: Messung der Reife des Zielmarkts
Produktüberlegenheit. Die Messung der Produktüberlegenheit (Hypothese 6) stützt sich auf die von Lee/O‘Connor (2003) und Langerak et al. (2004) verwendeten Skalen der „product superiority to the customer“ respektive des „product advantage“. Diese Skalen finden in ähnlicher Weise bereits in den Studien von Atuahene-Gima (1995) und Song/Parry (1997) Verwendung. Die Bildung der Indikatorenmenge stützt sich auf die Argumentation, dass die Überlegenheit eines Produkts zu anderen Produkten durch den Neuigkeits- bzw. Differenzierungsgrad seiner Funktion und seines Kundenwerts bestimmt wird.454 Die Datenerhebung erfolgte anhand einer 5-stufigen Rating-Skala (von „trifft gar nicht zu“ bis „trifft voll zu“). Eine explorative Faktorenanalyse bestätigt, dass dem Konstrukt eine einfaktorielle Struktur zugrunde liegt. Allerdings wurde ein Indikator entfernt, da dieser nur über eine Item-to-TotalKorrelation von 0,25 und eine im Vergleich zu den restlichen Indikatoren geringe Faktorladung von 0,42 aufwies. Durch die Elimination des Indikators konnte das Cronbach’sche Alpha von 0,70 auf 0,77 und die durch den Faktor erklärte Varianz von 50% auf 60% gesteigert werden. Alle Indikatoren der so gebildeten Skala besitzen eine Faktorladung von mindestens 0,74 und eine Item-to-Total-Korrelation von mindestens 0,55. Das Messinstrument kann damit als hinreichend reliabel und valide angesehen werden. Tabelle 7.8 stellt das Messinstrument mit den relevanten Gütekriterien dar.
Indikatoren Das Kernprodukt des Projekts… … bietet Kunden einen gänzlich neuen Nutzen. … wird von Kunden als einzigartig empfunden. … differenziert sich deutlich von anderen Produkten am Markt. … bietet wertvolle Lösungen, die existierende Produkte nicht bieten. Cronbach’sche Alpha Erklärte Varianz Beobachtungen (N) Tabelle 7.8: Messung der Variablen Produktüberlegenheit
454
Vgl. Anderson/Ortinaa (1988).
Item-to-TotalKorrelation 0,564 0,555 0,581 0,614 0,770 60,12% 72
Faktorladung 0,744 0,737 0,798 0,818
7.3 Operationalisierung des theoretischen Modells
135
Verhältnis Benefit / Aufwand. Der in Hypothese 7 postulierte Einfluss des Verhältnisses zwischen dem antizipierten finanziellen Benefit einer Ausgründung für ein Inkubatorunternehmen und dem Abwicklungsaufwand macht eine Messung dieses Verhältnisses erforderlich. Da eine objektive Erfassung aufgrund der Vielfältigkeit der Aufwandsaspekte kaum möglich ist, wurde eine subjektive Einschätzung erhoben. Der Schlüsselinformant wurde gebeten, an den zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung zu erwartenden finanziellen Benefit, der durch eine Unterstützung der Ausgründung für das Inkubatorunternehmen erzielbar war (z.B. durch Gewinnbeteiligung, Verkauf der Technologie an Ausgründung, u.a.), zurückzudenken. Außerdem sollte sich der Informant den organisatorischen, juristischen und finanziellen Abwicklungsaufwand, der für die Unterstützung der Ausgründung auf Seiten des Inkubatorunternehmens noch erforderlich war, in Erinnerung rufen. Anschließend wurde er gebeten, den folgenden Satz zu vervollständigen: „Der bei einer Ausgründungsunterstützung zu erwartende finanzielle Benefit für das Inkubatorunternehmen war im Vergleich zum erforderlichen Abwicklungsaufwand…“. Die Vervollständigungsoptionen lauteten: (i) „sehr niedrig“, (ii) „niedrig“, (iii) „in etwa gleich“, (iv) „hoch“, (v) „sehr hoch“ und (vi) „Es war kein finanzieller Benefit für das Inkubatorunternehmen (in welcher Form auch immer) zu erwarten“. Aus den Angaben des Informanten wurde eine Dummy-Kodierung nach folgender Regel vorgenommen: Die Variable Verhältnis Benefit / Aufwand erhält den Wert „1“, wenn der Informant die Optionen (iv) oder (v) gewählt hat, und den Wert „0“ bei Wahl einer der übrigen Optionen.
7.3.3 Kontrollvariablen Kontrollvariablen sind Variablen, die nicht Bestandteil des theoretischen Modells sind, aber dennoch einen Einfluss auf die abhängige Variable des statistischen Modells haben können. In der multivariaten Statistik kontrollieren diese Variablen für mögliche Erklärungen der Ausprägung der abhängigen Variable, die nicht auf die hypothesengekoppelten unabhängigen Variablen zurückzuführen sind. Im Folgenden werden die in dieser Untersuchung berücksichtigten Kontrollvariablen eingeführt. Technologiefeld. Die erste Gruppe von Kontrollvariablen erfasst die Zugehörigkeit der Innovationsprojekte zu verschiedenen Technologiefeldern und kontrolliert damit, wie in der Gründungsforschung gemeinhin üblich und sinnvoll, für branchenspezifische Effekte.455 Die Technologiefelder wurden dafür entsprechend ihrer inhaltlichen Ausrichtung in drei Haupttechnologiefelder überführt. Das Feld Bio/Pharma umfasst Biotechnologie, Chemie, Pharma und Medizin. Das zweite Feld Informationstechnologie umfasst IT-Hardware, IT-Internet, IT-
455
Vgl. bspw. Brüderl et al. (1996, 110), Gruber (2005, 205), Heibel (2008, 109), Riesenhuber (2008, 137).
136
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Software und Telekommunikation. Das dritte Feld Engineering umfasst Elektrotechnik und Maschinenbau. Die drei Variablen werden jeweils Dummy-kodiert in das statistische Modell aufgenommen. Interesse externer Parteien. Die Ergebnisse der Exploration geben Anlass zu der Vermutung, dass bestehendes Interesse externer Parteien an einer (Mit-)Finanzierung eines Ausgründungsvorhabens Einfluss auf das Entscheidungsverhalten des Inkubatorunternehmens hat. In der multivariaten Analyse soll dafür kontrolliert werden. In der Erhebung wurde erfasst, ob ein solches Interesse zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung vorlag. Neben einer Reihe vorgegebener externer Parteien, welche die Kategorien Venture Capital-Gesellschaft, Business Angel, öffentliche Beteiligungsgesellschaft, potentieller oder bestehender Kunde, Entwicklungspartner und Wettbewerber umfassen, wurde dem Informanten die Möglichkeit gegeben, weitere Parteien zu nennen. Falls zumindest eine der angeführten oder zusätzlich genannten externen Parteien Interesse an einer Unterstützung der Ausgründung hatte, wird die unabhängige Variable Interesse externer Parteien mit dem Wert „1“ belegt (ansonsten mit dem Wert „0“). Gründungsklima. Als weitere Kontrollvariable wird das Gründungsklima zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung in die Untersuchung aufgenommen, um für zeitliche Effekte zu kontrollieren.456 In gründungsfreundlichen und -intensiven Zeitabschnitten könnte ein Inkubatorunternehmen verstärkt zu einer Ausgründungsunterstützung tendieren. Auf Basis vom Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.V. (BVK) zur Verfügung gestellter Daten, wurde die metrische Variable Gründungsklima definiert. Die Variable erfasst die Bruttoinvestitionen (in Euro) in den Bereich „Venture Capital“ in Deutschland in den Jahren 1992 bis 2008. Sämtliche Fallbeobachtungen der vorliegenden Untersuchung fallen in diese Zeitspanne von 17 Jahren.457 Informationsquelle. Wie in Abschnitt 5.2.2 aufgezeigt, wurden aus Gründen der Erhebungspraktikabilität sowohl Projektmanager als auch Entscheidungsträger befragt, d.h. Personen, die in einem Projekt nicht direkt operativ involviert waren (und insbesondere nicht zum potentiellen Gründerteam gehörten). Dies wird in der multivariaten Analyse berücksichtigt, indem eine Dummy-kodierte Kontrollvariable Informationsquelle Projektmanager in das Modell aufgenommen wird. Die Variable erhält den Wert „1“, wenn der Schlüsselinformant ein Projektmanager war (ansonsten den Wert „0“).
456 457
Zum Begriff des Gründungsklimas allgemein und dessen Einfluss auf das Gründungsverhalten in Deutschland vgl. Kay et al. (2007, 50ff.). Vgl. hierzu auch die detaillierte deskriptive Statistik in Abschnitt 7.5. Die Werte der Variable gehen logarithmiert in die Regressionsgleichungen ein.
7.4 Methodik der Datenauswertung
137
7.4 Methodik der Datenauswertung Das primäre Ziel der Datenauswertung ist die empirische Überprüfung der in Abschnitt 5.1 explizierten Hypothesen. Das Ergebnis des Entscheidungsprozesses (abhängige Variable) wird auf den Einfluss mehrerer Faktoren (unabhängige Variablen) zurückgeführt. In der Analyse des erhobenen Datensatzes werden verschiedene statistische Analyseverfahren eingesetzt. Im Rahmen der in Abschnitt 7.5 vorgestellten Deskription erfolgt eine Darstellung der Mittelwerte und Häufigkeitsverteilungen einzelner Variablen. Diese univariaten Analysen werden durch bivariate Korrelations- und Kontingenzanalysen erweitert. Die Auswertungen geben dabei einen ersten informativen Überblick über die erhobenen Daten. Da, wie die Bestandsaufnahme zur vorliegenden Literatur gezeigt hat, kaum systematische Erkenntnisse zum Untersuchungsgegenstand dieser Studie vorliegen, wird bereits anhand der deskriptiven Ergebnisse ein nicht zu unterschätzender Erkenntniszuwachs im Forschungsfeld der originären Ausgründungen erzielt. Neben den deskriptiven Analysen wird der erhobene Datensatz auch mit Hilfe multivariater Analysemethoden untersucht (vgl. Abschnitt 7.6). Der Einsatz multivariater Methoden ist im Hinblick auf den angestrebten Erkenntnisgewinn als sinnvoll zu erachten, da es diese Verfahren erlauben, Aussagen über isolierte Effekte einzelner Variablen unter Konstanthaltung weiterer Variablen zu treffen. Dies ermöglicht ceteris paribus-Aussagen. Es existiert eine Vielzahl multivariater Analyseverfahren. Da sich die zu untersuchenden Effekte der unabhängigen Variablen auf eine nominalskalierte abhängige Variable beziehen (das Ergebnis der Ausgründungsprüfung), wird auf eine Erweiterung des klassischen Regressionsansatzes zurückgegriffen und die Abhängigkeiten auf Basis eines multinomialen Logit-Modells modelliert.458 Das klassische multinomiale logistische Regressionsmodell, dessen Ausprägungen maßgeblich von Luce, Theil und McFadden entwickelt wurden,459 lässt sich über verschiedene Ansätze herleiten, die alle zu dem gleichen mathematischen Modell führen.460 Grundlage des ersten Ansatzes bildet eine unbeobachtete (latente) abhängige Variable und ein entsprechendes Modell, welches diese latente Variable mit dem beobachteten Ergebnis in Bezug setzt. Der zweite Ansatz bezieht sich auf die Modellierung eines Zufallsnutzens in einem diskreten Entscheidungsmodell.461 Der hier vorgestellte dritte Ansatz basiert auf einer Wahrscheinlichkeitsmodellierung.
458 459 460 461
Zur Theorie der multinomialen logistischen Regression vgl. Hosmer/Lemeshow (2000, 260ff.), Greene (2003, 720ff.), Woolridge (2003, 553ff.), Baum (2006, 247ff.), Long/Freese (2006, 224ff.). Vgl. Luce (1959), Theil (1969), McFadden (1973). Vgl. Long/Freese (2006, 132). Vgl. dazu auch die Ausführungen in Abschnitt 6.2.
138
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Mit einer multinomialen logistischen Regression, die eine Verallgemeinerung der binären logistischen Regression darstellt,462 lassen sich Eintrittswahrscheinlichkeiten der Ausprägungen der nominalskalierten abhängigen Variablen schätzen und somit Ursache-FolgeZusammenhänge konstruieren. Die in dieser Untersuchung vorliegende abhängige Variable weist drei diskrete Ausprägungen auf. Im Regressionsmodell des multinomialen Logit werden diese Ausprägungen als drei ungeordnete Kategorien berücksichtigt.463 Nach Theil lässt sich das Logit-Modell durch die Konstruktion eines Modells herleiten, in dem die vorhergesagte Wahrscheinlichkeit ሺ ݕൌ ͳȁ࢞ሻ auf das Intervall ሾͲǡ ͳሿ festgelegt wird.464 Um die Vorhersagen auf dieses Intervall einzugrenzen, wird die Wahrscheinlichkeit ሺ ݕൌ ͳȁ࢞ሻ in die Chance („odd“) (7.1)
πሺ࢞ሻ ൌ
ሺ ݕൌ ͳȁ࢞ሻ ሺ ݕൌ ͳȁ࢞ሻ ൌ ሺ ݕൌ Ͳȁ࢞ሻ ͳ െ ሺ ݕൌ ͳȁ࢞ሻ
transformiert, die das Verhältnis von Wahrscheinlichkeit des Eintretens ܲݎሺ ݕൌ ͳሻ eines Ereignisses zur Gegenwahrscheinlichkeit des Nicht-Eintretens ܲݎሺ ݕൌ Ͳሻ ausdrückt. Die mit Hilfe der logistischen Funktion erzeugte Wahrscheinlichkeitsverteilung für das Ereignis ሺ ݕൌ ͳሻweist einen s-förmigen Verlauf auf, wobei sich selbst für unendlich kleine oder unendlich große Werte des Prädikators ࢞ die Ereigniswahrscheinlichkeit immer innerhalb des Intervalls ሾͲǡ ͳሿ bewegt. Das binäre Logit-Modell für den Fall zweier Kategorien א ݕሼͲǡ ͳሽ hat die Form (7.2)
݈݃
ሺ ݕൌ ͳȁ࢞ሻ ൌ ࢞ᇱ ࢼ ሺ ݕൌ Ͳȁ࢞ሻ
Der Vektor ࢞ hat die Form ࢞ᇱ ൌ ሺͳǡ ݔଵ ǡ ǥ ǡ ݔ ሻ, wobei die Komponenten ݔ die Einflussgrößen und ࢼ die entsprechenden Einflussstärken (Logit-Koeffizienten) auf die Höhe der Eintrittswahrscheinlichkeit ܲݎሺ ݕൌ ͳሻdarstellen. Der multinomiale Fall mit ݇ Kategorien lässt sich auf diesen binären Fall zurückführen, wenn man von Formel (7.2) ausgehend das Verhältnis jeweils zweier Kategorien betrachtet. Führt man die Nebenbedingung ࢼԢ ൌ ሺͲǡ ǥ ǡ Ͳሻ ein, was äquivalent ist zur Auszeichnung der Kategorie ݇ als Referenz- bzw. Basiskategorie, lässt sich das logarithmierte Chancenverhältnis modellieren durch
462 463
464
Bei binären Logit-Modellen ist die abhängige Variable dichotom definiert, bei multinomialen LogitModellen polytom. Wahrscheinlichkeitsmodelle, denen eine Rangordnung der abhängigen Variablen zugrunde liegt, stellen einen Spezialfall des hier zur Analyse herangezogenen ungeordneten Wahrscheinlichkeitsmodells dar. Vgl. dazu Greene (2003, 736ff.), Woolridge (2003, 553ff.). Eine Ordinalskalierung der hier untersuchten abhängigen Variablen wäre sachlogisch und in Hinblick auf den angestrebten verallgemeinerbaren Erkenntnisgewinn nur schwer begründbar. Vgl. Theil (1969).
7.5 Deskriptive Analyse
(7.3)
݈݃
139
ሺ ݕൌ ݎȁ࢞ሻ ൌ ࢞ᇱ ࢼ࢘ ሺ ݕൌ ݇ȁ࢞ሻ
݉݅ ݎ ݐൌ ͳǡ ǥ ǡ ݇
wobei der Gewichtsvektor ࢼ࢘ nun spezifisch für die betrachtete Kategorie ݎist. Durch einfache Ableitung aus Formel (7.3) folgt die grundlegende Form des in der multivariaten Analyse dieser Untersuchung verwendeten multinomialen Logit-Modells:465 (7.4)
ሺ ݕൌ ݎȁ࢞ሻ ൌ
ሺ࢞Ԣࢼ࢘ ሻ ሺ࢞Ԣࢼ࢘ ሻ ൌ ᇱ σ௦ୀଵ ሺ࢞ᇱ ࢼ࢙ ሻ ͳ σିଵ ௦ୀଵ ሺ࢞ ࢼ࢙ ሻ
݉݅ ݎݐൌ ͳǡ ǥ ǡ ݇
Für die Schätzung der Modellparameter ࢼ wird die Maximum-Likelihood-Methode angewandt. Ziel des Schätzverfahrens ist es, die Parameter so zu bestimmen, dass die Wahrscheinlichkeit („Likelihood“) die beobachteten Erhebungsdaten࢞ zu erhalten maximiert wird. Die für das klassische Regressionsmodell übliche Schätzung des kleinsten Quadrats (ordinary least square-Schätzung) ist aufgrund der Nichtlinearität des Erwartungswerts ܧሺݕȁ࢞ሻ für das Logit-Modell nicht geeignet.466
7.5 Deskriptive Analyse Nach den Ausführungen zur Operationalisierung der Variablen und zur Methodik der Datenauswertung, wird im Folgenden die erhobene Stichprobe deskriptiv vorgestellt. Die Deskription beschränkt sich nicht allein auf die unabhängigen Variablen des multivariaten Modells, sondern beschreibt darüber hinaus, in Anlehnung an das bereits in der Literaturübersicht in Kapitel 2 genutzte Strukturierungsschema, die Beziehung zwischen Inkubatorunternehmen und Innovationsprojekten, die Charakteristika der Innovationsprojekte, die Eigenschaften des (potentiellen) Gründerteams, den Prozess der Ausgründungsprüfung sowie die Durchführung und Gestaltung von Ausgründungen. Zusätzlich wird ein Einblick in den Erfolg und die Erfolgswirkung von intern weitergeführten und ausgegründeten Projekten gegeben. Die Analysen werden dabei für die drei Subsamples der Entscheidungsergebnisse Ausgründung, Interne Weiterführung und Abbruch getrennt vorgenommen, um ein differenziertes Erkenntnisbild zu erzeugen. Systematische Mittelwertsunterschiede werden über bivariate Testverfahren aufgedeckt. Eine zusammenfassende Deskription der Variablen wie sie in das statistische Modell Eingang finden ist gruppiert nach Entscheidungsergebnis Tabelle 7.9 zu entnehmen. Die Analyse beginnt mit einer allgemeinen Beschreibung der Stichprobe.
465 466
Vgl. die mathematischen Ausführungen bei Tutz (2000, 162f.). Vgl. zu den Anwendungsvoraussetzungen der OLS-Regression Greene (2003, 42ff.), Woolridge (2003, 22ff.).
2,13 2,26 1,40 3,67 3,29 3,40 0,74 0,21 0,05 0,36 0,23 0,49 0,28 0,77 15,46 0,80
(2) Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.)
(3) Strategiekompatibilität
(4) Kannibalisierungsgefahr
(5) Teamverfügbarkeit (techn.)
(6) Teamverfügbarkeit (kaufm.)
(7) Produktüberlegenheit
(8) Entstehungsmarkt [0/1]
(9) Wachstumsmarkt [0/1]
(10) Etablierter Markt [0/1]
(11) Verhältnis Benefit / Aufwand [0/1]
(12) Technologiefeld Bio/Pharma [0/1]
(13) Technologiefeld IT [0/1]
(14) Technologiefeld Engineering [0/1]
(15) Interesse externer Parteien [0/1]
(16) Gründungsklima ††
(17) Informationsquelle Proj.mngr. [0/1]
Tabelle 7.9: Deskriptive Statistik (ex post-Studie)
= Abhängige Variable; †† = Angaben in Tsd.
2,79
(1) Ressourcenverfügbarkeit (techn.)
†
-
1
-
11,00
-
-
-
-
-
-
-
-
0,40
0,65
0,69
0,70
1,03
0,92
1,02
S.A.
0
3,50
0
0
0
0
0
0
0
0
2,52
1
2,33
0,91
0,90
1
1
1
Min.
1
37,21
1
1
1
1
1
1
1
1
3,87
4,5
5
3,64
4,48
5
5
1
Max.
Ergebnis: Ausgründung Ø
Modellvariablen Entscheidungsergebnis [1/2/3] †
39
39
39
39
39
39
39
39
39
39
39
39
39
39
39
39
39
39
N
0,36
13,52
0,57
0,36
0,50
0,14
0,43
0,36
0,21
0,43
3,02
2,95
3,26
1,56
3,44
3,41
-
6,36
-
-
-
-
-
-
-
-
0,52
0,89
0,86
0,89
0,82
0,62
0,78
-
S.A.
0
8,40
0
0
0
0
0
0
0
0
1,78
1
1
0,91
1,19
2,25
1,33
2
Min.
1
27,83
1
1
1
1
1
1
1
1
3,87
4,5
5
3,64
4,48
4,25
4,33
2
Max.
14
14
14
14
14
14
14
14
14
14
14
14
14
14
14
14
14
14
N
Ergebnis: Interne Weiterführung
3,71
2
Ø
0,58
12,90
0,74
0,32
0,53
0,16
0,11
0,16
0,16
0,68
2,99
2,63
3,39
1,36
2,47
2,22
2,60
3
Ø
-
8,38
-
-
-
-
-
-
-
-
0,48
0,80
0,97
0,74
0,91
0,79
0,94
-
0
8,25
0
0
0
0
0
0
0
0
1,54
1
1
0,91
0,9
1,25
1
3
Min.
1
37,21
1
1
1
1
1
1
1
1
3,87
3,75
5
3,64
4,18
4
4
3
Max.
Ergebnis: Abbruch S.A.
19
19
19
19
19
19
19
19
19
19
19
19
19
19
19
19
19
19
N
140 Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
7.5 Deskriptive Analyse
141
7.5.1 Allgemeine Beschreibung der Stichprobe Aus der Datenerhebung resultiert eine Stichprobe von N=72 Entscheidungsfällen bestehend aus NAus=39 Innovationsprojekten, die ausgegründet wurden, NInt=14 Projekten, die intern weitergeführt wurden, und NAbb = 19 Projekten, die weder ausgegründet noch intern weitergeführt, sondern abgebrochen wurden. Die Projekte stammen aus 34 Entscheidungseinheiten in 29 etablierten Unternehmen. 58 (80,6%) der beobachteten Entscheidungen wurden in 21 Unternehmen in Deutschland getroffen, 13 (18,1%) Entscheidungen in sieben Schweizer Unternehmen und eine Entscheidung in einem österreichischen Unternehmen. Im Mittel wurden pro Unternehmen 2,8 Entscheidungen in Deutschland und 1,9 in der Schweiz beobachtet. Auffallend ist die geringe Ausbeute an Entscheidungsfällen in Österreich. Unter der Annahme, dass die Frequenz von Ausgründungsvorhaben mit dem Umfang und der Art von Forschungsaktivitäten zusammenhängt, könnte ein Erklärungsversuch über die vergleichsweise geringen privatwirtschaftlichen Forschungsinvestitionen in Österreich führen. So investierten die zehn Unternehmen mit den höchsten F&E-Aufwendungen in Deutschland insgesamt 28,9 Milliarden Euro in die Forschung, in der Schweiz 11,6 Milliarden Euro und in Österreich nur 349,5 Millionen Euro.467 Dies schlägt sich auch in der Anzahl der Patentanmeldungen nieder. Der aktivste deutsche Patentanmelder im Jahr 2007 war die Robert Bosch GmbH mit 2509 Anmeldungen,468 der aktivste österreichische Patentanmelder die AVL List GmbH mit 80 Anmeldungen.469 Es könnte auch vermutet werden, dass österreichische Unternehmen v.a. kerngeschäftsrelevante „exploitative“ anstatt „explorative“ Innovationsprojekte betreiben.470 Bei keinem der Unternehmen konnte eine Entrepreneurship-nahe Einheit wie bspw. ein Inkubator oder eine CVC-Einheit identifiziert werden. Betrachtet man die Technologiefelder der in der Stichprobe enthaltenen Innovationsprojekte, so lässt sich kein eindeutiges Schwerpunktfeld feststellen. Ein großer Teil der Projekte stammt vielmehr aus unterschiedlichen Bereichen. Wie aus Tabelle 7.10 hervorgeht, ist der Bereich IT-Software am stärksten vertreten. 22,2% der Innovationsprojekte können diesem Feld zugeordnet werden, gefolgt von Projekten aus dem Maschinenbau, die 16,7% der Stichprobe repräsentieren. Projekte aus dem Bereich Elektrotechnik und IT-Internet stellen 13,9% respektive 12,5% der Stichprobe dar. Dem Bereich Telekommunikation sind 11,1% der Inno-
467
468 469 470
Quelle: 2007 EU Industrial R&D Investment Scoreboard der Europäischen Kommission. Das Unternehmen mit den höchsten F&E-Aufwendungen war in Deutschland DaimlerChrylser mit 5,2 Milliarden Euro, in der Schweiz Roche mit 4,9 Milliarden Euro und in Österreich die Voest-Alpine mit 66 Millionen Euro. Quelle: Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA). Quelle: Österreichisches Patentblatt, Jahrgang 2007 (Hrsg. Österreichisches Patentamt). Zu den Konzepten der „Exploitation“ und „Exploration“ vgl. March (1991). March unterstreicht die Wichtigkeit der Herstellung einer Balance zwischen diesen beiden Aktivitäten in der Unternehmenspraxis. Zur damit einhergehenden Umsetzungsproblematik vgl. Ghemawat/Ricart i Costa (1993), Volberda (1996).
142
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
vationsprojekte zuzuordnen. Dahinter liegen mit einem Anteil von jeweils 8,3% biotechnologische Projekte sowie Projekte aus dem Bereich Pharma und Medizin. IT-Hardware und Chemie bilden mit 4,2% und 2,8% der Stichprobe die am seltensten vertretenen Technologiefelder. Technologiefeld IT-Software Maschinenbau Elektrotechnik IT-Internet Telekommunikation Biotechnologie Pharma und Medizin IT-Hardware Chemie Σ
Zahl der Projekte (absolut) 16 12 10 9 8 6 6 3 2 72
Zahl der Projekte (relativ) 22,2% 16,7% 13,9% 12,5% 11,1% 8,3% 8,3% 4,2% 2,8% 100%
Tabelle 7.10: Verteilung der Projekte nach Technologiefeld
Untenstehende Abbildung 7.1 zeigt die zeitliche Verteilung der Entscheidungsfälle nach den Jahren, in denen die Ausgründungsprüfung initiiert wurde. Die Fälle in der Stichprobe umfassen einen Zeitraum von 17 Jahren, wobei 52,8% aller Entscheidungsfälle aus den Jahren 2003 bis 2008 stammen. Weitere 31,9% der Fälle stammen aus den Jahren 1999 bis 2002 und 15,3% aus den Jahren 1992 bis 1998. Das Jahr 2007 bildet mit 15 beobachteten Entscheidungsfällen das globale Maximum der Verteilung. Eine Differenzierung nach dem Entscheidungsergebnis zeigt, dass alle intern weitergeführten und abgebrochenen Innovationsprojekte
Fallzahl
aus den Jahren 2000 bis 2008 stammen. 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0
15
N=72
9 7 6
6
6 5
4 3 2 1
1
1
2
1
2 1
Jahr
Abbildung 7.1: Jahr der Ausgründungsprüfung
7.5 Deskriptive Analyse
143
7.5.2 Operative und strategische Beziehung zwischen den Entitäten Wie in Abschnitt 2.2.2 aufgezeigt, wird in der Literatur akuten oder evolutionär aufgebauten Spannungen zwischen Ausgründungsnukleus und Inkubatorunternehmen eine gewisse Erklärungskraft für die Entstehung von Ausgründungen zugeschrieben. Diese Spannungen können auf divergierende Ressourcenanforderungen oder divergierende strategische Zielvorstellungen zurückgeführt werden. Zum Zeitpunkt einer Ausgründungsüberlegung werden diese Spannungen von den Entscheidungsträgern in die Zukunft projiziert, was zu einer prospektiven Einschätzung der zukünftigen Beziehung zwischen der möglichen Ausgründung und dem Inkubatorunternehmen führt. Die theoretischen Argumente, welche zur Postulierung von Hypothese H1a und H1b geführt haben, deuten auf die Bedeutsamkeit von im Inkubatorunternehmen verfügbaren komplementären technologischen und kaufmännischen Ressourcen für eine interne Verwertbarkeit eines Projekts hin. In Abbildung 7.2 werden die drei Subsamples der möglichen Ergebnisse einer Ausgründungsprüfung anhand der Verfügbarkeit verschiedener Ressourcenarten charakterisiert. Wie vermutet, gehen intern weitergeführte Projekte mit einer höheren Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen im Inkubatorunternehmen einher als ausgegründete oder abgebrochene Projekte. Auffallend ist, dass im Untersuchungssample die Verfügbarkeit der als kaufmännisch zu bezeichnenden Ressourcenarten fast durchweg geringer ist als jene der technologischen Ressourcenarten. Dies kann als Indiz dafür gewertet werden, dass es sich bei Projekten, die einer Ausgründungsprüfung unterzogen werden, tatsächlich um innovative, für das Inkubatorunternehmen neuartige Projekte handelt. Diese basieren auf technologischen Kompetenzen und Fähigkeiten des Inkubatorunternehmens, gehen aber in Bezug auf eine mögliche Geschäftsgenerierung neue Wege: Ihre Ausrichtung auf neue Zielgruppen und Märkte erfordert spezifische kaufmännische Ressourcen, die das Inkubatorunternehmen nur unzureichend bereitstellen kann und einen Aufbau komplementärer Ressourcen erforderlich macht.
144
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Ausgründung (N=39)
3,15
Weiterentwicklung Kerntechnologie
3,93
2,74 3,19
Abbruch (N=19)
2,97
Produktentwicklung
Interne W. (N=14) Gesamtsample (N=72)
3,64
2,63 3,02 2,26
Produktion
3,57
2,42 2,56 2,03
Vertrieb
3,57
1,95 2,31 2,10 3,29
Bewerbung
2,26 2,36 2,26 3,50
Marktforschung
2,63 2,6 2,13
Kundenservice
3,29
2,05 2,33
1
2
3
4
5
sehr gering
gering
mittel
hoch
sehr hoch
Abbildung 7.2: Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen
Im theoretischen Teil dieser Arbeit wird argumentiert, dass ein solcher Ressourcenaufbau eher für jene Projekte unternommen wird, deren Kommerzialisierungsmöglichkeiten eine hohe Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie des Inkubatorunternehmens besitzen. Insgesamt wird ein Zusammenhang zwischen der Strategiekompatibilität eines Innovationsprojekts und dem Ergebnis der Ausgründungsprüfung vorhergesagt. Ein Blick auf die vorliegenden Daten in Abbildung 7.3 lässt erkennen, dass intern weitergeführte Projekte nach Einschätzung der Schlüsselinformanten die mit Abstand höchste Strategiekompatibilität aufweisen, gefolgt von Projekten, die abgebrochen wurden. Ausgegründete Projekte passen zum Entscheidungszeitpunkt am wenigsten in die Strategie des Inkubatorunternehmens. Ein Mittelwertvergleich zeigt, dass sowohl die Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen der intern gehaltenen und ausgegründeten Projekte471 als auch zwischen den Gruppen der intern gehaltenen und abgebrochenen Projekte472 signifikant auf dem 1%-Niveau sind.473 Diese Unterschiede sind
471 472 473
p = 0,003, t = -3,834, N = 53 (t-Test). p = 0,004, t = 3,153, N = 33 (t-Test). Die Mittelwertvergleiche für quasi-intervallskalierte Variablen (vgl. bzgl. der Skalierung Abschnitt 7.3.2) in diesem als auch in den nachfolgenden Abschnitten werden als t-Tests ausgeführt. Vor jedem t-Test wurde ein
7.5 Deskriptive Analyse
145
somit nicht durch reinen Zufall bzw. die Zusammensetzung der Stichprobe zu erklären. Als nicht signifikant erweist sich hingegen der Unterschied zwischen ausgegründeten und abgebrochenen Projekten, so dass hier statistisch von dem gleichen Kompatibilitätsgrad dieser beiden Projektkategorien mit der Geschäftsstrategie ausgegangen werden muss.474
Ausgründung (1)
(1) N=39, S.A.=1,03 (2) N=14, S.A.=0,82 (3) N=19, S.A.=0,91 (4) N=72, S.A.=1,05
2,26
Interne W. (2)
3,44
Abbruch (3)
2,47
Gesamtsample (4)
2,54
1
2
3
4
5
Variablenwert
Abbildung 7.3: Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie
Abbildung 7.4. veranschaulicht die Kannibalisierungseigenschaften der Innovationsprojekte. Die Gefahr, dass durch eine Kommerzialisierung des Projekts unter Ausgründungsprüfung kannibalisierende Effekte auf das Inkubatorunternehmen wirksam werden, ist nach Einschätzung der Schlüsselinformanten bei jenen Projekten am geringsten, die letztendlich abgebrochen wurden. Hingegen scheint die höchste Kannibalisierungsgefahr von intern weitergetrieben Projekten auszugehen. Allerdings ist festzuhalten, dass keiner der Mittelwertvergleiche zwischen den möglichen Vergleichsgruppen signifikant ist und sich somit keine systematischen Unterschiede in der Kannibalisierungsgefahr zwischen den drei Projektkategorien nachweisen lassen.475 Auffallend ist, dass die Gefahr der von den Projekten im Untersuchungssample ausgehenden Geschäftskannibalisierung grundsätzlich als sehr klein angesehen wird. Ein Grund dafür könnte sein, dass Projekte, deren Kannibalisierungspotenzial für das Inkubatorunternehmen offensichtlich ist, einer Ausgründungsprüfung erst gar nicht zugeführt
474 475
Test auf Homogenität der Varianzen zwischen den jeweiligen Vergleichsgruppen durchgeführt. Fiel dieser positiv aus, wurde der Mittelwerttest für gleiche Varianz, ansonsten jener für ungleiche Varianz verwendet. Getestet wird die Nullhypothese, dass es keinen Unterschied im Mittelwert der untersuchten Variablen zwischen den getesteten Gruppen gibt. Die Nullyhpothese kann nur dann zurückgewiesen werden, wenn das Ergebnis des Mittelwertvergleichs signifikant ist (p<0,10). Gruppenunterschiede für nominal-skalierte Variablen werden mit Pearson’s ߯ ଶ -Test und Unterschiede für ordinal-skalierte Variablen mit dem Mann-WhitneyTest durchgeführt. Das jeweils angewandte Testverfahren wird in Klammern kenntlich gemacht. p = 0,456, t = -0,751, N = 58 (t-Test). Vergleichsgruppen Ausgründung vs. Interne Weiterführung: p = 0,499, t = -0,681, N = 53 (t-Test); Vergleichsgruppen Ausgründung vs. Abbruch: p = 0,862, t = 0,175, N = 58 (t-Test); Vergleichsgruppen Interne Weiterführung vs. Abbruch: p = 0,498, t = 0,686, N = 33 (t-Test).
146
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
werden. Eine derartige vorgelagerte Selektion entzieht sich jedoch der Beobachtung.476 Möglich ist auch, dass die Unternehmen grundsätzlich davon Abstand nehmen, geschäftskannibalisierende Entwicklungsprojekte anzustoßen oder Innovationsprojekten, deren Kannibalisierungspotenzial im Projektverlauf erkennbar wird, eine andere Entwicklungsstoßrichtung geben.
Ausgründung (1)
(1) N=39, S.A.=0,70 (2) N=14, S.A.=0,89 (3) N=19, S.A.=0,74 (4) N=72, S.A.=0,74
1,40
Interne W. (2)
1,56
Abbruch (3)
1,36
Gesamtsample (4)
1,42
1
2
3
4
5
Variablenwert
Abbildung 7.4: Gefahr einer Geschäftskannibalisierung
Um das antizipierte horizontale bzw. vertikale Marktverhältnis der beiden Entitäten zu erfassen, wurde auch die retrospektive Einschätzung der Schlüsselinformanten zu der Frage erhoben, welche zukünftige Beziehung zwischen Inkubatorunternehmen und der potentiellen Ausgründung zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung wahrscheinlich war.477 Eine wie auch immer geartete Beziehung wurde bei allen intern gehaltenen Projekten, bei 78,9% der abgebrochenen und 56,4% der ausgegründeten Projekte antizipiert. Eine Detailbetrachtung der Subsamples zeigt folgendes auf (vgl. Abbildung 7.5): Während für keines der ausgegründeten Projekte eine direkte Wettbewerbsbeziehung wahrscheinlich war, wurde eine solche Beziehung für 5,3% der letztendlich abgebrochenen und 14,3% der intern weitergeführten Projekte zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung vermutet. Vergleichsweise hoch ist der Anteil jener Projekte unter den intern weitergeführten, für die prognostiziert wurde, dass das Inkubatorunternehmen als Abnehmer auftreten wird: Mit 64,3% ist dieser Anteil bedeutend höher als bei ausgegründeten (41%) oder abgebrochenen Projekten (47,4%). Da vermutlich eine solche Abnehmerbeziehung insbesondere dann antizipiert wird, wenn das Innovationsprojekt direkten Wert für das Inkubatorunternehmen schafft (bzw. das Inkubatorunternehmen auf die Pro-
476 477
Vgl. die Ausführungen zu den Restriktionen der Arbeit in Abschnitt 8.3. Befunde zur tatsächlichen Beziehung zwischen Ausgründungen und Inkubatorunternehmen werden in Abschnitt 7.5.7 basierend auf einer Analyse des Kooperationsverhaltens vorgestellt.
7.5 Deskriptive Analyse
147
jektaktivitäten zu einem gewissen Grad angewiesen ist), deutet dieses Ergebnis darauf hin, dass es auch eher solche wertschaffenden Projekte sind, die intern behalten werden. Eine Kontingenzanalyse nach Pearson offenbart einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Ergebnis der Ausgründungsprüfung und der erwarteten zukünftigen Beziehung von Innovationsprojekt und Inkubatorunternehmen.478 70%
64,3%
60% 30,8% 43,6%
Anteil Fälle
50%
47,4% 42,9%
41%
47,2% 42,1%
40%
36,1%
Direkte Wettbewerber am Markt Inkubatorunternehmen wird Abnehmer Inkubatorunternehmen wird Zulieferer Keine Beziehung
29,2%
30% 21,1%
20%
14,3%
10% 0%
5,3% 0%
Ausgründung (N=39)
4,2%
0%
Interne W. (N=14)
Abbruch (N=19)
Gesamtsample (N=72)
Abbildung 7.5: Vermutete Beziehung zw. Ausgründung und Inkubatorunternehmen479
7.5.3 Produktbezogene Eigenschaften der Innovationsprojekte In diesem Abschnitt werden die Entscheidungsfälle deskriptiv entlang der Dimensionen Absatz- bzw. Zielmarkt, Produktüberlegenheit und Produktreife charakterisiert. Die Verteilung der beobachteten Fälle nach Art des anvisierten Zielmarkts innerhalb der drei Subsamples ist in Abbildung 7.6 dargestellt. Nur ein kleiner Anteil (5,1%) jener Projekte, deren Ausgründung unterstützt wurde, bedient einen etablierten Markt. 20,5% dieser Projekte zielen auf einen Wachstumsmarkt ab. Die mit 74,4% überwiegende Mehrheit richtet sich hingegen an junge Märkte, welche sich erst in der Entstehungsphase befinden. Eine ähnliche Verteilung ergibt sich innerhalb der Kategorie der abgebrochenen Projekte, wobei hier der Anteil der auf einen etablierten Markt fokussierten Innovationsprojekte mit 15,8% auffallend höher ist. Bei den intern weitergeführten Projekten richtet sich der mit 42,9% größte Anteil zwar ebenfalls an erst entstehende Märkte, im Vergleich zu den beiden anderen Projektkategorien fällt hier aber der Anteil jener Projekte, die einen etablierten Markt ansprechen, we-
478 479
߯ ଶ ሺሻ = 11,294, p = 0,08, N = 72 (Pearson’s ߯ ଶ -Test). Mehrfachantworten waren erlaubt. Das Antwortmuster jedes Schlüsselinformanten wurde inhaltlich geprüft. Die Antworten waren konsistent: Die Einschätzung „Keine Beziehung“ schließt in jedem Beobachtungsfall alle anderen Antwortoptionen aus.
148
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
sentlich höher aus (35,7%). Dieses Ergebnis scheint die in der Innovationsliteratur verbreitete Auffassung zu unterstützen, dass etablierte Unternehmen eher Aktivitäten ausführen, die durch geringe Unsicherheit gekennzeichnet sind:480 Das ökonomische Umfeld etablierter Märkte ist i.d.R. stabil und dessen Entwicklung prognostizierbar. In ähnlicher Weise lässt sich argumentieren, dass vermutlich eher jene Projekte intern gehalten werden, die das bestehende Produktportfolio ergänzen, wobei sich das Produktportfolio eines etablierten Unternehmens aus den genannten Gründen eher an etablierte Märkte orientiert. Ein ߯ ଶ -Test zeigt, dass zwischen dem Zielmarkt eines Innovationsprojekts und dem Ergebnis der Ausgründungsprüfung ein signifikanter Zusammenhang besteht.481 Dieser Zusammenhang wird in der multivariaten Analyse näher beleuchtet. 100%
Anteil Fälle
80%
5,1% 20,5%
60% 40%
35,7%
15,8%
13,8%
15,8%
19,4%
Zielmarkt: Etablierter Markt Wachstumsmarkt Entstehungsmarkt
21,4% 74,4%
68,4%
66%
42,9%
20% 0% Ausgründung (N=39)
Interne W. (N=14)
Abbruch (N=19)
Gesamtsample (N=72)
Abbildung 7.6: Zielmärkte der Innovationsprojekte
Alle Innovationsprojekte der untersuchten Stichprobe weisen eine mittlere bis hohe Produktüberlegenheit auf (vgl. Abbildung 7.7). Im Mittel differenzieren sich die Produkte deutlich von anderen Produkten am Markt und werden von Kunden durch ihren neuen Nutzen und der durch ihnen ermöglichten wertvollen Lösungen als einzigartig empfunden. In einem Vergleich der Subsamples fällt auf, dass die ausgegründeten Projekte durch eine höhere Produktüberlegenheit charakterisiert sind als die Projekte der beiden anderen Kategorien: Deren Produktüberlegenheit ist bezogen auf das Gesamtsample unterdurchschnittlich. Diese Unterschiede sind signifikant auf dem 1%-Niveau.482 Interessant ist auch, dass statistisch keine sys-
480 481 482
Vgl. Green et al. (1995), Danneels/Kleinschmit (2001). ߯ ଶ ሺͶሻ = 8,733, p = 0,068, N = 72 (Pearson’s ߯ ଶ -Test). Vergleichsgruppen Ausgründung vs. Interne Weiterführung: p = 0,007, t = 2,827, N = 53 (t-Test); Vergleichsgruppen Ausgründung vs. Abbruch: p = 0,001, t = 3,492, N = 58 (t-Test); Vergleichsgruppen Interne Weiterführung vs. Abbruch: p = 0,843, t = 0,200, N = 33 (t-Test).
