Wolfgang Breuer Investition I
Wolfgang Breuer
Investition
I
Entscheidungen bei Sicherheit 3., aktualisierte Auflag...
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Wolfgang Breuer Investition I
Wolfgang Breuer
Investition
I
Entscheidungen bei Sicherheit 3., aktualisierte Auflage
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet 0bet abrufbar.
Prof. Dr. Wolfgang Breuer ist Inhaber des Lehrstuhls for Betriebliche Finanzwirtschaft an der RWTH Aachen.
I. Auflage September 2000 2. Auflage Juni 2002 3. Auflage Juni 2007 Alle Rechte vorbehalten 9 Betriebswirtschafflicher Verlag Dr. Th. Gabler I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Susanne Kramer l Renate Schilling Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen yon Springer Science+Business Media. www.gabler.de ~
I
Das Werk einschlieglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich gesch0tzt. ]ede Verwertung aul~erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzul~ssig und strafbar. Das gilt insbesondere for Vervielf~Itigungen, 0bersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solehe Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten w~ren und daher von jedermann benutzt werden d0rften, Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www, CorporateDesignGroup.de Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf s~urefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-0559-8
V
Vorwort zur dritten Auflage Auch die zweite Auflage von "Investition I" hat eine fretmdliche Aufnahme am Markt gefunden, so dass nunmehr schon die dritte Auflage erscheinen kann. Erneut hielt sich der Anderungsbedarf in engen Grenzen. Tippfehler wurden bereits im Rahmen der zweiten Auflage weitgehend ausgemerzt, und in einem so grundlegenden Bereich wie dem von Investitionsentscheidungen bei Sicherheit ist die Gefahr gering, durch neue Forschungsergebnisse zu einer Neukonzeption von Lehrbuchinhalten veranlasst zu werden. Ich konnte mich daher im Wesentlichen darauf beschranken, die Literaturhinweise zu aktualisieren und yon der "ganz alten" Rechtschreibung auf die allerneueste Variante der "neuen" Rechtschreibung umzustellen. Interessanterweise war im Hinblick auf die Umstellung der Rechtschreibung damit kaum mehr zu ran, als einige Phrasen wie "im folgenden" durch GroBschreibung zu ersetzen und zahlreiche "B" durch "ss" zu substituieren. Die Rechtschreibreformen der letzten zehn Jahre sind sicherlich ein Paradebeispiel ftir das Versagen vermeintlicher oder tats~ichlicher "Experten". Man kann nut hoffen, dass wir uns in der Betriebswirtschaftslehre nicht auch einmal so l~icherlich machen. Inhaltlich habe ich mich auf ganz wenige Erg~inzungen beschr~akt, von denen die meisten n0ch den Abschnitt 4 des Kapitels IV zu Steuern in der Investitionsrechhung betreffen. Deswegen kann ich nunmehr auch schon zu den Danksagungen kommen. Herr Dr. Ron Antonczyk hat mir zusammen mit unseren studentischen Hilfskr~iften bei der Aktualisierung der Literaturangaben geholfen, und Frau An-
drea Das Gupta, meine SekretSxin, hat mich beim Korrekturlesen des Manuskripts maBgeblich untersttitzt. Allen Beteiligten danke ich sehr.
VI Sicherlich interessiert es manchen Leser, ob meine Frau den Zwergpudel bekommen hat, von dem im Vorwort zur zweiten Auflage die Rede war. In der Tat haben wir uns nach langen Verhandlungen stattdessen auf zwei Zwergkaninchen geeinigt. Ich denke, das war ein fairer Kompromiss. Leider ist eines der beiden bereits gestorben. Dem tiberlebenden Kaninchen, Joker, und meiner Frau Claudia widme ich diese Neuauflage.
Wolfgang Breuer
VII
Vorwort zur zweiten Auflage Dass es ein reichhaltiges Angebot an investitionstheoretischen Lehrbtichern gibt, ist sicherlich kein Geheimnis. Um so erfreulicher war es f'tir mich, dass die erste Auflage von "Investition I" bereits nach weniger als zwei Jahren vergriffen war. Entsprechend halten sich die vorgenommenen Anderungen im Rahmen dieser zweiten Auflage in engen Grenzen. Neben der Verbesserung von insgesamt tmgef~hr zwei Dutzend sinnverzerrenden (wie etwa "Projekt 1" start richtig "Projekt 2") und "gew6hnlichen" Tippfehlern (beispielsweise "korrEkt" statt "korrekt") wurde vor allem das Kapitel II in beschr~inktem Umfang neu gestaltet. Ferner begrtindete auch die Reform des deutschen Steuerrechts einen gewissen Anderungsbedarf, und zwar im Abschnitt 4 des Kapitels IV. Des Weiteren wurden an verschiedenen anderen Stellen einige kleinere Erganzungen vorgenommen. So wird im Abschnitt 1 des Kapitels III nunmehr kurz auf Kapitalwertberechnungen bei unterj~ihriger Verzinsung eingegangen. Uberdies wurde eine auf einem Denkfehler beruhende falsche Aussage in einer Fugnote korrigiert und das Literaturverzeichnis aktualisiert. Durch die vorgenommenen Anderungen sind die Verweise aus "Investition II" auf den vorliegenden ersten Band nicht mehr zutreffend. Zum Ende dieser zweiten Auflage ist daher ein "Verweisregister" eingeftihrt worden, in dem die entsprechenden Seitenzahlen dieser zweiten Auflage nachgeschlagen werden k6nnen, die mit den tiberholten Verweisen aus "Investifion II" korrespondieren. Etwas lgnger habe ich dartiber nachgedacht, ob ich ftir diese zweite Auflage das Symbol "C" fiir Konsum durch den Kleinbuchstaben "c" ersetzen soll. In "Investitition II" ist die Verwendung von "c" statt "C" aus "EDV-technischen" Grfinden zwingend erforderlich (Tilden auf C werden bei dem von mir verwendeten Textverarbeitungsprogramm anders als Tilden auf c nicht richtig dargestellt; gerade durch Tilden soll aber unsicherer Konsum gekennzeichnet werden). Ich habe mich entschieden, im Band I beim "C" wegen der Parallelit~it zu Gr6gen wie "I" und "W0" zu bleiben.
VIII Anders als noch bei der ersten Auflage yon "Investition I" ist nunmehr ein dreib/~ndiges Gesamtwerk zur Investition vorgesehen. WNlrend "Investition I" und "Investition II" letztlich yon zentralisierten Investitionsentscheidungen innerhalb einer Untemehmung ausgehen, und zwar im Band I bei Sicherheit und im Band II bei Risiko, soll sich der noch fehlende Band III mit den resultierenden besonderen Gestaltungsfragen bei wenigstens partiell dezentralisierter Investitionsplanung auseinandersetzen. Mit der Ver6ffentlichung dieses dritten Bands ist freilich nicht allzu bald zu rechnen. Realistisch dttrfte ein Erscheinungstermin im letzten Quartal von 2004 sein. Ich will nicht verheimlichen, dass der Absatzerfolg von "Investition I" nattirlich zum Teil Konsequenz des Umstands ist, dass ich "Investition I" ftir meine eigenen Lehrveranstaltungen nutze. Vor allem die Teilnehmer des 64. und des 65. Lehrgangs der Deutschen Sparkassenakademie haben mir mit Hinweisen auf von ihnen gefundene Fehler in meinen Ausf'thhrungen die Erstellung der zweiten Auflage sehr erleichtert. Daftir m6chte ich besonders Dank sagen. Ein derartiges Engagement wtinscht man sich auch yon unseren Studenten an den Universit~iten. Zu danken habe ich schliel31ich noch Herrn Dr. Jiirgen Ewert, Hagen, der mich auf den oben angesprochenen Denkfehler hingewiesen hat. Wie stets stellt sich zuletzt die Frage nach einer Widmung des vorliegenden Werkes. Ein guter Freund aus T~bingen hat mir gegenfiber vor einiger Zeit die Ansicht ge~iugert, meine Frau Claudia sei (statt unserer beiden Kinder) mal wieder an der Reihe. Tats~ichlich wtinscht sie sich wohl eher einen Zwergpudel als eine Widmung. Trotzdem hoffe ich, dass sie sich freut, wenn ich ihr diese zweite Auflage widme. Immerhin muss man mit einem Buch nicht abends "Gassi gehen". Wolfgang Breuer
IX
Vorwort zur ersten Auflage Das vorliegende Lehrbuch basiert im Wesentlichen auf meinen Vorlesungen des Grund- und Hauptstudiums zur internen Unternehmensrechnung und Investitionstheorie in den Jahren 1995 bis 1999 an der Universit~it Bonn. Es stellt den ersten Band eines auf zwei B~inde angelegten Gesamtwerkes dar. W~ihrend das vorliegende Buch lediglich investitionstheoretische Grundlagen f'tir den Fall sicherer Erwartungen er6rtert, werden die Investitionstheorie bei Risiko sowie Fragen des Investitionscontrolling Gegenst~nde des zweiten Bandes sein. Entsprechend ist der erste Band primgr als Basis ffir eine Grundstudiumsveranstaltung gedacht, wohingegen der zweite Band sicherlich Hauptstudiumsstoff behandelt. Insgesamt umfasst das vorliegende Lehrbuch 12 gr6gere Abschnitte, von denen jeder bis auf den Abschnitt 4 des vierten Kapitels zu steuerlichen Fragen innerhalb einer Doppelstunde zu behandeln sein diJrfte. Demnach enth~ilt das Lehrbuch -
mit vereinzelten Kfirzungen oder Auslassungen - im Wesentlichen den Stoff
einer zweisttindigen Veranstaltung wS_hrend eines Semesters. Natttrlich stellt sich gerade beim Verfassen eines investitionstheoretischen Lehrbuchs die Frage nach dessen Notwendigkeit. Zweifellos existiert im Bereich der Investitionstheorie eine groge Zahl sehr guter Lehrbticher. Trotzdem denke ich, dass das vorliegende Lehrbuch in vielen Detailfragen Akzente setzt, die seinen Inhalt von dem anderer investitionstheoretischer Lehrb~cher unterscheiden. So werden beispielsweise Parameterregeln und Klienteleffekt ebenso wie das Verh~iltnis zwischen Dean- und Hirshleifer-Modell oder die Gfiltigkeit der Fisher-Separation unter Berficksichtigung yon Steuern in einer Ausffihrlichkeit behandelt, die man in anderen Lehrbuchdarstellungen typischerweise nicht vorfindet. Entsprechendes gilt ftir die Berttcksichtigung von Inflationsaspekten und Zahlungskonsequenzen in Fremdw~ihrung. Dafter sind natfirlich an anderen Stellen Abstriche erforderlich. So werden etwa Details der Linearen Programmierung bei der Planung von Investitions- und Finanzierungsprogrammen ffir den unvollkommenen Kapitalmarkt nur sehr mdimentRr er6rtert. Insgesamt dfirfte sich das vorlie-
X gende Lehrbuch trotz der fraglos groBen generellen NS_he zu anderen Lehrbfichern in den konkreten inhaltlichen Schwerpunkten deutlich absetzen und insofern (hoffentlich) eine Bereicherung der investitionstheoretischen Lehrbuchlandschaft darstellen. Wieder war mir bei der Erstellung des Buches die Unterstatzung meiner Mitarbeiter an meinem Lehrstuhl in Bonn bzw. (seit MSxz 2000) in Aachen eine grol3e Hilfe. Frau Annegret Ruston, BA (Hons), habe ich einmal mehr fur die Erstellung s~imtlicher Graphiken dieses Lehrbuchs zu danken. Herr Dipl.-Vw.
Thomas Weber hat dankenswerterweise das gesamte Manuskript korrekturgelesen und mir bei Literaturrecherchen sowie der Formulierung der Wiederholungsfragen geholfen. Teile des Manuskripts wurden t~berdies von den Herren Dr. Marc
Giirtler, Dipl.-Kfm. Thomas Herfs und Dipl.-Vw. Klaus Mark sowie von Frau Dipl.-Vw. Anke Kleefisch durchgesehen. Auch ihnen bin ich ffir ihre Anmerkungen zu Dank verpflichtet. Schlief31ich danke ich meiner Frau, Dr. Claudia
Breuer, die ebenfalls eine sprite Fassung des Manuskripts korrekturgelesen hat. Am meisten Kopfzerbrechen bereitete mir die Numerierung von Abbildungen, Tabellen, Formeln u.fi. im ungew6hnlich kurzen Kapitel II. Weil Kapitel II de facto nur aus einem (inhaltlichen) Abschnitt besteht, habe ich mich aus Symmetriegrfinden ftir "1.1", "1.2", ... entschieden, obgleich auch "1", "2", ... genfigt hfitte. In zweien meiner bislang vier Lehrbficher zur betrieblichen Finanzwirtschaft konnte ich fiberdies die Geburt eines Kindes vermelden. Wie ich aber schon in meinem Obungsbuch zum unternehmerischen WStarungsmanagement angekfindigt habe, wollen meine Frau und ich diese Koinzidenz von Lehrbuchver6ffentlichungen und der Erh6hung der Zahl unserer Nachkommen nicht weiter aufrechterhalten. Ich beschr~inke mich daher darauf, das vorliegende Buch den beiden vorhandenen Kindem, Clara und Franziska, zu widmen. Allerdings hoffe ich aus Hygienegrfinden, dab sie zwischen Duplo und Playmobil nicht so bald die Zeit finden werden, einen Blick in ein Exemplar dieses Lehrbuchs zu werfen. Wolfgang Breuer
XI
Gliederung Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Verzeichnis wichtiger Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I
Problemstellung und Aufbau des Buches
XIX
.....................
1
II Investitionsentscheidungen bei fehlendem Kapitalmarktzugang
.....
......................................
7
1
Problemstellung
2
Die Annahmen .......................................
7
2.1
U n t e r n e h m e r i s c h e Pr~iferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
2.2
U n t e m e h m e r i s c h e A n f a n g s a u s s t a t t u n g und Realinvestitionsm/Sglichkeiten
3
4
7
............................
O p t i m a l e K o n s u m - und I n v e s t i t i o n s e n t s c h e i d u n g e n
12 ............
27
3.1
Darstellung der L 6 s u n g . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
3.2
Diskussion
...................................
37
Zusammenfassung
...................................
39
Wiederholungsffagen ....................................
41
III Investitionsentscheidungen bei v o l l k o m m e n e m Kapitalmarkt
Fisher-Separation und
.....
Kapitalwertkriterium ..................
43
43
1.1
Problemstellung ................................
43
1.2
D i e zus~itzlichen A n n a h m e n
43
1.3
Die Konsequenzen .............................. 1.3.1
.......................
45
Existenz eines einheitlichen Zinssatzes fOx Anlage/Verschuldung
.......................
1.3.2
Die Kapitalmarktgeraden .....................
1.3.3
Die
Fisher-Separation: pr~iferenz-
45 46
und v e r m 6 g e n s u n -
abh~ingige E r m i t t l u n g o p t i m a l e r Realinvestitionen
...
49
XII 1.3.4
1.4
D a s Kapitalwertkriterium
...................
59
1.3.4.1
Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
1.3.4.2
Diskussion ......................
61
..............................
79
Zusammenfassung
Wiederholungsfragen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
D y n a m i s c h e r versus statischer Vorteilhaftigkeitsvergleich
........
1
83
2.1
Problemstellung ................................
83
2.2
R e n t e n b a r w e r t f a k t o r und ~iquivalente Annuit~it . . . . . . . . . . .
84
2.3
Statischer G e w i n n v e r g l e i c h versus Kapitalwertkriterium . . . .
90
2.3.1
2.3.2 2.4
V o r g e h e n i m R a h m e n eines statischen Gewinnvergleichs ..........................
90
2.3.1.1
Einzelentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . .
92
2.3.1.2
Auswahlentscheidung
98
..............
Gegentiberstellung m i t d e m Kapitalwertkriterium . . . 102
Zusammenfassung
.............................
107
Anhang 1
........................................
109
Anhang 2
........................................
110
Wiederholungsfragen
111
................................
Parameterregeln ....................................
113
3.1
Problemstellung ...............................
113
3.2
I r r e l e v a n z der N u l l p u n k t w a h l bei Kapitalwertorientierung
114
3.3
Parameter, kritische W e r t e und Projektkapitalwerte
119
3.4
Interne Zinsft~ge v o n Z a h l u n g s r e i h e n 3.4.1
................
125
Ermittlung und Interpretation y o n internen Zinsffigen
3.4.2
......
..............................
125
I n v e s t i t i o n s e n t s c h e i d u n g e n m i t Hilfe interner Zinsftige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2.1
Einzelentscheidungen
3.4.2.2
Auswahlentscheidungen
132 ............. ...........
132 136
XIII 3.5
Zusammenfassung
Wiederholungsfragen 4
.............................
151
................................
153
Nutzungsdauerentscheidungen und optimaler Ersatzzeitpunkt . . . . .
155
4.1
Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
155
4.2
Optimale Nutzungsdauer eines Projekts ohne M6glichkeit zu Anschlussinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3
159
Optimale Nutzungsdauern bei endlicher Wiederholung gleichartiger Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4
167
Optimale Nutzungsdauern bei endlicher Kette verschiedenartiger Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5
172
Optimale Nutzungsdauern bei unendlicher Wiederholung identischer Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6 4.7
180
Optimale Nutzungsdauern bei unendlicher Kette verschiedenartiger Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
184
Zusammenfassung
186
Wiederholungsfragen
.............................
................................
189
Kapitalwert bei nicht-flacher Zinsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . .
191
5.1
Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
191
5.2
Die retrograde Berechnungsmethode nach
5.3
Kapitalwertberechnung mittels Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren
5.4
198 200
Effektivrenditen von Zero Bonds und Zinsstrukturcha................................
210
Ein-Perioden-Terminzinss~itze und Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren
5.6
........
....................................
rakterisierung 5.5
Rolfes
....................................
Zusammenfassung
.............................
215 221
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
223
Wiederholungsfragen
226
................................
XIV 6
K a p i t a l w e r t und Inflation
228
6.1
Problemstellung ...............................
228
6.2
Inflationsraten, n o m i n a l e und reale G r 6 g e n . . . . . . . . . . . .
228
6.3
K a p i t a l w e r t f o r m e l in realen G r 6 g e n . . . . . . . . . . . . . . . . .
233
6.3.1
Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
233
6.3.2
Diskussion
.............................
240
6.3.2.1
Konstante reale E i n z a h l u n g e n
6.3.2.2
K o n s t a n t e r Realzinssatz
.......
M o n e t ~ e K o n s e q u e n z e n y o n Inflationsratenvariationen
6.5
Zusammenfassung
242 ...
.............................
259
................
7.1
Problemstellung ...............................
7.2
Fisher-Separation
7.3
Kapitalwerfformeln
und Kapitalwertkriterium
249 257
................................
K a p i t a l w e r t v o n Auslandsdirektinvestitionen
261 261
...........
262
............................
264
7.3.1
K a p i t a l w e r t f o r m e l in InlandswS_hrung . . . . . . . . . . .
264
7.3.2
K a p i t a l w e r t f o r m e l in F r e m d w ~ h r u n g
266
7.4
D e r Internationale F i s h e r - E f f e k t
7.5
Weitergehende Fragen
...........
269
...................
..........................
272
7.5.1
M 6 g l i c h k e i t zur Einzelprojektbeurteilung
........
7.5.2
Alleinige B e w e r t u n g s r e l e v a n z der durch die Investition ausgel6sten Z a h l u n g s k o n s e q u e n z e n
7.5.3
....
273
274
Vereinfachte K a p i t a l w e r t f o r m e l bei Gfiltigkeit des Nationalen Fisher-Effekts
7.6
240
...........
6.4
Wiederholungsfragen
7
.............................
...................
278
7.5.3.1
Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
278
7.5.3.2
Diskussion .....................
283
.............................
288
Zusammenfassung
Wiederholungsfragen
................................
290
XV
IV Investitionsentscheidungen bei u n v o l l k o m m e n e m Kapitalmarkt
Hirshleifer-Modell
und Klienteleffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
293 293
1.1
Problemstellung ...............................
293
1.2
Das Hirshleifer-Modell
294
..........................
1.2.1
Die Annahmen ...........................
1.2.2
O p t i m a l e I n v e s t i t i o n s e n t s c h e i d u n g e n im Hirshleifer-Modell
1.2.3 1.3
D e r Klienteleffekt
1.4
Hirshleifer-Modell
1.5
Zusammenfassung
Das Dean-Modell
........
.............................
.............................
327
329
...................................
Das Dean-Modell
in seiner G r u n d v e r s i o n
2.2.1
Die Pr~nissen
2.2.2
Die Resultate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
329 .............
...........................
M 6 g l i c h e E r w e i t e r u n g e n des D e a n - M o d e l l s
2.3.3
329 329 335
...........
341
M a n g e l n d e Teilbarkeit v o n Investitionsprojekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.2
321 325
................................
2.2
312 319
und Klienteleffekt . . . . . . . . . . . . . . . .
Problemstellung ...............................
2.3.1
299
........................
2.1
2.3
294
Marktwert von Investitionsm6glichkeiten
Wiederholungsfragen
2
..
341
Gegenseitiger A u s s c h l u s s y o n Investitionsprojekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
345
Mehr-Perioden-Betrachtung ..................
353
2.4
D a s Verh~ltnis v o n H i r s h l e i f e r - zu D e a n - M o d e l l
2.5
Zusammenfassung
Wiederholungsfragen
.............................
................................
........
360 364 366
XVI Vollst~indige Finanzplanung und Ans~itze der Linearen Programmierung
.........................................
368
3.1
Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
368
3.2
Die Grundstruktur vollst~ndiger Finanzplane . . . . . . . . . . .
369
3.2.1
Definition und Funktion vollstS.ndiger Finanzplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
369
3.2.2
Elemente eines vollstandigen Finanzplans . . . . . . . .
371
3.2.3
M6gliche Zielsetzungen im Rahmen vollst~indiger Finanzplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
373
3.3
Ein Zahlenbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4
LP-Ans~itze zur L6sung yon Kapitalbudgetierungsproblemen 393 3.4.1
Charakterisierung des allgemeinen Budgetierungsproblems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4.2
393
Endogene Kalkulationszinsftige im Rahmen des allgemeinen Budgetierungsproblems . . . . . . . . . . . .
3.5
378
Zusammenfassung
.............................
397 402
Wiederholungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
403
Steuern in der Investitionsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
405
4.1
Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2
Grundztige steuerlicher Regelungen in Deutschland und die Annahmen des Standardmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3
Fisher-Separation und 4.3.1
4.4
405
407
Kapitalwertkriterium bei Steuern . . . 413
Untemehmerische Pr~iferenzen und Realinvestitionsm6glichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . .
413
4.3.2
Der untemehmerische Kapitalmarktzugang . . . . . . .
415
4.3.3
Kapitalwertmaximierung als Auswahlkriterium f'tir Realinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
419
Steuerparadoxon und Investitionsneutralit~it . . . . . . . . . . . .
435
4.4.1
Das Steuerparadoxon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
436
4.4.2
Investitionsneutrale Besteuerung
442
..............
XVII 4.4.2.1
Ertragswertabschreibung im Standardmodell
4.5
.......................
4.4.2.2
Cashflow-Besteuerung
4.4.2.3
Residualgewinnorientierte Besteuerung . 460
Zusammenfassung
.............................
............
442 453
468
Anhang 1
........................................
471
Anhang 2
........................................
473
Anhang 3
........................................
477
Wiederholungsfragen
V Ausblick
................................
...........................................
Literaturverzeichnis
Verweisregister
Stichwortregister
.....................................
........................................
.....................................
479
481
483
495
497
XIX
Verzeiehnis wiehtiger Symbole A
Anlagevolumen
A0
Anfangsauszahlung
Co,max
Abszissenabschnitt einer Kapitalmarktgeraden
Ct
Konsumauszahlung im Zeitpunkt t
ct
Konsumauszahlung im Zeitpunkt t vor Finanzinvestitionen
~ (H) t ~ (s) t
Konsumauszahlung im Zeitpunkt t vor Mittelanlage Konsumauszahlung im Zeitpunkt t vor Verschuldung
dC t
(Infinitesimale) Anderung von C t
r
Diskontierungs-/Zero-Bond-Abzinsungsfaktor ftir Laufzeit von 0 bis t Abschreibungen im Zeitpunkt t
Ot E(n)
Einzahlungstiberschuss aus Projekt n i m Zeitpunkt t = 1
Et
Erl6s aus Produkteabsatz im Zeitpunkt t
F
Finanzierungsvolumen
F(')
Realinvestitions- oder Investitionsertragsfunktion
Fs()
Realinvestitions- oder Investitionsertragsfunktion nach Steuern
Gt
Gewinn eines Zeitpunktes t Repr~isentativer Gewinn
HZ t
Habenzinsen im Zeitpunkt t
i
Zinssatz f'tir Anlage/Verschuldung yon t = 0 bis t = 1
iS
Nach-Steuer-Kapitalmarktzinssatz von t = 0 bis t = 1
it
Zinssatz f'tir Anlage/Verschuldung von t-1 bis t
i(n)
Zinssatz ftir Mittelanlage von t = 0 bis t = 1
i(s)
Zinssatz ftir Verschuldung von t -- 0 bis t = 1
(FisherModell); Grenzrendite/Grenzkapitalkostensatz (Dean-Modell)
I
Realinvestitionsvolumen
I(H)*
Optimales Investitionsvolumen eines Anlegertyps
i(s)*
Optimales Investitionsvolumen eines Schuldnertyps
K
Kreditvolumen
Kf, t
Fixkosten/-auszahlungen im Zeitpunkt t
XX kv,t
variable Kosten/Auszahlungen je Sttick im Zeitpunkt t
kZt
verrechnete kalkulatorische Zinsen im Zeitpunkt t
n
Index ftir Investitionsprojekte
N
Anzahl verftigbarer Investitionsprojekte Preis eines Gutes j i m Zeitpunkt t
Pt
Preisniveau im Zeitpunkt t
RG t
Residualgewinn irn Zeitpunkt t
rt
Ein-Perioden-Zinssatz bei Mittelanlage/-aufnahme yon 0 bis t und periodischer Zinszahlung
s
Steuersatz im Rahmen des Standardmodells
Se
(Grenz-) Einkommensteuersatz
Sge
effektiver Gewerbesteuersatz
SZt
Sollzinsen in einem Zeitpunkt t
t
Zeitindex
T
Zeithorizont; Nutzungsdauer eines Investitionsprojekts
u(-;.)
Unternehmerische Nutzenfunktion
Vt
Effektivrendite eines Zero Bond mit F~illigkeit im Zeitpunkt t
V
Kaufpreis einer Investitionsm6glichkeit
Wt
Wechselkurs zwischen Euro und US-$ im Zeitpunkt t
Wo
Unternehmerisches AnfangsvermOgen
Xt
Absatzmenge im Zeitpunkt t
Zt
Einzahlungsfiberschuss eines Investitionsprojekts oder -programms im Zeitpunkt t
AWo
Ffir investive Verwendung vorgesehener Teil der untemehmerischen Anfangsausstattung
T~t
Ertragswert einer Zahlungsreihe aus Sicht des Zeitpunktes t
K
Kapitalwert einer Zahlungsreihe (aus Sicht von t = 0) Kapitalwert einer Zahlungsreihe aus Sicht des Zeitpunktes t
Ks
Nach-Steuer-Kapitalwert Inflationsrate von t-1 bis t Zeitindex
XXI Das Kttrzel "nom" kennzeichnet nominale, das Ktirzel "real" reale Gr6gen. Mit "I" werden Gr6gen in InlandswS_hrung, mit "F" solche in Auslandsw~ihrung indiziert. "ME" bedeutet "Mengeneinheit(en)", "GE" steht ffir "Geldeinheit(en)".
1
I
Problemstellung und Aufbau des Buches
Im Rahmen der Investitionstheorie setzt man sich mit dem Problem auseinander, in welcher Form monet~e Mittel in Untemehmungen produktiv verwendet werden k6nnen. Im engen Sinne behandelt die Investitionstheorie damit die Frage der
Mittelverwendung in Untemehmungen. Die einzusetzenden Mittel mtissen aber zun~ichst beschafft werden, so dass Mittelbeschaffung und -verwendung unmittelbar miteinander verkntipft sind. Mai3nahmen der Mittelbeschaffung werden im Rahmen der Finanzierungstheorie er6rtert, und es sollte nicht verwundern, dass Investitions- und Finanzierungstheorie herk6mmlicherweise unter dem Oberbegriff der (betrieblichen) Finanzwirtschaft I zusammengefasst werden. Insofern werden in jedem Lehrbuch zur Investitionstheorie anch finanzierungstheoretische Fragen angesprochen, wie andererseits auch in Lehrbtichern zur Finanzierungstheorie Fragen der Mittelverwendung nicht vemachl~issigt werden k6nnen. Aus diesem Grunde werden in vielen Lehrbtichem auch beide Bereiche gleichberechtigt simultan behandelt. 2 Gleichwohl stellt es einen Unterschied dar, ob man gewissermaBen am Bereich der Mittelbeschaffung ansetzt und yon dort beginnend anch auf Fragen der Mittelverwendung eingeht oder aber die Mittelverwendung in den Vordergrund stellt und mit diesem Schwerpunkt auch auf Fragen der Mittelbeschaffung eingeht. Die Investitionstheorie stellt sich in grogen Teilen als augerordentlich weit entwickelt dar, weswegen eine Dreiteilung der gesamten Materie vorgenommen worden ist. Im vorliegenden ersten Band wird auf die investitionstheoretischen Grundlagen unter der Annahme sicherer Erwartungen eingegangen. Femer wird unterstellt, dass Investitionsentscheidungen nicht delegiert werden, sondern der oder die Unternehmer sie selbst treffen. Der zweite Band, Breuer (2001a), dehnt die Betrachtung auf Entscheidungen bei Risiko aus, beh~ilt aber die Annahme
1
Vgl. zu dieser Begriffsfassung auch Breuer (1999a), S. 141 f.
