Optimale Kapitalstrutur und Market Timing. Empirische Analyse börsennotierter deutscher Unternehmen

Julia Hermanns Optimale Kapitalstruktur und Market Timing

GABLER EDITION WISSENSCHAFT

Julia Hermanns

Optimale Kapitalstruktur und Market Timing Empirische Analyse borsennotierter deutscher Unternehmen

Miteinem Geleitwortvon Prof. Dr. Michael Nelles

Deutscher Universitats-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber abrufbar.

Dissertation Universitat Wuppertal, 2006

1. Auflage November 2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Stefanie Brich Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im SInne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Deslgnerln, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0584-7 ISBN-13 978-3-8350-0584-6

Fur meine Eltern, Esther, Moritz und Henry

Geleitwort Seit einigen Jahren stehen die neueren sogenannten Market Timing-Theorien im Mittelpunkt vieler empirischer Studien fur den amerikanischen Kapitalmarkt und untersuchen, inwieweit borsennotierte Unternehmen bewertungsspezifische oder makrookonomische Bedingungen im Rahmen der Finanzierungsentscheidungen berucksichtigen und durch entsprechende Emission von Finanzierungstitein ausnutzen. Fur amerikanische borsennotierte Unternehmen wurde festgestellt, dass sie opportunistisch vorteilhafte Markt- und Zeitphasen bei ihren Finanzierungsentscheidungen berucksichtigen und somit der Faktor Market Timing eine bedeutende Rolle spielt. Einige empirische Untersuchungen lassen sogar den Schluss zu, dass die heute zu beobachtenden Kapitalstrukturen das Ergebnis vergangener Bemuhungen bOrsennotierter Unternehmen sind, den Kapitalmarkt zu timen.

Vor dem Hintergrund der zuruckliegenden volatilen Borsenjahre, mit damit einhergehenden extrem hohen und niedrigen Bewertungsniveaus an den Aktienmarkten, stellt sich die Frage, in welchem Umfang deutsche borsennotierte Unternehmen den Faktor Market Timing bei ihren Finanzierungsentscheidungen berucksichtigen und welche Bedeutung der Aktienmarkt bei der Finanzierung borsennotierter Unternehmen hat. Fur den deutschen Kapitalmarkt gibt es bislang kaum umfassendere aktuelle empirische Studien, die den Einfluss des Market Timings und weiterer Einflussfaktoren auf die Kapitalstruktur grofier borsennotierter Unternehmen analysieren und damit Ruckschlusse auf das Finanzierungsverhalten zulassen. Die vorliegende Arbeit von Frau Hermanns schliefit diese Lucke. Zunachst stellt Frau Hermanns die einflussreichsten Theorien zur optimalen Kapitalstruktur, beginnend mit der Irrelevanztheorie von Miller & Modigliani bis hin zu den jungeren Market Timing-Ansatzen, vor und wertet diese im Hinblick auf ihre praktische Relevanz. Nachfolgend wird eine Klassifizierung der wichtigsten Einflussfaktoren der Kapitalstruktur anhand einer Bottom Down-Betrachtung entwickelt und mit den jeweiligen theoretischen Begrundungen kontrastiert. Basierend auf den vorgenannten Resultaten fuhrt Frau Hermanns eine eigene empirische Studie zu Finanzierung, Kapitalstruktur und deren Einflussfaktoren durch. Die Ergebnisse dieser empirischen Studie lassen darauf schliefien, dass die jungere Borsenphase zu keiner wesentllchen Veranderung des Finanzierungsverhaltens grower deutscher borsennotierter Unternehmen gefuhrt hat. Insgesamt ist festzustellen, dass die durch die Bdrsennotierung vorhandenen Moglichkeiten der Eigenkapitalfinanzierung nur sehr restriktiv angewandt wurden und die Auspragung des Market Timing Verhaltens fur die untersuchten Unternehmen eher geringfugig ist. VII

Mit der Verknupfung finanzierungstheoretischer Modelle zur optimalen Kapitalstruktur, internationaler empirischer Ergebnisse sowie einer eigenen empirischen Studie zum Finanzierungsverhalten borsennotierter Untemehmen gelingt Frau Hermanns eine theoretisch anspruchsvolle wie praktisch bedeutsame Arbeit. Insgesamt bietet die Arbeit dem Leser einen sehr guten Uberblick uber die umfangreiche Literatur zu den Theorien zur optimalen Kapitalstruktur sowie eine ausgezeichnete Darstellung der empirischen Ergebnisse der durchgefuhrten Studie. Ich wunsche der Arbeit deshalb eine gute Aufnahme und weite Verbreitung in Wissenschaft und Praxis. Prof. Dr. Michael Nelles

VIII

Vorwort Seit dem bahnbrechenden Beitrag uber die Irrelevanz der Finanzierung aus dem Jahr 1958 von Modigliani und Miller, der den Grundstein fur die moderne Entwicklung der CorporateFinance-Theorie legte, folgte eine langjahrige Auseinandersetzung uber die optimale Kapitalstruktur. Trotz fast funfzigjahriger intensiver Beschaftigung mit der Theorie der Kapitalstruktur konnten bis zum heutigen Tage keine abschlieflenden universellen Erklarungsmodelle entwickelt werden. Zwar ist auch zukunftig eine die Kapitalstruktur erklarende, allgemein gultige Theorie nicht zu erwarten. Die aktuelleren Market Timing-Theorien stellen jedoch einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Finanzierungstheorien dar, weil sie die an den Kapitalmarkten vorfindbaren Realitaten von Marktunvollkommenheiten mIt damit einhergehenden unterschiedlichen Konditionen fur Finanzierungstitefn integrieren. Ausschlaggebend fur die Erstellung dieser Arbeit waren insbesondere die jungeren amerikanischen Forschungsergebnisse zum Einfluss von Market Timing auf die Kapitalstrukturen von borsennotierten Unternehmen. Bedingt durch die eigene berufliche kapitalmarknahe Tatigkeit stellte sich die Frage, welche Bedeutung Market Timing auf deutsche borsennotierte Unternehmen hat und welche weiteren Faktoren die Finanzierung borsennotierter grofier Unternehmen in Deutschland beeinflussen. Die historisch einmalige Borsenphase Ende der neunziger Jahre mit stark differierenden Borsenbewertungen, bildete ein sehr gutes Fundament zur Analyse und Beantwortung dieser spannenden Fragen.

Die vorliegende Arbeit wurde am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universitat Wuppertal als Dissertation angenommen. Julia Hermanns

IX

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

XI

Abbildungsverzeichnis

XVM

Tabellenverzeichnis

XIX

Abkiirzungsverzeichnis

XXI

Symbolverzeichnis

XXV

Ubersetzung der Englischen Begrlffe

XXIX

1

2

Einleitung

1

1.1 Problemstellung

1

1.2 Zielsetzung, Abgrenzung und Gang der Arbeit

6

Klassische Theorien zur optimalen Kapltalstruktur

11

2.1 Vorbemerkungen

11

2.2 Theorie der Irrelevanz der Kapitalstruktur

13

2.2.1 Grundlagen der neoklassischen Finanzierungstheorie

13

2.2.2 Die Irrelevanz der Kapitalstruktur

14

2.2.3 Annahmen

14

2.2.4 Thesen

15

2.2.5 Kritik

18

2.2.6 Kritische WCirdigung

21

2.3 Theorie der Kapitalstruktur basierend auf der Trade-off-Theorie 2.3.1 Steuern

23 23

2.3.1.1 Der Einfluss von Steuern

23

2.3.1.2 Irrelevanz der Besteuerung im Kapitalmarktgleichgewicht

26

2.3.1.3 Exkurs: Neue Erkenntnisse zur Thematik Besteuerung und Kapitalstruktur

30

2.3.2 Konkurs

31

2.3.2.1 Der Einfluss von Konkurskosten

31

2.3.2.2 Direkte und indirekte Konkurskosten

33

2.3.3 Trade-off-Theorie

35

2.3.4 Kritische Wurdigung

38 XI

2.4 Theorien der Kapitalstruktur basierend auf Ansatzen der Agency-Theorie 2.4.1 Die Agency-Theorie in der neoinstitutionalistischen Finanzierungstheorie

40

2.4.2 Konflikte zwischen Anteilseignern und Managern

42

2.4.2.1 Konsumthese

42

2.4.2.2 Free-Cashflow-These

44

2.4.2.3 Uber- und Unterinvestitionsthese

47

2.4.2.4 Liquidationsverschleppungsthese

49

2.4.3 Konflikte zwischen Anteilseignern und Glaubigern

50

2.4.3.1 These des Vermogenstransfers

50

2.4.3.2 Unterinvestitionsthese

53

2.4.3.3 These der Reputationseffekte

58

2.4.4 Kritische Wurdigung

60

2.5 Theorie der Kapitalstruktur basierend auf asymmetrischer Information

63

2.5.1 Theorie der asymmetrischen Information

63

2.5.2 Die Signaling-Theorie

65

2.5.2.1 Vorbemerkungen

65

2.5.2.2 Signalisierung nach Ross

66

2.5.2.3 Signalisierung nach Leiand und Pyle

67

2.5.2.4 Kritische Wurdigung

69

2.5.3 Die Pecking-Order-Theorie

69

2.5.3.1 Finanzierungshierarchie

3

40

69

2.5.3.2 Modellbeispiel von Myers und Majluf

72

2.5.3.4 Kritische Wurdigung

76

2.6 Zusammenfassung

78

Neuere Theorien zur Kapitalstruktur

83

3.1 Vorbemerkungen

83

3.2 Theorien zur Kapitalstruktur basieren auf produkt- und marktspezifischen Modellen zur Kapitalstruktur

85

3.2.1 Vorbemerkungen

85

3.2.2 Kapitalstruktur und Produkt-ZMarktspezifika

87

3.2.2.1 Kapitalstruktur, Produktpolitik und Konkurskosten

87

3.2.2.2 Kapitalstruktur und Produktqualitat

89

3.2.3 Kapitalstruktur und kompetitive Produkt- und Wettbewerbsstrategie

92

3.2.3.1 Kapitalstruktur und Wettbewerbsstrategie

92

3.2.3.2 Kapitalstruktur und kooperatives Verhalten

96

3.2.4 Exkurs: Empirische Evidenz industriespezifischer Kapitalstrukturen 3.2.5 Kritische Wurdigung

97 100

XII

3.3 Theorien zur Kapitalstruktur basierend auf dem Markt fur ..Corporate Control"

103

3.3.1 Vorbemerkungen

103

3.3.2 Markt fur Unternehmenskontrolle

105

3.3.3 Kapitalstruktur bei Ubernahmegefahrdung nach Harris und Raviv (1988).... 107 3.3.4 Kapitalstruktur bei Ubernahmegefahrdung nach Stuiz (1988)

Ill

3.3.5 Kritische Wurdigung

112

3.4 Theorien zur Kapitalstruktur basierend auf dynamischen. Windows-of-Opportunity und Market Timing Modellen 3.4.1 Vorbemerkungen

114

3.4.2 Kapitalstruktur und dynamische Anpassungsprozesse

117

3.4.2.1 Anpassungsgeschwindigkeit und Einflussfaktoren

117

3.4.2.2 Bandbreite der Kapitalstrukturen

118

3.4.2.3 Dynamischer Anpassungsprozess

120

3.4.3 Kapitalstruktur und Windows-of-Opportunity-Theorie

125

3.4.3.1 Borsengange und langfristige Performance

125

3.4.4.2 Sekundarmarkttransaktionen und langfristige Performance

128

3.4.4 Kapitalstruktur und Einfluss des Market Timings 3.4.4.1 Borsenbewertung und Market Timing

130 130

3.4.4.2 Makrookonomische Faktoren und Market Timing

135

3.4.4.3 Globales Emissionsverhalten und Market Timing

138

3.4.5 Kritische Wurdigung

141

3.5 Weitere Theorieansatze zur Kapitalstruktur

4

114

143

3.5.1 Kapitalstruktur und strategische Aspekte

143

3.5.2 Kapitalstrukturen und verhaltenspsychologische Aspekte

146

3.5.3 Kapitalstrukturen und diskretionarer Freiraum des Managements

147

3.5.4 Kapitalstrukturen und Falligkeitsstruktur des Fremdkapitals

150

3.6 Zusammenfassung

154

Einflussfaktoren der Kapitalstruktur: Uberblick und Ergebnisse

159

4.1 Vorbemerkungen

159

4.2 Trade-off-Theorie versus Pecking-Order-Theorie

160

4.3 Ubersicht und Klassifizierung der Einflussfaktoren der Kapitalstruktur

164

4.4 Externe ubergeordnete Faktoren

169

4.4.1 Institutionelle Rahmenbedingungen

169

4.4.2 Makrookonomische Bedingungen

175

4.5 Externe firmenspezifische Einflussfaktoren

176

4.5.1 Kredit-Rating

176

4.5.2 Borsenbewertung

180 XIII

4.6 Interne firmenspezifische Faktoren

182

4.6.1 Profitabilitat

182

4.6.2 Grofte

184

4.6.3 Aniageintensitat

185

4.7 Interne Finanzierungsprioritaten: Studie von Graham und Harvey (2002)

187

4.8 Exkurs: Bisherige empirische Ergebnisse zu Kapitalstrukturen und dem Finanzierungsverhalten deutscher Unternehmen

198

4.8.1 Befragungsstudien

198

4.8.1.1 Drobetz, Pensa und Wohle (2004)

198

4.8.1.2 Siemens Financial Services Studie (2002)

199

4.8.2 Empirisch-okonometrische Studien....

....201

4.8.2.1 Rajan und Zingales (1995)

201

4.8.2.2 Schwiete und Weigand (1997)

202

4.8.2.3 Kremp, Gerdesmeier und Stoss (1999)

204

4.8.2.4 Ramb(1998)

205

4.8.3 Weitere empirische Studie: Stehle (1994)

208

4.8.4 Zusammenfassung

209

4.9 Fazit 5

211

Eigene empirische Untersuchung zur Kapitalstruktur und zum Market TimingVerhaiten borsennotierter Unternehmen in Deutschland

215

5.1 Vorgehensweise

215

5.2 Aktienperformance und Bewertungsniveaus in Deutschland

216

5.3 Daten, Auswahlkriterien und Untersuchungszeitraum

220

5.4 Analyse der Kapitalstrukturen und Finanzierung

225

5.4.1 Systematik, Aufbau und Ziel der Untersuchung 5.4.2 Ergebnisse und Interpretation

225 227

5.4.2.1 Entwicklung der durchschnittlichen Kapitalstrukturen

227

5.4.2.2 Aufteilung der Eigenkapitalquote

230

5.4.2.3 Veranderung der Kapitalstruktur auf Unternehmensebene

231

5.4.2.4 Analyse der Finanzierung des Bilanzwachstums

234

5.4.3 Fazit

236

5.5 Analyse zum Market Timing-Verhalten

237

5.5.1 Moglichkeiten des Market Timings

237

5.5.2 Systematik, Aufbau und Ziel der Untersuchung

241

5.5.3 Bewertungskennziffer

244

5.5.4 Ergebnisse und Interpretation

246

5.5.5 Fazit

250 XIV

5.6 Regression

252

5.6.1 Systematik, Aufbau und Ziel der Untersuchung

252

5.6.2 Exogene und endogene Variablen sowie deskriptive Statistik

253

5.6.3 Modellbeschreibung

256

5.6.4 Ergebnisse und Interpretation

6

261

5.7 Fazit

268

Schlussbetrachtung

271

Anhang mit Anhangverzeichnis

281

Literaturverzeichnis

323

XV

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:

Eigen- und Fremdkapitalbesteuerung

25

Abbildung 2:

Trade-off-Theorie (in Aniehnung an Perridon/Steiner 2004)

37

Abbildung 3:

Investitionsentscheidung bei reiner Eigenkapitalfinanzierung unter Zustandsabhangigkeit (in Aniehnung an Myers 1977)

Abbildung 4:

54

Investitionsentscheidung bei teilwelser Fremdflnanzierung unter Zustandsabhangigkeit (in Aniehnung an Myers 1977)

56

Abbildung 5:

Einflussfaktoren der Kapitalstruktur

166

Abbildung 6:

Unternehmen in Prozent mit fixer oder flexibler Zielkapitalstruktur (in Aniehnung an Graham/Harvey 2002)

188

Abbildung 7:

Einflussfaktoren der Fremdkapitalpolitik (in Aniehnung an Graham/Harvey 2002)

Abbildung 8:

190

Einflussfaktoren der Eigenkapitalpolitik (in Aniehnung an Graham/Harvey 2002)

194

Abbildung 9:

Absolute DAX-Performance seit 1988

216

Abbildung 10:

KGV-Entwicklung DAX 1988-2003

218

Abbildung 11;

Markt-/Buchbewertung des DAX ab 1996

219

Abbildung 12:

Unternehmen mit fixer oder flexibler Zielkapitalstruktur (eigene empirische Untersuchung)

233

Abbildung 13:

Anzahl der Unternehmen in Prozent, die Kapitalerhohungen durchgefiJhrt haben (unbalanced)

Abbildung 14:

Anzahl der Unternehmen in Prozent, die Aktienruckkaufe getatigt haben (unbalanced)

Abbildung 15:

247

248

Anzahl der Unternehmen in Abhangigkeit der Art und Haufigkeit der Kapitalmafinahme (unbalanced)

248

Abbildung 16:

Market Timing bei Kapitalerhohungen (unbalanced)

249

Abbildung 17:

Market Timing bei Aktienruckkaufen (unbalanced)

250

XVII

Tabellenverzeichnis Tabelle 1:

Korperschaftsteuervorteil der Fremdfinanzierung

23

Tabelle 2:

Investitionsentscheidung bei eigenfinanzierten Untemehmen

51

Tabelle 3:

Investitionsentscheidung bei teilweise fremdfinanzierten Unternehmen

51

Tabelle 4:

Ausgangsbilanz bei Eigenfinanzierung (in Aniehnung an Myers 1977)

54

Tabelle 5:

Bilanz nach Investition bei Eigenfinanzierung (in Aniehnung an Myers 1977)

55

Tabelle 6:

Ausgangsbilanz bei Fremdfinanzierung (in Aniehnung an Myers 1977)

55

Tabelle 7:

Bflanz nach Investition bei Fremdfinanzierung (in Aniehnung an Myers 1977)

56

Zustande A und B (in Aniehnung an Myers/Majluf 1984)

73

Unternehmenswert in Abhangigkeit der Zustande A und B (in Aniehnung an Myers/Majluf 1984)

74

Tabelle 8: Tabelle 9:

Tabelle 10

Unternehmenswertanteil bei Eigenkapitalemission (in Aniehnung an Myers/Majluf 1984)

Tabelle 11

Unternehmenswertanteil bei Finanzierung durch liquide Mittel (in Aniehnung an Myers/Majluf 1984)

Tabelle 12

Tabelle 14

75

Industriespezifische Fremdkapitalquoten im Zeitraum 1989-1993 (in Aniehnung an Barclay/Smith/Watts 1995)

Tabelle 13

75

Empirische Studien zur langfristigen Performance von Neuemissionen

99 128

Empirische Studien zur langfristigen Performance von Sekundarmarkttransaktionen

129

Tabelle 15:

Pecking-Order-Theorie versus Trade-off-Theorie

162

Tabelle 16:

Internationale empirische Ergebnisse zu den Einflussfaktoren des Verschuldungsgrades

Tabelle 17:

167

Internationale durchschnittliche Finanzierungsstrukturen von 1978 bis 1990 (in Aniehnung an Schwiete/Weigand 1997)

Tabelle 18:

Tabelle 19:

169

Internationale durchschnittliche Finanzierungsstrukturen von 1991 (in Aniehnung an Rajan/Zingales 1995)

171

Bank- und marktorientierte Finanzsysteme

172

XIX

Tabelle 21:

Empirische Ergebnisse zur Finanzierung deutscher Unternehmen und deren Einflussfaktoren

210

Tabelle 22:

Banken- und Versicherungswerte im DAX und MDAX

222

Tabelle 23:

Unternehmen mit eingeschrankten Dateninformationen

222

Tabelle 24:

Stichprobe der DAX- und MDAX-Unternehmen fur die eigene empirische Untersuchung

223

Tabelle 25:

Anzahl der Unternehmen fur die eigene empirische Untersuchung

223

Tabelle 26:

Entwicklung der durchschnittlichen Kapitalstrukturen (balanced)

227

Tabelle 27:

Entwicklung der durchschnittlichen Kapitalstrukturen (unbalanced)

228

Tabelle 28:

Anzahl der Unternehmen in Abhangigkeit der Hohe der durchschnittlichen Eigenkapitalquote

230

Tabelle 29:

Klassifizierung der Unternehmen in Abhangigkeit der Variation der Eigenkapitalquote

Tabelle 30:

231

Aggregierte Veranderung der jeweiligen Passivpositionen seit Anfangsjahr

234

Tabelle 31:

Deskriptive Statistik

256

Tabelle 32:

Statistische Modellvarianten

261

XX

Abkurzungsverzeichnis A

Assets

AA

Rating-Einstufung von S&P (gute bis sehr gute Bonitatsbeurteilun

AG

Aktiengesellschaft

AktG

Aktiengesetz

Amex

American Stock and Options Exchange

AR

Aktienruckkauf

Aufl.

Auflage

(B)

Abhangige Variable basierend auf Umsatz- oder Bilanzwachstum

B

Book Value

BB

Rating-Einstufung von S&P (ausreichende Bonltatsbeurteltung)

Bd.

Band

BRD

Bundesrepublik Deutschland

Bzgl.

bezuglich

bzw.

beziehungsweise

d. h.

das heiflt

EBIT

Earnings before Interest and Taxes

EBITDA

Earnings before Interest, Tax, Depreciation and Amortization

EBT

Earnings before Tax

f.

folgende

ff.

fortfolgende

c. p.

ceterus paribus

D

Debt

DAI

Deutsches Aktieninstitut

DAX

Deutscher Aktien Index

d. h.

das heifit

DM

Derzeitiges Management

E

Equity

EK

Eigenkapital

etc.

et cetera

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

FE

Fixed-Effects-Modell

FK

Fremdkapital

GE

Geldeinheiten

G7

Lander der G7 Gemeinschaft

HM

Hausman-Test

ggf-

gegebenenfalls XXI

i. d. R.

in der Regel

IPO

Initial Public Offering (Borsengang)

KE

Kapitalerhohung gegen Bareinlagen

KGV

Kurs-Gewinn-Verhaltnis

KM

Konkurrierendes Management

KonTraG

Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Untemehmensbereich

LBO

Leverage Buyout

Log

Logarithmus

M

Marktwert

MBA

Master of Business Administration

MAX

Maximum

M&A

Mergers and Acquisitions

M/B

Markt-ZBuchbewertung

MDAX

(Midcap) Deutscher Aktien Index

MIN

Minimum

M&M

Modigliani und Miller

MW

Mittelwert

Mw

Marktwert

NASDAQ

National Association of Securities Dealers Automated Quotation System

n. s.

nicht signifikant

NYSE

New York Stock Exchange

OLS

Ordinary Least Square

PV

Personliche Vorteile

p. a.

per anno

P/E

Price Earnings Ratio

PPE

Plant Property Equipment

RE

Random-Effects-Modell

RE

Retained Earnings

s.

signifikant

S.

Seite

S

Sales

SDAX

Smallcap Deutscher Aktien Index

S&P

Standard & Poor's

Tab.

Tabelle

TECDAX

Tec Deutscher Aktien Index

u.a.

unteranderem

U. K.

United Kingdom XXII

us

United States

USA

United States of America

vgl.

vergieiche

(W)

Abhangige Variable basierend auf Umsatz- Oder Bilanzwachstum

z. B.

zum Beispiel

zu

Zustande

XXIII

Symbolverzeichnis a

Anteil

'a

Regressionskonstante

A

Bilanzsumme

h^

Regressionskoeffizienten der erklarenden Variablen

d

Gesamte Verbindlichkeiten

D

Fremdkapital

D,

Fremdkapitalanteil des Unternehmens 1

Z),

Firmenspezifische Effekte

^/

Fremdkapitalwert des Unternehmens j

D,

Zeitspezifische Effekte

DM

Derzeitiges Management

e

Effektive Kapitalerhohung/Senkung des Eigenkapitals

c^;7

Zu vemachlassigende statistische Restgrofle

<:Mog(5')

Logarithmus der Umsatze

E

Eigenkapital

./

Funktion

/

Unternehmen

/;

Erwartete Eigenkapitalrendite

/

Investition

./

Jahr

KM

Konkurrierendes Management

log

Logarithmus

L-j

Tatsachliche Kapitalstruktur

/.*,

Optimale Kapitalstruktur

A///8

Markt-ZBuchbewertung

M

Marktwert

P

Wahrscheinlichkeit

P^

Marktrate der Risikoklasse k

P

Ruckzahlungsbetrag des risikobehafteten Fremdkapitals

PI

Passive Investoren

PV

Personliche Vorteile

XXV

q^

Produkt 1

r

Zins

TQ

Rendite der steuerfreien Staatsanleihen

r,.

Korperschaftsteuersatz Von den Investoren geforderte Rendite der steuerpflichtigen

roi^)

Untemehmensanleihen

R*

Relative Performance der Neuemissionen zum Vergleichsportfoiio

R**

Unterdurchschnittliche Rendite der Neuemissionen im Verhaltnis zu vergleichbaren Performance bereits borsennotierter Unternehmen oder im Vergleich zur Performance der jeweiligen Borsenindizes

/?'

Gewinn des Untemehmens i

R'._,

Gewinn des Unternehmens i in Abhangigkeit der Zufallsvariablen z,

fs{^)

Rendite der steuerpflichtigen Untemehmensanleihen

r/,/^

Einkommensteuersatz des Investors

rD

Zu zahlende Fremdkapitalzinsen

A|

Anteilswert der Anteilseigner am Unternehmen 1

SI

Eigenkapitalwert des Unternehmens j

5",

Aktienkapital des Unternehmens 1

/

Zeitpunkt

T(^Tr

Korperschaftsteuer Individuelle Einkommensteuer fur Zinseinnahmen und ausgeschuttete Gewinne

T,>i.-

Individuelle Einkommensteuer auf Veraufierungsgewinne

^„

Firmenspezifische, aber nicht zu beobachtende zeitinvariante Einflijsse

u

Weitere firmen- und zeitspezifische Einflussfaktoren

U

Unternehmen

^,

Unternehmen 1

\^uj

Storterm in Abhangigkeit des Unternehmens U im Jahr ./

V

Unternehmenswert

V{a)

Payoff des Managements in Abhangigkeit ihres Anteils a

V^

Unternehmenswert des existierenden Vermogens

^ALT

Unternehmenswertanteil der existierenden Anteilseigner XXVI

Vj)

Wert des emittierten Fremdkapitals

V^

Wert des Eigenkapitals

VQ

Barwert der zukunftigen Wachstumsmoglichkeiten

Vi

Eigenkapitalwert des Unternehmens i

Vf

Marktwert des Unternehmen j

^Neu

Unternehmenswertanteil der neuen Anteilseigner

Vzu

Unternehmenswert in Zustandsabhangigkeit

IVj

Fremdkapitalwert des Unternehmens i Kapitalisierte erwartete Gewinne vor Abzug der Fremdkapitalzinsen des Unternehmens j

X

Geringe Hinweise fur die Gultigkeit der jeweiligen Theorie

XXX

Signifikante Hinweise fur die Gultigkeit der jeweiligen Theorie

y

Einkommen der jeweiligen Anteilseigner

Y.,

Optimaler Verschuldungsgrad des Unternehmen i zur Zeit t

/j

Unabhangige zeitspezifische Effekte

Y-i,

Einflussfaktoren fur den Anpassungsparameter S^, und die Kapitalstruktur

Vij

Verschuldungsgrad des Unternehmens U im Jahr ./

Y\

Cashflow bei Eintritt des Szenarios 1

Zj

Zufallsvariable Zufallsvariable, bei der gerade die Kreditverpfiichtungen erfullt werden konnen

zu\

Zustand 1

Z-,

Ein Vektor von Variablen

Z -I,

Erklarende Variablen des Anpassungsparameters S.,

|z,zj

Intervall der Zufallsvariablen z-

0

Nicht getestet Veranderung der Position Gewinnrucklagen und anderer Eigenkapital-

ARE

positionen Anpassungsparameter in Abhangigkeit von Unternehmen /' zur Zeit t, welcher den Geschwindigkeitsgrad der Anpassung per Periode anzeigt

XXVII

Signifikanzniveau des jeweiligen Testverfahrens 10 % (Anhang 5 & 6) Signifikanzniveau des jeweiligen Testverfahrens 5 % (Anhang 5 & 6) Signifikanzniveau des jeweiligen Testverfahrens 1 % (Anhang 5 & 6)

XXVIII

Ubersetzung der Englischen Begriffe Adverse Selection

Anti- bzw. Gegenselektion

Agency

Vermittlung bzw. Vertretung

Agency Costs

Vermittlungs- oder Vertretungskosten

And

Und

Asset Backed

Durch Vermogenswerte besichert

Assets

Vermogen, Bilanzsumme

Asset Substitution

Vermogenstransfer

Balanced

Datensatz, bei dem fur alle Untersuchungseinheiten Beobachtungen fur die gleichen Zeitpunkt vorliegen

Behavioral Finance

Verhaltenspsychologische Aspekte der FInanzierung

Book Leverage

Fremdkapitanteil gemessen zur Bilanzsumme

Bottom Down

Von oben nach unten

Capital-Asset-Pricing-Modell

Preissetzungsmodell fur Kapitalanlagen von Markowitz, welches den Zusammenhang zwischen Risiko und Ertrag auf dem Kapitalmarkt untersucht

Cash

Barmittel

Cash Management

Management der liquiden Mittel

Cash Flow

Berechnung der verfugbaren Mittel nach Kapitalflufirechnung

Chief Executive Officer (CEO)

Vorstandsvorsitzender

Civil Law

Burgerliches Recht basierend auf dem romischen Recht

Commercial Paper

Kommerzielle Wechsel bzw. Schatzbriefe

Common Law

Burgerliches Recht basierend auf Prazedenzfallen

Contracting Cost

Vertragliche Kosten

Cost of Capital

Kapitalkosten

Corporate

Grofiunternehmen oder Konzern

Corporate Action Calender

Aktionskalender der Unternehmensdaten beinhaltet (Bezeichnung fur Informationsprogramm von Bloomberg)

Corporation

Amerikanische Rechtsform Kapitalgesellschaft

Corporate Finance

Finanzwissenschaften der Unternehmen

Corporate Governance

Kodex der Unternehmensfuhrung

Corporate Control

Kontrollverteilung bzw. Aufteilung der Verfugungsrechte

Covenants

Vertraglich geregelte Kreditverpflichtungen

Crash

Zusammenbruch

Credit Spread

„Kredit Spanne" - Risikopramie, die der Kaufer dem Emittent einer Anieihe zahlen muss. XXIX

Debt

Fremdkapital

Debt-Equity

Verhaltnis von Eigen- zu Fremdkapital

Delegated Monitoring

Delegierte Uberwachung

Depreciation

Abschreibung

Earnings

Ergebnis

Earnings before Taxes

Ergebnis vor Steuern

Earnings before Interests and ... Taxes

Ergebnis vor Zinsen und Steuern

Earnings before Interests, ... Taxes and Depreciation

Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen

Empire Building

Streben des Managements nach Machterweiterung

Enterprise Value

Unternehmenswert

Entrenched

Verschanzt bzw. eingegraben

Entrenchment

Verschanzung bzw. Eingrabung

Entrenchment Reducing Shocks

Ereignisse, welche den diskretionaren Spielraum des Managements einschranken.

Equity Fundamentals

Fundamentaldaten zu den Bilanz, GuV- und Cash-Flow Daten (Bezeichnung fur Informationsprogramm von Bloomberg)

Euromoney

Englische Finanzzeitschrift

Factoring

Aufkauf von Forderungen

Fast Exit

Schneller Austritt

Financial Executive Institute

Amerikanischer Verband, welcher uber 8000 Finanzmanagern und Finanzvorstande amerikanischer und kanadischer Unternehmen umfasst.

Fixed-Effects-Modell

Modell der fixen Effekte (statistisches Modell)

Following the Leader

Dem Fuhrenden folgend

Fortune 500

Von der Zeitschrift Fortune veroffentliche jahrliche Liste der 500 groflten amerikanischen Unternehmen.

Free-Cash-Flow

Berechnung - basierend auf der Kapitalflussrechnung der einem Unternehmen frei zur Verfugung stehenden Mittel.

Free Float

Freier Streubesitz borsennotierter Gesellschaften

Generalized Method of Moments

Verallgemeinerte Momentenmethode (statistische Methode)

Golden Parachutes

„Goldene Fallschirme" - attraktive Abfindungsregein fur Vorstande bzw. Management von Unternehmen XXX

Going Concern Going Private

Fortfijhrungsprinzip. Borsennotierte Unternehmen, die ihr Borsenlisting ruckgangig machen

Growth Opportunities

Wachstumsmoglichkeiten

Hidden Information

Versteckte Informationen

Hidden Action

Versteckte Aktionen

Historic Prices

Historische Preise (Bezeichnung fiir Informationsprogramm von Bloomberg)

History Wizard

Historische Rechenkunst (Bezeichnung fur

Investment Grade Rating

Kreditrating der etablierten Ratingagenturen, die eine gu-

Informationsprogramm von Bloomberg) te bis sehr gute Bontitat des Schuldners deflnlert. Internal Rate of Return

Interne ZInsfulimethode

Junk Bonds

Schrottanleihen

Leader

Fuhrer bzw. fuhrendes Unternehmen

Legal Fiction

Rechtliche Fiktion

Leverage

Verhaltnis von Eigen- zu Fremdkapital

Leverage Buyout

Uberwiegend mit Fremdkapital finanzierte

Limited Liability

Beschrankte Haftung

Managerial Entrenchment

Verschanzung bzw. Eingrabung des Managements bzw.

Unternehmensubernahme

Nutzung des diskretionaren Spielraums durch das Management Market/Book

Markt-Buch-Bewertung

Market for Corporate Control

Markt fijr Unternehmenskontrolle

Market Leverage

Fremdkapitalanteil gemessen zum Unternehmenswert

Market Timing

Richtig Wahl des Zeitpunktes im Hinblick auf die Marktkonditionen

Master of Business...

Betriebswirtschaftlicher Hochschulabschluss

Administration (MBA) Maturity Matching

Fristenkongruenz

Managerial Behavior

Managementverhalten

Mergers and Akquisition

Unternehmenskaufe, -verkaufe und Fusionen

Monitoring

Kontrolle bzw. Uberwachung

Most Admired

Am meisten bewundert

Moral Hazard

„Moralisches Risiko" - beschreibt das Problem, dass der Auftragnehmer bzw. das Management (Agent) nach VerXXXI

tragsabschluss nicht im vollem Umfang im Interesse der Auftragsgeber bzw. der Anteilseigner (Prinzipal) handelt. Multiples

„Vielfache" - Unternehmensbewertungskennziffern, welche auf einer vergleichenden Kennzifferbewertung beruhen.

Net Present Value Methode

Barwertmethode

Net Equity Issues

Nettoeigenkapitalemission

Non Debt Tax Shields

Steuervorteile, welche nicht auf Fremdkapital beruhen, sondern beispielsweise aus der Investitions- bzw. Abschreibungspolitik eines Unternehmens resultieren.

Non Investment Grade Rating

Kreditrating der etablierten Ratingagenturen, die eine schlechte Bontitat des Schuldners definiert

Ordinary Least Square Method

Methode der kleinsten Quadrate (statistische Methode)

One Share One Vote

Eine Stimme je Aktie

Ownership Claims

Rechtsanspruche der Anteilseigner oder Kreditgeber

Ownership Structure

Gesellschafterstruktur

Pay Back

Ruckzahlung

Pay Off

Auszahlung

Plant Property Equipment

Sachanlagevermogen

Poison Pills

„Vergiftungstabletten" - Begriff, der die Implementierung von Schutzvorrichtungen bei drohenden Unternehmensubernahmen beschreibt

Paneldata

Statistische Modelle fur Paneldaten betrachten die Beziehung okonomischer Grofien fur diverse Erhebungseinheiten (Querschnitt) uber einen langeren Zeitraum (mindestens zwei Perioden oder Zeitpunkte)

Pecking-Order

Hackordnung bzw. Finanzierungshierarchie

Power Plant Equipment

Sachanlagevermogen

Property-Rights

Eigentums-, Handlungs- oder Verfugungsrechte

Prinzipal-Agent-Theory

Theorie, die das Handein von Menschen innerhalb Hierarchien erklaren, bzw. generelle Aussagen zu Gestaltung von Vertragen formulieren

Prinzipal-Agent

AuftraggeberZ-nehmerbeziehung

Random-Effects-Modell

Modell der zufalligen Effekte (statistisches Modell)

Retained Earnings

Einbehaltene Gewinne

Return on Investment

Rendite eines Investments

Shareholdervalue

Anteils- oder Aktionarswert XXXII

Security Data Corporation

Amerikanisches Unternehmen welches Aktiendaten und -informationen bietet

Signaling

Signalisierung

Tax Shields

Steuervorteile, welche aus der Abziehbarkeit der Fremdkapitalzinsen resultiert

"The Cost of Capital, Cor-

Kapitalkosten, Unternehmensfinanzierung und die

poration Finance and the...

Investitionstheorie

Theory of Investment." "Theory of the Firm: Managerial... Theorie der Unternehmen: Managementverhalten, Behavior, Agency-Costs and...

Agencykosten und Gesellschafterstruktur

Ownership Structure" "There Is no universal theory of... Es existlert kelne Universaltheorle zur Erklarung der debt-equity choice and no reason, Eigen- und Fremdkapitalwahl und keine Grund eine to expect one."

Solche zu erwarten

Time-State-Preference-Modells

Erwartungsnutzengleichgewichtsmodell

Trade-Off

Abwagung

Treasury Bills

Staatliche Wechsel bzw. Geldmarktpapiere

Unbalanced

Datensatz, bei dem eine unterschiedliche Anzahl von Untersuchungseinheiten fur die gleichen Zeitpunkt vorliegen

Universal Theory

Universelle Theorie

Valuation

Bewertung

„What doesn't matter can also

Aus der Erkenntnis, was nicht relevant ist lasst sich die

show by implication, what does."

Schluflfolgerung Ziehen, was relevant ist

Windows-of-Opportunity

„Zeitfenster" - Begriff umschreibt die Praxis eines opportunistischen Verhaltens in Abhangigkeit von Marktoder Zeitphasen

XXXIII

1

Einleitung

1.1

Probiemstellung

Die wohl wichtigste Entscheidung von Finanzvorstanden betrifft die Wahl der Kapitalstruktur, welche die Zahlungsfahigkeit langfristig sichern, das Finanzierungsrisiko und die Kapitalkosten minimieren und den Untemehmenswert maximieren soil. Die Fragen, ob eine optimale Kapitalstruktur^ existiert, von welchen Faktoren die Wahl der Kapitalstruktur beeinflusst wird und nach welchen Kriterien Unternehmen ihre Finanzierungsentscheidungen treffen, sind seit nunmehr uber funfzig Jahren zentraler Untersuchungsgegenstand der Finanzwissenschaften. Ausgehend von dem bahnbrechenden Beitrag uber die Irrelevanz der FInanzlerung aus dem Jatir 1958 von Modfgliani und Miner, der den Grundstein fur die moderne Entwicklung der Corporate-Finance-Theorie legte, folgte eine langjahrige, intensive Auseinandersetzung uber die optimale Kapitalstruktur.^ Die weitreichende Bedeutung dieses Themas ist anhand der Prasenz in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur eindeutig nachzuvollziehen. So befinden sich unter den international bekanntesten funfundzwanzig wirtschaftswissenschaftlichen Veroffentlichungen gleich zwei Arbeiten, die sich mit der Theorie der Kapitalstruktur beschaftigen, und insgesamt zahlen die Veroffentlichungen zur optimalen Kapitalstruktur zu der am haufigsten zitierten wirtschaftswissenschaftlichen Literatur.^ Die Verleihung des Nobelpreises an Morton Howard Miller \v(\ Jahr 2000 fur seine grundlegenden wissenschaftlichen Beitrage zur Theorie der Unternehmensfinanzierung und Kapitalstruktur hebt die Bedeutung der Diskussion uber die optimale Kapitalstruktur eindrucksvoll hervor. Die von Modigliani und Miller \ra Jahr 1958 aufgestellte These der Irrelevanz der Finanzierung unterstellte, dass in einer irrealen Welt ohne Steuern, Informations- und Transaktionskosten jede Kapitalstruktur gleich gut ist, da Veranderungen der Kapitalstruktur keine Auswirkungen auf den Untemehmenswert haben. Unter diesen Pramissen ist es irrelevant, ob ein Unternehmen Eigen- oder Fremdkapital zur Finanzierung verwendet. Trotz kontroverser Diskussion behielt das Modell unter den gesetzten restriktiven Pramissen des vollkommenen Marktes Gultigkeit/ Als optimale Kapitalstruktur wird im Rahman dieser Arbeit eine Kapitalstruktur definiert, die eine optimale Aufteilung zwischen Eigen- und Fremdkapitaltitein bei Maximierung des Unternehmenswertes erreicht. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 261 ff. Die zwei bekanntesten Veroffentlichungen zur Theorie der Kapitalstruktur sind die Irrelevanzthesen von Modigliani und Miller aus dem Jahr 1958 mit dem Titel: „The cost of capital, corporation finance and the theory of investment" und die bekannte agency-theoretische Arbeit von Jensen und Meckling aus dem Jahr 1976 mit dem Titel: „Theory of the firm. Managerial behavior, agency costs and ownership structure", vgl. Diamond (1988), S. 12, Modigliani/Miller (1958), S. 261 ff., Jensen/Meckling (1976), S. 305 ff. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 261 ff. 1

In der Realitat jedoch existiert der von Modigliani und Miller angenonnmene vollkommene Markt nicht. Eine Vielzahl von Marktimperfektionen wie Steuern, Transaktions-, Konkurs- und Informationskosten fuhrt zu einem unvollkommenen Markt. Ziel der nachfolgenden theoretischen Beitrage war die Identifikation der Marktimperfektionen und die Analyse der Wirkung dieser auf die Kapitalstruktur. Dabel wurden zunachst die exogenen Einflusse, wie beispielsweise Steuern, und nachfolgend die endogenen Einflusse, wie beispielsweise Konflikte zwischen Managern und Eigentumern, in die Modelle integriert. Nennenswert sind von den klassischen Beitragen zur Kapitalstruktur insbesondere die Trade-off-Theorie, die agency-theoretischen Ansatze sowie die Pecking-Order-Theorie, basierend auf asymmetrischen Ansatzen.^ Die vorgenannten Theorien fuhrten zum Beweis der Relevanz der Kapitalstruktur. Nachfolgend entwickelte sich eine Vielzahl interdisziplinarer Ansatze, bei denen Erkenntnisse aus anderen wirtschaftswissenschaftlichen Fachbereichen wie Strategie, Produkt- und Absatzpolitik, Marketing, Organisation und Verhaltenspsychologie in die theoretische Auseinandersetzung uber die Kapitalstruktur integriert und auf deren wechselseitigen Einfluss mit der Kapitalstruktur untersucht wurden.^ Die interdisziplinaren Ansatze zeichnen sich primar durch ihre integrative Betrachtungweise aus, welche die Kapitalstruktur nicht isoliert von anderen unternehmensrelevanten Aspekten analysiert, sondern in den Gesamtkontext stellt. Der wichtigste Fortschritt der neueren Theorien, dokumentiert durch die Windows-of-Opportunity-Theorien, die Market Timing-Theorien sowie die dynamischen Ansatze, ist die Einsicht, dass eine statische Betrachtungsweise der Kapitalstruktur wenig zielfuhrend ist. Die dynamischen Ansatze unterstellen, dass die beobachtete Kapitalstruktur eines Unternehmens nicht der optimalen Kapitalstruktur entspricht, und analysieren insbesondere die Dynamik der Anpassungsprozesse an die jeweilige Zielkapitalstruktur.^ Ein weiterer Fortschritt der jungeren Theorien ist die Revidierung der vormals geltenden Annahme, dass die Kapitalmarkte immer faire Preise stellen. Die Beobachtung, dass Unternehmen negative abnormale Renditen® nach Borsengangen oder Kapitalerhohungen aufweisen, wurde von der Windows-ofOpportunity-Theorie aufgegriffen und dahingehend interpretiert, dass Unternehmen ihre Eigenkapitalemissionen in gewissen, fur sie vorteilhaften Zeitfenstern im Hinblick auf die Bor-

Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 305ff., Myers/Majluf (1984), S. 187ff., Kim (1978), S. 45ff., Kraus/Litzenberger (1973), S. 911 ff., Scott (1976), S. 33 ff., Taggart (1977), S. 1467 ff. Vgl. Maksimovic/Titman (1991), S. 175 ff., Brander/Lewis (1986), S. 958 ff., Maksimovic (1988), S. 390 ff. Vgl. Jalilvand/Harris (1984), S. 128 ff., Fischer/Heinkel/Zechner (1989), S. 20 ff. In diesem Zusammenhang wird der Begriff der „negativen abnormalen Rendite" angewandt, wenn borsennotierte Unternehmen eine unterdurschnittliche Aktienkursrendlte im Vergleich zum jeweiligen Index oder zu einem Portfolio vergleichbarer Unternehmen aufweisen, siehe hierzu auch Kapitel 3.4.3. 2

senbewertung durchfiihren.^ Die Berucksichtigung der Emission von Finanztitein in Abhangigkeit von Markt- und Zeitphasen wurde erneut von den Ansatzen der Market TimingTheorie aufgegriffen und weiterentwickelt. Kernaussage der relativ jungen Theorie ist, dass Unternehmen vorteilhafte makrookonomische oder bewertungsspezifische Bedingungen im Rahmen der Finanzierungsentscheidungen berucksichtigen und durch entsprechende Emission von Finanzierungstitein ausnutzen.^° Daraus ergibt sich wiederum die Hypothese, dass das Market Timing-Verhalten einen wesentlichen Einfiuss auf das Finanzierungsverhalten hat und die heute zu beobachtenden Kapitalstrukturen das Ergebnis vergangener Bemuhungen sind, den Kapitalmarkt zu timen.^^ Es stellt sich die Frage, ob die theoretische Diskussion zur optimalen Kapitalstruktur ein etabliertes Erkl§rungsmodell hervorbringen konnte. Vorweggenommen lasst sich festhalten, dass trotz fast funfzigjahriger intensiver Beschaftigung mit der Theorie der Kapitalstruktur bis zum heutigen Tage keine abschliefienden universellen Erklarungsmodelle entwickelt werden konnten. Die Tatsache, dass kein Unternehmen dem anderen gleicht, und die nach langjahriger Diskussion eriangte Feststellung, dass eine Vielzahl von komplexen, teilweise beobachtbare und teilweise nicht beobachbare Faktoren die Kapitalstruktur beeinflussen, hat zu der Einsicht gefuhrt, dass auch zukunftig eine die Kapitalstruktur erklarende, allgemein gultige Theorie nicht zu erwarten ist. So zog 1998 der Finanzwissenschaftler Myers nach jahrzehntelanger Auseinandersetzung mit dieser Thematik das Fazit: „There is no universal theory of the debt-equity choice, and no reason to expect one.'^^ Gleichwohl hat die langjahrige Diskussion einige Ansatze hervorgebracht, die zumindest einen partiellen Erklarungsbeitrag fijr die beobachteten Kapitalstrukturen liefern konnen^^ und zur Identifikation einiger wichtiger Einflussfaktoren der Kapitalstruktur und deren Wirkungszusammenhange gefuhrt haben. Hierzu haben besonders die in den letzten Jahren entwickelten dezidierteren statistischen Verfahren sowie die zunehmend bessere Datengenerierung und -verarbeitung beigetragen.^"^ Die historisch fast ausschliefilich theoretisch gepragte Diskussion ist in den letzten Jahren

Vgl. Ritter (1991), S. 3ff., Aggarwal/Rivoli (1990), S. 45 ff., Affleck-Graves/Hedge/Miller (1996), S. 25 ff., Carter/Dark/Singh (1998), S. 285 ff., Loughran/Ritter (1995), S. 23 ff., Loughran (1993), S. 241ff., Schuster (1995), S. 1 ff., Ljungqvist (1997), S. 1309ff., Stehle/Erhardt (1999), S. 1395ff. Als makrookonomisches Kriterium ist insbesondere das Zinsniveau und als bewertungsspezifische Kriterium die Borsenbewertung hervorzuheben, vgl. Henderson/JegadeeshAA/eisbach (2004), S. 4 f., Korajczyk/Levy (2004), S. 82 ff., Baker/Wurgler (2002), S. 1 ff. Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 2 ff. Myers(2001), S. 81. Insbesondere konnte durch die zunehmende Verfeinerung der empirischen Methoden ein Fortschritt in der Analyse der Kapital- und Finanzierungsstrukturen erzielt werden, vgl. Myers (2001), S. 81. Nennenswert ist hier z. B. die Verarbeitung von sogenannten Paneldaten in statistischen Auswertungen, bei denen es sich urn Oaten handelt, fur die Informationen fur mindestens eine weitere Dimension - typischen/veise Zeit - zur Verfugung stehen. Siehe hierzu auch Kapitel 5.6.3. 3

einem pragmatischeren und realistischeren Ansatz gewichen, bei dem zunehmend einzelne, fur die Kapitalstruktur relevante Aspekte empirisch uberpruft werden. So konnten in zahlreichen amerikanischen empirischen Studien einige Einflussfaktoren und bedeutende Aspekte der Kapitalstruktur herauskristallislert werden, die Ruckschlusse auf das Finanzierungsverhalten zulassen. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die firmenspezifischen Einflussfaktoren Grofie, Profitabilitat, Aniageintensitat und Bewertung^^, deren signifikanter Einfluss auf die Kapitalstruktur, insbesondere fur amerikanische borsennotierte Unternehmen, gut dokumentiert ist. Die Mehrzahl der Studien stellt fest, dass ein uberwiegend negativer Zusammenhang zwischen den Variablen Profitabilitat und Bewertung eines Unternehmens besteht und ein uberwiegend negativer Zusammenhang zwischen den Variablen GrGRe und Aniageintensitat eines Unternehmens vorhanden Ist-^Weiterhin lassen die Variation der Kapitalstrukturen sowie die in den dynamischen Ansatzen untersuchten Anpassungsprozesse die Vermutung zu, dass Unternehmen eine mehr Oder weniger fixe Zielkapitalstruktur aufweisen, die sich innerhalb eines Korridors bewegt. Aktuelle empirische Umfragestudien bestatigen, dass Finanzvorstande i. d. R. eine sehr konkrete Vorstellung ihrer Kapitalstruktur haben. Vorrangig vor alien anderen Uberlegungen im Zusammenhang mit der Finanzierung ist allerdings die Beibehaltung der Flexibilitat.^^ Weitere aktuelle empirische Studien, basierend auf der Market Timing-Theorie, geben Anlass zu der Vermutung, dass das opportunistische Ausnutzen bestimmter Markt- und/oder Bewertungsphasen im Rahmen von Finanzierungsentscheidungen bei borsennotierten Unternehmen relevant ist. Die Market Timing-Ansatze sind insbesondere vor dem Hintergrund der zurijckliegenden volatilen Borsenjahre, mit damit einhergehenden extrem hohen und niedrigen Bewertungsniveaus an den Aktienmarkten, von Interesse und stehen daher im Mittelpunkt einiger aktueller Veroffentlichungen. So folgern die Autoren Baker und Wurgler\n ihrer 2002 veroffentlichten Arbeit, dass es keine optimale Kapitalstruktur gibt, sondern die existierende Kapitalstruktur borsennotierter Unternehmen durch die im Zeitablauf entstandene Akkumulierung vergangener Market TimingFinanzierungsentscheidungen hervorgebracht wurde.^® Auch weitere empirische Studien unterstutzen diese Resultate und weisen darauf hin, dass Unternehmen bei ihren Finanzierungsentscheidungen systematisch die jeweillgen makrookonomischen Bedingungen und Kapitalmarktkonditlonen sowie Bewertungsniveaus berucksichtigen, um so gewisse vorteilUnter Bewertung wird in diesem Zusammenhang die Borsenbewertung definiert. Vgl. Banerjee/Heshmatl/Wihiborg (2004), S. 275 ff., Frank/Goyal (2003), S. 217 ff., Baker/Wurgler (2002), S. 1 ff., Friend/Lang (1988), S. 271 ff.. Marsh (1982), 8. 121 ff., Gaud/Jari/Hoesli/Bender (2003), S. 1 ff., Kremp/Stdss/Gerdesmeier (1999), S. 139ff., Barclay/Smith/Watts (1995), S. 4 ff. Zur Eriauterung der genannten Einflussfaktoren siehe auch Kapitel 4.5 und 4.6. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 9 ff.

hafte Zeitfenster zur Emission von Finanztitein abzupassen.^^ Die empirischen Studien geben Hinweise darauf, dass im Sinne des Market Timings Anieiheemissionen primar in Niedrigzinsphasen und Eigenkapitalemissionen uberwiegend in boomenden Aktienmarktphasen bzw. bei Vorliegen vorteilhafter Bewertungen stattfinden.^° Die Erkenntnisse der vorgenannten Diskussion sowie die empirischen Ergebnisse beschranken sich, aufgrund der Dominanz der amerikanischen finanzwissenschaftlichen Literatur, fast ausschlieftlich auf grofle borsennotierte amerikanische Unternehmen. Der Diskussionsbeitrag deutscher Autoren sowie die Prasenz der deutschen empirischen Studien zur Kapitalstruktur und zum Finanzierungsverhalten borsennotierter Unternehmen hingegen sind als marginal zu bezeichnen.^^ Angesichts der langjahrigen internationalen Auseinandersetzung uber die Theorie und die praktische Relevanz der Kapitalstruktur ist es erstaunlich, dass ein so vielbeachtetes und bedeutendes Thema bislang kaum in der deutschen finanzwissenschaftlichen Literatur aufgegriffen wurde. Lediglich die Irrelevanztheorie von Modigliani und Miller \N\r(\ haufig thematisiert und ist auch grofitenteiis Bestandteil der akademischen Lehre. Die Prasenz bzw. Diskussion der nachfoigenden Theorien zur Kapitalstruktur, insbesondere der jungeren Beitrage, ist hingegen in den deutschen finanzwirtschaftswissenschaftlichen Beitragen im Vergleich zu internationalen Beitragen als geringfugig zu bezeichnen.^^ Ebenso besteht ein erhebliches Defizit in Bezug auf aktuelle empirische Studien zur Kapitalstruktur und zum Finanzierungsverhalten grofier borsennotierter deutscher Unternehmen. Abgesehen von einer deutschen Studie von Schwiete und Weigand (1997)so\N\e einer international vergleichenden Studie von Rajan undZingales (1995) \Nux6eu keine aussagekraftigen weiteren empirischen okonometrischen Studien veroffentlicht, die sich ausschliefllich auf das Finanzierungsverhalten grofier borsennotierter deutscher Unternehmen konzentrieren.^^ Einige weitere empirische Studien bieten entweder allgemeine Aussagen zur Finanzierung, ohne Differenzierung nach borsen- und nicht borsennotierten Unternehmen, konzentrieren sich auf Personengesellschaften bzw. kleine Gesellschaften oder bieten aufgrund des Untersuchungszeitraums keinen aktuellen Bezug mehr.^"* Einen interessanten aktuellen Beitrag '^ ^^ '° ^^ ^^

^^ ^^

Vgl. Baker/Wurgier (2002), S. 3. Vgl. Henderson/Jegadeesh/Weisbach (2004), 8. 4 f., Korajczyk/Levy (2004), S. 82 ff. Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 82 ff. Eine Ubersicht ijber die empirischen Studien zu Kapitalstrukturen und Finanzierungsverhalten deutscher Unternehmen wird in Kapitel 4.8 prasentiert. Ausnahmen hiervon bilden die Trade-off-Theorie und die Pecking-Order-Theorie, die zumindest partiell in einigen wenigen Veroffentlichungen dargestellt werden. Weiterhin gibt es kaum deutschsprachige Literatur, die einen umfassenden Uberblick uber die Theorie der optimalen Kapitalstruktur bietet und dabei auch die neueren AnsStze thematisiert. Vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 1 ff., Rajan/Zingales (1995), S. 1421 ff. Siehe hierzu auch Kapitel 4.8. 5

stent die empirische Studie von Drobetz, Pensa und Wdhle a^us dem Jahr 2004 dar, angelehnt an die bekannte Arbeit von Graham und Harvey (2002)^^ Im iVIittelpunkt dieser Studie steht die Untersuchung des Finanzierungsverhaltens borsennotierter Unternehmen in Deutschiand, Osterreich und der Schweiz, die im Wege einer Umfragestudie durchgefuhrt wurde. Zusammengefasst lasst sich festhalten, dass die jungeren theoretischen Erkenntnisse der Theorie der Kapitalstruktur von der deutschen finanzwissenschaftlichen Forschung nicht hinreichend beachtet bzw. gewurdigt werden. Es existiert weiterhin ein Defizit an aktuellen vaiiden empirischen Erkenntnissen uber die Kapitalstrukturen, deren Einflussfaktoren und das aktuelle Finanzierungsverhalten grofier, borsennotierter Unternehmen in Deutschland. Dieses Resultat ist umso erstaunlicher, bedenkt man den mit dem Bdrsengang der Deutschen Telekom AG Im Jahr 1996 einsetzenden deutschen Aktienboom, der erstmals eIn ausgepragtes Interesse an borsennotierten Gesellschaften in Deutschland nach sIch zog. Das wirft u. a. die Frage auf, inwieweit borsennotierte grofie Unternehmen in Deutschland die volatilen Bedingungen der Aktienmarkte im Sinne des Market Timings berucksichtigt haben und/oder die zugrunde liegenden Borsenbedingungen zu Anderungen des Finanzierungsverhaltens bzw. der Kapitalstrukturen gefuhrt haben.

1.2

Zielsetzung, Abgrenzung und Gang der Arbeit

Ziel der Arbeit ist es, zunachst die bisherigen einflussreichsten finanztheoretlschen Modelle zur optimalen Kapitalstruktur darzustellen und im Hinblick auf ihre praktische Relevanz zu bewerten. Darauf aufbauend soil eine Klasslfizierung der wichtigsten Einflussfaktoren der Kapitalstruktur entwickelt werden. Basierend auf den vorgenannten Resultaten wird schJiefilich eine eigene empirische Studie zu Finanzierung, Kapitalstruktur und deren Einflussfaktoren durchgefuhrt, die Ruckschlusse auf das Finanzierungsverhalten grofier borsennotierter deutscher Unternehmen liefern soil. Vor dem Hintergrund der zuruckliegenden Borsenjahre, die auch historisch betrachtet als einmalig gelten, widmet sich ein wesentlicher Bestandteil der eigenen empirischen Studie der Analyse der durchgefuhrten Kapitalerhohungen und Aktienruckkaufe unter Berucksichtigung der zugrunde liegenden Bewertungsniveaus. Anhand der Ergebnisse konnen Ruckschlusse uber die Bedeutung des Eigenkapitalmarktes im Rahmen der Finanzierung und des Market Timing-Verhaltens borsennotierter deutscher Unternehmen gezogen werden.

Vgl. Drobetz/Pensa/Wohle (2004), 8. 1 ff., Graham/Harvey (2002), S. 8ff.; Die vorgenannten Studien werden ausfuhrlich in Kapitel 4.8.1.1 und 4.7 dargestellt. 6

Vor dem Hintergrund der fast funfzigjahrigen Auseinandersetzung mit der Theorie der Kapitalstruktur und der dementsprechend groften Anzahl theoretischer und empirischer Veroffentlichungen ist anzumerken, dass im Rahmen dieser Arbeit eine selektive Darstellung der bisherigen theoretischen und empirischen Ergebnisse zur Kapitalstruktur, basierend auf der Bedeutung des jeweils zugrunde liegenden Forschungszweiges fur die Weiterentwicklung der Theorie der Kapitalstruktur und/oder der praktischen Relevanz, erfolgt. Eine umfassende Wurdigung ailer in Zusammenhang nnit der Theorie der Kapitalstruktur stehenden Veroffentlichungen und Ansatze ist im Rahmen dieser Arbeit nicht moglich. Weiterhin ist anzumerken, dass die amerikanisch dominierte Literatur zur Theorie der Kapitalstruktur bei samtlichen relevanten finanzwissenschaftlichen Ausfuhrungen von sogenannten borsennotierten Corporates ausgeht, bei denen es sich um grode Kapltalgesellschaften, vergleichbar den deutschen Aktiengesellschaften, handelt und zudem eine breit gestreute Aktionarsstruktur sowie ein guter Zugang zu den Kapitalmarkten angenommen wird. Der Erklarungsbeitrag der Modelle zur Kapitalstruktur und die vorgestellten empirischen Ergebnisse beschranken sich daher auf grofie borsennotierte Kapltalgesellschaften mit hohem Streubesitz. Die Ubertragung der Resultate auf Personengesellschaften Oder nicht borsennotierte Kapltalgesellschaften ist nur sehr eingeschrankt moglich. Aufgrund der Vielschichtigkeit der Theorien der Kapitalstruktur werden in den nachfolgenden Ausfuhrungen diverse wirtschaftswissenschaftliche Theorien, wie beispielsweise der Neoinstitutionalismus, behandelt. Weiterhin sind finanzwirtschaftswissenschaftliche angrenzende Themengebiete wie die Unternehmensbewertung, die Investitionsrechnung, die Kapitalkosten und die Dividendenpolitik integraler Bestandteil einzelner Theorieansatze zur Kapitalstruktur. Die Vielzahl der angrenzenden Themen und Aspekte wird im Rahmen dieser Arbeit jeweils in dem Mafie behandelt bzw. eriautert, wie es fur die Veranschaulichung der Thematik der optimalen Kapitalstruktur vonnoten ist. Eine differenzierte und vollumfangliche Darstellung ist nicht moglich. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in vier Telle. In Kapitel 2 werden die bedeutendsten klassischen Theorien zur Kapitalstruktur vorgestellt und kritisch gewurdigt.^^ Ausgangspunkt (Abschnit 2.2) ist das bekannte Irrelevanztheorem von Modigliani und Miller aus dem Jahr 1958, das unter Annahme eines vollkommenen Marktes die Irrelevanz von Finanzierungsentscheidungen postuliert. Demnach hat die Wahl der Finanzierung keinen Einfluss auf den Unternehmenswert und ist somit irrelevant. Die nachAls Auswahlkriterium wurde insbesondere die Anzahl der wirtschaftswissenschaftlichen Zitierungen des - einer Theorie zugrundeliegenden - Artikels herangezogen, siehe hierzu auch Kapitel 1.1. 7

folgenden klassischen Theorien zur Kapitalstruktur konzentrieren sich auf die Integration der Marktimperfektionen in die Tlieoriemodeile. Die bekannte Trade-off-Theorie postuliert, dass Unternehmen eine Zielkapitalstruktur in Abwagung der Vor- und Nachteile einer zunehmenden Verschuldung aufweisen (Absclinitt 2.3). Dabei wird die optimale Kapitalstruktur durch das Ausbalancieren zweier gegenlaufiger Effekte dominiert, verursacht durch die Steuervorteile der Fremdfinanzierung und die Konkurskosten. Darauf folgt ein Uberblick uber die bekanntesten agency-theoretischen Ansatze, die im Wesentlichen die Konflikte und die damit einhergehenden Kosten der unterschiedlichen Vertragsparteien und ihre Auswirkungen auf die Kapitalstruktur beschreiben (Abschnitt 2.4). Die Ansatze werden nach Art der Konflikte differenziert: Konflikte zwischen Anteilseignern und Glaubigern verursachen Agency-Kosten des Fremdkapitals, und Konflikte zwischen Anteilseignern und Managern fuhren zu AgencyKosten des Eigenkapltals. Nachfolgend werden die Ansatze, basierend auf asymmetrischer Informationsverteilung, eriautert (Abschnitt 2.5). Gestutzt auf die Annahme, dass ein ungleicher Informationsstand der Vertragspartner zu einer opportunistischen Verhaltensweise des besser informierten Vertragspartners fuhrt, wurden die Signallng-Modelle entwickelt sowie die bedeutende Pecking-Order-Theorie, die eine Finanzierungshierarchie annimmt. In Kapitel 3 werden die neueren Theorien zur Kapitalstruktur vorgestellt und kritisch gewurdigt, wobei die Klassifizierung als neuere Theorie darauf begrundet ist, dass der jeweilige Forschungszweig bzw. theoretische Ansatz Mitte der achtziger Jahre Oder spater begrundet wurde. Vorangestellt werden zunachst die Theorien basierend auf produkt- und marketingspezifischen Modellen eriautert (Abschnitt 3.2), welche untersuchen, inwieweit ein Zusammenhang zwischen den Finanzierungsbedingungen, unter denen ein Unternehmen operiert, und dem strategischen Verhalten in Bezug auf die Produkt-, Absatz- und Ressourcenmarkte besteht. Des Weiteren erfolgt ein Uberblick uber den Markt fur Unternehmenskontrolle und die theoretischen Ansatze zur Kapitalstruktur im Rahmen von Ubernahmen, die unter den Corporate-Control-Ansatzen zur Kapitalstruktur zusammengefasst werden (Abschnitt 3.3). Nachfolgend werden die neueren Theorien, basierend auf dynamischen oder Market TimingModellen, vorgestellt (Abschnitt 3.4). Die dynamischen Ansatze unterstellen, dass die zu beobachtenden Kapitalstrukturen nicht den optimalen entsprechen, und charakterisleren das finanzielle Verhalten von Unternehmen als Teil ihrer Anpassungsprozesse an langfristige finanzielle Ziele und konzentrieren sich insbesondere auf die Anpassungsprozesse und deren Einflussfaktoren. Die Windows-of-Opportunity-Ansatze stutzen sich auf die Beobachtung des Phanomens langfristig unterdurchschnittlicher Rendlteentwicklung nach Borsengangen oder Kapitalerhohungen und folgern daraus, dass Unternehmen gewisse Borsenphasen mit damit einhergehenden hohen Bewertungen zur Eigenkapitalemission nutzen. Die im Anschluss daran vorgestellten Market Timing-Ansatze transportieren die grundlegende Idee der Windows-of-Opportunity-Ansatze und unterstellen, dass Unternehmen vorteilhafte makrookono8

mische Oder bewertungsspezifische Bedingungen im Rahmen der Finanzierungsentscheidungen berucksichtigen und durch entsprechende Emission von Finanzierungstitein ausnutzen. Das Kapitei schlieftt mit der Vorsteilung weiterer vereinzelter theoretischer Ansatze bzw. Veroffentlichungen zur Theorie der Kapitaistruktur, die teilweise auch den interdisziplinaren Ansatzen zugeordnet werden konnen und erganzende relevante Aspekte zur Kapitalstrukturtheorie hervorgebracht haben (Abschnitt 3.5). In Kapitei 4 erfoigt anhand der bisherigen Ausarbeitungen eine Klassifizierung und Wertung der wichtigsten Einflussfaktoren der Kapitaistruktur sowie eine detaillierte Begrundung ihrer theoretischen und/oder praktischen Relevanz. Aufgrund der Bedeutung der Trade-off- und Pecking-Order-Theorien zur Begrundung der Kapitalstrukturen werden zunachst die aktuellsten emplrischen Ergebnisse zu den vorgenannten Theorien prSsentiert (Abschnitt 4.2). tm Anschluss daran erfoigt eine Klassifizierung der international festgestellten Einflussfaktoren der Kapitaistruktur anhand einer Bottom-Down-Betrachtung sowie eine Kontrastierung dieser mit den jeweiligen theoretischen Begrundungen (Abschnitt 4.3). Die Determinanten der Kapitaistruktur werden in der folgenden Reihenfolge kategorisiert und vorgestellt: zunachst die externen ubergeordneten (Abschnitt 4.4), anschliefiend die externen firmenspezifischen (Abschnitt 4.5) und zuletzt die internen firmenspezifischen Einflussfaktoren (Abschnitt 4.6). Die detaillierte Prasentation der empirischen Umfragestudie von Graham und Harvey aus dem Jahr 2002 erganzt die vorherigen Ausfuhrungen und bietet einen Einblick in die Finanzierungsprioritaten der Finanzvorstande (Abschnitt 4.7). Die vorangestellten Ausfuhrungen basieren mafigeblich auf amerikanischen empirischen Studien und Veroffentlichungen. In Vorbereitung auf die eigene empirische Studie erfolgen ein Uberblick und eine Zusammenfassung bisheriger empirischer Studien, die das Finanzierungsverhalten bzw. die Kapitaistruktur deutscher Unternehmen untersuchen (Abschnitt 4.8). Das Kapitei 5 beinhaltet die eigene empirische Studie, welche Ruckschlusse auf das Finanzierungsverhaltung grofler deutscher borsennotierter Unternehmen zulassen soil. Vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren einmaligen extremen Bewertungsniveaus an der Borse besteht ein Schwerpunkt der Analyse in der Beantwortung der Frage, inwieweit die volatilen Borsenjahre Auswirkungen auf das Finanzierungsverhalten der Unternehmen hatten und folglich im Sinne des Market Timings die Bewertungsdifferenzen ausnutzten. Nach Darstellung des historischen deutschen Aktienmarktverlaufes und der Bewertungsniveaus (Abschnitt 5.2) erfoigt zunachst die Eriauterung der zugrunde liegenden Daten, der Auswahlkriterien und des Untersuchungszeitraums (Abschnitt 5.3). Die eigene empirische Untersuchung umfasst insgesamt drei Abschnitte. Der erste Abschnitt, 5.4 Analyse der Kapitalstrukturen und Finanzierung, prasentiert eine Ubersicht uber die durchschnittliche Kapitaistruktur, die Hohe der Eigen- und Fremdkapital-

quote sowie die Veranderungen innerhalb der beobachteten Jahre, aufgrund deren Ruckschlusse uber die Existenz von Zielkapitalstrukturen gemafi der Trade-off-Theorie gezogen werden konnen. Eine weitere Analyse bezieht sich auf die Finanzierungsart der Unternehmen, soil Ruckschlusse auf die bevorzugte Finanzierung der Unternehmen geben und soil somit eine Uberprufung der Gultigkeit der Pecking-Order-Theorie eriauben. Der zweite Abschnitt, 5.5 Analyse zum Market Timing-Verhalten, analysiert den Einfluss des Market Timings auf das Finanzierungsverhalten der borsennotierten Unternehmen, wobei insbesondere Art, Anzahl und Haufigkeit der durchgefuhrten Kapitalmafinahmen sowie die zugrunde liegende Borsenbewertung analysiert werden. Der dfitte Abschnitt, 5.6 Regression, basiert auf einem dedizierter^okoriometriscben ^4odeU, welches den Einfluss verschiedener international etablierter erklarender Variablen auf den Verschuldungsgrad analysiert. Die Untersuchung soil Ruckschlusse auf die Richtung und Signifikanz der variablen Borsenbewertung, Grofie, Aniageintensitat, Profitabilitat und den Verschuldungsgrad der untersuchten borsennotierten deutschen Unternehmen zulassen. Die Arbeit schliefit mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und gibt einen Ausblick auf mogliche vielversprechende zukunftige Themengebiete.

10

2

Klassische Theorien zur optimalen Kapitalstruktur

2.1

Vorbemerkungen

Die klassischen Theorien zur Kapitalstruktur konnen im Wesentlichen in drei Entwicklungsstufen gekennzeichnet werden: In der haufig als traditionell bezeichneten Finanzierungslehre wurde der Finanzierung ausschliedlich die Aufgabe zuteil, die davon unabhangigen Investitionsentscheidungen zu ermoglichen.^^ Im Wesentlichen einzelwirtschaftlich ausgerichtete Ansatze der traditionellen Finanzierungslehre basierten auf Annahmen uber das Verhalten von Fremd- und Eigenkapitalgebern und gelangten mittels dieser zur zentralen These der traditionellen Finanzierungstheorie bezugfich eines optimalen Verschukkingsgrades.^® Unternehmen sind bei gegebenem Gesamtkapital in der Lage, durch Substitution von teurem Eigenkapital durch gunstiges Fremdkapital die durchschnittlichen Gesamtkapitalkosten bzw. den Marktwert des gesamten Unternehmens zu beeinflussen.^^ In Abhangigkeit von der Risikosensibilitat der Kapitalgeber lassen sich die durchschnittlichen Gesamtkapitalkosten minimieren bzw. lasst sich der Marktwert der Unternehmung maximieren und damit die Kapitalstruktur optimieren.^° Die zugrunde liegenden Argumentationen hielten jedoch einer kritischen Analyse nicht stand. Die danach folgende neoklassische Finanzierungstheorie entwickelte im Gegensatz zur klassischen Finanzierungslehre fundiertere Modelle, die mittels stringenter Pramissen die Komplexitat der Realitat reduzierten und somit erst eine theoretische Darsteilung von Finanzierungsvorgangen ermoglichten.^^ In der neoklassischen Finanzierungslehre werden Kapitalstrukturentscheidungen unter Annahme der Existenz eines vollkommenen Marktes getroffen. Wichtige Pramisse der Neokiassik ist die Annahme homogener Informationen bzw. einer symmetrischen Informationsverteilung und einer hohen Effizienz. Ein weiteres Charakteristikum ist der zugrunde liegende gleichgewichtsorientierte Ansatz, der den einzelwirtschaftlich gepragten Ansatz der vormals traditionellen Finanzierungslehre abloste.^^ Im Mittelpunkt der Untersuchungen der Neokiassik stehen daher die Austauschbeziehungen zwischen zwei oder mehr Parteien.^^ Aufgrund der rigiden Pramissen vermochte die neoklassische Finanzierungslehre allerdings nicht die in der Realitat zu beobachtende Vielfalt von Finanzierungsinstrumenten sowie die Existenz von Finanzintermediaren erklaren.^'*

Vgl. Perridon/Steiner (2004). S. 17 f. Vgl. Hax/Hartmann-Wendels/von Hinten (1988), S. 691 ff. Vgl. Bessler/Thies (2001), S. 3 ff. Vgl. Perridon/Steiner (2004), S. 495 f. Vgl. Hax/Hartmann-Wendels/von Hinten (1988), S. 692 ff. Vgl. Perridon/Steiner (2004), S. 20 ff. Vgl. Perridon/Steiner (2004), S. 527. Vgl. Bessler/Thies (2001), S. 12 ff. 11

Dieses Erklarungsdefizit der Neoklassik fuhrte nachfolgend zu der sogenannten neoinstitutionellen Finanzierungstheorie. Sie untersuchte, in welchem Mafl und unter welchen institutionellen Voraussetzungen sich in der Realitat eine Annaherung an die neoklassische Pramisse der vollkommenen und vollstandigen Kapitalmarkte finden lasst.^^ Folglich konzentrierte sich der Neoinstitutionalismus auf Sachverhalte, die sich der neoklassischen Finanzierungslehre entziehen. Die neoinstitutionalistische Finanzierungstheorie geht abweichend von der Neoklassik von unvollkommenen Markten aus, die durch Informationsasymmetrien und die Existenz von Finanzintermediaren gekennzeichnet sind.^^ Kapitalstrukturentscheidungen werden somit unter Berucksichtigung von asymmetrisch verteilten Informationen, Gestaltungskompetenzen sowie verschiedenen Kategorien von Transaktionskosten gefailt.^^ Alle drei vorgestellten skizzierten theorleansatze basieren auf einer statischen Betrachtungsweise der Kapitalstruktur, aktuellere Theorieansatze hingegen basieren auf einer dynamischen Betrachtungsweise.^® Weiterhin ist bei den nachfolgenden Ausfuhrungen zu berijcksichtigen, dass die durch die amerikanische finanzwirtschaftswissenschaftliche Literatur gepragte Diskussion zur Kapitalstruktur grundsatzlich von borsennotierten „Corporates" ausgeht. Hierunter fallen grofie Kapitalgesellschaften, die i. d. R. uber eine breit gestreute Aktionarsstruktur und einen guten Zugang zum Kapitalmarkt verfugen. Insofern sind die nachfolgenden Aussagen bzw. Theorieansatze nicht ubertragbar auf nicht borsennotierte Unternehmen.

Vgl. Leiand/Pyie (1977), S. 372 ff. Vgl. Perridon/Steiner (2004), S. 527 ff. Vgl. Hax/Hartmann-Wendels/von Hinten (1988), S. 710 ff. Die dynamische Betrachtungsweise beriicksichtigt, dass Veranderungen in Abhangigkeit von gewissen Markt- und Zeitphasen die Kapitalaufnahme und Kapitalstruktur beeinflussen kann, die Variation von Bedingungen an den Kapitalmarkten im Zeitverlauf ist in den klassischen modelltheoretischen Ansatzen per Definition ausgeschlossen, siehe hierzu auch Kapitel 3.4.

12

2.2

Theorie der irrelevanz der Kapitalstruktur

2.2.1 Grundlagen der neoklassischen Finanzierungstheorie Ausgangspunkt der neoklassischen Finanzierungstheorie war die Einsicht, dass die Beschreibung der Finanzierungsinstrumente bzw. -vorgange vor der Anzahl der einzubeziehenden Aspekte kapitulieren muss. Da die Realitat aufgrund ihrer Komplexitat nicht darstellbar war, fokusslerte sich die neoklassische Finanzierungslehre auf zwei aus dem Marktzusammenhang erklarbare Groflen von zentraier Bedeutung: Rendite und Risiko. Um in diesem Sinne andere wertbestimmende Einflussfaktoren aus der theoretischen Analyse zu eliminieren und vor allem um das Risiko exakt zu messen, benotigt die kapitaltheoretische Forschung sehr restriktive Annahmen.^^ Eine der wichtigsten Annahmen 1st die des vollkommenen Kapltalmarktes'^^: Die Finanzlerungstitel sind unbeschrankt teilbar, es existieren keine Transaktionskosten oder Steuern, alle Kapitalanbieter und -nachfrager haben unbeschrankten Zugang zum Kapitalmarkt. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass Investoren sich risikoscheu verhalten. Ein Interesse an der Ubernahme von Risiken ist nur dann gegeben, wenn die Investoren dafur eine hohere Rendite erwarten konnen; Unterschiede bestehen lediglich hinsichtlich des Ausmafies der Risikoscheu/^ Eine weitere Voraussetzung ist eine hohe Informationseffizienz, bei der alle Marktteilnehmer auch unter Unsicherheit die gleichen EnA/artungen haben, da Informationen kostenlos und frei zuganglich sind. Aus Grunden der Vereinfachung basieren die neoklassischen Theorien auf Ein-Perioden-Modellen, die Betrachtung von Mehr-PeriodenModellen wurde die Komplexitat der Modelle zu sehr steigern."^^ Durch die Abstrahierung der Realitat mittels rigider Pramissen konnte die neoklassische Finanzierungstheorie wertvolle Aussagen zu Finanzierungsthemen hervorbringen, gleichzeitig fuhrten die Pramissen zu einem begrenzten Erklarungswert von in der Realitat beobachtbaren Phanomenen. Die Existenz von finanziellen Institutionen, wie Banken und Versicherungen sowie die Existenz von Gesetzen bzw. Verordnungen wie z.B. die Insolvenzordnungen und die Sicherungsubereignung werden in der neoklassischen Finanzierungstheorie nicht berucksichtigt. Aufgrund der Annahme eines vollkommenen Marktes werden Finanzintermediare nicht benotigt, alle Vertrage werden direkt uber den Markt abgeschlossen."^^ Als eines der wichtigsten Ergebnisse der neoklassischen Finanzierungslehre gilt das Irrelevanztheo-

Vgl. Perridon/Steiner (2004), S. 21 f. Im fortlaufenden Text soil der Ausdruck „vollkommener Kapitalmarkt" als Synonym fur die in der neoklassischen Finanzierungstheorie zugrunde liegenden Pramissen gelten. Vgl. Perridon/Steiner (2004), S. 21 f. Vgl. Bessler/Thies (2001), S. 10 ff. Vgl. Hax/Hartmann-Wendels/von Hinten (1988), S. 705.

13

rem von Franco Modigliani und Merton Miller, welches im nachfolgenden Abschnitt eriautert wird. 2.2.2 Die Irrelevanz der Kapitalstruktur Franco Modigliani und l^erton Miller (M&M) haben 1958 mit ihrem wegweisenden Aufsatz: ^The Cost of Capital, Corporation Finance, and the Theory of investment" ^argelegt, dass unter bestimmten stringenten Annahmen die Kapitalstruktur eines Unternehmens keinen Einfluss auf den Marktwert dieses Unternehmens hat."*"* Die Wahl der Kapitalstruktur ist somit irrelevant, und es existiert kein Vorteil des opportunistischen Wechselns zwischen den Finanzierungsformen Eigen- bzw. Fremdkapital. Die im oben genannten Aufsatz vorgestellte Theorie eriangte unter dem Titel „lrrelevanztheorie" Berijhmtheit und stellte erstmalig eine Theorie zur Kapitalstruktur dar, welche systematisch Vor- und Nachteile von Kapitalformen untersuchte/^ Aufgrund der bahnbrechenden Bedeutung ihrer Theorie sowie weitere wissenschaftliche Beitrage zur Theorie der Unternehmensfinanzierung wurde Miiierim Jahr 2000 der Nobelpreis verliehen. Die von M&M aufgesieWie Irrelevanztheorie legte den Grundstein fiir die Entwicklung der modernen Corporate-Finance-Theorien und hat nachfolgende theoretische Ansatze zur Kapitalstruktur wesentlich mitinitiiert und beeinflusst. Aufgrund der fundamentalen Bedeutung der Irrelevanztheorie werden im Folgenden die Annahmen sowie die ersten beiden Thesen dargestellt und abschliefiend gewurdigt. 2.2.3 Annahmen Die im Rahmen der neoklassischen Finanzierungslehre entwickelte irrelevanztheorie basiert auf der Grundannahme der Existenz vollkommener Kapitalmarkte. Des Weiteren benotigten M&M zur Ableitung ihrer Thesen entweder implizit Oder explizit weitere Pramissen, um die Komplexitat des Modells zu reduzieren."*^ Folgende Annahmen wurden getroffen: •

Vollkommene Kapitalmarkte - die Kapitalmarkte sind friktionsfrei - es existieren keine ungleichen/begrenzten Marktzugange.

•

Der Marktwert eines Unternehmens wird durch den Shareholdervalue-Ansatz bestimmt.

Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 262 ff. Franco Modigliani erwahnt in einem spSteren Aufsatz - siehe Modigliani (1988) -, dass er zur Aufstellung der Irrelevanzthese durch einen Aufsatz von Durand (1952) inspiriert worden sei. Dieser habe sich bereits mit der Relevanz der Finanzstruktur auf den Untemehmenswert beschaftigt, Modigliani (1988), S. 149 f., Durand (1952), S. 1 ff. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 296. 14

•

Es besteht ein partielles Gleichgewicht: Zukunftige Periodenergebnisse sind ungewiss. Die Anieger erwarten jedoch einen bestimmten durchschnittlichen Periodengewinn des Unternehmens.

•

Es existiert ein risikofreier einheitlicher Zinssatz, zu dem Kapital in beiiebiger Hohe transaktionskostenfrei angelegt Oder aufgenommen werden kann. Es wird eine Konstanz der Aniagemoglichkeiten der Investoren unterstellt.

•

Es gibt kein Insolvenzrisiko und somit auch keine Konkurskosten - eine Verschuldung ist risikolos.

•

Es gibt nur zwei Risikoklassen: risikolose Anieihen und riskante Aktien.

•

Die Unternehmen sind alle in der gleichen Risikoklasse.

•

Es gibt keine zwischen den Kapitaiformen differenziererKlen Steuern.

• Alle Zahlungsstrome fliefien in die Unendlichkeit. •

Es besteht keine Informationsasymmetrie, alle Akteure verfijgen uber den gleichen Informationsstand.

•

Gegebene Investitionspolitik.

•

Betrachtung nur einer Periode.'*^

2.2.4 Thesen M&Mhaben im Rahmen ihrer Irrelevanztheorie insgesamt drei Thesen aufgestellt; die ersten zwei werden im Folgenden eriautert, die dritte These wird aufgrund der geringeren Relevanz im Rahmen dieser Arbeit nicht eriautert."^® These 1: Der Marktwert eines Unternehmens i'\ ist unabhangig von seiner Kapitalstruktur und ergibt sich durch Kapitalisierung der erwarteten Gewinne (vor Abzug der Fremdkapitalzinsen) x^ mit der Marktrate /?^ der Risikoklasse k , der das Unternehmen angehort.'"*^

V^. =ysI + D-)=—^

, fur jedes Unternehmen / , in Risikoklasse k

Pk

Der Beweis fur diese These wird unter Annahme der vorgenannten Bedingungen eines vollkommenen Marktes mittels eines Arbitrageprozesses gefuhrt. Ausgangsbasis ist, dass am Kapitalmarkt zwei Unternehmen (7, und U^ existieren, die bis auf ihre Kapitalstruktur vollVgl. Modigliani/Miller (1958), S. 265 ff. Die dritte These des M&M-Aufsatzes bezieht sich auf den Kalkulationszinsfufi und wird daher aufgrund der geringeren Relevanz im Rahmen dieser Arbeit nicht naher eriautert. 15

kommen identisch sind.^° Sie gehoren der gleichen Risikoklasse k an und erwirtschaften den gleichen Gewinn x. Dieser Gewinn ist als Periodenuberschuss vor Abzug der Fremdkapitalzinsen definiert. Das Untemehmen U^ ist vollstandig eigenfinanziert, wahrend das Untemehmen Uj zum Teil fremdfinanziert ist. Zu zeigen ist, dass der Marktwert beider Unternehmen unter Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes gleich ist. Das Einkommen der jeweiligen Anteilseigner der Unternehmen stellt sich wie folgt dar: Das Einkommen F, fur den Anteilseigner am rein eigenkapitalfinanzierten Unternehmen U^ umfasst einen Anteil a am Gewinn x :^^ Y^=a

X

Das Einkommen Y2 fur den Anteilseigner am fremdfinanzierten Unternehmen U2 umfasst den Anteil am Gewinn abzuglich derzu zahlenden Fremdkapitalzinsen:"

r, = a[x - rDj) Zu zeigen ist, dass unter Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes die beiden Unternehmen den gleichen Marktwert haben. Dieser Beweis wird von M&M mittels eines Widerspruchs gefuhrt.^^ Ausgangsannahme ist, dass der Marktwert des verschuldeten Unternehmens den des rein eigenkapitalfinanzierten Unternehmens ubersteigt. Es gilt die Annahme:

v. > v\ . Folgende Arbitrageprozesse setzen ein: Der Anteilseigner am verschuldeten Unternehmen ^2vei'kauft seine Anteile in Hohe von aSj und kauft damit zunachst Aktien des rein eigenkapitalfinanzierten Unternehmens U^. Zwecks Beibehaltung des bisherigen Fremdkapitalwagnisses - der Anteilseigner hatte einen Anteil am Eigen- und Fremdkapital des Unternehmens - nimmt er privat zusatzliches Fremdkapital in Hohe des bisherigen Fremdkapitalanteils aD2 auf, mit dem er sich ebenfalls am Unternehmen U^ beteiligen kann.^'* Die Aktien am rein eigenkapitalfinanzierten Unternehmen (7, dienen als Sicherheit fur die private Verschuldung. Das vom Anieger als wunschenswert erscheinende finanzwirtschaftliche Kapitalstrukturrisiko wird somit durch eigene Verschuldung wieder hergestellt. ^^ ^° ^^ ^^ " ^

Modigliani/Miller (1958), S. 268; eine deutsche Ubersetzung der These 1 findet sich in Perridon/Steiner (2004), S. 500. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 268 ff. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 268 ff. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 269. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 269 ff. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 269 ff.

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Der Gesamtanteil am neuen Untemehmen setzt sich zusammen aus seiner bisherigen Eigenkapitalbeteiligung aSj zuzuglich des privat aufgenommenen Fremdkapitalanteils aD2. Der Anteilseigner halt einen Anteil von 5, -Aktien vom gesamten Aktienkapital des Unternehmens in Hohe von 5,; die Beteiligung am neuen Unternehmen U^ stellt sich wie folgt dar:^^ 5,

a(S2 + D2)

^^

^

Daraus folgt ein Einkommen am rein eigenkapitalfinanzierten Unternehmen {/, in Hohe von:^®

Ein Vergleich der beiden Einkommensstrome K, und K, zeigt, dass nur solange der Marktwert des toils fremdverschuldeten Unternehmens den des rein eigenkapitalfinanzierten Unternehmens ubersteigt, eine Arbitragemoglichkeit fur Anteilseigner des Unternehmens U2 besteht. Durch die Arbitragestrategie kann der Anteilseigner einen risikolosen Gewinn ohne Einsatz von zusatzlichem Eigenkapital erzielen.^^ Folglich werden die Anteilseigner Aktien eines hoher bewerteten Unternehmens verkaufen, um damit Anteile am geringer bewerteten Unternehmen zu erwerben. Durch die Umschichtungen - also die steigende Nachfrage nach den relativ unterbewerteten Titein und den Nachfrageruckgang bei den relativ teuren Papieren - kommt es zu Preisanpassungen. Differenzen im Marktwert von zwei Unternehmen wurden kurz- bis mittelfristig aufgrund der stattfinden Arbitrageprozesse wieder ausgeglichen werden und das Gleichgewicht stellt sich wiederein.'' Bei Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes mussen die Marktwerte des teilweise fremd- und des eigenkapitalfinanzierten Unternehmens identisch sein. Aus These 1 folgt, dass der Verschuldungsgrad keinen Einfluss auf den Marktwert eines Unternehmens hat. Es existiert kein optimaler Verschuldungsgrad eines Unternehmens, da Entscheidungen des Finanzmanagements uber die Kapitalstruktur fur den Wert des Unternehmens unerheblich sind. Die Wahl der Kapitalstruktur ist folglich irrelevant.^^

Vgl. Modigliani/Miller Vgl. Modigliani/Miller Vgl. Modigliani/Miller Vgl. Modigliani/Miller Vgl. Modigliani/Miller

(1958), S. 270. (1958), S. 270. (1958), S. 268 ff. (1958), S. 268 ff. (1958), S. 268 ff. 17

Der Inhalt dieser Aussage wird auf die durchschnittlichen Kapitalkosten transferiert und lautet wie folgt: „Die durchschnittlichen Kapitalkosten /?^ eines Untemehmens sind unabhangig von der Kapitalstruktur des Untemehmens und gleich der Kapitalisierungsrate (Kalkulationszinsfufi) fur die Abzinsung des Einkommensstroms eines ausschliefllich mit Eigenkapital finanzierten Untemehmens der gleichen Risikoklasse".®°

7

—V = — - = Dr, fur iedes Unternehmen/, in Risikoklasse k

Folglich konnen die Kapitalkosten nicht optimlert werden.

These 2: „Die Eigenkapitalrendite-Forderungen sind gleich dem Kalkulationszinsfuft eines ausschliefilich eigenfinanzierten Untemehmens der gleichen Risikoklasse, zuzuglich eines Aufschlags fur das Leverage-Risiko."^^ Die Aussage impliziert, dass die erwartete Eigenkapitalrendite i • eine linear ansteigende Funktion des Verschuldungsgrades ist und mathematisch in der folgenden Gleichung dargestellt werden kann:^^

D i

Stimmt man dem Theorem zu, dass die durchschnittlichen Kapitalkosten unabhangig vom Verschuldungsgrad sind, und unterstellt man einen konstanten Fremdkapitalzinssatz, so ergibt sich ein Eigenkapitalkostensatz, der von seinem Ausgangspunkt, in dem er mit dem Gesamtkapitalkostensatz ubereinstimmt, linear ansteigt und folglich einen Aufschlag fur das Verschuldungsrisiko widerspiegelt. Die von den Anteilseignem geforderte Eigenkapitalrendite erhoht sich somit in genau dem Ausmafi, in dem das verstarkte eingesetzte und kostengunstigere Fremdkapital den Gesamtkapitalkostensatz reduzieren wCirde. 2.2.5 Kritik Die von M&M auigesXeWien Irrelevanzthesen entfachten eine kontroverse Diskussion, da sie offenkundig im Widerspruch zur groflen Bedeutung der unternehmerischen Finanzierungs-

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Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 268; Eine deutsche Ubersetzung der These 1b findet sich in Perridon/Steiner (2004), S. 500. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 272 f; Eine deutsche Ubersetzung der These 2 findet sich in Perridon/Steiner (2004), S. 500. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 272 ff.

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entscheidung in der Praxis standen.®^ Eine Vielzahl kritischer Anmerkungen wurde veroffentlicht, hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Kritiken hinsichtlich der Nichtberucksichtigung der Steuern und der Konkurswahrscheinlichkeit, die nachfolgend kurz eriautert werden.®"* Die wahrscheinlich fundamentalste Kritik bzw. Korrektur kam von M&Mse\bsl

Die Irrelevanz-

thesen wurden in einem Modell ohne Steuern aufgestellt, der Originalaufsatz aus d e m Jahr 1958 erhielt zwar einen Abschnitt, der den Einfluss von Steuern berucksichtigte, aber diesen falsch berechnete.^^ M&M korugierien

diesen Fehler in einem funf Jahre spater veroffentlich-

ten Aufsatz.^^ Als Steuersystem wird von Af*Af eln vereinfachtes Steuersystenn angenommen, das haufig auch als „klassisches Steuersystem"®^ definiert wird. Dabei gelten folgende Steuerregelungen: Es existieren eine Korperschafts- und Einkommensteuer, Zinszahlungen sind von der Korperschaftsteuer absetzbar, des Weiteren existiert eine Einkommensteuer auf ausgeschuttete Gewinne sowie Zinseinkunfte. Die Einkommensteuer auf Veraufterungsgewinne, also Verkauf von Anteilen, wird allerdings nur eingeschrankt bzw. gar nicht berucksichtigt.^® Aufgrund der Absetzbarkeit der Zinszahlungen von der Korperschaftsteuer hat Fremdkapitalfinanzierung einen Wert, der dem Barwert der zukunftigen „tax shields" entspricht. Hierunter sind diejenigen Steuervorteile zu verstehen, die aus der Abziehbarkeit der Fremdkapitalzinsen von der Steuer resultieren.

Vgl. Breuer(1998), 8.73. Eine weitere Kritik resuitierte aus einem Aufsatz von Heins und Sprenkie, die anmerken, dass, wenn man die Variable v (also den Periodenuberschuss vor Steuern) mit einer Zahl grofler als 1 multipliziert yj j / , die Varianz erhoht wird. Folglich wurde nach M&M der Wert des Ertrags sinken und der fur das M&M-Modell essenzielle Arbitrageprozess nicht mehr stattfinden. Heins und Sprenkie fuhrten stattdessen einen neuen Beweis an, mittels dessen die M&M-Thesen weiter ihre Gultigkeit hatten. Die Kritik wurde von M&M beantwortet, indem sie anmerkten, dass nur fur den Fall, das eine positive Wahrscheinlichkeit fur einen negativen Wert fur ;\^gegeben ist, die vorgenannte Kritik Gultigkeit habe. M&M lieflen in ihrem Grundaufsatz von 1958 einen gewissen Spielraum fur die Interpretation der Variable. Einen negativen Wert der Variable ^ schlossen M&M per Definition aus und konkretisierteny"als einen Ertrag, der den Besitzern der Wertpapiere eines Untemehmens zusteht - dieser konne nicht negativ sein. Folglich wiirde jeder Investor, der Reichtum praferiert, den Ertragsstrom r, dem von r, vorziehen unbeeinflusst von der Tatsache, dass die Varianz von r, hoher ist als von r,; somit gelte die Beweisfuhrung des Modells; vgl. Heins/Sprenkle (1969), S. 591 ff., Modigliani/Miller (1969), S. 592 f. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 293 ff. Vgl. Modigliani/Miller (1963), S. 433 ff. Vgl. Fischer (2002), S. 176f. Vgl. Modigliani/Miller (1963), S. 433 ff. Bei Erscheinen des Aufsatzes war noch nicht bekannt, dass bei diesem Steuersystem eine voile Gewinneinbehaltung der Unternehmen optimal ist.

19

M&M Ziehen den Schluss, dass durch den Einsatz von Fremdkapital die Kapitalkosten einer Untemehmung gesenkt werden konnen.®^ Obwohl die Absetzbarkeit der ZinszahJungen rein mathematisch eine Verschuldung von Unternehmen in Holie von fast 100 % nahe legt, merkten M&Mhierzu an, dass der Steuervorteil der Fremdfinanzierung nicht notwendigerweise als Argument fur eine hohe Fremdverschuldung der Unternehmen dienen sollte/° So konne z. B. die Finanzierung aus einbehaltenen Gewinnen unter Umstanden biiliger sein als die Fremdfinanzierung. Des Weiteren sei auch der Zugang zu Fremdkapital i. d. R. limitiert/^ In den USA konnte empirisch keine angepasste hohere Unternehmensverschuldung in Phasen einer hohen Steuerlast nachgewiesen werden/^ Dieses Resultat interpretieren M&M mit dem Argument der Beibehaltung der Flexibilitat. Unternehmen vermeiden eine maximal mogliche Freradvarschukiung zuQunsten 4er Beibehaltung der Flexibilitat/^ Letztlich weisen AfSUlfdatauf hin, dass in der Realitat diverse Faktoren bzw. Kosten auftauchen konnen, die mit dem Gleichgewichtsmodell nicht erfassbar sind, aber dem Argument einer moglichst hohen Verschuldung widersprechen/"* Eine weitere Kritik, die von diversen Autoren angefuhrt wurde, war die von M&M nicht berucksichtigte Konkurswahrscheinlichkeit/^ Ein Unternehmen musse bei einer Erhohung der Verschuldung aufgrund der steigenden Konkurswahrscheinlichkeit mit individuell hoheren Fremdkapitalzinsen rechnen/^ Diesen Punkt vertieft Stiglitz in einer Veroffentlichung aus dem Jahr 1969, indem er anmerkt, dass auch bei der Annahme der Existenz vollkommener Markte immer eine Differenz zwischen Aniage- und Kreditzinsen bestehen mijsse. Legt ein privater Haushalt z. B. bei einer staatlichen Bank ohne Ausfallrisiko sein Geld an, erhalt er dafur Aniagezinsen; diese mussen logischerweise geringer sein als die Kreditzinsen, welche die vorgenannte Bank dem privaten Haushalt fur einen Kredit berechnet. Diese Logik konne man auch auf Unternehmensseite ubertragen: Ein Unternehmen mit einem hoheren Ausfallrisiko, also einer hoheren Verschuldung, musse auch hohere Zinsen zahlen/^ Des Weiteren merkte Stiglitz an, dass Individuen bzw. private Haushalte bei einer angenommenen Insolvenz nicht mehr in der Lage seien, die Ertrage bzw. das finanzwirtschaftliche Kapitalstrukturrisiko exakt nachzubilden.^®

Die Absetzbarkeit der Zinszahlungen von der Korperschaftsteuer wird detaillierter in Abschnitt 2.3.1 behandelt. Vgl. Modigliani/Miller (1963), S. 442. Vgl. Modigliani/Miller (1963). S. 442. Vgl. Modigliani/Miller (1963), S. 442. Vgl. Modigliani/Miller (1963). S. 442. Die Steuerthematik wird detaillierter in Abschnitt 2.3.1 behandelt. Vgl. Robichek/Myers (1966). 8. 1 ff., Baxter (1967), S. 395 ff., Stiglitz (1969), S. 783 ff. Die Thematik Konkurs sowie Konkurskosten wird detaillierter in Abschnitt 2.3.2 behandelt. Vgl. Robichek/Myers (1965), S. 20 ff., Stiglitz (1969), S. 788. Vgl. Stiglitz (1969), S. 792. Vgl. Stiglitz (1969), S. 788. 20

Des Weiteren thematisierte Stiglitz insbesondere zwei Aspekte, die M&M nicht explizit berucksichtigt hatten: zum einen die implizite Annahme des M&M-UodieWs, dass individuen bzw. private Haushalte zu denselben Konditionen Fremdkapital aufnehmen konnen wie Unternehmen, und zum anderen den Aspekt, dass fur private Haushalte Restriktionen in Bezug auf die Fremdkapitaiaufnahme bestehen/^ Trotz dieser Einwande konnte auch Stiglitz die Gultigkeit des A^<»A^Theorems nicht widerlegen.^° 2.2.6 Kritische Wurdigung Mit der Veroffentlichung der Irreievanzthesen verbanden M&M nicht den Anspruch Kapitalstruktur in Ganze zu erklaren, sondern den Fokus auf mogliche Einflussfaktoren zu lenken. Diese Absicht wurde auch von Merton Milier\x\ einem dreiflig Jahre spater - also 1988 - veroffentlichten Beitrag ,jhe Modigliani-MHIer Propositions after Thirty Years" xv\\ dem Ausspruch: „... wtiat doesn't matter can also stiow, by implication, wiiatdoes^^^ kommentiert. Auch in ihrem Originalaufsatz von 1958 wiesen M&Mbeve\\s darauf hin, dass die von ihnen aufgestellten sehr restriktiven Annahmen durchaus mit groflerem Realismus bewertet werden konnen, und regten hierijber eine aktive Diskussion an.®^

Die Kontroversen uber die Irrelevanz der Finanzierung veranlassten einige Autoren, die Gultigkeit der Irrelevanzthese durch andere Wege als den von MSAf gewahlten Arbitrageprozess abzuleiten. So bewies Hirshleifer xx\\\ seinen Ausfuhrungen die Gultigkeit der Irrelevanzthese mittels des sogenannten Time-State-Preference-Modells.®^ Des Weiteren trat Sharpe den Beweis der Irrelevanzthese mittels des Capital-Asset-Pricing-Modells an.®"* Letztlich kann die Irrelevanzthese auch als eine Auspragung des sogenannten Wertadditionstheorems der Finanzierungstheorie interpretiert werden.®^ Gilt die Pramisse der Wertadditivitat, fuhrt die Ausgabe von Finanzierungstitein lediglich zu einer Aufteilung eines gegebenen Zahlungsstromes, die den Marktwert aller ausgegebenen Finanzierungstitel nicht beeinflusst. Die Finan-

84 85

Vgl. Stiglitz (1969), S. 784 ff. Diese Annahme wurde auch von weiteren Autoren kritisiert. So merkte z. B. Gordon (1989) an, dass er die Annahme, dass die Verschuldung von Individuen bzw. Privathaushalten als Substitut fur die Verschuldung von Unternehmen gelten solle, fur die fragwurdigste aller Pramissen des Irrelevanztheorems hSIt, vgl. Gordon (1989), S. 20 f. Stiglitz konnte die Gultigkeit der Irreievanzthesen auch unter Einbeziehung eines moglichen Konkurses beweisen, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass mit dem Konkurs keine Transaktionskosten verbunden sind, vgl. Stiglitz (1969), S. 785 ff. Miller (1988), S. 100. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 296. Vgl. Hirshleifer (1966), S. 252 ff. Vgl. Sharpe (1964), S. 425 ff. Vgl. Fischer (2002), S. 175. Wertadditivitat ist gegeben, wenn der Marktwert des durch Addition von zwei Zahlungsstromen entstehenden Zahlungsstroms gleich der Summe der Marktwerte der beiden Zahlungsstrome ist, vgl. Franke/Hax (2004), S. 325. 21

zierungsart ist daher irrelevant fur den Marktwert des Unternehmens.^® Unterstellt man den vollkommenen Markt im Gleichgewichtszustand, kann durch unterschiedliche Ableitungen die Irrelevanz der Kapitalstruktur bewiesen werden. Die Bedeutung der von Af«jfAf veroffentlichten Thesen ist nicht so sehr in dem Beweis der Irrelevanz an sich zu sehen, sondern in der Begrundung eines Paradigmenwechsels. Wahrend in der klassischen Finanzierungsiehre die Kapitalstruktur lediglich als MIttel zum Zweck gewertet wurde, veranlasste ironischerweise erst das von MSAf aufgestellte Irrelevanztheorem mit der These, der Kapitalstruktur keinerlei Beachtung zu schenken, die Wirtschaftwissenschaftler dazu, sich eingehend mit dieser auseinander zu setzen.^^ Insofern gilt der Beitrag von M&M zu Recht als Geburtsstunde der modernen Corporate-Finance-Forschung.^® Die nachfolgend produktivsten Beitrage zur Theorie der Kapitalstruktur resultieren letztlich aus Beitragen der grdftten Skeptiker des Irrelevanztheorems, die einer Irrelevanz der Kapitalstruktur widersprachen und durch Kritik bzw. Modifizierung der getroffenen Annahmen einen wesentlichen Beitrag zum Fortschritt der Theorie der Kapitalstruktur leisteten.^^ Das primare Ziel von M&M, durch die Veroffentlichung ihrer Thesen eine Debatte uber diese Thematik zu erreichen, war somit erfullt. Nach zunachst kontroverser Diskussion unter Theoretikern sowie Finanzexperten fand das Irrelevanztheorem allgemeine Akzeptanz, da es in sich schlussig war und keine logischen Fehler enthielt. Die in der Realitat festzustellenden Abweichungen von der Irrelevanzthese basieren nicht auf Fehlern im Modell, sondern auf in der Realitat vorhandenen Abweichungen von der Pramisse des vollkommenen Marktes.^° Die nachfolgende Literatur zielte deshalb darauf ab, die Pramissen realitatsnaher zu gestalten, und beschaftigte sich eingehend mit der Identifizierung der Abweichungen.^^ Als erste Abweichungen vom vollkommenen Markt wurden die beiden Faktoren Steuern sowie Konkurswahrscheinlichkeit identifiziert und ihr Einfluss auf die Wahl der Kapitalstruktur untersucht.

Vgl. Hax/Hartmann-Wendels/von Hinten (1988). S. 703. Vgl. Stiglitz(1988), S. 121. Die Bedeutung der M&M-Thesen fur die Themenkomplexe Corporate Finance wird u. a. durch Beitrage folgender Autoren herausgestellt: Stuiz (2000), S. 120, Gordon (1989), S. 19 f., Bhattacharya (1988), S. 135, Ross (1988), S. 127. Vgl. Stiglitz (1988), S. 122. Vgl. Weston (1989), S. 36. Vgl. Weston (1989), S. 36. 22

2.3

Theorie der Kapitalstruktur basierend auf der Trade-off-Theorie

2.3.1

Steuern

2.3.1.1 Der Einfluss von Steuern Als einer der ersten Faktoren, der zu einer Marktunvollkommenheit fuhrt, wurde der Einfluss von Steuern auf die Wahl der Kapitalstruktur untersucht. M&M hatXen bereits den Einfluss der Steuern erkannt und in ihrem Aufsatz von 1963 beschrieben. Allerdings basierte diese Ausarbeitung auf dem klasslschen Steuersystem, bei dem die Besteuerung auf Veraufierungsgewinnen von Individuen bzw. privaten Haushalten vernachlassigt wurde. Im Folgenden wird der Einfluss der Korperschaftsteuer sowie der Individualsteuer in Zusammenhang mit der Kapitalstruktur dargestellt.^^ Bei der Korperschaftsteuer wird das Einkommen von Kapitalgesellschaften besteuert. Folgendes Beispiel, dargestellt in der nachfolgenden Tabelle 1: Korperschaftsteuervorteil der Fremdfinanzierung, soil den Vorteil der Fremdfinanzierung gegenuber der Eigenkapitalfinanzierung verdeutlichen. Unterstellt man ein Unternehmen A, welches zu 100 % (1.000 Einheiten Eigenkapital) eigenkapitalfinanziert ist, und ein Unternehmen B, welches zu 70 % fremdfinanziert ist (700 Einheiten Fremdkapital/300 Einheiten Eigenkapital) mit einem zu zahlenden Fremdkapitalzinssatz von 8 % p. a., so erzielt das fremdfinanzierte Unternehmen einen Steuervorteil aufgrund der Abziehbarkeit der Fremdkapitalzinsen gegenuber dem rein eigenkapitalfinanzierten Unternehmen in Hohe von 19,6 Einheiten.

EBIT Zinsaufwand

Unternehmen A 100% EK

Unternehmen B 70% FK

100

100

0

56

EST

100

44

Steuern (35%)

35

15,4

AusschiJttung an Eigenkapitalgeber

65

28,6

Gesamteinkommen Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber

65

84,6

Steuervorteil

0

19,60

j 1

1

Tabelle 1: Korperschaftsteuervorteil der Fremdfinanzierung

Die Behandlung der steuerrechtlichen Fragen sowie die verwendeten Beispiele simplifizieren die Besteuerung und dienen der Illustration einiger in den meisten Industrienationen gebrauchlicher, grundlegender Besteuerungsthemen. Ein exakter Abgleich mit dem deutschen Steuerrecht oder dem internationalen Steuerrecht ist weder zweckdienlich noch moglich. 23

Betrachtet man - wie M&M\n ihrem Steuerkorrekturaufsatz von 1963 - zunachst lediglich die auf Untemehmensebene zu zahlende Korperschaftsteuer, so definiert sich der Wert eines fremdfinanzierten Unternehmens durch den Unternehmenswert eines vergleichbaren eigenkapitalfinanzierten Unternehmens zuzuglich des Barwertes des durch die Fremdfinanzierung erreichten Steuervorteils.^^ Geht man davon aus, dass die Unternehmen A und B bis auf ihre Kapitalstruktur identisch sind, so bewirkt die Substitution des Eigenkapitals durch Fremdkapital eine ErhChung des Unternehmenswertes. Wie schon M&M\x\ ihrem Korrekturaufsatz konstatierten, lage die optimale Kapitalstruktur bei ausschliefllicher Berucksichtigung der Korperschaftsteuer bei einer Fremdfinanzierung von 100 %.^'* Um einen realistischeren Eindruck von der Wirkung der Besteuerung zu erhalten, muss die Besteuerung der Kapitalgeber - Investoren bzw. private Haushalte - berucksichtigt werden. Die Steuerbelastung der Kapitalgeber entscheidet letztendlich, ob und wenn ja, welche Art von Kapital (Eigen- Oder Fremdkapital) dem Unternehmen zur Verfugung gestellt wird. In Abhangigkeit davon, ob das Unternehmen Eigen- oder Fremdkapital aufnimmt, folgt eine unterschiedliche Besteuerung. Auf Ebene des Unternehmens fallt zunachst die Korperschaftsteuer T^ bei Gewinnausschuttungen an die Eigenkapitalgeber an. Zinszahlungen an die Fremdkapitalgeber unterliegen nicht der Korperschaftsteuerpflicht.^^ Ausgehend vom operativen Einkommen werden Zinszahlungen einmal versteuert, und zwar auf Ebene der Investoren bzw. privaten Haushalte. Die Zinseinkunfte werden bei den Investoren mit der individuellen Einkommensteuer fur Zinseinnahmen und ausgeschijttete Gewinne T/. versteuert.^^ Zahit das Unternehmen das operative Einkommen an die Eigenkapitalgeber aus, so findet eine Doppelbesteuerung statt: Auf Untemehmensebene werden zunachst Korperschaftsteuern bezahlt. Die verbleibende Summe, die dann den Investoren bzw. privaten Haushalten zusteht, wird ein zweites Mai versteuert und zwar mit der individuellen Einkommensteuer auf Veraufterungsgewinne fur Anteile 7),/, .^^

93 94

Vgl. Modigliani/Miller (1963), S. 438 ff. Vgl. Modigliani/Miller (1963), S. 442. Vgl. Brealy/Myers (2000), S. 504 ff. Vgl. Brealy/Myers (2000), S. 504 ff. Vgl. Brealy/Myers (2000), S. 504 ff. Die Doppelbesteuerung von Unternehmensgewinnen ist in den USA ubiich. Das in Deutschland ubiiche Anrechnungsverfahren kann aufgrund der Komplexitat, die in keinem Verhaltnis zum resultierenden Erkenntnisgewinn steht, nicht als Beispiel angefuhrt werden. 24

Die folgende Abbildung 1: Eigen- und Fremdkapitalbesteuerung

stellt die Unterschiede der Be-

steuerung zwischen Eigenl^apitai- und Fremdkapitalgebern dar:

Operatives Einkommen 100

Zinszahlung

Eigenkapitalzahlung

Keine

Tc

100

100-Tc

Einkommenssteuer

Tp

TPE(IOO-TC)

Ergebnis nach alien Steuern

(100-Tp)

(100-TPE)(100-TC)

Kdrperschaftssteuer

Kdrperschaftssteuer

Fremdkapitalgeber Abbildung 1:

]

Eigenkapitalgeber

Eigen- und Fremdkapitalbesteuerung

Der absolute Vorteil der Fremdfinanzierung be! alleinigem Fokus auf die Unternehmensebene relativiert sich zwar, da auf Investorenebene eine Besteuerung erfolgt und folglich eine Minderung des Einkommens aus Fremdkapital stattfindet; aufgrund der Doppelbesteuerung bei Eigenkapitaigebern durfte das Nettoergebnis einer Ausschuttung des Unternehmens in den meisten Fallen bei den Eigenkapitaigebern jedoch niedriger sein.^^ Stellt man den relativen Vorteil der Fremdfinanzierung gegenuber der Eigenkapitalfinanzierung mathematisch dar, so erhalt man die folgende Formel:

\-T,

(i-7-,,,,Xi-r<.