7.5 Deskriptive Analyse
149
tematischen Unterschiede zwischen intern weitergeführten und abgebrochenen Projekten festgestellt werden können. Die intern weitergeführten Projekte sind demnach nicht attraktiver als die nicht weiterentwickelten Innovationsprojekte, d.h. der Faktor der Produktüberlegenheit diskriminiert nicht zwischen diesen beiden Projektkategorien.
Ausgründung (1)
(1) N=39, S.A.=0,40 (2) N=14, S.A.=0,52 (3) N=19, S.A.=0,46 (4) N=72, S.A.=0,48
3,40
Interne W. (2)
3,02
Abbruch (3)
2,99
Gesamtsample (4)
3,22
1
2
3
4
5
Variablenwert
Abbildung 7.7: Produktüberlegenheit der Innovationsprojekte
Ein weiteres in der Literatur oftmals herangezogenes Charakteristikum zur Beschreibung eines Innovationsprojekts ist dessen produktbezogene Reife. In der Erhebung wurde deshalb die Reife des Kernprodukts eines Projekts gemessen am Entwicklungsfortschritt erfasst. Wie aus Abbildung 7.8 hervorgeht, lassen sich kaum Unterschiede in der Projektreife zwischen Ausgründungen und intern weitergeführten Projekten feststellen. Die Verteilung innerhalb der beiden Subsamples ist nahezu identisch. Unterschiede zeigen sich hingegen in Hinblick auf abgebrochene Projekte. Bei 31,6% dieser Projekte befand sich das Kernprodukt zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung erst in der Konzeptionsphase und es war noch kein funktionierender Prototyp vorhanden. Dieser Prozentsatz ist höher als die entsprechenden Anteile in den beiden anderen Subsamples (20,5% und 21,4%). Kleiner ist mit 47,4% der Anteil jener abgebrochenen Projekte, deren Machbarkeit durch einen funktionierenden Produktprototypen demonstriert werden konnte. Bei ausgegründeten und intern weitergeführten Projekten beträgt dieser Anteil 61,5% respektive 64,3%. Der Anteil jener Projekte, deren Produkt bereits Kunden bereitgestellt wurde, umfasst 21,1% unter den abgebrochenen, 17,9% unter den ausgegründeten und 14,3% unter den intern weiterentwickelten Projekten. Auf eine vertiefende inhaltliche Interpretation dieser Unterschiede soll hier verzichtet werden, da der durchgeführte ߯ ଶ -Test anzeigt, dass diese nicht systematisch sind.483
483
߯ ଶ ሺͶሻ = 1,448, p = 0,836, N = 72 (Pearson’s ߯ ଶ -Test).
150
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Eine Loslösung vom interkategorialen Vergleich der Reifegrade hin zur Betrachtung der Reifeverteilung im Gesamtsample zeigt jedoch die zu interpretierende Tatsache auf, dass der Großteil (58,3%) aller einer Ausgründungsprüfung zugeführten Projekte bereits Prototypenreife erlangt hat. Nur 18,1% der Projekte sind als reif zu bezeichnen (Produkt im Markt), nur 23,6% befinden sich erst im Konzeptstadium. In Anlehnung an die theoretische Diskussion in Abschnitt 5.1.1 könnte eine Erklärung darin bestehen, dass Spannungen zwischen einem Innovationsprojekt und dem Inkubatorunternehmen erst sichtbar bzw. kritisch werden, wenn das Projekt einen gewissen Entwicklungsstand erreicht hat und Ressourcenzuteilungen in hohem Maß erforderlich werden. Unter den Gesichtspunkten getätigter Investitionen und dem Renditebestreben des Inkubatorunternehmens, wäre es auch plausibel zu vermuten, dass eine ernsthafte Ausgründungsprüfung bevorzugt für solche Projekte angestoßen wird, in die schon in gewissem Umfang investiert wurde. Reine Konzepte hingegen sind unter diesen Gesichtspunkten vergleichsweise leicht ad hoc zu verwerfen. 100% 17,9%
14,3%
61,5%
64,3%
20,5%
21,4%
21,1%
18,1%
47,4%
58,3%
Anteil Fälle
80% 60%
Projektreife: Produkt am Markt Prototyp Konzeptstadium
40% 20%
31,6%
23,6%
0% Ausgründung (N=39)
Interne W. (N=14)
Abbruch (N=19)
Gesamtsample (N=72)
Abbildung 7.8: Reife der Innovationsprojekte
7.5.4 Eigenschaften der Gründerteams Wie in Abschnitt 3.3.2 gezeigt wurde, scheinen Eigenschaften des Gründerteams eine herausragende Bedeutung für den Geschäftserfolg zu haben. In der Ableitung des theoretischen Modells wurde die Vermutung entwickelt, dass dies auch für Ausgründungsvorhaben gilt und die Prüfung des Eigenschaftenbündels der an einem solchen Vorhaben beteiligten Personen ein zentrales Element der Entscheidungsfindung darstellt. Wendet man sich vor diesem Hintergrund der Frage zu, inwieweit zu Beginn einer Ausgründungsprüfung ein Gründerteam mit den für eine Ausgründung erforderlichen Kompetenzen vorhanden war, zeigt ein Blick auf die vorliegenden Daten folgendes: Bei 43,6% der ausgegründeten Projekte, aber nur bei 7,1% und 21,1% der intern weitergeführten respektive abge-
7.5 Deskriptive Analyse
151
brochenen Projekte war ein geeignetes Team zu Beginn der Ausgründungsprüfung vollständig vorhanden (vgl. Abbildung 7.9). Bei keinem der beobachteten ausgegründeten Innovationsprojekte, jedoch bei 14,3% aller intern gehaltenen und 10,5% aller abgebrochenen Projekte war bei Aufnahme der Ausgründungsprüfung noch gar kein Gründerteam vorhanden. Das signifikante Ergebnis eines ߯ ଶ -Tests auf systematische Unterschiede zwischen den Gruppen unterstreicht die Rolle, welche die Verfügbarkeit eines Gründerteams in der Ausgründungsentscheidung spielt.484 100%
0%
10,5%
14,3%
5,6%
noch gar nicht vorhanden
80%
Anteil Fälle
56,4% 63,9%
60%
68,4% 78,6%
40% 20%
21,1%
7,1%
Ausgründung (N=39)
noch nicht vollständig vorhanden vollständig vorhanden
43,6%
0%
Team war
Interne W. (N=14)
Abbruch (N=19)
30,6%
Gesamtsample (N=72)
Abbildung 7.9: Existenz eines Gründerteams zu Beginn der Ausgründungsprüfung
Aus den Experteninterviews geht hervor, dass die Ausgründungsprüfung keine zeitlichpunktuelle Entscheidung sein muss, sondern es sich um einen Prozess handeln kann, in dem verschiedene Szenarien geprüft werden und das Ausgründungsvorhaben einer gestalterischen Dynamik unterworfen ist. Dies schließt auch die Suche nach geeigneten Gründerpersonen und die Ergänzung jener Kompetenzen ein, welche zu Beginn der Prüfung in einem evtl. erst partiell vorhandenen Team fehlten. Auf Basis theoretischer Überlegungen wurde die in den Hypothesen 4a und 4b gefasste Vermutung aufgestellt, dass in der Entscheidungsfindung insbesondere das aggregierte Kompetenzprofil jener Personen Relevanz besitzt, die letztendlich (nach einem erfolgten Suchprozess) für eine Ausgründungsumsetzung tatsächlich zur Verfügung stehen. In Hinblick darauf soll nun untersucht werden, in welchem Umfang in dem für eine Ausgründung verfügbaren Team verschiedene Kompetenzen vorhanden sind. Neben einer visuellen Aufbereitung in Abbildung 7.10 werden wie schon zuvor auch statistische Mittelwertvergleiche durchgeführt. Dabei zeigen sich mehrere interessante Befunde.
484
߯ ଶ ሺͶሻ = 11,049, p = 0,026, N = 72 (Pearson’s ߯ ଶ -Test).
152
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Zunächst ist festzuhalten, dass die Kompetenzausprägung in der Gruppe der ausgegründeten Projekte durchweg höher ist, als in der Gruppe der abgebrochenen Projekte. Allerdings sind diese Unterschiede nur für die Management- und Führungskompetenz,485 Marketingkompetenz486 und Kompetenz im Bereich Finanzen487 signifikant. Systematische Unterschiede lassen sich empirisch auch zwischen den beiden Vergleichsgruppen der ausgegründeten und intern fortgesetzten Projekte nachweisen: Die für eine Ausgründung zur Verfügung stehende Personengruppe zeichnet sich im Fall der tatsächlich ausgegründeten Projekte sowohl über höhere Management- und Führungskompetenz488 als auch über höhere Kompetenz im Bereich der Produktentwicklung489 aus. In welchem Umfang diese Heterogenität der Kompetenzprofile nachweisbaren Einfluss auf die Ausgründungsentscheidung hat, ist Gegenstand der multivariaten Analyse in Abschnitt 7.6 dieses Kapitels.
Ausgründung (N=39)
3,90
Management und Führung
3,00
Interne W. (N=14)
2,68 3,4
Abbruch (N=19)
3,15
Gesamtsample (N=72)
2,71 2,37 2,86
Marketingkompetenz
3,44 3,50 3,26 3,4
Branchenkompetenz 2,67 2,57 2,21 2,53
Finanzen
4,21
Entwicklung der Kerntechnologie
3,64 3,84 4 3,74 3,07
Produktentwicklung
3,37
3,51 3,05 3,07 2,95 3,03
Produktionssprozesse 1 sehr gering
2 gering
3 mittel
Abbildung 7.10: Verfügbarkeit eines geeigneten Gründerteams
485 486 487 488 489
p = 0,001, t = -4,429, N = 58 (t-Test). p = 0,001, t = -2,679, N = 58 (t-Test). p = 0,096, t = -1,695, N = 58 (t-Test). p = 0,004, t = 3,047, N = 53 (t-Test). p = 0,014, t = 2,555, N = 53 (t-Test).
4 hoch
5 sehr hoch
7.5 Deskriptive Analyse
153
In diesem Zusammenhang ist auch interessant zu betrachten, wie schwierig sich die Suche nach geeigneten Gründungsmitgliedern mit den für eine Ausgründung erforderlichen Kompetenzen gestaltet. Die Ergebnisse der im Fragebogen erfassten Kategorien „Technologische Bereiche“ und „Kaufmännische Bereiche“ sind in Abbildung 7.11 gegenübergestellt.490 Auffallend ist, dass die Ergänzung fehlender Kompetenzen unabhängig von der Kompetenzkategorie bei der Hälfte aller ausgegründeten Projekte leicht fiel. Hingegen trifft dies für nur jeweils ca. ein Drittel der intern weitergeführten und abgebrochenen Innovationsprojekte zu. Für einen relativ hohen Anteil der letztendlich abgebrochenen Projekte stellte sich die Suche nach geeigneten Gründungsmitgliedern mit den erforderlichen technologischen und kaufmännischen Kompetenzen hingegen als schwierig heraus (40% und 46,7%). Signifikant ist der Unterschied zwischen den Vergleichsgruppen der ausgegründeten und abgebrochenen Projekte bzgl. der kaufmännischen Kompetenzen.491 Dieses Ergebnis unterstreicht einmal mehr die kritische Rolle kaufmännischer Kompetenzen bei der Realisierung von Ausgründungen. Kompetenzen in technologischen Bereichen 50%
Ausgründung (N=22)
Kompetenzen in kaufmännischen Bereichen
27,3% 22,7%
54,6%
27,3%
18,2%
Suche war leicht
30,8%
Interne W. (N=13)
38,5%
30,8%
30,8%
30,8%
mittel
38,5%
schwierig 33,3%
Abbruch (N=15)
40%
26,7%
30%
40%
33,3%
30%
42%
Gesamtsample (N=50) 0%
50% Anteil Fälle
100%
0%
46,7%
20%
26%
32%
50%
100%
Anteil Fälle
Abbildung 7.11: Schwierigkeit der Suche nach geeigneten Gründungsmitgliedern492
490
491 492
Im Fragebogen wurden die Schlüsselinformanten gebeten, ihren Zustimmungsgrad zu folgender Aussage anzugeben: „Die Suche nach geeigneten Gründungsmitgliedern mit den für eine Ausgründung erforderlichen Kompetenzen in den folgenden Bereichen war schwierig.“ Für die hier berichtete deskriptive Analyse wurden die Antwortkategorien „trifft gar nicht zu“ und „trifft eher nicht zu“ zur Kategorie „leicht“ verdichtet, während die Antwortkategorien „trifft eher zu“ und „trifft voll zu“ in der Kategorie „schwierig“ aggregiert wurden. Die Antwortkategorie „teils teils“ entspricht der Kategorie „mittel“. p = 0,066, z = 1,836, N = 37 (Mann-Whitney-Test). Die Angaben beziehen sich auf jenen Teil der beobachteten Projekte, bei denen das Gründerteam zu Beginn der Ausgründungsprüfung noch gar nicht oder nicht vollständig vorhanden war (vgl. S. 150). Dies trifft auf 50 der 72 Fälle zu.
154
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Ein informatives Merkmal zur Beschreibung von Ausgründungen ist das personelle Volumen einer solchen Neugründung. Die entsprechende Verteilung für den untersuchten Datensatz ist Abbildung 7.12 zu entnehmen. Die Angaben beziehen sich dabei auf die Anzahl aller an einer Ausgründung beteiligten Personen inklusive dem Gründerteam. Im Mittel sind an einer Ausgründung 4,9 Personen beteiligt (Median: 4, Standardabweichung: 3,1), wobei in knapp 77% der Fälle die Neugründung aus 5 Personen oder weniger besteht. Bei nur einem Fall handelt es sich um eine Einzelgründung. Im Vergleich zwischen den verschiedenen Technologiefeldern weisen Ausgründungen im Feld Engineering durchschnittlich 6,4 beteiligte Personen auf, gefolgt von Bio/Pharma mit 5,9 Personen und IT mit 3,7 Personen.493 Diese Befunde sind bemerkenswert. Untersuchungen zur Teamgröße bei Unternehmensgründungen zeigen für deutsche Neugründungen durchschnittlich 2,4 Gründer an.494 Auch unter Berücksichtigung, dass die vorliegenden Daten die Gesamtzahl an Mitarbeitern zum Gründungszeitpunkt reflektieren (diese ist nicht zwangsläufig kongruent mit der Zahl der treibenden Gründungsmitglieder), scheinen die hier untersuchten Ausgründungen aus etablierten Unternehmen dennoch durch etwas größere Gründerteams gekennzeichnet zu sein als andere Gründungsformen (innerhalb des 0,77-Perzentils beträgt die durchschnittliche Teamgröße immerhin noch 3,3 Personen). Mit diesem Ergebnis kontrastiert die vorliegende Studie deutlich jene von Koch, welcher berichtet, dass Ausgründungen durch vergleichsweise kleine Gründerteams (1,8 Personen) gekennzeichnet sind.495 Der hier ermittelte Befund lässt sich möglicherweise darauf zurückführen, dass Ausgründungen betrachtet werden, die auf Innovationsprojekten basieren. Es ist zu vermuten, dass sich oftmals mehrere Personen aus einem solchen Projektteam (oder das vollständige Projektteam) zusammenschließen und in die Ausgründung wechseln.
493 494 495
߯ ଶ ሺʹͲሻ = 21,903, p = 0,346, N = 39 (Pearson’s ߯ ଶ -Test). Vgl. Bürgel et al. (2004, 81f.), Gruber (2005, 154f.). Vgl. Koch (2006, 112).
7.5 Deskriptive Analyse 30,8%
30% Anteil Ausgründungen
155
N=39 20,5%
20% 15,4%
10%
7,7% 5,1%
5,1% 2,6%
2,6% 0%
0% 1
2
3
4
5
6
7
5,1%
2,6%
8
2,6% 0%
9
10
0%
11
12
13
14
Anzahl Personen (inkl. Gründerteam)
Abbildung 7.12: Anzahl der an einer Gründung beteiligten Personen
7.5.5 Charakteristika des Entscheidungsprozesses Um die Motive von Inkubatorunternehmen zur Umsetzung von Ausgründungen besser zu verstehen, wurden die Schlüsselinformanten danach gefragt, welche Ziele das Inkubatorunternehmen mit der Prüfung der Ausgründungsunterstützung verfolgte. Die Liste der Ziele wurde auf Basis der in Abschnitt 2.3.1 vorgestellten Studien und der Experteninterviews zusammengestellt.496 Den Zustimmungsgrad der Informanten zu den einzelnen Zielen zeigt Abbildung 7.13. Das mit Abstand am stärksten verfolgte Ziel ist die Fokussierung auf das Kerngeschäft, gefolgt von Technologieverwertung bzw. Rendite und der Motivierung von Mitarbeitern zu unternehmerischem Denken und Handeln. Dieser Befund deckt sich weitgehend mit den fallstudienbasierten Erkenntnissen von Blum.497 Überraschend ist hingegen die vergleichsweise geringe Rolle von zukünftigen technologischen oder marktbezogenen Lerneffekten für das Inkubatorunternehmen: In der Literatur ist die Auffassung verbreitet, dass Unternehmen Ausgründungen unterstützten, um ein relativ risikoarmes „window on technology“, d.h. einen Zugang zu neuen technologischen Entwicklungen, zu öffnen.498 Vor diesem Hintergrund erscheint es als sinnvoll, das hier festgestellte Ergebnis vertiefend zu untersuchen. Dazu wurden zunächst die drei Subsamples auf systematische Unterschiede bzgl. dieser Zielkategorie überprüft. Die Testergebnisse zeigen keine statistisch signifikanten Unterschiede
496
497 498
Die Schlüsselinformanten konnten auch zusätzliche, nicht im Fragebogen aufgeführte Ziele nennen. Folgende Ziele wurden jeweils ein Mal genannt: „Konsolidierung interner Prozesse“, „initiales Business Development sicherstellen“ und „Kundenservice erweitern“. Vgl. Blum (2006, 172). Vgl. dazu Abschnitt 2.3.1.
156
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
auf.499 Sollen mit einer Ausgründungsunterstützung ausgeprägte Lernziele verfolgt werden, so könnte man vermuten, dass dies mit einer Eigenkapitalbeteiligung des Inkubatorunternehmens einhergeht. Erst durch eine solche Beteiligung wäre es dem Inkubatorunternehmen später möglich, sich neu generierte Wissenselemente der Ausgründung auf einfachem Weg anzueignen. Daher wurde die Menge der Ausgründungen, bei denen eine Eigenkapitalbeteiligung des Inkubatorunternehmens zum Gründungszeitpunkt vorlag, mit der Gruppe jener Ausgründungen verglichen, bei denen dies nicht der Fall war. Jedoch zeigte sich auch hier kein signifikanter Unterschied.500 Abschließend herauszugreifen, da inhaltlich nahe an der Erzielung von Lerneffekten, ist die Motivation zum Aufbau eines Akquisitionsobjekts. Auch dieses Ziel spielt eine nur untergeordnete Rolle und die analog zum eben beschriebenen Vorgehen durchgeführten statistischen Tests fallen insignifikant aus. Aufgrund dieser Ergebnisse ist zu konstatieren, dass die Bedeutung möglicher erzielbarer Lerneffekte in der hier untersuchten Stichprobe wesentlich geringer ist als in der bestehenden Literatur angenommen wird. Auch die in der Literatur herausgestellte Möglichkeit, ein späteres Akquisitionsobjekt aufzubauen, wird von den hier untersuchten Unternehmen im Mittel kaum verfolgt. Fokussierung auf Kerngeschäft (1)
4,10
Technologieverwertung/Rendite (2)
3,13
Lerneffekte (3) Aufbau Akquisitionsobjekt (4)
2,51
1,94
Reduzierung Entwicklungsrisiko (5)
2,58
Kommerzialisierungsgeschwindigkeit (6)
2,64
Unternehmensattraktivität (7)
2,61
Motivierung von Mitarbeitern (8) 1 trifft gar nicht zu
N=72
2,92
2 trifft eher nicht zu
3 teils teils
4 trifft eher zu
5 trifft voll zu
(1) Med.=4, S.A.=1,08; (3) Med.=2, S.A.=1,30 (5) Med.=2, S.A.=1,24 (7) Med.=3, S.A.=1,42 (2) Med.=3, S.A.=1,32; (4) Med.=2, S.A.=1,03 (6) Med.=2, S.A.=1,39 (8) Med.=3, S.S.=1,34
Abbildung 7.13: Ziele der Inkubatorunternehmen bei der Ausgründungsprüfung
499
500
Vergleichsgruppen Ausgründung vs. Interne Weiterführung: p = 0,436, z = -0,780, N = 53 (Mann-WhitneyTest); Vergleichsgruppen Ausgründung vs. Abbruch: p = 0,596, z = 0,530, N = 58 (Mann-Whitney-Test); Vergleichsgruppen Interne Weiterführung vs. Abbruch: p = 0,699, z = -0,387, N = 33 (Mann-Whitney-Test). p = 0,157, z = -1,417, N = 39 (t-Test).
7.5 Deskriptive Analyse
157
Neben den verfolgten Zielen stellt die Dauer der Ausgründungsprüfung ein weiteres interessantes Charakteristikum der Entscheidungsfindung dar. Die Verteilung der Entscheidungsdauer von der Initiierung der Ausgründungsprüfung bis hin zur endgültigen Entscheidung zeigt Abbildung 7.14. Über das Schicksal eines Projekts wurde in 38,9% aller Fälle innerhalb von 4 bis 6 Monaten entschieden. Für 22,2% der Projekte erfolgte diese Entscheidung innerhalb von 4 Monaten. Bei ca. jeweils einem Fünftel dauerte die Entscheidung 7 bis 12 Monate oder 13 bis 24 Monate. Betrachtet man die Verteilung in den einzelnen Subsamples, so fällt auf, dass über eine interne Weiterführung vergleichsweise rasch entschieden wird: in 85,7% der beobachteten Fälle innerhalb eines halben Jahres. Hingegen wurden nur 56,4% respektive 52,6% aller Ausgründungs- oder Abbruchentscheidungen innerhalb dieses Zeitraums getroffen. Der größte Anteil an Projekten, deren Zukunft länger als ein Jahr unklar war, findet sich in der Kategorie der abgebrochenen Innovationsprojekte. Bei 26,3% dieser Projekte, aber nur bei 18% aller ausgegründeten und 14,3% aller intern weitergeführten Projekte, dauerte der Entscheidungsprozess länger als 12 Monate. 50%
50%
Anteil Fälle
40%
35,9%
30%
38,9%
21,1% 26,3% 22,2%
25,6% 20,5%
20%
36,8%
35,7%
18% 14,3%
Entscheidungsdauer: < 4 Monate 4 - 6 Monate 7 - 12 Monate 13 - 24 Monate
19,4% 19,4%
15,8%
10% 0%
0% Ausgründung (N=39)
Interne W. (N=14)
Abbruch (N=19)
Gesamtsample (N=72)
Abbildung 7.14: Dauer des Entscheidungsprozesses
Um zu untersuchen, ob die Dauer des Entscheidungsprozesses damit zusammenhängt, inwieweit ein Unternehmen diesen institutionalisiert und professionalisiert hat, wurde mit Hilfe einer Varianzanalyse (ANOVA) überprüft, ob die in Tabelle 7.11 ersichtlichen Unterschiede im Formalisierungsgrad zwischen den vier zeitlichen Kategorien der Prozessdauer systematisch sind. Als Maß für den Formalisierungsgrad wurde die Einschätzung der Schlüsselinformanten zu den Fragen herangezogen, inwieweit klar definierte Kriterien für die Prüfung vorlagen, die Prüfung anhand eines Meilensteinplans mit klaren Zielvorgaben erfolgte und der
158
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Prozess schriftlich formalisiert war.501 Diese drei abgefragten Items wurden für die Analyse zur reflektiv gemessenen Variablen Formalisierungsgrad verdichtet. Das Ergebnis der ANOVA zeigt, dass die Nullhypothese (H0: Es besteht kein Unterschied im Formalisierungsgrad zwischen den zeitlichen Kategorien), nicht zurückgewiesen werden kann.502 Die Daten spiegeln somit keinen statistisch nachweisbaren Zusammenhang zwischen Prozessdauer und Prozessformalisierung wider. Die Unterschiede müssen als zufällig interpretiert werden.
Dauer des Entscheidungsprozesses < 4 Monate 4 bis 6 Monate 7 bis 12 Monate 13 bis 24 Monate Σ
Formalisierungsgrad Mittelwert S.A. 2,49 2,98 3,03 3,18
1,12 1,27 1,29 1,14
Häufigkeit absolut relativ 16 28 14 14 72
22,2% 38,9% 19,4% 19,4% 100%
Tabelle 7.11: Dauer des Entscheidungsprozesses und Formalisierungsgrad
In den Experteninterviews wurde die Erkenntnis gewonnen, dass die Einbindung externer Parteien in den Prüfungsprozess ein wichtiges Element der Entscheidungsfindung sein kann und eine Einbindung i.d.R. auch erfolgt.503 Insbesondere das konkrete Interesse externer Parteien an einer (Mit-)Finanzierung einer Ausgründung besitzt eine wichtige Signalwirkung für das Inkubatorunternehmen hinsichtlich der Attraktivität des Innovationsprojekts. Wie aus Tabelle 7.12 hervorgeht, bestand für 72,2% aller beobachteten Fälle ein solches Interesse von externer Seite. Dies deutet einerseits darauf hin, dass externe Parteien tatsächlich häufig am Prüfungsprozesses beteiligt sind, und andererseits, dass die einer Ausgründungsprüfung zugeführten Innovationsprojekte eine hohe Qualität bzw. Attraktivität aufweisen. Die mit Abstand größte Gruppe stellen dabei Venture Capital-Gesellschaften dar. Bei durchschnittlich 43,1% aller Fälle und sogar 58,9% aller ausgegründeten Projekte zeigte sich eine Venture CapitalGesellschaft an der Ausgründung des betreffenden Projekts interessiert. Business Angels (25,6%), öffentliche Beteiligungsgesellschaften (20,5%) oder Kunden (10,3%) waren in diesem Subsample wesentlich seltener als potentielle Finanzierungsquelle aktiv. Bei einem verhältnismäßig hohen Anteil an intern weitergeführten und abgebrochenen Projekten bestand
501
502 503
Siehe dazu auch Frage C.4 im Fragebogen. Das Konstrukt weist mit einer Faktorladung der Indikatoren von mindestens 0,902, einer erklärten Varianz von 86,27%, einer Item-to-Total-Korrelation von mindestens 0,790 und einem Cronbach’schen Alpha von 0,919 eine hohe Messgüte auf. F-Wert = 0,94, p = 0,426, N = 72 (ANOVA); Bartlett’s Test auf Gleichheit der Varianzen fiel positiv aus (߯ ଶ (3) = 0,468, p = 0,926). Externe Parteien sind hier im Sinne von unternehmensexternen „dritten Parteien“ zu verstehen, d.h. weder Inkubatorunternehmen noch Gründerteam. Vgl. Tabelle 7.12.
7.5 Deskriptive Analyse
159
ein Ausgründungsinteresse auf Seiten von Entwicklungspartnern (35,7% bzw. 31,6%). Wettbewerber des Inkubatorunternehmens haben bei nur 2,6% der beobachteten Ausgründungsfälle im Rahmen des Prüfungsprozesses Interesse angemeldet. In den Subsamples der intern gehaltenen und abgebrochenen Vorhaben ist dieser Anteil mit 14,3% respektive 10,5% bedeutend höher. Die Venture Capital-Literatur portraitiert Venture Capital-Gesellschaften gemeinhin als wichtige Finanzierungsquelle für junge Unternehmen.504 Die vorliegenden Ergebnisse deuten in Kombination mit den Hinweisen aus Expertengesprächen darauf hin, dass auch Inkubatorunternehmen sich der Rolle von Venture Capital-Gesellschaften bewusst sind und diese, z.T. auch systematisch, in die Ausgründungsprüfung miteinbeziehen. Einem ambitionierten Gründerteam wiederum fällt es mit dem Namen eines etablierten Unternehmens im Rücken u.U. leichter Venture Capital-Gesellschaften für das Ausgründungsvorhaben zu interessieren.
Interesse externer Parteien…† nicht vorhanden vorhanden
Projektkategorie Ausgründung Interne W. 23,1% 42,9% 76,9% 57,1%
Abbruch 26,3% 73,7%
Gesamtsample 27,8% 72,2%
Wenn vorhanden, dann von…† Venture Capital-Gesellschaft 58,9% 28,6% 21,1% 43,1% Business Angel 25,6% 0% 15,8% 18,1% Öffentliche Beteiligungsgesellschaft 20,5% 7,1% 21,1% 18,1% Potentieller oder bestehender Kunde 10,3% 7,1% 15,8% 11,1% Entwicklungspartner 7,7% 35,7% 31,6% 19,4% Wettbewerber 2,6% 14,3% 10,5% 6,9% Sonstige†† 5,1% 0% 5,3% 4,2% N=72 † Mehrfachnennungen möglich †† Sonstige Nennungen umfassen „Vertriebspartner“ und „strategische Partner“ (jeweils eine Nennung in der Kategorie ausgegründeter Projekte) sowie „Beratungsgesellschaft“ (eine Nennung in der Kategorie abgebrochener Projekte). Tabelle 7.12: Interesse externer Parteien an einer (Mit-)Finanzierung der Ausgründung
7.5.6 Durchführung und Gestaltung der Ausgründungen Die in diesem Abschnitt ausgeführten Analysen beziehen sich ausschließlich auf das Subsample der ausgegründeten Projekte und sollen Einblick geben, wie Ausgründungen durchgeführt und gestaltet werden. Die dabei betrachteten Aspekte umfassen Art und Intensität der von Inkubatorunternehmen erbrachten Unterstützungsleistungen sowie die finanzielle Ausgestaltung.
504
Vgl. Engel (2003, 305ff.), Brachtendorf (2004, 28ff.), Welpe (2004, 17ff.).
160
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Die Unterstützungsleistung von Seiten des Inkubatorunternehmens kann entlang mehrerer Dimensionen und in verschiedenen Ausprägungsstufen erfolgen.505 Eine grundsätzliche Unterscheidung lässt sich zwischen einer aktiven unternehmerisch geprägten Mitgestaltung des Ausgründungsvorhabens über die Einbringung von Beratungsleistungen treffen und einer eher als passiv charakterisierbaren Unterstützung über die Beschränkung auf einen Transfer von Ressourcen. Durchaus sind auch Mischformen möglich und üblich. Zunächst sollen die spezifischen Ausprägungen der wichtigsten Beratungsleistungen analysiert werden. Betrachtet man den Anteil an Ausgründungen, die von ihrem Inkubatorunternehmen in der jeweiligen Aktivität beratend unterstützt wurden, so fällt auf, dass die Entwicklung der Geschäftsidee einen besonderen Stellenwert einnimmt (vgl. Abbildung 7.15): 71,8% der beobachteten Ausgründungen entwickelten ihre Geschäftsidee gemeinsam mit dem Inkubatorunternehmen. Aber auch mehr als die Hälfte aller Ausgründungen erhielt Unterstützung bei der Entwicklung ihrer Produktstrategie (66,7%), der Vertriebsstrategie (61,5%) und dem Produktionsaufbau (53,9%). Inkubatorunternehmen scheinen also durchaus eine aktive inhaltliche Rolle bei der operativen Realisierung von Ausgründungen einzunehmen. 71,8%
28,2%
Ausgründung wurde beraten nicht beraten
Entwicklung der Geschäftsidee 66,7%
33,3%
Entwicklung der Produktstrategie 61,5%
38,5%
Entwicklung der Vertriebsstrategie 53,9%
46,2%
Produktionsaufbau 0%
20%
40%
60%
80%
100%
N=39
Anteil Ausgründungen
Abbildung 7.15: Beratungsleistungen der Inkubatorunternehmen
Wie aktiv diese Rolle tatsächlich ist, soll nun differenziert nach Eigenkapitalbeteiligung des Inkubatorunternehmens untersucht werden. Die Vermutung ist, dass mit einer Eigenkapitalbeteiligung eine intensivere inhaltliche Unterstützungsleistung einhergeht. Da das Unternehmen in diesem Fall direkt und finanziell am Erfolg als auch am Misserfolg des ausgegründeten Projekts partizipiert, müsste es umso mehr an einer intensiven Unterstützung interessiert sein.
505
Vgl. Abschnitt 2.3.2.
7.5 Deskriptive Analyse
161
Wie in Abbildung 7.16 ersichtlich, spiegeln die vorliegenden Daten diesen vermuteten Zusammenhang wider. Allerdings lassen sich in einem statistischen Mittelwertvergleich signifikante Gruppenunterschiede nur bezüglich der Aktivitäten Entwicklung der Geschäftsidee506 und Entwicklung der Produktstrategie507 feststellen (jeweils auf 5%-Niveau). Insgesamt ist zu konstatieren, dass die meisten Ausgründungsvorhaben zwar von ihren Inkubatorunternehmen beratend unterstützt werden, jedoch in einem eher geringen Umfang. Entwicklung der Geschäftsidee (1)
Inkubatorunternhemen hält
2,37
Anteil am EK keinen Anteil am EK
3,35
Entwicklung der Produktstrategie (2)
2,05 2,90
Entwicklung der Vertriebsstrategie (3)
1,89 2,55
1,74
Produktionsaufbau (4)
2,30
1
2
trifft gar nicht zu
trifft eher nicht zu
(1) EK-Anteil: (2) EK-Anteil: (3) EK-Anteil: (4) EK-Anteil:
N=20, N=20, N=20, N=20,
Med.=3, S.A.=1,35; Med.=3, S.A.=1,37; Med.=2, S.A.=1,43; Med.=2, S.A.=1,30;
3 teils teils
4
5
trifft eher zu
kein EK-Anteil: kein EK-Anteil: kein EK-Anteil: kein EK-Anteil:
N=19, N=19, N=19, N=19,
trifft voll zu
Med.=2, S.A.=1,38 Med.=2, S.A.=1,18 Med.=2, S.A.=0,99 Med.=1, S.A.=1,05
Abbildung 7.16: Intensität der Beratungsleistungen nach Eigenkapitalbeteiligung
Neben einem tragfähigen Geschäftsmodell ist für den Erfolg einer Neugründung auch die Akquise geschäftsnotwendiger Ressourcen von hoher Bedeutung. Gerade Ausgründungen scheinen nach Auffassung der bestehenden Literatur im Vergleich zu anderen Gründungsformen Vorteile in der Ressourcenakquise zu haben.508 Für das Subsample wurde untersucht, ob und wie ausgeprägt der Ressourcentransfer vom Inkubatorunternehmen zur Ausgründung ist. In Anlehnung an die Arbeiten von Bernardt et al. und Blum wurden dabei fünf verschiedene Ressourcenarten erfasst:509 finanzielle Ressourcen (z.B. Risikokapital, aber auch Zahlungsstundungen oder zinslose Darlehen), physische Ressourcen (z.B. Maschinen und Geräte), Pa-
506 507 508 509
p = 0,039, z = -2,069, N = 39 (Mann-Whitney-Test). p = 0,052, z = -1,942, N = 39 (Mann-Whitney-Test). Vgl. dazu die Ausführungen in Abschnit 2.3.2. Vgl. Bernardt et al. (2002, 24f.), Blum (2006, 168) und die Ausführungen in nachfolgendem Abschnitt 7.5.7.
162
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
tente, Lizenzen und Geschäftskontakte. Es zeigt sich, dass alle beobachteten Ausgründungen Ressourcen übernommen haben. Den größten Anteil bilden dabei Geschäftskontakte (69,2%), knapp gefolgt von physischen Ressourcen (66,7%). Finanzielle Unterstützung wurde 59% der ausgegründeten Projekte zuteil, 56,4% übernahmen Patente und 53,8% der Projekte wurden Lizenzen übertragen (vgl. Abbildung 7.17).510 59%
41%
Ressourcentransfer an Ausgründung:
Finanzielle Ressourcen 66,7%
Transfer kein Transfer
33,3%
Physische Ressourcen 56,4%
43,6%
Patente 53,8%
46,2%
Lizenzen 69,2%
30,8%
Geschäftskontakte 0%
20%
40%
60%
80%
100%
N=39
Anteil Ausgründungen
Abbildung 7.17: Ressourcentransfer von den Inkubatorunternehmen
Im Falle eines Ressourcentransfers stellt sich die Frage, in welchem Umfang die Ressourcen an die Ausgründung transferiert wurden. Die Intensität des durchschnittlichen Transfers für den jeweiligen Ressourcentypus ist aus Abbildung 7.18 abzulesen.511 Im Vergleich lässt sich festhalten, dass physische Ressourcen zwar häufig übertragen werden (66,7%; vgl. Abbildung 7.17), aber relativ zu anderen Ressourcen in geringerem Umfang. Geschäftskontakte, Patente, finanzielle Ressourcen aber auch Lizenzen werden in mittleren bis hohen Umfang transferiert. Stellt man diese Befunde den Ergebnissen früherer Studien gegenüber, so zeigen sich mehrere Auffälligkeiten. Finanzielle Transferleistungen treten im hier untersuchten Datensatz häufiger und stärker auf. So erhielten nur 26% der von Bernardt et al. untersuchten Ausgründungen finanzielle Unterstützung (hier: 59%) und den von Blum befragten Ausgründungen wurden von ihren Inkubatorunternehmen finanzielle Ressourcen in einem nur „geringen Umfang“ zur
510 511
Zusätzlich nannten drei Schlüsselinformanten folgende übertragene Ressourcenarten: „Entwicklungsdienstleistungen“, „Lieferantenverträge“ und „Know-how“. Im Fragebogen wurden die Schlüsselinformanten gebeten anzugeben, in welchem Umfang das Inkubatorunternehmen der Ausgründung Ressourcen in Form eines Transfers zur Verfügung gestellt hat. Die Abbildung zeigt für jene Ausgründungen, an die der jeweilige Ressourcentypus überhaupt transferiert wurde (der Informant hat hier nicht mit „keine“ geantwortet), in welchem Umfang dies im Mittel erfolgte.
7.5 Deskriptive Analyse
163
Verfügung gestellt.512 Während Bernardt et al. bei nur 3% aller Beobachtungen Patenttransfers feststellen konnten, ist diese Transferart im vorliegenden Sample wesentlich ausgeprägter. Der Umfang des hier festgestellten Patent- und Lizenztransfers ist jedoch konsistent mit den Befunden von Blum, der ebenfalls eine hohe Transferintensität berichtet. Finanzielle Ressourcen (1)
2,65
Physische Ressourcen (2)
2,08
Patente (3)
2,68
Lizenzen (4)
2,67
Geschäftskontakte (5) 1 gering
2,70
2 mittel
(1) N=23, Med.=3, S.A.=1,11 (2) N=26, Med.=2, S.A.=0,84 (3) N=22, Med.=3, S.A.=1,09
3 hoch
4 sehr hoch
(4) N=21, Med.=3, S.A.=1,28 (5) N=27, Med.=3, S.A.=0,91
Abbildung 7.18: Intensität des Ressourcentransfers
Neben Art und Umfang des Ressourcentransfers sind die möglichen Kompensationsmechanismen für die übertragenen Ressourcen ein weiteres interessantes Betrachtungsobjekt. Bei 71,8% aller Ausgründungen ließ sich das Inkubatorunternehmen für die übernommenen Ressourcen kompensieren (vgl. Abbildung 7.19). Bei der Hälfte dieser Ausgründungen erfolgte die Kompensation durch eine Beteiligung des Inkubatorunternehmens am Eigenkapital der Ausgründung, während 35,7% einen Kaufpreis entrichteten. 10,7% der jungen Unternehmen wurden zur Entrichtung von Lizenzgebühren verpflichtet und 3,6% mussten ihren Inkubatorunternehmen eine kostenlose Rücklizenz gewähren.
512
Vgl. Bernardt et al. (2002, 24), Blum (2006, 169).
164
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld 100%
Anteil Ausgründungen
80%
keine Kompensation Kompensation
Eigenkapitalbeteiligung
3,6%
28,2%
Entrichtung Kaufpreis Entrichtung Lizenzgebühren
10,7%
60%
40%
Kompensation:
Kostenlose Rücklizenz
50%
71,8% 35,7%
20%
0%
N=39
Abbildung 7.19: Kompensation von übernommenen Ressourcen
Offenbar ist die Beteiligung eines Inkubatorunternehmens am Eigenkapital der Ausgründung ein verbreitetes Phänomen. Tatsächlich lässt sich für 51,3%513 aller beobachteten Ausgründungsfälle eine solche Beteiligung zum Ausgründungszeitpunkt konstatieren (vgl. Abbildung 7.20). Bei der Mehrheit (59%) der durchgeführten Ausgründungen fällt diese Beteiligung mit weniger als 10% des Eigenkapitals des jungen Unternehmens relativ gering aus. Bei ca. 8% der ausgegründeten Projekte hält das Inkubatorunternehmen zwischen 10% und 25% der Kapitalanteile und bei immerhin einem Drittel sogar zwischen 25% und 50%. 100%
kein EK-Anteil
Beteiligungsumfang:
EK-Anteil
< 10%
Anteil Ausgründungen
80%
10% bis < 25% 48,7%
25% bis < 50%
60%
40%
33,3% 51,3%
59%
20% 7,7%
0%
N=39
Abbildung 7.20: Eigenkapitalbeteiligung von Inkubatorunternehmen
513
Zu beachten ist: Während sich die Angabe 50% in Abbildung 7.19 auf den Anteil jener Ausgründungen bezieht, deren Ressourcentransfer explizit durch eine Eigenkapitalbeteiligung des Inkubatorunternehmens kompensiert wurde, bezieht sich die Angabe 51,3% in Abbildung 7.20 auf den Anteil aller Ausgründungen, bei denen das Inkubatorunternehmen eine Kapitalbeteiligung zum Ausgründungszeitpunkt hielt.