2
Vgl. z.B. Spremann (1996), Gerke/Bank (2003), Franke/Hax (2004).
zentral getroffener Investitionsentscheidungen bei. Erst im noch zu erstellenden dritten Band schliel31ich findet der Umstand Berticksichtigung, dass in praxi h~iufig auch der UnternehmensfiJhrung untergeordnete Stellen Investitionsentscheidungskompetenz innehaben. Investitionsentscheidungen werden in einfachster Form durch einen einzigen Untemehmer als alleinigem Entscheidungstr~iger getroffen. Natttrlich wird dieser derart investieren wollen, dass sein pers6nliches Nutzenniveau maximal wird. Insofern bietet sich unmittelbar eine mikroiikonomisehe Fundierung investitionstheoretischer Entscheidungen an. Die hier zugeh6rige grundlegende Modellstruktur wird im nachfolgenden zweiten Kapitel entwickelt. Eine ganz wesentliche Modifikation des Entscheidungsproblems ergibt sich, wenn der betrachtete Unternehmer Zugang zu einem friktionsfrei arbeitenden Kapitalmarkt erh~ilt, auf dem in grunds~itzlich beliebiger H6he Mittel aufgenommen oder angelegt werden k6nnen. Die wichtigste Konsequenz der so angenommenen Existenz eines "vollkommenen" Kapitalmarktes ist die M6glichkeit der pr~iferenz- und verm6gensunabh~ingigen Beurteilung von Investitionsprojekten anhand ihres jeweiligen "Kapitalwertes". Dieses als
Fisher-Separation in die Literatur
eingegangene zentrale investitionstheoretische Ergebnis ist Gegenstand des Absehnitts 1 des dritten Kapitels. Unmittelbare Konsequenz hieraus ist, dass auch mehrere kollektiv entscheidende Unternehmer zur einm~tigen Bestimmung des im Rahmen ihrer gemeinsamen Untemehmung durchzuftihrenden Investitionsprogramms gelangen. Die nachfolgenden Abschnitte dieses recht langen Kapitels besch~iftigen sich s~xntlich auf der Grundlage von Investitionsentscheidungen anhand des Kapitalwertkriteriums mit verschiedenen Spezialfragen. So behandelt Absehnitt 2 die M6glichkeit, die Betrachtung auf eine "repriisentative" Periode zu verdichten. Es wird gezeigt, wie eine derartige Verdichtung auf der Grundlage des KapitalwertkalkiJls sachgerecht vorzunehmen ist und wie im Lichte dieser Erkenntnis andersartige Verdichtungen auf der Grundlage der Betrachtung von Gewinngr6-
Ben statt Kapitalwerten zu wtirdigen sind.
Abschnitt 3 behandelt sogenannte Parameterregeln, bei denen man ftir verschiedene Einflussfaktoren im Rahmen der Kapitalwertberechnung "kritische" Werte ermittelt. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie ceteris paribus gerade einen Kapitalwert yon Null induzieren. Viele praktisch g~ingige Entscheidungsregeln beruhen auf der Betrachtung solcherlei kritischer Werte, ohne dass die Aquivalenz zum theoretisch gut fundierten Kapitalwertkriterium stets gew~ihrleistet ist. Im Abschnitt 4 wird zum ersten Mal die Nutzungsdauer eines Investitionsprojekts nicht mehr als exogen aufgefasst, sondern zum Gegenstand eines Optimierungskalktils. Weil ein Investitionsprojekt nur tiber eine einzige bestimmte Nutzungsdauer verftigen kann, liegt hier eine spezielle Auswahlentscheidung zwischen mehreren sich gegenseitig ausschliel3enden Investitionsaltemativen vor. Die Entscheidungssituation wird komplizierter, wenn mehrfach hintereinander Investitionsprojekte mit endogen zu bestimmender Nutzungsdauer durchgeftihrt werden k6nnen. Auch auf derartige Szenarien wird daher im Rahmen dieses Abschnittes n~iher eingegangen. Unterstellt man im Rahmen von Mehr-Perioden-Betrachtungen einen konstanten Ein-Perioden-Kapitalmarktzinssatz tiber alle betrachteten Perioden, so spricht man vom Vorliegen einer flachen Zinsstruktur. Dies ist gleichbedeutend damit, dass die ftir verschiedene Anlagezeitr~iume gew~ihrte durchschnittliche Ein-PeriodenVerzinsung stets identisch ist. In der Realit~it ist eine solche Situation typischerweise nicht gegeben. Wie man in Fiillen "nieht-flaeher" Zinsstruktur Kapitalwerte yon Investitionsprojekten ermittelt, wird im Abschnitt 5 des dritten Kapitels er6rtert. Kapitalwertberechnungen basieren auf der Diskontierung der kthfftigen Einzahlungen eines Investitionsprojekts mit den jeweils relevanten Kapitalmarktzinss~itzen. Inwiefern in der betrachteten Entscheidungssimation inflation~re Tendenzen vorherrschen, ist in diesem Zusammenhang grunds~itzlich ohne Bedeutung. Unter
4 bestimmten Voraussetzungen kann die explizite Berticksichtigung von Inflationsraten allerdings die M6glichkeit zu vereinfachten Kapitalwertberechnungen er6ffnen. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, nominale (oder monetSxe) Gr6Ben in reale (das heiBt in Gtitereinheiten ausgedrtickte) umzurechnen. Details hierzu finden sich im Absctlnitt 6 des dritten Kapitels. Im Abschnitt 7 schlieBlich wird der Umstand beriicksichtigt, dass die Zahlungskonsequenzen aus einem Investitionsprojekt in einer anderen als der Inlandswahrung anfallen k6nnen. Damit werden W e c h s d k u r s e als Ausdruck der Wertrelation zwischen verschiedenen WS_l-trungenrelevant, und es k6nnen Kapitalwerte in unterschiedlichen W~ihrungen berechnet werden. Hierauf und auf die zwischen Zinss~itzen, Wechselkursen und Preisniveaus bei vollkommenen M~irkten gtiltigen Beziehungen wird im Rahmen des letzten Abschnitts des Kapitels III abgestellt. WS.hrend des ganzen dritten Kapitels wurde stets ein vollkommener Kapitalmarkt unterstellt. Dieser ist vor allem dadurch charakterisiert, dass in jeder Periode ein fester Kapitalmarktzinssatz gegeben ist, zu dem Subjekte in beliebiger H6he Mittel anlegen oder aufnehmen k6nnen. Realistischerweise muss man jedoch anerkennen, dass der Mittelanlage- oder Habenzinssatz in aller Regel unter dem Mittelaufnahme- oder Sollzinssatz liegt. Eine derartige Konstellation charakterisiert einen unvollkommenen Kapitalmarkt, der Gegenstand des vierten Kapitels des Lehrbuchs ist. Zun~ichst kann dabei unmittelbar an die Darstellung des Abschnitts 1 aus dem dritten Kapitel angekntipft werden. Dazu wird der Kontext des Fisher-Modells einer erneuten Analyse unter der Modifikation unterzogen, dass der Sollzinssatz oberhalb des Habenzinssatzes liegt. Ein derartiges Szenario bezeichnet man nach seinem geistigen Urheber als Hirshleifer-Modell. Es sollte nicht tiberraschen, dass das Kapitalwertlwiterium in seiner im dritten Kapitel hergeleiteten Form keine Gtiltigkeit mehr besitzt. In der Tat kann man jegliches untemehmerisches Investitionsverhalten zwar nach wie vor als kapitalwertmaximierend interpretieten, doch ist der zur Diskontierung anzusetzende ZinsfuB nun pr~iferenz- und
verm6gensabh~ingig. Die Fisher-Separation verliert somit ihre generelle Gtiltigkeit. Aussagen zur Separation von (praferenzabhangigen) Konsum- und (priiferenzunabh~ingigen) Investitionsentscheidungen lassen sich unter der Annahme eines tiber dem Habenzinssatz liegenden Sollzinssatzes daher nur sehr eingeschr~inkt herleiten, wie die ebenfalls noch im Absehnitt 1 des vierten Kapitels erfolgende Diskussion des sogenannten Klienteleffekts aus dem Hirshleifer-Modell belegt. Eine weitere Konsequenz aus der Annahme eines unvollkommenen Kapitalmarktes neben der grunds~itzlichen Pr~iferenzabh~ingigkeit optimaler untemehmerischer Investitionsentscheidungen ist in der erschwerten Problematik des Treffens von Finanzierungsentscheidungen zu sehen. Unvollkommenheit des Kapitalmarktes bedingt unter anderem "Konditionenvielfalt" auf der Finanzierungsseite und schafft dadurch in diesem Zusammenhang ein Entscheidungsproblem, das bei vollkommenem Kapitalmarkt so nicht existiert. Gesucht wird nun in der Tat simultan ein optimales Investitions- und Finanzierungsprogramm, das heigt das bestm6gliche "Kapitalbudget". Ein Modellansatz, um dieser erh6hten Komplexit~it Herr zu werden, geht auf J. Dean zurtick. Das Dean-Modell ist Gegenstand des Abschnitts 2 des vierten Kapitels. Allerdings zeigt sich, dass der Anwendungsbereich des mit unternehmensbezogenen Kapitalangebots- und -nachfragefunktionen operierenden Dean-Modells als tiberaus eng zu bezeichnen ist und in der Tat entgegen dem ersten Augenschein sogar hinter dem einfachen Hirshleifer-Modell des vorhergehenden Abschnitts zurfickbleibt. Auch als Heuristik ist das Dean-Modell nur von sehr eingeschr~inktem Wert. Im Abschnitt 3 des vierten Kapitels wird daher er6rtert, wie sich mittels vollstiindiger Finanzplanung (tiberschaubare) Kapitalbudgetierungsprobleme bei unvollkommenem Kapitalmarkt 16sen lassen. Unter einem vollst~indigen Finanzplan versteht man die systematische Erfassung sSxntlicher Zahlungskonsequenzen aus einem gegebenen Kapitalbudget. Durch die explizite Formulierung der Finanzplane ffir alle in Betracht zu ziehenden Kapitalbudgets ist ohne weiteres die Ermittlung des optimalen unternehmerischen Investitions- und Finanzierungsprogramms m6glich. Formuliert man vollst~indige Finanzpl~ine in allgemeiner Form,
so ist eine generelle rechentechnische Verarbeitung mit Hilfe der Linearen Programmierung bei Voraussetzung einer entsprechenden untemehmerischen Zielfunktion ohne weiteres m6glich. Insofem lassen sich bei entsprechender EDVtechnischer Untersttitztmg Kapitalbudgetierungsprobleme unter der Pr~imisse sicherer Erwartungen in sehr allgemeiner Form 16sen, ohne dass derlei L6sungsans~itze in der Praxis bislang wohl eine gr6gere Bedeumng erlangt haben. Ein Grtmd mag dabei in der fehlenden Berticksichtigung von Risikoaspekten zu sehen sein, die Gegenstand des nachfolgenden zweiten Bandes sind. V611ig ausgeklammert blieben in allen Abschnitten bisher noch steuerliche Fragen. Deren praktische Relevanz dtirfte unbestritten sein. Da tiberdies Steuern in gewisser Weise eine Marktunvollkommenheit darstellen, werden steuerliche Aspekte im Abschnitt 4 des vierten Kapitels behandelt. Dabei zeigt sich insbesondere, dass unter den Pr~imissen des Standardmodells zur Erfassung steuerlicher Aspekte in der Investitionsrechnung die
Fisher-Separation weiterhin Bestand hat,
diese Kapitalmarktunvollkommenheit an der Anwendung des Kapitalwertkriteriums (wenngleich in modifizierter Form) also grunds~itzlich nichts ~indert. Es sollte nicht verwundern, dass die Existenz von Steuem Einfluss auf die Beurteilung verschiedener Investitionsprojekte nehmen kann. Sofem dies nicht der Fall ist, spricht man yon der Investitionsneutralit~it des Steuersystems. Inbesondere wenn Investitionsneutralit~it verletzt ist, ist ein sogenanntes Steuerparadoxon m6glich, nach dem ein Investitionsprojekt unter Berticksichtigung der Steuerbelastung tiber einen h6heren Kapitalwert als vor Steuern verftigen kann. Beide Ph~inomene, Investitionsneutralitfit und Steuerparadoxon, werden ebenfalls im Abschnitt 4 behandelt. Die Ausft~hrungen schlieBen mit einem kurzen Ausblick im fiinften Kapitel.
7
II
Investitionsentscheidungen bei fehlendem Kapitalmarktzugang
1
Problemstellung
In den folgenden Kapiteln soU der Frage nach optimalen unternehmerischen Investitionsentscheidungen nachgegangen werden. Dieses Problem liisst sich flit verschiedene Entscheidungssituationen einer nEheren Analyse unterziehen. Im einfachsten Fall betrachtet man einen Unternehmer, der Investitionsprojekte lediglich durch Einsatz seiner eigenen Mittel finanzieren kann, nicht aber in der Lage ist, zus~itzliche Mittel bei Kapitalgebern aufzunehmen oder tiberschtissige Mittel bei Kapitalnehmern anzulegen. Der Unternehmer hat insofern zwischen heutigem Konsum seiner Mittel und in die Zukunft fiber Investitionen vedagertem Konsum seiner monetRren Anfangsausstattung zu befinden. Zun~ichst werden im folgenden Absehnitt 2 die zugeh6rigen PrSmissen der unternehmerischen Entscheidungssituation n~iher beschrieben. Der Abschnitt 3 leitet auf dieser Grundlage konkret die optimalen unternehmerischen Konsum- und Investitionsentscheidungen des betrachteten Unternehmers her. Abschnitt 4 dient der Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse.
2
Die Annahmen
2.1
Unternehmerische Priiferenzen
Ausgangspunkt der folgenden Betrachtung sei ein Zwei-Zeitpunkte-Modell (t = 0, 1) bei Sicherheit. Da zwei Zeitpunkte einen Zeitraum yon einer Periode
Das im folgenden darzustellende Entscheidungsproblem findet sich mehr oder weniger ausf'tihrlich er6rtert in zahlreichen finanzwirtschaftlichen Lehrbtichem. Vgl. etwa Drukarczyk (1993), S. 34 f., Franke/Hax (2004), S. 149 ft., sowie Schiifer (2005), S. 83 ft.
7
II
Investitionsentscheidungen bei fehlendem Kapitalmarktzugang
1
Problemstellung
In den folgenden Kapiteln soU der Frage nach optimalen unternehmerischen Investitionsentscheidungen nachgegangen werden. Dieses Problem liisst sich flit verschiedene Entscheidungssituationen einer nEheren Analyse unterziehen. Im einfachsten Fall betrachtet man einen Unternehmer, der Investitionsprojekte lediglich durch Einsatz seiner eigenen Mittel finanzieren kann, nicht aber in der Lage ist, zus~itzliche Mittel bei Kapitalgebern aufzunehmen oder tiberschtissige Mittel bei Kapitalnehmern anzulegen. Der Unternehmer hat insofern zwischen heutigem Konsum seiner Mittel und in die Zukunft fiber Investitionen vedagertem Konsum seiner monetRren Anfangsausstattung zu befinden. Zun~ichst werden im folgenden Absehnitt 2 die zugeh6rigen PrSmissen der unternehmerischen Entscheidungssituation n~iher beschrieben. Der Abschnitt 3 leitet auf dieser Grundlage konkret die optimalen unternehmerischen Konsum- und Investitionsentscheidungen des betrachteten Unternehmers her. Abschnitt 4 dient der Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse.
2
Die Annahmen
2.1
Unternehmerische Priiferenzen
Ausgangspunkt der folgenden Betrachtung sei ein Zwei-Zeitpunkte-Modell (t = 0, 1) bei Sicherheit. Da zwei Zeitpunkte einen Zeitraum yon einer Periode
Das im folgenden darzustellende Entscheidungsproblem findet sich mehr oder weniger ausf'tihrlich er6rtert in zahlreichen finanzwirtschaftlichen Lehrbtichem. Vgl. etwa Drukarczyk (1993), S. 34 f., Franke/Hax (2004), S. 149 ft., sowie Schiifer (2005), S. 83 ft.
begrenzen, kann man altemativ auch von einem Ein-Perioden-Modell sprechen. Es sei nun ein Unternehmer vorausgesetzt, der K o n s u m a u s z a h l u n g e n C t in den Zeitpunkten t = 0, 1 t~itige. Konkret wird der Untemehmer Mengeneinheiten yon nutzenstiftenden Konsumgtitem erwerben. Im Weiteren sei dabei yon dem einfachsten Fall der Existenz nur eines Konsumgutes ausgegangen, das vom Unternehmer in den Zeitpunkten t = 0 und t = 1 zu den dann herrschenden, vom Unternehmer nicht beeinflussbaren (Sttick-) Preisen Pt bezogen werden kann. Es ist unmittelbar plausibel und Risst sich auch leicht zeigen, dass unter diesen Voraussetzungen eine ceteris paribus erfolgende Erh6hung der Konsumauszahlung C t in einem Zeitpunkt t ebenfalls mit einem Nutzenzuwachs einhergeht. Der unternehmerische Nutzen wird n~imlich originS_r in den Verbrauchsmengen Y0 und Yl des Konsumgutes in t -- 0 und t = 1 definiert, wobei Yt = Ct/Pt gilt. Eine ceteris paribus erfolgende Erh6hung von C t um 1 Geldeinheit (GE) bedingt wegen der Konstanz von Pt eine konstante Erh6hung von Yt und folglich eine entsprechende Nutzenmehrung. Daher steigt der unternehmerische Nutzen mit ceteris paribus erh6hten Konsumauszahlungen C t an. Pr~ignant formuliert, bedeutet dies, dass der Untemehmer mehr Geld gegentiber weniger Geld bevorzugt. Weiter g~ingig ist die Annahme, dass der Nutzen des Unternehmers in den Konsumauszahlungen C t jeweils nur degressiv ansteigt. Zwar ftihrt eine ceteris paribus erfolgende Erh6hung der Konsumauszahlung C o oder C~ demnach stets zu einer Nutzenmehrung, der resultierende Zuwachs f~illt mit wachsendem Wert von C t (t = 0, 1) aber immer kleiner aus. Mit
U(C0;C1)als der in den Konsumauszahlungen C t definierten Nutzenfunktion
des Unternehmers und unter der zus~itzlichen Voraussetzung der Differenzierbarkeit von U sind die bislang formulierten Annahmen gleichbedeutend dazu, dass die partiellen Ableitungen erster Ordnung yon U nach Co und Cl jeweils positiv, die Ableitungen zweiter Ordnung jedoch negativ sind:
ou
-> O, OC t
o2u
- < 0 OC 2
(t = O, 1).
(1.1)
Zweifellos ist die Vorstellung degressiver Nutzenzuw~ichse bei steigenden Konsumauszahlungen sehr naheliegend und wirkt auf den ersten Blick v611ig einleuchtend. Tats~ichlich aber sind hiermit zwei Probleme verbunden, die im Zusammenhang mit der blogen Voraussetzung eines in C t streng monoton wachsenden Nutzenniveaus nicht auftreten. Erstens lassen sich die negativen Vorzeichen der zweiten Ableitungen von U in der Tat zwar bei Betrachtung von
nur einem
Konsumgut ~ihnlich wie die strenge
Monotonie aus der Annahme eines abnehmenden Nutzenzuwachses bei ceteris zunehmendem Verbrauch des Konsumguts herleiten. Ein derartiger Zusammenhang besteht bei Betrachtung von mindestens zwei Konsumgfitem aber nicht mehr. Das bedeutet, dass abnehmender Nutzenzuwachs in den Konsumauszahlungen selbst dann nicht mehr generell gefolgert werden kann, wenn der untemehmerische Nutzenanstieg aus der Erh6hung des Konsums eines (jeden) beliebigen Gutes um 1 Mengeneinheit (ME) grunds~itzlich mit wachsendem, bereits erreichten Ausgangskonsumniveau hinsichtlich des betreffenden Gutes abnehmend verl~iuft.2 Zweitens sind unternehmerische Nutzenfunktionen bei Sicherheit ordinaler Natur. Durch den jeweils realisierten Nutzenfunktionswert werden Handlungsaltemativen in eine Rangfolge gebracht. Diese Rangfolge iindert sich nicht, wenn man die Nutzenfunktion des Untemehmers positiv monoton transformiert. Dies bedeutet, dass man zu jeder Handlungsalternative neue Nutzenwerte G[U(-)] ermitteln kann, wobei G(-) eine (streng) monoton steigende Funktion der Nutzenfunktionswerte U(-) ist: Die Handlungsalternative mit dem h6chsten Nutzenwert vor der Transformation hat auch den h6chsten Nutzenwert nach der Transformation. Daher ist die modifizierte Nutzenfunktion G[U(-)] ebenso gut f'tir eine Alternati-
2
Auf diesen Umstand wird in Breuer (2001b) n~iher eingegangen.
10 venreihung geeignet wie die urspriingliche. Das Krfimmungsverhalten der beiden gleichwertigen Beschreibungen der unternehmerischen Pr~iferenzen kann aber ganz unterschiedlich sein. 3 Insbesondere for unsere Herleimng des zentralen Ergebnisses der sogenannten
Fisher-Separation im Abschnitt 1 des Kapitels III werden wir freilich schon mit der Annahme eines (streng) monoton steigenden Verlaufs von U auskommen, und diese Annahme sieht sich - wie bereits erwNmt - nieht den beiden obigen Problemen ausgesetzt. Insofern dient die Voraussetzung eines bestimmten Krfimmungsverhaltens von U hier vor allem der Vereinfachung und Veranschaulichung und k6nnte auch entfallen. Wenn im Weiteren ohne n/ihere Spezifikation von "Konsum" die Rede ist, sind stets vereinfachend die unternehmerischen Konsumauszahlungen statt der konkreten mengenmS.gigen Verbr~iuche des Konsumguts gemeint. Das heigt, dass auf die hinter den Konsumauszahlungen stehenden Entscheidungen des Untemehmers wegen fehlender Relevanz fiir die folgenden Herleitungen nicht nS_her eingegangen wird. Der ceteris paribus resultierende Nutzenzuwachs aus dem zus~itzlichen Konsum ehner weiteren Geldeinheit wird als Grenznutzen bezeichnet. Betrachtet man eine infinitesimale Steigemng des Konsumniveaus C t des Zeitpunktes t, so entspricht der Grenznutzen der ersten Ableimng von U nach C t. Generell gilt n~mlich das totale Differential dU = 0U .dC0 + 0U .dC1" 0C0 0C 1
(1.2)
Die Anderung dU des Nutzenniveaus des Unternehmers infolge der Anderungen dC 0 und dC 1 kann Nkherungsweise dadurch beschrieben werden, dass man dC 0
3
Bei Entscheidungen unter Risiko hingegen stellt sich der Zusammenhang anders dar. Vgl. Breuer (2001a).
11 und dC1 mit den jeweils zugeh6rigen partiellen Ableitungen der unternehmerischen Nutzenfunktion multipliziert und die beiden Produkte addiert. Sofern die unternehmerische Nutzenfunktion U(C0;C1) (additiv) linear ist, beispielsweise U(C0;C 0 = 2C0+3C 1, ist die Ermittlung von dU gem~if3 (1.2) stets exakt. Sie stimmt recht gut n~ihemngsweise, falls sich die partiellen Ableitungen von U im Bereich der Erh6hung der Konsumauszahlungen nicht sehr stark ~indem, also ftir kleine Variationen von C o und C1. Im Grenztibergang mit infinitesimalen Konsum~indemngen dC 0 und
de 1
hat (1.2) daher stets exakte Gtiltigkeit. In diesem
Sinne sollen die Grtigen dC o und
dC 1
im Weiteren verstanden werden.
Ftir dCo = 0 und dC1 = 1 erhNt man nun gerade dU = OU/OC1. Entsprechendes gilt ftir dC0 = 1 und dC 1 = 0. Sofern nichts anderes vermerkt ist, wird aus diesem Grunde die Bezeichnung "Grenznutzen" als Synonym ftir eine erste Ableitung von U verwendet.
Beispiel 1.1: Gegeben sei die Nutzenfunktion4 (,,0,3 (-~ 0,7 U(C0;C1)
= "--0
"'--1
-
(1.3)
Ftir die Ableitungen erster und zweiter Ordnung erhNt man
Es handelt sich hierbei um einen in 6konomischen Analysen recht beliebten Nutzenfunktionstyp, der unter der B ezeichnung "Cobb-Douglas-Nutzenfunktion" bekannt ist. Vgl. etwa Varian (2004), S. 61 ft.
12
{ C1 ~0,7 0C o 0U _ n-7 c ,~ c,-0,3 t' Co'~~ (~1 v'"" ~'~0 "'~' = 0,7' [~--~1J > 0 , (1.4) OZU - -0,21" Co 1'7"C 0'7 < O,
c~U
03 -73 - - 0 , 2 1 . C O' - C 1 ' < 0,
sofern man die Betrachtung (sinnvollerweise) auf positive Werte ftir C O und C1 beschr~inkt. 2.2
Unternehmerische
[]
Anfangsausstattung
und Realinvestitionsm6g-
lichkeiten
Mit W 0 (W ftir engl. "wealth" = "Reichtum") sei das Anfangsvermiigen des Untemehmers im Zeitpunkt t = 0 bezeichnet. Statt dieses Anfangsverm6gen komplett in t = 0 zu konsumieren, k6nne es ganz oder teilweise in t = 0 auch investiv verwendet werden. Ein Realinvestitionsvolumen I f'tihre dabei zu monetS_ren Rtickfltissen in t = 1 im Umfang F(I). Man spricht hierbei von Realinvestitionen, weil es um das T~itigen von Auszahlungen zum Erwerb von gegenst~indlichen Dingen wie Geb~iuden und Maschinen mit dem Ziel der Herstellung und Ver~iugemng von Gtitern geht und derartige Investitionen von dem Erwerb von Wertpapieren, also reinen Finanztransaktionen
und damit F i n a n z i n v e s t i t i o n e n ,
13 abgegrenzt werden sollen. 5 Nattirlich liegen beispielsweise den auf erworbenen Aktien eines anderen Unternehmens zu elavartenden Einzahlungen letztlich auch Realinvestitionen zugmnde. Wenn der Untemehmer aber derartige Wertpapiergesch~ifte t~itigt, beteiligt er sich nur mittelbar an Realinvestitionen anderer, wShrend er bei der Durchftihrung eigener Realinvestitionen unmittelbar selbst unternehrnerisch t~itig wird. Insofem ist eine grunds~itzliche Unterscheidung yon Real- und Finanzinvestitionen durchaus sinnvoll. Im Weiteren wird zun~ichst yon der M6glichkeit zur Durctfftihrung yon Finanzinvestitionen abgesehen. Da diese auf einem Kapitalmarkt get~itigt werden, ist diese Prgxnisse gleichbedeutend mit der Abstraktion yon der Existenz eines Kapitalmarktes. Daher betrachten wir im Folgenden Realinvestitionsentscheidungen far den Fall fehlenden unternehmerischen Kapitalmarktzugangs. Inwieweit sich Realinvestitionen f'tir den Unternehmer lohnen, h~ingt natarlich zum einen von den durch die Nutzenfunktion U ausgedrtickten Pr~iferenzen des Unternehmers ftir Konsum in verschiedenen Zeitpunkten und zum anderen von dem Verlauf der Funktion F in AbhS.ngigkeit vom Realinvestitionsvolumen Iab. Man bezeichnet die Funktion F auch als Realinvestitions- oder Investitionser-
tragsfunktion. Um deren Gestalt herzuleiten, sei angenommen, dass der betrachtete Unternehmer Zugang zu N verschiedenen Investitionsprojekten habe. Jedes dieser Investitionsprojekte k6nne unabhiingig yon den anderen durchgeftihrt werden. Das bedeutet, dass die Zahlungskonsequenzen aus der Durchf'tihrung eines jeden Projekts nicht davon abh~ingen, welche anderen Projekte noch realisiert werden, und die zur Verftigung stehenden Projekte insbesondere in beliebiger Weise kombiniert werden k/3nnen. Die Gesamtheit der vom Unternehmer
Auch der Erwerb von Patenten und Lizenzen sowie sonstigen immateriellen Produktionsfaktoren ist dem Bereich der Realinvestitionen zuzuordnen, wenngleich es hier an der gegenstS_ndlichen Natur fehlt. Derartige Engagements sind namlich ebenfalls wie der Kauf von Maschinen und Geb~iuden systematisch yon reinen Kapitalmarkttransaktionen, sprich Finanzinvestitionen, verschieden.
14 letzten Endes ausgewahlten Investitionsprojekte beschreibt das von ihm realisierte
Investitionsprogramm. Im Rahmen des n-ten Projekts sollen maximal Mittel im Umfang von I (n~ in t = 0 eingesetzt werden k6nnen. Bei Realisation des maximalen Investitionsvolumens I ~") belaufe sich die untemehmerische Einzahlung des Zeitpunktes t = 1 aus der im Rahmen des Projekts n m6glichen Gtitererstellung auf E (n). Ohne weiteres kann angenommen werden, dass stets E (n) > 0 gilt, denn andernfalls ware der Unternehmer niemals zur Investition und dem damit in t = 0 einhergehenden Konsumverzicht bereit: Investitionen k6nnen sich hier nur lohnen, wenn dadurch eine Steigerung des Konsumniveaus in t = 1 erreicht wird. Projekte mit E (n) < 0 werden deswegen im Weiteren grunds~itzlich nicht mehr betrachtet. Wir werden auf diesen Punkt allerdings nochmals zurtickkommen. Wird nur ein Betrag I (n)+ < I(n) in das Investitionsprojekt n investiert, so soil sich entsprechend nur ein Anteil I(")+/I(") yon E (n) als Rtickfluss des Zeitpunktes t = 1 ergeben. In einem derartigen Fall mit der M6glichkeit, ein Investitionsprojekt nur zu einem bestimmten Bruchteil statt vollst~indig durchzuftihren, spricht man yon der (beliebigen) " T e i l b a r k e i t " des betreffenden Investitionsprojekts. Infolge dieser hier angenommenen Eigenschaft kann man auch sagen, dass bis zu einem Investitionsvolumen I (n) das n-te Projekt je eingesetzter Geldeinheit einen Rtickfluss ftir t = 1 in Htihe von (l/I(n))'E (") gewS_hrt und damit einen Verm6genszuwachs 6 von (E(n)/I("))- 1 im Zeitraum von t = 0 bis t = 1 erm6glicht. Dieser auf den Einsatz yon 1 GE bezogene (und damit relative) Verm6genszuwachs wird auch als R e n d i t e des Investitionsprojekts bezeichnet.