Auf Unternehmensebene legen die steuerlichen Regelungen eine Fremdfinanzierung nahe.^°° Prinzipiell hangt die Vorteilhaftigkeit der Fremdfinanzierung vom Korperschaftsteuer-

In Aniehnung an Brealy/Myers (2000), S. 505. In Ausnahmefallen kann bei bestimmten Steuerkonsteilationen auch die Fremdfinanzierung von Vorteil sein, so z. B. wenn die Korperschaftsteuer und die Einkommensteuer auf Veraufierungsgewinne von Anteilen extrem niedrig sind, gleichzeitig aber die Einkommensteuer auf ausgeschuttete Gewinne und Zinszahlungen extrem hoch ist. Fur amerikanische Unternehmen sowie zumindest fur die meisten Kapitalgesellschaften in Deutschland ist die Fremdfinanzierung von Vorteil. 25

satz sowie vom individuellen Einkommensteuersatz ab.^°^ Aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Steuersatze sowie haufiger Anderungen im Steuersystem durfte die Vorteilhaftigkeit verschiedener AusschiJttungen fur Investoren fur das kapitalausgebende Unternehmen in den seltensten Fallen exakt zu bestimnrien sein. 2.3.1.2 irrelevanz der Besteuerung im Kapitaimarktgleichgewicht Die Betrachtungswelse, dass Fremdfinanzierung fur Unternehmen in Abhangigkeit von den jeweiligen Steuersatzen von Vorteil ist, wurde von Miller in einem weiteren Aufsatz kritisiert, da seiner Ansicht nach der Einfluss der Besteuerung auf das Kapitaimarktgleichgewicht vernachlassigt wird.^°^ So vertrat Miller6\e Meinung, dass die Fremdfinanzierung auch unter Berucksichtigung der Besteuerung der Investorenseite keineVorteile bringt.^°^ Da im Kapitaimarktgleichgewicht keine Moglichkeit zu Steuerarbitrage besteht, bleibt bei einer marginalen Substitution von Eigen- durch Fremdkapital die Steuerbelastung konstant. Folglich ist es im Kapitaimarktgleichgewicht gleichgultig, wie sich ein Unternehmen finanziert.^^"* Miller betrachtet das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht und unterstellt folgende Annahmen: • Vollkommener Kapitalmarkt. • Zwei Finanzierungstitel Aktien und Anieihen, beide werfen unter Sicherheit dieselbe Rendite ab. • Steuerfreiheit von Staatsanleihen. • Besteuerung von Unternehmensanleihen. • Steuerfreiheit von Aktiengewinnen. • Keine Transaktionskosten. •

Progressive Einkommensteuer.^°^

Die steuerfreien Staatsanleihen haben eine Rendite in Hohe von / j , . Die steuerpflichtigen Unternehmensanleihen haben eine Rendite /;(^) in Hohe von:

A; [B) = Ao '

, r^ ist der Korperschaftsteuersatz

Vgl. Franke/Hax (2004), S. 473. Der Aufsatz wird haufig als Nachfolgeaufsatz bzw. Erganzung zu den von M&M geschriebenen Irrelevanztheorien von 1958/1963 gezahit, da er konsequent die Thematik der Irrelevanz fortsetzt, vgl. Miller (1977), S. 261 ff. Vgl. Miller (1977), 8.261 ff. Vgl. Miller (1977), 8. 261 ff. Vgl. Miller (1977), 8.266 ff. 26

Die Rendite r^ (5) entspricht der von den Unternehmen geforderten Fremdverschuldungsrendite. Im Gleichgewicht gilt, dass alle Anieihen (Staatsanleihen und Unternehmensanleihen) nach Steuern dieselbe Rendite vorweisen mussen. Damit Unternehmensanleihen fur Investoren von Interesse sind, muss die Rendite mindestens der Verzinsung der Staatsanleihen zuzuglich einer Kompensation fur die bei Investition in Unternehmensanleihen zu zahlende jeweilige Einkommensteuer des Investors entsprechen. Investoren fragen folgende Renditen bei Unternehmensanleihen nach:

/(5)='-o

l-Tl

Unterstellt man den progressiven Einkommensteuersatz, so steigt die von den Investoren geforderte Rendite bei Unternehmensanleihen mit dem jeweiligen Einkommensteuersatz. Es wird daher eine steigende Nachfragekurve angenommen; die Folge des unterstellten progressiven Steuersatzes kann in drei Abschnitte unterteilt werden:^°^ Im ersten horizontalen Abschnitt der Nachfragekurve existiert Nachfrage von steuerbefreiten Investoren. Diese fragen Unternehmensanleihen nach, deren Rendite denen von Staatsanleihen entspricht. Im zweiten, steigenden Teil der Nachfragekurve schlagt sich der progressive Einkommensteuersatz nieder. Investoren fragen Unternehmensanleihen nach, deren Rendite die vom Investor zu zahlende marginale Einkommensteuer kompensiert - die Einkommensteuersatze liegen unter den Korperschaftsteuersatzen der Unternehmen. Der dritte Abschnitt spiegelt die Situation wider, bei der die von den Investoren geforderten Renditen von Unternehmensanleihen aufgrund der hohen Einkommensteuern der Investoren hoher sind als die von den Unternehmen zu zahlenden Korperschaftsteuersatze. Die von Unternehmen generierten Steuervorteile aus Fremdfinanzierung sind zu niedrig, um die von Investoren zu zahlenden Einkommensteuern auszugleichen. Der Einkommensteuersatz des Investors T'PI^ ubersteigt den Korperschaftsteuersatz r^., es gilt: r)',/^ > r^ .^°^ Im Schnittpunkt der Angebots- und Nachfragekurve von Unternehmensanleihen liegt das sog. Miller-Gleichgewicht, an dem die gesamtwirtschaftliche Nachfrage dem gesamtwlrtschaftlichen Angebot an Unternehmensanleihen entspricht.^°® Im Gleichgewicht haben Investoren mit geringen Einkommensteuersatzen den Korperschaftsteuervorteil des Fremdkapitals

'°^ ^°^ ^°^

Vgl. Miller (1977), 8.268 ff. Vgl. Miller (1977), 3.268 ff. Im Gleichgewicht entspricht die Einkommensteuer der Korperschaftsteuer, vgl. Miller (1977), S. 269 f. 27

der Unternehmen absorbiert. Die Unternehmen mussen diesen Vorteil an die AnleiheInvestoren weitergeben, urn Fremdkapital fur Investoren attraktiv zu machen.^°^ Im Kapitalmarktgleichgewicht ist das optimale Eigenkapitalvolumen fur die Gesamtheit der Unternehmen bestimmt - nicht aber fur einzelne Unternehmen. ^^° Vermindert ein Unternehmen sein Eigenkapital, wird dies durch eine entgegengesetzte Politik anderer Unternehmen wieder neutralisiert. Die Irrelevanz unternehmerischer Finanzierungsentscheidungen bleibt auf Ebene des einzelnen Unternehmens auch unter Berucksichtigung von Steuern erhalten.^^^ Das Miller-Modell von 1977 revidierte die extreme Ausrichtung der Irrelevanzthesen, bei der die Steuervorteite der FrenKifinanzierung so wertvoW waren, d a s s eine voWstarKiige Fremdfinanzierung das Optimum fur jedes Unternehmen darstellte. Mit Berucksichtigung der Besteuerung der privaten Haushalte werden diese KdrperschaftsteuervorteiJe ausgehebelt, so dass die Wahl der Kapitalstruktur auf Firmenebene wiederum irrelevant ist.^^^ Die extreme Sichtweise von M/7/eruber die Irrelevanz der Besteuerung wurde nicht von alien Experten geteilt. Kritik gab es insbesondere fur die von M/7/er untersieWXe Annahme, dass alle Unternehmen den gleichen Oder zumindest ahnlich marginalen Korperschaftsteuersatz zahlen.^^^Tatsachlich sind die Korperschaftsteuersatze sehr unterschiedlich. Folglich muss der

Diese Mechanismen sollen anhand eines Zahlenbeispiels kurz eriautert werden: Der Korperschaftsteuersatz betragt 50 %. Die Aktionare fordern eine Rendite nach Korperschaftsteuer von 8 %. Bei reiner Eigenkapitalfinanzierung (EK-Finanzierung) von Unternehmen muss den Aktionaren eine Investitionsrendite vor Korperschaftsteuer von mindestens 16 % geboten werden. Eine reine EK-Finanzierung ist aber fur Unternehmen aufgrund der Abzugsfahigkeit der Fremdkapitalzinsen nicht optimal. Urn Investoren fur Fremdkapital zu interessieren, muss von Unternehmen ein Zinssatz fur Anieihen von knapp uber 8 % angeboten werden. Investoren mit einem Einkommensteuersatz von 0 werden sich fur diese Anieihen interessieren - die Unternehmen wiederum profitieren von der Ausgabe des Fremdkapitals, da die zu zahlenden Zinsen abzugsfahig sind. Sie haben eine Steuererspamis (bei 50 % Korperschaftsteuer) in Hohe von 4 %. Die Anzahl der Investoren, die einen Steuersatz von 0 haben, ist aber begrenzt. Ein Unternehmen, das mehr Fremdkapital emittieren will, muss sein Fremdkapital attraktiver verzinsen, urn auch Investoren mit hoherem Steuersatz als Anieihenkaufer fur sich zu gewinnen. Die Rendite aus dem Fremdkapital nach Einkommensteuer muss grofler sein als die Rendite aus dem Eigenkapital nach Steuern. Unterstellt man bei den vorgenannten Zahlen einen hohen Einkommensteuersatz von 50 %, so ist bei einem Fremdkapitalzinssatz von 16 % ein Gleichgewicht erreicht, da der Korperschaftsteuervorteil der Unternehmen genau der Einkommensteuerzahlung der Investoren in Fremdkapital entspricht. Investoren mit einem niedrigeren Einkommensteuersatz als 50 % werden folglich in Anieihen investieren. Investoren mit einem Einkommensteuersatz von uber 50 % werden in Eigenkapital investieren, vgl. Fischer (2002), S. 178 ff. So weist Miller darauf hin, dass zwar Firmen unterschiedliche Verschuldungsstrategien haben konnen, im Gleichgewicht ist der Wert der Firma trotz Zinsbesteuerung unabhangig von der Kapitalstruktur, vgl. Miller (1977), S. 270. Vgl. Franke/Hax (2004), S. 474 ff. Vgl. Miller (1977), S. 270 ff. So weist Myers darauf hin, dass viele Unternehmen z. B. durch Abschreibungspolitik, Steuererspamisse. Leasing oder andere Bilanzierungspraktiken ihre Korperschaftsteuer deutlich verringern konnen, vgl. Myers (1984), S. 579 ff. 28

Wert der Steuervorteile aus Fremdfinanzierung mit der Hohe der jeweiligen Korperschaftsteuerrate des Unternehmens variieren. Einige Autoren, darunter besonders DeAngelo undMasulis, erweiterten daher das Modell von Miller, indem sie auch Steuervorteile, die nicht aus Fremdfinanzierung resultieren (z. B. aufgrund der Investment- bzw. Abschreibungspolitik), in das Modell integrierten, um es realistischer zu gestalten.^^"* Profitiert ein Unternehmen bereits aufgrund seiner Abschreibungspolitik von hohen Steuervorteilen, so ist eine Schaffung von Steuervorteilen mittels einer Erhohung der Verschuldung nicht mehr vonnoten. DeAngelo und Masulis weriraten die These, dass Unternehmen, die bereits aufgrund ihrer Investment- oder Abschreibungspolitik uber hohe Steuervorteile verfugen und des daraus resultierenden geringen Vorteils einer hohen Verschuldung zu einer geringeren Verschuldung nelgen.^^^ Sie leiteten aufgrund der tatsachlich vorliegenden Besteuerung der Unternehmen und deren individuellen Steuervorteils einen optimalen Verschuldungsgrad als Innenlosung fCir jedes Unternehmen ab.^^^ Empirlsch konnte diese These allerdings nicht bewiesen werden.^^^ Ein weiterer Khtikpunkt bezieht sich auf die angenommene Sicherheit der Steuervorteile. Zur Nutzung der Steuervorteile aus Fremdfinanzierung ist Voraussetzung, dass zukunftig steuerbare Gewinne erwirtschaftet werden. Generiert das Unternehmen hingegen in der Zukunft Verluste, so konnen die Steuervorteile zunachst nicht genutzt werden. Daraus folgt, dass der mit der Fremdfinanzierung verbundene Steuervorteil einen hoheren Wert fur profitable Unternehmen mit stabilen, sicheren Gewinnaussichten hat im Vergleich zu Unternehmen mit sinkenden, unsicheren oder negativen Gewinnaussichten."^ Die in der Theorie vermeintliche Logik des hohen Wertes der durch Fremdfinanzierung generierten Steuervorteile fur profitable Unternehmen wurde allerdings in der Praxis widerlegt. Mehrere Studien fanden heraus, dass die profitabelsten Unternehmen in bestimmten Industrien den geringsten Verschuldungsgrad aufweisen."^

Die Steuervorteile von Firmen mittels Investment bzw. Abschreibungspolitik waren in den USA im Jahr 1975 nur minimal kieiner als Steuervorteile, die durch die Abzugsfahigkeit von Fremdkapitaizinsen generiert wurden, vgl. DeAngelo/Masulis (1980), S. 3 ff. Vgl. DeAngelo/Masulis (1980), S. 24. Vgl. DeAngelo/Masulis (1980), S. 4. So widerlegten Boquist und Moore die These von DeAngelo und Masulis durch eine empirische Studie. In den Jahren 1963,1966 und 1969 konnte bei Unternehmen, die uber hohe Steuervorteile basierend auf Abschreibungs- und Investmentpolitik verfugten, eine relativ niedrigere Fremdverschuldung festgestellt werden, vgl. Boquist/Moore (1984), S. 8 f. Vgl. Myers (1984), S. 579 ff. Mehrere Studien belegen die negative Korrelation zwischen Profitabilitat und Verschuldungsquote, vgl. Myers (1984), S. 579 ff., Baskin (1989), S. 26 ff., Rajan/Zingales (1995), S. 1421 ff. Als Beispiel fur das Paradoxon wird das Unternehmen Microsoft angefuhrt, welches zwar eine jahrelange stabile Profitabilitat vorweisen kann, aber eine sehr geringe Verschuldung aufweist, vgl. Myers (2001), S. 89. 29

2.3.1.3

Exkurs: Neue Erkenntnisse zur Thematik Besteuerung und Kapitalstruktur

Trotz intensiver kontroverser theoretischer Auseinandersetzung zum Einfluss der Besteuerung auf die Kapitalstruktur und diverser empirischer Studien konnte bis Mitte der achtziger Jahre nicht eine einzige Studie vorgelegt werden, welche eindeutig nachweisbare materielle Effekte der Besteuerung auf die jeweilige Verschuldungspolitik eines Unternehmens demonstriert.^^° Eine exakte Bestimmung der Beziehung zwischen Besteuerung und Kapitalstruktur ist bislang ausgeblieben. Verelnzelte Studien deuten auf eine Relevanz der Besteuerung auf die Verschuldung hin, insgesamt lassen insbesondere aktuelle empirische Studien den Schluss zu, dass dem Faktor Besteuerung eine nachrangige Bedeutung bei der Wahl der Kapitalstruktur zukommt.^^^ Zwei unabhangig voneinander durchgefOhrte Studien von MacKfe-Mason sowie von Graham lassen den Schluss zu, dass Unternehmen mit einem hohen Grenzsteuersatz tendenziell eher zur Fremdfinanzierung neigen als Unternehmen mit einem eher niedrigen Grenzsteuersatz.^^^ So lieferte MacKie-Mason in einer empirische Studie Hinweise, dass mit steigendem effektivem Grenzsteuersatz auf Fremdkapitalzinsen die Tendenz zur Fremdfinanzierung bei Unternehmen steigt.^^^ Eine empirische Studie von Graham, Lemmon und Schallheim 3us dem Jahr 1998 untersucht den Zusammenhang von Verschuldung, Leasing und Besteuerung.^^"* Die Einbeziehung des Faktors Leasing ist von Bedeutung, da auch fur Leasingzahlungen ebenso wie fur Fremdkapitalzinsen die Steuerabzugsfahigkeit gilt. Die Resultate zeigen, dass ein positiver Zusammenhang zwischen Steuerrate und Verschuldung sowie ein negativer Zusammenhang zwischen Steuerrate und Einsatz des operativen Leasings besteht.^" Unternehmen mit einer niedrigen Steuerrate leasen mehr und haben einen niedrigeren Verschuldungsgrad im Vergleich zu Unternehmen mit einer hoheren Steuerrate. Des Weiteren wurde bewiesen, dass

Vgl. Myers(1984), 8. 588. Aufgrund komplexer Steuerregelungen sowie der Schwierigkeit der Abgrenzung des Einflusses anderer Faktoren auf die Kapitalstruktur wird eine exakte Bestimmung des Einflusses der Besteuerung auf die Kapitalstruktur vermutlich auch in Zukunft nicht moglich sein. Verelnzelte empirische Studien haben Hinweise gefunden, dass die Besteuerung einen vorhersehbaren materiellen Effekt auf eine zunehmende Verschuldungspolitik von Unternehmen ausubt, vgl. Givoly/Hahn/Ofer/Sarig (1992), S. 331 ff., Graham (1996). S. 41 ff., MacKie-Mason (1990), S. 1471 ff., Rajan/Zingales (1995), S. 1421 ff. Vgl. MacKie-Mason (1990), S. 1471 ff., Graham (1996), S. 331 ff. Vgl. MacKie-Mason (1990), S. 1482. f. Die Studie von Graham, Lemmon, und Schallheim wertet Daten von 18.193 Unternehmen in den Jahren 1981 bis 1992 aus. Die untersuchten Unternehmen setzten wahrend der elf Jahre zu 88,1 % langfristiges Fremdkapital ein, zu 52,6 % das sogenannte ..Capital Leasing", bei dem der Leasingnehmer als wirtschaftlicher Eigentumer die Aktivierung vorzunehmen hat, und zu 99,9 % das sogenannte „Operating Leasing", bei dem Leasinggeber die Aktivierung vorzunehmen hat, vgl. Graham/Lemmon/Schallheim (1998), S. 131 ff. Vgl. Graham/Lemmon/Schallheim (1998). S. 131 ff. 30

die Steuerrate von Unternehmen ein endogener Faktor ist, also vom Unternehmen selber gesteuert werden kann.^^^ Fama und French \N\e6erun\ konstatieren, dass eine hohe Verschuldung bzw. eine Erhohung der Verschuldung negative Signale uber den Zustand eines Untemehmens signalisiert.^^^ Sie weisen darauf hin, dass eine Isolierung des Steuereffekts der Fremdfinanzierung aufgrund der diversen weiteren Einflussfaktoren wie beisplelsweise Gewinn, Dividende, Investmentpolitlk, Konkurswahrscheinlichkeit auf die Fremdfinanzierungspolitik nicht zu validen Ergebnissen fuhren kann. Weiterhin Ziehen sie den Schluss, dass der mit einer steigenden Verschuldung einhergehende Nachteil der externen negativen Interpretation dieses Anstiegs den Steuervorteil der Fremdfinanzierung ubersteigt.^^® Eine der aktuellsten Studien von Graham aus dem Jahr 2000 belegt, dass rund 3,5 % des Unternehmenswertes aus dem Barwert der Steuervorteile besteht. Nach Grahams Berechnungen konnten Unternehmen bei einer Erhohung der Verschuldung von einer Steigerung des Unternehmenswertes um rund 4,7 % profitieren.^^^ Der Barwert der Steuervorteile konnte mehr als verdoppelt werden und wurde in der Folge rund 8,2 % des Unternehmenswertes betragen. Weiterhin stellt Graham fest, dass in den USA seit den achtziger Jahren zwar ein starker Anstieg der Fremdverschuldungsquote festgestellt werden konnte, trotzdem konstatiert er einen tendenziell konservativen Einsatz von Fremdkapital und merkt an, dass somit die potenzielle Mdgiichkeit zur Eriangung hoherer Unternehmenswerte von Unternehmensseite nicht genutzt wird.^^° Auch eine aktuelle Studie von Graham und Harvey aus dem Jahr 2002 basierend auf einer empirischen Umfrage stellt fest, dass steuerliche Aspekte bei der Wahl der Kapitalstruktur fur Unternehmen von nachrangiger Relevanz sind.^^^ 2.3.2

Konkurs

2.3.2.1 Der Einfluss von Konkurskosten Die in der Praxis vorhandenen Kapitalstrukturen widersprachen dem angenommenen Steuervorteil der Fremdfinanzierung, nachdem zumindest theoretisch eine optimale Verschuldung

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Vgl. Graham/Lemmon/Schallheim (1998), S. 131. Vgl. Fama/French (1998), S. 819 ff. Vgl. Fama/French (1998), S. 837. Vgl. Graham (2000), S. 1933 ff. Vgl. Graham (2000), 8. 1933. Vgl. Graham/Harvey (2002), 8. 8 ff. Die Ergebnisse der Studie werden detailliert in Kapitel 4.7 vorgestellt. 31

von 100 % angenommen wurde.^^^ Daraus folgte, dass der steuerliche Vorteil der Fremdfinanzierung durch einen anderweitigen Nachteil der Fremdfinanzierung kompensiert wurde. Eine Vielzahl von Autoren wies darauf hin, dass den von M&MyerfassXen Thesen auch in ihrer zweiten Fassung ein wesentlicher Faktor fehit, namlich die Berucksichtigung der Konkurskosten.^^^ Zwar erkannte M/7/er den Einfluss der Konkurskosten auf die Kapitalstruktur prinzipiell an. Allerdings schatzte er diese als marginal im Vergleich zum Steuervorteil der Fremdverschuldung ein und erklarte die tatsachlich vorfindbaren geringen Verschuldungsgrade der Unternehmen mit dem Argument, dass der Steuervorteil der Verschuldung geringer einzustufen sei, als gemeinhin angenommen.^^ Nachfolgend werden der Konkufs, die Arten von Konkurskosten sowie ihr Einfluss auf die Kapitalstruktur dargestellt. Ein Konkurs im rechtiichen Sinne tritt ein, wenn ein Unternehmen zahlungsunfahig ist. Dies ist der Fall, wenn nicht samtliche Anspruche der Glaubiger erfullt werden konnen, oder bei Eintreten der Uberschuldung, wenn keine naturliche Person unbeschrankt haftet.^^^ Konnen sich die Glaubiger eines Unternehmens nicht einigen, folgt i. d. R. ein gerichtliches oder aufiergerichtliches Konkursverfahren, in dem die Anspruche geklart werden. Dabei ist zwischen dem Konkurs und der Liquidation eines Unternehmens zu differenzieren. Der Konkurs wird durch die Kapitalstruktur hervorgerufen, bedingt aber nicht zwangslaufig eine Liquidation. Besitzt ein Unternehmen keine wirtschaftlich interessante Perspektive mehr, kann als Folge des Konkurses die Liquidation eintreten. Der Konkurs eines Unternehmens fuhrt zunachst nur zu einem Wechsel der Verfugungsmacht, bei der die Verfugungsrechte von den bisherigen Anteilseignern auf die Glaubiger ubergehen. Inwieweit aus dem Konkursfall eine Zerschlagung oder eine Fortfuhrung des Unternehmens resultiert, hangt letztlich vom Liquidationswert im Vergleich zum Fortfuhrungswert des Unternehmens ab.^^^ Liegt der Fortfuhrungswert des Unternehmens uber dem Liquidationswert, werden sich die Glaubiger, welche im Rahmen der Reorganisation die Kontrolle ijber das Unternehmen erlangen, fur die Fortfuhrung des Unternehmens entscheiden.^^^ Die Konkurswahrscheinlich-

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Vgl. Franke/Hax (2004), S. 480 ff. Vgl. Warner (1977), S. 337ff., Robichek/Myers (1966), S. 1 ff., Stiglitz (1969), S. 784, Stiglitz (1972), S. 458 ff. Vgl. Miller (1977), S. 262 ff. Vgl. Franke/Hax (2004), S. 481 ff. Vgl. Haugen/Senbet (1978), S. 383 ff. Vgl. Franke/Hax (2004), S. 481 ff. 32

keit und die damit einhergehenden potenziellen oder erwarteten Kosten eines Konkurses konnen einen Einfluss auf die Kapitalstruktur haben.^^®

2.3.2.2

Direkte und indirekte Konkurskosten

In Abhangigkeit davon, ob es zu einem gerichtlichen Konkursverfahren kommt, konnen direkte und indirekte Konkurskosten anfallen.^^^ Die direkten Konkurskosten treten meist in Zusammenhang mit einem gerichtlichen Konkursverfahren auf und umfassen u. a. die Kosten des gerichtlichen Verfahrens, Gutachterhonorare, Kosten des Insolvenzverwalters sowie weitere Kosten der Verfahrensdurchfuhrung.^"^" Die direkten Konkurskosten sind durch Gesetze, Verordnungen und Gebuhrenregelungen festgelegt und daher quantifizierbar. Mehrere empirische Studien untersuchen die direkten Konkurskosten, so finden Warner (1977) und Altman

(1986)

ubereinstimmend

heraus, dass sich die Konkurskosten auf rund 5-6 % des Unternehmenswertes belaufen; weitere Studien quantifizieren die Konkurskosten in Hohe von rund 3-20 % des Unternehmenswertes.^'*^ Dabei gilt prinzipiell: Je kleiner das Unternehmen, desto hoher ist aufgrund der Fixkosten eines Konkurses der prozentuale Anteil der direkten Konkurskosten. Zu den indirekten Kosten werden alle Kosten gezahit, die aus der Veroffentlichung der finanziellen Schwierigkeiten eines Unternehmens resultieren und oft zu erheblichen Belastungen fuhren. Hierunter fallen zum Beispiel Kosten aus der Verschlechterung der Geschaftsbeziehung zu Lieferanten und Kunden.^'*^ Die indirekten Kosten treten foiglich nicht erst mit dem tatsachlich gerichtlich vollzogenen Konkurs ein, sondern antizipieren einen drohenden Konkurs, der im schlimmsten Fall die Liquidation nach sich zieht. In Antizipation eines drohenden Konkurses eines Unternehmens kommt es haufig zu Umsatzeinbufien, da Geschaftspartner

Vgl. Warner (1977), S. 337 ff., Robichek/Myers (1966), S. 1 ff. Vgl. Baxter (1967), S. 399 ff., Warner (1977), S. 337 ff. Auch fiir den Fall, dass es nicht zu einem gerichtlichen Insolvenzverfahren kommt, konnen direkte Kosten entstehen, z. B. durch Fijhrung von Verhandlungen und Uberwachung von beschlossenen Maflnahmen, vgl. Franke/Hax (2004), S. 459. Baxter untersuchte in seiner Studie die Konkurskosten von kleineren Personengesellschaften sowie Privatpersonen und stellte Konkurskosten in Hohe von rund 20 % vom Unternehmenswert fest, vgl. Baxter (1967), S. 399 ff. Warner untersuchte Konkurse von elf Eisenbahnunternehmen in einer empirischen Studie und wies Kosten von rund 5 % des Unternehmenswertes kurz vor Beginn des Konkurses und rund 1,4 % des Unternehmenswertes funf Jahre vor Konkurs nach, vgl. Warner (1977), S. 339 ff. Diese Beobachtung konnte in einer weiteren Studie von Altman bestatigt werden. Bei der Untersuchung von Konkurskosten von Industrieunternehmen errechnete Altman Konkurskosten in Hohe von rund 6 % des Unternehmenswertes; vgl. Altman (1984), S. 1067 ff. Weiss untersuchte den Konkurs von 31 Unternehmen in den Jahren 1980-86 und wies Konkurskosten in Hohe von 3 % in Bezug auf die Bilanzsumme und rund 20 % in Bezug auf den Marktwert des Eigenkapitals nach, vgl. Weiss (1990), S. 285 ff. Die aktuellste Studie von Andrade und Kaplan, welche die Konkurskosten von ausschliefilich hochverschuldeten Unternehmen untersuchte, stellte Konkurskosten in Hohe von 10-20% vom Unternehmenswert vor Konkurs fest, vgl. Andrade/Kaplan (1998), S. 1143 ff. Vgl. Breuer(1998), S. 101 f. 33

und Kunden an der Zuverlassigkeit des Unternehmens als Lieferant zweifein und die Erfullung kijnftiger Gewahrleistungsgarantien sowie Service- und Ersatzteiiiieferungen als kritisch einschatzen. Weiterhin verlassen bei Konkursgefahr haufig wichtige Mitarbeiter das Unternehmen, Lieferanten bestehen auf Vorkasse und Banken frieren ihre Kredite ein. Bine Quantifizierung der indirekten Kosten ist kaum moglich. Altmann beschreibt in seiner Studie die indirekten Kosten aufgrund der Auswirkungen auf den Geschaftsbetrieb eines Unternehmens als signifikant.^"*^ Die Bedeutung der Indirekten Konkurskosten ist aber nicht unumstritten. Einige Autoren, darunter insbesondere Haugen und Senbet (1978), verneinen den Einfluss der indirekten Konkurskosten.^'*'* Sie argumentieren, dass die erwarteten Konkurskosten nicht mit den Kosten elner mOglichen Liquidation eInes Unternehmens glelchzusetzen slnd. Entscheiden sich die Gesellschafter fur eine Fortfuhrung eines Unternehmens, ubersteigt also der Fortfuhrungswert den Liquidationswert, so umfassen die Konkurskosten lediglich die Kosten, die fur den Eigentumstransfer und die Reorganisation anfallen.^'*^ Des Weiteren wird unterstellt, dass ein Interesse aller Parteien existiert, die mit einem Konkurs anfallenden direkten Konkurskosten zu vermeiden und eine Reorganisation vor Eintreten des tatsachlichen Konkurses, die entsprechend niedrigere Kosten verursacht, anzustreben.^'*^ Haugen und Senbet io\gern, dass die Fortfuhrungswurdigkeit eines Unternehmens unabhangig vom Eintreten des Konkurses stets gleich zu beurteilen ist. Die erwarteten Konkurskosten sind nach Meinung von Haugen und Senbet {fma\ und daher nicht von so grofier Relevanz, dass sie einen gegenlaufigen Effekt zum Steuervorteil der Fremdfinanzierung darstellen konnen.^"*^ Die haufig vertretene Meinung, es gebe einen Abwagungsprozess bei der Wahl der Kapitalstruktur zwischen Steuervorteil und Konkurskosten, lehnen sie aufgrund der Marginalitat der potenziellen Konkurskosten ab.^'*^ Bei der Argumentation ist zu berucksichtigen, dass Haugen und Senbete\nen funktionierenden Kapitalmarkt unterstellen, bei dem eine Reorganisation erfolgreich verlauft.^'*^

Vgl. Altman(1984), S. 1067 ff. Vgl. Haugen/Senbet (1978), S. 384 ff. Vgl. Haugen/Senbet (1978), 8. 385. Im Falle des Konkurses muss eine „formale Reorganisation" aufgrund von Gesetzesvorgaben stattfinden; die Kosten hierfur wurden von Baxter auf rund 5-6 % beziffert. Gelingt es den Parteien, vorab eine anderweitige Losung mit Hilfe des Kapitalmarktes zu finden (im Rahmen einer „lnformelJen Reorganisation" des Unternehmens), so vermindern sich die en/varteten Konkurskosten auf die der Reorganisationskosten, vgl. Haugen/Senbet (1978), S. 387. Die Nichtrelevanz der Konkurskosten wurde von Haugen und Senbet nochmals in einem zehn Jahre spater veroffentlichten Aufsatz, der auch die Agency-Kosten berucksichtigt, unterstrichen, vgl. Haugen/Senbet (1988), S. 27 ff. Vgl. Haugen/Senbet (1978), S. 392. Vgl. Haugen/Senbet (1978), S. 385 ff. 34

Eine gegensatzliche Meinung hierzu vertritt Castanias, der in seiner Studie aus dem Jahr 1983 Hinweise findet, dass die indirekten Kosten einen signifikanten Einfluss ausuben konnen.^^° Die Resultate seiner Untersuchung legen den Schluss nahe, dass Unternehmen, die aufgrund ihrer Charakteristika eine hohe Konkurswahrscheinlichkeit aufweisen, zu einer geringeren Fremdfinanzierung neigen.^^^ Folglich gehoren zu den indirekten Konkurskosten auch sogenannte „ex ante"-Konkurskosten, also Kosten, die in Erwartung eines Konkurses auftreten konnen. In Antizipation der erwarteten Konkurskosten wird eine Kapitalstruktur gewahlt, welche die Wahrscheinlichkeit eines moglichen Konkurses minimiert.^^^ Die Existenz und das finanzielle Ausmafi der indirekten Konkurskosten als realisierte Kosten, die mit dem Konkurseintritt oder nachfolgend auftreten, konnte insbesondere bei der Anmeldung des Konkurses von bSrsengelisteten Unternehmen nachgewlesen werden. So fOhrte die Konkursanmeldung des Mineralolkonzerns Texaco im Jahr 1987 zu einem 10%igen Kursverlust des Marktwertes des Eigenkapitals.^^^ Zusammenfassend lasst sich Folgendes festhalten: Der Konkurs hat zunachst keinen Einfluss auf den Unternehmenswert, sondern bedeutet eine Reorganisation, die mit eher geringen Kosten verbunden ist. Die direkten Konkurskosten werden durch das Konkursverfahren an sich verursacht und sind aufgrund ihres vergleichsweise geringen Ausmafies nur von untergeordneter Bedeutung. Die indirekten Konkurskosten kann man in realisierte Kosten sowie erwartete Kosten unterteilen, abhangig davon, ob sie als Vorwegnahme des drohenden Konkurses eintreten oder als Folgekosten eines eingetretenen Konkurses entstehen. 2.3.3 Trade-off-Theorie Im Rahmen der theoretischen Auseinandersetzung mit der Kapitalstruktur stellen die Faktoren Steuern und Konkurs die ersten diskutierten Marktimperfektionen dar, die zu einer Abweichung von der Pramisse des vollkommenen Marktes fuhren. Uber das Ausmafi der Faktoren Steuern und Konkurs auf die Wahl der Kapitalstruktur gibt es zwar divergierende Meinungen, die Bedeutung beider Faktoren fur die Kapitalstruktur wurde von den Finanzwirtschaftswissenschaftlern aber zunachst mehrheitlich anerkannt. Basierend

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Vgl. Castanias (1983), S. 1617 ff. In der Studie von Castanias wurde - basierend auf historischen Konkursstatistiken fur bestimmte Branchen, Groflenklassen und Existenzdauer - fur kleinere Unternehmen nachgewlesen, dass diese bei hoher Konkurswahrscheinlichkeit eine „geringere" Fremdkapitalfinanzierung vonA/eisen, vgl. Castanias (1983), S. 1620 ff. Vgl. Castanias (1983), S. 1629. Die Aktie von Texaco reduzierte sich am Tag der Konkursanmeldung von 31,875 US $ auf 28,50 US $, der Verlust entsprach einem Marktwert von 817 Mio US $. Zu diesen Kosten mussen die Kosten des Kursverfalls in Hohe von rund 628 Mio. US $ der borsennotierten Firma Pennzoil, seinerzeit der groflte Kreditgeber von Texaco, als indirekte Konkurskosten addiert werden, vgl. Summers/Cutler (1988), S. 157 ff. 35

auf den Faktoren Steuervorteil der Fremdfinanzierung und Konkurswahrscheinlichkeit entwickelte sich eine neue Theorie zur Kapitalstruktur, die auf folgendem Leitgedanken basiert: Durch steigende Verschuldung und die damit einhergehende geringere Steuerbelastung, bedingt durch die Steuervorteile der Fremdfinanzierung, erhoht sich der Unternehmenswert; zeitgleich steigt bei wachsender Verschuldung die Konkurswahrscheinlichkeit an, die wiederum aufgrund der erwarteten Kosten erhebliche negative Auswirkungen auf den Unternehmenswert haben kann.^^ Bei der Wahl der Kapitalstruktur sind folglich die erwarteten Konkurskosten sowie die Steuervorteile der Fremdfinanzierung zu berucksichtigen.^^^ Durch das Abwagen der Vor- und Nachteile eines hohen Verschuldungsgrades erhalt man omen gewissen Trade-off, daher wurde die TlTeorie auch kurz a^s Trade-off-Theorie bekannt.^^® Kernaussage dieser Theorie ist, dass die optimale Kapitalstruktur dominiert wird durch das Ausbalancieren zweier gegenlaufiger Effekte, verursacht durch die Steuervorteile der Fremdfinanzierung und die Konkurskosten. Es wird unterstellt, dass Unternehmen eine optimale Zielkapitalstruktur anstreben, wobei die Verschuldung so lange erhoht wird, bis der marginale Steuervorteil der Verschuldung den marginalen Kosten einer hoheren Konkurswahrscheinlichkeit und damit einhergehenden Konkurskosten entspricht.^^^ Anders ausgedrijckt findet ein Austausch von Eigen- mit Fremdkapital so lange statt, bis der Unternehmenswert maximiert wird.^^® Die Trade-off-Theorie wird in der nachfolgenden Abbildung 2: Trade-off-Theorie (in Aniehnung an Perridon/Steiner 2004) dargestellt:

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Vgl. Warner (1977), S. 357. Des Weiteren waist Baxter auf die Beziehung zwischen Konkurswahrscheinlichkeit und unsicheren bzw. volatilen Cashflows hin - die Konkurswahrscheinlichkeit ist hoher bei Unternehmen mit unsicheren Cashflows, vgl. Baxter (1967), S. 402. Insbesondere Miller weist darauf hin, dass die empirischen Untersuchungen zu Konkurskosten sich auf die tatsachlich angefallenen Konkurskosten konzentrieren, ausschlaggebend fur die Wahl der Kapitalstruktur sind aber die erwarteten Konkurskosten, vgl. Miller (1977), S. 263. Entwickelt wurde die Trade-off-Theorie insbesondere durch Beitrage von Kim, Kraus, Litzenberger, Scott, Taggart und Miller sowie weiteren Autoren, vgl. Kim (1978), S. 45 ff., Kraus/Litzenberger (1973), S. 911 ff., Scott (1976), S. 33 ff., Taggart (1977), S. 1467 ff.. Miller (1977), S. 261 ff. Vgl. Myers (2001), 8.88 ff. Myers weist insbesondere darauf hin, dass der Anpassungsmechanismus an die optimale Zielkapitalstruktur mit Kosten verbunden ist. Bei Eintreten von Veranderungen, die eine Anpassung der Kapitalstruktur notwendig machen, kdnnen Unternehmen ihre Kapitalstruktur nicht sofort anpassen. Aufgrund der Zeitverzogerung und der Existenz von Anpassungskosten erklart Myers die beobachtbaren Abweichungen vieler Unternehmen von der optimalen Zielstruktur; vgl. Myers (1984), S. 101 f. 36

Marktwert des Unternehmens

Firmenwert bei ausschliefilicher Eigenfinanzierung

Optimum

Abbildung 2:

Verschuldungsgrad

Trade-off-Theorie (in Aniehnung an Perridon/Steiner 2004)

Im Bereich niedriger Verschuldungsgrade uberwiegen die mit einer Ausweitung der Verschuldung verbundenen Steuervorteile die damit einhergehenden Nachteile einer Steigerung der Konkurskosten. Dieser marginale Vorteil wird allerdings mit zunehmendem Verschuldungsgrad immer kleiner und kehrt sich im Bereich hoherer Verschuldungsgrade ins Gegenteil um. Die aus einer weiteren Ausdehnung der Verschuldung resultierenden Steuervorteile werden durch die gleichzeitige Zunahme der Konkurskosten uberkompensiert.^^^ Je nach Charakteristika der Unternehmen unterstellt die Trade-off-Theorie eine bestimmte Zielkapitalstruktur.^^° Da die Konkursgefahr bei jungen Wachstumsunternehmen mit hohem Anteil an immateriellem Vermogen und grofiem Wachstumspotenzial sehr ausgepragt ist, sollten Unternehmen mit vorgenannten Charakteristika gemafi der Trade-off-Theorie einen niedrigen Verschuldungsgrad wahlen.^^^ Auch fur altere, aber eher weniger profitable Unternehmen mit volatilem Cashflow und hohem Anteil immaterieller Vermogenswerte ist die Konkurswahrscheinlichkeit hoch, hier unterstellt die Trade-off-Theorie eine optimale Zielkapitalstruktur mit einer niedrigen Verschuldungsquote. Profitable Unternehmen hingegen mit sicherem, stabilem Cashflow, einem hohen Anteil materieller Vermogenswerte und einem hohen zu versteuernden Einkommen sollten aufgrund der geringen Konkursgefahr und der Moglichkeit der Nutzung des steuerlichen Vorteils durch Fremdfinanzierung gemafl der Trade-off-Theorie einen hohen Verschuldungsgrad aufweisen. Vgl. Kim (1978), S. 45 ff., Kraus/Litzenberger (1973), S. 911 ff. Vgl. Brealy/Myers (2000), S. 522 f. 37

Wird die Kapitalstruktur eines Unternehmens durch zufallige Ereignisse von der optimalen Kapitalstruktur entfernt, so nimmt die Trade-off-Theorie eine sofortige Wiederanpassung vor. Bedingt durch die Festlegung einer fixen Zielkapitalstruktur und die Reduktion der Finanzierungsaufgabe, zufallige Abweichungen vom Optimum auszugleichen, wird die Trade-offTheorie auch haufig als statische Trade-off-Theorie bezeichnet.^®^ 2.3.4 Kritische Wurdigung Mit dem Ziel, eine Relevanz von unternehmerischen Finanzierungsentscheidungen zu begrijnden, zeichnet sich die Trade-off-Theorie durch die Integration der Marktimperfektionen in Form von Steuern und Konkurskosten in ein Kapitalstrukturmodell aus. Aufgrund der nachvollziehbaren Logik gewann die Trade-off-Theorie zunachst viele BefiirworterJ^^ Allerdings wies die Reduktion einer so fundamentalen Entscheidung, wie der Wahl der Kapitalstruktur, auf einen reinen Abwagungsprozess zwischen jeweiligen Steuerwirkungen und Konkurskosten bei naherer Untersuchung eine Reihe von Schwachen auf.^^'' Die Trade-off-Theorie bedurfte einer Bestimmung einer optimalen Zielkapitalstruktur, welche in der Praxis mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Zwar lassen sich die steuerlichen Konsequenzen verschiedenster Finanzierungsmafinahmen vergleichsweise gut abschatzen.^^^ Komplexer ist hingegen die Bestimmung der kiinftigen unternehmensbezogenen Konkurskosten. Die exakte Bestimmung der Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Konkurses und die Festlegung eines Verschuldungsgrades, ab dem ein Unternehmen konkursgefahrdet ist, durften in der Praxis mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein.^^^ Des Weiteren gait die Erklarungskraft der Trade-off-Theorie schnell als limitiert aufgrund der EInseitigkeit des Steuereinflusses. Zwar war der Einfluss der Konkurskosten unbestritten, gait aber als relativ begrenzt und konnte daher nach Ansicht vieler Autoren kein adaquates Gegengewicht zum Steuervorteil der Fremdfinanzierung darstellen.^^^ Die Vorstellung, dass Empirisch wurde eine negative Korreiation zwischen Wachstumsmoglichkeiten und Verschuldungsgrad in einer Studie von Smith und Watts nachgewiesen, vgl. SmithAA/atts (1992), S. 263 ff. Vgl. Myers (1984), S. 100. Befijrworter der Trade-off-Theorie waren u. a. Kim und Kraus, Litzenberger, Scott, Taggartsowie Miller; vgl. Scott (1976), S. 33ff., Kraus/Litzenberger (1973), S. 911ff., Kim (1978), S. 45ff., Taggart (1977), S. 1467 ff.. Miller (1977), S. 261 ff. Kritik zu den durchgefuhrten Studien kam von Myers und Masulis, die die Existenz der Trade-offTheorie bezweifelten, da die Veranderung des Verschuldungsgrades durch Fremdkapitalausgabe Oder Eigenkapitalveranderung nicht ausschliefilich als Anpassungsverhalten zur Erreichung der optimalen Zielkapitalstruktur interpretiert werden kann; vgl. Myers (1984), S. 575ff., Masulis (1980), S. 139ff. Vgl. Breuer (1998), S. 109. Insbesondere die indirekten Konkurskosten konnen mangels empirischer Oaten nur geschatzt werden, vgl. Breuer (1998), S. 109. So en/vahnt Miller in seinem Aufsatz, dass die relativ geringen Konkurskosten im Missverhaltnis zum Steuervorteil stehen, der bei rund 50 Cent pro 1 Dollar ausgegebenes Fremdkapital liegt 38

eine so grundlegende Entscheidung wie die Wahl der Kapitalstruktur einseitig durch den Steuervorteil der Fremdfinanzierung dominiert wird, wirkte wenig uberzeugend.^^® Auch die empirischen Ergebnisse widersprachen einer generellen Gultigkeit der Trade-offTheorie zur Begrundung der in der Praxis zu beobachtenden Kapitalstrukturen. Zwar sprachen vereinzelte empirische Beobachtungen fur die Gultigkeit der Trade-off-Theorie. So konnte empirisch bestatigt werden, dass stark wachsende Unternehmen mit riskanten Geschaftsfeldern und einem hohen Anteil immateriellen Aniagevermogens eine niedrige Verschuldungsquote aufweisen.^^^ Weiterhin gab es starke Hinweise fur die Existenz einer Zielkapitalstruktur und der angenommenen Anpassungsprozesse an die optimale Kapitalstruktur inn Falle von zufalligen Abweichungen.^^° Das fundamentalste Argument gegen die Gultigkeit der Trade-off-Theorie stellte die empirisch sehr gut dokumentierte stark negative Korrelation zwischen der Profitabilitat eines Unternehmens und dem Verschuldungsgrad dar. Die Trade-off-Theorie nimmt einen positiven Zusammenhang zwischen Verschuldungsquote und Profitabilitat an. Profitable Unternehmen weisen eine geringe Konkursgefahr auf und konnen die Steuervorteile der Fremdfinanzierung nutzen, dementsprechend ist die Zielkapitalstruktur von einer hohen Verschuldungsquote determiniert. Genau das Gegenteil ist in der Praxis zu beobachten: Unternehmen mit den vorgenannten Charakteristika verfugen uberwiegend uber einen niedrigen Verschuldungsgrad und eine dementsprechend hohe Eigenkapitalquote.^^^ Weiterhin impliziert die Tradeoff-Theorie, dass Unternehmen mit ahnlichen Charakteristika in Bezug auf Konkurswahrscheinlichkeit, Profitabilitat und Steuerrate eine vergieichbare Kapitalstruktur aufweisen auch diese Annahme konnte empirisch nicht bestatigt werden. Weitere Ergebnisse empirischer Studien widersprachen der Erklarungskraft der Trade-offTheorie zur Begrundung von Kapitalstrukturen. So konnte z. B. trotz stark steigender Steuer-

und daher kein Gegengewicht zu den geringeren Konkurskosten darstellen konnten, vgl. Miller (1977), S. 262. Vgl. Breuer (1998), S. 110. Vgl. Myers (2001), S. 91 f., Rajan/Zingales (1995), S. 1421 ff., Myers (1984), 8.575, Baskin (1989), S. 26 ff., Titman/Wessels (1988), S. 1 ff., Kester (1986), S. 865 ff. Einige fruhe Studien belegen, dass Unternehmen eine optimale Zielkapitalstruktur haben und bei Abweichungen von der optimalen Kapitalstruktur Anpassungsprozesse einsetzen, um sich der Zielkapitalstruktur zu nahern, vgl. Taggart (1977), S. 1467 ff., Marsh (1982), S. 121 ff., Jalilvand/ Harris (1984), S. 127 ff. Die Thematik der Anpassungsprozesse an die optimale Kapitalstruktur wurde insbesondere in der jungeren finanztheoretischen Diskussion wieder aufgegriffen; sie wird detailliert in Kapitel 3.4.2 eriautert. Als Beispiele werden insbesondere Unternehmen aus der pharmazeutischen Industrie angefuhrt Oder z. B. Unternehmen wie Microsoft, die tiber eine hohe Profitabilitat und einen niedrigen Verschuldungsgrad verfugen. Verschiedene Studien belegen die negative Korrelation zwischen Profitabilitat und Verschuldungsquote von Unternehmen, vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1421 ff., Myers (1984), S. 575, Baskin (1989), S. 26, Titman/Wessels (1988), S. 1 ff., Kester (1986), S. 865 ff.; siehe hierzu auch Kapitel 4.3 und 4.6.1.

39

satze in den USA keine signifikante Erhohung der Verschuldungsquote von Unternehmen registriert werden.^^^ Nach ausgiebiger Diskussion musste letztlich festgestellt werden, dass die Trade-off-Theorie zwar geeignet ist, Teilaspekte der Kapitalstruktur zu begrunden, die Kapitalstruktur von Unternehmen scheint jedoch nicht vorrangig durch einen Trade-off determiniert zu sein.^^^

2.4

Theorien der Kapitalstruktur basierend auf Ansatzen der Agency-Theorie

2.4.1 Die Agency-Theorie in der neoinstitutionalistischen Finanzierungstheorie Die neoinstitutionalistische Finanzierungstheorie beschaftigt sich mit der Frage, in welchem Mali und unter welchen institutionellen Voraussetzungen sich in der Realitat eine Annaherung an die neoklassische Pramisse der vollkommenen und vollstandigen Kapitalmarkte finden lasst.^^'* Sie konzentriert sich daher auf Sachverhalte, welche sich der Neoklassik entziehen, insbesondere auf die Klarung der unbeantworteten Fragen im Hinblick auf die Existenz von Finanzintermediaren und auf die Vielfalt der Finanzierungsinstrumente. Wahrend sich die Neoklassik auf den reinen Tausch von Kapitalgutern konzentriert, stellt die neoinstitutionalistische Finanzierungstheorie die Kooperation der MarktteKnehmer im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Beziehung in den Mittelpunkt der Untersuchung. Unter Aufgabe der Pramisse des vollkommenen Marktes analyslert die neoinstitutionalistische Finanzierungstheorie Austauschbeziehungen zwischen zwei oder mehreren Parteien und die dadurch entstehenden Verhaltensanreize.^^^ Bin Fortschritt der neoinstitutionellen SIchtweise im Gegensatz zu den traditionellen Finanzierungstheorien, welche sich darauf beschranken, Erscheinungsformen im Finanzbereich und deren Einsatzmoglichkeiten lediglich zu beschreiben, ist der Versuch, diese zu analysieren und Losungen anzubieten.^^® Im Rahmen des Neoinstitutionalismus entwickelten sich mehrere Forschungszweige: die Property-Rights-Theorie^^^ die Transaktionskostentheorie^^^ und die Agency-Theorie^^^. Auf-

Der Verschuldungsgrad von Unternehmen aus dam Nichtbankensektor in den USA war im Jahr 1920 fast identisch mit dem Verschuldungsgrad aus dem Jahr 1950, obwohl sich die Steuersatze von rund 10-11 % im Jahr 1920 auf 52 % fast verfunffachten, vgl. Miller (1977), S. 264. Die aktuellsten empirischen Ergebnisse hinsichtlich der Trade-off-Theorie werden in Kapitel 3.4.2 eriautert. Zur Argumentation contra der Validitat der Trade-off-Theone siehe auch Brennan und Hamada, vgl. Brennan (1995), S. 12, vgl. Hamada (1984), S. 853. Vgl. Schirmeister (1995), S. 7 ff. Vgl. Perridon/Steiner (2004), S. 527. Vgl. Perridon/Steiner (2004), S. 24 f. Die Property-Rights-Theorie analysiert den Einfluss von „Property-Rights" (z. B. Eigentums-, Handlungs- und Verfugungsrechten) auf das Verhalten von Wirtschaftssubjekten und untersucht, inwieweit die Wirtschaftlichkeit von Kooperationen durch Gestaltung der „Property-Rights" optimiert werden kann, vgl. Schneider (1985), S. 1243 ff., Fischer (1994), S. 316 ff. 40

grund des mafigeblichen Einflusses der Agency-Theorie auf die Weiterentwicklung der Theorie der optimalen Kapitalstruktur sollen nachfolgend kurz die Grundgedanken der AgencyTheorie skizziert werden. Die Agency-Theorie untersucht wirtschaftliches Handein innerhalb von Vertragsverhaltnissen, insbesondere \m Hinblick auf die zwischen den Vertragsparteien vorherrschenden Interessenkonflikte verbunden mit lnfornriationsasymmetrien.^^° Da die Agency-Theorie ein Unternehmen als Netzwerk von Vertragen interpretiert, steht die optimale vertragliche Ausgestaltung von Delegationsbeziehungen zwischen Auftraggeber, bezeichnet als Prinzipal, und Auftragnehmer, bezeichnet als Agent, im Mittelpunkt.^^^ Grundlegend fur die Prinzipal-AgentBeziehung ist die Annahme, dass sowohl der Prinzipal als auch der Agent vollkommen rational handein und daher ihren eigenen Nutzen maximieren.''^ Dass es dabei unter Umstanden durch opportunistisches Verhalten zur Schadigung des Vertragspartners kommt, wird von den Parteien in Kauf genommen.^^^ Die Losung des Konflikts zwischen Prinzipal und Agent wird erschwert durch die Unsicherheit iiber die zukunftigen Umweltbedingungen. Aufierdem ist das Wissen der beiden Parteien nicht homogen, sondern die Informationen sind im Normalfall zugunsten des Agenten asymmetrisch verteilt.^^'* Durch die Annahme der Informationsasymmetrien zwischen den Parteien spielen in den Modellen des Neoinstitutionalismus bzw. der Agency-Theorie endogene Faktoren bzw. endogen hervorgerufene Unsicherheiten eine wesentliche Rolle - im Gegensatz hierzu berucksichtigten die neoklassischen Modelle ausschliefilich exogene Faktoren.^^^ Interessenkonflikte zwischen Prinzipal und Agent sind immer dann relevant, wenn der Prinzipal die Handlungen des Agenten nicht vollstandig uberwachen kann; dieser Kontrollverlust tritt insbesondere bei Finanzierungsbeziehungen auf.^^^ In Abhangigkeit der jeweiligen Beziehungen treten Konflikte zwischen Anteilseignern und Glaubigern sowie zwischen Anteils-

Die Transaktionskostentheorie analysiert Auswirkungen von Transaktionskosten auf die Art und Weise der Abwicklung von Austauschbeziehungen, vgl. Williamson (1988), S. 567 ff., Windsperger (1987), S. 65 ff., Picot (1982), S. 267 ff. Die Agency-Theorie basiert auf dem Transaktionskostengedanken, welcher von Coase entwickelt wurde, und analysiert Interessenkonflikte zwischen Vertragsparteien, vgl. Coase (1960), S. 1 ff. Insbesondere zielt die Agency-Theorie darauf ab, diese Vertragsbeziehungen ex-ante so zu gestagen, dass die Wirtschaftlichkeit dieser Kooperationen optimiert wird, vgl. Picot (1991), S. 456 ff., Williamson (1988), S. 572 ff. Vgl. Perridon/Steiner (2004), S. 24 ff. Ein Unternehmen wird als ein „legal fiction" bezeichnet, das in Folge der Arbeitsteilung aus einer Ansammlung vertraglicher Beziehungen zwischen Personen und Personengruppen besteht, vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 311. Vgl. Hax/Hartmann-Wendels/von Hinten (1988), S. 705 f. Vgl. Bamea/Haugen/Senbet (1985), S. 25 ff. Die Thematik der asymmetrischen Information wird detailliert in Kapitel 2.5.1 dargestellt. Vgl. Spremann (1991), S. 564 ff. Vgl. Hax/Hartmann-Wendels/von Hinten (1988), S. 705. 41

eignern und Managern auf, hieraus resultieren Agency-Kosten des Eigen- Oder Fremdkapitals.^^^ Die Frage, inwieweit Finanzierungsformen unterschiedliche Verhaltensweisen des Managements bedingen konnen, sowie die Suche nach effizienten, institutionellen Ausgestaltungen von Finanzierungsbeziehungen zur Senkung der Agency-Kosten^^® stehen daher im Mittelpunkt der agency-theoretischen Ansatze der Finanzierungslehre. Die Konzentration der Agency-Ansatze auf mogliche endogene Einflussfaktoren der Kapitalstruktur stellt somit eine wesentliche Weiterentwicklung der Trade-off-Theorie dar. In den folgenden Abschnitten werden die wichtigsten agency-theoretischen Ansatze zur Kapitalstruktur dargestellt und gewiifdigt. Zunachst werden diejenigen A n s a t z e vorgesteilt, d i e Konflikte zwischen Anteilseignern und Managern thematisieren, und anschliefiend werden die Beitrage prasentiert, die von Konflikten zwischen Anteilseignern und Glaubigern ausgehen.

2.4.2

Konflikte z w i s c h e n A n t e i l s e i g n e r n u n d M a n a g e r n

2.4.2.1

Konsumthese

Insbesondere Jensen und Meckling konnten mit ihren wegweisenden agency-theoretischen Arbeiten mafigeblich zur Identifikation und Analyse der Agency-Konflikte beitragen. Herausragende Bedeutung kommt ihrem klassischen Aufsatz aus dem Jahr 1976 zuj®^ der erstmals den Fokus der Theorie der Kapitalstruktur nicht allein auf die reinen Verhaltnisse von Eigenund Fremdkapital legte, sondern die zugrunde liegenden vertraglichen Verpflichtungen und daraus resultierenden Rechte und Konflikte zwischen Eigentumer, Fremdkapitalgeber und Management analysierte.^^° Im Folgenden sollen zunachst die Agency-Kosten des Eigenkapitals nach Jensen undMeck/fngdiargesieWi

werden.^^^

Vgl. Perridon/Steiner (2004), S. 531 ff. Die Agency-Kosten konnen in drei Kategorien unterteilt werden: Kontrollkosten fallen dem Prinzipal fijr die UbenA/achung des Agenten an, Begrenzungskosten entstehen dem Agenten durch die vertragliche Selbsteinschrankung seines Verhaltens im Interesse des Prinzipals, und der Residualverlust spiegelt letztlich jene Nutzendifferenz wider, die durch das Nichterreichen des Wohlfahrtsoptimums auftritt, vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 304, Perridon/Steiner (2004), S. 532. Der Titel des Aufsatzes lautet: ..Theory of the Firm: Managerial Behavior, Agency-Costs and Ownership Structure" und begrundete die nachfolgend rege Diskussion der Agency-Thematik in Bezug auf die Kapitalstruktur, vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 306 ff. Weiterhin gilt der Aufsatz von Jensen/Meckling als einer der bekanntesten wirtschaftswissenschaftlichen Veroffentlichungen und gehort zu den meistzitierten wirtschaftswissenschaftlichen Veroffentlichungen, vgl. Diamond (1988), S. 12. Jensen und Meckling weisen in der Einleitung ihres Aufsatzes explizit darauf hin, das sie anstelle des Begriffs Kapitalstruktur, welcher sich mehr auf das VerhSltnis von Finanzierungsformen bezieht, von ..Ownership claims", also Eigentumerrechten des Managements, der Anteilseigner und der Kreditgeber sprechen. vgl. Jensen/Meckling (1976). S. 305. Die ebenfalls in diesem Aufsatz dargestellten Konflikte zwischen Glaubigern und Anteilseignern werden aufgrund der thematischen Zugehorigkeit in Kapital 2.4.3 behandelt. 42

Die Ursache aller Agency-Konflikte zwischen Management und Anteilseignern liegt in der Trennung von Eigentum und Kontrolle. Da die Interessen der Manager mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht denen der unvollstandig informierten Anteilseigner entsprechen, fuhrt das eigennutzige Verhalten des Managements zu einer Reduktion des Marktwertes des Eigenkapitals; daraus resultieren Agency-Kosten des Eigenkapitals.^^^ Als einen wesentlichen Konflikte zwischen Anteilseignem und Managern identifizierten Jensen und Meckling das PhSnomen des Konsums am Arbeitsplatz; darunter wird ein konsumfreudiger Umgang des Managements mit Untemehmensressourcen verstanden.^^^ Unterstellt man eine 100%ige Eigenkapitalbeteiligung des Managements am Untemehmen, so ist davon auszugehen, dass das Management alle Entscheidungen im Hinblick auf die Maximierung des Untemehmenswertes treffen wird.^^ Fur den Fall einer Beteiligung anderer Anteilseigner am Untemehmen sinkt die Beteiligung des Managements am Untemehmen, woraus eine Teilung des Eigentums und der Kontrolle resultiert. Aus der Divergenz zwischen den Interessen des Managements und denen der Anteilseigner konnen Agency-Kosten resultieren.^^^ Kosten fur im Untemehmen existierende Vorzuge bzw. Annehmlichkeiten werden von den Anteilseignern mitgetragen, den Nutzen hieraus erzielt aber ausschliefilich das Management. Folglich wird angenommen, dass das Management dazu, die Untemehmensressourcen zur Maximierung des eigenen Nutzens, z. B. im Wage einer uppigen Geschaftsausstattung, luxurioser Geschaftsreisen oder der Anschaffung von Firmenjets, ausnutzen.^^^ Wahrend im Falle der 100%igen Beteiligung des Managements am Untemehmen eine Limitierung des eigenen Konsumverhaltens im Hinblick auf die dargestellten Vorzuge gegeben war, entfallt die Hemmschwelle im Falle einer Beteiligung von Anteilseignern aufgrund der damit verbundenen Kostenubemahme.^^^

195 196

Vgl. Perridon/Steiner(1998), S. 531. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 312 ff. Die Entscheidungen beziehen sich nach Jensen und Meckling sowohl auf finanzielle als auch auf nichtfinanzielle Aspekte des Unternehmens. So wird das Management auch nichtfinanzielle Entscheidungen wie z. B. die Art der Mitarbeiterfuhrung, die Wahl der Buroausstattung, die Pflege der personlichen Beziehungen innerhalb des Unternehmens etc. danach ausrichten, dass der Unternehmenswert maximiert wird; vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 312. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 312 f. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 312 ff. Das wirft die Frage auf, warum Millionen von Investoren und Glaubigem freiwillig bereit sind, ihr Geld einem Management anzuvertrauen, welches offensichtlich auch eigene Interessen verfolgt und nicht nur an der Maximierung des Investments interessiert ist. Jensen fuhrt an, dass die Hohe der Agency-Kosten je nach gesetzlichen Rahmenbedingungen, Vertragskonstruktionen und menschlichem Verhalten variiert. Jensen argumentiert, dass die in den USA etablierte Unternehmensform „Corporation" das Resultat einer geschichtlichen Entwicklung ist, die auf eine Minimierung der Agency-Kosten abzielte; insofern habe sich diese Untemehmensform auch gegen potenzielle andere Alternativen etabliert. Daher zieht Jensen den Schluss, dass im Grofien und Ganzen trotz des inharenten Risikos der Agency-Kosten die Investoren und Glaubiger zumindest 43

Die Anteilseigner kdnnen mittels kostenverursachender Uberwachungs- und Kontrollaktivitaten die eigennutzigen Aktivitaten des Managements einschranken.^^® Die erwarteten negativen Effekte durch das eigennutzige Handein des Managements sowie die erwarteten Uberwachungskosten werden bei der Preisfindung fur die Anteile des Unternehmens mit berucksichtigt.^'' Ein weiterer, wesentlich schwerwiegenderer Konflikt mit damit einhergehenden erheblichen Agency-Kosten kann durch eine Minderung des Arbeitseinsatzes des Managements entstehen. Je niedriger die Beteiligung des Managements am Unternehmen, desto geringer sind die Anreize des Managements einen signifikanten Einsatz zum Wohle des Unternehmens beizusteuern. So besteht die Gefahr, dass das Management aufgrund fehlender Anreize neue GeschattsmOglichkeiten nicht wahrnimmt Oder wertschaffende, aber arbeitsintensive Investitionen unterlasst.^°° Der limitierte Arbeitseinsatz des Managements kann im extremen Fall zu einem niedrigeren Unternehmenswert fiihren. Die Konsumthese fuhrt daher zu der Forderung, dass das Management - zwecks Reduzierung der Agency-Kosten - einen Anteil am Unternehmen halt.

2.4.2.2

Free-Cashflow-These

Das Management eines Unternehmens besitzt einen Handlungsspielraum, der zur Verfolgung eigener Ziele oder Begehrlichkeiten eingesetzt werden kann und dann im Gegensatz zu den Interessen der Kapitalgeber steht. Diese Problematik ist nach Jensen umso grofier, je umfangreicher der dem Management zur Verfugung stehende freie Cashflow des Unternehmens ist.^°^ Der freie Cashflow ist im Modell von Jensen definiert als diejenigen Finanzmittel eines Unternehmens, die nach Realisierung alter Investitionsmoglichkeiten mit positivem Nettobarwert noch zur Verfugung stehen.^°^ Bei Wahrung des Unternehmensziels Marktwertmaximierung sollte dieser freie Cashflow an die Anteilseigner ausgeschijttet werden, um dann folgerichtig auf dem Kapitalmarkt vorhandenen attraktiveren Investitionsprojekten zugeleitet zu werden.^°^ Das Interesse der Anteilseigner an der Ausschuttung der freien Cashflows kollidiert mit den Interessen des Manage-

fur die in den USA gangige Unternehmensform ..Corporation" nicht enttauscht worden sind, vgl. Jensen(1976), S. 357. ^^^ Diese Monitoringkosten werden umso hoher sein, je geringer der Eigenkapitalanteil des Management am Unternehmen ist; vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 313. '^^ Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 313. ^°° Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 313. '°' Vgl. Jensen (1986), S. 323 ff. ^°^ Vgl. Jensen (1986), S. 327 ff. ' ° ' Vgl. Jensen (1986), S. 330 ff. 44

merits, die eine Reinvestition der freien Cashflows im Zuge der Vergroflerung ihrer Macht im Unternehmen anstreben, auch wenn diese nicht die von den Aktionaren geforderte Rendite erwarten lasst.^^"* Der effizienten Allokation der finanziellen Mittel am Kapitalmarkt stehen allerdings haufig die Eigeninteressen des Managements im Wege. In der Regel hat das Management Anreize, das Unternehmen uber die die optimale bzw. die Wohlfahrt der Anteilseigner maximierende Unternehmensgrofie hinaus anwachsen zu lassen, selbst wenn dies eine Minderung des Unternehmenswertes zur Folge hat.^°^ Der zusatzliche Nutzen dieses, wie Jensen es ausdrijckt „Empire Building" und den Aufbau eines Imperiums beschreibt verspricht dem Management neben nichtmonetaren Grofien wie z. B. einem Ausbau der Kontroll- und Machtposition sowie gesellschaftlicher Anerkennung auch einen monetaren Nutzen in Form einer Kompensation mittels Boni oder Tantiemen, die positiv durch die Grofle des Unternehmens beeinflusst werden.^°® Die Investition uber das optimale Mafi hinaus in wertvernichtende Projekte, also das Uberinvestitionsverhalten des Managements, kann mangels geeigneter Kontroll- bzw. Monitoringmoglichkeiten nicht oder nur schwer von den Anteilseignern festgestellt werden. Eine Losung dieses Konflikts zwischen Anteilseignern und Managern sieht Jensen im Einsatz von Fremdkapital, welches zu einer effizienteren Unternehmensfijhrung beitragt.^°^ Generiert das Management eines Unternehmens in erheblichem Umfang freie Cashflows, so erwarten die Anteilseigner eine Ausschuttung in Form einer Dividendenerhohung oder mittels Aktienruckkauf. Ein Versprechen des Managements in Form einer angekundigten Dividendenerhohung an die Anteilseigner kann zuruckgenommen werden und ist nicht bindend.^°^ Der Einsatz von Fremdkapital hingegen zwingt das Management zur Begleichung der Tilgungsraten, da bei Versaumnissen ein Konkursverfahren durch die Fremdkapitalgeber eroff-

207 208

Im Originalaufsatz spricht Jensen vom sogenannten ..Empire Building", welches das Streben des Managements nach Machterweiterung ausdriJckt, vgl. Jensen (1986), S. 325 ff. Die These des Uberinvestitionsverhaltens wurde anhand mehrerer empirischer Studien zu „Going Privates" von amerikanischen Unternehmen in den achtziger Jahre bestatigt. Durch das „Going Private" und die damit zu enA/artende Erhohung der Eigenkapitalbeteiligung des Managements wird einer nicht optimalen Ven/vendung der freien Cashflows entgegengewirkt, vgl. Lehn/Poulsen (1989), S. 771 ff., Opier/Titman (1993), S. 1985 ff., Denis (1992), S. 80 ff., Kim/Lyn (1991), S. 637 ff. Keine Bestatigung fur die Uberinvestitionsthese finden Kosedag und Lane, die in einer Studie Unternehmen untersuchen, die nach einem Going Private an die Borse gingen, um dann erneut ein Going Private durchzufiJhren, vgl. Kosedag/Lane (2002), S. 257 ff. Der positive Zusammenhang zwischen der Kompensation des Managements und der Unternehmensgrofie bzw. dem Umsatzwachstum wurde empirisch bewiesen, vgl. Murphy (1985), S. 11 ff. Vgl. Jensen (1986), S. 324. Fremdkapital wird von Jensen als effektives Substitut fur Dividenden angesehen und er merkt an, dass dieses nicht hinreichend in der Corporate-Finance-Literatur anerkannt wird, vgl. Jensen (1986), S. 324. 45

net werden konnte. Ein hoher Verschuldungsgrad reduziert den Entscheidungsspielraum und zwingt das Management zu einer effektiveren Nutzung der freien Cashflows.^°^ Die dargestellte Kontrollfunktion des Fremdkapitals besitzt allerdings nicht fur alle Unternehmen Gultigkeit. In seiner Veroffentlichung von 1986 weist Jensen 6arauf hin, dass die Gefahr der Uberinvestition bei reiferen Unternehmen mit begrenzten Wachstumsmoglichkeiten, aber hohen Cashflows tendenziell geringer ausgepragt ist als bei jungeren, stark wachsenden Unternehmen. ^^° Junge, dynamisch wachsende Unternehmen weisen kein bzw. wenig Verschwendungspotenzial auf, da sie meistens uber zu wenig finanzielle Mittel verfugen und eine Vielzahl potenzieller Projekte mit positivem Nettobarwert haben. Des Weiteren sind sie auf externe Finanzierung iiber den Kapitalmarkt angewiesen und unterliegen folglich einem strlkten Performancezwang, demzufolge eine Kontrollnotwendigkeit entfSlIt bzw. minimiert wird.'^' Im Gegensatz hierzu ist die Relevanz der Kontrollfunktion des Fremdkapitals insbesondere bei reifen Unternehmen mit gerlngen Wachstumsmoglichkeiten und gleichzeitig hohem freiem Cashflow notwendig. Das Management etablierter profitabler Unternehmen wird zwecks Beibehaltung des diskretionaren Freiraums und Vermeidung eines strikten Performancezwangs der Fremdkapitalgeber nicht den maximal moglichen Verschuldungsgrad wahlen. Als Beispiele hierfur fuhrt Jensen in seinem Aufsatz die profitablen Unternehmen der Ol- oder Tabakbranche in den siebziger Jahren an, welche durch stagnierendes Wachstum, hohe Cashflows und ineffiziente Unternehmensfuhrung gepragt waren.^^^ Unternehmen mit vorgenannten Charakteristika identifiziert Jensen als optimale Kandidaten fur einen LeverageBuyout (LBO), da Hauptmotivation solcher Transaktionen die Verringerung des Problems der freien Cashflows und der effizientere Einsatz der Unternehmensressourcen ist. Durch Erhohung des Fremdkapitalanteils konnen die vom Management verursachten Ineffizienzen bzw. Agency-Kosten gemindert werden und es kann ein signifikanter Wertzuwachs fiir Unternehmen geschaffen werden. Nach Meinung von Jensen ist die vorgestellte Cashflow-Problematik

Vgl. Jensen (1986), S. 328. Vgl. Jensen (1986), S. 328 ff. Vgl. Jensen (1986), S. 324.

Unternehmen der Olindustrie waren in den siebziger Jahren von einem tendenziell sinkenden bzw. stagnierenden Wachstum geprSgt und generierten gleichzeitig hohe freie Cashflows. Das Management der Olunternehmen reagierte auf das geringe Marktwachstum der Branche mit einer Vielzahl von Explorationsaktivitaten sowie durch aggressive Akquisitionsstrategie und Zukauf diverser branchenfremder Unternehmen. Die Explorationsaktivitaten stellten sich als unwirtschaftlich heraus, ebenso zahlen die Akquisitionen der Olmultis in den siebziger Jahren zu den am wenigsten erfolgreichen Akquisitionen dieses Jahrzehnts. Die Reduzierung der AgencyKosten der verschwenderisch agierenden Olmultis sieht Jensen als originaren Grand fur die spatere Ubernahmewelle der Olindustrie an. So fuhrten z. B. allein die drei Fusionen der sechs Olmultis Getty/Texaco, Guld/Chevron und Dupont/Conoco zu einer Effizienzsteigerung, welche sich in einer Erhohung des Marktwertes urn rund 17 Mrd. US $ fur die Aktionare widerspiegelte, vgl. Jensen(1986), S. 326f. 46

der Grund fur die in den achtziger Jahren in den USA erfolgte Restrukturierungswelle mit zahlreichen Ubernahmen und Leverage-Buyouts.^^^ Demgemafl fordert Jensen, dass profitable Unternehmen mit hohem freiem Cashflow zwecks Reduzierung der Agency-Kosten einen hohen Verschuldungsgrad wahlen sollten.^^"* Die Vorteilhaftigkeit eines hohen Verschuldungsgrades aufgrund der verbesserten Kontrollmoglichkeiten und der gestiegenen Effizienz stellte eine neue Argumentation fur hohere Verschuldungsgrade neben der bis dato diskutlerten Steuervorteilhaftigkeit des Fremdkapitals dar.^^^ Eine hohere Verschuldung fCihrt zu planbaren regelmafligen Zahlungsverpflichtungen und somit zu einer Minimierung des Risikos von unternehmerischen Fehlentscheidungen. Hierbei ist aber zu beachten, dass auch Agency-Kosten des Frerndkapitats z. B. in Form von Konkurskosten existieren; daher ist nach Jensen 6\e optimale Kapitalstruktur definiert als diejenige Kapitalstruktur, bei der der Grenznutzen des Fremdkapitals gerade die Grenzkosten des Fremdkapitals ubersteigt.^^^ 2.4.2.3 Uber- und Unterlnvestitionsthese Aufbauend auf der These von Jensen untersucht auch Stu/z die Konflikte zwischen Anteilseignern und Managern und legt dar, dass das opportunistische Verhalten des Managements sowohl zu einem Unterinvestitions- als auch einem Uberinvestitionsproblem fuhren kann.^^^ Das theoretische Modell von Stu/z unterstellt, dass das Management eines Unternehmens prinzipiell zu einer aggressiven Investitionspolitik neigt, da es tendenziell vom Unternehmenswachstum profitiert. Die Argumentation des Managements gegenuber den Anteilseignern wird somit uberwiegend von der Aussage gepragt sein, dass die generierten Cashflows des Unternehmens zu gering sind, um alle wertschaffenden Projekte zu finanzieren.^^^ Die Anteilseigner misstrauen alierdings dem Management, da sie um die Gefahr der Vorteilnahme des Managements bei zunehmender Unternehmensgrofie wissen. Dieser AgencyKonflikt zwischen Anteilseignern und Managern fuhrt gemafi Stu/z zu Ineffizienzen im Hinblick auf ein Uber- als auch ein Unterinvestitionsverhalten.^^®

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Es finden sich unterschiedliche Ansatze zur Erklarung der Restrukturierungswelle der achtziger Jahre in den USA, als Motivation fur die Ubernahmen werden u. a. Steuervorteile Oder ijbertrieben hohe Preise fur Junk-Bonds genannt. Letztlich scheint alierdings die von Jensen begrundete These zur Reduzierung der Cashflow-Problematik das gewichtigste Argument zur Erklarung der durch die Restrukturierungswelle hervorgebrachten Vielzahl von LBOs zu sein, vgl. Myers (2001), S. 98 f. Vgl. Myers(2001), S. 99. Vgl. Myers (2001), S. 99. Vgl. Jensen (1986), S. 324. Vgl. Stulz(1990), S. 3. Vgl. Stulz(1990), S. 3f. Vgl. Stulz(1990), S. 4ff. 47

Tritt der Fall ein, dass ein Unternehmen tatsachlich zu wenig Cashflows generiert, urn aus den intemen finanziellen Mittein alle wertschaffenden Investitionsprojekte durchzufuhren, werden die Anteilseigner einer weiteren Finanzierung zur Realisation der Investitionsprojekte ablehnend gegenuberstehen. Die Beurteilung der Rentabilitat der Investitionsprojekte ist den Anteilseignern nicht moglich. Aufgrund des Misstrauens dem Management gegenuber werden die Anteilseigner annehmen, dass es sich weniger urn wertschaffende Investitionsmoglichkeiten handelt als vielmehr urn die vom Management eigennutzige aggressive Investitionspolitik.^^° Folglich wird das Management auch bei Existenz von wertschaffenden Investitionsprojekten aufgrund der restriktiven Haltung der Anteilseigner gezwungen sein, unterhalb des Optimums zu investieren. Wertschaffende Investitionsprojekte werden somit nicht realisiert, daraus resultiert eine Unterinvestitionsproblematik. Konsequenterweise nutzt das Management Phasen, In denen genQgend Interne finanzielle MIttel In Form von Cashflows zur Verfugung stehen, aus, um moglichst viele Investitionen durchzufuhren. Das Management wird daher, um Phasen mit zu geringer Investitionstatigkeit wieder zu kompensieren, in liquiditatsstarken Phasen zu einem Uberinvestitionsverhalten neigen. Das Uber- und Unterinvestitionsverhalten des Managements fuhrt nach Stuiz zu einem niedrigeren Unternehmenswert und ist besonders signifikant bei Unternehmen mit volatilen Cashflows.''^ Gemafl der Uber- und Unterinvestitionsthese von StuIz ist die Kapitalstruktur eines Unternehmens wesentlich beeinflusst durch die Cashflows und die Investitionsmoglichkeiten. Anteilseigner von Unternehmen mit geringem Cashflow und wenig wertschaffenden Investitionsmoglichkeiten werden zwecks Beschrankung des Einflusses des Managements einen hohen Verschuldungsgrad anstreben. Das Gegenteil ist bei Unternehmen mit hohem Cashflow und einer Vielzahl von wertschaffenden Investitionsmoglichkeiten der Fall: Anteilseigner werden einen niedrigen Verschuldungsgrad anstreben, um von der Wertsteigerung durch die Investitionen zukunftig zu partizipieren.^^^

Vgl. Stulz(1990), S. 5ff. StuIz begrundet die Abhangigkeit des Uber- und Unterinvestitionsverhaltens von der Hohe der Volatilitat der Cashflows mit dem Argument, dass Anteilseigner dem Management eine Zielvorgabe fur Investitionen machen. Solange die Cashflows des Unternehmens stabil sind, konnen die Investitlonszielvorgaben erfolgen und kontrolliert werden, dies fSllt aber bei sehr volatilen Cashflows umso schwerer, vgl. StuIz (1990), S. 18. Die Kapitalstruktur ist von der Ausschuttung der Cashflows als auch von den gegebenen Investitionsmoglichkeiten abhSngig. Anteilseigner von Unternehmen, welche einen geringen Cashflow und wenig attraktive Investitionsmoglichkeiten aufweisen, werden an einem hohen Fremdkapitalanteil zwecks Beschrankung des Einflusses des Managements interessiert sein. Bei Unternehmen mit hohem Cashflow und attraktiven Investitionsmoglichkeiten besteht hingegen ein Interesse der Anteilseigner, dem Management mehr finanzielle MIttel zur Verfugung zu stellen, damit die Investitionsmoglichkeiten nicht ungenutzt bleiben, vgl. StuIz (1990), S. 3 ff. Vgl. StuIz (1990), 3.4. 48

Die diskretionaren Spielraume des Managements konnen mittels Einsatz von Fremdkapital reduziert werden und somit zu einer Reduktion der Agency-Kosten beitragen. Anteilseigner streben eine Optimierung der dem Management zur Verfugung stehenden Ressourcen an, um einem Uber- und Unterinvestitionsverhalten entgegenzuwirken.^^^ Die optimale Kapitaistruktur nach Stuiz ist daher definiert durch die Abwagung der Vorteile der Fremdfinanzierung, also der Vermeidung wertmindernder Investments, gegenuber den Nachteilen der Fremdflnanzierung, der Vermeidung wertschaffender Investments.^^"^ 2.4.2.4

Liquidationsverschleppungsthese

Ein noch welter gehender Agency-Konflikt zwischen Anteilseignern und Managern wurde von Ay^r/*i^ t^T^y ^-^wVformuliert: Als aulierste Konsequenz kann durch Nutzung der diskretionaren Spielraume des Managements eine Verschleppung einer fur die Anteilseigner vorteilhaften Liquidation herbeigefuhrt werden.^^^ Es wird unterstellt, dass das Management selbst dann keine vorteilhafte Liquidation des eigenen Unternehmens anstrebt, wenn die unternehmenseigenen Vermogenswerte anderweitig wesentlich produktiver eingesetzt werden konnten. Eine rationale Entscheidung pro oder contra Liquidation des Unternehmens kann aufgrund des Eigennutzes der Fortfuhrung des Unternehmens vom Management nicht erwartet werden. Dementsprechend wird auch das Verhalten des Managements gegenuber den Anteilseignern in Krisensituationen davon gepragt sein, dass sie unter alien Umstanden versuchen, jegliche Informationen, die eine Liquidation des Unternehmens wahrscheinlich werden lassen, von den Anteilseignern fern halten.^^^ Harris £//7a'^ji//Vargumentieren, dass mittels Einsatz von Fremdkapital einer moglichen Verschleppung einer sinnvollen Liquidation eines Unternehmens entgegengewirkt werden kann. Die Bedeutung des Fremdkapitals konzentriert sich ihrer These zufolge auf eine weitgehende Informationsfunktion.^^^

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Insbesondere weist StuIz darauf hin, dass die Optimierung der Ressourcen von Periode zu Periode angepasst werden mufl und somit sein Ansatz auch als Grundlage fur eine Theorie uber die optimale Falligkeit von Fremdkapital weiterentwickelt werden konne; vgl. StuIz (1990), S. 23. Vgl. Harris/Raviv (1991), S. 303 f. Vgl. Harris/Raviv (1990), S. 343 f. Vgl. Harris/Raviv (1990), S. 322 ff. Die Bedeutung des Fremdkapitals wurde in der Theorie der Kapitalstruktur bereits in vielfacher Hinsicht interpretiert, so z. B. im Hinblick auf den Steuervorteil: Modigllani/Miller (1963); als Signal fur die Qualitat des Unternehmens: Ross (1977), Leiand/Pyle (1977); als Schutz gegen Ubernahmen: Harris/Raviv (1988); als Mittel zur effizienteren Fuhrung des Unternehmens durch das Management: Jensen/Meckling (1976), Myers (1977); als Moglichkeit der Eingrenzung der diskretionaren Spielraume des Managements: Jensen (1986). Alle diese Funktionen des Fremdkapitals werden auch von Harris und Raviv nicht bestritten, sie messen allerdings der Informationsfunktion des Fremdkapitals die bei weitem groflte Bedeutung zu, vgl. Harris/Raviv (1990), S. 321, Modigliani/Miller (1963), S. 433 ff., Ross (1977), S. 23 ff., LeIand/Pyle (1977), S. 371 ff., 49

So ist dem Einsatz von Fremdkapital ein hoher Informationsgehalt zuzurechnen, da allein der Fahigkeit eines Untemehmens, Zins- und Tilgungsverpflichtungen punktiich zu bedienen, eine signifikante informative Aussagekraft zugerechnet werden kann. Des Weiteren bewirkt der Einsatz des Fremdkapitals in Krisensituationen des Untemehmens einen betrachtlichen Informationsfluss, von dem auch die Anteilseigner profitieren. Gerat das Unternehmen in Zahlungsverzug bzw. sind Kredite ausfallgefahrdet, ist das Management zur Abwendung eines Konkurses gezwungen, mit den Kreditnehmern zu kooperieren und ihnen alle Informationen offen zu legen. Die durch das Fremdkapital geschaffene Transparenz sowie der Druck der Kreditgeber auf das Management fordern eine neutrale und zugige Entscheidung ijber die FortfiJhrung bzw. Reorganisation oder die Liquidation des Untemehmens.^^® Die Liquidationsthese von Harris £//7(y^^i/yVunterstellt, dass Unternehmen mit hohem Liquidationswert tendenziell eine hohere Fremdkapitalquote als auch einen hoheren Marktwert aufweisen damit gleichzeitig aber auch ein hoheres Risiko eines Kreditausfalls einhergeht. Je hoher der Liquidationswert eines Untemehmens, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich die Liquidation als die bessere Strategie zur Reorganisation herausstellt.^^^ Letztlich wird die optimale Kapitalstruktur auch in diesem Ansatz durch ein Abwagen der Vorund Nachteile der Fremdfinanzierung determiniert, wobei die Vorteile die verbesserte Liquidationsentscheidung und die Nachteile die damit in Verbindung stehenden hoheren Untersuchungskosten sind.^^° 2.4.3

Konflikte zwischen Anteiiseignem und Giaubigem

2.4.3.1 These des Vermogenstransfers In der bereits vorgestellten Konsumthese von Jensen und Meck/ing aus dem Jahr 1976 werden nicht nur die Agency-Kosten des Eigenkapitals, sondern auch die Agency-Kosten des Fremdkapitals analysiert. Dabei wird der Schluss gezogen, dass Anteilseigner von Unternehmen einen Anreiz zur Durchfuhrung riskanter Investitionsprojekte haben und daher zur sogenannten „Asset Substitution", dem Vermogenstransfer zu Lasten der Fremdkapitalgeber neigen, vorausgesetzt, sie konnen unbeobachtet von den Fremdkapitalgebem das Risiko erhohen.^'^

229 230

Harris/Raviv (1988), S. 55 ff., Jensen/Meckling (1976), S. 305 ff., Myers (1977), S. 147 ff., Jensen (1986), S. 323 ff. Die Kosten der Geltendmachung der Kontrolle im Zusammenhang mit einer Liquidationsentscheidung schliefien sogenannte Untersuchungskosten z. B. durch Informationsverarbeitung und die Notwendigkeit zu Verhandlungen mIt ein, vgl. Harris/Raviv (1990), S. 322 ff. Vgl. Harris/Raviv (1991), S. 303. Vgl. Harris/Raviv (1991), S. 302. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 334 ff. 50

Dieses Verhalten soil anhand des nachfolgenden Beispiels demonstriert werden. Bei einem vollstandig eigenfinanzierten Unternehmen besteht die Wahl zwischen zwei Investitionsmoglichkeiten. Beide Investitionsmoglichkeiten erfordern dasselbe Ursprungsinvestment von 100 Geldeinheiten. Es wird unterstellt, dass jeweils fur beide Investitionsmoglichkeiten zwei Zustande mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 50 % eintreten konnen. Investition 1 ist als risikolose Investition klassifiziert, die in beiden Zustanden 1 und 2 eine Rendite von 10 % realisiert.^^^ Investition 2 ist als riskante Investition klassifiziert, weiche bei Eintreten von Zustand 1 einen Verlust von 50 Geldeinheiten realisiert, bei Eintreten von Zustand 2 wird ein Gewinn von 50 Geldeinheiten realisiert. Zur Veranschaulichung sind die vorgenannten Zustande in Tabelle 2: Investitionsentscheidung bei eigenfinanzierten Unterneiimen dargesieWl Unter der Annahme eines rislkoneutralen Verhaltens der Eigenkapitalgeber werden sich diese fur die Investition 1 entscheiden, da der Auszahlungsbetrag in Verbindung mit der Eintrittswahrscheinlichkeit am hochsten ist. Unternehmen A 100% Eigenkapitai

Zustand 0 Einzahlung

Zustand 1 (50%) Auszahiung

Investition 1

100

110

110

110

Investition 2

100

50

150

100

Tabelle 2:

Zustand 2 (50%) Auszahiung

Erwartungswertoperator

Investitionsentscheidung bei eigenfinanzierten Unternehmen

Fraglich ist, wie dieselbe Investitionswahl zwischen den beiden vorgesteilten Investitionen bei einem teilweise fremdfinanzierten Unternehmen (70 % Fremdkapital mit 10 % p. a. Zinsaufwand und 30 % Eigenkapitai) getroffen wird.^^^ Unternehmen B 70% Fremdkapital/Zinsen :10%p.a. 30% Eigenkapitai

Zustand 0 Einzahlung

Zustand 1 (50%) Auszahiung

70% Fremdkapital

70

77*

Zustand 2 (50%) Erwartungswert-| operator Auszahiung 77*

77

30

33

33

33

100

110

110

110

70% Fremdkapital

70

50

77*

63,5

30% Eigenkapitai

30

0

73

36,51

100

50

150

100

30% Eigenkapitai Investition 1

Investition 2 * inclusive Zinsaufwand von 10% fOr 1 !)ahr

Tabelle 3:

j

Investitionsentscheidung bei teilweise fremdfinanzierten Unternehmen

^^' Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 334 ff. ^^^ In diesem Beispiel wird unterstellt, dass die Fremdkapitalgeber uber keinerlei Sicherheiten oder Mitbestimmungsrechte verfOgen, vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 336 ff. 51

Wie in Tabelle 5: Investitionsentscheidung bei teilweise fremdfinanzierten Unternehmen ersichtlich, wird bei Investition 2 der Fremdkapitalgeber benachteiligt.^^ Tritt Zustand 1 ein, so erieidet der Fremdkapitalgeber einen Verlust von 20 Geldeinheiten plus Zinsaufwand in Hohe von 7 Geldeinheiten, der Eigenkapitalgeber tragt einen Verlust in Hohe seines Einsatzes von 30 Geldeinheiten. Tritt Zustand 2 ein, so erhalt der Fremdkapitalgeber sein eingesetztes Kapital inkl. Zinsen fur ein Jahr in Hohe von 11 Geldeinheiten zuriick. Demgegenuber steht eine uberdurchschnittliche Partizipation der Anteilseigner, da einem Einsatz von 30 Geldeinheiten eine Ruckzahlung in Hohe von 73 Geldeinheiten gegenubersteht. Folgllch praferieren die Fremdkapitalgeber die Investition 1, die Eigenkapitalgeber die Investition 2. Bei riskanten Projekten profitieren die Eigentumer uberdurchschnittlich, wahrend die GIdubiger auf den Ruckzahlungsbetrag inklusive Zinsen begrenzt sirid. Daraus resultiert, dass die Glaubiger der Risikoerhohung aufgrund eines hoheren Ausfallrisikos ausgesetzt sind, aber gleichzeitig von den damit einhergehenden grofleren Gewinnchancen abgeschnitten sind.''' Die Anteilseigner laufen zwar auch Gefahr, bei riskanten Investitionsprojekten eine Minderung oder im schlimmsten Fall einen Verlust ihrer Anteile hinzunehmen. Dieses Ausfallrisiko wird jedoch mehr als kompensiert, da sie im Falle der erfolgreichen Realisation von Investitionsprojekten den kompletten Mehrwert, der uber dem Ruckzahlungsbetrag der Fremdkapitalgeber liegt, abschopfen konnen.^'^ Jensen unterstellt, dass unter den Voraussetzungen, dass das aufgenommene Fremdkapital nicht zweckgebunden ist und das Management und die Anteilseigner gleichgerichtete Interessen verfolgen, sie gegenuber den Fremdkapitalgebern eine tendenziell risikolosere Investitionspolitik kommunizieren, in der Praxis hingegen zur risikoreicheren Investitionspolitik neigen werden."^ Die Fremdkapitalgeber haben keinen Einblick in die Investitionsprojekte und deren Rentabilitat, was zur Folge hat, dass die Anteilseigner bzw. das Management riskantere Investitionsprojekte durchfuhren und somit einen Vermogenstransfer zu ihrem eigenen Vorteil realisieren konnen.^'® Die Anteilseigner sind in der Lage, die Verteilung der zukunftigen Ruckflusse zu ihren Gunsten und zu Lasten der Fremdkapitalgeber zu beeinflussen.^'^

235 236

238 239

Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 336 ff. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 338 ff. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 336. Des Weiteren unterstellt Jensen, dass das Management und die Anteilseigner in diesem Beispiel gleichgerichtete Interessen haben, vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 335 f. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 335 f. Dabei ist zu berijcksichtigen, dass es erst zu einem Effizienzverlust kommt, wenn der insgesamt zur Verfugung stehende Verteilungsspielraum reduziert wird. Wenn Investition 2 statt 1 gewahit wird, kommt es einem sinkenden Ertragswert. Es entstehen Agency-Kosten in Hohe der Differenz zwischen maximal moglichem und tatsachlichem Erwartungswert. 52

Sind rationale Fremdkapitalgeber in der Lage, das Verhalten der Anteilseigner korrekt einzuschatzen, dann werden sie das Fehlverhalten der Anteilseigner bzw. des Managements antizipieren und eine entsprechende Anpassung der Konditionen vornehmen. Letztllch konstatierten Jensen und Meckling, dass somit die Agency-Kosten wieder auf die Anteilseigner zuruck fallen.^'° 2.4.3.2

Unterinvestitionsthese

Als einer der klassischen Agency-Aufsatze, der die Konflikte zwischen Antellseignern und Glaubigern analysiert, gilt der 1977 publizierte Aufsatz von Myers. Die bis dato existierenden Ansatze zur Erklarung der geringen Fremdkapitalfinanzierung trotz Steuervorteilen konnten nach Memung von Myers (S\e Nichtausschdpfung der maximal mdglichen Verschuldungsquote der Unternehmen nicht umfassend erklaren.^"^^ Myers ze\g\, dass eine hohe Verschuldung zu einer suboptimalen Investitionsstrategie fuhren kann, was wiederum zu einer Minderung des Unternehmenswertes fuhrt.^"*^ Ausgangsbasis der Uberlegungen ist die Annahme, dass Unternehmen auf dem Prinzip des Going Concern bewertet werden. Unterstellt man also die Fortfuhrung des Unternehmens, so eroffnen sich Optionen zur Durchfuhrung zukijnftiger Investitionen. Der Unternehmenswert (V ) besteht aus den existierenden Vermogenswerten ( K , ) sowie den zukunftigen Vermogenswerten, welche 1. d. R. den grofieren Teil des Unternehmenswertes darstellen. Der Barwert der zukunftigen Wachstumsmoglichkeiten (V^-) entspricht der Option, zukunftige Investitionen durchzufuhren, und stellt somit einen bedeutenden Teil der Unternehmensbewertung dar.''' Es gilt:

Unterstellt man ein ausschliefilich eigenfinanziertes Unternehmen, lasst sich folgendes Modell ableiten: Bei einem Unternehmen, welches uber keinerlei existierende Vermogenswerte verfugt, besteht der Unternehmenswert ausschliefllich aus dem Barwert der zukunftigen Wachstums-

242 243

Vgl. Jensen (1976), S. 336. Die bisherigen Grunde fur die gerlnge Fremdfinanzierung der Unternehmen waren u. a. die Beibehaltung einer Flexibilitat fur weitere Fremdfinanzierung (Modigliani/Miller 1963), der geringere Steuervorteil der Fremdfinanzierung bei Berucksichtigung der personlichen Einkommensteuer (Stigliz 1972), die Limitierung der Kreditvergabe durch Banken (Jaffee/Russell 1976), die Vermeidung von hoher Fremdfinanzierung des Managements zwecks Jobsicherheit (Donaldson 1963) Oder die Vermeidung eines Konkurses (Robicheck/Myers 1966). Vgl. Myers (1977), S. 147. Vgl. Myers (1977), S. 150. 53

moglichkeiten. Die Tabelle 4: Ausgangsbilanz bei Eigenfinanzierung (in Aniehnung an Myers 1977) demonstriert die Ausgangssituation zum Zeitpunkt t = O:^"*"* Bilanz zum Zeitpunkt t=0 Wert der Wachtumsmoglichkeiten V G

Wert des Fremdkapitals 0 Wert des Eigenkapitals V E

Unternehmenswert V Tabelle 4:

Unternehmenswert V

Ausgangsbilanz bei Eigenfinanzierung (in Aniehnung an Myers 1977)

Fur die nachste Periode muss das Unternehmen entscheiden, ob es die Option zur Investition^ustjben moehte. Ubt das IMternehmen die Option nicht aus, ver^lt diese un4 das Unternehmen ist wertlos. Die Entscheidung zur Wahrnehmung der Wachstumsmoglichkeiten und somit fur die Investition kommt dann in Frage, wenn der Barwert des zu erwerbenden Vermogenswertes den Barwert der Investition ubertrifft.^"*^ Wie in der nachfolgenden Abbildung 5: Investitionsentscheidung bei reiner Eigenicapitaifinanzierung unter Zustandsabii^ngiglceit (in Anietinung an layers 7P77; dargestellt, lohnt sich die investition fur alle Zustandezw : zu < zu\ nicht. Erst ab dem Zustand zw, weist die Investition einen positiven Nettobarwert auf.

i N TJ C w "m

keine DurchfiJhrung

Z3

N c

^

S5

DurchfiJhrung

,^'''

1

UJ

1

.-' ' '

ZL

Abbildung 3:

—. ^

^, Zustande (zu)

Investitionsentscheidung bei reiner Eigenkapitalfinanzierung unter Zustandsabhangigkeit (in Aniehnung an Myers 1977)

^'^ Der Wert des Eigenkapitals wird als K,, bezeichnet, der Wert der Fremdkapitals betragt 0, vgl. Myers (1977), S. 151. '^^ Vgl. Myers (1977), S. 151. 151. 54

Wenn das Untemehmen sich fur die Investition entscheidet, mijssen zur Finanzierung der Investition neue Aktien des Unternehmens ausgegeben werden.^"^^ Die Bilanz nach Investition, also zum Zeitpunkt t = 1, entspricht dem Wert der neu akquirierten Vermogenswerte Vy^, und wird anhand der nachfolgenden Tabelle 5: Bilanz nach investition beiEigenfinanzierung (in Aniehnung an Myers 1977)dargestellt: Bilanz zum Zeitpunkt t=1 Wert der neu akquierierten Vermogenswerte V zu

Wert des Fremdkapltals 0 Wert des Eigenkapitals V E

Untemehmenswert V zu Tabelle 5:

Unternehmenswert V zu

Bilanz nach Investition bei Eigenfinanzierung (in Aniehnung an Myers 1977)

Wie verandern sich die Entscheidungen pro und contra Investition, bei Annahme eines teilweise fremdfinanzierten Unternehmens? Da das Unternehmen im Ausgangszeitpunkt t = 0 ausschliefilich uber den Barwert der Wachstumsmoglichkeiten verfugt, ist es nicht in der Lage, sich risikolos zu verschulden.^'*^ Folglich wird das Unternehmen Fremdkapital V^ emittieren, welches mit Ausfallrisiko behaftet ist und einen Ruckzahlungsbetrag in Hohe von P aufweist. Die Bilanz des teilweise fremdfinanzierten Unternehmens zum Zeitpunkt t = 0 wird anhand der nachfolgenden Tabelle 6: Ausgangsbilanz beiFremdfinanzierung (in Aniehnung an Myers 1977) dargestellt: Bilanz zum Zeitpunkt t=0 Wert der Wachtumsmoglichkeiten V G

Wert des Fremdkapltals V D

; \ ;

Wert des Eigenkapitals V E Unternehmenswert V Tabelle 6:

Unternehmenswert V

;

Ausgangsbilanz bei Fremdfinanzierung (in Aniehnung an Myers 1977)

Als wichtige Annahme unterstellt Myers, dass das Fremdkapital erst nach Ausubung bzw. Nicht-Ausubung und Auslaufen der Wachstumsoption getilgt wird. Die Bilanz des Unternehmens nach getatigter Investition wird anhand der nachfolgenden Tabelle 7: Bilanz nach Investition bei Fremdfinanzierung (in Aniehnung an Myers 7^777 veranschaulicht:

Vgl. Myers (1977), S. 151. Vgl. Myers (1977), S. 152. 55

Bilanz zum Zeitpunkt t=1 Wert der neu akquierierten Vermogenswerte V zu Unternehmenswert V 2 Tabelle 7:

Min [V (zu), P] Wert des Fremdkapitals Max [0, V (zu) - P] Wert des Eigenkapitals Unternehmenswert V 2

Bilanz nach Investition bei Fremdfinanzierung (in Aniehnung an Myers 1977)

Durch die Ruckzahlungsverpflichtung fCir das Fremdkapital wird die Durchfuhrung der Wachstumsinvestition fur die existierenden Anteilseigner bzw. neue Anteilseigner des Unternehmens erst interessant, wenn der Wert ihrer Anteile steigt. Die Investition / muss folglich einen positiven Nettobarwert nach Ruckfuhrung des Fremdkapitals aufweisen (K,,^ > f + P), ansonsten kommen die ErtrSge in erster Linie den Fremdkapitalgebern zugute.

-^i keine Durchfuhrung

LU

Durchfuhrung

V(zu)

l+P

l+P

Zustande (zu)

Abbildung 4:

Investitionsentscheidung bei teilweiser Fremdfinanzierung unter Zustandsabh^ngigkeit (in Aniehnung an Myers 1977)

Wie in der Abbi/dung 4: Investitionsentscheidung bei teilweiser Fremdfinanzierung unter Zustandsabhangiglceit (in Aniehnung an Myers 7^77;dargesteilt, sind drei verschiedene Phasen zu unterscheiden: 1. Fur alle Zustande bis zw, lohnt sich die Ausubung der Option nicht, da der Unternehmenswert K,^, geringer als die Investition ist.^'*®

Vgl. Myers (1977), S. 153. 56

2. Fur alle Zustande von zw, bis zu2 weist die Investition einen positiven Nettobarwert auf. Bedingt durch die Ruckzahlung an die Fremdkapitalgeber ist die Durchfuhrung der Investition fur die Anteilseigner nicht von Interesse, da zwischen den Zustanden zw, und zu2 (markiertes Dreieck) ein Wertverlust fur die Anteilseigner eintritt. Im markierten Dreieck gilt: F,^^ I + P. Die Anteilseigner werden sich in diesen Zustanden fur die Ausubung der Wachstumsoptlon entschelden.^^ Wie dieses Beispiel zeigt, kann Fremdkapital durch die Schwachung der Anreize fur die Anteilseigner, wertschaffende Investitionsprojekte durchzufuhren, den Unternehmenswert mindern. Anteilseigner konnen sinnvolle Investitionsmoglichkeiten ablehnen, da der Profit nicht ihnen, sondern den Fremdkapitalgebern zufliefit. Die Investitionsfinanzierung durch Fremdkapital kann somit eine suboptimale Investitionsstrategie bzw. ein Unterinvestitionsproblem des Unternehmens zur Folge haben und erhebliche Agency-Kosten verursachen.^^^ Myers ziehi daher den Schluss, dass Unternehmen zur Vermeidung von Agency-Kosten den Verschuldungsgrad im Hinblick auf die Maximierung des Unternehmenswertes wahlen soilten. Der angestrebte Verschuldungsgrad sollte im umgekehrten Verhaltnis zum Anteil der Wachstumsmoglichkeiten des Unternehmens stehen.^^^ Je grofler der Anteil der zukunftigen Vermogenswerte, also der Wachstumsoptionen eines Unternehmens, desto geringer sollte der Verschuldungsgrad gewahit werden. Unternehmen hingegen, mit einem Groflteil an kapitalbindenden und profitablen existierenden Vermogenswerten, sollten einen hohen Verschuldungsgrad wahlen.^^^ Die AusfiJhrungen von Myers uber die Agency-Kosten des Fremdkapitals und das Unterinvestitionsproblem bieten einen Erklarungsbeitrag fur zwei typische Verhaltensweisen von Fremdkapitalgebern. Zum einen erklart das Unterinvestitionsproblem, warum Fremdkapital-

249 250

Vgl. Myers (1977), S. 153 f. Vgl. Myers (1977), S. 153 f. In diesem Zusammenhang untersucht Myers, ob das Problem der suboptimalen Investitionsstrategie minimiert werden kann. In Frage kommen z. B. die Neuverhandlung von Kreditvertragen, das Hinzufugung von bestimmten Klausein in den Kredit- bzw. Schuldvertragen oder das Beschranken von Dividendenzahlungen an die Anteilseigner. Die diversen Moglichkeiten sind allerdings mit erheblichen Kosten verbunden, vgl. Myers (1977), S. 147 ff. Vgl. Myers (1977), S. 170f. Vgl. Myers (1977), S. 170f. 57

geber in den seltensten Fallen typische Wachstumsfinanzierungen gewahren. Zum anderen ist die Theorie konform mit der in der Praxis etablierten Fristenkongruenz, welche vorsieht, dass kurzfristige Vermogensgegenstande mit kurzfristigem Fremdkapital und langfristige Vermogensgegenstande mit langfristigem Fremdkapital finanziert werden sollten.^^ Letztlich weist Myers darauf hin, dass die Verfolgung einseitiger Interessen der Anteilseigner sich langfristig - bedingt durch die Nachteile einer suboptimalen Investitionspolitik sowie durch die seitens der Fremdkapitalgeber eingepreisten erheblichen Oberwachungskosten negativ auf das Unternehmen auswirken kann.^^^ 2.4.3.3 These der Reputationseffekte Zwei weltere agency-theoretische AnsStze analysleren das Reputatlonsverhalten des Managements bzw. des Unternehmens und dessen Wirkung auf das Verhalten der Fremdkapitalgeber. Grundaussage der von D/amond {^ 989) entwickelten These ist, dass sich Unternehmen zwecks Eriangung einer Reputation als gute Kreditnehmer im Glaubigermarkt bei der Wahl ihrer Investitionsprojekte zunehmend risikoavers verhalten.^^^ Dieses Verhalten wird anhand des folgenden Beispiels demonstriert: Ein junges Unternehmen ohne Kredithistorie hat die Wahl zwischen zwei Investitionsmoglichkeiten mit gleichem Ursprungsinvestment: einer riskanten Investition mit hoher Rendite oder einer weniger riskanten Investition mit niedriger Rendite.^^^ Eine externe Beurteilung des Risikos und der Auswahl der Investments ist durch die Fremdkapitalgeber nicht moglich. Bei jungen Unternehmen ohne Kredithistorie fehit es den Fremdkapitalgebern an Erfahrungswerten bezuglich der Kreditwurdigkeit. Daraus resultiert, dass bei der Kreditvergabe an junge Unternehmen ein durchschnittlicher Zinssatz zugrunde gelegt wird, welcher die riskanten sowie die risikoaversen Investitionspraferenzen von Unternehmen berucksichtigt.^^® Der zukunftige Zugang junger Unternehmen zum Fremdkapitalmarkt sowie die zugrunde gelegten Konditionen werden vom Schuldnerverhalten des Unternehmens bestimmt sein. Die Beurteilung der Kreditwurdigkeit durch die Fremdkapitalgeber bedingt, dass Unternehmen

257 258

Die Fristenkongruenz der Fremdfinanzierung ist ein in der Praxis gangiges Verfahren, welches bis date theoretisch kaum diskutiert worden ist, vgl. Myers (1977), S. 171. Vgl. Myers (1977), S. 170ff. Vgl. Diamond(1989), S. 828f. Vgl. Diamond (1989), S. 830 f. Bedingt durch das Adverse-Selection-Problem kann die Qualitat der Schuldner nicht beurteilt werden, folglich wird eine Durchschnittsqualitat vorausgesetzt, vgl. Diamond (1989), S. 831. 58

der Vermeidung eines Kreditausfalls bzw. Verzogerungen bei Zins- oder Tilgungszahlungen die oberste Prioritat zuordnen.^^® Diamondn\mn\\. an, dass sich jungere Unternehmen ohne Kredithistorie zunachst tendenziell fijr riskantere und renditetrachtigere Projekte entscheiden, da sie mangels Kredithistorie ohnehin mit den vom Fremdkapitalmarkt kalkulierten Durchschnittssatz belegt werden. Sind sie erfoigreich und uberstehen die Anfangsjahre ohne Kreditausfalle, werden sie mit zunehmender Historie tendenziell die sicheren Investitionsmoglichkeiten praferieren, um ein gutes Rating der Fremdkapitalgeber zu erhalten und sich somit von der Klasse der kreditausfallgefahrdeten Unternehmen zu distanzieren.^^° Baut etn Unternehnfien uber einen langen Zeitraum eine Reputation als guter Schuldner auf, so hatte ein Kreditausfall einen hohen Reputationsverlust als Kreditnehmer und damit verbunden auch einen Wertverlust zur Folge.^®^ Im Zeitverlauf verliert, bedingt durch den moglichen Reputationsverlust, die riskante, aber hochrentable Investitionsmoglichkeit relativ zu der weniger riskanten Investition mit niedrigerer Rendite an Wert fur das Unternehmen.^^^ Letztlich zieht Diamond (^\e Schlussfolgerung, dass Fremdkapital in unterschiedlichen Stadien eines Unternehmens unterschiedliche Anreize bewirken kann. Wahrend Fremdkapital bei jungen Unternehmen die Tendenz zu riskanten Investitionsprojekten fordert, bewirkt es bei etablierten Unternehmen bedingt durch das Streben nach Reputationserhalt die praferierte Durchfuhrung von risikoaversen Investitionsprojekten.^*^^^ Der Ansatz von Hirshieifer und riia/cor (^ 992) thematisiert ebenfalls die Reputationseffekte, dabei steht die personliche Reputation des Managements im Fokus der Diskussion.^^'* Dieser Theorie zufolge verhalten sich Manager zwecks Wahrung ihrer eigenen Reputation risiko-

259 260

Vgl. Diamond(1989), S. 830. Vgl. Diamond(1989), S. 831. Die Reputation wird nach Diamond als ein wertvolles Gut eingeschatzt, welches schutzbedurftig ist, vgl. Diamond (1989), S. 831. Ein riskantes, aber renditetrachtiges Investitionsprojekt wurde nach Diamond von einem Unternehmen mit einer sehr guten Reputation am Fremdkapitalmarkt abgelehnt, aber von einem weniger im Fremdkapitalmarkt etablierten Unternehmen durchgefuhrt werden, vgl. Diamond (1989), S. 831. Vgl. Diamond (1989), S. 830 ff. Da im Model! von Hirshieifer und Thakor Agency-Kosten des Eigen- und Fremdkapitals thematisiert werden, ist eine exakte thematische Abgrenzung nicht moglich. Die Veroffentlichung schliefit an der Reputationsthese von Diamond an, folglich wurde eine thematische Einordnung in diesem Abschnitt fur sinnvoll erachtet. Zu einem ahnlichen Resultat gelangt auch Rasmusen, der ein konservatives Investitionsverhalten insbesondere bei erfolgreichen Unternehmen feststellt, vgl. Rasmusen (1992), S. 175. 59

Grundannahme des Modells ist wiederum, dass Unternehmen die Wahl zwischen mehreren Investitionsmoglichkeiten mit unterschiedlichem Risiko und Renditeniveau haben. Aus Sicht der Eigenkapitalgeber sind die Renditeaussichten von hoher Bedeutung, folglich praferieren sie das riskantere Investitionsprojekt.^®^ Das Management hat ein verstarktes Interesse am Aufbau einer guten Reputation, dafur ist erforderlich, dass wenig bzw. keine Misserfolge die berufliche Laufbahn der Manager pragen. Es ist davon auszugehen, dass die externe Beurteilung des Managements keine RCickschlusse auf die vom Management enA^irtschaftete Rendite eriaubt, wohl aber ist Erfolg oder Misserfolg des Managements messbar.^®^ Das Management wird aus Reputationsgrunden selbst dann das sichere Investitionsprojekt vorziehen, wenn die Anteilseigner das riskantere Investitionsprojekt praferieren.^^® Hirshleifer und r/7^Ar^/'entwickeln ein theoretisches Modell uber mehrere Perloden, welches die Projektwahl sowie das Reputationsstreben des Managements untersucht. Die wichtigsten Ergebnisse hieraus sind, dass ein Unternehmen mit wenig bzw. keinem Fremdkapital, bedingt durch den Reputationsdrang des Managements, eine vom Standpunkt der Anteilseigner aus suboptimale Investitionsstrategie praktiziert. Bei einem teilweise fremdfinanzierten Unternehmen fiihrt der Reputationsdrang des Managements und das hierdurch verursachte konservative Investitionsverhalten zu einer Reduktion der Agency-Kosten des Fremdkapitals und somit zu einer hoheren Fremdfinanzierung.^^^ 2.4.4 Kritische Wiirdigung Die agency-theoretischen Ansatze haben einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung der Theorie der optimalen Kapitalstruktur geleistet, da sie Finanzierung und Finanzierungsformen nicht nur unter dem Aspekt der Transformation gegebener Risiken, sondern hinsichtlich der zugrunde liegenden Verhaltensanreize fur das Management und die Anteilseigner analysieren.^^° Im Gegensatz zur Irrelevanztheorie von M&M\N\r6 bei den Agency-Ansatzen eine Relevanz der Finanzierung postuliert, da die divergierenden Interessen der Parteien direkte Konsequenzen fur den Unternehmenswert haben konnen. Der grofite Fortschritt der Agency-Theorie gegenuber der neoklassischen Finanzierungslehre besteht insbesondere darin, dass sie einen Erklarungsbeitrag fur die Vielzahl von in der Praxis gebrauchlichen institutionellen Regelungen, wie z. B. Kontroll- und Mitspracherechte,

266 267

Vgl. Hirshleifer/Thakor (1992), S. 438 f. Vgl. Hirshleifer/Thakor (1992), S. 438 f. Der Konflikt wird auch als „Moral Hazard" in der Agency-Theorie bezeichnet und beschreibt das Problem, dass das Management (Agent) nach Vertragsabschluss nicht in vollem Umfang im Interesse der Anteilseigner (Prinzipal) handelt, vgl. Arrow (1985), S. 40. Vgl. Hirshleifer/Thakor (1992), S. 465. Vgl. Hax/Hartmann-Wendels/von Hinten (1988), S. 711 f. 60

sowie vertraglich geregelte Kreditpflichten, die sog. Covenants^^\ geleistet hat.^^^ Nachteilig ist allerdings, dass sich die meisten agency-theoretischen Ansatze sehr unterschiediichen partiellen Themenbereichen widmen. Die daraus resultierenden teilweise kontroversen Ergebnisse bieten aber keinen umfangiichen Erkiarungsbeitrag zur Finanzierung bzw. Kapitalstruktur. Letztlich mangelt es an fur die Praxis umsetzbaren Handlungsempfehlungen. Die Mehrzahl der agency-theoretischen Ansatze zur Kapitalstruktur basiert auf der Tatsache, dass die Anteilseigner von der begrenzten Haftung profitieren und Einfluss auf das Management ausuben konnen, die Glaubiger hingegen das Ausfallrisiko tragen, aber nicht von der uberdurchschnittlichen Rendite bei besonders riskanten und erfolgreichen Geschaften profitieren konnen. Da diese Interessensgegensatze nicht kostenlos beseitigt werden konnen, fuhren diese Konflikte zu einer Minderung des Unternehnnenswertes. Bezuglich der Auspragung und Wirkung der Agency-Konflikte existieren vielfaltige und zum Teil kontroverse Annahmen. So konnen die Differenzen zwischen Anteilseignern und Managern z. B. durch die Schaffung von leistungsbezogenen Kompensationspaketen minimiert werden; allerdings ist hierbei zu beachten, dass die Messung der Performance der Manager extern nicht vollumfanglich moglich ist.^^^ Des Weiteren besteht fur die Anteilseigner die Moglichkeit, das eigennutzige Verhalten des Managements einzuschranken, indem sie verschiedene UbenA/achungs- und Kontrollmoglichkeiten implementieren; diese sind allerdings kostspielig und eine vollstandige Uberwachung ist nicht moglich. Eine Reduktion der Konflikte uber den Einsatz von Eigenkapital wird in den meisten agency-theoretischen Ansatzen mittels Fremdkapital angestrebt, die Art und Weise sowie die Interpretation und Wirkungen der Nachteile des Fremdkapitals sind allerdings in den einzelnen Ansatzen unterschiedlich.^^'' Die Agency-Kosten des Fremdkapitals und die Konflikte zwischen Anteilseignern und Glaubigern resultieren im Kern aus der beschrankten Haftung der Anteilseigner einerseits und dem erhohten Risiko bei Konkurs oder Ausfall der Glaubiger andererseits. Wahrend z. B. die klassische Trade-off-Theorie als negativen Aspekt des Fremdkapitals lediglich die drohende Konkursgefahr und die dadurch entstehenden Kosten untersuchte, entwickelte die AgencyTheorie diesen Gedanken weiter und untersuchte z. B., welche Ruckwirkung die potenzielle Konkurs- bzw. Ausfallgefahr auf das aktuelle Investitionsverhalten der Anteilseigner und das

273 274

Unter Covenants versteht man vertragliche Bestimmungen, die in Kreditvertrage eingearbeitet werden, mit dem Ziel, die Entscheidungsspielraume der Anteilseigner und Manager bezuglich kijnftiger Entscheidungen ijber Investitionsprojekte, Finanzierungsmafinahmen und Ausschuttungen in dem Sinne einzuengen, dass die beschriebenen VermCgenstransfers zu Lasten der Fremdkapitalgeber erschwert werden. Als Beispiele seien genannt: das Verbot, neue Fremdkapitalgeber besser zu behandein als alte, eine Begrenzung von Dividendenzahlungen oder das Verbot des Erwerbs oder der Verauderung bestimmter Vermogensgegenstande. Vgl. Hax/Hartmann-Wendels/von Hinten (1988), S. 711. Vgl. Myers (2001), S. 96 f. Vgl. Harris/Raviv (1991), S. 302. 61

Verhalten des Managements in Bezug auf mogliche Investitionen ausubt.^^^ Die Gefahr von Vermogenstransfers und somit eine damit einhergehende Schadigung der Glaubiger ist ein relevantes praktisches Problem, welches mittels empirischer Studien bewiesen wurde.^^^ Diverse Kreditklausein, die Bestellung von Kreditsicherheiten und die Existenz von Covenants in Kreditvertragen zielen somit primar auf die Reduktion der Agency-Konflikte zwischen Glaubigern und Anteilseignern ab.^^^ Eine weitere Moglichkeit zur Reduktion der AgencyKosten des Fremdkapitals besteht z. B. in der Emission von Wandel- oder Optionsanleihen, da die mit der Risikoerhohung verbundenen potenziellen Wertsteigerungen in diesem Falle auch den Inhabern von Wandel- bzw. Optionsrechten zukommen.^^® Als ein bedeutender Einflussfaktor der Kapitalstruktur kristallisiert sich in vielen agency-theoretlschen AnsStzen das AusmaB der InvestitfonsmOglichkeitefi bzw. der Wacfistumsmegtichkeiten heraus. Prinzipiell wird zur Minimierung der Agency-Kosten eine eher eigenkapitallastige Finanzierung bei jungen Wachstumsunternehmen sowie eine eher fremdkapitallastige Finanzierung bei eher etablierten profitablen Unternehmen unterstellt. Empirische Studien finden starke Hinweise fur unterschiedliches Finanzierungsverhalten in Abhangigkeit der gegebenen Wachstums- und Investitionsmoglichkeiten von Unternehmen. So stellten

Barclay,

Smith und Watts \w einer umfangreichen empirischen Studie fest, dass der Anteil der Fremdfinanzierung bei etablierten Unternehmen mit vorhandenem Vermogen und geringen Wachstumsmoglichkeiten hoher und bei jungen Unternehmen mit hohen Wachstumsmoglichkeiten eher niedrig ist.^^^

275 276

Vgl. Myers(2001), S. 97f. Eine Studie belegt, dass bei Veroffentlichung von LBOs, die einen moglichen Vermogenstransfer ermoglichen, Anieihen ohne Covenants einen durchschnittiichen Marktverlust von 5,2 % registrierten, wahrend Anieihen mit hohen Covenants sogar an Marktwert gewinnen konnten, vgl. Asquith/MuHins (1986), S. 61 ff. Eine weitere Studie bestatigt diese Ergebnisse. So untersuchten Alexander, Edwards und Ferris die Performance von Junk-Bonds und Aktien bei der Veroffentlichung von LBOs und stellten fest, dass eine negative Korrelation besteht: Ungesicherte JunkBonds verlieren an Wert, vgl. Alexander/Edwards/Ferris (2000), S. 23 ff. Eine detaillierte Analyse von Covenants in Kreditvertragen stammt von Smith und Warner. Sie untersuchten, wie Kreditvertrage gestaltet werden mussen, um den Konflikt zwischen Anteilseigner und Glaubiger zu minimieren. Restnktionen hinsichtlich der Produktion bzw. Investmentpolitik des Unternehmen fuhren nicht zum erhofften Erfolg, da diese kaum uberwacht werden konnen und zu kostenintensiv sind. Mittels Restriktionen hinsichtlich der Dividenden und Finanzierungspolitik fur die Anteilseigner werden Anreize ftir die Anteilseigner geschaffen, die zu einer Maximierung des Unternehmenswertes fuhren, vgl. SmithA/Varner (1979), S. 117 ff. Die Informationseffekte von hybriden Finanzierungsinstrumenten, insbesondere Wandelanleihen, wurden von mehreren Autoren behandelt. So beweist Green, dass insbesondere durch Einsatz von Wandelanleihen und Optionen eine Kontrolle der Fehlanreize des Fremdkapitals stattfinden kann. Bedingt durch den Eigen- und Fremdkapitalcharakter dieser Finanzinstrumente kann bei optimaler Wahl der Bezugsbedingungen sogar der Anreiz der Risikoerh6hung durch die sogenannte Asset Substitution eliminiert werden, vgl. Green (1984), S. 115ff. Zu ahnlichen Erkenntnissen kommen auch Brennan und Kraus, die Wandelanleihen als geeignetes Finanzierungsinstrument zur Finanzierung wachstumstrachtiger Investitionen und zur Minimierung moglicher Agency-Kosten sehen, vgl. Brennan/Kraus (1987), S. 1225 ff. Die Studie untersucht 6.790 Unternehmen ijber einen Zeitraum von 30 Jahren, vgl. Barclay/ Smith/Watts (1995), S. lOff. 62

Theoretisch sind die vorgenannten empirischen Ergebnisse mit mehreren Agency-Ansatzen kompatibel. So legt z. B. Myers mit seiner Unterinvestitionstheorie die Nachteilhaftigkeit des Einsatzes des Fremdkapitals bei jungen wachsenden Unternehmen dar und Jensen argumentiert mit seiner Free-Cashflow-These, dass der Einsatz von Fremdkapital zur Reduzierung des freien Cashflows bei groflen profitablen Unternehmen - aber nicht bei jungen wachsenden Unternehmen - vonnoten ist. Beide Ansatze fuhren zum selben Ergebnis, dass Wachstumsunternehmen primar mit Eigenkapital und etablierte Unternehmen mit geringen Wachstumsaussichten primar mit Fremdkapital finanziert werden sollten. Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass die agency-theoretischen Ansatze wertvolle Beitrage zur Erklarung vereinzelter Phanomene, wie beispielsweise der Rolle von Finanzintermediaren, Covenants und neuen Finanzierungsformen geleistet haben. Aufgrund der zum Teil kontraren Wirkungen der Anreizprobleme des Eigen- und Fremdkapitals konnte jedoch kein einheitlicher Erklarungsansatz zur optimalen Kapitalstruktur hervorgebracht werden.

2.5

Theorie der Kapitalstruktur basierend auf asymmetrlscher Information

2.5.1 Theorie der asymmetrischen Information Die Theorie der asymmetrischen Informationsverteilung ist eine Auspragung der AgencyTheorie und beschreibt den Zustand, dass ein oder mehrere Marktteilnehmer besser informiert sind als andere. Der ungleiche Informationsstand der Vertragspartner in Verbindung mit der Vermutung, dass sich jeder Vertragspartner opportunistisch verhalt, hat in der Regel zur Folge, dass jeder Vertragspartner damit rechnen muss, aufgrund eines schlechten Informationsstandes ubervorteilt zu werden. Die asymmetrische Informationsverteilung hat daher weitreichende Konsequenzen fur die Verhaltensweise der Vertragspartner bei den Transaktionen und fur das Zustandekommen von Vertragen sowie deren Gestaltung und Durchsetzung.^«° In Abhangigkeit des Zeitpunktes der Informationsasymmetrie, vor oder nach Vertragsabschluss, unterscheidet man zwischen „Hidden Information" oder ..Hidden Action".^®^ Unter ..Hidden Information" versteht man eine Situation, bei der der Agent vor Vertragsabschluss Informationen uber Qualitatsmerkmale besitzt, die dem Prinzipal nicht zugangllch sind. Der Prinzipal tragt folglich das Risiko, dass der Agent die wirkliche Situation vor Vertragsabschluss verschleiert, um seinen eigenen Nutzen zu erhohen.^^^ Hierdurch kann es am

^^' Vgi. Arrow (1985), S. 38 ff., vgl. Hartmann-Wendels (1990), S. 229 f. ^^2 Vgl. Hax/Hartmann-Wendels/von Hinten (1988), S. 710 f. 63

Markt zu einer negativen Auslese, ..Adverse Selection", kommen. Diese beschreibt einen Zustand, in dem es auf einem Markt systematisch zu unerwunschten Ergebnissen kommt. Demzufolge wahit ein Kapitalgeber bei Informationsasymmetrie, von zwei alternativen Investitionsmoglichkeiten diejenige, die ihm vermelntiich gunstiger erscheint, wohingegen bei Vorliegen vollstandiger Informationen die andere Investitionsmoglichkeit den Vorzug erhalten hatte. Als einer der Ersten hat Aker/of m\\Xe\s seines viel zitierten Beispiels uber den Markt fur Gebrauchtwagen bewiesen, dass asymmetrische Informationen die Funktionsweise von Markten beeinflussen und sogar deren Zusammenbruch bewirken konnen.^®^ Von ..Hidden Action" sprlcht man. wenn die Aktionen des Agenten nach Abschluss eines Vertrags von dem Prinzipal nicht Oder nicht kostenlos zu beobachten sind. Das Risiko. dass dem Prinzipal durch Nutzung der Mogiichkelt verborgenen Handelns durch den Agenten nach Vertragsabschluss Nachteile entstehen. wird als ..Moral Hazard" bezeichnet.^®^ Der Prinzipal ijbertragt zwar dem Agenten eine Verfugungsgewalt. muss aber damit rechnen, dass dieser den Handlungsspielraum zur Maximierung seines eigenen Nutzens ausschopft.^®^ Der Prinzipal kann nicht von dem erbrachten Ergebnis des Agenten auf seine Handiungen zuruckschlieflen, da er nicht nur von ihm, sondern auch von exogenen Groflen mit beeinflusst wurde. Diese dargestellten Informationsasymmetrien finden sich auf dem Kapitalmarkt in der Beziehung zwischen dem Management und den Kapitalgebern wieder. In der Regel wird das Management eines Unternehmens die zukunftige Unternehmensentwicklung besser einschatzen konnen als externe Marktteilnehmer, daraus resultiert eine asymmetrische Informationsverteilung zwischen Kapitalgebern und -nehmern. Das Phanomen der Adverse Selection wurde insbesondere von Akeriof mittels eines Gebrauchtwagenmarktes demonstriert. Gebrauchte Fahrzeuge weisen hSufig MSngei auf, die der Kaufinteressent nicht auf den ersten Slick erkennen kann, die dem KSufer aber bekannt sind. Potenzielle KSufer mussen somit damit rechnen, dass ein ihnen auf einem Gebrauchtwagenmarkt angebotenes Fahrzeug mit MSngeln behaftet ist. Besteht Unsicherheit bezuglich der Qualitat, so wird zunSchst auf einem Gebrauchtwagenmarkt von einer Durchschnittsqualitat ausgegangen, folglich existiert ein Durchschnittspreis. Der durchschnittliche Preis muss zwangslaufig niedriger sein als der Preis, der - vorausgesetzt, es bestunde keine Informationsasymmetrie - fur ein hochwertiges Fahrzeug geboten werden wiirde. Anbieter von qualitativ besseren Gebrauchtwagen werden daher ihre Gebrauchtwagen aus diesem Markt nehmen, da sie einen angemessenen Preis nicht auf dem Gebrauchtwagenmarkt erzielen konnen. Es verbleiben dort Guter mit schlechter Qualitat, was zu weiteren Preissenkungen und letztlich sogar zu Marktversagen fuhren kann. Dieses Phanomen fasst man mit „Adverse Selection" zusammen, da die minderwertigen Gebrauchtwagen eine Negativauslese aus dem gesamten Qualitatsspektrum darstellen, vgl. Akeriof (1970), S. 488 ff. Der Begriff ..Moral Hazard" stammt aus der Versicherungslehre und bezeichnet den Zustand, bei dem nach Versicherungsabschluss mit nachlSssiger Behandlung des Versicherungsgegenstandes durch den Versicherten gerechnet werden muss, vgl. Arrow (1985), S. 40. 64

Die Existenz funktionsfahiger Markte in der Praxis legt die Vermutung nahe, dass es Mechanismen gibt, die zur Uberwindung dieser Informationsasymmetrien fuhrt. Da die direkte Informationsvermittlung haufig an der mangelnden Glaubwurdigkeit des Verkaufers scheitert, kann alternativ die Signalisierung von Informationen mittels der Vornahme bestimmter Handlungen stattfinden.^®^ Im Folgenden werden die beiden bekanntesten Theorien zur Kapitalstruktur basierend auf dem Grundgedanken der asymmetrischen Informationsverteiiung eriautert, zunachst die sogenannten Signaling-Modelle und im Anschluss die bekannte Pecking-Order-Theorie. 2.5.2

Die Signaling-Theorie

2.5.2.1 Vorbemerkungen Die Berucksichtigung der asymmetrischen Informationsverteiiung fuhrte zu einem Forschungszweig innerhalb der Theorie der Kapitalstruktur, welcher die Analyse der Signalisierungsfunktion von Finanzierungsinstrumenten in den Mittelpunkt der Untersuchung stellt. Ausgangspunkt der verschiedenen Ansatze der Signaling-Theorie ist die Annahme asymmetrisch verteilter Information zwischen Management und Kapitalgebern. Das Management besitzt einen Informationsvorsprung vor den externen Kapitalgebern, da es die Qualitat des Unternehmens sowie die Zukunftsaussichten beurteilen kann. Aufgrund des Informationsdefizits versuchen die externen Kapitalgeber aus dem Verhalten der Manager bzw. aus der Kapitalstruktur Ruckschlusse auf die Unternehmensqualitat zu Ziehen. Belasst das Management die externen Kapitalgeber im Zustand des Informationsdefizits, so werden Glaubiger aufgrund der Informationsunsicherheit auf hoheren Zinsforderungen bestehen im Vergleich zum Zustand, bei dem sie uber den gunstigeren Informationsstand des Managements verfugt hatten. Auch Ankundigungen des Managements zu Anderungen der Kapitalstruktur konnen zu vom Management unerwunschten Kursreaktionen der betreffenden Aktien fuhren.^^^ Bei einer solchen Situation besteht die Motivation des Managements, den ubrigen Marktteilnehmern den fundierten eigenen Informationsstand glaubhaft zu signalisieren bzw. die Erwartungen der externen Kapitalgeber zu beeinflussen. Die Signalisierung kann mittels verschiedener Signalisierungsinstrumente durchgefiihrt werden, die unmlttelbar Oder mittelbar im Zusammenhang mit der Wahl der Kapitalstruktur stehen.