7.5 Deskriptive Analyse
165
US-amerikanische Unternehmen wie Cisco oder Alcatel-Lucent setzen den Ausgründungsmechanismus gezielt zum Aufbau von Realoptionen ein.514 Zwar hat die Analyse der mit einer Ausgründungsprüfung verfolgten Ziele gezeigt, dass zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung eine solche Zielsetzung bei den untersuchten Entscheidungsfällen vernachlässigbar gering war; jedoch ist in diesem Zusammenhang interessant zu untersuchen, inwieweit im Laufe der Zeit vielleicht doch eine Intensivierung der Beteiligung stattgefunden hat. Dies ließe u.U. auf einen ersten Schritt in Richtung Rückintegration schließen. Wie Abbildung 7.21 zeigt, ist das Beteiligungsverhältnis bei 30% der beobachteten Ausgründungen, an denen das Inkubatorunternehmen zum Gründungszeitpunkt einen Kapitalanteil hielt, gleich geblieben. Während in der Mehrheit der Fälle (55%) der Kapitalanteil des Inkubatorunternehmens abnahm,515 fand in 10% der Fälle eine Aufstockung der Anteile statt. Als nächstes wurde untersucht, ob es Fälle gibt, bei denen das Inkubatorunternehmen zum Ausgründungszeitpunkt nicht beteiligt war, im Laufe der Zeit jedoch eine Kapitalbeteiligung aufgebaut hat. Bei zwei Ausgründungen war dies der Fall. Insgesamt fand eine Ausdehnung des Einflusses auf eine Ausgründung in Form einer aufgestockten Kapitalbeteiligung bei vier Fällen statt. Dies entspricht immerhin 10,3% aller beobachteten Ausgründungen. Vordergründig ist dies ein hochinteressanter Befund, der dazu verleitet, auf einen vielleicht durch die genannten US-Unternehmen inspirierten allgemeinen Trend zu schließen. Allerdings zeigt eine Detailbetrachtung dieser vier Fälle, dass die beiden jüngeren Ausgründungen auf dasselbe Inkubatorunternehmen zurückzuführen sind und die anderen beiden Fälle um die Jahrtausendwende aus unterschiedlichen Inkubatorunternehmen in unterschiedlichen Branchen (IT und Pharma) hervorgingen. Die These eines allgemeinen Trends muss auf Basis der Daten daher verworfen werden, wobei Expertengespräche mit dem erwähnten Inkubatorunternehmen gezeigt haben, dass die beiden Ausgründungen tatsächlich als strategisches Entwicklungsinstrument durchgeführt wurden und weitere derartige Ausgründungen in Vorbereitung sind. In der Menge der hier betrachteten Inkubatorunternehmen scheint dies aber ein Einzelfall zu sein.
514 515
Vgl. McJunkin (2000), Mayer/Kenney (2004). Hier ist Vorsicht bzgl. einer vorschnellen Interpretation geboten. Eine Abnahme der Anteile ist nicht zwangsläufig auf Aktivtäten des Inkubatorunternehmens zurückzuführen. Eine relative Verringerung der Anteile geschieht bspw. auch bei der Aufnahme neuer Investoren („Verwässerung“ der Anteile).
166
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld 100%
Anteil Ausgründungen
80% 55%
60%
Eigenkapitalanteil des Inkubatorunternehmens hat abgenommen ist gleich geblieben hat zugenommen Keine Angabe
40% 30%
20% 0%
10% 5%
N=20
Abbildung 7.21: Entwicklung des Eigenkapitalanteils von Inkubatorunternehmen
In Hinblick auf die Finanzierung einer Ausgründung stellen neben dem Inkubatorunternehmen selbst, wie schon erörtert, auch externe Parteien eine interessante Quelle der Anschubfinanzierung dar. Für die Stichprobe wurde deshalb untersucht, inwieweit externe Parteien zum Gründungszeitpunkt eine Kapitalbeteiligung aufgenommen haben. Bei 51,3% der Ausgründungen beteiligten sich externe Parteien an der Finanzierung (vgl. Abbildung 7.22). Der durchschnittliche Umfang der Beteiligung ist höher als jener der Inkubatorunternehmen. In jeweils knapp 44% dieser Fälle hielten dritte Parteien zumindest 50% bzw. 25% bis 50% und in den restlichen 12,5% der Fälle weniger als 25% des Eigenkapitals der Ausgründung. Dieser Befund unterstreicht einmal mehr die Bedeutung externer Parteien bei der Finanzierung von Ausgründungen. 100%
10,3%
Anteil Ausgründungen
80% 38,5%
Beteiligungsumfang:
Keine Angabe Dritte nicht beteiligt Dritte beteiligt
12,5%
< 25% 25% bis 50% > 50%
60% 40% 51,3%
20% 43,8%
0%
Abbildung 7.22: Eigenkapitalbeteiligung von externen Parteien
43,8%
N=39
7.5 Deskriptive Analyse
167
7.5.7 Erfolg und Erfolgswirkung Eine umfassende hypothesengetriebene Analyse von Erfolg und Erfolgswirkung des Ausgründungsmechanismus ist nicht Bestandteil der Zielsetzung dieser Arbeit. Nichtsdestotrotz soll dieser Abschnitt einige deskriptive Anhaltspunkte geben. Zunächst wird die Einschätzung der Schlüsselinformanten zur allgemeinen wirtschaftlichen Erfolgswirkung von Ausgründungen auf Inkubatorunternehmen erörtert. Anschließend werden Kooperationsmuster zwischen diesen beiden Entitäten skizziert und eine Abschätzung des Erfolgs von ausgegründeten Innovationsprojekten basierend auf Sterberaten, Wachstumsraten und Technologiestärke durchgeführt. Die Ergebnisse werden den Befunden allgemeiner Gründungsstudien vergleichend gegenübergestellt.516 In der Erhebung wurde der Zustimmungsgrad der Schlüsselinformanten zu der Aussage „Das Inkubatorunternehmen hat wirtschaftlich davon profitiert, dass das Projekt ausgegründet/intern weitergeführt wurde“ auf einer 5-stufigen Ratingskala erfasst. Die Zustimmungsgrade für beide Projektkategorien sind Abbildung 7.23 zu entnehmen. Mit den Mittelwerten 2,97 und 3,0, einer fast identischen Standardabweichung von 1,27 und 1,24 und einem identischen Median von 3 ergibt sich für die Einschätzung der Erfolgswirkung ein klares und doch schwierig zu interpretierendes Bild: Im Mittel scheint ein Inkubatorunternehmen teilweise davon zu profitieren, eine Ausgründung bzw. eine interne Weiterführung eines Projekts realisiert zu haben. Andererseits zeigt die Verteilung der Antworten entlang der Skalenstufen „teils teils“, „trifft eher zu“ oder „trifft voll zu“ auch, dass immerhin 61,4% der Unternehmen mindestens teilweise von der Durchführung einer Ausgründung wirtschaftlich profitiert haben. Dies kann als positives Ergebnis zur Erfolgswirkung gewertet werden. Ein Vergleich der Erfolgswirkung von Ausgründungen differenziert nach Kapitalbeteiligung des Inkubatorunternehmens (Beteiligung vorhanden vs. nicht vorhanden) führt zu einem sehr ähnlichen Bild und lässt keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Subsamples erkennen.517
516
517
Die nachfolgenden Analysen stützen sich primär auf subjektive, nicht objektive Erfolgsmaße. Die Erfolgsbewertung junger Unternehmen gestaltet sich grundsätzlich schwierig. Covin/Slevin (1989, 75ff.) legitimieren die Verwendung subjektiver Erfolgseinschätzungen bei der Erfolgsbewertung kleiner junger Unternehmen über drei Argumente: Erstens ist es oftmals nicht möglich von diesen Unternehmen zuverlässige Finanzdaten zu erhalten; zweitens ist die Interpretation dieser Daten aufgrund unterschiedlicher Zielsetzungen der Unternehmen problematisch; drittens bestehen starke branchenspezifische Effekte. Allerdings zeigen mehrere Studien auch, dass subjektive und objektive Erfolgsmaße stark korrelieren (z.B. Song/Parry (1997)). Subsample „Kapitalbeteiligung vorhanden“: Mittelwert: 3,1, Median: 3, Standardabweichung: 1,29, N=20; Subsample „Kapitalbeteiligung nicht vorhanden“: Mittelwert: 2,84, Median: 3, Standardabweichung: 1,26, N=19; p = 0,508, z = -0,663, N=39 (Mann-Whitney-Test).
168
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld 40% Ausgründung (1)
35,7%
Anteil Informanten
Interne W. (2) 30%
28,2% 20,5%
20%
21,4%
23,1%
21,4%
15,4% 12,8%
10%
14,3%
7,1%
0% 1 trifft gar nicht zu
2 trifft eher nicht zu
3 teils teils
4 5 trifft eher zu trifft voll zu
Zustimmungsgrad Aussage: "Das Inkubatorunternehmen hat wirtschaftlich davon profitiert, dass das Projekt ausgegründet/intern weitergeführt wurde." (1) N=39, Mittelw.=2,97, Med.=3, S.A.=1,27
(2) N=14, Mittelw.=3,0, Med.=3, S.A.=1,24
Abbildung 7.23: Erfolgswirkung der Projekte
Keine Aussage trifft dieser Befund jedoch darüber, welcher Art die durch eine Ausgründung realisierten Vorteile sind. Blum unterscheidet zwischen unmittelbaren Vorteilen (Verbesserung der Ressourcenallokation, Reduktion von Transaktionskosten, effizienzsteigernde Verteilung von Besitzrechten) und mittelbaren Vorteilen, die sich aus kooperativen Beziehungen ergeben.518 Da es gerade Kooperationsaktivitäten sind, die im Idealfall für beide involvierten Parteien Wert schaffen, wurden die Schlüsselinformanten nach der Entwicklung der kooperativen Arrangements zwischen Inkubatorunternehmen und Ausgründung entlang verschiedener Wertschöpfungsbereiche befragt. Dabei zeigt sich, dass 84,6% aller Ausgründungen mit ihrem Inkubatorunternehmen zwischen Gründungszeitpunkt und Befragungszeitpunkt kooperiert haben. Am häufigsten arbeiten die Unternehmen im Bereich F&E (74,4%), gefolgt von Marketing (62,2%), Vertrieb (60,5%) und Beschaffung (57,9%) zusammen. Immerhin noch die Hälfte der Unternehmen kooperierten im Bereich der Produktion (vgl. Abbildung 7.24).
518
Vgl. Blum (2006, 89ff.) und Abschnitt 2.3.1 dieser Arbeit.
7.5 Deskriptive Analyse
169
Anteil Ausgründungen
100% 15,4%
25,6%
80%
42,1%
50%
39,5%
37,8%
60,5%
62,2%
keine Kooperation Kooperation
60% 40%
84,6%
74,4% 57,9%
20%
50%
0% F&E
Beschaffung Produktion
Vertrieb
Marketing
insgesamt
N=39
Bereich
Abbildung 7.24: Kooperationsaktivitäten zw. Inkubatorunternehmen und Ausgründung
Eine Analyse der Dynamik dieser Kooperationsaktivitäten entlang der Zeitachse führt zu einigen interessanten Erkenntnissen (vgl. Abbildung 7.25). Über ein Drittel (34,8%) der Unternehmen hat die Zusammenarbeit im Vertrieb intensiviert und 31% in der Forschung und Entwicklung. Am stärksten abgenommen haben die Kooperationsaktivitäten in der Produktion (57,9%) und der Beschaffung (54,6%). Fasst man diese Ergebnisse zusammen, so scheint sich die in der Literatur vertretene Auffassung zu bestätigen, dass Ausgründungen gegenüber anderen Gründungsformen im Vorteil sind:519 In der Start-up-Phase nehmen viele der untersuchten Ausgründungen eine Starthilfe von Seiten ihrer Inkubatorunternehmen in Anspruch. Diese Starthilfe drückt sich nicht nur, wie auf S. 161 beschrieben, im Transfer spezifischer Ressourcen aus, sondern auch in kooperativen Arrangements. So sind die Beschaffung von Produktionsfaktoren aber auch Herstellungsprozesse in der Start-up-Phase vergleichsweise relevant, während sich die jungen Unternehmen mit zunehmender Reife emanzipieren und eigene Produktionsmechanismen etablieren. Jedoch wird die Zusammenarbeit im Vertrieb der nun verfügbaren Produkte intensiviert (vgl. Abbildung 7.25). Inkubatorunternehmen wiederum können vermutlich durch innovative Impulse profitieren, die sie im Kontext von Forschungskooperationen gewinnen.
519
Vgl. dazu die Diskussion in den Abschnitten 2.3 und 2.4.
170
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Anteil Ausgründungen
100% 31%
80%
22,7%
10,5% 34,8%
21,7%
31,6% 22,7%
60%
24,1%
21,7%
39,1%
Kooperationsaktivitäten: zugenommen gleich geblieben abgenommen
40% 44,8%
20%
54,6%
57,9% 43,5%
39,1%
0% F&E (1)
Beschaffung Produktion (2) (3)
Vertrieb (4)
Marketing (5)
(1) N=29 (2) N=22 (3) N=19 (4) N=23 (5) N=23
Bereich
Abbildung 7.25: Entwicklung der Kooperationsaktivitäten im Zeitverlauf520
Eine Gegenüberstellung dieser Befunde mit den von Blum ermittelten Ergebnissen zu Kooperationsaktivitäten lässt eklatante Unterschiede erkennen. Während Blum im Bereich der F&E Kooperationen „selten“ beobachten konnte und eine „intensive“ Kooperation bei der Produktion berichtet,521 ergibt sich aus den hier analysierten Daten, dass die am häufigsten anzutreffende und am stärksten zunehmende Kooperationsform die F&E-Kooperation ist und am seltensten sowie am stärksten abnehmend im Bereich der Produktion kooperiert wird. Konsistent sind die Ergebnisse der Studien hingegen im Vertriebsbereich. Ein Grund für diese Unterschiede könnte die geringe Anzahl an untersuchen Fällen bei Blum sein (9 Fälle im Vergleich zu 39 Fällen in der vorliegenden Untersuchung). Als nächstes soll untersucht werden, wie erfolgreich die in die Freiheit entlassenen, d.h. ausgegründeten, Innovationsprojekte sind. Legt man das Überleben als Erfolgsmaß für ein junges Unternehmen an, so ergibt sich folgendes Bild: Von den 39 Ausgründungen mit einem durchschnittlichen Alter von 6,5 Jahren (Median: 6; Standardabweichung: 4,2) waren 33 (84,6%) zum Befragungszeitpunkt noch existent und am Markt aktiv. 3 (7,7%) der Ausgründungen wurden inzwischen von einem anderen Unternehmen akquiriert und nur 3 haben ihre Geschäftstätigkeit eingestellt. Obgleich Abschätzungen der Sterberate für Neugründungen in der Literatur umstritten sind, herrscht doch Einigkeit darüber, dass eine Unternehmensgründung ein hohes Risiko birgt, wobei die entsprechenden Risikofaktoren zur sog. „liability of
520
521
Die prozentuale Verteilung in jedem Kooperationsbereich bezieht sich auf die Menge jener Unternehmen, die in diesem Bereich Kooperationsaktivitäten unterhalten haben (vgl. Abbildung 7.24). F&E: N=29; Beschaffung: N=22; Produktion: N=19; Vertrieb: N=23; Marketing: N=23. Vgl. Blum (2006, 195).
7.5 Deskriptive Analyse
171
newness“ beitragen.522 Timmons geht von einer häufig zitierten Sterberate von 40% im ersten Jahr und 90% in den ersten 10 Jahren aus.523 An anderer Stelle wird eine Sterberate von 50% innerhalb von 5 Jahren genannt.524 Vor diesem Hintergrund sind die untersuchten Ausgründungen durchaus als erfolgreich zu bezeichnen. Als weiteres Erfolgsmaß junger Unternehmen wird in der Literatur häufig deren Wachstumseigenschaften betrachtet. Untersuchungen zum Unternehmenswachstum beziehen sich zumeist auf eine Veränderung der Beschäftigtenzahlen oder der Umsätze, wobei von einer Korrelation zwischen dem personellen Wachstum und dem Umsatzwachstum ausgegangen wird.525 In der vorliegenden Studie wurde das Beschäftigtenwachstum (inklusive Gründerteam) erfasst. Betrachtet man die 33 noch existierenden Ausgründungen isoliert, so zeigt sich, dass die Unternehmen zum Befragungszeitpunkt 2668 Personen beschäftigten. Zum Zeitpunkt der Ausgründung waren es 157 Personen. Die Unternehmen konnten ihre Beschäftigtenbasis im Mittel um das knapp 17-fache erweitern. Allerdings zeigt ein detaillierter Blick auf die Daten, dass dieser hohe Wert von einem statistischen Ausreißer aus der Pharma-Branche getrieben wird (von 5 auf 1750 Beschäftigte innerhalb von 11 Jahren). Exkludiert man diesen, so nahm die Beschäftigtenzahl durchschnittlich um das 6-fache zu (Median: 314,3%; Standardabweichung: 847,2%; N=32). Zwei Unternehmen weisen ein Nullwachstum auf (beide waren zum Befragungszeitpunkt erst ein Jahr alt) und zwei Unternehmen eine rückläufige Beschäftigtenentwicklung. Um die Beschäftigtenzahlen mit dem erreichten Unternehmensalter in Bezug zu setzen, wurde das durchschnittliche jährliche Wachstum aller Ausgründungen berechnet. Dieses beträgt 41,1% (Median: 19,1%; Standardabweichung: 64,6%; N=38).526 Das mit Abstand höchste jährliche Wachstum weisen Ausgründungen in der IT-Branche auf. Das durchschnittliche ITUnternehmen erweitert seinen Beschäftigtenstamm jährlich um 61,3% (Median: 29,9%; Standardabweichung: 84,7%; N=19). Das geringste jährliche Wachstum ist mit 20,4% für Unternehmen im Technologiefeld Engineering festzustellen (Median: 12,2%; Standardabweichung: 20%; N=11). Ausgründungen im Bereich Bio/Pharma wachsen jährlich um 21,6% (Median: 15,7%; Standardabweichung: 29,2%; N=8). Abbildung 7.26 visualisiert die Beschäftigtenzah-
522 523
524 525 526
Vgl. Shepherd et al. (2000, 394). Vgl. Timmons (1990). Das Konzept der „liability of newness“ geht zurück auf Stinchcombe (1965), der zu erklären versucht, warum junge Unternehmen häufiger versagen als etablierte. Grundsätzlich liegen die Risiken einer Unternehmensgründung u.a. in Eigenschaften des neuen Produkts (Aldrich/Auster 1986, 165ff.), in Konflikten bzgl. neuer organisatorischer Rollen (Singh et al. 1986, 186f.), in der Existenz informeller Organisationsstrukturen (Stinchcombe 1965, 153ff.) oder in der organisatorischen Stabilität (Hannan/Freeman 1984, 162) begründet. Vgl. VNO (1994). Vgl. Brüderl et al. (1996, 91f.), Koch (2006, 116f). Die Angaben zum jährlichen Mitarbeiterwachstum beziehen sich auf das Ausreißer-bereinigte Sample.
172
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
len an den zwei diskreten Zeitpunkten der Ausgründung und der Befragung geordnet nach absolutem Beschäftigtenzuwachs logarithmisch skaliert.
Anzahl Beschäftigte (logarithmisch)
2048
Zeitpunkt:
1024
Ausgründung
512
Befragung
256 128 64 32 16 8 4 2
N=39
1 Ausgründungen
Abbildung 7.26: Beschäftigtenwachstum in den Ausgründungen
Mit der technologischen Stärke der Ausgründungen soll ein zusätzliches Erfolgsmaß analysiert werden. Dazu wurden die Schlüsselinformanten gebeten anzugeben, wie hoch sie die Technologieführerschaft der Ausgründung im Vergleich zu anderen Unternehmen der gleichen Branche oder des gleichen Technologiefelds einschätzen. Die Ergebnisse sind Abbildung 7.27 zu entnehmen. Auch hier ergibt sich ein sehr positives Bild. Immerhin 46,2% der Schlüsselinformanten sehen die Ausgründung unter den führenden 10% der Unternehmen innerhalb der Branche bzw. des Technologiefelds und nur 12,8% ordnen die Ausgründung nicht den führenden 50% dieser Unternehmen zu.
Anteil Ausgründungen
50%
N=39
46,2%
40% 30%
25,6%
20%
15,4%
10%
5,1%
7,7%
0% führende 10%
führende 25% (nicht führende 10%)
führende 50% (nicht führende 25%)
führende 75% (nicht führende 50%)
Einschätzung der Technologieführerschaft
Abbildung 7.27: Technologieführerschaft der Ausgründungen
nicht führende 75%
7.6 Multivariate Analyse und Befunde
173
Insgesamt ist zu konkludieren, dass die analysierten Ausgründungen auffallend hohe Überlebensraten und Wachstumsraten aufweisen sowie eine hohe technologische Stärke besitzen. Das mittlere jährliche Wachstum von 41,1% liegt deutlich über dem von Almus et al. berichteten Beschäftigtenwachstum von 13,3% für ein durchschnittliches junges Unternehmen in deutschen Hochtechnologie-Branchen.527 Auch die von Timmons genannten Sterberaten werden bei weitem nicht erreicht. Wie lassen sich diese Befunde erklären? Es liegt die Vermutung nahe, dass Ausgründungen durch die Unterstützung ihrer Inkubatorunternehmen von einem Ressourcenvorteil zum Gründungszeitpunkt profitieren, aber auch langfristig durch den Aufbau und die Verstetigung von Kooperationsaktivitäten im Vorteil gegenüber anderen Neugründungen sind. Mit dem Inkubatorunternehmen hat eine Ausgründung einen starken Partner in Reichweite, über den sich kooperative Arrangements inhaltlich flexibel an die jeweiligen akuten Ressourcenbedürfnisse anpassen lassen (vgl. S. 169). Auch wurde gezeigt, dass an einer Ausgründung mehr Personen beteiligt sind als an einer durchschnittlichen Neugründung (vgl. Abschnitt 7.5.4). Größere Gründerteams stellen bei Gründung mehr interne Ressourcen für das zukünftige Wachstum bereit und wirken damit zusätzlich der „liability of newness“ des neuen Unternehmens entgegen. Diese Vorteile wirken sich langfristig auf das Unternehmenswachstum aus. Andererseits ist auch zu berücksichtigen, dass die hier untersuchten Ausgründungsvorhaben im Inkubatorunternehmen einer detaillierten Prüfung unterzogen wurden - eine Prüfung, die andere Neugründungen nicht durchlaufen.528 Die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegende These besagt, dass dieser Selektionsmechanismus gerade besonders erfolgsversprechende Vorhaben begünstigt. Dies soll in der folgenden multivariaten Analyse weiter untersucht werden.
7.6 Multivariate Analyse und Befunde Nach der deskriptiven Analyse der erhobenen Daten wird in diesem Teil der Arbeit der multivariate Analysegang zur Überprüfung der Hypothesen vorgestellt und die ermittelten Ergebnisse diskutiert. Wie in Abschnitt 7.4 ausgeführt, erfolgt diese Analyse auf Basis eines Wahrscheinlichkeitsmodells, einem ungeordneten multinomialen Logit-Modell. Nach der Modellspezifikation und der Überprüfung der Modellvoraussetzungen in Abschnitt 7.6.1, wird in Abschnitt 7.6.2 die Bildung eines optimierten Modells vorgestellt, anhand dessen die Untersuchungshypothesen getestet werden. Eine Tiefenanalyse der signifikanten Ergebnisse folgt in Abschnitt 7.6.3.
527
528
Vgl. Almus et al. (1999, 84). Die von den Autoren analysierten jungen Unternehmen waren im Mittel 3,6 Jahre alt und damit etwas mehr als halb so alt wie die in der vorliegenden Studie analysierten Ausgründungen. An dieser Stelle sei auch auf die Ausführungen zur Repräsentativität der Stichprobe in Abschnitt 5.2.3 verwiesen.
174
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
7.6.1 Modellspezifikation und Modellvoraussetzungen Basierend auf den in Abschnitt 7.3 eingeführten und operationalisierten Variablen sowie dem logistischen Regressionsmodell aus Abschnitt 7.4, lassen sich nun Schätzgleichungen spezifizieren. Dem Modell liegen ݇ ൌ ͵ Kategorien zugrunde, wobei die Kategorie ݇ ൌ ͳ (Ausgründung) als Basiskategorie gewählt wird.529 In Formel (7.5) wird die Schätzgleichung für eine vollständige empirische Modellspezifikation, d.h. ein Modell, das alle erklärenden Variablen und Kontrollvariablen beinhaltet, vorgestellt.530 (7.5)
ሺ ൌ ȁܠሻ ൌ
ሺܠƍ ܚሻ σ୩ୱୀଵ ሺ ܠƍ ܛሻ
mit אሼʹǡ͵ሽ ܚist Vektor aus Logit-Koeffizienten, spezifisch für Kategorie ܛist Vektor aus Logit-Koeffizienten, spezifisch für Kategorie ݏ ܠƍ ൌ ሺୖ ǡ ୖ ǡ ୗୖ ǡ ǡ ǡ ǡ ୖ ǡ ǡ ǡ ୖ ǡ ǡ ǡ ୍ ǡ ǡ ୍ ǡ ሺୋୖ ሻǡ ୍ ሻ und ୖ ୖ ୗୖ ୖ ୖ ୍ ୍ ୋୖ ୍
= = = = = = = = = = = = = = = = =
Verfügbarkeit komplementärer technologischer Ressourcen Verfügbarkeit komplementärer kaufmännischer Ressourcen Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie Kannibalisierungsgefahr Teamverfügbarkeit technologisch Teamverfügbarkeit kaufmännisch Produktüberlegenheit Markt in Entstehungsphase Markt in Wachstumsphase Markt in Reifephase Verhältnis Benefit zu Aufwand Technologiefeld Bio/Pharma Technologiefeld Informationstechnologie Technologiefeld Engineering Interesse externer Parteien Gründungsklima Informationsquelle Projektmanager
Die Schätzung dieses multinomialen Logit-Modells ist an mehrere Voraussetzungen gebunden, welche im Folgenden erläutert werden. Im Anschluss daran, werden mehrere Maße vorgestellt, auf Basis derer die Güte eines geschätzten Modells quantitativ bewertet werden kann.
529 530
Die Kategorie Ausgründung ist jene mit den meisten Beobachtungen (NAus = 39). Dieses Modell entspricht dem in Abschnitt 7.6.2 geschätzten und als Modell 1 bezeichneten Modell.
7.6 Multivariate Analyse und Befunde
175
Art der Variablen. Eine grundlegende Voraussetzung für die Anwendung der MLR bezieht sich auf die Art der in das Modell inkludierten Variablen. Die abhängige Variable muss nominalskaliert sein, die Prädiktoren können kontinuierliche und diskrete Werte annehmen.531 Diese Voraussetzung ist für die untersuchten Variablen erfüllt. Die abhängige Variable erfasst drei mögliche Entscheidungsergebnisse und ist nominalskaliert, bei acht der 17 unabhängigen Variablen handelt es sich um kontinuierliche Variablen, neun Variablen sind dichotom. Unabhängigkeit der Fehlerterme. Die MLR setzt eine fallweise Unabhängigkeit der Fehlerterme voraus.532 Die einzelnen Beobachtungen sollten unabhängig voneinander sein. Eine Verletzung dieser Unabhängigkeitsvoraussetzung würde zu einem größeren Fehler erster Art bei den Tests der Prädiktoren führen.533 Diese Voraussetzung wird durch den vorliegenden Datensatz nicht erfüllt. Vielmehr enthält dieser einige Fälle, welche auf ein und dieselbe Entscheidungseinheit zurückzuführen sind (wobei die spezifische Entscheidungsfindung u.U. zeitlich parallel stattgefunden haben kann). Wie schon bei dem im Entscheidungsexperiment analysierten Datensatz, liegt hier ein Cluster Sample vor.534 Dies wird bei der Modellschätzung berücksichtigt, wobei davon ausgegangen wird, dass Beobachtungen innerhalb eines Clusters korrelieren, zwischen den Clustern jedoch keine Abhängigkeiten existieren. Gemäß der Anzahl dedizierter Entscheidungseinheiten zerfällt der Datensatz in 34 Cluster.535 Multikollinearität. Wie auch bei der linearen Regression, kann bei der logistischen Regression ein hohes Maß an Multikollinearität zwischen den Prädiktoren zu ungenauen Schätzungen der Regressionskoeffizienten und Verzerrungen der Teststatistiken führen.536 Aus diesem Grund sollte bestehende Multikollinearität vor der Modellbildung aufgedeckt und bei der Modellinterpretation berücksichtigt werden. Die Literatur kennt unterschiedliche Ansätze zum Nachweis von Multikollinearität.537 Zur Korrelationsdiagnose können die bivariaten Korrelationen zwischen den Variablen betrachtet werden. Dazu wurden je nach Variablenskalierung Phi-Koeffizienten, Pearson’s Produkt-Moment-Korrelationskoeffizienten oder punkt-biseriale Korrelationskoeffizienten berechnet. Eine hohe Interkorrelation stellt einen Hinweis auf das Vorliegen von Multikollinearität dar. Ernsthafte Multikollinearität läge bei Korrelationen mit Werten von > 0,70 vor. Werte < 0,30 deuten auf ein vernachlässigbares Multikollinearitätsproblem hin.538
531 532 533 534 535 536 537 538
Vgl. Tutz (2000, 162). Vgl. Rohrlack (2006, 205f.). Vgl. Tabachnick/Fidell (2007, 443). Vgl. Abschnitt 6.6.2. Vgl. die allgemeine deskriptive Beschreibung der Stichprobe in Abschnitt 7.5.1. Vgl. Bortz (2005, 453), Tabachnick/Fidell (2007, 443). Vgl. Schneider (2006, 190). Vgl. Backhaus (1996, 203).
176
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Aus der Korrelationsmatrix (siehe Anhang I) ist ersichtlich, dass abgesehen von den Korrelationskoeffizienten zwischen den dichotomen Variablen der Marktreife und der Technologiefelds, die nominale Daten repräsentieren und sich gegenseitig ausschließen, nur vier Korrelationskoeffizienten größer als 0,30 sind. Dabei handelt es sich um die Korrelationen zwischen den Variablen Etablierter Markt und Technologiefeld Bio/Pharma (Korrelationskoeffizient: 0,31), Strategiekompatibilität und Kannibalisierungsgefahr (Korrelationskoeffizient: 0,32), Ressourcenverfügbarkeit (techn.) und Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.) (Korrelationskoeffizient: 0,36) sowie Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.) und Strategiekompatibilität (Korrelationskoeffizient: 0,48). Alle Korrelationen sind inhaltlich plausibel. Letztere Korrelation ist relativ ausgeprägt, aber noch nicht als kritisch zu werten. Als weiteres Instrument zur Korrelationsdiagnose wurde der Variance Inflation Factor (VIF) berechnet.539 Während eine Korrelationsmatrix nur paarweise Korrelationen erfasst, deckt dieses auf Hilfsregressionen basierende Maß auch Multikollinearität auf, die durch den Zusammenhang mehrerer Prädiktoren bedingt ist. In der Literatur verbreitet ist der VIF-Wert 10 als Hinweis auf kritische Multikollinearität,540 wobei Schneider vorschlägt, einen wesentlich geringeren Wert von 2 anzusetzen.541 Die hier berechneten VIF-Werte geben keinen Hinweis auf ernsthafte Multikollinearität der Variablen (siehe Tabelle in Anhang J). Selbst der höchste VIF-Wert (2,23) der Variablen Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.) ist weit unter dem Grenzwert 10 und nur knapp über dem von Schneider propagierten Wert 2. Aufgrund dieser Befunde der Multikollinearitätsdiagnostik werden sämtliche Variablen in das Ausgangsmodell mit aufgenommen. IIA-Annahme. Der MLR liegt die so genannte Independence of Irrelevant Alternatives (IIA)Annahme zugrunde:542 Die relativen Wahrscheinlichkeiten zwischen gegeben Alternativen hängen allein von den Eigenschaften dieser Alternativen ab. Die Hinzunahme einer weiteren Alternative hat keinen Einfluss auf die relativen Wahrscheinlichkeiten zwischen den gegebenen Alternativen. Nach McFadden soll deshalb die MLR nur in Fällen angewandt werden, bei denen die Ergebniskategorien „can plausibly be assumed to be distinct and weighted independently in the eyes of each decision maker“.543 Auch Amemiya weist darauf hin, dass die MLR dann am besten funktioniert, „when the alternatives are dissimilar“.544 Sachlogische
539 540 541 542 543 544
Vgl. Eckey et al. (2001, 93ff.). Vgl. Chatterjee/Price (1977, 182), Neter et al. (1996, 387). Vgl. Schneider (2006, 192). Vgl. Woolridge (2003, 501f.). McFadden (1973, 113). Amemiya (1981, 1517).
7.6 Multivariate Analyse und Befunde
177
Plausibilitätsüberlegungen führen für die drei untersuchten Ergebniskategorien Ausgründung, Interne Weiterführung und Abbruch zu der Feststellung, dass die Kategorien in ihrer Ausprägung aus Sicht des Entscheidungsträgers einander nicht ähnlich, sondern eindeutig verschieden voneinander sind und auch keine paarweisen Substitute bilden. Beurteilung der Modellgüte. Bei der Beurteilung der globalen Anpassungsgüte eines multinomalien Logit-Modells steht die Frage im Vordergrund, wie gut die unabhängigen Variablen in ihrer Gesamtheit zur Trennung der Ergebniskategorien beitragen. Dazu stehen insbesondere Gütekriterien auf Basis der Log-Likelihood-Funktion sowie deskriptive Maßzahlen, so genannte Pseudo-R2-Koeffizienten, zur Verfügung.545 In dieser Untersuchung wird zur Beurteilung der Anpassungsgüte ein Likelihood-Quotiententest durchgeführt. Dieser testet die globale Nullhypothese, dass alle Regressionsparameter im untersuchten Modell Null sind.546 Dabei wird das vollständige Modell mit allen Prädiktoren und der Regressionskonstante mit einem Modell verglichen, in das lediglich die Konstante aufgenommen wird. Je größer der Unterschied zwischen beiden Log-Likelihood-Werten ist, desto höher ist der Erklärungswert der Prädiktorenmenge. Zur Überprüfung der Signifikanz wird ein χ2-Test verwendet, da die Differenz der Log-Likelihood-Funktionen beider Modelle einer χ2-Verteilung folgt. Zusätzlich wird auf mehrere Pseudo-R2-Statistiken zurückgegriffen. Für das McFadden-R2 kann sich maximal ein Wert von 1 ergeben, wobei ein Wert ab 0,3 einer guten Modellanpassung entspricht. Das R2 nach Cox und Snell kann nur Werte kleiner 1 annehmen; dabei entspricht ein Wert über 0,2 als akzeptabel und ab 0,4 als gut. Im Fall des R2 nach Nagelkerke kann ein Wert über 0,5 als sehr gut bezeichnet werden. Als ein relativ intuitives Gütemaß gibt das Count R2 den Anteil der insgesamt korrekt vorhergesagten Beobachtungen an.547
7.6.2 Modellbildung und Hypothesentest Ziel dieses Abschnitts ist die Bildung eines optimierten statistischen Modells zur Erklärung des Entscheidungsverhaltens etablierter Unternehmen bei der Ausgründungsprüfung. Auf Basis dieses optimierten Modells werden die in Abschnitt 5.1 postulierten Hypothesen getestet. Die Modellbildung vollzieht sich in mehreren, teilweise iterativen Schritten, die im Folgenden beschrieben werden. In einem ersten Schritt wurde ein theoretisch fundiertes Ausgangsmodell Modell 1 geschätzt, in dem sämtliche erklärenden Variablen und Kontrollvariablen in den entsprechenden funktionalen Spezifikationen enthalten sind. Im Anschluss wurde geprüft, welche Variablen aus
545 546 547
Eine umfassender Überblick sowie eine Diskussion der im Folgenden angeführten Gütemaße findet sich u.a. bei Tutz (2000, 103ff.), Greene (2003, 683ff.), Baum (2006, 255f.) und Long/Freese (2006, 104ff.). Vgl. Rohrlack (2006, 209). Vgl. Kohler/Kreuter (2008, 280f.).
178
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
dem Ausgangsmodell eliminiert werden können, ohne die Erklärungskraft des Modells wesentlich zu verschlechtern und die Modellstabilität zu gefährden. Durch den Ausschluss irrelevanter Variablen wird in der Regel eine größere Präzision der geschätzten Koeffizienten erreicht. Die Elimination solcher Variablen erfolgte nach den Vorschlägen von Greene und Hosmer/Lemeshow.548 Erstens wurde geprüft, ob die Koeffizienten der im Ausgangsmodell enthaltenen Variablen, die eine Gruppe theoretisch-inhaltlich zusammengehörender Variablen bilden, einzeln insignifikant sind (p-Wert > 0,10). Im trivialen Fall besteht die Gruppe aus nur einer Variablen. Zweitens wurde mit Hilfe eines Wald-Tests überprüft, ob diese Variablen gruppenweise insignifikant sind (p-Wert > 0,10).549 Drittens wurden bei individueller und gruppenweiser Insignifikanz die Variablen der überprüften Gruppe aus dem Modell entfernt, sofern das Modell trotz der Elimination stabil blieb. Die verbleibenden signifikanten Variablen sowie jene Variablen, die die Modellstabilität gewährleisten, bildeten dann das optimierte Modell 2. Für zwei theoretisch-inhaltliche Gruppen Dummy-kodierter Variablen wurde die jeweilige Referenzkategorie nicht in das Ausgangsmodell mit aufgenommen.550 Dabei handelt es sich um die Variable Wachstumsmarkt aus der Variablengruppe {Entstehungsmarkt, Wachstumsmarkt, Etablierter Markt} sowie um die Variable Technologiefeld Engineering aus der Variablengruppe {Technologiefeld Bio/Pharma, Technologiefeld IT, Technologiefeld Engineering}. Als Basiskategorie für das Gesamtmodell wird die Kategorie Ausgründung gewählt.551 Mit 54,17% aller Fälle stellt sie die größte Kategorie dar.552 Tabelle 7.13 zeigt das Ausgangsmodell Modell 1 und das nach dem beschriebenen Verfahren optimierte Modell 2. Die Tabelle gliedert sich in drei Abschnitte. Der erste Abschnitt zeigt die Schätzergebnisse für die Wahl zwischen den Entscheidungsalternativen Interne Weiterführung und Ausgründung. Im zweiten Abschnitt sind die Ergebnisse für die Wahl zwischen den Alternativen Abbruch und Ausgründung aufgeführt. Der dritte Abschnitt beinhaltet statistische Angaben zu Fallzahl und Modellgüte.
548 549
550
551 552
Vgl. Greene (2003, 175ff.), Hosmer/Lemeshow (2000, 91ff.). Mit dem Wald-Test lässt sich die Nullhypothese überprüfen, dass alle Koeffizienten der Variablengruppe gemeinsam gleich Null sind. Wenn diese Hypothese nicht zurückgewiesen werden kann, so sind die Variablen der Gruppe gemeinsam nicht signifikant. Vgl. dazu auch Woolridge (2003, 558f.). Eine Aufnahme aller Variablen einer solchen Dummy-Gruppe in die Regressionsgleichung würde zu perfekter Kollinearität führen. Um dies zu vermeiden, wird eine (beliebige) Variable der Gruppe aus der Gleichung ausgeschlossen und so eine Referenzkategorie festgesetzt. Die Referenzkategorie ist demnach bestimmt durch die Ausprägung beider in der Gleichung verbleibenden Dummy-Variablen mit dem Wert Null. In der Schätzung werden die Logit-Koeffizienten ߚǡ der Basiskategorie auf Null gesetzt. In die Kategorie Abbruch fallen 26,39% und in die Kategorie Interne Weiterführung 19,44% aller Fälle.