Dieser kann auch negativ sein, das heigt, eine Situation mit E (n~ < I (n) ist a priori nicht ausgeschlossen, wenngleich ein derartiges Projekt n in vielen F~illen nicht realisiert wtirde. Beispielsweise gilt Letzteres dann, wenn zinslose K a s s e n h a l t u n g monet~irer Mittel von t = 0 bis t = 1 in beliebigem Umfang m6glich ist.
15
Beispiel 1.2: Gegeben sei ein beliebig teilbares Projekt mit einem maximalen Investitionsvolumen yon 80 GE in t = 0 bei einer hieraus resultierenden untemehmerischen Einzahlung in t = 1 yon 100 GE. Dann liefert jede in t = 0 in dieses Projekt investierte GE einen Rtickfluss von 100/80 = 1,25 GE in t = 1 und mithin eine Rendite yon 1,25-1 = 25 % ftir den Untemehmer. Das heigt, auf jede in t = 0 eingesetzte Geldeinheit wird tiber den Rtickerhalt dieser Geldeinheit in t = 1 hinaus noch eine Verzinsung von 25 % verdient.
[]
Wenn der Unternehmer nun dartiber zu entscheiden hat, in welches der N Projekte er sinnvollerweise eine Geldeinheit investieren sollte, wird er sich in jedem Fall zun~ichst ftir das Projekt n = n* entscheiden, das ihm den h6chsten Rtickfluss E(n~/I(n) und damit nattirlich auch die h6chste Rendite (E(n)/I(n))- 1 fiir diesen Mitteleinsatz verspricht. In dieses Projekt wttrde der Unternehmer auch eine etwaige zweite Geldeinheit investieren. In der Tat wird mit wachsendem Investitionsvolumen ein anderes als das Projekt mit der h6chsten Rendite erst dann in Betracht kommen, wenn in das Projekt n* wegen Erreichung der for dieses Projekt maggeblichen Investitionsobergrenze I (n)* nicht weiter investiert werden kann. F'tir dartiber hinausgehende Investitionsvolumina wird der Unternehmer zwangsl~iufig teilweise auch auf das Projekt mit der zweith6chsten Rendite zurtickgreifen. Entsprechend kommt das Projekt mit der dritth6chsten Rendite erst dann zum Zuge, wenn in die beiden ertragreichsten Projekte aufgrund der Erreichung ihrer jeweiligen maximalen Investitionsvolumina nicht mehr weiter investiert werden kann. In analoger Weise verf~ihrt der Untemehmer im Falle weiterer Ausdehnung seiner betrachteten Investitionsvolumina. Zusammenfassend wird der Untemehmer die N zur Verftigung stehenden Investitionsprojekte demnach nach ihren Renditen sortieren k6nnen. Zur Vereinfachung sei deswegen nun angenommen, dass Projekt 1 das mit der h6chsten und Projekt N das mit der niedrigsten Rendite sei. Ftir alle nichmegativen Investitionsvolumina I b i s zu einem Maximalwert von I(~) ergeben sich zum Zeitpunkt t = 1 ftir den Unternehmer demnach Rtickflfisse in H6he von (I/I~ Rtickfltissen von E~
~
Investitionsvolumina tiber I ~
ftihren bis Im+I (2) zu
(2)] "E(2). In entsprechender Weise verh~ilt es sich ftir
16 I > I(l)+I (2). Allgemein bel~uft sich f'ttr ein Investitionsvolumen I mit I(1%...+I (n-l) < I < I(l)+...+I(n) der hieraus ffir t = 1 resultierende monetS_re Zufluss auf (E(~+...+E ("-1)) + [(I-I(~L...-I("-~)/I("~]"E("). [lber den Betrag I(t)+...+I(N) hinaus sind weitere Investitionen de facto nicht m6glich. Das bedeutet, I > I(1)+...+I (N~ kann nur so verstanden werden, dass der Untemehmer den Betrag I-(I(l~+...+I (N)) beispielsweise durch "Geldverbrennung" sinnlos vernichtet, weswegen sich die Rfickflfisse ftir I > I~+...+I (N) konstant auf Em+...+E (N) belaufen. Insofern w ~ e es sachgerecht, den Definitionsbereich von I auf das Intervall [0;I(l)+...+I (N)] zu beschr~inken. Es ist aber auch unsch~idlich, wenn man zur Gew~arleistung einer fiber die ganzen nichtnegativen reellen Zahlen definierten Investitionsertragsfunktion Investitionsvolumina I > I(~)+...+I(N~ zul~isst und ilmen als Einzahlung des Zeitpunktes t = 1 den Wert E(1~+...+E(N) zuordnet. In dieser Weise soll im Weiteren verfahren werden. Ein denkbarer Spezialfall w~ire, dass eines der betrachteten Projekte die reine (zinslose) Kassenhaltung 7 der monetgren Mittel beschreibt. Sofern diese in unbeschrg.nktem Umfang m6glich ist, wfirde sich die Steigung der Investitionsertragsfunktion ab einem gewissen Investitionsvolumen auf konstant 1 belaufen. Von dieser M6glichkeit wird im Folgenden allerdings abgesehen. Genau fiber die gerade ausffihrlich dargelegten Rfickflfisse des Zeitpunktes t = 1 in Abhiingigkeit des Investitionsvolumens des Zeitpunktes t = 0 ist nun die Investitionsertragsfunktion beschrieben, da diese zu jedem Investitionsvolumen I angibt, welche Einzahlung der Unternehmer in t = 1 realisiert:
Zweifellos ist Kassenhaltung eine sehr degenerierte Form einer Realinvestition. Weil es hierbei aber nicht um Kapitalmarkttransaktionen geht, dfirfte die Klassifikation als Realinvestition vertretbar sein.
17 I .E(1) i0)
0 _< I _< I (1),
E (1)+... +E (n-l) + I - I (1)-... -I (n- 1). E (n) I (n)
n-1
n
I ("+)
<
I (n.),
I _<
n+=l
n*=l
(1.5)
F(I) =
E(1)+...+E(N-1)+ I-I(I)-...-I(N-1) I (N)
N-I
E (N)
N
I (n§ < I ~ ~ I ("~), n+=l
n+=l
N
E0)+...+E(m
~ I (~+) < I. n+=l
Die graphische Darstellung der Investitionsertragsfunktion sei als Realinvestitions- o d e r Investitionsertragskurve bezeichnet. Deren Steigung betdigt zun~ichst Em/I (~), dann E(2)/I(2) bis schliefJlich E(N)/I(N) trod wird somit wegen der angenommenen Projektsortierung nach absteigenden Renditen immer kleiner. Man erh~ilt demnach eine abschnittsweise lineare, degressiv steigende Funktion, die im Ursprung beginnt. Abbildung 1.1 stellt einen beispielhaften Verlauf bei Zugrundelegung von drei verschiedenen Investitionsprojekten dar.
18
Z0) + E(2) + E(3) E(1)+ E(2) '
l+2+3 1+2
EO).
IiO)
iO) I+i{2) ~0) +I 1~2)+ ~/3)
i-
l
Abbildung 1.1: Investitionsertragskurve bei Verfiigbarkeit von drei Investitionsprojekten
Beispiel
1.3:
Gegeben sei ein Unternehmer, der Zugang zu drei beliebig teil- und unabh~ingig voneinander realisierbaren Investitionsprojekten habe. Die maximalen Investitionsvolumina und zugeh6rigen Rtickfltisse aus den drei Projekten k6nnen der nachfolgenden Tabelle 1.1 entnommen werden:
19
I(n)
E(n)
Projekt 1
80
100
Projekt 2
100
120
Projekt 3
50
55
Tabelle 1.1:
Maximale Investitionsvolumina und monetare Rtickfliasse ftir drei verschiedene Projekte
Auf der Grundlage der Daten aus Tabelle 1.1 lassen sich die Renditen der drei Projekte als (E(~)/I~
= 25 %, (E(2~/I(2))-1 = 20 % sowie (E(3)/I(3))-1 = 10 % be-
rechnen. Die Projekte sind damit schon absteigend nach ihren jeweiligen Renditen gereiht, und es kann unmittelbar die Investitionsertragsfunktion aufgestellt werden: 1,25.1
0 g I g 80,
1,2"(I-80)+100
80 < I g 180,
1,1.(1-180)+220
180 < I g 230,
275
230 < I.
(1.6)
F(I) =
Die graphische Darstellung dieser Investitionsertragsfunktion entspricht mit I (~) = 80 GE, I(~)+I(2) = 180 GE und I(~)+I(2)+I(3) = 230 GE sowie E (1) = 100 GE, E(~)+E(2) = 220 GE und E(~)+E(2)+E(3~ = 275 GE yon der Struktur her Abbildung 1.1.
[]
Sofern man also annimmt, dass der Untemehmer tiber Zugang zu beliebig teilbaren, unabh~ingigen Investitionsprojekten verftigt, l~isst sich unmittelbar auf die Existenz einer degressiv steigenden Investitionsertragsfunktion schliel3en. Insbesondere die Priimisse beliebiger Teilbarkeit ist in diesem Zusammenhang kritisch. Denn zum einen ist sie mit der Realit~it kaum in Einklang zu bringen. Nur in sehr wenigen Fallen wird es wirklich m6glich sein, ein Investitionsprojekt auch
20 in Bruchteilen zu realisieren, also etwa ein halb so grol3es Fertigungswerk mit auch nur halb so grogen ktinftigen Einzahlungen zu realisieren. Zum anderen ist die Annahme der beliebigen Teilbarkeit aber in der Tat unabdingbar, um einen degressiv steigenden Verlauf der Investitionsertragsfunktion zu gewS.hrleisten.
Beispiel 1.4: Das Beispiel 1.3 sei insofem abgewandelt, als die drei zugrunde gelegten, beliebig kombinierbaren Projekte nun als unteilbar angenommen werden sollen. Dies hat zur Konsequenz, dass far Investitionsvolumina unterhalb von 50 GE tiberhaupt keine positiven Rtickfltisse erwirtschaftet werden k6nnen. Insofern ist die Investitionsertragsfunktion genaugenommen ftir Investitionsvolumina unter 50 GE gar nicht definiert. Fasst man diese Investitionsbetr~ige jedoch wie weiter oben schon dargelegt als das unproduktive Vernichten von liquiden Mitteln in t = 0 auf, dann ist ftir Investitionsbetr~ige 0 < I < 50 eine Einzahlung von 0 GE zum Zeitpunkt t = 1 auszuweisen. Genau in dieser Weise soil im Folgenden verfahren werden. Fiir 50 < I < 80 ist allein das Projekt 3 durchffihrbar und damit auch optimal. Der Rtickfluss des Zeitpunktes t = 1 betri~gt jeweils 55 GE. Ftir 80 < I < 100 wird der Unternehmer zum Projekt 1 wechseln und eine Einzahlung yon 100 GE in t = 1 realisieren. Im Intervall [100;130) ist Projekt 2 mit einem Riickfluss yon 120 GE am besten, ftir I ~ [130;150) eine Kombination von Projekt 1 und 3, was zu Einzahlungen yon 155 GE in t = 1 fiihrt. Im Intervall [150;180) wird die Wahl auf die simultane Realisation der Projekte 2 und 3 mit kiinftigen Einzahlungen von 175 GE fallen. Ftir 180 < I < 230 werden die Projekte 1 und 2 ausgew~hlt, was 220 GE in t = 1 einbringt, und ab I = 230 GE schlieNich werden alle drei Projekte gleichzeitig bei Einzahlungen von 275 GE implementiert. Die zugeh6rige Investitionsertragskurve findet sich in Abbildung 1.2.
21
F(I) 300 9 1+2+3 250 " 1+2
0
200 9 1+3
0
2+3
150 9 0
100
0
2
1
50 I
J
!
!
[
I
I
I
I
50
I
100
I
I
1
I
I
150
I
I
I
I
I
200
I
I
I
I
I
250
I
I
A bbildung 1.2: Investitionsertragskurve bei fehlender Teilbarkeit von Investitionsprojekten Wie man unschwer erkennt, ist die Investitionsertragskurve zwar (na~'rlich) monoton steigend, aber nicht einmal mehr stetig und erst recht nicht degressiv. Des Weiteren ist eine einfache Reihung yon Investitionsprojekten nach ihren jeweiligen Renditen augenscheinlich ohne Bedeutung, da auch ihr jeweiliges Investitionsvolumen mindestens ebenso wichtig ist. So wird bei Zugrundelegung der Unteilbarkeitsannahme das renditeschw~ichste Projekt 3 bei kleinen Investitionsvolumina einfach deswegen realisiert, weil die grOgeren Projekte nicht durchftthrbar sind. Mit wachsendem Investitionsvolumen verschwindet Projekt 3 dann zun~ichst wieder yon der Agenda, um sich etwa fiJr I ~ [130;150) erneut als optimal zu erweisen.
[]
Das Beispiel 1.4 zeigt recht instruktiv die Schwierigkeiten auf, die sich aus der Aufgabe der Teilbarkeitspr~nisse ergeben. Im Wesentlichen bleibt nur die Mono-
22
tonie der Investitionsertragsfunktion erhalten. In ahnlicher Weise ist auch die Annahme unabh~ingiger Durchfiihrbarkeit yon Invesfitionsprojekten yon grundlegender Bedeutung, wenngleich dieser Sachverhalt in der Realit~it eher vorliegen dtirfte als die Teilbarkeitseigenschaft. Die extremste Form der Abh~ingigkeit zwischen zwei Projekten liegt vor, wenn sie nicht beide simultan durchgeftihrt werden k6nnen, etwa weil es sich um die Realisation zweier alternativer Herstellungsverfahren ftir dasselbe Produkt handelt. Man spricht in diesem Fall davon, dass sich die beiden Projekte gegenseitig ausschliel3en. Die sich hieraus ergebenden Konsequenzen sollen anhand eines weiteren Beispiels veranschaulicht werden.
Beispiel 1.5: In Abwandlung des Beispiels 1.3 seien alternativ zwei verschiedene Szenarien betrachtet: 1) Die Durchffihrung der Projekte 2 und 3 soll sich gegenseitig ausschliegen, 2) die Durchftihrung der Projekte 1 und 2 soll sich gegenseitig ausschliegen. Der Fall 1) ist recht einfach zu handhaben. Projekt 2 verffigt sowohl fiber eine h6here Rendite als auch ein h6heres maximales Investitionsvolumen als Projekt 3 und ist diesem daher eindeutig fiberlegen. Das heigt, der Untemehmer kann die Investitionsertragsfunktion so ermitteln, als ob Projekt 3 nicht existierte. Infolge der Teilbarkeitsannahme hat der Unternehmer nSxnlich gewissermagen zwischen dem Zugang zu 100 standardisierten Investitionsprojekten fiber jeweils 1 GE mit Rendite von je 20 % und dem Zugang zu 50 standardisierten Investitionsprojekten mit einer Rendite von jeweils 10 % zu entscheiden. Zweifellos f~illt diese Wahl leicht. Etwas komplizierter ist der Sachverhalt im Fall 2), da hier das renditest~irkere Projekt 1 tiber einen geringeren maximalen Investitionsbetrag als das renditeschw~ichere Projekt 2 verffigt. Ftir hohe Investitionsvolumina kann es sich ftir den Untemehmer daher lohnen, das Projekt 2 statt des Projekts 1 trotz der geringeren
23 Projektrendite auszuwNalen. Damit ist zungchst einmal auch klar, dass sich der Unternehmer bis zu einem Investitionsvolumen von 80 GE in jedem Fall far die Realisation des Projekts 1 entscheiden wird. Far darfiber hinausgehende Investitionsbetr~ige hat der Unternehmer nun zwischen der simultanen Realisation der Projekte 1 und 3 und alternativ dem Wechsel zur alleinigen Durchffihrung des Projekts 2 abzuw~igen. Erstere Verhaltensweise liefert Einzahlungen in t = 1 von 100+[0-80)/50]-55 = 100+1,1 .(I-80) far 80 < I < 130, wS_hrend letztere M6glichkeit zu Rtickfltissen von (I/100)-120 = 1,2-I far I < 100 fahrt. Gleichsetzen dieser beiden Ausdracke ergibt einen kritischen Wert Ikrit = 120 GE. Erst ab diesem Investitionsvolumen warde sich der Wechsel yon einem aus Projekt 1 und 3 bestehenden Investitionsprogramm zur alleinigen Durchf'tihrung des Projekts 2 demnach lohnen. Weil aber in Projekt 2 bier nur maximal 100 GE investiert werden k6nnen, scheidet die alleinige Realisation yon Projekt 2 in diesem Fall 2) als optimales Investitionsverhalten aus. In Betracht kommt aber noch die kombinierte Realisation der Projekte 2 und 3. Wieder muss man sich hierzu fragen, ab welchem Investitionsvolumen die Durchffilhrung der Projekte 2 und 3 der alternativen Realisation der Projekte 1 und 3 tiberlegen ist. Weil in beiden Programmen Projekt 3 enthalten ist und Projekt 1 fiber eine h6here Rendite als Projekt 2 verffigt, kann die simultane DurchfUhrung der Projekte 2 und 3 allenfalls far Investitionsvolumina tiber I(l)+I(3) = 130 GE yon Vorteil sein. In der Tat erh~ilt man bei vollst~indiger Durchftihrung der Investitionsprojekte 1 und 3 in t = 1 Einzahlungen von 155 GE. Auf diesen Betrag kommt man bei Entscheidung ftir die Projekte 2 und 3 erst, wenn man Projekt 2 vollstg_ndig und Projekt 3 im Umfang 35/55 = 7/11 durchfahrt. Dazu geh6rt ein Investitionsvolumen von 100+50-7/11 = 131,82 GE. Ab diesem Wert ist die Durchffihrung der Projekte 2 und 3 besser als die Umsetzung von 1 und 3. Zwischen den Investitionsvolumina 130 GE und 131,82 GE werden folglich weiterhin die Projekte 1 und 3 im vollen Umfang realisiert. Der jeweilige Restinvestitionsbetrag "versickert" unproduktiv: Die Einzahlungen des Zeitpunktes t = 1 belaufen sich far diese Investitionsbetr~ge also auf konstant 155 GE. Zusammenfassend erh~ilt man demnach (n~iherungsweise) die folgende Investitionsertragsfunktion:
24 1,25. I
F(I) =
0 _< I <__80,
100+1,1.(I-80)
80 < I ~ 130,
155
130 < I z 131,82,
120+1,1.(I-100)
131,82 < I _<_ 150,
175
150 < I.
(1.7)
Wie man sieht, erh~ilt man in beiden obigen F~illen 1) und 2) nicht nur ein komplizierteres Auswahlproblem als bei Annahme beliebig kombinierbarer Projekte, auch kann der degressiv steigende Verlauf der Investitionsertragsfunktion verlorengehen. Die in (1.7) beschriebene Funktion etwa hat ftir Investitionsvolumina yon 130 bis 131,82 GE eine Steigung von Null, unmittelbar danach aber wieder eine von 1,1. Generell erhalten bleibt bei Abh~ingigkeiten zwischen (beliebig teilbaren) Investitionsprojekten in der Tat allein der abschnittsweise lineare, monoton steigende Verlauf von Realinvestitionsfunktionen.
[]
Auger der Monotonie erweist sich also im allgemeinen Fall keine Eigenschaft der Investitionsertragskurve als stabil. Diese Erkenntnisse sollte man im Hinterkopf behalten, wenn aus Grfinden der Komplexit~itsreduktion im Weiteren die Annahmen der UnabhSangigkeit und beliebigen Teilbarkeit der vorhandenen Investitionsprojekte ZUl~chst beibehalten werden. Die hieraus resultierende Investitionsertragsfunktion ist fur konkrete Anwendungen schnell aufzustellen und in ihrem allgemeinen Verlauf aufgrund der mOglichen Reihung von Projekten nach ihren Renditen eindeutig zu beschreiben. Als "st6rend" erweisen sich allerdings noch die "Knickstellen", an denen jeweils ein weiteres Projekt in das augenblicklich betrachtete Investitionsprogramm Aufnahme findet. An diesen Stellen n~imlich ist die Investitionsertragskurve nicht differenzierbar. Aus diesem Grunde wird in Lehrbfichern ganz fiberwiegend ein "stilisierter" Verlauf der Investitionsertragsfunktion zugrunde gelegt mit F(0) = 0 sowie F'(I) > 0 und F"(I) < 0 ftir
25 alle m6glichen Investitionsvolumina I > 0. 8
F(I)
~
f
t
Abbildung 1.3: Stilisierter (differenzierbarer) Verlauf einer Investitionsertragskurve
Unter Beachtung der obigen Herleimng der Investitionsertragskurve aus Abbil-
dung 1.1 gelangt man zu einem derartigen stilisierten Verlauf nur f'tir den Grenzfall des unternehmerischen Zugangs zu unendlich vielen Projekten infinitesimaler Gr6ge mit ebensolchen Renditeunterschieden, wobei die insgesamt verftigbaren Projekte tiberdies 9 in ihrer Gesamtheit auch noch unbegrenzte Investitionsm6glichkeiten bieten. Auch im Rahmen des vorliegenden Lehrbuchs wird zun~ichst yon diesem vereinfachten Verlauf der Investitionsertragskurve ausgegangen, wenngleich an sp~iterer Stelle Konsequenzen aus altemativen Verl~iufen der Investitionsertragskurve noch zu besprechen sein werden.
Vgl. hierzu Abbildung 1.3. Siehe auch etwa Franke/Hax (2004), S. 151. Die Summe der Investitionsvolumina unendlich vieler kleiner Investitionsprojekte k6nnte durchaus endlich sein. Dann w ~ e aber F'(I) > 0 nicht mehr ftir alle I erftillt. Vielmehr wtirde die Investitionsertragskurve letztlich zu einer Parallele der Abszisse.
26 Sofern der Unternehmer nun einen Ben'ag I ffir investive Zwecke verwendet, reduziert sich sein f'ttr Konsumzwecke in t = 0 noch vorhandenes Geldverm6gen auf Wo-I. Im Gegenzug ergeben sich ftir ihn in t -- 1 neue Konsumm6glichkeiten im Umfang von F(I). Den Unternehmer interessiert natfirlich, welche Paare (Co;C~) von gegenw~tigem und zukfinftigem Konsum fiber die Durchftthrung von Realinvestitionen fiberhaupt erreichbar sind. Wegen C o = Wo-I r
I = W0-C 0 kann
man statt F(I) auch F(Wo-Co) schreiben und somit (aufgrund der Konstanz von Wo) den m6glichen C~-Konsum unmittelbar in AbhS_ngigkeit vom Konsum Co in t = 0 angeben. Mit C~ = F(Wo-C o) erh~ilt man auf diese Weise eine funktionale Beschreibung der mittels Realinvestitionen erreichbaren (Co;Cl)-Kombinationen. Im Weiteren sei hier v o n d e r T r a n s f o r m a t i o n s f u n k t i o n die Rede, und die zugeh6rige Graphik werde als T r a n s f o r m a t i o n s k u r v e bezeichnet. Die Transformationskurve ist also der geometrische Ort aller durch einen Unternehmer mittels Realinvestitionen und f'tir gegebene Anfangsausstattung W 0 erreichbaren Kombinationen yon gegenwS_rtigem tend zukfinftigem Konsum. Augenscheinlich erh~ilt man f'ttr Co = Wo einen kfinftigen Konsum C1 = F(0) = 0 GE in t = 1. Das heil3t, die Transformationskurve verffigt an der Stelle C o = W o fiber eine Nullstelle. Reduziert man nun den Gegenwartskonsum ceteris paribus um 1 GE, so bedeutet dies eine Steigerung des kfinftigen Konsums von C 1 = F(0) -- 0 auf C 1 -- F(1). Entsprechend verh~ilt es sich mit weiteren Reduktionen des C oKonsums. Ausgehend von C o = W o, bewegt man sich durch eine Reduktion von Co in einem (Co;C~)-Diagramm nach links, wS_hrend der zugeh6rige Ordinatenwert gemiig der Investitionsertragsfunktion ansteigt. Die Transformationskurve ist denmach nichts anderes als die an der Achse C o = W o nach links gespiegelte Investitionsertragskurve. Ein beispielhafter Verlauf der Transformationskurve auf der Grundlage einer Investitionsertragsfunktion gem~ig Abbildung 1.3 ist in
Abbildung 1.4 dargestellt. Da negative Konsumpositionen nicht m6glich sind, ist der im zweiten Quadranten (Situation mit C O< 0) liegende Teil der Transformationskurve gestrichelt gezeichnet. Hiermit n~rnlich sind solche Investitionsvolumina verbunden, die der Unternehmer f'~ seine gegebene Anfangsausstattung W 0 gar nicht erreichen kann und die insofern zumindest im hier betrachteten
27 Szenario (bei fehlendem untemehmerischen Kapitalmarktzugang) ohne Bedeuttmg sind.
,c1
ID
Wo
Co
Abbildung 1.4: Stilisierter Verlauf der Transformationskurve
Beispiel 1.6: Gegeben sei eine Investitionsertragsfunktion der Form F(I) = 4,4-1~ Damit gilt F(0) = 0 sowie F'(I) = 2,2.1-0'5 > 0 und F ' ( I ) = -1,1"1-1'5 < 0 far I > 0. Alle geforderten Voraussetzungen far den Verlauf einer Investitionsertragsfunktion sind hierbei demnach erftillt. Ferner verftige der betrachtete Unternehmer fiber eine monetare Anfangsausstattung in t = 0 in H6he von W 0 = 10 GE. Die Transformationsfunktion lautet dann C~ = F(Wo-C0) = 4,4-(10-C0) ~ und verl~iuft im (Co;C1)-Diagramm progressiv fallend.
3
Optimale Konsum- und Investitionsentscheidungen
3.1
Darstellung der L6sung
[]
Das Problem des Unternehmers besteht nun in der Maximierung seiner Nutzenfunktion unter Beachtung seiner durch die Transformationsfunktion beschriebe-
27 Szenario (bei fehlendem untemehmerischen Kapitalmarktzugang) ohne Bedeuttmg sind.
,c1
ID
Wo
Co
Abbildung 1.4: Stilisierter Verlauf der Transformationskurve
Beispiel 1.6: Gegeben sei eine Investitionsertragsfunktion der Form F(I) = 4,4-1~ Damit gilt F(0) = 0 sowie F'(I) = 2,2.1-0'5 > 0 und F ' ( I ) = -1,1"1-1'5 < 0 far I > 0. Alle geforderten Voraussetzungen far den Verlauf einer Investitionsertragsfunktion sind hierbei demnach erftillt. Ferner verftige der betrachtete Unternehmer fiber eine monetare Anfangsausstattung in t = 0 in H6he von W 0 = 10 GE. Die Transformationsfunktion lautet dann C~ = F(Wo-C0) = 4,4-(10-C0) ~ und verl~iuft im (Co;C1)-Diagramm progressiv fallend.
3
Optimale Konsum- und Investitionsentscheidungen
3.1
Darstellung der L6sung
[]
Das Problem des Unternehmers besteht nun in der Maximierung seiner Nutzenfunktion unter Beachtung seiner durch die Transformationsfunktion beschriebe-
28 nen Realinvestitionsm6glichkeiten. Formal bedeutet dies: U(Co;C 0 ~ max.! Co,el
(1.8)
unter Einhaltung yon F(Wo-Co) -- C 1.
(1.9)
Als besonders anschaulich erweist sich in diesem Zusammenhang ein graphischer Zugang zur Probleml6sung. Zu diesem Zweck ist das (C0;C0-Diagramm mit der Transformationskurve um die Darstellung von Indifferenzkurven1~zu erg~inzen. Unter einer Indifferenzkurve versteht man den geometrischen Ort aller (Co;COKombinationen, die den gleichen (beliebigen) Nutzenwert U stiffen, also m
U(Co;C1)
= U
= konst.
(1.10)
Indifferenzkurven heil3en deshalb auch Isonutzenlinien (mit griech. "iso" = "gleich") und sind grunds~itzlich mit den H6henlinien beispielsweise in Wanderkarten vergleichbar. Denn zu jeder Indifferenzkurve geh6rt ein ganz bestimmtes (Nutzen-) Niveau U. In Abbildung 1.5 sind drei typische Indifferenzkurven mit Nutzenniveaus ~(o, U(2) und ~(3) beispielhaft dargestellt. Dass in diesem Zusammenhang die am weitesten augen liegende Indifferenzkurve mit dem h6chsten Nutzenniveau ~(3) einhergeht, ist kein Zufall, sondern diese Eigenschaft liegt stets vor. Urs~ichlich hierffir ist, dass der unternehmerische Nutzen sowohl mit steigendem C o als auch steigendem C1 zunimmt. Wie man sieht, kann der Unternehmer auf der Indifferenzkurve ~(3~ Konsumkombinationen realisieren, die sowohl einen h6heren Gegenwartskonsum als auch einen h6heren
10
Die Er6rterung yon Entscheidungsproblemen fiber die Betrachtung von Indifferenzkurven ist vor allem in der mikroiikonomisehen Theorie fiberaus g~ingig. Vgl. daher zur Herleitung und den Eigenschaften von Indifferenzkurven beispielsweise Pindyck/Rubinfeld (2005), S. 104 ft., oder auch Wiese (2005), S. 39 ft.
29
U(2) aufweisen. gleichen Grunde gilt U(2) > U(I).
Zukunftskonsum als bestimmte Punkte auf der Indifferenzkurve Infolgedessen muss ~(3) >
U(2) gelten.