Vgl. Perridon/Steiner (2004), S. 531. Erstmalig wurde das sogenannte ..Signaling" von Spence im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt analysiert, vgl. Spence (1973), S. 355 ff. Dass Anderungen der Kapitalstruktur zu Kursreaktionen fijhren, wurde von zahlreichen empirischen Studien belegt, vgl. Masulis (1980), S. 139 ff., Dann (1981), S. 113 ff., Vermaelen (1981), S. 139 ff., Asquith/Mullins (1986), S. 61 ff., Masulis/KonA/ar (1986), S. 91 ff. 65

Von Bedeutung hierbei ist, dass die vom Unternehmen gesendeten Signale glaubhaft sind, diese sind allerdings nicht kostenlos sondern mit Aufwendungen verbunden. Externe Kapitalgeber werden die Giaubwurdigkeit aller Entscheidungen des Managements stets in Frage stellen und daraufhin uberprufen, ob es sich um manipulierte oder glaubhafte Signale handelt. Die von Ross sowie Leiand und Pyle entwickeiten Modelle aus dem Jahr 1977 analysieren erstmalig die Signalisierungsfunktion von Finanzierungsinstrumenten und Ziehen hieraus Schlussfolgerungen hinsichtlich der optimalen Kapitalstruktur. 2.5.2.2 Signalisierung nach Ross Ausgangspunkt der Arbeit von Ross (1977) ist die Annahme einer Informationsasymnnetrie zwischen Management und potenziellen Kapitalgebem bezuglich der Qualitat und der Zukunftsaussichten des Unternehmens. Die Kapitalgeber nehmen mangels weitergehender Informationen eine durchschnittliche Unternehmensqualitat an, da ihnen keine Differenzierungsmoglichkeit zur Beurteilung von Unternehmen mit guter Qualitat und positiven Zukunftsaussichten im Vergleich zu weniger guten Unternehmen mit moderaten bzw. schlechten Zukunftsaussichten zur Verfugung steht.^®^ Die mangelnde Beurteilung der Qualitat eines Unternehmens kann ein restriktives Verhalten der Kapitalgeber zur Folge haben, so dass auch Unternehmen mit positiven Zukunftsaussichten nicht das ndtige Kapital erhalten, um ihre vorteilhaften Investitionen zu finanzieren. Das Management eines Unternehmens mit guter Qualitat und positiven Zukunftsaussichten hat daher ein Interesse daran, die von externen Kapitalgebem vorgenommene durchschnittliche Beurteilung des Unternehmens in Richtung einer realistischeren positiven Beurteilung zu beeinflussen.^®^ Ausgangspunkt der Uberlegungen ist, dass Veranderungen der Kapitalstruktur die Erwartungen des Managements in Bezug auf die kunftige Unternehmensentwicklung signalisieren. Es wird unterstellt, dass das Management mittels einer Erhohung des Verschuldungsgrades die Gute des Unternehmens signalisiert und somit zu einer Losung des Unterinvestitionsproblems beitragen kann.^^° Hierzu ist allerdings Voraussetzung, dass das Management durch ein adaquates Entlohnungssystem Anreize zu einer wertmaximierenden Unternehmenspolitik und zur Signalisierung erhalt. Die Entlohnung des Managements muss derart gestaltet sein, dass es sich fur das Management nicht lohnt, mittels hoher Verschuldung einen uberhdhten Unternehmens-

'^^ Vgl. Ross (1977), 8.27. ^^^ Vgl. Ross (1977), 8.28 ff. ^^° Vgl. Ross (1977), 8.30 f. 66

wert zu signalisieren.^^^ Weiterhin muss die Entlohnungsfunktion derail gestaltet werden, dass bei Marktwertsteigerungen des Unternehmens das Management partizipiert und mit zunehmender Wahrscheinlichkeit eines Konkurses die Entlohnung verringert wird. Die Entlohnungsfunktion des iVlanagements ist in dem iVlodell von Ross derart konstruiert, dass es vergleichbar einem Derivat auf die Kapitalanspruche der Elgen- und Fremdkapitalgeber wirkt und somit die Entlohnung des Managements den finanziellen Kapitalforderungen der externen Kapitalgeber an das Unternehmen entspricht.^^^ Im Signalisierungsmodell von Ross gilt die Pramisse, dass die Signalisierung des Managements an externe Kapitalgeber uber die Gute des Unternehmens ausschliefilich durch die Verschuldung erfolgt.^^^ Eine Ausweitung der Verschuldung stellt fur die externen Kapitalgeber ein glaubwurdiges positives Signal hinsichtlich der zukunftigen unternehmerischen Einzahlungsuberschusse dar, da eine solche Maflnahme nur von Unternehmen mit besonders gunstigen Zukunftserwartungen durchgefuhrt werden kann.^^'* Unternehmen hingegen mit eher ungunstigen Erwartungen verzichten zur Vermeidung des Konkurses tendenziell auf die Erhohung der Verschuldung. Fur die Kapitalstruktur von Unternehmen resultiert aus dem vorgestellten Modell die folgende Implikation: Ein hoher Verschuldungsgrad signalisiert positive Informationen ijber das Unternehmen, da das Management die Konkurswahrscheinlichkeit als gering einschatzt, die zunehmende Verschuldung fur das Unternehmen tragbar ist und ein zukunftig hoherer Unternehmenswert erwartet werden kann.^^^ 2.5.2.3 Signalisierung nach Leiand und Pyle Leiand undPyle 6\skuWerer[ in ihrem Modell aus dem Jahr 1977 ebenfalls die Signalisierungsfunktion, argumentieren aber im Gegensatz zu Rossn\ch{ mit dem Verschuldungsgrad, sondern mit der Hohe des Anteilsbesitzes des Managements am eigenen Unternehmen.^^^ Sie unterstellen, dass der Anteilsbesitz des Managements am eigenen Unternehmen und somit die Bereitschaft, sich mit eigenem Risiko zu beteiligen, eine glaubhafte Signalisierungsfunktion ausuben kann, aus dem externe Kapitalgeber Rijckschlusse auf die Qualitat und die Ertragsaussichten des Unternehmens Ziehen konnen.^^^

293 294

296 297

Vgl. Ross (1977), S. 31 ff. Ross unterstellt, dass eine adaquate Entlohnung des Managements gunstiger ist als die Uberwachungskosten, vgl. Ross (1977), S. 32. Vgl. Ross(1977), S. 31 ff. In dem Modell von Ross wird eine Erhohung der Verschuldung stets mit einer Erhohung des Marktwertes gleichgesetzt, die Annahme ist allerdings nicht realistisch. Vgl. Ross (1977), S. 37 ff. Vgl. Leland/Pyle (1977), S. 371 ff. Vgl. Leland/Pyle (1977), S. 375 ff. 67

Die direkte Informationsmitteilung uber den Zustand des Untemehmens halten Leiand und Py/e fur nicht effizient, da sie entweder zu kostspielig ist oder die Informationsnehmer nicht in der Lage sind, zwischen guten und schlechten Informationen zu differenzieren.^^^ Ist das Management im Besitz signifikanter Aktienanteile am Unternehmen und zeigt Bereitschaft, sich an einer Kapitalerhohung zu beteiligen, wird dies als positives Signal fur die Qualitat des Untemehmens und der zukunftigen Investitlons- und Ertragsmdglichkeiten interpretiert.^^® Dies gilt auch vice versa: Halt das Managements nur einen gerlngen Antell am Unternehmen, findet eine Verauflerung von eigenen Aktien des Managements im Rahmen eIner Emission statt Oder beteiligt sich das Management nicht an einer Kapitalerhohung, werten externe Kapitalgeber diese Verhaltensweisen als negatives Signal uber die Qualitat des Unternehmens. Prinzipiell gilt also: Je hoher der Anteil des Managements am Unternehmen* desto glaubwurdiger und positlver ist das positive Signal an externe Kapitalgeber; dies hat auch eine hohere Verschuldungskapazitat zur Folge.^°° Das Modell impliziert, dass die „guten" Unternehmen die Qualitat des von ihnen durchgefuhrten Projekts durch die Wahl einer Beteiligungsquote nur dann glaubwurdig signalisieren, wenn die „schlechteren" Unternehmen keinen Anreiz haben, ihr Signal durch die Wahl der gleichen Beteiligungsquote zu limitieren. Die Kosten, die einem „schlechteren" Unternehmen durch falsches Signalisieren entstehen, dijrfen daher nicht geringer sein als die Ertrage; ansonsten gabe es einen Anreiz, falsche Signale auszusenden.^°^ Dies fijhrt wiederum dazu, dass „gute" Unternehmen sich in einem Mindestumfang am eigenen Unternehmen beteiligen mussen; bei nur geringerer Beteiligungsquote hatten auch „schlechtere" Unternehmen einen Anreiz zur Signalisierung einer positiven Qualitat. Folglich ruft die Signalisierung Kosten im Wege eines Wohlfahrtsverlustes hervor, da das Management sich uber das Optimum hinaus an Investitionsprojekten beteiligt, im Vergleich zu der Situation c. p., bei der eine kostenlose Signalisierung uber die Qualitat und die Zukunftsaussichten des Untemehmens theoretisch moglich ware. „Schlechte" Unternehmen wiederum signalisieren ihre Qualitat durch eine Nichtdurchfuhrung des Projekts. Unterstellt man also die Gultigkeit des Modells, so kann unter Inkaufnahme der durch die Signalisierung entstehenden Kosten ein Zustand einer symmetrischen Informationsverteilung fast wieder hergestellt werden. Die Signalisierung mittels der Beteiligung des Managements

298 299

Vgl. Leiand/Pyle (1977), S. 383 ff. Ebenso wird auch als positives Signal gewertet, wenn z. B. Grunder eines Untemehmens bei Borsengang ihre Anteile behalten, vgl. LeIand/Pyle (1977), S. 376. Vgl. LeIand/Pyle (1977), S. 383 ff. Vgl. LeIand/Pyle (1977), S. 383 ff. 68

am Unternehmen fuhrt im Modell zu einer optimalen Kapitalallokation, bei der die rentablen Projekte durchgefuhrt und die weniger rentablen Projekte nicht durchgefuhrt werden.^°^ 2.5.2.4 Kritische Wurdigung Basierend auf den Arbeiten von Ross sowie Leiand und Pyle wurden weitere SignalingModelle entwickelt, die unmittelbar Oder mittelbar im Zusammenhang mit der Wahl der Kapitalstruktur stehen. Nennenswert sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Arbeiten hinsichtlich der positiven Signalwirkung von Dividendenzahlungen bzw. Ausschuttungen an Gesellschafter.^°^ Unbestritten ist, dass Maflnahmen zur Veranderung der Kapitaistruktur von Unternehmen in der Praxis zu Reaktionen fuhren. Bei den Signalisierungsmodeiien steht die Frage im Vordergrund, welche Informationseffekte mit einer Finanzierungsmafinahme verbunden sind; der Beitrag zur Erklarung beobachtbarer Kapitalstrukturen hingegen ist als marginal einzuschatzen. Der Grund fur den eingeschrankten Erklarungsbeitrag liegt ailerdings primar in den unrealistischen Annahmen als in der Signalisierungsidee im Allgemeinen. Die Signalisierungsmodelle unterstellen mehrheitlich, das ex ante aus Sicht der externen Kapitalgeber alle Unternehmen identisch sind. Diese Annahme ist realitatsfern, da externe Kapitalgeber sich i. d. R. Informationen uber die Gute von Unternehmen beschaffen konnen und somit Hinwei88 uber die Qualitat des Unternehmens erhalten.^°^ Des Weiteren werden in alien Signalisierungsmodeiien stets einzelne Effekte der Signalislerung, wie z. B. die Beteiligungshohe des Managements oder die Dividendenzahlung, isoliert betrachtet, eine ganzheitliche Betrachtung im Hinblick auf die Kapitaistruktur bleibt aber aus. 2.5.3

Die Pecking-Order-Theorie

2.5.3.1

Finanzierungshierarchie

Die 1984 von Myers und Majluf er\\>N'\cke\\e Pecking-Order-Theorie analysiert den Zusammenhang zwischen den durch Informationsasymmetrie bedingten Informationskosten und den besonderen Eigenschaften des gewahlten Finanzierungsinstruments und zieht die Schlussfolgerung, dass es eine Hierarchie bezuglich der gewahlten Finanzierungsart gibt.^°^

302 303

Vgl. Leiand/Pyle (1977), S. 380 ff. Hohere Dividendenzahlungen signalisieren bei asymmetrisch verteilter Information positive Informationen ijber die Zukunftsaussichten von Unternehmen; dies kann wiederum zu einer Erhohung des Verschuldungsgrades fuhren, vgl. John/Williams (1985), S. 1054ff., Ambarish/William (1987), S. 321 ff., Miller/Rock (1985), S. 1031 ff. Diese Kritik merkt auch Ross selbst als fundamentalste Kritik in seinem Aufsatz an, vgl. Ross (1977), S. 39. Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 187ff. 69

Diese Rangordnung der gewahlten Finanzierungsinstrumente erklart, weshalb Manager zur Finanzierung zunachst auf Innenfinanzierung, anschliefiend auf externes Fremdkapital und zuletzt auf externes Eigenkapital zuruckgreifen.^°® In der Pecking-Order-Theorie gibt es daher keine optimale Kapitalstruktur oder eine Zielkapitalstruktur. Vielmehr ist die zu beobachtende Kapitalstruktur eines Unternehmens das Ergebnis von kumulierten externen Finanzierungserfordernissen und kann permanenten Veranderungen unterworfen sein. Ausgehend von der Annahme, dass das Management aufgrund der Informationsasymmetrle ijber einen Informationsvorsprung in Bezug auf den Unternehmenswert verfugt, analysieren die Kapitalgeber die Finanzierungspolitik und insbesondere die Wahl der jeweiligen Finanzierungsarten und Ziehen daraus Schlussfolgerungen Ciber den Zustand des Unternehmens.^°^ Bei der Emission von Finanzierungsinstrumenten ist vom Management bzw. von den Anteilseignern zu berucksichtigen, dass ihr Unternehmen vom Markt bzw. von externen Investoren falsch bewertet werden kann. Ist das Management zur Finanzierung eines neuen Projekts aufgrund zu geringer interner Mittel darauf angewiesen, Eigenkapital von neuen Anteilseignern aufzunehmen, so kann bei einer starken Unterbewertung des Unternehmens am Markt der Fall eintreten, dass neue Anteilseigner mehr als den Nettobarwert des Investitionsprojekts abschopfen und somit den existierenden Anteilseignern einen Vermogensverlust verursachen.^°® Hieraus kann die Situation herbeigefuhrt werden, dass die Durchfuhrung von vorteilhaften Investitionen unterbleibt, wenn keine alternativen Finanzierungsquellen vorhanden sind, da die existierenden Anteilseigner eine Verschlechterung ihres Status quo nicht akzeptieren. Dieses Unterinvestitionsproblem kann vermieden werden, wenn das Unternehmen in der Lage ist, die Investitionen anderweitig zu finanzieren. In der Kegel wird ein Unternehmen eine Finanzierungsart bevorzugen, welche keine Unterbewertung implizieren kann. Die Haltung von liquiden Mittein ist nach Meinung von Myers und Majluf ^\Q beste Losung, um sicherzustellen, dass alle Investitionsprojekte mit positivem Nettobarwert durchgefuhrt werden. ^°^ Auch die Ausgabe von Fremdkapital minimiert die Problematik der Informationsasymmetrie, daher werden Management und existierende Anteilseigner bei der Notwendigkeit einer externen Finanzierung eine Fremd- der Eigenkapitalemission vorziehen.^^° Bei der Ausgabe von Fremdkapital wird wiederum die sichere der unsicheren Finanzierung vorgezogen, es

307 308

Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 187. Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 188 f. Vgl. Harris/Raviv (1991), S. 306. Um genugend Liquiditat sicherzustellen, soil nach Meinung von Myers und Majulf die Zahlung von Dividenden reduziert werden oder ganz darauf verzichtet werden, vgl. Myers/Majulf (1984), S. 220. Vgl. Myers (2001). S. 92. 70

wird zunachst ausfallrisikofreies Fremdkapital ausgegeben, dann

ausfallrisikobehaftetes

Fremdkapital und zuletzt hybride Finanzierungsinstrumente, wie z. B. Wandelanleihen.^^^ Die drei wichtigsten Aussagen des Pecking-Order-Modells in Bezug auf das Finanzierungsverhalten von Unternehmen lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Unternehmen praferieren Innen-vor Aufienfinanzierung. 2. 1st eine Audenfinanzierung notwendig, wahlen Unternehmen Fremd- vor Eigenfinanzierung. Die Aufnahme von Fremdkapital beinhaltet ein vergleichsweise geringes Risiko der Vermogensumverteilung. 3. Eigenkapital wird nur selten emittiert und ist die am wenigsten praferierte Finanzierungsrndglichkeit.^^^ Ein Unternehmen wird folglich immer diejenige Finanzierungsalternative wahlen, welche die eigenen Interessen unter Berucksichtigung der zukijnftigen Unternehmensentwicklung am geringsten beeintrachtigt.^^^ Da die externen Kapitalgeber um den Informationsvorsprung des Managements wissen, analysieren sie die jeweiligen Finanzierungsentscheidungen und reagieren dementsprechend. Entscheidet sich das Unternehmen z. B. fur eine Kapitalerhohung, so nehmen die externen Kapitalgeber eine Uberbewertung an und interpretieren die Ankundigung als ein negatives Signal uber die Qualitat des geplanten Investitionsprojekts und den zukunftigen Unternehmenswert.^^"* Die negative Interpretation von Kapitalerhohungen konnte insbesondere fur den amerikanischen Kapitalmarkt sehr gut dokumentiert werden, da die Ankundigung einer Kapitalerhohung i. d. R. einen Kursruckgang nach sich zog.^^^

313 314

Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 219 f. Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 219 f. Vgl. Borner/Grichnik (2003), S. 681. Vice Versa wurden Investoren die Entscheidung des Unternehmen, kein neues Eigenkapital zu emittieren, als gute Neuigkeiten in Bezug auf den Unternehmenswert interpretieren, vgl. Myers/Majulf (1984), S. 203. Mehrere empirische Studien belegen einen signifikanten Aktienkursruckgang im Vorfeld einer angekundigten Kapitalerhohung. So untersuchen Asquith und Mullins in einer empirischen Studie fur den Zeitraum von 1963 bis 1981 die Kursreaktion bei Kapitalerhohungen. Uber 80 % der untersuchten Kapitalerhohungen wiesen eine negative Kursreaktion in HOhe von durchschnittlich -2,7 % bei Ankundigung einer Kapitalerhohung auf. Obwohl die Kursreaktion zunachst nicht sehr hoch wirkt, entspricht der Vermogensverlust des Borsenwertes durch den Aktienkursruckgang im Durchschnitt rund 78 % des Emissionsbetrags bei Kapitalerhohungen, vgl. Asquith/Mullins (1986), S. 85 ff. Zu einem ahnlichen Ergebnis kommt auch eine Studie von Masulis und Kon/var, die einen durchschnittlichen Kursruckgang von -3,25 % bei Industrieunternehmen im Vorfeld von Kapitalerhohungen feststellt, vgl. Masulis/Kon^/ar (1986), S. 102ff. Weitere empirische Studien belegen abnormale negative Renditen von durchschnittlich rund -3,0 % im Vorfeld von Kapitalerhohungen, vgl. Kolodny/Suhler (1985), S. 131 ff., Hansen (1989), S. 296ff., Eckbo/Masulis (1992), S. 320 ff., Hull/Kerchner (1986), S. 62 ff.

71

Im nachfolgenden Abschnitt wird die Pecking-Order-Theorie anhand des Modellbeispiels von Myers und MaJ/uferlauten. 2.5.3.2 Modellbeispiel von Myers und Majluf Die These von Myers und Majluf \x\if\. folgende Annahmen: Die Interessen des Managements und der Anteilseigner sind identisch und Entscheidungen des Managements hinsichtlich der Finanzlerung werden im Sinne der aktuellen Anteilseigner getroffen, welche sich passiv verhalten.^^^ Unterstelit man ein aktives Verhalten der Anteilseigner, waren die Entscheidungen des Managements irrelevant, da diese von den Anteilseignern mittels Portfolioanpassungen kompensiert werden wurden. Eine weitere Annahme unterstelit Informationsasymmetrie, das Management verfugt gegenijber den Investoren uber einen Informationsvorsprung hinsichtlich des Unternehmenswertes und der zu erwartenden Entwicklung.^^^ Eine weitere Pramisse des Modells beinhaltet die Nichtteilnahme der bisherigen Anteilseigner an Kapitalerhohungen. Das Management leitet im Interesse der Anteilseigner ein Unternehmen mit einem existierenden Vermbgen. Es besteht die Moglichkeit, ein zusatzliches Investitionsprojekt / in Hohe von 100 GE zu finanzieren; die Finanzierung des Investitionsprojekts erfolgt zunachst durch die Emission von neuem Eigenkapital in Hohe von 100 GE, welche von neuen Anteilseignern gezeichnet wird.^^^ Das Modell unterscheidet zwischen drei Zeitstadien, zu denen jeweils bestimmte Informationsstande existieren. Das Vermogen des Unternehmens und der Nettobarwert der Investition sind Zufallsvariablen. Im Zeitverlauf werden die Realisationen dieser Zufallsvariablen alien bekannt, jedoch mit einem Informationsvorsprung fur das Management:^^^ 1. Im Stadium t = -1 sind lediglich die Erwartungswerte fur das Vermogen und den Nettobarwert des Investitionsprojekts (Zustande A und B) bekannt. Der Informationsstand des Managements ist identisch mit dem des Marktes. Myers und Majulf unterscheiden in ihrem Artikel drei mbgliche Annahmen uber das Verhalten des Managements bei asymmetrischer Informationsverteilung: 1. Annahme: Das Management handelt im Interesse aller Anteilseigner und ignoriert die Konflikte zwischen alten und neuen Anteilseignern. 2. Annahme: Das Management handelt im Interesse der existierenden Anteilseigner und unterstelit, dass sie sich passiv verhalten - sie passen ihre Portfolios nicht aktiv an. 3. Annahme: Das Management handelt im Interesse der existierenden Anteilseigner, diese passen ihre Portfolios der jeweiligen Unternehmensentwicklung aktiv an. Myers und Majulf weisen ausdrucklich darauf hin, dass sie alle drei Annahmen uber das Verhalten des Managements fur realistisch halten. Unterstelit man die zweite Annahme, so lasst sich hieraus die Pecking-Order-Theorie ableiten, vgl. Myers/Majulf (1984), S. 189. Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 189. Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 190 f. Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 190 f. 72

2. Im Stadium t = 0 kommt es zu einer asymmetrischen Informationsverteilung. Das Management erhalt weitergehende Informationen uber die Realisationen der Vermdgens- und Nettobarwerte und besitzt folglich einen Informationsvorsprung gegenuber Extemen. 3. Im Stadium t = 1 besteht symmetrische Informationsverteilung. Der Markt besitzt dieselben Informationen wie das Management, die realisierten Vermogens- und Unternehmenswerte sind bekannt.^^° Es wird der Einfachheit halber angenommen, dass Steuern und Transaktionskosten nicht existieren und die Marktrendite gleich null ist. Des Weiteren wird vorausgesetzt, dass das Unternehmen uber keine liquiden Mittel, sondern nur uber das existierende Vermogen verfugt. Im Unternehmen konnen die in der TabeUe 8: Zustdnde A und B (m Antehnung an Myers/Majiuf 7^54; dargestellten zwei gleichwahrscheinlichen Zustande A oder B eintreten. Das Investitionsprojekt erfordert eine Investition von 100 GE, der Nettobarwert der Investition fallt in Abhangigkeit der Zustande unterschiedlich aus.

Existierendes Vermogen Nettobarwert des Investitionsprojektes Tabelle 8:

Zustand A 50% 150 20

Zustand B 50% 50 10

Zustande A und B (in Aniehnung an Myers/Majluf 1984)

Im Stadium t = 0 existiert ein Informationsvorsprung des Managements in Bezug auf die Realisation der Zustande A und B; somit kann das Management des Unternehmens beurteilen, inwieweit der derzeitige Marktwert M des Unternehmens dem wahren Unternehmenswert entspricht.^^^ Der Marktwert M des Unternehmens vor Aufnahme von neuem Eigenkapital entspricht dem gewichteten Durchschnitt der beiden mdglichen Zustande: M =0,5.vl70 + 0,5.v60 = 115 Nach Aufnahme des neuen Eigenkapitals in Hohe von GE 100 entspricht der Marktwert zum Zeitpunkt t = 0 dann 215 GE.''' Im Stadium t = 1 entfallt der Informationsvorsprung des Managements, es existiert eine symmetrische Informationsverteilung.''' Nach getatigter Investition ergeben sich in Abhangigkeit der Zustande A und B die in Tabelle 9: Unternehmenswert in AbhSngigkeit der Zustande A und B (in Aniehnung an i\4yers/i\43jluf 1984JdargesieWien Unternehmenswerte V

321 322

Vgl. Myers/Majulf Vgl. Myers/Majulf Vgl. Myers/Majulf Vgl. Myers/Majulf

(1984), S. 191 ff. (1984), S. 181 ff. (1984), S. 192. (1984), S. 191. 73

Unternehmenswert nach Investition Zustand A 50%

Zustand B 50%

150

Existierendes Vermdgen

501

20

10

Investition (GE 100)

100

100

Unternehmenswert (V)

270

16oJ

Nettobarwert des Projektes

Tabelle 9:

Unternehmenswert in AbhSngigkeit der Zust^nde A and B (in Aniehnung an Myers/Majluf 1984)

Trifft nach getatigter Investition der Zustand A ein, betragt der Unternehmenswert inklusive der investierten 100 GE der neuen Anteilseigner 270 GE. Dieser Unternehmenswert V ergibt sich BUS der Addition des Anteils der existierenden Anteilseigner V^j^^j- mit dem Anteil der neuen Anteilseigner F^^,,^ .^^"^ y.,r =^^xV ^'•^ M + I

'""

= — ^ — — x 2 7 0 = 144,42 115 + 100

^ xV———x270 115 + 100 M +I

= 125,58

Fijr den Zustand B erfolgt dieselbe Berechnung mit dem zugrunde liegenden Unternehmenswert in Hohe von 160 GE: y.,r

=-^^xy———.rl 115 + 100 M +I

60 = 85,58

Kv„ =— xV———.vl M +I 115 + 100

60 = 74,42

Betrachtet man in Abhangigkeit der Zeitpunkte und der Zustande den Unternehmenswertanteil der existierenden Anteilseigner in Tabelle 10: Unternehmenswertanteil der existierenden Anteilseigner, so profitieren die existierenden Anteilseigner nur von der Investition, wenn der Zustand B eintritt. Ihr Anteilswert am Unternehmen steigert sich von 50 GE vor Investition auf 85,58 GE nach Investition. Im Falle des Eintretens von Zustand A konnen sie den Status quo ihres Anteils nicht halten, ihr Anteil sinkt von ursprunglich 150 GE auf dann 144,42 GE.^^^

^^^ Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 192. ^^^ Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 193. 74

Wert der existierenden Anteilseigner am Unternehmen vor Investition

nach Investition

ZustandA

150

144,42

Zustand B

50

85,58

Tabelle 10: Unternehmenswertanteil bei Eigenkapitalemission (in Aniehnung an Myers/Majluf 1984) Unter der Voraussetzung, dass das Management und die Anteilseigner gleichgerichtete Interessen verfolgen, wird die Entscheidung fur ein Investitionsprojekt nur dann positiv ausfallen, wenn der Nettobarwert eines durchzufuhrenden Investitionsprojekts den Wertverlust aus der Kapitalverwasserung durch die neuen Anteilseigner kompensiert.^^^ Eine Emission von neuem Eigenkapital ist aus Sicht der bisherigen Anteilseigner im vorangegangenen Beispiel nur sinnvoll, wenn der Zustand B eintritt. Ist der Zustand A wahrscheinlich, realisieren die neuen Anteilseigner einen Vermogenszuwachs auf Kosten der existierenden Anteilseigner, der grofier ist als der Nettobarwert der zusatzlichen Investition. Da vorausgesetzt wird, dass das Management und die Anteilseigner gleichgerichtet handein, wird sich das Unternehmen bei Eintreten des Zustandes B fur die Investition und bei Eintreten des Zustandes A gegen die Investition entscheiden. Dies hat zur Folge, dass das Unternehmen eine Investitionsmoglichkeit mit einem Nettobarwert von 20 GE nicht realisiert. Ex ante fuhrt dieses Verhalten zu einer Unternehmenswertminderung im Vergleich zum potenziell moglichen Unternehmenswert.^^^ Unterstellt man bei dem vorgenannten Beispiel, dass das Unternehmen uber finanzielle Mittel in Hohe von 100 GE verfugt und somit in der Lage ist, die Investition aus eigenen Mittein zu finanzieren, wird die Investitionsentscheidung bei beiden Zustanden A und B positiv ausfallen. Es besteht keine Gefahr von Vermogensumverteilungen, und wie in Tabelle 11: Unternehmenswertanteil bei Finanzierung durch liquide Mittel (in Aniehnung an Myers/Majluf 1984) ersichtlich steigert sich der Anteilswert der existierenden Anteilseigner bei beiden Zustanden nach Investition. Wert der existierenden Anteilseigner am Unternehmen vor Investition

nach Investition

ZustandA

150

170

Zustand B

50

60

Tabelle 11: Unternehmenswertanteil bei Finanzierung durch liquide Mittel (in Aniehnung an Myers/Majluf 1984)

^^^ Vgl. Myers/Majulf (1084), S. 193. ^^^ Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 193. 75

Bei Vorhalten von genugend liquiden Mittein bzw. der Generierung interner Mittel ist nach Myers und Majluf ein Unternehmen in der Lege, alle Projekte mit positivem Nettobarwert durchzufuhren. Sind die intemen finanziellen Mittel begrenzt, wird sich ein Unternehmen zunachst fiir die Fremdfinanzierung entscheiden, da diese einen geringeren Vermogenstransfer im Vergleich zur Emission von neuem Eigenkapitai sicherstellt.^^® Gemafi der Pecking-Order-These resultieren Veranderungen im Kapitalbedarf eines Unternehmens vor allem aus den Veranderungen des Anteils der Fremdfinanzierung, da Manager, die im Interesse der existierenden Anteilseigner handein, eine Eigenkapitalemission bei Vorlage positiver Informationen uber die zukunftige Entwicklung des Unternehmens vermeiden werden.^^^ 2.5.3.4 Kritische Wurdigung Im Gegensatz zur Agency-Theorie, die bei gegebener Kapitalstruktur die Schnittstellen zwischen Eigen- und Fremdkapital untersucht, analysiert die Pecking-Order-Theorie die Vorteilhaftigkeit von Eigen- versus Fremdkapital und generell internes versus externes Kapital aus Managementsicht bzw. Anteilseignersicht und zielt somit auf die Kapitalstrukturentscheidung ab. Ein Fortschritt der Pecking-Order-Theorie zu vorherigen Theorien wie der Trade-offTheorie ist, dass sie die Idee der Optimalitat der Kapitalstruktur verwirft. Gemafi der PeckingOrder-Theorie ist die Kapitalstruktur letztlich das Ergebnis der kumulierten externen Finanzierungserfordernisse.^^° Die Praferenz borsennotierter Unternehmen zur internen Finanzierung und die geringe Bedeutung von Aktienemissionen im Wege von Kapitalerhohungen wurde vormals haufig dem Wunsch des Managements zugeschrieben, sich nicht der Disziplinierung des Kapitalmarktes zu unterwerfen. Nach der Pecking-Order-Theorie ist dieses Verhalten der Informationsasymmetrie und dem damit verbundenen Informationsvorsprung des Managements in Bezug auf den Unternehmenswert zuzurechnen.^^^ Die Pecking-Order-Theorie macht verstandlich, wie sich Informationsasymmetrien auswirken, und fuhrt zu nachvollziehbaren Aussagen hinsichtlich der in der Praxis vorfindbaren Finanzierungsentscheidungen und -strukturen. So bietet die Pecking-Order-Theorie eine Erklarung dafur, warum Aktienemissionen nachweislich eine sehr geringe Bedeutung als Finanzierungsquelle borsennotierter Unternehmen haben. Mehrere empirische Studien belegen die Praferenz von Unternehmen zur internen Finanzierung, die externe Finanzierung wird uber-

Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 195 ff. Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 214. Vgl. Myers (2001), S. 93. Vgl. Myers (2001), S. 93. 76

wiegend mittels Fremdkapital generiert, die Emission von neuem Eigenkapital ist dagegen in der Praxis eher selten.^^^ Auch die empirisch festgestellte negative Reaktion auf die Ankundigung von Kapitalerhdhungen kann mittels der Pecking-Order-Theorie konsistent erklart werden. Des Weiteren bietet die Pecking-Order-Theorie im Gegensatz zur Trade-off-Theorie einen nachvollziehbaren Erklarungsbeitrag fur den empirisch gut dokumentierten geringen Verschuldungsgrad profitabler Unternehmen. Auch die in der Praxis beobachtbaren unterschledlichen Kapitaistrukturen von Unternehmen derselben Branche lassen sich mittels der Pecking-Order-Theorie erklaren. Da die Finanzierungsstruktur nicht, wie in der Trade-offTheorie, eine Zielkapitalstruktur ist, sondern vielmehr das Ergebnis des kumulierten externen Finanzierungsbedarfs, kOnnen sich auch grolle Differenzen in Bezug auf die beobachtbaren Kapitaistrukturen von ansonsten vergleichbaren Unternehmen ergeben. Trotz der nachvollziehbaren Annahmen und Ableitungen der Pecking-Order-Theorie sind einige Defizite in den Modellannahmen enthalten; anzufuhren sind hier insbesondere die Annahme der gleichgerichteten Interessen von Management und Anteilseignern sowie die im Modell unterstellte Nichtteilnahme der existierenden Anteilseigner an Kapitalerhohungen.^^^ Aktuelle empirische Studien messen der Pecking-Order-Theorie insbesondere aufgrund der negativen Korrelation zwischen Profitabilitat und Verschuldungsgrad einen hohen Erklarungsbeitrag fur die vorzufindenden Finanzierungsstrukturen zu.^^^ Die in der Pecking-OrderTheorie angenommene strenge Finanzierungshierarchie hingegen kann nicht generell bestatigt werden; so widerspricht z. B. das Finanzierungsverhalten junger Wachstumsunternehmen der Gultigkeit der Pecking-Order-Theorie.^^^

So konnte empirisch bewiesen werden, dass die meisten Unternehmen in den USA sehr selten neues Eigenkapital emittieren, mehr als 80 % der Unternehmen emittieren kein neues Eigenkapital Oder nur einmal, vgl. McDaniel/Madura/Akhibe (1994), S. 417 ff. In den USA wird der Grofiteil der Investitionen mittels interner Mittel finanziert, lediglich rund 20 % des Finanzierungsbedarfs wird mit externen Mittein finanziert, wovon wiederum der groflte Teil auf die Fremdfinanzierung entfallt. So wurden z. B. im Jahr 1999 in den USA von einem Gesamtinvestitionsvolumen in Hohe von 944 Mrd. US $ rund 805 Mrd. US $ mittels interner Cashflows finanziert und nur 139 Mrd. US $ mittels extemer Finanzierung. Die externe Finanzierung setzte sich aus 283 Mrd. US $ zusatzlicher Fremdfinanzierung und einer Aktienemission von minus 144 Mrd. US $ zusammen somit uberstiegen die Aktienruckkaufe die Aktienneuemissionen, vgl. Myers (2001), S. 82. Die Annahme gleichgerichteter Interessen des Managements und der Anteilseigner ist nur fur den Fall eines grofien Anteilsbesitzes des Managements am gefuhrten Unternehmen realistisch. Die aktuellen empirischen Ergebnisse zur Pecking-Order-Theorie werden detailliert in Kapitel 4.2 vorgestellt. Junge Wachstumsuntemehmen emittieren i. d. R. Eigenkapital vor Fremdkapital, vgl. Fama/ French (2002), S. 15ff. 77

2.6

Zusammenfassung

Das klassische Irrelevanztheorem von Modiglianf und Miller^\\\ als Geburtsstunde der Corporate-Finance-Theorie und begrundete die intensive langjahrige Diskussion zur optimalen Kapitalstruktur eines Unternehmens. An der Guitigkeit der Irrelevanzthesen besteht unter den gesetzten Pramissen kein Zweifei. Die von Modigliani und Miller unterstellte Grundannahme des volikommenen Marktes steht ailerdings im Widerspruch zur Realitat, die nachweislich durch eine Vielzahl von Marktimperfektionen wie beispielswelse Informationsasymmetrien, Steuern sowie Konkurs- und Agency-Kosten gepragt ist.^^^ Die nachfolgenden klassischen Theorien zur Kapitalstruktur zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen Beitrag zur Idfintifikation und Analyse der Marktimperfektionen sowie integration dieser in die Erklarungsmodelle zur Kapitalstruktur erzielen konnten und somit die Relevanz der Kapitalstruktur nachweisen. Bei der Erforschung der Faktoren des unvollkommenen Marktes wurde den beiden Faktoren Steuern und Konkurswahrscheinlichkeit eine grolle Aufmerksamkeit zuteil, aus der sich nachfolgend die Trade-off-Theorle der Kapitalstruktur entwickelte.^^^ Gemafi der Trade-off-Theorie ist die optimale Kapitalstruktur durch das Ausbalancieren zweier gegenlaufiger Effekte - der Steuervorteile der Fremdfinanzierung und der steigenden Konkurswahrscheinlichkeit bei zunehmender Fremdfinanzierung - bestimmt. Dabei ergibt sich die optimale Kapitalstruktur eines Unternehmens, indem die Verschuldung so lange erhoht wird, bis der marginale Steuervorteil der Verschuldung den marginalen Kosten einer erhohten Konkurswahrscheinlichkeit entspricht.^^® Die Annahme, dass jedes Unternehmen eine Zielkapitalstruktur basierend auf Vor- und Nachteilen einer steigenden Verschuldung aufweist, erschien zunachst plausibel und trug zur Etablierung der leicht nachvollziehbaren Trade-off-Theorie bei.^^^ Die Kosten eines potenziellen Konkurses stellten sich ailerdings als vergleichsweise gering heraus, so dass bei der Kapitalstrukturentscheidung der Einfluss der Steuern dominiert.^° Eine einseitige Bestimmung der Kapitalstruktur in Abhangigkeit von dem steuerlichen Vorteil der Fremdfinanzierung konnte empirisch nicht bewiesen werden und erschien wenig plausibel. Ein weiteres Argument gegen die generelle Guitigkeit der Trade-off-Theorie ist der empirisch sehr gut dokuVgl. Modigliani/Miller (1963), 8.442, Baxter (1967), S. 399ff., Warner (1977), S. 337 ff., Miller (1977). 8. 261 ff.. DeAngelo/Masulis (1980), 8. 3 ff. Vgl. Baxter (1967), 8. 399ff., Warner (1977), 8. 337ff., Miller (1977), S. 261 ff., DeAngelo/Masulis (1980), 8. 3 ff. Vgl. Myers(2001), 8. 88ff. Vgl. Kim (1978), S. 45 ff., Kraus/Litzenberger (1973), 8. 911 ff., Scott (1976), 8. 33 ff., Taggart (1977), S. 1467 ff.. Miller (1977), 8. 261 ff. Vgl. Miller (1977), 8.262, Baxter (1967), 8. 399ff., Warner (1977), 8. 337ff., Miller (1977), 8. 261 ff., DeAngelo/Masulis (1980), 8. 3 ff. 78

mentierte negative Zusammenhang zwischen der Profitabilitat eines Untemehmens und dem Verschuldungsgrad, der im Widerspruch zur impliziten Annahme der Trade-off-Theorie steht, dass profitable Unternehmen einen moglichst hohen Verschuldungsgrad wahlen, urn am Steuervorteil der Fremdfinanzierung zu partizipieren.^"^^ Trotz der vorgenannten Einschrankungen wird der Grundgedanken der Trade-off-Theorie, dass Unternehmen eine optimale Zielkapitalstruktur aufweisen, auch in aktuelleren Beitragen berucksichtigt und die Existenz einer Zielkapitalstruktur wird wiederholt empirisch uberpruft. Im Gegensatz zu den alteren Diskussionsbeitragen besteht allerdings Konsens daruber, dass die Kapitalstruktur nicht primar durch eine Trade-off-Theorie bestimmt sein kann, sondern vielmehr einem komplexeren Entscheidungsprozess unterliegt. Dabei wird bei neueren empirischen Untersuchungen der Fokus auf die Abweichungen von der Zielkapitalstruktur und die daraus resultierenden Anpassungsprozesse gerichtet.^"*^ Weitere Marktimperfektionen werden mit Hilfe der agency-theoretischen Ansatze analysiert. Dabei stehen die verschiedenen Interessenkonflikte zwischen Anteilseignern, Kreditgebern und Management im Mittelpunkt der theoretischen Auseinandersetzung. Die Interessenkonflikte und die dadurch entstehenden Agency-Kosten resultieren in erster Linie aus unterschiedlichen Positionen hinsichtlich der ErfoIgs- und Verlustteilnahme der vorgenannten Parteien.^"*^ Wahrend die Anteilseigner von einer begrenzten Haftung und einer uberdurchschnittlichen Rendite profitieren, tragen die Glaubiger das Risiko eines Totalverlustes, ohne an einer uberdurchschnittlichen Rendite partizipieren zu konnen. Die Agency-Theorien bieten partielle Losungsansatze zur Senkung der Agency-Kosten. So wird z. B. die Reduktion der Eigenkapitalkonflikte uberwiegend mittels Einsatz von Fremdkapital und die Reduzierung der Konflikte zwischen Anteilseignern und Management mehrheitlich durch erfolgsabhangige Vergutung des Managements angestrebt. Die Agency-Ansatze bieten nachvollziehbare und iogische Losungen hinsichtlich einzelner Konflikte an, ein umfanglicher Erklarungsbeitrag zur Begrundung von Kapitalstrukturen bleibt jedoch aufgrund der sequenziellen Betrachtungsweise und z.T. kontroverser Ergebnisse aus. Im Gegensatz zur Trade-off-Theohe bieten die agency-theoretischen Ansatze somit kein einheitliches Erklarungsmodell zur Kapitalstruktur an, leisten aber einen substanzlellen Beitrag zur Erklarung der Vielzahl der in der Praxis vorhandenen gebrauchlichen vertraglichen Finanzierungsregelungen, institutionellen Regelungen sowie Vergutungsstrukturen. Vgl. Baxter (1967), S. 399ff., Warner (1977), S. 337ff., Miller (1977), S. 261 ff., DeAngelo/Masulls(1980), S. 3ff. ^"^^ Siehe hierzu auch Kapitel 3.4.2. ^^^

79

Ahnlich wie die agency-theoretischen Ansatze, sind die auf der Informationsasymmetrie basierenden Signalisierungsmodelle aufgrund der isolierten Betrachtung der mit Finanzierungsentscheidungen einhergehenden Informationseffekte sowie der zum Teil unrealistischen Annahmen uber die Informationsbeschaffung und -vermittlung nur sehr begrenzt als Erklarungsmodell fur Kapitalstrukturen geeignet.^ Die mit der Durchfuhrung von Finanzierungsmaflnahmen verbundene Signalwirkung und die Aufnahme und Reaktion dieser durch die Marktteilnehmer wiederum ist unbestritten, aber wenig aussagekraftig fur die Begrundung der Wahl der Kapitalstruktur. Einen vielversprechenderen Ansatz, basierend auf der asymmetrischen informationsverteilung, bietet hingegen die Pecking-Order-Theorie. Diese verwirft im Gegensatz zur Trade-offTtieorie die Armahme etner optimaten Zretkapitatstruktur und anterstellt, dass die Ftnanzterungsentscheidungen in umgekehrter Reihenfolge zu den erwarteten Informationskosten des jeweiligen Finanzierungstiteis erfolgen. Dementsprechend wird die Finanzierung von Unternehmen primar durch eigene Mittel, nachfolgend durch die externe Finanzierung und zuletzt durch die Emission des Eigenkapitals sichergesteiit.^^ Da die internen Mittel keinerlei Informationsasymmetrien unterliegen, wird unterstellt, dass ein Unternehmen erst dann auf externe Mittel zuruckgreift, wenn die interne Finanzierung nicht mehr ausrelcht. Somit ist die Kapitalstruktur gemafi der Pecking-Order-Theorie auch das Ergebnis der kumulierten externen Finanzierungserfordernisse. Die Pecking-Order-Theorie bietet im Gegensatz zur Trade-off-Theorie eine nachvollziehbare Erklarung fur die in der Praxis festgestellten niedrigen Verschuldungsgrade profitabler Unternehmen und ebenso fur unterschiedliche Kapitalstrukturen von ansonsten vergleichbaren Unternehmen.^^ Eine Vielzahl empirischer Ergebnisse weist zumindest teilweise auf die Gultigkeit der Pecking-Order-Theorie hin. Die Erklarungskraft der Pecking-Order-Theorie ist aber ebenfalls limitiert, da die strenge Finanzierungshierarchie nicht durchgehend bestatigt werden kann und die Pecking-Order-Theorie sich nicht zur Erklarung der Kapitalstrukturen bei jungen, wachstumsstarken Unternehmen, welche i. d. R. Eigen- vor Fremdkapital emittieren, eignet. Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass von den klassischen Theorien das Trade-offund das Pecking-Order-Modell in Ihrer Bedeutung hervorzuheben sind. Beide Modelle bieten ganzheitliche Erklarungsmodelle an und eine Vielzahl von empirischen Studien weist zumin-

^^ Vgl. Myers (2001), S. 96 f., Jensen/Meckling (1976), S. 312 ff., Jensen (1986), S. 323 ff., Stuiz (1990), S. 3, Harris/Raviv (1991), S. 303, Myers (1977), S. 147, Hirshleifer/Thakor (1992), S. 438 f.. Diamond (1989), S. 830. ^^^ Vgl. Ross (1977), S. 37 ff., Leiand/Pyle (1977), S. 371 ff. ^^^ Vgl. Myers/Majluf (1984), S. 187. ^^^ Vgl. Myers/Majluf (1984), S. 187 ff. 80

dest auf eine partielle Gultigkeit dieser hin. Die nachhaltige Bedeutung beider Theorien wird auch durch die Fijlle der aktuellen Diskussionsbeitrage und der wiederholten empirischen Uberprijfung untermauert. Aufgrund der hohen Relevanz der vorgenannten Theorien werden diese in Abschnitt4.2 Trade-off- versus Peckfng-Order-Theorie erneui aufgegriffen, urn die aktuellen empirischen Ergebnisse darzustellen und eine Kontrastierung dieser mit weiteren neueren Erkenntnissen durchzufuhren. Abschliefiend bleibt festzuhalten, dass die vorgestellten klassischen Theorien ein gemeinsames Defizit aufweisen, da sie unterschiedliche Bedingungen zur Kapitaiaufnahme an den Kapitalmarkten nicht berucksichtigen bzw. per Definition ausschliessen und faire Preise anden Kapitalmarkten annehmen. Diese statische Betrachtungsweise der Kapitalstruktur wird In den melsten nachfolgend dargestellten neueren Theorien zur Kapitalstruktur durch eine dynamische Betrachtungsweise ersetzt.

81

3

Neuere Theorlen zur Kapitalstruktur

3.1

Vorbemerkungen

In den nachfolgenden Abschnitten werden die neueren Theorien zur Kapitalstruktur vorgestellt, wobei die Klassifizierung als neuere Theorien grundsatzlich darauf basiert, dass der jeweilige Forschungszweig bzw. Ansatz zur Theorie der Kapitalstruktur uberwiegend in den achtziger Jahren oder spater begrundet wurde.^^ Aufgrund der beschrankten Erklarungskraft der klassischen Theorien entwickelten sich ab Mitte der achtziger Jahre vermehrt Forschungszweige, die einen interdisziplinaren Ansatz verfolgten und Erkenntnisse aus anderen wirtschaftswissenschaftlichen Fachbereichen mit denen der Finanzlerungslehre und der DIskussion um die Kapitalstruktur verknDpften. So wurden z. B. wirtschaftswissenschaftliche Ansatze aus Strategie, Produkt- und Absatzpolitik, Organisation sowie aus der Verhaltenspsychologie in die theoretische Auseinandersetzung ijber die Kapitalstruktur integriert und im Hinblick auf den wechselseitigen Einfluss untersucht. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang insbesondere die produkt- und marktspezifischen Kapitalstrukturmodelle, welche den Einfluss der Finanzierung auf das kompetitive Verhalten bzw. das strategische Verhalten auf Produkt- und Absatzmarkten in den Mittelpunkt der Untersuchung stellen. Im Rahmen dieser Arbeit werden die bekanntesten Ansatze hierzu dargestellt.^"*® Ein weiterer neuer Forschungszweig wurde Mitte der achtziger Jahre unter dem Begriff „Corporate Control" bekannt und resultierte aus den verstarkten Mergers & Acquisitions (M&A) Aktivitaten in den USA Mitte bis Ende der achtziger Jahre und den Uberlegungen zur Funktion eines effektiven Ubernahmemarktes.^'*^ Im Vordergrund der thematischen Auseinandersetzung stand dabei die Frage nach der Begrundung der in der Praxis zu beobachtenden Zuordnung von einer Stimme pro Anteilsschein bzw. Beteiligungstitel und der insgesamt effizienten Allokation von Verfugungsrechten.^^° Der Fokus der vorgenannten Ansatze konzentriert sich vorrangig auf die Erklarung von Kapitalstrukturen im Umfeld eines aktiven Ubernahmemarktes und untersucht, unter welchen Pramissen eine Disziplinierung des Managements sowie eine efflzientere Unternehmensfuhrung erreicht werden kann.

348 349 350

Aufgrund der Vielzahl der Publikationen ist nicht ganzlich auszuschliefien, das vereinzelte Aufsatze bzw. Ansatze, die als neuere Theorien im Rahmen dieser Arbeit klassifiziert sind, bereits zu einem fruheren Zeitpunkt veroffentlicht bzw. diskutiert wurden. Vgl. Brander/Lewis (1986), S. 956 ff., Maksimovic (1988), S. 389 ff. Vgl. Jensen/Ruback (1983), S. 29 ff. Vgl. Harris/Raviv (1988), S. 50 ff., Stuiz (1988), S. 26 ff. 83

Die in Abschnitt 3.4 Kapitalstrukturen basierend auf dynamischen und Market Timing-Modellen^oxgestellten Ansatze stellen aufgrund der realistischeren Annahmen einen signifikanten Fortschritt im Vergleich zu den klassischen Theorien dar. Zum einen unterstellen die Ansatze, dass die beobachteten Kapitalstrukturen nicht den optimalen Kapitalstrukturen entsprechen und Unternehmen von der gewunschten optimalen Kapitalstruktur abweichen konnen. Des Weiteren basieren diese Ansatze im Gegensatz zu den klassischen Theorien auf einer nicht statischen Betrachtungsweise der Kapitalstruktur, bei der die Analyse dynamischer Prozesse und Veranderungen in Abhangigkeit von gewissen Markt- und Zeitphasen im Vordergrund steht. Weiterhin berucksichtigen die neueren Theorien, dass die Bedingungen zur Kapitalaufnahme an den Kapitalmarkten variieren konnen, wohingegen in den meisten klassischen modelltheoretischen Ansatzen zur Kapitalstruktur dies per Definition ausgeschlossen wurde. Ein weiterer Fortschritt der Kapitalstrukturtheorien basierend auf dynamischen und Market Timing-Ansatzen resultiert letztlich aus den in den letzten Jahren etablierten dezidierten statistischen Testverfahren, auf deren Basis sich ein zunehmend induktiver Ansatz der Entwicklung neuerer Theorien herleitet. So resultieren die dynamischen Ansatze aus den empirischen Beobachtungen der Veranderung des Verschuldungsgrades.^^^ Ausgehend von der Annahme, dass die festgestellten Kapitalstrukturen nicht den optimalen entsprechen, werden die Anpassungsprozesse der Kapitalstrukturen im Zeitablauf analysiert und Schlussfolgerungen fur die Erklarung der Kapitalstrukturen gezogen. Auch die Entwicklung der sogenannten Windows-of-Opportunity-Theorie resultiert aus der Beobachtung abnormaler negativer Renditen nach Borsengang bzw. Kapitalerhohung und fuhrte nachfolgend, aufgrund weiterer empirischer Beobachtungen, zur Entwicklung der Market Timing-Theorien.^" Wesentlicher Inhalt von Windows-of-Opportunity-Theorien ist, dass Unternehmen in Abhangigkeit von bestimmten Borsen- und Bewertungsphasen bewertungstechnisch vorteilhafte Zeitfenster zur Emission von Eigenkapital nutzen. Die Market TimingTheorien transportieren diesen grundsatzlichen Gedanken, wenden ihn auf das Finanzierungsverhalten in Bezug auf Eigen- und Fremdkapital an und kommen zu dem Schluss, dass Unternehmen bestimmte fur sle gunstige Konjunktur- und Bewertungsphasen nutzen, um dementsprechende Finanzierungstltel zu emittieren. In Phasen eines niedrigen Zinsniveaus werden uberwiegend Fremdkapitaltitel emittiert, in Phasen boomender Borsen und bei hohen Bewertungsniveaus werden uberwiegend Eigenkapitalemissionen durchgefuhrt. Demzufolge

^'^

Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 284f., Fischer/Heinkel/Zechner (1989), S. 33f., Jalilvand/Harris (1984), S. 127 f. ^^^ Vgl. Ritter (1991), S. 3ff., Aggrawal/Rivoli (1990), S. 45 ff., Affleck-Graves/Hedge/Miller (1996), S. 25 ff. 84

reflektiert die heutige Kapitalstruktur die historischen Bemuhungen eines Unternehmens, ein optimales Timing bei der Finanzierung zu realisieren.^^^ Abschliefiend werden in Abschnitt 5.5 ^eWere einzelne Ansatze bzw. Veroffentlichungen zur Theorie der Kapitalstruktur vorgestellt, welche erganzende relevante Aspekte hervorgebracht haben. Hierzu gehoren u. a. der strategische Ansatz von Barton und Cordon (1988) o^er die verhaltenspsychologisch basierten Ansatze, welche ebenfalls den interdisziplinaren Ansatzen zur Erklarung von Kapitalstrukturen zugeordnet werden konnen.

3.2

Theorien zur Kapitalstruktur basieren auf produkt- und marktspezifischen Modellen zur Kapitalstruktur

3.2.1 Vorbemerkungen Die Frage, inwieweit ein Zusammenhang zwischen den Finanzierungsbedingungen, unter denen ein Unternehmen operiert, und dem strategischen Verhalten in Bezug auf die Produkt-, Absatz- und Ressourcenmarkte besteht, wurde erstmals Mitte der achtziger Jahre aufgeworfen. Bis dato wurden die Finanzierungstheorien getrennt von denen der Industrieokonomik behandelt, erst durch die aufkommende Shareholdervalue-Thematik wurden beide Bereiche zusammengefuhrt.^^'* Basierend auf dem Modell von Brander und Lewis aus dem Jahr 1986, welches erstmalig Ansatze der Finanzierungstheorie und Industrieokonomie vereinte, entwickelte sich ein Literaturzweig mit neuem Fokus auf dem Zusammenhang zwischen der Kapitalstruktur, der Interaktion der Unternehmen untereinander und deren Verhalten in Produkt- und Ressourcenmarkten.^^^ Wahrend sich vormals die Theorien zur Kapitalstruktur primar auf die Sicherung der Zahlungsfahigkeit und Steigerung des Unternehmenswertes konzentrierten, erweiterten die neuen produktspezifischen Modelle die Analyse und erorterten die Interdependenzen zwischen Kapitalstruktur und Produkt- und Ressourcenmarkten. Die Auswirkungen der Kapitalstruktur auf Produktions- und Preissetzungsentscheidungen des Unternehmens, das Wettbewerbsverhalten auf den Absatzmarkten sowie die Auswirkungen auf die jeweilige Industrie sind in den letzten Jahren zu einem wichtigen Forschungsgebiet der modernen Finanzierungstheorie geworden.^^^ Die Literatur zu produkt- und marktspezifischen Modellen zur Kapitalstruktur kann in zwei Gruppen unterteilt werden:

354 355

Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 1 ff., Korajczk/Levy (2004), S. 75ff., Henderson/Jegadeesh/ Weisbach (2004), S. 1 ff. Vgl. Hubert (1998), S. 168 f. Vgl. Harris/Raviv (1991), S. 316. Vgl. Harris/Raviv (1991), S. 316. 85

Ein Forschungszweig analysiert die Beziehung zwischen der Kapltalstruktur und den Charakteristika der Branche und der Produkte. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Frage, inwieweit Produkt- oder Branchenspezifika (wie z. B. spezifische Kundenwunsche, Produktqualitat oder die Lieferanten- oder Konsumentenmacht) einen signifikanten Einfluss auf die Kapitalstruktur von Unternehmen ausuben.^^^ Der zweite Forschungszweig konzentriert sich auf die kompetitive Produkt- und Wettbewerbsstrategie und untersucht die Wechselwirkung zwischen der Finanzierungsstruktur des Unternehmens und der strategischen Interaktion mit den Wettbewerbern auf den Absatzmarkten. Es wird unterstellt, dass die Kapitalstruktur bzw. die Hohe der Verschuldungsquote Auswirkungen hinsichtlich der auf das Eigenkapitai entfallenden Zahlungen hat und somit den Eigenkapitalwert und die Gleichgewichtsproduktmarktstrategien beeinflusst.^® Nachfoigend werden zunachst die bekanntesten Ansatze zur Kapitalstruktur und zu den Produkt/Marktspezifika und anschliefiend die Ansatze zur Kapitalstruktur und kompetitiven Wettbewerbs- und Produktstrategie vorgestellt. Hierbei wird aufgrund der herausragenden Bedeutung des Beitrags von Brander und Lewis 6^s von ihnen entwickelte Modell ausfuhrlich eriautert. Bei den anderen vorgestellten Ansatzen werden primar die wesentlichen Aussagen der Modelle in den Vordergrund gestellt. Im Anschluss daran wird ein Uberblick uber die empirisch festgestellten Zusammenhange von Branche/lndustriezweig bzw. Produktcharakteristika und Kapitalstruktur gegeben.

Die bekanntesten Ansatze, die den Zusammenhang von Kapitalstruktur und Charakteristika von Branchen- bzw. Produkten analysieren, sind von Titman, Maksimovic/Titman, vgl. Titman (1984), S. 137 ff., Maksimovic/Titman (1991), S. 175 ff. Vgl. Brander/Lewis (1986), S. 956 ff., Maksimovic (1988), S. 389 ff. 86

3.2.2

Kapitalstruktur und Produkt-ZMarktspezifika

3.2.2.1

Kapitalstruktur, Produktpolitik und Konkurskosten

Als einer der Ersten wies Titman f1984J6arauf

hin, dass nicht nur Anteilseigner und Fremd-

kapitalgeber einen Anspruch auf die zukunftigen Cashflows des Untemehmens haben sondern auch Kunden, insbesondere, wenn es sich bei den Produkten um sehr langlebige Outer handelt.^^^ Durch den Konkurs eines Untemehmens erieiden neben den Anteilseignem und Fremdkapitalgebem insbesondere auch Kunden und Lieferanten einen Verlust in Form von fehlendem Service, Garantien und Produktiieferungen. Der Zusammenhang zwischen Konkurskosten, den Auswirkungen auf der Produkt- und Kundenseite sowie den daraus resultierenden Auswirkungen auf die Kapitalstruktur steht daher im Mittelpunkt der Arbeit von T/tman und stellt eine Weiterentwicklung der berelts vorgestellten Thematik Konkurskosten dar.^^°

Nach Titman ist eine „optimale" Liquidationsentscheidung eines Untemehmens derart definiert, dass der aggregierte Nutzen aller Teilnehmer - also der Anteilseigner, der Fremdkapitalgeber, der Kunden und der Lieferanten - maximiert wird.^^^ Daraus folgt, dass die Entscheidung uber die Liquidation eines Untemehmens nur vollzogen werden sollte, wenn der Nettovorteil der Liquidation die damit einhergehenden Nettonachteile der Konsumenten uberwiegt. Dies ist der Fall, wenn der Liquidations- den Fortfuhrungswert des Untemehmens um die Kosten ubersteigt, den die Kunden aufgrund des Verlustes der Service- und Dienstleistungen fur das Produkt beanspruchen konnen.^^^ Unterstellt man zunachst den Fall, dass ein Untemehmen die den Kunden entstehenden Kosten einer Liquidation in Form von Gewahrleistungs- und Serviceausfallen bei der Liquidationsentscheidung nicht berucksichtigen, so ist zu erwarten, dass die Konsumenten dieses

Vgl. Ravid(1988), S. 93. Titman kritisiert insbesondere die Arbeit von Haugen und Senbet (Haugen/Senbet 1978), die bei der Diskussion der Konkurskosten unterstellen, dass keine divergierenden Interessen zwischen Eigen- und Fremdkapitalgeber existieren. Des Weiteren werden andere indirekte Kosten wie z. B. die Interessen der Arbeitnehmer oder Kunden ignoriert, vgl. Titman (1984), S. 138. Vgl. Titman (1984), S. 140. Die Anspruche von Kunden gegenuber Unternehmen wurden von Titman basierend auf den Uberlegungen von Cornell und Shapiro weiterentwickelt. Sie fuhrten das Beispiel an, dass das Unternehmen Apple Anfang der achtziger Jahre den Macintosh-Computer mit dem Versprechen eingefuhrt hat, dass ein dazu passender Server in naher Zukunft erhaltlich sein wurde. Obwohl es hierzu naturgemafl keine verbindlichen Vertrage gab, habe die Nichterhaltlichkeit des dazupassenden Servers den Wert der Macintosh-Computer gesenkt. Cornell und Shapiro gehen einen Schritt welter als Titman und schliefien daraus, dass eine Unterbrechung einer Produktiinie Kosten fur Konsumenten aufwirft, die vorangegangene Produkte aus dieser Produktiinie besitzen. Daher argumentieren Cornell und Shapiro, dass der Preis eines Produktes den zukunftigen Service sowie die Anspruche der Konsumenten beinhalten sollte. Erhoht ein Unternehmen die Verschuldung so sehr, dass ein Konkurs droht, werden die Kunden einen geringeren Preis fur die Produkte zahlen. Um dies zu vermeiden, schlagen Cornell und Shapiro vor, dass Unternehmen genugend liquide Mittel halten, vgl. Cornell/Shapiro (1987), S. 5 ff. 87

fur sie unvorteilhafte Liquidationsverhalten antizipieren und an die Unternehmen, in Form der hoheren Preissensibilitat fur ihre Produkte, weitergegeben.^®^ Fur ein wertmaximierendes Unternehmen besteht ein Interesse daran, den Kunden glaubhaft zu signalisieren, dass bei einer eventuellen Liquidationsentscheidung ihre Interessen berucksichtigt werden. Ein wertmaximierendes Liquidationsverhalten kann vom Unternehmen den Kunden gegenuber entweder durch eine direkte Verpflichtung eines zukunftigen Verhaltens Oder durch eine Positionierung mittels der gewahlten Kapitalstruktur erfolgen.^®^ Die Kapitalstruktur beeinflusst die Liquidationspolitik, da mit zunehmendem Fremdkapltalanteil eine Liquidationsentscheidung wahrscheinlicher wird. Die Anteilseigner praferieren auigmnd der Nachrangigkeit iJver Anspriiche prinz^piell keine Liquidation, die Ffemdkapitalgeber hingegen besitzen den primaren Anspruch auf den Liquidationserlos und sind somit in der Lage, die Entscheidung uber die Liquidation zu treffen.^^^ Prinzipiell gilt: Je hoher die Fremdkapitalquote eines Unternehmens, desto wahrscheinlich ist eine Liquidation des Unternehmens. In der Folge ergibt sich daher In Abhangigkeit der gewahlten Kapitalstruktur des Unternehmens bereits die zukunftige Liquidationspolitik des Unternehmens - auf die wiederum die Kunden reagieren werden. Nach Titman fuhrt dieser Ansatz der optimalen Liquidationspolitik zu Vorhersagen, welche Unternehmen einen hohen Fremdkapitalanteil haben soUten und welche nicht.^^® In Abhangigkeit der Liquidationskosten sollten nach Titman z. B. Branchen mit eher aufwandigeren und langlebigeren Produkten (wie die Automobilbranche) eine niedrigere Verschuldungsquote aufweisen, da die Kosten einer moglichen Liquidation fur die Konsumenten sehr hoch sind. Die optimale Kapitalstruktur sollte nach Titman ^ux Branchen mit eher kurzlebigen Produkten mit wenig Service und Gewahrleistungsgarantien wie beispielsweise Gastronomie Oder Tourismus aufgrund der fur die Kunden geringen Liquidationskosten eine eher hohe Verschuldungsquote aufweisen.

363 364 365 366

Vgl. Titman (1984), S. 138ff. Titman nennt dieses Verhalten im Original „Pre-Positioning", vgl. Titman (1984), S. 139. Vgl. Titman (1984), S. 139. Titman weist darauf hin, dass sein Ansatz andere Faktoren wie beispielsweise die direkten und indirekten Konkurskosten, Steuern etc. aufier Acht lasst und dem Modell eine ausschliefllich separate Betrachtung im Hinblick auf die den Kunden im Falle der Liquidation entstehenden Kosten vornimmt, vgl. Titman (1984), S. 149. 88

3.2.2.2

Kapitalstruktur und Produktqualitat

Aufbauend auf dem vorangestellten Ansatz von Titman zeigt ein Ansatz von Maksimovic und Titman f1991J e'men Zusammenhang zwischen der Kapitalstruktur eines Unternehmens und den Charakteristika seiner Produkt- bzw. Absatzmarkte auf.^®^ Das von ihnen entwickelte theoretische Modell zeigt den Zusammenhang zwischen der Reputation eines Unternehmens ais Qualitatsproduzent und der Verschuidungsquote auf.^^® Sie demonstrieren, dass in gewissen Situationen die Verschuidungsquote eines Unternehmens einen negativen Einfluss auf die Reputation des Unternehmens als Produzent von Qualitatsprodukten bewirkt und daraus eine Minderung des Unternehmenswertes resultiert. Handelt es sich wiederum um Unternehmen, welche ijber Vermogensgegenstande mit hohem Liquidationswert verfugen, so erhoht die Verschuidungsquote ietztlich die Glaubwurdigkeit, mit der ein Unternehmen als Qualitatsproduzent auftritt.^^^ Dass der Zusammenhang zwischen der Verschuidungsquote und der Qualitat der vom Unternehmen hergestellten Produkte nicht nur theoretisch interessant, sondern auch in der Praxis von Bedeutung ist, wurde durch mehrere Falle evident, bei denen finanzielle Probleme eines Unternehmens zu einer Verschlechterung der Produktqualitat fuhrten.^^° Das Modell von Maksimovic

und Titman unterstellt ein dynamisches Spiel mit endiichem Ho-

rizont und asymmetrischer Informationsverteilung im einem Dyopol. Zunachst wird das Verhalten von zwei vollstandig eigenfinanzierten Unternehmen untersucht, unter der Annahme, dass das eine Unternehmen an jeweils drei Zeitperioden zwischen der Hersteilung von Produkten mit niedriger Oder hoher Qualitat wahien kann. Das andere Unternehmen hingegen produziert ausschliefilich hochwertige Produkte. Die Konsumenten sind willens, fur qualitativ hochwertige Produkte mehr zu zahlen; eine Beurteilung in Bezug auf die Qualitat ist nicht bei Kauf, sondern erst nach dem Kauf moglich.^^^ Somit besteht fur ein Unternehmen die Moglichkeit, die Qualitat der hergestellten Produkte zu verringern, ohne dass der Konsument diese Qualitatsverschlechterung kurzfhstig feststellen kann. Das Modell unterstellt weiterhin, dass Unternehmen, die als Qualitatsproduzent bekannt sind, von hoheren Gewinnen starker Die Arbeiten von Maksimovic und Titman beruhen sowohl auf den Arbeiten von Jensen/Meckling aus dem Jahr 1976, welche die Anreizeffekte von Fremdkapitai auf das Investitionsverhalten des Unternehmens untersuchen, als auch auf den Arbeiten von Myers aus dem Jahr 1976, die das suboptimale Investitionsverhalten von Unternehmen bedingt durch den Fremdkapitaleinsatz untersuchen, vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 305 ff., Myers (1977), S. 147 ff. Vgl. Maksimovic/Titman (1991), S. 175. Vgl. Maksimovic/Titman (1991), S. 175. Als Beispiel fuhren Maksimovic und Titman die Flugzeuglinie Texas Air an, bei der aufgrund von finanziellen Problemen Sicherheitsmangel festgestellt wurden, sowie ein Unternehmen der Babynahrungsherstellung „Beech-Nut", bei der die Qualitat des Apfelsaftes aufgrund von finanziellen Problemen nachliefi; vgl. Maksimovic/Titman (1991), S. 176. Ein Zusammenhang zwischen Kapitalstruktur und Produktqualitat wurde bereits von Shapiro/Titman und Cornell/Shapiro diskutiert; vgl. Shapiro/Titman (1985), S. 41 ff., Cornell/Shapiro (1987), S. 5 ff. 89

profitieren als Konkurrenten, die vergleichbare Produkte niedrigerer Qualitat herstellen. Aufgrund der Reputation als Qualitatsproduzent im Markt und mangels der Moglichkeit der sofortigen Qualitatsbeurteilung bei Kauf durch die Konsumenten konnten Untemehmen einen kurzfristigen Kostenvorteil durch die Reduktion der Qualitat eriangen. Mitteifristig fuhrt dieses Verhalten aber zum Verlust der Reputation als Qualitatsproduzent, zu niedrigeren zukunftigen Gewinnen und einer Minderung des Unternehmenswertes.^^^ Nachfolgend werden die Ergebnisse der Modelle kommentiert. Zunachst stellt sich die Frage, inwieweit ein Unternehmen in Abhangigkeit der Kapitalstruktur sein Verhalten in Bezug auf die Qualitat der Produkte andert. Betrachtet man zunachst ein volistandig eigenfinanziertes Unternehmen, so hat dieses interesse daran, die Reputation als Produzent hochwertiger Produkte beizubehalten - ein kurzfristiger Kostenvorteil durch Senkung der Qualitat ist aufgrund der mitteifristig niedrigeren Gewinne nicht sinnvoll.^^^ Bei einem teilweise fremdfinanzierten Unternehmen erfolgt eine Differenzierung in Bezug auf die Offentlichkeitswirksamkeit. Zunachst wird ein fremdfinanziertes Unternehmen angenommen, welches in finanzielle Schwierigkeiten gerat, ohne dass diese externen Beobachtern sofort ersichtlich sind.^^"* Das Unternehmen wird eine Verschlechterung der Produktqualitat und eine damit einhergehende Kostenersparnis vor einer weiteren Fremdkapitalaufnahme praferieren. Grund hierfur ist die Sicherung der kurzfristigen Vollausschuttung der Gewinne an die Anteilseigner. Dies fijhrt zwar zum mittelfristigen Verlust der Reputation als Qualitatsproduzent, die hieraus resultierenden Kosten sind aber mit den Fremdkapitalgebern zu teilen. Maksimovic und Titman Ziehen daher den Schluss, dass c. p. mit zunehmender Fremdverschuldung der Anreiz fur die Anteilseigner zur Aufrechterhaltung der hohen Qualitat und somit Reputation sinkt.^^^ Die gegebene Kapitalstruktur wirkt sich somit direkt auf die Produktqualitat aus. Gerat ein teilweise fremdfinanziertes Unternehmen offentlichkeitswirksam in finanzielle Schwierigkeiten, so wird die Qualitat der Produkte nicht reduzlert, sondern das finanzielle Problem wird durch zusatzliche Fremdkapitalmittelaufnahme oder anderweitige Finanzierung

372 373 374

Vgl. Maksimovic/Titman (1991), S. 179 ff. Vgl. Maksimovic/Titman (1991), S. 180 ff. Vgl. Maksimovic/Titman (1991), S. 180 ff. Das Management handelt auch beim teilweise fremdfinanzierten Untemehmen im Sinne der Eigentumer, vgl. Maksimovic/Titman (1991), S. 182. Vgl. Maksimovic/Titman (1991). S. 182 ff. 90

behoben. Die kritische finanzielle Lage des Unternehmens sowie die Alternative zwischen der Fremdkapitalaufnahme einerseits und der Qualitatsreduktion andererseits ist den Konsumenten bekannt.^^^ Beobachten die Konsumenten, dass das Unternehmen keinen neuen Kredit aufnimmt, antizipieren die Konsumenten eine Verschlechterung der Produktqualitat und reduzieren aufgrund der Qualitatsreduzierung ihre Preisvorstellungen fur Produkte dieses Unternehmens.^^^ Eine Entscheidung des Unternehmens fur eine Qualitatsreduzierung wurde gleichzeltig zu einem Verlust der Reputation als Quaiitatsproduzent und der Nichtdurchsetzung des Kostenvorteils am Markt fuhren. Maksimovic

und Titman erweitern ihre Analyse, indem sie die Moglichkeit eines Unterneh-

mens zur Liquidation in das Modell integrieren. Stellen die Vermogenswerte eines Unternehmens einen Wert im Falle der Liquidation dar, so erweitert dies den Handlungsspielraum des Unternehmens.^^^ Bei einem eigenfinanzierten Unternehmen, welches die Liquidationsoption ausuben kann, verliert das Gut „Reputation als Quaiitatsproduzent" fur das Unternehmen an Wert.^^® Grund hierfur ist, dass eine Selbstbindung des Unternehmens an einen hohen Qualitatsstandard aufgrund der bestehenden Alternative der Liquidation den Konsumenten nicht glaubhaft vermittelt werden kann - aufier wenn das Unternehmen sich dazu verpflichtet.^®° Besteht bei einem eigenfinanzierten Unternehmen die Liquidationsoption, so kann der daraus resultierende Verlust an Reputation beim Konsumenten dazu fuhren, dass der Wert des Unternehmens mit Liquidationsoption geringer ist als der Wert eines Unternehmens c. p. ohne diese Option. Ein teilweise fremdverschuldetes Unternehmen mit der vorgenannten Liquiditatsoption hat einen Anreiz, die Qualitat der Produkte und somit eine Reputation als Quaiitatsproduzent beizubehalten.^®^ Da im Falle der Liquidation primar den Fremdkapitalgebern der Liquidationserlos zusteht, profitieren die Anteilseigner nicht oder nur geringfugig von dieser Option. Der Beibehalt einer Reputation als Quaiitatsproduzent wiegt fur die Anteilseigner gewichtiger als die Liquidationsoption.

379 380

Vgl. Maksimovic/Titman (1991), S. 185 ff. Das Resultat in Form der negativen Reaktion der Konsumenten und eines sinkenden Profits aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten bzw. eines drohenden Konkurses ist konsistent mit den sogenannten indirekten Konkurskosten, die bereits von Altman diskutiert wurden, vgl. Altman (1984), S. 1067ff. Vgl. Maksimovic/Titman (1991). S. 190 ff. Vgl. Maksimovic/Titman (1991), S. 191. Die Verpflichtung des Unternehmens, die Liquidationsoption nicht auszuuben, kann mittels adaquater Strukturierung der Kapitalstruktur - z. B. durch die Emission von Vorzugsaktien, deren Wert den Liquidationswert ubersteigt - erfolgen. Die Anteilseigner werden sich folglich nicht fur die Liquidation entscheiden, da sie aus dem Liquidationserlos nur nachrangig bedient werden wurden, vgl. Maksimovic/Titman (1991), S. 190 ff. Vgl. Maksimovic/Titman (1991), S. 189 ff. 91

Maksimovic und T/tman Ziehen den Schluss, dass bei Unternehmen mit Vermdgenswerten, die einen hohen Liquidationserlos generieren kdnnen, mit zunehmendem Anteil der Fremdfinanzierung die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Unternehmen den Qualitatsstandard ihrer Produkte aufrechterhalten. Die theoretischen Modelle von Maksimovic und Titman belegen, dass die Kapitalstruktur sowie die Ausschuttungspolitik einen wichtigen Einfluss auf die Produktqualitat eines Unternehmens ausuben konnen. Dabei muss ein hoher Fremdkapitaianteil nicht zwangslaufig zu einer Quaiitatsverschlechterung der Produkte fuhren. Die Auswirkungen der Fremdfinanzierung auf die Produktpolitik sind von der jeweiligen Industrie und deren spezifischen Vermogens- und Liquidationswerten abhangig.^®^ Die Kapitalstruktur beeinflusst somit nicht nur die Beziehung zwischen Anteilseignern, Fremdkapitalgebern und Management, sondern auch zwischen Kunden und Lieferanten.^^^ 3.2.3

Kapitalstruktur und kompetitive Produkt- und Wettbewerbsstrategie

3.2.3.1 Kapitalstruktur und Wettbewerbsstrategie Der Ansatz von Brander und Lewis 3us dem Jahr 1986 gilt als Pionierarbeit, da erstmals Interdependenzen zwischen Finanzierungs- und Wettbewerbsstrategie analysiert und ein gegenseitiger Einfluss von Kapitalstruktur des Unternehmens und der Produkt- und Wettbewerbspolitik festgestellt wurden.^®"* Durch die enge Verflechtung von Produkt- und Finanzierungsmarkten kann es fur ein Unternehmen vorteilhaft sein, sich fruhzeitig auf ein bestimmtes Verhalten festzulegen. Die Kapitalstruktur kann als Selbstbindungsmechanismus auch gegenuberden Konkurrenten auf den Absatzmarkten instrumentalisiert werden.^^^ Brander und Lewis \N3ren die Ersten, die den Selbstbindungsmechanismus, der in der finanztheoretischen Literatur z. B. anhand der Bindung des Managements eines Unternehmens an ein bestimmtes Verhalten gegenuber den Investoren haufig thematisiert wurde, auf die Industrieokonomie ubertrugen und belegten modelltheoretisch, dass die Art der Finanzierung die Produktionsmenge beeinflusst. Damit eine Verhaltensbindung analysiert werden kann, mussen mindestens zwei Unternehmen existieren, die auf gegenseitiges Verhalten reagieren. Somit handelt es sich um einen oligopolistischen Markt. Das Modell unterstellt welterhin, dass es sich um zwei risikoneutrale, haftungsbeschrankte Unternehmen handelt, denen entweder Eigenkapital oder Fremdkapital

383 384

Vgl. Maksimovic/Titman (1991), S. 194. Vgl. Maksimociv/Titman (1991), S. 195. Vgl. Harris/Raviv (1991), S. 316. Vgl. Hubert (1998), S. 170.

92

als Finanzierungsart zur Verfugung steht. Es wird ein Cournot-Mengenwettbewerb^®® unterstellt, bei dem die Entscheidungen bezuglich der Finanzierung und der Produktionsmenge in Sequenzen hintereinander foigen. Nach Wahl der Fremdkapitalquote treffen beide Unternehmen simultan die Entscheidung hinsichtlich der Produktionsmenge unter Unsicherheit.^®^ Das bereits von Jensen und Meckling analysierte Verhalten, bei dem die Anteilseigner mit steigender Fremdkapitalquote zu riskanteren Investitionsstrategien greifen, wird von Brander und Lewis 3\x\ die Ebene der Produkt- und Absatzmarkte ubertragen. Das Modell wird nachfolgend dargestellt wird: Zwei haftungsbeschrankte Unternehmen V^ und U-^ bieten konkurrierende Produkte q^ und ^2

in

einem

R'iqi^qi,Zi)w\r6

Cournot-Mengenwettbewerb

an. ^®^ Der

Gewinn

des

Unternehmens

definiert als Umsatz abzuglich aller variablen Kosten und ist von der Zu-

fallsvariable z, abhangig. Die Zufallsvariable beschreibt die unsichere Umwelt uber das Intervall |z,zj, mittels der Dichtefunktion / ( z - ) . Aus Vereinfachungsgrunden wird angenommen, dass z- und z^unabhangig und identisch verteilt sind.^^® Wenn gilt z •= z-, ist das Unternehmen in der Lage, gerade die Kreditverpflichtungen zu erfullen. Es wird unterstellt, dass die Unternehmen sich gleichzeitig zunachst fur einen Fremdkapitalanteil (D, , ^ 2 ) entscheiden, erst danach wird die dementsprechende Produktionsmenge gewahlt. Von grundlegender Bedeutung in dem Modell ist der marginale Gewinn, bei dem die folgenden zwei Stadien unterschieden werden: Wenn gilt: R'^. > 0 , bedeutet dies, dass der marginale Gewinn mit Erhohung der Variablen z steigt. Dieser Fall wird als Standardfall angesehen, da sich in besseren Umweltzustanden der Unterschied zwischen Grenzkosten und Grenzertrag vergrofiert. Wenn gilt: R'j, < 0, bedeutet dies, dass der marginale Gewinn trotz Eintretens eines besseren Umweltzustandes sinkt. Dieser Fall ist zwar weniger realistisch, aber trotzdem m6glich.^^°

387 388 389 390

Der Cournot-Mengenwettbewerb definiert die folgende Situation: Es wird eine fixe Marktstruktur mit zwei Anbietern unterstellt, beide Anbieter stellen ein homogenes Produkt her und weisen konstante und identische Grenzkosten der Produktion auf. Jedes Unternehmen wahit die eigene gewinnmaximale Absatzmenge bei gegebener erwarteter Absatzmenge des Konkurrenten; der Cournot-Mengenwettbewerb unterstellt somit ein autonomes Verhalten, vgl. Berg (1999), S. 303 f. Dieser Effekt wird der „Limited-Liability"-Effekt genannt, vgl. Brander/Lewis (1986), S. 956 f. Vgl. Brander/Lewis (1986), S. 958. Vgl. Brander/Lewis (1986), S. 958. Vgl. Brander/Lewis (1986), S. 958. 93

Das Management eines Unternehmens hat nun die Wahl, bei gegebenen Fremdkapitalanteilen (D,,D2) entweder den Eigenkapitalwert V^ oder den Fremdkapitalwert des Unternehmens ^ , z u maximieren.^®^ Im Folgenden wird zunachst wird bei angenommenen Fremdkapitalanteilen von (D,,D2) eine Maximierung des Eigenkapitalwertes des Unternehmens dargestellt. Der Eigenkapitalwert des Unternehmens definiert sich wie folgt: Viq^q ^ ',.)= { (R'iqjqj

Zi)- Dj)f{Zj)dzi

wobei z, definiert ist durch

R {qi q jZj) - Di = 0, und es gilt z < z, < z und stellt die erwarteten Gewinne der Periode abzuglich der Kreditverpflichtungen in guten Umweltzustanden z, > z, dar.^^^ Das Gleichgewicht im Cournot-Modell kann bei gegebener Fremdkapitalquote durch simultane Losung der zu maximierenden Funktion der beiden Unternehmen erhalten werden.^^^

V; = j {R]{q^q,z,)f{z,)dz,

=0

Wenn die Bedingung gilt R\, > 0, fuhrt ein steigender Fremdkapitalanteil zu einer Erhohung der erwunschten Produktionsmenge. Durch die Erhohung des Fremdkapitalanteils steigt z • und in der Folge erhoht sich auch die Anzahl der Zustande, in denen das Unternehmen insolvent wird. Aufgrund ihrer beschrankten Haftung profitieren die Anteilseigner mit zunehmendem Fremdkapitalanteil von diesem Zustand, da sie aufgrund der Gewinnausschuttung mehr als die Fremdkapitalgeber von guten Zustanden profitieren. Die Umweltzustande mit niedrigen marginalen Gewinnen sind fur die Anteilseigner nicht mehr relevant. Sie profitieren nur bei hohen Outputmengen.^^"* Die Anteilseigner haben einen Anreiz, die Outputmengen so anzupassen, dass in guten Umweltzustanden die Gewinne gesteigert und in schlechten gesenkt wer-

392 393

Es warden die Annahmen getroffen, dass das Unternehmen einen einmal gewahlten Fremdkapitalanteil nicht andern kann, ohne dass der Konkurrent diese Veranderung wahrnimmt. Das Management handelt im Sinne der Eigentumer, vgl. Brander/Lewis (1986), S. 958 f. Vgl. Brander/Lewis (1991), S. 960 ff. Vgl. Brander/Lewis (1991), S. 960 ff. Vgl. Brander/Lewis (1991), S. 961. 94

den.^^^ Verandert sich der Fremdkapitalanteil, wird sich die Verteilung der Gewinne an die Anteilseigner bei unterschiedlichen Umweitzustanden andern; somit andert sich auch die favorisierte Produktionsstrategie durch die Anteilseigner. Die zunehmende Fremdfinanzierung in Cournotmengen-Modellen fuhrt zu einem aggressiven Verhalten im iVIarkt, welches mit grofteren Outputmengen einhergeht.^®^ Das Gegenteil ist fur den Zustand R^ < 0 der Fall. Das Unternehmen wird die Produktion reduzieren, da schlechte Umweltzustande mit einem niedrigen marginalen Gewinn einhergehen.^^^ Unterstellt man nun den in der Praxis eher seltenen Fall, dass das Management im Interesse der Fremdkapitaigeber handelt, so stellt sich der Fremdkapitalwert W wie folgt dar:

^.7

= j

(R'{q,q,z.)f{z.)dz,+D.i\-Fiz^))

Die Maximierung des Fremdkapitalwertes kann durch simultane Losung des Nachgleichgewichtes zur folgenden Formel umgestaltet werden^^®: W'

j

{R;{q,q,z,)-f{z,)cJz,

Unterstellt man die Maximierung des Fremdkapitalwertes, so ist die Produktionsmenge niedriger, wenn gilt R-. > 0, und hoher, wenn gilt R', < 0, als im vergleichbaren Fall c. p., wenn das Management im Sinne der Eigentumer handelt.^^^ Im Gegensatz zu den Anteilseignern, denen der Gewinn in guten Umweitzustanden zusteht, haben die Fremdkapitaigeber nur einen Anspruch auf den Gewinn im Falle eines schlechten Umweltzustandes, der wiederum mit einem niedrigen marginalen Gewinn einhergeht. Wird das Unternehmen im Wege der Fremdkapitaigeber gefuhrt, besteht ein Anreiz, weniger zu produzieren."^"" Das Modell von Brandes und Lewis z\eh\ die folgenden Schlusse: Unterstellt man eine oligopolistische Marktstruktur, bei der die Entscheidung uber die Outputmenge erst nach der Entscheidung uber die Finanzierung getroffen wird, so wird bei einem vollstandig eigenfinanzier-

399 400

Der Konflikt zwischen Anteilseignern und Fremdkapitalgebern basiert auf der beschrankten Haftung; die Problematik wurde insbesondere von Jensen/Meckling und Myers hervorgebracht und in den Abschnitten 2.4.3.1 und 2.4.3.2 behandelt. Vgl. Brander/Lewis (1991), S. 961 ff. Vgl. Brander/Lewis (1991), S. 960 ff. Vgl. Brander/Lewis (1991), S. 964. Vgl. Brander/Lewis (1991), S. 964 f. Vgl. Brander/Lewis (1991), S. 965 f. 95

ten Unternehmen der Einsatz von Fremdfinanzierung zu einer Erhohung der Produktionsmenge und somit zu einem aggressiveren Verhalten im Markt fuhren/°^ Ein eigenkapitalwertmaximierendes Unternehmen wird eine Produktionsmenge oberhalb des outputmaximierenden Levels wahlen, ein fremdkapitalwertmaximierendes Unternehmen wird die Produktionsmenge unterhalb der outputmaximierenden Levels wahlen/°^ In Abhangigkeit der Kapitalstruktur kommt es zu einem anderen Produktionsverhalten. Die unterschiedliche Praferenz von Anteilseignern und Fremdkapitalgebern fiir bestimmte Produktionsmengen resultiert aus den unterschiedlichen Residualanspruchen in Abhangigkeit der jeweiligen Zustande. Brander und Lewis ^X^Wen somit einen Zusammenhangzwischen der Kapitalstruktur und dem Verhalten auf den Absatzmarkten her. Sie fuhren den theoretischen Nachweis, dass eine Interaktion der Finanzierungs- und Produktionsstrategie besteht und dass somit die Art der Finanzierung die Produktionsmenge eines Unternehmens beeinflussen kann/°^ 3.2.3.2 Kapitalstruktur und kooperatives Verhalten Im Unterschied zum Modell von Brander und Lewis, bei dem Unternehmen nicht miteinander kooperieren, existieren in der Realitat trotz Regulierung von Wettbewerbsabsprachen dennoch informelle Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern in Bezug auf Produktionskapazitaten und Preise/^"* Stehen sich Unternehmen wiederholt gegenijber, konnen sie unter bestimmten Umstanden durch implizites Einverstandnis eine kooperative Beschrankung von Kapazitaten oder die Anhebung von Absatzpreisen erreichen. Dieses kooperative Verhalten wird erreicht durch die Drohung, dass Abweichungen eines Konkurrenten bei wiederholtem Aufeinandertreffen sanktioniert werden. Malcsimovic (1988)\\dX in seinem Modell dargestellt, wie sich die Kapitalstruktur auf die Erhaltung von kooperativen, informellen Vereinbarungen zwischen Konkurrenten auswirkt. Basierend auf der Theorie der wiederholten Spiele wird die Annahme getroffen, dass Unternehmen unter Voraussetzung eines unendlichen Zeithorizonts wiederkehrend unter gleichen Bedingungen aufeinander treffen."*"^ Aufgrund des wiederholten Zusammentreffens sind viele Strategien geeignet, im Gleichgewicht kooperatives Verhalten zu erzeugen, da ein Abwei-

404 405

Vgl. Brander/Lewis (1991); S. 968 f. Vgl. Brander/Lewis (1991), S. 969. Dabei ven/veisen sie darauf, dass sie andere wichtige Aspekte, wie den Steuervorteil der Fremdfinanzierung, die Konkurskosten und Agency-Aspekte aufier Acht lassen, um den Fokus ausschlieftlich auf die Interaktion von Finanzierung und Produktion zu lenken, vgl. Brander/Lewis (1991), S. 969. Vgl. Maksimovic (1988), S. 389. Vgl. Maksimovic (1988), S. 390 ff. 96

Chen vom kooperativen Verhalten in einer vorangegangenen Periode in der Zukunft mit nicht kooperativem Verhalten bestraft wird. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen dieses Gleichgewichtsmodell funktioniert. Eine kritische Rolle spielt hierbei der Gewinn, den die Firma erhalt, wenn sie von der kooperativen Losung abweicht. Letztlich muss der anfangliche Gewinnvorteil bei Abweichen vom kooperativen Verhalten mit dem dauerhaften Gewinnnachteil durch die Sanktionierung abgewogen werden. Das Modell kann daher nur funktionieren, wenn der Nachtell durch die Sanktionierung bei Abweichen vom kooperativen Verhalten hoher ist als der Vorteil des Abweichens vom kooperativen Verhalten.'*°® Die Aufrechterhaltung kooperativer Losungen ist eng an die Finanzierungsstruktur der Unternehmen gebunden. Bei zunehmendem Fremdkapitalanteil wird die Aufrechterhaltung kooperativer L5sungen schwieriger. Grund hierfur ist, dass der Vorteil des Abweichens vom kooperativen Verhalten in Form von kurzfristigem Gewinn dem Unternehmen und somit den Anteilseignern zufliefit. Die Bestrafung fur das abweichende Verhalten wird langfristig mit den Fremdkapitalgebern gemeinsam getragen.'*"^ Bei dem vorgenannten Modell kann somit die Veranderung der Kapitalstruktur eines Wettbewerbers fur alle anderen Wettbewerber bereits ein Grund zur Sorge sein. Sie antizipieren den Abbruch der Kooperation und halten sich ihrerseits nicht mehr an die Kooperation. Letztlich kann, basierend auf dem Modell von Maksimovic, bei wiederholtem Treffen der Wettbewerber eine hohe Verschuldungsquote schadlich sein, da die Moglichkeit der Wettbewerber, durch kooperatives Verhalten den Wettbewerbsdruck zu mindern, hierdurch eingeschrankt wird.'^^'^ Maksimovic 7\%\\\ aus seinem Modell die Schlussfolgerung, dass die Kapitalstruktur des Unternehmens Einfluss auf die Bereitwilligkeit der Anteilseigner zur Kooperation hat und die optimale Kapitalstruktur u. a. von der Zahl der Konkurrenten in der jeweiligen Industrie und von der Elastizitat der Nachfrage abhangt.'*^^ 3.2.4 Exkurs: Empihsche Evidenz industriespezifischer Kapitalstrukturen Neben den rein theoretischen Uberlegungen zur Kapitalstruktur und Wettbewerbspolitik wurde analysiert, inwieweit ein branchen- bzw. industriespezifischer Einfluss auf die Kapitalstruktur von Unternehmen nachweisbar ist.'*^" Basierend auf der Uberlegung, dass Unternehmen

407 408 409

Vgl. Maksimovic (1988), S. 391 ff. Vgl. Maksimovic (1988), S. 392 ff. Vgl. Maksimovic (1988), S. 404. Maksimovic (1988), S. 404. Folgende Studien bestatigen einen positiven Zusammenhang zwischen firmenspezifischen Charakteristika und der Kapitalstruktur: vgl. Bradley/Jarrell/Kim (1984), S. 857 ff., Castanias (1983), S. 1617 ff., Kester (1986), S. 5 ff., Marsh (1982), S. 121 ff., Titman/ Wessels (1988), S. 1 ff. Eine 97

aus einer Branche viele ahnliche firmenspezifische Charakteristika aufweisen und diese wiederum die Kapitalstruktur determinieren, untersuchen einige empirische Studien den Zusammenhang zwischen Kapitalstruktur und branchen- bzw. firmenspezifischen Charakteristika. Die Studie von Bradley, Jarreii und Kim aus dem Jahr 1984 untersucht die Kapitalstrukturen von insgesamt 851 Unternehmen im Zeitraum von 1962 bis 1981/^^ Dabei stellen die Autoren einen signifikanten Einfluss von firmenspezifischen Faktoren auf die Kapitalstruktur fest, wie z. B. Forschungs- und Entwicklungsausgaben, Ausgaben fur Werbung, Volatilitat von Gewinnen, die „non-debt tax shields" (Steuervorteile, welche nicht auf Fremdkapital beruhen, sondern z. B. aufgrund der Investitions- bzw. Abschreibungspolitik resultieren). Diese Einflussfaktoren sind firnfienspezlfische Elnfiussfaktoren, weiche aber i. d. R. je nach Industriezweig mehr oder weniger stark ausgepragt sind. Sie erklaren, so die Autoren zu 54 % die Kapitalstruktur von Unternehmen.'*^^ Es besteht ein negativer Zusammenhang zwischen Unternehmen mit hohen Ausgaben fur Forschung, Entwicklung und Werbung sowie Unternehmen mit volatilen Gewinnen und der Verschuldungsquote. Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen „non-debt tax shields" und der Verschuldungsquote. Wahrend z. B. Unternehmen im kosmetischen oder pharmazeutischen Industriezweigen eine durchschnittliche Fremdkapitalquote von nur 9,1 % aufweisen, weisen Flugzeuglinien eine durchschnittliche Fremdkapitalquote von 58,3 % auf. Auch andere Studien stimmen darin uberein, dass prinzipiell die Industrien Pharmazie, Elektronik und Nahrungsmittel eine niedrige Verschuldungsquote haben, wohingegen Unternehmen der Papier-, Textil-, Stahl-, Baustoffe- und Luftfahrzeugindustrie eine hohe Verschuldungsquote haben."*^^ Die Studien finden heraus, dass die Verschuldungsquote positiv korreliert mit dem Anteil an Aniagevermogen, „non-debt tax shields", Wachstumsmoglichkeiten und Unternehmensgrofie. Negativ korreliert die Verschuldungsquote mit der Volatilitat der Gewinne, Ausgaben fur Werbung und Entwicklung, Konkurswahrscheinlichkeit, Profitabilitat und der Individualitat des Produktes.'^'

411 412

Ubersicht uber die aktuellsten Ergebnisse zu firmenspezifischen Einflussfaktoren findet sich in Kapitel 4.3. Vgl. Bradley/Jarrell/Kim (1984), S. 874 f. Vgl. Bradley/Jarrell/Kim (1984), S. 874. Vgl. Bradley/Jarrell/Kim (1984), 8. 857 ff., Castanias (1983), 8. 1617 ff., Kester (1986), 8. 5ff., Marsh (1982), 8. 121 ff., Titman/Wessels (1988), 8. 1 ff. Vgl. Castanias (1983), 8. 1617 ff. Eine ausfuhrliche Diskussion der neueren empirischen Studien zu firmenspezifischen Einflussfaktoren erfolgt in den Kapitein 4.3, 4.5.2 und 4.6.

98

Eine Untersuchung von Barclay, Smith und Watts aus dem Jahr 1995 erweiterte die industriespezifische Analyse in Bezug auf Markt-/Buchbewertungen, Fremdkapitalquote und Dividendenrendite/^^ Hierzu wurden im Zeitraum von 1989 bis 1993 unterschiedliche Industriezweige auf die vorgenannten Determinanten analysiert, die Ergebnisse sind in der Tabelle 12: Industriespezifische Fremdkapitalquoten im Zeitraum 1989-1993 (in Aniehnung an Barclay/Smith/Watts f^^5;dargestellt: Industrie Eisenbahn/Zug Holzindustrie Automobil Agrar/Chemie Ztieker Medizinsektor Pharma

Markt/Buchbewertung 1,17 1,23 1,63 1.73 2,06 2,99 4,09

Fremdkapitalquote in % 32,5 28,0 27,7 26,9 2t,5 11,7 6,6

Dividenden-I rendite in %| 3,13 2,84 1,77 1,92 1,67 0,26 0,991

Tabelle 12: Industriespezifische Fremdkapitalquoten im Zeitraum 1989-1993 (in Aniehnung an Barclay/Smith/Watts 1995) Die Pharmaindustrie und der Medizinsektor hatten mit 6,6 % und 11,7 % die niedrigste Verschuldungsquote und gleichermafien die niedrigste Dividendenrendite von 0,26 % und 0,99 %/^® Ihre Bewertung gemessen im Verhaltnis Markt- zur Buchbewertung war die hochste mit 4,07 und 2,99. Das Verhaltnis von hoher Bewertung und niedriger Verschuldung entspricht der Theorie, dass Unternehmen mit hohen Wachstumsmoglichkeiten bzw. einer Vielzahl von Investitionsmoglichkeiten tendenziell eine geringere Fremdkapitalquote aufweisen."^^ Unternehmen in reiferen Markten, die eine geringe Konkurswahrscheinlichkeit und einen hohen Cashflow generieren, werden daher einen hoheren Anteil der Fremdfinanzierung wahlen. Unternehmen mit Wachstumsmoglichkeiten werden an der Borse hoher bewertet als Unternehmen mit geringen Wachstumsmoglichkeiten. Als Mafistab fur die Wachstumsmoglichkeiten dient die Bewertungskennziffer ..Market to Book'"*^^ - also die Marktkapitalisierung ins Verhaltnis zum Buchwert des Unternehmens gesetzt. Empirisch lasst sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Bbrsenbewertung als Mafistab fur Wachstumsmoglichkeiten und dem Fremdfinanzierungsanteil feststellen, sinkt ein Unternehmen bezijglich seiner Bbrsenbewertung von den oberen 10 % auf die unteren 90 %, so fallt im Durchschnitt die Verschuldung urn 14,3%.'^'

Vgl. Barclay/Smith/Watts (1995), S. 4 ff. Vgl. Barclay/Smith/Watts (1995), S. 15. Vgl. Barclay/Smith/Watts (1995), S. 14. Zur Eriauterung der Kennziffer Market to Book siehe Kapitel 5.5.3 Vgl. Barclay/Smith/Watts (1995), S. 14. 99

Ein Nachweis fur industriespezifische Einflusse auf Kapitalstrukturen wird auch durch den starken Zusammenhang zwischen der Hohe der Verschuldung und dem staatlichen Einfluss bzw. Regulierungspolitik gefuhrt. Untemehmen, die Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre in den USA der staatlichen Regulierung unterlagen, wie z. B. Telefon-, Energieversorgungsunternehmen und Flugzeugllnien, wiesen die hochsten Verschuldungsquoten aller amerikanischen Untemehmen auf/^° Durch den staatlichen Einfluss war die Stabilltat der Cashflows fur die jeweiligen Industrien sichergestellt, die Wachstumsmoglichkeiten waren hingegen aufgrund der Regulierung bzw. des Verbots der Auslandsexpansion beschrankt. Der Effekt, den eine Deregulierung und somit eine Anderung der Charakteristika der Industrie nach sich zieht, kann anhand der Deregulierung der Telekommunikationsindustrle In den USA nachvollzogen warden.^^ Wahrend die durchschnlttliche Fremdkapitalquote der Telekommunikationsindustrie zu Zeiten der staatlichen Regulierung vor 1980 uber 45 % lag, sank sie nach der Deregulierung 1982 ab dem Jahr 1985 auf unter 25 %.''^ Die Resultate der empirischen Studien lassen daher den Schluss zu, dass in Abhangigkeit der zugrunde liegenden Industrie gewisse firmenspezifische Faktoren besonders stark oder schwach ausgepragt sind und diese einen Einfluss auf die Kapitalstruktur ausuben."*^^ 3.2.5 Kritische WiJrdigung Die produkttheoretischen Modelle zur Kapitalstruktur lassen auf eine Wechselwirkung zwischen der Finanzierung des Unternehmens und dem strategischen Verhalten auf den Absatzmarkten schliefien. Die optimale Kapitalstruktur eines Unternehmens wird somit auch von strategischen Uberlegungen beeinflusst und ist nicht auf die reine Finanzierungsfunktion reduziert. Der bekannteste theoretische Modellbeitrag stammt von Brander und Lewis (1986) und beweist, dass unter bestimmten Pramissen eine niedrige Verschuldungsquote die Kooperation der Konkurrenten auf dem Wettbewerbsmarkt erieichtert. Grundsatzlich bleibt eine fundamentale Kritik am Modell, da ausschliefilich die Kapitalstruktur als Mechanismus zur Selbstbindung an ein bestimmtes Verhalten gegenuber dem Wettbewerb eingesetzt werden kann

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Vgl. Bradley/Jarrell/Kim (1984), S. 876 f. Vgl. Barclay/Smith/Watts (1995), S. 16. Vgl. Barclay/Smith/Watts (1995), S. 16. Ein aktueller Uberblick uber den Einfluss firmenspezifischer Faktoren findet sich in den Kapitein 4.3, 4.5.2 und 4.6.

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und anderweitige Optionen, wie z. B. Vertrage zwischen den Wettbewerbern, nicht moglich sind.'^'* Die von Brander und Lewis aufgestellte Hypothese, dass eine hohe Verschuldungsquote zu einem kompetitiveren Wettbewerb fuhrt, konnte empirisch nicht bewiesen werden. Das Gegenteil ist der Fall: Einige empirische Studien kommen zu dem Schluss, dass aus einer Erhohung der Verschuldung ein Marktanteilsverlust und tendenziell eine Verringerung des Konkurrenzdrucks resultieren."^^^ Eine Studie von Opier und Titman aus dem Jahr 1994 belegt, dass Unternehmen mit einer hoheren Verschuldung gegenuber ihren niedriger verschuldeten Konkurrenten bei Branchenkrisen Marktanteite vertieren."*^^ Zu ahnlichen Resultaten gelangt eine Studie aus dem Jahr 1995 von Chevalier, der das Verhalten US-amerikanischer Supermarkte untersuchte. Eine Erhohung der Verschuldungsquote fuhrte zu einer Erhohung der Preise und in der Folge zu einem Marktanteilsverlust/^^ Dieses Ergebnis wird auch von einer weiteren Studie uber ..Leveraged Buyouts" von Piiiiiips aus dem Jahr 1995 bestatigt; als Reaktion auf die erhohte Verschuldungsquote der Unternehmen kam es zu steigenden Preisen und sinkenden Produktionsmengen."*^^ Auch der aktuellste Beitrag zu dieser Thematik. die Studie von Istaitieti und Rodriguez (2003), kommt zu dem Ergebnis, dass eine Erhohung des Fremdkapitals zu einem weniger aggressiven Wettbewerb auf dem Markt fuhrt; dies widerspricht somit der These von Brander und Lewis."^^^ Die Studie Istaitieti und Rodriguez (2005) belegt, dass ein nicht aggressives Verhalten auf dem Produktmarkt. eine geringe vertikale Integration, hohe Wachstumsraten und die Grofie des Unternehmens zu einem hohen Fremdkapitalanteil fuhren. Umgekehrt haben eine hohe Profitabilitat, eine Konsumentenkonzentration, hohe Verhandlungsmacht der Angestellten sowie ein hohes Niveau materieller Vermogenswerte einen geringeren Fremdkapitalanteil zur Folge."^^" Eine Steigerung des Fremdkapitalanteils, eine positive Reputation des Unternehmens, ein offener Markt, eine hohere Auslastung der Produktionskapazi-

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Des Weiteren weist Hubert darauf hin, dass im Modell von Brander und Lewis die Selbstbindungswirkung der Kapitalstruktur auf der Haftungsbeschrankung der Firma im Konkursfall beruht - allerdings ist die Konkurswahrscheinlichkeit in vielen Industriezweigen so gering, dass eine Selbstbindungswirkung wenig plausibel ist, vgl. Hubert (1998), S. 174 f. Vgl. Hubert (1998), S. 171. Vgl. Opier/Titmann (1994), 8. 1015 ff. Vgl. Chevalier (1995), S. 415 ff. Vgl. Phillips (1995), S. 187 ff. Die empirische Studie von Istaitieh und Rodriguez untersucht den Zusammenhang zwischen dem strategischen Verhalten und dem Verschuldungsgrad anhand von 2.112 spanischen Handwerksbetrieben im Zeitraum von 1993 bis 1999, vgl. Istaitieh/Rodriguez (2003), S. 1 ff. Vgl. Istaitieh/Rodriguez (2003), S. 17 ff. 101

tat und ein hoher Ausgabenanteil fiir Forschung und Entwicklung fuhren zu einem weniger aggressiven Wettbewerb auf dem Markt."*^^ Die These von Maksimovic und Titman (1991), dass eine Erhohung der Verschuldung mit einer Verschlechterung der Produktqualitat einhergeht, wurde empirisch bislang nicht bewiesen. Eine Studie von Rose Sius dem Jahr 1990 untersucht den Zusammenhang zwischen Finanzstruktur und Produktqualitat in der Luftfahrtindustrie mit dem Ergebnis, dass nicht die Finanzierungsstruktur, sondern der Faktor Profitabilitat den grofiten Einfluss auf die Produktqualitat - in diesem Falle gemessen an der Anzahl von Unfallen - hat."*^^ Eine aktuelle Studie von Campello aus dem Jahr 2003 untersucht die Wechselwirkung zwischen der FinanzTerung eines Untemetimens, der kompetitiven Posittonremng und makrookonomischen Bedingungen."^^^ Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie Unternehmen mit niedriger bzw. hoher Verschuldung im Vergleich zu ihren Mitkonkurrenten in unterschiedlichen wirtschaftlichen Phasen - also Rezession bzw. Boomphasen - reagieren/^"* Der Autor findet heraus, dass Unternehmen mit hohem Verschuldungsgrad, die in Branchen mit tendenziell niedrigem Verschuldungsgrad agieren, wahrend einer Rezession an Marktanteil bzw. an Umsatzwachstum verlieren - nicht aber wahrend Boomphasen. In Branchen mit relativ hohen Verschuldungsgraden werden diese Auswirkungen nicht festgestellt.'*^^ Zusammenfassend wird aufgrund der Ergebnisse der Schluss gezogen, dass die Kapitalstruktur die kompetitive Performance eines Unternehmens in systematischer Weise beeinflusst. Die finanztheoretische Literatur zum Zusammenhang von Finanzierungsfragen und produktund wettbewerbspolitischem Verhalten hat eine Vielzahl interessanter theoretischer Aspekte hervorgebracht. Die empirischen Studien hierzu sind jedoch begrenzt und iJberprufen unterschiedliche Aspekte, so dass keine abschliefienden Zusammenhange postuliert werden konnen. Festzuhalten bleibt, dass die bisherigen Ergebnisse die theoretischen Ausarbeitungen uberwiegend nicht unterstutzen.'*^^ Vgl. Istaitieh/Rodriguez (2003), S. 18 ff. Die empirische Studie untersucht anhand von 35 Luftfahrtgesellschaften im Zeitraum von 1957 bis 1986, von welchen Faktoren die Sicherheit von Fluggesellschaften abhangig ist, vgl. Rose (1990), S. 944 ff. Vgl. Campello (2003), S. 353 ff. Die empirische Untersuchung basiert dabei auf dem Modell von Chevalier und Scharfstein, welches einen Zusammenhang zwischen Kapitalstruktur, Marktanteil, kompetitiver Position und Rahmenbedingungen formuliert. Die Autoren Ziehen den Schluss, dass Unternehmen mit einem hohen Verschuldungsgrad im Rahmen von Rezessionen ihre Investments bzw. ihr Bestrebungen in Bezug auf den Marktanteil und die Positionierung reduzieren, vgl. Chevalier/Scharfstein (1996), S. 353 ff. Die empirische Untersuchung umfasst den Zeitraum von 1976 bis 1996 und unterteilt die Unternehmen in 71 Branchen, vgl. Campello (2003), S. 365 ff. Weiterhin ist zu berucksichtigen, dass die empirische Messbarkeit von Faktoren wie Produktqualitat, Verhalten und Strategie auliert schwierig ist. Hierdurch lasst sich vermutlich auch die relativ begrenzte Anzahl empirischer Studien zu interdiszipllnaren AnsStzen erklaren. 102

3.3

Theorien zur Kapitalstruktur basierend auf dem Markt fur „Corporate Control"

3.3.1 Vorbemerkungen Bedingt durch die verstarkten Ubernahmeaktivitaten der spaten achtziger Jahre und fruhen neunziger Jahre in den USA wurden neuere Uberlegungen zur Kapitalstruktur hervorgebracht, die unter dem Begriff ..Corporate Control'"^^^ bekannt wurden. Der sogenannte Markt fur Unternehmenskontrolle - ..Market for Corporate Control" - wurde von Jensen und Ruback als der Markt definiert, auf dem Managementteams um das Recht konkurrieren, unternehmerische Ressourcen zu lenken."^^® In der finanzwirtschaftlichen Literatur wird der Markt fur Unternehmenskontrolle haufig mit dem Markt fur Unternehmensubernahmen (M&A-Markt) gleichgesetzt. Maximiert ein Management nicht den Unternehmenswert, so wird unterstellt, dass durch die Existenz des M&A-Marktes, also die Moglichkeit zur Durchfuhrung feindlicher Ubernahmen eine wirkungsvolle disziplinierende Wirkung fur unzureichende Managementleistung erreicht werden kann."^^^ Im Mittelpunkt der theoretischen Auseinandersetzung stand zunachst die Frage nach der Effizienz des Marktes der Unternehmenskontrolle. Anfang der achtziger Jahre gab es Zweifel, inwieweit die Leistungsfahigkeit des Marktes fur Unternehmensubernahmen vorhanden ist. So merkten Grossman und Hart \r\ einer Veroffentlichung aus dem Jahr 1980 an, dass ein Ubernahmeversuch am Trittbrettfahrerverhalten der Kleinaktionare scheitern kann."*"*" Eine Vielzahl empirischer Untersuchungen aus den achtziger Jahren wies kontrar hierzu realisierte Marktwertsteigerungen bei feindlichen Ubernahmen sowie eine gesamtwirtschaftlich positive Auswirkung von Ubernahmen fur die USA nach.'"*^ Die spatere finanzwirtschaftliche Literatur wiederum kritisierte einige dieser Erkenntnisse und vertrat die Meinung, dass der Markt fur Unternehmensubernahmen nur temporar und in wenigen Landern ein effektives Instrument der Unternehmenskontrolle sei."^"^^ Die finanztheoretischen Grundlagen zur Kapitalstruktur und zum Markt fur Unternehmenskontrolle wurden mafigeblich durch die Aufsatze von Harris und Raviv sowie Stuiz aus den spaten achtziger Jahren begrundet.'^'*^ Beide modelltheoretischen Ansatze belegen, dass die

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Dieser Begriff umfasst z. B. das Recht, das Top-Management einzustellen, zu entlassen und die Gehalter festzulegen, vgl. Jensen/Ruback (1983), S. 5 ff. Vgl. Jensen/Ruback (1983), S. 5 ff. Vgl. Jensen/Ruback (1983), S. 29 ff. Vgl. Grossman/Hart (1980), S. 42 ff. Vgl. Bradley/Desai/Kim (1988), S. 3 ff., vgl. Jensen/Ruback (1983), S. 47. Vgl. Krahnen(1998), S. 8ff. Ein weiteres bekanntes Modell von Israel aus dem Jahr 1991 basiert auf ahnlichen Ansatzen wie die nachfolgend dargestellten Modelle von Harris und Raviv sowie Stulz. Wahrend bei den vorgenannten Modellen die Kapitalstruktur den Ausgang von Ubernahmeversuchen durch die Verteilung der Stimmrechte zwischen dem Management und extemen Investoren beeinflusst, wird im Modell von Israel der Ausgang der Ubernahmeversuche durch die Verteilung der Cash103

Verteilung der Stimmrechte zwischen Management und externen Investoren einen Einfluss auf den Ausgang von Ubemahmeversuchen hat. Durch Veranderung der Kapitalstruktur konnen der vom Management gehaltene Anteil am Unternehmen, der Wert des Unternehmens, die Wahrscheinlichkeit der Ubernahme sowie die im Rahmen einer Ubernahme gezahlte Pramie beeinflusst werden.'*'*'* Je hoher die gewahlte Verschuldungsquote, desto hoher die gezahlte Pramie - gleichzeitig sinkt allerdings die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Ubernahme. Im Rahmen der finanztheoretischen Diskussion um die Leistungsfahigkeit des Marktes fur Unternehmenskontrolle ist unter dem Motto „One share one vote" ein Forschungszweig bekannt geworden, der das in der Realitat zu beobachtende Phanomen der Zuordnung von je einem Stlmmrecht pro Anteilsschein untersucht.**® Der Beitrag Mon Crossmann und Hart aus dem Jahr 1988 analysiert die optimale Ausgestaltung der Stimmrechte eines Unternehmens anhand von Unternehmensubernahmen und zieht den Schluss, dass fur den Ausgang eines Ubernahmeversuchs, neben Abwehrmafinahmen des Managements, die Stimmrechtsstruktur des Zielunternehmens von Bedeutung ist. Generell sollten Unternehmensubernahmen dann stattflnden, wenn diese effizient sind, und unterbleiben, wenn sie ineffizient sind. Ein Unternehmen bietet nach dem Modell von Crossmann und Hart bQ\ breit gestreutem Aktienbesitz optimale Ubernahmeanreize, wenn eine proportionale Verteilung der Anteilsscheine und der damit verbundenen Rechte - also je Anteilsschein ein Stimmrecht - gegeben ist.'*'*^ Diese Form der Allokation der Stimmrechte maximiert die Bedeutung der Anteilseigner in Relation zum kontrollierenden Management, stellt die Auswahl eines effizienten Managements sicher, unterstutzt die Moglichkeit, ineffiziente Ubernahmeversuche durch andere Unternehmen zu verhindern, und fordert tendenziell effiziente Ubernahmeversuche.'*'*^ Im nachfolgenden Abschnitt werden zunachst einlge empirische Ergebnisse zum Markt fur Unternehmenskontrolle dargestellt. Im Anschluss werden die beiden grundlegenden Modelle zum Markt fur Unternehmenskontrolle und Kapitalstruktur von Harris und Raviv und Stuiz skizziert und abschliefiend kritisch gewurdigt.

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flows zwischen dem stimmberechtigten Eigenkapital und dem nicht stimmberechtigten Fremdkapital beeinflusst, vgl. Israel (1991), 8. 1393 ff. Vgl. Harris/Raviv (1991), S. 320. Zur Thematik „One share one vote" wurden diverse Arbeiten veroffentlicht, die im Rahmen dieser Arbeit nicht detailliert dargestellt werden. Siehe hierzu auch die Arbeiten von Grossman/Hart (1988), 8. 175 ff., DeAngelo/DeAngelo (1985), 8. 33 ff., ShIeiferA/ishny (1986), 8. 461. Vgl. Grossman/Hart (1988), 8. 175 ff. Dem Stimmrecht wird ein Wert zugemessen. Existieren unterschiedliche Stimmrechtsausgestaltungen, so kann es bei Unternehmensubernahmen zu differenzierten Kurssteigerungen kommen. Durch die Zuordnung der Stimmrechte auf die Aktien wird entschieden, ob und zu welchem Preis die Kontrolle uber das Unternehmen von einem konkurrierenden Management enA/orben werden kann, vgl. Grossman/Hart (1988), 8. 177 ff.

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3.3.2 Markt fur Unternehmenskontrolle Der Markt fur Unternehmenskontrolle wurde anhand der in den achtziger Jahren durchgefuhrten Ubernahmetransaktionen in den USA von mehreren Autoren empirisch untersucht.'^'*® Als Ausloser fur Ubernahmetransaktionen nennen die Autoren sich andernde Umweltbedingungen wie Technologieerneuerungen oder Marktkonditionen, welche wiederum ein Umdenken Oder eine Umstrukturierung von Unternehmensressourcen erforderlich machen.'^'^^ In den USA verzeichneten vieie industriezweige in den achtziger Jahren, aufgrund der wachsenden Konkurrenz aus dem Ausland, sinkende Wachstumsraten bzw. Stagnation. Erst durch die Anderung der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie z. B. der Deregulierung vieler Industrien in den achtziger Jahren, wurde eine Basis geschaffen, urn die notwendige Restrukturlerung und Effizienzsteigerung durchzufuhren/^° Beispielhaft fur dieses Phanomen sind die erheblichen Effizienzprobleme und der Verlust der internationalen Konkurrenzfahigkeit der amerikanischen Ol- und Gasindustrie in den achtziger Jahren. Notwendige Anderungen und die Forderung brach liegender Potenziale konnten erst nach Deregulierung der Ol- und Gasmarkte und in der Folge verstarkter Ubernahmetatigkeiten realisiert werden."^^^ Die Durchfuhrung von Restrukturierungsmafinahmen bzw. das Implementieren neuer Strategien konnen oftmals einfacher von einem neuen als vom existierenden Management vollzogen werden, da der Widerstand gegen grundlegende notwendige Anderungen in einem ubernommenen Unternehmen geringer ist.^^^ Obwohl die Aufgabe zur Sicherstellung der effizienten Nutzung der Unternehmensressourcen und somit zur Ergreifung von geeigneten Man>nahmen des Managements zu einer kompetenten Unternehmensfuhrung durch interne Kontrollinstanzen sichergestellt sein soil, versagen diese internen Kontroilprozesse haufig gerade in grofien Unternehmen und fuhren zu einer mangelhaften Nutzung der Ressourcen."*^^ Erkennen konkurrierende Managementteams diese Defizite in der Unternehmensfuhrung, so nutzen sie diese Gelegenheit, um die Kontrolle uber das Unternehmen zu erwerben und die Ressourcen optimal einzusetzen.