7.6 Multivariate Analyse und Befunde Schätzgleichungen Interne Weiterführung vs. Ausgründung Ressourcenverfügbarkeit (techn.) Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.) Strategiekompatibilität Kannibalisierungsgefahr Teamverfügbarkeit (techn.) Teamverfügbarkeit (kaufm.) Produktüberlegenheit Entstehungsmarkt [0/1] Etablierter Markt [0/1] Benefit / Aufwand [0/1] Technologiefeld Bio/Pharma [0/1] Technologiefeld IT [0/1] Interesse externer Parteien [0/1] Gründungsklima Informationsquelle Projektmanager [0/1] Konstante
179 Modell 1 Koeff. S.F. 3,769** 1,588 8,669*** 2,663 0,248 1,219 -1,339 1,657 0,691 2,956 -1,738 1,242 -3,121 4,106 -10,087*** 3,414 4,529 8,903 8,017 3,108 -3,861 10,069 3,129 3,408 -7,494** 3,528 0,711 4,198 -0,340 1,445 -27,716 63,039
Abbruch vs. Ausgründung Ressourcenverfügbarkeit (techn.) Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.) Strategiekompatibilität Kannibalisierungsgefahr Teamverfügbarkeit (techn.) Teamverfügbarkeit (kaufm.) Produktüberlegenheit Entstehungsmarkt [0/1] Etablierter Markt [0/1] Benefit / Aufwand [0/1] Technologiefeld Bio/Pharma [0/1] Technologiefeld IT [0/1] Interesse externer Parteien [0/1] Gründungsklima Informationsquelle Projektmanager [0/1] Konstante
-0,229 -1,354 1,536 -0,816 0,107 -1,457** -5,012* 0,207 3,290 -2,476* -2,720 -0,209 0,616 0,362 -1,504 18,254
0,612 1,483 1,000 0,633 0,593 0,652 3,002 0,632 6,094 1,344 3,048 0,995 1,055 0,529 1,086 15,899
Modell 2 Koeff. S.F. 3,441*** 1,014 6,899*** 1,732 0,082 0,924
-1,222 -2,365 -7,622*** 4,972 6,143** -4,033 1,858 -5,837**
1,141 1,569 2,024 5,304 2,678 4,037 2,393 2,516
-18,563***
6,359
-0,006 -1,018 0,977
0,376 0,956 0,662
-1,575** -4,245** 0,296 2,848 -1,901* -2,658 -0,673 0,576
0,763 2,047 0,697 4,508 1,083 2,411 1,014 0,739
17,900*
9,183
Beobachtungen (N) 72 72 Cluster 34 34 Log pseudolikelihood -26,955 -29,113 Freiheitsgrade 30 22 168076,72 370,29 ߯ଶ 0,000 0,000 Prob > ߯ ଶ 0,626 0,597 McFadden’s ܴ ଶ 0,715 0,697 Cox-Snell-ܴ ଶ 0,826 0,806 Nagelkerke‘s ܴ ଶ 0,861 0,833 Count ܴଶ Signifikanzniveaus der Koeffizienten: * p < 10%; ** p < 5%; *** p < 1% Abhängige Variable: Entscheidungsergebnis (1/2/3 ≡ Ausgründung/Interne Weiterführung/Abbruch) Schätzverfahren: multinomialer Logit, robuste Standardfehler, geclustert nach Entscheidungseinheit Tabelle 7.13: Ergebnisse der Modellschätzungen
180
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Aus dem signifikanten Ergebnis des Likelihood-Quotiententests zur globalen Anpassungsgüte von Modell 1 kann geschlossen werden, dass mindestens ein Regressionsparameter von Null verschieden ist.553 Sowohl ein McFadden-R2 von 0,63, ein Cox-Snell-R2 von 0,72 und ein Nagelkerke-R2 von 0,83 weisen auf eine ausgesprochen hohe Gesamtgüte dieses Ausgangsmodells hin. Die in der Literatur vorgeschlagenen Grenzwerte für eine gute Modellanpassung werden eingehalten. Der Anteil korrekt klassifizierter Beobachtungen (Count R2) liegt bei 86,1%. Auch das optimierte Modell 2 besitzt eine vergleichbar hohe Anpassungsgüte. Mit einem McFadden-R2 von 0,60, einem Cox-Snell-R2 von 0,70, einem Nagelkerke-R2 von 0,81 und einem Count R2 von 83,3% liegen die Gütemaße nur geringfügig unter den Werten des Ausgangsmodells bei gleichzeitig deutlich niedrigeren Standardfehlern der Koeffizienten.554 Wie die geringeren Standardfehler zeigen, ist durch die Elimination irrelevanter Variablen die Präzision der Schätzung wie erwartet gestiegen. Die Vorzeichen der Koeffizienten des optimierten Modells entsprechen den jeweiligen Vorzeichen im Ausgangsmodell. Die aus dem Ausgangsmodell eliminierte Variablenmenge beinhaltet zwei Kontrollvariablen Gründungsklima und Informationsquelle Projektmanager sowie die beiden erklärenden Variablen Kannibalisierungsgefahr und Teamverfügbarkeit (techn.). In Hinblick auf den nicht nachweisbaren Einfluss der Kontrollvariable Gründungsklima kann die Vermutung zurückgewiesen werden, dass ein entsprechender zeitlicher Effekt in der Ausgründungsentscheidung eine signifikante Rolle spielt. Auch der Einfluss der Kontrollvariable Informationsquelle Projektmanager, welche zwischen den befragten Personengruppen diskriminiert, ist nicht nachweisbar. Aufgrund des Ausschlusses der beiden erklärenden Variablen finden die Hypothesen H3 und H4a keine Unterstützung durch den Datensatz. Die Interpretation der Koeffizienten ist bei der logistischen Regression infolge des komplexen logistischen Zusammenhangs ungleich schwieriger als bei der linearen Regression. Ein Vergleich der Koeffizienten untereinander ist nicht ohne Weiteres möglich, da die unterschiedliche Höhe der jeweiligen Ausprägung der Beobachtungen in die Logit-Funktion mit eingeht.
553
554
In diesem Zusammenhang empfehlen Long/Freese (2006, 239) für die multinomiale logistische Regression auch die Prüfung der Unterscheidbarkeit der Ergebniskategorien im statistischen Modell. Zwei Alternativen r und s sind bezüglich der unabhängigen Modellvariablen nicht unterscheidbar, wenn keine der Variablen die Chancen für Alternative r versus Alternative s signifikant beeinflusst. Falls zwei Alternativen bezüglich der im Modell enthaltenen Variablen nicht unterscheidbar sind, kann über eine Zusammenlegung bzw. Kombination dieser beiden Alternativen u.U. effizientere Schätzergebnisse erzielt werden. Dies kann mit einem WaldTest geprüft werden. Sowohl für das im folgenden Abschnitt vorgestellte Ausgangsmodell als auch für das daraus gebildete optimierte Modell wurde dieser Test auf paarweise Unterscheidbarkeit der Ergebniskategorien durchgeführt. Bei allen Tests konnte auf einem Signifikanzniveau von 1% die Nullhypothese zurückgewiesen werden, dass alle mit einem Paar von Alternativen assoziierten Koeffizienten Null sind. Wie erwartet, differenzieren die Variablen also zwischen den Kategorien und die Kategorien sind unterscheidbar. Allein die Standardfehler von Teamverfügbarkeit (kaufm.), Entstehungsmarkt und Technologiefeld IT sind im optimierten Modell in der Gleichung Abbruch vs. Ausgründung geringfügig höher als im Ausgangsmodell (0,763 statt 0,652, 0,697 statt 0,632 und 1,014 statt 0,995).
7.6 Multivariate Analyse und Befunde
181
Grundsätzlich sind die Koeffizienten einer Logit-Schätzgleichung relativ zu der gewählten Basiskategorie (hier: Ausgründung) zu interpretieren. Anders als bei einem binären LogitModell ist die Veränderung der Wahrscheinlichkeit der Präferenz für eine Ergebniskategorie (z.B. Interne Weiterführung) im multinomialen Logit-Modell jedoch nicht vollständig abhängig von der Veränderung der Wahrscheinlichkeit für die gewählte Basiskategorie. So ist der Koeffizient der Ressourcenverfügbarkeit (techn.) in der Gleichung Interne Weiterführung vs. Ausgründung zum einen abhängig von der Veränderung der Wahrscheinlichkeit für eine interne Weiterführung mit dieser Ausprägung der Ressourcenverfügbarkeit, zum anderen aber auch von der entsprechenden Veränderung der Wahrscheinlichkeit für eine Ausgründung. Der Regressionskoeffizient kann ausschließlich, hauptsächlich oder teilweise vom Wahrscheinlichkeitsverhältnis in der Basiskategorie abhängen.555 Zum modellimmanenten Vergleich der Erklärungsgrößen bietet sich die Berechnung von marginalen und diskreten Effekten an.556 Der marginale Effekt eines Prädiktors ݔ ist definiert als (7.6)
ப୰ሺ௬ୀȁ࢞ሻ డ௫ೕ
ൌ ܲݎሺ ݕൌ ݎȁ࢞ሻ൛ߚǡ െ σ௦ୀଵ ߚǡ௦ ሺ ൌ ȁܠሻൟ
Da der marginale Effekt einer zu untersuchenden Einflussgröße von allen anderen Einflussgrößen in dem Modell abhängt, muss eine Entscheidung über die Behandlung dieser anderen Einflussgrößen im Berechnungsverfahren getroffen werden. Aus der Literatur lassen sich zwei grundlegende Ansätze extrahieren: Eine Möglichkeit besteht darin, bei der Berechnung des marginalen Effekts einer Variablen alle anderen Variablen auf einen festen Wert zu setzen. Häufig ist dies der Durchschnittswert der jeweiligen Variablen in der Stichprobe. Dadurch wird der marginale Effekt für eine durchschnittliche Beobachtung ermittelt. Eine andere Möglichkeit stellt die Berechnung eines marginalen Effekts für jede einzelne Beobachtung dar, wobei anschließend über die ermittelten Werte der Durchschnitt gebildet wird. Man spricht in diesem Fall von durchschnittlichen marginalen Effekten. Diese zweite Berechnungsart findet in der Literatur zunehmend Verbreitung und wird auch in dieser Untersuchung umgesetzt.557 Das Hauptargument dafür wird durch die Anforderung nach inhaltlichem Rea-
555 556
557
Vgl. Kohler/Kreuter (2008, 302f.). Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei Tutz (2000, 166ff.), Hosmer/Lemeshow (2000, 47ff.), Baum (2006, 355), Long/Freese (2006, 246ff.) oder Kohler/Kreuter (2008, 303). Alternativen zur Berechnung marginaler Effekte umfassen die „Method of Recycled Predictions“ oder sog. „Conditional-Effects-Plots“ der vorhergesagten Wahrscheinlichkeiten. Letztere bieten sich jedoch v.a. für die Analyse von Modellen mit wenigen Variablen an. Insbesondere für Modelle mit mehreren metrischen Variablen ist die Generierung eines sinnvollen Plots problematisch. Vgl. Kohler/Kreuter (2008, 304). U.a. weist Greene (1997, 876) auf die Verbreitung der Berechnung durchschnittlicher marginaler Effekte hin: „Current practice favors averaging the individual marginal effects when it is possible to do so.“
182
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
lismus getragen: Eine Festsetzung von Variablen auf deren Durchschnittswerte kann sich prinzipiell auf nicht existierende oder unsinnige Beobachtungen beziehen. Gerade DummyVariablen stellen dabei ein Problem dar.558 Die für das optimierte Modell berechneten marginalen Effekte sind in Tabelle 7.14 ausgewiesen. Anhand dieser Effekte werden im Folgenden die zehn postulierten Hypothesen überprüft. Eine Tiefenanalyse und weiterführende inhaltliche Diskussion jener vermuteten Zusammenhänge, welche empirisch nachgewiesen werden können, erfolgt anschließend an die Hypothesentests in Abschnitt 7.6.3 auf Basis diskreter Effekte.
Marginale Effekte (dF/dx) Ausgründung Interne W. Modellvariablen Koeff. S.F. Koeff. S.F. Ressourcenverfügbarkeit (techn.) -0,079* 0,047 0,121*** 0,034 Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.) -0,068 0,098 0,254*** 0,062 Strategiekompatibilität -0,089* 0,054 0,009 0,032 Teamverfügbarkeit (kaufm.) 0,169*** 0,056 -0,024 0,037 Produktüberlegenheit 0,434*** 0,148 -0,032 0,048 Entstehungsmarkt [0/1] 0,116 0,084 -0,219*** 0,041 Etablierter Markt [0/1] -0,291 0,296 0,121 0,082 Benefit / Aufwand [0/1] 0,047 0,068 0,172*** 0,062 Technologiefeld Bio/Pharma [0/1] 0,303* 0,158 -0,089 0,086 Technologiefeld IT [0/1] 0,026 0,091 0,064 0,076 Interesse externer Parteien [0/1] 0,073 0,098 -0,190*** 0,068 Signifikanzniveaus der Koeffizienten: * p < 10%; ** p < 5%; *** p < 1%
Abbruch Koeff. S.F. -0,042 0,034 -0,186** 0,086 0,098* 0,051 -0,145*** 0,049 -0,402*** 0,144 0,102 0,075 0,170 0,244 -0,219*** 0,064 -0,214* 0,128 -0,090 0,100 0,117 0,078
Tabelle 7.14: Marginale Effekte im optimierten Modell 2
In Hypothese 1a wird postuliert, dass die Wahrscheinlichkeit einer internen Weiterführung eines Innovationsprojekts unter Ausgründungsprüfung mit der Verfügbarkeit komplementärer technologischer Ressourcen steigt. Der marginale Effekt ist signifikant auf dem 1%-Niveau und das Vorzeichen spiegelt die vermutete Wirkungsrichtung wider. Eine Zufälligkeit des Effekts kann daher mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von weniger als 1% nahezu ausgeschlossen und Hypothese 1a nicht zurückgewiesen werden. Da es sich hier um eine kontinuierliche unabhängige Variable handelt, ist der marginale Effekt als prozentuale Veränderung in der abhängigen Variablen bei einer Erhöhung der unabhängigen Variable um eine empirische Einheit zu interpretieren: in diesem Fall als Wahrscheinlichkeit einer internen Weiterführung bei einer marginalen Veränderung der Ressourcenverfügbarkeit (techn.). Steigt die Verfügbarkeit komplementärer technologischer Ressourcen im Inkubatorunternehmen um eine
558
Vgl. bspw. die Diskussion bei Bartus (2005, 309ff.) und Baum (2006, 251f.).
7.6 Multivariate Analyse und Befunde
183
empirische Einheit, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt intern weiterführt wird, um 12,1%. Analog zu Hypothese 1a wird in Hypothese 1b vermutet, dass eine interne Weiterführung des Innovationsprojekts unter Ausgründungsprüfung umso wahrscheinlicher ist, je höher die Verfügbarkeit komplementärer kaufmännischer Ressourcen ist. Eine marginale Erhöhung der Verfügbarkeit kaufmännischer Ressourcen im Inkubatorunternehmen, führt zu einer um 25,4% höheren Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt intern gehalten wird. Der Effekt der Verfügbarkeit komplementärer kaufmännischer Ressourcen ist demnach in etwa doppelt so stark wie jener der Verfügbarkeit technologischer Ressourcen (12,1%). Da dieser Effekt signifikant auf dem 1%-Niveau ist, kann auch Hypothese 1b nicht zurückgewiesen werden. Hypothese 2 bezieht sich auf die Kompatibilität des Innovationsprojekts unter Ausgründungsprüfung mit der Geschäftsstrategie des Inkubatorunternehmens: Je höher die Ausprägung dieser Kompatibilität, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass das Inkubatorunternehmen das Projekt ausgründet. Wie Tabelle 7.14 zeigt, ist der Effektkoeffizient der Variablen Strategiekompatibilität statistisch signifikant auf dem 10%-Niveau. Eine marginale Erhöhung der Strategiekompatibilität resultiert in einer um knapp 9% geringeren Wahrscheinlichkeit für eine Ausgründung. Der postulierte Wirkungszusammenhang wurde somit empirisch nachgewiesen, weshalb Hypothese 2 nicht verworfen werden kann. In Hypothese 3 wird die Vermutung aufgestellt, dass die Wahrscheinlichkeit einer Ausgründungsunterstützung mit einer steigenden antizipierten Gefahr einer Kannibalisierung von bestehenden oder geplanten Geschäftsaktivitäten des Inkubatorunternehmens abnimmt. Diese Hypothese kann zurückgewiesen werden. Die Variable Kannibalisierungsgefahr konnte im Rahmen der Modellbildung nach den oben beschriebenen Kriterien als irrelevant eingestuft werden (insbesondere konnte kein signifikanter Effekt festgestellt werden) und wurde aus dem Modell entfernt. Wie schon in der deskriptiven Analyse in Abschnitt 7.5.2 erörtert, zeichnen sich die untersuchten Innovationsprojekte grundsätzlich durch eine sehr geringe Kannibalisierungsgefahr aus. Die Unterschiede in den Projektkategorie-spezifischen Mittelwerten sind vernachlässigbar gering und nicht signifikant. Hypothese 4a sagt aus, dass eine Ausgründung umso wahrscheinlicher ist, je mehr umfassende, für die Ausgründung relevante technologische Kompetenzen im Gründerteam vorhanden sind. Neben der Variablen Kannibalisierungsgefahr ist die Variable Teamverfügbarkeit (techn.) die zweite erklärende Variable, die im Rahmen der Modellbildung aus dem Modell entfernt wurde. Schon im Ausgangsmodell ist der Koeffizient der Variablen mit einem p-Wert
184
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
von 0,857 nicht signifikant.559 Hypothese 4a kann daher zurückgewiesen werden. Die deskriptive Statistik zeigt, dass in den untersuchten Innovationsprojekten technologische Kompetenzen durchschnittlich in mittleren bis hohen Umfang vorhanden sind, wobei die Variablenwerte nur eine geringe Streuung aufweisen. Zu vermuten ist, dass es oftmals Ingenieure und Entwickler mit projektspezifischen technologischen Kompetenzen sind, die ein Ausgründungsvorhaben treiben. Die Kompetenzen zur Entwicklung der Kerntechnologie, zur Produktentwicklung und zu Produktionsprozessen sind im Gründerteam somit grundsätzlich vorhanden. Entsprechend gering ist die Varianz der Variablen, weshalb es nicht gelingt, die Rolle dieses Faktors in der Entscheidungsfindung statistisch zu belegen. Analog zu Hypothese 4a wird in Hypothese 4b vorgeschlagen, dass eine Ausgründungsunterstützung umso wahrscheinlicher ist, je mehr umfassende, für die Ausgründung relevante kaufmännische Kompetenzen im Gründerteam vorhanden sind. Im Gegensatz zu der aus dem Modell ausgeschlossenen Variablen Teamverfügbarkeit (techn.) kann der Effekt der Variablen Teamverfügbarkeit (kaufm.) statistisch nachgewiesen werden, wobei die Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als 1% ist. Wert und Vorzeichen des Effektkoeffizienten zeigen auf, dass eine marginale Erhöhung der kaufmännischen Teamverfügbarkeit, die Wahrscheinlichkeit einer Ausgründung um 16,9% hebt. Dieses Ergebnis führt zur Zurückweisung der Nullhypothese, dass der Umfang kaufmännischer Kompetenzen im letztendlich verfügbaren Gründerteam keinen Effekt auf die Entscheidung zur Ausgründungsunterstützung hat. In Hypothese 5a wird die Vermutung aufgestellt, dass eine Ausgründungsunterstützung wahrscheinlicher ist für ein Innovationsprojekt, dessen Zielmarkt sich in der Wachstumsphase anstatt in der Entstehungsphase befindet. Hypothese 5b postuliert, dass eine Ausgründungsunterstützung wahrscheinlicher ist für ein Innovationsprojekt, dessen Zielmarkt sich in der Wachstumsphase anstatt in der Reifephase befindet, während in Hypothese 5c eine Ausgründungsunterstützung als wahrscheinlicher für ein Innovationsprojekt angesehen wird, dessen Zielmarkt sich in der Entstehungsphase anstatt in der Reifephase befindet. Da die Variablen Dummy-kodiert sind, ist der marginale Effekt als Übergang der Variablenausprägung „0“ zur Ausprägung „1“ definiert, wobei der Effekt relativ zur Referenzkategorie Wachstumsmarkt zu interpretieren ist. Die Vorzeichen der Koeffizienten zeigen, dass im Fall der Variable Entstehungsmarkt nicht die in Hypothese 5a vermutete Wirkungsrichtung vorliegt. Der Effektkoeffizient der Variablen Entstehungsmarkt trägt ein positives Vorzeichen, der Effektkoeffizient von Etablierter Markt ein negatives. Eine Ausgründungsunterstützung ist demnach zwar
559
Der p-Wert dieses Koeffizienten als auch der anderen Koeffizienten, auf die im weiteren Verlauf Bezug genommen wird, sind in Tabelle 7.13 gemäß der etablierten Konvention über die Darstellung von Regressionsergebnissen in wissenschaftlichen Arbeiten nicht explizit ausgezeichnet.
7.6 Multivariate Analyse und Befunde
185
wahrscheinlicher für ein Projekt, das auf einen Wachstumsmarkt abzielt als für ein Projekt, das sich an einen etablierten Markt richtet (Hypothese 5b), aber bei einem Zielmarkt in der Wachstumsphase weniger wahrscheinlich als bei einem Zielmarkt in der Entstehungsphase (Hypothese 5a). Letztgenannter Zusammenhang widerspricht der postulierten Vermutung. Die Effektkoeffizienten zeigen auch, dass entsprechend der Vermutung in Hypothese 5c die Ausgründung eines an einen Entstehungsmarkt orientierten Projekts wahrscheinlicher ist als die Ausgründung eines an einen etablierten Markt gerichteten Projekts. Aus Tabelle 7.14 ist allerdings ersichtlich, dass keiner der Effektkoeffizienten signifikant ist. So finden weder die Hypothese 5a noch die Hypothesen 5b und 5c Unterstützung durch die untersuchten Daten. In Hypothese 6 wird vorgeschlagen, dass eine Ausgründungsunterstützung umso wahrscheinlicher ist, je höher die Überlegenheit des Kernprodukts des Innovationsprojekts gegenüber anderen Produkten am Zielmarkt ist. Diese Vermutung wird durch den vorliegenden Datensatz gestützt. Die in Tabelle 7.14 berichteten Ergebnisse zeigen, dass der Effektkoeffizient der Variablen Produktüberlegenheit statistisch signifikant auf dem 1%-Niveau ist. Dabei handelt es sich um den größten nachgewiesenen marginalen Effekt: Die Wahrscheinlichkeit einer Ausgründungsunterstützung nimmt bei einem marginalen Zuwachs der Produktüberlegenheit um 43,4% zu. Hypothese 7 bezieht sich auf die Vermutung, dass die Wahrscheinlichkeit einer Ausgründung höher ist, wenn ein im Vergleich zum entstehenden Ausgründungsaufwand hoher finanzieller Benefit vom Inkubatorunternehmen antizipiert wird. Das Vorzeichen des Effektkoeffizienten entspricht der vermuteten Wirkungsrichtung, jedoch ist das Ergebnis nicht signifikant. Hypothese 7 kann daher zurückgewiesen werden. Interessanterweise zeigen die Ergebnisse in Tabelle 7.14 jedoch, dass das Verhältnis zwischen Benefit und Aufwand einen signifikanten Einfluss sowohl auf die interne Weiterführung eines Projekts als auch auf dessen Abbruch hat. Bei einem hohen Benefit (im Vergleich zum Ausgründungsaufwand) ist eine interne Weiterführung um 17,2% wahrscheinlicher und ein Abbruch um 21,9% weniger wahrscheinlich (gegenüber einem im Vergleich zum Aufwand geringen Benefit). Auch sind die LogitKoeffizienten der Variablen in den Schätzgleichungen Interne Weiterführung vs. Ausgründung und Abbruch vs. Ausgründung signifikant (1%-Niveau respektive 10%-Niveau; vgl. Tabelle 7.13). Das (logarithmierte) Chancenverhältnis zwischen den beiden Entscheidungsergebnissen sagt aus, dass bei einem hohen Benefit die Chancen einer internen Weiterführung im Vergleich zu einer Ausgründung höher, die Chancen eines Abbruchs gegenüber einer Ausgründung aber geringer sind. Eine Erklärung für diese Befunde könnte sein, dass ein Inkubatorunternehmen erst im Rahmen der Ausgründungsprüfung das große finanzielle Potenzial eines Projekts erkennt und dieses dann bevorzugt intern hält. In den Experteninterviews wurde festgestellt, dass eine Ausgründung nur erfolgen kann, wenn der Geschäftsbereich, in
186
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
dem das Innovationsprojekt seinen Ursprung hat, dieses auch loslässt.560 Dem Management fällt ein solches Loslassen vermutlich wesentlich schwerer, wenn das tatsächliche große Potenzial des Projekts durch die Ausgründungsprüfung transparent wird. Wird dem Projekt ein solches Potenzial zugeschrieben, nimmt entsprechend auch die Wahrscheinlichkeit einer internen Weiterführung zu. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Von den elf postulierten Hypothesen können sechs Hypothesen zurückgewiesen werden. Fünf Hypothesen werden durch die vorliegenden Daten unterstützt. An dieser Stelle sei jedoch auch darauf hingewiesen, dass alle Effektkoeffizienten des optimierten Modells (mit Ausnahme des Koeffizienten der Variablen Entstehungsmarkt) das in den Hypothesen erwartete Vorzeichen tragen und ein Einfluss auf die Entscheidungsfindung für acht der elf erklärenden Variablen empirisch nachgewiesenen werden konnte.561
7.6.3 Diskussion ausgewählter Befunde In diesem Abschnitt werden jene Modellvariablen vertieft untersucht und diskutiert, deren Einfluss auf die Ausgründungsentscheidung gemäß der in den Hypothesen unterstellten Wirkungsrichtung auf Basis der untersuchten Daten empirisch nachgewiesen werden konnte, d.h. deren Einfluss signifikant ist. Diese Variablen umfassen die Ressourcenverfügbarkeit (techn.), die Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.), die Teamverfügbarkeit (kaufm.) und die Produktüberlegenheit. Während für die Hypothesentests marginale Effekte berechnet und ausgewiesen wurden, basiert die folgende interpretativ-orientierte Analyse auf diskreten Effekten. Ein marginaler Effekt entspricht in der Regel aufgrund der Nicht-Linearität des Wahrscheinlichkeitsmodells nicht der tatsächlichen Veränderung der Wahrscheinlichkeit bei einer gegebenen endlichen Veränderung der unabhängigen Variablen.562 Diskrete Effekte hingegen weisen tatsächliche Wahrscheinlichkeitsunterschiede bei diskreten Werteänderungen einer unabhängigen Variablen an beliebigen Punkten der Wahrscheinlichkeitskurve aus und erlauben so eine intuitiv zugängliche Interpretation. Als diskreten Effekt bezeichnet man die Veränderung der vorhergesagten Eintrittswahrscheinlichkeit für ein Ereignis bei einer Änderung der Variablen ݔ vom Startwert ݔௌ auf den Wert
560 561 562
Vgl. Hinweis 15 in Abschnitt 4.3.6. Vgl. Tabelle 7.13 und Tabelle 7.14. Eine Ausnahme besteht, wenn sich die Veränderung in einem Bereich der Wahrscheinlichkeitskurve vollzieht, der approximativ linear ist. Davon kann grundsätzlich nicht ausgegangen werden. Auch ergibt sich aus den formalen Definitionen der marginalen und diskreten Effekte, dass die beiden Effekte sehr ähnlich sein können, wenn die Änderung ߜ in ݔ sehr gering im Verhältnis zum Wertebereich von ݔ ist (und im Umkehrschluss sehr verschieden sein können, wenn diese Änderung sehr groß ist). Vgl. Long/Freese (2006, 170f.).
7.6 Multivariate Analyse und Befunde
187
ݔா (mit ݔா ൌ ݔௌ ߜ). Formal ist der diskrete Effekt der Veränderung der Variable୨ um einen Wert Ɂ definiert als (7.7)
οሺ ݕൌ ݎȁ࢞ሻ ൌ ൫ ݕൌ ݎห࢞ǡ ݔ ൌ ݔா ൯ െ ൫ ݕൌ ݎห࢞ǡ ݔ ൌ ݔௌ ൯ οݔ
mit ൫ ݕൌ ݎห࢞ǡ ݔ ൌ ݔௌ ൯ als Eintrittswahrscheinlichkeit des Ereignisses ݎbei einem gegebenen ࢞ (und speziell einem gegebenen ݔ ) sowie mit ൫ ݕൌ ݎห࢞ǡ ݔ ൌ ݔா ൯ als Eintrittswahrscheinlichkeit des Ereignisses ݎ, wenn nur ݔ um den Wert ߜ auf den Wert ݔா erhöht wird. Demzufolge ist ein diskreter Effekt interpretierbar als Änderung der vorhergesagten Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses ݎum οሺ ൌ ȁܠሻȀοݔ , wenn sich die Variable ݔ von ݔௌ auf ݔா ändert und alle anderen Variablen konstant auf bestimmten Werten gehalten werden. Die Ausprägung eines diskreten Effekts hängt dabei ab (i) vom Startwert ݔௌ , (ii) von der Größe der Werteänderung in ݔ und (iii) von den Werten aller anderen Variablen. Die Berechnung der diskreten Effekte erfolgt über wiederholte Schätzung der abhängigen Variablen, wobei der Wert der zu untersuchenden unabhängigen Variablen in jeder Schätzung variiert wird. Diese Kombination aus Variation und Schätzung geschieht in dieser Arbeit wie folgt:563 Die zu untersuchende Variable wird vor der ersten Schätzung auf das Minimum der ihr zugrunde liegenden Skala gesetzt (in allen Fällen ist dies der Wert „1“, welcher dem empirischen Relativ „sehr gering“ entspricht).564 Analog zu der Berechnung der marginalen Effekte, werden die restlichen Variablen konstant auf ihren beobachtungsspezifischen Werten gehalten. Die so ermittelte Eintrittswahrscheinlichkeit für jede Ergebniskategorie entspricht damit dem Durchschnitt der einzelnen beobachtungsspezifischen Eintrittswahrscheinlichkeiten.565 Vor der zweiten Schätzung wird die zu untersuchende Variable um einen Skalenpunkt erhöht (z.B. vom Wert „1“/“sehr gering“ auf den Wert „2“/“gering“), die anderen Variablen werden wiederum konstant gehalten. Die Differenz der berechneten Eintrittswahrscheinlichkeiten entspricht dem diskreten Effekt bzw. der diskreten Veränderung. Insgesamt wird dieses Verfahren fünf Mal angewandt, um Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Ausprägungen der untersuchten Variable von „sehr gering“ bis „sehr hoch“ zu berechnen. Im Fall der dichotomen
563 564 565
Vgl. dazu auch das Vorgehen von Gruber (2005, 227). Vgl. die Ausführungen in Abschnitt 7.3.2 zur Operationalisierung der unabhängigen Variablen und zur Annahme einer quasi-Intervallskalierung. Wie weiter oben ausgeführt, bestünde eine Berechnungsalternative in der Festsetzung der übrigen Variablen auf ihren Mittelwert. Aus den diskutierten Gründen und um konsistent mit den vorhergehenden Analysen zu bleiben, werden auch an dieser Stelle durchschnittliche Effekte berechnet.
188
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Variablen Verhältnis Benefit / Aufwand werden die Eintrittswahrscheinlichkeiten zwei Mal geschätzt und dabei zwischen „0“ und „1“ variiert. Die folgenden Abbildungen zeigen die durch das Modell geschätzten relativen Wahrscheinlichkeiten der möglichen Entscheidungsergebnisse bei bestimmten Werten der untersuchten Variablen. Der diskrete Effekt einer Variablen entspricht der Differenz zwischen zwei Wahrscheinlichkeitswerten, die zwei auf der x-Achse aufgetragenen Variablenausprägungen zugeordnet sind (und sich auf dieselbe Ergebniskategorie beziehen). Aus den Abbildungen ablesbar sind so auch die unterschiedlichen Effektstärken einer Variablen bei verschiedenen Werteausprägungen.
80% 70%
Ausgründung (N=39) Interne W. (N=14)
64,4%
62,2%
Wahrscheinlichkeit
60%
Abbruch (N=19)
57,1% 49,9%
50% 1,7%
40%
33,9%
6,2% 31,6%
30%
43,6% 13,7% 29,2%
36,3% 26% 24,1%
20,1%
20% 10% 0% 1 sehr gering
2 gering
3 mittel
4 hoch
5 sehr hoch
Verfügbarkeit komplementärer technischer Ressourcen
Abbildung 7.28: Diskrete Effekte der Modellvariablen Ressourcenverfügbarkeit (techn.)
Verfügbarkeit komplementärer technologischer Ressourcen. Abbildung 7.28 zeigt die berechneten diskreten Effekte für die Modellvariable Ressourcenverfügbarkeit (techn.). Eine Abnahme der Verfügbarkeit komplementärer technologischer Ressourcen im Inkubatorunternehmen um einen Skalenpunkt von „sehr hoch“ auf „hoch“ senkt ceteris paribus die Wahrscheinlichkeit einer internen Weiterführung des Innovationsprojekts unter Ausgründungsprüfung um 10,3 Prozentpunkte von 36,3% auf 26%. Eine Betrachtung der beiden Extremausprägungen zeigt, dass eine „sehr geringe“ Ausprägung der Ressourcenverfügbarkeit mit einer um 34,6 Prozentpunkte geringeren Wahrscheinlichkeit der internen Weiterführung im Vergleich zu einer „sehr hohen“ Ausprägung einhergeht. Tatsächlich ist eine „sehr geringe“ oder „geringe“ Ausprägung der Ressourcenverfügbarkeit durch eine mit 1,7% respektive 6,2%
7.6 Multivariate Analyse und Befunde
189
vergleichsweise geringe Weiterführungswahrscheinlichkeit gekennzeichnet. Selbst die Wahrscheinlichkeit einer internen Weiterführung bei „mittlerer“ Ausprägung ist zweieinhalb Mal kleiner als jene bei einer „sehr hohen“ Ausprägung. Setzt man unter Rückgriff auf das in Tabelle 7.13 berichtete Ergebnis der Modellschätzung die Wahrscheinlichkeit einer internen Weiterführung des Projekts ins Verhältnis zu der Wahrscheinlichkeit eines Ausgründungsentscheids, so zeigt sich, dass mit Zunahme der Verfügbarkeit technologischer Ressourcen die (logarithmierten) Chancen einer internen Weiterführung zu Lasten der Chancen einer Ausgründung steigen. Der Logit-Koeffizient der Variablen in der Gleichung Interne Weiterführung vs. Ausgründung ist mit einem positiven Wert von 3,441 und eine Standardfehler von 1,014 signifikant auf dem 1%-Niveau. Dieser Zusammenhang deckt sich mit der im Theorieteil diskutierten Erwartung, dass die im Inkubatorunternehmen verfügbare Basis komplementärer technologischer Ressourcen eine Determinante der internen Verwertbarkeit eines Inno-
Wahrscheinlichkeit
vationsprojekts ist.
90%
Ausgründung (N=39)
80%
Interne W. (N=14)
70%
Abbruch (N=19) 58,5%
60% 50%
83,7%
51,4%
48,6%
57,6%
55,7%
4,1% 37,4%
40%
19,2%
30%
36,1%
23,2%
20%
15,6% 8,2%
10% 0%
0,7%
0%
1 sehr gering
2 gering
3 mittel
4 hoch
5 sehr hoch
Verfügbarkeit komplementärer kaufmännischer Ressourcen
Abbildung 7.29: Diskrete Effekte der Modellvariablen Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.)
Verfügbarkeit komplementärer kaufmännischer Ressourcen. Die Relevanz der Ressourcenverfügbarkeit bei der Entscheidungsfindung kann in dieser Untersuchung empirisch nicht nur für technologische Ressourcen, sondern auch für kaufmännische Ressourcen nachgewiesen werden. Wie aus Abbildung 7.29 hervorgeht, prognostiziert das geschätzte Modell für die Innovationsprojekte im analysierten Datensatz eine interne Weiterführungswahrscheinlichkeit von 83,7%, wenn die dafür notwendigen kaufmännischen Ressourcen in „sehr hohem“ Um-
190
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
fang verfügbar sind. Im Gegensatz dazu ist eine interne Weiterführung des Innovationsprojekts äußerst unwahrscheinlich, wenn komplementäre kaufmännische Ressourcen nur in „sehr geringem“ Umfang verfügbar sind. Der stärkste diskrete Effekt lässt sich für einen Übergang von „mittlerer“ zu „hoher“ Ressourcenverfügbarkeit feststellen: Die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt intern gehalten wird, steigt um 36,5 Prozentpunkte auf 55,7%. Bestehende für die Kommerzialisierung des Innovationsprojekts geeignete Vertriebsstrukturen sowie die Verfügbarkeit von Ressourcen für Bewerbung, Marktforschung und Kundenservice haben auch einen signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines Projektabbruchs: je höher deren Verfügbarkeit, desto weniger wahrscheinlich, dass das Projekt abgebrochen wird (vgl. Tabelle 7.14). An dieser Stelle sei auch wieder auf den signifikanten Logit-Koeffizienten (1%Niveau) der Schätzgleichung Interne Weiterführung vs. Ausgründung hingewiesen. Die Chancen einer internen Weiterführung steigen im Verhältnis zu den Chancen einer Ausgründung bei einer höheren Verfügbarkeit kaufmännischer Ressourcen.
80%
Wahrscheinlichkeit
70%
Ausgründung (N=39) Interne W. (N=14)
65%
Abbruch (N=19)
57,5%
60%
48,1%
50%
19,5%
40% 20,1%
30% 20%
20,3%
18,4% 43,6% 38%
55,1%
16,8%
32,4% 28,1%
22,4%
14,7%
10% 0% 1 sehr gering
2 gering
3 mittel
4 hoch
5 sehr hoch
Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie
Abbildung 7.30: Diskrete Effekte der Modellvariablen Strategiekompatibilität
Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie. Betrachtet man die Ausgründungswahrscheinlichkeit eines Innovationsprojekts bei gegebener Ausprägung der Strategiekompatibilität, so zeigt Abbildung 7.30 sehr deutlich, dass der in Hypothese 2 postulierte Zusammenhang durch die Daten unterstützt wird. Während eine „sehr geringe“ Strategiekompatibilität ceteris paribus mit einer relativ hohen Ausgründungswahrscheinlichkeit von 65% einhergeht, ist die Wahrscheinlichkeit einer Ausgründung mit 28,1% bei einer „sehr hohen“ Strategiekompatibi-
7.6 Multivariate Analyse und Befunde
191
lität wesentlich geringer. Bei „mittlerer“ Strategiekompatibilität beträgt die Ausgründungswahrscheinlichkeit immerhin noch 48,1%. Die diskreten Effekte sind zwischen allen Ausprägungsstufen in etwa gleich hoch.
Ausgründung (N=39)
80% 70% 59,1%
Wahrscheinlichkeit
60%
53,5%
40%
20%
69,2%
Abbruch (N=19) 22,2% 43,5%
50%
30%
78,8%
Interne W. (N=14)
34,3%
20,5% 26%
22,8% 18,1%
17,9% 12,9%
10%
15,3% 5,9%
0% 1 sehr gering
2 gering
3 mittel
4 hoch
5 sehr hoch
Verfügbarkeit Gründerteam (kaufmännisch)
Abbildung 7.31: Diskrete Effekte der Modellvariablen Teamverfügbarkeit (kaufm.)
Verfügbarkeit eines geeigneten Gründerteams (kaufmännisch). Das Ergebnis des durchgeführten Hypothesentests unterstützt die in Hypothese 4b erfasste Vermutung, dass eine Ausgründung umso wahrscheinlicher ist, je mehr umfassende, für die Ausgründung relevante kaufmännische Kompetenzen im Gründerteam vorhanden sind. Wie Abbildung 7.31 entnommen werden kann, sind die diskreten Effekte dieser Variablen deutlich ausgeprägt. Eine Senkung der Variablen Teamverfügbarkeit (kaufm.) um einen Skalenpunkt von „sehr hoch“ auf „hoch“ senkt ceteris paribus die Wahrscheinlichkeit einer Ausgründungsunterstützung um 9,6 Prozentpunkte von 78,8% auf 69,2%, eine Senkung von „hoch“ auf „mittel“ um 15,7 Prozentpunkte auf 53,5%. Sind Fähigkeiten wie relevante Marketingkompetenz, Branchenkompetenz, Finanzwissen oder Management- und Führungskompetenz nur in einem „sehr geringen“ Umfang im zur Verfügung stehenden Team vorhanden, prognostiziert das Modell eine Ausgründungswahrscheinlichkeit von sogar nur 18,1%. Betrachtet man die Ergebniskategorie des Projektabbruchs, so ist erkennbar, dass die Abbruchwahrscheinlichkeit mit einer schwächeren Ausprägung der kaufmännischen Teamverfügbarkeit von 5,9% (Teamverfügbarkeit: „sehr hoch“) über 12,9%, 26% und 43,5% bis 59,1% („sehr gering“) zunimmt. Der auf dem 5%-Niveau signifikante Logit-Koeffizient der Variablen in der Schätzgleichung Abbruch vs.
192
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Ausgründung (vgl. dazu Tabelle 7.13) zeigt die Nachweisbarkeit des folgenden Zusammenhangs zwischen den beiden Entscheidungsergebnissen: Sinkt der Umfang der im Ausgründungsteam vorhandenen relevanten kaufmännischen Kompetenzen, so verringern sich die Chancen auf eine Ausgründung im Vergleich zu einem Projektabbruch.
90% 80%
75%
70% Wahrscheinlichkeit
89,3%
Ausgründung (N=39)
85,6%
Interne W. (N=14)
80,3%
Abbruch (N=19)
60% 19,6%
50%
40,3%
40%
40,1%
30% 20%
19,1%
10% 0%
15,3%
14,1%
10,6% 5,9%
4,4%
0,3%
1 sehr gering
2 gering
3 mittel Produktüberlegenheit
4 hoch
0,1%
5 sehr hoch
Abbildung 7.32: Diskrete Effekte der Modellvariablen Produktüberlegenheit
Produktüberlegenheit. Wie bereits im Hypothesentest aufgezeigt, hat die Variable Produktüberlegenheit den größten nachweisbaren marginalen Effekt auf das Entscheidungsergebnis. Die geschätzten Wahrscheinlichkeiten sowie die daraus ableitbaren diskreten Effekte gehen aus Abbildung 7.32 hervor. Bemerkenswert ist, dass bei einer „sehr hohen“ Produktüberlegenheit die Wahrscheinlichkeit einer Ausgründung mit 89,3% äußerst groß ist. Diese Wahrscheinlichkeit sinkt jedoch rapide, wenn die Produktüberlegenheit eines Innovationsprojekts nicht mehr klar gegeben ist (d.h. nicht mehr „hoch“ oder „sehr hoch“ ist), sondern sich auf einem mittleren Niveau bewegt. Die geschätzte Ausgründungswahrscheinlichkeit ist dann um 49 Prozentpunkte geringer. Im Vergleich dazu beträgt die Wahrscheinlichkeit einer Abbruchentscheidung im Fall einer „sehr geringen“ Produktüberlegenheit 85,6% und 75% bei einer um einen Skalenpunkt inkrementierten, also „geringen“ Überlegenheit (ceteris paribus). Wenig überraschende Wahrscheinlichkeitswerte ergeben sich bei „sehr hoher“ und „hoher“ Ausprägung der Produktüberlegenheit: Ein Abbruch ist mit 4,4% (Produktüberlegenheit „hoch“) und 0,1% („sehr hoch“) wesentlich unwahrscheinlicher. Bei einer mittleren Ausprägung der Produktüberlegenheit ist ceteris paribus das Ergebnis der Entscheidung Ausgründung oder
7.7 Zusammenfassung
193
Abbruch im Direktvergleich nahezu ergebnisoffen: Die Wahrscheinlichkeiten für beide Entscheidungsergebnisse liegen knapp über 40%. Grundsätzlich gilt: Die Chancen einer Ausgründung im Verhältnis zu den Chancen eines Abbruchs steigen bei höherer Produktüberlegenheit. Wie schon bei den Ausführungen zur Teamverfügbarkeit sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass dieser Zusammenhang des Chancenverhältnisses zwischen den Ergebnissen Ausgründung und Abbruch statistisch signifikant ist (5%-Niveau).