Aus dem
Ferner k6nnen sich verschiedene Indifferenzkurven nicht schneiden, da es ansonsten Konsumkombinationen g~ibe, denen simultan zwei verschiedene Nutzenniveaus zugeordnet w~en. Weil das betrachtete Nutzenniveau U einer Indifferenzkurve beliebig stetig variiert werden kann, gibt es des Weiteren zum einen unendlich viele Indifferenzkurven im (C0;C1)-Diagramm und liegen diese zum anderen derart "dicht", dass zwischen zwei verschiedenen Indifferenzkurven mit Nutzenniveaus ~(1) und ~(3) stets noch eine dritte mit Nutzenniveau
U(2) (U(3) • U(2)
> ~(l)) identifiziert werden kann. C1
~(3) >~(2) >~(1)
U(2) U0) P
Co
Abbildung 1.5: Indifferenzkurvenschar Auch der degressiv fallende Verlauf der Indifferenzkurven aus Abbildung 1.5 ist nicht willktirlich gewS_hlt. Insbesondere sind Indifferenzkurven stets streng m o n o t o n fallend. Denn eine Erh6hung des Gegenwartskonsums muss ceteris paribus mit einer Reduktion des Zukunftskonsums einhergehen, sofern der resultierende Gesamtnutzenwert konstant bleiben soll. Fraglich ist jedoch, welches K r i i m m u n g s v e r h a l t e n Indifferenzkurven aufweisen. In der Regel trifft man hier die auch in Abbildung 1.5 zum Ausdruck kommende Annahme, dass Indifferenzkurven degressiv fallend verlaufen. Das bedeutet, dass mit wachsendem, bereits
30 erreichten Niveau an C0-Konsum jede weitere Geldeinheit Gegenwartskonsum den Unternehmer nur noch zu einer immer geringer werdenden Aufgabe von C1Konsum bewegen wird. Die Intuition hierfiir ist, dass mit steigendem Wert ffir C O und fallendem far Ct der erreichbare Zuktmftskonsum relativ zum Niveau des Gegenwartskonsums immer knapper und damit aus Sicht des jeweiligen Entscheidungssubjekts immer "wertvoller" wird. Daher wird das (Grenz-) Austauschverhliltnis oder die (Grenz-) Rate der Substitution zwischen C 1- und Co-Konsum bestS,ndig geringer. Stellt man auf infinitesimale Gr6gen ab, so kann die Grenzrate der Substitution unmittelbar durch den Absolutbetrag [dC/dC0] der Steigung der jeweils betrachteten Indifferenzkurve beschrieben werden, da hierdurch das Grenzaustauschverhiilmis zwischen C1- und C0-Konsum ftir infinitesimale Gr6genordnungen determiniert wird. Konkret gibt [dC/dC0[ an, auf wie viele Einheiten des Zukunftskonsums der Unternehmer maximal zu verzichten bereit ist, wenn ihm als Ausgleich eine Steigerung seines Gegenwartskonsums um eine infinitesimale Einheit geboten wird. Gemiig dem Satz fiber implizit definierte Funktionen 11 gilt des Weiteren folgende Umformung: dC1 dC 0
u:O
-
OU/OC~ OU[OCa
(1.11)
Vgl. zum Satz fiber implizit definierte Funktionen allgemein beispielsweise Takayama (1985), S. 404, oder Felderer/Homburg (2005), S. 419 ft. Die spezielle Gtiltigkeit von (1.11) liisst sich leicht tiber die Gleichung des totalen Differentials gemiig (1.2) herleiten. Charakteristisch ffir Indifferenzkurven ist n~imlich gerade, dass nur Anderungen dC 0 des Gegenwartskonsums und d e 1 des Zukunftskonsums derart betrachtet werden, dass es per Saldo zu keiner Nutzen~inderung kommt. Im Zusammenhang mit (1.2) bedeutet dies dU -- 0 ffir alle denkbaren Konsumvariationen dC 0 und dCl entlang einer Indifferenzkurve. Die Gleichung 0 = (0U/~C 0)-dC0+(oU/0C 0-dC~ liisst sich unmittelbar zu (1.11) umformen.
31 Die Grenzrate der Substitution
IdC1/dC0] entspricht
damit einfach dem Grenz-
nutzenverh~iltnis (3U/3C0)/(3U/3C 0. Eine fallende Grenzrate der Substitution ist nun gleichbedeutend damit, dass die Ableitung des Grenznutzenverh~iltnisses kleiner als Null ist. Die Anwendung der Quotientenregel liefert hierbei:
, OUIOCo, 00UIOC-----~
0ZU/0C~. 0U/0C1-0U/0C 0 90ZU/(0C0 90C 1) m
OCo
(1.12)
(0U/0C1) 2
Das Vorzeichen der Ableitung aus (1.12) wird wegen des infolge des Quadrats stets positiven Nenners allein durch den Z~Jaler des Bruchs auf der rechten Seite von (1.12) bestimmt. Ffir eine fallende Grenzrate der Substitution miJsste dieser Z~hler negativ sein. In der Tat ist sein Vorzeichen aber schon infolge der bislang nicht kommentierten Kreuzableitung 3zU/(3C0-3C1) unspezifiziert. Eindeutig ist lediglich, dass der Minuend des Bruchs wegen der Annahme positiven, fallenden Grenznutzens fiber ein negatives Vorzeichen verftigt. Unterstellt man nun, dass das Vorzeichen der Kreuzableitung positivist, dann ist in der Tat der gesamte Z~ihler der Ableitung aus (1.12) negativ und der degressiv fallende Verlauf der Indifferenzkurven zweifelsfrei gewElarleistet. Ein positives Vorzeichen der Kreuzableitung ist damit eine hinreichende, aber keineswegs notwendige Bedingung ftir den in
Abbildung 1.5 skizzierten Indifferenzkurvenverlauf. Inhaltlich besagt
eine positive Kreuzableitung, dass der Grenznutzen etwa des Zukunftskonsums mit wachsendem Gegenwartskonsum zunimmt. Sicherlich ist die Angemessenheit einer solchen Pr~imisse noch deutlich weniger leicht einzusehen als die Annahme eines positiven, fallenden Grenznutzens in C O und C v Aus dieser rudiment'~en formalen Analyse erkennt man daher bereits, dass die Unterstellung einer fallenden Grenzrate der Substitution auf den ersten Blick zwar durchaus plausibel erscheinen mag, aber genaugenommen eine zus~itzliche Annahme hinsichtlich der Eigenschaft der unternehmerischen Nutzenfunktion U darstellt, deren Vorliegen selbst bei Voraussetzung positiven, abnehmenden Grenznutzens keineswegs stets gew~hrleistet sein muss.
32 In der Tat ist die Eigenschaft konvexer Indifferenzkurven recht wichtig und im Gegensatz zur Annahme eines degressiv steigenden Nutzenfunktionsverlaufs nicht den beiden zu Anfang dieses Kapitels genannten Problemen ausgesetzt. Das heii3t, dass aus konvexen Indifferenzkurven bei in Verbrauchsmengen von beliebig vielen Gtitern definierter unternehmerischer Nutzenfunktion stets auch auf konvexe Indifferenzkurven mit Bezug auf U(C0;C0 geschlossen werden kann. 12 l~lberdies ftihrt jede positive monotone Transformation einer Nutzenfunktion U(C0;C 0 mit konvexen Indifferenzkurven ebenfalls wieder zu konvexen Indifferenzkurven. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bei einer unternehmerischen Nutzenfunktion mit positivem Grenznutzen in C O und C , aber nicht konvexen Indifferenzkurven auch durch eine positive monotone Transformation der Nutzenfunktion die Konvexit~it der Indifferenzkurven nicht hergestellt werden kann. Damit haben die Oberlegungen im Zusammenhang mit (1.12) trotz der Ordinalit~it yon Nutzenfunktionen bei Sicherheit dennoch grunds~itzliche BedeutungJ 3
Beispiel 1.7: Es seien die unternehmerischen Pr~iferenzen gem~iB Beispiel 1.1 vorausgesetzt. Die Gleichung einer Indifferenzkurve mit Nutzenniveau U bestimmt sich damit gem~ig
12
Vgl. Fama/Miller (1972), S. 19 f.
13
Es Risst sich zeigen, dass aus der "Quasi-Konkavit~it" einer Nutzenfunktion die Konvexit~t der Indifferenzkurven folgt. Quasi-Konkavit~it bedeutet dabei, dass die Realisation einer Linearkombination o~.(C 0(1).,C1(1))+(1-00 .(C 0<2).,C1<2)) (0 _< a _< 1) zweier intertemporaler Konsumallokationen ~'~0((~(1)'(~(1)~,~'J-1und (t.. o.f~(2)., C~2~) keinen geringeren Nutzen als das Minimum der Nutzenwerte bei Konsum von entweder r~(1).(~(1)~ oder (c,(2).c,(2)~ liefert, eine Mischung insbesondere von extremen Konsumallokationen aus Sicht eines Entscheiders generell von Vorteil ist. In der Tat ist hier der Zusammenhang etwas praiser angesprochen, der weiter oben als Motivation far den konvexen Verlauf von Indifferenzkurven geltend gemacht worden ist. Vgl. n~iher Mas-Callel/Whinsta~L/ Green (1995), S. 49 f.
33 0,3 CLO,7 -U(Co;C1) = C O 9 = U lo
(1.13)
-2
"a* CI= ~ 7 .Co 7, so dass des Weiteren
10
,tc _
3 U
dC 0
7
Co v
o,
d2Cl
17 30 .U~. Co ~- > 0
dC 2
49
(1.14)
for C o > 0 und damit hier in der Tat ein degressiv fallender Indifferenzkurvenverlauf resultiert.
[]
Trotz der oben dargelegten Probleme soll die Annahme der fallenden Grenzrate der Substitution im Weiteren beibehalten werden, denn zusammen mit den Bedingungen, die zu einer degressiv steigenden Investitionsertragsfunktion ftLhren, ergibt sich nun eine besonders einfache L6sung des unternehmerischen Entscheidungsproblems) 4 Es ist n~imlich bekannt, dass der Unternehmer alle Punkte auf (oder nattirlich auch unterhalb) der Transformationskurve im (C0;C0-Diagramm erreichen kann. Jeder dieser Punkte liegt (auch) auf einer bestimmten Indifferenzkurve. Unternehmerische Nutzenmaximierung bedeutet nun, diejenige Investitionsentscheidung zu treffen, das heil3t denjenigen Punkt auf der Transformationskurve anzusteuem,
14 Wie schon weiter oben angedeutet, ben6tigt man fOr das zentrale Ergebnis des Abschnitts 1 des folgenden Kapitels III lediglich positiven Grenznutzen im Konsum, nicht aber ein bestimmtes Krtimmungsverhalten der Indifferenzkurven. Insofern ist diese Frage letztlich ohnehin nicht ganz so entscheidend.
34 dessen zugeh6rige Indifferenzkurve mit dem h6chsten Nutzenniveau einhergeht, also am weitesten augen liegt. In der Tat muss die aus Unternehmersicht optimale Konsumkombination (bei Voraussetzung einer inneren L6sung) daher dadurch gekermzeichnet sein, dass dort ein Tangentialpunkt von Transformations- und Indifferenzkurve vorliegt. Ansonsten ware es leicht, einen anderen Punkt auf der Transformationskurve zu finden, durch den eine Indifferenzkurve mit einem h6heren Nutzenniveau verl~iuft. Eine graphische Veranschaulichung dieses Sachverhalts findet sich in Abbildung 1.6, wobei die optimale Konsumposition durch (Co;C~) gekennzeichnet ist. Das optimale Realinvestitionsvolumen I* kann als Differenz zwischen Anfangsausstattung W 0 und optimalem Gegenwartskonsum C o ebenfalls leicht in der Abbildung 1.6 abgelesen werden. 21
F(W0) cr
U(3) U(2) U0) c; w0 k____y_._J
~(3)>~(2)>UO) Co
I*
Abbildung 1.6: Optimale untemehmerische Konsum- und Investitionsentscheidungen Im Tangentialpunkt entspricht die Steigung der Indifferenzkurve gerade der Steigung der Transformationskurve. Den Absolutbetrag der Letzteren kann man auch als Grenzrate der Transformation bezeichnen. Denn sie gibt an, um wie viel der C1-Konsum infolge geringerer investiver Auszahlungen in t = 0 zurtickgeht, wenn der Co-Konsum um eine (infinitesimale) Geldeinheit ausgedehnt wird. Da sich die Ableitung der Transformationsfunktion F(Wo-Co) nach C Owegen I = W oC Ogem~iB Kettenregel als [~F(I)/~I]-(~I/~C0) = -~F(I)/~I < 0 ergibt, bestimmt sich
35 die Grenzrate der Transformation als OF/OI. Im Tangentialpunkt von Indifferenzund Transformationskurve gilt die Gleichheit von Grenzrate der Substitution und Grenzrate der Transformation. Je gr6Ber C Obereits ist, umso h6her sind die (Grenz-) EinbuBen an Cl-Konsum bei weiterer Ausdehnung von Co durch zus~itzlichen Investitionsverzicht. Weil gleichzeitig annahmegemS,g die Wertsch~itzung des Cl-Konsums aus Sicht des Unternehmers relativ zunimmt, ist der C0-Konsum gerade nur bis zu dem Punkt auszudehnen, in dem beide Grenzraten fibereinstimmen. Diese Optimalit~itsbedingung l~isst sich auch leicht formal herleiten. Dazu ist auf das weiter oben unter (1.8) und (1.9) pr~isentierte Entscheidungsproblem zuriickzukommen. Zur L6sung dieses Problems kann beispielsweise (1.9) in (1.8) eingesetzt werden, so dass man nur noch fiber eine Variable, n~imlich Co, maximieren muss: U[Co;F(W
o - Co)]
-. m a x . !
(1.15 )
Co Durch Ableiten gelangt man mittels Kettenregel und unter Beachmng von I = W 0C o zu der folgenden notwendigen Bedingung far ein unternehmerisches Nutzenmaximum: 013 OC0
-
OU OF OC 1
- O.
(1.16)
OI
Umformung von (1.16) liefert unmittelbar
OU/OCo
OF
OU/OC1
OI'
(1.17)
mithin die bereits als erforderlich hergeleitete Gleichheit von Grenzrate der Substitution und Grenzrate der Transformation. Die hinreichende Bedingung fiir ein lokales Nutzenmaximum bestimmt sich hierbei tibrigens gem~ig Produkt- und Kettenregel als
36
02U
0ZU
OF 0u 02F < 0
9_ _ d
t-
0Coz 0C0.0C 1 0I
.,
(1.18)
0C 1 012
und ist unter den getroffenen Annahrnen im Falle positiver Kreuzableitung sicherlich erfiillt. Die Analogie zur graphischen Probleml6sung zeigt sich demnach auch hier. Weil sich das optimale Investitionsvolumen I* als W0-C0 ergibt, liegt mit Co und C~ natttrlich auch I* fest. Wir erhalten also hier eine sehr einfache Optimalit~itsbedingung f'tir unternehmerisches Investitionsverhalten: Investiere solange, bis die Grenzrate der Transformation der Grenzrate der Substitution entspricht. Die Grenzrate der Transformation ist dabei nichts anderes als die um 1 erh6hte Grenzrendite aus der Investition, wobei die Grenzrendite wiederum definiert ist als die aus der Investition einer weiteren (infinitesimalen) Geldeinheit erzielbare Verzinsung. B e i s p i e l 1.8:
Betrachtet sei ein Unternehmer mit der Nutzenfunktion aus Beispiel 1.1 und der Investitionsertragsfunktion sowie der untemehmerischen Anfangsausstattung aus Beispiel 1.6. Das untemehmerische Konsumoptimum ist dann durch den Tangentialpunkt einer Indifferenzkurve mit der Transformationskurve gekennzeichnet. Der optimale Gegenwartskonsum Co sowie das maximal erreichbare Nutzenniveau mtissen daher den folgenden beiden Bedingungen geniigen: 10
I.
II.
3
U 7 .Co 7 = 10 3.U~-.C
4 , 4 " 1 0 ~ o, (1.19)
10
~- - -7 _
2,2
7
Bedingung I. stellt sicher, dass ein gemeinsamer Punkt von Transformationskurve und Indifferenzkurve betrachtet wird. Bedingung II. gew~ihrleistet, dass es sich
37 bei diesem gemeinsamen Punkt um einen Tangentialpunkt handelt. Die numerische L6sung dieser beiden Gleichungen ftihrt zu einem optimalen Gegenwartskonsum C o von etwa 4,61 GE, einem zugeh6rigen Investitionsvolumen I* von ca. 5,39 GE sowie Zukunftskonsum C~ von ungef'N~r 10,21 GE. Der Unternehmer erreicht damit insgesamt ein Nutzenniveau in H6he von etwa 8,05.
3.2
[]
Diskussion
Zu beachten ist, dass die leicht zug~ingliche Entscheidungsregel der Gleichsetzung der beiden Grenzraten nur aufgrund der hier getroffenen vereinfachenden Annahmen Gtiltigkeit besitzt. Beispielsweise l~isst sie sich fiberhaupt nur sinnvoll anwenden, wenn man von einem Zwei-Zeitpunkte-Fall ausgeht. Bei der Betrachtung yon mehr als zwei Zeitpunkten ist diese Entscheidungsregel demnach bereits nicht mehr hilfreich. Ferner wurde bislang wenigstens implizit stets angenommen, dass fiberhaupt ein Tangentialpunkt zwischen Indifferenzkurvenschar und Transformationskurve existiert. Ist dies nicht der Fall, gilt entweder fur alle Punkte der Transformationskurve, dass die Grenzrate der Transformation stets fiber der Grenzrate der Substitution liegt oder aber stets darunter. Im erstgenannten Fall wird I* = W 0 und somit Co = 0 GE gew~hlt, im letzteren I* = 0 GE und somit C~ = 0 GE. Randl~sungen dieser Art sind tiberdies immer auch dann zu prtifen, wenn sich die Indifferenzkurven entgegen den getroffenen Annahmen nicht als konvex erweisen. Auch ist es dann denkbar, dass es mehrere Tangentialpunkte und damit Kandidatenstellen ftir optimale Konstunemscheidungen gleichzeitig gibt. Noch gravierender sind die Modifikationen, die sich ergeben, wenn man von der Annahme der Existenz unendlieh vieler kleiner Investifionsprojekte mit stetig variierender Rendite abgeht. Die Transformationskurve ist in diesem Fall abschnittsweise linear, weswegen m0glicherweise selbst bei Vorliegen einer inneren L6sung kein Tangentialpunkt von Transformationskurve und Indifferenzkurvenschar exoistiert. Dies wird dann der Fall sein, wenn die am weitesten augen
38 liegende, erreichbare Indifferenzkurve durch eine Knickstelle verl~iuft. Ist fiberdies beliebige Kombinierbarkeit der Projekte auch nicht gegeben und insofern nicht einmal ein progressiv fallender Verlauf der Transformationskurve gew~hrleistet, k6nnen mehrere Tangentialpunkte von Transformationskurve und Indifferenzkurvenschar oder Schnittpunkte in Knickstellen gleichzeitig anftreten. Fehlt es schlieNich auch noch an der beliebigen Teilbarkeit der Investitionsprojekte, ist die Existenz eines Tangentialpunkts v611ig ausgeschlossen und betr~igt die Grenzrate der Transformation, sofern fiberhaupt definiert, stets Null. Ein marginalanalytischer Ansatz auf der Grundlage der Betrachtung von Ableitungen ist sp~itestens jetzt vollkommen hinf~illig. Stabil ist lediglich die Aussage, dass eine m6glichst weit augen gelegene Indifferenzkurve angestrebt werden sollte. Die Investitionsregel, Grenzrate der Transformation mit Grenzrate der Substitution gleichzusetzen, mag zwar einleuchtend klingen, l~isst sich aber in der Tat nur f'tir ganz bestimmte Fallkonstellationen rechtfertigen. Uberdies hat sie den Nachteil, dass sie unmittelbar yon den Priiferenzen des betrachteten Unternehmers, n~nlich seiner jeweiligen Nutzenfunktion, abh~ingt. Schon dieser Umstand birgt wenigstens zwei Probleme. Erstens wird eine Gruppe von Entscheidungstr~igem bei Vorliegen unterschiedlicher Zeitpr~erenzen und damit Nutzenfunktionen in der Regel nicht zu einer einmiitigen Beurteilung hinsichtlich des v o n d e r betreffenden Untemehmung anzustrebenden Investitionsprograrmns gelangen. Zweitens stellt sich ftir die Formulierung praktisch brauchbarer Empfehlungen zur Entscheidungsuntersttitzung von Unternehmem das Problem, dass die jeweilige untemehmerische Nutzenfunktion spezifiziert werden muss, was in praxi zumeist schwierig sein diirfte. 15 Insofern ware es aus vielerlei Grttnden wtinschenswert, Bedingungen zu nennen, bei deren Erftillung priiferenzunabh~ingige Aussagen zum optimalen Realinvestitionsprogramm yon Untemehmen hergeleitet werden k6nnen. Sehr hilfreich ware es tiberdies, wenn dabei zugleich die bislang ben6tigten Annahrnen zur Unabh~ingigkeit und Teilbarkeit der einzelnen Investi-
Auf die M6glichkeiten zur Ermittlung unternehmerischer Nutzenfunktionen soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Wir werden hierauf im zweiten Band noch zurtickkommen.
39 tionsprojekte gelockert werden k6rmten. Im n~ichsten Kapitel soil gezeigt werden, dass diese Anforderungen unter bestimmten Bedingungen in der Tat erftillt werden ktinnen.
4
Zusammenfassung
Gegenstand des vorliegenden Kapitels war die Ermittlung der optimalen unternehmerischen Konsum- und Investitionsentscheidung ftir den Zwei-Zeitpunkte-Fall und bei fehlendem Kapitalmarktzugang. Die Investitionsertrags- oder Realinvestitionsfunktion gibt in diesem Zusammenhang zu jedem denkbaren Investitionsvolumen des Zeitpunktes t = 0 die hieraus resultierenden unternehmerischen Einzahltmgen des Zeitpunktes t = 1 an. Unter Berticksichtigung der monet~iren Anfangsausstattung des Unternehmers kann die Investitionsertragsfunktion in ein (Co;C1)-Diagramm tibertragen werden, wobei C t (t = 0, 1) die Konsumauszahlungen des Unternehmers im Zeitpunkt t bezeichnet. In diesem Fall spricht man von der Transformationskurve des Unternehmers. Hierbei handelt es sich um den geometrischen Ort aller Kombinationen yon gegenwartigem und zul~nftigem Konsum, die der Untemehmer unter Beachtung seiner monet~en Anfangsausstattung und seiner Realinvestitionsm6glichkeiten tiberhaupt erreichen kann. Unter bestimmten (restriktiven) Voraussetzungen verl~iuft die Transformationskurve progressiv fallend ohne "Knickstellen". Die umernehmerischen Pr~iferenzen k~Snnen graphisch anhand sogenannter Indifferenzkurven abgebildet werden. Eine Indifferenzkurve ist der geometrische Ort aller Kombinationen von Gegenwarts- und Zukunftskonsum, die dem Unternehmer gleichen Nutzen stiffen. Weft der Umemehmer ceteris paribus mehr Geld gegentiber weniger Geld stets vorzieht, wird er das Erreichen einer m6glichst weit augen liegenden Indifferenzkurve anstreben. Umer bestimmten Annahmen hinsichtlich der untemehmerischen PrS:ferenzen verlaufen Indifferenzkurven degressiv fallend. Das optimale unternehmerische Investitionsverhalten ist dann grunds~itzlich durch die Realisation des Tangentialpunktes der Transformationskurve mit einer Indifferenzkurve charakterisiert. In diesem Punkt stimmen Grenzrate der
39 tionsprojekte gelockert werden k6rmten. Im n~ichsten Kapitel soil gezeigt werden, dass diese Anforderungen unter bestimmten Bedingungen in der Tat erftillt werden ktinnen.
4
Zusammenfassung
Gegenstand des vorliegenden Kapitels war die Ermittlung der optimalen unternehmerischen Konsum- und Investitionsentscheidung ftir den Zwei-Zeitpunkte-Fall und bei fehlendem Kapitalmarktzugang. Die Investitionsertrags- oder Realinvestitionsfunktion gibt in diesem Zusammenhang zu jedem denkbaren Investitionsvolumen des Zeitpunktes t = 0 die hieraus resultierenden unternehmerischen Einzahltmgen des Zeitpunktes t = 1 an. Unter Berticksichtigung der monet~iren Anfangsausstattung des Unternehmers kann die Investitionsertragsfunktion in ein (Co;C1)-Diagramm tibertragen werden, wobei C t (t = 0, 1) die Konsumauszahlungen des Unternehmers im Zeitpunkt t bezeichnet. In diesem Fall spricht man von der Transformationskurve des Unternehmers. Hierbei handelt es sich um den geometrischen Ort aller Kombinationen yon gegenwartigem und zul~nftigem Konsum, die der Untemehmer unter Beachtung seiner monet~en Anfangsausstattung und seiner Realinvestitionsm6glichkeiten tiberhaupt erreichen kann. Unter bestimmten (restriktiven) Voraussetzungen verl~iuft die Transformationskurve progressiv fallend ohne "Knickstellen". Die umernehmerischen Pr~iferenzen k~Snnen graphisch anhand sogenannter Indifferenzkurven abgebildet werden. Eine Indifferenzkurve ist der geometrische Ort aller Kombinationen von Gegenwarts- und Zukunftskonsum, die dem Unternehmer gleichen Nutzen stiffen. Weft der Umemehmer ceteris paribus mehr Geld gegentiber weniger Geld stets vorzieht, wird er das Erreichen einer m6glichst weit augen liegenden Indifferenzkurve anstreben. Umer bestimmten Annahmen hinsichtlich der untemehmerischen PrS:ferenzen verlaufen Indifferenzkurven degressiv fallend. Das optimale unternehmerische Investitionsverhalten ist dann grunds~itzlich durch die Realisation des Tangentialpunktes der Transformationskurve mit einer Indifferenzkurve charakterisiert. In diesem Punkt stimmen Grenzrate der
40 Transformation und Grenzrate der Substitution tiberein. WS_hrend die Grenzrate der Transformation angibt, auf wie viel Geldeinheiten Zukunftskonsum der Untemehmer infolge einer Einschr~inkung des Investitionsvolumens bei Ausdehhung des Gegenwartskonsums um eine infinitesimale Geldeinheit verzichten muss, teilt die Grenzrate der Substitution mit, welche Einschr~inkung yon C 1 bei marginaler Ausdetmung yon Co gerade noch dergestalt akzeptabel ist, dass sich das untemehmerische Gesamtnutzenniveau nicht verringert. Insgesamt war so die Herleitung einer einfachen Entscheidungsregel auf der Grundlage marginalanalytischer Uberlegungen m6glich. Als unbefriedigend erwiesen sich aber die recht engen Priimissen zur Herleitung dieser Regel und die Priiferenzabhiingigkeit der optimalen L6sung. Im n/ichsten Kapitel soll deswegender Versuch zur Herleitung einer allgemeineren und pr~iferenzunabh~ingigen Entscheidungsregel untemommen werden.
41
Wiederholungsfragen WI.1 Welche Annahmen beztiglich der unternehmerischen Pr~iferenzen werden im Rahmen des hier ertirterten investitionstheoretischen Grundmodells getroffen? W1.2 Erkl~en Sie die Begriffe "Realinvestition" und "Finanzinvestition"! Wie lassen sich beide voneinander abgrenzen? W1.3 Was versteht man allgemein unter einer Realinvestitions- oder Investitionsertragsfunktion? W1.4 Was versteht man unter der beliebigen Teilbarkeit eines Investitionsprojekts, und inwiefem ist diese Pr~imisse problematisch? W1.5 Ftir welche Eigenschaften der Realinvestitionsfunktion erweisen sich die Annahmen beliebiger Projektteilbarkeit und Unabh~ingigkeit von Investitionsprojekten als kritisch? Wl.6 Was versteht man unter einer Transformationsfunktion? W1.7 Was versteht man unter einer Indifferenzkurve, und welchen Verlauf weisen Indifferenzkurven grunds~itzlich auf?
42 W1.8 Beschreiben Sie das unternehmerische Entscheidungsproblem zur simultanen Bestimmung optimaler Konsum- und Investitionsentscheidungen bei fehlendem Kapitalmarktzugang sowohl graphisch als auch formal! W1.9 Wie sind die Grenzrate der Substitution und die Grenzrate der Transformation zwischen gegenw~irtigem und kiinftigem Konsum definiert? WI.10 Wieso erh~ilt man ffir das hier betrachtete Entscheidungsproblem "Grenzrate der Substitution = Grenzrate der Transformation" als Investitions- und Konsumregel, und welche Probleme ergeben sich beim Versuch einer praktischen Anwendung dieser Regel?
43
III
Investitionsentscheidungen bei vollkommenem Kapitalmarkt
Fisher-Separation und Kapitalwertkriterium 1.1
Problemstellung
Im Weiteren soll die unternehmerische Entscheidungssimation des vorhergehenden Kapitels ftir den Fall des Zugangs zu einem vollkommenen Kapitalmarkt untersucht werden. Hieraus ergeben sich weitreichende Konsequenzen f'tir das optimale unternehmefische Invesfitionsverhalten, die unter dem Stichwort "Fisher"Separation in der Literatur hinlS_nglich bekannt sind. Im folgenden Abschnitt 1.2 werden die zus~itzlich zur Darstellung des vorhergehenden Kapitels ben6tigten Annahmen vorgestellt. Abschnitt 1.3 pr~isentiert im Detail die Fisher-Separation mit der wichtigsten Implikation, dass eine pr~iferenz- und verm6gensunabh~ingige Beurteilung yon Investifionsprojekten anhand des Kapitalwertes der mit ihnen jeweils verbundenen Zahlungskonsequenzen, das heigt ihrer jeweiligen Zahlungsreihe 1, m6glich wird. Abschnitt 1.4 schliel31ich fasst die wesentlichen Erkenntnisse zusammen.