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Vgl. Jensen (1988), S. 21 ff., Bradley/Desai/Kim (1988), S. 3ff., Jensen/Ruback (1983), S. 5ff., Dann/DeAngelo (1988), S. 87 ff. Vgl. Jensen (1988), 3.23. Die veranderten Rahmenbedingungen beziehen sich auf die Deregulierung im Finanz-, Energieund Transportsektor, die Verbesserung der Ubernahmegesetze, das erhohte Angebot an Spezialisten der Rechts- und Finanzberatung, die Entwicklung neuer Finanzprodukte wie High-YieldBond etc., vgl. Jensen (1988), 8. 24. In den Jahren 1981-1984 wurden die meisten M&A-Transaktionen im Ol- und Gassektor vollzogen, insgesamt 26,3 % der gesamten Ubemahmetatigkeit fanden in den vorgenannten Branchen statt, vgl. Jensen (1988), S. 25. In den USA gab es verstarkte Bemuhungen zur Erschwerung von Ubernahmen. Unter anderem setzten sich Mitte der achtziger Jahre die CEOs der 200 groflten Unternehmen in den USA fur eine restriktive Regelung im Hinblick auf die Ubernahmegesetze ein, vgl. Jensen (1988), S. 22 f. Vgl. Jensen (1988), S. 27. 105

Ein funktionierender und aktiver Ubernahmemarkt stellt sicher, dass ineffektiv operierende Untemehmen ubernommen werden und letztlich nur die konkurrenzfahigen, wertschaffenden Untemehmen uberleben. Der Markt fur Untemehmenskontrolle dient dazu, Investoreninteressen durchzusetzen, indem nicht kompetente Managementteams die Kontrolle uber die Ressourcen verlieren und durch neue ersetzt werden; weiterhin profitieren die Investoren im Rahmen der Ubernahme haufig aufgrund einer gezahlten Pramie/^ Eine Vielzahl von empirischen Untersuchungen zum Ubernahmemarkt der achtziger Jahre in den USA findet starke Hinweise darauf, dass der Markt fur Untemehmenskontrolle wertschaffende Transaktionen begrundet hat, und zwar sowohl fur das Zielunternehmen und das erwerbende Untemehmen als auch fur die jeweiligen Investoren.'*^^ Die im Rahmen von Obernahmen an die Investoren gezahlten PrSmien betrugen durchschnittlich 30-50 %, auch die Aktionare des ubemehmenden Unternehmens konnten uber eine Kurssteigerung von durchschnittlich rund 4 % von der Ubernahme profitieren."*^^ Durch eine Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz und Synergieeffekte konnten mittels Obernahmen substanzielle Mehrwerte fur die Investoren geschaffen werden. Im Ruckblick konnte der addierte Untemehmenswert der ubemehmenden und ubemommenen Untemehmen nach erfolgreichem Abschluss um rund 8 % gesteigert werden; auch die sogenannten „golden parachutes" - Abfindungsregelungen fur die ehemaligen Vorstande - hatten keine negativen Auswirkungen fur die Investoren."*^^ Mehrere empirische Studien weisen darauf hin, dass bei erfolgreichen Obernahmen in der Regel ein signifikanter Anstieg des Aktienkurspreises ein bis zwei Monate nach Obernahmeangebot zu verzeichnen ist, der zwischen 16,9% und 34,1 % liegt.''' Den positiven Ergebnissen zur Funktionsfahigkeit des Marktes der Untemehmenskontrolle widersprachen Anfang der neunziger Jahre einige Autoren; so merkten z. B. Dann und DeAngelo an, dass Manager zur Abwehr feindlicher Obernahmen ihre Vermogens- und Eigentumerstruktur andem konnen."*^^ Eine Vielzahl von Veroffentlichungen beschaftigte sich mit der Nutzung von Abwehrmafinahmen, wie Aktienruckkaufen oder der Implementierung

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Die geschatzten Pramien, die Investoren im Rahmen von Obernahmen in den Jahren 1981 bis 1986 in den USA zahlten, belaufen sich auf rund 118 Mrd. US $, vgl. Jarrell/Brickley/Netter (1988), S. 49. Vgl. Jensen/Ruback (1983), S. 22 ff., Bradley/Desai/Kim (1988), S. 3 ff. Wurde ein ursprungliches Obernahmeangebot zuruckgezogen, obwohl kein Gegenangebot vorlag, so fielen die Kurse des potenziellen Obernahmeunternehmens durchschnittlich um 9,72 %. Die Aktionare eriitten einen Vermogensverlust aufgrund der vom Management implementierten Abwehrstrategien, vgl. Dann/DeAngelo (1988), S. 107. Vgl. Jensen (1988), S. 23. Vgl. Bradley (1980), S. 345 ff., Dodd/Ruback (1977), 8. 351 ff., Jarrell/Bradley (1980), S. 371 ff., Kummer/Hofmeister (1978), S. 505 ff., Jensen/Ruback (1983), S. 5 ff. Vgl. Dann/DeAngelo (1988), S. 87 ff. 106

von Schutzvorrichtungen, den sogenannten „Poison Pills", und bezweifelten die Existenz eines funktionsfahigen Marktes fur Unternehmenskontrolle.'*^° Temporar und in einigen Landern, wie z. B. in den USA Ende der achtziger Jahre, kann ein aktiver Markt zur Unternehmenskontrolle zum Vorteil der Aktionare und der Gesamtwirtschaft wirken und eine effektive Kontrolle des Marktes fur Eigenkapital gewahrleisten."^^^ Nach heutigem Wissensstand ist der Markt fur Unternehmenskontrolle, bedingt durch firmenspezifische Moglichkeiten zum Einsatz von Abwehrmechanismen sowie unterschiedliche kartellrechtliche Vorschriften, Steuer- und Banksysteme, jedoch kein effektives Instrument zur Kontrolle des Marktes fur Eigenkapital."^^^ 3.3.3 Kapitalstruktur bei Obernahmegefdhrdung nach Harris und Raviv (1988) Im Anschluss an die rege Diskussion uber den Markt fur Unternehmenskontrolle in den achtziger Jahren analysierte das theoretische Modell von Harris und Raviv (1988) (i^xQ Moglichkeiten des Managements eines ubernahmegefahrdeten Unternehmens, mittels der Hohe des selbst gehaltenen Aktienanteils am gefuhrten Unternehmen die Erfolgssaussichten eines Ubernahmeangebots zu steuern/^^ Der optimale Aktienanteil, den das Management am Unternehmen halten kann, wird dabei bestimmt durch den Vorteil des Gewinns aufgrund des Verkaufs seiner Anteile im Rahmen einer Ubernahme gegenuber den Nachteilen bei Verlust der innehabenden Managementposition/^^ Harris und Raviv be\eger[ anhand eines theoretischen Modells, dass die Eigenbeteiligung des Managements an einem ubernahmegefahrdeten Unternehmen die Wahl der Kapitalstruktur, die Methode, das Ergebnis und den Preis einer Ubernahme bestimmen kann."*®^ Das Modell wird nachfolgend vereinfacht dargestellt und unterstellt folgende Pramissen: Es existieren drei Investorentypen: das derzeitige Management des Unternehmens DM , das konkurrierende Management KM und eine Reihe passiver Investoren P/ . Alle Parteien verhalten sich risikoneutral.'*^^ Das zu ubernehmende Unternehmen ist vollstandig mit Eigenkapital finanziert. Das derzeitige Management hat sein Vermogen in das Unternehmen investiert, der Rest der Anteile wird von den passlven Investoren gehalten. Das Ziel des derzeitigen Managements ist es, seinen

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Vgl. Sinha (1991), S. 233ff., Comment/Schwert (1995), S. 3 ff., Safieddine/Titman (1999), S. 547 ff., Denis (1999), S. 1433 ff., Jensen (1991), S. 13 ff. Vgl. Jensen/Ruback (1983), S. 47. Vgl. Leechor (1999), S. 1 ff. Vgl. Harris/Raviv (1988), S. 55. Vgl. Harris/Raviv (1988), S. 75 f. Vgl. Harris/Raviv (1988), S. 58. Vgl. Harris/Raviv (1988), S. 60 ff. 107

Anteil am Untemehmen a so zu wahlen, dass der Pay-off V{a) maximiert wird. Dieser ist definiert durch die mit der Managementposition in Verbindung stehenden personlichen Vorteile PV und den Wert seiner Anteile am Untemehmen/®^ Es wird unterstellt, dass zwei mogiiche Szenarien 1 oder 2 eintreten konnen, die mit unterschiedlich hohen Cashflows Y\ Oder Y2 verbunden sind, wobei gilt Y\ > Y2. Das derzeitige und das konkurrierende Managementteam verfugen uber unterschiedliche Fahigkeiten, die unternehmerischen Ressourcen zu managen; diese konnen allerdlngs ex ante nicht beurteilt werden. Es wird unterstellt, dass das derzeitige Management mit der Wahrscheinlichkeit p die Fahigkeit besitzt, Cashflows in Hohe von Y\ zu generieren, und mit der Wahrscheinlichkeit (1-/?) die Fahigkeit, die Cashflows Y2 zu generieren."^®® Fuhrt das derzeitige Management das Untemehmen, so ist der Wert der Cashflows wie folgt definiert:

CF,,^=pY,+i\-p)Y, Das konkurrierende Management hingegen besitzt mit der Wahrscheinlichkeit {\-p)

die

Fahigkeit, Cashflows in Hohe von Y\ zu generieren, und mit der Wahrscheinlichkeit p die Fahigkeit, Cashflows in Hohe von Y2 zu generieren. Fuhrt das konkurrierende Management das Untemehmen, so ist der Wert der Cashflows wie folgt definiert: Cr,,,=i\-p)Y,+pY, Besteht die Gefahr einer Ubernahme durch einen Konkurrenten, so wird unterstellt, dass das derzeitige Management seinen Anteil a am Untemehmen kurzfristig neu bestimmt. Das ubernehmende Untemehmen erwirbt Anteile am Ubemahmekandidaten von den passiven Investoren. In Abhangigkeit der Wahl des Anteils a6es derzeitigen Managements des Ubernahmekandidaten am Untemehmen und des von den passiven Investoren erworbenen Anteils des konkurrierenden Managements unterscheiden Harris und Raviv(^res unterschiedliche Szenarien: 1.

Die erfolgreiche Ubernahme charakterisiert die Situation, bei der das konkurrierende Management das Untemehmen ubernimmt, selbst wenn es als weniger kompetent als das derzeitige Management gilt/®^ Da der Anteil a , den das derzeitige Management am Untemehmen halt, zu gering ist, um die Ubernahme abzuwehren, verliert es die Kontrollstellung an das konkurrierende Management - trotz hoherer Kompetenz. Bei einer erfolgreichen Ubernahme durch den Konkurrenten besteht der Pay-off des Manage-

^®' Vgl. Harris/Raviv (1988), S. 61 ff. Vgl. Harris/Raviv (1988), S. 64. 108

merits aus den vom konkurherenden Managementteam zukunftig generierten Cashflow des ubernommenen (vormals eigenen) Unternehmens: Via) = a^CFf^M • Die nicht erfolgreiche Ubernahme definiert die Situation, bei der aufgrund des grofien Anteils a des derzeitigen Managements am Unternehmen die Ubernahme durch das konkurrierende Managementteam fehlschlagt, seibst wenn es kompetenter als das derzeitige Management ist/^° In diesem Fall erhalt das derzeitige Management einen Pay-off in Form seiner Anteile am seibst generierten Cashflow und der personlichen Vorteile PV , die der Managementposition beigemessen werden:

3.

Das dritte Szenario beinhaltet einen offenen Ausgang der Ubernahmetransaktion, die erst mittels Abstimmung durch die passiven Investoren entschieden wird. Diese entscheiden sich im Rahmen der Abstimmung fur das ihrer Meinung nach kompetenteste Management. Der Pay-off fur das derzeitige Management ist in dieser Situation definiert durch die Anteile am Cashflow Kl"*^^ sowie den mit der Wahrscheinlichkeit p gewichteten Wert der personlichen Vorteile PV : V{a) = a,}\ ^ pPV

Der optimale Anteil, den das derzeitige Management am Unternehmen haiten kann, wird durch Maximierung des Pay-offs V{a) bestimmt. Wird der vom Management gehaltene Anteii am Unternehmen c/erhoht, steigt die Wahrscheinlichkeit der Beibehaitung der Kontrollstellung und somit auch die damit in Verbindung stehenden Vorteile. Wird der vom Management gehaltene Anteil am Unternehmen a zu sehr erhoht, hat dies eine Reduktion des Unternehmenswertes und somit eine Reduktion des Wertes seines Anteils a am Unternehmen zur Folge.''' Der vom Management gehaltene Aktienanteil a wird durch die Kapitalstruktur beeinflusst. Kauft z. B. das Unternehmen Aktien von den passiven Investoren zuruck und finanziert die Ruckkaufe mittels Fremdkapital, so kann das Management mit dem vorhandenen Vermogen einen hoheren Anteil a am Unternehmen erwerben. Die Maximierung des Pay-offs des derzeitigen Managements wird erreicht, indem die Verschuldungsquote derart gewahit wird, ^^^ Vgl. Harris/Raviv (1988), 8. 66. ^^° Vgl. Harris/Raviv (1988), 8. 68 ff. "^^^ Das Modell unterstellt, dass das kompetentere Managementteam die Abstimmung gewinnt und der hohere Cashflow n erwirtschaftet werden kann. 109

dass sie zum optimalen Aktienanteil a fuhrt. Ham's ^A7(y^<^i//Vunterstellen, dass die Vorteile der Kontrollstellung des Managements mit zunehmender Verschuldung geringer werden; somit wahit das Management jeweils die niedrigstmogliche Verschuldungsquote, um den Pay-off zu maximieren. Unter der Pramisse, dass der einzige Grund zur Emission von Fremdkapital die Abwehr von Ubemahmeangriffen ist, fuhrt das Modell zu nachfolgenden Thesen: Tendenziell verfugen Unternehmen, die als Zielobjekt fur Ubernahmen gelten, durchschnittlich uber eine hohere Verschuldungsquote als Nichtubernahmekandidaten/^^ Die Hohe der Verschuldungsquote hangt davon ab, wie erfolgversprechend potenzielle Ubernahmemethoden sein sollen. Wenn das derzeitige Management die Chancen auf die Beibehaltung der Managementposition erhohen mochte, wird tendenziell eine hohere Verschuldungsquote gewahlt/^"* Je kompetenter das derzeitige Management im Vergleich zum konkurrierenden Management ist, desto weniger Fremdkapital ist wiederum notwendig, da im Rahmen einer Abstimmung das kompetentere Management gewinnt/^^ Bei Unternehmen, die im Rahmen von Ubernahmetransaktionen in eine Abstimmung gelangen, ist die Fremdkapitalemission im Durchschnitt geringer, wenn das Management des ubernehmenden Unternehmens nachweislich eine negative Referenz bei Ubernahmen vorweist. Aus den vorangegangenen Uberlegungen schliefien Harris und Raviv, dass Ubernahmekandidaten ihre Verschuldungsquote anheben und in der Folge uberdurchschnittliche Kurssteigerungen vollziehen. Durch Veranderung der Verschuldungsquote ist das Management in der Lage, die Art und die Erfolgsaussichten der Ubernahme zugunsten der Maximierung der eigenen Vorteile zu beeinflussen.'*^® Die Entscheidung hinsichtlich der Kapitalstruktur ist nach diesem Modell primar auf die Maximierung des Pay-offs des derzeitigen Managements reduziert.

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Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Harris/Raviv Harris/Raviv Harris/Raviv Harris/Raviv Harris/Raviv

(1988), (1988), (1988), (1988), (1988),

S. 74 ff. S. 74. S. 74. S. 75. S. 75.

110

3.3.4 Kapitalstruktur bei Ubernahmegefahrdung nach Stuiz (1988) Auch StuIz (1988) beweist anhand eines theoretischen Modells, dass der vom Management gehaltene Anteil"*^^ am gefijhrten Untemehmen die Erfolgsaussichten einer Ubemahme sowie die im Rahmen einer Ubemahme gezahlte Pramie beeinflusst. Der vom Management gehaltene Anteil a am Unternehmen beeinflusst somit direkt das Vermogen der Aktionare des Unternehmens/^® Ahnlich wie im Modell von Harris £/A7fl^^ai//Vunterstellt auch Stu/z, dass es drei Parteien gibt: das derzeitige Management, das konkurrierende Management und eine grofle Anzahl von passiven Investoren. Des Weiteren wird angenommen, dass das derzeitige Management einen Anteil a am Unternehmen halt und damit in Verbindung stehende Vorteile geniefit. Im Gegensatz zum Modell von Harrfs und Raviv wIrd allerdlngs unterstellt, dass das Management nicht bereit ist, seine Anteile im Rahmen des Ubernahmewettbewerbs anzubieten."*^^ Ausgehend von der Annahme, dass das Management keine Anteile am Unternehmen halt, musste das bietende Unternehmen zum erfolgreichen Abschluss der Ubemahme mindestens 50 % der passiven Aktionare uberzeugen, in das Ubernahmeangebot einzuwilligen. Halt das derzeitige Management des ubernehmenden Unternehmens einen Anteil a, so steigt mit der Hohe des Anteils die Anzahl der passiven Investoren, die in die Ubemahme einwilligen mussen.'*®" Es wird unterstellt, dass die passiven Investoren unterschiedliche Vorstellungen uber den zu zahlenden Preis fur ihre Aktien haben. Je hoher die vom bietenden Unternehmen angebotene Pramie, desto mehr passive Investoren werden das Angebot des Bieters annehmen."^^^ Mit steigendem Anteil a des Managements steigt auch die vom Bieter angebotene Pramie bis zu dem Punkt, an dem der gebotene Preis keinen negativen Barwert fur den Bieter hat."^®^

479 480

im Modell von StuIz bezieht sich der vom Management gehaltene Anteil auf die Zahl der stimmberechtigten Aktien, vgl. StuIz (1988), S. 25. Der Anteil des Managements am gefijhrten Unternehmen wurde unter anderen Aspekten in der finanztheoretischen Diskussion der Kapitalstruktur bereits von Jensen und Meckling (1976) im Hinblick auf die dadurch entstehenden gemeinsamen Interessen mit anderen Anteilseignern untersucht und von Leiand und Pyle (1977) im Rahmen der Signalisierungstheorie im Hinblick auf die Vermittlung von Informationen ijber den Unternehmenswert an Externe diskutiert, vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 323 ff., Leiand/Pyle (1977), S. 737 ff. Vgl. StuIz (1988), S. 26 ff. Vgl. StuIz (1988), S. 32. Vgl. StuIz (1988), S. 31. Vgl. StuIz (1988), S. 33. Ill

Mit Erhohung des Anteils a des Managements steigt die gezahlte Pramie im Rahmen der Ubemahme, gleichzeitig sinken aber die Erfolgsaussichten fur eine Ubernahme/®^ Halt das Management einen relativ grofien Anteil a an einem potenziellen Ubernahmekandidaten und ist nicht willens, seine Anteile im Rahmen einer Ubemahme anzubieten, so bleiben wertsteigernde Ubemahmeangebote von vornherein aus. Halt das Management wiederum keine Anteile am Unternehmen, so konnen Obemahmen selbst mit einer geringen Pramie schon erfolgreich durchgefuhrt werden, obwohl das bietende Unternehmen auch eine hohere Pramie bezahit hatte/®"^ Der Wert eines Unternehmens steigt oder sinkt nach dem Modell von Stuiz in Abhangigkeit der Hohe des vom Management gehaltenen Anteils a am Unternehmen/®^ Die Wahrscheinlichkeit einer Ubemahme und der Wert des Unternehmens hangen somit von der Verteilung der Anteile zwischen den passiven Investoren und dem Management ab. Die Finanzierungsentscheidungen des Managements beeinflussen den Anteil a des Managements und somit den Unternehmenswert. Fur geringere Anteile a des Managements am Unternehmen wirkt eine Steigerung der Verschuldungsquote des Untemehmenswertes positiv auf den Unternehmenswert, eine Senkung hat den gegenteiligen Effekt/®^ Ahnlich dem Modell von Harris und Raviv schliefit auch StuIz, dass die Entscheidung des Managements uber die Kapitalstruktur bei ubernahmegefahrdeten Unternehmen maflgeblich auf die Optimierung der personlichen Vorteile konzentriert ist. Die optimale Kapitalstruktur ist daher definiert durch den Trade-off zwischen dem vom erwerbenden Unternehmen gezahlten hoheren Preis gegenuber der geringeren Wahrscheinlichkeit einer wertsteigemden Ubemahme. 3.3.5 Kritische Wiirdigung Aus der intensiven finanztheoretischen Auseinandersetzung mit dem Ubemahmemarkt der achtziger Jahre in den USA resultiert die Analyse der Wechselwirkung zwischen der Kapitalstruktur und potenziellen Obemahmen.

StuIz zufolge belegen Studien, dass Ubernahmeversuche, bei denen das Management des Ubernahmekandidaten mehr als 20 % der Anteile halt, in der Praxis kaum vorkommen, vgl. StuIz (1988), S. 26. Vgl. StuIz (1988), S. 26 ff. Morck, Shieifer und Vishny testen diese Hypothese und unterstellen, dass der Anteil der stimmberechtigten Aktien des Managements gleich dem wirtschaftlichen Anteil am Unternehmen ist. Weiter argumentieren sie, dass, wenn der Anteil a des Managements klein ist, eine Erhohung des Anteils die Interessen des Managements und der Aktionare angleicht. Ist der Anteil a bereits groft, fuhrt eine weitere Erhohung dazu, dass das Management eigene Interessen verfolgt, vgl. Morck/ShleiferA/ishny (1988), S. 842 ff. Vgl. StuIz (1988), S. 41. 112

Die thematischen Ausarbeitungen zum Markt fur Unternehmenskontrolle unterstellen, dass die Wahl der Kapitalstruktur ausschliefilich auf die Abwehr feindlicher Ubernahmen ausgerichtet ist. Unterstellt man diese Pramisse, so bieten die Modelle eine Erklarung fur kurzfristige Anpassungen der Kapitalstruktur als Reaktion auf potenzielle Ubernahmen. Ubernahmekandidaten erhohen im Durchschnitt ihre Verschuldungsquote und profitieren von hoheren Aktienkursen. Mit steigender Verschuldungsquote sinkt wiederum die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Ubernahme."^®^ Als Erklarung von langfristigen Kapitalstrukturen eignen sich die Modelle zur Theorie der Unternehmenskontrolle nur sehr eingeschrankt. Denn sie vernachlassigen einerseits die bereits von Jensen undMeckling ^^IQ diskutierten positiven Anreizeffekte einer hohen Eigenbeteiligung des Managements am Unternehmen/^^ andererseits vernachlassigen sle Informationsasymmetrien, da unterstellt wird, dass das Management, Investoren und das erwerbende Unternehmen uber denselben Informationsstand verfugen. Weitere Kritik bezieht sich bei den vorgestellten Modellen auf die alleinige Konzentration auf die Erhohung der Verschuldung als Abwehrmechanismus - sowie auf die unrealistische Annahme, dass die Cashflows, die Stimmrechte sowie andere kontrollrelevante Einflusse exogen sind und durch das Management nicht verandert werden konnen."*®^ Aufgrund der stringenten Modellpramissen eignen sich die finanztheoretischen Modelle des Marktes fur Unternehmenskontrolle daher nur zur Erklarung kurzfristiger Anpassungsmechanismen bei Ubernahmekandidaten - der Beitrag zur Erklarung der Wahl der langfristigen Kapitalstrukturen ist hingegen marginal."^^^

Vgl. Harris/Raviv (1988), S. 55 ff., Stuiz (1988), S. 25 ff., Israel (1991), S. 1391 ff. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 305 ff. Mogliche andere Abwehrmechanismen sind beispielsweise das Halten eines Aktienpaketes durch einen „befreundeten" Investor, sogenannte „Poison Pills" und bestimmte gesellschaftsrechtliche Oder vertragliche Verpflichtungen, die die Ubernahme erschweren, vgl. StuIz (1988), S. 50, Harris/Raviv (1991), S. 325. Vgl. Harris/Raviv (1991), S. 325. 113

3.4

Theorien zur Kapitalstruktur basierend auf dynamischen, Windows-ofOpportunity und Market Timing Modellen

3.4.1 Vorbemerkungen Trotz der sehr unterschiedlichen Ansatze der Theorien zur optimalen Kapitalstruktur basieren fast alle vorgestellten Ansatze auf statischen Kapitalstrukturmodellen.'*®^ Die Grundannahme der statischen Modeile ist, dass die beobachteten Kapitalstrukturen jeweils den optimalen Kapitalstrukturen der Unternehmen entsprechen und weiterhin zeitliche Aspekte wie bestimmte Phasen an Eigen- und Fremdkapitalmarkten keine Rolle spielen. Die Moglichkeit, dass Unternehmen einerseits von der gewunschten optimalen Kapitalstruktur abweichen konnen und dass die Bedingungen an den Kapitalmarkten zur Kapitalaufnahme variieren konnen, wurden somit per Definition in den meisten alteren Theoriemodellen ausgeschlossen. Das Finanzierungsverhalten borsennotierter Unternehmen weist allerdings darauf hin, dass einerseits die Historie eines Unternehmens eine bedeutende Rolle bei der Wahl der Kapitalstruktur spielt und andererseits Anpassungsprozesse von Kapitalstrukturen im Verlauf der Zeit stattfinden - statische Modeile besitzen daher einen begrenzten Interpretationsgehalt. Seit Mitte der achtziger Jahre entwickelten sich daher mehrere Theorieansatze innerhalb der Kapitalstrukturthematik, deren Fokus auf der nicht statischen Betrachtung der Kapitalstrukturen lag; hierzu zahlen insbesondere die Ansatze, die sich mit dynamischen Anpassungsprozessen auseinander setzten, die Windows-of-Opportunity-Ansatze sowie die aktuellen Market Timing-Ansatze.'*^^ In den fruhen dynamischen Ansatzen wurde zunachst die Geschwindigkeit der Anpassungsprozesse untersucht. So charakterisierten Jalilvand und Harris in ihrer Veroffentlichung aus dem Jahr 1984 das finanzielle Verhalten von Unternehmen als Teil ihrer Anpassungsprozesse an langfristige finanzielle Ziele und untersuchten insbesondere die Finanzierung und Geschwindigkeit der Anpassungsprozesse."*^^ Da Anpassungsprozesse Kosten verursachen, argumentierten Fischer, Heinkei undZechner, dass insbesondere die Bandbreite, innerhalb deren sich die Kapitalstrukturen bewegen, analysiert werden sollte. Die im Jahr 1989 von den Autoren verbffentlichte Arbeit benutzt dynamische Anpassungsfaktoren, um Minimum und Maximum der Verschuldungsquote der Un-

Eine Ausnahme hiervon bildet die vorgestellte Pecking-Order-Theorie, die zu den klassischen Theorien gehort und bereits auf einer nicht statischen Betrachtung basiert. Beitrage zu dynamischen Ansatzen stammen u. a. von Kane/MacDonald (1984), S. 841 ff., Kane/MacDonald (1985), S. 479ff., Jalilvand/Harris (1984), S. 127ff., Fischer/Heinkel/Zechner (1989), S. 19ff., Hovakimian/Opler/Titman (2001), S. 1 ff., Leiand/Toft (1996), S. 987ff., Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 275 ff. Vgl. Jalilvand/Harris (1984), S. 127 ff.

114

ternehmen uber einen Zeitraum von acht Jahren sowie die beeinflussenden Faktoren zu bestimmen/^'* Neuere Studien zu dynamischen Ansatzen beruhen auf dezidierteren okonometrischen Modeller). Aufgrund der Mdglichkeiten der Paneldaten-Analyse stellen die Autoren Banerjee, Heshmatiund Wihiborg'xw einer aktuellen Veroffentlichung aus dem Jahr 2004 eine simultane Modellierung der Einflussfaktoren der Kapitalstrukturen einerseits und der Anpassungsprozesse andererseits vor, anhand deren sie eine empirische Untersuchung fur amerikanische und englische Unternehmen durchfuhren."*^^ Ein weiterer Zweig der finanztheoretischen Literatur wurde unter dem Begriff „Windows of Opportunity" bekannt, der stnngemSR als „Gelegenhertsfenster*' ubersetzt werden kann. Anfang der neunziger Jahre beschaftigte sich eine Vielzahl empirischer Studien mit der Performance amerikanisclier Unternehmen nach Durchfuhrung des Borsengangs und stellte mehrheitlich im Hinblick auf die langfristige Borsenperformance der Unternehmen eine unterdurchschnittliche Renditeentwicklung im Verhaltnis zu vergleichbaren bereits borsennotierten Unternehmen fest.'*^^ Das Phanomen der langfristig unterdurchschnittlichen Rendite wurde daraufhin auch fur die Performance nach Sekundarmarkttransaktionen untersucht. Wiederum bestatigten diverse empirische Studien, dass die langfristige Rendite von Unternehmen nach Durchfuhrung einer Kapitalerhohung geringer war als die Rendite vergleichbarer Unternehmen ohne Sekundarmarkttransaktion.'*^^ Eine Vielzahl empirischer Studien belegte daruber hinaus, dass Kapitalerhohungen haufig nach einem starkeren Kursanstieg durchgefuhrt werden. Die empirischen Befunde der uberwiegend unterdurchschnittlichen Rendite nach Eigenkapitaltransaktionen am Kapitalmarkt konnten mit den klassischen Theorien zur Kapitalstruktur nicht schlussig erklart werden. Die fruhen Arbeiten zur Kapitalstruktur gingen von einem vollkommenen Kapitalmarkt aus, der zu jedem Zeitpunkt faire Preise unterstellt. Den der Emission zugrunde liegenden zeitlichen Faktoren oder Marktphasen, wie z. B. dem Zeitpunkt einer Eigenkapitalemission, wurde daher keine Bedeutung zugemessen.

Vgl. Fischer/Heinkel/Zechner (1989), S. 19 ff. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 275 ff. Vgl. Ritter (1991), S. 3ff., Aggarwal/Rivoli (1990), S. 45ff., Affleck-Graves/Hedge/Miller (1996), 8. 25 ff., Carter/Dark/Singh (1998), S. 285 ff., Loughran/Ritter (1995), S. 23 ff., Loughran (1993), S. 241ff., Schuster (1995), S. 1 ff., Ljungqvist (1997), S. 1309ff., Stehle/Erhardt (1999), S. 1395ff. In Bezug auf die kurzfristige Emissionsrendite wurden uberwiegend positive Renditen festgestellt, vgl. Loughran/Ritter/Rydqvist (1994), S. 165 ff. Vgl. Spiess/Affleck-Graves (1995), 8. 243 ff., Loughran/Ritter (1997), 8. 1823 ff., Jung/Kim/8tulz (1996), 8. 159 ff., Stehle/Ehrhardt/Przyborowsky (1998). 115

Die zugrunde liegenden Kapitalmarktkonditionen fur die Aktien- und Anieiheemissionen sind in der Praxis nicht vollkommen, sondern durch makrookonomische Faktoren, Borsenzyklen und Erwartungshaltungen stark beeinflusst. Insbesondere die Einschatzungen der Investoren ijber die zukijnftigen Wachstumspotenziale eines Unternehmens konnen aufgrund des bestehenden Informationsdefizits stark von denen des Managements abweichen und spiegein sich in der Borsenbewertung wider. Um erfolgreich am Finanzmarkt zu agieren, kann das Management zeitweise auftretende vorteilhafte Kapitalmarkt- und Bewertungsphasen aufgrund des Informationsvorsprungs uber den tatsachlichen Unternehmenswert, gegenuber den Investoren nutzen. Tritt die Situation ein, dass Wachstumsaussichten eines Unternehmens vom Markt zu optimistisch eingeschatzt warden, kOnnenUntemehmen diese Fetitetnschatzung mittets EigenkapitatemissioTi nutzen. Hieraus resultiert langfristig eine unterdurchschnittliche Borsenperformance. Die Hypothese, dass Unternehmen zeitweise auftretende Borsenphasen, die mit Uberbewertung einhergehen, nutzen, wurde in der finanztheoretischen Literatur unter dem Begriff ..Windows of Opportunity" bekannt. Die relativ aktuellen Market Timing-Ansatze setzen inhaltlich auf den Windows-of-Opportunity-Ansatzen auf und entwickein diese weiter. Sie untersuchen den Einfluss des Market Timings, also das Ausmafi eines opportunistischen Ausnutzens von Bewertungen bzw. Kapitalmarktphasen im Zeitablauf durch borsennotierte Unternehmen und dessen Einfluss auf die Kapitalstruktur. Dabei steht die Analyse der Eigen- und Fremdkapitalemission in Abhangigkeit der zugrunde liegenden Borsenbewertungen und makrookonomischen Bedingungen insbesondere des Zinsniveaus - im Mittelpunkt. Im Folgenden werden drei bekannte aktuelle Ansatze der Market Timing-Theorie vorgestellt. Eine empirische Untersuchung von Baker und Wurgler aus dem Jahr 2002 deutet auf einen nachhaltigen Einfluss von Borsenbewertungen auf die Kapitalstruktur hin und unterstellt, dass die derzeitige Kapitalstruktur borsennotierter Unternehmen das kumulative Ergebnis von historischen Bemuhungen der Unternehmen ist, den Markt zu timen."*^® Eine Untersuchung von Koraczyk und Levy aus dem Jahr 2004 untersucht den Einfluss makrookonomischer Faktoren - insbesondere des Zinsniveaus - auf die Kapitalstruktur borsennotierter amerikanischer Unternehmen und stellt ebenfalls ein Market TIming-Verhalten m Bezug auf die Fremdkapitalemission fest."*^^

^^^ Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 1 ff. ^^^ Vgl. Koraczyk/Levy (2003), S. 75 ff. 116

Eine Studie der Autoren Henderson, Jegadeesh und Wefsbach aus dem Jahr 2004 untersucht den Faktor des Market Timings anhand des globalen Emissionsverhaltens in Abhangigkeit der Kapitalmarkt- bzw. makrookonomischen Bedingungen.^°° Nachfolgend werden die Forschungszweige der dynamischen Anpassungsprozesse, der Windows-of-Opportunity- und Market Timing-Theorie anhand einiger ausgewahlter Veroffentlichungen vorgestellt.

3.4.2

Kapitaistruktur und dynamische Anpassungsprozesse

3.4.2.1

Anpassungsgeschwindigkeit und Einflussfaktoren

Jalilvand

und Harris sowie weitere Autoren thematisierten bereits Anfang der achtziger Jah-

re, dass dynamisclie Ansatze in der Finanzierungstheorie von Bedeutung fur die Analyse der Kapitalstrukturen sind.^°^ Sie charakterisierten das finanzielle Verlialten von Unternehmen als Teil ihrer Anpassungsprozesse an langfristige finanzielle Ziele.^°^ Dynamischen Anpassungsprozessen wurde in der finanztheoretischen Diskussion zur Kapitaistruktur bis dahin nur wenig Beachtung geschenkt. In den klassischen Theorien wurde bei Abweichungen eines Unternehmens von der optimalen Kapitaistruktur zumeist eine sofortige kostenlose Wiederanpassung unterstellt, was wiederum optimale Kapitalmarktkonditionen im Sinne vollkommener Markte unterstellt. Die in der Praxis vorzufindenden unterschiedlichen Kapitalmarktkonditionen im Hinblick auf das Zins- und Aktienniveau konnen nach

Jalilvand

und Harris 6en Anpassungsprozess an die optimale Kapitaistruktur verz6gern.^°^ Des Weiteren unterstellen sie, dass bedingt durch mogliche Anpassungskosten und andere Zwange die Unternehmen keine vollstandige, sondern eine sukzessive Anpassung, die einer partiellen Abfolge gleicht, vornehmen. Jalilvand und Harris konzeniueren

sich in ihrer Arbeit auf die Interaktion der unterschiedlichen

Finanzierungsmoglichkeiten; dabei unterstellt das Modell, dass die langfristigen Zielkapitalstrukturen der Unternehmen exogen sind. Mittels einer empirisch-okonometrischen Studie, die das Verhalten amerikanischer borsennotierter Unternehmen in Bezug auf die Emission von kurz- und langfristigem Fremdkapital, Eigenkapital, die Liquiditatshaltung und die Divi-

Vgl. Henderson/JegadeeshA/Veisbach (2004), S. 1 ff. Vereinzelt griffen bereits fruhere Arbeiten die Thematik der Abweichungen von der optimalen Kapitaistruktur in Zusammenhang mit der Trade-off-Theorie auf, bei der unterstellt wird, dass Abweichungen von der optimalen Kapitaistruktur umgehend ausgeglichen werden, siehe hierzu Marsh (1982), S. 121 ff. und Taggart (1977), S. 1467 ff. Vgl. Jalilvand/Harris (1984), S. 127 f. Vgl. Jalilvand/Harris (1984), S. 128 ff.

117

dendenpolitik wahrend der Jahre 1963 bis 1978 anhand von 108 borsennotierten Unternehmen untersucht, wurde Folgendes festgestellti^^"* Unternehmen weisen in Bezug auf ihre Finanzierungsbedurfnisse einige spezifische Verhaltensmuster auf. Akute Finanzierungsbedurfnisse werden in der nachfolgenden Reihenfolge bedient: Erhdhung des langfristigen Fremdkapitals, Reduzierung der liquiden Mittel und Erhohung des Eigenkapitals.^°^ Dabei passen grofle Unternehmen ihr langfristiges Fremdkapital im Rahmen von Anpassungsprozessen schneller an den angestrebten Fremdkapitaianteil an und setzen mehr langfristiges Fremdkapital zur Finanzierung als kleinere Unternehmen ein. Im Vergleich zu kleineren Unternehmen reagieren grofie Unternehmen tendenziell z6gerlicher bei der Emission von neuem Eigenkapital.^°^ Des Weiteren gibt es Hinweise darauf, dass Unternehmen versuchen, die Emission von langfristigem Fremdkapital und Eigenkapital zu timen. In Erwartung eines zukunftig sinkenden Zinsniveaus verschieben Unternehmen die Emission von langfristigem Fremdkapital und erhohen stattdessen den Anteil des kurzfristigen Fremdkapitals oder emittieren Eigenkapital. Die Anpassung an die angestrebte Eigenkapitalquote wird schneller realisiert bei Vorliegen eines hohen Aktienpreisniveaus, und tendenziell findet eine verstarkte Finanzierung mittels Aktienemission statt, wenn der Aktienpreis im Vergleich zu historischen Werten als hoch eingeschatzt wird.^°^ Aufgrund der Ergebnisse ihrer Untersuchungen Ziehen Jalilvand und Harris den Schluss, dass die Geschwindigkeit der Anpassungsprozesse an die jeweilige Zielkapitalstruktur von Unternehmen zu Unternehmen stark variiert. Die Geschwindigkeit des Anpassungsprozesses wird dabei primar bestimmt durch die Grofie des Unternehmens und die zugrunde liegenden Kapitalmarktkonditionen, wie z. B. das Zins- und Aktienpreisniveau.^^° 3.4.2.2 Bandbreite der Kapitalstrukturen Fischer, Heinicei und Zeciiner enW\cke\\er\ 1989 ein dynamisches Model!, welches entstehende Anpassungskosten bei der Veranderung der Kapitalstruktur berucksichtigt.^°^ Sie vertreten die Meinung, dass bereits geringe Anpassungskosten zu groflen Veranderungen der Kapitalstruktur von Unternehmen im Zeitverlauf fuhren konnen. Aufgrund der hohen Kosten bei Wiederanpassung an die angestrebte Kapitalstruktur lassen Unternehmen Schwankungen innerhalb definierter Bandbreiten zu. Diese Loglk erklart gemafl Fisctier, Heinlcel und Zectiner auch die in der Praxis zu beobachtenden unterschiedlichen Kapitalstrukturen von

505 506 507 508

Vgl. Jalilvand/Harris (1984), S. 129 ff. Vgl. Jalilvand/Harris (1984), S. 142. Vgl. Jalilvand/Harris (1984), S. 142. Vgl. Jalilvand/Harris (1984), S. 142. Vgl. Jalilvand/Harris (1984), S. 127. Auf die Existenz von Anpassungskosten wiesen bereits mehrere Autoren hin, siehe Myers (1984), S. 587 und Kane/Marcus/McDonald (1985), S. 485 ff. 118

ansonsten vergleichbaren Unternehmen.^^° Im Rahmen der Arbeit von Fischer, Heinkel und Zechner wird die klassische Trade-off-Theorie in einem dynamischen Kontext neu interpretiert, so werden die bereits in der Trade-off-Theorie definierten Vor- und Nachteile der Fremdfinanzierung abgewogen, des Weiteren werden das zugrunde liegende Unternehmensvermogen sowie die Hohe der Anpassungskosten berucksichtigt.^^^ Die Autoren benutzen im Rahmen ihrer Studie dynamische Anpassungsfaktoren, urn das Minimum und Maximum der Verschuldungsquoten borsennotierter Unternehmen uber einen Zeitraum von acht Jahren zu untersuchen, und versuchen die Faktoren zu bestimmen, welche die Bandbreite der gemessenen Kapitalstrukturen beeinflussen.^^^ Als m6gllche beeinflussende Faktoren werden die Gr6fle eines Untemehmens, die anhand der Marktkapitalisierung, die Besteuerung, die anhand der effektiven Steuerrate, sowie das Konkursrisiko, welches durch die Standardabweichung der logarithmierten historischen Umsatze gemessen wird, definiert.^^^ Bei der Interpretation der Ergebnisse weisen die Autoren darauf hin, dass sie simplifizierende Annahmen in Bezug auf die Vor- und Nachteile des Einsatzes des Fremdkapitals, eine exogene Investitionspolitik sowie weitere einschrankende Annahmen getroffen haben.^^'* Vorbehaltlich dieser Einschrankungen lassen die Ergebnisse der empirischen Studie darauf schliefien, dass die untersuchten Unternehmen eine unterschiedlich hohe Bandbreite zulassen, innerhalb derer sich ihre Kapitalstrukturen bewegen; dabei werden bestimmte Zusammenhange zwischen der Hohe der Bandbreite und unternehmensspezifischer Charakteristika festgestellt.'^' Tendenziell weisen grofie Unternehmen mit hoher effektiver Steuerrate und einem geringen Konkursrisiko eine engere Bandbreite auf, innerhalb deren sich die Kapitalstrukturen bewegen, wahrend kleinere Unternehmen mit niedriger Steuerrate und hoherem Konkursrisiko eine hohere Bandbreite aufweisen.^^® Aufgrund der Ergebnisse messen die Autoren dynamischen Aspekten beim Finanzierungsverhalten eine wichtige Bedeutung zu.

514 515

Vgl. Fischer/Heinkel/Zechner (1989), S. 20. Vgl. Fischer/Heinkel/Zechner (1989), S. 20 f. Die Untersuchung umfasste 999 borsennotierte Fischer/Heinkel/Zechner (1989), S. 33 f. Vgl. Fischer/Heinkel/Zechner (1989), S. 33 ff. Vgl. Fischer/Heinkel/Zechner (1989), S. 39. Vgl. Fischer/Heinkel/Zechner (1989), S. 20. Vgl. Fischer/Heinkel/Zechner (1989), S. 39. 119

amerikanische

Unternehmen,

vgl.

3.4.2.3 Dynamischer Anpassungsprozess Aufbauend auf der bereits vorgestellten Arbeit von Jalilvand und Ham's bei^ssen sich die Autoren Banerjee, Heshmati und Wihiborg erneut mit der Thematik der Anpassungsprozesse und verdffentlichten 2004 eine empirische Untersuchung, deren Fokus auf der Bestimmung moglicher Einflussfaktoren sowie der Geschwindigkeit von Anpassungsprozessen liegt.^^^ Wahrend die Arbeit von Jalilvand und Harris die Exogenitat der Kapitalstruktur unterstellt, geht das Modell von Banerjee, Heshmati und Wihiborg MOX\ der Endogenitat der Kapitalstruktur aus. Des Weiteren steht im Gegensatz zu den Thesen von Jaiilvand und Harris n\ch\ die Interaktion der unterschiedlichen Finanzierungsmoglichkeiten bei Anpassungsprozessen, sondern die Analyse der den Anpassungsprozess bestlmmenden Faktoren im Vordergrund. Ebenso wie fiJr die bereits vorgestellten Arbeiten gilt auch hier die Annahme, dass die beobachteten Kapitalstrukturen der Unternehmen nicht den optimalen Kapitalstrukturen entsprechen. Im Vergleich zu den alteren Ausarbeitungen zur dynamischen Kapitalstruktur zeichnet sich die Arbeit von Banerjee, Heshmati und Wihiborg 6urch die simultane Modellierung der moglichen Einflussfaktoren der Kapitalstruktur und des Anpassungsprozesses aus. Das Modell unterstellt, dass die Kapitalstruktur durch eine Reihe von unternehmensspezifischen Einflussfaktoren^^® determiniert wird und ein Anpassungsprozess an die endogene Zielkapitalstruktur stattfindet. Des Weiteren wird angenommen, dass, bedingt durch die Anpassungskosten, der Anpassungsprozess eine geringe Geschwindigkeit aufweist und ebenfalls durch bestimmte Einflussfaktoren determiniert wird.^^^ Dabei gelten folgende Grunduberlegungen: Die optimale Kapitalstruktur/.*, des Unternehmens / zur Zeit t ist beeinflusst von firmen- und zeitspezifischen Variablen und kann wie folgt dargestellt werden:

/;=F(K„,D,,D,), wobei eine Funktion F eines Vektors von firmen- und zeitspezifischen Variablen den optimalen Verschuldungsgrad )^, bestimmt und D, die firmenspezifischen und D, die zeitspezifischen Effekte abbilden. Die optimale Kapitalstruktur varliert somit in Abhangigkeit von Unternehmen und Zeit."° Da angenommen wird, dass die Faktoren, die die optimale Kapitalstruktur determinieren, sich im Zeitverlauf andern konnen, resultiert daraus auch eine Anderung

519 520

Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihlborg (2004), S. 276. Die gewahlten Einflussfaktoren basieren auf den bisherigen empirischen Ergebnissen zur Theorie der Kapitalstruktur, vgl. Banerjee/HeshmatiAA/ihlborg (2004), S. 277. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihlborg (2004), S. 277. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihlborg (2004), S. 278 f.

120

der optimalen Kapitalstruktur L*, im Zeitverlauf. Unter idealen Voraussetzungen entspricht die tatsachliche Kapitalstruktur der optimalen Kapitalstruktur und es gilt:

In einem dynamischen Kontext gilt weiterhin, dass die Veranderung der tatsachlichen Kapitalstruktur von einer zur nachsten Periode der notwendigen bzw. angestrebten Veranderung der Kapitalstruktur von einer zur nachsten Periode entspricht. Urn die optimale Kapitalstruktur zum Zeitpunkt t zu erreichen, gilt daher:

Unter der Annahme existierender Anpassungskosten kann wiederum unterstellt werden, dass Unternehmen nicht sofort zu ihrer optimalen Kapitalstruktur zuruckkehren, sondern nur eine partielle bzw. sukzessive Anpassung vornehmen, es gilt:

wobei ci^, ein Anpassungsparameter in Abhangigkeit von Unternehmen / zur Zeit t darstellt und den Geschwindigkeitsgrad der Anpassung per Periode anzeigt:

Entspricht der Wert des Anpassungsparameters <^>,' der Zahl 1, so passt das Unternehmen innerhalb von einer Periode die tatsachliche Kapitalstruktur der Zielkapitalstruktur an. Gilt rV, < I, so findet der Anpassungsprozess nicht innerhalb einer Periode statt, sondern dauert langer. Gilt ^y, > I, so findet eine „Uberanpassung" innerhalb einer Periode statt, die dazu fuhrt, dass die Kapitalstruktur wiederum nicht optimal ist.^^^ Der Anpassungsparameter rV, ist eine Funktion fin Abhangigkeit der Hohe der Anpassungskosten und der Hohe der Kosten, die durch die temporare Abweichung von der optimalen Kapitalstruktur entstehen:

^>^;=/(Z„,D,,D,),

Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 278.

121

wobei Z., einen Vektor von Variablen darstellt, welcher auch die optimale Kapitalstruktur und die tatsachliche Kapitalstruktur der Vorperiode beinhalten kann und D, die firmenspezifischen und D, die zeitspezifischen Effekte abbildet.^^^ Als mogliche Faktoren, die den Anpassungsparameter ^„ beeinflussen, werden die Hohe der Abweichung von der optimalen Kapitalstruktur, die Unternehmensgrofie und das Unternehmenswachstum bestimmt, die im nachfolgenden Modell als Z^,, definiert werden.^^^ Es wird unterstellt, dass zwischen der Hohe der Abweichung von der optimalen Kapitalstruktur, definiert als L^ "^//-J - ^^^ ^^^

Anpassungsparameter S^, ein positiver Zusammen-

hang besteht.^^'* Grund hierfiir sind die bestehenden fixen Kosten bel der Einleitung von Anpassungsprozessen. Die Wahrscheinlichkeit von Anpassungsprozessen bei Vorliegen von marginalen Abweichungen ist eher gering und steigt mit zunehmender Hohe der Abweichungen. Es wird weiterhin angenommen, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der Grofie eines Unternehmens und dem Anpassungsparameter c>^, besteht. Aufgrund der fixen Kosten bei Anpassung an die optimale Kapitalstruktur sind die Kosten fijr ein grofleres Unternehmen weniger relevant als fur kleinere Unternehmen. Daruber hinaus haben grofie Unternehmen einen leichteren Zugang zu Aktien- und Anieihemarkten und sind somit einfacher und schneller in der Lage, Finanzierungsmoglichkeiten zu nutzen und Anpassungsprozesse durchzufuhren."' Da Wachstumsunternehmen bedingt durch den permanenten Finanzierungsbedarf und das dynamische Wachstum im Gegensatz zu eher reiferen Unternehmen schneller und einfacher ihre Kapitalstruktur andern konnen, wird angenommen, dass reifere Unternehmen eine geringere Anpassungsgeschwindlgkeit im Vergleich zu Wachstumsunternehmen aufweisen. Daher wird ein positiver Zusammenhang zwischen dem Kriterium Wachstum, welcher anhand der Markt-ZBuchbewertung^^^ gemessen wird, und dem Anpassungsparameter ^V, unterstellt."'

523 524 525 526

Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004). S. 278 f. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 284. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 284 Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 284. Die Bewertungskennziffer Markt-/Buchbewertung druckt die Marktbewertung eines Unternehmens in Relation zum bilanzmafligen Eigenkapital aus, siehe hierzu auch die detaillierten Ausfuhrungen in Kapitel 4.3.3. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 284 f.

122

Die gewahlten Variablen, welche die Geschwindigkeit des Anpassungsparameters 5^, bestimmen, sind teilweise identisch mit denjenigen Variablen, welche die optimale Kapitalstruktur beeinflussen. Als Einflussfaktoren der optimalen Kapitalstruktur werden die Volatilitat der Gewinne, die Aniageintensitat, das Wachstum, die Grofle, die Profitabilitat, sogenannte „non debt tax shields" (Steuervorteile, die nicht aus Fremdfinanzierung resultieren), die Einzigartigkeit und die Branchenzugehorigkeit genannt.^^® Die vorab definierten Einflussfaktoren fur den Anpassungsparameter S^^ wie fur die Kapitalstruktur werden im Modell alsKyy^definiert. Die Kapitalstruktur des Unternehmens wird anhand des buch- und marktmafiigen Verschuldungsgrades gemessen.^^^ Der funktionale Zusammenhang fur den optinr^alen Verschuldungsgrad L*, wird durch die folgende Gleichung ausgedruckt:

4 = «^() + Z^i^.i" + Z^s^v -^Y.^,D, Unterstellt wird ein Einfluss der definierten erklarenden Variablen Y--^, ein Einfluss firnrienspezifischer Effekte D, und zeitspezifischer Effekte D,."° Der funktionale Zusammenhang fur den Anpassungsparameter d], wird durch die folgende Gleichung ausgedruckt

<>; = A, +Z/^*'^*,, + 1 A», +Z A/J, Unterstellt wird ein Einfluss der definierten erklarenden Variablen /^^,, ein Einfluss firmenspezifischer Effekte I)^ und zeitspezifischer Effekte I), ."^ Die zwei vorgenannten Gleichungen werden fur das empirisch-okonometrische Modell in die folgende Gleichung eingesetzt, welche die tatsachliche Kapitalstruktur in Abhangigkeit der Kapitalstruktur der Vorperiode und des Anpassungsprozesses an die optimale Kapitalstruktur darstellt:

Die genannten Einflussfaktoren haben sich durch empirische Studien als bedeutende Einflussfaktoren herauskristallisiert. Die Einflussfaktoren Aniageintensitat, Wachstum, Grofle und Profitabilitat werden ausfuhrlich in Kapitel 4.3 und in den folgenden Kapitein diskutiert. Zur Definition und Diskussion des buch- und marktmafiigen Verschuldungsgrades siehe auch Kapital 5.6.2. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 279 f. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 279 f. 123

wobei e^j eine zu vemachlassigende statistische Restgrofie definiert.^^^

Anhand einer empirischen Studie wurden 426 amerikanische und 122 englische bdrsennotierte Untemehmen im Hinblick auf ihr Finanzierungsverhalten zwischen den Jahren 1989 und 1996 anhand von Paneldaten untersucht."^ Dabei wurden statische und dynamische okonometrische Modelle basierend auf dem vorab definierten Zusammenhang angewandt, urn die Einflussfaktoren der Anpassungsprozesse und Kapitalstruktur zu bestimmen.^^ Die Resultate des okonometrischen Modells unterstutzen die Annahme, dass die dynamischen Modelle besser als die statischen Modelle die untersuchten Kapitalstrukturen erklaren kOnnen.^^ Weiterhin lassen die Ergebnisse darauf schliefien, dass die beobachteten Kapitalstrukturen haufig von der Zielkapitalstruktur abweichen und dass Anpassungsprozesse generell sehr langsam vollzogen w e r d e n . " ^ Mogliche Grunde hierfur konnen nach Meinung von Banerjee, Heshmati und Wih/borg6\e

relativ hohen Anpassungskosten oder die relativ niedri-

gen Kosten, die dem Unternehmen aufgrund der kurzfristigen Abweichung von der optimalen Kapitalstruktur entstehen, sein.^^^ Insbesondere werden Unterschiede im Finanzierungsverhalten zwischen den amerikanischen und englischen Unternehmen festgestellt. Wahrend amerikanische Unternehmen naher an ihrer Zielkapitalstruktur zu sein scheinen und ihre Kapitalstruktur schneller anpassen, weichen die englischen Unternehmen haufiger von ihrer Zielkapitalstruktur ab und weisen langsamere Anpassungsprozesse auf."® Nach Meinung der Autoren deutet dies darauf hin, dass die Einhaltung einer optimalen Kapitalstruktur in den USA verstarkt praktiziert wird. Des Weiteren weisen die Ergebnisse darauf hin, dass Anpassungskosten in den USA im Vergleich zu Groflbritannien entweder geringer sind oder die Kosten der Abweichung von der optimalen Kapitalstruktur in den USA hoher als in Grofibritannien sind."^ In Bezug auf die moglichen Einflussfaktoren der Anpassungsgeschwindigkeit gibt es Hinweise, dass Wachstumsunternehmen langsamer als reife Unternehmen ihre Kapitalstrukturen anpassen und mit

538 539

Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 282 f. Dabei umfasst der Untersuchungszeitraum fur jedes Unternehmen mindestens vier Jahre, vgl. Banerjee/HeshmatiA/VihIborg (2004), S. 285 f. Die Regression wird anhand einer modifizierten Gaufl-Newton-Methode basierend auf der OLSMethode durchgefuhrt, vgl. Banerjee/HeshmatiA/VihIborg (2004), S. 295. Das Bestimmtheitsmafi fur das dynamische Modell ist sehr viel hoher, vgl. Banerjee/HeshmatiAA/ihlborg (2004), 8. 295. Eine vergleichbare Studie von Fama und French (2002) weist eine urn rund 30 % geringere Anpassungsgeschwindigkeit fur amerikanische borsennotierte Unternehmen auf, vgl. Banerjee/HeshmatiAA/ihIborg (2004), S. 293, Fama/French (2002), S. 2002 S. 2 ff. Vgl. Banerjee/HeshmatiA/VihIborg (2004), S. 292 ff. Vgl. Banerjee/HeshmatiA/VihIborg (2004), S. 285. Vgl. Banerjee/HeshmatiA/VihIborg (2004), S. 295.

124

zunehmender Grofie eines Untemehmens die Anpassungsgeschwindigkeit nachlasst. Insofern werden die von den Autoren unterstellten Annahmen in Bezug auf den Einfluss und die Richtung der Faktoren Grofle und Wachstum auf den Anpassungsprozess nicht bestatigt. Die Hohe der Abweichung von der optimalen Kapitalstruktur erweist sich als weniger relevanter Einflussfaktor des Anpassungsprozesses.^'^^ Als signifikanteste Einflussfaktoren der Kapitalstruktur fur die amerikanischen und englischen Unternehmen erweisen sich die Kriterien Profitabilitat sowie die Variabilitat der Gewinne. Je profitabler ein Unternehmen und je konstanter die Gewinne, desto geringer ist der Verschuldungsgrad des Unternehmens.^'^^ Die Autoren schliefien daraus, dass die Pecking-OrderTheorie in der Praxis zumindest teilweise relevant ist. Fur die weiteren moglichen Einflussfaktoren der Kapitalstruktur werden in AbhSngigkeit der Lender unterschiedliche Ergebnisse ausgewiesen.^'*^ Die Autoren heben abschliefiend hervor, dass aufgrund ihrer Ergebnisse die dynamischen Modelle zur Kapitalstruktur einen wesentlich hoheren Erklarungsbeitrag liefern konnen.^"*^

3.4.3

Kapitalstruktur und Windows-of-Opportunity-Theone

3.4.3.1

Borsengange und langfristige Performance

Als einer der ersten Autoren veroffentlichte Ritterwn

Jahr 1991 eine umfassende empirische

Studie zur Performance amerikanischer Neuemissionen und konnte eine kontinuierliche negative Renditeentwicklung nach Durchfuhrung einer Neuemission nachweisen. Er untersuchte insgesamt im Zeitraum von 1975 bis 1984 1.254 Borsengange und die nachfolgende Performance am Sekundarmarkt.^"*"* Dabei stellte Ritterfo\gen6es

fest: Vergleicht man ein drei-

jahriges Investment in die 1.254 Neuemissionen mit einem zeitgleichen Investment in bereits borsennotierte 1.254 Unternehmen, die vergleichbare Marktkapitalisierung und Branchen aufweisen, so betragt der Ruckfluss auf das eingesetzte Kapital im ersten Fall 34,37 % und imzweiten Fall 61,86 % . ' ' '

543 544 545

Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihlborg (2004), S. 292. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihlborg (2004), S. 290. Anlageintensitat und Verschuldungsgrad weisen einen positiven Zusammenhang in U.K., aber einen negativen fur die USA auf. Der Einfluss des Wachstums auf den Verschuldungsgrad ist nicht signifikant in U.K., aber weist einen positiven Zusammenhang in den USA auf. Die Grofle und der Verschuldungsgrad weisen einen positiven Zusammenhang fur U.K. und einen negativen fur die USA auf. Die „non-debt tax shields" und der Verschuldungsgrad weisen einen negativen Zusammenhang in U.K. und einen positiven in den USA auf. Die Ergebnisse im Hinblick auf die Messung des Verschuldungsgrades anhand des buch- oder marktmaftigen Verschuldungsgrades weisen insgesamt vergleichbare Resultate auf, vgl. Banerjee/Heshmati/Wihlborg (2004), S. 290. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihlborg (2004), S. 295. Vgl. Ritter(1991), S. 3. Die Neuemissionen wurden auf Basis des Schlusskurses des ersten Handelstages und des Schlusskurses des Handelstages nach drei Jahren gemessen, vgl. Ritter (1991), S. 4.

125

Bei der differenzierteren Analyse der Neuemissionen nach Emissionsjahr, nach Alter der Untemehmen sowie nach Branche ergeben sich folgende Resultate: Das Alter des Unternehmens bei Durchfuhrung des Borsengangs ubt einen signifikanten Einfluss auf das Ausmafl der Emissionsrendite aus. Bei relativ jungen Unternehmen fallt die Emissionsrendite deutlich geringer aus als bei etablierteren Unternehmen.^'*® Ritter interpretiert diese Ergebnisse als Hinweise fur einen Uberoptimismus, der sich in einer hohen Bewertung von jungeren Unternehmen, die einen Borsengang durchfuhren, niederschlagt.^"*^ Weiterhin ergeben die Analysen, dass das jeweilige Emissionsjahr einen Einfluss auf die Entwicklung der Rendite hat. In Jahren mit einer geringen Anzahl von Borsengangen lasst sich keinajiaterdurchschriittllctie-Perforrpafice nachweisen, io den Jahrea mit einer Qroilei) Anzahl von Borsengangen ist die unterdurchschnittliche Performance hingegen signifikant.^"*® Da sich bei der Halfte der untersuchten Emissionsjahre keine unterdurchschnittliche Performance beobachten lasst, zieht Ritter 6en Schluss, dass die langfristige unterdurchschnittliche Performance von Borsengangen kein generelles Phanomen darstellt.^"*^ Die offensichtliche negative Beziehung zwischen der Anzahl der jahrlichen Neuemissionen und der langfristig unterdurchschnittlichen Performance weist nach Ritter darauf hin, dass Unternehmen gewisse Borsenphasen mit damit meist einhergehenden hohen Bewertungen nutzen, um Borsengange durchzufuhren.^^° Die Differenzierung der Neuemissionen nach Branchen ergibt, dass von den vierzehn untersuchten Branchen bis auf drei Branchen (Finanz- und Pharmasektor sowie Flugzeugindustrie) alle weiteren eine unterdurchschnittliche Renditeentwicklung aufweisen.^^^ Fijr das Phanomen der langfristig unterdurchschnittlichen Entwicklung von Neuemissionen gibt es nach AV^f^rprinzipiell drei mogliche Erklarungen: Die Ergebnisse konnen zufallig sein, der Markt uberschatzt systematisch die Wachstumsperspektiven von Neuemissionen oder Unternehmen nutzen gewisse Borsenphasen, die sogenannten „Windows of Opportuni-

547 548

549 550

Vgl. Ritter(1991), S. 21. Vgl. Ritter(1991), S. 21 f. Die Detailanalyse ergibt z. B. fur relativ schwache Borsengange 1975 mit zwblf Borsengangen eine relativen Ruckfluss von 1,045 und somit einen uberdurchschnittlichen Ruckfluss, wobei der relative Ruckfluss eine Verhaltniszahl darstellt und die relative Performance der untersuchten Neuemissionen zum Vergieichsportfolio berechnet. Bei einem Betrag > 1 wird ein uberdurchschnittlicher Ruckfluss und bei einem Betrag < 1 ein unterdurchschnittlicher Ruckfluss im Vergleich zu bereits vergleichbaren borsennotierten Unternehmen dargestellt. Im Jahr 1981 mit 300 Borsengangen betragt der relative Ruckfluss nur 0,654 und ist unterdurchschnittlich, vgl. Ritter (1991), S. 19. Vgl. Ritter (1991), S. 18. Vgl. Ritter (1991), S. 23. Allerdings weisen die Neuemissionen des Finanzsektors mit 3,7 % und die der Flugzeugbranche mit 6,3 % insgesamt die geringste Emissionsrendite aller Branchen auf, vgl. Ritter (1991), S. 17 f.

126

ties".^^^ Letztere Erklarung wird vor allem durch die Beobachtung unterstutzt, dass besonders Untemehmen, die in Jahren mit reger Emissionstatigkeit einen Borsengang durchfuhren, eine unterdurchschnittliche Performance aufweisen. Die Resultate unterstreichen die Hypothese, dass Untemehmen sich Fehlbewertungen am Markt zunutze machen und ihren Borsengang dementsprechend timen, um Informationsineffizienzen am Markt fur Neuemissionen zum eigenen Vorteil zu nutzen. Fur die meisten Untersuchungen, weiche die Performance von Untemehmen im Rahmen von Neuemissionen an der US-amerikanischen Borse untersuchen, wird eine langfristig unterdurchschnittliche Performance festgestellt, auch in anderen Landern wurde dieses Phanomen beobachtet, allerdings weniger eindeutig als in den USA.^" Dabei basieren die Berechnungen der Performance der Neuemissionen entvy/eder auf einem vergleichbaren Portfolio bereits borsennotierter Untemehmen oder es wird die Performance der jeweiligen Borsenindizes als Vergleichsmafistab hinzugezogen. In der nachfolgenden Tabelle 15: Empirlsche Studien zur langfristigen Performance von Neuemissionen sind die Ergebnisse empirischer Studien dargestellt.^^"^

552 553

Vgl. Ritter(1991), S. 23f. Die Ergebnisse der USA im Hinblick auf die unterdurchschnittliche Emissionsrendite sind nicht durchgehend auf andere Lander ubertragbar. Teilweise wird auch eine positive langfristige Emissionsrendite beobachtet. Eine Vielzahl von empirischen Studien bestatigt aber das Phanomen der negativen Emissionsrendite, vgl. Ritter (1991), S. 3ff., Aggarwal/Rivoli (1990), S. 45ff., Affleck-Graves/Hedge/Miller (1996), S. 25ff., Carter/Dark/Singh (1998), S. 285ff., Loughran/Ritter (1995), S. 23 ff., Loughran (1993), S. 241 ff., Schuster (1995), S. 1 ff., Ljungqvist (1997), S. 1309 ff., Stehle/Erhardt (1999), S. 1395 ff. Die Tabelle enthalt eine Auswahl der empirischen Studien zu dieser Thematik. Ein vollstandiger Uberblick sowie eine detaillierte Vorstellung der Methoden und Berechnungen kann aufgrund der Vielzahl der Studien sowie der unterschiedlichen Verfahrensweisen zur Messung der Performance im Rahmen dieser Arbeit nicht gegeben werden. 127

Land/Autor

Datum

Anzahl Zeitliorizont in Jahren Peri ode Unternehimen

R*

RR**

USA Ritter

1991

1975-1984

1.524

3

-29,1%

Aggawal/Rivoli

1990

1977-1987

1.598

0,8

-13,7%

Affleck-Graves/Hedge/Miller

1996

1975-1991

2.096

1.5

-7,6%

Carter/Dark/Singh

1998

1979-1984

2.292

2

-19,9%

Loughran/Ritter Loughran

1995 1993

1970-1990 1967-1987

4.753 1.526

2 6

0,80 0,67

Oeutschland Schuster

1995

1978-1991

141

5

-28,0%

Ljungqvist Stehle/Erhardt

1997 1999

1970-1990 1960-1992

154 187

2 3

-19,9%

1993

1980-1988

712

2

-17,3% 1

-5,0% 1

Grofibrttannten Levis

R* entspricht der relativen Performance der Neuemissionen zum Vergleichsportfdio. 1st R<1 liegt eine unterdurchschnittliche Performance vor

1

R** gibt die unterdurchschnittliche Rendite der Neuemissionen im Verhaitnis zu vergleichbaren Performance bereits bOrsennotierter Unternehmen oder im Vergleich zur Performance der jeweiligen BOrsenindizes an

Tabelle 13: Empirische Studien zur langfristigen Performance von Neuemissionen

3.4.4.2 Sekundarmarkttransaktionen und langfristlge Performance Einige empirische Studien dokumentierten bereits Mitte der achtziger Jahre, dass amerikanische borsennotierte Unternehmen regelmaflig eine Kapitalerhohung nach einem starken Kursanstieg durchfuhrten.^^^ So fanden die Autoren Asquith uncf Mu///nsheraus, dass Unternehmen, die eine Kapitalerhohung vornahmen, in den zwei Jahren vor Durchfuhrung der Sekundarmarkttransaktion den Markt im Schnitt um 33 % outperformten.^^^ Auch aktuellere empirische Studien belegten dieses Phanomen.^^^ Weitere empirische Studien dokumentieren, dass nach Durchfuhrung einer Kapitalerhohung die Unternehmen - vergleichbar den Neuemissionen - eine langfristig unterdurchschnittliche Performance aufweisen: Eine sehr umfassende empirische Studie von Loughran und Ritter aus dem Jahr 1995 untersucht 3.702 Kapitalerhohungen amerikanischer borsennotierter Unternehmen im Zeitraum von 1970 bis 1990 mit dem Ergebnis, dass die durchschnittliche jahrliche Rendite bei Investment zum Zeitpunkt der Kapitalerhohung mit einer Laufzeit von funf Jahren eine Rendite von 7 % generiert.^^® Die Rendite bei einem Investment mit einer Lauf-

555 556

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Masulis/Korwar (1986), S. 91 ff., Asquith/Mullins (1986), S. 62 ff. Asquith/Mullins (1986), S. 86. Hovakimian/Opler/Titman (2001), S. 1 ff., Jung/Kim/Stuiz (1996), S. 159 ff. Loughran/Ritter (1995), 8. 46.

128

zeit von funf Jahren in vergleichbare borsennotierte Unternehmen, welche keine Kapitalerhohung durchfuhren, entspricht 15 % pro Jahr.^^® Eine empirische Studie von Spiess und Affleck-Craves

/'7^^5y bestatigt diese Resultate. A n -

hand von 1.247 amerikanischen Unternehmen, die innerhalb des Zeitraums von 1975 bis 1989 eine Kapitalerhohung durchgefuhrt haben, ist eine langfristig unterdurchschnittliche Performance ahnlich der einer Neuemission beobachtbar.^®° Unterstellt man eine funfjahrige Haltefrist, ergibt ein Investment in die 1.247 Unternehmen zum Zeitpunkt der Kapitalerhohung eine Rendite von insgesamt 10 %. Unterstellt man dieselbe Zeitdauer und ein Investment in vergleichbare borsennotierte Unternehmen, die keine

Sekundarmarkttransaktion

durchgefuhrt haben, ergibt sich eine Rendite von insgesamt 42,3 %.^^^ Dabei wird das Vergleichsportfolio einmal anhand derselben Grofie und der Bewertung und ein zweites Mai anhand derselben Branche und der Grofie zusammengestellt - fur beide Varianten ergibt sich die unterdurchschnittliche Performance.^^^ Auch eine Detailanalyse hinsichtlich verschiedener zugrunde liegender Faktoren wie der Borsenhandelssysteme NASDAQ Oder NYSTE, des Volumens der Kapitalerhohung und des Unternehmensalters bestatigen die Beobachtungen. Die langfristig unterdurchschnittliche Performance zeigt sich in fast alien untersuchten Branchen. Ausnahmen hiervon sind lediglich die Finanzdienstleistungsunternehmen sowie Unternehmen der Metallbranche.^^^ Eine Auswahl empirischer Studien zu dieser Thematik ist in der nachfolgenden Tabelle 14: Empirische Studien zur langfristigen Performance von Sekundarmar/cttransaictionen dargesieWi.^^'^

Land/Autor

Datum

Periode

Anzahl Zeithorizont in Jahren Unternehmen

R**|

USA Spiess/Affleck-G raves

1995

1975-1989

1.247

5

-42,4%*

Loughran/Ritter Jung

1995 1996

1970-1990 1977-1984

3,702 192

5 5

-59,4%

1998

1960-1992

584

3

-9.0%

Deutschland Stehle/Ehrhardt/Przyborowsky

-32.7%

* In Abhangigkeit der Wahl des Vergleichsportfoli 3S betrdgt die unterd urchschnittliche Rendite -31,0% bis maximal -42,4% R** gibt die unterdurchschnittliche Rendite der Neuemissionen m Verhaitnis zur vergle ichbaren Performance bereits bOrsennotierter Unternehmen Oder im Vergleich zur Performance der jeweiligen Bttrsenindizes an

Tabelle 14: Empirische Studien zur langfristigen Performance von SekundSrmarkttransaktionen 559 560

563 564

Vgl. Loughran/Ritter (1995), S. 46. Vgl. Spiess/Affleck-Graves (1995), S. 244 ff. Vgl. Spiess/Affleck-Graves (1995), S. 244 ff. Vgl. Spiess/Affleck-Graves (1995), S. 244. Vgl. Spiess/Affleck-Graves (1995), S. 264. Dies stent eine Auswahl der empirischen Studien zu dieser Thematik dar. Ein vollstandiger Uberblick bzw. eine detailierte Vorstellung der Methoden und Berechnungen kann aufgrund der Vielzahl der Studien sowie der unterschiedlichen Verfahrensweisen zur Messung der Performance im Rahmen dieser Arbeit nicht gegeben werden; vgl. Spiess/Affleck-Graves (1995), S. 243ff., Loughran/Ritter (1997), S. 1823 ff., Jung/Kim/Stuiz (1996), S. 159 ff., Stehle/Ehrhardt/Przyborowsky (1998).

129

Die Untersuchungen im Hinblick auf die iangfristige Performance von Unternehmen nach Durchfuhrung von Kapitalerhohungen ergeben, dass diese uberwiegend signifikant negativ ist.^^^ Die zu beobachtenden Zyklen, die Emissionsanzahl und -volumina sowie die unterdurchschnittliche Performance nach Durchfuhrung einer Kapitalerhohung konnen demnach eine Reaktion der Unternehmen darauf sein, dass Investoren in Abhangigkeit von Markt- und Zeitphasen die Wachstumspotenziale der Unternehmen zu optimistisch einschatzen. Daher liegt die Vermutung nahe, dass Unternehmen im Sinne der Windows-of-Opportunity-Ansatze gunstige Marktgelegenheiten bzw. -phasen, die zu einer Uberbewertung des eigenen Unternehmens fuhren, zu ihrem Vorteil nutzen. Die Windows-of-Opportunity-Ansatze fallen unter die sogenannten Ad-hoc-ErklarungsansStze, da sie aus Verhaltensannahmen und zum Tell irrationalen Erwartungen der Marktteilnehmer erklarbar und damit intuitiv nachvollziehbar sind. Als vorrangige theoretische Begrundungen fur das Windows-of-Opportunity-Phanomen werden vor allem die asymmetrisch verteilten Informationen zwischen den Investoren und dem Unternehmen - insbesondere das Ausmafl an Qualitatsunsicherheit, die sogenannte „Adverse Selection" - angefuhrt.^^^ Ausgehend von der grundlegenden Annahme, dass Unternehmenswerte der Emittenten zwar im Durchschnitt vom Markt richtig eingeschatzt werden, konnen sich aber temporare Fehlbewertungen in Abhangigkeit von Marktphasen ergeben.^^^ 3.4.4

Kapitalstruktur und Einfluss des Market Timings

3.4.4.1 Borsenbewertung und Market Timing Die vorangestellten empirlschen Ausarbeltungen im Hinblick auf die Windows-of-OpportunityAnsatze zeigen, dass Market Timing-Aspekte im Rahmen von Finanzierungsentscheidungen borsennotierter Unternehmen von Bedeutung sind.^^® Wie weitreichend der Einfluss von Market Timing-Effekten auf die Kapitalstruktur ist - ob eher kurz- Oder langfristig - , haben Baker und Wurgler untersucht. In ihrer Veroffentlichung aus dem Jahr 2002 belegen die Autoren anhand einer empirischen Studie, dass sich aus einem Market Timing-Finanzierungsverhalten der Unternehmen lang anhaltende Auswirkungen auf die Kapitalstruktur ergeben,

567 568

Vgl. Spiess/Affleck-Graves (1995), S. 243 ff., Loughran/Ritter (1997), S. 1823 ff., Jung/Kim/Stuiz (1996), S. 159 ff., Stehle/Ehrhardt/Przyborowsky (1998). Bereits Myers und Majulf wiesen darauf hin, dass vor dem Hintergrund asymmetrisch verteilter Informationen Manager bei Vorliegen von uberbewertetem Eigenkapital einen Anreiz zur Emission von neuem Eigenkapital haben, vgl. Myers/Majulf (1984), S. 187 ff. Zur theoretischen Begrundung der Adverse-Selection-Ansatze als Erklarung der Windows-of-Opportunity-Ansatze siehe Lucas/MacDonald (1990), S. 1019 ff. sowie Bayless/Chaplinsky (1996), S. 253 ff. Vgl. Lucas/MacDonald (1990), S. 1026. Des Weiteren belegt auch die Umfrage von Graham und Han/ey aus dem Jahr 2002, dass dem Market Timing-Verhalten in der Praxis der Finanzierungsentscheidungen eine hohe Bedeutung zukommt. Die Umfrage von Graham und Harvey wird in Kapitel 4.5 detailliert vorgestellt.

130

welche nicht im Rahmen der traditionellen Theorien zur Kapitalstruktur, wie des Trade-offModells Oder der Pecking-Order-Theorie, konsistent erklart werden konnen. Analysiert werden insbesondere die Einflussfaktoren auf die Kapitalstrukturen der Unternehmen sowie die zeitliche Bestimmung der Nachhaltigkeit von Bewertungseinflussen auf die Kapitalstruktur.^®^ Die vorgenannten Zusammenhange werden anhand eines empirischokonometrischen Modells untersucht, wobei die zugrunde liegende Basisannahme, dass der Verschuldungsgrad eines Unternehmens durch die erklarenden Variablen Bewertung, die Aniageintensitat, die Profitabilitat sowie die Grofie eines Unternehmens bestimmt wird, auf den Erkenntnissen einer Vielzahl weiterer empirischer Untersuchungen resultiert und sich wie folgt darstellt:^'° Verschuldungsgrad = f (Bewertung, Aniageintensitat, Profitabilitat, Grofie) Die erklarenden Variablen sind wie folgt definiert: Die Bewertung f ^ l wird gemessen anhand der Markt-ZBuchbewertung des Unternehmens, die den Unternehmenswert ins Verhaltnis zum bilanziellen Eigenkapital setzt.^^^ Die Aniageintensitat f z ^ l wird gemessen, indem das fixe Sachanlagevermogen ins Verhaltnis zur Bilanzsumme gesetzt wird.^^^ Die Profitabilitat wird gemessen, indem das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Ab- und Zuschreibungen j/;/y///).i| ins Verhaltnis zur Bilanzsumme gesetzt wird, und die Grofie des Unternehmens wird gemessen, indem der Logarithmus der Umsatze c'log(.V) gebildet wird.^^^ Die vorgenannten Einflussfaktoren bestimmen den Verschuldungsgrad. Der Verschuldungsgrad eines Unternehmens kann in buchmafliger Relation, also im Verhaltnis zur Bilanzsumme, Oder in marktmafiiger Relation, also im Verhaltnis zur Marktkapitalisierung bzw. zum Unternehmenswert, gemessen werden.^^'^

573 574

Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 1 ff. Die vier gewahlten erklarenden Variablen haben sich durch eine Vielzahl von empirischen Untersuchungen als signifikante Einflusse auf die Kapitalstruktur von Unternehmen herauskristallisiert. Auf die theoretischen Zusammenhange der vier erklarenden Variablen und die empirischen Ergebnisse anderer Verbffentlichungen im Hinblick auf die erklarenden Variablen wird detailliert in Kapitel 4.3 und den folgenden Kapitein eingegangen. Der Unternehmenswert wird definiert als Marktkapitalisierung zuzuglich Finanzverbindlichkeiten, vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 5. Die Abkurzung PRE steht fur „Power, Plant & Equipment" und entspricht dem fixen Sachanlagevermogen im Verhaltnis zur Bilanzsumme (Assets), vgl. BakerA/Vurgler (2002), S. 5. Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 5. Der buchmaliige Verschuldungsgrad entspricht dem „Book Leverage" und der marktmaliige Verschuldungsgrad entspricht dem „Market Leverage", eine Diskussion der beiden Verschuldungsmafistabe findet in Kapitel 4.5 statt. 131

Im Rahmen der Arbeit wird der buchmafiige Verschuldungsgrad (^) definiert als Summe aller Verbindlichkeiten des Unternehmens im Verhaltnis zur Bilanzsumme.^^^ Die Summe aller Verbindlichkeiten des Untemehmens im Verhaltnis zum Unternehmenswert entspricht dem marktmafligen Verschuldungsgrad."® Basierend auf der nachfolgenden Gleichung wird anhand eines okonometrischen Modells untersucht, inwieweit die Ver^nderung des buch- und marktmSfiigen Verschuldungsgrades von einer zur nachsten Periode durch die vorab definierten erklarenden Variablen sowie den Verschuldungsgrad der Vorperiode \R\

beeinflusst wird:

D^ JD] _ (kf\ , JPPE^ •-a + h\ — \ + c | — ^ 1 7j, VA)~''^ [B

, J EBITDA^ , .,„„.ox , (^ +d\

+^log(5') +

Des Weiteren wird analysiert, durch welche Passivpositionen die Veranderung der Kapitalstruktur bzw. des Verschuldungsgrades verursacht wird. So kann z. B. eine Erhohung der Eigenkapitalquote eines Unternehmens verursacht werden durch eine Kapitalerhohung im Wege der Ausgabe neuer Aktien, durch eine Erhohung der Gewinnrucklagen oder auch durch einen Ruckgang der Verbindlichkeiten, z. B. Minderung der Ruckstellungen oder Rijckzahlung von Finanzverbindlichkeiten. Im weiteren Verlauf teilen Baker und Wurgler daher die Veranderung der Kapitalstruktur in drei Komponenten auf.

In dem Modell entspricht die Summe der Verbindlichkeiten genau der Differenz der Bilanzsumme zum Eigenkapital des Unternehmens, somit ergeben die Eigenkapitalquote f ' i l und der Verschuldungsgrad UA den Wert 1. Baker und Wt/rp/er analysieren die Veranderung des Verschuldungsgrades von einer Periode zur nachsten. Wie in der nachfolgenden Darstellung abgebildet, entspricht die Veranderung des Verschuldungsgrades von einer Periode zur nachsten der negativen Veranderung der Eigenkapitalquote innerhalb desselben Zeit-

A). [A

- A I \A

Die Differenz zwischen Eigenkapital und Bilanzsumme entspricht der venvendeten Definition der Summe aller Verbindlichkeiten, vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 5. Der Unternehmenswert entspricht der Marktkapitalisierung zuzuglich der Verbindlichkeiten, vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 5. Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 9. 132

Die Veranderung der Kapitalstruktur innerhalb einer Periode kann gemafl dem Modell in drei Komponenten eingeteilt werden, eine effektive Kapitalerhohung/bzw. Senkung des Eigenkapitals, eine Erhohung bzw. Reduzierung von Gewinnrucklagen und anderen Positionen oder eine Erhohung bzw. Reduzierung der gesamten Verbindlichkeiten inklusive Ruckstellungen und anderen Positionen.^^® Die Ursachen der Veranderung der Kapitalstruktur werden wie folgt definiert: 1. Effektive Kapitalerhohung/bzw. Senkung des Eigenkapitals [.iV^^ 2. Veranderung von Gewinnrucklagen und anderen Eigenkapitalpositionen, | ^ ^ p^° Aile anderen Veranderungen der Kapitalstruktur, die nicht durch Veranderungen des Eigenkapitals hervorgerufen werden, sind zusammengefasst unter der Position: 3. Verbindlichkeiten, Ruckstellungen und andere Positionen (^lY^^

Die dem okonometrischen Modell zugrunde liegende weitere Gleichung ist wie folgt definiert:

"] -i''] AI

-- \i'] i") 1 -

UJ,,' LUJ, i J , , J

f''l (ARi;] [ A[

[A],

(d \A

Der erste Tell der Gleichung beschreibt die Veranderung des Verschuldungsgrades, die der im zweiten Tell definierten negativen Veranderung der Eigenkapitalquote entspricht. Der dritte Teil der Gleichung unterteilt diese Veranderung in die drei moglichen Ursachen 1. Effektive Kapitalerhohung/Senkung des Eigenkapitals, 2. Veranderungen von Gewinnrucklagen und anderen Eigenkapitalpositionen, 3. Verbindlichkeiten, Ruckstellungen und andere Positionen. Untersucht werden insgesamt 2.867 borsennotierte amerikanische Unternehmen, die innerhalb der Jahre 1968 bis 1999 einen Borsengang vollzogen haben.^®^ Die Daten der Unter-

578 579

Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 9 f. Diese Position wird als „net equity issues" im Verhaltnis zu den ..Assets" definiert und wird anhand der Veranderung der addierten Positionen Grundkapital + Kapitalrucklage ins Verhaltnis zur Bilanzsumme gesetzt. Durchgefuhrte Market Timing-Mafinahmen wie Kapitalerhohungen oder Aktienruckkaufe schlagen sich in der Veranderung dieser Position nieder, vgl. BakerAA/urgler (2002), S. 9. Diese Position wird als „Retained Earnings" im Verhaltnis zu den „Assets" definiert und wird anhand der Veranderung der addierten Positionen Gewinnrucklage plus Bilanzgewinn plus andere Eigenkapitalpositionen im Verhaltnis zur Bilanzsumme definiert, vgl. BakerAA/urgler (2002), S. 9. Diese Position umfasst den Teil des Bilanzwachstums, der nicht aufgrund der Veranderung der Eigenkapitalposition verursacht wird, wie z. B. die Veranderung der Finanzverbindlichkeiten oder der Ruckstellungen, vgl. BakerA/Vurgler (2002), S. 9. 133

nehmen werden mindestens jeweils fur das Jahr der Borseneinfuhrung und das darauf folgende Jahr herangezogen, der maximale Beobachtungszeitraum umfasst das Jahr der Borseneinfuhrung und die darauf folgenden zehn Jahre.^®^ Das zugrunde liegende okonometrische Model! basiert auf einem statischen Regressionsmodell, die Regressionen werden mehrfach durchgefuhrt: zum Jahr des Borsengangs sowie ein, drei, funf und zehn Jahre spater.^^^ Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass die Ergebnisse darauf hinweisen, dass das Market Timing-Verhalten einen nachhaltigen Effekt auf die Kapitalstruktur amerikanischer borsennotierter Unternehnnen hat.^®^ Der Verschuldungsgrad eines Unternehmens weist einen signifikant negativen Bezug zu historischen Borsenbewertungen auf, der Einfluss vergangener Bewertuhgeh ist robust und setir nachhattig. Tempdrare Untersctiiede in def BOrsenbewertung fuhren nach den Ergebnissen der Untersuchung zu permanenten Anderungen in der Kapitalstruktur, die mindestens zehn Jahre nachwirken konnen.^^® Hierzu fuhren die Autoren aus, dass sie mit einem Konfidenzintervall von 95 % behaupten konnen, dass mindestens die Halfte der Kapitalstruktureffekte, welche durch Bewertungsanderungen, gemessen am Markt-ZBuchwert, initilert wurden, eine Lebensdauer von mindestens zehn Jahren aufweist.^®^ Die Kapitalstruktur eines Unternehmens im Jahr 2000 hangt somit stark von der Borsenbewertung im Jahr 1990 ab.^®® Im Hinblick auf die erklarenden Variablen legen die Ergebnisse folgende Zusammenhange nahe: Die Einflussfaktoren Profitabilitat und Bewertung weisen einen signifikanten negativen Zusammenhang zum Verschuldungsgrad auf. ^^^ Zwischen den Einflussfaktoren Anlageintensitat und Grofie und dem Verschuldungsgrad eines Unternehmens besteht ein negativer Zusammenhang.^^° Die Profitabilitat und die Bewertung weisen den hochsten Einfluss aller erklarenden Variablen auf die Verschuldung auf. Des Weiteren weisen die Ergebnisse darauf

585 586 587 588 589

Aus der Untersuchung ausgeschlossen werden Unternehmen aus dem Finanzdienstleistungssektor sowie Unternehmen, be! denen Fusionen bzw. grbflere M&A-Transaktionen oder andere auflerordentliche Ereignisse stattgefunden haben. Des Weiteren werden Unternehmen ausgeschlossen, die ein Bilanzvermogen von unter 10 Mio. US $ aufweisen, und Unternehmen, fiir die keine vollstandigen Oaten verfugbar sind, vgl. BakerA/Vurgler (2002), S. 5 ff. Die Anzahl der beobachteten Unternehmen reduziert sich auf rund 1.668, welche dem Borsengang nachfolgend noch weitere 5 Jahre beobachtbar sind, und auf 715 Unternehmen, welche dem Borsengang folgend noch 10 Jahre beobachtbar sind, vgl. BakerA/Vurgler (2002), S. 5. Die Regressionen werden anhand der Ordinary-Least-Square-Methode (Methode der kleinsten Quadrate) und der sogenannten Fama-MacBeth-Regression durchgefuhrt, vgl. BakerAA/urgler (2002), S. 20 ff. Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 29. Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 23. Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 23. Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 23. Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 8. Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 8. 134

hin, dass die Veranderung des Verschuldungsgrades aus der effektiven Kapitalerhohung des Eigenkapitals resultiert und somit ein Market Timing-Verhalten stattfindet.^^^ Nach dem Market Timing-Ansatz von Baker und Wurgler\s\. die heutige Kapitalstruktur somit das kumulative Ergebnis von historischen Versuchen der Unternehmen, den Markt zu timen.^^^ Die Autoren schlieflen daraus, dass es keine optimale Kapitalstruktur gibt, sondern die existierende Kapitalstruktur borsennotierter Unternehmen durch die im Zeitablauf entstandene Akkumulierung von vergangenen Market Timing-Finanzierungsentscheidungen hervorgebracht wurde.^^^ 3.4.4.2 Makrookonomische Faktoren und Market Timing Eine empirische Studle von Korajczyk und Levy untersucht ebenfalls das Finanzierungsverhalten amerikanischer borsennotierter Unternehmen im Hinblick auf Market Timing-Aspekte, wobei der Fokus nicht wie bei Baker und Wurgler auf dem Einfluss der Borsenbewertung liegt, sondern auf den gesamtwirtschaftlichen Einflussfaktoren. Die 2003 veroffentlichte Arbeit von Korajczyk und Levy ^\b{ Aufschluss uber die Bedeutung makrookonomischer Konditionen fur die Kapitalstruktur und das Market Timing-Verhalten von Unternehmen.^^"^ Grundlegender Gedanke der Studie ist, dass borsennotierte Unternehmen in Abhangigkeit ihrer finanzielien Ausstattung bzw. Situation in unterschiedlichem Mafie makrookonomische Faktoren bei ihren Finanzierungsentscheidungen berucksichtigen. Dabei unterscheiden die Autoren in ihrer Studie zwischen sogenannten Jinanziell abhangigen" und Jinanziell unabhangigen" Unternehmen. Als finanziell abhangige Unternehmen gelten solche Unternehmen, die uber einen gerlngen finanziellen Spielraum verfugen bzw. finanzielle Engpasse aufweisen. Diese Unternehmen erfullen im Modell die folgenden drei Faktoren: keine Dividendenzahlungen, keine Durchfuhrung von Aktienruckkaufen oder Rijckfuhrung von Finanzverbindlichkeiten und die Kennzahl Tobins q^^^ ubersteigt den Wert 1.^^® Basierend auf den vorgenannten Unterscheidungsmerkmalen liegen der Untersuchung 565

592 593 594

Es besteht auch die Moglichkeit, dass die negative Korrelation von Verschuldungsgrad und Profitabilitat durch die Veranderung der einbehaltenen Gewinne verursacht wird, vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 10. Vgl. BakerAA/urgler (2002), S. 2. Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 3. Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 75. Die Interpretation des „Tobin q" beruht auf dem von Tobin geschaffenen Geld-Anleihe-Realkapital-Modell aus dem Jahr 1969. Das tobinsche q entspricht dem Verhaltnis vom Marktwert zu den Reproduktionskosten des Kapitalbestandes. Bei einem Wert von q > 1 ubersteigt der Marktwert die Produktionskosten, in der Folge besteht ein Anreiz, innerhalb des Portfolios in Sachkapitalinvestitionen umzuschichten. Bei einem Wert von q < 1 liegt der Marktwert unterhalb der Reproduktionskosten, insofern ist der Anreiz fur produktive Sachkapitalinvestitionen gering, vgl. Tobin (1969), S. 15ff. Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 84. 135

finanziell abhangige und 5.059 finanziell unabhangige Unternehmen zugrunde, deren Finanzierungsverhalten wahrend des Zeitraums von 1984 bis 1998 untersucht wird.^^^ Auch das von Korajczyk und Le]/y enW\cke\ie Modell basiert vergleichbar dem von Baker und Wurgleraui der Annahme, dass der markt- und buchmafiige Verschuldungsgrad eines Untemehmens als abhangige Variable durch einige zu definierende unabhangige Variablen determiniert wird. Zwar definieren die Autoren auch firmenspezifische Variablen, der Schwerpunkt der Untersuchung liegt aber auf der Messung der Bedeutung der makrookonomischen Einflussfaktoren. Der grundlegende Zusammenhang stellt sich wie folgt dar: Verschuldungsgrad = f (makrookonomische und firmenspezifische Faktoren) Die abhangigen Variablen buch- und marktmafllger Verschuldungsgrad werden wie folgt definiert: Die Summe der kurz- und langfristigen Finanzverbindlichkeiten wird ins Verhaltnis zur Bilanzsumme bzw. ins Verhaltnis zur Marktkapitalisierung gesetzt.^^^ Als makrookonomische Determinanten der Kapitalstruktur werden drei Grofien herangezogen. Eine gesamtwirtschaftliche Wachstumsgrofie basiert auf dem Wachstum des amerikanischen Industriesektors, eine zweite makrookonomische Grofie auf der Performance der amerikanischen Borsenindizes und eine dritte makrookonomische Grofie stellt eine Zinsaufschlagsgrofie dar, basierend auf der Zinsspanne zwischen staatlichen und kommerziellen Geldmarktpapieren.^^^ Als weitere firmenspezifische Einflussfaktoren auf die Kapitalstruktur des Unternehmens werden die Profitabilitat, die Aniageintensitat, die Bewertung und die Investitionstatigkeit definiert.®°° Die empirische Untersuchung konzentriert sich auf die Analyse der definierten Einflussfaktoren bezogen auf die finanziell abhangigen und unabhangigen Unternehmen. Anhand eines Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 82. Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 84 ff. Der Indikator fur das Wachstum des Industriesektors wird anhand veroffentlichter aggregierter Zweijahresdaten generiert, die das inlandische Wachstum amerikanischer Industrieuntemehmen messen. Die Performance der amerikanischen Aktienindizes wird anhand der Performance (Eigenkapitalrendite) der groflten amerikanischen Borsenindizes (NYSE, AMEX, NASDAQ) auf Zweijahresbasis gemessen. Die Zinsaufschlagsgrofie wird anhand des Aufpreises gemessen, der am Markt fur kommerzielle Wechsel bzw. Schatzbrlefe (commercial paper) im Vergleich zu staatlichen Wechsein bzw. Geldmarktpapieren (treasury bills) besteht. Empirische Studien in den USA haben ergeben, dass mit wachsendem Aufpreis zwischen kommerziellen und staatlichen Wechsein bzw. Geldmarktpapieren die Wahrscheinlichkeit einer Rezession wachst. Im Vorfeld von okonomischen Krisen, die mit Kreditausfallen einhergehen, wurde in den USA festgestellt, dass sich die Spannbreite zwischen staatlichen und kommerziellen Geldmarktpapieren ausweitet, vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 86. Die Profitabilitat wird anhand der Betriebsergebnisse im Verhaltnis zur Bilanzsumme gemessen, die Bewertung anhand der Borsenbewertung im Verhaltnis zum Eigenkapital des Unternehmens, die Investitionstatigkeit anhand der Investitionen fur Sachanlagen im Verhaltnis zur Bilanzsumme und die Aniageintensitat anhand des fixen Sachanlagevermogens im Verhaltnis zur Bilanzsumme, vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 84 ff.

136

okonometrischen Modells wird untersucht, inwieweit die Kapitalstruktur der Unternehmen im Hinblick auf die definierten makrookonomischen und firmenspezifischen Variablen erklart werden kann.^°^ Weitere Untersuchungen beziehen sich auf die Abweichungen von der Zielkapitalstruktur und auf das daraus resultierende Emissionsverhalten der Unternehmen. Die Emissionsentscheidung von Eigen- versus Fremdkapital wird anhand der jeweiligen Abweichung des aktuellen Verschuldungsgrades zum Zielverschuldungsgrad und anhand des Einflusses der makrookonomischen und firmenspezifischen Faktoren bewertet.^°^ Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich der Verschuldungsgrad der finanziell unabhangigen Unternehmen tendenziell antizyklisch und der finanziell abhangigen Unternehmen eher prozyklisch zu den definierten makrookonomischen Konditionen verhalt.^°^ Bei Unternehmen, die als finanziell unabhangig definiert wurden, wird festgestellt, dass bei Vorliegen von positivem gesamtwirtschaftlichem Wachstum und steigenden Aktienindizes der Verschuldungsgrad tendenziell sinkt. Gesamtwirtschaftlich gute Zeiten werden von finanziell unabhangigen Unternehmen genutzt, um den Verschuldungsgrad zu senken bzw. die Eigenkapitalquote zu starken.^^" Die makrookonomischen Faktoren erklaren bei den finanziell unabhangigen Unternehmen zwischen 12 und 51 % der festgestellten Bandbreite des Verschuldungsgrades.^°^ Der vorgenannte Erklarungsgrad ist bei den finanziell abhangigen Unternehmen mit 4 bis 41 % zwar ahnlich hoch, aber es wird ein prozyklisches Verhalten festgestellt: In rezessiven Zeiten erhoht sich der Verschuldungsgrad.^"^ Insbesondere die Analyse des Ruckkaufverhaltens von Eigenkapital bzw. Finanzverbindlichkeiten lasst darauf schliefien, dass diese Unternehmen die bereits vorgesteilten Windows of Opportunities zu ihren Gunsten nutzen.*^"^ Als Ergebnisse der Untersuchung lasst sich somit festhalten, dass Makrookonomische Faktoren insgesamt einen geringeren Einfluss auf die Emissionsentscheidung bei finanziell abhangigen als bei unabhangigen Unternehmen haben und Abweichungen von der Zielkapitalstruktur bei abhangigen Unternehmen geringer als bei unabhangigen Unternehmen sind.®°®

605 606

Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 83. Auf eine detaillierte Darlegung der Vielzahl der komplexen Regressionsgleichungen und des zugrunde liegenden Modells von Korajczyk/Levy wird aufgrund des groflen notwendigen Urnfangs und der geringeren Relevanz fur die nachfolgenden Kapitel abgesehen. Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 104. Ein Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Fremdkapital und makrookonomischen Faktoren wird ebenfalls von Kiyotaki und Moore festgestellt, vgl. Kiyotaki/Moore (1997), S. 211 ff. Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 104. Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 106. Die Autoren stellen fest, dass Zielkapitalstrukturabweichungen zu rund 28-47 % und makrookonomische Bedingungen zu rund 51-71 % die im Zeitablauf durchgefuhrten Aktienruckkaufe und die Tilgung der Finanzverbindlichkeiten erklaren konnen, vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 106. Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 106. 137

Die Ergebnisse unterstiitzen nach Ansicht der Autoren teilweise die Trade-off-Theorie - da einerseits die Emissionsentscheidungen durch die Abweichungen von der Kapitalstruktur erklart werden konnen und andererseits die Pecking-Order-Theorie, aufgrund der festgesteliten negativen Korrelation zwischen Profitabilitat und Kapitalstruktur relevant ist.^°^ Insgesamt lassen die Ergebnisse darauf schlieflen, dass Unternehmen vergleichbar dem Market Timing in Bezug auf die Borsenbewertung auch ein Market Timing in Bezug auf gesamtwirtschaftliche Kondltionen praktlzieren, soweit ihre finanzlelle Lage ihnen diese Option ermoglicht. Daraus folgern die Autoren, dass die finanziellen Entscheidungen der Unternehmen den Stand der makrookonomischen Bedingungen reflektieren.^^° 3.4.4.3 Gtobates Emfssfonsverhatten und Market Timing Eine aktuelle empirische Studie aus dem Jahr 2004 von Henderson, Jegadeesh und Weisbach untersucht das weltweite Emissionsverhalten in Abhangigkeit der Emissionsart, des Anteils der in- und auslandischen Emissionstatigkeit von Unternehmen als auch der Faktoren, welche die Emissionstatigkeit beeinflussen.^^^ Dabei stellen die Autoren fest, dass Market Timing-Aspekte weltweit einen wichtigen Einfluss auf die Emissionsentscheidung der Unternehmen haben. Die zunehmende Globalisierung der Kapitalmarkte und Finanzierungsarten ermoglicht insbesondere grofieren borsennotierten Unternehmen mit internationaler Prasenz eine flexible Kapitalaufnahme auf globaler Ebene. So konnen sich z. B. borsennotierte europaische Unternehmen Kapital mittels Aktien- oder Anieiheemission auch aufierhalb des jeweiligen Heimatmarktes (z. B. in den USA oder Japan) beschaffen. Eine Vielzahl von Fragen in Bezug auf das Finanzierungsverhalten und insbesondere das Emissionsverhalten borsennotierter Unternehmen ist bislang ungeklart. Folgende der Untersuchung zugrunde liegende Fragen sollen daher zu einem weitergehenden Verstandnis des Finanzierungsverhaltens beitragen: 1. Wie finanzieren Unternehmen weltweit ihre Investments?^^^ 2. In welchem Ausmafi nutzen Unternehmen in- und auslandische Kapitalmarkte bei der Finanzierung?^^^ 3. Welche Finanzierungsform praferieren sie bei der Emissionstatigkeit an den Kapitalmarkten?

Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 106. Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 106. Vgl. Henderson/JegadeeshA/Veisbach (2004), S. 1 ff. Vgl. Henderson/Jegadeesh/Weisbach (2004), S. 1 ff. Vgl. Henderson/JegadeeshA/Veisbach (2004), 8. 2. 138

4. Nutzen Unternehmen in bestimmten Landern mehr auslandische Kapitalmarkte zur Finanzierung als Unternehmen in anderen Landern? 5. 1st die auslandische Kapitalaufnahme fur Unternehmen eventueii einfacher als die inlandische Kapitalaufnahme? 6. Wie beeinflussen die Borsenbewertung sowie makrookonomische Faktoren die Entscheidungen bezuglich der Emissionsform und kann ein Market Timing-Verhalten festgestellt werden?''^ Zur Beantwortung dieser Fragen wurden von 1990 bis 2001 in verschiedenen Landern weltweit die Emissionsarten, -volumina, -orte (in- oder auslandischf ^^ sowie die generellen beelnflussenden Faktoren wie Marktkapltallsierung, ZInsnIveau und Landerrlsiko untersucht.®^® Zwischen 1990 und 2001 haben Unternehmen weltweit insgesamt 25,9 Trillionen $ neues Kapital emittiert, 21,2 Trillionen $ wurden im jeweiligen Heimatmarkt der Unternehmen (Inland) und 4,7 Trillionen $ im Ausland emittiert. Der Anteil der Anieiheemissionen ist mit 20,2 Trillionen $ wesentlich hoher als der Anteil der Aktienemissionen mit 3,4 Trillionen $, der Rest in Hohe von 2,3 Trillionen $ verteilt sich auf Wandelanleihen und Vorzugsaktien.^^^ In Bezug auf die Aufteilung der Emissionen im In- oder Ausland ist festzustellen, das Anieiheemissionen im Gegensatz zu Aktienemissionen aufierhalb des Heimatmarktes mit rund 20,25 % aller begebenen Anieihen sehr viel haufiger sind, Aktienemissionen werden lediglich mit 6,09 % aufierhalb des Heimatmarktes begeben.*^^^ Fur ihre internationalen Emissionen wahlen die Unternehmen uberwiegend die liquidesten Markte aus, alien voran die USA und Grofibritannien. Die Analyse des Market Timing-Verhaltens der Unternehmen in Bezug auf das Emissionsverhalten ergibt starke Hinweise darauf, dass Unternehmen Aktien- und Anieiheemissionen

614 615

Vgl. Henderson/Jegadeesh/Weisbach (2004), S. 2 ff. Als inlandische Emission werden diejenigen Emissionen definiert, die von den Unternehmen im Heimatmarkt emittiert werden (jeweiliger Hauptsitz des Unternehmens), als auslandische Emission werden die Emissionen definiert, die von Unternehmen aulierhalb ihres Heimatmarktes emittiert werden, vgl. Henderson/JegadeeshAA/eisbach (2004), S. 3 f. Die Daten werden aus der ..Security Data Corporation's"-Datenbank generiert, die weltweit die Emissionsaktivitaten aufzeichnet. Insgesamt wurden 195.375 Emissionen innerhalb des Zeitraums 1990-2001 in dieser Datenbank gespeichert - allerdings sind die Daten nicht fur alle Lander weltweit vollstandig verfugbar. Weitere Daten bezuglich aggregierter Marktkapltallsierung sowie makrookonomischer Daten wie Wachstumsraten und Zinsniveau wurden von Veroffentlichungen der Weltbank bzw. Data Stream (einem elektronischen Informationstool) generiert. Das spezifische Landerrlsiko wird aus den „Euromoney"-Ratings generiert, die jedes Land im Hinblick auf das landerspezifische Risiko sowie die Kapitalmarktoffenheit werten, vgl. Henderson/ Jegadeesh/Weisbach (2004), S. 4 ff. Vgl. Henderson/JegadeeshA/Veisbach (2004), S. lOff. Vgl. Henderson/Jegadeesh/Weisbach (2004), S. 2 ff.

139

in Abhangigkeit der Marktkonditionen timen. Aktienemissionen werden uberwiegend wahrend einer Borsenhausse und Anieiheemissionen uberwiegend wahrend Niedrigzinsphasen durchgefuhrt.^^^ Daruber hinaus wird festgestellt, dass die Kapitalmarktemissionen der Unternehmen auf globaler Ebene stark korrelieren. Die Autoren schlieflen daraus, dass aus der Giobalisierung der Markte international vergleichbare gunstige Investment- und Wachstumsphasen resultieren, die zu einer verstarkten weltweiten Emissionstatigkeit fuhren.^^° Des Weiteren ergibt die Analyse, dass Phasen, die von extremer Emissionstatigkeit gepragt sind, auf bevorstehende Umschwunge an den Borsenmarkten hinweisen. So wird eine verstarkte Aktienemissionstatigkeit haufig zum Ende einer Borsenhausse und im Vorfeld einer Borsenbaisse festgestellt.^^^ Da es nach Meinung der Autoren eher unwahrscheinlich ist, dass Untemehmensmanager wettweit in atinttcher Weise einen Umschwung der Borsen-

markte antizipieren konnen, ist die wahrscheinlichere Erklarung fur dieses Phanomen, dass Unternehmen die Borsenbewertung fur ihr eigenes Unternehmen als hoch bzw. uberbewertet einschatzen und diese Uberbewertung ausnutzen.^^^ Fur die Anieiheemissionen werden keine vergleichbaren Ergebnisse gefunden; zwar ijberwiegt die Anieiheemission zu Niedrigzinsphasen, im Gegensatz zu den Aktienemissionen kann jedoch nicht im Vorfeld von Zinserhohungen eine besonders rege Emissionstatigkeit nachgewiesen werden.®^^ Aufgrund der zunehmenden Giobalisierung der Kapitalmarkte profitieren Unternehmen von einem hohen Grad an Flexibilitat. Bezuglich Emissionsart und -ort sowie dem Zeitpunkt der Emission bestehen Wahlmoglichkeiten.^^'* Es ist davon auszugehen, dass mit zunehmender Integration der internationalen Kapitalmarkte diese Wahlmoglichkeiten von wachsender Bedeutung fur das Emissionsverhalten der Unternehmen sein werden. Die Ergebnisse der Untersuchung weisen darauf hin, dass Market Timing-Uberlegungen weltweit einen relevanten Einfluss im Hinblick auf Finanzierungsentscheidungen borsennotierter Unternehmen ausuben.^^^

622 623 624

Fiir die Analyse der Anieiheemissionstatigkeiten und der Zinsniveaus ist die Analyse der Oaten auf die G7-Lander beschrankt, vgl. Henderson/JegadeeshA/Veisbach (2004), S. 20 f. Vgl. Henderson/JegadeeshA/Veisbach (2004), S. 14 f. Zwecks Analyse der Timing-Effekte wird die Marktperformance der jeweiligen Borsen nach sehr aktiven und bzw. sehr inaktiven Phasen untersucht. Dabei wird festgestellt, dass in alien Landern - bis auf einige asiatische Lander - die Aktienrenditen nach uberdurchschnittlicher Emissionstatigkeit niedriger als nach unterdurchschnittlicher Emissionstatigkeit sind, vgl. Henderson/ JegadeeshAA/eisbach (2004), S. 18ff. Vgl. Henderson/Jegadeesh/Weisbach (2004), S. 4 f. Vgl. Henderson/JegadeeshA/Veisbach (2004), S. 4 f. Vgl. Henderson/JegadeeshAA/eisbach (2004), S. 28 f. Vgl. Henderson/JegadeeshAA/eisbach (2004), S. 28.

140

3.4.5 Kritische Wurdigung Die in den letzten Jahren entwickelten dynamischen Ansatze zur Kapitaistruktur haben zu einer wertvollen Weiterentwicklung der nnoglichen Erklarungsansatze und zu einer realistischeren Diskussion in Bezug auf die Kapitaistruktur beigetragen. Die in den dynamischen Ansatzen erstmals unterstellte Annahme, dass die beobachteten Kapitalstrukturen nicht notwendigerweise der optimalen Kapitaistruktur entsprechen, ist eine lang vernachlSssigte, aber notwendige Annahme. Eine Vielzahl von empirischen Untersuchungen deutet darauf hin, dass Unternehmen eine Zielkapitalstruktur haben, aber regelmaflig Abweichungen vom optimalen Wert auftreten. Die Argumentation, dass die Wiederanpassung an die Zielkapitalstruktur im Rahmen von Anpassungsprozessen verlauft, die wiederum durch die Hohe der Anpassungskosten bestimmt wird, erscheint eine plausible ErklSrung. Aktuelle Arbeiten argumentieren wiederum, dass Abweichungen von der Kapitaistruktur nicht durch die Anpassungskosten erklart werden konnen, sondern dass ein grower Teil der Volatilitat des marktmafiig gemessenen Verschuldungsgrades durch passives Verhalten borsennotierter Unternehmen erklart werden kann, d. h. durch ausbleibende Wiederanpassung des Verschuldungsgrades aufgrund von Veranderungen des Marktwertes des Eigenkapitals.^^^ Die in den dynamischen Ansatzen unterstellte These der Anpassungsprozesse bietet eine Erklarung fur die in der Praxis vorzufindenden Kapitalstrukturveranderungen an, welche sich in der Kegel innerhaib einer gewissen Bandbreite bewegen. Die Vielzahl der Studien, insbesondere fur den amerikanischen Markt im Hinblick auf Emissionsvolumina

und Emissionsrenditen

im Rahmen der Windows-of-Opportunity

Ansatze,

spricht dafur, dass Unternehmen temporare Uberbewertungen an der Borse ausnutzen. Trotz des intuitiv nachvollziehbaren Ansatzes wurden solche Market Timing-Aspekte im Rahmen des historisch unterstellten vollkommenen Marktes mit damit einhergehend unterstellten fairen Preisen in der Diskussion um die Kapitaistruktur lange Zeit nicht aufgeworfen. Aktuelle

Studien

kritisieren

allerdings

die

Systematik

der

empirischen

Windows-of-

Opportunity-Studien und interpretieren die langfristige abnormale negative Rendite als Re-

So argumentiert Welch, dass das Emissionsverhalten amerikanischer borsennotierter Unternehmen nicht zum Ausgleich marktbedingter Schwankungen des Verschuldungsgrades dient. Legt man bei der Messung des Verschuldungsgrades Marktwerte zugrunde, so erklart die Volatilitat der Borsenbewertung rund 40 % der Volatilitat des Verschuldungsgrades bzw. der dynamischen Veranderung der Kapitaistruktur amerikanischer Unternehmen. Welch zeigt anhand einer empirischen Untersuchung fur den Zeitraum 1962-2000, dass ein grofler Teil der Volatilitat des Verschuldungsgrades durch passives Verhalten der amerikanischen borsennotierten Unternehmen erklart werden kann, und folgert daraus, dass Unternehmen keine Wiederanpassung durchfuhren, vgl. Welch (2004), S. 106 ff.

141

sultat des niedrigeren systematischen Risikoexposures der emittierenden Untemehmen im Vergleich zu den jeweiligen Vergleichsunternehmen bzw. Portfolios.®^^ Trotz dieser Kritik am Aufbau einzelner empirischer Studien weisen auch die aktuellen Market Timing-Ansatze darauf hin, dass temporar vorteilhafte makrookonomische oder bewertungsspezifische Bedingungen von Bedeutung fur die Kapitalstruktur borsennotierter Unternehmen sind. Die Analyse des globalen Market Timing-Verhaltens in Bezug auf das Emissionsverhalten ergibt starke Hinweise darauf, dass weltweit Untemehmen Aktien- und Anieiheemissionen in Abhangigkeit der Marktkonditionen timen.^^® Auch die Analysen zum Market Timing auf Unternehmensebene lassen die Vermutung zu, dass Untemehmen systematisch die jeweiligen Borsenbewertungen und makrookonomischen Bedingungen bei ihren Emissionsentscheidungen ausnutzen. Weiterhin liegen Erkenntnisse vor, die darauf schlieflen lassen, dass insbesondere Untemehmen, die finanziell unabhangig sind und somit mehr Optionen hinsichtlich Finanzierungsart und -zeitpunkt aufweisen, ein besonders ausgepragtes Market Timing im Vergleich zu finanziell abhangigen Untemehmen demonstrieren.^^^ Im Market TimingAnsatz von Baker und Wurgler\N\r6 sogar ein so weitgehender Einfluss des Market Timings angenommen, dass die Hypothese aufgestellt wird, die heutigen Kapitalstrukturen seien durch die vergangenen Market Timing-Bemuhungen determiniert.®^° Die noch relativ jungen Market Timing-Ansatze weisen auf einen signifikanten Einfluss des Market Timing-Verhaltens bei der Finanzierungspolitik hin; es bleibt abzuwarten, ob weitere empirische Studien diese Ergebnisse bestatigen. Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass sowohl die dynamischen als auch die aus den Windows-of-Opportunity-Ansatzen resultierenden Market Timing-Ansatze zu einer bedeutenden Weiterentwicklung der Theorie der Kapitalstruktur beigetragen haben. Der Fortschritt resultiert insbesondere aufgrund der Revidierung der vorherigen Annahmen einer statischen Kapitalstruktur sowie der Akzeptanz und Integration der vorfindbaren Realitaten, wie z.B. va-

Eine Studie von Eckbo, Masulis und Norii kritisiert die empirischen Studien zu den Windows-ofOpportunity-Ansatzen, da kein adaquater Mafistab fur das Risiko berucksichtigt wurde. Durch die Emission von Eigenkapital senken die Untemehmen ihre Verschuldung und reduzieren somit ihr Risiko im Hinblick auf eine unerwartete Inflation und auf das Konkursrisiko. Daruber hinaus wird durch die Eigenkapitalerhohung die Liquiditat der Aktie signifikant erhoht und ebenso das Risikoprofil fur die Aktie gemindert. Prinzipiell unterstellen die Autoren daher, dass Untemehmen nach Durchfijhrung einer Kapitalerhohung ein geringeres Risikoprofil aufweisen als vergleichbare Untemehmen, die keine Eigenkapitalerhohung vollzogen haben, und kommen zu dem Schluss, dass dieser Faktor bei den meisten empirischen Studien und der Wahl der Vergleichsportfolios nicht berucksichtigt wurde, vgl. Eckbo/Masulis/Norii (2000), S. 251 ff. Vgl. Henderson/JegadeeshA/Veisbach (2004), S. 4 f. Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 104. Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 3. 142

riierenden Borsenbewertungen, Kapitalmarktbedingungen und makrookonomischen Bedingungen , demzufolge der Kapitalmarkt nicht immer faire Preise bzw. Konditionen stellt.

3.5

Weltere Theorieansatze zur Kapitalstruktur

3.5.1 Kapitalstruktur und strategische Aspekte Aufgrund des unzureichenden Erklarungsgehalts der klassischen Theorien zur Kapitalstruktur entwickelte sich ein Literaturzweig, der die Interdependenzen der strategischen Aspekte eines Unternehmens und der Kapitalstruktur thematisierte und somit auch den interdisziplinaren Ansatzen zugeordnet werden kann. Die bekanntesten Beitrage hierzu stammen von Barton und Cordon aus den Jahren 1987 und 1988. Sie nehmen an, dass Kapitalstrukturentscheidungen als unterstutzende Mafinahme im Sinne der ubergeordneten strategischen Ziele eines Unternehmens gefallt werden.^^^ Die Ausfuhrungen von Barton und Cordon basieren auf der Grundannahme, dass die Kapitalstruktur nicht ausschliefilich, wie von den klassischen Theorien unterstellt, das Resultat exogener Zwange und Einflusse ist, sondern durch ein komplexes Zusammenspiel von exogenen und endogenen Faktoren bestimmt wird.^^^ Es ist davon auszugehen, dass die Kapitalstrukturentscheidungen einerseits auf den grundlegenden strategischen Werten und Zielen der Unternehmensfuhrung basieren und andererseits durch die genannten exogenen und endogenen Faktoren, die wiederum mafigeblich das Risiko und die Kontrolle definieren, beeinflusst werden.®" Das Risiko und die Kontrolle sind nach Ansicht der Autoren zwei bedeutende Faktoren, die auf die Kapitalstruktur wirken. Barton und Cordon ur\\Qxs\e\\en, dass die Risikobereitschaft der Unternehmensfuhrung einen fundamentalen Einfluss auf die Wahl der Kapitalstruktur hat aufgrund der Tatsache, dass ein Grofiteil des Risikos durch die finanzielle Situation des Unternehmens abgebildet wird. Die Risikoneigung der Unternehmensfuhrung und die spezielle finanzielle Situation des Unternehmens beeinflussen weiterhin den Zugang und die Konditionen des Fremdkapitals, da die Kreditwurdigkeit anhand der finanziellen Situation des Unternehmens in Verbindung mit der Risikoneigung der Unternehmensfuhrung beurteilt wird.^^ Der Faktor Kontrolle ist ebenfalls von grundlegender Bedeutung fur die Kapltalstrukturentscheidung. Grundsatzlich ist davon auszugehen, dass die Unternehmensfuhrung ein Maximum an Kontrolle und Flexibilitat anstrebt. Da mit steigendem Anteil der Fremdkapitalfinan^^^ ^^^ ^^^ ^^^

Vgl. Barton/Gordon (1988), S. 623 ff., Barton/Gordon (1987), S. 76 ff. Vgl. Barton/Gordon (1988), S. 623. Vgl. Barton/Gordon (1988), S. 623 f. Vgl. Barton/Gordon (1988), S. 624. 143

zierung ein Verlust der Kontrolle der Unternehmensfuhrung einhergeht, wird angenommen, dass die Unternehmensfuhrung die interne vor der externen Finanzierung praferiert. Anhand einer empirischen Untersuchung analysieren die Autoren den Zusammenhang zwischen der strategischen Ausrichtung eines Unternehmens und der Kapitaistruktur.^^^ Die analysierten Unternehmen werden dabei, in Abhangigkeit der jeweiligen Risikoneigung, in vier Kategorien eingeteilt. Dabei wird prinzipieli davon ausgegangen, dass mit zunehmender Diversifikation von Unternehmen systematisch ein geringeres Risiko einhergeht.®^^ Weiterhin definieren die Autoren einige firmenspezifische Variablen, welche das Risiko, die Kontrolle und die Flexibilitat beeinflussen und in der Folge mafigeblich die Kapitalstruktur determimeren. Diese umfassen die Profitabilitat^die Grdiie, das Umsatzwachstum, die Anlageintensitat und die Volatilitat der Gewinne. Es werden folgende Zusammenhange unterstellt: Aufgrund der Annahme, dass das Management uber ein hohes Mafl an Kontrolle und Flexibilitat verfugen will, wahit es soweit moglich einen geringen Verschuldungsgrad. Profitable Unternehmen sind unabhangiger von externen Kreditgebern, daher wird eine negative Beziehung zwischen Profitabilitat und Verschuldungsgrad unterstellt. Ein negatlver Wirkungszusammenhang wird ebenfalls fur die Grofie, die Volatilitat der Gewinne und die Anlageintensitat angenommen.^^^ Aufgrund der Praferenz der Flexibilitat bei der Unternehmensfuhrung wird unterstellt, dass sehr grolie Unternehmen eine Eigenkapitalfinanzierung praferieren, da die Emission von Eigenkapltal bei groflen Unternehmen nicht oder nur geringfugig die externe Kontrolle des Unternehmens erhoht. In Bezug auf die Volatilitat der Gewinne definieren die Autoren einen negativen Zusammenhang zwischen der Volatilitat und dem Verschuldungsgrad, da mit der Volatilitat ein hoheres Risiko einhergeht und daraus eine geringere Kreditwurdigkeit folgt.®^^ Ebenso wird ein negativer Zusammenhang zwischen der Aniageintensitat und dem Verschuldungsgrad unterstellt, da ein hohes Aniagevermogen eines Unternehmens nach Meinung der Autoren zu einer Beibehaltung der Kontrollstellung der Unternehmensfuhrung beitragt und in der Folge in der Wahl eines geringeren Verschuldungsgrades mundet.