7.7 Zusammenfassung In diesem Kapitel erfolgte eine statistische Analyse des Verhaltens etablierter Unternehmen bei Ausgründungsentscheidungen anhand realer historischer Entscheidungsfälle. Durch eine aufwendige Stichprobenidentifikation sowie eine internetgestützte Erhebung im Jahr 2008 (vgl. Abschnitt 7.2) konnten der Analyse insgesamt 72 Entscheidungsfälle zugeführt werden. Diese Fälle stammen aus 34 Entscheidungseinheiten in 29 etablierten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Nach der Operationalisierung des zu überprüfenden theoretischen Modells in Abschnitt 7.3 und einer Beschreibung der eingesetzten statistischen Methoden in Abschnitt 7.4, wurde in Abschnitt 7.5 besondere Sorgfalt darauf verwendet, die Entscheidungsfälle detailliert deskriptiv vorzustellen und zu charakterisieren. Dabei wurden univariate Befunde durch bivariate Analysen vertieft und erstmalig differenzierte Erkenntnisse zum Prozess und zu Merkmalen von Ausgründungsentscheidungen gewonnen. Im Mittelpunkt der Analysen stand die Auftrennung des Gesamtsamples in die drei Subsamples der ausgegründeten, intern weitergeführten sowie nicht weiterentwickelten Projekte und die Feststellung systematischer Unterschiede zwischen diesen Gruppen. Zusätzlich konnten aus den untersuchten Daten Hinweise auf Erfolg und Erfolgswirkung von ausgegründeten Innovationsprojekten extrahiert werden. Das sich dabei ergebende Erfolgsbild ist als sehr positiv zu werten. Den Kern dieses Kapitels stellte die multivariate Überprüfung des theoretischen Entscheidungsmodells in Abschnitt 7.6 dar. Als statistisches Verfahren wurde die logistische Regression in Form eines multinomialen Logit-Modells angewandt. Dadurch war es möglich, Wahrscheinlichkeiten zum Eintreffen der verschiedenen Entscheidungsergebnisse zu bestimmen. Empirische Unterstützung fanden die Hypothesen H1a, H1b, H2, H4b und H6. Insgesamt zeigt sich, dass nur zwei der ins Modell aufgenommenen Faktoren keinen nachweisbaren Einfluss auf die Entscheidung haben. Dies sind die Gefahr einer Geschäftskannibalisierung durch eine Ausgründung und der Umfang an technologischen Kompetenzen im Gründerteam. Eine visuelle Darstellung der Resultate der Hypothesentests gibt nachfolgende Abbildung 7.33.
194
Kapitel 7: Entscheidungsverhalten im Feld
Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen
techn.
H1a: Entscheidung: interne Weiterführung (+)
kaufm.
H1b: Entscheidung: interne Weiterführung (+)
H2: Entscheidung: Ausgründung (-)
Kannibalisierungsgefahr
H3: Entscheidung: Ausgründung (-)
Verfügbarkeit geeignetes Gründerteam
techn.
H4a: Entscheidung: Ausgründung (+)
kaufm.
H4b: Entscheidung: Ausgründung (+) H5a: Entscheidung: Ausgründung (+) bei Wachstumsphase (vs. Entstehungsphase)
Reife des Zielmarkts
H5b: Entscheidung: Ausgründung (+) bei Wachstumsphase (vs. Reifephase) H5c: Entscheidung: Ausgründung (+) bei Entstehungsphase (vs. Reifephase)
Produktüberlegenheit
H6: Entscheidung: Ausgründung (+)
Verhältnis Benefit / Aufwand
H7: Entscheidung: Ausgründung (+)
Unterstützung der Hypothese nicht gegeben Unterstützung der Hypothese gegeben
Abbildung 7.33: Ergebnisse der Hypothesentests in der ex post-Studie
Ergebnis der Ausgründungsentscheidung
Kompatibilität mit Geschäftsstrategie
8 Synthese und Schlussbetrachtung In diesem letzten Kapitel werden zunächst der Untersuchungsgang der Arbeit sowie die zentralen Befunde zusammengefasst. Dafür werden die in den beiden quantitativen Studien ermittelten Ergebnisse vergleichend gegenübergestellt und in Hinblick auf deren Beitrag zur Beantwortung der formulierten Forschungsfragen kritisch diskutiert. Die vergleichende Beurteilung der Befunde erlaubt es, Aussagen über offengelegte Differenzen zwischen dem Entscheidungsverhalten im Experiment und dem tatsächlichen historischen Entscheidungsverhalten zu treffen und damit die Erkenntnisse im Sinne einer Triangulation abzusichern.566 Im Anschluss daran werden in Abschnitt 8.2 aus diesen Befunden Konsequenzen für Wissenschaft und Unternehmenspraxis abgeleitet, bevor abschließend in Abschnitt 8.3 Grenzen der Arbeit diskutiert und Ansatzpunkte für die weitere wissenschaftliche Vertiefung des untersuchten Themenfelds aufgezeigt werden.
8.1 Zusammenfassung der Arbeit und vergleichende Beurteilung der Befunde Die vorliegende Arbeit hat das bedeutende, aber bislang wissenschaftlich wenig untersuchte Phänomen originärer Ausgründungen aus etablierten Unternehmen thematisiert. In den Mittelpunkt der Untersuchung wurde das Entscheidungsverhalten von Unternehmen bei der Ausgründungsprüfung gestellt. Untersuchungsobjekt waren Innovationsprojekte, die eine Ausgründungsprüfung durchlaufen haben. Nach der Motivierung der Arbeit über eine Auseinandersetzung mit dem Problembereich im einführenden Kapitel 1 wurde in Kapitel 2 der Versuch unternommen, das äußerst vielschichtige Phänomen originärer Ausgründungen ganzheitlich und gründlich zu charakterisieren. Dazu wurden relevante Erkenntniselemente aus verschiedenen Literaturbereichen zusammengetragen und kritisch reflektiert. Es zeigte sich, dass sowohl einzelne Angestellte eines etablierten Unternehmens als auch das Unternehmen selbst Initiatoren von Ausgründungsüberlegungen sein können. Während Angestellte häufig aus Gründen der Unzufriedenheit bzw. Frustration oder schlicht aus Affinität zum Entrepreneurship eine Ausgründung initiieren, reagieren Inkubatorunternehmen auf verschiedenartige Spannungen zwischen einem Ausgründungsnukleus und seinem unternehmensinternen Umfeld sowie auf die Existenz bislang nicht verwerteter Ressourcen und Kompetenzen. Solche Spannungen können sich bspw. in kognitiven Konflikten oder strategischen Unstimmigkeiten ausdrücken. Aber auch das volkswirtschaftliche und regionale Umfeld eines Unternehmens kann Einfluss auf die Entste-
566
Vgl. Abschnitt 5.2.
196
Kapitel 8: Synthese und Schlussbetrachtung
hung von Ausgründungen haben. Eine Hinwendung zur Betrachtung der Ausgründungsunterstützung von Seiten der Inkubatorunternehmen offenbarte die ganze Vielfalt der damit verfolgten Ziele und Unterstützungsformen. Grundsätzlich jedoch scheinen finanzielle Ziele bestimmender zu sein als strategische, ein Ergebnis, das sich mit den Erkenntnissen aus dem empirischen Teil dieser Arbeit deckt. Die Formen der Unterstützung reichen von Beratungsleistungen bis hin zur Übertragung von intangiblen und tangiblen Ressourcen. Der Literaturüberblick führte auch zu der Erkenntnis, dass die Ergebnisse zu Erfolg und Erfolgswirkung von originären Ausgründungen äußerst vage sind und keine abgesicherten Aussagen zulassen. Ausgehend von einer Synthese der vorliegenden Befunde und einer Offenlegung von Defiziten und Lücken wurden konkrete Forschungsfragen abgeleitet, die den weiteren Analysegang bestimmten. Ziel von Kapitel 3 war es, die theoretischen Bezugspunkte der Arbeit einzuführen. Dafür wurden drei Literaturstränge herangezogen. Der ressourcenbasierte Ansatz der strategischen Managementforschung und dessen Aussagen zum Diversifikationsverhalten etablierter Unternehmen wurde als eine der Erklärungsperspektiven für das Verhalten von Unternehmen bei Ausgründungsentscheidungen vorgestellt. Als zweite theoretische Perspektive wurde das Konzept der Kannibalisierung im Rahmen unternehmensinterner Innovationsaktivitäten eingeführt. Ergänzung fanden diese beiden Perspektiven durch mehrere Indikatoren des Entwicklungspotenzials junger Unternehmen, welche aus der Literatur zum Entscheidungsverhalten von Risikokapitalgebern extrahiert werden konnten. Es wurde argumentiert, dass diese Indikatoren der Unternehmensentwicklung einen Einfluss auf die Ausgründungsentscheidung haben. Als besonders relevante Indikatoren konnten die Zusammensetzung des Gründerteams und die darin verfügbaren Kompetenzen in technologischen und kaufmännischen Bereichen sowie bestimmte Eigenschaften des Zielmarkts und des Produkts bzw. der Dienstleistung identifiziert werden. Um das derart konstruierte theoretische Fundament zu konkretisieren, zu ergänzen und weiterführende Einblicke in dieses bislang noch nicht untersuchte Themenfeld zu erlangen, wurde in Kapitel 4 eine empirische Exploration des Untersuchungsgegenstands durchgeführt. Darin konnten in Gesprächen mit zehn ausgewiesenen Experten aus sieben deutschen Großunternehmen Hinweise darauf gewonnen werden, welche Eigenschaften von Ausgründungsvorhaben die Unternehmen in ihrer Entscheidungsfindung betrachten. Die Hinweismenge, welche durch eine qualitative Inhaltsanalyse der einzelnen Gespräche generiert wurde, zerfiel primär in Kategorien aus unternehmensstrategischen, gründerteambezogenen, absatzmarktbezogenen, technologie- bzw. produktbezogenen und finanziellen Aspekten. Basierend auf diesen umfangreichen Vorarbeiten, welche durch den hohen Neuigkeitsgrad des Forschungsvorhabens bedingt waren, konnte in Kapitel 5 ein theoretisches Modell der Aus-
8.1 Zusammenfassung der Arbeit und vergleichende Beurteilung der Befunde
197
gründungsentscheidung hergeleitet werden, das eine ganzheitliche Modellvorstellung über die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Einflussfaktoren auf die Ausgründungsentscheidung und das Entscheidungsergebnis reflektiert. Folgende Einflussfaktoren wurden in das Modell aufgenommen: die Verfügbarkeit komplementärer Ressourcen als Determinante der unternehmensinternen Verwertbarkeit eines Projekts, die Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie des Inkubatorunternehmens, die von dem Ausgründungsnukleus ausgehende Kannibalisierungsgefahr, die Verfügbarkeit eines geeigneten Gründerteams, die Reife des Zielmarkts des Innovationsprojekts, dessen Produktüberlegenheit sowie das Verhältnis zwischen dem antizipierten finanziellen Benefit und dem Abwicklungsaufwand, der zur Umsetzung einer Ausgründung nötig wäre. In diesem Kapitel wurde darüberhinaus die Konzeption des quantitativ-empirischen Analysegangs erläutert und die Bildung der Stichproben beschrieben. Spezifisches Charakteristikum des Forschungsdesigns der vorliegenden Arbeit ist der Ansatz der Triangulation zur Überprüfung des theoretischen Entscheidungsmodells. Dieser drückt sich in der Durchführung zweier sich ergänzender quantitativer Studien in den Kapiteln 6 und 7 aus. Im Folgenden sollen die beiden Studien vorweg knapp umrissen werden, bevor sich die Arbeit im Anschluss einer Darstellung und Beurteilung der zentralen Befunde unter Rückgriff auf die zu beantwortenden Forschungsfragen zuwendet. Die erste Studie (vgl. Kapitel 6) stützte sich auf die quasi-experimentelle Erfassung des Verhaltens von Entscheidungsträgern in etablierten Unternehmen bei der Entscheidung zwischen verschiedenen fiktiven Ausgründungsvorhaben. Über ein geeignetes Präferenzmodell konnten 1104 Entscheidungen aus 552 vollständigen Entscheidungssituationen analysiert und eine aggregierte Nutzenfunktion geschätzt werden. Dieses Vorgehen ermöglichte eine Quantifizierung der relativen Wichtigkeit der untersuchten Faktoren im Entscheidungsprozess. Die zweite quantitative Studie (vgl. Kapitel 7) beleuchtete das historische Entscheidungsverhalten etablierter Unternehmen über eine ex post-Erfassung und detaillierte Analyse von 72 realen Entscheidungsfällen aus 34 Entscheidungseinheiten in 29 Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Aus den umfangreichen deskriptiven Analysen ergaben sich eine Reihe interessanter Erkenntnisse zur Beziehung zwischen Ausgründungsnuklei und Inkubatorunternehmen, Eigenschaften der Ausgründungsvorhaben, Charakteristika des Entscheidungsprozesses, Durchführung und Gestaltung von Ausgründungen sowie deren Erfolg und Erfolgswirkung. Darüberhinaus wurde in diesem Kapitel das Entscheidungsmodell einer multivariaten statistischen Analyse zugeführt. Die Ergebnisse der Hypothesentests des Entscheidungsexperiments und der ex post-Studie sind in nachfolgender Tabelle 8.1 aufgetragen und werden im Folgenden systematisch und vergleichend diskutiert.
198
Hypothese und postulierter Effekt Hypothese 1a: Verfügbarkeit komplementärer techn. Ressourcen Æ Entscheidung: interne Weiterführung (+) Hypothese 1b: Verfügbarkeit komplementärer kaufm. Ressourcen Æ Entscheidung: interne Weiterführung (+) Hypothese 2: Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie Æ Entscheidung: Ausgründung (-) Hypothese 3: Kannibalisierungsgefahr Æ Entscheidung: Ausgründung (-) Hypothese 4a: Verfügbarkeit eines geeignetes Teams (techn.) Æ Entscheidung: Ausgründung (+) Hypothese 4b: Verfügbarkeit eines geeignetes Teams (kaufm.) Æ Entscheidung: Ausgründung (+) Hypothese 5a: Zielmarkt Wachstumsphase vs. Entstehungsphase Æ Entscheidung: Ausgründung (+) Hypothese 5b: Zielmarkt Wachstumsphase vs. Reifephase Æ Entscheidung: Ausgründung (+) Hypothese 5c: Zielmarkt Entstehungsphase vs. Reifephase Æ Entscheidung: Ausgründung (+) Hypothese 6: Produktüberlegenheit Æ Entscheidung: Ausgründung (+) Hypothese 7: Verhältnis Benefit / Aufwand Æ Entscheidung: Ausgründung (+)
Kapitel 8: Synthese und Schlussbetrachtung Unterstützung der Hypothese… … im Experiment … in der ex post-Studie gegeben
-
gegeben
-
gegeben
nicht gegeben
nicht gegeben
gegeben
nicht gegeben
gegeben
nicht gegeben
nicht gegeben
gegeben
nicht gegeben
nicht gegeben
nicht gegeben
gegeben
gegeben
gegeben
nicht gegeben
Tabelle 8.1: Vergleich der Ergebnisse von Entscheidungsexperiment und ex post-Studie
F1: Welche Faktoren beeinflussen das Entscheidungsverhalten etablierter Unternehmen bei einer Ausgründungsprüfung? Über eine theoriegeleitete Diskussion und unter Einbezug empirisch gewonnener Hinweise konnten im Verlauf dieser Forschungsarbeit mehrere Einflussfaktoren auf das Entscheidungsverhalten identifiziert und, wie weiter oben ausgeführt, in ein kohärentes Entscheidungsmodell integriert werden. Nur für einen dieser Faktoren, der vom Innovationsprojekt ausgehenden Kannibalisierungsgefahr für das Geschäft des Inkubatorunternehmens, konnte in keiner der beiden empirischen
8.1 Zusammenfassung der Arbeit und vergleichende Beurteilung der Befunde
199
Studien ein Einfluss auf die Ausgründungsentscheidung nachgewiesen werden.567 Auf Basis der analysierten Daten muss der Faktor schlichtweg als irrelevant verworfen werden. Einen Erklärungsbeitrag zum Entscheidungsverhalten leistet dieser nicht.568 Die Relevanz der anderen untersuchten Faktoren konnte zumindest in einer der beiden Studien gezeigt werden. Drei der Faktoren, die Verfügbarkeit komplementärer technologischer Ressourcen, die Verfügbarkeit komplementärer kaufmännischer Ressourcen sowie die Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie, wurden ausschließlich in der ex post-Studie untersucht, wobei deren Einfluss auf das Entscheidungsverhalten in der vermuteten Wirkungsrichtung empirisch belegt werden konnte. Je mehr komplementäre, zur Weiterführung eines Projekts notwendige, technologische und kaufmännische Ressourcen im Inkubatorunternehmen verfügbar sind, desto wahrscheinlicher behält das Unternehmen das Projekt intern. Je geringer die Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie ist, desto wahrscheinlicher ist jedoch eine Ausgründung. Ein relativ konsistentes Bild lassen auch die Ergebnisse zu den Eigenschaften des verfügbaren Gründerteams und der Produktüberlegenheit des Ausgründungsvorhabens erkennen. Beide Studien unterstützen die postulierten Zusammenhänge, dass eine Ausgründungsunterstützung umso wahrscheinlicher ist, (i) je mehr umfassende und für die Ausgründung relevante kaufmännische Kompetenzen im Gründerteam vorhanden sind und (ii) je höher die Überlegenheit des Kernprodukts des Innovationsprojekts gegenüber anderen Produkten am Zielmarkt ist. Die konsequente Interpretation: Inkubatorunternehmen neigen dazu, Ausgründungsvorhaben mit einem attraktiven Produkt zu unterstützen, sofern im Gründerteam auch hinreichend kaufmännische Kompetenzen vorhanden sind. Damit beachten Inkubatorunternehmen bei ihrer Entscheidung zwei der wichtigsten Entwicklungsindikatoren junger Unternehmen: das Team und das Produkt. Allerdings stellen kaufmännische Kompetenzen nur eine der zwei untersuchten Kompetenzkategorien dar. Bezüglich der technologischen Kompetenzen im verfügbaren Gründerteam ist das Ergebnisbild heterogener ausgestaltet. Während im Entscheidungsexperiment technologische und kaufmännische Kompetenzen aggregiert gemessen wurden (als Eigenschaft Teamqualität) und deren (aggregierter) Einfluss auf die Ausgründungsentscheidung nachgewiesen werden konnte, zeigte die getrennte Messung der beiden Kompetenzkategorien in der ex post-Studie keine Unterstützung für den Einfluss technologischer Kompetenzen auf die Entscheidungsfindung.569 Vergleichsweise komplex zu interpretieren sind die Ergebnisse zum Einfluss der Reife des Zielmarkts eines Projekts auf die Ausgründungsentscheidung. Es bleibt unklar, ob Inkubato-
567 568 569
An dieser Stelle ist zu beachten, dass der Einfluss des Faktors Reife des Zielmarkts statistisch nachgewiesen werden konnte, auch wenn nicht alle Zielmarkt-spezifischen Hypothesen Unterstützung fanden. Vgl. die Diskussion in den Abschnitten 7.5.2 und 7.6.2. Vgl. auch dazu die Diskussion in Abschnitt 7.6.2.
200
Kapitel 8: Synthese und Schlussbetrachtung
runternehmen Ausgründungsvorhaben, die einen Wachstumsmarkt bedienen, gegenüber Vorhaben, die sich an einen Markt in der Entstehungsphase richten, bevorzugen wie Hypothese 5a postuliert. Die entsprechenden Koeffizienten der Variablen sind in beiden Studien nicht nur insignifikant, sondern sie weisen auch unterschiedliche Vorzeichen auf. Während im Entscheidungsexperiment das Vorzeichen die vermutete Wirkungsrichtung anzeigt, deutet das Vorzeichen in der ex post-Studie auf einen umgekehrten Zusammenhang hin. Etwas klarer zeigen die Ergebnisse, dass Inkubatorunternehmen, wie in Hypothese 5b vermutet, Ausgründungsvorhaben, deren Zielmärkte sich in der Wachstumsphase befinden, eher unterstützen als solche, deren Zielmärkte sich in der Reifephase befindet. Dieser Zusammenhang findet zumindest im Entscheidungsexperiment statistische Unterstützung und auch das Vorzeichen des nicht signifikanten Koeffizienten in der ex post-Studie weist in die entsprechende Richtung. Ebenfalls spiegeln die Vorzeichen den in Hypothese 5c formulierten Zusammenhang wider, dass eine Ausgründungsunterstützung für Innovationsprojekte wahrscheinlicher ist, die sich an Märkte in der Entstehungsphase anstatt an etablierte Märkte richten. Allerdings ist dieser Zusammenhang weder im Entscheidungsexperiment noch in der ex post-Studie nachweisbar. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Faktor des Zielmarkts eines Innovationsprojekts einen Einfluss auf die Ausgründungsentscheidung hat. Ausgründungsvorhaben, die sich an etablierte Märkte richten, scheinen für Inkubatorunternehmen tendenziell am wenigsten attraktiv zu sein. Dieser Zusammenhang wird durch die ermittelten Ergebnisse jedoch nur schwach untermauert. Der letzte der untersuchten Faktoren ist das Verhältnis zwischen dem antizipierten finanziellen Benefit, der durch eine Ausgründung eines Innovationsprojekts für das Inkubatorunternehmen entstünde, und dem notwendigen Abwicklungsaufwand der Ausgründung. Hypothese 7 besagt, dass eine Ausgründung wahrscheinlicher ist, wenn dieses Verhältnis zu Gunsten des Benefits ausschlägt. Diese Hypothese wird nur von den Ergebnissen des Entscheidungsexperiments eindeutig gestützt. Allerdings zeigen die Ergebnisse der ex post-Studie auch, dass dieser Faktor sehr wohl nachweisbar zwischen den Ergebniskategorien Abbruch vs. Ausgründung in der vermuteten Wirkungsrichtung diskriminiert.570 F2: Welches relative Gewicht haben diese Faktoren bei der Entscheidungsfindung? Im Entscheidungsexperiment nimmt die Überlegenheit des Produkts noch vor der technologischen und kaufmännischen Qualität des Gründerteams die höchste relative Wichtigkeit in der Entscheidungsfindung ein.571 Erst mit einigem Abstand folgen Eigenschaften des Zielmarkts und das Verhältnis von Benefit zu Aufwand auf dem dritten respektive vierten Rang. Am un-
570 571
Vgl. hierzu auch die Diskussion in Abschnitt 7.6.2. Vgl. Abschnitt 6.6.2 und Tabelle 6.6.
8.1 Zusammenfassung der Arbeit und vergleichende Beurteilung der Befunde
201
wichtigsten ist den Entscheidern der Aspekt der Kannibalisierungsgefahr, welche von einer möglichen Ausgründung ausgeht. Auch in der ex post-Studie wurde die Produktüberlegenheit noch vor der Verfügbarkeit komplementärer kaufmännischer Ressourcen (Rang 2) und der kaufmännischen Teamverfügbarkeit (Rang 3) als wichtigster Faktor und die Kannibalisierungsgefahr (neben der Verfügbarkeit technologiebezogener Teamkompetenzen) als unwichtigster Faktor identifiziert.572 Die Verfügbarkeit komplementärer technologischer Ressourcen und die Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie belegen den vierten und fünften Rang. Die relative Wichtigkeit der Produktüberlegenheit, der (kaufmännischen) Teamverfügbarkeit und der Kannibalisierungsgefahr in der Ausgründungsprüfung kann aufgrund der konsistenten Befunde in den beiden Studien als relativ abgesichert gewertet werden. Wie schon in Abschnitt 6.6.2 diskutiert, ist es vor dem Hintergrund der Erkenntnisse zum Entscheidungsverhalten von Venture Capital-Investoren erstaunlich, dass die Produktüberlegenheit einen größeren Einfluss auf die Entscheidung nimmt als die betrachteten Eigenschaften des Gründerteams. Insgesamt offenbaren die qualitativen und quantitativen Ergebnisse dieser Arbeit, dass die untersuchten Faktoren des Produkts und des Teams sowie die fehlende Verfügbarkeit komplementärer kaufmännischer Ressourcen im Inkubatorunternehmen in Hinblick auf eine Ausgründungsunterstützung nahezu als „conditiones sine quibus non“ zu werten sind. F3: Welche Charakteristika besitzen Innovationsprojekte, die aus Sicht etablierter Unternehmen eine besonders hohe Ausgründungsattraktivität aufweisen? Fasst man die Ergebnisse der beiden Studien zusammen, so zeigt sich, dass eher jene Innovationsprojekte ausgegründet werden, die sich durch eine hohe Produktüberlegenheit, eine hohe (insbesondere kaufmännische) Teamqualität, einen im Verhältnis zum Ausgründungsaufwand hohen finanziellen Benefit für das Inkubatorunternehmen, eine geringe Kompatibilität mit der Geschäftsstrategie des Inkubatorunternehmens auszeichnen und für deren interne Weiterführung die notwendigen technologischen und kaufmännischen Ressourcen im Inkubatorunternehmen nicht verfügbar sind. Hinsichtlich des Zielmarkts finden tendenziell eher jene Projekte Ausgründungsunterstützung, die einen Entstehungs- oder Wachstumsmarkt bedienen anstatt eines etablierten Markts. Die Unternehmen scheinen diesen Ausgründungsvorhaben ein größeres Entwicklungspotenzial zuzuschreiben. Zugleich sind diese Vorhaben durch ein hö-
572
Vgl. Tabelle 7.14.
202
Kapitel 8: Synthese und Schlussbetrachtung
heres marktbezogenes (und u.U. auch technologisches) Risiko charakterisiert, was ein Grund dafür sein kann, dass Etablierte von einer internen Weiterentwicklung Abstand nehmen.573 F4: Welche Ziele verfolgen etablierte Unternehmen mit der Unterstützung von Ausgründungen? Die Befunde machen deutlich, dass Inkubatorunternehmen mit einer durchschnittlichen Ausgründungsprüfung primär die Fokussierung auf das Kerngeschäft zum Ziel haben, gefolgt von einer Technologieverwertung bzw. Rendite und der Motivierung von Mitarbeitern zu unternehmerischem Denken und Handeln.574 Gegenläufig zur verbreiteten Auffassung in der Literatur haben mögliche zukünftige Lerneffekte auf technologischer oder marktbezogener Ebene nur eine relativ geringe Bedeutung. Selbst bei Ausgründungen, an denen das Inkubatorunternehmen finanzielle Anteile hält, überwiegen die genannten Zielsetzungen. Eine ähnlich geringe Rolle wie zukünftige Lerneffekte spielen die Steigerung der Kommerzialisierungsgeschwindigkeit, die Reduzierung des Entwicklungsrisikos und die Steigerung der Unternehmensattraktivität. Die mit Abstand geringste Bedeutung hat die Zielsetzung des Aufbaus zukünftiger Akquisitionsobjekte im Sinne von Realoptionen. Mit der Unterrepräsentation der beiden Ziele Lerneffekte und Realoption finden zwei in der Literatur als progressive Instrumente des modernen Innovationsmanagements postulierte Motive der Ausgründungsunterstützung wenig Reflexion in der untersuchten Stichprobe.575 Die Daten zeigen vielmehr, dass der Ausgründungsmechanismus bislang zumeist als Verwertungsmechanismus und nicht als aktiver Gestaltungsmechanismus eines integrierten Innovationsmanagements eingesetzt wurde. F5: Wie setzen etablierte Unternehmen die Ausgründung von Innovationsprojekten um? Die Ausgründungsentscheidung wurde bei ca. 60% aller untersuchten Fälle innerhalb von sechs Monaten getroffen, aber bei immerhin 20% der Fälle dauerte die Entscheidung länger als ein Jahr.576 Ein Zusammenhang zwischen der Dauer und dem Formalisierungsgrad des Entscheidungsprozesses (als Maß dafür, wie institutionalisiert Ausgründungsprüfungen in einem Unternehmen sind) konnte jedoch nicht nachgewiesen werden. Hinsichtlich der Unterstützungsleistungen bei der Durchführung von Ausgründungen zeigte sich, dass Inkubatorunternehmen grundsätzlich eine recht aktive Rolle einnehmen, wobei
573 574 575 576
Vgl. dazu die Diskussionen in den Abschnitten 5.1.1 und 7.5.3. Vgl. Abschnitt 7.5.5. Vgl. bspw. Maselli (1997, 307f.) und Lehmair (2002, 233f.), die ihre Arbeiten um die These entwickeln, dass Ausgründungen einen wertschaffenden Innovationsmechanismus darstellen. Vgl. Abschnitt 7.5.6, in dem auch weitere interessante Einsichten zur Umsetzung von Ausgründungen ausgeführt sind.
8.1 Zusammenfassung der Arbeit und vergleichende Beurteilung der Befunde
203
Ausgründungen v.a. bei der Entwicklung der Geschäftsidee unterstützt werden. Im Zeitverlauf kooperieren beide Parteien aber auch bei der Forschung und Entwicklung, im Marketing und im Vertrieb, wobei in der frühen Start-up-Phase insbesondere die Zusammenarbeit bei der Beschaffung von Produktionsfaktoren und bei Herstellungsprozessen eine Rolle spielt. Da alle der betrachteten ausgegründeten Innovationsprojekte Ressourcen vom Inkubatorunternehmen übernahmen, ist es erstaunlich, dass nur bei der Hälfte der Projekte das Inkubatorunternehmen eine Eigenkapitalbeteiligung einging und diese Beteiligung beim Großteil der Fälle weniger als 10% umfasste. In der Anschubfinanzierung spielen externe Kapitalgeber eine vergleichsweise größere Rolle: Bei über der Hälfte jener Projekte, die von externer Seite mitfinanziert wurden, hielten die externe Parteien immerhin bis zu 50% der Anteile. F6: Wie erfolgreich sind ausgegründete Innovationsprojekte? Die untersuchten Ausgründungen weisen überdurchschnittlich hohe Überlebensraten und Wachstumsraten auf.577 Von den beobachteten 39 Fällen (mittleres Alter: 6,5 Jahre) waren nur drei Firmen zum Befragungszeitpunkt nicht mehr am Markt aktiv. Drei weitere waren inzwischen von einem anderen Unternehmen akquiriert worden. Das mittlere jährliche Beschäftigungswachstum der Unternehmen liegt mit 41,1% deutlich über der durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate junger Unternehmen in Hochtechnologie-Branchen in Deutschland (13,3%).578 46,2% der Schlüsselinformanten sehen die bewertete Ausgründung unter den technologisch führenden 10% der Unternehmen der gleichen Branche oder des gleichen Technologiefelds. 86,2% ordnen die Ausgründung den führenden 50% zu. Die Ausgründungen in der Stichprobe können daher als durchaus erfolgreich bezeichnet werden. F7: Welche Bedeutung hat der Ausgründungsmechanismus für etablierte Unternehmen? 58,7% der befragten Entscheidungsträger in etablierten Unternehmen stimmten der Aussage zu, dass die Durchführung von Ausgründungen zur externen Technologieverwertung heute eine bedeutende Rolle einnimmt.579 30,4% stimmten dem teilweise zu. Die Meinung, dass der Ausgründungsmechanismus in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen wird, vertraten sogar 76,1% der Entscheidungsträger. Insgesamt lässt dieses Ergebnis deutlich die praktische Relevanz des untersuchten Themenbereichs erkennen. Diese Feststellung führt direkt zu den Implikationen der Arbeit für die Unternehmenspraxis, welche im folgenden Abschnitt nach den Ausführungen zum wissenschaftlichen Beitrag der Untersuchung diskutiert werden.
577 578 579
Vgl. Abschnitt 7.5.7. Vgl. Almus et al. (1999, 84). Vgl. Abschnitt 6.5.3.
204
Kapitel 8: Synthese und Schlussbetrachtung
8.2 Beitrag und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis Wissenschaft. In inhaltlicher Hinsicht leistet die vorliegende Arbeit einen grundlegenden Beitrag zum Verständnis des Phänomens originärer Ausgründungen und der Rolle etablierter Unternehmen bei deren Entstehung. Die Ausgründungsentscheidung wurde bislang in der Literatur noch nicht zum Untersuchungsgegenstand erhoben.580 In der vorliegenden Forschungsarbeit konnten erstmals Einflussfaktoren auf diese Entscheidung identifiziert und umfassend analysiert werden. Zusätzlich wurden weitreichende empirische Erkenntnisse zu Charakteristika von Innovationsprojekten unter Ausgründungsprüfung sowie zur Durchführung und Gestaltung von Ausgründungen gewonnen. Damit tangiert die Arbeit mehrere Bereiche der strategischen Managementforschung sowie der Innovations- und Entrepreneurshipforschung. Vor dem Hintergrund der herangezogenen theoretischen Bezugspunkte untermauern die empirischen Ergebnisse die Vorhersagen der ressourcenbasierten Perspektive der strategischen Managementliteratur. Unternehmen geben eher die Durchführung jener Innovationsaktivitäten ab, für welche keine komplementären Ressourcen verfügbar sind und deren unternehmensinterne Realisierung daher aufwendig bzw. kostenintensiv wäre. Dieser Befund ist als Hinweis dafür zu werten, dass etablierte Unternehmen zu einer verwandten Diversifikation neigen. Ebenso konnte die Übertragbarkeit und Relevanz von Entwicklungsindikatoren junger Unternehmen, welche aus dem bereits umfassend untersuchten Kontext der Investitionsentscheidung von Risikokapitalgebern extrahiert wurden, in den bislang nicht untersuchten Kontext der Ausgründungsentscheidung demonstriert werden. Fasst man die in das Modell integrierten Einflussfaktoren als Entscheidungskriterien auf und vergleicht die Relevanz dieser Kriterien in der Ausgründungsentscheidung mit der Relevanz der entsprechenden Kriterien in der Investitionsentscheidung von Risikokapitalgebern, so wird ein Unterschied sehr deutlich: Risikokapitalgeber gewichten Eigenschaften des Teams in ihrer Entscheidung stärker als Eigenschaften des Produkts. Inkubatorunternehmen gewichten jedoch die Produktüberlegenheit stärker als die Kompetenzen des verfügbaren Gründerteams. Die Befunde informieren auch die Open Innovation-Literatur, welche Ausgründungen als einen integralen Mechanismus einer offenen Innovationskultur in etablierten Unternehmen postuliert.581 Allerdings lassen die ermittelten Ergebnisse zu den mit einer Ausgründungsunterstützung verfolgten Zielen erkennen, dass die Umsetzung von Innovationen für Inkubatorunternehmen bislang selten im Mittelpunkt stand. Hier scheint, zumindest in den untersuch-
580 581
Vgl. Abschnitt 2.5.1. Vgl. u.a. Chesbrough (2003b), Reichwald/Piller (2006, 95ff.), Faber (2008, 21ff.).
8.2 Beitrag und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis
205
ten Ländern, die allgemeine unternehmerische Praxis den wissenschaftlich-theoretischen Vorschlägen (noch) nicht zu folgen. Methodisch unterstreicht die vorliegende Arbeit die Vorteile eines Forschungsdesigns, welches sich auf eine Triangulation stützt. Durch eine Betrachtung des Untersuchungsgegenstands aus unterschiedlichen Blickwinkeln und der Analyse verschiedener Datensätze konnten wesentlich differenziertere Erkenntnisse gewonnen werden als es mit einer monolithischen Forschungskonzeption möglich gewesen wäre. Einen weiteren methodischen Beitrag leistet die Arbeit durch die Erschließung eines neuen Anwendungsbereichs für die quasiexperimentelle Präferenzmessung. Die Erfassung von Ausgründungspräferenzen etablierter Unternehmen über ein diskretes Entscheidungsexperiment stellt ein Novum dar, das den Bereich der Entscheidungsforschung befruchten kann. Praxis. Aus den Befunden dieser Arbeit ergeben sich konkrete Hinweise und Handlungsempfehlungen für Akteure in der wirtschaftlichen Praxis. Zu diesen zählen neben den etablierten Unternehmen bzw. deren Entscheidungsträgern auch Entrepreneurship-affine Angestellte dieser Unternehmen sowie Risikokapitalgeber. Etablierte Unternehmen erhalten durch die gewonnenen Ergebnisse detaillierte Einsichten in ihr Entscheidungsverhalten. Die Offenlegung von Einflussfaktoren auf das Entscheidungsergebnis sowie deren Relevanz im Entscheidungsprozess ermöglicht eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Entscheidungsfindung. Dieser Beitrag der Arbeit ist umso bedeutender, als dass der ausgründungsbezogene Entscheidungsprozess in vielen Unternehmen nur wenig formalisiert ist und klar definierte Entscheidungskriterien fehlen. Die systematische Reflexion über das nun transparente Entscheidungsverhalten kann einen ersten Schritt in Richtung einer fundierten und formalisierten Entscheidungsfindung darstellen. Im Sinne einer Handlungsempfehlung ist die Verankerung entsprechender Prozesse im strategischen Innovationsmanagement etablierter Unternehmen als sinnvoll zu erachten. Erstens können durch eine Formalisierung Entscheidungen grundsätzlich verbessert werden, da korrigierendes Eingreifen möglich wird: Erst eine systematische Kodifizierung von Wissen und Erfahrungen ermöglicht eine iterative Prozessverbesserung. Zweitens zeigen die Ergebnisse, dass der mit der Umsetzung einer Ausgründung verbundene Aufwand Einfluss auf die Ausgründungsentscheidung hat und ein Ausgründungshemmnis darstellen kann. Durch eine Etablierung standardisierter Prozesse kann der Abwicklungsaufwand reduziert und eine wichtige Barriere der Ausgründungsdurchführung abgebaut werden. In der vorliegenden Arbeit konnte ein überaus positives Erfolgsbild ausgegründeter Innovationsprojekte gezeichnet werden. Unternehmen, die den Ausgründungsmechanismus bislang
206
Kapitel 8: Synthese und Schlussbetrachtung
vernachlässigten oder wenig Fokus auf die Aneignung von Rückflüssen aus ausgegründeten Projekten legten, sollten diese Optionen stärker in ihrem Innovationsmanagement verankern. Für Angestellte in etablierten Unternehmen, die eine Ausgründung anstreben, haben die Befunde dieser Arbeit wichtige Implikationen. Eine grundlegende Erkenntnis ist, dass sich nicht alle Faktoren, welche die Ausgründungsentscheidung beeinflussen, der Kontrolle der Unternehmer in spe entziehen. Dass eine Ausgründungsunterstützung stark von Eigenschaften des Produkts und des Gründerteams bestimmt wird, sollte potentiellen Gründern Mut machen, kann doch die Ausprägung dieser Faktoren in einem gewissen Rahmen beeinflusst werden. So empfiehlt es sich für den Gründungswilligen, nach Möglichkeit noch vor der Einphasung in den Prüfungsprozess, ein interdisziplinäres Team bestehend aus Personen aufzubauen, die gründungsrelevante Fähigkeiten besitzen und sich in ihren Kompetenzen gut ergänzen. Zugleich sollte über die Attraktivität des Produkts sorgfältig reflektiert und die Ausrichtung des Ausgründungsvorhabens ggf. angepasst werden. Wichtige Kriterien dafür sind die Befriedigung bestehender Bedürfnisse von Kundengruppen in Märkten, die im Idealfall gar nicht oder nur bedingt mit den vom Inkubatorunternehmen bedienten Märkten kongruent sind sowie die Nachweisbarkeit eines nachhaltigen Vorteils gegenüber Angeboten von möglichen Wettbewerbern. Auch scheint es zweckdienlich zu sein, schon sehr früh und proaktiv unternehmensexterne Instanzen mit einzubeziehen. Diese Aktivitäten sollten sich nicht nur auf das Einholen einer dritten Meinung zum Ausgründungsvorhaben beschränken, sondern auf den Aufbau einer externen Unterstützung für das Vorhaben abzielen. Ein Zuspruch von externer Seite kann als Pull-Faktor in Richtung einer Ausgründung wirken, insbesondere wenn es sich dabei um Kapitalgeber handelt, die Interesse an einer Finanzierung der Ausgründung signalisieren. Die Ergebnisse der Arbeit unterstreichen sehr deutlich die Bedeutung externen Risikokapitals bei der Anschubfinanzierung von Ausgründungen, auch wenn die Anbahnung einer Syndizierung mit Risikokapitalgebern nur selten systematisch erfolgt. Hier öffnet sich ein neues Geschäftsfeld für Risikokapitalgesellschaften. Wie diskutiert, fungieren etablierte Unternehmen als eine vielversprechende Quelle innovativer technologiebasierter Projekte, von denen viele nicht unternehmensintern verwertet werden. Eine Spezialisierung auf die Identifikation und Erschließung dieser Potenziale gemeinsam mit Inkubatorunternehmen dürfte für eine Risikokapitalgesellschaft äußerst gewinnbringend sein. Tatsächlich zeigt ein Blick nach Großbritannien und in die USA, dass solche hochspezialisierten Dienstleister existieren.582 Dieses Geschäftsmodell sollte auch in den untersuchten Ländern tragfähig sein.
582
Als Beispiel sei hier New Venture Partners (NVP) genannt, ein Unternehmen, das in den USA, Großbritannien und den Niederlanden aktiv ist. So besitzt NVP exklusive Abkommen bspw. mit British Telecom und Philips zur Realisierung von Ausgründungen basierend auf Technologien dieser Unternehmen.