1.2
Die zus~itzlichen Annahmen
Die Entscheidungssituation des vorhergehenden Kapitels sei im Folgenden um die M/Sglichkeit des Unternehmers zur Durchftihrung yon Finanzinvestitionen erg~inzt. Das heil3t, der Unternehmer habe Zugang zu einem Kapitalmarkt, auf dem er Mittel yon t = 0 bis t = 1 anlegen oder auch aufnehmen kann. Letzteres stellt gewissermal3en eine Finanzinvesfifion mit negafivem Umfang dar.
Genaugenommen geht es im mathematischen Sinne urn "Folgen" von Projekteinzahlungen im Zeitablauf. Weil der Begriff der Zahlungsreihe jedoch fiberaus gangig ist, wird er auch hier beibehalten.
44 Des Weiteren sei angenommen, dass der Kapitalmarkt vollkommen ist. Definitionen der Vollkommenheit yon (Kapital-) MSxkten gibt es wohl fast so viele wie Lehrbticher zur Investitionsrechnung.2 Drei Merkmale dtirften in jedem Fall zentral ftir die Charakterisierung eines vollkommenen Kapitalmarktes sein: 3 1) Rationalverhalten aller Marktteilnehmer, 2) Mengenanpasserverhalten aller Marktteilnehmer und 3) Abwesenheit von Informations- und sonstigen Transaktionskosten inclusive Steuern. Merkmal 1) besagt, dass jeder Marktteilnehmer unter mehreren zur Auswahl stehenden Handlungsalternativen stets diejenige w~ihlt, die f'tir ihn zum h6chsten Zielerreichungsgrad ftihrt, hier also seine jeweilige Nutzenfunktion U maximiert. In dieser Formulierung ist Eigenschaft 1) nicht sonderlich restriktiv4 und fast unabdingbar f'tir 6konomische Analysen. Denn wie sollte man es anders denn als Ausdruck gewisser Irrationalit~it interpretieren, wenn sich jemand ftir eine Alternative entscheidet, die nicht seinen Nutzen maximiert, und wie sollte man das Verhalten dieser Person bei der Mtiglichkeit des Auftretens derartiger Verhaltensweisen tiberhaupt vorhersehen und verstehen k6nnen? Ebenso wie die Vorhersage im obigen Sinne irrationalen Verhaltens erhebliche Probleme bereiten wird, k/Jimten tiberdies auch kaum sinnvoll Verhaltensempfehlungen ftir irrationale Entscheidungstr~iger hergeleitet werden.
Vgl. far alternative Charakterisierungen eines vollkommenen Kapitalmarktes etwa Franke (1983), S. 241, Schmidt/Terberger (2003), S. 91, Franke/Hax (2004), S. 153, Copeland/Weston/Shastri (2005), S. 353 f. Vgl. hierzu auch schon Breuer (1998a), S. 62 f., sowie Breuer (2000a). Es gibt durchaus wesentlich strengere Rationalit~itsbegriffe, die aber hier keine Rolle spielen. Vgl. etwa Bamberg/Coenenberg (2006), S. 3 f., oder auch Eisenfiihr/Weber (2003), S. 4 ft.
45 Gem~if3 Merkmal 2) fasst jeder Marktteilnehmer die am Kapitalmarkt herrschenden Preise, hier konkret die ftir Mittelanlage und -aufnahme gtiltigen Zinss~itze, als gegeben und durch seine Kapitalmarkttransaktionen unbeeinflussbar auf. Merkmal 3) schliel31ich besagt, dass es vor allem keine Kosten der Informationsbeschafftmg und -verarbeittmg gibt. Des Weiteren sind mit Finanzinvestitionen auch keine sonstigen Kosten der Abwicklung verbunden.
1.3
Die Konsequenzen
1.3.1
Existenz eines einheitlichen Zinssatzes fiir Anlage/Verschuldung
Die oben genannten drei Charakteristika eines vollkommenenKapitalmarktes implizieren insbesondere, dass es auf dem betrachteten Kapitalmarkt im Gleichgewicht nut genau einen einheitlichen Zinssatz i ftir die Anlage und die Aufnahme von Mitteln von t = 0 bis t = 1 geben kann. Denn angenommen, auf dem Kapitalmarkt existierten wenigstens zwei verschiedene Zinss~itze i m und i (z) mit i ~ < i a~. In diesem Fall wtirde jeder Marktteilnehmer in t = 0 einen Kredit in beliebiger H6he K zum Zinssatz im aufnehmen wollen und damit ftir t = 1 eine Verbindlichkeit in H6he von K+K-i (1) = K-(l+i m) begriJnden, die sich aus der Tilgung des aufgenommenen Betrags K und den zus~itzlich zu leistenden Zinsen K.i m zusammensetzt. Der in t = 0 erhaltene Betrag K wttrde gleichzeitig mit der Aufnahme noch in t = 0 zur Anlage zum h6heren Zinssatz i (2~ verwandt werden und dem betreffenden Individuum zu einer Forderung ftir t = 1 in H6he von K+K-i (2) = K.(l+i (2)) verhelfen, so dass nach Begleichung der Verbindlichkeiten in t = 1 ein ohne Einsatz eigener Mittel in t = 0 ereichter Verm6genszuwachs in H6he von K'(l+i(2))-K-(l+i m) = K-(i(2)-im) > 0 resultierte, der durch entsprechende Wahl von K beliebig grog gemacht werden k6nnte. Weil dieser Umstand wegen der Annahme 3) kostenloser Informationsbeschaffung und -verarbeitung allen Marktteilnehmern bekannt sein wird, alle Marktteilnehmer infolge 2) von exogenen Zinss~itzen i(1) und i~2~ausgehen und schliel31ich aufgrund von 1) jeder eine ceteris paribus m6gliche Verm6gensmehrung zum Zeitpunkt t = 1 wahrneh-
46 men wird, wird es zum Zinssatz i (1) kein Mittelangebot in t = 0, wohl aber eine unbegrenzte Nachfrage geben. Entsprechend werden zu i (2) in t = 0 Mittel nur angeboten, nicht aber nachgefragt. FOx beide Zinss~itze stimmen Mittelangebot und -nachfrage in krasser Weise nicht iiberein. Die somit nicht gegebene Marktrgumung ist gleichbedeutend mit dem Nichtvorliegen eines Gleichgewichts. Marktr~iumung erfordert demnach, dass es am Kapitalmarkt nur einen einzigen einheitlichen Zinssatz i gibt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Gesetz des Einheitspreises, hier verstanden als Existenz nur eines Zinssatzes ftir Mittelanlage und -verschuldung. Eine Verletzung dieses Gesetzes auf dem vollkommenen Kapitalmarkt wtirde grundsiitzlich die M6glichkeit zur Erzielung sicherer Gewinne mittels Kapitalmarkttransaktionen er6ffnen, die jeder Marktteilnehmer wahrnehmen wollte, und insofern ein Gleichgewicht im Sinne des Ausgleichs yon Angebot und Nachfrage auf dem betrachteten Kapitalmarkt ausschlieBen. Im Zusammenhang mit der Realisation sicherer Gewinne spricht man auch von Arbitrage: Ein vollkommener Kapitalmarkt im Gleichgewicht ist demnach notwendigerweise frei von Arbitragem6glichkeiten, das heigt, er ist arbitragefrei. 5
1.3.2
Die Kapitalmarktgeraden
Ausgehend von einer beliebigen Konsumposition (Co;C0, die der Unternehmer etwa allein aufgrund seiner vorhandenen Verm6gensanfangsausstatttmg und geplanter Realinvestitionen erreichen kann, ftihrt die Aufnahme eines Kredites in H6he von K dazu, dass der Unternehmer sein Konsumnivean in t = 0 auf C o = Co+K steigert. Daf'tir reduziert sich aber aufgrund der zuktinftig erforderlichen Kreditrtickzahlung simultan sein Konsum im Zeitpunkt t = 1 auf C 1 = C1(l+i)-K.
Vgl. zum "Prinzip der arbitragefreien Bewertung" auf vollkommenen Kapitalm~kten im Gleichgewicht z.B. Breuer (1998a), S. 63, oder auch Spremann (1996), S. 557 ft., Hax/Hartmann-Wendels/v. Hinten (2001), S. 593 ft., und Kruschwitz (2004), S. 39 ft., 149 ft.
47 Man kann in diesem Kontext ohne weiteres anch negative Werte f'tir K zulassen. Ein negatives Kreditvolumen entspricht der Anlage von Mitteln am Kapitalmarkt zum Zinssatz i von t = 0 bis t = 1. Als Konsequenz von K < 0 verringert sich das Konsumniveau des Unternehmers in t = 0, wSah_rend sein Konsum in t = 1 zunimmt. L6st man die daher ftir alle K e R gtiltige Bestimmungsgleichung C O= C0+K f'tir C o nach -K auf, -K = C0-Co, und setzt das Ergebnis in die Bestimmungsgleichung ftir C~ ein, C 1 = C~-(I+i).K, so erh~ilt man die Gleichung der sogenannten Kapitalmarktgeraden: C1 = C1 +(1 +i)'(Co-C0).
(1.1)
Die Kapitalmarktgerade beschreibt den geometrischen Ort aller (C0;C~)-Kombinationen, die der betrachtete Unternehmer durch Anlage oder Aufnahme yon Mitteln am Kapitalmarkt, ausgehend von einer (durch Realinvestitionen bei gegebener Verm6gensanfangsausstattung erreichten) Konsumposition (C0;C 0, realisieren kann. Die Steigung der Kapitalmarktgeraden ist unabh~ingig vom "Startpunkt" (C0;C0 stets konstant: dC 1
-
(1 +i).
(1.2)
dC o Denn die Ausdehnung des gegenw~irtigen Konsums um eine weitere Geldeinheit tiber zus~itzliche Verschuldung begrtindet stets eine neue Rtickzahlungsverpflichtung f'tir den Zeitpunkt t = 1 im Umfang von l+i. Entsprechend ftihrt die Einschr~inkung des Gegenwartskonsums um eine Geldeinheit ftir Anlagezwecke zu einer erh6hten Einzahlung yon l+i in t = 1. Zu beachten ist ferner, dass negative Werte ftir C Onicht realisiert werden k6nnen, da der betreffende Untemehmer in t = 0 mehr als Co zus~itzlich am Kapitalmarkt anlegen mtisste, was er augenscheinlich nicht kann. Aus einem ~mlichen Grunde sind auch negative Werte fiir C1 nicht m6glich. Denn dies wtirde bedeuten, dass der Unternehmer sich so stark verschuldet, also den Gegenwartskonsum so stark ausdehnt, dass er sich im Zeitpunkt t = 1 als zahlungsunf'mhig erweist, weil C1 nicht ausreicht, um seine
48 Verbindlichkeiten zu begleichen. Nattirlich wird der Unternehmer infolge der angenommenen Kapitalmarktvollkommenheit aber keinen Kapitalgeber in t -- 0 finden, der ihm dann tiberhaupt einen derart hohen Kredit gewS_hrt. Insofern kann der Unternehmer zwar grunds~itzlich als Mengenanpasser auf dem betrachteten Kapitalmarkt zu einem unbeeinflussbaren Zinssatz i Mittel anlegen und aufnehmen, aber nattMich nur im Rahmen seiner gegebenen Anfangsausstattung. Demnach sind ftir den Untemehmer zur Ermittlung seiner endgtiltigen Konsumposition nur solche Punkte einer Kapitalmarktgeraden relevant, ftir die Co, C1 > 0 gilt. Trotzdem allerdings kann der Startpunkt der Kapitalmarktgeraden durchaus durch C0 < 0 gekennzeichnet sein, n~imlich dann, wenn der Unternehmer ein Realinvestitionsvolumen plant, das durch seine Verm6gensanfangsausstattung allein nicht realisiert werden kann. Nattirlich kommt in diesem Zusammenhang dann nur noch eine mehr oder weniger starke Verschuldung am Kapitalmarkt f'tir den Unternehmer in Betracht. Wir werden auf diesen Fall im Rahmen des Abschnitts "Hirsh-
leifer-Modell u n d Klienteleffekt" im Kapitel IV dieses Buchs noch ausftihrlich zurtickkommen.
Beispiel 1.1: Es sei angenommen, der Zinssatz i f'tir Anlage und Verschuldung von t = 0 bis t = 1 belaufe sich auf 10 %. Unternehmer 1 habe eine Anfangsausstattung yon W 0 = 10 GE, aber keinen Zugang zu Realinvestitionsm6glichkeiten. Damit ist der Startpunkt der ftir ihn relevanten Kapitalmarktgeraden durch (C0;C 0 = (10;0) festgelegt, und deren zugeh6rige Gleichung lautet C 1 -- O+l,l.(lO-Co) -- l l - I , I . C o.
(1.3)
Unternehmer 2 hingegen plane ftir gegebene Verm6gensanfangsausstattung deraxtige Realinvestitionen, dass sich als Startpunkt der ftir ihn relevanten Kapitalmarktgeraden (Co;C 0 = (6;8,8) ergibt. Hieraus resultiert als Geradengleichung: C1 = 8,8+1,1.(6-Co) = 15,4-1,1.Co.
(1.4)
49 In beiden F~illen erh~ilt man als Geradensteigung also -1,1. Zur Veranschaulichung sind die beiden Kapitalmarktgeraden in Abbildung 1.1 wiedergegeben.
[]
c1
15,4
11
D
10
14
Co
Abbildung 1.1: Kapitalmarktgeraden bei unterschiedlichen Startpunkten (10;0) und (6;8,8)
1.3.3
Die Fisher-Separation: pr~iferenz- und vermiigensunabh~ingige Ermittlung optimaler Realinvestitionen
Unabh'fingig vonder konkret angenommenen Nutzenfunktion U des Unternehmers ist es f'tir diesen schon bei bloger Voraussetzung positiver Grenznutzen stets am besten, wenn er eine m6glichst weit augen liegende Kapitalmarktgerade erreicht. Denn eine weiter augen liegende Kapitalmarktgerade erm6glicht es im Vergleich zu einer weiter innen liegenden stets, ceteris paribus sowohl den unternehmerischen Gegenwarts- als auch den Zukunftskonsum zu erh6hen.
50 C1
I Co
0 k
Y
J
I*
A bbildung 1.2: Optimales Realinvestitionsvolumen bei Existenz eines vollkommenen Kapitalmarktes Welche Kapitalmarktgerade der Unternehmer konkret erreicht, h~ingt neben seiner Anfangsausstattung yon dem gew~ihlten Realinvestitionsvolumen ab. Unterstellt man wie in dem vorhergehenden Kapitel II einen progressiv fallenden Verlauf der Transformationskurve, so realisiert der Unternehmer die am weitesten auBen liegende Kapitalmarktgerade im Allgemeinen dann, wenn er ein solches Realinvestitionsvolumen I* umsetzt, dass die zugeh6rige Kapitalmarktgerade Tangente an die Transformationskurve wird. 6 Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 1.2
Grunds~itzlich kann es auch sein, dass es gar keinen Tangentialpunkt gibt, weil die Steigung der Transformationskurve entweder nie gr6Ber oder aber nie kleiner als die Steigung der Kapitalmarktgeraden ist. Unter dieser Voraussetzung liegen Randliisungen vor, bei denen die relevante Kapitalmarktgerade durch den Punkt (W0;0) oder (0;F(W0)) verl~iuft. Im Weiteren seien derartige F~ille ausgeschlossen. Hinreichend hierf'ox sind die Annahmen lim~__,oF'(I) = ~ und F'(W 0) = 0. Dann nimmt F'(I) fOx I s [0;W 0] jeden Weft aus dem Intervall [0;~) genau einmal an. Augerdem soll auch fOx das zu er6rternde unternehme-
51 skizziert. Dort erweist sich das Realinvestitionsvolumen I* und somit das Erreichen der Kapitalmarktgeraden G* als optimal. Nattirlich gibt es noch weiter augen liegende Kapitalmarktgeraden, doch haben diese - wie etwa G (2) - keinen Punkt mehr mit der Transformationskurve gemeinsam, k6nnen vom betrachteten Untemehmer also durch Realinvestitionen nicht erreicht werden. Alle sonst erreichbaren Kapitalmarktgeraden - wie etwa G m - liegen hingegen weiter innen und sind aus Unternehmersicht deshalb schlechter als die Tangente G*. Zu beachten ist, dass die Transformationskurve im zweiten Quadranten nun nicht mehr als gestrichelte Linie gezeichnet ist. Denn auch die dort abgetragenen (C0;C1)Punkte und die zugeh6rigen Investitionsvolumina sind ffir den Unternehmer infolge seiner Verschuldungsm6glichkeiten am Kapitalmarkt als Startpunkt einer Kapitalmarktgeraden durchaus erreichbar. Da in Abbildung 1.2 der letztlich relevante Startpunkt (C0;C 0 aber ohnehin im ersten Quadranten liegt, braucht die Kapitalmarktgerade G* allerdings ebenfalls nur im Rahmen des ersten Quadranten abgetragen zu werden. Die Steigung der Transformationskurve entspricht -F'(I), die der Kapitalmarktgeraden -(1 +i). Es gilt somit ftir das optimale Realinvestitionsvolumen: -F'(I*) --- -(l+i) "~ F ' ( I * ) - I = i.
(1.5)
Dies bedeutet, dass das optimale Realinvestitionsvolumen I* dutch die Gleichheit yon Grenzrendite des Investitionsprogramms und Kapitalmarktzinssatz charakterisiert werden kann. Auch dieser Zusammenhang ist unmittelbar einleuchtend. Der Unternehmer verffigt n~imlich fiber zwei M6glichkeiten, zugunsten ktinftigen Konsums auf Gegenwartskonsum zu verzichten. Zum einen kann er Realinvestitionen t~itigen, zum anderen Finanzinvestitionen. Die Erh6hung seines Realinvestitionsvolumens wird er einer Finanzinvestition dabei solange vorziehen, wie die aus der erh6hten Realinvestition resultierende Grenzrendite F'(I)-I fiber der am Kapitalmarkt erreichbaren Verzinsung i liegt. Erst fOx darfiber hinausgehende
rische Konsumoptimum stets angenommen werden, dass es sich nicht als Randl6sung mit C o = 0 GE oder C~ = 0 GE darstellt. Vgl. hierzu auch die Ausffihrungen im vorhergehenden Kapitel.
52 Anlagebetr~ige kommen Finanzinvestitionen in Betracht. Diese Argumentation hat auch Bestand, wenn der Unternehmer seinen Gegenwartskonsum gar nicht so stark einschr~inken m6chte, wie es die Realisierung des Realinvestitionsvolumens I* erforderte. Statt weniger zu investieren, ist es dann n~imlich sinnvoller, sich am Kapitalmarkt zu i zu verschulden. Denn die hieraus resultierende Verbindlichkeit liegt wegen des progressiv fallenden Verlaufs der Transformationskurve unter der Verm6genseinbul3e ffir t = 1, die aus einer Einschr~.nkung des Realinvestitionsvolumens unter I* resultierte. Anders ausgedrtickt, lohnt sich die Umsetzung des Realinvestitionsvolumens I* auch dann, wenn der Unternehmer es durch Mittelaufnahme zu i finanziert, da die Grenzrendite jeder in Realinvestitionen eingesetzten Geldeinheit f'ttr I < I* tiber i hinausgeht, die Verm6genszuw~ichse aus den Realinvestitionen f'tir t = 1 die zus~itzlichen Verbindlichkeiten dieses Zeitpunktes also fibersteigen.
Beispiel 1.2: Betrachtet sei ein Unternehmer mit einer Verm6gensanfangsausstattung in t = 0 in H6he von W 0 = 10 GE. Seine Investitionsertragsfunktion sei F(I) = 4,4-I 0'5 und entspreche damit der aus Beispiel 1.6 des vorhergehenden Kapitels. Der Kapitalmarktzinssatz i ffir Mittelanlage und -aufnahme von t = 0 bis t = 1 betrage 10 %. Ffir das optimale Investitionsvolumen muss die Steigung der Transformationskurve, -F'(I), gerade dem Wert - 1,1 entsprechen: 2,2 __ -1,1 ,=, I* = 4.
(1.6)
Mit I* = 4 GE sowie W 0 = 10 GE erh~ilt man unmittelbar G o = 6 GE und C~ = 8,8 GE. Die Gleichung der vom Unternehmer bei optimalem Investitionsverhalten erreichbaren Kapitalmarktgeraden ist folglich schon aus Beispiel 1.1 bekannt. [] Im Rahmen der Optimalit~itsbedingung F'(I*) = l+i spielen sowohl die Nutzenfunktion U des Unternehmers als auch dessen Anfangsausstattung W o keine Rolle. Beides beeinflusst daher nicht die Entscheidung fiber das optimale untemehmerische Realinvestitionsvolumen. Pr~iferenzen und Anfangsausstattung des Unter-
53 nehmers bestimmen nur, ob der Unternehmer Mittel am Kapitalmarkt aufnimmt oder anlegt, also welchen Punkt (C~;C~) er letztlich auf der eindeutig bestimmten (Tangential-) Kapitalmarktgeraden G* (ausgehend von (C0;C1)) anstrebt. Bei relativ stark ausgepr~igten Zukunftspr~iferenzen oder grol3er Verm6gensanfangsausstatrang wird der Unternehmer zus~itzlich zu seinen Realinvestitionen noch Finanzinvestitionen t~itigen, also einen Gegenwartskonsum C o < C0 und damit einen Zukunftskonsum C~ > C1 realisieren. Einen Unternehmer mit einem derartigen Optimalverhalten bezeichnet man als Anlegertyp. Sofern der Untemehmer hingegen mit deutlich ausgepr~igteren Gegenwartspr~iferenzen im Verh~ilmis zu seinem (geringen) Anfangsverm6gen ausgestattet ist, wird sich C o > C0 sowie C~ < C1 ergeben, so dass der Unternehmer also zus~itzliche Mittel zur Finanzierung seines gegenw~irtigen Konsums ohne Einschr~nkung beim Realinvestitionsvolumen I* aufnehmen wird. In einer derartigen Situation spricht man vom Sehuldnertyp. Schlieglich ist auch noch der Grenzfall denkbar, dass der Unternehmer neben der Umsetzung des Realinvestitionsvolumens I* keinerlei weitere Aktivit~iten entfaltet, also C0 = C0 sowie C~ = C1 gilt. Eine derartige Optimall6sung ohne Kapitalmarkttransaktionen kennzeichnet den neutralen Typo7 Die optimalen Konsumpositionen dieser drei grunds~itzlich zu unterscheidenden Unternehmertypen sind auch in der Abbildung 1.3 wiedergegeben. Zur Vereinfachung wurde die Darstellung dabei wieder auf den ersten Quadranten beschr~inkt. Die unternehmerische Anfangsausstattung W 0 ist fiir die Bestimmung des Konsumoptimums insofern relevant, als sie die genaue Lage der am weitesten augen liegenden, f'ttr den Unternehmer gerade noch erreichbaren Kapitalmarktgeraden bestimmt. Ceteris paribus fiJhrt eine Erh6hung der unternehmerischen Anfangsausstattung um AWo n~imlich zu einer Rechtsverschiebung der optimalen Kapitalmarktgeraden G* um ebendiesen Wert (ohne dass dadurch nat'~lich I* beeinflusst wird8). Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 1.4 graphisch dargestellt.
7 Vgl. hierzu auch Rudolph (1983), S. 266 f. 8 Vgl. hierzu auch die Darstellung von Breuer/Schweizer (1997).
54
Anlegertyp
F(Wo)
i 0
c;
p.
G
Co
Wo
F(Wo)-C1
huldnertyp
-
c~ 0
.............................................. i.............................. 1 ~.................... ~~~* G
Wo
c;
Co
C1
V(Wo)-
Neutraler Typ
c~ =~
U*
C o = Co
Wo
Co
Abbildung 1.3: Optimales unternehmerisches Konsumverhalten bei unterschiedlichen Zeitprfiferenzen
55 C1
C1
I-
o
Co
c~
Co
I*
C1
C~+ ~C
Wo
..................................................................................................................................
0
--
Co+AW o
C~+r
k..
,
+
wo =Wo+AW o
Co
j
I*
Abbildung 1.4: Unabh~ingigkeit des optimalen Realinvestitionsvolumens und Abh~ingigkeit des Konsumoptimums von der unternehmerischen 9Anfangsausstattung
56 In jedem Fall wird die vom Untemehmer angestrebte optimale Konsumposition durch einen Tangentialpunkt der relevanten Kapitalmarktgeraden mit einer Indifferenzkurve bestimmt. WS_hrend also das optimale Realinvestitionsvolumen durch die Gleichheit yon Grenzrate der Transformation mit dem um 1 erh6hten Kapitalmarktzinssatz i charakterisiert wird, kennzeichnet die optimale Konsumposition die Gleichheit von Grenzrate der Substitution mit l+i. Wie auch schon im Fall ohne Kapitalmarktzugang wird sich der Unternehmer demnach so verhalten, dass die Grenzrate der Transformation der Grenzrate der Substitution entspricht. Der Kapitalmarktzugang ft~hrt aber zu der zus~itzlichen Restriktion, dass sich beide Grenzraten auf l+i belaufen mtissen, was generell nur erftillt sein kann, wenn die beiden relevanten Grenzraten f'tir unterschiedliche Werte yon C o bestimmt werden, also die Konsumposition im Falle alleiniger Realinvestitionen v o n d e r unter Berticksichtigung von Finanzinvestitionen abweicht. Die gerade verbal beschriebenen Zusammenh~inge lassen sich auch leicht formal herleiten. Das unternehmerische Optimierungsproblem lautet bei Verfiigbarkeit eines vollkommenen Kapitalmarktes insgesamt wie folgt: U(Co;C 0 -~ max.! Co,CI,I
(1.7)
unter Beachtung von I. II. III.
C 1 --- F(Wo-Co), C I -- C 1+(1 +i). (Co-Co),
(1.8)
I = W o - C 0.
Durch Einsetzen von I. und III. (nach Aufl6sung zu C0 = Wo-I) in II. erh~ilt man eine Bestimmungsgleichung f'tir C~, die nur noch yon den Variablen C o und I abh~ingt. Setzt man diese Bestimmungsgleichung wiederum in (1.7) ein, so verbleibt das Problem der simultanen Optimierung der unternehmerischen Nutzenfunktion fiber die beiden Variablen C o und I:
57
U[Co;F(I) +(1 +i). (Wo-I-Co) ] -. max.!
(1.9)
CO,I
Ableiten mittels Kettenregel und anschlieBendes Nullsetzen f'tihrt unmittelbar zu den beiden folgenden notwendigen9 Bedingungen f'tir ein Nutzenmaximum:
I.
dU
OU
013
- -~ - [ - ( 1 +i)] = O, de o 0% OC~
(1.1o) II.
dU OU = - - . [P'(I)-(1 +i)l = 0. dI OCj
Aus II. folgt unmittelbar die Anfordertmg F'(I)-I = i, w~ihrend sich I. zu (OU/OC0)/(0U/3CI) = l+i und damit dC1/dCo = -(l+i) umformen l~isst, so dass sich die beiden graphisch hergeleiteten Optimalit~itsbedingungen auch formal best~itigen. Die Tatsache, dass das optimale Realinvestitionsvolumen eines Unternehmers unabh~ingig von seinen Pr~iferenzen und seiner Anfangsausstatmng bestimmt werden kann, wh-d nach Irving Fisher auch als Fisher-Separation bezeichnet, da Fisher im Jahre 19301~ als erster auf diese M6glichkeit der Trennung hingewiesen
Auf eine explizite rechnerische Pfiifung der hinreichenden Bedingungen ftir ein lokales Maximum sei zur Vereinfachung verzichtet. Erkenntnisse hierzu k6nnen erneut unmittelbar aus der graphischen Analyse gewonnen werden. Insbesondere sind die hinreichenden Bedingungen bei progressiv fallender Transformationskurve und degressiv fallenden Indifferenzkurven zweifelsfrei erfiillt, so dass tiber (1.10) sicherlich kein lokales Minimum bestimmt wird. Uberdies kann es h6chstens ein zul~issiges lokales Maximum geben, das dann zugleich auch ein absolutes ist. 10
Vgl. Fisher (1930). Siehe hierzu auch die deutsche 0bersetzung Fisher (1932).
58 hat? ~ Vollkommen ~iquivalent hierzu kann man die Separationseigenschaft im Ubrigen auch auf die M6glichkeit der Trennung von Realinvestitionsentscheidungen einerseits und Konsum- sowie Finanzinvestitionsentscheidungen andererseits beziehen.
Beispiel 1.3: Gegeben sei der Untemehmer aus Beispiel 1.2. Zus~itzlich sei altemativ angenommen, dass seine Nutzenfunktion beschrieben werden k6nne dutch 1) U(Co;C 0 = C~
~ oder aber
2) U(Co;C,) = Co~
~
Aus der Fisher-Separation ist unmittelbar bekannt, dass in beiden F~illen die L6sung I* -- 4 GE aus Beispiel 1.2 Bestand hat. In beiden F~illen ist die unternehmerische Nutzenfunktion also unter Beachtung der Restriktion C1 = 15,41,1-C o zu maximieren. Unterschiedlich werden jedoch die optimalen Finanzinvestitionen und damit die sich ergebenden Konsumpositionen ftir die beiden alternativ betrachteten untemehmerischen Nutzenfunktionen sein. Zun~ichst sei die L6sung ftir die unter 1) angegebene Nutzenfunktion hergeleitet. Dazu sind die folgenden beiden Bedingungen simultan zu erftillen: 10
I.
3
U~-.Co 7 = 15,4_1,1.Co, (1.11) 10
II.
10
-"~ ' U 5 - ' C o 3- --- 1,1. 7
Gesucht ist eine Indifferenzkurve mit (maximalem) Nutzenniveau U, die einen Punkt mit der Kapitalmarktgeraden gemeinsam hat (I.) und in diesem Punkt fiber
11
Ein Verweis auf die Fisher-Separation findet sich in so gut wie jedem fundierten Lehrbuch zur Investitionstheorie. Vgl. etwa Schmidt/Terberger (2003), S. 99 ft., Kruschwitz (2004), S. 7 ft., Franke/Hax (2004), S. 153 ft. und Schgifer (2005), S. 82 ft. Siehe hierzu auch Buchner (1982a) und Rudolph (1983).