637 638

Der Zeitraum der empirischen Studie umfasst die Jahre 1970-74, dabei wurden insgesamt 279 Unternehmen aus der Fortune-500-Liste in die Untersuchung integriert. Der Ausschluss einiger Fortune-500-Unternehmen resultiert daraus, dass sie im Jahr 1982 nicht mehr existierten oder sich die Klassifikation der Risikoneigung wahrend des untersuchten Zeitraums anderte, vgl. Barton/Gordon (1988). S. 627 f. Die Einteilung der strategischen Ausrichtung der Unternehmen wird basierend auf den Arbeiten von Rumelt vorgenommen, welcher verschiedene Kategorien in Abhangigkeit des Diversifikationsgrades entwickelt hat. Der Diversifikationsgrad ist maflgeblich abhangig von der technischen, wirtschaftlichen und kompetitiven Situation, in der die jeweiligen Unternehmen agieren, vgl. Rumelt (1974), S. 1 ff. Vgl. Barton/Gordon (1988), S. 625 ff. Vgl. Barton/Gordon (1988), S. 625 ff. 144

In Bezug auf die Wachstumsrate des Unternehmens wird ein positiver Wirkungszusammenhang zum Verschuldungsgrad unterstellt. Schnell wachsende Unternehmen konnen ihre Finanzierungsbedurfnisse i. d. R. nicht aus eigenen Mittein decken und sind auf externe Finanzierung angewiesen. Es wird angenommen, dass erfolgreich wachsende Unternehmen tendenziell die mit einer Fremdkapitalfinanzierung einhergehenden Restriktionen gegenuber dem mit einer Eigenkapitalfinanzierung einhergehende Nachteil der Reduzierung der Kennziffer Gewinn je Aktie praferieren und somit ein positiver Zusammenhang zwischen Wachstumsrate und Verschuldungsgrad besteht.^^^ Die Resultate der empirischen Untersuchung lassen nach Meinung der Autoren den Schluss zu, dass strategische Aspekte bei der Wahl der Kapitalstruktur einen bedeutenden Einfluss besitzen. In AbhSngigkeit der Einstufung der strategischen Ausrichtung der Unternehmen wurden unterschiedliche Verschuldungsgrade festgestellt.^° Hervorzuheben sind insbesondere die Resultate in Bezug auf den Wirkungszusammenhang der firmenspezifischen Variablen und der Kapitalstruktur. Der negative Zusammenhang zwischen der Profitabilitat und dem Verschuldungsgrad ist signifikant und am starksten ausgepragt. Auch der negative Zusammenhang zwischen der Volatilitat der Gewinne und dem Verschuldungsgrad konnte durch die empirische Studie bestatigt werden und ist signifikant; fur die weiteren firmenspezifischen Variablen konnte kein signifikanter Zusammenhang nachgewiesen werden.^"^^ Die Autoren folgern aus der starken Korrelation zwischen der Profitabilitat und dem Verschuldungsgrad, dass fijr die Unternehmensfuhrung der Wunsch nach Flexibilitat und moglichst geringer externer Einflussnahme im Vordergrund steht.^^ Die Resultate der Studie von Barton und Cordon sowie eine Reihe weiterer strategischer Ansatze weisen darauf hin, dass ein rationaler Ansatz zum Nachvollzug der Finanzierungsentscheidungen nicht ausreichend sein kann, da die individuellen Praferenzen der Unternehmensfuhrung hierbei nicht berucksichtigt werden konnen.^^

Ein positiver Zusammenhang zwischen Umsatzwachstum und Verschuldungsgrad wurde ebenfalls von Gupta unterstellt, vgl. Gupta (1969), S. 517 f. Die Ergebnisse hierzu sind allerdings nicht genau quantifiziert, vgl. Barton/Gordon (1988), S. 631. Spatere Studien bestatigen die Annahme, dass die Diversifikation einen Einfluss auf die durchschnittlichen Kapitalstrukturen hat. So belegt eine empirische Studie aus dem Jahr 2004, dass Unternehmen in Abhanglgkeit des Grades ihrer internationalen Diversifikation und Produktdiversifikation unterschiedliche durchschnittliche Kapitalstrukturen aufweisen. Fur amerikanische Unternehmen gilt: Je intemationaler die Unternehmen, desto geringer die Fremdkapitalquote; je diversifizierter das Produktportfolio, desto hoher die Fremdkapitalquote, vgl. Low/Chen (2004), S. 55 ff. Vgl. Barton/Gordon (1988), S. 629 f. Vgl. Barton/Gordon (1988), S. 630. Weitere Veroffentlichungen thematisieren strategische, organisatonsche, risikosystematische Oder verhaltenstechnische Aspekte in Bezug auf die Kapitalstruktur und unterstutzen die von 145

3.5.2 Kapitalstrukturen und verhaltenspsychologische Aspekte Wahrend in der neoklassischen Finanzierungstheorie das einzelne Individuum als rational handelndes Wesen dargestellt wird, erweitert der Forschungszweig ..Behavioral Finance" die bisherigen Finanzierungstheorien und schafft eine Synthese zwischen Okonomie und Psychologie. Das einzelne Individuum wird nicht mehr wie vormals als rein rational handelndes Wesen dargestellt, bei dem die Aktivitaten ausschliefllich auf die reine Gewinnerzielung abzielen, sondern als von emotionalen Motiven beeinflusst.^ Ziel der Behavioral-FinanceForschung ist es, Marktgeschehnisse, die nicht mit traditionellen Theorien oder Modellen in Einklang gebracht werden konnen, durch Verknupfung finanzierungstheoretischer und psychologischer Erkenntnisse zu erklaren. Dadurch erweitert sich das Spektrum der interdisziplifiar begrundeten Ansatze zur Erklarun^ der Kapitalstruktur.^^ In diesem Zusammenhang wurden insbesondere zwei Hypothesen hinsichtlich der Wahl der Kapitalstruktur formuliert und getestet: zum einen das sogenannte Herdenverhalten, dem zufolge sich Unternehmen dem Verhalten vergleichbarer Unternehmen derselben Branche anpassen bzw. angleichen, und zum anderen das Nachahmen der Finanzierungspolitik des jeweils fijhrenden Unternehmens innerhalb einer Industrie. Im Jahr 1991 veroffentlichten Patel, Zeckhauser und Hendricks e\r\e Studie zur Anpassung von Kapitalstrukturen und dem sogenannten Herdenverhalten^®, welches ein gleichgerichtetes Handein einer grofieren Gruppe innerhalb einer Branche beschreibt. Es wurde festgestellt, dass bei sieben von zehn Industrien mehr als 15 % der Unternehmen ihre Kapitalstruktur der Herde, also jeweils vergleichbaren Unternehmen derselben Branche angleichen.®"*^ Die Autoren Ziehen den Schluss, dass Unternehmen den Vorteil des Erreichens ihrer optimalen Kapitalstruktur mit dem Nachteil der Kosten bei Verlassen der Herde, also dem Entfernen vom Industriedurchschnitt in Bezug auf die Kapitalstruktur, abwagen.®^® Eine neuere empiri-

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Barton und Gordon getroffene Aussage, dass nichtrationale bzw. individuelle Praferenzen der Unternehmensfuhrung einen bedeutenden Einfluss auf die Kapitalstruktur ausuben konnen, siehe Berger/Ofek/Yermack (1997), S. 1411 ff., Bagwell/Zechner (1993), S. 975ff., John/John (1993), S. 949 ff., Miller/Bromiley (1990), S. 756 ff. Vgl. SchaferA/ater (2002), S. 739 ff. Vgl. SchaferA/ater (2002), S. 739 ff. Das Herdenverhalten hat seinen Ursprung in der TienA/elt, dem Flugverhalten von Vogein und anderen Tieren, die das „Reisen" in Gruppen aufgrund der hoheren Sicherheit bevorzugen, vgl. Patel/Zeckhauser/Hendricks (1991), S. 232 ff. Der Untersuchung lagen 182 Unternehmen in zehn Industriezweigen zugrunde. Bei drei Industriezweigen wurde kein signifikantes Herdenverhalten festgestellt; in den anderen sieben Industrien wurde ein signifikantes Herdenverhalten festgestellt, vgl. Patel/Zeckhauser/Hendricks (1991), S. 232 ff. Als Kosten, die bei Distanzierung von der Herde entstehen, wird angefuhrt, dass Banken oftmals keine Kredite vergeben bzw. eine eingeschrankte Kreditvergabe stattfindet, wenn ein Unternehmen eine hohere Verschuldungsquote als der Industriedurchschnitt vorweist, vgl. Patel/Zeckhauser/Hendricks (1991), S. 233 ff.

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sche Studie aus dem Jahr 1996 von den Autoren Filbeck, Gorman und Preece ev^ab wiederum keine Beweise zur Unterstutzung der Herdentheorie.^® Die zweite oben angefuhrte Hypothese aus dem Forschungsgebiet ..Behavioral Finance" besagt, dass sich Untemehmen bei ihren Entscheidungen am jeweils fuhrenden Unternehmen ihres Industriezweiges orientieren. Diese These wurde unter dem Begriff ..Following the Leader" bekannt.^^° Da vorausgesetzt wird. dass ein Unternehmen eine fijhrende Marktstellung nur durch taktisch kluge Entscheidungen und erfolgreiches Handein erzielen kann, beobachten die Mitkonkurrenten die finanzierungspolitischen Entscheidungen des fuhrenden Unternehmens und vollziehen diese nach. Erhoht das fuhrende Unternehmen z. B. die Verschuldungsquote. so passen die Konkurrenten innerhalb der Branche ihre Kapitalstruktur ebenfalls an. Diese Methode birgt einen Kostenvorteil, da kostenintensive AbwSgungsprozesse Im Hinblick auf Agency-, Konkurs-. Uber- bzw. Unterinvestitionskosten etc. entfallen. Allerdings konnen Unternehmen unterschiedliche firmenspezifische Agency- oder Konkurskosten aufweisen, die nicht mit denen des fuhrenden Unternehmens identisch sind. Die optimale Kapitalstruktur des fuhrenden Unternehmens ist daher nicht zwangslaufig die optimale Kapitalstruktur des Unternehmens innerhalb derselben Branche. Empirisch konnte die ..Following the Leader"-These bislang nicht bewiesen werden. So stellten Filbeck, Gorman und

Preece

keine bzw. eine nur sehr schwache Unterstutzung fur die Hypothese fest.^^^ Der Forschungszweig ..Behavioral Finance" liefert zwar neue interessante Ansatze bezuglich bislang nicht rational erklarbarer Finanzierungsentscheidungen. Die Zahl der veroffentlichten Arbeiten zur Schnittstelle Kapitalstruktur und ..Behavioral Finance" sowie die empirisch verwertbaren Ergebnisse sind allerdings begrenzt. Bislang konnte weder das Herdenverhalten noch das Nachahmen der Finanzierungspolitik des jeweils fuhrenden Unternehmens empirisch belegt werden.^^^

3.5.3 Kapitalstrukturen und diskretionarer Freiraum des Managements Bereits Jensen und Meckling wiesen in ihrem bekannten Beitrag zur Free-Cashflow-Theorie aus dem Jahr 1986 darauf hin, dass das Management eines Unternehmens mit zunehmen-

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In der Studie werden 120 Unternehmen in einem Zeitraum von 1981 bis 1990 in sieben Industriezweigen untersucht, vgl. Filbeck/Gorman/Preece (1996), S. 57 ff. Vgl. Statman/Caldwell (1987). S. 7 ff. In der empirischen Untersuchung warden die ..Leader", also die fuhrenden Unternehmen eines Sektors ermittelt anhand der von Fortune publizierten „most admired"-Liste, auf der jeweils die Top-Ten-Unternehmen eines Industriezweiges aufgelistet werden. Befanden sich Unternehmen mindestens sechs von neun Malen in der ..most admired"-Liste, so warden sie als ..Leader" definiert, vgl. Filbeck/Gorman/Preece (1996), S. 58. Dieses Ergebnis wird aach anterstutzt durch eine Umfrage aus dem Jahr 1989 von Pinegar und Wilbhcht, bei der unter sieben moglichen Kriterien fur die Finanzierungspolitik die Vergleichbarkeit mit anderen Unternehmen aus derselben Branche als nachrangig eingestuft wurde, vgl. Pinegar/Wilbricht (1989), S. 82 ff. 147

der Verschuldung einer hoheren Kontrolle unterliegt und aus diesem Grunde nicht immer eine optimale Verschuldungsquote anstrebt.®^^ Der grundlegende Zusammenhang zwischen dem Einfluss externer Kontrolle und der Kapitalstruktur wurde im Jahr 1997 erneut in einem Aufsatz von Berger, Ofek und Vermackaufgegriffen und weiterentwickelt.^^ Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Frage, inwieweit eine Beziehung zwischen dem sogenannten ..Managerial Entrenchment" und der Kapitalstruktur besteht. Sinngemafi kann ..Managerial Entrenchment" ubersetzt werden mit Verschanzung bzw. Eingrabung des Managements und definiert den diskretionaren Freiraum des Managements gegenuber Disziplinierungsmaflnahmen wie externen Kontrollmechanismen Oder Corporate-Governance-Regeln. Ein Management gilt demnach als ..entrenched", wenn es nur geringfugig disziplinierenden Malinahmen (z. B. durch die Kontrolle des Aufsichtsrats) unterliegt. eine nur geringfugige Gefahr einer Ubernahme besteht und/oder keine uberwiegend leistungsorientierte Kompensation des Managements existiert. Besitzt das Management einen diskretionaren Spielraum aufgrund mangelnder Kontrollmechanismen, so die These der Autoren, wird es versuchen, einen hohen Fremdfinanzierungsanteil zu vermeiden und somit eine Verschuldungsquote unterhalb der optimalen zu wahlen.^^^ In einer empirischen Studie an 434 Unternehmen im Zeitraum von 1984 bis 1991 wurde untersucht, ob signifikante Beziehungen bestehen zwischen der Verschuldungsquote und Variablen, die dem Management einen diskretionaren Spielraum gegenuber externen Kontrollen beschaffen. Als Variablen zur Bemessung des diskretionaren Spielraums des Managements wurden u. a. der vom Management gehaltene Anteil am eigenen Unternehmen^^^ ausgewahlt, der Fixanteil der Managementkompensation^^^, der vom Management gehaltene Anteil an Aktienoptionen am Unternehmen®^^ die Grofie des Vorstands^^^. der Anteil der externen

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Die Free-Cashfiow-Theorie von Jensen wird detailliert in Kapitel 2.4.2.2. behandelt. Vgl. Berger/OfekA'ermack (1997), S. 1411. Vgl. Berger/OfekA'ermack (1997), S. 1412. Bereits Jensen (1976) diskutierte den Zusammenhang zwischen dem eigenen Anteil am Unternehmen und dem hoheren Druck auf den Vorstand, wertmaximierende Entscheidungen fur das Unternehmen zu treffen. Der diskretionSre Freiraum des Managements ist geringer, je hoher der eigene Anteil am Unternehmen ist, vgl. Berger/Ofek/Yermack (1997), S. 1416 ff., Jensen (1976), S. 305 ff. Folgendes wird unterstellt: Je hoher die fixe Vergutung, desto geringer der Druck auf das Management, wertmaximierende Entscheidungen zu treffen - der diskretionare Spielraum erhbht sich folglich, vgl. Berger/Ofek/Yermack (1997), S. 1416 ff. Der Vorstand gilt als weniger „entrenched", je hoher die leistungsorientierte Vergutung in Form von Aktienoptionen ist, vgl. Berger/Ofek/Yermack (1997), S. 1416 ff. Die Grolie des Vorstands wurde als wichtiger Faktor der Effektivitat von Corporate Governance definiert. Je groder der Vorstand, desto hoher ist die gegenseitige Kontrolle, der diskretionare Spielraum sinkt, vgl. Berger/Ofek/Yermack (1997), S. 1416 ff., Jensen (1993), S. 831 ff.

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Aktionare, die ein Paket von uber 5 % am Unternehmen halten®^°, sowie die Zeitdauer, die der Vorstand bereits das Amt innehat.^®^ Die Untersuchung ergab, dass die Verschuldungsquote durchschnittlich niedriger ist, wenn das Management eine leistungsunabhangige Vergutung erhalt, wenn das

Management

schon lange im Amt ist und nur einer geringen bzw. keiner strengen Uberwachung durch den Aufsichtsrat oder grofierer Anteilseigner unterliegt.^®^ Diese Ergebnisse unterstiitzen zwar auf den ersten Blick die sogenannte Entrenchment-Theorie, die Autoren schranken allerdings die Aussagefahigkeit der Ergebnisse ein. So ergibt die Untersuchung z. B., dass ein signifikanter positiver Zusammenhang zwischen der Hohe der Verschuidung und dem vom Management gehaltenen Anteil an eigenen Aktien besteht. Dieses Resultat spricht zunachst fur die Gultigkeit der Entrenchment-Theorie, allerdings kann auch eine Vielzahl anderer Grunde die Ursache fur den positiven Zusammenhang sein. So kann (z. B. wie in Abschnitt 3.4.4 im Modell von Stuiz eriautert) der vom Management gehaltene Anteil am eigenen Unternehmen das Vermogen der Aktionare des Unternehmens und somit die Erfolgsaussichten einer Ubernahme beeinflussen.^^^ Zielfuhrend ist es daher, zu untersuchen, inwieweit es zu Anderungen der Verschuidung nach ..entrenchment reducing shocks" kommt - also Ereignissen, die den diskretionaren Spielraum des Managements einschranken und zu einer hoheren Kontrolle fiihren.^^'' Als solche Ereignisse warden ein Ubernahmeangebot an das Unternehmen^^^ die Bestedung eines neuen Vorstandsvorsitzenden^^^ sowie die Entsendung eines Vertreters eines grofleren

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Es wird unterstellt, dass die Kontrolle uber das Management zunimmt, wenn Anteilseigner Aktienpakete am Untemehmen in Hohe von uber 5 % halten, der diskretionare Freiraum des Managements nimmt in der Folge ab, vgl. Berger/Ofek/Yermack (1997), S. 1418. Es wird unterstellt, dass ein Management mit zunehmender Zeitdauer im Amt einen grofieren diskretionaren Spielraum gegenuber Corporate Governance und externen Kontrollmechanismen hat und in der Folge einen grofleren diskretionaren Spielraum genieflt, vgl. Berger/OfekA'ermack (1997), S. 1418. Vgl. Berger/OfekA'ermack (1997), S. 1420. Auch viele der anderen definierten Variablen zur Messung des ..Managerial Entrenchment" konnen andenA/eitige Erklarungen haben, so dass nach Meinung der Autoren der direkte Ursache-Wirkungszusammenhang in Verbindung mit der gewahlten Verschuldungsquote nicht aussagekraftig ist, vgl. Berger/OfekA'ermack (1997), S. 1420. Vgl. Berger/OfekA'ermack (1997), S. 1420 ff. Es wird angenommen, dass das Management eines Unternehmen, nachdem es Zielobjekt eines misslungenen Ubernahmeversuchs war. in der Folge einem grolieren Performancedruck ausgesetzt ist, wertmaximierende Mafinahmen zu ergreifen; die Studie integriert daher Oaten uber erfolglose Ubernahmeversuche, vgl. Berger/Ofek/Yermack (1997), S. 1424 ff. Es wird angenommen, dass die Bestellung eines neuen Vorstandsvorsitzenden - insbesondere dann, wenn es sich dabei um einen nichtfreiwilligen, sondern durch den Aufsichtsrat erzwungenen Wechsel handelt - dazu fuhrt, dass der neue Vorstandsvorsitzende eine relativ niedrige Jobsicherheit hat und somit einem grofleren Performancedruck unterliegt als sein Vorganger, wertmaximierende Mafinahmen zu implementieren. Die Studie integriert daher Vorstandswechsel und unterscheidet zwischen freiwilligen und unfreiwilligen Wechsein, vgl. Berger/Ofek/Yermack (1997), S. 1425 ff. 149

Anteilseigners in den Aufsichtsrat des Unternehmens^^^ definiert. Die Resultate lassen darauf schlieden, dass die Verschuldung auch von dem Ausmafi des ..Managerial Entrenchments" beeinflusstwird. So steigt die Verschuldungsquote durchschnittlicli um 13 %, nachdem Unternehmen Zielobjekt eines nicht erfolgreichen Ubernahmeversuches waren. Die Erhohung der Verschuldung wurde zur Ausschuttung grofierer Dividenden, zum Ruckkauf eigener Aktien oder zur Implementierung wertsteigernder Restrukturierungsprogramme verwendet.^®® Die Bestellung eines neuen Vorstandsvorsitzenden fuhrt zu einem durchschnittlichen Anstieg der Verschuldung um 9 %, die Entsendung eines Vertreters eines grofieren Anteilseigners in den Aufsichtsrat zu einem durchschnittlichen Anstieg der Verschuldung um 7 %.^®^ Die Ergebnisse unterstutzen die bereits von Jensen im Jahr 1986 aufgestellte These, dass Manager haufig ihren diskretionaren Spielraum ausnutzen. Der Einsatz von Kontrollmechanismen bzw. externem Performancedruck ubt eine disziplinierende Wirkung aus, die in der Folge zu wertsteigernden Maflnahmen und einer optimalen Wahl der Kapitalstruktur fuhren kann. 3.5.4 Kapitalstrukturen und Falligkeitsstruktur des Fremdkapitais Innerhalb der finanzwirtschaftlichen Theorie zur Kapitalstruktur hat sich ein Literaturzweig vertiefend mit der Falligkeitsstruktur des Fremdkapitais beschaftigt mit dem Ziel, die Faktoren, welche die Wahl der Laufzeit des Fremdkapitais beeinflussen, zu bestimmen. Die drei bekanntesten Hypothesen zur Erklarung der Wahl der Falligkeitsstruktur sind das Signalisierungsmodell, das Steuermodell und das Contracting-Cost-Modell; sie werden nachfolgend kurz erlautert.^'° Das Signalisierungsmodell basiert auf der Theorie der asymmetrischen Information und unterstellt, dass Investoren aus der Fristigkeit des Fremdkapitais Informationen uber die Qualitat des Unternehmens generieren konnen.^^^ Inwieweit ein Zusammenhang zwischen der externen Beurteilung als Schuldner, der Laufzeit von Fremdverbindlichkeiten und der Kapitalstruktur eines Unternehmens besteht, wurde finanztheoretisch u. a. von Flannery im Jahr 1986 thematisiert, der die Wahl der Fristigkeit des Fremdkapitais als Signalisierung interpre-

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Es wird unterstellt, dass die Entsendung von Vertretem in den Aufsichtsrat von Anteilseignem, die uber 5 % am Unternehmen halten, ebenfalls zu einer Erhohung des Performancedrucks fiihrt, vgl. Berger/OfekA'ermack (1997), S. 1425 ff. Vgl. Berger/OfekA'ermack (1997), S. 1436. Vgl. Berger/OfekA'ermack (1997), S. 1436. Die Einteilung wurde von Barclay und Smith vorgenommen, vgl. Barclay/Smith (1995), S. 610 ff. Vgl. Flannery (1986), S. 18 ff., Kale/Noe (1990), S. 155 ff., Robbins/Schatzberg (1986), S. 935 ff., Diamond(1991), S. 709ff. 150

tiert.^^^ Sein Modell unterstellt, dass Unternehmen mit einer hohen asymmetrischen Information eher zur kurzfristigen Finanzierung neigen, urn sich von den „schlechteren" Schuldnem zu distanzieren und die Zahlung einer Marktpramie ais schlechter Schuldner bei einer langfristigen Finanzierung zu vermeiden.^^^ Dabei wird angenommen, dass die Laufzeit der Fremdverbindlichkeiten Informationen uber ein Unternehmen signalisieren kann. Besitzt ein Unternehmen mehr Informationen uber die zukijnftigen Perspektiven als Externe, sind die emittierten Finanztitel falsch gepreist. Ein Unternehmen, welches bedingt durch asymmetrische Information vom Markt falschlicherweise als schlechter Schuldner eingestuft wird, erhalt ein schlechtes Kredit-Rating und tragt somit hohere Refinanzierungskosten. Finanziert sich dieses Unternehmen uberwiegend langfristig, sind die Refinanzierungskosten dementsprechend hfiher im Vergleich zur Wahl einer kurzfristigen Finanzierung. F/annery ^o\ger{ daraus, dass Unternehmen, welche sich als unterbewertet einschatzen, tendenziell eher kurzfristiges Fremdkapital emittieren, uberbewertete Unternehmen hingegen eher langfristiges Fremdkapital.^^"* Die Steuermodell unterstellt, dass Unternehmen die Falligkeitsstruktur des Fremdkapitals im Hinblick auf die steuerliche Optimierung treffen.®^^ Letztlich beeinflusst die Falligkeit des Fremdkapitals bei einer sich andernden Zinskurve auch die Besteuerung des Unternehmens. 1st die Verzinsung ansteigend, so verursacht die Emission von langfristigem Fremdkapital eine hohere Verzinsung in den ersten Jahren - im Vergleich zur Emission von kurzfristigem Fremdkapital; dafur ist die Verzinsung in spateren Jahren niedriger.*^^^ Die Steuerthese von Br/ck und f?3\//c/argumenWerX, dass - unter der Voraussetzung eines im Zeitablauf sinkenden Wertes der Steuervorteile aus Fremdfinanzierung und unter der Annahme steigender Zinsen - die Emission von langfristigem Fremdkapital die Steuerzahlungen reduziert und somit der Marktwert des Unternehmens erhoht wird.^^^ Je hoher die marginale Steuerrate des Unternehmens, desto gewichtiger ist die Wahl der Laufzeit des Fremdkapitals. Im umgekehrten Fall, bei einer sinkenden Zinskurve, wird der Marktwert des Unternehmens durch die Emission kurzfristigen Fremdkapitals maximiert. Das Contracting-Cost- oder auch Maturity-Matching-Modell, basierend auf der Arbeit von Myers aus dem Jahr 1977, wertet zukunftige Investmentmoglichkeiten als Optionen und argumentiert, dass der gewahlte Fremdkapitalanteil im umgekehrten Verhaltnis zum Anteil der

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Vgl. Flannery(1986), S. 19ff. Vgl. Flannery(1986), S. 19 ff. Vgl. Flannery(1986), S. 19ff. Vgl. Brick/Ravid (1985), S. 1423ff., Brick/Palmon (1992), S. 467ff., Mauer/Lewellen (1987), S. 1275 ff. Vgl. Brick/Ravid (1985), S. 1423 ff. Vgl. Brick/Ravid (1985), S. 1423 ff. 151

zukunftigen Wachstumsmoglichkeiten des Unternehmens stehen sollte, urn das Unterinvestitionsproblem zu vermeiden.^^^ Je grofler der Anteil der zukunftigen Vermogenswerte, also der Wachstumsoptionen eines Unternehmens, desto geringer sollte der Anteil der Fremdkapitalfinanzierung gewahit werden. Unternehmen hingegen mit einem grofien Umfang an kapitalbindenden und profitablen existierenden Vermogenswerten sollten eine uberwiegende Fremdkapitalfinanzierung praferieren.®^^ Die Minimierung der Agency-Kosten durch das sogenannte ..Maturity Matching", also die fristenkongruente Finanzierung - kurzfristige Vermogensgegenstande mit kurzfrlstigem Fremdkapital und langfristige Vermogensgegenstande mit langfristigem Fremdkapital - wurde auch von anderen Autoren thematisiert.^®° Aufbauend auf den vorgenannten finanztheoretischen Uberlegungen beschaftigen sich Mitte der neunzlger Jahre die empirischen Studien von Barclay und Smith aus dem Jahr 1995 sowie die von Cuedes und Opier aus dem Jahr 1996 mit der Thematik der Fristigkeit des Fremdkapitals. Die beiden Abhandlungen unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Definition des Fremdkapitals und uberprufen, welche Faktoren die Fristigkeit des Fremdkapitals mafigeblich bestimmen.^®^ Beide Studien finden signifikante Beweise fur die Gultigkeit des Contracting-Cost-Modells, welches besagt, dass Unternehmen mit hoheren Wachstumsmoglichkeiten tendenziell eine kurzfristigere Falligkeitsstruktur des Fremdkapitals aufweisen.^^^ Staatlich regulierte Unternehmen und Unternehmen aus dem Energiesektor weisen tendenziell eine langere Fristigkeit des Fremdkapitals auf; dieses Resultat unterstutzt die von Myers aufgestellte These der fristenkongruenten Finanzierung.^®^ Fur die Gultigkeit der Signalisierungs- und die Steuerhypothese finden die genannten empirischen Studien keine Beweise.®®'*

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Vgl. Myers (1977), 8. 170f. Die Arbeiten von Myers werden detailliert in Kapitel 2.4.3.2 vorgestellt. Vgl. Myers (1977), 8. 170 f. Vgl. Myers (1977), 8. 171 ff.. Diamond (1991), 8. 709ff., Barnea/Haugen/Senbet (1980), 8. 1223ff.,8tuiz(1990), 8. 3ff. Guedes und OpIer uberprufen anhand von 7.369 grofien Unternehmen im Zeitraum von 1983 bis 1992 die Determinanten der Fristigkeitsstruktur des Fremdkapitals anhand des vom Unternehmen neu emittierten Fremdkapitals, vgl. Guedes/Opler (1996), 8. 1809ff. Barclay und Smith uberprufen anhand von 5.545 grofien Unternehmen im Zeitraum von 1974 bis 1992 die Determinanten der Fristigkeitsstruktur des Fremdkapitals, wobei das gesamte Fremdkapital mit einer Falligkeit grofier als drei Jahre zugrunde gelegt wird, vgl. Barclay/Smith (1995), 8. 614 ff. Die Wachstumsoptionen der Unternehmen werden von Barclay und Smith sowie von Guedes und OpIer mittels der Borsenbewertung gemessen. Verfugt das Unternehmen ijber ein hohes Verhaltnis von Markt- zu Buchbewertung des Eigenkapitals, wird unterstellt, dass es sich um Unternehmen mit hohen Wachstumsoptionen handelt. Guedes und OpIer nehmen daruber hinaus noch als weiteren Maflstab fur die Wachstumsmoglichkeiten das Verhaltnis der Forschungs- und Entwicklungsausgaben zum Umsatz, vgl. Guedes/Opler (1996), 8. 1825; vgl. auch Barclay/Smith (1995), 8. 618. Vgl. Barclay/Smith (1995), 8. 618, Guedes/Opler (1996), 8. 1825. Vgl. Barclay/Smith (1995), 8. 630 f., Guedes/Opler (1996), 8. 1830 f.

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Weiterhin ergeben die beiden Studien, dass die Grdlie eines Unternehmens sowie das Kredit-Rating einen mafigeblichen Einfiuss auf die Fristigkeit des Fremdkapitals ausuben. Die Ergebnisse von Barclay undSmith be\eqex\, dass grofle Untemehmen einen signifikant hoheren Anteil an langfristiger Finanzierung aufweisen als kieinere Untemehmen, und erklaren dieses Phanomen damit, dass kieinere Untemehmen sich primar uber Bankkredite als uber Anieihen finanzieren.^®^ Des Weiteren stellen sie einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen der Existenz eines Standard & Poor's Anieihe-Ratings und der Fristigkeit des Fremdkapitals fest.^^® Die Ergebnisse von Cuedes und Opier ze\qen, dass grofie Untemehmen mit einem Investment-Grade-Rating moistens uber Fremdkapital mit sehr kurz- oder langfristiger Laufzeit verfugen, nicht aber uber Fremdkapital mit mittlerer Laufzeit. Untemehmen, die uber eine schlechte Kreditwurdigkeit verfugen, also mit einem Non-lnvestment-Grade-Kredit-Rating eingestuft sind, weisen typischen/veise Fremdkapital mit mittlerer Laufzeit auf. Dieses Resultat interpretieren Cuedes und Opier mit dem Verhalten von risikobereiteren Untemehmen, kein kurzfristiges Fremdkapital zu emittieren, um eine Zahlungsunfahigkeit zu vermeiden, und moglichst langfristiges Fremdkapital aufzunehmen. Aufgrund der schlechten Bonitat dieser Untemehmen ist allerdings maximal eine mittelfristige Fremdkapitalaufnahme moglich, eine langfristige Fremdkapitalaufnahme wird in der Regel verwehrt.^®^

®^^ Vgl. Barclay/Smith (1995), S. 629. Vgl. Barclay/Smith (1995), S. 629. Vgl. Guedes/Opler (1996), S. 1810 f. 153

3.6

Zusammenfassung

In den vorangegangenen Ausfuhrungen wurde die einschlagige neuere Literatur der finanzwissenschaftlichen Ansatze zur Theorie der Kapitalstruktur vorgestellt und gewurdigt. Die interdisziplinaren theoretischen Ansatze zeichnen sich durch die neue Sichtweise der Funktionen und Wirkungsweisen der Kapitalstruktur aus. Wahrend in den klassischen Theorien die Finanzierungsfunktion der Kapitalstruktur isoliert betrachtet wurde, bieten die interdisziplinaren Ansatze eine Weiterentwicklung in der Form an, dass sie die Finanzierung im Gesamtkontext mit anderen unternehmensrelevanten Aspekten betrachten, wie beispielsweise der Strategie, der Organisation, dem Marketing und der Produkt- und Absatzpolitik. Weiterhin tragen die interdisziplinaren Ansatze, die auf strategischen und verhaltenspsychologischen Ansatzen basieren, zu der Einsicht bei, dass weder ein ratlonaler noch ein von anderen wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsdisziplinen getrennter Ansatz zum Nachvollzug der Finanzierungsentscheidungen ausreichend sein kann, da weder die strategische Grundausrichtung noch die individuellen Praferenzen der Unternehmensfuhrung berucksichtigt werden konnen.^^® Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang insbesondere der strategische Ansatz von Barton und Cordon, bei dem madgeblich die Risikobereitschaft der Unternehmensfuhrung sowie das Ausmafi der Kontrolle uber die Unternehmensfuhrung einen fundamentalen Einfluss auf die Finanzierungspolitik und die Kapitalstruktur haben.®^^ Die Annahme, dass das Management ein hohes Mali an Kontrolle und Flexibilitat anstrebt und aus diesem Grunde einen moglichst geringen Verschuldungsgrad wahit, erscheint nachvollziehbar und bietet eine weitere Begrundung fur die empirisch festgestellte negative Korrelation von Profitabilitat und Verschuldungsgrad. Aufgrund der Feststellung moglicher Interdepenzen von Kapitalstruktur und strategischen, produktrelevanten und weiteren Aspekten sowie der Integration dieser in eine gesamtheitliche Betrachtungsweise haben die interdisziplinaren Ansatze zu einem tieferen Verstandnis der komplexen Wirkungszusammenhange der Kapitalstruktur im Unternehmen beigetragen. Ein wesentlicher Nachteil dieses Forschungszweiges liegt allerdings in der Problematik der validen statistischen Messbarkeit der zugrunde liegenden strategischen, produkt- und marketingtechnischen sowie verhaltenspsychologischen Aspekte. Dies wird auch durch das Defizit an signifikanten empirischen Ergebnissen zu den moisten interdisziplinaren Ansatzen reflektiert. Einzig die produkt- und wettbewerbspolitischen Ansatze wurden empirisch mehrfach uberprijft und sind gut dokumentiert. Die aufgestellte Hypothese eines zunehmend kompetiVgl. Barton/Gordon (1988), S. 623 f., Berger/Ofek/Yermack (1997), S. 1411 ff., Bagwell/Zechner (1993), S. 975 ff., John/John (1993), S. 949 ff., Miller/Bromiley (1990), S. 756 ff. 154

tiveren Wettbewerbs mit steigendem Verschuldungsgrad konnte empirisch aber nicht bewiesen werden.^^° Der vorgestellte Forschungszweig zum Markt der Untemehmenskontrolle betrachtet eine sehr spezielle Unternehmenssituation bei Gbernahmegefahr und resultiert letztlich aus einem theoretischen Erklarungsversuch des aktiven Ubernahmemarktes in den USA wahrend der achtziger Jahre. Die vorgestellten Modelle bieten aber aufgrund der stringenten Pramissen lediglich einen Erklarungsbeitrag zur kurzfristigen Anpassung der Kapitalstruktur im Rahmen von potenziellen Ubernahmen. Die Eignung der Modelle sind daher zur Erklarung langfristiger Kapitalstrukturen nur bedingt geeignet und innerhalb der vorgestellten Theorien zur Kapitalstruktur von nachrangiger Bedeutung.®^^ Der wichtigste Fortschritt der neueren Theorien, dokumentiert durch die Windows-of-Opportunity-Theorien, die Market Timing-Theorien und die dynamischen Ansatze, ist letztlich die Einsicht, dass eine statische Betrachtungsweise der Kapitalstruktur wenig zielfuhrend ist, Marktunvollkommenheiten mit damit einhergehenden unterschiedlichen Konditionen fur Finanzierungstitel existieren und die in den klassischen Theorien unterstellte Annahme, dass die beobachteten Kapitalstrukturen den optimalen Kapitalstrukturen entsprechen, revidiert werden muss. Die in den dynamischen Ansatzen vorgestellten Wiederanpassungsprozesse sowie die empirischen Untersuchungen geben Hinweise darauf, dass Unternehmen im Sinne der Trade-offTheorie eine Zielkapitalstruktur verfolgen, von der allerdings regelmafiig Abweichungen auftreten konnen. Mittels der Anpassungsprozesse, deren Tempo mafigeblich von den mit der Anpassung entstehenden Kosten abhangt, streben die Unternehmen eine Ruckkehr zur Zielkapitalstruktur an. Die dynamischen Ansatze liefern einen plausiblen Erklarungsbeitrag fur die auffindbaren Schwankungen der Kapitalstruktur - konzentrieren sich aber primar auf die Analyse der Anpassungsprozesse.^^^ Die empirischen Studien uber negative abnormale Renditen im Rahmen von Eigenkapitalmafinahmen gemafl den Windows-of-Opportunity-Ansatzen dokumentieren weitreichend das Verhalten borsennotierter amerikanischer Unternehmen, temporare Uberbewertungen an der Borse zur Emission von Eigenkapital auszunutzen, und verwerfen damit die in den klassi-

Vgl. Barton/Gordon (1988), S. 623 f. Vgl. Hubert (1998), S. 171. Vgl. Harris/Raviv (1988), S. 55 ff., Stuiz (1988), S. 25 ff., Israel (1991), S. 1391 ff. Vgl. Banerjee/ Heshmati/Wihiborg (2004), S. 284 f., Fischer/Heinkel/Zechner (1989), S. 33 f., Vgl. Jalilvand/Harris (1984), S. 127 f. 155

schen Theorien unterstellte Annahme, dass die an den Kapitalmarkten gestellten Preise fair sind.'^' Auch die daran anknupfenden Market Timing-Ansatze weisen darauf hin, dass Unternehmen vorteilhafte makrookonomische oder bewertungsspezifische Bedingungen im Rahmen der Finanzierungsentscheidungen berucksichtigen und durch entsprechende Emission von Finanzierungstiteln ausnutzen. Die bisherigen empirischen Ergebnisse zu den Market TimingAnsatzen deuten darauf hin, dass insbesondere grofie borsennotierte Unternehmen die jeweiligen Finanzierungsbedingungen fur Eigen- und Fremdkapital an den Kapitalmarkten detailliert analysieren, urn temporare Uberbewertungen am Eigenkapitalmarkt zur Emission von Eigenkapital und gunstige Zinsniveaus zur Emission von Fremdkapital zu nutzen.®^"^ Die Erforschung dynamischer und Market Timing-relevanter Aspekte ist insbesondere zurijckzufuhren auf dezidiertere, statistischere Verfahren derjungeren Vergangenheit. Es bleibt abzuwarten, ob zukunftige empirische Studien die jungsten Ergebnisse nachhaltig bestatlgen konnen. Abschliefiend bleibt festzuhalten, dass die theoretische Uberprufung von Kapitalstrukturmodellen aufgrund des Erfordernisses der Setzung bestimmter Pramissen eine grundsatzliche Problematik aufwirft. So konstatiert auch Myers, dass die Uberprufung bestimmter Theorien aufgrund der Pramissen immer nur eine limitierte Untersuchung und Beurteilung bestimmter, vormals quantifizierter Einflussfaktoren zulasst und andere mogliche Einflussfaktoren ignoriert. Weiterhin ist bei den Auswertungen empirischer Studien zu berucksichtigen, dass ein Phanomen prinzipiell durch einen oder mehrere theoretische Ansatze verursacht sein kann Oder zufallig ist. Die empirischen Uberprufungen basieren aber i. d. R. auf dem Beweis oder der Widerlegung nur einer ausgewahlten Theorie.^^^ Unter Berucksichtigung dieser Relativierung sind bei der Wurdigung der neueren Theorien der Kapitalstruktur die interdisziplinaren Ansatze sowie die Ansatze basierend auf dynamischen und Market Timing-Theorien hervorzuheben, da sie zu einer wesentlichen Weiterentwicklung und zum Verstandnis der Finanzierungsentscheidungen und Kapitalstruktur beigetragen haben.

Vgl. Ritter (1991), 8. 3 ff., Aggrawai/Rlvoii (1990), S. 45 ff., Affleck-Graves/Hedge/ Miller (1996), S. 25 ff., Carter/Dark/Singh (1998), S. 285 ff., Loughran/Ritter (1995), S. 23 ff., Loughran (1993), S. 241ff., Schuster (1995), S. 1 ff., Ljungqvist (1997), S. 1309ff., Stehle/Erhardt (1999), S. 1395ff. Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 1 ff., Korajczk/Levy (2004), S. 75ff., Henderson/Jegadeesh/ Weisbach (2004), S. 1 ff. Vgl. Myers (2001), S. 91.

156

Trotz jahrelanger finanztheoretischer Diskussion bleibt allerdings festzuhalten, dass bis zum heutigen Tage keine allgemein gultige Erklarung zur Kapitalstruktur hervorgebracht wurde. Die Relevanz der Kapitalstruktur ist hingegen unbestritten und die bisherlge Diskussion hat zumindest zu einer realistischeren Einschatzung in Bezug auf die Komplexitat der Finanzierungsentscheidung und zu einer Annaherung an mehr oder weniger bedeutende Einflussfaktoren der Kapitalstruktur gefuhrt.

157

4

Einflussfaktoren der Kapitalstruktur: Uberblick und Ergebnisse

4.1

Vorbemerkungen

Seit der Irrelevanztheorie von M&Mhai

die finanztheoretische Forschung zur optimalen Kapi-

talstruktur eine Reihe interessanter Modelle und Aspekte hervorgebracht. Es herrscht Konsens darijber, dass -

bedingt durch die Existenz unvollstandiger Informationen, Trans-

aktionskosten sowie Kapitalmarktunvollkommenheiten - die Kapitalstruktur nicht irrelevant ist.^®^ Allerdings konnte bislang noch kein Konsens erzielt werden, welches Modell bzw. welcher theoretische Ansatz am geeignetsten ist, die Kapitalstrukturentscheidungen von Unternehmen generell zu begrunden. Der aktueHe Stand der Diskussion ist wahrscheinlich am treffendsten mit einem Zitat von Myers aus dem Jahr 2001 zu beschreiben: „ There is no universal theory of debt/equity

choice and

no reason to expect one!'^^^ Die Reduzierung auf eine die Kapitalstruktur erklarende allgemein gultige Theorie ist aufgrund der Komplexitat und der Vielzahl der moglichen Einflussfaktoren nicht moglich. Letztlich gleicht kein Unternehmen dem anderen und eine Vielzahl von komplexen, zum Teil beobachtbaren und zum Teil nicht beobachtbaren Faktoren beeinflusst die Kapitalstruktur. Trotz der nicht beantwortbaren Frage nach einer gultigen Theorie zur Erklarung der Kapitalstruktur haben die kontroversen Diskussionen nutzliche Theorieansatze hervorgebracht und Einflussfaktoren benannt, die zwar nicht die Kapitalstruktur in Ganze erklaren konnen, aber zumindest einige mehr oder weniger bedeutende Aspekte hervorheben. Vor dem Hintergrund der fast funfzigjahrigen Diskussion und der dementsprechenden Anzahl von Veroffentlichungen und empirischen Untersuchungen ist eine wertende Zusammenfassung bzw. Einteilung der moglichen Kapitalstrukturdeterminanten im Rahmen dieser Arbeit nur selektiv moglich. Eine Schwierigkeit in der Klassifikation der moglichen Einflussfaktoren besteht darin, dass Bestimmungsgrofien der Kapitalstruktur durch verschiedene Theorien begrundet werden konnen oder theoretisch wenig fundiert sind. Eine Vielzahl moglicher Einflussfaktoren der Kapitalstruktur resultiert aus kontroversen langjahrigen Diskussionen und ist aus mehreren bekannten Theoriemodellen ableitbar. Andere mogliche Einflussfaktoren leiten sich aus der Praxis ab, standen aber weniger im Fokus der finanztheoretischen Forschung und wurden theoretisch gar nicht bzw. nur rudimentar behandelt.

^^^

Vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 3. Myers(2001), S. 81

159

Vor diesem Hintergrund konzentrieren sich die nachfolgenden Ausfuhrungen darauf, anhand aktueller empirischer Ergebnisse einen wertenden Uberblick und eine Einordnung der moglichen Einflussfaktoren hinsichtlich der Kapitalstruktur zu geben. Hierzu wird zunachst im nachfolgenden Abschnitt 4.2 6ex aktuelle Stand der Diskussion ijber die Gultigkeit der Pecking-Order- und der Trade-off-Theorie dargelegt. Teilaspekte beider Theorien weisen in aktuellen empirischen Ergebnissen zumindest auf eine partielle Relevanz der Theorien hin und sowohl die Pecking-Order- ais auch die Trade-off-Theorie haben einen erheblichen Beitrag zur theoretischen Fundierung der Kapitalstruktur beigetragen.^^® Im Anschluss erfolgt in Abschnitt 4.3 Ubersicht und Klassifizierung der Einflussfaktoren der Kapitalstruktur omQ Einordnung der Determinanten der Kapitalstruktur. In Aniehnung an die vorgenommene Klassifizierung werden die einzelnen Faktoren in den nachfolgenden Abschnitten 4.4^7/5 ^.5 detaillierter hinsichtlich ihrer theoretischen Begrundung und/oder praktischen Relevanz dargestellt. Die gewahlte Vorgehensweise birgt den Vorteil des besseren Uberblicks uber die anschliefienden Abschnitte - nimmt allerdings die Ergebnisse teilweise vorweg. Aufgrund der Dominanz der amerikanischen finanztheoretischen Forschung basiert die vorgenommene Auswahl und Bewertung der Einflussfaktoren der Kapitalstruktur primar auf den finanztheoretischen und empirischen Erkenntnissen der amerikanischen Literatur. Deutschsprachige Beitrage und empirische Untersuchungen sind zur Thematik Kapitalstruktur leider nur sehr begrenzt vorhanden. In Vorbereitung auf die eigene empirische Studie zum Finanzierungsverhalten deutscher borsennotierter Unternehmen wird in Abschnitt 4.8 e\ne Ubersicht uber die bisherigen empirischen Ergebnisse zu Kapitalstrukturen und dem Finanzierungsverhalten deutscher Unternehmen gegeben. Abschlieflend wird ein Fazit gezogen, indem mafigeblich der aktuelle Stand der Diskussion zusammengefasst wird.

4.2

Trade-off-Theorie versus Pecking-Order-Theorie

Von der Vielzahl der vorab dargestellten theoretischen Ansatze sind, bedingt durch die fortlaufende kontroverse Diskussion und die wiederholten empirischen Uberprufungen bis zum heutlgen Tage, Insbesondere die Trade-off-Theorie und die Pecking-Order-Theorie hervorzuheben. Der nachhaltige Erfolg und die breite Anerkennung beider Theorien im Hinblick auf die Erklarung von Kapitalstrukturen resultlert u. a. aus den nachvollziehbaren Annahmen einerseits und dem praxisbezogeneren und weniger komplexen Erklarungsmodell im Vergleich zu anderen Theorien andererseits.

160

Die Trade-off-Theorie definiert fur jedes Unternehmen eine optimale Zielkapitalstruktur in Abhangigkeit der zugrunde liegenden Vor- und Nachteile des Fremdkapitals. Wird durch zufallige Ereignisse ein Unternehmen von dieser optimalen Kapitalstruktur entfernt, so wird das Management versuchen, mittels Erhohung oder Senkung des Verschuldungsgrades zur optimalen Kapitalstruktur zuruckzugelangen/^^ Die klassische Konzentration der Trade-offTheorie auf die Abwagung den Vor- und Nachteile der Fremdfinanzierung, die einzig durch Steuern und Konkurs determiniert ist, 1st in der jungeren Diskussion einer allgemeineren Abwagung zwischen Vor- und Nachteilen einer Eigen- bzw. Fremdfinanzierung gewichen. Der grundlegende Gedanke der Trade-off-Theorie, der eine Zielkapitalstruktur impliziert, welche aus einer Abwagung von Vor- und Nachteilen resultiert, ist nach wie vor in den aktuelleren Beltragen gultig. Die dynamischen Ansatze zur Kapitalstruktur haben den grundsatzlichen Gedanken der Zielkapitalstruktur gemafi der Trade-off-Theorie weiterentwickelt. Sie unterstellen aber keine fixe optimale Kapitalstruktur mehr, sondern eine Bandbreite einer optimalen Kapitalstruktur und analysieren insbesondere die Art und Weise der Anpassungsprozes-

se/°° Die Pecking-Order-Theorie besagt, dass die Kapitalstruktur hauptsachlich durch die uber die Zeit kumulierten, externen Finanzierungserfordernisse gepragt ist. Das finanzielle Defizit elnes Unternehmens wird durch die jeweils gunstigste Finanzierungsquelle gedeckt, zunachst mittels interner Mittel, dann mittels Finanzverbindlichkeiten und zuletzt mittels der Eigenkapitalemission/°^ Die Gultigkeit beider Theorien zur Erklarung der Kapitalstrukturen wurde anhand mehrerer aktuelier empirischer Studien uberpruft, die im Gegensatz zu fruheren Studien dezidiertere statistische Verfahren anwenden. Die Tabelle 15: Pecking-Order-Theorie versus Trade-off-Theorie gibt eine Ubersicht uber die relevanten Studien; nachfolgend werden die wichtigsten Resultate der vorgenannten Studien dargestellt.

Vgl. Myers (2001), S. 92 ff., Fama/French (2002), S. 1 ff., Hovakimian/Opler/titman (2001), S. 1 ff., Frank/Goyal (2003), S. 235ff. Vgl. Myers (2001), S. 92. Siehe hierzu auch Kapitel 3.4.2. Vgl. Myers (2001), S. 93 f.

161

Land/Autor Fama/French

Datum 2002

Periode 1965-1999

Anzahl Untemehmen 3.000

Frank/Goyal

2003

1971-1998

2.833-7.368

X

0

Hinweise auf Existenz der Pecking-Order Theorie in geringem Umfang bei grolSen Untemehmen - fQr kleine Untemehmen gilt die Pecking-Order-Theorie nicht

Hovaklmian/Opler/Titman

2001

1979-1997

39.387

X

XXX

Trade-Off-Theorie erkiart langfristiges Finanzierungsverhalten Pecking-Order Theorie erkiart kurzfristiges Finanzierungsverhalten

Shyam-Sunder/Myers

1999

1971-1989

157

Pecking Order XXX

XXX

Trade-Off X

X

Kernaussagen | Profitable Untemehmen weisen gemSli Pecking-Order-Theorie einen geringeren Verschuldensgrad auf. Geringe IHinweise auf Anpassungsprozesse an Zielkapitalstruktur gemaii Trade-Off-Theorie

1 1 1

Pecking-Order Theorie ist geeignet, urn das 1 Finanzierungsverhalten von reifen Unter1 nehmen zu erkiaren 1

0

Nicru geiostet

X

Geringe Hinweise fUr GUItigkait der Thaone

1

XXX

SIgnlflkante Hinweise fUr GUItigkett der Theorifl

J

1

Tabelle 15: Pecking-Order-Theorie versus Trade-off-Theorie Die empirische Studie von Fama unci French (2002)f\n6e\ signifikante Hinweise auf die Gultigkeit der Pecking-Order-Theorie, da insbesondere profitable Untemehmen einen geringeren Verschuldungsgrad im Vergleich zu weniger profitablen Untemehmen aufweisen7°^ Gemafl der Pecking-Order-Theorie konnen profitable Untemehmen ihre Finanzierungsbedurfnisse primar aus eigenen Mittein decken - daraus resultiert wiederum ein niedrigerer Verschuldungsgrad. Die Autoren leiten daraus die Gultigkeit der Pecking-Order-Theorie ab; bei Gultigkeit der Trade-off-Theorie hingegen mussten die Ergebnisse einen positiven Zusammenhang zwischen Profitabilitat und Verschuldungsgrad aufweisen. Nicht bestatigt werden kann anhand der Studie, dass Untemehmen gemafl der Finanzierungshierarchie in der Regel zunachst Fremd- vor Eigenkapital emittieren. Fama und French finden insbesondere bei jungen Wachstumsuntemehmen heraus, dass die Finanzierung vorrangig aus der Emission von Eigenkapital resultiert und somit im Widerspruch zur Gultigkeit der Pecking-Order-Theorie steht/°^ Fur die Existenz einer Zielkapitalstruktur gemafi der Trade-off-Theorie konnen im Rahmen der empirischen Studie von Fama und French nur sehr vage Hinweise gefunden werden. Frank und Coyal unXexsuchen 2002 ebenfalls mittels einer empirischen Studie die Gultigkeit der Pecking-Order-Theorie sowie das Finanzierungsverhalten borsennotierter Unterneh-

'°^ '°^

Vgl. Fama/French (2002), S. 1 ff. Vgl. Fama/French (2002), S. 15 ff.

162

men/°'* Sie treffen die Aussage, dass grofiere, etablierte Unternehmen ein Finanzierungsverhalten gemafi der Pecking-Order-Theorie antizipieren, kleinere Unternehmen wiederum nicht. Im Gegensatz zu anderen Untersuchungen kommen sie zu dem Schluss, dass interne Mittel zur Finanzierung selten ausreichen und Unternehmen in groflem Mafie auf externe Finanzierung, insbesondere Finanzverbindlichkeiten angewiesen sind. Signifikante Belege fur die Pecking-Order-Theorie finden die Autoren allerdings nicht. Wahrend in den ersten Untersuchungsjahren die Pecking-Order-Theorie teilweise nachgewiesen werden kann, stellen sie im Zeitveriauf eine abnehmende Tendenz fur die Signifikanz dieser Theorie fest/°^ Als Begrundung hierfur fuhren sie den in den spaten achtziger und Anfang der neunziger Jahre steigenden Anteil der Borsennotierung kleinerer Unternehmen und die damit zunehmende Bedeutung des Eigenkapitals an. Die von Hovaki'mian, Opier und 7/^/77^/7 durchgefuhrte empirische Studie aus dem Jahr 2001 findet starke Hinweise fur die Giiltigkeit der Trade-off-Theorie, da das Verhalten der untersuchten Unternehmen auf die Existenz einer Zielkapitalstruktur schliefien lasst.^°^ Die Ergebnisse zeigen, dass profitable Unternehmen gemafi der Trade-off-Theorie durchschnittlich geringere Verschuldungsgrade aufweisen als weniger profitable Unternehmen. Fur das kurzfristige Finanzierungsverhalten kann nach Meinung der Autoren allerdings auch die Pecking-Order-Theorie einen partiellen Erklarungsbeitrag liefern.^°^ Die von Shyam-Sunder uncf Myers^urchge^iJMe empirische Studie aus dem Jahr 1994 findet mehr Bestatigung fur die Gultigkeit der Pecking-Order-Theorie als fur die Trade-offTheorie/"^ Herausgestellt wird in dieser Untersuchung, dass sich die Pecking-Order-Theorie bevorzugt als Erklarung fur das Finanzierungsverhalten von etablierten Unternehmen eignet. Die in der Trade-off-Theorie definierte Zielkapitalstruktur wird nach Meinung der Autoren wenn eine solche Struktur existiert - nur von wenigen Managern angestrebt.^'^^

707 708

Dabei legten Frank und Goyal zunachst denselben Zeitraum (1971-1989) wie Shyam-Sunder zugrunde und untersuchten eine grofiere Unternehmensanzahl (insgesamt 768 Unternehmen) und enA/eiterten dann den Zeitraum auf 1990-1998, vgl. Frank/Goyal (2003), S. 217 ff. Vgl. Frank/Goyal (2003), S. 235 ff. Vgl. Hovakimian/Opler/Titman (2001), S. 1 ff. Vgl. Hovakimian/Opler/Titman (2001), S. 3 ff. In der empirischen Studie wurde das Finanzierungsverhalten von 157 amerikanischen borsengelisteten Unternehmen im Zeitraum von 1971 bis 1989 untersucht, vgl. Shyam-Sunder/Myers (1999), S. 242. Shyam-Sunder und Myers raumen kritisch ein, dass ihre Ergebnisse im Hinblick auf die Gultigkeit der Pecking-Order-Theorie nicht fur Wachstumsunternehmen giJltig sind. Des Weiteren merken sie an, dass der Beweis mittels eines relativ einfachen Modells gefuhrt wurde, vgl. Shyam-Sunder/Myers (1999), S. 243 f. Die Autoren Chirinko und Singha venA/erfen die Gultigkeit der empirischen Untersuchung von Shyam-Sunder und Myers, da ihr statistisches Modell nicht geeignet sei, die Pecking-Order oder die Trade-off-Theorie zu beweisen, vgl. Chirinko/Singha (2000), S. 417ff. 163

Die vorgestellten empirischen Studien zielen darauf ab, einen dominanten Erklarungsansatz fur das Kapitalstrukturverhalten im Sinne der Pecking-Order- oder der Trade-off-Theorie zu begrijnden. Fur beide Theorien werden jeweils Hinweise gefunden, die Ergebnisse im Hinblick auf die Pecking-Order-Theorie uberwiegen bei den vorab vorgestellten empirischokonometrischen Studien. Allerdings unterstutzt eine empirische Studie im Wege einer Umfragestudie von Graham und Harvey BUS dem Jahr 2002, vorgestellt in Abschnitt 4.7, die Existenz einer Zielkapitalstruktur im Sinne der Trade-off-Theorie. Angesichts der iangjahrigen kontroversen Diskussion zur Kapitalstruktur sowie der unterschiedlichen Ergebnisse empirischer Untersuchungen ist eine Reduzierung auf eine einzelne Theorie bzw. einen Erklarungsansatz fur die Kapitalstruktur wenig zielfuhrend. Realistischer ist es, aufgrund der Komplexitat und der Vielzahl der mOglictien beobachtbaren und nicbt beobachtbaren Einflusse gewisse Aspekte bzw. Faktoren herauszukristallisieren, die nachweislich einen mehr oder weniger gewichtigen Einfluss auf die Kapitalstruktur ausuben. So erscheint es schlussig, dass Unternehmen zwar nicht gemafi der traditionelien Trade-offTheorie die Vor- und Nachteile der Fremdfinanzierung, insbesondere den Steuervorteil sowie die Konkurswahrscheinlichkeit abwagen, aber gemafi dem Grundgedanken der Trade-offTheorie einen generellen Abwagungsprozess zwischen den Vor- und Nachteilen der Eigenund Fremdkapitalfinanzierung vornehmen, der in der Festlegung einer Bandbreite der Kapitalstruktur mundet, welche eine gewisse Flexibilitat ermoglicht. Innerhalb dieses vorgegebenen Korridors wiederum kann das kurzfristige Finanzierungsverhalten gemafi der PeckingOrder-Theorie ebenfalls Gultigkeit besitzen.

4.3

Ubersicht und Klassifizierung der Einflussfaktoren der Kapitalstruktur

Die Einteilung der Bestimmungsgrofien der Kapitalstruktur kann in vielfacher Form erfolgen. So ist z. B. eine Einteilung der Einflussfaktoren anhand der zugrunde liegenden Theorien moglich, anhand der Wirkungsrichtung der Einflussfaktoren (positiver oder negativer Einfluss auf den Verschuldungsgrad) oder auf Basis der verschiedenen bislang bekannten Funktionen der Unternehmensfinanzierung.^^° Zur besseren Ubersicht basiert die gewahlte Klassifizierung der Einflussfaktoren auf einer Bottom-Down-Betrachtung und unterscheidet zwischen der Art der Einflussfaktoren, welche in externe und interne Einflussfaktoren unterteilt werden.

So teilen Breuer, Gurtler und Schuhmacher die Determinanten der Kapitalstruktur z. B. anhand der Funktionen der Unternehmensfinanzierung ein und unterscheiden zwischen Transformations-, Kanalisierungs-, Verhaltungsbeeinflussungs- und Informationsubermittlungsfunktion, vgl. Breuer/Gurtler/Schuhmacher (2003), S. 372 ff. 164

Wie in Abbildung5:EinflussfaktorenderKapitalstruktur(iiaxi^es{e\\\, bestimmen zunachst die externen ubergeordneten Einflussfaktoren die zumeist landerspezifischen Bedingungen, innerhalb derer die Untemehmen agieren. Unter diese Faktoren fallen z. B. die institutionellen Rahmenbedingungen der jeweiligen Lander wie z. B. Gesetzgebung, Insolvenzrecht, Aniegerschutz sowie die Entwicklung und Akzeptanz der jeweiligen Kapitalmarkte. Des Weiteren sind die makrookonomischen Faktoren - also die allgemelne Konjunkturlage, das Wirtschaftswachstum und die Hohe des Zinsniveaus - fur die Kapitalstrukturentscheidungen relevant. Diese Einflussfaktoren sind fur alle Untemehmen innerhalb eines Landes, eines Wirtschaftsraums bzw. einer Konjunkturperiode gleich und geben gewisse Grundtendenzen im Hinblick auf das Finanzierungsverhalten vor. Auf Ebene der Untemehmen gibt es eine Kategorie von firmenspezifischen Einflussfaktoren, die man ebenfalls in externe und interne Einflussfaktoren unterteilen kann. Unter externen firmenspezifischen Einflussfaktoren werden das Kredit-Rating und die Borsenbewertung des Unternehmens kategorisiert. Die Eigenkapitalgeber bzw. Investoren bewerten das Untemehmen im Sinne des Shareholdervalue-Ansatzes im Hinblick auf die Werthaltigkeit und das Wertsteigerungspotenzial ihres Eigenkapitals. Die Fremdkapitalgeber bewerten das Untemehmen bezuglich des Schuldnerverhaltens und der Fahigkeit zur Ruckzahiung. Zwar haben Eigen- und Fremdkapitalgeber unterschiedliche Interessen, da Erstere an einer Wertsteigerung des Unternehmens und Letztere an der Zins- und Tilgungsfahigkeit interessiert sind; letztlich beurteiien aber die jeweiligen Eigen- und Fremdkapitalgeber, inwieweit das Untemehmen in der Lege ist, die eingesetzten finanziellen Mittel in ihrem Sinne zu verwenden. Die externe Beurteilung des Unternehmens ist fur das Untemehmen insofem mafigeblich, als eine positive Einschatzung der jeweiligen Investoren bzw. Kreditgeber die derzeitige und zukunftige Finanzierung des Unternehmens gewahrleisten kann.

165

Externe ubergeordnete Efnflussfaktoren

Abbildung 5 ; Einflussfaktoren der Kapitalstruktur Unter der Kategorie der intemen firmenspezifischen Einflussfaktoren werden diejenigen Einflussfaktoren zusammengefasst, die bestimmte Charakteristika des Unternehmens erfassen und zumindest teilweise vom Unternehmen selbst beeinflussbar sind. Hervorzuheben sind insbesondere die Determinanten Profitabilitat, Grofie und die Aniageintensitat eines Unternehmens. Die Wahl der vorgenannten Einflussfaktoren ist durch die Ergebnisse einer Vielzahl von internationalen empirischen Studien begrundet, welche die vorgenannten Determinanten als signifikante Einflussfaktoren eingestuft haben/^^ Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 275ff., Frank/Goyal (2003), S. 217ff., Baker/ Wurgler (2002), S. 1 ff., Friend/Lang (1988), S. 271 ff.. Marsh (1982), S. 121 ff., Gaud/Jari/ Hoesli/Bender (2003), S. 1 ff., Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 139 ff., Barclay/Smith/Watts (1995), S. 4 ff. 166

Zu den signifikanten Einflussfaktoren zahit auch die vorab als extern firmenspezifisch definierte Determinante Borsenbewertung. Die Dokumentation zu den Forschungsergebnissen im Hinblick auf die Einflussfaktoren Grofie, Profitabilitat, Aniageintensitat und Bewertung lasst den Schluss zu, dass diese im Rahmen der finanzwissenschaftlichen Diskussion um die Kapitalstruktur mittlerweile als generell akzeptierte bestlmmende Variablen der Kapitalstruktur eines Unternehmens eingestuft werden. In Tabelle 16: Internationale emplrische Ergebnisse zu den Einflussfaktoren des Verschuldungsgrades wird daher eine Ubersicht uber die Ergebnisse der aktuellen internationalen empirisch-okonometrischen Studien in Bezug auf die vier erklarenden Faktoren Grofle, Profitabilitat, Aniageintensitat und Bewertung dargestellt.

Autoren

Jahr

Zeitraum

Land

Banerjee/HeshmatiAnfihIborg

2004

1989-96

USA

Gr6Re

Bewertung

Aniageintensitat

Profitabilitat

^

Frank/Goyal

2003

1971-98

USA

+

+

Baker/Wurgler

2002

1980-99

USA

+

+

Rajan/Zingales

1995

1987-90

USA

+

+

n.s.

Barclay/Smlth/Watts

1995

1963-93

USA

+/-

X

X

Friend/Lang

1988

1979-83

USA

n.s.

+

Rajan/Zingales

1995

1987-90

Kanada

+

Banerjee/Heshmati/Wihiborg

2004

1990-96

U.K.

+

Rajan/Zingales

1995

1987-90

U.K.

+

Marsh

1985

1959-74

UK

+

*

Rajan/Zingales

1995

1987-90

Japan

+

Gaud/Jani/Hoesli/Bender

2003

1991-00

Schweiz

* *

Kremp/St5ss/Gerdesmeier

1999

1987-95

Frankreich

1987-90

Frankreich

Rajan/Zingales • n s

1995

positiwr signifikanluf / u s a m m e n h a n g der Boterminante n ncgalivor sigrafikanler ? u » a m m e n h a n g der Delerminanle z nichl Bignitikanler Zusammenhang det Determinanto zut V

X

n.s.

+ n.s.

+ +

X

1 1 i

> X

+ +

\ •

!

i j

rvs^

Vemchuldung

j

Tabelle 16: Internationale emplrische Ergebnisse zu den Einflussfaktoren des Verschuldungsgrades Die uberwiegende Zahl der Studien stellt im Hinblick auf die Signifikanz und Richtung des Wirkungszusammenhangs der Verschuldung eines Unternehmens und der jeweiligen Einflussfaktoren folgende Zusammenhange fest: Fur die exogenen Variablen Grode und Aniageintensitat eines Unternehmens wurde ein ubenA/iegend signifikanter positiver und fur die exogenen Variablen Profitabilitat und Bewertung ein uberwiegend signifikanter negativer Zusammenhang zum Verschuldungsgrad festgestellt/^'

Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 275ff., Frank/Goyal (2003), S. 217ff., Baker/ Wurgier (2002), S. 1 ff., Friend/Lang (1988), S. 271 ff.. Marsh (1982), S. 121 ff., Gaud/Jari/ Hoesli/Bender (2003), S. 1 ff., Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 139 ff., Barclay/Smith/Watts (1995), S. 4 ff. 167

Es besteht Konsens daruber, dass weitere firmenspezifische Einflussfaktoren existieren, welche die Kapitalstruktur beeinflussen, wie z. B. die Volatilitat der Gewinne, die steuerliche Situation Oder das inharente Risiko eines Unternehmens. Allerdings ist die Dokumentation der Ergebnisse hierzu weniger eindeutig. Neben den genannten Determinanten bestatigen die empirischen dkonometrischen Studien, dass weitere nicht beobachtbare firmenspezifische Faktoren den Verschuldungsgrad beeinflussen. Es ist davon auszugehen, dass zwischen den vorbeschriebenen externen und internen Einflussfaktoren und der Finanzierungspolitik ein bedeutender Wirkungszusammenhang besteht, der seinen Niederschlag in einer Grundtendenzbestimmung fur die Kapitalstruktur bzw. den Verschuldungsgrad findet. Unter Berucksichtigung der diskutierten Einflussfaktoren werden die praktischen Finanzierungsentscheidungen eines Unternehmens letztlich nach den internen Prioritaten der Finanzentscheider der Unternehmen getroffen. Ein Einblick in die Vorgehensweise und Praferenz von Finanzentscheidern konnte durch die Studie von Graham und Harvey dius dem Jahr 2002 gewonnen werden. ^^^ Trotz jahrelanger Debatte wurde den praktischen Finanzierungsentscheidungen der Unternehmen bis dato in der finanztheoretischen Diskussion kaum Beachtung geschenkt. Letztlich lassen sich aber ohne diese Erkenntnisse viele Beobachtungen der Finanzierungspraxis nicht nachvollziehen. Resultat der Studie ist, dass der Flexibilitat der Finanzierung der hochste Stellenwert zugerechnet wird und die Beibehaltung der Flexibilitat Vorrang vor anderweitigen Aspekten geniefit.^^"* Von hoher Relevanz fur die Finanzierungsentscheidungen von Unternehmen sind weiterhln das Kredit-Rating sowie die Vermeidung einer Verwasserung der Kennzlffer Gewinn je Aktie; beide Faktoren sind allerdings nachrangig zur genannten Flexibilitat. Des Weiteren wurde die Existenz einer Zielkapitalstruktur bzw. eines Korridors fur die Kapitalstruktur von den Finanzentscheidern bestatigt.

713 714

Eine detaillierte Darstellung der Studie von Graham und Harvey erfolgt in Kapitel 4.7. Theoretisch wurde das Argument der Flexibilitat bereits in den fruhen Arbeiten von M&M im Jahr 1963 aufgebracht, vgl. Modigliani/Miller (1963), S. 442 f. Weiterhin begrunden die agencytheoretischen Ansatze das Argument der Flexibilitat, da sie eigene Interessen des Managements annehmen. Aus den interdisziplinaren verhaltenspsychologisch gepragten Ansatzen, welche den diskretionaren Freiraum des Managements untersuchen, und den interdisziplinaren strategischen Ansatzen, die eine individuelle Praferenz des Risikos und der Kontrolle des Managements annehmen, lasst sich ebenfalls die Flexibilitat herleiten, vgl. Barton/Gordon (1988), S. 406ff., Jensen/Meckling (1976), S. 305, Berger/Ofek/Yermack (1997), S. 1411. 168

4.4

Externe ubergeordnete Faktoren

4.4.1 Institutionelle Rahmenbedingungen Das Finanzierungsverhalten von Untemehmen kann durch die jeweiligen Rahmenbedingungen wie das vorherrschende Finanzsystem, rechtliche und steuerliche Bedingungen sowie die Auspragung und Akzeptanz des jeweiligen Kapitalmarktes beeinflusst werden. Die empirische Uberprufung von Finanzierungsstrukturen in mehreren Industrienationen hat signifikante Unterschiede hinsichtlich der Verschuldungsquote sowie der Bedeutung von Bankkrediten als Finanzierungsinstrument aufgezeigt/^^

Eigenkapitalquote in % Bilanzsumme Verblndttchkeftenquote in% Bitanz9ummo (Bankkredite in % von Bilanzsumme)

BRD

USA

Kanada

UK

Japan

28.7 71,3 19,8

61,4 38,6 7,5

52,0 48,0 17,9

48,1 51,9 12,6

18,0 82.0 39,0

Tabelle 17: Internationale durchischnittliche Finanzierungsstrukturen von 1978 bis 1990 (in Aniehnung an Schwiete/Weigand 1997) So ist, wie in Tabelle 17: Internationale Finanzierungsstrukturen von 1978 bis 1990 (in Aniehnung an Schwiete/Weigand 1997) dargestellt, die niedrigere Verschuldungsquote in den englischsprachigen Landern wie USA mit 38,6 %, Kanada mit 48 % und UK mit 51,9 % im Vergleich zu Deutschland mit 71,3 % bzw. Japan mit 82 % offensichtlich. Fur die Bundesrepublik Deutschland ergibt sich gemafi der Studie von Schwiete und Weigandeine Eigenkapitalquote von 28,7 % und somit eine signifikant geringe Eigenkapitalquote im Vergleich zu den USA, Kanada oder UK/^^ Nur Japan weist mit einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von 18 % eine noch geringere Eigenkapitalquote auf. Auffallig sind auch Unterschiede beim Einsatz von Bankkrediten. So nimmt vor allem in Japan mit 39 % und in Deutschland mit 19,8 % die Finanzierung mittels Bankkrediten mit rund 2 0 % gegenuber den USA mit rund 7,5% oder Groflbritannien mit 12,6% einen hoheren Stellenwert ein/^^ Die GriJnde fur die erheblichen Unterschiede im Finanzierungsverhalten zwischen einzelnen Landern wurden in der Literatur aufgegriffen und diskutiert, dabei hat sich zunachst die Abgrenzung in bank- und marktorientierte Finanzsysteme durchgesetzt/^® Die Unterscheidung zwischen bank- und marktorientierten Finanzsystemen geht auf eine Veroffentlichung von 715 716

Vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 6 ff., Rajan/Zingales (1995), S. 1423 ff. Fur Deutschland werden die Daten von der Deutschen Bundesbank venA/endet und daruber hinaus eigene Berechnungen der Autoren herangezogen. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei den zugrunde gelegten Unternehmen hauptsachlich um borsennotierte Unternehmen handelt - allerdings ist eine genaue Spezifikation nicht moglich, vgl. SchwieteAA/iegand (1997), S. 7. Vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 6 ff. 169

Rybczynskiaus dem Jahr 1984 zuruck/^^ Marktorientierte Finanzsysteme sind gepragt durch eine grofltenteils uber den Kapitalmarkt stattfindende Untemehmensfinanzierung und die Banker) stellen i. d. R. nur kurzfristige Finanzierungen zur Verfugung. Zu diesen Finanzsystemen werden die Lander USA, UK und Kanada gerechnet, deren Kapitalmarkte sich durch eine hohe Liquiditat, einen breiten institutionellen und privaten Investorenkreis sowie ein hohes Mafi an Transparenz auszeichnen. Die sogenannten bankorientierten Finanzsysteme, wie z. B. Deutschland Oder Japan, sind im Gegensatz zu den marktorientierten Finanzsystemen gepragt durch langfristige Beziehungen zwischen Unternehmen und Banken, eine hohere Konzentration von Eigentumern und Glaubigern, eine geringere Eigenkapitalquote sowie den Einsatz von kurz- und langfristigen Bankkrediten a!s die h9ufigste Finanzierlingsform der Uhternetimen.^^ DarQber hTriaus slhd die Kapitalmarkte der bankorientierten Finanzsysteme i. d. R. weniger weit entwickelt als die der marktorientierten Finanzsysteme/^^ Die Ausfuhrungen lassen den Schluss zu, dass die im internationalen Vergleich geringere Eigenkapitalquote deutscher Unternehmen auf das in Deutschland vorherrschende bankorientierte System und die besonders hohe Bedeutung von Hausbanken bei der Finanzierung von Unternehmen zuruckzufuhren ist/^^ Die Stellung der Hausbanken in Deutschland zeigt sich insbesondere durch die starker von Bankkrediten als durch Anieihen gepragte Fremdfinanzierung der Unternehmen/^^ Die empirischen Ergebnisse uber die abweichenden Finanzierungsstrukturen im internationalen Vergleich wurden allerdings von den Autoren Rajan und Z/nga/es angezvjeifeW und erneut mittels einer empirischen Studie aus dem Jahr 1995 untersucht, welche die Kapitalstrukturen der USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Italien, UK und Kanada vergleicht/^"* Die Intention der Autoren war es, mittels der vergleichenden Studie den bis dato oftmals postulierten Zusammenhang zwischen Finanzsystem - also bank- oder marktorientiert - und dem Verschuldungsgrad zu widerlegen und zu beweisen, dass sich die Art des Finanz''' ^^^ ^^° ''' ^^^

Vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 6., Allen/Gale (1995), S. 179 ff. Vgl. Rybczynski (1984), S. 275 ff. Vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 6. Vgl. Bergl6f(1997), S. 96ff. Als Grunde fur die geringe Bedeutung und Entwicklung des Aktienmarktes im direkten Vergleich zu den USA oder Grofibritannien werden die Sonderstellung der Banken im deutschen Universalbankensystem sowie die mit dieser hervorgehobenen Position genutzte Macht zwecks Erweiterung des Kreditgeschafts sowie die Vemachlassigung marktwertorientierter Investoreninteressen genannt, vgl. Thies (2000), S. 25 ff. ^^^ Weiterhin ist die Untemehmensfinanzierung in Deutschland gepragt durch die deutschen Steuergesetzsysteme sowie institutionelle Regelungen zur Altersvorsorge. So konnen in Deutschland im Gegensatz zu anderen Landern Pensionsverpflichtungen als Ruckstellungen im Unternehmen verbleiben, in anderen Landern werden diese an externe Pensionsfonds abgefuhrt, vgl. Deutsche Bundesbank (2004 b), S. 44 f., Schwiete/Weigand (1997), S. 7. 170

systems nicht in der Hohe der Verschuldung widerspiegelt, sondern vielmehr in der Wahl zwischen offentlicher Finanzierung mittels Aktien und Anieihen oder privater Finanzierung/^^ Urn diese These zu beweisen, wurden die empirischen Daten soweit moglich unn gesetzliche und institutionelle Faktoren aufgrund von Differenzen in der nationalen Bilanzierungs- und Steuergesetzgebung bereinigt/^^ Wie in Tabelle 18: Internationale rungsstrukturen

durchschnittliche

Finanzie-

von 1991 (in Aniehnung an Rajan/Zingales 7P^5ydeutlich wird, verfugen die eng-

lischsprachigen Lander auch in diese Studie uber die hochste Eigenkapitaiquote. Deutschland und Japan hingegen weisen die niedrigste Eigenkapitaiquote auf, allerdings sind die Unterschiede in der Finanzierungsstruktur nach Bereinigung von landerspezifischen institutionellen Faktoren nicht mehr so signifikant.

Eigenkapitaiquote in % Bllanzsumme Verbindlichkeitenquote in% Bilanzsumme

BRD 28,0 72,0

U^ 34,1 66,1

Kanada 39,7 60,3

UK 42,2 57,8

Japan 33,2 66,8

Tabelle 18: Internationale durchschnittliche Finanzierungsstrukturen von 1991 (in Aniehnung an Rajan/Zingales 1995) Nach wie vor bestehen aber grofie Unterschiede im Hinblick auf die Entwicklung der Kapitaimarkte, die Nutzung der Aktien- und Anieihemarkte und die private Finanzierung. Festgesteilt wurde, dass die nationalen Kapitalmarkte in Groflbritannien sowie deren ehemalige Kolonien, USA, Kanada, Australien, Neuseeland, welche alle auf dem auf Prazedenzfalle basierenden Rechtssystem des in Grofibritannien entwickelten „Common law" basieren, sehr wait entwickelt sind. Lander in der Europaischen Union, deren Rechtssystem auf dem Romischen Burgerlichen Recht, dem sogenannten „Civil law" beruht -

hierzu gehoren z. B.

Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Skandinavien - , weisen trotz eines vergleichbaren industriellen Entwicklungsstands einen im Vergleich zu den vom „Common law" gepragten Landern unterentwickelten Kapitalmarkt auf.^^^ Die unterschiedliche Auspragung und Nutzung der Kapitalmarkte in den einzelnen Landern liegt nach Meinung von La Porta nicht in der Art des Finanzsystems bank- oder marktorientiert, sondern in der unterschiedlichen Auspragung der gesetzlichen Regelungen zum Investoren- bzw. Glaubigerschutz. Anhand einer Untersuchung von 49 Landern kommt La Porta TU dem Schluss, dass Lander mit geringem Investoren- bzw. Glaubigerschutz uber weniger

725 726

Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1428 ff. Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1448. Hierzu merken Rajan und Zingales an, dass die jeweiligen empirischen Untersuchungen aufgrund institutionelier Unterschiede und unterschiedlicher Vorgehensweise sowie abweichender Definition des Fremdkapitals in einzelnen Landern nur eine vorsichtige Interpretation zulassen, vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1425 ff. Vgl. La Porta (1996), S. 1715 ff.. La Porta/Lopez-de-Silanes/ShleiferA/ishny (1999), S. 3ff., La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer/Vishny (1997), S. 1131 ff.

171

entwickelte und sehr enge Kapitalmarkte verfugen/^® Die ..Common law"-Lander Grofibritannien, USA, Kanada. Australien, Neuseeland etc. weisen die hochsten Vorschriften hinsichtlich Investoren- bzw. Glaubigerschutz auf und verfugen uber sehr etablierte grofie Kapitalmarkte. Eine Ubersicht uber die wesentlichen Kriterien zur Unterscheidung der jeweiligen Finanzsysteme ist in der nachfolgenden Tabelle 19: Bank- und marktorientierte Finanzsysteme aufgefuhrt.

Kapitalmarkt

Bankorientierte Systeme Gering ausgepragter Kapitalmarkt Geringe Anzahl borsennotierter Unternehmen Geringe LiquidtSt am Kapitalmarkt

Marktorientierte Systeme | Stark ausgeprSgter Kapitalmarkt 1 Hohe Anzahl borsennotierter Unternehmen Hohe Liquiditat am Kapitalmarkt

Historisches Rechtssystem Civil Law

Common Law

Funktion der Banken

Hohe Bedeutung der Hausbanken Langfristige Finanzbeziehungen

Geringe Bedeutung der Hausbanken Allokationsfunktion des organisierten Kapitalmarktes Kurzfristige Finanzbeziehungen

1 1 1 1

Eigen- Fremdkapital

Beteiligung der Banken am Eigenkapital ihrer Kreditnehmer

Trennung zwischen Fremd- und Eigenkapitalgebern

1 1

Eigenkapitaiquote

Gering

Hoch

Beispiele

Frankreich, Deutschland

USA, UK, Kanada, Australien

1

Tabelle 19: Bank-und marktorientierte Finanzsysteme Von den Landern, die dem „Civil law" angehoren, weist Frankreich den niedrigsten Investorenschutz und gleichzeitig auch den am wenlgsten entwickelten Kapitalmarkt auf. Deutschland bietet vor allem den Kreditgebern einen starken Schutz und kann daher im Mittelfeld der Lander mit ausgepragtem und weniger ausgepragtem Investoren- bzw. Glaubigerschutz elngeordnet werden.^^^ Die unterschiedlich starke Entwicklung der Kapitalmarkte ist nach Meinung von La Porta Folge der differierenden institutionellen Rahmenbedingungen in Bezug auf Investoren- bzw. Glaubigerschutz. So weisen Kapitalmarkte in Landern des ..Common law" mit einer hohen Protektion fur Investoren und Glaubiger eine vergleichsweise hbhere Marktkapitalisierung der Borsenmarkte, eine hohere Anzahl von gelisteten Unternehmen relativ zur Bevolkerung und eine hohere Anzahl von Borsenemissionen auf.^^° Im Jahr 1994 betrug das Verhaltnis der Borsenkapitalisierung des jeweiligen Landes zum Bruttoinlandsprodukt in den ..Common

Fur jedes Land warden die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich des Aktionarsschutzes, des Schutzes von Minderaktionaren und des Schutzes von Glaubigern untersucht, vgl. La Porta (1996), 8. 1715 ff. Skandinavische Lander und Deutschland rangieren in der Mitte der Skala in Bezug auf die Auspragung des Investoren- und Glaubigerschutzes, vgl. La Porta (1999), S. 9 ff. Vgl. La Porta (1999), S. 11 ff. 172

Iaw"-Landern rund 60 %. In Frankreich, dem Land mit dem niedrigsten Investoren- und Glaubigerschutz, betrug dieselbe Kennziffer rund 19 % und der weltweite Durchschnitt rund 40 %. Des Weiteren weisen „Common law"-Lander durchschnittlich 2,23 Borsenemissionen pro 1 Million Einwohner auf, in Frankreich ist das Verhaltnis mit nur 0,28 pro 1 Million Einwohner am niedrigsten. Auch die Auspragung des Glaubigerschutzes weist starke Unterschiede auf und kann exemplarisch anhand des Verhaltnisses von Krediten zum Bruttoinlandsprodukt nachvollzogen werden. In den „Common law"-Landern betrug das vorgenannte Verhaltnis im Jahr 1994 68 %, in Frankreich 56 % und in Deutschland, welches den ausgepragtesten Schutz fur Kreditoren aufweist, 97 %P^ Die vorangestellten Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass die institutionellen Rahmenbedlngungen der jeweitigen Lander oder Wirtschaftsreglonen einen maftgeblichen Einfluss auf die Finanzierungswahl der Unternehmen ausuben bzw. eine Grundtendenz im Hinblick auf die Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung vorgeben. Bei illiquiden Kapitalmarkten in den jeweiligen Heimatlandern werden die Kosten der externen Finanzierung fur Unternehmen hoher sein, zwangslaufig werden Unternehmen primar auf die interne Finanzierung oder die klassische Kreditfinanzierung zuruckgreifen. Mit zunehmender Auspragung der Kapitalmarkte andern sich die Rahmenbedingungen zugunsten der Kapitalmarktfinanzierung, da die Bewertung an den Aktienmarkten i. d. R. zunimmt, die Emissionskosten fur offentliche Eigen- bzw. Fremdkapitalaufnahme versus private Mittelbeschaffung sinken und die Vielfalt der Finanzierungsmoglichkeiten steigt. Bei der nachfolgenden Analyse der Kapitalstrukturen deutscher Unternehmen anhand der eigenen empirischen Untersuchung sind daher die spezifischen nationalen Gegebenheiten zu berucksichtigen. Historisch gesehen ist Deutschland durch das Hausbankensystem und eine geringe Entwicklung des Kapitalmarktes gepragt. Erst in den letzten Jahren konnte eine spurbare Verbesserung in Bezug auf die Moglichkeiten der offentlich organisierten Finanzierung in Form von Aktien oder Anieihen verzeichnet werden. So haben z. B. Anieihen als Finanzierungsinstrument deutscher Unternehmen aufierhalb des Finanzsektors im Vergleich zu einigen europaischen Nachbarlandern lange Zeit eine untergeordnete Rolle gespielt. Erst die Einfuhrung des Euro, die Zusammenfuhrung der nationalen Markte fur Unternehmensanleihen und somit auch sinkenden Emissionskosten, die zunehmende Finanzmarktorientierung und der steigenden Bedarf grofier borsennotierter Telekommunikationsunternehmen nach Unternehmensanleihen verhalfen dem Anieihemarkt zu

^^^

Vgl. La Porta (1999), S. 11 ff. 173

ersten Erfolgen in Deutschland/^^ Bedingt durch das in den letzten Jahren veranderte Finanzierungsverhalten grower Gesellschaften wird der Anieihemarkt zunehmend als Alternative zum Bankkredit und zur Innenfinanzierung gesehen; auflerdem diJrfte die zunehmende Risikoorientierung im Kreditgeschaft der Banken den Markt fur Unternehmensanleihen ebenfalls positiv beeinflusst haben/^^ Auch der organisierte Aktienmarkt in Deutschland eriebte in den letzten Jahren eine Aufwertung. So eriebte Deutschland nach dem Borsengang der Deutschen Telekom (1996) in den folgenden vier Jahren bis 2000 eine wahre Emissionsflut. Wahrend das Aktienemissionsvolumen borsennotierter Gesellschaften in Deutschland in den Jahren vor 1996 in der Regel weit unter 10 Mrd. € pro Jahr lag, betrug das Aktienemissionsvolumen 1998 rund 22 Mrd. € und 1999 rund 31 Mrd € / ^ Die Aufnahmef^higkeit und das Interesse an Aktten in Deutschland hat sich somit nach 1996 deutlich gesteigert. Nach der Marktkorrektur beginnend im Jahr 2000 verier die Aktie als Finanzierungsinstrument wieder an Bedeutung. Nach Angaben der Deutschen Bundesbank ist festzustellen, dass in der Hochphase der Aktieneuphorie relativ zum Umfang an Bruttoinvestitionen - die Finanzierung der Kapitalaufwendungen durch die Begebung von Anteilsrechten gestiegen ist. Im Jahr 2003 beliefen sich die Aktienemissionen in Relation zu den Bruttoinvestitionen auf minus 3,8 %, es wurden netto uber Aktienruckkaufe mehr Anteilsrechte aus dem Markt genommen, als durch Emissionen neu begeben wurden/^^ Die zunehmende Bedeutung des Aktienkapitalmarktes und die steigende Aufnahmefahigkeit der Investoren eroffneten erstmalig einer Vielzahl von Unternehmen den Borsengang, aber schafften auch fur bereits borsennotierte Unternehmen Moglichkeiten fur eine flexiblere Eigenkapitalfinanzierung mittels Kapitalerhohung. Die Aufnahmebereitschaft der Investoren lasst sich anhand des Aktienfondsvermogens in Deutschland belegen. Wahrend im Jahr 1996 die deutschen Publikumfonds im Aktienbereich uber ein Vermogen von rund 26 Mrd. € verfugten, steigerte sich dieses aufgrund massiver Zulaufe zu Aktienfonds bis zum Jahr 2000 auf 141 Mrd. €; danach ist wiederum ein merklicher Ruckgang spurbar, so verfugten in Jahr 2003 die vorgenannten Fonds uber ein Vermogen in Hohe von 89 Mrd €.^^^

735 736

Nach Angaben der Deutschen Bundesbank betragt der Umlauf von Unternehmensanleihen in Prozent des jeweiligen Bruttoinlandproduktes in Deutschland nur 6%, in Italien 12%, in Frankreich 23 % und in Grofibritannien sowie den USA 26 %, vgl. Deutsche Bundesbank (2004 a), S. 15 f. Vgl. Deutsche Bundesbank (2004 a), S. 20. Angaben gemafi Kapitalmarktstatistik / 1 . Aktienemissionen / IV. Aktien inlandischer Emittenten/ davon: borsennotierte Gesellschaften, vgl. Deutsche Bundesbank (2004 c), S. 45. Vgl. Deutsche Bundesbank (2004 b), S. 45. Angaben gemafi Kapitalmarktstatistik VI. Investmentfonds/Zusammensetzung des Vermogens der inlandischen Wertpapierfonds/Publikumsfonds/Aktienfonds, vgl. Deutsche Bundesbank (2004 c), S. 58. 174

Die aufgefuhrten Landervergleiche sowie die Analyse der Etablierung der Kapitalmarkte lassen den Schluss zu, dass die institutionellen Rahmenbedingungen bereits eine Grundtendenz bezuglich der Finanzierungsentscheidung der Unternehmen in Abhangigkeit der jeweiligen Lander bzw. Wirtschaftsregionen pragen. Fur Deutschland ist festzuhalten, dass der Kapitalmarkt insgesamt geringer ausgepragt ist im Vergleich zu den angloamerikanischen Landern. Jedoch haben sich seit 1996 aufgrund der gestiegenen Liquiditat und Aufnahmebereitschaft sowie der zum Teil attraktiven Bewertungsniveaus die Finanzierungsmoglichkeiten fur borsennotierte Unternehmen uber den Eigenkapitalmarkt zumindest temporar erheblich verbessert.

4.4.2 Makrookonomische Bedingungen Vergleichbar den institutionellen Bedingungen sind die Unternehmen eines Landes bzw. einer Wirtschaftsregion den makrookonomischen Bedingungen ausgesetzt, wovon insbesondere das gesamtwirtschaftliche Wachstum und das Zinsniveau von Bedeutung fur die Kapitalstruktur sind. Das antizyklische Verhalten der Unternehmen in Bezug auf die Emission von Fremdkapital wurde anhand einiger Studien dokumentiert.^^^ Prinzipiell werden Marktphasen mit geringem Wirtschaftswachstum, die zumeist mit einem niedrigen Zinsniveau einhergehen, zur Emission von Finanzverbindlichkeiten genutzt - wahrend Marktphasen mit starkem Wirtschaftswachstum eher zur Emission von EigenkapitaJ genutzt werden. Daraus lasst sich folgern, dass Unternehmen im Sinne der Windows-of-Opportunity-Theorie ein Market Timing im Hinblick auf die makrookonomischen Bedingungen vornehmen. Shieifer und \//shnyvj\esen in ihrer Veroffentlichung aus dem Jahr 1992 darauf hin, dass die Kapazitat der Finanzierungsverbindlichkeiten eines Unternehmens von der jeweiligen wirtschaftlichen Situation abhangig ist. Ihre Studien ergeben, dass sich Unternehmen im Hinblick auf den Anteil ihrer Finanzverbindlichkeiten antizyklisch verhalten. Wahrend eines wirtschaftlichen Booms weisen die untersuchten Unternehmen bis zu 40 % mehr Finanzverbindlichkeiten auf als wahrend einer Rezession.^^^ Auch die bereits vorgestellte Arbeit von Korajczyk und Levy von 2^(7^ bestatigt eine Relevanz der makrookonomischen Bedingungen fur die Kapitalstruktur, wobei ein unterschledliches Verhalten der Unternehmen in Abhangigkeit ihrer finanzieilen Ausstattung festgestellt wurde.^^^ Unternehmen, die finanziell unabhangig sind, also uber eine gute finanzielle Ausstat-

Vgl. Choe/Masulis/Nanda (1993), S. 3ff., Gertler (1988), S. 559, Gertler/Giltchrist (1994), S. 309 ff., Leiand (1994), S. 1213 ff. Vgl. ShIeiferA/ishny (1992), S. 1367 ff. Vgl. Korajczyk/Levy (2004), S. 75. 175

tung verfugen, weisen ein antizyklisches Verhalten auf. Bei positivem gesamtwirtschaftlichem Wachstum sinkt der Verschuldungsgrad und die Eigenkapitalquote wird erhoht. Unternehmen, die uber eine vergleichsweise schlechte finanzielle Ausstattung verfugen, verhalten sich prozyklisch und nutzen Wachstumsphasen, urn den Verschuldungsgrad zu erhohen. Aufgrund der Ergebnisse folgern die Autoren, dass die finanziellen Entscheidungen der Unternehmen den Stand der makrookonomischen Bedingungen reflektieren/'*^ Die Tendenz zur verstarkten Fremdkapitalemlssion bei Vorliegen eines niedrigen Zinsniveaus ist ein weltweit beobachtetes Phanomen. So ist das Ergebnis der Studie von Henderson, Jegadeesh und Weisbach aus dem Jahr 2004, dass das weltweite Anleiheemissionsvolumen uberwiegend wahrend Niedrigzinsphasen begeben wird/"*^ Dass die Finanzentscheider der Unternehmen bei ihrer Finanzierungspolitik die Hohe der Fremdkapitalzinsen berucksichtigen, belegt auch eine weitere Studie von Graham und Harvey (2002), welche ausfuhrlich in >1/75C/7/7/ff 47dargestellt wird. In einer reprasentativen Unrifrage wurde ermittelt, dass rund die Halfte der befragten Finanzvorstande bei der Entscheidung zur Emission von Fremdkapital die Hohe des jeweiligen Zinsniveaus berucksichtigt. Insbesondere grofie Unternehmen messen der Analyse der Zinsentwicklung grofie Bedeutung zu und versuchen, den Markt zu timen und Niedrigzinsphasen zu nutzen/''^ Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Unternehmen systematisch gesamtwirtschaftlich gunstige Konditionen nutzen, um Finanzierungen durchzufuhren, und dem Markt-Timing eine relevante Bedeutung innerhalb der Finanzierungspolitik zugeordnet werden kann.

4.5

Externa firmenspezlfische Einflussfaktoren

4.5.1 Kredit-Rating Der Einfluss des Kredit-Ratings auf die Kapitalstruktur ist finanztheoretisch kaum thematisiert und wurde daher im Rahmen dieser Arbeit bislang nicht dargestellt. Allerdings lassen aktuelle Praxisbeispiele und eine wenn auch begrenzte Anzahl von empirischen Untersuchungen auf eine wachsende Bedeutung des Kredit-Ratings schliefien. Daher werden zunachst kurz die Funktionen eines Kredit-Ratings eriautert, um nachfolgend die theoretischen und praktischen Wirkungszusammenhange darzustellen. Ein Kredit-Rating stellt eine externe Beurteilung der Kreditwurdigkeit dar, die i. d. R. durch eine der drei bekanntesten weltweit tatigen Rating-Agenturen (Standard & Poor's, Moody's Vgl. Korajczyk/Levy (2004), 8. 106. Fur die Analyse der Anieiheemissionstatigkeiten und des Zinsniveaus ist die Auswertung der Oaten auf die G7-Lander beschrankt, vgl. Henderson/JegadeeshAA/eisbach (2004), S. 20 f. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 18. 176

und Fitch) erfolgt. Wird ein Untemehmen mit einem Rating als Investment-Grade eingestuft, bedeutet dies, dass es sich urn einen sehr guten, stabilen Schuldner handelt - dementsprechend gunstig sind die Refinanzierungskonditionen auf dem Fremdkapitalmarkt. Erhalt ein Unternehmen von einer Rating-Agentur die Einstufung als Non-Investment-Grade, gilt es als qualitativ schlechter Schuldner. Die von dem Unternehmen begebenen Anieihen gelten dann als spekulative Junk-Bonds und in der Folge verschlechtern sich die Refinanzierungskonditionen/"*^ Das Rating beeinflusst somit primar die Hohe des Zinsaufschlags und die Refinanzierungskosten. Weiterhin kann ein Rating einen wesentlich Einfluss auf den Zugang zum Kapitalmarkt bewirken, da institutionelle Fonds in ihren Statuten haufig die Aniage in NonInvestment-Grade-Anleihen ausschliefien. Dies hat zur Folge, dass der potenzielle Investorenkreis sinkt und der Zugang zum Kapitalmarkt und die Begebung von Anieiheemissionen erheblich erschwert wird. Unternehmen, die sich auf dem Anieihemarkt refinanzieren, sind daher an einer positiven Einstufung durch die Rating-Agenturen interessiert. In der finanztheoretischen Literatur steht die Signalisierungsfunktion des Kredit-Ratings und somit die Moglichkeit der Differenzierung von guten und schlechten Schuldnern im Vordergrund. Kredit-Ratings dienen der Steigerung der Informationseffizienz und konnen Informationen, die bislang nur Insidern bekannt waren, an den Markt kommunizieren. Dies steigert die MarkteffizJenz.^"^"* Ein bekannter finanztheoretischer Ansatz zur Erklarung des Nutzens von Kredit-Ratings stammt von Diamondaus

dem Jahr 1984 und fuhrt den Vorteil des ..delegated

monitoring" an.^'*^ Wird die Kontrolle eines Kreditnehmers durch mehrere Kapitalgeber gleichzeitig durchgefuhrt, fuhrt dies zu hohen Kosten und Ineffizienzen. Durch Delegation der Kontrollfunktion an einen Finanzintermediar in Form einer Rating-Agentur wird die Wiederholung gleicher Aktivitaten vermieden. Die Rating-Agentur bietet weiterhin den Vorteil der Zentralisierung und eines hohen Produktionsvolumens. was zu einer effizienteren Arbeitsweise und somit zu Kosteneinsparungen fur die Kreditgeber und -nehmer fuhrt. Der zunehmende Einfluss von Kredit-Ratings und somit der Rating-Agenturen ist seit den spaten neunziger Jahren in Deutschland und Europa evident. Grund hierfur ist die zunehmende Refinanzierung multinationaler borsennotierter Unternehmen auf internationalen Kapitalmarkten und der wachsende Anteil der direkten Finanzierung uber Anieihen, die ein Kre-

So betrug der durchschnittliche Zinsaufschlag von sieben- bis zehnjahrigen europaischen Unternehmensanleihen der hochsten Rating-Klasse (AAA) gegenuber Staatsanleihen gleicher Laufzeit im Zeitraum April 2002 bis Januar 2004 rund VA Prozentpunkt. Unternehmen, die auf der untersten Stufe als ..Non-lnvestment-Grade" (BBS) bewertet warden, mussten durchschnittlich rund 1 VA Prozentpunkte als Zinsaufschlag gegenuber Staatsanleihen gleicher Laufzeit aufbringen, vgl. Deutsche Bundesbank (2004 a), S. 23. Vgl. Spremann (1996). S. 717 ff. Vgl. Diamond(1984). S. 393ff.

177

dit-Rating notwendig macht/'*® Die drei bekanntesten Rating-Agenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch entscheiden mittels ihrer Rating-Einstufungen uber die Bonitat der Unternehmen als Schuldner und nehmen daher direkten Einfluss auf die Hohe der Refinanzierungskosten der Unternehmen/'*^ Dass Kredit-Rating-Einstufungen einen signifikanten Informationswert besitzen und daruber hinaus insbesondere Herabstufungen im Kredit-Rating zu negativen Kursreaktionen fuhren konnen, wurde mittels mehrerer empirischer Studien dokumentiert. So belegen zwei USamerikanische Studien eine starke Interaktion zwischen dem Kredit-Rating und der Borsenbewertung von US-Banken/"*® Die hohe Bedeutung des Kredit-Ratings wird auch in der U m fragestudie von Graham und Harvey (2002) un\eTs\x\chex\, in der mehr als die Halfte aller Finanzvorstande angaben, dass die Belbehaltung des Kredit-Ratings wichtig bzw. sehr wichtig ist, insbesondere fur grofie Unternehmen, die uber ein Investment-Grade-Rating verfugen/"*^ Auch eine deutsche Studie aus dem Jahr 1998 analysiert Aktienkursveranderungen als Reaktion auf Kredit-Rating-Anderungen und findet heraus, dass bei Herabstufungen signifikante Kursverluste folgen und eine Kausalbeziehung zwischen Kredit-Rating und den Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber besteht/^° Exemplarisch kann der Effekt von Rating-Herabstufungen anhand der ThyssenKrupp AG verdeutlicht werden. Im Rahmen der Analyse der Auswirkungen ungedeckter betrieblicher

748 749

Als Grund fur die zunehmende Finanzierung mittels Untemehmensanieihen wird von der Deutschen Bundesbank die vollstandige Liberalisierung des Kapitalverkehrs in den EU-Landern, der Wegfall des Wechselkursrisikos nach Einftihrung des Euro sowie das Zusammenwachsen der Kapitalmarkte angegeben. Hierdurch eroffneten sich fur Unternehmen im euronaischen Raum Moglichkeiten, groflvolumige Emissionen in liquideren Markten zu platzieren. Gleichzeitig sind die direkten Emissionskosten aufgrund des intensiveren Wettbewerbs zwischen den Investmentbanken im Zuge der WShrungsunion gesunken. Des Weiteren hat auch die zunehmende RIsikoorientierung im KreditgeschSft der Banken den Markt fur Untemehmensanieihen in den letzten Jahren positiv beeinflusst, vgl. Deutsche Bundesbank (2004 a), S. 20. Das Rating ist ein nach einheitlichem Verfahren vorgenommene Einstufung der Bonitat von Kreditnehmern bzw. Anleiheschuldnern. Es handelt sich um eine standardisierte Bonitatsbeurteilung von Anieihen und Geldmarktpapieren in Abhangigkeit der zugrunde liegenden wirtschaftlichen Daten. Mit dem Rating werden Anhaltspunkte uber die Wahrscheinlichkeit der termin- und betragsgerechten Zahlung von Zinsen und Tilgung gegeben. Das Rating dient den Investoren somit zur Risikoeinschatzung eines Investments. Im folgenden werden die Bond-Rating-Symbole eriautert: Phnzip-ei! werden vier grundsatzliche Gruppen von Bonitatseinstufungen unterteilt: Gruppe 1: AAA, AA (S&P, Fitch) / Aaa, Aa (Moody's): Zu dieser Gruppe zahlen erstklassige Industrie-, Bank- und Staatsadressen bzw. Schuldtitel, die dem Anieger eine risikolose Aniage bieten. Gruppe 2: A, BBB (S&P, Fitch) / A, Baa (Moody's): Hierunter fallen Unternehmen mit einem guten bis durchschnittlichen Marktstanding. Deren Schuldtitel sind bei stabilen wirtschaftlichen Verhaltnissen i.d.R. als sichere Wertpapieranlage anzusehen. Gruppe 3: BB, B, CCC, CC (S&P, Fitch) / Ba, B, Caa, Ca (Moody's): Hierbei handelt es sich um Papiere mit spekulativem Charakter. Die Emittenten befinden sich in wirtschaftlichen bzw. finanziellen Schwierigkeiten, Zins- und Tilgungsleistungen sind nicht immer gewahrleistet. Gruppe 4: C, D (S&P, Fitch), C (Moody's): Hierunter fallen notleidende Titel. Vgl. Billet/Garfinkel/G'Neal (1998), S. 333 ff., Schweitzer/SzewcyzkA/arma (1992), S. 249 ff. Die Studie von Graham und Harvey (2002) wird ausfuhrlich in Kapitel 4.7 eriautert. Vgl. Heinke(1998), S. 298ff. ^78

Pensionszusagen bei deutschen Unternehmen entschieden die fuhrenden Rating-Agenturen im Jahr 2003, alien voran Standard & Poor's, einige deutsche Unternehmen herabzustufen; betroffen hiervon waren insbesondere die Unternehmen Munchener Ruck AG, Deutsche Post AG, ThyssenKrupp AG und Linde AG. ThyssenKrupp AG verier aufgrund der Neubewertung von Pensionsverpflichtungen seitens Standard & Poor's zwei Stufen im Rating und erhielt ein neues Rating BB+ im Bereich des Non-lnvestment-Grade-Status/^^ Der Bbrsenwert der ThyssenKrupp AG sank in der Folge um rund 750 Mio €. Gleichzeitig verteuerte sich die Fremdfinanzierung fur die Gesellschaft erheblich, der Credit Spread gehandelter Anieihen des Unternehmens verdoppelte sich auf bis zu 300 Basispunkte. Insgesamt rechnete die Thyssen-Krupp AG durch die RatingHerabstufung mit zusatzlichen Zinskosten von 20 Mio. € pro Jahr/^^ Aktuelle Entwicklungen am Kapitalmarkt lassen darauf schliefien, dass der Einfluss der Rating-Agenturen uber die Beeinflussung der Refinanzierungskosten und des Borsenwerts hinaus auch die Wahl der Kapitalstruktur beeinflusst und teilweise die Durchfuhrung von eigenkapitalstarkenden Mafinahmen begrundet. Dieses Phanomen kann exemplarisch insbesondere an den nachfolgenden Beispielen aus dem deutschen Markt demonstriert werden: Der weltgrofite Ruckversicherer Munchener Ruck wurde von der Rating-Agentur Standard & Poor's im September 2003 - aufgrund einer nach dem Borsencrash stark beschadigten Kapitalausstattung - von A+ auf AA- heruntergestuft. Des Weiteren forderte die Rating-Agentur eine substanzielle Kapitalmafinahme von rund 3-4 Mrd. €/^^ Durch die Herunterstufung erhohten sich nicht nur die Refinanzierungskosien. nachteilig war auch die damit einhergehende sinkende Gl?i!*"W!irdigkeit. Denn als Ruckversicherer, bei dem die Erstversicherer
Vgl. Thyssen-Krupp (2003) Vgl. Thyssen-Krupp (2003) Vgl. Die Welt (2003) Vgl. Munchener Ruck (2003) 179

Weitere Unternehmen verhielten sich vergleichbar und fuhrten Eigenkapitalmaflnahmen mit dem Ziel der Erhaltung Oder Verbesserung ihres Kredit-Ratings durch. So veroffentlichte die Commerzbank als Grund zur Durchfuhrung einer Kapitalerhohung im Jahr 2003 die bessere Beurteilung durch die Rating-Agenturen;^^^ die TUI AG begab eine Wandelanleihe mit dem veroffentlichten Ziel, das angestrebte Rating zu verbessern, zusatzlich sollte das Faiiigkeitsprofil der Verbindlichkeiten verlangert werden, um mittelfristig ein Investment-Grade zu erhalten/^® Ebenso fuhrte die Pro Sieben Sat 1 AG im Jahr 2004 eine Kapitalerhohung durch und publizierte, dass sich der Konzern eine Verbesserung seines Kredit-Ratings durch die Rating-Agenturen um eine Stufe erhoffe/^^ Die HypoVereinsbank verbesserte ebenfalls mittels einer Kapitalerhohung Anfang 2004 ihre Eigenkapitalbasis, woraufhin die Rating-Agentur Standard & Poor's ihren Ausblick mit A- von negativ auf stabil anhob/^® Auch die Lufthansa AG fuhrte im Juni 2004 eine Kapitalerhohung durch/^® nachdem die Ratlng-Agenturen Moody's und Standard & Poor's der Lufthansa schlechte Noten bezuglich der Bonitat ausgestellt hatten. Ebenso wie bei anderen Fallen wurden die Pensionsanspruche in der Unternehmensbilanz als Schulden angerechnet, die durchgefuhrte Kapitalerhohung diente somit nach Meinung von Kapitalmarktexperten neben der Finanzierung neuer Flugzeuge und dem Ausbau des Langstreckenverkehrs auch zur Erhaltung des Fremdkapital-Ratings/^° Die theoretischen und empirischen Erkenntnisse legen den Schluss nahe, dass die Wirkung eines Kredit-Ratings uber die primare Aufgabe als Informationswert hinausgeht und sogar einen direkten Einfluss auf den Borsenwert und die Finanzierungspolitik von Unternehmen ausubt. Eine Quantifizierung des Einflusses von Rating-Einstufungen auf die von Unternehmen gewahlte Kapitalstruktur ist bislang nicht moglich. Die vorgenannten Beispiele lassen allerdings die Vermutung zu, dass die Rating-Agenturen in ihrer Eigenschaft als Finanzintermediar einen wachsenden Einfluss auf die Finanzierungspolitik von Unternehmen ausuben und die Durchfuhrung von Eigenkapitalemissionen zumindest teilweise begrunden. 4.5.2 Borsenbewertung In der finanztheoretischen Diskussion wurde der Zusammenhang zwischen der Kapitalstruktur und der Bewertung bzw. den Wachstumsmoglichkeiten von Unternehmen von mehreren theoretischen Ansatzen diskutiert. Die Bedeutung des Einflussfaktors Bewertung auf die Kapitalstruktur ist durch einige empirische Studien sehr gut dokumentiert.

756 757 758

Vgl. FAZ (2003) Vgl. TUI (2003) Vgl. Die Welt (2004 a) Vgl. Hypovereinsbank (2004) Vgl. Lufthansa (2004) Vgl. Die Welt (2004 b)

180

Basierend auf den agency-theoretischen Ansatzen wurden die Zusammenhange zwischen den Wachstumsmoglichkeiten und der Kapitalstruktur anhand der Unterinvestitionstheorie von Myers aus dem Jahr 1977 diskutiert/®^ Der Fremdkapitalanteil eines Unternehmens sollte nach Myers zur Reduzierung der Agency-Kosten im umgekehrten Verhaltnis zum Anteil der Wachstums- bzw. Investitionsmoglichkeiten des Unternehmens gewahit werden/®^ Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial sollten zur Vermeidung des Unterinvestitionsproblems nur einen geringen Anteil Fremdfinanzierung und Unternehmen mit niedrigem Wachstumspotenzial und profitablen existierenden Vermogenswerten einen hoheren Anteil Fremdfinanzierung wahlen/^^ Zur Bestimmung des Wachstumspotenzials eignet sich nach Myers6as Verhaltnis vom Markt- zum Buchwert eines Unternehmens. Gemafi der Trade-off-Theorie besteht ebenfalls ein negativer Zusammenhang zwischen den Wachstums- und Investitionsmoglichkeiten eines Unternehmens und dem Verschuldungsgrad. Prinzipiell kann unterstellt werden, dass Unternehmen mit hohen Wachstumsoptionen aufgrund des hoheren Risikos und Anteils an immateriellem Vermogen hohere Konkurskosten aufweisen als Unternehmen mit geringen Wachstumsoptionen. Nach der Pecking-Order-Theorie werden Unternehmen mit hohen Wachstumsmoglichkeiten Finanztitel emittieren, die nur in geringfugigem Mafie Informationsasymmetrien ausgesetzt sind, wie z. B. kurzfristiges Frerndkapital.^^"* Daher besteht gemafi der Pecking-Order-Theorie bei Unternehmen mit hohen Wachstumsmoglichkeiten ein positiver Zusammenhang zwischen Bewertung und Verschuldungsgrad. Wahrend die alteren finanztheoretischen Beitrage explizit die Kennziffer Markt-ZBuchbewertung eines Unternehmens als Synonym fur die Wachstums- und Investitionsmoglichkeiten eines Unternehmens interpretiert haben, werten die neueren Theorien diese Kennziffer als externe Bewertung eines Unternehmens durch die Borse. Da die Markt-ZBuchbewertung nicht zwangslaufig identisch mit den Wachstumsaussichten eines Unternehmens ist und z. B. auch eine zu optimistische Einschatzung des Marktes - also eine Uberbewertung ausdrucken kann, wurde in neueren Arbeiten keine solche Gleichsetzung vorgenommen.^^^ Zwar druckt die Hohe der Markt-ZBuchbewertung eines borsennotierten Unternehmens i. d. R. die Wachstumsoptionen eines borsennotierten Unternehmens aus, allerdings konnen

762 763

Vgl. Myers (1977), S. 147 ff. Vgl. Myers (1977), S. 150ff. Vgl. Myers (1977), S. 170f. Vgl. MyersZMajulf (1984), S. 187 ff. So interpretieren die alteren Theorien die Markt-ZBuchbewertung als „Growth opportunities", die neueren Ansatze basierend auf der Market Timing-Theorie interpretieren die Markt-ZBuchbewertung als „Valuation".

181

temporare Borsenphasen und Bewertungszyklen dazu fuhren, dass eine Ableitung der Wachstumsaussichten aus der Bewertung nicht mdglich ist. Die Windows-of-Opportunity- und Market Timing-Theorien gehen davon aus, dass die Einschatzungen von Investoren und Management bezuglich der zukiinftigen Wachstumspotenziale eines Unternehmens aufgrund der Informationsasymmetrie unterschiedlich sein konnen/^^ Temporare Borsenphasen, bei denen zu optimistische Einschatzungen des Marktes vorliegen, werden zur Eigenkapitalemission genutzt. Beide Theorien unterstellen daher einen negativen Zusammenhang zwischen der Bewertung, die anhand der Markt-ZBuchbewertung gemessen wird, und dem Verschuldungsgrad eines Unternehmens. Wie befeits dargestelit, dokumentiert eine Vielzahi von internationalen empirischen Untersuchungen den negativen Zusammenhang zwischen Verschuldungsgrad und Bewertung/^^ Hohe Bewertungen der eigenen Aktien an der Borse werden von Unternehmen zur Eigenkapitalemission genutzt und somit wird die Eigenkapitalquote erhoht. Daruber hinaus weist eine aktuelle Studie von Baker und l/l^urg/er aus dem Jahr 2002 einen besonders negativen und sehr nachhaltigen Einfluss der Bewertung auf die Kapitalstruktur aus/^®

4.6

Interne firmenspezifische Faktoren

4.6.1 Profitabilitat Die Aussagen in Bezug auf den Zusammenhang zwischen Profitabilitat und Verschuldungsgrad fallen in den verschiedenen finanzwissenschaftlichen Theorien sehr unterschiedlich aus. Im Gegensatz hierzu gelangen die empirischen Ergebnisse uber diesen Wirkungszusammenhang zu einem eindeutigeren Ergebnis. Wahrend die traditionellen Theorien wie die Trade-off-Theorie und die Free-CashflowTheorie einen positiven Zusammenhang annehmen, unterstellt die Pecking-Order-Theorie einen negativen Zusammenhang zwischen Profitabilitat und Verschuldungsgrad. Die Trade-off-Theorie bedingt eine optimale Zielkapitalstruktur, bei der die Verschuldung so lange erhoht wird, bis der marginale Steuervorteil der Verschuldung den marginalen Kosten einer erhohten Konkurswahrscheinlichkeit entspricht.^^^ Profitable Unternehmen, vor allem wenn sie wenig volatil sind und eine konstante Profitabilitat aufweisen, mussten demzufolge

Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 3 ff. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 275ff., Frank/Goyal (2003), S. 217ff., Baker/Wurgler (2002), S. 1 ff., Friend/Lang (1988), S. 271 ff.. Marsh (1982), S. 121 ff., Gaud/Jari/Hoesli/Bender (2003), S. 1 ff., Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 139ff., Barclay/Smith/Watts (1995), S. 4 ff. Vgl. Baker/Wurgler (2002), S. 4 ff. Vgl. Scott (1976), S. 33 ff., Kraus/Litzenberger (1973), S. 911 ff., Kim (1978), S. 45 ff.