8.3 Restriktionen der Arbeit und Aufruf für weitere Forschung
207
8.3 Restriktionen der Arbeit und Aufruf für weitere Forschung Die Erkenntnisse dieser Forschungsarbeit unterliegen naturgemäß diversen Restriktionen. Wichtige Einschränkungen ergeben sich aus dem gewählten Untersuchungsdesign und den erhobenen Stichproben, wobei hier stellenweise zwischen dem Entscheidungsexperiment und der ex post-Studie zu differenzieren ist. Der Frage nach der Validität der abgeleiteten Aussagen kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Einen wesentlichen Einfluss auf die Validität der ex post-Studie hat das gewählte monopersonale Erhebungsdesign. Bei der Befragung von Organisationsangehörigen besteht grundsätzlich die Gefahr verzerrter Antworten. Werden einzelne Informanten befragt, kann dies zu systematischen Messfehlern führen, welche auf unterschiedliche Motive, beschränkte Informationsverarbeitungskapazitäten, Wahrnehmungsunterschiede und divergierende Informationsstände zwischen den Informanten zurückzuführen sind (man spricht hier von einem informant bias).583 Da in der Studie nicht mehrere Informanten für einen Entscheidungsfall und nur für eine geringe Anzahl von Fällen Informanten aus jeweils denselben Entscheidungseinheiten befragt werden konnten, war eine Quantifizierung des informant bias nicht möglich. Grundsätzlich kann eine Verzerrung der Daten daher nicht ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang muss auch das Erinnerungsvermögen der Informanten als Faktor angeführt werden, der die Datenvalidität der ex post-Studie möglicherweise einschränkt.584 Die Natur des Untersuchungsgegenstands machte es notwendig, Vergangenheitsdaten durch eine retrospektive Fragestellung zu erheben. Vergangenheitsorientierte Befragungen sind allerdings nicht unproblematisch, insbesondere wenn Meinungen erfasst werden sollen, die zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben.585 Neben der Neigung von Personen, ein sozial erwünschtes Bild abzugeben, indem frühere Entscheidungen auf eine vermeintlich vorhandene Rationalität zurückgeführt werden, können die zu den historischen Entscheidungsfällen erhobenen Daten auch kognitiv begründeten Erinnerungsverzerrungen unterliegen (hindsight bias, recall bias).586 So ist es möglich, dass sich manche Informanten nicht an die exakten Projektcharakteristika erinnern konnten oder ihre Erinnerung durch das Wissen über das Entscheidungsergebnis unbewusst beeinflusst worden ist. Durch einen relativ geringen Detaillierungsgrad der Fragen wurde versucht diesem Effekt entgegenzuwirken. Auch wurden in den Expertengesprächen sowie dem Pretest die Beantwortbarkeit der Fragen und das Erinnerungsvermögen der Informanten überprüft. Dabei ergaben sich keine Hinweise auf diesbezüg-
583 584 585 586
Vgl. Kumar et al. (1993, 1634) sowie Ernst (2001, 87) und die dort genannte Literatur. Vgl. Miller et al. (1997, 189ff.). Vgl. Schnell et al. (2005, 336). Vgl. Bortz/Döring (2002, 236). Im Kontext der Entscheidungsfindung von Risikokapitalgebern vgl. Shepherd/Zacharakis (1999, 205), Zacharakis/Meyer (1998, 60).
208
Kapitel 8: Synthese und Schlussbetrachtung
liche Probleme. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Ergebnisse durch ein beschränktes Erinnerungsvermögen verzerrt sind. Die Aussagekraft der Befunde wird durch die relativ geringe effektive Fallzahl von 72 Entscheidungsfällen in der ex post-Studie und 46 befragten Entscheidern im Entscheidungsexperiment eingeschränkt. Die Wahrscheinlichkeit für signifikante Effekte in den Modellschätzungen bei gleicher Effektstärke ist in einer kleinen Stichprobe geringer. Es besteht die Möglichkeit, dass bestehende schwächere Effekte in den beiden quantitativen Studien nicht entdeckt wurden.587 Zukünftige Studien auf Basis größerer Stichproben sollten zu einer Stabilisierung der Ergebnisse beitragen. Da allerdings ein großer Aufwand zur Fallidentifizierung betrieben wurde und die Rücklaufquote als außerordentlich hoch zu bezeichnen ist, scheint eine größere Stichprobe für die untersuchten Regionen nur äußerst schwierig zu erreichen zu sein. Eine regionale Ausdehnung der Untersuchung könnte durch Zugrundelegung eines internationalen Datensatzes, z.B. auf europäischer Ebene, auch die Betrachtung von kulturellen Eigenheiten oder volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen ermöglichen und so zusätzliche interessante Einblicke auf die Ausprägung des Entscheidungsverhaltens etablierter Unternehmen gewähren. Eine Einschränkung der Verallgemeinerbarkeit der Befunde ergibt sich aus der Ausrichtung der Untersuchung auf etablierte Unternehmen. Dabei handelt es sich um große Organisationseinheiten, die eine Extremgruppe darstellen, so dass die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf kleine und mittlere Unternehmen in Frage gestellt werden muss. Eine Validierung der Ergebnisse durch eine Untersuchung dieser Vergleichsgruppen scheint hier sinnvoll. Schließlich ist noch anzumerken, dass in der ex post-Studie ausschließlich Innovationsprojekte betrachtet wurden, die einer Ausgründungsprüfung unterzogen wurden. Allerdings werden nicht alle Innovationsprojekte, über deren Schicksal im Unternehmen Dissens herrscht, einer derartigen Prüfung zugeführt.588 Diese Vorselektion ist aus Sicht der Studie nicht beobachtbar. Die Ergebnisse dieser Arbeit erlauben daher keine Aussagen darüber, welche Faktoren die Zuführung eines Projekts zur Ausgründungsprüfung determinieren. Inwieweit es sich dabei um projektspezifische und/oder organisationsspezifische Eigenschaften der Inkubatorunternehmen handelt, bleibt unklar, obwohl diesbezügliche Erkenntnisse gekoppelt an geeignete Erfolgsmetriken aufschlussreiche Hinweise für ein effektives Management der Innovations-
587 588
Vgl. Cohen/Cohen (1983, 59ff.). Dies könnte erklären, weshalb von den untersuchten Projekten trotz ihres hohen Innovationsgrads und dem gegebenen Neuigkeitsgrad für die Inkubatorunternehmen kaum eine Kannibalisierungsgefahr ausgeht (vgl. die deskriptive Analyse in Abschnitt 7.5.2): Offensichtlich kannibalisierende Projekte werden erst gar nicht einer Ausgründungsprüfung zugeführt.
8.3 Restriktionen der Arbeit und Aufruf für weitere Forschung
209
verwertung in etablierten Unternehmen geben könnten. Die Untersuchung dieser Aspekte bleibt nachfolgenden Studien überlassen. Auch wäre es wünschenswert, wenn sich zukünftige Studien verstärkt der Gestaltung und dem Management des Ausgründungsprozesses widmeten. Die im Rahmen dieser Forschungsarbeit geführten Gespräche mit Gründern ließen oftmals eine gewisse Frustration in Bezug auf den Ausgründungsprozess erkennen. Die Unzufriedenheit war zumeist durch eine langsame Entscheidungsfindung auf Seiten der Inkubatorunternehmen oder komplexe Verhandlungsprozesse zur Technologieübernahme bedingt. Auch Entscheidungsträger zeigten sich besorgt ob einer oftmals ineffizienten Abwicklung. Zukünftige Forschung sollte Ausgründungsvorhaben über einen längeren Zeitraum verfolgen und deren Erfolg multidimensional erfassen. Lohnenswert für weitere Untersuchungen scheint insbesondere das Feld des Kooperationsverhaltens zu sein, das bislang im Detail nur fallstudienbasiert untersucht wurde. Erste deskriptive Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass Kooperationen zwischen Ausgründungen und Inkubatorunternehmen weit verbreitet und einer Dynamik unterworfen sind, nach der sich Kooperationsaktivitäten in manchen Wertschöpfungsbereichen im Laufe der Unternehmensentwicklung intensivieren, während sie in anderen Bereichen abflachen. Inwieweit die Kooperationsmuster systematisch von bestimmten endogenen und exogenen Faktoren beeinflusst werden und unter welchen Bedingungen deren Ausgestaltung für Ausgründungen positive oder negative Effekte hat, stellen wissenschaftsund praxisrelevante Fragestellungen dar. So legt die Literatur nahe, dass für Ausgründungen die Möglichkeit zur Kooperation mit ihren Inkubatorunternehmen zwar einen Vorteil gegenüber anderen Gründungsformen darstellen kann, diese Bindung aber zugleich ein Abhängigkeitsverhältnis impliziert, welches die Emanzipation einer Ausgründung von ihrer Ursprungsorganisation und somit deren langfristige Entwicklung u.U. behindert. Neben diesen hier aufgeworfenen und realistisch umsetzbaren Anknüpfungspunkten für weiterführende Arbeiten, existiert im noch jungen Forschungsfeld originärer Ausgründungen, wie in Kapitel 2 aufgezeigt, eine ganze Reihe weiterer Defizite und Lücken, deren Beleuchtung zukünftigen Studien vorbehalten bleibt. Insgesamt stellen originäre Ausgründungen ein vielfältiges, wissenschaftlich anspruchsvolles und zugleich besonders praxisrelevantes Betätigungsfeld für interessierte Wissenschaftler dar. Weiterführende Forschung ist dringend erforderlich und besonders fruchtbar, gilt gerade in diesem noch sehr jungen Wissenschaftsfeld, dass jedes zusätzliche Erkenntniselement einen signifikanten Verständniszuwachs generieren kann.
Literaturverzeichnis 3i (2002): "Moneyspinners: Global Commercialisation of R&D Spinouts - A 3i White Paper in Association with the Economist Intelligence Unit" in: 3i White Papers, 3i Group, London. Addelman, S. (1962a): "Orthogonal Main-Effect Plans for Assymetrical Factorial Experiments" in: Technometrics, Vol. 4, 3, S. 21-46. Addelman, S. (1962b): "Symmetrical and Asymmetrical Fractional Factorial Plans" in: Technometrics, Vol. 4, 1, S. Adler, P. S.; Clark, K. B. (1991): "Behind the Learning Curve: A Sketch of the Learning Process" in: Management Science, Vol. 37, 3, S. 267-282. Agarwal, R.; Echambadi, R.; Franco, A. M.; Sarkar, M. B. (2004): "Knowledge Transfer Through Inheritance: Spin-out Generation, Development and Survival" in: Academy of Management Journal, Vol. 47, 4, S. 501-522. Albrecht, J. (2000): Präferenzstrukturmessung: Ein empirischer Vergleich der ConjointAnalyse mit einer kompositionellen Methode, Frankfurt am Main. Aldrich, H. E.; Auster, E. R. (1986): "Evan Dwarfs Started Small: Liabilities of Age and Size and their Strategic Implications" in: Staw, B. M. und Cummings, L. L. (Hrsg.): Research in Organizational Behavior, Greenwich, CT, S. 165-198. Almus, M.; Engel, D.; Nerlinger, E. A. (1999): "Wachstumsdeterminanten junger Unternehmen in den alten und neuen Bundesländern: Ein Vergleich zwischen innovativen und nicht-innovativen Unternehmen" in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Vol. 119, S. 561-592. Amemiya, T. (1981): "Qualitative Response Models: A Survey" in: Journal of Economic Literature, Vol. 19, 4, S. 1483-1536. Amit, R.; MacCrimmon, K. R.; Zietsma, C.; Oesch, J. M. (2001): "Does Money Matter? Wealth Attainment as the Motive for Initiating Growth-oriented Ventures" in: Journal of Business Venturing, Vol. 16, 2, S. 119-143.
212
Literaturverzeichnis
Anderson, R. L.; Ortinaa, D. J. (1988): "Exploring Consumers' Post-Adoption Attitudes and Use Behaviors in Monitoring the Diffusion of a Technology-Based Discontinuous Innovation" in: Journal of Business Research, Vol. 17, 3, S. 283-298. Andrews, K. R. (1971): The Concept of Corporate Strategy, Homewood, IL. Anton, J. J.; Yao, D. A. (1995): "Start-ups, Spin-offs, and Internal Projects" in: Journal of Law, Economics & Organization, Vol. 11, 2, S. 362-378. Antoncic, B.; Hisrich, R. D. (2001): "Intrapreneurship: Construct Refinement and Crosscultural Validation" in: Journal of Business Venturing, Vol. 16, 5, S. 495-527. Antonelli, C. (2003): "The Governance of Technological Knowledge: Strategies, Processes and Public Policies", Arbeitspapier, Department of Economics, Universita di Torino, Turin. Antonelli, C. (2004): "The System Dynamic of Localized Technological Change: Ingredients, Governance and Processes", Arbeitspapier, Department of Economics, Universita di Torino, Turin. Arminger, G. (1995): "Specification and Estimation of Mean Structures: Regression Models" in: Arminger, C.; Clogg, C. C. und Sobel, M. E. (Hrsg.): Handbook of Statistical Modeling for the Social and Behavioral Sciences, New York, NY, S. 77-183. Arnold, H. M. (2003): Technology Shocks: Origins, Managerial Response, Firm Performance, Heidelberg. Arrow, K. J. (1962): "Economic Welfare and the Allocation of Resources for Invention" in: Nelson, R. (Hrsg.): The Rate and Direction of Inventive Activity, Princeton, NJ, S. 609625. Atuahene-Gima, K. (1995): "An Exploratory Analysis of the Impact of Market Orientation on New Product Performance - A Contingency Approach" in: Journal of Product Innovation Management, Vol. 12, 4, S. 275-293. Bachher, J. S.; Guild, P. D. (1996): "Financing Early Stage Technology Based Companies: Investment Criteria Used By Investors" in: Frontiers of Entrepreneurship Research, Vol. 363-376.
Literaturverzeichnis
213
Backhaus, K.; Erichson, B.; Plinke, W.; Weiber, R. (1996): Multivariate Analysemethoden, 8. Auflage, Berlin. Backhaus, K.; Erichson, B.; Plinke, W.; Weiber, R. (2006): Multivariate Analysemethoden, 11. Auflage, Berlin. Bagozzi, R. P.; Phillips, L. W. (1982): "Representing and Testing Organizational Theories: A Holistic Construal" in: Administrative Science Quarterly, Vol. 27, 3, S. 459-489. Bagozzi, R. P.; Yi, Y.; Phillips, L. W. (1991): "Assessing construct validity in organizational research" in: Administrative Science Quarterly, Vol. 36, 3, S. 421-458. Bankman, J.; Gilson, R. J. (1999): "Why Start-ups?" in: Stanford Law Review, Vol. 51, 289308. Barney, J. B. (1991): "Firm Resources and Sustained Competitive Advantage" in: Journal of Management, Vol. 17, 1, S. 99-120. Bartus, T. (2005): "Estimation of Marginal Effects Using Margeff" in: Stata Journal, Vol. 5, 3, S. 309-329. Baum, C. F. (2006): An Introduction to Modern Econometrics Using Stata, College Station, TX. Becker, B. (2003): Corporate Incubators - Potentials, Typology and Principles, St. Gallen. Bernardt, Y.; Kerste, R.; Meijaard, J. (2002): "Spin-off Start-ups in the Netherlands. At First Glance" in: Strategic Study Series, B200106, EIM Business & Policy Research, Zoetermeer. Bettis, R. A. (1981): "Performance Differences in Related and Unrelated Diversified Firms" in: Strategic Management Journal, Vol. 2, 4, S. 379-394. Bettis, R. A.; Mahajan, V. (1985): "Risk/Return Performance of Diversified Firms" in: Management Science, Vol. 31, 7, S. 785-800. Bettis, R. A.; Prahalad, C. K. (1995): "The Dominant Logic: Retrospective and Extension" in: Strategic Management Journal, Vol. 16, 1, S. 5-14.
214
Literaturverzeichnis
Bhidé, A. (2000): The Origin and Evolution of New Businesses, New York, NY. Blum, N. (2006): Spin-offs in strategischen Unternehmensnetzwerken. Ein alternativer Weg zur Existenzgründung, Wiesbaden. Boeker, W. (1988): "Organizational Origins: Entrepreneurial and Environmental Imprinting at the Time of Founding" in: Carroll, G. (Hrsg.): Ecological Models of Organizations, Cambridge, MA, S. 33-51. Bohnenblust, P. (1990): "Der Spin-off: Ein unattraktives Investment?" in: Siegwart, H.; Mahari, J. I.; Caytas, I. G. und Rumpf, B.-M. (Hrsg.): Meilensteine im Management: Mergers & Acquisitions, Basel, S. 293-297. Bortz, J. (2005): Statistik für Human- und Sozialwissenschaftler, 6. Auflage, Heidelberg Bortz, J.; Döring, N. (2002): Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschafler, 3. Auflage, Berlin. Brachtendorf, G. (2004): Gestaffelte Finanzierung junger Unternehmen: Eine empirische Untersuchung in Deutschland, Wiesbaden. Brandstätter, H. (1997): "Becoming an Entrepreneur: A Question of Personality Structure?" in: Journal of Economic Psychology, Vol. 18, 157-177. Brauer, M. (2006): "What Have We Acquired and What Should We Acquire in Divestiture Research? A Review and Research Agenda" in: Journal of Management, Vol. 32, 6, S. 751-751. Brettel, M. (2002): "Entscheidungskriterien von Venture Capitalists" in: Die Betriebswirtschaft, Vol. 62, 3, S. 305-322. Brown, S. L.; Eisenhardt, K. M. (1995): "Product Development: Past Research, Present Findings, and Future Directions" in: Academy of Management Review, Vol. 20, 2, S. 334378. Brüderl, J.; Preisendörfer, P.; Baumann, A. (1996): Der Erfolg neugegründeter Betriebe: Eine empirische Studie zu den Chancen und Risiken von Unternehmensgründungen, Berlin.
Literaturverzeichnis
215
Buenstorf, G.; Klepper, S. (2005): "Heritage and Agglomerationa: The Akron Tire Cluster Revisited" in: Papers on Economics and Evolution, #0508, Evolutionary Economics Group, Max Planck Institute of Economics, Jena. Bunch, D. S.; Louviere, J. J.; Anderson, D. (1994): "A Comparison of Experimental Design Strategies for Multinomial Logit Models: The Case of generic Attribute", Arbeitspapier, Graduate School of Management, University of California, Davis, CA. Bürgel, O.; Fier, A.; Murray, G. (2004): The Internationalisation of Young High-tech Firms : An Empirical Analysis in Germany and the United Kingdom, Heidelberg. Burgelman, R. A. (1983a): "Corporate Entrepreneurship and Strategic Management: Insights from a Process Study" in: Management Science, Vol. 29, 12, S. 1349-1365. Burgelman, R. A. (1983b): "A Model of the Interaction of Strategic Behavior, Corporate Context, and the Concept of Strategy" in: Academy of Management. The Academy of Management Review, Vol. 8, 1, S. 61-71. Burgelman, R. A. (1991): "Intraorganizational Ecology of Strategy Making and Organizational Adaptation: Theory and Field Research" in: Organization Science, Vol. 2, 3, S. 239262. Burns, T.; Stalker, G. M. (1961): The Management of Innovation, New York, NY. Busenitz, L. W.; Barney, J. B. (1997): "Differences Between Entrepreneurs and Managers in Large Organizations: Biases and Heuristics in Strategic Decision-making" in: Journal of Business Venturing, Vol. 12, 1, S. 9-30. Campbell, D. T.; Stanley, J. C. (1966): Experimental and Quasi-Experimental Designs for Research, Chicago, IL. Carbonell, P.; Escudero, A. I. R.; Aleman, J. L. M. (2004): "Technology Newness and Impact of Go/No-Go Criteria on New Product Success" in: Marketing Letters, Vol. 15, 2-3, S. 81-97. Cassiman, B.; Ueda, M. (2006): "Optimal Project Rejection and New Firm Start-ups" in: Management Science, Vol. 52, 2, S. 262-275.
216
Literaturverzeichnis
Chandy, R. K.; Tellis, G. J. (1998): "Organizing for Radical Product Innovation: The Overlooked Role of Willingness to Cannibalize" in: Journal of Marketing Research, Vol. 35, 4, S. 474-487. Chandy, R. K.; Tellis, G. J. (2000): "The Incumbent's Curse? Incumbency, Size, and Radical Product Innovation" in: Journal of Marketing, Vol. 64, 3, S. 1-17. Chatterjee, S.; Price, B. (1977): Regression Analysis by Example, New York, NY. Chatterjee, S.; Rossi-Hansberg, E. (2007): "Spin-Offs and the Market for Ideas", Arbeitspapier, Federal Reserve Bank of Philadelphia, Philadelphia, PA. Chatterjee, S.; Wernerfelt, B. (1991): "The Link Between Resources and Type of Diversification: Theory and Evidence" in: Strategic Management Journal, Vol. 12, 1, S. 33-49. Chatterji, A. K. (2005): "Spawned with a Silver Spoon? Entrepreneurial Performance and Innovation in the Medical Device Industry", Arbeitspapier, Haas School of Business, University of California, Berkeley, CA. Chesbrough, H. W. (2003a): "The Governance and Performance of Xerox's Technology Spinoff Companies" in: Research Policy, Vol. 32, 3, S. 403-421. Chesbrough, H. W. (2003b): Open Innovation: The New Imperative for Creating and Profiting from Technology, Boston, MA. Christensen, C. M. (1993): "The Rigid Disk Drive Industry: A History of Ccommercial and Technological Turbulence" in: Business History Review, Vol. 67, 4, S. 531-589. Christensen, C. M. (2003): The Innovator's Dilemma, New York, NY. Christensen, J. F.; Olesen, M. H.; Kjaer, J. S. (2005): "The Industrial Dynamics of Open Innovation - Evidence from the Transformation of Consumer Electronics" in: Research Policy, Vol. 34, 10, S. 1533-1549. Churchill, G. A. (1979): "A Paradigm for Developing Better Measures of Marketing Constructs" in: Journal of Marketing Research, Vol. 16, Feb., S. 64-73.
Literaturverzeichnis
217
Clarysse, B.; Wright, M.; Lockett, A.; Van de Velde, E.; Vohora, A. (2005): "Spinning Out New Ventures: A Typology of Incubation Strategies from European Research Institutions" in: Journal of Business Venturing, Vol. 20, 2, S. 183-216. Coff, R. W.; Hatfield, D. E. (1995): "A Resource-based View of Value Creation in Acquisitions: An Expertise-based Measure of Relatedness", Konferenzbeitrag, Academy of Management Meeting, Vancouver, BC. Cohen, J.; Cohen, P. (1983): Applied Multiple Regression/Correlation Analysis for the Behavioral Sciences, Hillsdale, NJ. Cohen, S. H. (1997): "Perfect Union: CBCA Marries the Best of Conjoint and Discrete Choice Models" in: Marketing Research, Vol. 9, 1, S. 12-17. Conner, K. R. (1988): "Strategies for Product Cannibalism" in: Strategic Management Journal, Vol. 9, 9-26. Cook, T. D.; Campbell, D. T. (1979): Quasi-Experimentation: Design & Analysis for Field Studies, Boston, MA. Cooper, A. C. (1970): "The Palo Alto Experience" in: Industrial Research, Vol. 12, 5, S. 5884. Cooper, A. C.; Kleinschmidt, E. J. (1997): "An Investigation Into the New Product Process: Steps, Deficiencies, and Impact" in: Journal of Product Innovation Management, Vol. 8, 1, S. 75-90. Cooper, A. C.; Woo, C. Y.; Dunkelberg, W. C. (1988): "Entrepreneurs' Perceived Chances for Success" in: Journal of Business Venturing, Vol. 3, 2, S. 97-108. Covin, J.; Slevin, D. (1989): "Strategic Management of Small Firms in Hostile and Benign Environments" in: Strategic Management Journal, Vol. 10, 1, S. 75-87. Crépon, B.; Duguet, E.; Mairesse, J. (1998): "Research, Innovation and Productivity: An Econometric Analysis at the Firm Level" in: Economics of Innovation and New Technology, Vol. 7, 2, S. 115-158. Cyert, R. M.; March, J. G. (1963): A Behavioral Theory of the Firm, Englewood Cliffs, NJ.
218
Literaturverzeichnis
Daley, L.; Mehrotra, V.; Sivakumar, R. (1997): "Corporate Focus and Value Creation: Evidence from Spinoffs" in: Journal of Financial Economics, Vol. 45, 2, S. 257-281. Damanpour, F. (1996): "Organizational Complexity and Innovation: Developing and Testing Multiple Contingency Models" in: Management Science, Vol. 42, 5, S. 693-716. Danneels, E.; Kleinschmidt, E. J. (2001): "Product Innovativeness from the Firm's Perspective: It's Dimensions and Their Relation with Project Selection and Performance" in: The Journal of Product Innovation Management, Vol. 18, 4, S. 357-373. Davis, P., S.; Richard B. Robinson, J.; John, A. P.; Seung Ho, P. (1992): "Business Unit Relatedness and Performance: A Look at the Pulp and Paper Industry" in: Strategic Management Journal, Vol. 13, 5, S. 349-361. Davis, R.; Irene, M. D. (1992): "Diversification, Vertical Integration, and Industry Analysis: New Perspectives and Measurement" in: Strategic Management Journal, Vol. 13, 7, S. 511-524. Day, D. (1994): "Raising Radicals: Different Processes for Championing Innovative Corporate Ventures" in: Organization Science, Vol. 5, 2, S. 148-172. De Bondt, W. F. M.; Thaler, R. H. (2005): "Financial Decision-Making in Markets and Firms: A Behavioural Perspective" in: Jarrow, R.; Maksimovic, V. und Ziemba, W. T. (Hrsg.): Handbooks in Operations Research and Management, Amsterdam, S. 385-410. DeSarbo, W.; MacMillan, I. C.; Day, D. L. (1987): "Criteria for Corporate Venturing: Importance Assigned by Managers" in: Journal of Business Venturing, Vol. 2, 4, S. 329-351. Dess, G. G.; Priem, R. L. (1995): "Consensus-Performance Research: Theoretical and Empirical Extensions" in: Journal of Management Studies, Vol. 32, 4, S. 401-417. Dey, A.; Mukerjee, R. (1999): Fractional Factorial Plans, New York, NY. Diamantopoulos, A.; Winklhofer, H. M. (2001): "Index Construction with Formative Indicators: An Alternative to Scale Development" in: Journal of Marketing Research, Vol. 38, May 2001, S. 269-277. Dietrich, G. B.; Gibson, D. V. (1990): "New Business Ventures: The Spin-out Process" in: Williams, F. und Gibson, D. V. (Hrsg.): Technology Transfer - A Communication Perspective, London.
Literaturverzeichnis
219
Dixon, R. (1991): "Venture Capitalists and the Appraisal of Investments" in: International Journal of Management Science, Vol. 19, 5, S. 333-344. Dougherty, D. (1992): "A Practice-centered Model of Organizational Renewal Through Product Innovation" in: Strategic Management Journal, Vol. 13, Summer, S. 77-92. Dougherty, D.; Heller, T. (1994): "The Illegitimacy of Successful Product Innovation in Established Firms" in: Organization Science, Vol. 5, 2, S. 200-218. Dubini, P. (1989): "Which Venture Capital Backed Entrepreneurs Have the Best Chances of Succeeding?" in: Journal of Business Venturing, Vol. 4, 2, S. 123-133. Eckey, H.-F.; Kosfeld, R.; Dreger, C. (2001): Ökonometrie. Grundlagen - Methoden - Beispiele, Wiesbaden. Edwards, J. R.; Bagozzi, R. P. (2000): "On the Nature and Direction of Relationships between Constructs and Measures" in: Psychological Methods, Vol. 5, 2, S. 155-174. Eisenhardt, K. M.; Schoonhoven, C. B. (1990): "Organizational Growth: Linking Founding Team, Strategy, Environment, and Growth Among U.S. Semiconductor Ventures, 19781988" in: Administrative Science Quarterly, Vol. 35, 3, S. 504-530. Elfring, E.; Foss, N. (1997): "Corporate Renewal Through Internal Venturing and Spin-offs: Perspectives from Organizational Economics." Arbeitspapier, Department of Industrial Economics and Strategy, Copenhagen Business School, Copenhagen. Engel, D. (2003): "Zur Rolle von Venture Capital für das Wachstum junger Unternehmen" in: Steinle, C. und Schumann, K. (Hrsg.): Gründung von Technologieunternehmen: Merkmale - Erfolg - empirische Ergebnisse, Wiesbaden, S. 305-322. Eriksson, T.; Kuhn, J. M. (2006): "Firm Spin-offs in Denmark 1981-2000: Patterns of Entry and Exit" in: International Journal of Industrial Organization, Vol. 24, 5, S. 1021-1040. Ernst, H. (2001): Erfolgsfaktoren neuer Produkte. Grundlagen für eine valide empirische Forschung, Wiesbaden. Escher, J.-P. (2005): "Technology Marketing in Technology-based Enterprises - The Process and Organization Structure of External Technology Deployment", Dissertation, Eidgenössische Technische Hochschule (ETH), Zurich.
220
Literaturverzeichnis
Evald, M. R.; Bager, T. (2008): "Managing Venture Team Relationships in Corporate Incubators: A Case Study of Network Dynamics and Political Rivalry in a High-tech Incubator" in: The International Entrepreneurship and Management Journal, Vol. 4, 3, S. 349364. Faber, M. (2008): Open Innovation: Ansätze, Strategien und Geschäftsmodelle, Wiesbaden. Farjoun, M. (1994): "Beyond Industry Boundaries: Human Expertise, Diversification and Resource-Related Industry Groups" in: Organization Science, Vol. 5, 2, S. 185-199. Fernandez, E.; Montes, J. M.; Vazquez, C. J. (2000): "Typology and Strategic Analysis of Intangible Resources: A Resource-based Approach" in: Technovation, Vol. 20, 2, S. 8192. Fiet, J. O. (1996): "The Informational Basis of Entrepreneurial Discovery" in: Small Business Economics, Vol. 8, 6, S. 419-430. Fiol, C. M. (1995): "Thought Worlds Colliding: The Role of Contradiction in Corporate Innovation Processes" in: Entrepreneurship Theory and Practice, Vol. 19, 3, S. 71-91. Flick, U. (2008): Triangulation: Eine Einführung, 2. Auflage. Francis, J.; Smith, A. (1995): "Agency Costs and Innovation: Some Empirical Evidence" in: Journal of Accounting & Economics, Vol. 19, 2-3, S. 383-410. Franco, A. M.; Filson, D. (2000): "Knowledge Diffusion through Employee Mobility", Arbeitspapier, Federal Reserve Bank of Minneapolis, Minneapolis, MN. Franke, N.; Gruber, M.; Harhoff, D.; Henkel, J. (2008): "Venture Capitalists' Evaluations of Start-Up Teams: Trade-Offs, Knock-Out Criteria, and the Impact of VC Experience" in: Entrepreneurship Theory and Practice, Vol. 32, 3, S. 459-483. Friedrichs, J. (1990): Methoden empirischer Sozialforschung, Opladen. Frost, F. (1998): "Electronic Surveys - New Methods of Primary Data Collection", Konferenzbeitrag, 27th EMAC Conference, Stockholm. Gartner, W. B. (1985): "A Conceptual Framework for Describing the Phenomenon of New Venture Creation" in: Academy of Management Review, Vol. 10, 4, S. 696-707.
Literaturverzeichnis
221
Garvin, D. A. (1983): "Spin-Offs and the New Firm Formation Process" in: California Management Review, Vol. 25, 2, S. 3-21. Gassmann, O.; Escher, J. P.; Luggen, M. (2003): "Technologieverwertung durch Spinoff:Ausgründungen aus privatwirtschaftlichen Forschungszentren" in: Wissenschaftsmanagement, Vol. 9, 5, S. 24-30. Gerbing, D. W.; Anderson, J. C. (1988): "An Updated Paradigm for Scale Development Incorporating Unidimensionality and its Assessment" in: Journal of Marketing Research, Vol. 25, 2, S. 186-1982. Geroski, P.; Machin, S.; Reenen, J. (1993): "The Profitability of Innovating Firms" in: RAND Journal of Economics, Vol. 24, 2, S. 198-211. Gerwin, D.; Ferris, J. S. (2004): "Organizing New Product Development Projects in Strategic Alliances" in: Organization Science, Vol. 15, 1, S. 22-37. Ghemawat, P. (1991): "Market Incumbency and Technological Inertia" in: Marketing Science, Vol. 10, 2, S. 161-172. Ghemawat, P.; Ricart i Costa, J. E. (1993): "The Organizational Tension Between Static and Dynamic Efficiency" in: Strategic Management Journal, Vol. 14, 1, S. 59-73. Giuri, P.; Mariani, M.; Brusoni, S.; Crespi, G.; Francoz, D.; Gambardella, A.; Garcia-Fontes, W.; Geuna, A.; GOnzales, R.; Harhoff, D.; Hoisl, K.; Le Bas, C.; Luzzi, A.; Magazzini, L.; Nesta, L.; Nomaler, Ö.; Palomeras, N.; Patel, P.; Romanelli, M.; Verspagen, B. (2007): "Inventors and Invention Processes in Europe: Results from the PatVal-EU Survey" in: Research Policy, Vol. 36, 8, S. 1107-1107. Gompers, P.; Lerner, J.; Scharfstein, D. (2005): "Entrepreneurial Spawning: Public Corporations and the Genesis of New Ventures, 1986 to 1999" in: The Journal of Finance, Vol. 60, 2, S. 577-614. Green, P. E.; Rao, V. R. (1971): "Conjoint Measurement for Quantifying Judgemental Data" in: Journal of Marketing Research, Vol. 8, 3, S. 355-363. Green, P. E.; Srinivasan, V. (1978): "Conjoint Analysis in Consumer Research" in: Journal of Consumer Research, Vol. 5, September, S. 103-122.
222
Literaturverzeichnis
Green, S. G.; Gavin, M. B.; Aiman-Smith, L. (1995): "Assessing a multidimensional measure of radical technological innovation" in: IEEE Transactions on Engineering Management, Vol. 42, 3, S. 203-214. Greene, W. H. (1997): Econometric Analysis, 3. Auflage, Upper Saddle River, NJ. Greene, W. H. (2003): Econometric Analysis, 5. Auflage, Upper Saddle River, NJ. Gruber, M. (2005): Marketingplanung von Unternehmensgründungen, Wiesbaden. Gustafsson, A.; Herrmann, A.; Huber, F. (2001): "Conjoint Analysis as an Instrument of Market Research Practice" in: Gustafsson, A.; Herrmann, A. und Huber, F. (Hrsg.): Conjoint Measurement - Methods and Applications, 2. Auflage, Berlin. Hafermalz, O. (1976): Schriftliche Befragung - Möglichkeiten und Grenzen, Wiesbaden. Hahn, C. (1997): Conjoint- und Discrete Choice-Analyse als Verfahren zur Abbildung von Präferenzstrukturen und Produktauswahlentscheidungen: Ein theoretischer und computergestützter empirischer Vergleich, Münster. Hall, B. H.; Mairesse, J. (1995): "Exploring the Relationship Between R&D and Productivity in French Manufacturing Firms" in: Journal of Econometrics, Vol. 65, 1, S. 263-293. Hamilton, R. T.; Shergill, G. S. (1993): "Extent of Diversification and Company Performance: The New Zealand Evidence" in: Managerial and Decision Economics, Vol. 14, 1, S. 4752. Hannan, M.; Freeman, J. (1989): Organizational Ecology, Cambridge, MA. Hannan, M. T.; Freeman, F. (1984): "Structural Inertia and Organizational Change" in: American Sociological Review, Vol. 49, 2, S. 149-164. Hansen, M. T.; Chesbrough, H. W.; Nohria, N.; Sull, D. (2000): "Networked Incubators: Hothouses of the New Economy" in: Harvard Business Review, Vol. 78, 5, S. 74-84. Heibel, M. (2008): Founder Turnover in Venture Capital Backed Start-up Companies, Wiesbaden.
Literaturverzeichnis
223
Helfat, C. E.; Lieberman, M. B. (2002): "The Birth of Capabilities: Market Entry and the Importance of Pre-History" in: Industrial and Corporate Change, Vol. 11, 4, S. 725-760. Helfat, C. E.; Raubitschek, R. S. (2000): "Product Sequencing: Co-Evolution of Knowledge, Capabilities and Products" in: Strategic Management Journal, Vol. 21, 10/11, S. 961979. Hellman, T. (2002): "When Do Employees Become Entrepreneurs?" Arbeitspapier, Stanford University, Palo Alto, CA. Henard, D. J.; Szymanski, D. M. (2001): "Why Some New Products Are More Successful Than Others" in: Journal of Marketing Research, Vol. 38, 3, S. 362-375. Henderson, R. (1993): "Underinvestment and Incompetence as Responses to Radical Innovation: Evidence from the Photolithographic Alignment Equipment Industry" in: The Rand Journal of Economics, Vol. 24, 2, S. 248-270. Henderson, R. M.; Clark, K. (1990): "Architectural Innovation: The Reconfiguration of Existing Product Technologies and the Failure of Established Firms" in: Administrative Science Quarterly, Vol. 35, 1, S. 9-30. Hensher, D. A.; Rose, J. M.; Greene, W. H. (2005): Applied Choice Analysis: A Primer, Cambridge. Hermelbracht, A. (2007): Nutzenmessung bei Informationsdienstleistungen: Einsatz der Conjoint-Analyse zur Optimierung von Bibliotheksdienstleistungen, Saarbrücken. Hill, C.; Hitt, M.; Hoskisson, R. (1992): "Cooperative versus Competitive Structures in Related and Unrelated Diversified Firms" in: Organization Science, Vol. 3, 4, S. 501-521. Hisrich, R. (1990): "Entrepreneurship/Intrapreneurship" in: American Psychologist, Vol. 45, 2, S. 209-222. Hite, G. L.; Owers, J. E. (1983): "Security Price Reactions Around Corporate Spin-off Announcements" in: Journal of Financial Economics, Vol. 12, 4, S. 409-436. Hitt, M. A.; Ireland, R. D. (1986): "Relationships Among Corporate Level Distinctive Competencies, Diversification Strategy, Corporate Structure and Performance" in: The Journal of Management Studies, Vol. 23, 4, S. 401-417.
224
Literaturverzeichnis
Hlavacek, J. D.; Thompson, V. A. (1973): "Bureaucracy and New Product Innovation" in: Academy of Management Journal, Vol. 16, 3, S. 361-361. Holmes, T., J.; Schmitz, J. A. (1990): "A Theory of Entrepreneurship and its Application to the Study of Business Transfers" in: Journal of Political Economy, Vol. 98, 2, S. 265294. Homburg, C.; Giering, A. (1996): "Konzeptionalisierung und Operationalisierung komplexer Konstrukte" in: Marketing ZFP, Vol. 18, 1, S. 5-24. Hosmer, D. W.; Lemeshow, S. (2000): Applied Logistic Regression, 2. Auflage, Hoboken, NJ. Hsiao, C.; Sun, B.; Morwitz, V. (2002): "The Role of Stated Intentions in New Product Purchase Forecasting" in: Advances in Econometrics, Vol. 16, 10-21. Huber, G. P.; Power, D. J. (1985): "Retrospective Reports of Strategic-Level Managers: Guidelines for Increasing Their Accuracy" in: Administrative Science Quarterly, Vol. 30, 6, S. 171-180. Huber, J.; Zwerina, K. (1996): "The Importance of Utility Balance in Efficient Choice Designs" in: Journal of Marketing Research, Vol. 33, 3, S. 307-317. Hunsdiek, D. (1987): Unternehmensgründung als Folgeinnovation: Struktur, Hemnisse und Erfolgsbedingungen der Gründung industrieller innovativer Unternehmen, Stuttgart. Ireland, R. D.; Kuratko, D. F.; Morris, M. H. (2006): "A Health Audit For Corporate Entrepreneurship: Innovation at All Levels, Part I" in: Journal of Business Strategy, Vol. 27, 1, S. 10-17. Ito, K. (1995): "Japanese Spin-offs: Unexplored Survival Strategies" in: Strategic Management Journal, Vol. 16, 6, S. 431-446. Jacobs, D. (1974): "Dependency and Vulnerability: An Exchange Approach to the Control of Organizations" in: Administrative Science Quarterly, Vol. 19, 1, S. 45-59. Janiseck, V. J. (1994): "The Dance of Qualitative Research Design: Metaphor, Methodolarty, and Meaning." in: Denzin, N. K. und Lincoln, Y. Y. (Hrsg.): Handbook of Qualitative Research, Thousand Oaks, CA, S. 209-219.
Literaturverzeichnis
225
Johnson, J. M. (1979): "Determinants of Unsuccessful Risk Capital Funding By Small Business" in: American Journal of Small Business, Vol. 4, 1, S. 31-38. Johnson, R. M.; Orme, B. K. (1996): "How Many Questions Should You Ask in ChoiceBased Conjoint Studies?" in: Technical Paper Series, Sawtooth Software, Inc., Sequium, WA. Jorde, T. M.; Teece, D. J. (1990): "Innovation and Cooperation: Implications for Competition and Antitrust" in: The Journal of Economic Perspectives, Vol. 4, 3, S. 75-96. Kay, R.; Spengler, H.; Günterberg, B.; Kranzusch, P.; Müller, K. (2007): "Unternehmensfluktuation: Aktuelle Trends im Gründungsgeschehen und der Einfluss des Gründungsklimas auf das Gründungsverhalten" in: Bretz, M.; Irsch, N.; Wallau, F.; Lageman, B. und Licht, G. (Hrsg.): Mittelstandmonitor 2007: Den Aufschwung festigen - Beschäftigung und Investitionen weiter vorantreiben, Frankfurt am Main, S. 39-94. Keil, T. (2000): "External Corporate Venturing: Cognition, Speed and Capability Development", Dissertation, Institute of Strategy and International Business, Helsinki University of Technology, Helsinki. Keuth, H. (1998): Karl Popper. Die Logik der Forschung, Berlin. Klepper, S. (2001): "Employee Startups in High-Tech Industries" in: Industrial and Corporate Change, Vol. 10, 3, S. 639-674. Klepper, S. (2002): "The Capabilities of New Firms and the Evolution of the U.S. Automobile Industry" in: Industrial and Corporate Change, Vol. 11, 645-666. Klepper, S. (2007): "Disagreements, Spinoffs, and the Evolution of Detroit as the Capital of the U.S. Automobile Industry" in: Management Science, Vol. 53, 4, S. 616-631. Klepper, S.; Sleeper, S. (2005): "Entry by Spinoffs" in: Management Science, Vol. 51, 8, S. 1291-1306. Koch, A. (2006): Evolution, Innovation und Raum, Berlin. Kohler, U.; Kreuter, F. (2008): Datenanalyse mit Stata, 3. Auflage, München.