59 eine Grenzrate der Substitution yon 1,1 verftigt (II.). Die simultane L/3sung der beiden Gleichungen aus (1.11) liefert C o = 4,2 GE sowie U* = 8,12471. Durch Einsetzen von C o -- 4,2 GE in die Gleichung der Kapitalmarktgeraden ergibt sich des Weiteren C1 = 10,78 GE. Wegen G 0 = 6 GE > C o -- 4,2 GE t~itigt der Unternehmer also infolge recht stark ausgepr~igter Zukunftspr~iferenzen zus~itzlich zu seinen Realinvestitionen im Umfang I* -- 4 GE auch noch eine Kapitalmarktanlage von 1,8 GE. In entsprechender Weise kann das optimale unternehmerische Konsumverhalten ftir die Nutzenfunktion aus 2) bestimmt werden. Die simultan zu erfiillenden Gleichungen lauten hier: 10
I.
7
~ 3 ,Co 3 = 15,4_1,1.Co, (1.12) 10
II.
/
~3-.C
10 0 3
= 1,1,
3
woraus sich C O = 9,8 GE sowie U* = 7,82079 ergeben. Am h6heren Exponenten yon Co bei gleichzeitig geringerem Exponenten von C 1 erkennt man die nun stRrkeren Gegenwartspr~iferenzen des Untemehmers im Vergleich zu 1). Diese bewegen ihn dazu, sich im Umfang von 9,8-6 = 3,8 GE am Kapitalmarkt zu verschulden, um auf diese Weise einen optimalen Konsum im Zeitpunkt t -- 1 von C 1 = 15,4-1,1 "9,8 = 4,62 GE zu erreichen.
1.3.4
[]
Das Kapitalwertkriterium
1.3.4.1 Herleitung Es soll nun noch etwas nS_her auf die Charakterisierung des optimalen untemehmerischen Investitionsvolumens I* eingegangen werden. Augenscheinlich ist I* so zu w~ihlen, dass der Abszissenabschnitt C0,m,~ der zugeh6rigen erreichbaren Kapitalmarktgeraden maximal wird. Diesen Abszissenabschnitt wiederum ermittelt
60 man zu einem beliebigen Investitionsvolumen I, indem man in der Gleichung der entsprechenden Kapitalmarktgeraden C1 gleich Null setzt und den Ausdruck nach C o aufl6st. Konkret erh~ilt man hierbei:
! C a = Cl+(l+i).(C--o-Co) = F(I)+(l+i).(Wo-I-Co) = 0 F(I)+(1 +i)-(Wo-I)
= (1 +i).C O
(1.13)
Co,max _- Wo_i + F(I). 1+i
Der zu einem bestimmten Investitionsvolumen I geh6rige Abszissenabschnitt der Kapitalmarktgeraden ergibt sich also zum einen aus der ohnehin gegebenen Verm6gensanfangsausstatttmg W 0 des Unternehmers. Hinzu tritt aber nun noch die Differenz [F(I)/(l+i)]-I. Diese Differenz gibt den auf t = 0 bezogenen unternehmerischen Vermiigenszuwachs infolge der Realisation des Investitionsvolumens I an. Denn zum einen reduziert eine Investition in H6he von I unmittelbar das verbleibende unternehmerische Vermtigen des Zeitpunktes t = 0 auf W0-I. Zum anderen aber erh~ilt der Unternehmer Rtickfltisse im Umfang F(I) zum Zeitpunkt t = 1. Welm er diese komplett zur Rtickzahlung eines im Zeitpunkt t = 0 aufzunehmenden Kredits K verwenden m6chte, dann ist K so zu w~ihlen, dass K'(l+i) = F(I), also K = F(I)/(1 +i), gilt. Aus den ktinftigen Einzahlungen F(I) seines Investitionsprogramms kann der Untemehmer demnach durch Kreditaufnahme einen zus~itzlichen Gegenwartskonsum und damit Bruttoverm6genszuwachs von F(I)/ (l+i) finanzieren. Unter Beachtung der Anfangsauszahlung I resultiert aus dem betreffenden Realinvestitionsprogramm f'tir den Unternehmer damit ein Nettoverm6genszuwachs von [F(I)/(l+i)]-I. Man bezeichnet diese Differenz auch als den Kapitalwert des durch das Investitionsvolumen I beschriebenen Investitionsprogramms. 12 Graphisch entspricht der Kapitalwert im (C0;C1)-Diagramm der
12 Vgl. ganz allgemein zum Kapitalwertbegriff die Ausftihrungen in den Lehrbtichern zur Investitionstheorie von beispielsweise Schmidt/Terberger(2003), S.
61 L~inge der Strecke zwischen dem Punkt (W0;0) und dem Abszissenabschnitt der tiber das Investitionsvolumen I erreichten Kapitalmarktgeraden. Weil W 0 eine Konstante ist, maximiert man in (1.13) den Wert ftir
C0,max, indem
man den Kapitalwert, also die auf t = 0 bezogene VermOgensmehrung des betrachteten Unternehmers, _= F(I__))- i
(1.14)
1 +i durch geeignete Wahl yon I maximiert. Die Fisher-Separation besagt somit, dass unabhangig von den konkreten Zeitpr~iferenzen und der Anfangsausstattung eines Untemehmers seine Nutzenmaximierung die Realisation des kapitalwertmaximalen Investitionsprogramms erfordert.
Beispiel 1.4: Gegeben sei der Unternehmer aus Beispiel 1.3. Der Kapitalwert seines optimalen Investitionsvolumens I* = 4 GE bel~iuft sich wegen F(I*) = 4,4-4 ~ = 8,8 und i = 10 % auf ~:* = -4+8,8/1,1 = 4 GE. Sein maximaler Konsum in t = 0 bei optimaler Realinvestition betrfigt damit 10+4 = 14 GE.
[]
1.3.4.2 Diskussion Der Kapitalwert eines Investitionsprogramms kann als Verm6genszuwachs aus der Investitionsrealisation angesehen werden. Durch seine Maximierung maximiert ein Unternehmer also zugleich seinen Verm6genszuwachs in t = 0 aus der Durchftihrung von Realinvestitionen. Ein derartiges Verhalten dtirfte unmittelbar einleuchtend erscheinen, und man mag sich fragen, wozu eine solch langwierige Herleitung fOr dieses simpel anmutende Ergebnis erforderlich war. In diesem Zusammenhang ist aber zu beachten, dass die Maximierung des gegenw~irtigen
128 ft., Kruschwitz (2005), S. 66 ft., S. 89 ft., oder Blohm/Liider/Schaefer (2006), S. 51 ft.
62 Verm6genszuwachses sich im hier betrachteten Kontext ffir beliebige unternehmerische Zeitprgferenzen als optimal erweist, also insbesondere auch ffir Unternehmer, die vornehmlich an Konsum im Zeitpunkt t = 1 interessiert sind. Denn auch ffir diese ist ein maximales gegenw~irtiges Verm6gen insofern von Vorteil, als sie dann dutch entsprechende Anlage (oder Minderverschuldung) am Kapitalmarkt ihren Konsum des Zeitpunktes t = 1 entsprechend posifiv beeinflussen k6nnen. Weil der Kapitalwert eines Investitionsprogramms den aus der Investitionsdurchf'tthrung resultierenden Verm6genszuwachs aus Sicht des Zeitpunktes t -- 0 beschreibt, ist der Kapitalwert zugleich der Preis (oder Marktwert), der am Kapitalmarkt ffir den Handel mit der betreffenden Investitionsm6glichkeit im Gleichgewicht gezahlt wird. Der Unternehmer n~imlich, der fiber Zugang zu einem Investitionsprogramm mit Kapitalwert ~: verftigt, wird yon einem potentiellen Erwerber mindestens diesen Kapitalwert als Preis verlangen. Denn durch die Abgabe der Invesfitionsm6glichkeit verschiebt sich seine relevante Kapitalmarktgerade um ~ Geldeinheiten nach links, so dass ein Mittelzufluss in ebendieser H6he erforderlich ist, um die gleiche Kapitalmarktgerade wie zuvor zu erreichen. Ffir einen potentiellen Erwerber der Invesfitionsm6glichkeit gilt aus einem v611ig analogen Grunde, dass maximal ein Preis yon ~: ffir den Zugang zu der betreffenden Invesfifionsm6glichkeit gezahlt werden kann, soll mindestens die gleiche Kapitalmarktgerade wie ohne Erwerb der Investifionsm6glichkeit erreichbar bleiben. Ein Preis yon K ffir den Transfer der Investifionsm6glichkeit erweist sich also aus Sicht des Verk~iufers als mindestens erforderlich und aus Sicht des K~iufers als maximal akzeptabel. Konsequenterweise muss der Preis der Investitionsm6glichkeit im Gleichgewicht gerade ihrem Kapitalwert K entsprechen. Bei flfichtiger Betrachtung bemerkenswert ist ferner, dass lediglich der Kapitalwert der Zahlungsreihe aus den investiven Aktivit~iten des Unternehmers relevant ist trod die Zahlungskonsequenzen aus Finanzinvestitionen und ihr jeweiliger Kapitalwert hierbei keine Berficksichtigung finden. Die Ursache hierffir
63 ist darin zu sehen, dass sich der Kapitalwert der unternehmerischen Finanzinvestitionen ohnehin stets auf Null bel~iuft. Graphisch erkennt man dies daran, dass sich der Unternehmer allein durch Finanzinvestitionen lediglich auf einer gegebenen Kapitalmarktgeraden mit fixiertem Abszissenabschnitt, sprich Kapitalwert, bewegt. Nur Magnahmen, durch die der Unternehmer yon einer Kapitalmarktgeraden auf eine andere wechseln kann, sind kapitalwertrelevant. Im hier betrachteten Kontext ist dies allein fiber Realinvestitionen m6glich. Auch rechnerisch prfift man leicht, dass Finanzinvestitionen einen Kapitalwert von Null haben. Dazu sei angenonunen, ein Unternehmer verschulde sich von t = 0 bis t = 1 im Umfang K zum Zinssatz i, so dass ihm in t = 0 ein Betrag K zufliegt und in t = 1 Mittel in H6he von K-(l+i) zurfickzuzahlen sind. Der Kapitalwert der Kreditzahlungsreihe ist demnach K-[K.(l+i)]/(l+i) = 0. Genau aus diesem Grunde braucht man zur Kapitalwertmaximierung allein auf die origin~en Zahlungsreihen der zur Verf~gung stehenden Investitionsprogramme einzugehen und kann von den Zahlungskonsequenzen untemehmerischer Finanzinvestitionen vollst~indig abstrahieren. Im Weiteren soll das Ziel der Maximierung des Kapitalwertes des implementierten Investitionsprogramms kurz als "Kapitalwertkriterium" bezeichnet werden. Mit dem Kapitalwertkriterium erh~lt man demnach hier eine sehr einfache Entscheidungsregel, die verm6gens- und pr~iferenzunabh~ingig ist und damit unter anderem auch Interessenharmonie bei einer Mehrzahl von Entscheidern gew~hrleistet. Denn unabh~ingig davon, wie die Beteiligten an erforderlicher Anfangsauszahlung und resultierenden Rtickflfissen partizipieren, wird jeder aufgrund des Zugangs zu einem vollkommenen Kapitalmarkt nur an einer m6glichst grogen, auf t = 0 bezogenen pers6nlichen Nettoverm6genssteigerung interessiert sein. Weil das kapitalwertmaximierende Investitionsprogramm zur gr6gten insgesamt verteilbaren Nettoverm6genssteigerung ftthrt, wiire jede andere Investitionsentscheidung in dem Sinne ineffizient, dass es durch Wechsel zum kapitalwertmaximalen Programm stets m6glich w~e, mindestens einen Beteiligten ceteris paribus noch besserzustellen, ohne die anderen zu sch~idigen. Daher wird Einmtitigkeit unter allen Entscheidungstr~gem hinsichtlich der Verfolgung des Ziels
64 der Kapitalwertmaximierung bestehen. 13 Die Optimalit~it der Kapitalwertmaximierung erweist sich tiberdies in vielerlei Hinsicht als recht robust und ist insofern auch der Entscheidungsregel " G r e n z rendite -- Kapitalmarktzinssatz" tiberlegen. Letztere Regel wird n~nlich im Wesentlichen nur bei progressiv fallender und allgemein differenzierbarer Transformationsfunktion und damit degressiv steigender Investitionsertragskurve zu eindeutigen und zutreffenden Verhaltensempfehlungen ftihren. Im letzten Kapitel haben wir aber gesehen, dass die Investitionsertragsfunktion in aller Regel diese posmlierten Eigenschaften nicht besitzen wird und ein marginalanalytischer Ansatz sowie die Folgerung der Optimalit~itsregel "Grenzrendite = Kapitalmarktzinssatz" nicht zul~issig ist. Bei der Herleimng der Kapitalwertregel tiber (1.13) jedoch spielt der konkrete Verlauf der Realinvestitionsfunktion keinerlei Rolle. Solange ein vollkommener Kapitalmarkt gegeben ist, hat die Kapitalwertregel damit Bestand unabh~ingig davon, welche Investitionsprogramme jeweils zur Auswahl stehen. Diese Robustheit des Kapitalwertkriteriums zeigt sich auch im Rahmen einer Mehr-Perioden-Betrachtung. Dazu sei von einem beliebigen Zeitraum yon t = 0 bis t = T ausgegangen und unterstellt, dass der Zinssatz i nicht nur ftir Anlage/Verschuldung von t = 0 bis t = 1 Gtiltigkeit hat, sondern vielmehr ftir beliebige Ein-Perioden-Anlage/Verschuldung von einem Zeitpunkt t = ~-1 bis t = "~ Gtiltigkeit besitzt. Des Weiteren sei ein Investitionsprogramm mit der Zahlungsreihe z 0, z~..... zT vorausgesetzt, wobei z t > 0 eine Einzahlung, also einen Mittelzufluss, und z t < 0 eine Auszahlung, also einen Mittelabfluss, ftir den Unternehmer charakterisiert. Dann bestimmt sich die aus der Programmdurchfiihnmg ftir den Unternehmer erreichbare Vermiigenserhiihung des Zeitpunktes t = 0 einfach als
13
Vgl. hierzu auch die auf den allgemeineren Fall der M a r k t w e r t m a x i m i e r u n g bei Risiko bezogene Darstelhmg in Breuer (1997a) sowie die entsprechenden Ausftihrungen im Band II zur Investitionstheorie.
65
T K --E Zt t=0 (1 +i) t
(1.15)
Ftir den Fall T = 1 ist die Richtigkeit dieser Formel mit z 0 = -I sowie zj = F(I) bereits bekalmt. Einzahlungen in t = 2 von z 2 karm der Unternehmer zur Aufnahme eines (einperiodigen) Kredits in H6he von K = z2/(l+i) 2 in t = 0 benutzen. Dieser Kredit ftihrt n~nlich zum Zeitpunkt t = 1 zu Verbindlichkeiten von z2/(l+i)2+i-z2/(l+i) 2 = z2/(l+i). Eine neuerliche Kreditaufnahme im Umfang z J (1 +i) von t = 1 bis t = 2 mtindet entsprechend ffir t = 2 in Verbindlichkeiten von z 2, die ohne weiteres aus der Investitionseinzahlung geleistet werden k6nnen. Insofern erm6glicht die Einzahlung z 2 des Zeitpunktes t = 2 eine Konsumausdehnung in t = 0 in H6he von z2/(l+i) 2. Entsprechend ftihrt eine Einzahlung z t in einem beliebigen Zeitpunkt t zu einer auf t = 0 bezogenen untemehmerischen Verm6gensmehrung von z~(l+i) t. Die aus der Zahlungsreihe z 0, z 1..... zT insgesamt resultierenden Verm6genskonsequenzen des Zeitpunktes t = 0 werden demnach in der Tat tiber (1.15) beschrieben. Wieder k6nnen die unternehmerischen Ein- und Auszahlungen aus Finanzinvestitionen in (1.15) explizit unberticksichtigt bleiben. Die Formel (1.15) bezeichnet man hierbei v611ig sachgerecht als den Kapitalwert eines Investitionsprogramms im Rahmen einer Mehr-Perioden-Betrachtung.
Der Kapitalwert eines Investitionsprogramms ergibt sich demnach generell als gewogene Summe der Zahlungskonsequenzen des betreffenden Programms, wobei als Gewichte zeitpunkt- und zinssatzabh~ingige " D i s k o n t i e r u n g s f a k t o r e n " 1/(l+i) t Verwendung finden. Man sagt auch, dass die Zahlungen z t mit dem Zinssatz i abgezinst oder diskontiert werden.
Beispiel 1.5: Gegeben sei ein Unternehmer im Rahmen einer Vier-Zeitpunkte-Betrachtung t = 0, 1, 2, 3, der Zugang zu einem Investitionsprogramm mit der nachfolgenden Zahlungsreihe aus Tabelle 1.1 hat:
66 t
0
1
2
3
zt
-100
50
50
100
Tabelle 1.1:
Zahlungsreihe eines Investitionsprogramms tiber vier Zeitpunkte t=0,
1,2,3
Der Ein-Perioden-Kapitalmarktzinssatz ffir Mittelanlage/Verschuldung betrage fiber den gesamten Betrachtungszeitraum konstant i = 10 %. Der Kapitalwert des Investitionsprogramms beliiuft sich damit auf ~: --- -100+ 50 + 50 + 100 ~. 61,91 GE. 1,1 1,12 1,13
(1.16)
Im Falle einer Verm6gensanfangsausstattung von 0 GE impliziert das Ergebnis aus (1.16), dass der Unternehmer bei Programrnrealisation einen maximalen Gegenwartskonsum von ca. 61,91 GE erreicht. Weil fiberdies 100 GE zur Programmdurchftthrung ben6tigt werden, lautet die Behauptung, dass der Unternehmer einen in t = 0 aufgenommenen Kredit im Umfang von ungef&hr 161,91 GE aus den ab t = 1 eingehenden Einzahlungen des Investitionsprogramms zurtickzahlen kann. Der angegebene Kredit ffihrt zu Verbindlichkeiten in t = 1 von 161,91-1,1 = 178,1 GE, yon denen 50 GE sofort erbracht werden k6nnen. Die verbleibende Restschuld von etwa 128,1 GE muss durch eine Anschlussfinanzierung bis t = 2 beglichen werden. Damit sieht sich der Unternehmer zum Zeitpunkt t = 2 einer Verbindlichkeit in H6he von ungef~ihr 128,1.1,1 = 140,91 GE gegenfiber, v o n d e r nach partieller Bedienung noch ca. 90,91 GE verbleiben, die bei einer Finanzierung zu 10 % ffir t = 3 eine Restschuld von etwa 90,91.1,1 100 GE implizieren. Diese kann komplett aus den Einzahlungen des Unternehmers zum Zeitpunkt t = 3 beglichen werden.
[]
Die Berechnungsm6glichkeit ffir Verm6genserh6hungen aus unternehmerischer T~itigkeit fiber eine Kapitalwertformel im Sinne von (1.15) gilt nicht nur, wenn Zahlungskonsequenzen jeweils mit dem Abstand von einer Periode auftreten, also
67 t lediglich nichmegative ganzzahlige Werte annehmen kann. Vielmehr besteht ein zu (1.15) analoger Zusammenhang auch dann, wenn Zahlungen etwa nach Ablauf einer halben Periode, beispielsweise in t = 0,5, oder zu einem sonstigen Zeitpunkt zwischen dem Anfang und dem Ende einer Teilperiode auftreten. Stets ist der Gegenwartswert der betreffenden Zahlung z t durch Multiplikation mit (l+i) -t zu bestimmen. Zur Veranschaulichung sei angenommen, dass bei Anlage/Aufnahme yon Mitteln ftir den Zeitraum von t = 0 bis t = 0,5 eine Verzinsung in H6he von i0,5 am Kapitalmarkt gewS_hrt werde. Wenn der Ein-Perioden-Zinssatz im Zeitablauf konstant i ist, dann besitzt im Zeitraum von t = 0,5 bis t = 1 der gleiche Zinssatz wie von t = 0 bis t = 0,5 Gtiltigkeit. Folglich bel~iuft sich das Verm6gen eines Investors in t = 1 auf A-(l+i0,5) 2, wenn er ausgehend yon t = 0 einen Betrag A zun~ichst bis t = 0,5 und anschliegend inclusive Zinsen nochmals von t = 0,5 bis t = 1 anlegt. Werden die Mittel stattdessen direkt yon t = 0 bis t = 1 mit Zinszahlungen nur in t = 1 investiert, erh~ilt man ein Endverm6gen von A-(l+i). Es muss nun A-(l+i0,5) 2 = A.(l+i), also 1+i0,5 = (l+i) ~ gelten. Ansonsten k6nnte man durch geeignete Kombination gtinstiger Verschuldung und ertragreicher Anlage von Mitteln am Kapitalmarkt yon t = 0 bis t = 1 sichere Gewinne ohne eigenen Mitteleinsatz erzielen. Dies ist bekanntermaBen mit dem Vorliegen eines Kapitalmarktgleichgewichts nicht vereinbar. Einzahlungen Zo,5 in t = 0,5 ihrerseits erm6glichen in t = 0 eine maximale Kreditaufnahme und damit Verm6gensmehrung von K = z0,J(l+i0,5), weil in t = 0,5 so gerade die Rtickzahlung des Kreditbetrags mit Zinsen gelingt. Wegen l+io, 5 = (l+i) ~ bestimmt sich der Kreditbetrag K auch als z0J(l+i) ~
Genau dies
beschreibt die Behauptung, dass die Kapitalwertformel auch fur "gebrochene" Periodenbetrachtungen Gtiltigkeit besitzt. Weil der Kapitalwert eines Investitionsprogramms im Rahmen einer Mehr-Perioden-Betrachtung ebenfalls ohne weiteres als Verm6genserh6hung ftir den Unternehmer aus der Realisation des betreffenden Programms interpretiert werden kann
68 und auf dem Kapitalmarkt kapitalwertneutral Mittel zwischen den einzelnen Zeitpunkten durch Anlage- oder Verschuldungsmagnahmen transferiert werden k6nnen, bleibt die Fisher-Separation weiterhin gtiltig. Eine ceteris paribus durch investive Magnahmen erreichbare, mit Bezug auf t -- 0 berechnete Verm6genssteigerung wird von jedem Entscheidungstr~iger pr~iferiert, weil auf dieser Grundlage durch entsprechende Finanzinvestitionen stets der gleiche Zahlungsstrom wie vor der Verm6genserh6hung erreichbar ist und tiberdies noch ein zus~itzlicher positiver Betrag (n~imlich gerade in H6he der Verm6genssteigerung des Zeitpunktes t = 0) in t = 0 ffir weitere Konsumzwecke verbleibt. Der betrachtete Unternehmer wird schlicht durch die Realisation eines Investitionsprogramms mit ~: > 0 um genau diesen Betrag in t = 0 reicher.
Beispiel 1.6: Betrachtet sei erneut der Unternehmer des vorhergehenden Beispiels 1.5. Dieser verffige fiber eine monetiire Anfangsausstattung in t = 0 yon W 0 = 80 GE, yon denen er ohne Durchffihrung des ffir ihn zugiinglichen Investitionsprogramms gem~ig Tabelle 1.1 in t = 0 bereits 40 GE konsumieren m6chte, wS.hrend die fibrigen 40 GE in t = 0 f'tir zwei Perioden zu i = 10 % angelegt werden sollen, um sodann in t = 2 konsumiert zu werden. Der Unternehmer plant also, die Konsumwerte C O= 40 GE, C 1 = 0 GE, C2 = 40"1,12 = 48,4 GE sowie C 3 = 0 GE zu realisieren. Im Falle der Durchffihrung des Investitionsprogramms kann der Unternehmer in t = 0 einen Kredit yon etwa 121,91 GE aufnehmen. Von den dann verffigbaren 201,91 GE werden in t = 0 die erforderlichen 100 GE Programmanfangsauszahlung investiert. Der Restbetrag yon 101,91 GE > 40 GE wird unmittelbar konsumiert. In t = 1 kann der Untemehmer 50 GE yon seiner bis dahin aufgelaufenen Schuld in H6he yon etwa 121,91-1,1 -- 134,1 GE zurtickzahlen, so dass sich ffir t = 2 eine Restschuld yon annithemd 84,1-1,1 = 92,51 GE ergibt. Bei einem Konsum C 2 = 48,4 GE k6nnen in t = 2 nur 1,6 GE auf den noch vorhandenen Kreditbetrag zurfickgezahlt werden. Damit ergibt sich ftir t = 3 ein verbleibender Kreditstand von ca. (92,51-1,6)-1,1 ~ 100 GE, der genau durch die letzte Einzahlung yon 100 GE bedient werden kann.
69 Per saldo hat der Unternehmer denmach trotz Realinvestition seinen ursprfinglichen Konsumstrom C o = 40 GE, C~ = 0 GE, C 2 = 48,4 GE sowie C 3 = 0 GE erreichen und zus~itzlich noch etwa 61,91 GE in t = 0 verbrauchen k6nnen. Natttrlich stellt dies ftir den Unternehmer eine Besserstellung gegentiber der Situation ohne Programmdurchftihrung dar. In entsprechender Weise kann f'~ jeden anderen Basiskonsumstrom und damit fttr alle anderen unternehmerischen Pr~iferenzen oder Anfangsausstattungen argumentiert werden.
[]
Die Kapitalwerfformel gem~iB (1.15) verftigt tiber eine wichtige Eigenschaft, die man als "Wertadditivitiit" bezeichnet. Wertadditivit~it ~4 der Kapitalwertformel besagt, dass der Kapitalwert eines aus zwei (unabhSngig voneinander durchfiihrbaren) Investitionsprojekten 1 und 2 mit den jeweiligen Zahlungsreihen z0(~), z}~)..... za-(l~und "~0~(2),Z12), ..o, ZT(2)bestehenden Investitionsprogramms der Summe der Einzelkapitalwerte dieser beiden Projekte entspricht.
K(l+2) - E
t~o (1 +i) t T t~o ( l + i ) t
T =
z?
(1.17)
(l+i) t
_- K(1) +K(2).
Aus (1.17) folgt unmittelbar, dass sich der Kapitalwert eines aus N unabhS.ngig voneinander durchfiihrbaren Projekten bestehenden Investitionsprogramms schlicht als Summe der Einzelkapitalwerte dieser N Projekte ergibt. Damit wiederum l~isst sich in einfacher Weise eine Entscheidungsregel ffir die Zusammenstellung eines optimalen Investitionsprogramms ftir den Fall des Zugangs zu N unabh~ingig voneinander durchft~rbaren Investitionsprojekten angeben. Zur Maxi14 Vgl. hierzu n~iher Breuer (1997b) oder auch Haley/Schall (1979), S. 166 f.,
202 ft., Hax (1982), S. 57 ft., sowie Copeland/WestordShastri (2005), S. 25, 30 f. Grundlegend ist Schall (1972), S. 13 ft. Siehe auch Band II.
70 mierung des Kapitalwerts des Gesamtinvestitionsprogramms sind alle Einzelprojekte mit positivem Kapitalwert durchzuf'tihren. Investitionsprojekte mit negativem Kapitalwert sind zu unterlassen, solche mit einem Kapitalwert von Null k6nnen aufgrund ihrer Verm6gensneutralitat durchgeffihrt oder aber unterlassen werden. Im Weiteren sei angenommen, dass Projekte mit einem Kapitalwert von Null durchgef'tilart werden. Die zur Verfiigung stehenden N unabhS.ngigen Projekte k6nnen demnach auch unabh~ingig voneinander beurteilt werden. Man spricht hier auch von sogenannten Einzelentseheidungen. In diesem Zusammenhang erkennt man ferner, dass mangelnde Teilbarkeit von Investitionsprojekten bei Anwendung des Kapitatwertkriteriums keinerlei zus~itzliche Schwierigkeiten bereitet. Selbst wenn alle Projekte beliebig teilbar w~iren, wttrden sie doch nur entweder im maximalen Umfang (bei nichtnegativem Kapitalwert) oder gar nicht (bei negativem Kapitalwert) durchgefiihrt.
Beispiel 1.7: Ein Unternehmer habe Zugang zu vier unabh~ingig voneinander durchftihrbaren Investitionsprojekten mit folgenden Zahlungsreihen:
t
0
1
2
3
zr 1)
-90
30
30
60
Z(t2)
-80
20
40
30
zr 3)
- 110
20
100
20
z~4~ t
-60
10
40
30
Tabelle 1.2: Zahlungsreihen von vier Investitionsprojekten ftir t = 0 bis t = 3
Gesucht ist das kapitalwertmaximale Investitionsprogramm bei einem tiber alle Perioden einheitlichen Ein-Perioden-Zinssatz i = 10 % far Mittelanlage und -ver-
71 schuldung. Die Kapitalwerte der vier Investitionsprojekte belaufen sich auf K (1)
=
-90+ 3 0 + 30 + 60 -~ 7,15 GE > 0, 1,1 1,12 1,13
K(2) = -80+ 2 0 + 40 + 30 ~- -6,22 GE < 0, 1,1 1,12 1,13 (1.18) K(3) -- -110+ 20 + 100+ 20 ~. 5,85 GE > 0, 1,1 1,12 1,13
K(4) = _60+ 10+ 40 + 30 1,1
1,12
1,13
"~ 4 , 6 9 GE > 0.
Demnach wird der Untemehmer bloB die Projekte 1, 3 und 4 durchftihren und dadurch insgesamt eine Verm6genserh6hung in t = 0 yon ungef'fihr 7,15+5,85 +4,69 = 17,69 GE erfahren.