182

einen hoheren Verschuldungsgrad aufweisen, da ihr Konkursrisiko geringer im Vergleich zu weniger profitablen Untemehmen ist. Auch die meisten agency-theoretischen Ansatze nehmen einen positiven Zusammenhang zwischen Profitabilitat und Verschuldungsgrad an. Gemafi der Free-Cashflow-These bewirkt der Einsatz von Fremdkapital eine Reduktion der Agency-Kosten. Unternehmen, die sehr profitabel sind und i. d. R. einen hohen Cashflow generieren, werden durch die regelmadigen Zahlungsverpflichtungen und die verstarkte Kontrolle der Fremdkapitalgeber diszipliniert, was wiederum eine effektivere Nutzung der finanziellen Mittel bewirkt/^° Die Pecking-Order-Theorie unterstellt einen negativen Zusammenhang zwischen Profitabilitat und Verschuldungsgrad, da Unternehmen zunachst auf die Innenfinanzierung, dann auf die Fremdfinanzierung und zuletzt auf neues Eigenkapital zuruckgreifen/^^ Je profitabler ein Unternehmen, desto hoher die Innenfinanzierungsfahigkeit; folglich unterstellt die PeckingOrder-Theorie, dass profitable Unternehmen einen niedrigeren Verschuldungsgrad im Vergleich zu weniger profitablen Unternehmen aufweisen. Der in der Pecking-Order-Theorie unterstellte negative Zusammenhang zwischen Profitabilitat und Verschuldungsgrad wird anhand empirischer Studien sehr gut dokumentiert.^^^ Gemessen wird die Profitabilitat dabei haufig ais Ergebnis vor Steuern und Zinszahlungen (EBIT) Oder als Ergebnis vor Steuern, Zinszahlungen, Ab- und Zuschreibungen (EBITDA). Von den moglichen Einflussfaktoren erweist sich die Profitabilitat in den meisten empirischen Untersuchungen als starkster Einflussfaktor und weist einen durchgehend signifikant negativen Zusammenhang zum Verschuldungsgrad auf.^^' Der unter die interdisziplinaren Ansatze fallende strategische Ansatz von Barton und Cordon unterstellt ebenfalis einen negativen Zusammenhang zwischen Profitabilitat und Verschuldungsgrad. Unternehmen praferieren die Beibehaltung der Flexbilitat und streben eine moglichst geringe externe Kontrolle an, daher werden profitable Unternehmen eine mbglichst geringe Verschuldung wahlen.^^"*

Vgl. Jensen (1986). S. 323 ff. Vgl. Myers/Majulf (1984), S. 187 ff., Myers (1984), S. 575 ff. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 275 ff., Frank/Goyal (2003), S. 217 ff., Baker/Wurgler (2002), S. 1 ff., Friend/Lang (1988), S. 271 ff., Marsh (1982), S. 121 ff., Gaud/Jari/Hoesli/Bender (2003), S. 1 ff., Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 139ff, Barclay/Smith/Watts (1995), S. 4 ff. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 275 ff., Frank/Goyal (2003), S. 217 ff., Baker/Wurgler (2002), S. 1 ff., Friend/Lang (1988), S. 271 ff.. Marsh (1982), S. 121 ff., Gaud/Jari/Hoesli/Bender (2003), S. 1 ff., Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 139ff., Barclay/Smith/Watts (1995), S. 4 ff. Vgl. Barton/Gordon (1988), S. 625 ff. 183

4.6.2 Grdde In der finanztheoretischen Diskussion wird mittels mehrerer theoretischer Ansatze uberwiegend ein positiver Zusammenhang zwischen Kapitalstruktur und Grofle eines Unternehmens unterstellt; dieser konnte auch mittels einiger empirischer Studien bestatigt werden. In der Trade-off-Theorie wird den Konkurskosten eine bedeutende Rolle zugeordnet. So argumentieren Titman und Wessels (1988), dass aufgrund der fixen Konkurskosten mit zunehmender Grofte eines Unternehmens die anteiiigen Konkurskosten sinken. Dariiber hinaus sind grofie Unternehmen i. d. R. diversifiziert und haben daher eine geringere Wahrscheinlichkeit, Konkurs zu gehen/^^ Gemafi der Trade-off-Theorie ergibt sich daher der Zusammenhang, dass mit zunehmender GrofJe eine steigende Verschuldung einhergehen sollte. Weiterhin diskutiert Diamond (1991), dass grofle Unternehmen i. d. R. sehr viel langer existieren als junge Unternehmen/^® Durch die Evidenz uber das historische Zahlungsverhalten und die eriangte Reputation als Schuldner verfugen grofie Unternehmen daher uber eine hohere Kreditwurdigkeit im Vergleich zu kleinen, jungen Unternehmen und somit uber einen kompetitiven Vorteil betreffend den Zugang zum Fremdkapitalmarkt. Des Weiteren weisen grofie Unternehmen geringere Finanzierungs- und Agency-Kosten im Vergleich zu kleinen, jungen Unternehmen auf. Dementsprechend unterstellt Diamond einen positiven Zusammenhang zwischen Unternehmensgrofie und Verschuldungsgrad/^^ Auch Ferri und Jones (1979) argumentieren, dass grofle Unternehmen einen einfacheren Zugang zu Kapitalmarkten haben und zu besseren Konditionen Fremdkapital aufnehmen konnen als kleinere Unternehmen, daher wird ein positiver Zusammenhang unterstellt/^® Der Zugang zu einem Kredit-Rating einer der anerkannten grofien Agenturen wie Standard & Poor's, Moody's oder Fitch Rating und somit zu einer kostengunstigeren Refinanzierung bietet sich i. d. R. nur grofien Unternehmen. Einen anderen theoretischen Zusammenhang unterstellen hingegen Rajan und Zingaies (1995) Bei grofien Unternehmen ist das Problem der asymmetrischen Informationsverteilung geringer als bei kleineren Unternehmen/^^ Die Informationsbeschaffung ist fur Investoren bei grofien Unternehmen haufig einfacher im Vergleich zu kleineren Unternehmen. Demzufolge ist die Beurteilung der Qualitat eines Unternehmens bei grofien Unternehmen in der Regel schneller und gunstiger moglich. Daraus wiederum folgern die Autoren, dass die geringere Problematik der asymmetrischen Informationsverteilung zu einer geringeren Wahl des Ver''^ ^^® '''''' '''

Vgl. Titman/Wessels (1988), S. 1 ff. Vgl. Diamond (1991), 8. 709 ff. Vgl. Diamond (1991), S. 709 ff. Vgl. Ferri/Jones (1997), S. 631 ff. 184

schuldungsgrades bzw. zu einem hoheren Eigenkapitalanteil fuhrt/^° Sie unterstellen einen negativen Zusammenhang zwischen Grofie und Verschuldungsgrad. Die intemationalen empirischen Studien belegen uberwiegend einen positiven Zusammenhang zwischen der Grofie eines Untemehmens und dem Verschuldungsgrad, dabei wird der Einflussfaktor Grofie uberwiegend anhand des logarithmierten Umsatzes des Unternehmens gemessen/^^

4,6.3 Aniageintensitat Die finanztheoretische Literatur unterstellt in den meisten Ansatzen einen positiven Zusammenhang zwischen Aniageintensitat eines Unternehmens und Verschuldungsgrad. Dieser positive Wirkungszusammenhang wird auch durch die meisten empirischen Ergebnisse bestatigt. Die Finanzierungsmoglichkeiten eines Unternehmens sind gemafi den Agency-Theorien durch die verfugbaren Informationen und die zugrunde liegenden Informationsasymmetrien bestimmt. Letztere sind bei Unternehmen, die uber ein hohes Aniagevermogen verfugen, prinzipiell geringer ausgepragt als bei Unternehmen, die zum grofiten Teil immaterielle Vermogensgegenstande besitzen. Die Ermittlung der Wertigkeit und Werthaltigkeit des Unternehmensvermogens wird bei einem hohen prozentualen Aniagevermogen fur die Investoren und die Kreditgeber wesentlich erieichtert. Insbesondere aus Kreditgebersicht warden mit zunehmender Aniageintensitat die Agency-Kosten daher reduziert/"^ Weiterhin eignet sich das bestehende Sachanlagevermogen eines Unternehmens als Sicherheit im Wege der Kreditvergabe, da das Moral-Hazard-Risiko hierdurch reduziert wird/*^^ In der Regel besitzt das Sachanlagevermogen auch im Falle eines Konkurses noch einen Wert im Gegensatz zu immateriellen Vermogensgegenstanden, deren Bewertung schwieriger ist und deren Werthaltigkeit bei Konkurs bzw. Liquidation haufig nicht mehr gegeben oder stark gesunken ist.^®"* Aufgrund der geringeren Informationsasymmetrien und der fur die Kreditgeber reduzierten Agency-Kosten ergibt sich aus theoretischer Sicht mit steigendem 779 780

Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1451 ff. Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1451 ff. Die meisten empirischen Untersuchungen messen die Grode anhand des Logarithmus der Grofie. Die logarithmische Skalierung reduziert die Schiefe in der Haufigkeitsverteilung der Unternehmensgrofien, die sich bei Verwendung der normalen Daten zeigt, vgl. Banerjee/ Heshmati/Wihiborg (2004), S. 275ff., Frank/Goyal (2003), S. 217ff., Baker/Wurgler (2002). S. 1 ff., Friend/Lang (1988), S. 271 ff.. Marsh (1982), S. 121 ff., Gaud/Jari/Hoesli/Bender (2003), S. 1 ff., Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 139 ff., Barciay/Smith/Watts (1995), S. 4 ff. Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1451 ff., Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 281 ff. Der Begriff „Moral Hazard" resultiert aus der Versicherungslehre und bezeichnet den Zustand, bei dem nach Versicherungsabschluss mit nachlassiger Behandlung des Versicherungsgegenstandes durch den Versicherten gerechnet werden muss, vgl. Arrow (1985), S. 40. Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1451 ff., Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 281 ff.

185

Aniagevermogen eines Untemehmens eine erhohte Kreditkapazitat und somit ein steigender Verschuldungsgrad. Innerhalb der Agency-Theorien unterstellt insbesondere die Liquidationsverschleppungstheorie einen positiven Zusammenhang zwischeri Aniageintensitat und Verschuldungsgrad. Nach Harris und Raviv (1990) bes\.eh\ ein Agency-Konflikt zwischen Anteilseignern und Managern, da das Management durch die Nutzung diskretionarer Spielraume eine Verschleppung einer fur die Anteilseigner vorteilhaften Liquidation herbeifuhren kann/^^ Es wird angenommen, dass das Management - aufgrund eigener Interessen - eine Fortfuhrung des Unternehmens selbst dann bevorzugt, wenn eine Liquidation des Unternehmens vorteilhafter ware. Daher unterstellt die Liquidationsverschleppungsthese, dass Unternehmen mit hohem Liquidationswert, die also I. d. R. einen hdheren Anteil von weiterverSulierbaren Verm5gensgegenstanden und somit eine hohe Aniageintensitat aufweisen, einen entsprechend hoheren Fremdkapitalanteil wahlen sollten.^^^ Die Existenz hoher Finanzverbindlichkeiten erhoht den Druck seitens der Kredltgeber, eine neutrale Entscheidung uber Fortfuhrung Oder Liquidation des Unternehmens herbeizufiJhren. Gemafi der Free-Cashflow-Theorie wird den Finanzverbindlichkeiten eine disziplinierende Rolle zugerechnet, mit Erhohung der Finanzverbindlichkeiten werden die frei zur Verfugung stehenden finanziellen Mittel und somit der diskretionare Freiraum des Managements reduziert. ^^^ Die Free-Cashflow-Theorie unterstellt, dass das Monitoring des Managements schwieriger ist, je geringer der Anteil des Aniagevermogens ist, da eine Beurteilung des Investitions- bzw. Ausgabenverhaltens hierdurch erschwert wird. Die disziplinierende Rolle des Fremdkapitals kommt daher gemafi der Free-Cashflow Theorie eher bei Unternehmen mit geringem Aniagevermogen zum Tragen.^^® Der positive Zusammenhang zwischen Aniageintensitat, die als Verhaltnis des Sachanlagevermogens zum Gesamtvermogen gemessen wird, und Verschuldungsgrad wurde anhand empirischer Untersuchungen bestatigt.^^^

Vgl. Harris/Raviv (1990), S. 343 f. Vgl. Harris/Raviv (1991), S. 303. Vgl. Jensen (1986), S. 323. Vgl. Jensen (1986), S. 323. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 275 ff., Frank/Goyal (2003), S. 217 ff., Baker/Wurgler (2002), S. 1 ff., Friend/Lang (1988), S. 271 ff.. Marsh (1982), S. 121 ff., Gaud/Jari/Hoesli/Bender (2003), S. 1 ff., Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 139ff., Barclay/Smith/Watts (1995), S. 4 ff. 186

4.7

Interne Finanzierungsphoritaten: Studie v o n G r a h a m und Harvey (2002)

Eine aktuelle Umfrage, gerichtet an Finanzvorstande amerikanischer borsennotierter Unternehmen, von den Autoren Graham und Harvey diUS dem Jahr 2002 gibt Aufschluss uber die Praxis von Finanzierungsentscheidungen und eriaubt Ruckschlusse ijber die Bedeutung der vorab diskutierten Theorien in der Praxis. Der Veroffentlichung wurde vie! Beachtung geschenkt, da sie erstmalig in grofierem Umfang die Finanzvorstande befragte, urn die praktische Entscheidungsfindung hinsichtiich der Finanzierung zu analysieren und nicht wie vormals aus der empirischen Auswertung von Kapitalstruktur und Unternehmensdaten Ruckschlusse auf die Finanzierung und deren Einflussfaktoren zu ziehen/^° Aufgrund der Bedeutung der Umfrage werden Aufbau und insbesondere Ergebnisse der Studie nachfolgend sehr detailliert dargestelit. Im Rahmen einer Fragebogenuntersuchung wurden rund 100 Fragen hinsichtiich der Determinanten der Finanzierungsentscheidungen bzw. der Kapitalstrukturpolitik an Finanzvorstande von borsennotierten amerikanischen Unternehmen gerichtet, mit dem Ziel, ein besseres Verstandnis bezuglich der Entscheidungskriterien bei der Finanzierungspolitik zu erlangen. Die Auswertung basiert auf 392 borsennotierten Unternehmen, die nach Angaben der Autoren unterschiedliche Branchen und Grofien erfassen und somit einen reprasentativen Schnitt der borsennotierten amerikanischen Unternehmen darstellen/^^ Die Fragebogen waren derart abgefasst, dass auch weitere die Finanzvorstande betreffende Charakteristika wie z. B. das Ausbildungsniveau berucksichtigt werden konnten.''^ Die Autoren merken an, dass bei der Auswertung der Fragebogen berucksichtigt werden muss, dass Finanzvorstande instinktiv im Sinne einer Theorie handein konnen, ohne diese zu kennen bzw. dieser zu fol791

gen.'"' Grundsatzlicher Konsens der Befragung ist, dass die meisten Unternehmen in Bezug auf die Evaluierung

von

Projekten

bzw.

Investitionsentscheidungen

neuere

wissenschaftlich-

theoretische Erkenntnisse heranziehen und bevorzugt die Internal-Rate-of-Return- oder die

Die Bedeutung dieses Artikels ist hervorzuheben, da eine Vorgangerversion dieses Artikels aus dem Jahr 2001, veroffentlicht im Journal of Financial Economics, die Auszeichnung fur den besten publizierten Corporate-Finance-Artikel im Jahr 2001 gewann, vgl. Graham/Harvey (2002), S. 8. Die Befragung wurde an alle 1.998 in der Fortune-500-Liste enthaltenen Unternehmen geschickt sowie an weitere 4.440 borsennotierte amerikanische Unternehmen, welche Mitglied im sogenannten ..Financial Executive Institute", einer in den USA etablierten Vereinigung grofler borsennotierter Unternehmen, sind. Die Rucklaufquote von 9 % entspricht 392 zuruckerhaltenen Fragebogen und ist nach Ansicht der Autoren unter Berucksichtigung der Lange und Detailgetreue uberdurchschnittlich, vgl. Graham/Harvey (2002), S. 23. Dabei wurden insbesondere das Alter der Finanzvorstande abgefragt, die Dienstjahre als Finanzvorstand sowie der akademische Ausbildungsgrad (MBA oder andere Abschlusse), vgl. Graham/Han/ey (2002), S. 10. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 10.

187

Net-Present-Value-Methode anwenden/®"* Hierbei wird auch deutlich, dass die Grofie eines Unternehmens bei den Finanzierungsentscheidungen eine Rolle spielt: Insbesondere grofiere Untemehmen tendieren zu den oben genannten Methoden bei der Evaluierung von Projekten, kleinere Untemehmen hingegen wenden weniger dezidierte Modelle wie z. B. die Pay-back-Methode a n / ^ ^ Hinsichtlich der Entscheidung in Bezug auf die Kapitalstrukturentscheidungen orientieren sich die Unternehnrien weniger an den gangigen Theorien, sondern verlassen sich stattdessen auf praktische Erwagungen. Das vorrangige Ziel bei der Kapitalstrukturentscheidung ist nicht die Minimierung der durchschnittlichen Kapitalkosten des Unternehmens, sondern die Erhaltung der finanziellen Flexibilitat/^^ Die Frage, inwieweit die Untemehmen gemafi der Trade-off-Theorie eine fixe Oder variable optimale Zlelkapltalstruktur haben, wird anhand der nachfolgenden Abbildung 6: Untemehmen in Prozent mit fixer Oder flexibler Ziell
Keine Zielkapitalstruktur 19%

Fixer Korridor fur Zielkapitalstruktur 34%

Abbildung 6:

Flexible Zielkapitalstruktur 37%

Untemehmen in Prozent mit fixer oder flexibler Zielkapitalstruktur (in Aniehnung an Graham/Harvey 2002)

Hinsichtlich der Angaben zur Zielkapitalstruktur werden Unterschiede in Bezug auf die Grofienklasse der Untemehmen ersichtlich. Die Mehrheit der befragten Vorstande grofieren Untemehmen gab an, dass sie eine mehr oder weniger fixe Zielkapitalstruktur gemafi der Tra-

795 796 797

Rund 74,9 % der befragten Finanzvorstande gaben an, dass sie oft bzw. immer die Net-PresentValue-Methode anwenden; rund 75,7 % gaben an, dass sie immer oder oft die Internal Rate of Return anwenden, vgl. Graham/Harvey (2002), S. 11. Vgl. Graham/Han/ey (2002), S. 9. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 9. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 15. 188

de-off-Theorie festgelegt haben, bei den kleineren Unternehmen weist nur ein Drittel der Befragten eine ebensolche Zielkapitalstruktur auf/^® Die Kriterien fur die Finanzierungsentscheidungen wurden separat fur die Eigenkapital- und fur die Fremdkapitalentscheidung abgefragt, es wurden mehrere mogliche Kriterien getrennt nach Eigen- und Fremdkapitalpolitik auf den Fragebogen vorgegeben. Die Finanzvorstande gaben an, welche Kriterien sie als wichtig Oder sehr wichtig bei ihren Finanzierungsentscheidungen erachten. Die Abbildung 7: Einflussfaktoren der Fremdkapitalpolitik (in Aniehnung an Craham/Harvey 2002J yerdieutWcht, wie viel Prozent der Finanzvorstande bestimmte Faktoren fur die Fremdkapitalpolitik als wichtig oder sehr wichtig erachten.

Vgi. Graham/Harvey (2002), S. 9. 189

Einflussfaktoren der Fremdkapitalpolitik

•••••••••••••••••••1^^ •••••••••••••^^

Finanzielle FlexibilitSt

Volatilitat der Gewinne und des Cash Flows

••148

Begrenzte Innenfinanzierung

• • • 47

Hohe der Fremdkapitalzinsen

• • i 4o

• • • • i|7 • • • AC • • AC

Steuerliche Abzugsf dhigkeit Fremdkapitalzinsen

• • 45 • • • • • • • • • • • • • • • • • • oo

Transaktionskosten/Provisionen

• • • • • • • • • • • H I oo •••IHBIB131

1 IKAr.yi IntArhkAUk/Arti inn WAF AktiAn

Fremdkapitalquote vergleichbarer Unternehmen

••••••123

Konkurskosten

•••121

Kunden/Lieferanten Komfort

•••119

VerSnderung des Aktienpreises

§••18

Tilgungskosten des Fremdkapitals

•115

Bedenken in Bezug auf mdgiiche Unterinvestitionssituation

•115

Emissionskosten des Fremdkapitals

• 12

Signalisierung positiven Eindrucks

• 11

Reduktion der Attraktivitat als Ubernahmekandidat

•15

Investoreneinkommensbesteuerung

••5

Konkurrenzdruck bei der Produktion

•14

Verpflichtung der Free Cash Flows

• 3

Akkumulation der Gewinne

11

Verhandlungsbaustein mit Angestellten

0

Abbildung 7:

Einflussfaktoren

der Fremdkapitalpolitik

(in Aniehnung

an Graham/Han/ey

2002)

E i n e h e r a u s r a g e n d e B e d e u t u n g bei d e r Fremdkapitalpolitik k o m m t d e r finanziellen Flexibilitat zu:

R u n d 6 0 % d e r F i n a n z v o r s t a n d e e r a c h t e n d i e s e n F a k t o r a l s wichtig b z w . s e h r wichtig.

D i e B e i b e h a l t u n g d e r finanziellen Flexibilitat beinhaltet d a s N i c h t a u s s c h o p f e n d e r m a x i m a l e n F r e n n d k a p i t a l a u f n a h m e u n d somit d a s O f f e n h a l t e n v o n w e i t e r e n F r e m d k a p i t a l k a p a z i t a t e n / ^ ^

Das Argument der Flexibilitat wurde bereits in den frijhen Arbeiten von M & M im Jahr 1963 aufgebracht. Sie argumentierten, dass die Finanzierung aus einbehaltenen Gewinnen unter Unnstanden billiger sei als die Fremdfinanzierung, des Weiteren sei auch der Zugang zu Fremdkapital i. d. R. limitiert, vgl. Modigiiani/Mlller (1963), S. 4 4 2 f. Theoretisch wird das Argument der

190

Die Vermeidung finanzieller Engpasse bei Finanzierungsuberlegungen und die Bewahrung eines Spielraums fur eventuell anstehende Projekte hat absolute Prioritat vor anderen Faktoren. Die Beibehaltung des Kredit-Ratings wird als zweitwichtigstes Kriterium bewertet, rund 60 % der Befragten erachten diesen Faktor als wichtig bzw. sehr wichtig. Das Kredit-Rating gewinnt mit zunehmender Grofle der Unternehmen an Bedeutung. Insbesondere fur die Fortune-500-Unternehmen (die 500 groflten US-amerikanischen Unternehmen) und Unternehmen, die LJber ein Investment-Grade-Rating verfugen, ist die Beibehaltung des Kredit-Ratings von immenser Bedeutung.®°° Weitere sehr bedeutende Kriterien bei der Fremdkapitalpolitik sind die Volatilitat der Gewinne, die Begrenztheit interner finanzieller Mittel sowie das Niveau der Fremdkapitalzinsen.®°^ Rund 48 % der Finanzvorstande gaben an, dass die Volatilitat der Gewinne ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung uber die Fremdkapitalpolitik ist. Gemafi der Trade-off-Theorie weisen Unternehmen mit weniger volatilen Gewinnen aufgrund der geringeren Konkursgefahr prinzipiell einen hoheren Fremdkapitalanteil in ihrer Zielkapitalstruktur auf. Die Verfugbarkeit interner Mittel zur Finanzierung ist gemafi der Umfrage von grofler Bedeutung fur die Finanzvorstande. Rund 47 % der Befragten gaben an, dass unzureichende interne Mittel ein wichtiger bzw. sehr wichtiger Grund fur die Emission von Fremdkapital sind.®°^ Die Befragung ergab weiterhin, dass kleinere Unternehmen schneller als grofle Unternehmen dazu neigen, Fremdkapital zu emittieren, wenn die internen Mittel zur Finanzierung nicht ausreichen. Diese Ergebnisse unterstutzen die Aussagen der Pecking-Order-Theorie, da gemafi der Finanzierungshierarchie zunachst die internen Mittel ausgeschopft werden, bevor Fremdkapital emittiert wird.®°^ Rund 47 % der Finanzvorstande gaben an, dass sie bei der Emission von Fremdkapital das zugrunde liegende Zinsniveau berucksichtigen und insofern ein Market Timing am Fremdkapitalmarkt stattfindet. Die Untersuchung zeigt, dass grofie Unternehmen mit entsprechend

®°°

^°^ ®°' ^°^

Flexibilitat u. a. begrundet durch die agency-theoretischen Ansatze, die eigene Interessen des Managements annehmen, die interdisziplinSren verhaltenspsychologisch gepragten Ansatze, welche den diskretionaren Freiraum des Managements untersuchen, und die interdisziplinaren strategischen Ansatze, die eine individuelle Praferenz des Risikos und der Kontrolle des Managements annehmen, vgl. Barton/Gordon (1988), S. 406 ff., Jensen/Meckling (1976), S. 305, Berger/OfekA'ermack (1997), S. 1411. So gaben in der Befragung Unternehmen des Versorgungssektors, die iiber ein InvestmentGrade-Kredit-Rating verfugen, an, dass das Kredit-Rating fur sie von besonderes grofler Bedeutung bei der Fremdkapitalpolitik ist, vgl. Graham/Harvey (2002), S. 15. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 16. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 16. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 16.

191

ausgestatteten Finanzabteilungen der Zinsentwicklung mehr Kapazitaten widmen als kleinere Unternehmen. Die hohere Bedeutung der Zinsentwicklung fur groflere Unternehmen ist nach Meinung der Autoren durch den besseren Zugang zu den Anieihennarkten erklarbar.®^'* Gemali der Trade-off-Theorie spielt die Besteuerung der Unternehmen eine signifikante Rolle bei der Bestimmung des Fremdkapitalanteils. Die Befragung ergab, dass rund 45 % der Befragten dieses Kriterium bei der Entscheidung der Fremdfinanzierung als wichtig bzw. sehr wichtig erachten - die Bedeutung ist bei Unternehmen mit einer hohen marginalen Steuerrate am starksten ausgepragt.®°^ Die theoretische Finanzierungslehre unterstellt, dass der Steuervorteil der Fremdfinanzierung einerseits von der effektiven Unternehmenssteuerrate und andererselts von der Steuerrate der Investoren abhangig ist. Letzteres Argument findet aber bei der vorliegenden Umfragestudie keine Unterstutzung; nur 4,5 % der befragten Finanzvorstande gaben an, dass die Steuersituation der Investoren bei der Finanzpolitik berucksichtigtwird.®°^ Ein weiterer Faktor, der starken Einfluss auf die Fremdkapitalpolltik ausubt, sind die Transaktionskosten des Fremdkapitals. Insgesamt 33,5 % der Finanzvorstande gaben an, dass die entstehenden Transaktionskosten bei Finanzierungsentscheidungen berucksichtigt werden. Weiterhin besteht die Moglichkeit, die Fremdkapitalemission bzw. die Tilgung von Fremdkapital in Abhangigkeit der Kosten zu timen. Die Finanzvorstande konnen die Emissionskosten des Fremdkapitals beeinflussen, indem sie die Emission von Fremdkapital verspaten bzw. eine fruhere oder spatere Tilgung des Fremdkapitals vornehmen. Rund 10 % der Finanzvorstande gaben an, dass sie die Emissions- und Tllgungskosten des Fremdkapitals berucksichtigen und zur Minimierung dieser Kosten eine zeitliche Verschiebung der Emission bzw. Tilgung des Fremdkapitals in Kauf nehmen. Wiederum zeigen die Umfrageergebnisse, dass die Berucksichtigung von Emissionskosten des Fremdkapitals bei grofieren Unternehmen ausgepragter als bei kleineren Unternehmen ist.®°^ Die Uber- bzw. Unterbewertung der Aktie des Unternehmens berucksichtigen rund 31 % der Befragten bei der Emission von Fremdkapital. Inwieweit die Kapitalstrukturentscheidung von der Relation Fremdkapitalanteil zum Bilanz- oder zum Marktwert abhangig gemacht wird, ist ein Konflikt zwischen Theorie und Praxis. Wahrend die bishehge Theorie haufig den Fremdkapitalanteil als Prozent der Marktkapitalisierung der Unternehmen als Basis fur die Ausarbeitungen zugrunde legt, wird in der Praxis der buchmaflige Fremdkapitalanteil - also 804 805

806 807

Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 18. Die Autoren fuhren an, dass es sich dabei zumeist um Unternehmen mit hohem Fremdkapitalanteil handelt, welche produktionslastig sind, wenig riskante Geschaftsmodelle aufweisen und Dividenden zahlen, vgl. Graham/Han/ey (2002), S. 14. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 14. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 16. 192

Fremdkapital im Verhaltnis zur Bilanzsumme - zugrunde gelegt. Die Marktkapitalisierung variiert aufgrund der sich verandernden Aktienkurse taglich, eine Orientierung an der Kennziffer Fremdkapitalanteil im Verhaltnis zur Marktkapitalisierung wurde fur die Finanzvorstande eine permanente Rebilanzierung ihrer Kapitalstruktur bedeuten. Unternehmen und Rating-Agenturen orientieren sich daher am buchmaftigen Fremdkapitalanteil.®°® Somit ist auch zu erklaren, dass die Veranderung des Aktienkurses bei der Fremdkapitalpolitik nur eine geringe Rolle spielt, nur rund 16 % der Finanzvorstande erachten eine Veranderung der Aktienkurse furwichtig bzw. sehr wichtig.®°^ Die Befragung ergab, dass einige vielbeachtete theoretische Kriterien weniger relevant fur die Fremdkapitalpolitik sind. Hierzu gehdren z. B. die in der Trade-off-Theorie bedeutsamen Konkurskosten. Nur rund 21,4 % der Finanzvorstande bewerteten diese als wichtig. Auch die Orientierung an markt-, Industrie- bzw. produktspezifischen Faktoren ist von nachrangiger Bedeutung fur Unternehmen, so gaben rund 23 % der Finanzvorstande an, dass die Fremdkapitalquote von vergleichbaren Unternehmen ihre eigene Fremdkapitalpolitik beeinflusst.^^° Nur 18,7% der Befragten gaben an, dass das Kunden- bzw. Lieferanteninteresse bei der Fremdkapitalpolitik berucksichtigt wird, und lediglich rund 3 % waren der Ansicht, dass ein Konkurrenzdruck bei der Produktion, wie Brander und Lewis Q\nen solchen in ihrer Arbeit unterstellt hatten, bei der Fremdkapitalpolitik eine Rolle spielt. Weitere bekannte finanzwissenschaftliche Theorien wie die Unterinvestitionstheorie, die Free-Cashflow-Theorie oder auch die Corporate-Control-Theohe fanden wenig Unterstutzung bei den Befragten und haben nur einen geringen Einfluss auf die Fremdkapitalpolitik.^^^ Parallel zu der Befragung der Einflussfaktoren der Fremdkapitalpolitik wurden die Finanzvorstande zu den moglichen Einflussfaktoren im Hinblick auf die Emission von neuem Eigenkapital befragt. Die angegebenen Grunde sind in der nachfolgenden Abbildung 8: Einflussfaktoren der Eigenkapitalpolitik (in Anletinung an Craiiam/Harvey 2002) dargestellt.

810 811

Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 14. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 14. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 20. Rund 12 % der Finanzvorstande gaben an, dass Unterinvestitionsgrunde wichtig bzw. sehr wichtig bei der Fremdkapitalpolitik sind. Rund 5 % gaben an, dass die Reduzierung der Attraktivitat als Ubernahmekandidat wichtig bzw. sehr wichtig ist, und nur rund 1,7 % der Finanzvorstande gaben an, dass die gemafl der Free-Cashflow Theorie nach Jensen postulierte Reduzierung der freien Mittel fur die Fremdkapitalpolitik wichtig bzw. sehr wichtig ist. Weitere wenig relevante Grunde der Fremdkapitalpolitik sind die Ubermittlung/Signalisierung eines positiven Eindrucks (10 %), die Akkumulation der Gewinne (2 %) und der Aufbau einer Verhandlungsposition mit den Angestellten (0,5 %), vgl. Graham/Harvey (2002), S. 14. 193

Einflussfaktoren der Eigenkapltalpolitik Verwasserung Gewinn je Aktie Ober-/Unterbewertung der Aktien "Hoher" Verkaufspreis aufgrund von kurzfristigem Aktienkursanstieg Aktienemission im Rahmen eines Mitarbeiterprogrammes Beibehaltung der Zielkapitalstruktur Verwasserung bestimmter AktionSre Aktie i8t die am wenigstsn riskante Finanzieruhgsquelle Gewinne nicht ausreichend urn Investitionen zu finanzleren Vergleichbare Eigenkapitalquote zur Industrie Bevorzugte Finanzierung seitens Investoren geg. Fremdkapital Keine anderen FinanzierungsmOglichkeiten vorhanden Aktie ist die preisgunstigste Finanzierungsalternative Einkommensbesteuerung der Investoren 0 Abbildung 8:

20

40

60

80

Einflussfaktoren der Eigenkapltalpolitik (in Aniehnung an Graham/Harvey 2002)

Das bedeutendste Kriterium bei der Entscheidung uber eine Eigenkapitalemission, welches von 69 % der Finanzvorstande als wichtig bzw. sehr wichtig eingestuft wird, ist die mogliche Verwasserung der Kennziffer Gewinn je Aktie. Bei staatlich regulierten Unternehnnen und groflen, dividendenzahlenden Unternehmen ist dieses Kriterium von besonders hoher Bedeutung.^^^ Dieses Ergebnis ist uberraschend vor dem Hintergrund, dass die bisherige finanztheoretische Literatur bei der Diskussion urn die Kapitalstruktur dieser Kennziffer wenig Beachtung geschenkt hat. Grund hierfijr ist die finanztheoretische Annahme, dass ein Unternehmen zum Zeitpunkt der Emission fair bewertet ist; weiterhin wird unterstellt, dass das Management die minimal erforderte Rendite auf das neue Eigenkapital en/virtschaften wird. Nur fur den Fall, dass die Aktie unterbewertet ist, wurde eine tatsachliche VenA/asserung des Aktienwertes einsetzen.

Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 21.

194

Die Autoren geben zwei mogliche Interpretationen fur die hervorgehobene Bedeutung der Kennziffer an. Einerseits besteht die Moglichkeit, dass Finanzvorstande sich zu sehr auf die Kennziffer Gewinn je Aktie fokussieren und dem okonomischen Wert zu wenig Beachtung schenken.®" Andererseits konnen die Bedenken bezijglich der Verwasserung der Kennzahl Gewinne je Aktie daraus resultieren, dass die Finanzvorstande annehmen, sie emittieren unterbewertetes Eigenkapital.®^"^ Durch die gangige Marktpraxis, die Bewertung von borsennotierten Unternehmen hauptsachlich durch verschiedene Multiples zu messen, ist somit die Kennziffer Gewinn je Aktie von primarer Bedeutung fur die Finanzvorstande. Die Bewertung der Aktie bzw. des Unternehnnens ist ebenfalls von grolier Bedeutung, aber nachrangig zur Besorgnis iJber die mogliche Verwasserung des Gewinns je Aktie. Rund 67 % der Finanzvorstande erachten die Bewertung, also die Uber- oder Unterbewertung ihrer Aktie als wichtigen Einflussfaktor bei der Bestimmung der Eigenkapitalpolitik. Des Weiteren werden auch kurzfristige Kursanstiege der Aktie berijcksichtigt, rund 60 % der Finanzvorstande berucksichtigen diese bei ihren Entscheidungen.®^^ Ein weiterer Grund fur die Emission von neuem Eigenkapital ist durch die Mitarbeiteraktienprogramme initiiert, rund 52 % der Finanzvorstande gaben diese als Grund fur die Eigenkapitalemission an. Die Beibehaltung einer Zielkapitalstruktur gemafi der Trade-off-Theorie ist fur rund 50 % der Finanzvorstande ein wichtiges bzw. sehr wichtiges Kriterium bei der Emission von neuem Eigenkapital.'^' Ein Faktor, der in der finanztheoretischen Diskussion im Markt fur Unternehmenskontrolle und Unternehmensubernahmen eine bedeutende Rolle spielt, ist die Verteilung der Stimmrechte bzw. die Anteilsrechte bestimmter Aktionare. Die Stimmenverteilung wird auch von den Finanzvorstanden bei ihren Entscheidungen zur Eigenkapitalemission berucksichtigt. Rund 50 % der Finanzvorstande gaben an, dass die Verwasserung gewisser Aktionare ein wichtiger oder sehr wichtiger Grund bei der Emission von Eigenkapital sei. Kontrar hierzu er-

Diese These wird zum Tell auch dadurch unterstutzt, dass bei der Umfrage Finanzvorstande mit einem hoheren akademischen Abschluss (MBA) dem Kriterium Verwasserung der Kennziffer Gewinn je Aktie weniger Bedeutung beimalien als Kollegen mit geringerem akademischem Abschluss, vgl. Graham/Harvey (2002), S. 21. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 21. In Bezug auf die Bewertung der Unternehmen wurde weiterhin festgestellt, dass mehr als zwei Drittel der Finanzvorstande der Ansicht sind, dass ihr Unternehmen unterbewertet ist. Die Begebung von Wandelanleihen scheint grofltenteils motiviert durch die Einschatzung der Finanzvorstande, dass ihr Unternehmen unterbewertete Aktien aufweist, vgl. Graham/Harvey (2002), S. 15 ff. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 15. 195

gab die Frage, ob die Fremdkapitalemission der Abwehr feindlicher Ubernahmen diene, nur eine Zustimmung von 4,8 % durch die befragten Finanzvorstande.®^^ Ein weiterer Grund fur die Emission von Eigenkapital ist, dass die Aktie als die am wenigsten riskante Finanzierungsquelle eingeschatzt wird - rund 30 % der Finanzvorstande nannten dieses Kriterium.®^® Des Weiteren gaben rund 30 % der Finanzvorstande an, dass sie Eigenkapital emittieren, wenn die einbehaltenen Gewinne zur Finanzierung anstehender Projekte nicht ausreichen, und rund 15 % der Finanzvorstande gaben an, dass sie Eigenkapital emittieren, wenn keine anderen Finanzierungsmoglichkeiten mehr vorhanden sind.®^^ Diese Ergebnisse unterstutzen die Aussagen der Pecking-Ordef-Theorie, die unterstellt, dass die Emission von Eigeniiapital nachrangig zur Finanzierung aus internen Mittein und Fremdkapital ist. Ein Grofiteil der Finanzvorstande ist aufgrund der Einschatzung der Unterbewertung ihres Unternehmens z6gerlich bei der Emission von neuem Eigenkapital, dieses Ergebnis unterstutzt die Gultigkeit der Pecking-Order-Theorie. Die Bedeutung von markt- und industriespezifischen Faktoren, wie z. B. vergleichbare Eigenkapitalquoten in der Industrie, wird von rund 23 % der Finanzvorstande als Kriterium fur die Eigenkapitalemission genannt.®^° Weitere nachrangige Kriterien fur die Entscheidung fur eine Eigenkapitalemission sind die Investorenpraferenzen (Bevorzugung der Eigenkapital- vor der Fremdkapitalemission), die Tatsache, dass die Aktie die gunstigste Finanzierungsmoglichkeit darstellt, sowie die Berucksichtigung der Einkommensbesteuerung der Investoren.®^^ Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass die Ergebnisse der Umfrage vor dem Hintergrund der finanztheoretischen Diskussion zur Kapitalstruktur und dem Finanzierungsverhalten zum Tell uberraschend sind. Insbesondere sogenannte informelle Kriterien wie finanzielle Flexibilitat oder die Beibehaltung des Kredit-Ratings sind die wichtigsten Einflussfaktoren der Fremdkapitalpolitik. Die finanzielle Flexibilitat, die auf die Liquiditatshaltung bzw. das CashManagement eines Unternehmens abzielt, wurde theoretisch bislang kaum thematisiert und ist von herausragender Bedeutung fur die Finanzvorstande. Hierbei ist insbesondere die EinVgl. Graham/Harvey (2002), S. 19. Vgl. Graham/Harvey (2002). S. 16. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 16. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 16. Die von den Investoren bevorzugte Finanzierung durch Eigenkapital anstelle von Fremdkapital wird von 22 % der Finanzvorstande als wichtig erachtet. Die Aktie als preisgunstigste Finanzierungsquelle wird von rund 15% der Finanzvorstande als wichtig erachtet und die Einkommensbesteuerung der Investoren wird von rund 5 % der Finanzvorstande als wichtig erachtet, vgl. Graham/Harvey (2002), S. 16.

196

stellung der Finanzvorstande hervorzuheben, welche die voile Ausschopfung ihrer Fremdkapitalkapazitaten vermeiden wollen und des Weiteren die zeitlichen Aspekte der Fremdkapitalemission berucksichtigen. Insbesondere Unternehmen mit einem hohen Fremdkapitaianteil vermeiden die Neuaufnahme von Finanzverbindlichkeiten in Hochzinsphasen und sichern sich langfristiges Fremdkapital moglichst in Niedrigzinsphasen.^^^ Fur die Emission von Eigenkapital ist die Verwasserung des Gewinns je Aktie das groflte Hindernis und somit das wichtigste Entscheidungskriterium der Eigenkapitalpolitik. Des Weiteren wurde bei der Befragung deutlich, dass die meisten Finanzvorstande ihr Unternehmen als unterbewertet einschatzen und folglich der Emission von neuem Eigenkapital eher ablehnend gegenuberstehen. Eine Emission von Eigenkapital wird gemafi der Umfrage vor allem aufgrund der Besorgnis uber die Verwasserung der Kennziffer Gewinn je Aktie nicht durchgefijhrt, es sei denn, es liegt eine hohe Aktienbewertung vor. Die Relevanz der Market Timing-Theorie fur die Finanzierungsentscheidungen wird durch die Bedeutung der Aktienbewertung wie auch die Berijcksichtigung des Zinsniveaus bestatigt. Es wurden moderate Hinweise fur die Trade-off- wie fur die Pecking-Order-Theorie gefunden.^^^Am schwachsten ausgepragt sind die Beweise, die fur die Gultigkeit der markt-, industrie- bzw. produktspezifischen Theorien zur Kapitalstruktur, der Unterinvestitionstheorie, der Kontrolltheorie und der viel beachteten Free-Cashflow-Theorie von 7eA756»/7sprechen.®^'* Auch die Bedeutung von Informationsasymmetrien oder Signalisierungseffekten ist von nachrangiger Bedeutung im Hinblick auf die Finanzierungsentscheidungen.^^^ Festgestellt werden konnten weiterhin signifikante Unterschiede im Finanzierungsverhalten der Unternehmen in Abhangigkeit ihrer Grofie.^^^

824 825 826

Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 21. Einschrankend merken die Autoren an, dass sie zwar Beweise fur die der Pecking-Order-Theorie zugrunde liegende Finanzierungshierarchie finden, allerdings konnen die der Pecking-OrderTheorie ebenfalls unterstellten Informationsmissverhaltnisse nicht bestatigt werden, vgl. Graham/Harvey (2002), S. 22. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 22. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 22. Vgl. Graham/Harvey (2002), S. 22. 197

4.8

Exkurs: Bisherige empirische Ergebnisse zu Kapitalstrukturen und dem Finanzierungsverhalten deutscher Unternehmen

4.8.1

Befragungsstudien

4.8.1.1 Drobetz, Pensa und Wohle (2004) Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2004 im Rahmen einer Fragebogenuntersuchung nach dem Vorbild der vorab dargestellten Studie von Graham und Harvey (2002) wurde vom Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrum/Abteilung Corporate Finance an der Universitat Basel unter der Leitung von Drobetz, Pensa und Wohle in Zusammenarbeit mit der Deutschen Borse, der Wiener Borse und der Schweizer Borse durchgefuhrt.^^^ Der Analyse lagen insgesamt 80 borsennotierte Unternehmen zugrunde, davon 48 aus Deutschland, 28 aus der Schweiz und 4 aus Osterreich.^^^ Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass sich die Ergebnisse dieser Studie mit der Befragung von Graham und Harvey (2002) \Ne\{qeher\6 decken und die Finanzentscheider uberwiegend praktische Ansatze bei ihren Entscheidungen verfolgen. In Bezug auf den Einsatz von Fremdkapital sind parallel zur amerikanischen Studie Flexibilitat sowie die Sorge um das Kredit-Rating besonders stark ausgepragt. ®^^ Erwartungsgemafi ist die Bedeutung eines Kredit-Ratings fur Unternehmen, die ein offizielles Rating einer groden Rating-Agentur aufweisen, am hochsten.®^° Eine ebenfalls hohe Bedeutung in Bezug auf die Wahl der Verschuldung wird auch der Volatilitat der Cashflows beigemessen.®^^ Im Gegensatz zur amerikanischen Studie von Graham und Harvey antworteien jedoch einige der Befragten, dass die potenziellen Kosten eines Konkurses Oder eines Liquiditatsengpasses bei den Uberlegungen zur Hohe der Verschuldung eine bedeutende Rolle spielen.®^^ In Bezug auf die Emission von Eigenkapital gaben die meisten Befragten an, dass die Einhaltung einer Zielkapitalstruktur der wichtigste Einflussfaktor ist.®^^ Des Weiteren steht die Besorgnis vor negativen Kursreaktionen sowie einer mdglichen Verwasserung der Kennziffer Gewinn je Aktie bei der Entscheidung einer Eigenkapitalemission im Vordergrund.®^"* Vergangene Kursbewegungen bzw. eine starke Unter- bzw. Uberbewertung sind gemafi der vor827 828

832 833

Vgl. Drobetz/Pensa/Wohie (2004), S. 1 ff. Von der empirischen Studie sind Banken und Versicherungen aufgrund der speziellen Kapitalstrukturen von Finanzdienstleistern ausgenommen. Insgesamt warden 931 Fragebogen verschickt, die Rucklaufquote lag bei 10 %, vgl. Drobetz/PensaA/Vohle (2004), S. 7. Weniger relevant ist die steuerliche Behandlung der investoren, die kaum Berucksichtigung findet, vgl. Drobetz/Pensa/Wohle (2004). 8. 32. Vgl. Drobetz/Pensa/Wohle (2004), S. 13. Dieses Ergebnis unterstutzt die Gultigkeit der Trade-off-Theorie, da eine hohere Volatilitat mit einer erh6hten Konkurswahrscheinlichkeit einhergeht, vgl. Drobetz/Pensa/Wohle (2004), S. 13. Vgl. Drobetz/Pensa/W6hle (2004), 8. 12. Die Bedeutung ist am hochsten fur Unternehmen mit hohem Verschuldungsgrad, Dividenden zahlende Unternehmen und grolie Unternehmen, vgl. Drobetz/Pensa/Wohle (2004), S. 13 f. Vgl. Drobetz/Pensa/Wohle (2004), 8. 32.

198

liegenden Umfrage kein entscheidender Faktor fur eine Kapitalerhohung.®^^ Die geringe Relevanz von Market Timing-Einflussen fur die befragten deutschen, Schweizer und osterreichischen Unternehmen ist ein wesentlicher Unterschied zur Studie von Graham und Harvey. Zwar erhalten die Trade-off- und die Pecking-Order-Theorie inn Rahmen der Befragung insgesamt eine eher geringe Zustimmung, gleichwohl kommt diesen in Teilaspekten eine hohe praktische Reievanz zu. So gaben z. B. 61,6 % der Befragten an, dass sie eine flexible Zielkapitalstruktur verfoigen, 10,1 % verfolgen eine fixe Zielkapitalstruktur und rund 28,3 % der Unternehmen haben keine Zielkapitalstruktur. Diese Ergebnisse wiederum unterstreichen die Gultigkeit des Grundgedankens der Trade-off-Theorie, die eine Zielkapitalstruktur in Abwagung der Vor- und Nachteile annimmt.®^^ 4.8.1.2 Siemens Financial Services Studie (2002) Eine weitere aktuelle Umfragestudie zur Unternehmensfinanzierung in Deutschland wurde von der Siemens Financial Services CmbHm Zusammenarbeit mit der Universitat Augsburg im Jahr 2001 erstellt und im Jahr 2002 veroffentlicht.®^^ Basis der Umfrage bildet eine Fragebogenaktion, die an insgesamt 2.867 borsen- und nicht borsennotierte deutsche Unternehmen verschiedenster Branchen mit einem Umsatz von mehr als 50 Mio. € oder einer Mitarbeiterzahl von mehr als 500 Mitarbeitern versandt wurde.®^° Kernaussage der 5/e/77e/75-Studie ist, dass sich deutsche Entscheidungstrager derzeit primar mit Fragen der Liquiditatssicherung sowie der langfristigen Verfugbarkeit von Finanzierungsmitteln auseinander setzen und Alternativen zur kiassischen Hausbank und zum traditionellen Bankkredit prufen bzw. anstreben. Des Weiteren belegt die Studie auch die im europaischen Vergleich geringere Nutzung des Kapitalmarktes und die fur Deutschland typische Abhangigkeit der Unternehmen von der kiassischen Bankkreditfinanzierung. Im Gegensatz zu englischsprachigen Landern wird in Deutschland der Kapitalmarkt fast ausschliefilich von grolien Unternehmen in Anspruch genommen wird.^^^ In Bezug auf die Ziele und Entscheidungskriterien des Finanzierungsverhaltens steht fur die moisten Unternehmen die Schaffung von Liquiditat im Vordergrund, 77,8 % der Entscheidungstrager geben die Liquiditatsbeschaffung als wichtigstes Kriterium der Finanzierungspolitik an. Nachfolgend werden weitere Kriterien wie die Senkung der Finanzierungskosten mit 76,3 %, die Reduzierung von Steuern mit 56,8 %, die Erhohung der Eigenkapitalquote mit 835 836 837 838

Vgl. Drobetz/Pensa/Wohle (2004), S. 34. Vgl. Drobetz/Pensa/Wohle (2004), S. 13. Vgl. Siemens (2002), S. 1 ff. Die Rijcklaufquote der Befragung betrug 24,07 % und entsprach 690 ausgefullten Fragebogen, vgl. Siemens (2002), S. 4. Vgl. Siemens (2002), S. 2. 199

50,4 % sowie die Bilanzoptimierung mit 53,1 % als wichtige Kriterien der Finanzierungspolitik genannt.®"^" Bei der Befragung nach den Instrumenten der Eigenfinanzierung geben 58,8 % der befragten Entscheidungstrager an, dass die Gewinneinbehaltung eine herausragende Position bei der Eigenfinanzierung einnimmt. Mitarbeiterbeteiligungsprogramme und die Erschliefiung der B6rse als Finanzierungsquelle kommen in der Studie uberwiegend fur grofie Unternehmen in Frage.«^^ Innerhalb der Instrumente der Fremdfinanzierung nimmt der kurzfristige Betriebsmittelkredit, der den Lieferantenkredit umfasst, die bedeutendste Stellung ein, 51,1 % der Entscheidungstrager werten ihn als wichtigstes Fremdfinanzierungsinstrument, gefolgt vom klassischen langfristigen Bankkredit mit 46,7 %. Das Leasing, welches 36,4 % der Entscheidungstrager als sehr relevant fur die Fremdfinanzierung angeben, wird nach Meinung der Befragten in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Weitere Fremdfinanzierungsinstrumente, wie Factoring, Asset-Backed-Finanzierungen, Obligationen und Schuldverschreibungen, werden von den Befragten als weniger wichtig eingestuft.®'*^ Bei der Frage, nach welchen Kriterien verschiedene Finanzierungsalternativen von den Unternehmen beurteilt werden, gaben die meisten Befragten (76,5 %) an, dass das Kriterium der Effektivverzinsung sehr wichtig ist.®"*^ Die Vermeidung der Abhangigkeit von einem Finanzdienstleister wurde mit 70,8 %, die Flexibilitat mit 73,8 % als sehr wichtig eingestuft. Die langfristige Verfugbarkeit finanzieller Mittel ist mit 62,8 % ebenfalls von grofier Bedeutung. Des Weiteren wurde den moglichen Auswirkungen der Finanzierungsalternativen auf den Unternehmenserfolg mit rund 60 % eine hohe Bedeutung beigemessen. Die geringste Bedeutung wurde dem Kapital- bzw. BanA/ert der Finanzierungsalternativen sowie deren Auswirkung auf den bilanziellen Unternehmenserfolg zugewiesen.®"^"* Ein weiteres Ergebnis der Umfrage ist, dass die deutschen Unternehmen bedingt durch die veranderten Rahmenbedingungen wie die Internationalisierung der europaischen Finanzmarkte, die neuen Bilanzierungsvorschriften oder Basel II ihre Finanzierungsstrukturen aktuell uberdenken. Resultat hieraus ist die zunehmende Prufung von Alternativen zur klassischen Kreditfinanzierung sowie die Veranderung der traditionellen Beziehung zur Hausbank. Rund ein Drittel der Befragten gab an, Alternativen zur Hausbank zu suchen, und mehr als

843 844

Vgl. Siemens (2002), S. 5. Vgl. Siemens (2002), S. 10. Die befragten Unternehmen schatzen, dass die Bedeutung von Factoring- und Asset-BackedFinanzierung in Zukunft steigen wird, vgl. Siemens (2002), S. 11. Vgl. Siemens (2002), S. 6. Vgl. Siemens (2002), S. 6. 200

ein Drittel der Unternehmen planen, direkte Formen der Finanzierung unter Umgehung der Banken zu erschliefien.®'*^

4.8.2

Empirisch-okonometrische Studien

4.8.2.1

Rajan u n d Z i n g a l e s (1995)

Die wichtigsten Ergebnisse der viel beachteten Studie von RaJan und Zingales \rc\ Hinblick auf die internationalen Unterschiede der Finanzierung wurden bereits in Abschnitt

4.4.1 ei\au\eT{,

daher werden nachfolgend ausschliefilich die Ergebnisse in Bezug auf Deutschland prasentiert. Fur die Analyse der Finanzierungsstrukturen wurden 191 borsennotierte Unternehmen aus dem Aktienindex der Frankfurter Allgemelnen Zeltung entnommen und fur den Zeitraum von 1987 bis 1991 in die Untersuchung einbezogen. Die Definition der Verschuldung bzw. Fremdkapitalquote ist sehr weit gefasst und umfasst alle Verbindlichkeiten, Bank-, Lieferantenverbindlichkeiten und Rucksteiiungen und somit alle Passivpositionen der Bilanz abzuglich des Eigenkapitals.^"*^ Fur das Jahr 1991 weist die Untersuchung fur die deutschen Unternehmen eine durchschnittliche Eigenkapitalquote von 28 % und eine durchschnittliche Fremdkapitalquote in Hohe von 72 % a u s . ' ' ' Des Weiteren wird fur den Zeitraum von 1991 bis 1993 untersucht, ob sich Unternehmen primar intern oder extern finanzieren.'"^' Fur die untersuchten deutschen Unternehmen wird festgestellt, dass sie sich zu 77 % aus internen und zu 33 % aus externen Mittein finanzieren, wobei sich die externe Finanzierung zu 87 % aus der Nettoneuemission von Finanzverbindlichkeiten und nur zu 1 3 % aus der Nettoneuemission von Eigenkapital zusammensetzt.«'« Des Weiteren wird anhand eines okonometrischen Modells'^° fur die Jahre 1987 bis 1990 untersucht, inwieweit der Verschuldungsgrad abhangig von den Determinanten Anlageintensi-

849 850

Mehr als die Halfte der Unternehmen gaben an, Alternativen zur klassischen Kreditfinanzierung zu prijfen, vgl. Siemens (2002), S. 7. Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1429. Dabei wurden nur Unternehmen aus dem Nicht-Banken- und -Versicherungsbereich in die Untersuchung einbezogen, vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1428 ff. Die gesamte Finanzierung wird definiert als Summe der externen Netto-Finanzierung plus operativer Cashflow. Die externe Finanzierung wird dabei ins Verhaltnis zur gesamten Finanzierung (Summe der externen Nettofinanzierung plus operativer Cashflow) gesetzt, vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1439. Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1439 ff. Das verwendete okonometrische Modell basiert auf der Ordinary-Least-Square-Methode und dem Tobit-Modell, vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1452.

201

tat, Bewertung, Grofle und Profitabilitat ist.®^^ Der Verschuldungsgrad wird dabei anhand von Buch- und Marktwerten gemessen.^^^ Resultat der Untersuchung ist, dass fur Deutschland kein signifikanter Zusamnrienhang zwischen Profitabilitat und Verschuldungsgrad im Gegensatz zu den englischsprachigen Landern, bei denen ein signifikant negativer Zusammenhang besteht, festgestellt werden kann. Ubereinstimmend mit den meisten anderen Landern zeigt sich auch fur Deutschland ein signifikant positiver Einfluss der Aniageintensitat und ein signifikant negativer Einfluss der Bewertung auf den Verschuldungsgrad.®^^ Weiterhin wird deutlich, dass die Grofle eines Unternehmens in Deutschland - im Gegensatz zu anderen Landern - einen signifikant negativen Einfluss auf die Verschuldung ausubt.®^"* 4.8.2.2 Schwiete und Weigand (1997) Die empirisch-okonometrische Studie aus dem Jahr 1997 von Schwiete und Weigand uniersucht das Verschuldungsverhalten deutscher grofier Aktiengesellschaften und insbesondere den Einfluss von Bankbeteiligungen auf das Finanzierungsverhalten. Die Studie uberprijft die Determinanten des Verschuldungsgrades von 230 deutschen Aktiengesellschaften aus 24 Branchen des produzierenden Gewerbes innerhalb eines Zeitraums von 1965 bis 1986.®^^ Die Ergebnisse dieser Studie im Hinblick auf den Vergleich der Finanzierungsstrukturen zu anderen Landern wurden bereits in Abschinitt 4.4.1 \joTQes\e\\\. Die Studie analysiert zunachst den Verschuldungsgrad, der als Anteil des externen Fremdkapitals (ohne Ruckstellungen) an der Bilanzsumme definiert ist.®^^ Es wird ein durchschnittlicher Verschuldungsgrad in Hohe von 53,8 % fur alle Unternehmen festgestellt.®^^ Die Autoren stellen fest, dass die Gruppe von Unternehmen mit Bankbeteiligung mit einem Verschuldungsgrad in Hohe von 52,5 % einen niedrigeren Verschuldungsgrad aufweist als die Grup-

Die Determinanten werden wie folgt definiert: Die Aniageintensitat ist das Verhaltnis des Anlagevermogens zur Bilanzsumme. Die Bewertung wird anhand des Markt-ZBuchwertes gemessen, die Marktkapitalisierung des Unternehmens plus Fremdkapital im Verhaltnis zur Bilanzsumme. Die Profitabilitat wird anhand des EBITDA im Verhaltnis zur Bilanzsumme gemessen. Die Grofle wird anhand des Logarithmus der Umsatze gemessen, vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1453. Zu Buchwerten wird die Verschuldung ins Verhaltnis zur Bilanzsumme gesetzt und zu Marktwerten wird die Verschuldung ins Verhaltnis zur Marktkapitalisierung gesetzt, vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1452. Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1453. Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1453. Die Informationen uber die 230 deutschen Aktiengesellschaften werden aus dem von der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank veroffentlichten „Wegweiser durch deutsche Unternehmen" entnommen. Dabei handelt es sich ausschliefilich um grofie Aktiengesellschaften, von denen die meisten borsennotiert sind, vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 16 f. Vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 17. Vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 20. 202

pe der Unternehmen ohne Bankbeteiligung; hier liegt der durchschnittliche Verschuldungsgrad bei 54 % . ' ' ' Anhand eines okonometrischen Modells^^^ wird uberpruft, inwieweit der bereits definierte Verschuldungsgrad von den Determinanten Profitabilitat, Risiko, Wachstum, Unternehmensgrofie, Forschungs- und Entwicklungsaufwand und Eigentumerkonzentration abhangt.^^° Im Gegensatz zu vergleichbaren ennpirisch-okononnetrischen Studien wird der Faktor Wachstum nicht anhand der Bewertungskennziffer gemessen, sondern anhand der Steigung eines gieitenden loglinearen Funf-Jahres-Trends der Umsatzerlose.®^^ Die Analyse im Hinblick auf den Einfluss der Bankbeteiligung auf das Fremdfinanzierungsverhalten der Unternehmen ergibt, dass diese keinen Erklarungsbeitrag fur das Fremdfinanzierungsverhalten der Unternehmen bietet/^^ Dies gilt auch fur den Einflussfaktor Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, die Zugehorigkeit zu einer forschungs- und entwicklungsintensiven Branche hat demzufolge keinen signifikanten Einfluss auf den Verschuldungsgrad eines Unternehmens.^^^ Die weiteren gewahlten Variablen Grbfie, Profitabilitat, Eigentumerkonzentration, Risiko und Wachstum sind signifikant und der Wirkungszusammenhang zum Verschuldungsgrad ist positiv.^®"* Im Hinblick auf den Einfluss der Profitabilitat weist die Studie abweichende Ergebnisse im Vergleich zu internationalen Studien auf, bei denen durchweg ein negativer Zusammenhang festgestellt wurde."^^

862 863 864 865

Vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 20. Das gewahlte okonometrlsche Model! basiert auf Paneldaten und umfasst die OLS-Methode, die Random-Effects- und die Fixed-Effects-Methode, vgl. SchwieteAA/eigand (1997), S. 20 f. Schwiete und Weigand definieren die Profitabilitat als Eigenkapitalrentabilitat, die definiert wird als Umsatzerlose abzuglich Vorleistungen und Personalaufwendungen im Verhaltnis zum ausgewiesenen Eigenkapital plus Rijcklagen - die Definition entspricht der Return-on-lnvestmentKennziffer. Das Risiko wird definiert als Schwankungen der Eigenkapitalrendite urn einen Zeittrend. Das Unternehmenswachstum wird definiert als Steigung eines gleitenden loglinearen FCinfJahres-Zeittrends der Umsatzerlose. Die Untemehmensgrofie wird definiert als Logarithmus der Beschaftigtenzahi. Der Forschungs- und Entwicklungsaufwand wird als Relation F&E-Aufwand der Branche zum Branchenumsatz definiert und gilt als Indikator der Hohe der intangiblen Investitionen. Die Eigentumerkonzentration ist durch die Summe der quadrierten Anteile der ausgewiesenen Aktionare eines Unternehmen definiert, vgl. SchwieteAA/eigand (1997), S. 17 f. Vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 16 f. Vgl. SchwieteAA/eigand (1997), S. 22. Vgl. SchwieteAA/eigand (1997), S. 22. Vgl. SchwieteAA/eigand (1997), S. 22. Schwiete und Weigand merken hierzu an, dass eventuell die von ihnen gewahlte Definition der Profitabilitat bzw. Rentabilitat in Form des Return on Investment keine geeignete Variable zur Erfassung des Innenfinanzierungspotenzials darstellt, vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 25. 203

Hinsichtlich der Art der Finanzierung stellen Schwiete und Weigand fest, dass deutsche Untemehmen sich im Zeitraum von 1978 bis 1990 durchschnittlich zu 64,5 % uber die Innenfinanzierung und zu nur 2 % iJber die Emission von Aktien finanziert haben.®®^ 4.8.2.3 Kremp, Gerdesmeier und Stoss (1999) Eine vergleichende empirisch-okonometrische Studie der Deutschen Bundesbank und der Banque de France aus dem Jahr 1999 untersucht die Finanzierungsstruktur und das Finanzierungsverhalten kleinerer und mittelgrofler Untemehmen in Deutschland und Frankreich.^®^ Die Finanzierungsstrukturen sowie deren Einflussfaktoren wurden im Zeitraum von 1987 bis 1995 basierend auf 1.275 westdeutschen und 2.899 franzosischen borsen- und nichtborsennotierte Unternehmen analysiert, der Fokus der UntersuchiHTg ist auf klemere Ur>terf»ehfnen gerichtet.^^' In Bezug auf die Finanzierungsstruktur wird zunachst der Anteil der Fremdkapitalquote untersucht, definiert als Summe der kurz- und langfristigen Finanzverbindlichkeiten und Lieferantenverbindlichkeiten im Verhaltnis zur Bilanzsumme.^^^ Bei den westdeutschen Unternehmen wird festgestellt, dass die so definierte Fremdkapitalquote durchschnittlich 56,81 % betragt. In einer Ubersicht uber die einzelnen Jahre von 1988 bis 1995 ist festzustellen, dass sich diese Quote innerhalb der sieben Jahre nur minimal geandert hat; sie variiert zwischen dem Minimum von 56,3 % und dem Maximum in Hohe von 58,7 %.^^° Bei Unterteilung der Untemehmen in verschiedene Grofienklassen in Abhangigkeit der Mitarbeiterzahl kann festgestellt werden, dass die Fremdkapitalquote bei kleinen Untemehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern in Hohe von 68,1 % am hochsten ist und mit zunehmender Grofie des Unternehmens abnimmt. So betragt im Jahr 1995 die Fremdkapitalquote bei grofien Untemehmen mit 500 bis 1.000 Mitarbeitern 43,8 % und bei Untemehmen mit mehr als 2.000 Mitarbeitern 32,4 %.®^^ Ein eindeutiges Ergebnis der Studie ist, dass in Deutschland kleinere Untemehmen starker auf externe Finanzierung angewiesen sind als grofie Untemehmen; als

866 867 868

870 871

Vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 3 ff. Vgl. Kremp/Gerdesmeier/Stoss (1999), S. 139 ff. Bei den untersuchten 1.275 deutschen Untemehmen handelt es sich uberwiegend um kleinere Untemehmen. Insgesamt 1.040 Untemehmen - dies entspricht 81,5 % der Gesamthelt - weisen eine Groflenklasse von bis zu 500 Mitarbeitern auf. Der Anteil der untersuchten Untemehmen, die eine Mitarbeiterzahl zwischen 500 und 2.000 Mitarbeitern aufwelsen, entspricht 12 % (153 Untemehmen), der Anteil der untersuchten Untemehmen, die eine Mitarbeiterzahl von uber 2.000 Mitarbeitern aufweisen, entspricht 6,4 % (82 Untemehmen), vgl. Kremp/Stoss/Gerdesmeier(1999), S. 160. Die Verbindlichkeiten plus Ruckstellungen plus Eigenkapital addieren sich somit zur Bilanzsumme, vgl. Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), 8. 152. Vgl. Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 158 Vgl. Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), 8. 160. 204

Grund hierfur nennen die Autoren das deutsche Bankensystem sowie die Funktion der Hausbanken in Deutschland.®^^ Des Weiteren wird anhand eines okonometrischen Modells®^^ uberpruft, inwieweit die Fremdkapitalquote von den Determinanten Wachstum, definiert als Umsatz- und Bilanzwachstum, Aniageintensitat, Profitabilitat, Risiko und den Fremdkapitaikosten abhangig ist.®^"* Abschlieftend stellen die Autoren fest, dass das Finanzierungsverhalten der untersuchten franzosischen und deutschen Unternehmen viele Parallelen aufweist und die meisten der gewahlten Einflussfaktoren in beiden Landern die gleiche Richtung des Wirkungszusammenhanges aufweisen.^^^ In beiden Landern bestehen folgende grundsatzliche Z u s a m m e n hange; Das Wachstum und die Aniageintensitat korrelleren posltiv mit der Fremdkapitalquote, die Profitabilitat und die Fremdkapitaikosten korrelieren negativ mit der Fremdkapitalquote; weiterhin erweist sich das Risiko als nicht signifikant.^^^ Aufgrund des stark ausgepragten Zusammenhangs zwischen Profitabilitat und Fremdkapitalquote unterstutzen diese Ergebnisse die zumindest teilweise Gultigkeit der Pecking-Order-Theorie.®^^

4.8.2.4

Ramb(1998)

Im Jahr 1998 fuhrte das Zentrum

fur Europaische

Wirtschaftsforschung

eine empirisch-

okonometrische Studie zur Analyse europaische Finanzierungsstrukturen in Abhangigkeit der Rechtsform durch.^^^ Der Schwerpunkt der Analyse liegt dabei auf der Finanzierungsart, der Struktur der Verbindlichkeiten und den Einflussgrofien der Kapitalstruktur, wobei die Untersuchung differenziert fur Aktiengesellschaften und Nicht-Aktiengesellschaften durchgefijhrt wurde.*'^^ Eine Unterscheidung zwischen borsen- und nicht borsennotierten Unterneh872 873

877 878

Vgl. Kremp/St6ss/Gerdesmeier(1999), S. 189. Da dem Model! Paneldaten zugrunde liegen, werden mehrere statische und dynamische okonometrische Modelle basierend auf der OLS(Ordinary Least Square)-Methode, der Fixed-EffectsMethode sowie der dynamischen GMM (Generalized Method of Moments) angewandt, vgl. Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 164 ff. Die Determinanten werden wie folgt definiert: Wachstum wird zweimal definiert. als das Bilanzwachstum und das Umsatzwachstum. Die Aniageintensitat wird ebenfalls zweimal definiert: als gesamtes Aniagevermogen inklusive Vorrate im Verhaltnis zur Bilanzsumme sowie Anlagevermogen ohne Vorrate im Verhaltnis zur Bilanzsumme. Die Profitabilitat wird gemessen als Gewinn zur Bilanzsumme. Das Risiko zielt auf das Risiko der Profitabilitat ab und wird gemessen als relative Differenz zwischen dem firmenspezifischen Gewinn im Verhaltnis zum Umsatz eines Unternehmens und im Verhaltnis zum durchschnittlichen Gewinn je Umsatz aller Unternehmen. Die Fremdkapitaikosten werden definiert als Zinsaufwand im Verhaltnis zu den Bankverbindlichkeiten, vgl. Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 153. Vgl. Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 188. Vgl. Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 188. Vgl. Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 188. Vgl. Ramb(1998), S. 3ff. Von der Untersuchung ausgeschlossen werden Unternehmen aus der Landwirtschaft, Kreditinstitute, Versicherungen, Leasinggeseiischaften, Versorgungsunternehmen und dffentliche Institutionen, vgl. Ramb (1998). Die Daten fur die Untersuchung werden aus der Amadeus-Datenbank sowie aus der Hoppenstedt-Bilanzdatenbank verwendet, vgl. Ramb (1998), S. 11. 205

men wurde

nicht vorgenommen.

Der Studie

liegen

rund 47.000 Aktien- und

Nicht-

Aktiengesellschaften aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Grolibritannien, Italien, den Niederlanden und Spanien zugrunde.®®° Fijr das Jahr 1993 wird zunachst ein Uberblick uber die landerspezifischen Finanzierungsstrukturen prasentiert. Dabei ergibt sich fur Deutschland eine durchschnittliche Eigenkapitalquote von 28 % (Median 26 %) und eine durchschnittliche Fremdkapitalquote^^^ von 72 % (Median 74 % ) . Das Frenndkapital teilt sich durchschnittlich wie folgt auf: 53 % Verbindlichkeiten (Median 52 % ) , 15 % Bankverbindlichkeiten (Median 20 % ) , 8 % Lieferantenverbindlichkeiten (Median 11 %) und 15 % sonstige Verbindlichkeiten (Median 22 %).^^^ VergieiGhtman d i e Finanzierungsstrukturen der sieban auropaischen Lander, s o weisen Deutschland und Italien den hochsten und Grofibritannien und Spanien den geringsten Fremdkapitalanteil auf.^®^ Der Anteil der Verbindlichkeiten ist in Deutschland am geringsten, Bankverbindlichkeiten sind in Groflbritannien haufiger als in anderen europaischen Landern.®®"* Wahrend der Anteil der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Belgien, Frankreich und Italien hoch ist, sind diese in Deutschland wesentlich geringerer.^®^ In der gleichen Studie wird anhand einer empirisch-okonometrischen Untersuchung ijberprijft, inwieweit die drei exogenen Variablen - definiert als gesamte Verbindlichkeiten, Bankverbindlichkeiten sowie Lieferanten- und sonstige Verbindlichkeiten - durch die endogenen Variablen - definiert als Aniageintensitat, Wachstum (definiert als Umsatzwachstum), Unternehmensgrofie und Profitabilitat - bestimmt werden.^®^ Bei der exogenen Variablen gesamte Verbindlichkeiten zeigt sich fur die Aniageintensitat in nahezu alien Tests ein signifikant negativer Zusammenhang: Je hoher das Aniagevermogen,

Insgesamt 1.869 Unternehmen aus Deutschland warden in die Untersuchung einbezogen, darunter 810 Aktiengesellschaften und 1.059 Nicht-Aktiengesellschaften, vgl. Ramb (1998), Anhang/Tabelle 4. Die Fremdkapitalquote wird definiert als die Summe aus Ruckstellungen und Verbindlichkeiten im Verhaltnis zur Bilanzsumme, vgl. Ramb (1998), S. 13. Vgl. Ramb (1998), Anhang/Tabelle 3. Vgl. Ramb (1998), S. 11. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zur These, dass das vorherrschende Banksystem einen Einfluss auf den Anteil der Bankverbindlichkeiten hat. Gemafi der finanztheoretischen Diskussion soUte eine starkere Abhangigkeit von Bankverbindlichkeiten in Landern vorliegen, in denen ein Universalbankensystem besteht, wie z. B. Deutschland; vgl. Ramb (1998), S. 16. Die endogenen Variablen werden wie folgt berechnet: Aniageintensitat = Verhaltnis Aniagevermogen zur Bilanzsumme, Wachstum = Umsatzwachstum der vergangenen drei Jahre, Unternehmensgrofie = Logarithmus der Umsatzerlose, Profitabilitat = EBITDA zur Bilanzsumme, vgl. Ramb (1998), S. 16. Die Aniageintensitat wird als Aniagevermogen im Verhaltnis zur Bilanzsumme definiert, das Wachstum wird als Umsatzwachstum definiert, die Unternehmensgrolie wird als Logarithmus der Umsatzerlose definiert und die Profitabilitat wird als EBITDA im Verhaltnis zur Bilanzsumme definiert, vgl. Ramb (1998), S. 25 ff. 206

desto geringer die Verbindlichkeiten.®®^ Wachstum hat in fast alien Landern - ausgenommen deutsche und belgische Nicht-Aktiengesellschaften - einen positiven Einfluss auf den Anteii der Verbindlichkeiten. Die Untemehmensgrolie erweist sich vor allem auf die Verbindlichkeiten der Aktiengesellschaften als relevante Determinante, allerdings variieren die Vorzeichen der Wirkungszusammenhange hierbei in einzelnen Landern.®^® Fur Deutschland ergibt sich fur diese ein schwach ausgepragter negativer Wirkungszusammenhang fur Aktiengesellschaften. Es besteht ein signifikant negativer Zusammenhang zwischen den gesamten Verbindlichkeiten und der ProfitabllitSt fur alle Lander und Rechtsformen.^^^ Bei der exogenen Variablen Bankverbindlichkeiten zeigt sich ein positiver Zusammenhang zur Aniageintensitat, wobei sich fur Deutschland ahnlich wie in der Studie bei Rajan und Zinga!es (1995)^\T\ negativer Zusammenhang zwischen Bankverbindlichkeiten und Aniageintensitat ergibt, der durch die Besonderheiten im deutschen Konkursrecht erklart wird.®®° Eindeutig ist der negative Zusammenhang zwischen Profitabilitat und Bankverbindlichkeiten, der sich durchgangig unabhangig von Rechtsform und Land zeigt. Die endogenen Variablen Wachstum und Unternehmensgrofie sind nicht signifikant und haben unterschiedliche Vorzeichen in Abhangigkeit der Lander und Rechtsformen.^^^ Bei der exogenen Variablen Lieferanten- und sonstige Verbindlichkeiten besteht zwischen der Aniageintensitat und der Finanzierung uber Lieferanten- und sonstige Verbindlichkeiten ein deutlich negativer Zusammenhang.^^^ Bei Wachstum und Unternehmensgrofle sind aufgrund der geringen Signifikanz und der unterschiedlichen Vorzeichen keine eindeutigen Aussagen moglich. Die Profitabilitat zeigt einen geringeren Einfluss, allerdings kann tendenziell eine negative Richtung des Wirkungszusammenhangs bestatigt werden.®^^ Die Ergebnisse dieser Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Kapitalstrukturen der gewahlten europaischen Lander lassen keine signifikanten Unterschiede in Abhangigkeit der Rechtsform erkennen, daher ist davon auszugehen, dass die Rechtsform eines Unternehmens keine Bedeutung fur die Kapitalstruktur hat.®^"* Daraus lasst sich folgern, dass der finanztheoretisch hergeleitete Aspekt der grofieren Informationsasymmetrie zwischen Investoren und Nicht-Aktiengesellschaften in den meisten Landern weniger stark ausgepragt ist Vgl. Ramb(1998), S. 22. Vgl. Ramb(1998), S. 22. Vgl. Ramb(1998), S. 23. Vgl. Ramb(1998), S. 24. Vgl. Ramb(1998), S. 23. Die Lieferantenverbindlichkeiten warden primar durch Outer des Umlaufvermogens finanziert, Outer des Aniagevermogens stellen folglich keine Sicherheiten fur diese Finanzierungsform dar, vgl. Ramb(1998), S. 24. Vgl. Ramb(1998), S. 24.

207

einschrankend ist allerdings anzumerken, dass unterschiedliche institutionelle Rahmenbedingungen wie Kapitalmarkt bzw. Haftungs- Oder Konkursrecht Unterschiede in der Kapitalstruktur hervorrufen konnen.®^^ Der in internationalen Studien festgestellte positive Zusammenhang zwischen Anlageintensitat und Bankverbindlichkeiten sowie die negative Beziehung zwischen Profitabilitat und alien Formen der Fremdfinanzierung konnte in der vorliegenden Studie in alien Landern bestatigt werden.®^® Wachstum und Unternehmensgrofte lassen aufgrund der variierenden Vorzeichen keine eindeutige Interpretation fur alle Lander und Rechtsformen zu.®^^ Fur Deutschland lasst sich prinzipiell ein positiver Zusammenhang zwischen Wachstum und den verschiedenen Spezifikationen der Verbindlichkeiten feststellen. 4.8.3 Weitere empirische Studie: Stehle (1994) Eine empirische Studie aus dem Jahr 1994, veroffentlicht von Stehle, untersucht die Eigenkapital- und Fremdkapitalquoten deutscher borsennotierter Aktiengesellschaften wahrend des Zeitraums 1968-1986. Im Mittelpunkt steht die Analyse der bilanz- und marktwertmafiigen Eigenkapitalausstattung borsennotierter deutscher Aktiengesellschaften, die primar auf Basis der Einzelabschlusse fur die Jahre 1968-1986 durchgefuhrt wird.®^® Des Weiteren wird die bilanz- und marktwertmaflige Eigenkapitalausstattung fur die Jahre 1988-1991 basierend auf Konzernabschlussen analysiert.®^^ Die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung sind, dass gemafi den Einzelabschlussen des Jahres 1986 borsennotierte deutsche Aktiengesellschaften eine durchschnittliche bilanzma(iige Eigenkapitalquote in Hohe von 36 % und eine durchschnittliche Eigenkapitalquote auf Basis von Marktwerten in Hohe von rund 60 % aufweisen.®°° Dabei Ist zu berucksichtigen, dass die der Studie zugrunde liegende Definition des Eigenkapitals nicht dem buchmafiigen Eigenkapital entspricht, sondern zunachst diverse Korrekturen vorgenommen werden.^°^ Des °^

896 897

Nur in Grofibritannien, Italien und Belgien lassen sich wesentliche Unterschiede zwischen Aktiengesellschaften und Nicht-Aktiengesellschaften hinsichtlich der Determinanten der Finanzierung feststellen, vgl. Ramb (1998), S. 28. Vgl.Ramb (1998), 8.29. Vgl. Ramb(1998), S. 29. Vgl. Ramb (1998), 3.29. in die Untersuchung werden in den Jahren 1968-1986 zwischen 403 und 493 borsennotierte deutsche Aktiengesellschaften einbezogen. Das einzige Auswahlkriterium ist „b6rsennotierte Aktiengesellschaft" - es handelt sich nicht urn ein konstantes Sample, vgl. Stehle (1994), S. 816. Die Analyse der Eigenkapitalquoten basierend auf Konzernabschlussen umfasst 275 Unternehmen, die nach dem damaligen neuen Konzernbilanzrecht bilanzierten, vgl. Stehle (1994), S. 813. Vgl. Stehle (1994), S. 814. Als Eigenkapital wird zunachst das Grundkapital, die offenen Rucklagen und der Gewinnvortrag auf das nachste Jahr definiert. Groliere Korrekturen werden insbesondere bei den Positionen Sonderposten mit Rucklageanteil und Bilanzgewinn vorgenommen. Die Position Sonderposten mit Rucklageanteil wird zu nur 50 % dem Eigenkapital zugerechnet und zu 50 % dem Fremdkapital zugeschlagen. Des Weiteren wird der Bilanzgewinn als Fremdkapital behandelt, da er in der 208

Weiteren sind in den Jahren 1968-1986 mehrere Trends erkennbar, so ist der Anteil des langfristigen Fremdkapitals (ohne Ruckstellungen) an der Bilanzsumme kontinuierlich von ursprunglich 13 % auf 5 % gesunken. Das kurzfristige Fremdkapital hat zunachst zu-, dann abgenommen von insgesamt 32 % auf 28 %, die Ruckstellungen sind stetig gestiegen von ursprunglich 16 % auf 31 % . ' ° ' Bei der Untersuchung der Eigenkapitalquote basierend auf Konzernabschlijssen wird zwischen 1988 und 1991 eine buchmaBige durchschnittliche Eigenkapitalquote von rund 22 % und eine durchschnittliche marktwertmafiige Eigenkapitalquote von rund 40 % festgestellt.^°^ Die vergleichbare Eigenkapitalquote der Einzelabschlusse der Muttergesellschaften

liegt

rund 14 % uber der des jeweiligen Konzernabschlusses. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung ist, dass die borsennotierten Aktiengesellschaften in Deutschland uber die hochste Eigenkapitalquote aller deutschen Unternehmen verfugen; nichtborsennotierte Aktiengesellschaften sowie Unternehmen anderer Rechtsformen, insbesondere GmbHs, Einzelunternehmen etc., weisen eine deutlich geringere durchschnittliche Eigenkapitalquote auf.^^"*

4.8.4 Z u s a m m e n f a s s u n g Die Resultate der sieben vorgestellten empirischen Untersuchungen zum Finanzierungsverhalten deutscher Unternehmen sind in der Tabelle 19: Empirische Ergebnisse zur Finanzierung deutscher Unternehmen und deren Einflussfaktoren zusammengefasst. Die geringe Anzahl der Untersuchungen, die unterschiedliche Zielsetzung der empirischen Studien mit den daraus folgenden zum Teil kontraren Ergebnissen lassen nur sehr vage Ruckschlusse auf das Finanzierungsverhalten deutscher Unternehmen zu.

902 903

Regei vol! ausgeschijttet wird. Weitere Korrekturen in Bezug auf die zugrunde gelegten Bilanzsummen werden vorgenommen, wie z. B. die Subtraktion der Pauschalwertberichtigungen auf Forderungen und Wertberichtigungen auf das Aniagevermogen, vgl. Stehle (1994), S. 817. Vgl. Stehle (1994), S. 814. Es werden Korrekturen in Bezug auf das bilanziell ausgewiesene Eigenkapita! vorgenommen, vgl.Stehle(1994), S. 832. Die hoheren Eigenkapitalquoten borsennotierter Aktiengesellschaften erklaren sich u. a. durch den leichteren Zugang zum organisierten Kapitalmarkt, vgl. Stehle (2004), S. 827.

209

Jahr

Schwiete/Welgand 1997

Zeltraum Unternehmen

1967-84

1998

1993

private/bOr-

Rajan/Zingaies

1995

1987-90

Mrsennotiert

Kremp/Stttss/ G«rd*8m«i«r

1999

1987-95

private

2002

2001

private/bdrsennotiert

—honiannotlart

+ n.s X W B

wacnstum/Bewe rAnlageintensitat tuna

b«r««nnotiert

Ramb

1994

EInfluB der Determinanten auf die Verschutdunq

_

+ (W)

X

+ (W)

-

-(B) -(B)

+ +

+ (W)

+

P S

- Liquiditdt und Flexibilitdt ist vorrangig bei Finanzierungsentscheidungen . Gewinneinbehaltung ist die bedeutenste Eigenkapitalfinanzierungsform - Betriebsmittel/Lieferantenkredit ist vor Bankkredit die bedeutenste FK-Finanzierung - Altemativen zur klassischen Hausbankfinanzierung gewinnen an Bedeutung . FtowlMlitittfcKraditrating haatnfhtttgacto FwrndkapitaffiDaoaeruoo - cinhaltung dor zBwkspttotetrufrtur uftd vonfvflssomnQ dos Oewinns j® Aktw beeinflussen die Entscheidung zur Emission von Eigenkapital - Market Timing hat keine Bedeutung

1968-86 bdrsannotlart

- BOrsennotierte Unternehmen weisen hOchste Eigenkapitalquote auf - Langfristige Fremdkapitalquote ist gesunken - Langfristige Quote der Ruckstellungen ist gestiegen positiver signlfikanter Zusammenhang der Determinante zur Verschuklung negativer signifikanter Zusammenhang der Determinante zur Verschuldung nicht signlfikanter Zusammenhang der Determinante zur Verschuklung nicht getestete Detemiinante Abhdngige Variable basiert auf (Jmsatz- Oder Bilanzwachstum AbhAnglge Variable basierl auf BOrsenbewertung (Markt/Buch-Bewertung)

Tabelle 20: Empirische Ergebnisse zur Finanzierung deutscher Unternehmen und deren Einflussfaktoren Insbesondere eine Interpretation der Richtung des Wirkungszusammenhangs der Variablen Grolie, Profitabilitat, Wachstum/Bewertung, Aniageintensitat mit dem Verschuldungsgrad deutscher Unternehmen ist auf Basis der vorliegenden Resultate nicht moglich.^^^ Grunde hierfijr konnen in den Unterschieden der zugrunde gelegten Zeitraume, der Auswahl der Unternehmen (borsen- nicht borsennotiert) sowie der zum Teil sehr unterschiedlichen Definition der abhangigen Variablen und letztlich auch in den zugrunde gelegten Daten liegen.^°^ Neben der deutschen Studie von Schwiete

und Weigand (1997) sowie der internationalen

Studie von Rajan und Zingales (1995) gibt es keine aussagekraftigen weiteren empirischokonometrischen Studien, die sich ausschliefllich auf das Finanzierungsverhalten borsennotierter Unternehmen in Deutschland konzentrieren. Da die beiden vorgenannten Studien einen Zeitraum bis maximal 1990 umfassen, analysieren sie das Finanzierungsverhalten deutscher borsennotierter Unternehmen in einer histo^°^

Mehrere empirische Studien zur Kapitalstruktur deutscher Unternehmen veroffentlicht von Albach in den Jahren 1975-1979 werden im Rahmen dieser Arbeit aufgrund des Zeitraums der Untersuchung nicht thematisiert.

210

risch vergleichsweise stabilen Borsenphase mit geringer Emissionstatigkeit und bieten keinen aktuellen Bezug. Weiterhin ist ein Bezug auf das Market Timing lediglich in der Studie von Rajan undZ/nga/es {1995J gegeben, welche die Borsenbewertung des Untemehmens als abhangige Variable in die Untersuchung integriert. Schwiete und Weigand (1997) berucksichtigen zwar den Faktor Wachstum, dieser wird aber anhand einer vom Umsatzwachstum abgeleiteten Funktion definiert.^°^ Ein aktueller Bezug zum Finanzierungsverhaiten borsennotierter Unternehmen ist nur bei der Fragebogenstudie von Drobetz, Pensa und Wohle (2004) gegeben. Die Ergebnisse lassen den Scliiuss zu, dass fur deutsche borsennotierte Unternehmen die Flexibilitat ebenso wichtig ist wie fur amerikanische. Auch die Ergebnisse hinsichtlich der weiteren praktischen Entscheidungsgriinde der Finanzvorstande, wie die Einbehaltung eIner Zielkapitalstruktur, die Beibehaltung eines Kredit-Ratings und die Bedeutung der Kennziffer Gewinn je Aktie, sind mit den amerikanischen Resultaten vergleichbar. Timing-Uberlegungen hingegen sind fur deutsche Unternehmen im Gegensatz zu amerikanischen Unternehmen bislang nicht bzw. nur geringfugig relevant.

4.9

Fazit

Bei der Analyse des Finanzierungsverhaltens sind zunachst die institutionellen Rahmenbedingungen der jeweiligen Lander zu berucksichtigen. Die empirischen Studien mit Unterscheidung zwischen Landern bzw. markt- und bankorientierten Finanzsystemen haben ergeben, dass sich bedingt durch variierende gesetzliche Rahmenbedingungen die Auspragung und Nutzung der Kapitalmarkte in den jeweiligen Landern unterschiedlich stark entwickelt haben. Tendenziell lasst sich in angloamerikanischen Landern, die zu den marktorientierten Systemen zahlen, ein weiterentwickelter Kapitalmarkt und eine starkere externe Finanzierung mit Eigen- und Fremdkapital nachweisen als in den eher bankorientierten Systemen, zu denen u. a. Deutschland gehbrt. Dafur weisen Unternehmen in bankorientierten Landern tendenziell eine hohere Verschuldungsquote als Unternehmen in marktorientierten Landern auf. Es ist davon auszugehen, dass die landerspezifischen Rahmenbedingungen in gewissen Grenzen das Finanzierungsverhaiten der Unternehmen pragen.

So warden z. B. bei den borsennotierten Unternehmen in der Regel die Daten auf Basis der Konzernabschlijsse generiert und bei nicht borsennotierten bzw. kleineren Unternehmen die Daten auf Basis der Einzelabschlusse. Auch die Studien von Ramb (1998) und Kremp, Stoss und Gerdesmeier (1999) definieren Wachstum anhand von Umsatz- oder Bilanzwachstum, vgl. Ramb (1988), S. 13ff., Kremp/ Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 152 ff. 211

Weiterhin konnte nachgewiesen werden, dass Unternehmen im Hinblick auf den Zeitpunkt und die Art der Finanzierung systematisch die jeweiligen makrodkonomischen Bedingungen und Kapitalmarktkonditionen berucksichtigen und somit im Sinne des Market Timings handeln. So wurden Hinweise gefunden, dass Anieiheemissionen primar in Niedrigzinsphasen emittiert und Eigenkapitalemissionen uberwiegend in boomenden Aktienphasen begeben werden. Es ist davon auszugehen, dass insbesondere borsennotierte grofie Unternehmen opportunistisch hohe Aktienbewertungen und niedrige Zinsniveaus zur Emission von Finanztiteln nutzen. Ebenso wie die externe Bdrsenbewertung des Unternehmens durch die Investoren ist fur die Unternehmen auch die externe Bewertung durch die Kreditgeber von hoher Relevanz. Die Beibehaltung bzw. Verbesserung des Kredit-Ratings ist fur Unternehmen durchweg von hoher Prioritat. Zahlreiche Beispiele in Deutschland fuhren zu der Annahme, dass der Einfluss der Rating-Agenturen in den letzten Jahren zugenommen hat und mittlerweile so weitreichend ist, dass drohende mogliche Kredit-Rating-Herabstufungen Eigenkapitaltransaktionen durch die Unternehmen nach sich Ziehen. Weiterhin haben empirische Arbeiten zum Finanzierungsverhalten gezeigt, dass einige firmenspezifische Faktoren die Kapitalstruktur beeinflussen. Hervorzuheben sind hierbei aufgrund der international breit dokumentierten Ergebnisse die Grofle, Aniageintensitat und Profitabilitat sowie Bewertung. So lasst sich die Tendenz feststellen, dass der Verschuldungsgrad von Unternehmen mit zunehmender Grofie und Aniagevermogen eines Unternehmens steigt. Die Beziehung zur Profitabiiitat und Bewertung verhalt sich invers zum Verschuldungsgrad. Generell gilt: Je profitabler ein Unternehmen ist, desto geringer ist der Verschuldungsgrad, und mit steigender Bdrsenbewertung eines Unternehmens sinkt der Verschuldungsgrad. Weiterhin ist die Existenz von firmenspezifischen, aber nicht beobachtbaren Einflussen auf die Kapitalstruktur weitreichend dokumentiert. Ingesamt lassen die Ergebnisse darauf schliefien, dass grofie Unternehmen im Gegensatz zu eher kleineren Unternehmen einen systematischeren Ansatz in Bezug auf die Kapitalstruktur und das Finanzierungsverhalten verfoigen. Grdfieren Unternehmen bieten sich durch den Zugang zu Kapitalmarkten bedeutend mehr Finanzierungsalternativen als kleineren Unternehmen, des Weiteren ist der externe Druck in Bezug auf die Minimierung der Kapitalkosten und die Maximierung des Shareholdervalues bei den grdfieren Unternehmen aufgrund der hdheren Informatlonstransparenz und der Interessen der externen Kapitalgeber wesentlich hdher. Es lasst sich festhalten, dass Unternehmen der Kapitalstrukturentscheidung eine hohe Prioritat einraumen und dass davon ausgegangen werden kann, dass die Finanzentscheider u212

berwiegend eine konkrete Vorstellung von einer optimale Kapitalstruktur und der Finanzierungsart haben. Von besonderer Bedeutung bei der Festlegung der Kapitalstruktur ist dabei die Sicherung der finanziellen Flexibiiitat sowie die Bewahrung einer Stabilitat, die durch die Einhaltung einer gewissen Spannbreite der Kapitalstruktur dokumentiert wird, welche vorrangig vor weiteren Aspekten wie der Minimierung der Kapitalkosten oder der Steigerung des Shareholdervalues berucksichtigt wird.®°® Trotz der vorgenannten international dokumentierten Einflussfaktoren der Kapitalstruktur bleiben letztlich - trotz fast funfzigjahriger Diskussion und empirischer Forschung zur Thematik Kapitalstruktur und Finanzierungsverhalten - die genauen Wirkungszusammenhange und Gewichtungen der definierten Einflussfaktoren ungewiss und somit scheitert auch der finanztheoretische Anspruch der Entwicklung einer allgemein gQltlgen akzeptlerten Theorle bzw. eines Modells zur Erklarung der Kapitalstruktur. Die bisherigen Ausfuhrungen lassen den Schluss zu, dass die spezifisch deutschen institutionellen Rahmenbedingungen, insbesondere das bankenorientierte deutsche Finanzsystem, zu einer geringen Auspragung und Akzeptanz des Borsen- und Kapitalmarktes in Deutschland im Vergleich zu eher marktorientierten Finanzsystemen wie den USA und UK gefuhrt haben. Obwohl sich eine genaue Quantifizierung vor dem Hintergrund des Defizits empirischer Studien als schwierig erweist, deutet z. B. der geringe Anteil der Anieihe- und Aktienemissionen in Deutschland im Verhaltnis zu eher marktorientierten Finanzsystemen sowie die nach wie vor von den Unternehmen angegebene primare Rolle der Hausbanken bei der Finanzierung auf eine eher zogerliche Ausnutzung der sich durch den Kapitalmarkt bietenden Finanzierungsmoglichkeiten hin. Generell kann daher aufgrund der historisch geringeren Affinitat zu den Kapitaimarkten fur deutsche borsennotierte Unternehmen auch von einem geringer ausgepragten Market Timing-Verhalten ausgegangen werden.^°^ Aufgrund des bestehenden Defizits an aktuellen empirischen bzw. empirisch-okonometrischen Studien zur Finanzierung und zum Finanzierungsverhalten borsennotierter Unternehmen in Deutschland zielt die nachfolgende eigene empirische Untersuchung darauf ab, einen Beitrag zur Erklarung der Kapitalstrukturen, der Finanzierung und des Finanzierungsverhaltens zu liefern. Vor dem Hintergrund der extremen Borsenphasen der letzten Jahre und der daraus resultierenden volatilen Bewertungen liegt ein besonderer Fokus auf der Nutzung der

So Ziehen Rajan und Zingales den Schluss, dass das Hauptziel der Finanzvorstande nicht die Maximierung des Shareholdervalues, sondern die Stabilitat des Unternehmens und die Verfugbarkeit von Geldmittein ist, vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1454 ff. Die geringe Relevanz von Market Timing fur deutsche borsennotierte Unternehmen wurde bisiang nur von der Fragebogenstudie von Drobetz, Pensa und Wohle (2004) dokumentiert, vgl. Drobetz/Pensa/Wohle (2004), S. 22 f.

213

Kapitalmarktmoglichkeiten deutscher borsennotierter Unternehmen und dem Aspekt des Market Timings.

214

5

Eigene empirische Untersuchung zur Kapitalstruktur und zum Market Timing-Verhalten borsennotierter Unternehmen in Deutschland

5.1

Vorgehensweise

Die vorgestellten finanztheoretischen Ansatze und internationalen empirischen Studien konnten einige spezifische erklarende Faktoren zur Bestimmung von Kapitalstrukturen nachweisen. Aufgrund der bislang geringen empirischen Evidenz fur borsennotierte deutsche Unternehmen zielt die nachfolgende eigene empirische Untersuchung darauf ab, einen aktuellen Beitrag zur Thematik Kapitalstrukturen und deren Einflussfaktoren sowie zum Finanzierungsverhalten borsennotierter deutscher Unternehmen zu liefern. Insbesondere wird dabei vor dem Hintergrund der einmalig extremen Bewertungsniveaus der Borsen in den letzten Jahren untersucht, inwieweit Unternehmen im Sinne des Market Timings unterschiedliche Bewertungsniveaus zu Finanzierungszwecken opportunistisch ausnutzen. Daher erfolgt nachfolgend zunachst ein Uberblick uber den historischen Aktienmarktverlauf und die Bewertungsniveaus in Deutschland. Im Anschluss daran erfolgt die eigene empirische Untersuchung, deren Darstellung - nach der Eriauterung der zugrunde liegenden Daten, der Auswahlkriterien und des Untersuchungszeitraums - in drei Abschnitte unterteilt ist. Der erste Abschnitt: Analyse der Kapitalstrukturen und Finanzierung prasentiert eine Ubersicht uber die durchschnittlichen Kapitalstrukturen der untersuchten Unternehmen. Die Entwicklung der durchschnittlichen Eigen- und Femdkapitaiquote sowie die Varianz der durchschnittlichen Eigenkapitalquote innerhalb der beobachteten Jahre werden analysiert. Hieraus lassen sich Ruckschlusse Ziehen, ob sich die durchschnittlichen Kapitalstrukturen in den letzten Jahren verandert haben und inwieweit die untersuchten Unternehmen Zielkapitalstrukturen gemafi der Trade-off-Theorie aufweisen. Eine weitere Analyse bezieht sich auf die Finanzierung des Bilanzwachstums, die wiederum Ruckschlusse auf die bevorzugte Finanzierung der Unternehmen und somit eine Uberprufung im Sinne der Pecking-Order-Theorie zulasst. Der zweite Abschnitt der empirischen Untersuchung: Analyse zum Market Timing-Verhalten befasst sich mit dem Einfluss des Market Timings auf das Finanzierungsverhalten der borsennotierten Unternehmen. Der Fokus der Untersuchung liegt auf der Analyse von Art, Anzahl und Haufigkeit der durchgefuhrten Kapitalmaflnahmen sowie der jeweiligen BGrsenbewertung. Die vorgenannten Untersuchungen basieren zunachst auf Einzelauswertungen je Unternehmen. Anhand dieser Ergebnisse erfolgt eine Analyse des Market Timing-Verhaltens der gesamten untersuchten Unternehmen. 215

Der dritte Abschnitt: Regression basiert auf einem dezidierten okonometrischen Modell, welches den Einfluss verschiedener international etablierter erklarender Variablen wie Bdrsenbewertung, Grofie, Aniageintensitat und Profitabilitat auf die Kapitalstruktur bzw. den Verschuidungsgrad der untersuchten Unternehmen analysiert. In Aniehnung an internationale empirische Studien zielt die Untersuchung darauf ab, die Signifikanz und die Richtung der unabhangigen Variablen zu bestimmen.

5.2

AktJenperformance und Bewertungsniveaus in Deutschland

Vor dem Hintergrund weltweit steigender Aktienindizes in den Jahren 1998 bis 2000 und dem anschliefienden Crash im Jahr 2001 gilt die Borsenphase von 1998 bis 2003 historisch betfachtet ais etnmaltg. Fur Deutschland kann die positive Entwicklung der Borse in diesen Jahren exemplarisch anhand des absoluten Verlaufs des DAX-Performance-lndex (DAX) dargestellt werden, der in der Abbildung 9: Absolute DAX-Performance seit 7^5<9demonstriert wird.

01 ,

02

03

04

DAX 30 • KURS • PRICE INDEX

SoLirco:

Abbildung 9:

DA-TASTFiEAM

Absolute DAX-Performance seit 1988

Die Entwicklung des DAX seit der offiziellen Einfuhrung im Jahr 1987 kann in mehrere Phasen unterteilt werden: Beginnend mit der Eroffnung bei 1.000 Punkten im Jahr 1987, erreichte der DAX den niedrigsten Stand von 931 Punkten kurz darauf.®^° Danach verzeichnete der DAX uber langere Vgl. Deutsche Borse (2003 b), Deutsche Borse (2003 c). 216

Phasen eine fast reine Seitwartsbewegung, stieg aber uber den Zeitraum von acht Jahren bis auf einen Stand von 2.500 Punkten an - insgesamt charakterisiert durch eine kontinuierlich aufsteigende Bewegung. Der Zeithorizont von 1996 bis 2000 ist durch die weltweite Euphorie an den Aktienmarkten gepragt. Auch in Deutschland kam es bedingt durch den weltweiten Borsenboom, die gunstigen Rahmenbedingungen und letztlich den Borsengang der Deutschen Telekom im Jahr 1996 zu einer regelrechten Aktieneuphorie. Der DAX eriebte ab 1996 einen extrem steilen Anstieg, der jah von der Asien- und Russlandkrise im Jahr 1998 unterbrochen wurde. Der kurzfristige Ruckfall war schnell verdaut und in der Folge kam es zu einer wahren Kursexplosion, die den DAX bis auf einen Hochststand von 8.064 Punkten im Jahr 2000 katapultierte.®^^ RQckblickend ist dieser steile Anstieg als legendSre B6rsenepoche zu werten bzw. auch im klassischen Sinn als Borsenblase. Nach Erreichen dieses historischen Hochststandes kam es in den folgenden drei Jahren zu einem Crash auf Raten, genahrt durch die weltweite Baisse an den Borsen. Diese Abwartsbewegung wurde durch die Terroranschlage vom 11. September 2001 in den USA noch verstarkt. So fiel z. B. der DAX an diesem Tag innerhalb von 30 Minuten um 11 %. Zwar erholten sich die Borsen kurzfristig wieder, aber weltweite Konjunkturangste sowie der Irakkrieg verursachten eine anhaltende Abwartsbewegung bis ins Jahr 2003. Der DAX sank im Jahr 2003 auf einen Punktestand von 2.203. Dies entspricht einem Werteverfall des DAX von rund 73 % gemessen am erreichten Hochststand des Jahres 2000. In der Folge sank der DAX wieder auf das Niveau des Jahres 1996. Im Marz 2003 wurde die Talfahrt des DAX gestoppt und kehrte sich um; am Jahresende 2003 erreichte der DAX einen Punktestand von rund 4.000 Punkten. Fur die Analyse, inwieweit deutsche borsennotierte Unternehmen ein Finanzierungsverhalten im Sinne des Market Timings aufweisen, ist nicht die vorab beschriebene absolute Performance des jeweiligen Aktienkurses relevant. Als Mafistab kann nur eine relative Bewertungskennziffer dienen. Die absolute Performance des DAX lasst keinen direkten Rijckschluss auf die Bewertung der darin enthaltenen Unternehmen zu. Zur Beurteilung, inwieweit ein borsennotiertes Unternehmen als „teuer" oder „gunstig" bewertet wird und somit im Sinne des Market Timings Bewertungsunterschiede entstehen, werden relative Bewertungskennzahlen benotigt, die das jeweilige Bewertungsniveau des DAX widerspiegeln. Exemplarisch kann die Bewertung des deutschen Aktienmarktes anhand der Entwicklung der historischen durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhaltnisse (KGV) des DAX aufgezeigt werden. Die relative Bewertungskennziffer KGV setzt den Eigenkapitalwert des Unternehmens

217

in Relation zum erwarteten Gewinn und weist fur den DAX einen langfristig durchschnittlichen Wert von 15 auf.®^^ Anhand der nachfolgenden Abbildung 10: KCV-Entwicklung des DAX von 1988-2003 ist nachzuvollziehen, dass sich die extremen Borsenphasen nicht nur absolut in Hohe der Aktienkurse, sondern auch relativ betrachtet durch eine zeitweise hohe Bewertung des DAX widerspiegeln.

Abbildung 10: KGV-Entwicklung DAX 1988-2003 Wahrend in den Jahren 1988-1996 eine durchschnittliche KGV-Bewertung des DAX eine Bandbreite zwischen 10 und 20 aufwies, erhohte sich diese Bewertung ab 1997 signifikant und erreichte mit einem durchschnittlichen KGV von knapp 30 ihren Hohepunkt im Jahr 2000. Diese extrem hohe KGV-Bewertung wurde in den nachfolgenden Jahren wieder abgebaut und sank auf ein KGV von rund 10 im Jahr 2003. Basierend auf der langfristig durchschnittlichen KGV-Bewertung von rund 15 entsprechen die erreichten Bewertungsniveaus in den Jahren 1999-2000 einer Verdoppelung der Bewertung. Auch die durchschnittliche Markt-/Buchbewertung^^^ die den Marktwert des Eigenkapitals ins Verhaltnis zum Buchwert setzt, spiegelt die unterschiedlichen Bewertungsniveaus wider. Fur den DAX ergeben sich, wie in Abbildung 11: Markt-/Buchbewertung des DAX ab 7PP5 dargestellt, Vgl. Deutsche Borse (2003 b), Deutsche Borse (2003 c). Bei der Ermittlung der historischen KGV werden allerdings aus Vereinfachungsgrunden i. d. R. die jeweiligen Aktienkurse zum 31.12. eines jeweiligen Jahres ins Verhaltnis zum Gewinn des Jahres und nicht zum erwarteten Gewinn gesetzt. Zur Interpretation und Kritik in Bezug auf die Bewertungskennziffer KGV siehe auch Kapitel 5.5.2 Bewertungskennziffer. Auf die Eriauterung der Kennziffer Markt-ZBuchbewertung wird in Kapital 5.4.2 Borsenbewertung detailliert eingegangen. 218

in den Jahren 1996 bis Mitte 2000 durchschnittlich MarkWBuchbewertungsniveaus in Hohe von rund 3-4,7. Ab 2001 sinken die durchschnittlichen MarkWBuchbewertungsniveaus deutlich auf rund 2,5. Der Median der MarkWBuchbewertung des DAX stellt diesen Trend ebenfalls dar, allerdings in sehr abgeschwachter Form und auf niedrigerem Niveau.

Markt/Buch-Bewertung des Dax ab 1996

1

5,0c

4,5 -

r

4,0 -

1

3,5-

^ \ — — _ _ _ \^^^

^"^^"" ZI

3,0 CD

2

2,5

^.^^^^^^ '

2,0

— ——^^.^.....,

'

1

-^_^

1 5 1996

1997

1998

1999

2000

-— Mittelw ert IWB-Bew ertung des Dax

2001

2002

2003

Median IWB-Bew ertung des Dax

Abbildung 11: Markt-ZBuchbewertung des DAX ab 1996^ Da die KGV-Bewertung auf zukunftige Ergebnisse abzielt und die MarkWBuchbewertung auf den Substanzwert des Unternehmens, ist die Markt-ZBuchbewertung generell weniger volatii und weist auch insgesamt eine wesentlich geringere Spannbreite als die KGV-Bewertung auf. Der Uberblick uber die Entwicklung der Bewertungsniveaus unterstreicht die historische Einmaligkeit der Borsenjahre von 1996 bis 2003. Eine Vielzahl von borsennotierten Unternehmen, insbesondere technoiogieiastige, konnten Ende der neunziger Jahre von dem hohen Niveau der Bewertungen, einhergehend mit dem Borsenboom, profitieren und ihre Aktien erreichten einen Hochststand.^^^ Parallel zum Aktienboom entwickelte sich in Deutschland ein verstarktes Interesse an Aktien und Aktienemissionen, welches eine steigende Aufnahmefahigkeit fur Aktien und in der Folge eine wachsende Bedeutung der Aktie als Finanzierungsinstrument ausloste.^^® Aufgrund der gestiegenen Aufnahmefahigkeit der Investoren Ende der neunziger Jahre bestand fur bereits borsenQuelle: JCF Quant/ JCF Group London. Tendenziell gibt es aber auch innerhalb der DAX und MDAX-lndizes viele Werte, die von dem Borsenboom nicht profitieren konnten, wie z. B. Unternehmen der Baubranche und andere. Profitieren konnten insbesondere Unternehmen aus nachgefragten Sektoren wie Telekom, Pharma Oder Hightech. Siehe hierzu auch Kapitel 4.2. 219

1

notierte Untemehmen die Moglichkeit, hohe Bewertungen im Wege des Market Timings opportunistisch auszunutzen. Aufgrund des geringeren Aktieninteresses in den achtziger bzw. fruhen neunziger Jahren waren die Mdgiichkeiten zur Kapitalaufnahme an der deutschen Borse aufgrund der geringeren Aufnahmefahigkeit tendenziell limitiert.

5.3

Daten, Auswahlkritehen und Untersuchungszeitraum

Die der empirischen Untersuchung zugrunde liegenden Daten der deutschen borsennotierten Untemehmen wurden primar aus dem Informationstool von Bloomberg generiert, der diverse Informationen zu borsennotierten Untemehmen bereitstellt. Hierzu gehoren z. B. historische Borsenkurse der jeweiligen Untemehmen, Informationen zu konsolidierten Jahresabschfussen sowie durchgefuhrte Kapitatmarkttransaktionen.®*^ Die von Bloomberg generierten Daten basieren auf den Konzernabschlussen der borsennotierten Untemehmen.^^® Zur Erganzung bzw. Vervollstandigung der Daten wurde des Weiteren auf die Intemetseiten der Deutschen Borse und auf die Investor-Relation-lnternetseiten der untersuchten Untemehmen zurijckgegriffen. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht das Finanzierungsverhalten grofler borsennotierter deutscher Untemehmen. Daher wurden die zum Stichtag 31.03.2004 im DAX und MDAX enthaltenen borsennotierten Untemehmen zugrunde gelegt. Der DAX umfasst die dreifiig grofiten und umsatzstarksten deutschen Untemehmen, die sog. Bluechips, an der Frankfurter Wertpapierborse.^^^ Fur die Auswahl der im DAX vertretenen Aktien gilt, dass eine Aktie im DAX unter den ersten 35 Aktien in Bezug auf Borsenumsatz und Marktkapitalisierung liegen muss. Daruber hinaus kommt jeweils die liquideste Aktienklasse in Betracht. Um sicherzustellen, dass die vorgenannten Kriterien fur die im DAX ent-

Die Daten wurden aus dem Bloomberg Terminal - bereitgestellt von Bloomberg L. P. Germany generiert. Historische Daten bezuglich der Kapitalstrukturen sowie der Aufteilung der Passivseiten wurden aus dem Bloomberg History Wizard Tool generiert. Die Daten zu den Market Timing-Transaktionen - Kapitalerhohungen und Aktienruckkaufe - wurden aus dem Corporate Action Calender von Bloomberg, die Aktienkurse sowie weitere Daten aus dem Tool Equity Fundamentals bzw. Historic Prices generiert. Ziel der Untersuchung ist es, die Finanzierungsstruktur sowie deren Einflussgroflen auf die gesamte wirtschaftliche Einheit - den Konzern - zu analysieren. In den meisten Fallen ist die Eigenkapitalquote im Konzernabschluss identisch mit der Eigenkapitalquote des Einzelabschlusses der Muttergesellschaft. Allerdings konnen bei eigenstandiger Beschaffung von Finanzierung durch die Tochtergesellschaften auch Differenzen zwischen der Eigenkapitalquote im Konzern und im Einzelabschluss der Muttergesellschaft auftreten. Der DAX fuhrt den fruheren Index der Borsenzeitung fort, dessen historische Zeitreihe bis 1959 zuruckreicht. Als Basis der Indexberechnung gilt der 30.12.1987 mit einem Wert von 1.000 Punkten. Der DAX ist allerdings kein reiner Preisindex wie andere Indizes, die nur die Entwicklung der Kurse verfolgen, sondern misst die Performance, die ein Anieger, der die im DAX vertretenen Aktien im richtigen Verhaltnis tatsachlich halten wurde, erzielen konnte. Dazu wird bei jeder Dividendenzahlung die Wiederanlage des Betrags in der jeweiligen Aktie unterstellt, vgl. Deutsche Borse (2003 a), S. 1 ff. 220

haltenen Untemehmen eingehalten werden, findet eine Anpassung bzw. ein Austausch von Werten statt.''° Der MDAX enthalt die Werte von 50 Untemehmen aus klassischen Branchen, die den im DAX notierten Untemehmen hinsichtlich Marktkapitalisierung und Borsenumsatz folgen. Der MDAX umfasst vorwiegend mittelstandische Werte aus den Branchen Pharma, Chemie, Maschinenbau und Finanzen und wird vergleichbar dem DAX vierteljahriich angepasst.^^^ Die zum Stichtag 3 1 . Marz 2004 zugrunde gelegten 30 DAX- und 50 MDAX-Unternehmen reprasentieren die grofiten borsennotierten deutschen Untemehmen, sind in der Regel bereits langere Zeit borsennotiert und weisen aufgrund der Publizitatspflicht eine gute Datenqualitat auf.''' Eine Integration weiterer deutscher borsennotierter Untemehmen in die Untersuchung, wie z. B. aus dem SDAX, dem Auswahlindex fur 50 kleinere Untemehmen, der sich direkt unterhalb des MDAX anschliefit, oder dem TECDAX, der die Entwicklung der 30 grofiten Technologieuntemehmen unterhalb des DAX abbildet, ist aufgrund geringerer Informationspflichten und somit nur luckenhafter Datenqualitat nicht sinnvoll. Dariiber hinaus handelt es sich bei einem Groflteil der z. B. im TECDAX enthaltenen Untemehmen urn typische Wachstumsunternehmen aus dem ehemaligen Borsensegment Neuer Markt. Aufgrund der zumeist kurzen Borsennotierung sowie der fur Wachstumsunternehmen typischen starken Eigenkapitalpositionen ist eine Untersuchung im Hinblick auf das Finanzierungsverhalten borsennotierter Untemehmen bzw. das Market Timing-Finanzierungsverhalten nur beschrankt aussagefahig. Fur die eigene empirische Untersuchung konnen jedoch nicht alle zum Stichtag 31.03.2004 im DAX und MDAX enthaltenen 80 Untemehmen berucksichtigt werden. Untemehmen aus der Banken- und Versicherungsbranche werden aufgrund der industrieuntypischen Kapitalund Finanzierungsstrukturen nicht berucksichtigt. Banken und Versicherungen unteriiegen besonderen gesetzlichen Bestimmungen bezuglich der Eigenkapitalanforderungen. Des Weiteren kommt dem Fremdkapital bei Finanzdienstleistem eine andere Funktion zu als in der

921 922

Durch diese Anpassungen wird sichergestellt, dass die DAX-Mitgliedschaft auch eine Art Qualitatssiegel ist, da die im DAX vertretenen Untemehmen die groflten bdrsengelisteten Untemehmen in Deutschland sind. Die Anpassungen finden jeweils jahrlich im September statt. Auflerordentliche Anpassungen sind mit einer sogenannten „Fast-Exit"-Regelung moglich, z. B. wenn ein DAX-Mitglied in einem der Kriterien unter Rang 45 failt bzw. ein Nicht-DAX-Mitgiied in beiden Kriterien mindestens Rang 25 erreicht, vgl. Deutsche Borse (2003 b), Deutsche Borse (2003 c). Vgl. Deutsche Borse (2003 b), Deutsche Borse (2003 c). Aufgrund der permanenten Anpassungen der DAX- und MDAX-lndizes sind nicht alle zum 31.03.2004 enthaltenen DAX-Werte seit Beginn der eigenen empirischen Untersuchung 1996 in den Indizes DAX oder MDAX enthalten. Weiterhin gibt es Untemehmen, die zwar vormals im DAX Oder MDAX enthalten waren, aber vor dem Stichtag 31.03.2004 ausgeschieden und somit ebenfalls nicht in die eigene empirische Untersuchung einbezogen worden sind. 221

Industrie. In der Tabelle 20: Banken- und Versicherungswerte im DAXundMDAX\Nex(AQX\ die insgesamt elf Unternehmen dargestellt, die von der Untersuchung ausgeschlossen werden. DAX

1 Commerzbank AG

Allianz AG

Bayrische Hypo- und Vereinsbank AG

Deutsche Bank AG

MOnchener RQckversicherungs AG

Aareal Bank AG

AMB General! Holding AG

comdirekt bank AG

DEPFA BANK pic.

1KB Dt. Industriebank AG

Hannover ROckversicherung AG

1

MOAX

Tabelle 21: Banken- und Versicherungswerte im DAX und MDAX Es werden auch Unternehmen von der Untersuchung ausgenommen, bei denen nicht mindestens vollstandige Daten uber den Zeitraum von drei Jahren (2001 bis 2003) erhaltlich stnd, tmd sotehe, bei €lenen aufgfund ernes Bofsengangs Oder etner Fusion naeh dem Jahr 2000 die Unternehmensdaten nur beschrankt verfugbar sind. Dies trifft auf die funf in rabe/fe 21: Unternehmen mit eingeschr^nkten Dateninformationen genannten Unternehmen zu. DAX Deutsche BOrse AG

Degussa AG

EADS N.V.

Fraport AG

Hypo Real Estate Holding AG

Tabelle 22: Unternehmen mit eingeschr^nkten Dateninformationen Die verbleibenden 64 Unternehmen - davon 24 Unternehmen aus dem DAX und 40 aus dem MDAX - bilden die Basis der empirischen Untersuchung und werden nachfolgend in Tabelle 22: Stichprobe der DAX- und MDAX-Unternehmen fur die eigene empirische Untersuchung aufgelistet. Da nicht alle 64 Unternehmen uber den gesamten Zeitraum in die Untersuchung integriert werden, zeigt die in der nachfolgenden Abbildung angegebene Ziffer in Klammern das Jahr der Integration der Daten des Unternehmens in die eigene empirische Untersuchung an.

222

DAX

1

Untemehmen mit Daten von 1996-2003 Altana AG Adidas Salomon AG BMW AG Bayer AG Henkel KG aA Deutsche Lufthansa AG RWEAG MAN AG Siemens AG Schering AG Volkswagen AG Untemehmen mit Daten von [xxxx)-2003 Daimler Chrysler AG (1999) Deutsche Post AG (2001) E.ONAG(2001) Fresenius Medical Care AG (1998) Metro AG (1997) ThyssenKrupp AG (2000)

BASF AG Continental AG Linde AG SAP AG TUI AG

Deutsche Telekom AG (1997) lnfinionAG(2001)

MDAX

1

Untemehmen mit Daten von 1996-2003 Beiersdorf AG Bilfinger Berger AG Douglas Holding AG Fielmann AG HeidelbergCement AG HOCHTIEF AG IWKA AG K+S Aktiengesellschaft ifeenig^^rewrA© " 1
BERU AG (1998) IVG Immobilien AG (1998) Pro Sieben Sati Media AG (1998) Techem AG (2001)

Celesio AG Fresenius AG Hugo Boss AG Karstadt Quelle AG

1 1 1 1

MLP AG

J

Rhoen-Klinikum AG Sudzucker AG Wella AG

1 1 1

Celanese AG (2000) Medion AG (2000) SalzgitterAG(1999) ThielLogistikAG(2001)

1 1

Tabelle 23: Stichprobe der DAX- und MDAX-Unternehmen fur die eigene empirische Untersuchung

Der untersuchte maximale Zeitraum fur die empirische Untersuchung wird definiert durch die historisch volatilen Borsenjahre zwischen 1996 und 2003. Fur einige Untemehmen sind die Daten auch uber einen langeren Zeitraum bis zuruck ins Jahr 1988 vorhanden, allerdings ist aufgrund abnehmender Datenqualitat und sinkender Anzahl der zu beobachtenden Unternehmen nach 1995 keine ausreichend grofie Stichprobe fur Untersuchungen mehr gegeben. Tabelle 23: Anzahl der Untemehmen fur die eigene empirische Untersuchung stelit die Anzahl der zugrunde gelegten Untemehmen pro Jahr dar.

Anzahl der Untemehmen

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

43

45

51

54

58

64

64

64

Tabelle 24: Anzahl der Untemehmen fur die eigene empirische Untersuchung Fur 43 der 64 Untemehmen ist eine vollstandige Beobachtung uber den gesamten gewahlten Zeitraum zuruck bis 1996 moglich, fur alle 64 Untemehmen mindestens eine Beobachtung uber drei Jahre zuruck bis zum Jahr 2 0 0 1 . Bei dem der empirischen Untersuchung zugrunde liegenden Datensatz handelt es sich um unbalanced Daten, da einzelne der 64 Untemehmen nicht vollstandig uber den gewahlten 223

Zeitraum integriert wurden. Bei einem balanced Datensatz liegen fur alle Untersuchungseinheiten Beobachtungen uber den gleichen Zeitraum vor, in diesem Fall umfasst er 43 Unternehmen. Der im Zeitverlauf zunehmende Stichprobenumfang hat mehrere Ursachen: Einige Unternehmen wurden erstmalig nach dem Jahr 1996 borsennotiert und konnen somit erst ab einem spateren Zeitpunkt in die Untersuchung integriert werden.®^^ Bei dem Borsengang eines Unternehmens findet in der Regel eine Erhohung des Eigenkapitals statt. Um konsistente und vergleichbare Daten zu erhalten, wird der mit dem Borsengang einhergehende Kapitalerhohungseffekt eliminiert, indem die Daten von Unternehmen, die wahrend des zu beobachtenden Zeitraums von 1996 bis 2003 einen Borsengang durchgefuhrt haben, erst ab dem dem Borsengang folgenden Jahr in die empirische Untersuchung aufgenommen werden.^^"* Insgesamt 18 der 64 Unternehmen der DAX- und MDAX-Stichprobe haben einen Borsengang im Jahr 1996 bzw. spater durchgefuhrt. Funf Unternehmen fuhrten ihren Borsengang im Jahr 2000 durch; hierzu gehoren die Unternehmen AWD Holding, Deutsche Post AG, Infineon AG, Techem AG und Thiel Logistik AG. Aufgrund der Eliminierung des Effektes aus dem Borsengang ist eine Aufnahme dieser Unternehmen erst ab dem Jahr 2001 und somit eine Analyse der Daten fur drei Jahre moglich. Die vorgenannten funf Unternehmen wurden in die Untersuchung aufgenommen, da diese trotz des kurzen Beobachtungszeitraums die extremen Borsenjahre 2001-2003 abdecken und somit die Moglichkeit zur Durchfuhrung von Market Timing-Mafinahmen grundsatzlich besteht. Der im Zeitverlauf zunehmende Stichprobenumfang ist weiterhin durch wahrend des Untersuchungszeitraums erfolgte grofiere Fusionen begrundet. Vergleichbar der Vorgehensweise bei den Neuemissionen werden auch Sondereffekte aus Fusionen, die einen wesentlichen Einfluss auf die Kapitalstruktur ausuben, eliminiert. Die Daten derjenigen Unternehmen, die als Folge einer Fusion bzw. eines Kaufs im beobachteten Zeitraum eine erhebliche Veranderung der Kapitalstruktur aufweisen, wie dies z. B. bei Fusionen unter Gleichen der Fall ist, werden erst ab dem der Fusion nachfolgenden Jahr in die Untersuchung integriert. Dies trifft auf die Unternehmen EOn AG, DaimlerChrysler AG und ThyssenKrupp AG zu.