226
Literaturverzeichnis
Koster, S. (2006): "Whose Child? How Existing Firms Foster New Firm Formation: Individual Start-ups, Spin-outs and Spin-offs", Dissertation, Faculty of Spatial Sciences, Groningen University, Groningen. Kuhfeld, W. F. (2005): Marketing Research Methods in SAS: Experimental Design, Choice, Conjoint, and Graphical Techniques, Cary, NC. Kumar, N.; Stern, L. W.; Anderson, J. C. (1993): "Conducting Interorganizational Research Using Key Informants" in: Academy of Management Journal, Vol. 36, 6, S. 1633-1651. Kumar, V.; Persaud, A. N. S.; Kumar, U. (1996): "To Terminate or Not an Ongoing R&D Project: A Managerial Dilemma" in: IEEE Transactions on Engineering Management, Vol. 43, 3, S. 273-284. Lamont, L. M. (1971): "Technology Transfer, Innovations, and Marketing in Science-oriented Spin-off Firms", Arbeitspapier, Institute of Science and Technology, University of Michigan, Ann Arbor, MI. Langerak, F.; Hultink, E. J.; Robben, S. S. J. (2004): "The Imparct of Market Orientation, Product Advantage, and Launch Proficiency on New Product Performance and Organizational Performance" in: Journal of Product Innovation Management, Vol. 21, 1, S. 79-94. Lee, Y.; O'Connor, G. C. (2003): "The Impact of Communication Strategy on Launching New Products: The Moderating Role of Product Innovativeness" in: Journal of Product Innovation Management, Vol. 20, 1, S. 4-21. Lehmair, E. (2002): Wertschöpfung durch Entrepreneurial Spin-offs, Berlin. Leonard-Barton, D. (1985): "Experts as Negative Opinion Leaders in the Diffusion of a Technological Innovation" in: Journal of Consumer Research, Vol. 11, 4, S. 914-927. Leonard-Barton, D. (1992): "Core Capabilities and Core Rigidities: A Paradox in Managing New Product Development" in: Strategic Management Journal, Vol. 13, 5, S. 111-125. Liang, K.; Zeger, S. L. (1986): "Longitudinal Data Analysis Using Generalized Linear Models" in: Biometrika, Vol. 73, 3, S. 13-22.
Literaturverzeichnis
227
Lichtenberg, F. R. (1988): "Estimation of the Internal Adjustment Costs Model Using Longitudinal Establishment Data" in: The Review of Economic Statistics, Vol. 70, 3, S. 421430. Lichtenthaler, U. (2005): "External Commercialization of Knowledge: Review and Research Agenda" in: International Journal of Management Reviews, Vol. 7, 4, S. 231-231. Lindholm-Dahlstrand, A. (2001): "Entrepreneurial Origin and Spin-off Performance: A Comparison between Corporate and University Spin-offs" in: Moncada-Paterno-Catello, P. (Hrsg.): Corporate and Research-Based Spin-offs: Drivers for Knowlege-Based Innovation and Entrepreneurship, Sevilla, S. 43-66. Lindholm, A. (1994): "The Economics of Technology-related Ownership Changes. A Study of Innovativeness and Growth through Acquisitions and Spin-offs", Dissertation, Department of Industrial Management and Economics, Chalmers University of Technology, Göteborg. Lindholm, A. (1997): "Growth and Inventiveness in Technology-based Spin-off firms" in: Research Policy, Vol. 26, 3, S. 331-344. Long, J. S.; Freese, J. (2006): Regression Models for Categorial Dependent Variables Using Stata, 2. Auflage, College Station, TX. Louviere, J. J. (1988): Analyzing Decision Making: Metric Conjoint Analysis, Newbury Park, CA. Luce, R. D. (1959): Individual Choice Behavior: A Theoretical Analysis, New York, NY. MacDonald, J. M. (1985): "R & D and the Directions of Diversification" in: The Review of Economics and Statistics, Vol. 67, 4, S. 583-591. MacMillan, I. C.; Siegel, R.; Subbanarasimha, P. N. (1985): "Criteria Used by Venture Capitalists to Evaluate New Venture Proposals" in: Journal of Business Venturing, Vol. 1, 1, S. 119-129. Madauss, B. (1991): "Was ist ein Projekt" in: Projekt Management, Vol. 2, 1, S. 31-40. Maier, G.; Weiss, P. (1990): Modelle diskreter Entscheidungen, Berlin.
228
Literaturverzeichnis
Malecki, E. J. (1987): "The R&D Location Decision of the Firm and 'Creative' Regions - A Survey" in: Technovation, Vol. 6, 3, S. 205-223. March, J. G. (1991): "Exploration and Exploitation in Organizational Learning" in: Organization Science, Vol. 2, 1, S. 71-87. Markides, C. (1995): "Diversification, Restructuring and Economic Performance" in: Strategic Management Journal, Vol. 16, 2, S. 101-118. Markides, C. (1999): All the Right Moves, Boston, MA. Maselli, A. (1997): Spin-offs zur Durchführung von Innovationen: Eine Analyse aus intitutionenökonomischer Sicht, Wiesbaden. Mayer, D.; Kenney, M. (2004): "Economic Action Does Not Take Place in a Vacuum: Understanding Cisco's Acquisition and Development Strategy " in: Industry and Innovation, Vol. 11, 4, S. 299-325. Mayring, P. (2003): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken, Weinheim. McCarthy, I. P.; Tsinopoulos, C.; Allen, P.; Rose-Anderssen, C. (2006): "New Product Development as a Complex Adaptive System of Decisions" in: Journal of Product Innovation Management, Vol. 23, 5, S. 437-456. McDermott, C. M.; O'Connor, G. C. (2002): "Managing Radical Innovation: An Overview of Emergent Strategy Issues" in: The Journal of Product Innovation Management, Vol. 19, 6, S. 424-438. McFadden, D. (1973): "Conditional Logit Analysis of Qualitative Choice Behaviour" in: Zarembka, P. (Hrsg.): Frontiers in Econometrics, New York, NY, S. 105-142. McFadden, D. (1986): "The Choice Theory Approach to Market Research" in: Marketing Science, Vol. 5, 4, S. 275-297. McJunkin, J. (2000): "Cisco Systems: A Novel Approach to Structuring Entrepreneurial Ventures" in: Saloner, G. und Spence, A. M. (Hrsg.): Creating and Capturing Value: Perspectives and Cases on Electronic Commerce, New York, NY.
Literaturverzeichnis
229
Meier, J. (2007): "Wie man Ausgründungen zum Erfolg führt - Die Sicht des Finanziers" in: Pechlaner, H.; Hinterhuber, H. H.; von Holzschuher, W. und Hammann, E.-M. (Hrsg.): Unternehmertum und Ausgründung. Wissenschaftliche Konzepte und praktische Erfahrungen, Wiesbaden, S. 263-284. Methe, D.; Swaminathan, A.; Mitchell, W.; Toyama, R. (1997): "The Underemphasized Role of Diversifying Entrants and Industry Incumbents as the Sources of Major Innovations." in: Thomas, H. und O'Neal, D. (Hrsg.): Strategic Discovery: Competing in New Areas, New York, NY. Milgrom, P.; Roberts, J. (1990): "The Economics of Modern Manufacturing: Technology, Strategy, and Organization" in: The American Economic Review, Vol. 80, 3, S. 511528. Miller, C. C.; Cardinal, L. B.; Glick, W. H. (1997): "Retrospective Reports in Organizational Research: A Reexamination of Recent Evidence" in: Academy of Management Journal, Vol. 40, 1, S. 189-204. Miller, D.; Friesen, P. H. (1982): "Innovation in Conservative and Entrepreneurial Firms: Two Models of Strategic Momentum" in: Strategic Management Journal, Vol. 3, 1, S. 1-26. Miller, D. J. (2006): "Technological Diversity, Related Diversification and Firm Performance" in: Strategic Management Journal, Vol. 27, 7, S. 601-619. Mintzberg, H.; Ahlstrand, B.; Lampel, J. (1998): Strategy Safari - A Guided Tour Through the Wilds of Strategic Management, New York, NY. Mitchell, W. (1989): "Whether Or When? Probability And Timing Of Incumbents' Entry Into Emerging Industrial Subfields" in: Administrative Science Quarterly, Vol. 34, 2, S. 208231. Mitton, D. G. (1990): "Bring on the Clones: A Longitudinal Study of the Proliferation, Development, and Growth of the Biothec Industry in San Diego" in: Churhill, N. C.; Bygrave, W. D.; Hornaday, J. A.; Muzyka, D. F.; Vespter, K. H. und Wetzel, W. E. (Hrsg.): Frontiers of Entrepreneurship Research, Wellesley, MA, S. 344-358. Moncada-Paterno-Castello, P.; Tübke, A.; Howells, J.; Carbone, M. (1999): "The Impact of Corporate Spin-offs on the Competitiveness and Employment in the European Union" in: IPTS Technical Report Series, European Commission, Sevilla.
230
Literaturverzeichnis
Montgomery, C. A.; Wernerfelt, B. (1988): "Diversification, Ricardian Rents, and Tobin's q" in: The Rand Journal of Economics, Vol. 19, 4, S. 623-633. Montoya-Weiss, M.; Calantone, R. J. (1994): "Determinants of New Product Performance: A Review and Meta-Analysis" in: Journal of Product Innovation Management, Vol. 11, 5, S. 397-417. Moschieri, C.; Mair, J. (2005): "Research on Corporate Unbundling - A Synthesis", Arbeitspapier, IESE Business School, University of Navarra, Barcelona. Moßig, I. (2000): Räumliche Konzentration der Verpackungsmaschinen-Industrie in Westdeutschland. Eine Analyse des Gründungsgeschehens, Münster. Muzyka, D.; Birley, S.; Leleux, B. (1996): "Trade-offs in the Investment Decisions of European Venture Capitalists" in: Journal of Business Venturing, Vol. 11, 4, S. 273-288. Nerkar, A.; Roberts, P. W. (2004): "Technological and Product-Market Experience and the Success of New Product Introductions in the Pharmaceutical Industry" in: Strategic Management Journal, Vol. 25, 8-9, S. 779-799. Neter, J.; Kutner, C. J.; Wasserman, W. (1996): Applied Linear Statistical Models, 4. Auflage, Chicago, IL. Newing, R. (2007): "Joined-up Innovation", in: The Financial Times, London, 29. Juni 2007. Noda, T.; Bower, J. L. (1996): "Strategy Making as Iterated Processes of Resource Allocation" in: Strategic Management Journal, Vol. 17, 7, S. 159-192. Nunnally, J. C. (1978): Psychometric Theory, New York, NY. Palepu, K. (1985): "Diversification Strategy, Profit Performance and the Entropy Measure" in: Strategic Management Journal, Vol. 6, 3, S. 239-256. Parhankangas, A. (1999): "Disintegration of Technological Competencies: An Empirical Sutdy of Divestment Through Spin-off Arrangements", Dissertation, Finnish Academy of Technology, Espoo.
Literaturverzeichnis
231
Parhankangas, A.; Arenius, P. (2003): "From a Corporate Venture to an Independent Company: A Base for a Taxonomy for Corporate Spin-off Firms" in: Research Policy, Vol. 32, 3, S. 463-481. Parhankangas, A.; Holmlund, P.; Kuusisto, T. (2003): "Managing Non-Core Technologies: Experiences from Finnish, Swedish and US Corporations" in: Technology Review, Tekes National Technology Agency, Helsinki. Pechlaner, H.; Hinterhuber, H. H.; von Holzschuher, W.; Hammann, E.-M. (Hrsg.) (2007): Unternehmertum und Ausgründung. Wissenschaftliche Konzepte und praktische Erfahrung, Wiesbaden. Penrose, E. (1959): The Theory of the Growth of the Firm, 2. Auflage, Oxford. Peter, J. P.; Churchill, G. A. (1986): "Relationships among Research Design Choices and Psychometric Properties of Rating Scales: A Meta-Analysis" in: Journal of Marketing Research, Vol. 23, 1, S. 1-10. Peteraf, M. (1993): "The Cornerstones of Competitive Advantage: A Resource-Based View" in: Strategic Management Journal, Vol. 14, 3, S. 179-191. Peterson, R. J. (1994): "A Meta-Analysis of Cronbach's Coefficient Alpha" in: Journal of Consumer Research, Vol. 21, 2, S. 381-391. Pfeffer, J. (1992): Managing With Power: Politics and Influence in Organizations, Boston, MA. Pfeffer, J.; Salancik, G. R. (1978): The External Control of Organizations: A Resource Dependence Perspective, New York, NY. Phillips, D. J. (2002): "A Genealogical Approach to Organizational Life Chances: The ParentProgeny Transfer among Silicon Valley Law Firms, 1946-1996" in: Administrative Science Quarterly, Vol. 47, 3, S. 474-506. Picot, A.; Dietl, H.; Franck, E. (2005): Organisation: Eine ökonomische Perspektive, 4. Auflage, Stuttgart. Pinchot, G. I. (1985): Intrapreneuring, New York, NY.
232
Literaturverzeichnis
Popper, K. R. (1934): Logik der Forschung, Wien. Pox, G. E.; Hunter, W. G.; Hunter, J. S. (2005): Statistics for Experimenters, 2. Auflage, New York, NY. Prahalad, C. K.; Bettis, R. A. (1986): "The Dominant Logic: A New Linkage Between Diversity and Performance" in: Strategic Management Journal, Vol. 7, 6, S. 485-502. Quandt, R. E. (1968): "Estimation of Modal Splits" in: Transportation Research, Vol. 2, 1, S. 41-50. Ramanujam, V.; Varadarajan, P. (1989): "Research on Corporate Diversification: A Synthesis" in: Strategic Management Journal, Vol. 10, 6, S. 523-551. Rauser, I. (2002): "Value Added of Corporate Venture Capital: How Do CVC Units Benefit From Their Organizational Core?" Dissertation, Otto Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg. Rea, R. H. (1989): "Factors Affecting Success and Failure of Seed Capital/Start-Up Negotiations" in: Journal of Business Venturing, Vol. 4, 2, S. 149-159. Reichardt, B. (2005): Corporate Venture Capital: Rollen, Struktur, Management, St. Gallen. Reichwald, R.; Piller, F. T. (2006): Interaktive Wertschöpfung: Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung, Wiesbaden. Reinganum, J. F. (1985): "Innovation and Industry Evolution" in: The Quarterly Journal of Economics, Vol. 100, 1, S. 81-100. Richards, S. (2001): Inside Business Incubators and Corporate Ventures, New York, NY. Richardson, G. B. (1972): "The Organization of Industry" in: Economic Journal, Vol. 82, 3, S. 883-896. Riesenhuber, F. (2008): Technologiebasierte Chancen und Wachstum akademischer Spinoffs: Eine Untersuchung des Einflusses von unternehmerischer Orientierung, Netzwerkfähigkeit und Vernetzung des Gründerteams, Wiesbaden.
Literaturverzeichnis
233
Rivette, K. G.; Kline, D. (2000): "Discovering New Value in Intellectual Property" in: Harvard Business Review, Vol. 78, S. 54-66. Roberts, E. B. (1991): "An Environment for Entrepreneurs", Arbeitspapier, MIT Sloan School of Management, Massachusets, MA. Roberts, E. B.; Malone, D. E. (1996): "Policies and Structures for Spinning off New Companies from Research and Development organizations" in: R&D Management, Vol. 26, 1, S. 17-49. Roberts, P.; Klepper, S.; Hayward, S. (2006): "Founder Backgrounds and the Evolution of Firm Size and Scope", Arbeitspapier, Emory University, Altlanta, GA. Roberts, P. W.; McEvily, S. (2005): "Product-line Expansion and Resource Cannibalization" in: Journal of Economic Behavior & Organization, Vol. 57, 1, S. 49-70. Robins, J.; Wiersema, M. F. (1995): "A Resource-Based Approach to the Multibusiness Firm: Empirical Analysis of Portfolio Interrelationships and Corporate Financial Performance" in: Strategic Management Journal, Vol. 16, 4, S. 277-299. Robinson, R. B. J. (1987): "Emerging Strategies in the Venture Capital Industry" in: Journal of Business Venturing, Vol. 2, 1, S. 53-78. Rohrlack, C. (2006): "Logistische und Ordinale Regression" in: Albers, S.; Klapper, D.; Konradt, U.; Walter, A. und Wolf, J. (Hrsg.): Methodik der empirischen Forschung, Wiesbaden, S. 99-114. Rohrmann, B. (1978): "Empirische Studien zur Entwicklung von Antwortskalen für die sozialwissenschaftliche Forschung" in: Zeitschrift für Sozialpsychologie, Vol. 9, S. 222245. Romanelli, E. (1989): "Environments and Strategies of Organization Start-Up: Effects on Early Survival" in: Administrative Science Quarterly, Vol. 34, 369-387. Roth, E. (1989): Sozialwissenschaftliche Methoden, 2. Auflage, München. Rüggeberg, H.; Burmeister, K. (2008): "Innovationsprozesse in kleinen und mittleren Unternehmen" in: Working Papers in Business and Management, 41-06/2008, Fachhochschule für Witschaft Berlin, Berlin.
234
Literaturverzeichnis
Rumelt, R. (1974): Strategy, Structure and Economic Performance, Cambridge, MA. Rumelt, R. (1982): "Diversification Strategy and Profitability" in: Strategic Management Journal, Vol. 12, 3, S. 359-369. Sah, R. K.; Stiglitz, J. E. (1985): "Human Fallibility and Economic Organization" in: American Economic Review, Vol. 75, 2, S. 292-297. Sandor, A.; Wedel, M. (2001): "Designing Conjoint Choice Experiments Using Managers' Prior Beliefs" in: Journal of Marketing Research, Vol. 38, 4, S. 430-444. Schilling, M. A.; Steensma, K. H. (2002): "Disentangling the Theories of Firm Boundaries: A Path Model and Empirical Test" in: Organization Science, Vol. 13, 4, S. 387-401. Schmidt-Wilke, J. (2004): Nutzenmessung im Gesundheitswesen, Wiesbaden. Schmidt, K. (2003): Unternehmensvitalisierung durch Ausgründungsmanagement. Konzept Expertenbefragung - Gestaltungsempfehlungen, Wiesbaden. Schneider, H. (2006): "Nachweis und Behandlung von Multikollinearität" in: Albers, S.; Klapper, D.; Konradt, U.; Walter, A. und Wolf, J. (Hrsg.): Methodik der empirischen Forschung, Wiesbaden, S. 187-204. Schnell, R.; Hill, P. B.; Esser, E. (2005): Methoden der empirischen Sozialforschung, 7. Auflage, München. Schumpeter, J. A. (1943): Capitalism, Socialism and Democracy, New York, NY. Schumpeter, J. A. (1993 [1934]): Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung: Eine Untersuchung über Unternehmergewinn, Kapital, Kredit, Zins und den Konjunkturzyklus, 8. Aufl., Berlin. Scott Morton, F. M. (1999): "Entry Decisions in the Generic Pharmaceutical Industry" in: The Rand Journal of Economics, Vol. 30, 3, S. 421-440. Shane, S. (2000): "Prior Knowledge and the Discovery of Entrepreneurial Opportunities" in: Organization Science, Vol. 11, 4, S. 448-469.
Literaturverzeichnis
235
Shepherd, D. A. (1999): "Venture Capitalists' Introspection: A Comparison of 'In Use' and 'Espoused' Decision Policies" in: Journal of Small Business Management, Vol. 37, 2, S. 76-87. Shepherd, D. A.; Douglas, E. J.; Shanley, M. (2000): "New Venture Survival: Ignorance, External Shocks, and Risk Reduction Strategies" in: Journal of Business Venturing, Vol. 15, 5-6, S. 393-410. Shepherd, D. A.; Zacharakis, A. L. (1999): "Conjoint Analysis: A New Methodological Approach for Researching the Decision Policies of Venture Capitalists" in: Venture Capital, Vol. 1, 3, S. 197-217. Shrader, R. C.; Steier, L.; McDougall, P. P.; Oviatt, B. M. (1997): "Venture Capital and Characteristics of New Venture IPOs" in: Cooper, A. C.; Hornaday, J. A. und Vesper, K. H. (Hrsg.): Frontiers of Entrepreneurship Research, Wellesley, MA, S. 513-524. Shrivastava, M. (2008): "Spinoffs and Entrepreneurial Talent", Arbeitspapier, Friedrich Schiller University, Jena. Silverman, B. S. (1999): "Technological Resources and the Direction of Corporate Diversification: Toward an Integration of the Resource-Based View and Transaction Cost Economics" in: Management Science, Vol. 45, 8, S. 1109-1124. Simon, M.; Houghton, S. M.; Aquino, K. (2000): "Cognitive Biases, Risk Perception, and Venture Formation: How Individuals Decide to Start Companies" in: Journal of Business Venturing, Vol. 15, 2, S. 113-134. Singh, J. V.; Tucker, D. J.; House, R. J. (1986): "Organizational Legitimacy and the Liability of Newness" in: Administrative Science Quarterly, Vol. 31, 2, S. 171-193. Sleeper, S. D. (1998): "The Role of Firm Capabilities in the Evolution of the Laser Industry: The Making of a High-Tech Market", Dissertation, Carnegie Mellon University, Pittsburgh. Smilor, R., W. (1987): "Commercializing Technology Through New Business Incubators" in: Research Management, Vol. 30, 5, S. 36-42. Söndgerath, B. F. (2002): "Steuerung von Innovationsprojekten unter Einbeziehung von Erfolgsfaktoren", Dissertation, Fakultät Maschinenbau, Otto-von-Guericke-Universität, Magedburg.
236
Literaturverzeichnis
Song, X. M.; Parry, M. E. (1997): "The Determinants of Japanese New Product Successes" in: Journal of Marketing Research, Vol. 34, 1, S. 64-76. Sørensen, J. B.; Sorenson, O. (2003): "From Conception To Birth: Opportunity Perception and Resource Mobilization in Entrepreneurship" in: Advances in Strategic Management Vol. 20, 1, S. 89-117. Sorrentino, M.; Williams, M. L. (1995): "Relatedness and corporate venturing: does it really matter?" in: Journal of Business Venturing, Vol. 10, 1, S. 59-73. Steensma, H. K. (1996): "Strategic Options in Technology Procurement: A Theoretical Integration and Empirical Analysis." Dissertation, School of Business, Indiana University, Bloomington, IN. Steensma, H. K.; Fairbank, J. F. (1999): "Internalizing External Technology: A Model of Governance Mode Choice and an Empirical Assessment" in: Journal of High Technology Management Research, Vol. 10, 1, S. 1-35. Steiner, M. (2007): Nachfragerorientierte Präferenzmessung - Bestimmung zielgruppenspezifischer Eigenschaftssets auf Basis von Kundenbedürfnissen, Wiesbaden. Stier, W. (1996): Empirische Forschungsmethoden, Berlin. Stinchcombe, A. L. (1965): "Social Structures and Organizations" in: March, J. G. (Hrsg.): Handbook of Organizations, Chicago, IL, S. 149-193. Street, D. J.; Burgess, L. (2007): The Construction of Optimal Stated Choice Experiments, Hoboken, NJ. Street, D. J.; Burgess, L.; Louviere, J. J. (2005): "Quick and Easy Choice Sets: Constructing Optimal and Nearly Optimal Stated Choice Experiments" in: International Journal of Research in Marketing, Vol. 22, 4, S. 459-470. Sull, D. N. (1996): "Organizational Inertia and Adaptation in a Declining Market: A Study of the U.S. Tire Industry", Dissertation, Harvard Business School, Boston, MA. Suomala, P.; Jokioinen, I. (2001): "Minimum Criteria in the New Procut Development of Capital Goods: From the Concept to the Product Development Phase", Konferenzbeitrag, 8th International Product Development Management Conference, Enschede.
Literaturverzeichnis
237
Szyperski, N.; Nathusius, K. (1977): Probleme der Unternehmensgründung: Eine betriebswirtschaftliche Analyse unternehmerischer Startbedingungen, Stuttgart. Tabachnick, B. G.; Fidell, L. S. (2007): Using Multivariate Statistics, 5. Auflage, Boston, MA. Tausend, C. (2006): Die Selektion von Venture Capital-Fonds durch institutionelle Investoren, Wiesbaden. Teece, D. (1988): "Technological Change and the Nature of the Firm" in: Dosi, G.; Freeman, C.; Nelson, R. R.; Silverberg, G. und Soete, L. (Hrsg.): Technological Change and Economic Theory, London, S. 256-281. Teece, D. J. (1980): "Economies of Scope and the Scope of the Enterprise" in: Journal of Economic Behavior & Organization, Vol. 1, 3, S. 223-247. Teece, D. J. (1986): "Profiting from Technological Innovation: Implications for Integration, Collaboration, Licesing and Public Policy" in: Research Policy, Vol. 15, 6, S. 285-305. Teece, D. J. (1998): "Capturing Value From Knowledge Assets: The New Economy, Markets for Know-how, and Intangible Assets" in: California Management Review, Vol. 40, 3, S. 55-79. Telser, H. (2002): Nutzenmessung im Gesundheitswesen: Die Methode der Discrete-ChoiceExperimente, Hamburg. Theil, H. (1969): "A Multinomial Extension of the Linear Logit Model" in: International Economic Review, Vol. 10, 3, S. 251-259. Theil, H. (1970): "On the Estimation of Relationships Involving Qualitative Variables" in: American Journal of Sociology, Vol. 76, 3, S. 103-154. Thornhill, S.; Amit, R. (2001): "A Dynamic Perspective of Internal Fit in Corporate Venturing" in: Journal of Business Venturing, Vol. 16, 1, S. 25-50. Timmons, J. A. (1990): New Venture Creation: Entrepreneurship in the 1990s, 3. Auflage, Homewood, IL. Tübke, A. (2005): Success Factors of Corporate Spin-offs, New York, NY.
238
Literaturverzeichnis
Tübke, A.; De Toledo Saavedra Pablo, A.; Gonzalez, J.-L. G. (2004): "Towards a First Spinoff Typology and a new Concept for Corporate Spin-off Research" in: International Journal of Technology Transfer & Commercialisation, Vol. 3, 3, S. 263-290. Tukiainen, T. (2004): "The Unexpected Benefits of Internal Corporate Ventures: An Empirical Examination of the Consequences of Investment in Corporate Ventures", Dissertation, Laboratory of Industrial Management, Helsinki University of Technology, Helsinki. Tushman, M. L.; Anderson, P. (1986): "Technological Discontinuities and Organizational Environments" in: Administrative Science Quarterly, Vol. 31, 3, S. 439-465. Tutz, G. (2000): Die Analyse kategorialer Daten: Anwendungsorientierte Einführung in Logit-Modellierung und kategoriale Regression, München. Tyebjee, T. T.; Bruno, A. V. (1984): "A Model of Venture Capitalist Investment Activity" in: Management Science, Vol. 30, 9, S. 1051-1067. Van de Velde, E.; Clarysse, B. (2006): "A Model of Antecedents and Characteristics of Corporate Spin-offs", Arbeitspapier, Ghent University, Gent. Van de Velde, E.; Clarysse, B.; Wright, M.; Bruneel, J. (2007): "Exploring the Boundary between Entrepreneurship and Corporate Venturing: From Assisted Spin-outs to Entrepreneurial Spin-offs", Arbeitspapier, Ghent University, Gent. Vanhaverbeke, W.; Van de Vrande, V.; Chesbrough, H. W. (2008): "Understanding the Advantages of Open Innovation Practices in Corporate Venturing in Terms of Real Options" in: Creativity and Innovation Management, Vol. 17, 4, S. 251-258. Venkatarman, S. (1997): "The Distinctive Domain of Entrepreneurship Research: An Editor's Perspective." in: Katz, J. und Brockhaus, R. (Hrsg.): Advances in Entrepreneurship, Firm Emergence, and Growth, Greenwich, S. 119-138. VNO (1994): "Doorgroei KMO: Kenmerken en Knelpunten van Snelgroeiende Middelgrote Nederlandse Ondernemingen." in: VNO Reports, Verbond van Nederlandse Ondernemingen (VNO), Den Haag. Voeth, M. (2000): Nutzenmessung in der Kaufverhaltensforschung - Die Hierarchische Individualisierte Limited Conjoint-Analyse (HILCA), Wiesbaden.
Literaturverzeichnis
239
Volberda, H. W. (1996): "Towards the Flexible Form: How to Remain Vital in Hypercompetitive Environments" in: Organization Science, Vol. 7, 4, S. 359-387. von Wartburg, I. (2000): "Wissensbasiertes Management technologischer Innovationen", Dissertation, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Universität Zürich, Zürich. Wagner, J. (2004): "Start-up Activities, Individual Characteristics, and the Regional Milieu: Lessons for Entrepreneurship Support Policies from German Micro Data" in: The Annals of Regional Science, Vol. 38, 2, S. 219-240. Wallin, M. W.; Lindholm-Dahlstrand, A. (2006): "Sponsored Spin-offs, Industrial Growth and Change" in: Technovation, Vol. 26, 5-6, S. 611-620. Walsh, S. T.; Kirchhoff, B. A.; Boylan, R. L. (1996): "Founder Backgrounds and Entrepreneurial Success: Implications for Core Competence Strategy Application to New Ventures" in: Reynolds, P. D.; Birley, S.; Butler, J. E.; Bygrave, W. D.; Davidson, P.; Gartner, W. B. und McDougall, P. P. (Hrsg.): Frontiers of Entrepreneurship Research, 1996, Wellesley, MA, S. 146-154. Weise, J. (2007): Planung und Steuerung von Innovationsprojekten, Wiesbaden. Welpe, I. (2004): Venture-Capital-Geber und ihre Portfoliounternehmen, Wiesbaden. Wernerfelt, B. (1984): "A Resource-Based View of the Firm" in: Strategic Management Journal, Vol. 5, 2, S. 171-181. Wernerfelt, B.; Montgomery, C. (1988): "Tobin's q and the Importance of Focus in Firm Performance" in: The American Economic Review, Vol. 78, 1, S. 246-251. Westhead, P.; Ucbasaran, D.; Wright, M. (2003): "Differences between Private Firms owned by Novice, Serial and Portfolio Entrepreneurs: Implications for Policy Makers and Practitioners" in: Regional Studies, Vol. 37, 2, S. 187-200. Wiggins, S. N. (1995): "Entrepreneurial Enterprises, Endogenous Ownership, and the Limits to Firm Size" in: Economic Inquiry, Vol. 33, 1, S. 54-69. Wilson, J. Q. (1966): "Innovation in Organization" in: Thompson, J. D. (Hrsg.): Approaches to Organizational Design, Pittsburgh, PA, S. 195-218.
240
Literaturverzeichnis
Winer, B. J.; Brown, D. R.; Michels, K. M. (1991): Statistical Principles In Experimental Design, 3. Auflage, New York, NY. Wittink, D. R.; Krishnamurthi, L.; Reibstein, D. J. (1990): "The Effect of Differences in the Number of Attribute Levels on Conjoint Results" in: Marketing Letters, Vol. 1, 2, S. 113-129. Woo, C., Y.; Gary, E. W.; Urs, S. D. (1992): "Spin-Off Performance: A Case of Overstated Expectations?" in: Strategic Management Journal, Vol. 13, 6, S. 433-447. Woolridge, J. R. (2003): Introductory Econometrics, Mason, OH. Wriggers, S. (2005): Markterfolg im Mobile Commerce: Faktoren der Adoption und Akzeptanz von m-commerce, Wiesbaden. Wulf, T. (2007): Diversifikationserfolg: Eine Top-Management-orientierte Perspektive, Wiesbaden. Wyatt, R. C.; Meyers, L. S. (1987): "Psychometric Properties of four 5-Point-Likert-Type Response Scales" in: Educational and Psychological Measurement, Vol. 47, 1, S. 27-35. Yip, G. S. (1982): "Diversification Entry: Internal Development Versus Acquisition" in: Strategic Management Journal, Vol. 3, 4, S. 331-346. Zacharakis, A. L.; Meyer, D. G. (1998): "A Lack of Insight: Do Venture Capitalists Really Understand Their Own Decision Process?" in: Journal of Business Venturing, Vol. 13, 1, S. 57-76. Zahra, S. A. (1991): "Predictors and Financial Outcomes of Corporate Entrepreneurship: An Exploratory Study" in: Journal of Business Venturing, Vol. 6, 4, S. 259-285. Zirger, B. J.; Maidique, M. A. (1990): "A Model of New Product Development: An Empirical Test" in: Management Science, Vol. 36, 7, S. 867-883. Zucker, L. G.; Darby, M. R.; Brewer, M. B. (1998): "Intellectual Human Capital and the Birth of U.S. Biotechnology Enterprises" in: American Economic Review, Vol. 88, 1, S. 290306.
Anhang A. Identifikation von Indikatoren der Unternehmensentwicklung In Abschnitt 3.3 werden Indikatoren des Entwicklungspotenzials junger Unternehmen auf Basis der Literatur zu Bewertungskriterien von Risikokapitalgebern bei Investitionsentscheidungen beleuchtet. Die Basis für diese Ausführungen stellt der im Folgenden beschriebene Analysegang dar. Ziel der durchgeführten Literaturanalyse war es, die Relevanz bzw. Wichtigkeit verschiedener Eigenschaften junger Unternehmen im Bewertungsprozess durch Risikokapitalgeber zu ermitteln. Die Analyse erfolgte in drei Schritten. Zunächst wurden die in die Analyse aufzunehmenden Studien kriteriengeleitet ausgewählt. Berücksichtigt wurden Studien, (i) die dediziert die Evaluierung junger Unternehmen durch Risikokapitalgeber empirisch untersuchen, (ii) bei denen es sich nicht um Schwerpunktstudien zu bestimmten Kriterienkategorien handelt (sondern die alle eingesetzten Kriterien untersuchten), (iii) die in diesem Forschungsbereich relevant sind (als Relevanzmaß wurde die Zitierungshäufigkeit angelegt) und (iv) die eine Erfassung der relativen Wichtigkeit einzelner Bewertungskriterien ermöglichen. Nach einer Durchsicht der verfügbaren Literatur, wurden folgende zehn Studien in die Analyse aufgenommen.
[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10]
Studie Johnson (1979) Tyebjee/Bruno (1984) MacMillan et al. (1985) Robinson (1987) Rea (1989) Dixon (1991) Bachher et al. (1996) Muzyka et al. (1996) Shepherd (1999) Brettel (2002)
Land USA USA USA USA USA UK Kanada Europa Australien Deutschland
Stichprobe 55 VCs 46 VCs 100 VCs 53 VCs 18 VCs 30 VCs 40 VCs 73 VCs 66 VCs 55 VCs
Methode Befragung, schriftlich Befragung, schriftlich Befragung, schriftlich Befragung, schriftlich Befragung, schriftlich Befragung, mündlich Befragung, mündlich Conjoint-Experiment Conjoint-Experiment Befragung, schriftlich
Kategorien 5 5 5 5 6 6 5 7 8 6
Kriterien 10 23 24 15 6 6 39 35 8 24
In einem zweiten Schritt wurde aus diesen Studien die darin jeweils untersuchten Kriterien extrahiert und in einen tabellarischen Kriterienkatalog aufgenommen. Auf eine Aggregation ähnlicher Kriterien wurde in diesem Schritt verzichtet, jedoch fand eine inhaltslogische Einordnung der Kriterien in fünf Kategorien statt. Die Kategorien beinhalten Kriterien, die sich (i) auf die Gründerpersonen, (ii) den Markt bzw. die Branche, (iii) das Produkt bzw. die
242
Anhang A: Identifikation von Indikatoren der Unternehmensentwicklung
Dienstleistung sowie (iv) auf finanzielle Aspekte beziehen. Eine fünfte Kategorie fängt Kriterien auf, die sich in keine der anderen vier Kategorien einordnen lassen.589 In einem dritten und letzten Schritt wurden für jede Studie die jeweiligen Kriterien nach ihrer relativen Wichtigkeit absteigend sortiert und jene, die im 50. Perzentil liegen, markiert.590 Die Markierungshäufigkeit eines Kriteriums (Spalte ∑ in untenstehender Tabelle) gibt Aufschluss über dessen grundsätzliche Wichtigkeit in der Evaluierung von jungen Unternehmungen durch Risikokapitalgeber. Die Ergebnisse der Analyse sind in folgender Tabelle erfasst:
Gründerpersonen Managementerfahrung Branchenerfahrung/Kenntnis des Zielmarkts Fähigkeiten im Marketing Unternehmererfahrung, Track Record Unternehmerteam (Ergänzung, Qualität) Technische Fähigkeiten Belastbarkeit Fähigkeiten im Bereich Finanzen Persönliche Motivation/Einsatz Umgang mit Risiken Kommunikationsfähigkeit Organisatorisch-administrative Fähigkeiten Ausbildung Kooperationsbereitschaft gegenüber Investor Produktionsbezogene Fähigkeiten Interpersonelle Fähigkeiten Beachtung von Details Persönlicher Fit mit VC Ruf, Reputation Coaching-Bedarf Produkt und Dienstleistung Differenzierung, Produktvorteil Demonstrierte Marktakzeptanz Existenz und Deckung von Kundenbedürfnis Existenz eines Prototyps Patentschutz, Patentierbarkeit, Proprietarität Technologische Überlegenheit Produktqualität Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren Klare Produktspezifikation Schutz vor Wertverlust
589
[1]
[2]
[3]
[4]
■
■
■ ■
■
■ □
□ ■ ■
[5]
■ ■
[6]
[7]
[8]
■
□ □ ■
■ ■ ■ ■ □
■
■
■
[9]
[10]
∑
■
■ ■
7 4 4 3 3 3 3 2 2 2 2 2 1 1 1 1 1 -
■
■ ■
■ ■
□ ■
■ ■
■
■ ■
■ ■ ■
■ ■ ■ ■
■ □ □ □
■ □ □ □
□
■
■
■
■ ■ □
□ ■
■ ■ ■ □
■ □ ■ □
□ □ □
■ □
4 2 2 2 1 1 -
Diese Kategorisierung spiegelt Kategorisierungsmuster in früheren Studien wider. So wird bspw. in der häufig zitierten Untersuchung von MacMillan et al. (1985, 121) zwischen „the entrepreneur’s personality“, „the entrepreneur’s experience“, „characteristics of the product or service“, „characteristics of the market“ und “financial considerations” unterschieden. Muzyka et al. (1996, 277) ordnen die von ihnen untersuchten Kriterien in die Kategorien „financial criteria“, „product-market criteria“, „strategic-competitive criteria“, „fund criteria“, „management team criteria“, “management competence criteria” und “deal criteria”. 590 Sofern die relative Wichtigkeit in einer Studie nicht explizit berechnet wurde, fand eine entsprechende Berechnung auf Basis der berichteten Daten statt. Das 50. Perzentils scheint eine sinnvolle Grenze zur Differenzierung zwischen eher wichtigeren und eher unwichtigeren Kriterien zu sein.
Anhang A: Identifikation von Indikatoren der Unternehmensentwicklung
243
(Fortsetzung) Markt und Branche Wachstum des Markts Eintrittsbarrieren für Wettbewerber Etablierungsgrad des Markts Neuer Markt / Pionierstrategie Stimulierung bestehender Markt Wettbewerbsintensität Größe des Markts Zugänglichkeit Markt/Kundengruppen Sensitivität zu Konjunktur/Saisonalität Stabilität der Industrie Grad der Marktregulierung Branche Finanzen Erwarteter RoI Liquiditierbarkeit / Cash-out Potenzial Zeit bis Payback / Break-Even Zukünftiges Umsatzwachstum Umsatzrendite Bisheriger Ertrag Umfang des Investments Kapitalausstattung des Unternehmens Möglichkeit zur Syndizierung mit Dritten Sonstige Kriterien Empfehlungen des Unternehmers/Teams Fond-Spezifika (Region, Branche) Art und Notwendigkeit weiterer Investments Marktkenntnisse des Investors Qualität, Glaubwürdigkeit des Business Plan lead time Risikoprofil
[1]
[2]
[3]
[4]
[5]
□
■ ■
■
■
■
□ ■ □
[6]
[7]
[8]
■
■ ■ ■
[9]
■ □
□ □ □ □
■ ■ ■ □
[10]
∑
■ □
7 2 1 1 1 1 1 1 1 -
□ □
■ □ □
□ □ ■ □
■ ■ ■
□ □
■ ■ ■
■ ■ ■
4 3 3 1 -
□
1 1 -
■ □ □ □ □
□
□ □ □
■
□
□ □ □ □
■ □
□
□ □
□ □ □
244
B. Übersicht der Interviewpartner in den Expertengesprächen Interview Nr. 1: Gerald Mischke und Frau Lecorps, Daimler AG, Stuttgart Datum: 7.6.2007 und 15.4.2008 Dauer: 2:49 h Position des Experten 1: Im Themenfeldmanagement „Prozesse & Tools“ zuständig für die Entwicklung und Bewertung von Prozessen und Tools der F&E. Zuvor war der Experte im Strategiestab und im Controlling der Daimler-Forschung tätig (Forschungsaudit, Technologiestrategieprozess, F&E-Portfoliomanagement, Ausgründungs- und Kooperationsprojekte). Position des Experten 2: Mitglied des Projektteams Brennstoffzelle Spezifischer Interviewgegenstand: eine positive Ausgründungsentscheidung, eine negative Ausgründungsentscheidung
Interview Nr. 2: Christian Wiesinger, Siemens Technology Accelerator, München Datum: 14.6.2007 und 15.6.2007 Dauer: 1:16 h Position des Experten: Kaufmännischer Geschäftsführer Spezifischer Interviewgegenstand: eine positive Ausgründungsentscheidung, eine negative Ausgründungsentscheidung
Interview Nr. 3: Dr. Detlef Wollweber, Bayer Innovation GmbH, Düsseldorf Datum: 21.6.2007 Dauer: 0:33 h Position des Experten: Geschäftsführer Spezifischer Interviewgegenstand: aktuelle, noch nicht abgeschlossene Ausgründungsprüfung
Interview Nr. 4: Dr. Klaus Estenfeld, Nokia Siemens Networks GmbH, München Datum: 21.6.2007 Dauer: 0:48 h Position des Experten: Vice President Innovations Spezifischer Interviewgegenstand: aktuelle, noch nicht abgeschlossene Ausgründungsprüfung
Anhang B: Übersicht der Interviewpartner in den Expertengesprächen
245
Interview Nr. 5: Dr. Hans Höcker und Andreas Reuer, Evonik Degussa GmbH / Creavis, Marl Datum: 25.6.2007 Dauer: 0:47 h Position des Experten 1: Geschäftsführer Position des Experten 2: Teammitglied Creavis Business Ventures Spezifischer Interviewgegenstand: eine positive Ausgründungsentscheidung, eine negative Ausgründungsentscheidung
Interview Nr. 6: Dr. Bernd Hruzsa, Robert Bosch GmbH, Stuttgart Datum: 26.6.2007 Dauer: 0:41 h Position des Experten: Vice President Corporate Planning und ehemaliger Geschäftsführer des Transferzentrum Venture Capital (TVC) der Robert Bosch GmbH Spezifischer Interviewgegenstand: eine positive Ausgründungsentscheidung, eine negative Ausgründungsentscheidung
Interview Nr. 7: Joachim Maaß, Maass Consulting GmbH, Starnberg Datum: 27.6.2007 Dauer: 0:56 h Position des Experten: Geschäftsführer der Maaß Consulting GmbH und ehemaliger General Manager Internal Ventures der Siemens Venture Capital GmbH Spezifischer Interviewgegenstand: eine positive Ausgründungsentscheidung
Interview Nr. 8: Dirk Nachtigal, BASF Venture Capital GmbH, Ludwigshafen Datum: 1.8.2007 Dauer: 0:57 h Position des Experten: Kaufmännischer Geschäftsführer Spezifischer Interviewgegenstand: aktuelle, noch nicht abgeschlossene Ausgründungsprüfung
246
C. Leitfaden für Experteninterviews Angaben zum Interview Unternehmen: _____________________ Name: _____________________ Ort: _____________________ Datum: _____________________ Zeit (von – bis): _______ - _______ Informationen vorab x x x x x x
Vorstellung der eigenen Person Vorstellung von Thema und Ziel des Forschungsvorhabens Ziel des Interviews und Ablauf: Themen, Zeitrestriktion Erklärung wie Interviewergebnisse verwendet werden Erlaubnis für Tonbandaufnahme Fragen?