[]
Das Resultat der M6glichkeit zur Einzelprojektbeurteilung mag unmittelbar einleuchtend klingen. In der Tat w~iren aber unabh~ingige Projekte bei fehlender Existenz eines vollkommenen Kapitalmarktes keinesfalls ohne weiteres unabh~ingig voneinander beurteilbar. Zur Verdeutlichung kann an die Beispiele 1.1 und 1.3 aus dem Kapitel II angekntipft werden. B e i s p i e l 1.8:
Betrachtet sei ein Unternehmer, der tiber Zugang zu drei tmabh~ingig voneinander durchftihrbaren und beliebig teilbaren Investitionsprojekten gem~if3 Tabelle 1.1 aus Beispiel 1.3 des Kapitels II verftigt. Des Weiteren sei seine Nutzenfunktion mit der aus Beispiel 1.1 des Kapitels II identisch. SchlieBlich soil eine Verm6gensanfangsausstattung des Unternehmers in t = 0 von 250 GE angenommen werden. M6glichkeiten zu Finanzinvestitionen sollen nicht bestehen. Unter diesen Voraus-
72 setzungen liegt ein optimales Realinvestitionsvolumen I* = 174 GE vor, da hierRir die Transformationskurve zur Tangente an eine Indifferenzkurve wird. Das optimale Investitionsprogramm besteht somit aus dem Projekt 1 und 94 %iger Durchftihrung des Projekts 2. Zur Prtifung dieser Aussage ist als Erstes die vom Unternehmer f'tir I* = 174 GE erreichbare Konsumposition zu bestimmen. Aus W 0 = 250 GE sowie I* = 174 ergibt sich Co = 76 GE. Die Investitionsertragsfunktion f'tir dieses Zahlenbeispiel ist bereits aus Gleichung (1.6) des vorhergehenden Kapitels bekannt. Daraus entnimmt man, dass sich fiJr I* = 174 GE ein Rtickfluss F(I*) = 1,2-0"-80)+100 = 212,8 GE ergibt. Der Konsumpunkt (Co;C~) = ("~0,7 einher (76;212,8) geht ftir die angenommene Nutzenfunktion U(Co;C1) = ('~0,3 ,~0 "~ mit einem Nutzenniveau von etwa 156,25 und beschreibt damit einen Tangentialpunkt von Transformationskurve und einer Indifferenzkurve, wenn die folgenden beiden Bedingungen in Analogie zum Gleichungssystem (1.19) aus dem vorhergehenden Kapitel II erftillt sind: ~5 I0
I.
3
156,25 7 "76 7 ~ 212,8, lo
II.
lo
3.156,255-'76-7 7
(1.19)
-~ 1,2.
Die erste Gleichung fordert, dass der Punkt (C0;C~) = (76;212,8) sowohl auf einer Indifferenzkurve als auch auf der unternehmerischen Transformationskurve liegt. Die zweite Bedingung verlangt die Gleichheit der (Absolutbetr~ige der) Steigungen beider Kurven ftir (C~;C~) = (76;212,8). Durch Ausrechnen stellt man leicht lest, dass in der Tat beide Bedingungen erftillt
sind. 16
15
Die "="-Zeichen sind statt Gleichheitszeichen erforderlich, weil das unternehmerische Nutzenniveau mit 156,25 nur gerundet wiedergegeben ist.
16
NatiJrlich k l ~ t diese Proberechnung nicht, wie die optimale Konsumkombination ftir dieses Zahlenbeispiel konkret ermittelt wurde. Wegen des abschnittsweise linearen Verlaufs von Investitionsertrags- und damit Transformationsfunktion ist hierbei in der Tat ein gewisses intelligentes A u s p r o b i e r e n m6glicher Tangentialpunktlagen erforderlich, auf das hier aber aus Platzgrtinden
73 In der ersten Graphik aus Abbildung 1.5 sind die hier interessierenden Zusamm e n h ~ g e f'ttr drei beliebige Investitionsprojekte 1, 2 und 3 nochmals schematisch dargestellt. Nimmt man hingegen an, dass nur die Projekte 2 und 3 aus Tabelle 1.1 des vorhergehenden Kapitels verftigbar sind, nicht abet Projekt 1, dann resultiert ein optimales Investitionsvolumen I* von 150 GE, so dass Projekt 2 und Projekt 3 nunmehr realisiert werden. Es liegt hier demnach ein derartiger Spezialfall vor, dass sich das Optimum in einem Eckpunkt der abschnittsweise linearen Tranformationskurve befindet und folglich nicht durch einen Tangentialpunkt yon Transformations- und einer Indifferenzkurve gekennzeichnet ist. Zur Uberpriifung der Richtigkeit der behaupteten L6sung ist zun~ichst wieder der zu I* = 150 GE geh6rige Konsumpunkt zu ermitteln. Man erh~ilt unmittelbar C o = 250-150 = 100 GE. Zur Berechnung von C~ = F(I*) ben6tigt man die Investitionsertragsfunktion, die sich auf der Grundlage von (1.6) aus dem vorhergehenden Kapitel II leicht durch Weglassen des Projekts 1 bestimmen l~isst: 1,2-I
F(I)
0 ~ I _ < 100,
-- 1,1.(I-100)+120 175
100 < I _< 150,
(1.20)
150 < I.
Damit kann man F(150) = 175 GE ablesen. Der Konsumpunkt (C0;C~) = (100; 175) geht einher mit einem unternehmerischen Nutzenniveau yon 100 ~
~ =
147,95 und ist aus unternehmerischer Sicht optimal, wenn die folgenden beiden Bedingungen erffillt
s i n d : 17
nicht ngher eingegangen werden soil. 17
Das "~-"-Zeichen steht in I. aus (1.21) wegen des nur gerundet wiedergegebenen Wertes von 147,95 ftir das unternehmerische Nutzenniveau.
74 ,C1
E (1) + E (2) + E (3) E (l) + E(2) 9
E(')
W0 - I (1)_I (2)_I (3) W0 - I (1)_1 (2)
W0 - I (1)
\
W0
Co
J
u*
E(2) + E(3) E(2)
-,,,._
W0 - 1(2) _ I (3)
\
W 0 - 1(2)
W0
Co
Y
-'r" I*
Abbildung 1.5: N a c h w e i s m a n g e l n d e r Beurteilungsunabh~ingigkeit im R a h m e n v o n E i n z e l e n t s c h e i d u n g e n bei f e h l e n d e m K a p i t a l m a r k t z u g a n g
75 10
I.
3
147,95 7 "100 v .~ 175, 10
II.
10
(1.21)
"k.147,95 X .100 - 5 < 1,1. 7
Bedingung I. stellt wiederum sicher, dass ein gemeinsamer Punkt von Transformations- und Indifferenzkurve betrachtet wird. Bedingung II. verlangt, dass der Absolutbetrag der Steigung der Indifferenzkurve, also die Grenzrate der Substitution dCl/dC0, im betreffenden Konsumpunkt kleiner als 1,1 ist, da ansonsten an der betrachteten Stelle ein Schnittpunkt von Transformations- und Indifferenzkurve vorltige, also eine Ausdehnung des Gegenwartskonsums tiber 100 GE hinaus aus Untemehmersicht von Vorteil wtire. Die Gtiltigkeit von I. und II. aus (1.21) ltisst sich wieder leicht mit Hilfe eines Taschenrechners verifizieren. In
Abbildung 1.5 ist auch dieses Szenario skizziert, und zwar in der unteren Graphik. Zusammenfassend erkennt man also unter anderem, dass die Vorteilhaftigkeit des unabhtingig von anderen Projekten durchftihrbaren Projektes 3 hier wesentlich von der M6glichkeit der Realisation anderer Projekte, hier des Projekts 1, abhtingt.
[]
Sofern zwei oder mehr Investitionsprojekte nur alternativ durchgeftihrt werden k6nnen, liegt eine Auswahlentscheidung vor. Auch hier erleichtert die Wertadditivittit der Kapitalwertformel das Treffen von Entscheidungen sehr stark. Falls ein Unternehmer Zugang zu N Projekten hat, yon denen sich n gegenseitig ausschlieBen, wtihrend die tibrigen N-n untereinander und mit den n sich gegenseitig ausschliegenden Projekten in keinerlei Abhtingigkeit stehen, dann sollte der Untemehmer von den n sich gegenseitig ausschliegenden Projekten dasjenige mit dem h6chsten (nichmegativen) Kapitalwert durchftihren und von den tibrigen N-n Projekten all diejenigen, deren Kapitalwert ebenfalls nichmegativ ist.
76 Betrachtet man vereinfachend den Spezialfall yon nur zwei sich gegenseitig ausschliel3enden Investitionsprojekten 1 und 2 mit Zahlungsreihen z0~1>, zl ~)..... z(vl) und z{02),zl 2~..... z~2), dann ist der Kapitalwert )co) des Projektes 1 gr6f3er als der von Projekt 2, ~:c2) werm gilt:
s T
(l+i) t
z?
t=o ( l + i ) t
,~
=
T
#2,
=
(l+i) t
T ztC1)_ztC2) t=0
(l+i) t
(1.22)
>0.
(1 +i)t
Projekt 1 ist dem Projekt 2 gegentiber vorzuziehen, wenn die Differenz ~:(1)_~(2~ der beiden Kapitalwerte positivist. Aus der Wertadditivit~itseigenschaft der Kapitalwertformel folgt gem~ii3 der dritten Zeile aus (1.22), dass die Differenz zweier Kapitalwerte dem Kapitalwert der Differenzzahlungsreihe z{1)-z{2~ (t = 0 ..... T) entspricht. Der letztgenannte Kapitalwert wird auch als Kapitalwert der Differenzinvestition '8 1-2 bezeichnet und soil im Weiteren durch ~(1-2) abgeMirzt werden. Da die Differenzinvestition 1-2 bzw. Differenzzahlungsreihe z{v2~ - z{l)-z{2~(t = 0, .... T) angibt, welche Zahlungskonsequenzen ausgel6st werden, wenn man von der Durchftihrung des Projekts 2 zum Projekt 1 wechselt, gibt der zugeh/Srige Kapitalwert an, welche Verm6gensmehrung dadurch eintritt, dass man Projekt 2 durch Projekt 1 ersetzt. Zugleich ist der Kapitalwert ~:o-2>der Preis, der am Kapitalmarkt ffir den Tausch der M6glichkeit zur Durchf'dhrung yon Projekt 2 gegen die M6glichkeit zur Durchfiihrung von Projekt 1 gezahlt werden mtisste. Der Kapitalwert einer Differenzinvestition l~isst sich also v/511ig entsprechend zum
18 Vgl. zum Begriff der Differenzinvestition beispielsweise Hax (1993), S. 39 ft., oder auch Grob (2006), S. 397.
77 bereits bekannten "herk6mmlichen" Kapitalwert interpretieren. 19 In zur G~inze analoger Weise kann auch die Differenzinvestition 2-1 betrachtet werden, bei der es um den Wechsel von der Durchftihrung des Projekts 1 hin zu Projekt 2 geht. Nicht erkennbar ist aus dem Vorzeiehen einer Differenzinvestition wie etwa 1-2, welches Vorzeichen die Einzelkapitalwerte besitzen. Sofern also zwei sich gegenseitig ausschlieBende Projekte 1 und 2 betrachtet werden, yon denen keines durchgeftihrt werden muss, ist ein positiver Kapitalwert n(1-2)nut notwendig, aber nicht hinreichend ftir eine sachgerechte Entscheidung zugunsten des Projekts 1. Separat zu prtifen ist dann immer noch, ob )d ~) gr613er als Null ist. Insofern erweist sich die Entscheidungsfindung anhand der Kapitalwerte ~:(n)als einfacher und direkter, als zun~ichst (und letzten Endes zus~itzlich) Kapitalwerte von Differenzinvestitionen zu ermitteln. Wir werden aber auf die Bedeutung von Differenzinvestitionen noch im weiteren Verlauf dieses Kapitels zurtickkommen.
Beispiel 1.9: In Abwandlung von Beispiel 1.7 sei angenommen, dass der Untemehmer die Projekte 3 und 4 nur alternativ durchffihren k6nne, wShrend ansonsten alle Projekte beliebig kombinierbar sind. Als Konsequenz daraus besteht wegen ~:(3)= 5,85 GE > n(4) = 4,69 GE das optimale unternehmerische Investitionsprogramm lediglich aus den Projekten 1 und 3, so dass sich ftir den Untemehmer aus seinen Realinvestitionen ein auf t = 0 bezogener Verm6genszuwachs von ungef~ihr 13 GE ergibc Die Differenzinvestitionen 3-4 und 4-3 verftigen dabei tiber die folgenden Zahlungsreihen:
19 In der Tat ist eine Einzelentscheidung nichts anderes als eine Auswahlentscheidung, bei der eine der beiden alternativen Zahlungsreihen in allen Zeitpunkten identisch Null ist. So gesehen, beschreibt jeder Kapitalwert gewissermagen den Kapitalwert einer bestimmten Differenzinvestition. Wir werden hierauf im Abschnitt 3 dieses Kapitels noch ZUlqickkommen.
78 t
0
z~34)
-50
10
60
-10
Z(4-3) t
50
-10
-60
10
Tabelle 1.3: Zahlungsreihen der Differenzinvestitionen 3-4 und 4-3 Die Zahlungsreihen beider Differenzinvestitionen entsprechen sich damit natfirlich bis auf die jeweils entgegengesetzten Vorzeichen. Aus Tabelle 1.3 erkennt man des Weiteren, dass ein Wechsel von Projekt 4 zu Projekt 3 in t -- 0 eine zus~itzliche Auszahlung von 50 GE zur Folge hat, andererseits aber in t = 1 und t = 2 daf'tir auch um 10 bzw. 60 GE erh6hte Einzahlungen erbringt. In t = 3 allerdings reduzieren sich die unternehmerischen Einzahlungen durch den Wechsel nochmals um 10 GE. Der Kapitalwert der Differenzinvestition betr~igt K(34) -5,85-4,69 = 1,16 GE > 0. Der Wechsel von Projekt 4 zu Projekt 3 macht den Unternehmer also um etwa 1,16 GE reicher und wird daher vollzogen. Der Kapitalwert ~:(4-3)bel~iuft sich entsprechend auf ungefSk~r -1,16 GE. Der Wechsel yon Projekt 3 zu Projekt 4 verursacht demnach Verm6genseinbul3en von 1,16 GE und unterbleibt deshalb. Da ~:(3~_- 5,85 GE > 0 gilt, ist die Entscheidung ftir Projekt 3 hier in der Tat optimal.
[]
Bedeutungslos im Zusammenhang mit Auswahlentscheidungen zwischen verschiedenen Projekten ist fibrigens, ob die betreffenden Projekte fiber unterschiedliche " N u t z u n g s d a u e r n " verffigen. Unter der Nutzungsdauer eines Investitionsprojekts soll dabei derjenige Zeitpunkt T verstanden werden, in dem sich aus dem betreffenden Projekt zum letzten Mal eine von Null verschiedene Zahlungskonsequenz ergibt. Auch wenn zwei sich gegenseitig ausschliel3ende Projekte 1 und 2 unterschiedliche Nutzungsdauem T (~) und T (2) mit T (l) > T (2~ aufweisen, reicht ein Kapitalwertvergleich zur Entscheidungsfindung aus. Durch die Kapitalwertermittlung werden n~imlich ohnehin letztlich alle Zahlungen auf den Zeitpunkt t = 0 verdichtet unabh~ingig davon, fiber welche Nutzungsdauer ein Investitionsprojekt verffigt. Aus einem entsprechenden Grunde spielt es auch
79 keine Rolle, ob die Anfangsauszahlungen verschiedener, sich gegenseitig ausschliel3ender Investitionsprojekte unterschiedlich hoch sind: Stets ist das Projekt zu realisieren, dass per Saldo zur gr613ten Veml6gensmehrung ffir den Unternehmer f'tthrt, also mit dem gr6Bten Kapitalwert einhergeht. Die unterschiedliche H6he von Anfangsauszahlungen wird dabei ohnehin in der Kapitalwertermittlung beracksichtigt. So ist in Beispiel 1.9 Projekt 3 besser als Projekt 4, obgleich Projekt 4 eine deutlich geringere Anfangsauszahltmg erfordert. Ein mittelloser Unternehmer etwa wird bei Entscheidung f'tir Projekt 3 einen Kredit von etwa 115,85 GE in t = 0 erhalten k6nnen, wS.hrend bei Realisation von Projekt 4 nur eine Mittelaufnahme yon ca. 64,69 GE m6glich ist, so dass dem Unternehmer im ersten Fall nach Abzug der Anfangsauszahlung mit ca. 5,85 GE mehr Mittel f'tir Konsumzwecke verbleiben als mit nS_hemngsweise 4,69 GE im zweiten Fall.
1.4
Zusammenfassung
Gegenstand dieses Abschnitts war die Analyse der Konsequenzen aus der Existenz eines vollkommenen Kapitalmarktes f'tir unternehmerische Realinvestitionsentscheidungen. Es zeigte sich, dass unter dieser Pramisse das optimale (Real-) Investitionsprogramm eines Unternehmers unabh~ingig von seinen Zeitpr~iferenzen und seiner monetaren Anfangsausstattung bestimmt werden kann
(Fisher-Separation). Kennzeichen des optimalen Investitionsprogramms ist dabei seine Eigenschaft der Kapitalwertmaximierung. Der Kapitalwert eines Investitionsprogramms ist die gewogene Summe seiner Zahlungskonsequenzen, wobei als Gewichte zins- und zeitpunktabh~ngige Diskontierungsfaktoren auftreten. Anschaulich beschreibt der Kapitalwert eines Investitionsprogramms die sich aus der Programmrealisation ergebende Vermiigensmehrung des Unternehmers zum Zeitpunkt t = 0. Der Kapitalwert eines Investitionsprogramms entspricht der Summe der Kapitalwerte der in diesem Programm enthaltenen Projekte. Sofern mehrere unabh~ingig voneinander durchftihrbare Investitionsprojekte zur Verffigung stehen, sollte der Unternehmer auf jeden Fall all diejenigen realisieren, deren Kapitalwert positivist, da er auf diese Weise das Investitionsprogramm maximalen Kapitalwerts erreicht. Die Durchffihrung von Projekten mit einem Ka-
80 pitalwert von Null ist verm6gensneutral und kann daher ebenfalls erfolgen. Projekte mit einem negativen Kapitalwert werden nicht umgesetzt, da sie verm6gensreduzierend wirken. Weil die einzelnen Investitionsprojekte hierbei unabh~ingig voneinander beurteilt werden ktinnen, spricht man auch von Einzelentseheidungen. Hat ein Untemehmer zwei oder mehr alternativ realisierbare Projekte zur Auswahl, so sollte er sich f'tir dasjenige mit dem h6chsten (nichtnegativen) Kapitalwert entscheiden (sogenannte Auswahlentseheidungen).
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Wiederholungsfragen WI.1 Benennen Sie die Eigenschaften eines vollkommenen Kapitalmarktes, und erl~iutern Sie deren Bedeutung! W1.2 Welche Konsequenz ergibt sich aus der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes f'tir Anlage- und Verschuldungszinssatz? W1.3 Was versteht man unter einer Kapitalmarktgeraden? Wl.4 Beschreiben Sie die drei grunds~itzlich zu unterscheidenden Unternehmertypen "Anlegertyp", "S chuldnertyp" und "Neutraler" ! Wl.5 Was versteht man unter der
Fisher-Separation, und wie wird sie hergeleitet?
W1.6 Was versteht man unter dem Kapitalwert eines Investitionsprogramms, und wo l~isst sich dieser im (C0;C0-Diagramm ablesen? W1.7 Inwiefern gibt die
Fisher-Separation eine Rechtfertigung fiJr die Anwendung des
Kapitalwertkriteriums? W1.8 Wie berechnet sich der Kapitalwert eines Investitionsprogramms im Mehr-Perioden-Fall?
82 Wl.9 Zeigen Sie, dass die Kapitalwertformel tiber die Eigenschaft der Wertadditivit~it verftigt! W1.10 Was versteht man unter Einzel- und Auswahlentscheidungen, und wie sind diese im Rahmen des Fisher-Modells zu treffen?
83
2
Dynamischer versus statischer Vorteilhaftigkeitsvergleich
2.1
Problemstellung
Im vorhergehenden Abschnitt wurde das Kapitalwertkriterium als geeignetes Entscheidungskriterium hinsichtlich des durchzuftihrenden unternehmerischen Realinvesfifionsprogramms bei Zugang zu einem vollkommenen Kapitalmarkt erl~iutert. Insbesondere in der Wirtschaftspraxis wird zum Teil ftir das Treffen von Investitionsentscheidungen auf gewinnorientierte Betrachtungen abgestellt. W ~ rend man kapitalwertorientierte Kalktile wegen der hier tiber entsprechende Diskontierungen erfolgenden expliziten Berticksichtigung der zeitlichen Struktur der monet~en Konsequenzen aus Realinvestitionen als dynamisch bezeichnet, ist bei gewinnorientierten Ans~itzen yon statischen Kalktilen die RedeJ Im Rahmen statischer Investitionsrechnungen wird typischerweise auf die Betrachtung einer "reprfsentativen" Periode abgestellt, und sodann werden hierftir (durchschnittliche) Gewinne oder (bei entscheidungsunabhEagiger Erlt~ssituation) Kosten ermittelt. Entsprechend spricht man yon statischen Gewinn- und Kosten-
vergleichen. Zuweilen wird auch auf die Betrachtung yon Renditen abgestellt. In diesem Fall liegt ein statischer Rentabilit~itsvergleich v o r . 2
Vgl. beispielsweise
Rolfes (1986).
Daneben gibt es noch die statische Amortisationsrechnung, die im Gegensatz zu Gewinn-, Kosten- und Rentabilit~itsvergleichen an der Betrachtung yon Zahlungsreihen ansetzt, allerdings ohne diese zu diskontieren. Insofern liegt hier trotz mehrperiodiger Betrachtung ebenfalls ein statischer Ansatz vor, wenngleich die statische Amortisationsrechnung die einzige g~ingige statische Vergleichsrechnung ist, die nicht auf die Betrachtung einer repr~isentativen Periode abstellt. Vorgehen und Sinnhaftigkeit yon Amortisationsrechnungen werden noch im n~ichsten Abschnitt eingehend er6rtert. Aus Grtinden der Systematik soll an dieser Stelle auf eine vertiefte Behandlung verzichtet werden.
84 Man mag die Betrachtung repr~isentativer Perioden als anschaulicher als eine unmittelbare Entscheidung anhand yon Kapitalwerten auffassen. Im Weiteren soil gezeigt werden, wie sich auch auf kapitalwertorienfierter Basis Analysen auf der Grundlage repfiisentativer Perioden darstellen lassen und welche Probleme im Gegensatz hierzu mit einem rein statischen Ansatz verbunden sind. Zu diesem Zweck sind im folgenden Absehnitt 2.2 zun~ichst Rentenbarwertfaktoren und (iiquivalente) Annuit~iten als wichtige finanzmathematische Begriffe im Zusammenhang mit der Betrachtung repr~isentativer Perioden einzuftihren. AnschlieBend erfolgt im Absehnitt 2.3 eine Gegentiberstellung yon statischen und dynamischen Vorteilhafligkeitsvergleichen auf der Basis der Betrachtung repr~isentativer Perioden. Die AusfiJhnmgen schlieBen mit einer Zusammenfassung im Absehnitt 2.4. 2.2
Rentenbarwertfaktor
und/iquivalente
Annuitiit
Ausgangspunkt soil ein Investitionsprojekt mit der Zahlungsreihe z 0..... z T und einem Kapitalwert K bei einem (einperiodigen) Kapitalmarktzinssatz i fiber alle Perioden sein. Ohne weiteres kann man sich fragen, wie groB eine konstante Einzahlung z von t = 1 bis T sein muss, um ffir gegebenen Zinssatz i auf diesen Kapitalwert ~: zu kommen. Die gesuchte Einzahlung z muss demnach folgender Bedingung gentigen: T
!
E
Z
-
K
(1 +i) t
t=l T r
z"E 1 t=l (1 +i) t
--
K
(2.1) K Z
T
t=l
1 (l+i)t K
,~ z - RBF(i;T)'
85 wobei "RBF(i;T)" kurz N'r " R e n t e n b a r w e r t f a k t o r bei einem Kalkulationszinsfug i und einem Betrachtungszeitraum T" steht und hier einfach definiert ist als ~T= 1 (l+i) -t. In dieser Definition entspricht der Kapitalwert einer gleichbleibenden Einzahlung in H6he von z in den Zeitpunkten t = 1 bis t = T gerade z-RBF(i;T). Da man hierbei demnach gerade RBF(i;T) fiir z -- 1 erh~ilt, ist der Rentenbarwertfaktor RBF(i;T) nichts anderes als der Kapitalwert einer gleichbleibenden Einzahlung von genau 1 GE in den Zeitpunkten t = 1 bis t = T ftir gegebenen KalkulationszinsfuB i. Der Quotient r,/RBF(i;T) seinerseits gibt gem~iB (2.1) augenscheinlich an, welche gleichbleibende Zahlung z von t = 1 bis t = T gerade ebenfalls zum Kapitalwert K ftihrt. Man bezeichnet z hierbei auch als (zu der dem Kapitalweft 1< zugrundeliegenden Zahlungsreihe) iiquivalente Annuitiit und nennt 1/ RBF(i;T) den Annuitiitenfaktor ANN(i;T). In v611iger Analogie zu RBF(i;T) gibt ANN(i;T) an, welche gleichbleibende Einzahlung von t = 1 bis t -- T bei einem KalkulationszinsfuB i erforderlich ist, um einen Kapitalwert von genau 1 GE zu generieren. 3 Insbesondere f'~ groges T ist es etwas mfihsam, den Rentenbarwertfaktor fiber die Summe der entsprechenden Diskontierungsfaktoren yon t -- 1 bis t = T zu ermitteln. In der Tat gibt es eine viel einfaehere Formel, bei der man ohne die Bildung l~inglicher Summen auskommt. Sie lautet: RBF(i;T) - (1 +i)T-1 (1 +i) T- i
(2.2)
Die Herleitung von (2.2) ist einfach, wenn man weig, dass es sich beim Rentenbarwertfaktor um eine ganz spezifische Summe handelt, die man auch als geolnetrische Reihe bezeichnet. Fiir eine beliebige Zahl q bezeichnet man die von T abh~ingige Summe q0+ql+...+qV-1 von Potenzen als geometrische Reihe. Im Anhang 1 zu diesem Abschnitt wird gezeigt, dass fiir diese (unter Voraussetzung
Vgl. zur Definition von Rentenbarwert- und Annuit~itenfaktor auch etwa Fischer (2005), S. 34 ft. Tabellen mit Werten dieser finanzmathematischen Gr6Ben f'ttr verschiedene Kombinationen von i und T finden sich beispielsweise auch in Seicht (2001), S. 612 ft.
86 yon q e 1) folgender Zusammenhang vorliegt: T Z qt-1 _
t=l
1 _qT 1-q
(2.3)
(2.3) kann nun leicht auf den Spezialfall der S u m m a t i o n yon Diskontierungsf a k t o r e n angewandt werden, wenn man q = 1/(l+i) (unter Voraussetzung von i -1 und i r 0) ansetzt. Damit erh~ilt man: T
RBF(i;T) = ~ 1 t=l (1 +i) t _
T
1 .~-, 1 1 +i ~= (1 +i) t-1 1----
1 l+i
1
(1 +i) a" 1 1l+i
(2.4)
1 . (l+i)T-1 l+i (1 +i)Tq.i _ (1 +i)T-1 (1 +i) T"i
In der zweiten Zeile von (2.4) wurde der Faktor 1/(l+i) vor die Summe gezogen und in der dritten (2.3) genutzt. In der vierten Zeile wurde zum einen der Nenner 1-[1/(l+i)] des Bruchs zu i/(l+i) umgeformt und zum anderen der ganze Bruch mit (l+i) w erweitert. In der ftinften Zeile schlieglich wurde nur noch der Nenner verdichtet.
87 Beispiel 2.1:
Gegeben sei ein Investitionsprojekt 1 mit der folgenden Zahlungsreihe fiber einen Zeitraum yon t = 0 bis t = 5:
t
0
z(•)t
- 1.000
500
400
200
4
5
300
300
Tabelle 2.1: Zahlungsreihe des Investitionsprojekts 1
Der Kapitalmarktzinssatz sei i = 8 %. Daraus resultiert ein Projektkapitalwert in H6he von ~:(~) = 389,35 GE. Der Rentenbarwertfaktor fiir i = 8 % und T = 5 bemisst sich als RBF(0,08;5) = (1,085-1)/(1,085-0,08) ~- 3,9927. Die zu dem obigen Projekt fOr T = 5 geh6rige ~iquivalente Annuit~it betr~igt somit ungef'Klar 389,35/3,9927 = 97,52 GE. Das bedeutet, dass gleichbleibende Einzahlungen yon 97,52 GE in den Zeitpunkten t = 1 bis t = 5 ebenfalls nfiherungsweise zu einem Kapitalwert von 389,35 GE ffihren.