Zu den in die Stichprobe aufgenommenen Unternehmen fur die eigenen empirischen Untersuchungen, die erst im Jahr 1996 Oder spater eine Borsennotierung durchgefuhrt haben, zahlen (in Klammern das Jahr der Borsennotierung): Deutsche Telekom AG (1996), Fresenius Medical Care AG (1996), Metro AG (1996), Beru AG (1997), Heidelberger Druckmaschinen AG (1997), ProSieben Sati Media AG (1997), Stada AG (1997), IVG Immobilien AG (1998), Norddeutsche Affinerie (1998), Salzgitter AG (1998), Medion AG (1999), Zapf Creation AG (1999), Celanese AG (1999), AWD Holding AG (2000), Deutsche Post AG (2000), Infineon AG (2000), Thiel Logistik AG (2000), Techem AG (2000). Ein Borsengang muss nicht zwangslaufig mit einer Kapitalerhohung einhergehen. So besteht auch die Moglichkeit, dass ein Mutteruntemehmen eine Tochter borsennotiert und ihre Anteile dabei offentlich an der Borse platziert, ohne dass eine Kapitalerhohung durchgefuhrt wird. 224

Ein weiterer Grund fur den zunehmenden Stichprobenumfang resultiert aus der teilweise luckenhaften Datenbasis zu den ausgewahlten DAX- und MDAX-Unternehmen. Trotz langjahriger Borsennotierung einiger Unternehmen werden die Daten haufig erst mit Aufnahme in einen wichtigen Index wie den MDAX oder DAX erhaltlich bzw. wurden In den zuruckllegenden Jahren nicht vollstandig aufbereitet. Die Unternehmen werden daher erst ab Erhalt einer kontinuierlich vollstandigen Datenbasis in die eigene empirische Untersuchung aufgenommen. Der jeweils vorgenommene Aufnahmezeitpunkt der Unternehmen zielt auf eine konsistente und vergleichbare Datenbasis der in der Stichprobe enthaltenen Unternehmen ab.

5.4

Analyse der Kaprtalstrukturen und Flnanzlerung

5.4.1 Systematik, Aufbau und Zlel der Untersuchung Die nachfolgende Analyse zielt darauf ab, die Kapitalstrukturen der untersuchten Unternehmen wahrend der Jahre 1996-2003 zu analysieren. Der Fokus der Untersuchung liegt auf der Analyse der durchschnittlichen Eigen- und Fremdkapitalquote sowie auf eventuellen Veranderungen in der Finanzierungsstruktur im Zeitablauf. Ein weiterer Fokus der Untersuchung ist die Analyse in Bezug auf die Zielkapitalstrukturen gemaO. der Trade-off-Theorie. Auf Basis der einzelnen Unternehmen soil die Varianz der durchschnittlichen Eigenkapitalquote innerhalb der beobachteten Jahre analysiert werden, um Ruckschlusse auf die Verwendung von Zielkapitalstrukturen durch die Unternehmen zu Ziehen. Des Weiteren wird anhand der durchschnittlichen Finanzierung des Bilanzwachstums der Unternehmen untersucht, welche Finanzierungsart die Unternehmen praferieren, um Ruckschlusse auf die Gultigkeit der Pecking-Order-Theorie zu Ziehen. Die generierten Bloomberg-Daten liefern Informationen zu den jahrlichen KonzernabschliJssen und somit zu den Positionen der Passivseite der ausgewahlten borsennotierten Unternehmen im Zeitraum von 1996 bis 2003. Diese sind im Anhang 1: Daten zur Analyse der durchschnittlichen Kapitalstruktur und der VerSnderung beigefugt. Die Passivseite der der Stichprobe zugrunde liegenden Unternehmen wird fur jedes Unternehmen in absoluten Zahlen in Millionen Euro sowie in Prozent angegeben und unterteilt in Eigenkapital und gesamte Verbindlichkeiten. Das Eigenkapital wird unterteilt in die Positionen Grundkapital inklusive Kapitalrucklage sowie Gewinnrucklage und ausgewiesen mit und ohne Minderheitenanteil. Die gesamten Verbindlichkeiten werden unterteilt in Lieferantenverbindlichkeiten, kurz- und langfristige Finanzverbindlichkeiten sowie sonstige Verbindlich225

keiten, zu denen auch Ruckstellungen gerechnet werden. Basierend auf vorgenannten A n gaben werden die durchschnittliche Eigenkapitalquote sowie die weiteren genannten Passivpositionen fur die gesamten Unternehmen berechnet. Die Analyse wird jeweils fur den balanced und den unbalanced Datensatz durchgefuhrt. Im HInblick auf die Interpretation der somit berechneten Eigen- und Fremdkapitalquoten ist einschrankend zu berucksichtlgen, dass weitergehende Differenzierungen, z. B. in Bezug auf hybrides Kapital wie Mezzanine, nicht vorgenommen werden konnen.^^^ Auf Basis der berechneten Eigenkapitalquote fur die Unternehmen wird eine detaillierte Analyse der Verteilung der Eigenkapitalquote durchgefuhrt. Fur jedes Unternehmen wird zunachst die durchschnittliche Eigenkapitalquote innerhalb des beobachteten Zeitraums berechnet; siehe hierzu auch den Anhang 2: Eigenkapitalquote, mlnlmale und maxlmaie Bgenkapttalquote und Differenz. In Abhangigkeit dieser Quote werden die Unternehmen in Gruppen und in Abhangigkeit der Hohe ihrer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von 0-10 %, 10-20 %, 20-30 %, 30-40 %, 40-50 %, 50-60 % und ijber 60 % eingeteilt, urn die Verteilung der durchschnittlichen Eigenkapitalquote der Stichprobe zu analysieren. Die Berechnung wird fur den balanced und den unbalanced Datensatz durchgefuhrt. Eine weitere Analyse in Bezug auf die Eigenkapitalquote der Unternehmen beschaftigt sich mit der Varianz der durchschnittlichen Eigenkapitalquote auf Unternehmensebene mit dem Ziel herauszufinden, inwieweit die Kapitalstrukturen fix bzw. flexibel gemafi der Trade-offTheorie sind. Hierfur wird fur jedes einzelne der 64 Unternehmen, wie in Anhang 2: Eigenkapitalquote. minimale und maximale Eigenkapitalquote und Differenz dargestellt, die durchschnittliche, die minimale und die maximale Eigenkapitalquote sowie die Differenz zwischen minimaler und maximaler Eigenkapitalquote fur den zu beobachtenden Zeitraum berechnet. So weist z. B. die Volkswagen AG im Jahr 1996 eine minimale Eigenkapitalquote von 12,5 % und im Jahr 2000 eine maximale Quote von 23,1 % auf. Im Zeitraum von acht Jahren weist die Volkswagen AG eine durchschnittliche Eigenkapitalquote in Hohe von 18 % und eine Variation bzw. Differenz in Hohe von rund 11 % auf. Die Berechnung wird fur den balanced und den unbalanced Datensatz durchgefuhrt. Eine weitere Untersuchung beschaftigt sich mit der Analyse der Finanzierungsart des Bilanzwachstums der Unternehmen in den beobachteten Jahren, um gemafi der Pecking-Order-Theorie zu untersuchen, ob einbehaltene Gewinne,

Mezzanine-Kapital stellt eine hybrids Finanzierungsform dar, die zwischen Eigen- und Fremdkapital positioniert ist. Aufgrund der Vielzahi der mdglichen Ausgestaltungsformen kann Mezzanine-Kapital dem Eigen- oder zum Fremdkapital zugeordnet werden und zeichnet sich insbesondere durch die Nachrangigkeit in Bezug auf die sonstigen Glaubiger, die Vorrangigkeit gegenuber dem haftenden Eigenkapital. die zeitliche Befristung der Uberlassung sowie die i. d. R. hohere Vergutung im Vergleich zum klassischen Fremdkapital aus. In den letzten Jahren hat der Einsatz von Mezzaninen-Finanzierungsinstrumenten zugenommen. Kapital in Form eines Nachrangdarlehens kann unter bestimmten Voraussetzungen somit wirtschaftlich zum Eigenkapital gerechnet werden, vgl. Nelles/Klusemann (2003), S. 6 ff. 226

Fremdkapital oder die Eigenkapitalemissionen primares Finanzierungsinstrument der Unternehmen sind. Hierzu wird in Anhang 1: Daten zur Analyse der durchschnittlichen Kapitalstruktur und der Ver^nderungiux jedes Untemehmen separat zunachst die Differenz zwischen den jeweiligen Bilanzpositionen in 2003 und dem ersten berichteten Jahr 1996 bzw. spater berechnet. Fur jedes der 64 Unternehmen erhalt man folglich uber den beobachteten Zeitraum die Hohe des Bilanzwachstums sowie die Aufteilung dieses Wachstums auf die einzelnen Bilanzpositionen. Die Ergebnisse dieser Berechnung werden je Bilanzposition fur aile 64 Unternehmen addiert, um aggregierte Zahlen zu erhalten. Diese Berechnung wird basierend auf den balanced und unbalanced Daten durchgefuhrt, ebenso eine weitere Berechnung, die die unbalanced Daten enthalt exklusive der Daten der deutschen Telekom, da aufgrund der Verwendung absoluter Zahlen die deutsche Telekom bedingt durch die Grofie im Vergleich zu den anderen Unternehmen der Stichprobe einen signifikanten Unterschled der unbalanced zu den balanced Daten bewirkt.^^^

5.4.2

Ergebnisse und Interpretation

5.4.2.1 Entwicklung der durchschnittlichen Kapitalstrukturen Anhand der folgenden Tabelle 24: Entwicklung der durchschnittlichen Kapitalstrukturen (balanced) und der Tabelle 25: Entwicklung der durchschnittlichen Kapitalstrukturen (unbalanced) zexqi sich, dass die durchschnittiiche Eigenkapitalquote der Unternehmen nur sehr geringfijgig uber den gesamten beobachteten Zeitraum variiert. Passivseite

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

Grundkapital -•• KapitalrUcklage

18.4

17,1

15,9

14,5

13,1

12,3

12,7

13,2

Gewinnrtickiage

14,7

16.0

16,3

16,5

18,5

19,5

19,4

19,5

Eigenkapital

33.1

33,1

32,2

31,1

31,6

31,8

32,1

32,7

Eigenkapital (incl. Minderheitenanteile)

35,1

35,5

34,4

32.9

33,8

33,8

33,6

34,2

Kurzfristiges Finanzverbindlichkeiten

7.4

7,3

8,3

8.7

10.1

10,2

8,4

Langfristige Finanzverbindlichkeiten

10,1

10.0

9,5

11.1

11,9

12.8

14,1

7.2 j 14,2;

Finanzverbindlichkeiten

17,5

17.4

17.8

19,7

22.0

23,1

22,5

21,4'

9,0

8,9

9.1

10,3

10.7

10,2

10,0

10,0

Sonstige Verbindlichkeiten

38.5

38,3

38.7

37,1

33,5

32.9

34,0

34,4 i

Verbindlichkeiten Gesamt Gesamt

65,0 100,0

64,5 100,0

65,6 100,0

67,1 100,0

66,2 100,0

66,2 100,0

66,4 100,0

65,8? 100,0

Lieferantenverbindlichkeiten

Tabelle 25: Entwicklung der durchschnittlichen Kapitalstrukturen (balanced)

Die Daten der Deutschen Telekom sind aufgrund des Borsengangs 1996 erst ab 1997 in die Untersuchung mit eingeflossen und somit in dem unbalanced-Datensatz enthalten, nicht aber im balanced-Datensatz. Aufgrund einer Kapitalerhohung und des Kaufs von Voicestream findet eine extreme Erhohung des Grundkapitals und der Kapitalrucklage statt, ebenso war ein extrem hoher Verzehr der Gewinnrucklagen in den Jahren 2001/2002 zu verzeichnen. 227

Passivseite

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

20031

Grundkapitai + KapitalrUcklage

18,4

17,3

18.4

17,0

16.1

17,2

16,6

17/il

GewinnrUckiage

14.7

15,4

15.3

15,4

16.3

16.4

15,9

16,1

Eigenkapital

33.1

32,7

33.7

32,4

32.4

33.6

32,5

33,2

35,0

35,6

33.9

34,1

35,2

33,7

34,4

Kurzfristiges Finanzverbindlichkeiten

7.4

7,5

8.3

9.0

10.4

9.9

9,5

8,0

LangfristigeFinanzvarbindiichkeiten

10.1

10.9

11,0

11,8

13,5

14,0

15,2

15,6

Finanzverbindlichkeiten

17,5

18,4

19.3

20,8

23,8

23,8

24,7

23,6

9,0

9,2

9,4

10,4

10,6

10,1

9,8

9,8

38,5

37.4

35,7

34,9

31,4

30,8

31,8

32,2

65.9 100.0

64.8 100.0

66,3 100.0

Lieferantenverbindlichkeiten Sonstige Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten Gesamt Gesamt

65,0

65,0

64,4

66,1

100.0

100,0

100.0

100,0

65.6 100 o|

Tabelle 26: Entwicklung der durchschnittlichen Kapitalstrukturen (unbalanced) In der Untersuchung der balanced Daten varilert die durchschnittliche Eigenkapitalquote in der balanced Untersuchung in den Jahren 1996 zwischen der niedrigsten Quote in Hohe von 33.6 % im Jahr 2002 und der hochsten in Hohe von 35,5 % im Jahr 1997. In der Untersuchung der unbalanced Daten variiert die durchschnittliche Eigenkapitalquote zwischen 33.7 % und 35,6 %. Bei der Aufteilung des Eigenkapitals in Grundkapitai, Kapitalrijcklage und Gewinnrucklage ist in beiden Untersuchungen eine Erhohung der prozentualen Gewinnrucklagen erkennbar, die zu Lasten der Position Grundkapitai und Kapitalrijcklage geht. Wahrend des gesamten beobachteten Zeitraums - auch in den Borsenboomjahren 1999, 2000 bzw. in den rezessiven Borsenjahren 2002, 2003 - ist keine signifikante Anderung der durchschnittlichen Eigenkapitalquote bzw. der Kapitalstruktur der untersuchten Unternehmen festzustellen. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote belauft sich uber den gesamten Zeitraum auf rund 35 %, die durchschnittliche Quote der gesamten Verbindlichkeiten betragt rund 65 %. Eine signifikante Veranderung der Finanzierungsstruktur ist bei den Verbindlichkeiten zu beobachten. Im Jahr 1996 belauft sich der Anteil der Finanzverbindlichkeiten auf der Passivseite in beiden Untersuchungen auf rund 17,5 %. Diese Quote steigert sich bis auf einen Anteil in Hohe von rund 21,4 % (balanced) und auf rund 23,6 % (unbalanced) im Jahr 2003. Die Erhohung der prozentualen Finanzverbindlichkeiten geht primar zu Lasten einer sukzessiven prozentualen Reduktion der sonstigen Verbindlichkeiten in Hohe von 38,5 % im Jahr 1996, auf 34,4 % im Jahr 2003 (balanced) und von 38,5 % im Jahr 1996 auf 32,3 % im Jahr 2003 (unbalanced). Die ermittelte durchschnittliche Eigenkapitalquote borsennotlerter deutscher Unternehmen in Hohe von rund 35 % liegt uber dem In der Studle von ^ajan undZingales (1995) iesXgesXeWXen Wert in Hohe von 28 % fur borsennotierte deutsche Aktiengesellschaften im Jahr 1991 und 228

ijber dem in der Studie von Schwiete und Weigand (1997) festgestellten Wert in Hohe von 28,7 % fur die Jahre 1978-1990.^^^ Die Studie von Stehle {1994J ergab eine Eigenkapitalquote im Jahr 1986 basierend auf Einzelabschlussen fur borsennotierte deutsche Aktiengesellschaften in Hohe von 36 % und basierend auf Konzernabschiussen fur die Jahre 1988 und 1991 von im Schnitt 22 %. Allerdings ist bedingt durch eine unterschiedliche Unternehmensbasis und zum Teil abweichende Definition des Eigenkapitals und anderer zugrunde liegender Zeitabschnitte ein direkter Vergleich mit den eigenen Ergebnissen wenig zielfiihrend.^^^ Festzuhalten bleibt, dass sich die durchschnittliche Finanzierungsstruktur in Bezug auf die Eigenkapitalquote wahrend der volatilen Borsenjahre nur marginal verandert hat. Innerhalb des Eigenkapitals ist ein Trend innerhalb der letzten Jahre erkennbar, dass der prozentuale Ante!! der Gewinnrucklagen steigt und zu Lasten der Positionen Grundkapital und Rucklagen geht. Eine extreme Neuemissionstatigkeit der Unternehmen, die mit einem prozentualen A n stieg der Position Grundkapital und Rucklagen einhergehen wurde, kann somit ausgeschlossen werden. Die prozentuale Anderung, die innerhalb der Position Verbindlichkeiten stattgefunden hat und die sich in einem prozentualen Anstieg der Finanzverbindlichkeiten zu Lasten der sonstigen Verbindlichkeiten niederschlagt, lasst mehrere Schlussfolgerungen zu. Ein Grund fur diesen Trend kann der vermehrte Einsatz von Bankkrediten aufgrund des sinkenden Zinsniveaus in den letzten Jahren sein, zum anderen ist aber auch der zunehmende Einsatz von Anieihen als Finanzierungsinstrument bei deutschen Unternehmen eine mogliche Erklarung.^^^ Ein weiterer Grund konnte eine mogliche Einschrankung der Finanzierung mittels Ruckstellungen bzw. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sein. Eine abschlie927 928

Vgl. Schwiete/Weigand (1997), S. 7, Rajan/Zingales (1995), S. 1428. Bei der Studie von Stehle ist zu berucksichtigen, dass die der Studie zugrunde liegende Definition des Eigenkapitals nicht dem buchmafiigen Eigenkapital entspricht, sondern zunachst diverse Korrekturen vorgenommen werden. Als Eigenkapital wird zunachst das Grundkapital, die offenen Rucklagen und der Gewinnvortrag auf das nachste Jahr definiert. Groflere Korrekturen werden insbesondere bei der Position Sonderposten mit Rucklageanteil und Bilanzgewinn vorgenommen. Die Position Sonderposten mit Rucklageanteil wird zu nur 50 % dem Eigenkapital zugerechnet und zu 50 % dem Fremdkapital zugeschlagen. Des Weiteren wird der Bilanzgewinn als Fremdkapital behandelt, da er in der Regel voll ausgeschuttet wird. Weitere Korrekturen in Bezug auf die zugrunde gelegten Bilanzsummen werden vorgenommen, wie z. B. die Subtraktion der Pauschalwertberichtigungen auf Forderungen und Wertberichtigungen auf das Anlagevermdgen von der Bilanzsumme. Auch sind in den Jahren 1968-1986 mehrere Trends erkennbar. So hat der Anteil des langfristigen Fremdkapitals (ohne Ruckstellungen) an der Bilanzsumme kontinuierlich von ursprunglich 1 3 % auf 5 % abgenommen. Das kurzfristige Fremdkapital hat zunachst zu-. dann abgenommen, und zwar von insgesamt 32 % auf 28 %. Die Ruckstellungen haben von ursprunglich 16 % auf 31 % stetig zugenommen. Bei der Untersuchung der Eigenkapitalquoten basierend auf Konzernabschiussen werden zwischen 1988 und 1991 buchmadige Eigenkapitalquoten von im Schnitt 22 % und marktwertmafiige Eigenkapitalquoten von im Schnitt rund 40 % festgestellt. Die vergleichbaren Eigenkapitalquoten der Einzelabschlusse der Muttergesellschaften liegen rund 14 % uber denen des jeweiligen Konzemabschlusses, vgl. Stehle (1994), S. 814 ff. Vgl. Deutsche Bundesbank (2004 a), S. 20.

229

fiende Begrundung fur den aufgefundenen Trend kann basierend auf den vorliegenden Daten nicht gegeben werden. 5.4.2.2 Aufteiiung der Eigenkapitaiquote Die nachfolgende Tabelle 26: Anzahl der Unternehmen in Abhangigkeit der Hdhe der durchschnittlichen Eigenkapitaiquote zeigt eine absolute und prozentuale Zuordnung der Unternehmen zu einer Gruppe, in Abhangigkeit der ermittelten durchschnittlichen Eigenkapitaiquote der Unternehmen. Die Zuordnung wird fur den balanced und den unbalanced Datensatz vorgenommen. DurchschnJttliche Eigenkapitaiquoten xn % von: Obis<10 106l9<20 20 br9<30 3ffbi«<40 40bl«<50 50 bis<60 60 bfs^ee

Qesamt 1

Unbalanced (19xx-2003) Anzahl der Unternehmen

1

3

23

15

14

5

3

64

% Anteil der Unternehmen

1.6%

4.7%

35.9%

23.4%

21.9%

7.8%

4.7%

100%

Balanced (1996-2003) Anzahl der Unternehmen

0

2

19

10

7

4

1

43

% Anteil der Unternehmen

0.0%

4.7%

44.2%

23.3%

16.3%

9.3%

2.3%

100%

sa

Tabelle 27: Anzahl der Unternehmen in Abhangigkeit der Hdhe der durchschnittlichen Eigenkapitaiquote Die uberwiegende Anzahl der Unternehmen (80%) weist eine durchschnittliche Eigenkapitaiquote innerhalb der Spanne von 20 bis 50 % auf. Betrachtet man die Haufigkeitsverteilung dieser Quote, so ist die Gruppe mit durchschnittlicher Eigenkapitaiquote in Hohe von 2030 % am haufigsten vertreten: Rund 35,9 % (unbalanced) bzw. 44,2 % (balanced) der untersuchten Unternehmen werden dieser Gruppe zugeordnet. Die extremen Eigenkapitaiquoten, die unter 20 % bzw. uber 60 % liegen, sind insgesamt mit weniger als 20 % vertreten. Nur vier Unternehmen weisen eine durchschnittliche Eigenkapitaiquote von unter 20 % fur die jeweils untersuchten Jahre auf: die Deutsche Post AG mit 3,5 % (3 Jahre), die RWE AG mit 15 % (8 Jahre), die Volkswagen AG mit 18 % (8 Jahre) und die Metro AG mit 19 % (7 Jahre).''° Zu den Unternehmen mit der hochsten durchschnittlichen Eigenkapitaiquote von uber 60 % zahlen drei Unternehmen: die Infineon AG mit 60 % (3 Jahre), die Fielmann AG mit 62 % (8 Jahre) und die Beru AG mit 65 % (6 Jahre).

Der angegebene Zeitraum bezieht sich immer auf die maximal ab 2003 zurijckliegenden Jahre; so ist die Deutsche Post AG uber einen Zeitraum von maximal drei Jahren zu beobachten, also fur die Jahre 2001, 2002 und 2003. Lautet die Angabe wie z. B. bei Fielmann AG acht Jahre, ist der Zeitraum von 1996 bis 2003 zu beobachten. 230

Auch Unternehmen mit einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von uber 50 % sind nur geringfugig vertreten. Hierzu zahlen insgesamt funf Unternehmen: Die Stada Arzneimittel A G mit 51 % (6 Jahre), die Schwarz Pharma A G mit 53 % (8 Jahre), die Krones A G mit 52 % (8 Jahre), die Altana AG mit 55 % (8 Jahre) und die SAP AG mit 57 % (8 Jahre). Die nur selten vertretenen Eigenkapitalquoten im niedrigen wie im hohen Bereich lassen keine Ruckschlusse auf eine Abhangigkeit von Branchen zu, da Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen diese extremen Eigenkapitalquoten aufweisen.

5.4.2.3

Veranderung der Kapitalstruktur auf Unternehmensebene

Zur Uberprijfung, ob borsennotierte Unternehmen eine Zielkapitalstruktur gemafi der Tradeoff-Theorie aufweisen, wird die Varianz der durchschnittlichen Eigenkapitalquote der Unternehmen analysiert. Die Auswertung der minimalen und der maximaien Eigenkapitalquote sowie der Differenz fur jedes einzelne Unternehmen ist in Anhang 2: Eigenkapitalquote, minimale und maximale Eigenl
Variation der Hdhe der Eigenkapitalquote in% von... 0 bis<5

5 bi8<10 10bis<15 15bl8<20 20 bi8<25 25 bis<30 30 bi8<47 Gesamt |

Unbalanced (19xx-2003) Anzahl der Unternehmen % Anteil der Unternehmen

7

16

21

10

4

2

4

64

10.9%

25.0%

32.8%

15.6%

6.3%

3.1%

6.3%

100%

Balanced (1996-2003) Anzahl der Unternehmen % Anteil der Unternehmen

2

12

16

5

3

2

3

4.7%

27.9%

37.2%

11.6%

7.0%

4.7%

7.0%

43

100% 1

Tabelle 28: Klassifizierung der Unternehmen in Abhangigkeit der Variation der Eigenl
231

Fur den balanced wie fur den unbalanced Datensatz ergeben sich ahnliche Resultate. Rund 30-35 % der Unternehmen weisen eine nur geringe Veranderung der Eigenkapitalquote auf, die EK-Quote verandert sich maximal urn 10 Prozentpunkte. Weitere 40-45% der Unternehmen weisen eine Veranderung der EK-Quote auf, die sich zwischen

10 und

20 Prozentpunkten bewegt. Extreme Veranderungen der Eigenkapitalquote von uber 20 Prozentpunkten sind eher selten, nur rund 15-20 % der Unternehmen weisen derart signifikante Veranderungen der Eigenkapitalquote auf. In der Annahme, dass eine fixe bzw. relativ fixe Eigenkapitalquote mit der Existenz einer Zielkapitalstruktur gemafi der Trade-off-Theorie einhergeht, zeigt die nachfolgende Abbildung 12: Unternehmen mit fixer Oder flexibler Ziell
Der Tabelle 12 liegen die folgenden Berechnungen bzw. Annahmen zugrunde: Bel der Anzahl der Unternehmen in Abhangigkeit der Variation der Eigenkapitalquote wurde unterstellt, dass Unternehmen, die eine Variation der Eigenkapitalquote bis zu 5 % aufweisen, eine fixe Zielkapitalstruktur haben. Unternehmen, die eine Variation der Eigenkapitalquote von 5-15% aufweisen, haben einen fixen Korridor fur ihre Zielkapitalstruktur innerhalb dessen sie sich bewegen. Unternehmen, die eine Variation der Eigenkapitalquote von 15-20% aufweisen, haben eine flexible Zielkapitalstruktur, und Unternehmen mit einer Variation der Eigenkapitalquote grdfier als 20 % haben keine Zielkapitalstruktur. So zeigt sich in der Detailanalyse der Daten, dass einige der Unternehmen, die eine hohe Variation der Eigenkapitalquoten aufweisen und denjenigen Unternehmen zugerechnet werden, die keine Zielkapitalstruktur aufweisen, hohe Verluste in einigen Jahren ausgewiesen haben, die wiederum zum Verzehr des Eigenkapitals gefuhrt haben. 232

Keine Zielkapltalstruktur 19%

Fixe Zielkapltalstruktur 5%

Flexible Zielkapltalstruktur 12% Fixer Korridor fur Zielkapltalstruktur 64%

Abbildung 12:

Unternehmen mit fixer oder flexibler Zielkapltalstruktur (eigene empirische Untersuchung)

Unter Berucksichtigung der vorgenommenen Relativierung lasst sich jedoch die Aussage formulieren, dass die uberwiegende Anzahl der untersuchten Unternehmen eine mehr oder weniger fixe Vorstellung ihrer Kapitalstruktur zu haben scheint, da die Ergebnisse uberwiegend auf fixe Zielkapitalstrukturen bzw. einen fixen Korridor fur eine Zielkapltalstruktur hinweisen und extreme Unterschiede in der Kapitalstruktur eher die Ausnahme als die Regel bilden. Diese Ergebnisse bestatigen die bisherigen Erkenntnisse nationaler wie internationaler empirischer Untersuchungen. Die Studie von Graham und Harvey ^us dem Jahr 2002 als auch die Ergebnisse der deutschen Studie von Drobetz, Pensa und Wohle 3us dem Jahr 2004 weisen vergleichbare Ergebnisse in Bezug auf die Zielkapltalstruktur von Unternehmen auf.®^^ Die uberwiegende Mehrheit der Unternehmen gab an, dass sie einen mehr oder weniger fixen Korridor fur ihre Kapitalstruktur haben. Weiterhin bestatigt auch die Umfrage von

Drobetz,

Pensa und Wohle (2004). dass eine Zielkapltalstruktur von Bedeutung fur die Finanzierungspolitik ist, da das am haufigsten genannte Kriterium fur oder gegen die Durchfuhrung einer Kapitalerhohung die Einhaltung einer Zielkapltalstruktur ist.^^"*

Slehe hierzu auch die Abschnitte 4.5 und 4.6.1.1, in der die Ergebnisse der beiden Studien vorgestellt werden. Vgl. Drobetz/Pensa/Wohle (2004), S. 42. 233

Dies legt die Vermutung nahe, dass Untemehmen eine gewisse Vorstellung uber ihre Kapitalstruktur bzw. die Eigen- und Fremdkapitalquote haben, die allerdings einen flexiblen Spielraum beinhaltet. 5.4.2.4 Analyse der Finanzierung des Bilanzwachstums Nachfolgend werden die Ergebnisse in Bezug auf die Finanzierungsart der untersuchten Untemehmen prasentiert. Die Analyse der Finanzierungsart des Bilanzwachstums der untersuchten Unternehmen in den letzten Jahren wird in der nachfolgenden Tabelle 28: Aggregierte VerSnderung der jeweiligen Passivposition se/tAnfangsJa^rdargesteWl Die Tabelle weist das aggregierte Bilanzwachstum sowie die Unterteilung auf die einzelnen Bilanzpositionen in Millionen Euro aus und wurde fur den balanced und den unbalanced Datensatz, jedoch aufgrund des groflen Einflusses der Deutschen Telekom AG weiterhin fur die unbalanced Daten ohne die Telekom dargestellt. Der Ausweis in absoluten Zahlen zeigt den deutlichen Einfluss der Telekom, die in der Auswertung der unbalanced Daten enthalten ist und somit im Vergleich zur Auswertung der unbalanced Daten ohne die Deutsche Telekom AG einen Unterschied in Hohe von rund 70 Mrd. € in Bezug auf das Bilanzwachstum und dementsprechend auch zu signifikanter Veranderung anderer Bilanzpositionen beitragt. Aufgrund des grofien Einflusses der Deutschen Telekom AG, basierend auf einer Auswertung anhand absoluter Zahlen, werden bei der nachfolgenden Diskussion die Daten der balanced und der unbalanced Untersuchung (ohne Deutsche Telekom) kommentiert.

Unbalanced

Balanced

Unbalanced

j

(Ohne Deutsche Telekom)

|

in € Mio.

in%

in € Mio.

in%

in € Mio.

in %

Grundkapital + Kapitalrucklage

16.467

5,3%

60.011

16,2%

20.437

6,7%

Gewinnrijcklage

59.988

19.4%

27.628

7.5%

61.325

20.0%

Eigenkapital

76.455

24,7%

87.639

23,7%

81.762

26,7%

Eigenkapitai (inci. Minderheitenanteile)

76.742

24,8%

89.062

24,1%

75.970

24,8%

Kurzfristiges Finanzverbindlichkeiten

43.586

14,1%

56.085

15,1%

22.807

7,5%

Langfristige Finanzverbindlichkeiten

91.484

29,6%

106.217

28,7%

43.473

14,2%

135.070

43,7%

162.302

43,8%

91.004

29,7%

23.725

7.7%

28.063

24,5%

72.864

23,8%

Sonstige Verbindlichkeiten

73.883

23,9%

90.856

24.5%

66.280

21.7%

Verbindlichkeiten Gesamt

232.679 309.421

75,2%

281.221 370.283

75,9%

230.148 306.118

100 0%

Passivseite

Finanzverbindlichkeiten Lieferantenverbindlichkeiten

Gesamt

100,0%

100,0%

75,2%

Tabelle 29: Aggregierte Veranderung der jeweiligen Passivpositionen seit Anfangsjahr Festzustellen ist, dass das passivische Bilanzwachstum der untersuchten Unternehmen primar erklart werden kann durch die Erhohung der Finanzverbindlichkeiten in Hohe von rund 30-44 % (in Abhangigkeit des balanced oder unbalanced Datensatzes), durch die Erhohung 234

der Gewinnrucklagen zu rund 20 %, durch die Erhohung der Lieferantenverbindlichkeiten zu rund 8-24 % (in Abhangigkeit des balanced oder unbalanced Datensatzes), durch die Erhohung der sonstigen Verbindlichkeiten (zu denen auch die Ruckstellungen zahlen) zu rund 23 % sowie durch die Erhohung der Position Grundkapital + Kapitalrucklage zu rund 5-7 %. Gemafi der Pecking-Order-Theorie folgen die Unternehmen einer Finanzierungshierarchie, nach der die Finanzierung zuerst aus internen Mittein, dann aus Fremdkapital und zuletzt mittels neuen Eigenkapitals realisiert wird. Kritisch anzumerken ist jedoch, dass bei der Diskussion urn die Pecking-Order-Theorie weitere Finanzierungsmoglichkeiten der Unternehmen, wie z. B. durch Lieferantenverbindlichkeiten, Ruckstellungen, weitere Verbindlichkeiten bzw. auch Finanzierungsformen wie Leasing oder Asset-Backed-Finanzierung, die nicht aus der Bilanz ersichtllch sind, nicht berucksichtigt warden. So zetgt zunr> Betspiel die Auswertung, dass der Anteil der Lieferantenverbindlichkeiten und sonstigen Verbindlichkeiten einen fast ahnlich hohen Stellenwert im Hinblick auf die Finanzierung des Bilanzwachstums hat wie die Finanzverbindlichkeiten.^^^ Vorbehaltlich der genannten Einschrankungen zur Pecking-Order-Theorie geben die Auswertungen Hinweise darauf, dass generell die untersuchten borsennotierten Unternehmen eine Praferenz zur Finanzierung aus internen Mittein aufweisen. Weiterhin sind die Finanzverbindlichkeiten, primar die langfristigen und nachfolgend die kurzfristigen, aber auch die Lieferanten- oder sonstigen Verbindlichkeiten, von hoher Bedeutung bei der Finanzierung. Eine nachgeordnete Rolle im Gesamtkontext spielt die Finanzierung durch die Emission von neuem Eigenkapital, die sich in der Position Grundkapital und Kapitalrucklage widerspiegelt. Die Resultate der internationalen Umfragestudie von Graham und Harvey (2002) un(i die Umfragestudie von Drobetz, Pensa und Wohle (2004) weisen als einen Grund zur Emission von Finanzverbindlichkeiten die von den Unternehmen angegebene Knappheit interner Mittel aus. Des Weiteren wird ein eher zogerliches Verhalten der Unternehmen zur Emission von neuem Eigenkapital festgestellt.^^® Vor dem Hintergrund dieser Resultate und den Ergebnissen der eigenen Untersuchung konnen folgende Schlussfolgerungen gezogen werden: Gemafl der Pecking-Order-Theorie ist die Eigenkapitalemission ein nachrangiges Instrument der Unternehmensfinanzierung. Die Bedeutung der Finanzierung aus internen Mittein und

Die Messung der Bedeutung Leasing bzw. Asset-Backed-Finanzierung als Finanzierungsinstrument fur Unternehmen ist im Rahmen dieser Arbeit nicht moglich. Die Fragebogenstudie der Siemens Financial Services (2002) weist allerdings auf eine wachsende Bedeutung dieser Finanzierungsformen hin, vgl. Siemens (2002), S. 11. Vgl. Drobetz/PensaAA/ohle (2004), S. 41, Graham/Harvey (2002), S. 14. 235

aus Finanzverbindlichkeiten ist vorrangig. Anhand der Ergebnisse kann allerdings nicht konkludent geschlossen werden, dass die Finanzierung aus internen Mittein immer vorrangig vor der Finanzierung nnit Finanzverbindlichkeiten erfolgt. 5.4.3 Fazit Die Analyse der durchschnittlichen Kapitalstrukturen der 64 borsennotierten Unternehmen ijber den gesamten Zeitraum von 1996 bis 2003 zeigt keine wesentlichen Veranderungen der Eigenkapitalquote. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote uber den gesamten Zeitraum betrachtet betragt rund 35 %, die durchschnittliche Quote der gesamten Verbindlichkeiten im selben Zeitraum rund 65 %. Es ist lediglich eine marginale Verschiebung innerhalb der Verbindlichkeiten zugunsten der Bankverbindlichkeiten und zu Lasten der sonstigen Verbindlichkeiten erkennbar. Eine abschllefiende Erklarung fur diese Verschiebung kann aufgrund der vorliegenden Daten nicht gegeben werden. Die relativ volatilen Borsenjahre mit historischen Hochst- und Tiefstbewertungen haben somit zumindest in der Gesamtbetrachtung nicht zu einer signifikanten Anderung der durchschnittlichen Kapitalstruktur der untersuchten borsennotierten Unternehmen gefuhrt.^^^ Die Verteilung der Eigenkapitalquoten lasst darauf schliefien, dass die untersuchten borsennotierten deutschen Unternehmen eine extrem niedrige und extrem hohe durchschnittliche Eigenkapitalquote vermeiden. Rund vier Funftel der untersuchten Unternehmen weisen eine durchschnittliche Eigenkapitalquote innerhalb der Spanne von 20 % bis 50 % auf, wobei die am haufigsten auftretende Eigenkapitalquote mit rund 36 % der untersuchten Unternehmen zwischen 20 und 30 % liegt. Des Weiteren werden Hinweise gefunden, die konsistent mit internationalen und nationalen Studien sind und gemafi der Trade-off-Theorie bestatigen, dass Unternehmen eine Zielkapitalstruktur verfolgen, die zwar nicht fix, aber innerhalb gewisser Grenzen definiert ist. Bei rund zwei Drittein der untersuchten Unternehmen variiert die Kapitalstruktur innerhalb eines Korridors von 5 bis 15 %. Extrem variierende Kapitalstrukturen bzw. extrem fixe Kapitalstrukturen bilden die Ausnahme. In der Gesamtbetrachtung ergibt sich weiterhin fur die deutschen borsennotierten Unternehmen, dass das Bilanzwachstum der letzten Jahre primar durch einbehaltene Gewinne und Finanzverbindlichkeiten finanziert wurde. Auch die Lieferantenverbindlichkeiten und die sonstigen Verbindlichkeiten trugen maflgeblich zur Finanzierung bei. Der Finanzierung durch die Emission von neuem Eigenkapital kommt trotz des Borsenbooms der letzten Jahre sowie ®^^ Diese Aussage gilt nur fur die Gesamtbetrachtung. Fur einige der 64 Unternehmen haben durchaus signifikante Veranderungen der Kapitalstrukturen stattgefunden. 236

der fur die Unternehmen gegebenen Moglichkeiten zur Platzierung neuer Aktien an Investoren eine geringe Bedeutung zu. Insofern treffen Teilaspekte der Pecking-Order-Theorie auf die untersuchten Unternehmen zu, da der Finanzierung aus einbehaltenen Gewinnen und aus Finanzverbindlichkeiten eine hohe Bedeutung zukommt und die Finanzierung aus der Emission von neuem Eigenkapital demgegenuber nachrangig ist. Einschrankend ist hier allerdings anzumerken, dass die genaue Abfolge der Finanzierungshierarchie anhand der zugrunde liegenden Daten nicht nachgewiesen werden kann.^^^

5.5

Analyse zum Market Timing-Verhalten

5.5.1 Moglichkeiten des Market Timings Nachfolgend werden zun^chst die Moglichkeiten des Market Timings, also das opportunistische Ausnutzen unterschiedlicher Borsenbewertungen fur borsennotierte Unternehmen, erlautert. Reagiert ein Unternehmen auf die Marktbewertungen an der Borse, stehen prinzipiell mehrere Moglichkeiten zur Nutzung dieser Marktdifferenzen zu Verfugung. Mittels der Durchfijhrung von Kapitalerhohungen gegen Bar- oder Sacheinlagen kann das Unternehmen hohe Bewertungen ausnutzen, um entweder neues Eigenkapital aufzunehmen und von der hohen Bewertung zu profitieren, oder Unternehmenskaufe durch die Ausgabe eigener Aktien auf hohem Bewertungsniveau zu tatigen. Ist ein Unternehmen der Ansicht, dass die Bewertung des eigenen Unternehmens an der Borse sehr niedrig ist, kann es diese Unterbewertung mittels Aktienruckkaufen zum eigenen Vorteil nutzen. Neben diesen direkten Moglichkeiten des Market Timings stehen insbesondere borsennotierten Konzernen weitere Moglichkeiten des Market Timings offen, die nicht direkt durch die Muttergesellschaft realisierbar sind, sondern z. B. durch den Kauf oder Verkauf borsennotierter Tochter oder den Spin-off von Teiibereichen des Konzerns sowie durch die anschliefiende Borseneinfijhrung oder Borsennotierung von Tochtern. In der eigenen empirischen Untersuchung zum Market Timing werden als Market TimingMafinahmen Kapitalerhohungen gegen Bareinlagen sowie Aktienruckkaufe untersucht.^^^

So ist basierend auf den vorliegenden Daten auch eine Finanzierungshierarchie denkbar, bei der zunachst die sonstigen Verbindlichkeiten, dann die Finanzierungsverbindlichkeiten und anschlieflend die einbehaltenen Gewinne zu Finanzierungszwecken eingesetzt werden. Eine empirische Uberprufbarkeit von Kapitalerhohung gegen Bareinlagen sowie von Aktienruckkaufen ist aufgrund der in Bloomberg vorhandenen Daten moglich. Die Uberprufung von Kapitalerhohung gegen Sacheinlagen sowie die weiteren Market Timing-Maflnahmen z. B. durch Spinoffs Oder Borsennotierung von Tochtern ist anhand der zugrunde gelegten Daten nicht vollstandig nachvollziehbar. 237

Zunachst werden die rechtlichen und technischen Bedingungen fur Kapitalerhohungen sowie die unterschiedlichen Formen der Kapitalerhohung nach dem deutschen Aktiengesetz dargestellt. Bei einer ordentlichen Kapitalerhohung gegen Einlagen wird das Grundkapital durch Ausgabe neuer Aktien gegen Bar- Oder Sacheinlagen erhoht (§ 182 ff. AktG).^° Bei der Kapitalerhohung gegen Bareinlagen gibt das Unternehmen neue Aktien aus und dem Unternehmen fliefien neue Eigenmittel zu. Bei der Kapitalerhohung gegen Sacheinlagen, wie z. B. im Wege von Unternehmensubernahmen, werden Vermogenswerte des ubernehmenden Unternehmens eingebracht. Fur die DurchfiJhrung der ordentlichen Kapitalerhohung ist eine Satzungsanderung und somit eine Beschlussfassung der Hauptversammlung nach § 182 AktG notwendig. Um die zeitliche Flexibilitat zur Durchfuhrung von Kapitalerhohungen sicherzustellen, wird in der Praxis vermehrt die genehmigte Kapitalerhohung durchgefuhrt. Die Kapitalerhohung aufgrund eines genehmigten Kapitals (§ 202 ff. AktG) entspricht in ihren einzelnen Stadien weitgehend der ordentlichen Kapitalerhohung. Im Unterschied dazu ist bei dem genehmigten Kapital jedoch nicht die Eintragung der Ermachtigung der Hauptversammlung in das Handelsregister vor der Ausnutzung erforderlich, so dass die Anmeldung des Hauptversammlungsbeschlusses und die Anmeldung der Durchfuhrung der Kapitalerhohung nicht zusammen erfolgen konnen.^"*^ Die genehmigte Kapitalerhohung hat den Vorteil, dass die Hauptversammlung fur funf Jahre vorab die Entscheidungsbefugnisse bezuglich der Emission an den Vorstand delegiert, wahrend bei der ordentlichen Kapitalerhohung nur die Hauptversammlung die Konditionen der Emission genehmigen kann. Die Kapitalerhohung aus genehmigtem Kapital ist heute aufgrund ihrer flexiblen und schnellen Durchfuhrbarkeit, die im Hinblick auf die Volatilitat der Aktienmarkte erforderlich ist, der Regelfall. Bei einer Kapitalerhohung nach deutschem Aktienrecht ist gemafi § 186 Abs. 1 Satz 1 AktG jedem Aktionar grundsatzlich ein Bezugsrecht einzuraumen. Das Bezugsrecht gewahrt jedem Aktionar bei einer Kapitalerhohung einen Anspruch auf Zuteilung der neuen Aktien im Verhaltnis zu seinem bisherigen Anteil am Grundkapital.^"^^ Die Bedeutung des Bezugsrechts liegt darin, den Aktionar bei einer Kapitalerhohung vor einer Verringerung seiner Stimmrechtsquote und einer Verminderung des ihm zustehenden Anteils am Gesellschaftsvermogen mit dem entsprechenden Gewinn- und Liquidationsanteil zu schutzen.

941 942

Vgl. Bosch/Groli (1998), S. 178 ff. Vgl. Bosch/GroU (1998), S. 178 ff. Vgl. Bosch/Grofl (1998), S. 178 ff. 238

Eine Ausnahmeregelung gibt es allerdings fur die sogenannte „kleine" Kapitalerhohung. Bei einer Kapitalerhohung unterhalb von 10 % des Eigenkapitals kann das Bezugsrecht ausgeschlossen werden, wenn der Aktienpreis nahe dem tatsachlichen Bdrsenkurs emittiert wird.^"*^ Mittels dieser Ausnahmeregelung besteht fur borsengelistete Unternehmen kurzfristig die Moglichkeit, neues Eigenkapital aufzunehmen, ohne eine zu starke Verwasserung der Anteiie der Aitaktionare zu bewirken. Bei einer bedingten Kapitalerhohung erfolgt die Ausubung und Umwandlung von Optionsbzw. Wandelanleihen. Dies hat zur Folge, dass die effektive Eigenkapitalaufnahme in der Regel in zeitlich verteilten kleineren Betragen erfolgt. Bei der Kapitalerhohung aus Gesellschaftsmittein werden die Kapital- und/oder Gewinnrucklagen in Grundkapital umgewandelt. Die hierdurch neu entstehenden Aktien gemafi §213 Satz 1 AktG stehen automatisch den bisherigen Aktionaren im Verhaltnis ihrer Anteiie am bisherigen Grundkapital zu.^'*'^ Bei der Kapitalerhohung aus Gesellschaftsmittein erfolgt eine Umwandlung von offenen Rucklagen in Grundkapital. Es findet lediglich eine Umschichtung innerhalb des Eigenkapitals statt, ohne dass es zu einer neuen Kapitalzufuhr kommt. Die in der eigenen empirischen Studie analysierten Market Timing-Mafinahmen umfassen die effektiven Kapitalerhohungen, bei denen es zu einem Zufluss von Bareinlagen kommt. Hierzu zahlen die Kapitalerhohung mit und ohne Bezugsrecht gegen Bareinlagen.^"*^ Die Durchfuhrung der vorgenannten Kapitalerhohung bewirkt fur das Unternehmen einen Zufluss an liquiden Mittein, die in der Hohe des Nominalkapitals der Aktien in das Grundkapital und in Hohe des Betrags uber den Nominalbetrag hinaus in die Rucklagen fliefien. Somit findet eine Erhohung des Eigenkapitals und eine Veranderung der Kapitalstruktur statt, die zugleich mit einer erhohten Anzahl von ausstehenden Aktien zu einer Verwasserung des bestehenden Aktienanteils der Aitaktionare und des Gewinns je Aktie fuhrt. Eine weitere Moglichkeit der Nutzung von Market Timing-Mafinahmen besteht in der Durchfuhrung von Aktienruckkaufen. Diese Moglichkeit ist in Deutschland mit dem am 1. Mai 1998 in Kraft getretenen Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich

944 945

Vgl. Bosch/Gro(i (1998), S. 178 ff. Vgl. Bosch/Grofi (1998), S. 178 ff. Im Rahman einer bedingten Kapitalerhohung kommt es ebenfalls zum Zufluss effektiver Mittel. Die bedingte Kapitalerhohung zur Ausgabe von Wandelanleihen wird haufig im Rahmen von Aktienmitarbeiterprogrammen eingesetzt, dem Unternehmen fliefien dann zumeist gar keine oder nur sehr geringfugige Mittel zu. Im Rahmen der Ausgabe von groflen Wandelanleihen ist aber auch ein spaterer Bezug der Aktien des Untemehmens moglich, wobei dem Unternehmen dann erhebliche Mittel zuflieflen konnen. Im Rahmen der Arbeit konnen die bedingten Kapitalerhohungen nicht integriert werden, da anhand der Daten eine vollstandige Nachvoliziehbarkeit der Kapitalerhohung gegen Wandelanleihen nicht gegeben ist. 239

(KonTraG) erieichtert worden.^"*® Zwar bestand auch schon vor diesem Datum die Moglichkeit zum Ruckkauf eigener Aktien, allerdings gait dies nur fur eng umrissene Ausnahmefalle, wie z. B. der Bedienung von Belegschaftsprogrammen. Mittels des §71 Nr. 8 AktG besteht seit Mai 1998 fur Unternehmen die Moglichkeit, dass aufgrund einer hochstens 18 Monate geltenden Ermachtigung der Hauptversammlung eigene Aktien bis zu einem Gesamtvolumen von 10 % des Grundkapltals zuruckgekauft werden dijrfen.®'*^ In der Ermachtigung muss dabei der Anteil am Grundkapital festgelegt sein, der maximal zuruckgekauft werden kann, sowie die Dauer der Ermachtigung. Eine Einschrankung besteht insoweit, als der Aktienruckkauf nicht zum Zweck des Handels mit den eigenen Aktien erfolgen darf. Damit soil ein fortlaufender Kauf und Verkauf eigener Aktien mit dem Zfel, hieraus zusatzliche EinkQnfte zu generieren, ausgeschlossen werden. fst die Ermachtigung erfolgt, so kann der Vorstand jederzeit von dieser Moglichkeit Gebrauch machen.^"*® Zur Durchfuhrung der Aktienruckkaufe bestehen mehrere technische Moglichkeiten, wie z. B. der Ruckkauf uber die Borse im Rahmen eines offentlichen Ruckkaufangebots oder auch der Ruckkauf von einem Groflaktionar. Des Weiteren bestehen prinzipiell zwei bilanzlelle Moglichkeiten der Behandlung von AktienriJckkaufen. Die vorgenannten technischen und bilanziellen Moglichkeiten werden aufgrund der geringen Relevanz zur Auswertung der Daten hier nicht naher erlautert. Als GriJnde fur den Aktienruckkauf gelten die Nutzung der Aktien als Akquisitionswahrung, die Ausnutzung der Unterbewertung, die Veranderung der Kapitalstruktur, die Ausschuttung uberschussiger Liquiditat, die Optimierung der Aktionarsstruktur, die Abwehr feindlicher Ubernahmen sowie die Durchfuhrung im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms.^''^ Bedingt durch eine steuerlich zunachst ungeklarte Behandlung von Aktienruckkaufen unterblieb die Realisierung in Deutschland zunachst im Jahr 1998. Ein Aktienruckkauf bewirkt eine Eigenkapitalreduktion, die wiederum zu einer Veranderung der Kapitalstruktur fuhrt und mit einer Erhohung des Gewinns je Aktie fiJr die bestehenden Aktionare verbunden ist, da der Gewinn bzw. Verlust auf eine gerjngere Anzahl von Aktien verteilt wird. Seit Einfijhrung des KonTraG haben viele borsennotierte Unternehmen von der Einraumung der Ermachtigung des Aktienruckkaufs Gebrauch gemacht. Allerdings ergeben Studien, dass die Ermachtigung nicht notwendigerweise tatsachlich einen konkreten Aktienruckkauf nach ^^^ Vgl. Deutsches Aktieninstitut e.V. (1999), S. 3 f. ^'^^ Vgl. Deutsches Aktieninstitut e.V. (1999), S. 3 f. ^^^ Vgl. Gerke/Fleischer/Langer (2002), S. 2.

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sich zieht. Die Ermachtigung wird haufig pro forma erteilt.®^° Des Weiteren wurde festgestellt, dass die effektiven Ruckkaufvolumina haufig geringer sind, als man nach der Ankundigung vermuten kann.^^^ Der Aktienruckkauf scheint somit eine Handlungsalternative fur die Unternehmen zu sein, ohne allerdings in dem Mafie der Ankundigung genutzt zu werden. Das in der empirischen Untersuchung unterstellte Market Timing mittels der Durchfuhrung von Aktienruckkaufen ist somit rechtlich erst ab 1998 effektiv und bedingt durch die steueriichen Unstimmigkeiten erst ab 1999 moglich. 5.5.2 Systematik, Aufbau und Ziel der Untersuchung Ziel der eigenen empirischen Untersuchung ist die Analyse des Market Timing-Verhaltens der borsennotierten Unternehmen innerhalb des Zeitraums 1996-2003. Bedingt durch die historisch einmaligen zuruckliegenden Borsenjahre mit hoher Volatilitat in Bezug auf die Borsenbewertungen der Unternehmen sowie einem gestiegenen investoreninteresse in Bezug auf Borsengange und Kapitalerhohungen sollen zwei Fragen beantwortet werden: 1. Inwieweit nutzen die Unternehmen die vorab definierten Kapitalmafinahmen (Kapitalerhohungen gegen Bareinlagen und Aktienruckkaufe) im Rahmen ihrer Finanzierungspolitik? 2. Beweisen die Unternehmen bei Durchfuhrung von Kapitalmafinahmen ein gutes Market Timing? Zur Beantwortung der ersten Frage wird fur jedes der 64 ausgewahlten Unternehmen separat uber den Jewells maximal zu beobachtenden Zeitraum (1996-2003) untersucht, ob, wann und zu welchem Zeitpunkt Kapitalerhohungen gegen Bareinlagen (KE) und Aktienruckkaufe (AR) durchgefuhrt wurden. Die Daten hierzu wurden grofitenteils aus Bloomberg generiert mittels Abfragen im ..Corporate Action Calender", bei dem Kapitalmarkttransaktionen mit Datum und Art vermerkt sind. Die vorhandenen Daten eriauben keine Bestimmung des Volumens der Kapitalerhohungen gegen Bareinlagen und Aktienruckkaufe, sondern die Art der Kapitalmafinahme und den Zeitpunkt basierend auf Jahresangaben.^^^

Hervorgehoben werden insbesondere gemafl empirischer Umfragen die beiden Grunde Akquisitionswahrung und Unterbewertung, vgl. Gerke/Fleischer/Langer (2002), S. 14f., Deutsches Aktieninstitut e.V. (1999), S. 1 ff. Fijr die Jahre 1998-2002 lieden sich 405 deutsche borsennotierte Unternehmen 587-mal die Durchfuhrung eines Aktienruckkaufs genehmigen, es wurden aber nur 156 Aktienruckkaufprogramme angekundigt, vgl. Gerke/Fleischer/Langer (2002). S. 14. So publizieren die Unternehmen haufig Ruckkaufvolumina von 10 % des Grundkapitals. Tatsachlich wurde in den Jahren 1998-2002 eine durchschnittliche Ruckkaufmenge in Hohe von 3.19 % des Grundkapitals festgestellt. vgl. Gerke/Fleischer/Langer (2002). S. 15. Die generierten Informationen hinsichtlich durchgefuhrter Kapitalerhohungen gegen Bareinlagen und Aktienruckkaufe werden dem Jahr der effektiven Ausubung zugeordnet. 241

Zur Uberprufung dieser Informationen wurden zusatzlich die Aktienanzahl, das gezeichnete Kapital und die Rucklagen sowie das Eigenkapital der jeweiiigen Untemehmen herangezogen. Als Erganzung bei Unklarheiten Oder nicht konsistenten Informationen wurden zum Teil Anfragen bei den Investor-Relations-Abteilungen der Unternehmen durchgefuhrt. In Anhang 5: Kapitalma6nahmenW\x(\ fur jedes der 64 Unternehmen eine Ubersicht uber die Art und das Jahr der jeweiiigen Kapitalmafinahme (KE oder AR) gegeben. Um Ruckschlusse zu Ziehen, inwieweit die definierten Kapitalmaflnahmen (KE oder AR) im Rahmen der Finanzierungspolitik der borsennotierten Unternehmen eingesetzt werden, wird der prozentuale Anteil der Unternehmen, die hiervon Gebrauch gemacht haben, ermittelt. Des Welteren wird eIne Einteilung der Aktivitaten in Bezug auf Kapltalmaflnahmen durchgefuhrt, welche die Art und Haufigkeit der durchgefuhrten Kapitalmafinahmen berijcksichtigt. Die Unternehmen werden hierzu in vier Gruppen untergeteilt: Unternehmen, die keine Kapitalmafinahmen durchgefuhrt haben, Unternehmen, die nur Aktienruckkaufe getatigt haben (aber keine Kapitalerhdhung durchgefuhrt haben), Unternehmen, die eine Kapitalerhohung (aber keine Aktienruckkaufe bzw. keine weitere Kapitalerhohung) durchgefuhrt haben, sowie Unternehmen, die mehrere Kapitalmafinahmen getatigt haben, also mehr als eine Kapitalerhohung Oder ein oder mehrere Kapitalerhohungen und Aktienruckkaufe. Die Beantwortung der zweiten Frage, die auf die Analyse eines Market Timing-Verhaltens der Unternehmen abzielt, erfordert die Hinzuziehung der jeweiiigen Bewertung der untersuchten Unternehmen. Generell impliziert ein gutes Market Timing, dass die Kapitalmafinahmen zum Zeitpunkt einer vorteilhaften bzw. gunstigen Bewertung durchgefuhrt werden. Ein Market Timing liegt vor, wenn die Unternehmen Aktienruckkaufe uberwiegend bei niedrigem Bewertungsniveau und Kapitalerhohungen uberwiegend bei hohem Bewertungsniveau tatigen. Fur die Analyse wird als Bewertungskennziffer die Markt-ZBuchbewertung (M/B-Bewertung) zugrunde gelegt, die im nachfolgenden Abschnitt 5.5.3. detailliert eriautert wird. Fur alle Unternehmen wird anhand der berechneten jahrlichen M/B-Bewertungen die minimale Bewertung (MIN), die maximale Bewertung (MAX), der Mittelwert (MW) sowie das Delta zwischen den vorgenannten Bewertungsextremen MIN und MAX berechnet. So hat z. B. die Volkswagen AG im Jahr 2003 eine minimale M/B-Bewertung in Hohe von 0,7 und im Jahr 1997 eine maximale M/B-Bewertung in Hohe von 3,4. Die durchschnittliche Bewertung (MW) zwischen 1996 und 2003 betragt 1,8 und das Delta zwischen der niedrigsten und hochsten beobachteten Bewertung 2,7. In Anhang 3: KapitalmaGnahmen sm6 die Bewertungsdaten, die fur die jahr-

242

liche M/B-Bewertung, MIN, MAX, MW sowie das Delta fur jedes Unternehmen herangezogen werden, angegeben. Ein Market Timing wird im Rahmen der eigenen Analyse wie folgt definiert: Bel Aktienruckkaufen liegt ein Market Timing dann vor, wenn die zugehorige M/B-Bewertung im Jahr des Aktienruckkaufs unterhalb des berechneten Mittelwertes fur das jeweilige Unternehmen liegt. Im umgekehrten Fall liegt kein Market Timing vor. Fur Kapitalerhohungen gilt, dass ein Market Timing vorliegt, wenn die zugehorige M/BBewertung zum Zeitpunkt der Durchfuhrung des Aktienruckkaufs oberhalb des berechneten Mittelwertes fur das jeweilige Unternehmen liegt. Im umgekehrten Fall liegt kein Market Timing vor. Einschrankend ist zur Analyse des Market Timing-Verhaltens anzumerken, dass sich die Market Timing-Mafinahmen ausschliefllich auf die vorab definierten Maflnahmen Kapitalerhohungen gegen Bareinlagen und Aktienruckkaufe konzentrieren und somit andere mogliche Market Timing-Maflnahmen keine Berucksichtigung finden. Des Weiteren konnen im Rahmen dieser Arbeit die Volumina der jeweiligen Kapitalerhohungen und Aktienruckkaufe nicht berucksichtigt werden, da die genaue Quantifizierung anhand der vorliegenden Daten nicht moglich ist. Handelt es sich um Aktienruckkaufe, sind die Volumina haufig geringfugig und die Bedeutung hinsichtlich eines Market Timing-Verhaltens ist grundsatzlich als weniger signifikant einzustufen als z. B. bei einer Kapitalerhohung. Auch bei den Kapitalerhohungen werden die Volumina nicht berucksichtigt. Hierfur gilt ebenfalls, dass prinzipiell der Market Timing-Effekt umso grofier ist, je hoher die zugrunde iiegenden Volumina sind. Eine weitere Relativierung bezieht sich auf die Bewertungskennziffer, die auf der durchschnittlichen jahrlichen M/B-Bewertung basiert und nicht die genaue Bewertung zum Zeitpunkt der effektiven Durchfuhrung der jeweiligen Transaktion abbildet. Es kann aber angenommen werden, dass Unternehmen die Entscheidung uber die Durchfuhrung einer Kapitalmafinahme aufgrund eines langeren durchschnittlich hohen Oder niedrigen Bewertungsniveaus treffen. Da Kapitalmafinahmen i. d. R. eine gewisse Vorbereitungszeit erfordern, entspricht die berechnete jahrliche M/B-Bewertung nicht der prazisen Bewertung zum Zeitpunkt der Durchfuhrung der jeweiligen Transaktion, spiegelt aber das durchschnittliche Bewertungsniveau wider, auf Basis dessen die Unternehmen uber die jeweilige Kapitaltransaktion im Vorhinein entschieden haben.

243

5.5.3 Bewertungskennziffer Die der Arbeit zugrunde gelegte Bewertungskennziffer ist die Markt-ZBuchbewertung (iVI/BBewertung). Die Kennziffer M/B-Bewertung ist eine relative Bewertungskennziffer, die auf den Substanzwert eines Unternehmens abzielt und das Verhaltnis zwischen Markt- und Buchwert des Eigenkapitals eines borsennotierten Unternehmens ausdruckt.®^^ Diese Bewertungskennziffer gibt an, welchen Aufpreis die BGrse auf das bilanziell vorhandene Eigenkapital pro Aktie fur die Anteile des Unternehmens zu zahien bereit ist. Die Bewertungskennziffer M/B-Bewertung zeichnet sich dadurch aus, dass sie als Relation auf den substanziellen Wert des Unternehmens abzielt, da die Referenzgrofte zum marktwertma/iigen Eigenkapital das bilanziell vorhandene Eigenkapital darstellt.®^ Die M/B-Bewertung betrachtet somit die Substanz eines Unternehmens, berucksichtigt aber nicht dessen Ertragskraft.^^^ Ist die M/B-Bewertung kleiner als 1, so liegt der Marktwert des Unternehmens unterhalb des Buchwertes und ist fur Investoren interessant, die eine Zerschlagungsstrategie verfolgen. In einer Studie aus dem Jahr 1995 von Fama und French \NUT6e festgestellt, dass die Relation zwischen Markt- und Buchwert in einer empirischen Regression als Faktor fur die Aktienrendite hohe Erklarungskraft besitzt.^^^ In den finanztheoretischen Ausarbeitungen, insbesondere den empirisch-okonometrischen Studien zur Kapitalstruktur, findet als Bewertungsmafl-

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Vgl. Coenenberg/Schultze (2002), S. 697, Spremann (2002), S. 99 ff. Das bilanzielle Eigenkapital eines Unternehmens weist auf den Wert hin, der im Falle einer Zerschlagung fur die Anteilseigner noch vorhanden ist, vgl. Spremann (2002), S. 100 ff. Weiterhin ist zu beachten, dass der Verschuldungsgrad und das damit verbundene finanzwirtschaftliche Risiko in erheblichem Mafte Einfluss auf die Renditeforderungen der Eigentumer hat. Bei Multiplikatoren, die sich auf den Marktwert des Eigenkapitals als Referenzgrofie beziehen, wie z. B. der M/B-Bewertung Oder dem KGV, wird nicht berucksichtigt, dass der Verschuldungsgrad die Eigenkapitalkosten beeinflusst. Da Eigner mit zunehmender Verschuldung hbhere Renditen fordern, haben Untemehmen mit einer hohen Verschuldung 1. d. R. hohere Eigenkapitalkosten als niedhg verschuldete Unternehmen. Ein KGV kann als KehnA/ert der Eigenkapitalkosten abzuglich einer nachhaltigen Wachstumsrate interpretiert werden, folglich musste das KGV c. p. mit steigendem Verschuldungsgrad abnehmen. Der Vergleich von relativen Bewertungskennziffern, die auf den Marktwert des Eigenkapitals als Referenzgrofie abzielen, ist somit bei Unternehmen mit unterschiedlichem Verschuldungsgrad zu relativieren. Diese Problematik kbnnte allerdings nur bei Anwendung von Multiplikatoren berucksichtigt werden, die die Nettofinanzverbindlichkeiten berucksichtigen, vgl. Coenenberg/Schultze (2002), S. 700, Lohnert/Bockmann (2002), S. 409 ff. Die Erhebung dieser Multiplikatoren, basierend auf dem Untemehmenswert, ist zumindest fur die eigenen empirischen Untersuchungen nur sehr beschrSnkt moglich. Resultat der Studie ist, dass bei Unternehmen mit einer geringen M/B-Bewertung tendenziell hohere Renditen zu en^/arten sind als bei Unternehmen mit tendenziell geringeren M/BBewertungen. Die Autoren erklaren dieses Resultat damit, dass sich Unternehmen mit einer geringen Bewertung in einer finanziellen Engpasssituation befinden und Investoren hierfur eine hbhere Pramie verlangen, vgl. Fama und French (1995), S. 131 ff. 244

stab fast ausschliedlich die Bewertungskennziffer M/B-Bewertung Verwendung und wird auch bei der eigenen Untersuchung angewendet.^^^ Neben dieser Bewertungskennziffer gibt es prinzipiell eine Vielzahl weiterer Bewertungsmoglichkeiten. Die etabliertesten sind das Kurs-Gewinn-Verhaltnis (KGV), der Unternehmenswert/Umsatz oder der Unternehmenswert/EBIT. Die Bewertungskennzahl KGV, welche sich aus dem Quotienten des aktuelien Aktienkurses und dem erwarteten Gewinn pro Aktie errechnet, ist eine der gebrauchlichsten Bewertungskennziffern der Praxis.^^^ Das KGV druckt aus, wie oft der erwartete Gewinn eines Unternehmens im Kurs enthalten ist, und spiegelt somit Erwartungswerte wider. Je hoher das KGV, desto mehr Geldeinheiten muss ein Kaufer fur eine Geldeinheit Gewinn bezahlen.^^^ Ein Anstieg des KGV kann durch einen Anstieg des Aktienkurses oder einen Ruckgang des Gewinns verursacht werden. Ein relativ hohes KGV deutet darauf hin, dass eine Aktie oder ein ganzes Marktsegment teuer ist, ein relativ niedriges KGV deutet auf eine relative Preisgunstigkeit der Aktie hin. Ein KGV ist somit eine zukunftsorientierte Bewertungsziffer, welche im Gegensatz zur M/B-Bewertung nicht auf den Substanzwert, sondern auf die erwartete Gewinnentwicklung abzielt.^^° Gegen die Verwendung der in der Praxis etablierten Kennziffer KGV spricht einerseits, dass es sich um eine zukunftsorientierte Bewertungsziffer handelt, die im Gegensatz zur M/BBewertung nicht auf den Substanzwert, sondern auf die erwartete Gewinnentwicklung abzielt. Die von den Unternehmen erreichten tatsachlichen Ergebnisse weichen haufig von den prognostizierten Ergebnissen ab. Daher ist eine Ex-post-Betrachtung des KGV mit den vorhandenen Daten aus Bloomberg wenig sinnvoll. Ein weiterer Nachteil der Verwendung dieser Kennziffer ist, dass in Jahren, in denen ein Verlust anfalit, haufig kein KGV angegeben wird bzw. ein negatives KGV angesetzt werden mijsste. Weiterhin ist anzumerken, dass die Bewertungskennziffer KGV im Gegensatz zur M/B-Bewertung durch eine Vielzahl bilanzpolitischer MaG)nahmen beeinflussbar ist.^^^ Genereller Kritikpunkt von Multipiikatoren ist die zumeist branchenspezifische Beeinflussung und die i. d. R. statische Zeitpunktbetrachtung. So wird die M/B-Bewertung derart berechnet, dass zum Stichtag 31.12. bzw. zum letztmaligen Borsenhandelstag des jeweiligen Jahres der Kurs der Aktie durch den anteiligen Eigenkapitalbuchwert der Aktie dividiert wird. Somit

Die M/B-Bewertung wird in empirischen Studien zur Kapitalstruktur als Mafistab fur die Borsenbewertung angewendet, vgl. Banerjee/HeshmatiA/VihIborg (2004), S. 275 ff., Frank/Goyal (2003), S. 217 ff., Baker/Wurgier (2002), S. 12 ff., Gaud/Jari/Hoesli/Bender (2003), S. 8 ff., Kremp/Stoss/ Gerdesmeier (1999), S. 139 ff., Barclay/Smith/Watts (1995), S. 4 ff. Vgl. Loderer/Jorg/Pichler/Roth/Zgraggen (2002), S. 776 ff. Vgl. Loderer/Jorg/Pichler/Roth/Zgraggen (2002), S. 776 ff. Vgl. Copeland/Koller/Murrin (1998), S. 105 ff. Vgl. Lohnert/Bockmann (2002), 8. 411. 245

ist zu berucksichtigen, dass Werte zum Stichtag in ihrer Hohe zufallig anfallen bzw. zum Zeitpunkt der Bewertung eine bewusste Bilanzpolitik betrieben wird. Diese stichtagsbezogene Bewertungskennziffer ist auch in Bloomberg fur die untersuchten Unternehmen erhaltlich, besitzt allerdings in Jahren mit volatilem Aktienkurs eine eingeschrankte Aussagekraft. So war z. B. der Durchschnittsaktienkurs der Telekom im Jahr 2000 59,16 €, der Kurs zum letztmaligen Handelstag am 29.12.2000 lag bei 31,36 €. Bei der SAP AG lag der Durchschnittskurs mit 186,49 € fur das Jahr 2000 ebenfalls erheblich uber dem Schlusskurs zum 29.12.2000 mit 121,8 €. Die Differenz zwischen Schlusskurs des letztmaligen Handelstages eines Jahres und dem durchschnittlichen Niveau der Aktie in einem Jahr kann somit signifikant ausfallen. Der Anreiz fur ein Unternehmen zur Durchfuhrung von Kapitalmafinahmen im Rahmen des Market Timings resultiert i. d. R. nicht aus einer relativ hohen oder niedrigen Bewertung zu einem bestimmten Stichtag, sondern tritt dann ein, wenn das Bewertungsniveau uber einen langeren Zeitraum relativ hoch bzw. niedrig ist. Nur bei einer Stabilisierung des Aktienkurses auf einem hohen Bewertungsniveau ist auch eine hohe Wahrscheinlichkeit gegeben, dass die Durchfuhrung einer Kapitalerhohung - welche aufgrund der Vorbereitungszeit einige Wochen bis Monate in Anspruch nehmen kann - zu einem attraktiver Preis erfolgt. Fur die Untersuchung wurden daher nicht die stichtagsbezogenen M/B-Bewertungen aus Bloomberg verwendet, sondern eine durchschnittliche jahrliche M/B-Bewertung errechnet. Hierzu wurde der durchschnittliche Kurs einer Aktie pro Jahr berechnet, indem die Summe der Schlusskurse aller Handelstage eines jeweiligen Jahres eines Unternehmens gebildet und anschliefiend durch die Handelstage des jeweiligen Jahres dividiert wurde. Die der empirischen Untersuchung zugrunde liegende Formel fur die M/B-Bewertung lautet: Durchschnittlicher Aktienkurs pro Jahr Ei^cnkapital pro Aktie zum Jahresencie

M/B - Bewertung = Antciligc's 5.5.4 Ergebnisse und Interpretation

Inwieweit die Unternehmen Kapitalerhohungen gegen Bareinlagen und Aktienruckkaufe im Rahmen ihrer Finanzierungspolitik nutzen, ist nachfolgend zunachst separat nach Art der Maflnahme dargestellt. Wie in Abbildung 13: Anzahl der Unternehmen in Prozent, die Kapitalerhohungen durchgefuhrt haben (unbalanced) aufgefuhrt, haben von den untersuchten 64 Unternehmen 59 % keine Kapitalerhohung innerhalb der beobachteten Zeit und 41 % der Unternehmen ein Oder mehrere Male eine Kapitalerhohung durchgefuhrt.^^^ Basierend auf dem ba-

^^^

Dabei ist zu berucksichtigen, dass unterschiedliche Zeitraume betrachtet warden. Bei manchen Unternehmen ist die Beobachtungsdauer drei, bei anderen acht Jahre. 246

lanced Datensatz, bei dem 43 Unternehmen seit 1996 vollstandig zu beobachten sind, ergeben sich vergleichbare Werte: 58 % der Unternehmen haben keine, 42 % haben ein oder mehrere Male Kapitalerhbhungen durchgefuhrt.

Kapitalerhohung 41%

Keine Kapitalerhohung 59%

Abbildung 13: Anzahl der Unternehmen in Prozent, die Kapitalerhohungen durchgefuhrt haben (unbalanced) Von der Mogiichkeit, Aktienruckkaufe durchzufuhren, haben, wie in der nachfolgenden Atfb/7dung 14: Anzahl der Unternehmen in Prozent, die Al
^^^

Siehe hierzu auch Gerke/Fleischer/Langer (2002), S. 14 f., Wettberg (2003), S. 123 ff. 247

AktienruckkSufe 31%

Keine Aktienruckk^ufe 69%

Abbildung 14: Anzahl der Unternehmen in Prozent, die Aktienruckkaufe getatigt haben (unbalanced) Teilt man die Unternehmen in Bezug auf die Haufigkeit der durchgefuhrten Kapitalmaflnahmen in Gruppen auf, so ergibt sich, wie in Abbildung 15: Anzahl der Unternehmen in Abh^ngigkeit der Art and Haufigkeit der KapitalmalSnahme (unbalanced) (\axQes{Q\\\, dass 22 bzw. 34,4 % der Unternehmen keine Kapitalmafinahmen (KE Oder AR) durchgefuhrt haben.

Mehrere Kapitalmaftnahmen

Eine Kapitalerhdhung

Aktienrtickkauf (Keine KE)

Keine Kapitalma&nahmen

15

10

20

Abbildung 15: Anzahl der Unternehmen in Abhangigkeit der Art und HSufigkeit der KapitalmaHnahme (unbalanced)

248

25

15 Unternehmen bzw. rund 2 3 % haben nur Aktienruckkaufe getatigt, aber keine Kapitalerhohung durchgefuhrt, weitere 15 bzw. rund 23 % der untersuchten Unternehmen haben im zu beobachtenden Zeitraum eine Kapitalerhohung durchgefuhrt, aber keine Aktienruckkaufe getatigt. Von den 64 Unternehmen waren 12 bzw. rund 19 % sehr aktiv am Kapitalmarkt tatig und haben mehrere Kapitaimafinahmen durchgefuhrt, z. B. zwei und mehr oder eine bzw. mehrere Kapitalerhohungen und Aktienruckkaufe getatigt.^^"^ Bei der Beantwortung der zweiten Frage, inwieweit die Unternehmen bei Durchfuhrung von Kapitalmafinahmen ein gutes Market Timing beweisen, ergeben sich folgende Resultate: Fur die Kapitalerhohungen ergibt sich, wie in Abbildung 16: Market Timing beiKapitalerh6hungen (unbalanced) dargestellt, dass rund 66 % der Kapitalerhohung auf einer eher hohen Bewertung und rund 34 % auf einer eher niedrigen Bewertung durchgefuhrt wurden. Somit liegt bei rund zwei Drittein der Kapitalerhohungen ein gutes Market Timing-Verhalten vor.

Kein Market Timing 34%

Abbildung 16: Market Timing bei Kapitalerhohungen (unbalanced) Die Ergebnisse im Hinblick auf das Market Timing-Verhalten bei Aktienruckkaufen ergeben vergleichbare Resultate und sind in der Abbildung 17: Market Timing bei Aktienruckkaufen (unbalanced) 6ax^es\e\\\. Rund 36 % der untersuchten Aktienruckkaufe wurden auf einem eher hohen und rund 64 % der Aktienruckkaufe auf einem eher niedrigen Bewertungsniveau durchgefuhrt. Parallel zum

Die vorgenannte Auswertung basiert auf den unbaianced-Daten der 64 Unternehmen. Der balanced-Datensatz weist ahnliche Verhaltnisse auf: 32 % der Unternehmen haben keine Kapitalmafinahme durchgefuhrt, 26 % der Unternehmen haben nur Aktienruckkaufe durchgefuhrt, 23 % der Unternehmen haben eine Kapitalerhohung und 19 % der Unternehmen mehrere Kapitalmaftnahmen durchgefuhrt. 249

Ergebnis bei den Kapitalerhohungen liegt auch in Bezug auf die Aktienruckkaufe bei zwei Drittein der untersuchten Aktienruckkaufe ein gutes Market Timing vor.

Kein Market Timing 36%

Market Timing 64%

Abbildung 17: Market Timing bei AktienruckkSufen (unbalanced) 5.5.5 Fazit Die vorliegenden Ergebnisse bestatigen die bereits in Abschnitt 5.4. dargestellten Ergebnisse, die auf eine geringe Bedeutung des Eigenkapitalmarktes im Rahmen der Finanzierungspolitik borsennotierter deutscher Unternehmen hinweisen. Trotz der im Zuge der Borseneuphorie in den Jahren 1996-2000 gegebenen gunstigen Voraussetzungen, die fur die meisten borsennotierten Unternehmen Gelegenheit zur Platzierung von neuem Eigenkapital boten, hat mehr als die Halfte der borsennotierten Unternehmen ijber einen langeren Zeitraum keine Kapitalerhohung durchgefuhrt. Die Analyse ergibt, dass alle Unternehmen - auch solche, die keine Kapitalerhohung durchgefuhrt haben - erhebliche Bewertungsunterschiede aufweisen.^^^ Eine Begrundung fur das Nichtausnutzen von Bewertungsunterschieden bietet die Umfrage von Drobetz, Pensa und Wdhle (2004). Sie ergibt, dass fur borsennotierte deutsche Unternehmen die Kriterien Einhaltung einer Zielkapitalstruktur, Besorgnis vor negativen Kursreaktionen sowie die potenzielle Verwasserung der Kennziffer Gewinn je Aktie bei der Entscheidung zur Kapitalerhohung vorrangig vor Market Timing bzw. bewertungstechnischen Aspekten gewichtet werden.^^^ Auch die nur sparliche Nutzung von Aktienruckkaufen in Hohe von rund 30 % der Unternehmen weist auf eine relativ geringe Bedeutung als Instrument der Finanzierungspolitik hin.

965 966

Siehe hierzu Anhang 3: Minimale, maximale M/B-Bewertung und Delta. Vgl. Drobetz/Pensa/Wohle (2004), S. 32 ff. 250

Eine aktive Nutzung der aus der Borsennotierung resultierenden Mdglichkeiten zur Finanzierungspolitik im Wege der Durchfuhrung von Kapitalerhohungen bzw. Aktienruckkaufen realisieren weniger als 20 % der borsennotierten Unternehmen. Insgesamt lasst sich als Ergebnis daher festhalten, dass die untersuchten borsennotierten Unternehmen Mafinahnnen zum Market Timing trotz vorliegender grofier Bewertungsunterschiede nur begrenzt genutzt haben und tendenziell ein restriktiver Einsatz der borsentechnischen Moglichkeiten zur Eigenkapitalpolitik vorliegt.^^^ Trotz geringer Nutzung des Eigenkapitalmarktes ist feststellbar, dass rund zwei Drittel der Kapitalmafinahmen im Sinne des Market Timings durchgefuhrt werden. Dies lasst den Schluss zu, dass Kapitalmafinahmen zwar restriktiv eingesetzt werden, dass aber im Falle der Durchfuhrung von Kapitalmaflnahmen den Unternehmen zumeist ein gutes Market Timing gelingt. Im Gegensatz zur Studie von Graham und Harvey iur den amerikanischen Markt weisen die Studie von Drobetz, Pensa und Wdhle fur Deutschland/Schweiz/Osterreich und die eigenen empirische Untersuchung auf eine geringere Relevanz von Market Timing- Einflussen bei Finanzierungsentscheidungen deutscher borsennotierter Unternehmen im Vergleich zu amerikanischen hin. Des Weiteren lasst sich die Schlussfolgerung Ziehen, dass dem organisierten Kapitalmarkt und den Moglichkeiten der Eigenkapitalaufnahme bzw. Eigenkapitalreduktion bei der Finanzierungspolitik fur die untersuchten grofien borsennotierten Unternehmen eine nachrangige Bedeutung zukommt. Als Erklarung hierfur lassen sich die institutionellen Rahmenbedingungen, insbesondere das - im Vergleich zu angelsachsischen Landern - in Deutschland etablierte bankorientierte Finanzierungssystem und die geringe Auspragung des Kapitalmarktes, heranziehen. Es ist naheliegend, dass aufgrund der spateren Entwicklung bzw. Etablierung des Kapitalmarktes in Deutschland und der historisch gewachsenen Bedeutung der Banken bei der Finanzierung borsennotierte deutsche Unternehmen in geringerem Mafie die Moglichkeiten des Kapitalmarktes nutzen. Eine weitere Erklarung fur die geringe Anzahl der durchgefuhrten Kapitalerhohungen liegt moglicherweise in der beteiligungsmafiigen Verflechtung der DAX-Unternehmen untereinander begrundet. Die in Deutschland spezifischen Gegebenheiten der zum Teil groflen gegenseitigen Beteiligungen der DAX-Unternehmen konnen zu einer Einschrankung der FinanzieBei der vorliegenden Wertung sind die bereits aufgefuhrten Einschrankungen zu berucksichtigen, und zwar im Hinblick auf die Nichtbetrachtung weiterer Market Timing-Maflnahmen, auf die Nichtberucksichtigung der jeweiligen Volumina der durchgefuhrten Transaktion sowie auf die zum Zeitpunkt der effektiven Durchfuhrung der Transaktion abweichende M/B-Bewertung.

251

rungsmoglichkeiten fuhren. Hat ein DAX-Unternehmen einflussreiche Anteilseigner, so ist eine Verwasserung eventuell nicht gewunscht und in der Folge sind die Moglichkeiten zur Nutzung hoher Bewertungen mittels Kapitalerhohung eingeschrankt.

5.6

Regression

5.6.1 Systematik, Aufbau und Ziel der Untersuchung Ziel der okonometrischen Untersuchung ist es, die theoretisch skizzierten Wirkungszusammenhangen mit Hilfe historischer Daten empirisch zu uberprufen. Dabei soil der Einfluss einiger bestimmender Faktoren auf den Verschuldungsgrad der untersuchten borsennotierten deutschen Unternehmen bestimmt werden, urn die Ergebnisse im Hinblick auf die existlerenden Theorlen zu interpretleren. Wie bereits in /Cap/te/4 yorgesieWi, existiert eine Vielzahl von moglichen Einflussfaktoren auf den Verschuldungsgrad bzw. die Kapitalstruktur eines Unternehmens. Nicht alle finanztheoretisch bislang diskutierten moglichen Einflusse sind empirisch messbar. Mehrere, vor allem Internationale empirische Studien finden ubereinstimmende Resultate im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen unternehmensspezifischen Charakteristika, wie Profitabilitat, Anlageintensitat, Grofle sowie der externen Bewertung eines Unternehmens, und dem Verschuldungsgrad.®^^ Aufgrund des bestehenden Defizits aktueller nationaler Studien zur vorgenannten Thematik mit Fokus auf borsennotierte Unternehmen wird der Einfluss der vorgenannten vier erklarenden Variablen auf die Kapitalstruktur borsennotierter deutscher Unternehmen anhand eines eigenen empirischen Modells gemessen. Als Ausgangspunkt dienen dabei insbesondere die eingesetzten okonometrischen Modelle in der Arbeit von Baker und Wurgler (2002) uber amerikanische borsennotierte Unternehmen und der Arbeit von Gaud, Jani, Hoesli und Bender (2003) ubex borsennotierte Unternehmen in der Schweiz deren jeweilige Ergebnisse bereits in Kapitel4yo'^gesXeWi wurden. Die Untersuchung wird anhand der Daten der konsolidierten Jahresabschlusse der 64 zugrunde liegenden Unternehmen durchgefuhrt. Der Untersuchungszeitraum bezieht sich auf die Jahre 1996 bis 2003 und betragt acht Jahre. Die Analyse wird vergleichbar den vor-

Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 275ff., Frank/Goyal (2003), S. 217ff., Baker/ Wurgler (2002), S. 1 ff., Friend/Lang (1988), S. 271 ff.. Marsh (1982), S. 121 ff., Gaud/Jari/ Hoesli/Bender (2003), S. 1 ff., Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 139 ff., Barclay/Smith/Watts (1995), S. 4 ff. 252

herigen Untersuchungen anhand des unbalanced Datensatzes, der 64 Untemehmen umfasst, und anhand des balanced Datensatzes, der 43 Unternehmen umfasst, durchgefuhrt.^^® Nachfolgend werden zunachst die Definition der Variablen, die deskriptive Statistik und anschlieftend das verwendete okonometrlsche Modell dargestellt. Im Anschluss erfolgen die Diskussion der Ergebnisse und die Interpretation. 5.6.2 Exogene und endogene Variabien sowie deskriptive Statistik Der finanztheoretische Zusammenhang sowie die zugrunde liegenden Theorien der Variablen wurden bereits ausfuhrllch in Kapitel 4 erortert. Daher werden im Folgenden die Variablen definiert. Die nachfolgende Gleichung stellt den zu uberprufenden Grundzusammenhang der Regressionsanalyse dar. Verschuldung = / (Bewertung, Aniageintensitat, Grofie, Profitabilitat) Die endogene Variable stellt die Verschuldung des Unternehmens dar. In der Literatur werden unterschiedliche Verschuldungsdefinitionen angewandt, die sich dadurch unterscheiden, wie weitgehend die Verschuldung definiert ist: ob sie z. B. nur die Finanzverbindlichkeiten umfasst Oder auch Lieferantenverbindlichkeiten sowie sonstige Verbindlichkeiten, wie z. B. die Ruckstellungen, welchen Bezug sie herstellt und ob eine buch- bzw. marktmafiige Verschuldung gemessen wird. Die hier angewandte buchmadige Verschuldung gibt den Teil der Bilanzsumme an, der nicht durch Eigenkapital finanziert wird und zumindest theoretisch im Falle der Liquidation den Eigenkapitalgebern zur Verfugung steht. Die gesamten Verbindlichkeiten umfassen die Finanz-, Lieferanten- und die sonstigen Verbindlichkeiten, die auch die Ruckstellungen beinhalten. Subtrahiert man die vorgenannten gesamten Verbindlichkeiten von der Bilanzsumme, so erhalt man das Eigenkapital. Die gesamten Verbindlichkeiten im Verhaltnis zur Bilanzsumme ergeben somit den buchmafiigen Verschuldungsgrad bzw. werden nachfolgend auch als Book Leverage definiert und wie folgt berechnet: ^ , , (Finanz-,Lieferanten• Book Leverage = V

undsonstiveVerhindlichkeiten Bilanzsumme

Wie bereits in Abschnitt 4.5 diskutiert, besteht neben der Moglichkeit, den Verschuldungsgrad in Abhangigkeit zur Bilanzsumme zu setzen und somit die buchmafiigen Verhaltnisse Die Daten, Auswahlkriterien und der zugrunde liegende Zeitraum wurden bereits in Kapitel 5.3 253

zugrunde zu legen, auch die Moglichkeit, den Verschuldungsgrad in Abhangigkeit von Marktwerten zu messen. Obwohl in der Praxis die buchmafiige Definition angewandt wird, berucksichtigen die finanztheoretischen Ausarbeitungen in den meisten Fallen auch den Verschuldungsgrad in Abhangigkeit zur Marktbewertung des Unternehmens, den sogenannten Market Leverage.^^° In einem zweiten Schritt wird die Verschuldung daher ins Verhaltnis zur Marktbewertung gesetzt und man erhalt den Market Leverage. Die Marktbewertung des Unternehmens wird berechnet, Indem zur Marktkapitalisierung das bevorzugte Eigenkapital und die Minderheitsinteressen addiert und die Finanzverbindlichkeiten abgezogen werden. Dies entspricht dann dem Unternehmenswert bzw. dem Enterprise Value.^^^ f Finanz-, Lieferanten - und sonstige Verhindlichkeiten \ ,^ , , Market Leverage = V Unternehmenswert J Als erklarende Variablen werden die Bewertung, die Profitabilitat, die Aniageintensitat und die Grofie herangezogen.®^^ Als Bewertung wird die bereits in Abschn/tt 5.5.2 ausfiJhrWch definierte Bewertungskennziffer M/B-Bewertung eingesetzt, die wie folgt berechnet wird: .jyr,

n

M/B - Bewertung

Durchschnilllicher Akticnkurs pro Jahr Antcili^cs Eigenkapital pro Aktie zum Jahresendc

Die Profitabilitat wird gemessen, indem das Ergebnis vor Steuern und Zinszahlungen (EBIT) ins Verhaltnis zur Bilanzsumme gesetzt wird. Pro/itahilitdt = „., ^^^^^ •'

Bilanzsumme

Die in der empirischen Untersuchung verwendete Variable fur „Gr6fle" ist der Logarithmus des Umsatzes. Die logarithmische Skalierung bietet den Vorteil, dass die Schiefe in der Haufigkeitsverteilung der Unternehmensgrofien, die sich bei Verwendung der normalen Daten zeigt, reduziert wird. Grofie =

L()garithmus{Umsatz)

detailliert beschrieben. ^^^ Die Problematik der marktmafligen Relation ist, dass sich bei Zugrundelegen der Marktkapitalisierung eines Unternehmens aufgrund der sich verSndemden Aktienkurse der Verschuldungsgrad permanent andert. In der Regel orientieren sich daher Unternehmen und Rating-Agenturen nicht am Market Leverage, sondern am Book Leverage. ^^^ Der Unternehmenswert bzw. Enterprise Value wird von Bloomberg zum jeweiligen Stichtag 31.12. angegeben. 254

Die Aniageintensitat wird berechnet, indem das fixe Sachanlagevermogen ins Verhaltnis zur Bilanzsumme gesetzt wird. . ,

. ^

.^..^

Anla^enintensitat = •^

Sachanlagevermogen

„•/

—

Bilanzsumme

Die gewahiten Definitionen der Variabien entsprechen weitestgehend den bekannten und bereits vorgestellten intemationalen okonometrischen Modellen.^^^ Die zugrunde liegenden Daten zur Berechnung der vorab definierten endogenen und exogenen Variabien werden fiir jedes einzelne der 64 Unternehmen im Anhang a: Daten zur Regressi(7/7aufgefuhrt. Nachgestelit zeigt Tabelle 29: Deskriptive Statistik eine Obersicht mit der Berechnung der durchschnittlichen Mittelwerte, Mediane, Minima und Maxima der exogenen und endogenen Variabien fur die jeweiligen untersuchten Jahre.

Dabei werden die bilanzbezogenen Daten jeweils basierend auf den jahrlichen konsolidierten Abschlussen aus Bloomberg generiert. Die dem okonometrischen Modell von BakerAA/urgler (2002) zugrunde liegenden Variabien werden bis auf die Variable Profitabilitat, die EBITDA ins Verhaltnis zur Bilanzsumme setzt, gleichermaflen definiert, vgl. BakerA/Vurgler (2002), S. 6 ff. Das dkonometrische Modell von Gaud/Jani/Hoesli/Bender (2003) definiert als abhangige Variable die Finanzverbindlichkeiten im Verhaltnis zur Bilanzsumme (Book Leverage) und die Finanzverbindlichkeiten im Verhaltnis zur Marktkapitalisierung (Market Leverage). Die unabhangigen Variabien werden bis auf die Aniageintensitat gleichermafien definiert. Die Aniageintensitat wird als fixes Sachanlagevermogen plus Vorrate ins Verhaltnis zur Bilanzsumme gesetzt, vgl. Gaud/Jani/Hoesli/Bender 2003, S. 9 ff. Die dem okonometrischen Modell von Rajan/Zingales (1995) zugrunde liegenden Variabien werden wie folgt definiert: Die unabhangigen Variabien sind definiert als Finanzverbindlichkeiten im Verhaltnis zur Bilanzsumme (Book Leverage) und als Finanzverbindlichkeiten im Verhaltnis zum Unternehmenswert (Market Leverage). Die unabhangigen Variabien werden bis auf die Profitabilitat, die EBITDA ins Verhaltnis zur Bilanzsumme setzt, gleichermafien definiert, vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1452 ff. 255

Book Leverage in % Mittelwert Median Maximum Minimum Market Leverage in % Mittelwert Median Maximum Minimum ProfitabilitSt in % Mittelwert Maximum Minimum Bewertung MT^Iwert Median Maximum Minimum Aniagenintensitiit in% Mittelwert Median Maximum Minimum Umsatz in Mio. € Mittelwert Median Maximum Minimum Unternehmen - Zahl

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

20031

0,65 0,66 0,93 0.34

0.65 0.68 0,89 0,40

0,64 0,67 0,86 0.39

0,66 0.69 0.90 0.35

0,65 0,66 0,85 0.37

0,65 0.67 0.97 0.27

0,66 0,68 0.97 0,31

0.66 0.67 1,25 0.26

5,72 0,66 203.19 0,06

2,07 0.66 48.35 0.04

0.46 0.63 3.50 -20,19

1,20 0,76 17,34 0,05

0.65 0.67 9.24 -25,46

1.48 0.74 28.30 0,07

1,60 1,02 14,77 0,12

1,23 0.94 6.43 0.06

8,61

9.40

9.37

26,97 -2,66

31,64 -1,40

28.93 -3.84

8,17 7,61 29,57 -3,44

8.62 8.08 32.86 -1.23

6.97 5.46 25.38 -12.77

6,82 5,41 29,80 -21,05

7,50 5,05 38,34 -13,42

2.24 11.06 0,87

3,55 ~2,79 12,72 0,75

4;27^ 3.08 22,71 0,97

3,4© 2,52 22,76 0,81

4,14 2.28 50.31 0.40

3,42 — ^ 2,66 1,81 2.22 23.15 32.70 0.57 0.53

29.44 27.29 74.01 2,05

30,93 28,49 78,53 6,39

29,06 27.85 75.41 7.05

28,43 26,33 75,28 6,38

27.58 26.79 72.98 1.50

28.13 27.11 77,41 1,30

7.691.34 2.695.62 51.192.08 37,80

9.724,18 3.424.77 57.901.25 151,44

43

45

^^;w

-ssBBBBSSBBBSsagsnBBmmas

27.48 27.51 75,58 1,70

2,21 j

1.591 10.78

0.481 26,69 26,67 79.78 2.40

9.676.57 12.422.00 14.450,90 15.799,69 14.638.33 14.227,86 4.759.05 4.504.80 3.811.20 4.720,50 4.616.65 3.347.43 68.637.36 149.984.87 162.384.00 152.872,93 149.583.03 136.437,00 164,95 217.89 222,72 193,10 201,42 191.91 54

51

BaBSBSaSBBSB

64

58 llilillil'llli

64

641

U,,J,MLm.

Tabelle 30: Deskriptive Statistik

5.6.3 M o d e i i b e s c h r e i b u n g Bei den der Regression zugrunde liegenden Daten handelt es sich um Paneldaten, die sich dadurch auszeichnen, dass fur eine Einheit - in diesem Fall Unternehmen - Informationen fur mindestens eine weitere Dimension, typischerweise Zeit, zur Verfugung stehen.^^"* Der Vorteil von Paneldaten gegenuber reinen Querschnittsdaten - Daten basierend auf einem Jahr - ist, dass sie zu einer erhohten Anzahl von Freiheitsgraden in der Schatzung fuhren, die zur Effizienzsteigerung der Schatzverfahren verwendet werden konnen.^^^ Die Hauptmotivation fur den Einsatz von Paneldaten ist jedoch die Losung des Problems ausgelassener Variablen. Unter ausgelassenen Variablen versteht man Falle, in denen es nicht moglich ist, alle Determinanten der abhangigen Variablen zu messen. Diese ausgelassenen Variablen gehen damit in den Storterm der Regressionsgleichung ein. Sind sie mit den ubrigen Regressoren korreliert, ist folglich der Storterm mit den Regressoren korreliert und man erhalt inkonsistente und somit unbrauchbare Schatzer. Die ausgelassenen Variablen werden auch Eine ausfuhrliche Beschreibung und Diskussion von Paneldaten und statistischen PaneldatenModellen findet sich in Wooldridge (2002), S. 6 ff. 256

als nicht zu beobachtender Effekt bezeichnet und konnen im vorliegenden Fall z. B. als Qualitat des Managements interpretiert werden.^^® Die Analyse von Paneldaten kann mit der Methode der kleinsten Quadrate (Ordinary-LeastSquare (OLS)-Methode) durchgefuhrt werden. Voraussetzung dafijr ist allerdings, dass ein nicht zu beobachtender Effekt und Regressoren nicht miteinander korreliert sind. Aufierdem ist die OLS-Methode in diesem Fall nicht efflzient.^^^ Die Okonometrie hat daher Modelle entwickelt, die nicht zu beobachtende Effekte berucksichtigen. Die bekanntesten Ansatze werden abhangig von ihren Annahmen als Fixed(FE)- oder Random-Effects(RE)-Modelle bezeichnet.^^® Auf diesen Modellen beruhen eine Reihe von okonometrischen Studien, die auf internationalen Daten basieren ^^^. Die nachfolgende Gleichung zeigt die Grundzusammenhange der Fixed- und Random-Effects-ModeHe auf:^*° K

Dabei bezieht sich der Term u als Querschnittsindex auf die 64 Unternehmen und ./ als Zeitreihenindex auf die Jahre (maximal acht Jahre). Die abhangige Variable v, y stellt den Verschuldungsgrad, definiert als Book Leverage oder Market Leverage, des Unternehmens r im Jahr .; dar. Die Regressionskoeffizienten der erklarenden Variablen werden durch h,. dargestellt. Der Parameter a bezeichnet die Regressionskonstante.^^^ Anders als im normalen Regressionsmodell wird der Storterm aufgeteiit, und zwar in einen unternehmensspezifischen, in einen, der den Zeiteffekt, und einen, der den stochastischen Effekt erfasst. Der Term//,^ stellt die firmenspezifischen, aber nicht zu beobachtenden Einflusse dar und ist zeitinvariant. Der Term/y stellt von den Querschnittseinheiten unabhangi-

976 977

Vgl. Lechner(2001), S. 5f. Vgl. Wooldridge (2002), S. 257 ff. Zu einer ausfuhrlichen Beschreibung und Diskussion der OLS-Methode siehe auch Wooldridge (2002), S. 143-179. Zu einer ausfuhrlichen Beschreibung und Diskussion der Random-Effects- und Fixed-EffectsModelle siehe auch Wooldridge (2002), S. 247 ff. Fixed-Effects-Modelle und Random-Effects-Modelle werden ebenfalls in den neueren vergleichbaren dkonometrischen Studien, basierend auf Paneldaten, angewandt, vgl. Gaud/Jani/Hoesli/ Bender (2003), S. 11 f., Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 164 f., Schwiete/Weigand (1997), S. 19f. Das okonometrische Modell von Rajan/Zingales basiert auf einem Tobit-Modell, vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1452 f. Das okonometrische Modell von BakerAA/urgler basiert auf der OLS-Methode und der Fama-MacBeth-Regression, vgl. BakerA/Vurgler (2002), S. 1 ff. Angelehnt an die Darstellung der Fixed-Effects- und Random-Effects-Modelle von Wooldridge (2002), S. 257-278. Angelehnt an die Darstellung der Fixed-Effects- und Random-Effects-Modelle von Wooldridge (2002), S. 257-278. 257

ge, zeitspezifische Effekte dar. Der im klassischen Regressionsmodell enthaltene Storterm wird in der Gleichung durch den Term Vjjj dargestellt.^®^ Random- und Fixed-Effects-Modelle unterscheiden sich primar durch unterschiedliche Annahmen bezuglich der Korrelation von nicht zu beobachtendem Effekt und Storterm.^®^ Im Random-Effects-Modell wird angenommen, dass zwischen nicht zu beobachtendem Effekt und den Regressoren Mittelwertunabhangigkeit besteht, was Unkorreliertheit impliziert. Wenn diese Annahme verietzt ist, fuhrt das Random-Effects-Modell zu inkonsistenten Schatzungen. Das Fixed-Effects-Modell hingegen lasst eine beliebige Korrelation zwischen nicht zu beobachtendem Effekt und Regressoren zu und ist folglich das robustere Modell.^®"* Um in einer gegebenen Anwendung zu entscheiderr, ob das Rxed-^€ffects*Modett Oder das Random-Effects-Modell die zugrunde liegenden Daten besser beschreibt, wird ein von Hausman entwickeltes Testverfahren, der sogenannte Hausman-Test (HT), durchgefuhrt.^®^ Ausgangspunkt hierbei ist der Verglelch zweier Schatzer mit unterschiedlichen asymptotischen Eigenschaften unter Null- bzw. Gegenhypothese. Es gilt: Wenn die Nullhypothese im Hausman-Test nicht verworfen werden kann, ist ein Modell mit zufalligen Effekten zur Beschreibung der Daten besser geeignet, da die zentrale Annahme des Modells - Unkorreliertheit von individuellen Effekten und erklarenden Variablen - erfullt ist. Wird die Nullhypothese verworfen, ist das Modell mit festen Effekten besser geeignet.^^^ Da das Hauptinteresse jedoch auf dem Einfluss der einzelnen erklarenden Variablen Bewertung, Profitabilitat, Aniageintensitat und Grofie liegt, ist der einfache t-Test auf Signifikanz der wichtigste Test. Ubersteigen die berechneten t-Statistiken die kritischen Werte der jeweiligen Verteilungen, werden die Null-Hypothesen verworfen und die Koeffizienten als signifikant unterschiedlich von 0 angenommen (entsprechend einer gewahlten Fehlerwahrschein982 983

984 985

Vgl. Wooldridge (2002), S. 256 ff. Die empirische Gberprijfung der WirkungszusammenhSnge des Verschuldungsgrades und der erklarenden Variablen wird anhand der Fixed- und Random-Effects-Modelle durchgefuhrt. Die Existenz von firmen- und zeitspezifischen Effekten wird beim Fixed-Effects-Modell mittels des F-Testes und beim Random-Effects-Modell mittels des Breusch-Pagan-Tests uberpruft. Mittels der F-Statistik wird die Signifikanz aller Regressoren gleichzeitig uberpruft. Ubersteigen die berechneten F-Werte die kritischen Werte der jeweiligen Verteilung, werden die Nullhypothesen verworfen und somit die Prasenz von firmenspezifischen Effekten beim Fixed-Effects-Modell bewiesen. Der Breusch-Pagan-Test prijft, ahnlich dem F-Test im Fixed-Effects-Modell im Random-Effects-Modell die Existenz von firmenspezifischen Effekten. Bei Ablehnung der Null-Hypothese sind firmenspezifische Effekte vorhanden, siehe hierzu auch Wooldridge (2002), S. 257 ff. Vgl. Wooldridge (2002), S. 286 f. Zu einer ausfuhrlichen Beschreibung und Diskussion des Hausman-Tests siehe auch Wooldridge (2002), S. 288 f. Dies gilt, sofern strenge ExogenitSt gegeben ist. Unter strenger ExogenitSt versteht man die Unkorreliertheit vom Storterm einer Periode mit den Regressoren aller anderen Perioden. Diese Annahme liegt sowohl dem Fixed- als auch dem Random-Effects-Modell zugrunde. Wenn sie verietzt ist, fuhren auch Fixed-Effects zu inkonsistenten SchStzungen, vgl. Wooldridge (2002), S. 251 ff. 258

lichkeit). Das Signifikanzniveau wird auf 1 %, 5 % und 10 % angegeben. Weiterhin dient als Testverfahren zur Uberprufung der simultanen Signifikanz beim Fixed-Effects-Modell der F-Test und beim Random-Effects-Modell der Wald-Test, der sich einer chi-quadrat-verteilten Prufgrorie bedient.^^^ Nach der Wahl der Schatzmethode kommt der funktionalen Form der Regressionsgleichung eine hohe Bedeutung zu. Vergleichbare okonometrische Modelle wie die empirische Untersuchung von Baker und Wurgler (2002) oder die Schweizer Veroffentiichung von Caud, Jam', Hoesli und Bender (2003) sowie weitere vergleichbare Modelle basieren auf der linearen Form der Regressionsgleichung, die eine additive Verknupfung vorsieht.^®^ Es bietet sich daneben auch eine loglineare Spezifikation der Regressionsgleichung an, die eine multiplikative Verknupfung der erklarenden Variablen impliziert. Bei der erstgenannten Form gehen die erklarenden Variablen Bewertung, Profitabilitat, Aniageintensitat und Grofie additiv in die abhangige Variable Book Leverage oder Market Leverage ein und eriauben eine Level-Interpretation (z. B. steigt die Profitabilitat um x Mio., dann sinkt der Verschuldungsgrad um y Prozentpunkte). Eine Ausnahme bildet die erklarende Variable Grofie, die aufgrund der Logarithmierung als Semi-Elastizitat interpretiert wird. Die zugrunde liegenden Formein 1 und 2 lauten wie folgt: Forme! 1: Book Lcvcrai^c - (]* Hcwcrfuni^ + h* Profitabilitat + r * Anla^cnifitcnsitcit

\ d * loi^fCn'i/.ic)

Formel 2: Market Levcrai^e = c/ * Hcwcrtuni^ + h* Profitabilitat

+ r * Anlai^enintcnsitat

+ J * loi^/dro/.ic')

In der loglinearen Form werden die Regressoren Bewertung, Profitabilitat und Aniageintensitat als Semi-Elastizitaten interpretiert (z. B. steigt die Profitabilitat um x Prozentpunkte, dann sinkt der Verschuldungsgrad um y Prozent). Eine Ausnahme bildet die erklarende Variable Grofie, die aufgrund der Logarithmierung als Elastizitat interpretiert wird. Die logarithmierte Funktion der Gleichung wird in den Formein 3 und 4 dargestellt: Formel 3: log(Book Leverage) = a* Bewertung + h* Profitabilitat

+ c* Anlagenintensitdt

+ t/ * log(Grqlie)

Zur Eriauterung des Wald-Tests siehe Wooldridge (2002), S. 44. Vgl. Banerjee/Heshmati/Wihiborg (2004), S. 275ff., Frank/Goyal (2003), S. 217ff., Baker/Wurgler (2002), S. 1 ff., Friend/Lang (1988), S. 271 ff., Marsh (1982), S. 121 ff., Gaud/Jari/Hoesli/Bender (2003), S. 1 ff., Kremp/Stoss/Gerdesmeier (1999), S. 139ff., Barclay/Smith/Watts (1995), S.4ff.

259

Formel 4: log(Market Leverage) = a * Bewertung + b* Profitabilitdt + c * Anlagenintensitdt + d * log(Grdfie) Bei den durchgefuhrten Schatzverfahren sind die zeitlichen Zusammenhange zu berucksichtigen. Die bisherigen finanztheoretischen Diskussionen lassen darauf schlielien, dass dynamischen Aspekten bei der Erklarung der Kapitalstruktur eine Bedeutung zugemessen werden kann. Es ist anzunehmen, dass die jeweiligen erklarenden Variablen nicht nur einen zeitgleichen Einfluss auf die abhangige Variable, den Verschuldungsgrad, ausuben, sondern dass die Profitabilitat des Vorjahres einen Einfluss auf den Verschuldungsgrad des aktuellen Jahres hat. Daher werden nnehrere Gleichungen geschatzt, in welche die erklarenden Variablen unterschiedlicher Perioden eingehen. Die grundlegende Variante basiert darauf, dass die jeweils abhangige Variable (Market oder Book Leverage) einer Periode auf die Koeffizienten (Bewertung, Profitabilitat, Grofle, Aniageintensitat) derselben Periode regressiert wird (Modellvariante A: Gleiche Periode). Da moglicherweise die erklarenden Variablen der jeweiligen Vorperiode ebenfalls einen Einfluss auf die jeweils abhangige Variable haben konnen, wird eine zweite Gleichung geschatzt, indem die Jewells abhangige Variable einer Periode auf die Koeffizienten der vorherigen Periode regressiert wird (Modellvariante B: Vorperiode). Des Weiteren ist auch ein Einfluss der erklarenden Variablen der Vorperiode und der aktuellen Periode auf die abhangige Variable moglich. Daher wird eine dritte Modellvariante durchgefijhrt, indem die jeweils abhangige Variable einer Periode auf die Koeffizienten derselben Periode und der vorherigen Periode regressiert wird (Modellvariante C: Periode und Vorperiode). Eine weitere Spezifizierung der Schatzverfahren wird inn Hinblick auf die Unterscheidung der balanced (43 Unternehmen) bzw. unbalanced Datensatze (64 Unternehmen) vorgenommen. Nachfolgend ist eine Ubersicht uber die durchgefuhrten Schatzungen in Tabelle 50: Statistische ModeU\/ar/anten auigefijhri. Die Schatzungen werden jeweils fur das Fixed-Effects-Modell, das Random-Effects-Modell, inklusive der jeweiligen Tests zur Uberprufung der firnnenspezifischen Effekte, der simultanen Signifikanz der Koeffizienten, der einzelnen Koeffizienten und des Hausman-Tests durchgefuhrt. Das Gleiche gilt fur die additive Form der Regressionsgleichung (normal) und die multiplikative Form (logarithmiert) der Regressionsgleichung. Als abhangige Variable werden jeweils die definierten Book und Market Leverages zugrunde gelegt. Des Weiteren erfolgen die zeitlichen Spezifikationen durch die Modellvarianten A, B und C sowie weitere Spezifikationen in Abhangigkeit des Datensatzes balanced/unbalanced.

260

AbhSngige

ModellvaDatensatz

riante A,B>C

Modell*

Book Leverage Book Leverage

balanced balanced

A

FE.RE.HM FE.RE.HM

8

Book Leverage

balanced

FE.RE.HM

Normal Normal

8 8

Book Leverage

unbalanced

C A

Market Leverage

A

Normal Normal

8 8

Market Leverage Market Leverage

balanced balanced

Normal

8

Market Leverage

balanced unbalanced

C A

FE.RE.HM FE.RE.HM FE.RE.HM

Logarithmiert

8 8

Book Leverage Book Leverage

balanced balanced

A

Logarithmiert

BQQk4^vefa9& ~^-^- - balancfid Market Leverage balanced

- ^^

Formel

Jahre

Normal Normal

8 8

Normal

ioganthroiert Logarithmiert Logarithmiert Logarithmiert

^ 8 8 8

Variabel

Market Leverage Market Leverage

B

B

B

FE.RE.HM

FE.RE.HM FE.RE.HM FE.RE.HM

^EE^RE^HM I

A

FE.RE.HM

balanced

B

FE.RE.HM

balanced

C

FE.RE.HM 1

*FE (Fixed-Effekts-Modell), RE (Random-Effekts-Modell), HM (Hausman Test)

1

Tabelle 31: Statistische Modellvarianten

5.6.4 Ergebnisse und Interpretation Eine Ubersicht uber die Ergebnisse der durchgefuhrten Schatzverfahren und Tests ist im Anhang 5: Regression fur die additive Funktion und im Anhang 6: Regression logarithmiert

fur die

multiplikative Funktion aufgefuhrt. Vor der Diskussion der Ergebnisse ist zunachst zu klaren, welche Spezifikation des okonometrischen Modells die zugrunde liegenden Zusammenhange der gewahiten Daten am besten abbildet. Vergleicht man die Schatzansatze, basierend auf der additiven bzw. logarithmierten Regression, so ist die iogarithmierte Funktion der Regressionsgleichung insgesamt besser geeignet, die Struktur der zugrunde liegenden Daten zu erkiaren. Die bisherigen vergleichbaren okonometrischen Modelle basieren durchgehend auf der additiven Verknupfung der Variablen. Die vorliegenden Ergebnisse weisen aber darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen erklarenden Variablen und dem Verschuldungsgrad als abhangige Variable anhand einer logarithmierten Regressionsgleichung vorzuziehen ist, wobei eine Aufklarung fur den hoheren Erklarungsgehalt nicht gegeben werden kann.^®^

Das Bestimmtheitsmafi /?-(gesamt) gibt an, zu welchem Anteil die Varianz der Daten erklart werden kann. Wahrend das Bestimmtheitsmafi ^-(gesamt) in Abhangigkeit des Schatzverfahrens und der durchgefuhrten Tests bei der additiven Funktion zwischen 3 und 21 % variiert, erhoht sich das Bestimmtheitsmafi /?'(gesamt) bei der logarithmierten Form in Abhangigkeit des Schatzverfahrens und der durchgefuhrten Tests auf rund 14-56 %.