1. Einleitung und allgemeine Informationen a. Was ist ihr ausbildungsbezogener und beruflicher Hintergrund? b. Welche Funktion üben Sie in Ihrer Unternehmenseinheit aus? c. Welchen Auftrag hat Ihre Unternehmenseinheit im Unternehmensverbund? d. Was sind die z.Z. größten Herausforderungen in Ihrer Unternehmenseinheit im Bereich Technologie- und Innovationsmanagement? 2. Technologieverwertung a. Welche Mechanismen zur Technologieverwertung (neben der selbst durchgeführten Kommerzialisierung von/in Kernprodukten) setzt Ihr Unternehmen ein? Z.B. Lizenzierung, (Patent-)Verkauf, Patenttausch, Ausgliederung als Spin-off, Joint Ventures, Allianzen,… b. Welche bevorzugt? 3. Stimulus zur Externalisierung a. Bitte wählen Sie ein Projekt (A), das über ein Spin-off externalisiert wurde, und eines (B), das zur Disposition stand, aber dann intern weiterentwickelt wurde. b. Bitte charakterisieren Sie kurz beide Projekte. i. Projektinhalt, Projektgröße, beteiligte Personen und Unternehmenseinheiten ii. Projektreife/Entwicklungsstadium iii. Innovationsgrad/Neuigkeitsgrad (technologisch, marktbezogen) iv. Verwandtschaft/Ähnlichkeit zu Kerngeschäft (technologisch, marktbezogen) v. Komplementarität zu Kerngeschäft (technologisch, marktbezogen) vi. Planungsunsicherheiten (technologisch, marktbezogen) vii. Ressourcenaustausch/Wissensaustausch mit anderen Projekten
Anhang C: Leitfaden für Experteninterviews
247
c. Wer hat die Evaluierung einer Ausgründung initiiert und warum (Motivation)? i. Am Beispiel der Projekte (A) und (B)? ii. Erfahrung mit anderen Projekten? d. Was war Ihrer Meinung nach der gewichtigste Anstoß/Auslöser zur Evaluierung? e. Können Sie für (A) und (B) den Entscheidungsprozess näher beschreiben? i. Beteiligte Personen und Unternehmenseinheiten? ii. Formalisierungsgrad und Prozessschritte? iii. Evaluierungskriterien? f.
Was waren Ihrer Meinung nach die gewichtigsten Faktoren, die zu einem positiven Ausgründungsentscheid bei (A) geführt haben?
g. Was waren Ihrer Meinung nach die gewichtigsten Faktoren, die zu einem negativen Ausgründungsentscheid bei (B) geführt haben? h. Welche Eigenschaften muss Ihrer Meinung nach ein Projekt besitzen, so dass ein positiver Ausgründungsentscheid wahrscheinlich ist? i.
Welche Eigenschaften muss Ihrer Meinung nach ein Projekt besitzen, so dass ein negati-
j.
Welche Ziele verfolgt Ihr Unternehmen mit der Externalisierung von Innovationsprojekten
ver Ausgründungsentscheid wahrscheinlich ist? (strategische, finanzielle, Innovationsaktivitäten: Exploration, Exploitation)? i. Am Beispiel von Projekt (A)? ii. Erfahrung mit anderen Projekten? 4. Erfolgswirkung der Externalisierung a. Welchen Wert (Vorteile) und welches Risiko (Nachteile) generiert die Ausgründung eines Projekts für Ihr Unternehmen (strategisch, finanziell, Innovationsaktivitäten)? i. Am Beispiel von Projekt (A)? ii. Erfahrung mit anderen Projekten? b. Welche Mechanismen setzt Ihr Unternehmen ein, um sich diesen potentiellen Wert anzueignen bzw. das potentielle Risiko abzuschwächen? c. Welchen Wert (Vorteile) und welches Risiko (Nachteile) generiert die Ausgründung eines Projekts für das Spin-off (strategisch, finanziell, Innovationsaktivitäten)? i. Am Beispiel von Projekt (A)? ii. Erfahrung mit anderen Projekten? d. Welchen Wert (Vorteile) und welches Risiko (Nachteile) hat die interne Durchführung von Innovationsprojekten (strategisch, finanziell, Innovationsaktivitäten)? i. Am Beispiel von Projekt (B)? ii. Erfahrung mit anderen Projekten? e. Was glauben Sie wäre für Projekt (A) besser / schlechter gelaufen, wenn es intern gehalten worden wäre (Entwicklung)? f.
Was glauben Sie wäre für Projekt (B) besser / schlechter gelaufen, wenn es externalisiert worden wäre (Entwicklung)?
g. Welche Art von Projekten profitieren Ihrer Meinung nach von einer Externalisierung und welche entwickeln sich besser, wenn sie intern gehalten werden?
248
Anhang C: Leitfaden für Experteninterviews
h. Welche Umfeldbedingungen sind für ein ausgegründetes Innovationsprojekt wichtig und wie können diese besonders günstig gestaltet werden? i.
Was sind die größten Innovationshemmnisse für ein ausgegliedertes Innovationsprojekt?
5. Umsetzung der Externalisierung a. Können Sie für (A) den Gründungsprozess näher beschreiben? i. Beteiligte Personen und Unternehmenseinheiten? ii. Formalisierungsgrad und Prozessschritte? iii. Unterstützungsleistungen zum Gründungszeitpunkt? 1. Ressourcentransfer: Finanzen, Beschaffung (Kanäle, Kontakte), Produktion (Technologie, Infrastruktur), Marketing & Vertrieb (Kanäle, Kontakte), F&E, Personal 2. Beratung & Coaching: Finanzen, Beschaffung, Produktion, Marketing & Vertrieb, F&E, Personalmanagement, Strategie 3. Reputation/Marke b. Auf welche Weise und wie intensiv bleibt Ihr Unternehmen mit einer Ausgründung verbunden? i. Am Beispiel von Projekt (A)? ii. Erfahrung mit anderen Projekten? 6. Bedeutung des Externalisierungsmechanismus a. Wie stark wird die Möglichkeit einer Externalisierung von Innovationsprojekten in Form von Spin-offs bei Kommerzialisierungsüberlegungen in Ihrem Unternehmen berücksichtigt? b. Aus welchen Gründen ist die Externalisierung von Innovationsprojekten als Kommerzialisierungs- bzw. Innovationsstrategie für Ihr Unternehmen besonders interessant (Vergangenheit, heute, Zukunft)? c. Welche Rolle schreiben Sie der Externalisierung von Innovationsprojekten in Ihrem Unternehmen heute und in Zukunft zu? 7. Sonstiges a. Gibt es sonstige Aspekte oder Themen, die noch nicht angesprochen wurden, die Sie aber für relevant erachten? 8. Abschluss des Interviews x x
x
Erlaubnis Rückfragen, Nacherhebung Anzahl & Namen der bekannten Spin-offs Vermittlung weiterer Gesprächspartner bei den Spin-offs und am Entscheidungsprozess beteiligten Personen im Inkubatorunternehmen
249
D. Fragebogen des Entscheidungsexperiments (Transkript)
Conjoint-Experiment zu Ausgründungen Herzlichen Dank für die Unterstützung meiner Doktorarbeit zu unternehmerischen Ausgründungen aus etablierten Unternehmen. Der Zeitaufwand für dieses Conjoint-Experiment beträgt ca. 7 Minuten. Ihre Situation im folgenden Entscheidungsexperiment: x Sie prüfen als einer der Entscheidungsträger die Option der Ausgründung von Innovationsprojekten, die innerhalb Ihres Unternehmens nicht verwertbar sind. x Konkret überlegen Sie, welche Ausgründung Sie unterstützen wollen. Im Falle der Entscheidung gegen die Unterstützung einer Ausgründung wird das betreffende Projekt eingestellt und nicht weiter verfolgt. x Mit der Unterstützung einer Ausgründung würde Ihr Unternehmen eine Minderheitsbeteiligung eingehen und primär eine finanzielle Zielsetzung verfolgen. Die Innovationsprojekte: x Die Projekte sind innerhalb Ihres Unternehmens nicht verwertbar. x Die Projekte richten sich an einen Endkundenmarkt. x Die Projekte basieren auf patentierter Technologie. x Funktionierende Produktprototypen liegen bereits vor. Ihre Aufgabe: x Schritt 1: o Dieser Schritt umfasst 12 Runden. In jeder Runde werden Ihnen zwei verschiedene Projekte vorgelegt. Diese beiden Projekte werden anhand von fünf Projekteigenschaften beschrieben: Kannibalisierungsgefahr, Ausgründungsaufwand, Teamqualität, Produktüberlegenheit, Zielmarkt. Wählen Sie jenes Projekt aus, für das nach Ihrer Einschätzung die Unterstützung einer Ausgründung wahrscheinlicher ist. Meistens wird Ihnen die Wahl schwer fallen und es wird keinen eindeutigen "Gewinner" geben. Denken Sie daran, dass Sie mit einer Ausgründungsunterstützung ein Renditeziel über eine Minderheitsbeteiligung verfolgen und wählen Sie jenes Projekt, bei welchem Sie eine Ausgründung eher unterstützen würden. x Schritt 2: o Bitte beantworten Sie die abschließenden Fragen. Pflichtfragen sind mit einem Sternchen (*) markiert. Sollten Sie auf Unklarheiten in der Formulierung der Fragen stoßen oder haben Sie sonstige Kommentare, zögern Sie bitte nicht, mich jederzeit zu kontaktieren. Vielen Dank für Ihre Unterstützung! Dipl.-Inf. Bernhard Kirchmair, MBR Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand Institut für Innovationsforschung, Technologiemanagement und Entrepreneurship (LMU München) Center for Digital Technology and Management (LMU München, TU München)
250
Anhang D: Fragebogen des Entscheidungsexperiments (Transkript)
Runde 4 / 12 † Bei welchem dieser beiden Projekte würden Sie eine Ausgründung eher unterstützen? Bitte setzen Sie voraus, dass sich die Projekte, abgesehen von den gezeigten Eigenschaften, nicht voneinander unterscheiden.
Kannibalisierungsgefahr Teamqualität Produktüberlegenheit Zielmarkt Benefit relativ zu Aufwand
Projekt 1
Projekt 2
gering
hoch
hoch
gering
gering
hoch
Reifephase
Entstehungsphase
hoch
gering
Erklärung der Projekteigenschaften Kannibalisierungsgefahr
ist hoch, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch die Ausgründung Geschäft des Inkubatorunternehmens kannibalisiert wird.
Teamqualität
ist hoch, wenn das verfügbare Team ein hohes Maß an technischen und kaufmännischen Kompetenzen besitzt.
Produktüberlegenheit
ist hoch, wenn das Produkt einen hohen Differenzierungsgrad und Kundenwert aufweist.
Zielmarkt
Entstehungsphase: Markt ganz neu, Nachfrage noch gering, hohe Unsicherheit Wachstumsphase: Nachfrage wächst sehr schnell, Wettbewerbsumfeld dynamisch, jährliche Wachstumsrate > 20% Reifephase: Markt etabliert, Nachfrage stabil, Wettbewerbsumfeld stabil, jährliche Wachstumsrate < 20%
Benefit relativ zu Aufwand
ist hoch, wenn der erwartete finanzielle Benefit im Vergleich zum organisatorischen/juristischen/finanziellen Abwicklungsaufwand der Ausgründung hoch ist.
† Anmerkung des Autors: Aus Platzgründen ist im Folgenden exemplarisch nur eine Runde des Entscheidungsexperiments abgedruckt. Die Definition der übrigen Runden lässt sich aus dem experimentellen Design wie in Abschnitt 6.3.2 dargestellt rekonstruieren.
Anhang D: Fragebogen des Entscheidungsexperiments (Transkript)
251
Abschließende Fragen †
Q.1:
In welchem Unternehmen waren Sie tätig als Sie mit einer Ausgründungsprüfung in Berührung kamen? (optional) ______________
*Q.2:
In welcher Unternehmenseinheit waren Sie damals beschäftigt? Strategieabteilung F&E-Fachabteilung Inkubatoreinheit Technologietransferabteilung Corporate Venture Capital-Einheit Sonstiges (bitte angeben): ______________
*Q.3:
Bitte geben Sie Ihren höchsten Schul- bzw. Berufsabschluss an. Haupt- oder Realschule Abitur Ausbildung Berufsakademie Fachhochschule Universität Promotion Habilitation
*Q.4:
Falls Sie einen Abschluss an einer Hochschule erworben haben, geben Sie bitte den Fachbereich an, dem dieser Abschluss primär zuzuordnen ist. (Mehrfachantworten sind möglich)
Wirtschaftswissenschaften Ingenieurwissenschaften Naturwissenschaften Geisteswissenschaften Rechtswissenschaften Sonstiges (bitte angeben): ______________
*Q.5:
In welchen Unternehmen konnten Sie bereits Berufserfahrung sammeln bevor Sie mit einer Ausgründungsprüfung in Berührung kamen? (Mehrfachantworten sind möglich) Großunternehmen Kleine und mittlere Unternehmen Start-ups und Neugründungen
†
Anmerkung des Autors: Die mit einem * markierte Fragen waren Pflichtfragen im OnlineFragebogen.
252
*Q.6:
Anhang D: Fragebogen des Entscheidungsexperiments (Transkript)
Bitte geben Sie Ihr Geschlecht an. Männlich Weiblich
Q.7:
Bitte geben Sie Ihr Geburtsjahr an. ______________
*Q.8:
Bitte geben Sie an, inwieweit Sie folgenden Aussagen zustimmen. stimme gar nicht zu
stimme eher nicht zu
teils teils
stimme eher zu
stimme voll zu
Die Durchführung von Ausgründungen zur externen Technologieverwertung nimmt heute eine bedeutende Rolle ein. Die Bedeutung von Ausgründungen zur externen Technologieverwertung wird in Zukunft zunehmen. Mein Unternehmen geht bei der Prüfung und Durchführung von Ausgründungen systematischer und effektiver vor als Wettbewerber.
Q.9:
Wenn Sie Interesse an den Ergebnissen dieses Forschungsprojekts haben und einen Ergebnisreport erhalten möchten, geben Sie bitte hier Ihre E-Mail-Adresse an: ______________
253
E. Fragebogen des Entscheidungsexperiments (Bildschirmansicht)
254
F. Fragebogen der ex post-Studie (Transkript)
Ausgründungen aus etablierten Unternehmen Danke, dass Sie an dieser Studie teilnehmen, die Teil meiner Dissertation ist. Ziel der Studie ist eine quantitative Analyse des Verhaltens etablierter Unternehmen bei der Ausgründung von technologiebasierten Innovationsprojekten. Bitte füllen Sie für jedes Ihnen bekannte Projekt, das eine Ausgründungsprüfung durchlaufen hat, diesen Fragebogen erneut aus. Nachdem Sie ein Projekt gewählt haben, geben Sie auf der nächsten Fragebogenseite an, ob dieses Projekt letztendlich (i) ausgegründet, (ii) unternehmensintern weitergeführt oder (iii) abgebrochen/eingestellt/andersartig verwertet wurde. Der Fragebogen umfasst je nach Projekt zwischen 24 und 36 kurze Fragen. Die benötigte Zeit zur Beantwortung beträgt 10 bis 15 Minuten pro Projekt. Zu den verwendeten Begrifflichkeiten: Mit Inkubatorunternehmen ist das Mutterunternehmen gemeint, in dem ein Projekt seinen Ursprung hat. Bitte beantworten Sie alle Fragen so vollständig und genau wie möglich. Pflichtfragen sind mit einem Sternchen (*) markiert. Sollten die geforderten Angaben nicht verfügbar sein, bitte ich Sie um eine fundierte Einschätzung. Die Auswertung erfolgt ausschließlich unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten in einer aggregierten Form, so dass aus den Ergebnissen keine Rückschlüsse auf einzelne Personen oder Unternehmen möglich sind. Sollten Sie auf Unklarheiten in der Formulierung der Fragen stoßen oder sonstige Kommentare haben, zögern Sie bitte nicht, mich zu kontaktieren: Tel.: ……………. oder Mobil: ……………. Fax: ……………. kirchmair@……………. Vielen Dank für Ihre Unterstützung! Dipl.-Inf. Bernhard Kirchmair, MBR Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand Institut für Innovationsforschung, Technologiemanagement und Entrepreneurship (LMU München) Center for Digital Technology and Management (LMU München, TU München)
Anhang F: Fragebogen der ex post-Studie (Transkript)
255
Allgemeine Angaben
*Q.1:
Das Projekt, das Sie im Folgenden bewerten, wurde nach der Ausgründungsprüfung... … ausgegründet. … unternehmensintern weitergeführt. … nicht weiterentwickelt (abgebrochen/eingestellt/andersartig verwertet).
Q.2:
Bitte geben Sie den Namen des Inkubatorunternehmens an. (optional)
Æ wenn Q.1 nicht „ausgegründet“, dann Q.3-1 sonst Q.3-2
Q.3-1:
Um welches Projekt handelte es sich? (optional; Angabe eines beliebigen Pseudonyms möglich)
Q.3-2:
Bitte geben Sie den Namen der Ausgründung an. (optional)
*Q.4:
In welchem Jahr wurde die Prüfung einer Ausgründung gestartet?
*Q.5:
Welchem Technologiefeld konnten die Aktivitäten des Projekts zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung am ehesten zugeordnet werden? Biotechnologie Chemie Elektrotechnik IT-Hardware IT-Internet IT-Software Maschinenbau Pharma und Medizin Telekommunikation Sonstiges (bitte angeben): ______________
256
Anhang F: Fragebogen der ex post-Studie (Transkript)
A. Beziehung zwischen Inkubatorunternehmen und Projekt Bitte versetzen Sie sich zurück in die Phase der Ausgründungsprüfung. Nehmen Sie für die Beantwortung der folgenden Fragen die Sichtweise des Inkubatorunternehmens zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung ein. Beantworten Sie die Fragen ausschließlich auf Basis der Informationen, die in der damaligen Prüfungsphase verfügbar waren.
*A.1:
In welchem Umfang waren die für eine interne Weiterführung des Projekts notwendigen Ressourcen und Fähigkeiten im Inkubatorunternehmen verfügbar (zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung)?
Verfügbarkeit von notwendigen Ressourcen im Inkubatorunternehmen für… … die Weiterentwicklung der Kerntechnologie … die Produktentwicklung … die Produktion des Produkts … den Vertrieb über bestehende Vertriebskanäle … Bewerbung und Promotion des Produkts … die weitere Marktforschung … einen angemessenen Kundenservice
*A.2:
sehr gering
gering
mittel
hoch
sehr hoch
Bitte geben Sie an, in wie weit die folgenden Aussagen zutreffen.
Das Projekt…
trifft gar nicht zu
trifft eher nicht zu
teils teils
trifft eher zu
trifft voll zu
trifft eher zu
trifft voll zu
… passte in die Strategie eines Geschäftsbereichs. … konnte zur Erreichung der strategischen Ziele eines Geschäftsbereichs beitragen. … konnte eine bestehende Technologie- oder Produktlinie sinnvoll erweitern.
*A.3:
Bitte geben Sie an, inwieweit die folgenden Aussagen zutreffen.
Zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung bestand die Gefahr, dass durch eine Kommerzialisierung des Projekts… … bestehendes oder zukünftiges Geschäft des Inkubatorunternehmens kannibalisiert wird. … die Lebensdauer (Produktlebenszyklus) eines bestehenden oder geplanten Produktes verkürzt wird.
trifft gar nicht zu
trifft eher nicht zu
teils teils
Anhang F: Fragebogen der ex post-Studie (Transkript)
257
B. Eigenschaften des Projekts Die folgenden Fragen beziehen sich auf die Eigenschaften des Projekts. Nehmen Sie bei der Beantwortung wieder die Sichtweise des Inkubatorunternehmens zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung ein.
*B.1:
Wie beurteilen Sie das Kernprodukt des Projekts zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung?
Das Kernprodukt des Projekts…
trifft gar nicht zu
trifft eher nicht zu
teils teils
trifft eher zu
trifft voll zu
… bietet Kunden einen gänzlich neuen Nutzen. … wird von Kunden als einzigartig empfunden. … bietet signifikante Neuerungen zu Funktionen existierender Produkte. … differenziert sich deutlich von anderen Produkten am Markt. … bietet wertvolle Lösungen, die existierende Produkte nicht bieten.
*B.2:
Wie beurteilen Sie die Reife des Kernprodukts zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung? (Wählen Sie die am ehesten zutreffende Beschreibung) Konzeptstadium: Das Produkt befand sich in der Konzeptionsphase. Ein funktionierender Prototyp war noch nicht vorhanden. Prototyp: Für das Produkt lag ein funktionierender Prototyp vor, der die Machbarkeit demonstrierte. Produkt am Markt: Eine erste Produktversion war entwickelt und wurde an einen oder mehrere Abnehmer ausgeliefert. Sonstiges (bitte angeben): ______________
*B.3:
Bitte geben Sie an, in wie weit die folgenden Aussagen zum Projekt zutreffen.
Für das Inkubatorunternehmen war(en)…
… die Technologie des Projekts völlig neu. … die Produktentwicklung völlig neu. … der Produktionsprozess völlig neu. … die erforderlichen Vertriebskanäle völlig neu. … der zu bedienende Kundenkreis völlig neu. … die vom Projekt angesprochenen Kundenbedürfnisse völlig neu. … der Zielmarkt des Projekts völlig neu.
trifft gar nicht zu
trifft eher nicht zu
teils teils
trifft eher zu
trifft voll zu
258
Anhang F: Fragebogen der ex post-Studie (Transkript)
*B.4:
Wie beurteilen Sie die Reife des primären Zielmarkts des Projekts zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung?
Der Markt befand sich in der … …Entstehungsphase Markt ganz neu, Nachfrage noch gering, hohe Unsicherheit
*B.5:
…Wachstumsphase Nachfrage wächst sehr schnell, Wettbewerbsumfeld dynamisch, jährliche Wachstumsrate > 20%
…Reifephase Markt etabliert, Nachfrage stabil, Wettbewerbsumfeld stabil, jährliche Wachstumsrate < 20%
Welche zukünftige Beziehungen zwischen Inkubatorunternehmen und einer möglichen Ausgründung waren zum Zeitpunkt der Ausgründungsprüfung am wahrscheinlichsten? (Mehrfachantworten sind möglich) Direkte Wettbewerber Inkubatorunternehmen wird Abnehmer von Produkten der Ausgründung Inkubatorunternehmen wird Zulieferer für die Ausgründung Keine Beziehung Sonstiges (bitte angeben): ______________
*B.6:
Bitte vervollständigen Sie folgende Aussage. Ein Gründerteam mit den für eine Ausgründung erforderlichen Kompetenzen war zu Beginn der Ausgründungsprüfung… … vollständig vorhanden. … noch nicht vollständig vorhanden. … noch gar nicht vorhanden.
*B.7:
In welchem Umfang besaßen die für eine Ausgründung verfügbaren Personen folgende Kompetenzen? (wenn keine Personen verfügbar waren, geben Sie überall „sehr gering“ an) sehr gering
Management- und Führungskompetenz Relevante Marketingkompetenz Relevante Branchenkompetenz Kompetenz im Bereich Finanzen Kompetenz in der Entwicklung der Kerntechnologie des Projekts Kompetenz in der Produktentwicklung Kompetenz in relevanten Produktionsprozessen
gering
mittel
hoch
sehr hoch
Anhang F: Fragebogen der ex post-Studie (Transkript)
259
Æ wenn B.6 „vollständig vorhanden“, dann weiter mit C.1
*B.8:
Bitte geben Sie an, in wie weit folgende Aussage zutrifft.
Die Suche nach geeigneten Gründungsmitgliedern mit den für eine Ausgründung erforderlichen Kompetenzen in den folgenden Bereichen war schwierig… trifft gar nicht zu
trifft eher nicht zu
teils teils
trifft eher zu
trifft voll zu
Kaufmännische Bereiche Technologische Bereiche
C. Ausgründungsprüfung Die folgenden Fragen beziehen sich auf den Prozess der Ausgründungsprüfung.
*C.1:
Denken Sie zurück an den damals zu erwartenden finanziellen Benefit, der durch eine Unterstützung der Ausgründung für das Inkubatorunternehmen erzielbar war (z.B. durch Gewinnbeteiligung, Verkauf der Technologie an Ausgründung, monetarisierbare Lerneffekte u.a.). Denken Sie auch zurück an den organisatorischen, juristischen und finanziellen Abwicklungsaufwand, der für die Unterstützung einer Ausgründung auf Seiten des Inkubatorunternehmens noch erforderlich war. Bitte vervollständigen Sie folgende Aussage:
Der bei einer Ausgründungsunterstützung zu erwartende finanzielle Benefit für das Inkubatorunternehmen war im Vergleich zum erforderlichen Abwicklungsaufwand… … sehr niedrig. … niedrig. … in etwa gleich. … hoch. … sehr hoch. Es war kein finanzieller Benefit für das Inkubatorunternehmen (in welcher Form auch immer) zu erwarten.
Æ wenn C.1 „kein Benefit zu erwarten“, dann weiter mit C.3
*C.2:
Wie sicher war aus damaliger Sicht der zu erwartende finanzielle Ertrag durch eine Ausgründung? -2 absolut unsicher
-1
0
+1
+2 absolut sicher
260
Anhang F: Fragebogen der ex post-Studie (Transkript)
C.3:
Falls ein konkretes Interesse externer Parteien zur (Mit-)Finanzierung einer Ausgründung bestand, geben Sie bitte deren Art an. (Mehrfachantworten sind möglich) Venture Capital-Gesellschaft Business Angel Öffentliche Beteiligungsgesellschaft Potentieller oder bestehender Kunde Entwicklungspartner Wettbewerber Sonstiges (bitte angeben): ______________
*C.4:
Bitte bewerten Sie die folgenden Aussagen zum Prozess der Ausgründungsprüfung. trifft gar nicht zu
trifft eher nicht zu
teils teils
trifft eher zu
trifft voll zu
Es lagen klar definierte Kriterien für die Prüfung vor. Die Prüfung erfolgte anhand eines Meilensteinplans mit klaren Zielvorgaben. Der Prozess war schriftlich formalisiert (Prozessbeschreibung, Formulare, Regelungen, u.a.) *C.5:
Wie lange hat der Prozess der Ausgründungsprüfung gedauert? (von der Initiierung der Prüfung bis zur Entscheidung) < 4 Monate 4 bis 6 Monate 7 bis 12 Monate 13 bis 24 Monate > 24 Monate
*C.6:
Welche Ziele hat das Inkubatorunternehmen mit der Prüfung einer Ausgründungsunterstützung für dieses Projekt verfolgt? trifft gar nicht zu
Fokussierung auf das Kerngeschäft Technologieverwertung / Rendite Zukünftige technologische oder marktbezogene Lerneffekte Aufbau eines späteren Akquisitionsobjekts Reduzierung des Entwicklungsrisikos Steigerung der Kommerzialisierungsgeschwindigkeit Imagevorteile und Steigerung der Unternehmensattraktivität Motivierung von Mitarbeitern zum unternehmerischen Denken und Handeln Sonstiges (bitte angeben): _____________________________
trifft eher nicht zu
teils teils
trifft eher zu
trifft voll zu
Anhang F: Fragebogen der ex post-Studie (Transkript)
261
Æ wenn Q.1 „nicht weiterentwickelt“, dann weiter mit Frageblock F Æ wenn Q.1 „unternehmensintern weitergeführt“, dann weiter mit Frage E.1-2
D. Ausgründungsgestaltung Die folgenden Fragen beziehen sich auf die Gestaltung und Durchführung der Ausgründung.
D.1:
Welchen Anteil am Eigenkapital der Ausgründung hielt das Inkubatorunternehmen zum Gründungszeitpunkt? (Geben Sie „0“ an, wenn keine Beteiligung vorhanden war) Der Anteil des Inkubatorunternehmens am Eigenkapital der Ausgründung betrug _____ %.
*D.2:
Wie hat sich der Eigenkapitalanteil des Inkubatorunternehmens an der Ausgründung im Laufe der Zeit entwickelt? Der Eigenkapitalanteil... … hat abgenommen. … hat zugenommen. … ist gleich geblieben. Keine Angabe. Das Inkubatorunternehmen hat nie einen Eigenkapitalanteil gehalten.
D.3:
Welchen Anteil am Eigenkapital der Ausgründung hielten externe Kapitalgeber zum Gründungszeitpunkt? (Geben Sie „0“ an, wenn keine Beteiligung vorhanden war) Der Anteil externer Kapitalgeber am Eigenkapital der Ausgründung betrug _____ %.
*D.4:
Bitte geben Sie an, in welchem Umfang das Inkubatorunternehmen der Ausgründung Ressourcen in Form eines Transfers zur Verfügung gestellt hat. keine
Finanzielle Ressourcen (z.B. Risikokapital, Zahlungsstundungen, zinslose Darlehen, u.a.) Physische Ressourcen (z.B. Maschinen, Geräte, u.a.) Patente Lizenzen Geschäftskontakte Sonstiges (bitte angeben): ________________________
gering
mittel
hoch
sehr hoch
262
*D.5:
Anhang F: Fragebogen der ex post-Studie (Transkript)
Wie wurde das Inkubatorunternehmen für die zur Verfügung gestellten Ressourcen primär kompensiert? (Falls keine Ressourcen übernommen wurden, wählen Sie „keine Kompensation“)
Entrichtung eines Kaufpreises Eigenkapitalbeteiligung des Inkubatorunternehmens Kostenlose Rücklizenz an Inkubatorunternehmen Es fand keine Kompensation statt. Sonstiges (bitte angeben): ______________
*D.6:
Das Inkubatorunternehmen hat die Ausgründung in folgenden Aktivitäten unterstützt bzw. beraten. trifft gar nicht zu
trifft eher nicht zu
teils teils
trifft eher zu
trifft voll zu
Entwicklung der Geschäftsidee Entwicklung der Produktstrategie Entwicklung der Vertriebsstrategie Produktionsaufbau
E. Erfolg Die folgenden Fragen beziehen sich auf den Erfolg der Ausgründung bzw. der Weiterführung des Projekts.
Æ Fragen für Entscheidungsfall „ausgegründet“
*E.1-1:
Wie hat sich die Kooperation zwischen Inkubatorunternehmen und der Ausgründung seit dem Ausgründungszeitpunkt in folgenden Wertschöpfungsbereichen entwickelt? Eher abgenommen
Forschung und Entwicklung Beschaffung Produktion Vertrieb Marketing
Gleich geblieben
Eher zugenommen
Nie kooperiert
Keine Angabe
Anhang F: Fragebogen der ex post-Studie (Transkript)
E.2-1:
263
Wie hoch schätzen Sie die Technologieführerschaft der Ausgründung ein? (Im Vergleich zu anderen Unternehmen der gleichen Branche oder des gleichen Technologiefelds) Gemessen am Wert der Technologie gehört(e) die Ausgründung zu den … … führenden 10% aller Unternehmen in dieser Branche. … führenden 25%, aber nicht zu den führenden 10% der Unternehmen in dieser Branche. … führenden 50%, aber nicht zu den führenden 25% der Unternehmen in dieser Branche. … führenden 75%, aber nicht zu den führenden 50% der Unternehmen in dieser Branche. Die Ausgründung gehört(e) nicht zu den führenden 75% der Unternehmen in dieser Branche.
E.3-1:
Bitte geben Sie die (ungefähre) Mitarbeiterzahl der Ausgründung (inklusive Gründerteam) zu den beiden folgenden Zeitpunkten an. (Falls die Ausgründung ihre Geschäftstätigkeit inzwischen aufgegeben hat, geben Sie bitte unter "Heute:" die Anzahl der Mitarbeiter bei Auflösung der Gesellschaft an)
E.4-1:
Zum Ausgründungszeitpunkt:
_______
Heute:
_______
Bitte geben Sie an, inwieweit Sie folgender Aussage zustimmen. Das Inkubatorunternehmen hat wirtschaftlich davon profitiert, dass das Projekt ausgegründet wurde. Trifft gar nicht zu Trifft eher nicht zu Teils teils Trifft eher zu Trifft voll zu
Æ Fragen für Entscheidungsfall „unternehmensintern weitergeführt“
E.1-2:
Bitte geben Sie an, inwieweit Sie folgender Aussage zustimmen. Die interne Weiterentwicklung des Projekts war im Vergleich zu anderen Projekten ein Erfolg. Trifft gar nicht zu Trifft eher nicht zu Teils teils Trifft eher zu Trifft voll zu
264
E.2-2:
Anhang F: Fragebogen der ex post-Studie (Transkript)
Welches Erfolgsmaß haben Sie Ihrer letzten Antwort (Frage E.2) zugrunde gelegt? Erreichung wichtiger Entwicklungsmeilensteine Markteinführungsgeschwindigkeit Marktanteil Return on Investment (ROI) Sonstiges (bitte angeben): ______________
E.3-2:
Bitte geben Sie an, inwieweit Sie folgender Aussage zustimmen. Das Inkubatorunternehmen hat wirtschaftlich davon profitiert, dass das Projekt intern weitergeführt wurde. Trifft gar nicht zu Trifft eher nicht zu Teils teils Trifft eher zu Trifft voll zu
F. Abschließende Fragen Es folgen einige abschließende Fragen zum Inkubatorunternehmen und dem Projekt.
Æ Fragen für Entscheidungsfall „ausgegründet“
*F.1-1:
Bitte geben Sie an, inwieweit Sie folgenden Aussagen zustimmen. stimme gar nicht zu
Das Projekt hätte sich besser entwickelt, wenn es im Inkubatorunternehmen verblieben wäre. Als Ausgründung hatte das Unternehmen beim Markteintritt Wettbewerbsvorteile gegenüber Neugründungen in der gleichen Branche. Eine engere Kooperation würde für mein Unternehmen zu Vorteilen führen. Ich würde diese Ausgründung heute wiederholen.
stimme eher nicht zu
teils teils
stimme eher zu
stimme voll zu
Anhang F: Fragebogen der ex post-Studie (Transkript)
265
Æ Fragen für Entscheidungsfall „unternehmensintern weitergeführt“
*F.1-2:
Bitte geben Sie an, inwieweit Sie folgenden Aussagen zustimmen. stimme gar nicht zu
stimme eher nicht zu
teils teils
stimme eher zu
stimme voll zu
Das Projekt hätte sich besser entwickelt, wenn es ausgegründet worden wäre. Das Projekt wurde intern ein großer Erfolg.
F.2-2:
Bitte nennen Sie die Hauptgründe, die Ihrer Meinung nach dazu führten, dass die Ausgründung nicht unterstützt wurde.
Æ Fragen für Entscheidungsfall „nicht weiterentwickelt“
*F.1-3:
Was ist mit dem Projekt nach der Ausgründungsprüfung geschehen? Keine Verwertung Verkauf der Technologie an Dritte Lizensierung der Technologie an Externe Verwertung wird noch geprüft Sonstiges (bitte angeben): ______________
F.2-3:
Bitte nennen Sie die Hauptgründe, die Ihrer Meinung nach dazu führten, dass die Ausgründung nicht unterstützt wurde.
Falls Sie Interesse an den Ergebnissen dieses Forschungsprojekts haben und einen Ergebnisreport erhalten möchten, geben Sie bitte hier Ihre E-Mail-Adresse an: E-Mail: ____________________
266
G. Fragebogen der ex post-Studie (Bildschirmansicht)
267
H. Tabellarische Übersicht der Unternehmen in den Stichproben Inkubatorunternehmen (befragte Entscheidungseinheiten) Axaron Bioscience AG (Sygnis Pharma AG) Bayer Innovation GmbH bbv Software AG Berna Biotech AG Bertelsmann AG Ciba AG Daimler AG DaimlerChrysler Aerospace AG (EADS) debis AG (T-Systems) Evonik Degussa GmbH F. Hoffmann-La Roche AG Deutsche Telekom AG, T-Labs Disetronic Medical Systems AG Giesecke & Devrient GmbH Henkel AG & Co. KGaA IBM Deutschland GmbH Infineon Technologies AG Intel GmbH Kohlhammer Intermedia GmbH Krones AG Lufthansa AG Mayr-Melnhof-Karton AG Merck KGaA Nokia Siemens Networks GmbH Novartis AG Robert Bosch GmbH Schaeffler KG Schott AG Siemens AG, SMAC Siemens AG, STA Siemens AG, SVC Siemens AG, TTB Süddeutscher Verlag GmbH Sulzer AG, Innotec Swisscom AG Vodafone D2 GmbH Vodafone Group Services GmbH, R&D Volkswagen AutoVision GmbH Σ Deutschland Σ Österreich Σ Schweiz Σ
Land Deutschland Deutschland Schweiz Schweiz Deutschland Schweiz Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Schweiz Deutschland Schweiz Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Österreich Deutschland Deutschland Schweiz Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Schweiz Schweiz Deutschland Deutschland Deutschland 29 1 8 38
Entscheidungsexperiment + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + +
+ + + + + 25 1 6 32
ex post-Studie + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + 25 1 8 34
0,18
0,09
0,02
0,23
0,01
-0,18 -0,24 -0,05 -0,09
0,20
(17) Info.quelle Projektmanager [0/1]
0,19
0,09
0,21
0,13
0,08
(10)
-0,04 0,13
-0,09
0,28
0,22
0,14
-0,24
-0,20
(13)
0,07
0,06 0,12 -0,20 0,00
0,28
-0,18 -0,33 -0,66
0,00 -0,49 1,00
1,00
(12)
0,17 -0,08 -0,13 -0,09 -0,01 0,15
0,15 -0,14 -0,04
-0,04 0,23
0,09 -0,10 0,00
0,06
0,21
1,00
(11)
(15)
-0,15 0,07
0,17 -0,11
-0,13 1,00
1,00
(14)
-0,16
1,00
(16)
1,00
(17)
N = 72; Die Tabelle weist aus: Phi-Koeffizient für Korrelationen zwischen zwei dichotomen Variablen; Pearson’s Produkt-Moment-Korrelationskoeffizient für Korrelationen zwischen zwei (quasi-)intervallskalierten Variablen; Punkt-biserialer Koeffizient für Korrelationen zwischen einer dichotomen und einer quasiintervallskalierten Variable.
0,15
-0,02 -0,10 -0,17 -0,08 0,11
0,13
0,13
-0,12 -0,06
0,14 -0,11 -0,11 0,00
(16) Gründungsklima
0,22
-0,06 -0,08 0,03
(15) Interesse externer Parteien [0/1]
(14) Technologiefeld Engineering [0/1] -0,01
0,13
-0,69 1,00
(9)
0,21 -0,24 -0,17 -0,06 0,31
0,05 -0,16 0,11
0,14
(13) Technologiefeld IT [0/1]
0,04
(11) Verhältnis Benefit / Aufwand [0/1] 0,10
0,22
1,00
(8)
0,07 -0,13 -0,12 -0,23 -0,29 -0,57 -0,20 1,00
0,03
0,19
1,00
0,06
-0,04
0,08
(10) Etablierter Markt [0/1]
0,06
(7)
0,05
-0,18
0,06
(9) Wachstumsmarkt [0/1]
0,10
1,00
-0,07 -0,09 -0,06 0,09
0,00 -0,17
0,29
(6)
0,23
0,18
(8) Entstehungsmarkt [0/1]
0,04
1,00
(5)
(12) Technologiefeld Bio/Pharma [0/1] -0,16 -0,18 -0,06 0,09
-0,23
0,07
-0,11
(7) Produktüberlegenheit
0,04
-0,18
(6) Teamverfügbarkeit (kaufm.)
0,14
-0,23 -0,13 -0,04
1,00
0,08
0,32
(5) Teamverfügbarkeit (techn.)
1,00
0,13
0,21
-0,04
0,48
(4)
(3) Strategiekompatibilität
(2) Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.)
(3)
(4) Kannibalisierungsgefahr
1,00
0,36
(1) Ressourcenverfügbarkeit (techn.)
(2)
(1)
1,00
Unabhängige Variablen
I. Korrelationen der unabhängigen Variablen (ex post-Studie)
J. Korrelationsdiagnose (Variance Inflation Factor)
Variable Ressourcenverfügbarkeit (techn.) Ressourcenverfügbarkeit (kaufm.) Strategiekompatibilität Kannibalisierungsgefahr Teamverfügbarkeit (techn.) Teamverfügbarkeit (kaufm.) Produktüberlegenheit Entstehungsmarkt Etablierter Markt Verhältnis Benefit / Aufwand Technologiefeld Bio/Pharma Technologiefeld IT Interesse externer Parteien Gründungsklima Informationsquelle Projektmanager Ø VIF
VIF 1,52 2,23 1,69 1,35 1,31 1,59 1,47 1,88 2,16 1,34 1,88 1,57 1,29 1,22 1,38 1,59
Toleranz 0,66 0,45 0,59 0,74 0,76 0,63 0,68 0,53 0,46 0,75 0,53 0,64 0,77 0,82 0,73