261

Im Hinblick auf Aussagekraft und Bedeutung der gewahlten Koeffizienten lasst sich in Abhangigkeit der verschiedenen Schatzansatze bzw. gewahlten Spezifikationen zusammenfassend festhalten, dass die Profitabilitat einen durchgangig signifikant negativen Einfluss und die Grofle einen signifikant positiven Einfluss auf die Verschuldung ausubt. Die Aussagen im Hinblick auf die erklarenden Variablen Bewertung und Aniageintensitat fallen weniger eindeutig aus. In Abhangigkeit der zugrunde liegenden abhangigen Variablen Book Leverage Oder Market Leverage weist die Bewertung einen positiven oder negativen Einfluss auf, wobei dieser bei den meisten Schatzansatzen bzw. gewahlten Spezifikationen signifikant ist. Die Aniageintensitat erweist sich als nicht signifikant. Aufgrund des hoheren ErklarunQsgehaltes der lo^anthmieften Forni der RegressiojisgJeichung werden nachfolgend die Detailergebnisse zu den vier Koeffizienten primar anhand der Ergebnisse der logarithmierten Formein 3 und 4 vorgestellt.^®° Da, wie bereits diskutiert, die Messung des Verschuldungsgrades in der Praxis primar anhand der buch- anstatt der marktmafligen Verschuldung erfolgt, werden die Ergebnisse basierend auf dem Book Leverage als abhangige Variable in den Vordergrund gestellt und anhand der unterschiedlichen zeitlichen Spezifikationen - Modellvariante A, B und C - diskutiert. Profitabilitat: Fur die durchgefuhrte Schatzung Regression logarithmiert/Boole Leverage/Modell-Variante A ergibt sich bei einer Erhohung der Profitabilitat urn 1 % eine Minderung des Verschuldungsgrades urn rund 0,87 % im Fixed-Effects-Modell und urn 0,88 % im Random-EffectsModell.''^ Vergleicht man diese Ergebnisse mit weiteren zeitlichen Spezifikationen Regression logarithmiert/Book Leverage/Modellvariante B & C ergeben sich nur marginale Abweichungen, die Vorzeichen bleiben aber gleich. Basierend auf der Schatzung Regression logarithmiert/Book Leverage/Modellvariante B ergibt eine Erhohung der Profitabilitat um 1 % im Fixed-Effects-Modell eine Senkung um 0,78 %, im Random-Effects-Modell um 0,81 % und in der Regression logarithmiert/Book Leverage/Modellvariante C basierend auf dem Fixed-Effects-Modell, eine Senkung um 0,59 % bzw. im Random-Effects-Modell um 0,60 %. Die Spezifikationen der logarithmierten Formel 4, die auf dem Market Leverage als abhangige Variable basieren, bestatigen durchweg den negativen Wirkungszusammenhang zwischen Profitabilitat und Verschuldungsgrad. Die Bestimmtheitsmafie/?^ weisen jedoch ins-

^^° Siehe hierzu: Aniage 6: Regression logarithmiert. ®^^ Siehe hierzu: Anhang 6: Regression logarithmiert/Book Leverage/Modellvariante A/Fixed. 262

gesamt hohere Werte fur die Schatzverfahren basierend auf dem Market Leverage als abhangige Variable auf.^^^ Des Weiteren misst das vorliegende Modell den Schatzverfahren Regression logarfthmiert

ba-

sierend auf dem Market Leverage als abhangige Variable insgesamt einen hoheren Erklarungsbeitrag im Vergleich zu den Schatzverfahren basierend auf dem Book Leverage zu.^^^ Das Resultat, dass die Schatzverfahren basierend auf dem marktmafligen Verschuldungsgrad generell einen hoheren Erklarungsbeitrag im Vergleich zur buchmafligen Verschuldung liefern, wird auch von vergleichbaren internationalen okonometrischen Modellen bestatigt.^^"^ Trotz der in der Praxis gangigen Vorgehensweise, den Verschuldungsgrad anhand des Book Leverage zu messen, werden die Ergebnisse basierend auf dem Market Leverage bei der Darstellung und Interpretation der Ergebnisse tjerucksichtigt. Fur die Profitabilitat ergibt sich, basierend auf dem Market Leverage als abhangige Variable, bei der Schatzung Regression logarithmiert/Market

Leverage/Modelivariante

A eine Erhohung

der Profitabilitat um 1 %, im Fixed-Effects-Modell eine Senkung des Verschuldungsgrades um 4,2 % und im Random-Effects-Modell um 4,7 %.^^^ Die Ergebnisse der Schatzung Regression logarithmiert/Market

Leverage/Modellvariante

By^e\-

sen ahnliche Ergebnisse fur das Fixed- und Random-Effects-Modell aus. Fur die Ergebnisse der Schatzung Regression logarittimiert/Market

Leverage/Modelivariante

C ergeben sich niedri-

gere Werte. Steigt die Profitabilitat um 1 %, sinkt der Verschuldungsgrad im Fixed-EffectsModell um 2,8 % und im Random-Effects-Modell um 3,1 %.''^ Die verschiedenen Schatzverfahren und Spezifikationen basierend auf der additiven Verknupfung (siehe Formel 1 und 2) weisen fur die Profitabilitat ebenfalls durchweg eine negative Beziehung zum Verschuldungsgrad auf, bieten aber insgesamt einen geringeren Erklarungsbeitrag.^^^ Ein Vergleich der Ergebnisse zwischen den zeitlichen Modellvarianten A, B und C lasst darauf schliefien, dass zeitliche bzw. dynamische Aspekte fur die Erklarung der Kapitalstrukturen von Bedeutung sind, da historische wie aktuelle Einflusse den Verschuldungsgrad eines

995 996 997

Das Bestimmtheitsmafi /?- (Gesamt) betragt z. B. bei den Schatzverfahren (Regression logarithmiert) basierend auf dem Book Leverage 14-15 % und erhoht sich bei den Schatzverfahren (Regression logarithmiert) deutlich auf rund 37-56 %. Dies gilt fur die Ergebnisse der logarithmierten Funktion (Regression logarithmiert), nicht aber fur Ergebnisse der additiven Verknupfung (Regression). Vgl. BakerAA/urgler (2002) siehe Anhang 3-6 , Gaud/Jani/Hoesli/Bender (2003), siehe Anhang 5 & 6. Siehe hierzu: Anhang 6: Regression logarithmiert/Market Leverage/ Modelivariante A. Siehe hierzu: Anhang 6. Regression logarithmiert/Market Leverage/Modellvariante C. Siehe hierzu: Anhang 5: Regression 263

Unternehmens bestimmen. Die ermittelten Bestimmtheitsmafle R^ weisen den hochsten Erklarungsgehalt fur die Modellvariante C aus, bei der die jeweils abhangige Variable einer Periode auf die Koeffizienten derselben Periode und der vorherigen Periode regressiert wird.^^® Diese Ergebnisse lassen darauf schiieften, dass die Profitabilitat des jeweiligen aktuellen Jahres sowie des Vorjahres den Verschuldungsgrad eines Unternehmens beeinflussen. Die Ergebnisse zur Profitabilitat fur borsennotierte deutsche Unternehmen stehen im Einklang mit den bereits diskutierten internationalen Studien, die ebenfalls einen negativen Zusammenhang zwischen Verschuldungsgrad und Profitabilitat festgestellt haben. Je profitabler ein Unternehmen, desto geringer der Verschuldungsgrad bzw. desto hoher das Eigenkapital. Unter Berucksichtigung der vorangestellten empirischen Ergebnisse sowie der bereits vorgestellten Fragebogenstudien zum Finanzierungsverhalten deutscher Unternehmen verstarken diese Ergebnisse die Annahme, die fur die Praferenz der Finanzierung deutscher bdrsennotierter Unternehmen aus eigenen Mittein und somit in Teilbereichen fur die Existenz der Pecking-Order-Theorie spricht. Cr6t3e: Fur die Grofie ergibt sich anhand der durchgefuhrten Schatzung Regression logarithmiert/ Book Leverage/Modellvariante A, dass bei Erhdhung der Grdfle um 1 % (basierend auf dem logarithmierten Umsatz) der Verschuldungsgrad um rund 8,2 % im Fixed-Effects-Modell und um 7,4 % im Random-Effects-Modell stelgt.^''^ Der positive Wirkungszusammenhang zwischen der Grofie der untersuchten Unternehmen und dem Verschuldungsgrad bleibt bei alien Schatzverfahren und Spezifikationen bestehen. Basierend auf der Schatzung Regression logarithmiert/Book Leverage/Modellvariante B ergibt sich bei einer Erhdhung der Grdfie um 1 % (basierend auf dem logarithmierten Umsatz) im Fixed-Effects-Modell eine Steigerung um 6,8 % und im Random-Effects-Modell um 6,4 %. Die Schatzung Regression logarithmiert/Book Leverage/Modellvariante C weist fur das FixedEffects-Modell eine Steigerung des Verschuldungsgrades um 7,5 % und im Random-EffectsModell um 6,2 % aus.'°°° Die Ergebnisse der Schatzverfahren, basierend auf der logarithmierten Formel 4 mit Market Leverage als abhangige Variable, bieten insgesamt einen hdheren Erklarungswert und weisen hdhere Werte fur den Koeffizienten Grdde im Vergleich zu den Ergebnissen basierend ^^® Die BestimmtheitsmaRe y?- sind in fast alien Schatzverfahren in der Modellvariante C hdher als fijr die Modellvarianten B und C. ^^^ Siehe hierzu: Anhang 6: Regression logarithmiert/Book Leverage/ Modellvariante A. ^°°° Siehe hierzu: Anhang 6: Regression logarithmiert/Book Leverage/Modellvarianten B und C. 264

auf der abhangigen Variable Book Leverage aus. Basierend auf dem Schatzverfahren Regression logarithmiert/Market

Leverage/Modellvariante

A \uhx{ eine Erhohung der Grode urn 1 %

(basierend auf dem iogarithmierten Umsatz) zu einer Erhohung der Verschuldung urn 36 % im Fixed-Effects-Modell und urn 20 % im Random-Effects-Modell. Auch die weiteren Schatzverfahren Regression logarittimiert/Marlcet

Leverage/Modellvariante

B & C - Jeweils Fixed- und Ran-

dom-Effects \Ne\sen ahnlich hohe zweistellige Werte fur den Koeffizienten Grofie auf. Der positive Wirkungszusammenhang zwischen der Grofie und dem Verschuldungsgrad wird bei fast alien Schatzverfahren und Spezifikationen, basierend auf der additiven Verknupfung, festgestellt (Formel 1 und 2) und die Koeffizienten sind uben/viegend signifikant auf 1 % Niveau.^°°^ Ausnahme hiervon bilden einige Schatzverfahren der additiven Verknupfung mit Market Leverage als abhangige Variable, slehe Regression Normal/Market

Leverage/ModeH-

varianteA, BundC, bei denen die Koeffizienten zum Teil nicht signifikant sind.^°°^ Die Ergebnisse im Hinblick auf den Einfluss der Grofie eines Unternehmens auf den Verschuldungsgrad unterscheiden sich Im Hinblick auf die unterschiedlichen Schatzansatze bzw. Spezifikationen nicht in ihren Vorzeichen, sondern nur in den absoluten Werten. Die Resultate lassen die Schlussfolgerung zu, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der Grofie eines Unternehmens und dem Verschuldungsgrad besteht. Die empirischen Ergebnisse bestatigen somit, dass die untersuchten borsennotierten deutschen Unternehmen mit steigender Grofie eine steigende Verschuldung aufweisen und konsistent sind mit internationalen Ergebnissen vergleichbarer Studien. Die bereits diskutierten Zusammenhange, dass mit steigender Grofle eines Unternehmens eine geringe Konkursgefahr einhergeht und aus den erwarteten weniger volatilen Cashflows daher eine hohere Verschuldung in der Zielkapitalstruktur resultiert , konnen Ursache fur die gefundenen positiven Zusammenhange sein. Des Weiteren konnen auch die Rahmenbedingungen der Kapitalmarkte, wie z. B. die Tatsache, dass der Zugang zum Anieihemarkt ausschliefilich fur grofie borsennotierte Unternehmen realisierbar ist, den steigenden Verschuldungsgrad bei zunehmender Grofie erklaren. Bewertung: FiJr die Bewertung ergibt sich anhand der durchgefuhrten Schatzung Regression logarittimiert/Boolc Leverage/Modelivariante

A, dass bei Erhohung der Bewertung um 1 % die Ver-

schuldung im Fixed-Effects-Modell um 0,85 % und im Random-Effects- Modell um 0,86 % steigt.^°°^ Der positive Wirkungszusammenhang bleibt auch bei den weiteren zeitlichen Spe-

^°°^ Siehe hierzu: Anhang 5: Regression. ^°°^ Siehe hierzu: Anhang 6: Regression/Market Leverage/Modellvarianten A,B und C. ^°°^ Siehe hierzu: Anhang 6: Regression logarithmiert/Book Leverage/Modellvahante A. 265

zifikationen, basierend auf dem Book Leverage als abhangige Variable, bestehen. Anhand der durchgefuhrten Schatzung Regression logahthmiert/Book Leverage/Modellvahante B ergibt sich bei einer Erhohung der Bewertung urn 1 % eine Steigerung sowohl im Fixed-EffectsModell als auch im Random-Effects-Modell von rund 1 %.^°°'* Die Ergebnisse der Schatzung Regression iogaritiimiert/Boolc Leverage/Modeilvariante C ergeben sowohl im Fixed-EffectsModell als auch im Random-Effects-Modell eine Steigerung des Verschuldungsgrades um rund 0,6 %. Eine hohere Bewertung der Unternehmen an der Borse fuhrt nach den vorliegenden Ergebnissen zu einer hoheren Verschuldung und ist kontrar zu den Ergebnissen internationaler Studien. Die Ergebnisse der Schatzverfahren, basierend auf dem Market Leverage als abhangige Variable, ergeben wiederum einen negativen Wirkungszusammenhang. So ergibt die durchgefuhrte Schatzung Regression logarittimiert/Marl<et Leverage/l^odell-Variante A, dass bei Erhohung der Bewertung um 1 % die Verschuldung im Fixed-Effects-Modell um 4,4 % und im Random-Effects-Modell um 4,8 % sinkt. Der positive Wirkungszusammenhang ergibt sich auch bei den weiteren zeitlichen Spezifikationen. So weist die durchgefuhrte Schatzung Regression logahttimiert/Marlcet Leverage/i\^odelivariante B d\s Ergebnis aus, dass bei Erhohung der Bewertung um 1 % die Verschuldung im Fixed-Effects-Modell um 1,2 % und im RandomEffects Modell um 2,1 % sinkt. Allerdings ist das Signifikanzniveau relativ gering.^°°^ Die durchgefuhrte Schatzung Regression logarittimiert/Marl<et Leverage/Modeilvariante C ergibt, dass bei Erhohung der Bewertung um 1 % die Verschuldung im Fixed-Effects-Modell um 3,6 % und im Random-Effects-Modell um 3,9 % sinkt. Das Resultat der Umkehr des Wirkungszusammenhangs zwischen Bewertung und Verschuldungsgrad, in Abhangigkeit der verwendeten abhangigen Variablen Book oder Market Leverage, ergibt sich auch fur die Schatzungen basierend auf der additiven Verknupfung (Formel 1 und 2).^°°^ Allerdings sind die Ergebnisse der additiven Schatzverfahren fur den Koeffizienten Bewertung, fur die Schatzverfahren basierend auf der abhangigen Variablen Market Leverage, nicht signifikant. Eine Interpretation des Einflusses der Bewertung auf die Verschuldung der untersuchten borsennotierten Unternehmen ist aufgrund der Umkehr des Vorzeichens sowie des teilweise geringeren Signifikanzniveaus nicht mogllch. Misst man den Verschuldungsgrad anhand von

^^^'^ Siehe hierzu: Anhang 6: Regression logarithmiert/Book Leverage/Modeilvariante B. ^°°^ Siehe hierzu: Anhang 6: Regression logarithmiert/Market Leverage/Modeilvariante B. ^°°® Siehe hierzu Anhang 5: Regression. 266

Buchwerten, besteht ein positiver Zusammenhang; misst man den Verschuldungsgrad anhand von Marktwerten, besteht ein negativer Zusammenhang. Der vor allem in amerikanischen Studien nachgewiesene negative Wirkungsnachweis zwischen der Bewertung eines borsennotierten Untemehmens sowie dem Verschuldungsgrad und der daraus resultierenden Argumentation des iVIarket Timing-Verhaltens borsennotierter Unternehmen kann im Rahmen der eigenen empirischen Studie fur die untersuchten borsennotierten Unternehmen nicht bestatigt werden. Aufgrund der in Abschnitt 5.5 dargestellten Resultate zum Market Timing-Verhalten der untersuchten borsennotierten Unternehmen sowie der Fragebogenstudie von Drobetz, Pensa una W6h/eaus dem Jahr 2004 liegen die Ergebnisse im Rahmen der Erwartungen. Die Moglichkeiten der Finanzierung mittels Eigenkapitalmaflnahmen werden von borsennotierten deutschen Unternehmen eher restriktiv eingesetzt. Generell wird der Finanzierung uber eigene Mittel und ijber Finanzverbindlichkeiten eine hohere Prioritat eingeraumt. Ein aktives opportunistisches Ausnutzen von Bewertungsunterschieden bzw. eine haufige Durchfuhrung von Kapitaierhohungen (oder Aktienruckkaufen) konnte bei der eigenen empirischen Untersuchung bei den meisten grofien borsennotierten deutschen Unternehmen nicht festgestellt werden. Die Ergebnisse der Regression unterstutzen daher die Hinweise darauf, dass der Faktor Market Timing fur deutsche borsennotierte Unternehmen nur eine geringfugige Bedeutung innerhalb der Finanzierung zugemessen werden kann.

Aniageintensitat: Fur die Aniageintensitat ergibt sich in den meisten internationalen empirischen Studien ein positiver Zusammenhang zum Verschuldungsgrad. Diese Ergebnisse konnen aufgrund der geringen Signifikanz des Koeffizienten in fast alien Schatzverfahren und Spezifikationen fur die borsennotierten deutschen Unternehmen nicht bestatigt werden. Die Aniageintensitat weist die geringste Erklarungskraft der gewahlten Variablen auf. Die Ergebnisse des okonometrischen Modells in Abhangigkeit zu den unterschiedlichen Schatzverfahren und Spezifikationen sind insgesamt robust. Die Bestimmtheitsmasse R~ weist ein zufriedenstellendes Erklarungsmafi der Regression aus. Weiterhin sind die gewahlten vier Koeffizienten signifikant. Der durchgefuhrte Hausman-Test ergibt, dass sowohl das Fixed- als auch das Random-Effects-Modell zur Beschreibung der Daten geeignet sind. Darijber hinaus weisen die Ergebnisse, wie erwartet, auf die Existenz von nicht zu beobachtenden welteren zeit- bzw. firmenspezifischen Einflussen hin.^°°^ Die Ergebnisse lassen darauf

^°°^ Das Ergebnis der Existenz von zeit- und firmenspezifischen Enflussen steht im Kontext vergleichbarer empirischer Untersuchungen sowie Aussagen der sinschlagigen Literatur. Die gewahlten erklarenden Variablen Profitabilitat, Grbfie, Anlageintens tat und Bewertung konnen 267

schlieflen, dass auch historische Einflusse bzw. dynamische Aspekte eine Bedeutung fur die Kapitalstruktur haben. Zusammenfassend lassen sich die Ergebnisse wie folgt subsumieren: • Der Zusammenhang zwischen Profitabilitat und Verschuldung ist negativ und am starksten ausgepragt. •

Der Zusammenhang zwischen Grofie und Verschuldung Ist positiv und ebenfalls stark ausgepragt.

•

Der Zusammenhang zwischen Bewertung und Verschuldung ist nicht eindeutig.

• Der Zusammenhang zwischen Aniagelntensltat und Bewertung Ist am gerlngsten und nicirt signifikant. •

Die gewahlten Koeffizienten sind insgesamt signlfikant.

5.7

Fazit

In diesem Kapltel wurden das FInanzierungsverhalten und die Kapitalstrukturen borsennotierter Unternehmen anhand einer emplrisch und empirisch-okonometrischen elgenen Studie untersucht und soweit moglich mit den Erkenntnlssen der finanztheoretischen DIskusslon und existierender internationaler Studien kontrastiert. Die Ergebnisse lassen darauf schliefien, dass die historisch extremen Borsenjahre zwischen 1996 und 2003 das FInanzierungsverhalten grofier deutscher borsennotierter Unternehmen nicht wesentlich verandert haben. Die Nutzung der durch die Borsennotierung vorhandenen Moglichkeiten der Eigenkapitalfinanzierung wird nur sehr restriktiv angewandt und dem Aspekt des Market Timings fur die FInanzierung kommt eIne eher gerlnge Bedeutung zu. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote der Unternehmen in Hdhe von rund 35 % welst innerhalb des gesamten Beobachtungszeitraums von 1996 bis 2003 nur marginale Veranderungen auf. Leichte Veranderungen sind bei den Verbindlichkelten bemerkbar, da der prozentuale Anteil der Finanzverbindlichkelten leicht zugenommen hat. Grijnde hierfur konnen in der geringeren Moglichkelt der Finanzierung durch Ruckstellungen, Pensionsverpflichtun-

somit nur zum Tell den Verschuldungsgrad erklaren. Die daruber hinausgehenden anderen Faktoren sind jedoch nicht messbar. WIe bereits in Kapltel 4 diskutiert, gibt es eine Vielzahl weiterer moglicher Einflusse auf die Kapitalstruktur, wie z. B. das Unternehmens-Rating oder das zugrunde llegende Finanz-, Rechts- und Kapitalmarktsystem. Des Weiteren ergaben die Fragebogenstudien von Graham/Harvey (2002), dass weiteren Faktoren, wie dem Vorbehalten einer gewissen finanziellen Flexibilitat, bei den Kapitalstrukturentscheidungen der Finanzvorstande eine hervorgehobene Rolle zukommt, der Faktor Flexibilitat aber emplrisch schwer messbar sein durfte. Eine abschlieflende vollstandige Erkiarung der Kapitalstrukturen von Unternehmen ist empirisch aufgrund der mannigfaltigen Einflusse nicht moglich 268

gen und sonstigen Verbindlichkeiten oder in der zunehmenden Finanzierung mittels Krediten Oder Finanzanleihen liegen, dieses kann abschliefiend nicht begrundet werden. Festzuhalten bleibt, dass der extreme Aktienboom Ende der neunziger Jahre und die dannit einhergehenden hohen Bewertungen nicht zu einer durchschnittlich hoheren Eigenkapitalquote der untersuchten deutschen borsennotierten Unternehmen gefCihrt haben. Des Weiteren ergibt die Analyse der Kapitalstrukturen, dass extreme Eigenkapitaiquoten von ijber 50 % und unter 20 % bei den deutschen borsennotierten Unternehmen selten sind und die uberwiegende Zahl der borsennotierten grofien deutschen Unternehmen eine Eigenkapitalquote zwischen 20 und 30 % aufweist. Die Auswertung der VerSnderung der Kapitalstrukturen auf Unternehmensebene ergab Starke Hinweise fur die Existenz einer Zielkapitalstruktur und somit eine zumindest teilweise Relevanz der Trade-off-Theorie, welche eine Bestimmung der Kapitalstruktur durch Abwagung der Vor- und Nachteile annimmt.^°°^ Die Kapitalstrukturen der uberwiegenden Zahl der untersuchten borsennotierten Unternehmen variieren im Zeitablauf uberwiegend innerhalb enger Grenzen. Bei rund zwei Drittein der untersuchten Unternehmen variiert die Kapitalstruktur innerhalb eines Korridors von 5-15 % und deutet somit auf eine Stabilitat und Kontinuitat der Kapitalstruktur hin. Dieses Ergebnis spricht dafijr, dass Finanzvorstande eine konkrete Vorstellung uber die Aufteilung von Eigen- und Fremdkapital besitzen, welche die Bewahrung einer gewissen Flexibilitat beinhaltet. Im Hinblick auf die Finanzierungsart der deutschen borsennotierten Unternehmen ergab die Analyse, dass das Bilanzwachstum vorrangig durch einbehaltene Gewinne und Finanzverbindlichkeiten finanziert wurde. Auch die Finanzierung mittels Lieferantenverbindlichkeiten und sonstiger Verbindlichkeiten ist von hoher Bedeutung, der Finanzierung mittels Eigenkapital kommt die geringste Bedeutung zu. Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass die Finanzierungshierarchie gemafi der Pecking-Order-Theorie zumindest in Teilaspekten fur die untersuchten deutschen Unternehmen zutrifft, mit der Einschrankung, dass keine Rangordnung fur die Finanzierung aus einbehaltenen Gewinnen, Finanzverbindlichkeiten und sonstigen Verbindlichkeiten festgestellt werden kann, aber die Nachrangigkeit der Eigenkapitalfinanzierung eindeutig belegt werden kann. Die geringe Nutzung des Eigenkapitalmarktes wird auch durch die Ergebnisse der Auswertung der durchgefuhrten Kapitalmafinahmen unterstrichen, da mehr als die Halfte der bor^°°^ Nicht bestatigt werden kann allerdings die gemafi der Trade-off-Theorie angenommene Abwagung der Vor- und Nachteile des Einsatzes von Fremdkapital, da hierfur insbesondere profitable Unternehmen einen hoheren Fremdkapitalanteil aufweisen mussten; dies konnte nicht 269

sennotierten Untemehmen trotz erheblicher Bewertungsunterschiede und gunstiger Platzierungsgelegenheiten keine Kapitalerhohungen durchgefuhrt haben. Auch die Moglichkeit zur Nutzung von Aktienruckkaufen wurde nur von rund einem Drittel der Unternehmen genutzt. Ingesamt ist eine eher passive Wahrnehmung der borsentechnischen Eigenkapitalmoglichkeiten festzustellen. Trotz des relativ seitenen Einsatzes von Kapitalerhohungen und Aktienruckkaufen ist wiederum festzustellen, dass diese uberwiegend zu fur die Unternehmen vorteilhaften Bewertungen durchgefuhrt wurden. Daraus kann gefolgert werden, dass der Faktor Market Timing fur deutsche borsenotierte Unternehmen in Bezug auf die Kapitalstruktur- und Finanzierungspolitik insgesamt von geringer Relevanz ist. Auf Basis der einzelnen durchgefuhrten Eigenkapitalmadnahmen wiederum wird anscheinend em optimaTes Timing angestrebt und gfOdtenteils auch erreTcht. FQr die Finanzentscheider ist die Besorgnis uber die Verwasserung der Kennziffer Gewinn je Aktie sowie mogliche negative Kursreaktionen der Hauptgrund fiir die passive Haltung in Bezug auf das Market Timing. Die Bedeutung des Market Timings im Rahmen der Finanzierungspolitik deutscher borsennotierter Unternehmen ist vor dem Hintergrund des bankorientierten deutschen Finanzsystems, der im Vergleich zu angelsachsischen Landern spateren Entwicklung des Kapitalmarktes und der Dominanz der Bankenfinanzierung wie erwartet ausgefallen. Im Hinblick auf den Einfluss der firmenspezifischen Faktoren wie Profitabilitat, Grofie, Bewertung und AnIageintensitat lasst sich festhalten, dass fiir die Profitabilitat und die Grofie der gleiche signifikante Wirkungszusammenhang, der auch in internationalen Studien festgestellt wurde, gilt. Je profitabler ein Unternehmen, desto geringer, und je grofier ein Unternehmen, desto hoher ist die Verschuldung des Unternehmens. Der international dokumentierte negative Wirkungszusammenhang zwischen der Bewertung und der Verschuldung sowie der positive Wirkungszusammenhang zwischen der AnIageintensitat und der Bewertung konnte im Rahmen der eigenen empirischen Untersuchung nicht bestatigt werden.

bestatigt werden. Vielmehr handelt as sich um eine generelle Abwagung von Vor- und Nachteilen einer bestimmten Kapitalstruktur, die aber letztlich auch in einer Zielkapitalstruktur mundet. 270

6

Schlussbetrachtung

Ziel der Arbeit ist es, die bisherigen einflussreichsten finanztheoretischen Modelle zur optimalen Kapitalstruktur darzustellen und im Hinblick auf ihre praktische Relevanz zu werten, urn nachfolgend eine Klassifizierung der wichtigsten Einflussfaktoren der Kapitalstruktur zu entwickein und, basierend auf den vorgenannten Resultaten, eine eigene empirische Studie zu Finanzierung, Kapitalstruktur und deren Einflussfaktoren durchzufuhren und hieraus Rijckschlusse auf das Finanzierungsverhalten grofier borsennotierter deutscher Unternehmen zu Ziehen. Ausgangspunkt der Arbeit ist zunachst die Darstellung und kritische Wurdigung der bekanntesten Beitrage zur Theorie der Kapitalstruktur sowie die Presentation der konzeptionellen Weiterentwicklung der theoretischen Grundlagen. Beginnend mit der bekannten Irrelevanztheorie von Modigliani und Miller aus dem Jahr 1958, welche als Geburtsstunde der modernen Entwicklung der Corporate-Finance-Theorien bezeichnet werden kann, erfolgt nachfolgend die Darstellung und Wurdigung der bedeutendsten klassischen Theorieansatze. Im Anschluss daran werden die neueren Theorien zur Kapitalstruktur ab Mitte der achtziger Jahre behandelt. Der Uberblick uber die theoretischen Grundlagen schlieflt mit den aktuellsten Ansatzen der Market Timing-Theorien ab. Die theoretischen Ausfuhrungen zur Kapitalstruktur sowie die Gultigkeit der empirischen Resultate beziehen sich dabei ausschliefilich auf grofie borsennotierte Unternehmen mit breit gestreuter Aktionarsstruktur. Innerhalb des theoretischen Abschnitts sind aufgrund ihres wegweisenden Beitrags zur Weiterentwicklung der Theorie der Kapitalstruktur und/oder ihrer praktischen Relevanz nachfolgende Ansatze hervorzuheben: • Die These uber die Irrelevanz der Finanzierung von Modigliani & Miller aus dem Jahr 1958 gilt als bahnbrechender finanzwissenschaftlicher Beitrag und besagt, dass unter der Pramisse vollkommener Markte die Art der Finanzierung irrelevant ist. Veranderungen der Kapitalstruktur haben daher keine Auswirkungen auf den Unternehmenswert. •

Die nachfolgende Tradeoff-Theorle^e\c\\{ von der Annahme des vollkommenen Marktes ab und integriert die Marktunvollkommenheiten Steuern und Konkurs in das Modell. Gemafi der Trade-off-Theorie definiert sich die optimale Kapitalstruktur durch das Ausbalancieren zweier gegenlaufiger Effekte, verursacht durch Steuervorteile der Fremdfinanzierung und die mit zunehmender Verschuldung steigende Konkurswahrscheinlichkeit.

271

Die agency-theoretfschen Ansdtze konzentrieren sich auf die Identifikation und Analyse der Konflikte zwischen Antellselgnern, Management und Fremdkapitalgebern. Sie untersuchen die daraus entstehenden Agency-Kosten und ihre Auswirkungen auf die Kapitalstruktur. Einer der bekanntesten agency-theoretischen Beitrage ist die von Jensen 1986 formuiierte Free
somit Resultat der im Zeitablauf entstandenen Akkumulierung von vergangenen Market Timing-Finanzierungsentscheidungen. Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass trotz der Vielzahl der entwickelten Theorien und Modellansatze und der mittlerweile fast fijnfzigjahrigen intensiven Beschaftigung der Forschung mit der Kapitalstruktur keine abschliefienden universellen Erklarungsmodelle hervorgebracht werden konnten. Die Tatsache, dass kein Unternehmen dem anderen gleicht, und die aufgrund langjahriger Diskussion eriangte Feststellung, dass eine Vielzahl von komplexen, teilweise zu beobachtenden und teilweise nicht zu beobachtenden Faktoren die Kapitalstruktur beeinflusst, hat zu der Einsicht gefuhrt, dass auch zukunftig eine die Kapitalstruktur erklarende allgemein gultige Theorie nicht zu erwarten ist. Da die exakten WirkungszusammenhSnge und Gewichtungen der definierten Einflussfaktoren ungewiss sind, scheitert auch der finanztheoretische Anspruch der Entwicklung einer allgemein gultigen, akzeptierten Theorie bzw. eines Modells zur Erklarung der Kapitalstruktur. Gleichwohl hat die langjahrige Diskussion einige nutzliche Ansatze hervorgebracht, die zumindest einen partiellen Erklarungsbeitrag fur die zu beobachtenden Kapitalstrukturen liefern konnen und zur Identifikation einiger wichtiger Einflussfaktoren der Kapitalstruktur und deren Wirkungszusammenhange gefuhrt haben. Hier setzt die eigene Arbeit an, indem aus den bisherigen theoretischen und empirischen Erkenntnissen eine Klassifizierung und Wertung der wichtigsten Einflussfaktoren der Kapitalstruktur vorgenommen wird. Anhand einer Bottom-Down-Betrachtung werden die bislang festgestellten bedeutendsten Einflussfaktoren der Kapitalstruktur vorgestellt und mit den jeweiligen theoretischen Begrundungen kontrastiert. Zunachst werden die externen ubergeordneten Einflussfaktoren vorgestellt, gefolgt von externen und internen firmenspezifischen Einflussfaktoren. Die Eriauterung der internen Finanzierungsprioritaten der Finanzvorstande rundet den Uberblick ab. Bei der Analyse des Finanzierungsverhaltens sind zunachst die externen Qbergeordneten Einflussfaktoren zu berucksichtigen. Hierunter fallen die institutionellen Rahmenbedingungen sowie die makrookonomischen Bedingungen. Empirische Studien haben gezeigt, dass zwischen Landern mit markt- und bankorientierten Finanzsystemen differenziert werden kann. Bedingt durch variierende gesetzliche Rahmenbedingungen hat sich die Auspragung und Nutzung der Kapitalmarkte je nach Land unterschiedlich stark entwickelt. In angloamerikanischen Landern, die zu den marktorientierten Systemen gehoren, ist tendenziell ein weiterentwickelter Kapitalmarkt und eine starkere externe Finanzierung mit Eigen- und Fremdkapital nachweisbar als im Vergleich zu den eher 273

bankorientierten Systemen, zu denen u. a. Deutschland gehort. Hier weisen die Unternehmen tendenziell eine hdhere Verschuldung auf. Weiterhin lassen empirische Studien den Schluss zu, dass Untemehmen im Hinblick auf den Zeitpunkt und die Art der Finanzierung systematisch die jeweiligen makrookonomischen Bedingungen berucksichtigen. Dabei sind insbesondere das gesamtwirtschaftliche Wachstum und das zugrunde iiegende Zinsniveau von Bedeutung. So konnte in einigen empinschen Studien ein antizyklisches Verhalten festgestellt werden: Marktphasen mit geringem Wirtschaftswachstum und niedrigem Zinsniveau gehen zumeist mit einer hohen Anleiheemissionstatigkeit und Marktphasen mit starkem Wirtschaftswachstum und boomenden Aktienphasen mit einer hohen Eigenkapitalemissionstatigkeit einher. Die Resultate lassen den Schluss zu, dass Untemehmen im Sinne des Market Timings vorteilTiafte makro01
nommen, dass die These aufgestellt wird, dass die existierende Kapitalstruktur borsennotierter Untemehmen durch die im Zeitablauf entstandene Akkumulierung vergangener Market Timing-Finanzierungsentscheidungen hervorgebracht wird. Dementsprechend existiert keine optimale Kapitalstruktur. Weiterhin dokumentieren eine Vielzahl empirisch-okonometrischer Arbeiten, dass einige Interne flrmenspezlHsche EInflussfaktoren einen signifikanten Einfluss auf die Kapitalstruktur ausuben. Als Interne firmenspezifische Einflussfaktoren werden diejenigen definiert, die bestimmte Charakteristika des Unternehnriens erfassen und zumindest teilweise vom Unternehmen selbst beeinflussbar sind. Hervorzuheben sind hierbel aufgrund der international breit dokumentierten Forschungsergebnisse Grofle, Aniageintensitat und Profitabilitat eines Unternehmens. Tendenziell kann die Aussage getroffen werden, dass der Verschuldungsgrad von Untemehmen mit zunehmender Grofle und Aniagevermogen steigt. Die Beziehung zur Profitabilitat verhalt sich invers zum Verschuldungsgrad. Generell gilt: Je profitabler ein Untemehmen, desto geringer sein Verschuldungsgrad. Die empirisch sehr gut dokumentierte hohe Signifikanz des vorgenannten Wirkungszusammenhangs lasst den Schluss zu, dass im Sinne der Pecking-Order-Theorie Untemehmen die Finanzierung aus eigenen Mittein praferieren. Die Intemen FInanzlerungsprlorltaten umfassen die Entscheidungskriterien der Finanzvorstande. Es lasst sich festhalten, dass Untemehmen der Kapitalstrukturentscheidung eine hohe Prioritat einraumen und die Finanzentscheider uberwiegend eine konkrete Vorstellung von einer optimalen Kapitalstruktur und Finanzierungsart haben. Von herausragender Bedeutung bei der Festlegung der Kapitalstruktur ist die finanzielle Flexibilitat, die auf die Liquiditatshaltung bzw. das Cash-Management eines Unternehmens abzielt und bislang in der Forschung kaum thematisiert wurde. Weiterhin dokumentiert ist die Existenz einer mehr oder weniger fixen Zielkapitalstruktur, die sich in der Einhaltung einer gewissen Spannbreite der Kapitalstruktur widerspiegelt. Die Bewahrung der Stabilitat wird somit vorrangig vor weiteren Aspekten, wie der Minimierung der Kapitalkosten oder der Steigerung des Shareholdervalues, berucksichtigt. Fur die Emission von Eigenkapltal ist die Verwasserung des Gewinns je Aktie das groflte Hindemis und somit das wichtigste Entscheidungskriterium der Eigenkapltalpolitik. Prinzipiell gilt, dass aufgrund der Besorgnis uber die Verwasserung der Kennziffer Gewinn je Aktie Eigenkapitalemissionen nicht durchgefuhrt werden, es sei denn, es liegt eine hohe Aktienbewertung vor. Fur die Emission von Fremdkapital ist die Beibehaltung der finanziellen Flexibilitat und des Kredit-Ratings von besonderer Bedeutung.

275

Weiterhin lassen die Ergebnisse darauf schliefien, dass grofie Untemehmen im Gegensatz zu eher kleineren Untemehmen einen systematischeren Ansatz hinsichtlich Kapitalstruktur und Finanzierungsverhalten verfolgen. Es konnten signifikante Unterschiede im Finanzierungsverhalten der Untemehmen in Abhangigkeit ihrer Grofle festgestellt werden. Der vorangegangene Uberblick uber die aktuellsten empirischen Erkenntnisse zur Kapitalstruktur, zu deren Einflussfaktoren sowie den Bestimmungsgrunden der Finanzierungspolitik wird genutzt, um darauf aufbauend eine eigene empirische Studie zur Kapitalstruktur zum Finanzierungsverhalten deutscher bdrsennotierter

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Untemehmen durchzufuhren. Die

bisherigen international festgestellten empirischen Resultate eriauben es, in differenzierter Weise einige die Kapitalstruktur bestimmende oder beeinflussende Aspekte bzw. Determinanten zu uberprufen. Dabei orientiert sich die eigene empirische Studie aufgrund des Defizits aktueller valider empirischer Erkenntnisse fur deutsche borsennotierte Untemehmen in Deutschland an den neuesten Erkenntnissen vorwiegend amerikanischer empirischer Studien. Die eigene empirische 5ft/(y/f» umfasst insgesamt 64 Untemehmen der in den jeweiligen Borsenindizes DAX und MDAX enthaltenen Werte und stellt somit eine Stichprobe der groliten borsennotierten deutschen Untemehmen dar. Der Untersuchungszeitraum belauft sich auf acht Jahre (1996-2003). Aufgrund der historisch einmaligen zuruckliegenden Borsenjahre und der aktuellen Thematik des Market Timings besteht ein Schwerpunkt der eigenen empirischen Untersuchung in der Analyse, inwieweit borsennotierte grofle Untemehmen in Deutschland die volatilen Bedingungen der Aktienmarkte im SInne des Market Timings berucksichtigt und/oder die zugrunde liegenden Borsenbedingungen zu Anderungen des Finanzierungsverhaltens bzw. der Kapitalstrukturen gefuhrt haben. Die wichtigsten Ergebnisse der eigenen empirischen Studie konnen wie folgt zusammengefasst werden: Die Ergebnisse lassen darauf schliefien, dass die historisch extremen Borsenjahre zwischen 1996 und 2003 zu kelner wesentlichen Veranderung des FInanzierungsverhaltens grolier deutscher borsennotierter Untemehmen gefuhrt haben. Insgesamt ist festzustellen, dass die durch die Borsennotierung vorhandenen Moglichkeiten der Eigenkapitalfinanzierung nur sehr restriktiv angewandt wurden und die Auspragung des Market Timing-Verhaltens fur die untersuchten Untemehmen eher geringfiigig ist. Weiterhin lassen die Ergebnisse den Schluss zu, dass die untersuchten Untemehmen im Sinne der Pecklng-Order-Theohe die Finanzierung aus intemen Mittein praferieren.

276

Die durchschnittliche Eigenkapitalquote der untersuchten DAX- und MDAX-Unternehmen betragt rund 35 %. Innerhalb des gesamten Beobachtungszeitraums von 1996 bis 2003 werden nur marginale Veranderungen der durchschnittlichen Eigenkapitalquote festgestellt. Daher bleibt festzuhalten, dass der extreme Aktienboom Ende der neunziger Jahre keine signifikante Anderung der durclischnittlichen Eigenkapitalquote fur die untersuchten Unternehmen zur Folge hatte. Weiterhin kann festgestellt werden, dass eine extreme Eigenkapitalquote von uber 50 % und unter 20 % bei den deutschen borsennotierten Unternehmen selten ist. Die uberwiegende Zahl welst eine Eigenkapitalquote zwischen 20 und 30 % auf. Die Auswertung der Veranderung der Kapitalstrukturen auf Unternehmensebene ergibt starke Hinweise fur die Existenz einer Zielkapitalstruktur im Sinne der Trade-off-Theorie. Bei rund zwei Drittein der untersuchten Unternehmen variiert die Kapitalstruktur innerhalb eines Korridors von 5 bis 15 % im Zeitverlauf. Dieses Ergebnis lasst die Vermutung zu, dass Finanzvorstande eine konkrete Vorstellung von der Aufteilung Eigen- und Fremdkapital besitzen und eine gewisse Stabilitat der Kapitalstruktur anstreben, die allerdings in Grenzen eine Flexibilitat ermoglicht. Im Hinblick auf die praferierte Finanzierungsart der deutschen borsennotierten Unternehmen ergibt die Analyse, dass das Bilanzwachstum der letzten Jahre vorrangig durch einbehaltene Gewinne und Finanzverbindlichkeiten finanziert wurde. Auch die Finanzierung mittels Lieferanten- und sonstiger Verbindlichkeiten ist von hoher Bedeutung. Der Finanzierung mittels Eigenkapital kommt insgesamt die geringste Bedeutung zu. Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass die Finanzierungshierarchie gemafi der Pecking-Order-Theorie zumindest in Teilaspekten fur die untersuchten deutschen Unternehmen mit der Einschrankung zutrifft, dass keine Rangordnung fur die Finanzierung aus einbehaltenen Gewinnen, Finanzverbindlichkeiten und sonstigen Verbindlichkeiten festgestellt werden kann. Die Bedeutung der Finanzierung ijber Eigenkapitalemissionen ist eindeutig nachrangig. Die Analyse lasst den Schluss zu, dass der Faktor Market Timing fur deutsche borsenotierte Unternehmen in Bezug auf Kapitalstruktur und Finanzierungspolitik von geringer Relevanz ist. Insgesamt haben mehr als die Halfte der borsennotierten Unternehmen trotz erheblicher Bewertungsunterschiede keine Kapitalerhohungen wahrend des Untersuchungszeitraums durchgefuhrt. Auch die Moglichkeit zur Nutzung von Aktienruckkaufen wurde nur von rund einem Drittel der Unternehmen genutzt. Trotz des generell restriktiven Einsatzes von Kapitalerhohungen und Aktienruckkaufen ist wiederum festzustellen, dass auf Basis der einzelnen durchgefuhrten Eigenkapitalmafinahmen ein optimales Timing angestrebt und grofitenteils auch erreicht wird.

277

Im Rahmen einer empirisch-okonometrischen Studie wird der Einfluss der firmenspezifischen Faktoren Profitabilitat, Grofie, Bewertung und Aniageintensitat auf den Verschuldungsgrad untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass fur die Profitabilitat und die Grofie der gleiche signifikante Wirkungszusannmenhang gilt, der auch in internationalen Studien festgestellt wurde: Je profitabler ein Unternehmen, desto geringer, und je grofier ein Unternehmen, desto hoher 1st die Verschuldung. Von den vier getesteten firmenspezifischen Einflussfaktoren erweist sich die Profitabilitat als signifikantester Einflussfaktor der Kapitalstruktur. Der international dokunnentierte negative Wirkungszusammenhang zwischen der Bewertung und der Verschuldung konnte im Rahmen der empirisch-okonometrischen Studie nicht bestatigt werden. Dieses Resultat unterstreicht die bereits festgestellte geringe Relevanz des Market Timings bzw. der Borsenbewertung bei der Finanzierungspolitik deutscher borsennotierter Unternehmen. Ebenfalls konnte der positive Wirkungszusammenhang zwischen der Aniageintensitat und der Verschuldung im Rahmen der eigenen empirischen Untersuchung nicht festgestellt werden. Insgesamt lasst sich festhalten, dass vor dem Hintergrund des bankorientierten deutschen Finanzsystems, der vergleichsweise spateren Entwicklung des Kapitalmarktes sowie der Dominanz der Bankenfinanzierung in Deutschland die Ergebnisse im Hinblick auf die Bedeutung des Einflusses des Market Timings im Rahmen der Finanzierungspolitik deutscher borsennotierter Unternehmen wie erwartet ausgefallen sind. Im Hinblick auf zukunftige theoretische Oder empirische Beitrage zur Kapitalstruktur bzw. Finanzierung ergeben sich aufgrund dieser Arbeit eine Reihe vielversprechender Themen. Parallel zu der hier vorgenommenen Analyse des Market Timing-Verhaltens in Bezug auf die Nutzung der Moglichkeiten des Eigenkapitals bietet sich diese auch fur das Fremdkapital an. Eine Analyse des Emissionsverhaltens in Bezug auf Fremdkapital unter Berucksichtigung des jeweiligen Zinsniveaus bzw. der jeweiligen Kreditkonditionen konnte zu wichtigen Erkenntnissen uber den Einfluss des Market Timings der Fremdkapitalpolitik fuhren. Weiterhin konnte auch eine deutschlandweite Analyse des Market Timing-Verhaltens, basierend auf dem gesamten deutschen Eigenkapital- und Anieiheemissionsvolumen, in Abhangigkeit der zugrunde liegenden makrookonomischen und bewertungstechnischen Konditionen aufschlussreich sein. Die exemplarlsche Darstellung der Reaktionen auf drohende Rating-Veranderungen Im Rahmen dieser Arbeit lasst einen wachsenden Einfluss der Rating-Agenturen fur borsennotierte grofie Unternehmen erahnen. Eine detaillierte empirische Untersuchung uber An-

278

zahl, Art und Wirkung von Rating-Anderungen und/oder potenziellen Rating-Anderungen erscheint ebenfalls erfolgversprechend zu sein. Die bisherigen Arbeiten lassen den Schluss zu, dass das Finanzierungsverhalten borsennotierter Unternehmen in Abhangigkeit der Gr6R>e der Unternehmen differiert und zeigen daher die Moglichkeit einer vergleichenden empinschen Analyse der Kapitalstrukturen und deren Einflussfaktoren in Abhangigkeit der jeweiligen Grofie. Letztlich bietet das Thema Kapitalstruktur, insbesondere vor dem Hintergrund des Defizits aktueller empirischer deutscher Studien, ein breites zukunftiges Betatigungsfeld, welches allerdings durch die in Deutschland sehr aufwandige Generierung von validen Unternehmensdaten erschwert wird.

279

Anhang mit Anhangverzeichnis Anhang 1 :

Daten zur Analyse der durchschnittlichen Kapitalstruktur und Veranderung

Anhang 2:

Eigenkapitalquoten, minimale und maxinnale Eigenkapitalquote und Differenz

Anhang 3:

Kapitalmafinahmen

Anhang 4:

Daten zur Regression

Anhang 5:

Regression

Anhang 6:

Regression logarithmiert

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298

Anhang 2:

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1997

1998

1990

2000

2001

2002

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Adidas-Salomon A G

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0,32

0,16

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0.23

0.26

0.27

0,34

0.39

0,16

0,23

0,27

Altana A G BASF A G

0,50 0.47

0,52 0,49

0,55

0,55

0.55

0.56

0,55

0,57

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0,37

0.48

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0.50

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0,07

0,50

0,13

0.47

Bayer A G

0,43

0,44

0,44

0,49

0,45

0.46

0,37

0,33

0.49

0,33

0,16

0,42

BMW AG

0,20

0,19

0,21

0,10

0,19

0.21

0,25

0,26

0.26

0,10

0,16

0,20

Continental A G Daimler Chrysler A G

0,28

0,35

0.23

0,26

0,26

0.18

0,22

0,26

0.35

0,18

0,17

Deutsche Lufthansa AG

0,29

0.23

0,27

Untemahmen

DMarwii

MIn

MHtelwart

DAX

0,26:

0,21

0,22

0.19

0,19

0.20

0,22

0,19

0,03

0,20

0,29

0,28

0.19

0.22

0.29 0,04

0,13

0,24

0,03

0,16 0,04

0,16

0,03

0,03

0,01

0,04

Deutsche Post A G 0.32

0.38

0,34

0,40 0,31

0,28

0,29

0,40

0,28

0,12

0,33

0,28

0,31

0,31

0,36

0,45

0,40

0,42

0,43

0.45

0,28 0,35

0,03

0.42

0,30 0,41

0,34

0,32

0.31

0.33

0,31

0,38

0,40

0,36

0.40

0,31

0,09

0,34

0,71

0,57

0,52

0.71

0,52

0,19

0,60

Linde A G

0,51

0,52

0.52

0,45

0,35

0,34

0,34

0,33

0.52

0,30

0,29

0.29

0.28

0,25

0,24

0,25

0,28

0.30

0,33 0,24

0.20

MAN AG

0.07

0,42 0,27

0,30

Deutsche Telekom A G Eon A G Fresenlus Medical Care A G Henkel KGaA Infinion A G

0,10

0,20

0.22

0.20

0.19

0,19

0,19

0,16

0.22

0,16

0.05

0,19

RWE AG

0,18

0,18

0.18

0.18

0.15

0,12

0,09

0,09

0.18

0,09

0.09

0,15

SAP AG Schenng A G

0,66

0,60

0.60

0,53

0.53

0.51

0,52

0,51

0.14

0,45

0,46

0,45

0,47

0.49

0,55

0.60 0.54

0.66

0.46

0.55

0,45

0,10

0,48

Siemens AG

0,29

0,29

0.27

0.28

0.38

0.31

0,31

0,31

0.38

0,27

0.11

0,30

0.26

026

0,28

0.26

0,28

0,26

0.02

0,26

TwAO Volk«wag«o A G

0,21 0,13

OJt 0.13

0,t«

0,1«

0.15

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0,20 0,23

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0,21 0.23

QA6 0.13

0.04

0.16

0,18 0.23

0201 0,181

Untemehmen

1996

1997

1998

2001

2002

0,73

0.35

Metro AG

ThyssenKrupp A G

0.11

0,57

Elgankapttalquot* n % 1999

2000

2 0 0 3 Mailmum

N nimum

l»W»f»ni

Mtttalwrt

MDAX A W D Holding Beiersdorl A G

0,46

0,44

BERU AG Bilfinger B e r g e t A G

0,22

0.23

0.27

073

0,27

0.47

0,45

0,48

0.49

0.50

0,52

0.54

0.54

0,58

0,58

0,63

0.74

0.74

0.58

0.16

0,65

0,21

0.22

0.66 0.34

0.69

0,22

028

0.33

0.34

0,21

0,13

0.26

0.37

0.31

0.33

038

0.38

0,31

0.07

0,35

0.30

0,29 044

0.46

Celanese A G

0,44

0,10

0.49

Celesio A G Douglas Holding A G

0.38 0.47

0.29

0.28

026

023

0,42

0.42

0.44

0.43

0.38 0.47

0,14

0.45

0.29 0.44

023

0,47

0,42

0,05

Fielmann A G

058

0,57

0,61

0,65

0,60

0,57

0,11

021

018

028

0.39

039

0 18

020

Heidelt)ergerCement A G Heidelt)erget D i u c k m a s c h i n e n A G

040

022 0,39

0.68 038

0.68

028

0,63 037

061

Fresenius AG

031

033

0.33

035

038

0.40

0.31

0,09

0.36

0,53

045

0,42

0,30

0,32

033

0.27

0.25

0.53 033

0 15

0,31

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Hochlief A G

045 027

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Hugo Boss AG

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K»S AG

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0 33

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037

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303

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1998 376,75 253,76 3.205,70 2.704,12 463.21 5.816,94 4.122,57 5.065,43 11,75 7,92 12,56 0,84 0,46

481,55 284,20 3.587,37 2.843,99 679,96 5.036,57 3.380,77 5.353,94 13,42 7,92 5,63 0,79 0,56

SMOO 440,31 310,07 4.018,46 3.113,39 815,32 4.874,87 2.993,03 5.834,81 10,96 7,72 3,34 0,77 0,64

476,45 377,87 4.182,88 3.110,11 1.014,61 5.561,89 3.822,92 6.112,34 11,39 9,03 3,09 0,74 0,56

2002 477,23 365,76 4.260,81 3.123,94 1.081,36 5.299,92 3.738,31 6.523,42 11,20 8,58 3,30 0,73 0,59

2903 487,35 344,55 4.187,81 2.775,44 1.355,79 5.107,55 4.104,50 6.266,80 11,64 8,23 2,60 0,66 0,541

AttaiMAO EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profltabilitat Anlagenintensit^t Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 97,01 282,69 1.224,93 611,06 599,54 2.011,42 2.388,86 1.163,00 7,92 23,08 3,58 0,50 0,30

199T 116,12 291,93 1.277,37 611,80 648,92 2.034,31 2.432,73 1.344,68 9,09 22,85 4,37 0,48 0,30

1998 168,98 336,10 1.481,73 663,35 802,23 1.989,73 2.412,79 1.476,09 11,40 22,68 3,22 0,45 0,33

1999 209,23 393,78 1.629,86 726,86 883,77 2.189,78 2.593,50 1.586,46 12,84 24,16 2,68 0,45 0,33

2000 300,50 477,52 1.790,21 799,15 984,06 6.167,11 6.548,10 1.933,64 16,79 26,67 3,84 0,45 0,13

2001 539,68 579,04 2.126,57 930,70 1.186,73 7.445,82 7.862,40 2.307,66 25,38 27,23 5,38 0,44 0,12

2002 532,18 610,08 2.268,82 1.010,41 1.250,30 5.648,50 6.107,40 2.608,68 23,46 26,89 5,88 0,45 0,18

2003 554,51 687,03 2.531,86 1.079,98 1.445,43 6.213,31 6.690,06 2.734,79 21,90 27,14 4,69 0,43 0,17

BA8FA0 EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Riickstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Miixiertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierunq Umsatz Profitabilitiit Aniagenintensitdt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1990 2140,37 8.216,97 22.352,81 11,876,70 10,227,68 17,978,28 18,644,29 24,938,77 9,58 36,76 1,35 0,53 0,66

1997 2,684,54 9075,69 24,535,67 12,505,13 11,775,67 19,833,78 20288,78 28,519,91 10,94 36,99 1,72 0,51 0,63

1990 2,667,15 10754,46 26,701,66 13451,58 12.919,43 20,581,20 20.396,26 27,642,94 9,99 40,28 1,77 0,50 0,65

1999 1 942,30 12416,30 30,009,00 15,863,80 13815,90 31 910,78 31,763,38 29,472,67 6,47 41,38 1,80 0,53 0,50

2000 3064,80 13,640,60 38,557,20 24262,40 13,813,50 36,961,41 29,398,11 35,945,70 7,95 35,38 1,97 0,63 0,66

2001 2,751,60 14,189,80 36,875,00 19,353,20 17,162,10 26,833,19 24,356,99 32,499,58 7,46 38,48 1,52 0,52 0,72

2002 3 104,30 13744,70 35,085,80 18 143,60 16,545.90 24,301,17 20,625,17 32,215,51 8,85 39,17 1,46 0.52 0,75

2003 3233.00 13 069,90 33,601,60 17723,20 15 490.30 28 118,85 24,815,14 33,361,20 9,62 38,90 1.38 0,53 0,63

B«y*rAO EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Riickstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

1990 2,296,72 8,974,71 25.282,36 14.516,60 10.532.10 24.639,00 23.291,75 24.852,88 9,08 35,50 1,82 0,57 0,59

1997 2.676,61 10.306,62 27,696,68 15,465,05 12,008,20 26699,62 25,019,00 28,123,61 9,66 37,21 2,11 0,56 0,58

1998 2,911,30 10,827,63 29,254,08 16476,38 12,566,53 29,175,27 26,064,57 28,061,74 9,95 37,01 2,23 0,56 0,56

1999 2,732,00 11,986,00 31,279,00 16,097,00 15,006,00 35,791,56 34,289,56 25193,98 8,73 38,32 1,87 0,51 0,45

2000 3,185,00 13,345,00 36.451,00 20.074,00 16.140,00 46,972,99 40,774,99 29,986,00 8,74 36,61 2,04 0,55 0,43

2001 1,397,00 13.543,00 37.039,00 20,019,00 16.922,00 32.870,24 26,146,24 28,937,99 3,77 36,56 1,86 0,54 0,61

2002 246,00 12,436,00 41,692,00 26,237,00 15,335,00 24,435,49 14,935,49 28,958,01 0,59 29,83 1,41 0,63 1,07

2003 449,00 9,937,00 37,445,00 25,109,00 12213,00 23,665,54 16,958,54 22 177,84 1,20 26,54 1,11 0,67 1,06

304

mmm .

m»

wm

mm

EBFT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, ROckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat AnIagenintensiUkt Bewertung Book Leverage Market Leverage

644,74 6.327,75 23.183,00 18.547,11 4.572,48 16.351,87 10.588,07 26.722,67 2,78 27,29 10,72 0,80 1,13

twe

t897 1.074,22 13.378,46 27.241,63 22.001,91 5.173,76 20.982,62 13.259,56 30.747,56 3,94 49,11 10,86 0,81 1,05

826,25 13.164,74 30.638,65 24.193.31 6.379,39 25.322,86 16.358,38 32.279,90 2,70 42,97 13,91 0,79 0,96

415,00 14.434,00 37.507,00 33.575,00 3.932.00 32.328,73 19.749,73 34.401,97 1,11 38,48 10,19 0,90 1,04

2.183,00 14.471,00 49.340,00 39.908,00 9.432,00 34.731,38 22.614,38 37.226,00 4,42 29,33 12,13 0,81 1,15

2001 3.319,00 15,263,00 51.259,00 40.489,00 10.770,00 48.033,26 25.712,26 38.462,98 6,47 29,78 16,04 0,79 0.84

2002 3.295.00 15.590,00 55.511,00 41.640.00 13.871,00 41.776,14 18.952,14 42.282,01 5,94 28,08 15,47 0,75 1,00

2003 3.332,00 16.405.00 61.475.00 45.325.00 16.150.00 48.086,51 24.153,51 41.525,00 5,42 26,69 10,78 0,74 0.94

CotitinttntetAG EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Riickstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabiiit^t Aniagenlntensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 253.76 1.493.13 3.426.68 2.478.33 813,82 2.240,60 1.338,13 5.333,08 7,41 43,57 1,51 0,72 1,11

1997 314,85 1.516,34 3.910,33 2.528,46 1.232,37 2.736,70 2.358,80 5.719,36 8,05 38,78 1,93 0.65 0,92

1998 372,17 2.312,11 6.558,85 5.038,47 1.345,87 4.750,39 2.705,02 6.743,22 5,67 35,25 2,08 0,77 1,06

1999 446,40 2.578.30 7.403.80 5.500.80 1.760.60 4.387,80 2.532,60 9.132,19 6,03 34,82 1,59 0,74 1,25

2000 442,00 2.796,50 7.615,20 5.625,40 1.844,10 4.444,98 2.281,38 10.115,00 5,80 36,72 1,34 0,74 1,27

2001 -87.90 3.026.80 8.994.60 7.346.50 1.546.70 4.694,24 1.991,74 11.233,29 -0,98 33,65 1,34 0,82 1,57

2002 829,80 2.832,30 8.197,09 6.389,70 1.715,20 3.995,58 2004,38 11.408,30 10,12 34,55 1,29 0,78 1,60

2003 897,40 2.765,60 8.298,50 6.163,90 1.983,20 5.382,66 4.062,661 11.534,40' 10.81 33,33 1,38 0,74 1,15

Dahntor Chrysler AG EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Anlagenintensitclt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996

1997

1998

1999 9.191,99 63.683,00 174 667,00 137.957,00 36 060,00 124421,50 77 351,50 149,984,87 5.26 36,46 2,21 0,79 1,11

2000 4214,00 73859,00 199274,00 156 346,00 42409,00 117813,81 45016,82 162384,00 2,11 37,06 1,41 0,78 1,33

Deutsche Lufthansa AG EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz ProfitabilltSt Aniagenintensitdt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1096 206,12 5418,06 9557,06 6819,99 2729,95 4402,68 4087,53 10666,93 2,16 56.69 1,57 0,71 1,55

1997 905,04 6373,57 11 659,75 8966,37 2690,49 7899,14 6711,75 9.576,92 7,76 54,66 2,16 0,77 1,14

1998 1.039,90 7084,25 12291,62 8977,94 3303,75 7926,99 7.180,01 9.996,35 8,46 57,63 2,34 0,73 1,13

1999 1 003,92 7382.80 12887,11 9154,07 3 691,53 10570,71 8986.68 10676,74 7,79 57,29 2,04 0,71 0,87

2000 1 118,80 8291,10 14 810,40 10645,60 4 113.50 11 776,18 10249,78 12549,20 7,55 55,98 2,23 0,72 0,90

305

2001 2003 2002 1.168,00 5.012,00 3.889,00 77.167,00 64.512,00 32,917,00 207410,00 187.327,00 178 268,00 167,989,00 151.981,00 143.317,00 39.004,00 34914,00 34 481,00 125328.20 96876,77 99599,48 48508,20 29725,77 37 474,49 152872.93 149583,03 136437,00 2,68 0,56 2,18 34,44 37,21 18,46 1,27 1,26 0,89 0,81 0,80 0,81 1,57 1.34 1,44

2001 -68.80 8903.30 18205,90 14677,70 3498,10 10 344,20 5724,00 12.252,99 -0,38 48,90 2.05 0,81 1,42

2002 992,10 8348,30 19 136,90 14.964,90 4 125,20 5.013,05 3.350,45 12 031,90 5,18 43,62 1,29 0,78 2,99

2003J 477.00 8,112,00 16 732,00 14036,00 2653,00 6 171,20 5.056,20 11 662,00 2,85 48,48 1,52 0,84 2,27

DeutecitePottAO EBFT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Riickstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierunq Umsatz Profitabilitat Anlagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

i«ie

ii»r

i«««

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mm

D«utftch« T«i»kom AG EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Rijckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat AnIagenintensitSt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996

EonAO Esnr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Rijckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierunq Umsatz Profitabilitat Aniagenintensititt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996

1997

1998

1999

2000

FrM«niut Medical Cart AO EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Rijckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierunq Umsatz Profitabilitat Antagenintensit^t Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996

1997

1998 439,77 541,41 4.868,87 2.831,18 2.020,59 6.399,33 4.502,32 3.152,87 9,03 11,12 2,27 0,58 0,44

1999 525,53 638,29 5.718,08 3,706,06 1,990,37 8,684,79 6,427,65 3.602,65 9,19 11,16 2,48 0,65 0,43

2000 672,24 786,50 6.363,30 3,489,71 2,850,95 9,582,82 7,298,51 4,549,36 10,56 12,36 2,88 0,55 0,36

^m

aoot

mm

2.241,00 633,00 2.486,00 8.395,00 9.085,00 8.818,00 156.701,00 162.647,00 154.933,00 151.273,00 157.435,00 148.768,00 5.353,00 5.095,00 6.106,00 58.816,87 52.283,00 58.741,89 16.680,87 11.128,00 18.160,90 33.379,00 39.255.00 40.017.00 1,43 0,39 1,60 5,36 5,59 5,69 3,85 2,80 2,35 0,97 0,97 0,96 2,57 3,01 2,53

29M 2002 1999 1999 2091 1997 20031 8.021.66 8.803,93 6.847,99 2.836,00 1.592,00 831,00 4.604,00 65.374.29 59.793,03 59.036,00 54.137,00 58.708,00 53.955,00 47.268.00 83.246,50 79.290,12 94.623,00 123.941,00 164.280,00 125.450,00 116.072,00 58.631.89 54.227,11 58.948.00 81.232,00 98.261.00 90.041.00 82.268,00 23.873,24 24.298,12 34.687.00 38.407,00 60.712.00 31.421.00 29.751,00 85.818.75 111.455,17 257.014,75 156.624.25 150.067,61 116.143.46 111.084,38 46.706.46 77.212.93 216.616.75 96.220.26 81.0f6,62 51422.46 60.909.381 34.538,79 35.719,36 35.469,97 40.939.00 48.308,98 53.689.01 55.838,00 0,97 9,64 11,10 7,24 2,29 0,66 3.97 35,74 78,53 75,41 62,39 43,68 43,01 40,72 2,14 4,67 1,66 2,62 3.68 1,74 1,78 0,60 0,70 0,66 0.68 0,62 0,72 0,71 0,65 0,68 0.49 0,23 0,52 0,78 0.741

306

2001 2002 2003 2.240,00 1,793,00 3.976,00 34 286,00 41.989,00 42.836,00 99.046,00 113.065,00 111.850,00 68.222,00 80.901,00 77.451,00 24.462,00 25.653,00 29.774,00 47.318,60 49.984,40 51.452,08 40.343.60 26 607,40 35.804,08 69.838,97 36.126,01 42.541,00 2,26 1,59 3,55 37,14 34,62 38,30 1,43 1,64 1,01 0,69 0,72 0,69 1,44 1,62 1,51

2001 711.67 941,91 7,318,89 4.357,00 2,939,17 8,913,89 6,222,02 5,425,77 9,72 12,87 2,68 0,60 0,49

2002 734,79 873,83 6,454,63 3,760,71 2,672,49 5,745,55 3,512,51 5,375,45 11,38 13,54 1,73 0,58 0,65

20031 668,64 864,75 5,957,38 3,370,81 2,575,37 7,003,51 4,995,25 4,879,51 11,22 14,52 1,73 0,57 0,48

H«iik«iKQ«A EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Riickstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz ProfitabJIJtdt Aniagenintensitdt Bewertung Book Leverage Market Leverage

iW$ 369,66 2.034,94 6.873,81 4.513,68 2.099,36 6.802,21 5.589,42 8.334,57 5,38 29,60 2,24 0,66 0,66

1997 645,25 2.484,37 8.905,17 6.060,85 2.595,32 9.920,10 7.918,40 10.259,07 7,25 27,90 2,79 0,68 0,61

in$ 739,84 2.543,17 9.130,14 6.301,67 2.570,26 12.721,29 10.427,13 10.908,92 8,10 27,85 4,10 0,69 0,50

19M 948,00 2.606,00 9.856,00 6.618,00 2.948,00 10.812,07 8.748,07 11.360,99 9,62 26,44 3,34 0,67 0,61

2000 990,00 2.771,00 11.382,00 7.882,00 3.223,00 12.411,89 9.326,89 12.779,00 8,70 24,35 2,90 0,69 0,64

2001 859,00 1,823,00 9.365,00 5.761,00 3.518,00 9.493,90 8.618,90 13.059,99 9,17 19,47 2,87 0,62 0,61

2002 704,00 1.717,00 8.513,00 5.150,00 3.279,00 8.686,61 7.969,61 9.656,00 8,27 20,17 2,98 0,60 0,59

hifinlori AO EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, ROckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marlttkapitalislemng Umsatz ProfitabilJtSt Aniagenintensitiit Bewertung Book Leverage Market Leverage

1900

1997

1998

19M

2000

2001 -1.244,39 5.232,68 9.743,35 2.825,57 6.900,08 8.883,11 W^^TTT 5.670,72 -12,77 53,71 3,19 0,29 0,32

2002 -1.160,00 4.491,00 10.918,00 4.748,00 6.158,00 3.948,60

Unci* AG EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Riickstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitdt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 296,61 1.566,20 4.252,90 2070,36 2063,78 3747,91 4.018,08 4499,83 6,97 36,83 1,95 0,49 0,55

1997 355.43 1.737,47 4.514,00 2.153,86 2.228,34 4449,49 4,709,96 4880,75 7,87 38.49 2,28 0,48 0.48

1998 430,76 1 837,70 4.791.33 2.309,32 2.350,99 4 160,51 4.361,87 5.490.42 8,99 38,35 2,04 0,48 0.56

1999 437.09 2.360.00 9.002,50 4946,02 3.917,20 8979,97 6489,05 6 193,92 4,86 26,21 1,58 0,55 0,55

2000 711,50 4 381,18 11 675,30 7 544,26 4095,51 9858,21 6 153,92 8450,28 6,09 37,53 1,36 0,65 0,77

2001 640,00 5018,00 12868,00 8512,00 4 313,00 9276,42 5426,42 8833,00 4,97 39.00 1,35 0,66 0,92

2002 528,00 4632,00 12206,00 8087,00 4086,00 7,524,17 4 174,17 8 726,00 4,33 37,95 1,36 0,66 1,07

2003 510,00 3 774,00 11 915,00 8029,00 3851,00 8062,52 5086,52^ 8992,00! 4,28 31,67 1,07 0,67 1,00

MANAO EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 152,92 1 515,18 6652,77 4640,15 1 894,51 2 143,62 2794,96 10363,85 2,30 22,78 1.63 0.70 2,16

1997 165,16 1 587,68 7 169,13 5.094.40 1 944,88 3274.06 4,032,87 10918,19 2,30 22,15 2,03 0,71 1,56

1998 364,69 1 690,51 7.721,76 5455.97 2 114,95 4 381,64 5,092,94 12,676,64 4,72 21,89 2,16 0,71 1,25

1999 542,48 2532,94 9428,73 6805,81 2 379,04 4,084,47 4.605.48 13 256,26 5,75 26.86 1,92 0,72 1,67

2000 1,008,00 3 171,00 11 768,00 8 805,00 2662,00 4 547,08 3913,08 22 105,00 8,57 26,95 1,95 0,75 1,94

2001 196,00 3 188,00 12090,00 9 228,00 2568,00 3999,83 3280,83 16299,99 1,62 26,37 1,56 0,76 2,31

2002 348,00 3 084,00 11 692,00 8 801,00 2630,00 2435,86 1 913,86 13850,00 2,98 26,38 1,18 0,75 3,61

2003 411,00 2 052,00 9955,00 7 171,00 2 720,00 4.004,66 3 501,66 13.546,00 4,13 20,61 0,94 0,72 1,79

307

im^w 5.207,00 -10,62 41,13 1,91 0.43 1,20

2003 738,00 1.683,00 9.362,00 5.976,00 3.311,00 9.471,91 8.729,91 9.435,93 7,88 17,98 2,55 0,64 0,63

20031 -315,00 3.817,00 10.805,00 5.139,00 5.666,00 7.827,281 8:u8!r,w 6.152,00 -2,92 35,33 1,20 0,48 0,661

M«tft>AO EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitdt Anlagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

49M

RWEAO EBFT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, ROckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz ProfitabilitSt Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

1999 1.236,30 12.878,93 38.743,14 31.927,11 4.160,38 10.843,54 15.381.76 28.009,08 3,19 33,24 4,02 0,82 2,94

1.423,95 13.117,19 41.237,22 33.927,80 4.322,46 15.435,37 19.675.51 31.289,53 3,45 31,81 5,11 0,82 2,20

SAPAO EBfT SachanlagevermOgen Bilan2summe VerbirxJIichkeiten, ROckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz ProfitabJIJtSt AnlagenintensitUt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 464,25 317,97 1.721,57 590,95 1.128,46 10,678,83 11.087,33 1.903,11 26,97 18.47 10,36 0,34 0,06

8ch«rina AO EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme VertDindlichkeiten, ROckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabllitdt AnIagenintensitMt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 276,55 1.068,04 4,097,66 2273,66 1.787,06 3.876,98 4.539,06 2695,62 6,75 26,06 2.21 0,55 0,59

20«t

i9m

ii9i

twt

523,55 5.071,86 12.993,86 10.456.85 2.121,70 10.989,48 7.882,66 29.061,85 4,03 39,03 4,38 0,80 0,95

742,67 6.030,25 18.961,52 14.828,75 3.602,87 24.744,92 21.276,44 46.887.43 3,92 31,80 4,39 0,78 0,60

783,30 3.920,08 18.982,13 15.166,68 3.614,83 19.921,24 16.912,20 43.804,39 4,13 20,65 5,26 0,80 0,76

984,00 6.393,00 22.333,00 18.187,00 4.064,00 20.516,96 15.966,96 46.930,00 4,41 28,63 3,47 0,81 0,89

1.119,00 6.762,00 22.320,00 18.078,00 4.170.00 16.995.62 13.035.62 49.521,98 5,01 30,30 3,50 0,81 1,06

1.156,00 7.201,00 22.923,00 18.677,00 4.141,00 11.834,22 7.465,22 51.526,01 5,04 31,41 2,40 0,81 1,58

1.302,00 10.490,00 26.580,00 22.231,00 4.161,00 17.855,85 11.458,85 53.594,61 4,90 39,47 2,18 0,84 1,25

1.230,68 14.135,69 43.730,79 35.723,45 4.659,40 20.790.85 25.761.63 31.385,14 2,81 32,32 5,72 0,82 1,72

im

1«99 1,443,38 8.854,55 28.326,08 23.200,89 3.384,24 21.673,70 23.995.99 17.323,59 5,10 31,26 6,69 0,82 1,07

2ddd 2.320,00 17.491,00 64.989,00 55.432,00 6.366,00 12.930,26 18.078.26 42.426,00 3,57 26,91 3,24 0,85 4,29

2001 2002 4.971,00 4.667,00 32.508,00 33.984,00 91.449,00 100.273,00 80.320,00 91.349,00 7.730,00 6.429,00 28.069,89 35.516,36 23.327,89 13.737,35 86.770,96 43.487,01 5,44 4,65 35,55 33,89 3,24 3,23 0,88 0,91 2,57 2,86

20031 4.225,00 36.210,00 99.142,00 90,077,00 7.013,00 39,543,18 17.497,™ 42.771,00 4,26 36,52 1,97 0,91 2.28|

1997 820,21 436,28 2,592,38 1.026,62 1.558,33 28,642,52 29,144,45 3,076,68 31,64 16,83 12,72 0,40 0,04

1998 931,33 645,41 3.219,49 1.298,88 1,913,38 38.167,14 38707,38 4,328,24 28.93 20,05 22,71 0,40 0,03

1999 796,18 794,28 4,826,89 2,258,80 2559,36 49.957,88 50.701,90 5,110,21 16,49 16,46 13,40 0,47 0,05

2000 896,71 870,68 5,586,25 2,631,24 2,893,86 37 364,49 38.332,29 6,264,60 16.05 15,59 20,28 0,47 0,07

2001 1,326,01 997,05 6,195,60 3,023,29 3,109,51 45,736,96 46.059,04 7,340,80 21,40 16,09 14,64 0.49 0,07

2002 1,671,78 1,034,22 5,609,75 2,681,48 2,872,09 22,726,34 23.786,01 7412,84 29.80 18,44 11,92 0,48 0,12

2003 1,727,40 1,019,66 6,325,87 2,557,72 3,709,45 40,064,63 41,997,38 7,024,61 27,31 16,12 8,71 0,40 0,06

1997 416,61 1,059,95 4,369,15 2369,24 1,954,83 5,318,48 6,062,56 3,193,44 9,54 24,26 3,08 0,54 0,45

1996 393,82 1,080,98 4,569,10 2,510,96 2,009,87 6,464,24 7,236,85 3,285,09 8,62 23,66 3,40 0,55 0,39

1999 585,00 1,123,00 4,629,00 2,476,00 2.098,00 7,586,60 7,926,60 3.674,00 12,64 24,26 3,45 0,53 0,33

2000 688.00 1,201.00 5,201,00 2,817,00 2.292,00 11,650,08 11,971,08 4.493,00 13,23 23,09 4,82 0,54 0,24

2001 692,00 1.260,00 5.263,00 2.692,00 2.556,00 11,753,80 11 800,80 4,842,00 13,15 23,94 4,50 0,51 0,23

2002 733,00 1,230,00 5,392,00 2.443,00 2,934,00 7.593,92 8,144,92 5,023,00 13,59 22,81 3,85 0,45 0,32

iwr

308

mm

2m

mm

20031 613,00 1,213,00 5,389,00 2,471,001 2,902,00 7.176,10 7,789,10 4,827,96 11,38 22,51 2,68 0,46 0,34

i ^

SkHiHmtAS EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, ROckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

ItM 1.192,84 10.199,25 44.738,55 31.855,02 12.046,04 23.189,90 23.103,50 48.153,47 2,67 22,80 1,90 0,71 1,37

1.604,43 11.831,81 50.159,27 35.635.00 13.643,31 36.934,18 34.634,39 54.672,44 3,20 23,59 2,17 0.71 0,96

iThywwfiKnipp A6 EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, ROckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert "MarktkaprtaJreiwunB Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitdt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996

TuiAQ EBfT SachianlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, ROckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitdt Anlagenintensit^t Bewertung Book Leverage Market Leverage

Volkswagan AG EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellurtgen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

V:;;:.: ••liii':;::1.241,93 ^^m 1.166,77

aodi

2009 1.121,00 15.720,00 81.654,00 50.792,00 28.480,00 87.444,35 85.903,35 77.484,00 1,37 19,25 3,22 0,62 0,58

-1.944,00 17.803,00 90.118.00 62.286.00 23.812.00 45.244.95 37.207,95 86.999,96 -2,16 19,76 2,69 0,69 1,38

2d92 2.021,00 11.742,00 77.939,00 53.877,00 23.521,00 31.564,72 30.272.72 84.016,00 2,59 15,07 2,17 0.69 1,71

20d3 2.689,00 10.756,00 77.605,00 53.256,00 23.715,00 46.571.89 45.558.89 74.233.01 3.46 13.86 1,80 0,69 1,14

1999

2009 1.389,25 12.672,00 35,888,00 26.692,00 8,797,00 16,005,83 7.^74^ 37.209,00 3,87 35,31 1,20 0,74 1,67

2002 2001 894,00 988,00 12.167,00 11,609,00 34,649,00 31,160,00 25,500,00 22,576,00 8,287,00 8,786,00 12,583,73 10.801,28 5.443,73^ 5 , 7 6 2 ^ 38.008,00 36.698,00 2,87 2,85 37,26 35,12 0,93 0,90 0,74 0,72 2,09 2,03

2003 1.037,00 10.919,00 30.141,00 22.192,00 7,631,00 10,478,91 ^926,91 36,137,00 3,44 36,23 0,76 0,74 2,121

1996 375,17 3.224,18 8.442,19 6.960,63 1 314,45 5.222,76 4.536,66 17972,29 4,44 38.19 3,70 0,82 1,33

1999 352,69 4.881,51 15.235,83 12517,65 2416,52 8410,91 8 150,46 16500,92 2,31 32,04 3,54 0,82 1,49

2000 362,50 6.577,50 17.993,40 14.761,50 2.960,60 13.914,24 6.689,64 26.954,80 2,01 36,56 2.37 0,82 1,06

2001 678,60 6.305,30 16,623,70 13.240,80 3.032,30 11.346,23 4.807,03 22.411.39 4,08 37,93 2,04 0,80 1,17

2002 -155,60 5.481,50 15.517,40 12.336,90 2910,10 8.592,29 2.877,09 20302,40 -1,00 35,32 1,54 0.80 1,44

2003 -9,40 4.884,00 12989,20 10,222,30 2481.80 7063,99 2950,09 19215,40! -0,07 37,60 0,96 0,79^ 1,45

1998 1 874.40 19988,44 60 001,64 50698,17 9.124,51 33,323,96 25,570,22 68637,36 3,12 33.31 3,16 0.84 1,52

1999 1 883,09 23827,74 67 117,80 57 306,62 9614,33 32451,68 20 826,95 75 166.49 2,81 35,50 2,56 0,85 1,77

2002 2003 2001 2000 5.455,00 5.207,00 2,534,00 4.082.00 19726,00 29019,00 31 287,00 32758,00 92565.00 104424,00 108896,00 119 136,00 71.145,00 80376,00 84 205,00 94 602,00 21.371,00 23995,00 24634,00 24430,00 47328,67 53 201,47 51.787,51 61 458,08 18737,67 18.249,47 12.308,51 17 179,96 86 123,00 91.739,96 90.005,02 89956,00 5,22 2,13 4.41 4,78 27,50 27,79 28,73 21,31 0,94 0,92 0,66 0,83 0,77 0,77 0,77 0,79 1,51 1,54 1,63 1,50

12.676,97 57.276,96 41.788,91 14.614,26 33.082,11 27.673,66 60.177,01 2,17 22,13 2,32 0,73 1.26

13.701,60 61.494,61 44.294,75 16,228,92 51.842,31 46.060,62 68.581,63 1,90 22,28 2,80 0,72 0,85

1997

1999

1996 146,13 3.028,22 7768.12 6.146,98 1.539,98 2.699,67 2.965,67 12.804.54 1,88 38.98 1,97 0,79 2,28

1997 276,57 2.819,21 7.639,95 6.036,97 1.483,54 3.766,51 3.861,39 13.630.00 3,62 36,90 2,50 0,79 1,60

1996 719,90 16744,30 48349,29 42249,58 5.860,43 15.706,54 11 233,25 51 192,08 1,49 34,63 1.76 0,87 2,69

1997 1.373,84 18.098,71 51 965,66 45242,17 6.558,34 24 578,11 19.769,93 57.901,25 2,64 34,83 3,42 0,87 1,84

309

A]M>HoklifiaAO EBFT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, RiJckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindeitieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitilt Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996

1997

1998

1999

2000

2001 26,90 53,50 790,10 211,70 577,00 493,95 1.023,65 436,30 3,40 6,77 2,66 0,27 0,43

2002 13,20 56,80 346,40 224,70 120,70 395,63 484,53 496,40 3,81 16,40 6,74 0,65 0,57

2003 55,50 53,00 344,70 252,90 92,10 989,98 1.053,98 579,00 16,10 15,38 6,90 0,73 0,26

BttierMloffAG EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 222,45 627,82 1.863,86 1.011,44 836.63 3.187,15 3.268,38 2.954,32 11,93 33,68 3,44 0,54 0,32

1997 235,47 616,70 2.003,69 1.126,67 862,13 3.064,68 3.307,04 3.215,11 11,75 30,78 4,23 0.56 0,37

1998 259,23 638,09 2.189,86 1.180,57 993,44 4.579,64 4.939,08 3.347,43 11,84 29,14 4,37 0,54 0,26

1999 347,17 781,77 2.702,69 1.413,21 1.266,4? 5.060,03 5.599,44 3.638,35 12,85 28,93 4,36 0,52 0,28

2000 389,00 808,00 2.981,00 1.523,00 1.434,00 8.757,00 9.282,00 4.116,00 13,05 27,10 5,35 0.51 0,17

2001 486,00 871,00 3.247,00 1.611,00 1.615,00 10.146,00 10.710,00 4.542,00 14,97 26,82 6,27 0,50 0.16

2002 495,00 917,00 3.298,00 1.571,00 1.707,00 8.306,40 8.912,40 4.742,00 15,01 27,80 5,70 0,48 0.19

2003 503,00 912,00 3.378,00 1.547,od 1.8f9,0W 7.346,80 8.080,80 4.673,00 14.89 27,00 4,91 0.46 0,211

BERU AO EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitiit Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996

1997

1998 29,06 44,74 202,08 84,89 115,72 125,54 189,18 193,77 14,38 22,14 1,69 0,42 0,68

1999 39,73 45.56 223,22 92,64 130,58 114,35 181,00 217,89 17,80 20,41 1,56 0.42 0,81

2000 53,65 55,13 248,16 91,55 156,60 275,13 339,00 248,05 21,62 22,21 2.17 0,37 0,33

2001 49,19 72,41 276,03 95,18 178.82 365,41 420,00 276,53 17,82 26,23 2.50 0,34 0,26

2002 53,25 72,42 312,88 95,66 215.07 489,34 570,00 303,06 17,02 23,15 2,32 0,31 0,20

2003 42,52 82,96 327,31 86,42 239,70 328,82 422,10 303,11 12,99 25,35 1,98 0,26 0,26|

BiNinfl«rB«rBtrAQ EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 -7,93 391,79 3235,38 2.524,29 711,48 12,42 1.050,60 3.592.72 -0,25 12,11 1,54 0,78 203,19

1997 -42,66 389,70 3.054,44 2346,07 708,65 48,52 1.029,85 4099,82 -1,40 12,76 1,75 0,77 48,35

1998 -109,93 388,79 2863,66 2.225,57 638,74 -110,21 711,52 4.011,81 -3,84 13,58 1,43 0,78 -20,19

1999 0,52 412,68 3075,28 2 441,76 634,49 140.81 742,08 3653,77 0,02 13,42 1,20 0,79 17,34

2000 1,89 385,92 3000,18 2332,62 665,73 -91,61 471,39 3.631,14 0,06 12,86 0,80 0,78 -25,46

2001 28,80 502,40 3310.60 2 197.60 1.109,80 460,05 907,65 3.642,30 0,87 15,18 0,63 0,66 4,78

2002 83,00 553,60 3632,80 2600,50 1 011,50 226,38 521,78 3957,20 2,28 15,24 0,77 0,72 11,49

2003 63,00 539,70 3483,30 2347,20 1.111,20 540,34 991,44 4560,30 1,81 15.49 0.76 0,67 4,34

310

CtiMtmmMt : EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Rijckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

im

"im

m$

i»w

aNw

2001 -490,00 1.907,00 7.064,00 4.842,00 2.210,00 2.021,22 1.174,22 4.777,00 -6,94 27,00 0,53 0,69 2,40

2002 137,00 1.621,00 6.127,00 4.110,00 2.005,00 1.659,59 1.150,59 4.325,00 2,24 26,46 0,59 0,67 2,48

2003 104,00 1.354,00 5.399,00 3.337,00 2.048,00 2,181,68 1.780,68 4.075,00 1,93 25,08 0,62 0,62 1,53

2000 2001 357,24 394,53 330,15 385,02 5.241,79 4.506,43 3.353,26 4.021,22 1.208,27 1.143,09 4.334,00 4.845,66 2.97Q,Sa 3.474, tS 15.344,68 16.970,95 7,93 7,53 7,33 7,35 2,38 2,61 0.77 0,74 0,77 0,83

2002 430,44 397,87 5.509,56 3.869,86 1.624,83 4.692,93 3.466,36^ 18.383,36 7,81 7,22 2,26 0,70 0,82

2003 448,09 394,18 5.500,76 3.891,78 1.591,75 4.758,44 3^7&.47 18.539,43 8,15 7,17 1,93 0,71 0,82|

76,00 2.169,00 7.642,00 4.789,00 2.843,00 2.235,75 1.084,75 5.207,00 0,99 28,38 0,40 0,63 2,14

|C«le«(oA6 EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, RiJckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Man^apitafisTertriq Umsatz Profitabilitat AnIagenJntensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

1900 239,74 249,97 2.914,11 1.813,99 1.087,07 3.400,16 ^.t44,«2 10.954,45 8,23 8,58 2,71 0,62 0,53

1907 325,17 308,10 4.212,86 3.008,74 1.190,14 4.193,31 2^e%^7 12.800,57 7,72 7,31 2,91 0,71 0,72

1090 328,30 307,02 4.114,57 2.959,32 1.146,38 4.758,23 ^670^ 12.966,59 7,98 7,46 2,86 0,72 0,62

1999 345,00 277,60 4.352,50 3.167,40 1.180,10 3.940,55 2.606;65 13.923,04 7,93 6,38 2,41 0,73 0,80

Douglas Hoidlng AG EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Anlagenintensit^t Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 100,40 280,93 924,61 488,48 396,01 1 103,95 999,57 1 941,37 10.86 30.38 2,34 0.53 0,44

1997 103,95 285,81 1.003,34 535,19 451.52 1 032,35 884,87 1 984.41 10,36 28,49 2,32 0,53 0,52

1990 119.66 287.29 967,64 536.38 423.05 1 889,67 1.786.91 2 103.13 12,37 29,69 3.48 0,55 0,28

1999 121.78 315.68 1 132.08 653.56 471,35 1 574.66 1.511.26 2226,73 10,76 27.88 3.24 0,58 0,42

2000 129,71 384.91 1 278,92 740,44 529,96 1 472,91 1 416,12 2 139.37 10,14 30.10 2,34 0,58 0,50

2001 124.82 415.98 1 287.60 727,25 553.11 1 250.11 1 168.59 2 190.21 9,69 32,31 2,31 0,56 0,58

2002 112,40 404,60 1.335.20 758.86 571.44 665,89 656.52 2234,33 8,42 30,30 1,66 0.57 1,14

2003 11.85 383.19 1.185.84 663.23 518.18 1 036,90 951.82 1442,65 1,00 32,31 1,44 0,56 0,64

Ftelmann AG EBfT SactianlagevermOgen Bilan/summe VerbirxJIichkeiten, Ruckstellungen & Aixtere Eigenkapital (ohne Miixlerheiteii) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profltabilitat Aniagenintensitflt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 59,53 105,69 318.24 134,56 182.80 575.47 520,75 441,42 18.71 33,21 4,71 0,42 0,23

1997 22,56 113,86 307,19 131,64 174.64 489,22 429.49 415.80 7.34 37,06 4.51 0.43 0,27

1999 54,04 114,12 313,50 120,73 191.86 847,05 816,02 457,66 17,24 36.40 3.98 0,39 0,14

1999 63.05 118,51 314,41 109,30 204.05 641,85 632,10 519,97 20,05 37.69 3.03 0,35 0.17

2000 66,56 145,27 369,72 146,43 221,99 982,33 940.80 577,71 18,00 39.29 2,20 0,40 0,15

2001 57.32 154,86 379,22 140,69 237,36 786,24 756.00 620.02 15.12 40.84 3.07 0.37 0.18

2002 63,59 158,30 379,69 119,92 258.58 681.20 695.10 657,07 16,75 41.69 2.70 0.32 0.18

2003 110,13 148,79 537,42 211,20 324.83 629,30 770,91 814,46 20.49 27.69 1.73 0,39 0.34

311

::jjii|li^i«|f|^ EBrr SachanlagevermOgen BUanzsumma Verbindlichkeiten, RGckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitiit Aniagenintensitiit Bewertung Book Leverage Market Leverage

\mM90bma&iiHmiMm

> •• A S i i i i i s ;C2:SMI$S MSM&$': 373,91 478,57 148,39 1.031,69 1.084,96 754,95 4.548,56 3.765.19 4.959,02 3.545,41 2.695,50 3.938,48 452,89 451,98 397,06 6.124,77 5.733,19 4.855,04 3.226,25 2.895,96 3.348,96 3.811,67 4.317,35 1.858,55 8,22 9,65 3,94 21,88 22,68 20,05 7,96 7,82 5,96 0,79 0,78 0,72 0,64 0,62 0,56

^tm

mt

mi

"'K.S'i-'Wi^'^^' ' " ' • ' " • • ' ' • j ^ ^ ' - ' ' ' 752,00 592,00 1.495,00 1.298,00 6.473,00 5.714,00 4.687,00 4.661,00 705,00 685,00 6.126,00 8.946,86 5.153,86 3.305,00 6.099,00 4.952,00 11,62 10,36 22,72 23,10 7,29 4,80 0,82 0,72 0,52 0,76

m§

ism

:mmms^m:^::mm&i•:y:^\-rMm 466,00 1.893,00 9.867,00 6.178,00 1.761,00 9.014,57 3.529,57 7.307,00 4,72 19,19 2,56 0,63 0,69

837,00 1.797,00 8.915,00 5.546,00 1.607,00 6.350,74 1.467,74 7.507,00 9,39 20,16 1,46 0,62 0,87

781,00 1.721,00 8.347,00 5.133,00 1.536,00 7.033,15 2.457,15 7.063,95 9,36 20,62 1,20 0,61 0,73

itew

EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, RiJckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert MarkUtapi tab AI Aruns Umsatz Profitabilltat Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

332,57 2.384,96 5.001,97 3.022,88 1.350,54 4.063,09 2.767.'H 3.309,85 6,65 47,68 1,70 0,60 0,74

398,10 2.484,78 5.443,01 3.296,20 1.538,68 4.542,94 3.f62,0a 3.710,06 7,31 45,65 2,26 0,61 0,73

419,14 2.537,09 5.658,42 3.380,00 1.639,30 4.658,85 3.«2,08 3.912,53 7,41 44,84 2,13 0,60 0,73

639,56 4.274,30 10.412,90 7.153,60 3.053,20 9.054,23 4.«2+,73 6.388,90 6,14 41,05 1,51 0,69 0,79

658,49 4.496,29 11.001,60 7.362,56 3.508,89 7.622,05 3.i)86.42 6.808,77 5,99 40,87 1,10 0,67 0,97

565,05 4.879,25 11.774,73 7.925,68 3.719,66 8.393,08 3.43§.37 6.688.81 4,80 41,44 0,91 0,67 0,94

2002 477,20 4.665,25 11.138,93 7.292,92 3.692,05 6.726,10 2.266.86 6.569,77 4,28 41,88 0,79 0,65 1,08

20031 368,55 4.542,83j 10.892,73 6.707,68 4.031,15 7.096,52 3.S3§,27^ 6.371,83 3,38 41,71 0,66 0,62 0,95]

H«id*tt>mg«r{>nieicnHwchlmm AO EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, RiJckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabllit^t Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

IMS

1097

1988

1888 456,22 690,40 3.925,07 1.855,62 2.069,45 4.099,75 4252,45 3.948,40 11,62 17,59 2,25 0,47 0,45

2008 433,25 793,88 5.017,61 2.759.03 2.258,58 5.252,44 5.369,25 4.601,74 8,63 15,82 2,41 0,55 0,53

2001 488,17 803,78 5.442,47 2.992,54 2.450,43 5.538,09 5.669,07 5.302,71 8,97 14,77 1,97 0,55 0,54

2002 363,24 816,35 5.848,35 3.378,36 2.469,47 4.836,38 4.338,35 5.016,58 6.21 13,96 1,39 0,58 0,70

2003] 71,49 687,04 5,131,46 3.181,23 1.921,86 1.864,51 1.383,12 4.129,89 1,39 13,39 1,01 0,62 1,7l|

HoehOtffAa EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, RGckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisiemnq Umsatz Profltabilitiit Aniagenintensitiit Bewertung Book Leverage Market Leverage

1986 133,81 578,01 4.065,31 2.806,69 1.258,11 1.005,92 2.165,32 3.461,21 3,29 14,22 1,85 0,69 2,79

1887 -26,50 601,69 4.140,95 2,911,09 1.229,77 1.702,52 2.541,12 3.145,35 -0,64 14,53 2,20 0,70 1,71

1888 169,95 525.80 4,177,09 2853,58 1.250,28 1.186,08 2326,38 3.138,53 4,07 12,59 2,01 0,68 2,41

1888 110,02 546,49 5.932,27 3.948,63 1.915,13 1.291,44 2.590,00 5.085,15 1,85 9,21 1,37 0,67 3,06

2000 -79,28 503,26 6.429,71 4.667,15 1,637,50 984,24 1,463,00 9.585,73 -1,23 7,83 1,17 0,73 4,74

2001 -17,77 979,03 8.015,90 5.840,37 1.810,65 206,36 1.113,00 12.170,98 -0,22 12,21 0,80 0,73 28,30

2002 78,48 964,97 7.611,19 5.670,86 1.572,46 383,93 896,00 12.007,17 1,03 12,68 0,78 0,75 14,77

2003; 135,26 870,79 7.399,22 5423,92 1.588,30 844,19 1.612,80 10.534,38 1,83 11,77 0,70 0,73 6,43

312

iu^iUMAil EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitflt AnIagenintensitMt Bewertung Book Leverage Market Leverage

fVGImmobtitenAd EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, RCJckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Ma*tkaprtall8lerunci Umsatz ProfitabilitSt Aniagenintensitdt Bewertung Book Leverage Market Leverage

:"''•:

•mm^\ 60,97 34,30 248,62 101,86 146,88 576,49 631,49 508,88 24,52 13,80 3,70 0,41 0,18

im

-vviiir:'

nm

i$m

wm

mm

mm

90,91 57,71 333,46 147,78 185,67 926,72 953,04 683,62 27,26 17,31 5,76 0,44 0,16

109,26 75,46 369,48 146,47 222,93 817,54 861,81 752,90 29,57 20,42 3,86 0,40 0,18

164,72 87,02 501,23 195,85 305.38 1.787,67 1.819,93 923,42 32,86 17,36 4,78 0,39 0,11

148,59 164,86 756,78 381,43 375,35 1.706,96 1.609,71 1.094,72 19,63 21,78 5,41 0.50 0,22

97,78 183,38 765,95 375,28 390,68 820,24 681,01 1.093,39 12,77 23,94 3,17 0.49 0.46

.:|iSMIt 120.56 187,00 754,54 355,04 399,51 1.267.31 1.121,09 1.054,11 15.98 24,78 2,43 0,47 0.28

ifm 80,20 414,26 942,01 587,40 353,94 1.691,58 't.2d3;36 505,29 8,51 43,98 3,16 0,62 0,35

1999 96,40 1.826,97 2.519,80 1.861,04 658,77 3.184,40 t.7«&.3fr 546,99 3,83 72,50 2,71 0,74 0,58

2099 147,70 1.804,02 2.584,93 1.894,95 686,89 2.992,46 1.40&.i8 461,21 5,71 69,79 2,37 0,73 0,63

2001 165,80 2.338,23 3.020,60 2.263,59 728.86 3.193,45 1.263^ 403,93 5,49 77,41 2,13 0,75 0,71

3002 188,70 2.406.95 3.184,83 2.415,80 761,13 2.747,13 962^ 702,23 5,92 75,58 1,60 0,76 0,88

20031 174,20 2.734,27 3.427,45 2.510,73 871,17 2.974,91 1^4.93 552,48 5,08 79,78 1,06 1,25 3,93|

86,92 43,32 297,14 137,18 159,93 689,98 739,29 580,96 29,25 14,58 4,50 0,46 0,20

1W7

IWKAAO EBFT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 54,37 182,13 864,50 622,83 232,25 486,56 423,76 1 349,15 6,29 21,07 1,49 0,72 1,28

1997 97,86 203,82 945,21 693,13 244,52 478,36 484,46 1 601,75 10,35 21,56 2,02 0,73 1,45

1998 80,16 217,18 974,92 701,62 261,23 328,93 320,68 1 602,72 8,22 22,28 1,62 0,72 2,13

1999 69,77 283,65 1.509,93 1 210,50 289,71 925,04 483,36 1 844,42 4,62 18,79 1,46 0,80 1,31

2000 50,81 278,76 1.589.23 1.235,45 348,67 775,98 345,27 2219,77 3,20 17,54 1,21 0,78 1,59

2001 68,90 280,74 1.576,68 1 209,54 363,84 684,58 355,91 2290,30 4,37 17,81 0,95 0,77 1,77

2002 73,89 281,61 1 515.31 1.128,74 382,69 540,07 271,32 2312,42 4,88 18,58 0,87 0,74 2,09

2003 24,00 278,36 1 501,85 1 114,04 383,67 667.60 425,60 2286,54 1,60 18,53 0,88 0,74 1,67

K+8AQ Esrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitikt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 -11,11 9,25 450,63 289,71 160,92 168,08 319,56 37,80 -2,46 2,05 3,10 0,64 1,72

1997 50,96 534,90 1 454,36 922,78 219,71 313,67 380,91 1,111,44 3,50 36,78 1,81 0,63 2,94

1998 55,36 496,96 1 328,23 884,51 443,51 252,78 593,10 1 139,30 4,17 37,42 1,21 0,67 3,50

1999 82,34 499,64 1.272,03 899,57 371,98 522,66 710,00 1 191,90 6,47 39,28 1,78 0,71 1,72

2000 126,78 533,22 1 543,36 1 057,99 485,36 587,60 796,50 2,087,94 8,21 34,55 1,46 0,69 1,80

2001 89,87 556,78 1 569,34 1 143,38 425,96 830,78 985,50 2 179,39 5,73 35.48 2,04 0,73 1,38

2002 137,95 565,14 1 606,27 1 108,06 498,21 673,26 780,75 2258,52 8,59 35,18 1,87 0,69 1,65

20031 113,53 625,91 1 754,44 1 169,58 584,86 709,40 924,80 2287,79 6,47 35,68 1,32 0,67 1,65

313

'mm •:y'cmm"^^: ;-^^-':"l*»l- :.:::r':m^"

wm

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mm

l^iiit»
-156,31 2.335,00 5.883,20 4.645,91 1.231,06 3.290,50 2.211,85 12.295,05 -2,66 39,69 1,95 0,79 1,41

49,39 2.305,55 5.861,19 4.589,30 1.266,95 3.616,95 2.637,47 12.160,55 0.84 39,34 2,01 0,78 1,27

38,83 2.166,65 5.474,02 4.130,72 1.343.20 4.706,84 3.745,11 9.327,38 0,71 39,58 2.48 0,75 0,88

75.99 2.760.21 7.924,97 6.226,32 1.652,76 6.149,83 4.666,73 14.842.95 0,96 34.83 2,89 0.79 1,01

418,99 4.144,44 9.814,91 8.116,22 1.653.21 6.363,51 3.867,40 15.444.46 4.27 42.23 2,41 0.83 1.28

511,50 4.204.47 10.510.05 8.647,14 1.803.39 8.053,48 5.228,46 16.067,12 4,87 40,00 2,36 0,82 1,07

273,33 3.876,98 10.215,74 8.469,52 1.676.41 5.390.63 1.943,01 15.814.57 2,68 37.95 2,00 0.83 1,57

89,30 3.500,61 9.192,70 7.484,01 1.639,39 5.686,74 2.308,06 15.270,38 0,97 38.08 1,31 0,81 1,32|

KBau«rAG EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert WifWkaprtalfsTenjnq Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitdt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 26,92 128.62 598,17 419.12 178,19 146,55 125,00 694,43 4,50 21,50 0,87 0,70 2,86

1997 40,66 127.88 644,29 431.51 211,83 48,42 T4g;2? 747,74 6,31 19,85 0,75 0,67 8,91

1999 25,94 131,11 618,01 373,49 243,90 132,51 247,97 821,48 4,20 21,22 0,97 0,60 2,82

1999 46,73 135.11 685,12 394,82 289,54 137,69 272.00 949,78 6,82 19,72 0,97 0,58 2,87

2009 51,43 156.32 751,21 416,38 334,68 225,62 360.00 1.087,44 6,85 20,81 0,96 0.55 1,85

2001 53,10 233,63 1.334,11 880,97 452,95 390,22 382.40 1.304,02 3,98 17,51 0,85 0,66 2,26

2002 44,28 247,62 1.240,56 764,96 475,60 297,51 221,78 1.353,76 3,57 19,96 0,66 0,62 2.57

2603 5,10 239,30 1.299,40 855,70 443,70 349,20 286.001 1.231,79 0,39 18,42 0,52 0,66 2,45|

KronM AG EBrr SachanlagevemiOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenjntensitdt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 29,26 150,08 606,08 328,97 276,63 362,37 342,00 833,97 4,83 24.76 1,27 0,54 0,91

1997 30,02 155,79 569,38 269,28 299,59 283,42 337,50 868,31 5,27 27,36 1.33 0,47 0,95

1998 40,56 130,00 585,76 258,03 327,21 218,43 324,12 920,57 6.92 22.19 1,07 0,44 1,18

1999 47,99 137,27 630,35 290,41 339,37 187,57 307,94 908,19 7,61 21.78 0,93 0,46 1,55

2000 60,45 164,31 643,49 305,05 337,98 268,13 331,14 1 014,71 9,39 25,53 0,95 0,47 1,14

2001 85,00 191,53 725,99 344,93 380,53 460,23 520,12 1.165,41 11,71 26,38 1,05 0,48 0,75

2002 88,91 219,28 805,91 397,11 408,80 387.85 423,32 1 304,87 11,03 27,21 1,40 0,49 1,02

2003 80,96 232,04 870,43 435,30 433,23 610,73 658,92 1 435,20 9.30 26,66 1.27 0,50 0.71

L«onlAO EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat AnlagenintensitUt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 12,97 92,69 210,48 135,38 74,62 171,87 114,61 307,48 6,16 44,04 1,48 0,64 0,79

1997 24,07 112,21 252,95 151,72 100,55 228,70 182,53 406,12 9,52 44,36 1,78 0,60 0,66

1996 33,00 119,56 307,12 200,87 106,24 244,40 171,79 497,82 10,74 38,93 1,80 0,65 0,82

1999 41,16 160,35 447,06 306,68 140,38 320,44 181,50 617.90 9,21 35,87 1,43 0,69 0,96

2000 50,80 213,20 583,89 430,66 153,22 381,44 191,40 962,00 8,70 36,51 1,18 0,74 1,13

2001 49,30 292,60 707,55 491,41 216,01 358,84 158,73 1.096,80 6,97 41,35 0,78 0,69 1,37

2002 64.58 283,64 699,51 463,64 235,56 413,85 201,30 1.113,91 9,23 40,55 0,84 0.66 1,12

20031 59.13 287,28 722,84 498,96 223,31 595,01 323,40 1.079,86 8,18 39,74 1,17 0,69 0,84

314

NlMliOflAQ EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Rijckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Untemehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitdt Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

199S

1897

IMa

IftM

2000 91,05 7,29 484,54 248,93 235,61 2,550,24 2.539,20 1.626,27 18.79 1,50 10.78 0.51 0,10

2001 121,28 8,07 618,90 319,97 298,94 2.167,22 2.195,88 2.117,46 19.60 1,30 7,05 0,52 0,15

2002 171,74 14.27 839.09 474.26 364,82 1.568,19 1.620,66 2.627,12 20.47 1.70 5,11 0.57 0,30

2003 179,81 23,60 982,05 542,93 439,11 1.418,59 1.496,60 2.924,07 18,31 2,40 3,80 0,55 0,38!

isoe

EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, RCickstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Untemehmenswert Marlcflcapltallsleruhg Umsatz Proritabilitat AnIagenJntensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

458,02 1.470.58 4.630,26 3.156,15 1.453,91 5.926,95 4^,872;00 3.554,81 9,89 31,76 3,53 3,15 3,18

1907 538,44 1.532,34 5.765,28 4.003,67 1.738,80 6.383,43 5144,62 4.077,25 9,34 26,58 3,42 3.76 3,32

1990 487.47 1.580.97 5.567,35 3.854,37 1.687,98 8.113,08 6:607,72 4.149,08 8,76 28,40 3,67 3,52 3,30

1999 607,40 1.893,70 7.864,50 5.804,20 1.974,70 8.152,10 6597;e6 5346,90 7,72 24,08 2,83 4,15 3,98

2000 732,10 1.967,90 8.247,00 6.073,90 2.097,40 10.970,50 8.084,00 6.740,40 8,88 23,86 2,94 4,19 3,93

2001 864.70 2.151.40 8.255,40 5.918,90 2.295.70 9.472.18 7.136,28 7528,40 10,47 26,06 3,14 3,84 3,60

2002 570,10 2.133.70 7.510.90 5.457.30 2.013,20 6.406,70 4.36&i60 7.473,10 7.59 28,41 2,37 3,52 3,73

2003 726,60 2.020,40 6.982,10 4.619,30 2.333,60 7.744,88 6v24d,2d 7.202,05 10,41 28,94 2,19 3,46 2,99|

MOTachnologiMAQ EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme VertDindlichkeiten, RCickstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Untemehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitsit Aniagenintensitcit Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 167,27 867,42 3990,44 3.721,43 183,15 2258,14 1 841,90 8 091,37 4,19 21.74 11,06 0,93 1,65

1997 187,38 876,60 3.462,08 3090,36 295,77 2 570,02 2.685,97 9.288,40 5,41 25.32 8,46 0,89 1.20

1998 249.62 908,69 3.541,08 3032,90 426,74 1.540,94 1.877,81 10927,01 7,05 25,66 5,43 0,86 1,97

1999 269,66 1 361,56 5524,96 4.672,34 544,56 3982,27 2.970,36 7405,99 4,88 24,64 5,26 0,85 1,17

2000 105,22 1 465,20 7,374,67 5.411,96 1 899,04 3 311,52 2.329,86 8797,43 1,43 19,87 1,61 0,73 1,63

2001 265,48 1 471,01 6910,44 4.926,16 1 928,92 2 102,11 1 190,91 8817,68 3,84 21,29 1,15 0.71 2,34

2002 380,23 1 437,23 6 751,06 4.671,82 2.036,83 2208,88 1.295,32 8585,82 5,63 21,29 0,85 0,69 2.12

2003 36,97 1.412,21 6.700,29 4995,39 1 663,76 3271,70 2 157,47 6403,19 0.55 21,08, 0,98 0,75 1,53!

MLPAQ EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme VerbuxJIichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Untemehmenswert Marktkapitalisierurx^ Umsatz Profitabilitlkt Aniagenintensitdt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 28,53 31,65 121,53 72,96 46,07 319,71 319,05 148,27 23,47 26,04 5,07 0,60 0,23

1997 36,32 32,16 242,51 127.00 112,94 737.03 813,26 151,44 14,98 13,26 10,92 0,52 0.17

1998 50,47 33,54 325,01 201,23 119,03 1 570,60 1 602,90 191,91 15,53 10,32 20,54 0,62 0,13

1999 82,41 38,50 451,86 316,14 130,65 3281,57 3307,04 248,79 18,24 8,52 22,76 0,70 0,10

2000 126,46 46,25 787,03 628,33 150,92 5170,95 5227,20 311,73 16,07 5,88 50,31 0,80 0.12

2001 165,31 68,02 1 138,18 940,92 185,02 9217,25 9.226,80 400,73 14,52 5,98 32,70 0,83 0,10

2002 -60,52 91,04 1 712,96 1 447,31 243,95 6487,09 6479.35 515,02 -3,53 5,31 23,15 0,84 0,22

2003 87,35 108,34 1 854,76 1 676,06 178,59 967,36 1 021,23 530,89 4,71 5,84 5,17 0,90 1,73

MMVKKOIIA

315

.||l|il6lilwrtiiNliNiS'iip^^ EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Anlagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

fPmmbmm

'Vrr-'^m^

19M

.-\:mif'-v£:yMm:: ::r':"::;:?liiii';:>':. Z::': 'WiS$:^. Wif

1097

EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert k^arWRapTfeffsIeamg 1 Umsatz Profitabilitflt Aniagenlntensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

:: ::;iiil;\

:-::/::'iili

70,52 101,90 482,92 248,64 233,37 283,18 363,22 1.197,05 14,60 21,10 1,56 0,51 0,88

45,69 133,85 461,73 228,09 232,79 301,11 320,00 1.135,43 9,89 28,99 1,38 0,49 0,76

71,07 217,89 691,36 431,15 250,30 459,24 377,92 1.896,66 10,28 31,52 1,45 0,62 0,94

62,07 237,70 708,88 428,77 270,81 470,89 388,24 2.009,86 8,76 33,53 1,60 0,60 0,91

41,82 265,58 825,29 547,96 268,01 542,71 349,92 1.841,81 5,07 32,18 1,59 0,66 1,01

18,87 376,56 913,98 523,44 386,49 461,53 293,10 1.815,79 2,07 41,20 0,83 0,57 1,13

1998 182,57 67,66 959,53 488,17 471,37 1,613,26 1.428,40 1.006,28 19,03 7,05 3,40 0,51 0,30

1990 238,05 165,81 1.777,82 1.183,74 593,74 2.245,60 1.73Z,T6 2.018,21 13,39 9,33 3.56 0,67 0,53

295,73 165,54 1,669,02 1.021,79 647,92 6.772,12 8.223,55 2.155,22 17,72 9,92 9,25 0,61 0,15

^m

2001 174,93 167,82 2.028,05 1.378,29 652,83 2.012,11 1.118,29 2.014,79 8,63 8,28 5,03 0,68 0,68

2002 109,86 143,98 1.756,14 1.138,71 618,83 2.016,45 1284,18 1.895,09 6,26 8,20 2,52 0.65 0,56

20031 159,21 125,60 1.790,66 1.133,98 658,30 3.251,74 2.577,14^ 1.807,12 8,89 7,01 2.33 0,63 0,35|

PuiiMiAO EBFT Sachanlageverm6gen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, RCrckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilltat Anlagenintensit^t Bewertung Book Leverage Market Leverage

1999 33,34 18,61 147,67 87,61 60,06 394,27 424,91 250,46 22,58 12,60 6,53 0,59 0,22

1997 36,32 19,77 176,62 78,85 96,65 265,03 283,28 279,73 20,56 11,19 4,19 0,45 0,30

1998 -2,50 19,36 222,91 124,79 97,66 170,66 175,47 302,51 -1,12 8,69 2,93 0.56 0,73

1999 29,59 27,00 266,60 154,43 112,17 262,54 261,63 372,71 11,10 10,13 2,21 0,58 0,59

2000 29,59 29,99 311,49 180,23 131,26 190,23 193,14 462,44 9,50 9,63 1,84 0,58 0,95

2001 59,05 50,03 395,38 217,86 176,73 535,64 525,36 598,07 14,93 12,65 1,68 0,55 0,41

2002 125,04 56,84 525,84 273.20 252,24 937,29 1.030,47 909,78 23,78 10,81 3,52 0,52 0,29

2003 268,40 66.46 700,12 316,28 383,04 2,099,86 2.272,76 1,274,02 38,34 9,49 3,98 0,45 0,15

RiMlmntttiNAO EBIT Sachanlageverm6gen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisiemng Umsatz Profltabilitdt Anlagenintensit^t Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 39,72 401,01 1.242,49 924,94 267,91 384,78 339,29 1,868,98 3,20 32,27 0,97 0,74 2,40

1997 143,47 866,80 2495,84 1.964,96 293,32 1.145,37 537,32 3.354,13 5.75 34.73 1.64 0.79 1,72

1998 176.54 886.56 2.729.93 2.111.57 356.97 1.190.85 699,45 4.128.48 6,47 32,48 2,01 0,77 1,77

1999 70.47 1.103.27 3.473,68 2.921,14 304,46 1,292,22 459,90 4.514.01 2,03 31.76 1.84 0,84 2,26

2000 77,95 1.054,87 3.355.24 2.791.71 307.07 1.049,82 294,30 4.490,02 2,32 31.44 1,12 0.83 2,66

2001 163.00 1.501,00 4.218.00 3.501.00 450.00 1.526.48 573,48 4.603,00 3,86 35,59 0,82 0,83 2,29

2002 113.00 1.332.00 4.087.00 3.218.00 659,00 975,40 464,40 4.571,00 2,76 32,59 0,65 0,79 3,30

20031 173,001 1.106.00 3.442.00 2.711.00 675.00 1.137.40 851,40 4.247.97 5,03 32.13 0.95 0.79 2.38

316

mmk^^iSmiM

• ,• ,.;:..

EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz ProfitabJIitat Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

Sate^lterAa EBrr Sachanlagevermfigen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, ROckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderfieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitdt Bewertung Book Leverage Market Leverage

'•'V:=::Si!iMlia»^ •i&im^y' 73,16 77,31 436,84 440,81 590,26 624,13 473,39 496,20 119,99 108,10 881,94 926.30 699,45 776,02 405,23 442,76 18,05 17,46 70,63 74.01 7,08 6,75 0,80 0,80 0,54 0,54

1996

19M

v.:.:,!:*^...

82,84 533,69 716.21 569.03 140,15 904,95 721.54 492,33 16,83 74,52 5,50 0.79 0,63

mr

t999

-I'^Mm-:, ';,..,..3|||::;:r :•:•.;.:•: :ali9#''' '••-•:--::M^.v 80,78 615,75 817.90 637,48 169,89 1.117,22 936,58 615,84 13,12 75.28 5.07 0.78 0.57

103,06 565,88 775,42 436,60 319,01 1.713,79 1.509,41 669,11 15,40 72,98 4,21 0,56 0.25

mm

106.64 614,10 836,64 440,14 374.09 1.724,31 1.505,95 697,01 15,30 73,40 3,86 0,53 0,26

122,75 717,94 1.003,38 543.44 429,38 1.048,28 771,72 879,49 13,96 71,55 2,76 0,54 0,52

126.32 757.76 1.108,97 600,78 487,31 1.358,04 1.121,21 956,27 13,21 68.33 1,79 0,54 0,44

nxtm

1«»»

2M0

2«H

70,70 600,40 1.692,12 1.048,06 641,19 502,25 301.07 2.695,51 4,18 35,48 0,81 0,62 2,09

146,72 1.321,83 3.398,18 2.479.01 910,90 268,16 555,38 4.309,70 4,32 38,90 0,57 0,73 9,24

122,54 1.456,40 3.808,92 2.702,77 1.085,25 573,59 599,04 4.593,04 3,22 38,24 0,55 0,71 4,71

2092 59.78 1.509.63 3.806,63 2.753.61 1.026,70 566,52 373i7e 4.741,32 1,57 39,66 0,57 0,72 4,86

100.80 1.457.68 3.673,13 2.676,71 980,25 717,35 542,88 4.841,56 2,74 39,69 0,48 0,73 3,73|

Sehwaiz Pharma AO EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat AnIagenintensitMt Bewertung Book Leverage Market Leverage

103,60 107,36 510.61 297,59 213,02 1 443,86 1 313,80 611,01 20,29 21,03 5,37 0.58 0,21

t9»7 122,85 113,81 547,53 271,70 274,61 1 481,73 1 394,47 650,49 22,44 20,79 5,36 0,50 0,18

1998 134,09 115,99 660,53 336,05 323,32 1.250,61 1 117,88 681,64 20,30 17,56 4,50 0,51 0,27

1999 -29,82 164,87 867,00 376,91 489.25 803,09 723,53 705,88 -3.44 19,02 1,98 0,43 0,47

2000 -1,29 179.53 816,96 317,68 498,65 719,06 614,22 736,19 -0.16 21,97 1,26 0,39 0,44

2001 16,55 193,03 904,95 361,25 543,29 786,91 655,91 767,73 1,83 21,33 1,14 0,40 0.46

2002 78,00 172,00 1.016,64 485,87 530,38 1 548,92 1.567,26 963,53 7,67 16,92 1,58 0,48 0,31

2003 286,09 161,04 1 033.60 455,87 577,03 840,51 975,52 1.496,28 27,68: 15.58 2,30 0,44 0,54

SOL Carbon AQ EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Ruckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996 148,33 295,78 846,49 485,93 359,54 2241,71 2,076,46 907,70 17,52 34,94 4,78 0,57 0,22

1997 192,35 366,85 1 060,52 602,66 456,79 2723,73 2.492,32 1 071,41 18,14 34,59 5,53 0,57 0,22

1998 129.20 383,62 1.086,29 793,22 291,79 1 264,06 1.077,49 1.080,00 11,89 35,31 6,57 0,73 0,63

1999 98,12 430,00 1 291,63 1 019,11 271.55 1.765,68 1 401,18 980,04 7,60 33,29 4,76 0,79 0,58

2000 96,40 499,90 1 457,00 1,173,70 281,20 1 724,43 1.229,23 1 262,50 6,62 34,31 5,79 0,81 0,68

2001 50,40 553,50 1 495,00 1 238,20 255,20 1 014,67 486,27 1 233,30 3,37 37,02 3,28 0,83 1,22

2002 24,50 477.30 1 286,40 1 088,70 196,30 603,54 175,14 1 112,30 1,90 37,10 2,01 0,85 1,80

2003 38,70 408,50 1 246,90 1 130,00 116,60 743,76 295,06 1.046,20 3,10 32,76 2,56 0,91 1,52

317

SMuAn^uOMM

in$

1997

1M9 20,74 27,54 269,13 135,82 133,31 253,06 213,08 257,57 7,71 10,23 1,75 0,50 0,54

EBFT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbifxllichkeiten, Rijckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Untemehmenswert Marktkapitalisierunq Umsatz ProfitabJiitflt AnIagenintensJtat Bewertung Book Leverage Market Leverage

im

2002 78,11 58,17 741,01 416,83 324,13 993,02 766,50 633,55 10,54 7,85 2,38 0,56 0,42

2003 87,74 61,87 955,11 340,61 613,31 1.352,28 1.312,86 745,21 9,19 6,48 2,01 0,36 0,25

386,00 1.718,80 4.947,30 3.244,30 1.438,00 2.881,21 2.018,41 4.664,00 7,80 34,74 1,50 0,66 1,13

2002 219,70 1.588,20 5.843,30 3.833,40 1.642,50 4.472,06 2.962,66 4.776,10 3,76 27,18 1,71 0,66 0,86

2003J 442,00 1.607,40 5.825,70 3.604,70 1.825,20 3.968,14 2.564.14^ 4.383,80 7,59 27,59 1,43 0,62 0,9l|

2d00 39,25 46,88 396,08 194,33 201,71 494,36 416,30 467,17 9,91 11,84 1,61 0,49 0,39

2001 41,44 51,70 526,93 246,58 280,25 819,33 730,43 537,82 7,86 9,81 1,83 0,47 0,30

226,60 1.338,47 3.182,36 2.522,90 410,36 2.446,58 1.707,39 3.825,94 7,12 42,06 4,12 0,79 1,03

230,46 1.298,13 3.607,60 2.790,51 552,48 2.647,05 t .972,03 3.884,56 6,39 35,98 3,95 0,77 1,05

229,04 1.320,66 3.588,43 2.870,46 441,44 3.008,67 2.^43, t6 4.186,85 6,38 36,80 5,49 0,80 0,95

im

EBfT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Rijckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Untemehmenswert f^rfcfftapRaffsfefunq Umsatz Profitabilitat Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

479,20 2.623,25 7.095,39 5.697,10 797,67 3.767,49 i;911,02 8.808,28 6,75 36,97 2,41 0,80 1,51

1090 314,10 1.752,70 4.667,90 3.058,30 1.281,50 2.403,60 1.443,70 4.516,60 6,73 37,55 1,26 0,66 1,27

T«clUHnAG EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Rijckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Unternehmensv*«rt Marktkapitalisierunq Umsatz Profitabilltat AnIagenJntensJtiit Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996

1997

1998

1999

2000

2001 53,08 168,33 452,56 350,26 98,38 589,16 493,62 355,07 11,73 37,19 7,03 0,77 0,59

2002 38,74 187,84 559,04 444,81 111,55 483,85 166,84 379,25 6.93 33,60 2,99 0,80 0,92

2003 44,04 190,52 540,02 411,001 125,96 627,69 363,30 407,59 8,16 35,28 2,24 0,76 0,65

ThMLooistikAO EBrr SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Rijckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Mindertieiten) Untemehmenswert Marktkapitalisierunq Umsatz Profitabilltdt Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996

1997

1999

1999

2000

2001 65,07 214,91 659,23 380,76 273,75 1.576,41 1.444,85 901,72 9,87 32,60 5,47 0,58 0,24

2002 ^,64 313,27 1.075,70 631,79 439,05 440,11 274,40 1.491,42 -0,43 29,12 1,95 0,59 1,44

2003| -6,33 277,71 998,50 716,51 279,75 638,89 369,58 1.699,86 -0,63 27,81 1,13 0.72 1,12

SiiiitucfmM

im

318

im

199» 25,64 30,33 312,98 179,38 133,54 347,34 258,62 354,26 8,19 9,69 1,75 0,57 0,52

tm

VOMlcktiAG EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Rijckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz ProfitabiliUit Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

^. 33,58 im 60,98 248,79 131.60 115,69 236,10 202,47 394,87 13,50 24,51 1,55 0,53 0,56

tm

m»

47,56 55,68 255,38 115,22 139,26 366,84 369,97 428,66 18,62 21,80 2,18 0,45 0,31

59,51 160,85 636,41 370,18 162,28 580,37 368,13 565,13 9,35 25,28 2,44 0,58 0,64

'MyMS^'i'.:. :''^:''mm:::.

mm

^ 2

48,00 180,30 785,50 491,60 187,90 503,08 215,28 790,10 6,11 22,95 1,69 0,63 0,98

76,30 186,70 896,30 575,30 204,30 540,23 214,13 854,40 8.51 20,83 1,20 0,64 1,06

47,20 145,00 899,00 587,10 193,20 656,76 322,56 650,50 5,25 16,13 1,61 0,65 0,89

49,00 89,70 947,20 708,60 234,00 587,28 356,68 744,50 5,17 9,47 1,43 0,75 1,21

2003 86,60 94,30 921.60 623,70 292,30 835.48 655.78 919,79 9,40 10,23 1,65 0,68 0,75

mm B«t0iNfiunfls- & OntiKli). AO EBFT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Rijckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unteroehmeosweit Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilltat Aniagenintensitat Bewertung Book Leverage Market Leverage

1»«r 121,49 549,47 1.004,39 593,78 409.69 1.518^80 1.104.82 249.74 12.10 54.71 2.04 0,59 0,39

iitm

ItM

43,80 574,01 924,18 621,21 302,12 1.008,22 455.60 127,55 4,74 62,11 1,43 0,67 0,62

211,75 554,71 1.133,88 521.01 611,35 2.521,66 2.375.62 296,76 18,67 48,92 3,08 0,46 0,21

233,34 1.032,92 2,445,95 1,391,00 1,044,96 7.417.55 6.568.47 367.53 9.54 42.23 4.60 0.57 0,19

2000 152.63 2,493.33 4,308.45 2.651.86 1.213.18 5.517.99 2.927.78 625.58 3.54 57,87 4,34 0,62 0,48

2001 -430,00 2.428,78 4,660,78 2,974,83 1,346,08 5.605.54 3.523.67 1,651,74 -9,23 52,11 2,85 0,64 0,53

2002 -827,60 2,301.71 3.931.91 3.298.53 497.36 3.306.59 722.06 981,64 -21,05 58,54 3,82 0,84 1,00

2003 -286,40 1.111,07 2.134,60 1.830,20 136,39 1.598,18 303.27' 1.223,45 -13,42 52,05 4,02 0,86 1.15

WsllaAO EBIT SachanlagevermOgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Rijcksteilungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profttabilitat Aniagenintensitiit Bewertung Book Leverage Market Leverage

1906 92,61 305,86 1.546.83 1,152,74 370,82 1 501,21 1.091.32 1 959.34 5,99 19,77 2,92 0.75 0,77

1997 111.34 301,61 1.606,43 1 167,38 419.37 2 133,23 1 743.03 2.171,12 6,93 18,78 3.57 0,73 0,55

1998 144.85 331.39 1.700,10 1.226,17 454,49 2.018,54 1.623,97 2.209,08 8,52 19,49 4,51 0,72 0,61

1999 183,20 382,68 1.911,64 1.361,67 534,56 1 909,64 1.428,01 2.371,55 9,58 20,02 3,32 0,71 0,71

2000 230.37 430.43 2.056,46 1.446,29 592,87 3.486,60 2934,98 2.824,11 11,20 20.93 3,90 0,70 0,41

2001 270,45 463,50 2.435,05 1 792,72 621,27 4.563,89 3745,99 3187,10 11,11 19,03 5,48 0,74 0,39

2002 307,62 444,26 2.485,81 1.856,79 604,81 4637,88 3797.82 3.390.42 12,37 17,87 6,17 0,75 0,40

2003 315,89 405,60 2.519,36 1 837,01 655,12 6 148,35 5.350,84 3311,61 12,54 16,10 6,61 0,73: 0,30

ZapfCraationAO EBIT Sachanlagevermdgen Bilanzsumme Verbindlichkeiten, Rijckstellungen & Andere Eigenkapital (ohne Minderheiten) Unternehmenswert Marktkapitalisierung Umsatz Profitabilit^t Antagenintensitflt Bewertung Book Leverage Market Leverage

1996

1997

1998

1999

2000 23,39 12,89 100,67 62,99 37,67 405,60 376,00 164,95 23,23 12,80 11,90 0.63 0,16

2001 26,43 24,68 112,05 64,36 47,69 233,28 210,00 193.10 23.59 22.02 5,21 0,57 0,28

2002 32,89 28,52 139,89 79,10 60,79 232,70 204,32 222.72 23.51 20.39 3,12 0,57 0,34

20031 19,80' 28,43 134,42 79,33 55,09i 192,98 153,04 201,42 14,73 21.15 4,26 0,59 0,41

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