[]
Statt Investitionsentscheidungen direkt mittels des Kapitalwertkriteriums zu treffen, kann man nattirlich auch mit Hilfe ~iquivalenter Annuit~iten zu sachgerecht zusammengestellten Investitionsprogrammen gelangen. Im Rahmen einer Einzele n t s c h e i d u n g sollte ein Investitionsprojekt durchgeffihrt werden, wenn seine ftir einen beliebigen Betrachtungszeitraum T berechnete ~iquivalente Annuit~it nichmegativ ist. Denn in diesem Fall ist auch der zugeh6rige Kapitalwert des Projekts nichtnegativ. Entsprechend ist bei einer Auswahlentscheidung zwischen zwei (oder mehr) Projekten zu verfahren: Dasjenige Projekt, dessen ~iquivalente Annuit~it f'or einen (projektunabh~ingig fixierten) Betrachtungszeitraum die gr6Bte ist, verffigt auch fiber den h6chsten Kapitalwert und sollte vorgezogen werden. Beispiel 2.2:
Gegeben sei erneut das Projekt 1 aus Beispiel 2.1 bei einem einheitlichen Kapitalmarktzinssatz i = 8 %. Im Rahmen einer Einzelentscheidung w ~ e dieses Pro-
88 jekt in jedem Falle vorteilhaft, wie auch dessen positive ~iquivalente Annuit~it signalisiert. Zus~itzlich existiere nun aber ein weiteres Projekt 2, das alternativ zu Projekt 1 durchgeffihrt werden kann und zu den folgenden Zahlungskonsequenzen in den Zeitpunkten t = 0 bis t = 4 f'tihrt:
2
0
Z(t2)
-500
200
400
150
300
Tabelle 2.2: Zahlungsreihe des Investitionsprojekts 2
Der Kapitalwert des Projekts 2 betr~igt ungef~ihr 367,7 GE. Der auf einen Zeithorizont T = 4 bezogene Rentenbarwertfaktor ist u n g e f ~ r 3,3121. Somit ergibt sich ftir T = 4 als ~iquivalente Annuit~it ein Wert von etwa 367,7/3,3121 = 111,02 GE, der gr613er als die zum Projekt 1 geh6rige ~iquivalente Annuit~it von ca. 97,52 GE ist. Nattirlich ist aber eine Entscheidung durch den Vergleich dieser beiden Annuit~iten nicht zul~issig. Denn wNarend Projekt 1 ~iquivalent zu gleichbleibenden periodischen Einzahlungen von 97,52 GE fiber einen Zeitraum von ftinf Perioden ist, liefert Projekt 2 einen derartigen Zahlungsstrom von 111,02 GE nur fiber vier Perioden. Aus diesem Grunde sind zum Vergleich von zwei Projekten im Rahmen einer Auswahlentscheidtmg die ~iquivalenten Annuit~iten in jedem Fall auf den gleichen (beliebigen) Zeitraum zu beziehen. Beispielsweise bel~iuft sich die zu Projekt 2 ~iquivalente Annuit~it ffir T = 5 auf etwa 367,7/3,9927 = 92,1 GE und liegt damit deutlich unter der von ca. 97,52 GE des Projekts 1. In entsprechender Weise k6nnte man auch die zu Projekt 1 f'tir T = 4 ~iquivalente Annuit~it mit 389,35/3,3121 = 117,55 GE berechnen. Hier sieht man nattMich erneut, dass sich Projekt 1 gegentiber Projekt 2 mit einer nunmehr mal3geblichen ~iquivalenten Annuit~it von n~iherungsweise 111,02 GE als tiberlegen erweist. [] Das Treffen von Investitionsentscheidungen auf der Basis iiquivalenter Annuit~iten beruht letztlich auf dem Gedanken, Investitionsprojekte anhand einer repriisentativen Periode zu beurteilen. Interessant ist in diesem Zusammenhang insbe-
89 sondere, wie die Anfangsauszahlung Einfluss nimmt auf die H6he der ~iquivalenten Annuit~it. Zu diesem Zweck ist der Begriff des Ertragswerts eines Projekts zu einem Zeitpunkt t einzuftthren. Hierunter versteht man den auf den Zeitpunkt t bezogenen Kapitalwert Tit der aus Sicht des Zeitpunktes t ldinftigen Einzahlungsfiberschtisse aus einem Investitionsprojekt. Bei Betrachtung aus Sicht des Zeitpunktes t = 0 erh~lt man den zugeh6rigen Ertragswert rio eines Investitionsprojekts folglich als Kapitalwert nur der Zahlungsreihe z 1..... zT.4 Sei des Weiteren die Anfangsauszahlung des Zeitpunktes t = 0 ftir die Investitionsrealisation mit A o bezeichnet, also z 0 = -A o. Dann gilt ~: = -A0+TIo und damit gem~B (2.1): z= Tl~176 RBF(i;T)"
(2.5)
Augenscheinlich wird also bei der Berechnung von z die Anfangsauszahlung A 0 in ganz spezifischer Weise auf die T ktinftigen Zeitpunkte verteilt. Dies wirkt unmittelbar sachgerecht, weil die Anfangsauszahlung zwar nur in t = 0 anf~illt, aber die Nutztmg des Projekts fiber einen l~ingeren Zeitraum erm6glicht. Das Bedtirfnis, die Anfangsauszahlung auf ktinftige Nutzungsperioden zu verteilen, ist auch aus der Kosten- und Leistungsrechnung bekannt. Dort wird dieses Ziel durch die Abschreibung der Anfangsauszahlung erreicht. Unter der Abschreibung kann man generell eine Verringerung des ausgewiesenen (Buch-) Wertes eines Verm6gensgegenstands begreifen. Bei 0bereinstimmung des anf~inglichen Buchwerts eines Investitionsobjekts mit der Projekt-Anfangsauszahlung (oder - in der Terminologie der Kosten- und Leistungsrechnung - den Anschaffungskosten) und einer insgesamt erfolgenden Abschreibung bis auf Null 5 stellen Abschreibungen nichts anderes dar als eine Verteilung der Anfangsauszahlung auf mehrere nachfolgende Perioden. Insofem kann man die Rechnung A0/RBF(i;T) als eine ganz
Der Ertragswertbegriff wird nochmals im Abschnitt 4 des vierten Kapitels bei der Diskussion der sogenannten Ertragswertabschreibung aufgegriffen. Dort finden sich auch Berechnungsbeispiele f'tir Ertragswerte. Sofern das der Projektzahlungsreihe zugrundeliegende Investitionsobjekt zum Ende seiner Nutzung noch zu einem positiven Preis verkauft werden kann, ist es sachgerecht, nur bis zu diesem Restverkaufserliis abzuschreiben. Auf diese Komplikation soll im Weiteren jedoch nicht naher eingegangen werden.
90 spezifische Form der Abschreibung der Anfangsauszahlung begreifen. Wahrend im Rahmen des Rechnungswesens die Abschreibtmg auf Basis der Anschaffungsauszahlungen derart erfolgt, dass die Summe aller Abschreibungen mit der Anschaffungsauszahlung tibereinstimmt, stellt eine Abschreibung auf der Basis der Rechnung A0/RBF(i;T) sicher, dass der Kapitalwert der Abschreibungen der Anfangsauszahlung entspricht. Es sollte unmittelbar einleuchten, dass Letzteres unter dem Aspekt kapitalwertorientierter Entscheidungsrechnungen auf der Grundlage repr~isentativer Perioden die einzig sinnvolle Art darstellt, die Anfangsauszahlung auf kfinftige Perioden zu verteilen, also abzuschreiben. 6 Bemerkenswerterweise muss - entgegen der m6glicherweise ersten Vermutung manches Lesers - die Abschreibung dabei keineswegs fiber einen Zeitraum erfolgen, der mit der Projektnutzungsdauer exakt fibereinstimmt. In der Tat ist der Einzahlungsfiberschuss einer repr~isentativen Periode abhS_ngig yon der Zahl der insgesmnt betrachteten Perioden, und entscheidend ist lediglich, dass bei Auswahlentscheidungen for alle altemativen Projekte der gleiche Betrachtungszeitraum zugrunde gelegt wird.
2.3
Statischer Gewinnvergleich versus Kapitalwertkriterium
2.3.1
Vorgehen im Rahmen eines statischen Gewinnvergleichs
Mancher mag das Treffen von Investitionsemscheidungen auf der Gmndlage repr~isentativer Perioden als anschaulicher als eine direkte Kapitalwertoriemierung erachten. NattMich ist aber auch der Kapitalwert als die durch das betrachtete
Die Summe der Abschreibungen wird bei kapitalwertorientierter Rechnung A0/RBF(i;T) wegen der Diskontiemng der Abschreibungsbetr~ige griifler als A0 sein mfissen. Im Rahmen der externen Rechnungslegung, die Aul3enstehende fiber die unternehmerische Ertragslage informieren soll, bestehen enge gesetzliche Vorschriften, die fiber A 0 hinausgehende Gesamtabschreibungen ausschliegen. Uns interessieren an dieser Stelle jedoch nur interne Rechnungssysteme, die der Entscheidungsunterstfitzung ffir die Unternehmensleitung dienen und ftir die es grunds~itzlich keine gesetzlichen Restriktionen gibt.
91 Projekt fiir t = 0 erreichbare Verm/Sgensmehrung als recht anschaulich zu bezeichnen. Ferner werden die ben6tigten ~iquivalenten Annuit~iten letztlich auf Basis der Projektkapitalwerte bestimmt, so dass hierdurch grunds~itzlich lediglich zus~itzlicher Rechenaufwand verursacht wird. Typischerweise werden Betrachtungen repr~isentativer Perioden daher zumeist auch gar nicht auf kapitalwertorientierter Grundlage durchgeftihrt, sondern sind vielmehr gewinnorientiert. Das heii3t, es werden ffir ein Investitionsprojekt7 die im Rahmen einer repr~isentativen Periode anfallenden Gewinne bestimmt, und es wird das betreffende Projekt auf dieser Grundlage sodann beurteilt. Wie bereits im Abschnitt 2.1 ausgeffihrt, spricht man in derartigen Fallen von statischen Investitionsrechnungen im Gegensatz zu den dynamischen, die auf (diskontierte) Zahlungsstrukturen abstellen. Nach den bisherigen Darlegungen dieses Buches ist ohne weiteres klar, dass eine gewinnorientierte Betrachtung nur sinnvoll sein kann, wenn sie stets zum gleichen Ergebnis f'tihrt wie eine kapitalwertorientierte. Selbst unter vereinfachenden Annahmen leistet ein statischer Gewinnvergleich dies nicht, und insofern ist yon seiner Anwendung grunds~itzlich abzuraten. Entsprechendes gilt f'tir andere Spielarten statischer Investitionsrechnungen. Um diese Beurteilung nachvollziehen zu k6nnen, soll im Weiteren zun~ichst das Vorgehen im Rahmen eines statischen Gewinnvergleichs NLlaerbeschrieben werden. Analoge Darstellungen w~iren f'tir statische Kosten- und Rentabilit~itsvergleiche m6glich. Hierauf sei aber aus Platzgrtinden verzichtet, s
Der aufmerksame Leser wird anmerken, dass genaugenommen nattirlich eine Investitionsprogrammentscheidung den Ansatzpunkt auch etwa ffir Gewinnvergleichsrechnungen bilden sollte. In der Tat sind Gewinnformeln aber ebenso wie Kapitalwertformeln wertadditiv, so dass in diesem Zusammenhang auf die im letzten Abschnitt angefa'hrte Begrtindung ffir die M6glichkeit zur Einzelprojektbeurteilung verwiesen werden kann. Ausffihrliche Er6rterungen statischer Vergleichsrechnungen finden sich in zahlreichen finanzwirtschaftlichen Lehrbtichern. Vgl. z.B. Blohm/Liider/Schaefer (2006), S. 134 ff., G6tze (2006), S. 50 ft., Grob (2006), S. 14 ft., Perridon/Steiner (2007), S. 25 ft.
92
2.3.1.1 Einzelentscheidung Ausgangspunkt eines statischen Gewinnvergleichs ist die E r m i t t l u n g des Gewinns G t a u s einem Projekt in jedem Zeitpunkt t = 0 ..... T der Nutzung dieses Projekts. Die in t = 0 im Rahmen der Projektdurchftihrung anfallende Anfangsauszahlung sei A 0. Da in t = 0 in H6he dieser Anfangsauszahlung auch eine Aktivierung, das heif3t Wertzuschreibung, erfolgt, ist der Gewinn in t = 0 aus der Projektdurchf'tihrung unmittelbar 0 GE. Von Null verschiedene Gewinne sollen daher erst ab t = 1, dem Beginn der laufenden Gtiterproduktion und -ver~iugerung, anfallen. In diesem Zusammenhang bezeichne x t den mengenm~iBigen Absatz des im Rahmen des Investitionsprojekts gefertigten Produkts zum Zeitpunkt t, w~ihrend Pt ftir den zugeh6rigen (Sttick-) Preis in diesem Zeitpunkt steht. Mit kv,t sollen die variablen Kosten pro Sttick im Zeitpunkt t bezeichnet werden, und Kf, t steht entsprechend f'tir die Fixkosten, die in t anfallen. Im Weiteren sei unterstellt, dass die variablen Sttickauszahlungen, in t ebenso wie die fixen Auszahlungen in t mit den entsprechenden Kostengr613en tibereinstimmen. Des Weiteren beschreibt D t ( " D " ftir engl. "depreciation") die auf den Zeitpunkt t verrechnete Absehreibung der Anfangsauszahlung. Als Letztes ist schliel31ich noch die Gr613e kZ t einzuftihren, worunter die kalkulatorischen Zinsen eines Zeitpunktes t zu verstehen sind. Im Rahmen statischer Ans~itze unterbleibt die Diskontierung monet~irer Konsequenzen verschiedener Zeitpunkte. Um Zinseffekte nicht v611ig zu vemachl~issigen, werden aber immerhin sogenannte kalkulatorische Zinsen auf die einzelnen Perioden verrechnet. Die Vorstellung hierbei ist die, dass eine Anfangsauszahlung A 0 in t = 0 unmittelbar einen entsprechenden zu finanzierenden Mittelbedarf dieses Zeitpunktes zur Folge hat. Durch die Abschreibungen verringern sich der Wertansatz f'tir die angeschafften Investitionsgtiter und damit scheinbar auch der Mittelbedarf f'tir die n~ichste Periode. Wenn man derart argumentiert, unterstellt man augenscheinlich wenigstens implizit, dass jeweils in H6he der Abschreibungen (tiber die sowieso erfolgenden Zinszahlungen
93 hinausgehende) Rtickzahlungen an Kapitalgeber geleistet werden. 9 W~_rend demnach in t = 0 ein Mittelbedar-f yon A o auszuweisen ist, betr~igt dieser in t = 1 nur Ao-D 1 aufgrund des durch die vorgenommene Abschreibung entsprechend reduzierten (Restbuch-) Wertes der eingesetzten Investitionsobjekte. Der durchschnittliche 1~ Mittelbedarf ist folglich (Ao+(Ao-D1))/2 = A0-D1/2. Mit i als maf3geblichem Kalkulationszinsfug ergeben sich damit auf den Zeitpunkt t = 1 zu verrechnende kalkulatorische Zinsen yon i-(Ao-D]2 ). Auf die gleiche Weise kann Fttr den Zeitraum yon t = 1 bis t = 2 verfahren werden. Mit Ao-D 1 als Mittelbedarf in t = 1 und A0-D~-D 2 als verbleibendem Mittelbedarf in t -- 2 gelangt man zu kalkulatorischen Zinsen des Zeitpunktes t = 2 von i-[(Ao-D1+Ao-D1-D2)/2 ] = i.(Ao-D1-D2/2). Beliebige andere Zeitr~iume werden analog behandelt. Im Spezialfall linearer Abschreibung, also D t = D = konst. (V t), ergibt sich eine recht einfache Formel far den durchschnittlichen Mittelbedarf von einem Zeitpunkt t-1 bis t. Im Zeitpunkt t-1 n~imlich liegt noch ein Mittelbedarf von Ao-(t-1)-D vor, w~ihrend in t der Mittelbedarf auf Ao-t-D gesunken ist. Das arithmetische Mittel dieser beiden Werte ergibt als durchschnittlichen Mittelbedarf von t- 1 bis t gerade Ao-(t-0,5)-D. Die zugeh6rigen kalkulatorischen Zinsen sind folglich i.[Ao-(t0,5)'D] und werden dem Zeitpunkt t zugeordnet. In jedem Fall l~isst sich der Gewinn aus dem zugrunde gelegten Projekt in einem Zeitpunkt t = 1..... T schreiben als: Gt =
xt-(Pt-kv,t)-Kf,t-Dt-kZt.
(2.6)
Diese Art der Berechnung unternehmerischen Mittelbedarfs in einem Zeitpunkt t wird auch als bilanzbezogene K a p i t a l b e d a r f s r e c h n u n g bezeichnet. Vgl. hierzu nS_her beispielsweise Hax (1998), S. 205 ft., sowie Breuer (1998a), S. 22 f. 10
Bei einer solchen Berechnung des durchschnittlichen Mittelbedarfs von einem Zeitpunkt t-1 bis zu einem Zeitpunkt t wird eine gleichm~iBige Wertminderung yon t-1 bis t unterstellt, was nur bei linearer Absehreibung, das heigt konstanten Abschreibungsbetr~igen je Periode, wirklich gerechtfertigt erscheint. Genauere Berechnungen des durchschnittlichen Mittelbedarfs im Falle nichtlinearer Abschreibung sollen hier zur Vereinfachung unterbleiben.
94 Der Gewinn des Zeitpunktes t ergibt sich damit aus dem Deckungsbeitrag x t.(pc kv,t) des Zeitpunktes t unter Abzug der Fixkosten Kf, t, der Abschreibung D t und
der verrechneten kalkulatorischen Zinsen kZ t. Den Gewinn G einer "repr~isentariven" Periode (oder kurz: den repr~isentativen Gewinn) erh~ilt man sodann durch Summation der entsprechenden Einzelgewinne yon t = 1 bis t = T und anschliei3ende Division dieser Summe durch T: T _ t=l
T
(2.7)
T
T
T
~xt'(,Pt-kv,t ) t=l
EKf, t t=l
T
T
T
EDt t=l
EkZt t=l
T
T
Der repr~isentative Gewinn eines Projekts kann demnach auch dadurch ermittelt werden, dass man vom durchschnittlichen Deckungsbeitrag die durchschnittlichen Fixkosten, die durchschnittlichen Abschreibungen und die durchschnittlichen kalkulatorischen Zinsen abzieht. Unter der Pramisse, dass die Summe aller Abschreibungen gerade der Anfangsauszahlung A 0 entspricht, bestimmt sich die durchschnittliche Abschreibung iJberdies unabhiingig von der konkreten Form der Abschreibung als A0/T. Umst~indliche Summationen k6nnen im Hinblick auf die Berechnung von D folglich vermieden werden. Unter dem Aspekt der Maximierung des Gewinns einer repr~isentativen Periode wird ein Projekt im Rahmen einer Einzelentscheidung f'tir G ___0 GE schliel31ich als vorteilhaft aufgefasst.
Beispiel 2.3: Gegeben sei ein Investitionsprojekt 1 mit einer Anfangsauszahlung in H6he von 580 GE. Aus diesem Projekt sollen sich weitere monet~ire Konsequenzen in den Zeitpunkten t = 1, 2 ..... 10 ergeben. Die konkreten Erfolgskonsequenzen aus dem
95 Investitionsprojekt 1 k6nnen der nachfolgenden Tabelle 2.3 entnommen werden. Dabei sei von einer linem'en Abschreibung fiber alle 10 Zeitpunkte ausgegangen. Dies ffihrt unmittelbar zu D(t~) = 580/10 = 58 GE = konst. (V t)~ Auf dieser Grundlage k6nnen sodann auch die kalkulatorischen Zinsen aus Tabelle 2.3 nachvollzogen werden. So besteht zum Zeitpunkt t = 1 nur noch ein (unterstellter) Mittelbedarf von 580-58 = 522 GE. Im Durchschnitt belief sich der Mittelbedarf von t = 0 bis t = 1 auf (580+522)/2 -- 551 GE. Mit einem Kapitalmarktzinssatz yon i = 10 % gelangt man somit zum Ansatz von kalkulatorischen Zinsen ffir die Periode von t = 0 bis t = 1 in H6he von 0,1-551 = 55,1 GE. Auf die gleiche Weise lassen sich die weiteren Zahlen der Zeile kZl 1) bestimmen. Mit 522-58 = 464 GE als verbleibendem Buchwert und damit unterstelltem Mittelbedarf in t = 2 gelangt man beispielsweise im Zeitraum yon t = 1 bis t = 2 zu einem durchschnittlichen Mittelbedarf von (522+464)/2 = 493 GE, auf den 0,1-493 = 49,3 GE kalkulatorische Zinsen verrechnet werden. Augenscheinlich reduzieren sich damit die ausgewiesenen kalkulatorischen Zinsen jede Periode tun 0,1 "58 = 5,8 GE.
t
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
x~1)
28
32
32
28
30
31
32
27
35
28
pl 1)
20
25
27
23
26
21
23
19
28
18
kll I
10
14
12
16
10
9
11
15
13
10
K~II
130
130
140
150
140
170
190
200
150
100
DI 1)
58
58
58
58
58
58
58
58
58
58
kZl ~)
55,1
49,3
43,5
37,7
31,9
26,1
20,3
14,5
8,7
2,9
Tabelle 2.3: Erfolgskonsequenzen aus der Durchffihrung des Projekts 1 Mit den Werten aus Tabelle 2.3 ist es nun m6glich, die Gewinne GI ~) aus dem Projekt 1 in den Zeitpunkten t = 1 bis t = 10 gem~il3 Formel (2.6) zu berechnen.
96 Beispielsweise erh~lt man GI 1) = 28-(20-10)-130-58-55,1 = 36,9 -- 37 GE. Insgesamt ergeben sich die folgenden (ganzzahlig gerundeten) Werte:
Tabelle 2.4: (Ganzzahlig gerundete) Gewinne G(,1) aus Projekt 1 (t = 1 ..... 10)
Das arithmetische Mittel der Gewinne GI ~ (t = 1..... T), also der Gewinn einer repr~isentativen Periode, betr~igt damit: ~1) _- 1.031/10 = 103,1 GE 11, wobei der kumulierte Gesamtgewinn tiber alle 10 Zeitpunkte durch die Anzahl der Betrachtungszeitpunkte dividiert wird. Wegen ~<1) > 0 erweist sich Projekt 1 im Rahmen einer Einzelentscheidung und bei Zugrundelegung des Ziels der Maximierung des repr~isentativen Gewinns einer Periode damit als sinnvoll.
[]
Unter bestimmten Voraussetzungen vereinfacht sich die Ermittlung des gesuchten repr~isentativen Gewinns. Bei linearer A b s e h r e i b u n g der Anfangsauszahlung muss im Rahmen der Berechnung von G einfach nur die konstante Abschreibung D = Ao/T in Abzug gebracht werden. Dies ftir sich genommen ist noch keine nennenswerte Erleichterung, weil stets D = A0/T gilt, falls lediglich A o insgesamt abgeschrieben wird. Des Weiteren aber verktirzt sich die Formel f'tir die durchschnittlichen kalkulatorischen Zinsen sehr. Da der durchschnittliche Mittelbedarf von t = 0 bis t = T im Falle linearer Abschreibung gerade A0/2 betr~igt, resultieren durchschnittliche kalkulatorische Zinsen von i'A0/2:
11 Dieser Wert resultiert auch bei exakter Rechnung.
97 T kZ t
ET t=l
T
__ iT. Z t = l [A~
: i ITA0 T [
t=l
0,5 ]
(2.8)
-- __i.IT. A A o . [ T ' ( T + I ) W[ ~ W [ 2 = i .Ao 2
Bei den Umformungen aus (2.8) wurde in der vierten Zeile zum einen der Urnstand genutzt, dass sich die Summe der Zahlen von 1 bis T als T-(T+I)/2 berechnet) 2 Zum anderen wurde D = A0/T im Rahmen linearer Abschreibung berficksichtigt. Beispiel 2.4:
Ffir das Projekt 1 aus Beispiel 2.3 kann man ohne explizite Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen der Zeitpunkte t = 1 bis t = 10 direkt darauf schlieBen, dass sich deren Durchschnitt auf 0,1.580/2 = 29 GE bel~iuft.
[]
Wenn schlieBlich auch noch die Absatzmenge x t fiber alle Perioden konstant sein sollte, x t = x = konst. (V t), dann vereinfacht sich (2.7) zu
12 Vgl. hierzu niJ_her den Anhang 2 zu diesem Kapitel.
98
P: -- x
't
Kf't A~ i" A~ u
u
(2.9)
In diesem Fall mfisste man also im Wesentlichen nur noch die durchschnittlichen Preise, variablen Sttickkosten und periodenbezogenen Fixkosten fiber den Zeitraum von t = 1 bis t = T ermitteln. Eine separate Berechntmg der Deckungsbeitr~ige der einzelnen Zeitpunkte t = 1, ..., T ertibrigt sich hierbei also.
2.3.1.2 Auswahlentscheidung Sofem neben dem gerade er6rterten Projekt noch ein zweites, alternativ realisierbares Projekt existiert, ist ftir beide der repr~isentative Gewinn zu ermitteln, und die Entscheidung f~illt dann zugunsten desjenigen Projekts mit dem h6chsten repr~isentativen Gewinn. Im Rahmen einer derartigen Auswahlentscheidung stellen sich allerdings wenigstens zwei Fragen, die bei Einzelentscheidungen nicht aufkommen. Wie ist zu verfahren, wenn die zu vergleichenden Projekte fiber eine unterschiedliche Nutzungsdauer verffigen? Welche Konsequenzen sind aus unterschiedlichen Mitteleins~itzen zu ziehen? Falls beide Projekte nur einmal durchgef'tthrt werden k6nnen, ist ihnen zur Ermittlung des repr~isentativen Gewinns auch unmittelbar der gleiche Betrachtungszeitraum zugrunde zu legen. Dieser kann grunds~itzlich beliebig gewahlt werden und muss insbesondere nicht der Nutzungsdauer eines der beiden Projekte entsprechen. Durch die Rechnung mit einheitlichem Bezugszeitraum ist gewLlarleistet, dass man sich ftir dasjenige Projekt mit dem insgesamt h6chsten Gesamtgewinn entscheidet. Insofem h~itte man sich auch gleich auf die Betrachtung der Gesamtgewinne beschr~inken k6nnen, und wieder mag die Berechnung periodenbezogener Gewinngr6Ben Nmlich wie die B estimmung ~iquivalenter Annuit~iten im Rahmen dynamischer Ans~itze vor allem unter dem Aspekt der Gew~hrleistung gr6Berer Anschaulichkeit von Interesse sein. Falls man die beurteilungsrele-
99 vanten repr~isentativen Gewinne der beiden Projekte in der Tat unter Zugrundelegung ihrer jeweiligen (unterschiedlichen) Nutzungsdauer ermittelt, ist die daraus resultierende Entscheidung nur unter der Pr~imisse stets aquivalent zur Gesamtgewinnmaximierung, dass beide Projekte so oft wiederholt werden k6nnen, dass im Rahmen der wiederholten Projektdurchftihrung ftir beide Projekte doch wiederum eine identische Gesamtnutzungsdauer vorliegt. Im einfachsten Fall kSnnte man etwa die M6glichkeit unendlich h~iufiger Wiederholung der beiden Projekte unterstellen. Dann ware aus Grtinden der Vergleichbarkeit auch die Berechnung repr~isentativer Gewinne in besonderer Weise gerechffertigt. Schliel31ich ist auf die Frage zurtickzukommen, welche Konsequenzen aus unterschiedlichen Mitteleinsiitzen der beiden Projekte in t = 0 zu ziehen sind. Sofern man schlicht die in herktimmlicher Weise errnittelten repr~isentativen Gewinne der beiden sich ausschliel3enden Projekte gegentiberstellt, ist dieses Vorgehen gleichbedeutend mit der (impliziten) Annahme, dass neben den beiden zur Auswahl stehenden Projekten keine besseren Mittelverwendungsm6glichkeiten als zum Kapitalmarktzinssatz i bestehen. Etwaige nach Projektdurchftihrung noch vorhandene Mittel waren dann erfolgsneutral, weil erzielte Ertr~ige und verrechnete kalkulatorische Zinsen tibereinstimmten. 13
Beispiel 2.5: Gegeben sei das Investitionsprojekt 1 aus Beispiel 2.3 bei weiterhin gtiltiger Annahme yon i = 10 %. Zus~ttzlich existiere nun aber auch noch ein alternativ realisierbares Projekt 2, das bei einer Anfangsauszahlung von 430 GE in den Zeitpunkten t = 1..... 8 zu von Null verschiedenen Erfolgskonsequenzen ftihrt und dessen Nutzungsdauer sich somit auf 8 Perioden bel~iuft. Wieder sei yon einer linearen Abschreibung, dieses Mal tiber 8 Perioden, attsgegangen. Die hier
Bemerkenswerterweise wird dieser Umstand in der Literatur zuweilen nicht erkannt. Vgl. etwa Kruschwitz (1993), Sp. 1861, sowie Kruschwitz (2005), S. 34. In der Tat ist dies der gleiche Grund, warum auch im Zusammenhang mit Auswahlentscheidungen tiber Kapitalwertbetrachtungen unterschiedliche Projektanfangsauszahlungen nicht weiter beachtlich sind.
100 relevanten konkreten Werte k6nnen der Tabelle 2.5 entnommen werden.
t
1
2
3
4
5
6
7
8
x(tz)
29
31
29
26
31
32
30
33
p{2)
25
25
22
20
24
25
24
26
k(2) v,t
12
8
12
10
11
12
15
11
v~>,
18o
200
190
170
180
170
170
180
D(t2)
53,75
53,75
53,75
53,75
53,75
53,75
53,75
53,75
kZ(t2~
40,31
34,94
29,56
24,19
18,81
13,44
8,06
2,69
Tabelle 2.5:
Erfolgskonsequenzen aus der Durchft~hrung des Projekts 2 (letzte Zeile mit gerundeten Werten)
Auf der Basis von Tabelle 2.5 gelangt man zu den folgenden (ganzzahlig gerundeten) Gewinnen ~(2) aus Projekt 2 in den Zeitpunkten t = 1, v
t
..-~
8:
Tabelle 2.6: (Ganzzahlig gerundete) Gewinne G(t2) aus Projekt 2 (t = 1..... 8)
Als repr~isentativer Gewinn tiber die Projektnutzungsdauer ergibt sich auf der Grundlage von TabeUe 2.6 das arithmetische Mittel 996/8 = 124,5 GE TM, das somit tiber dem repr~sentativen Gewinn aus Projekt 1 liegt. Projekt 2 wttrde demnach Projekt 1 vorgezogen. Gesamtgewinnmaximierend wS_re diese Entscheidung aber nur unter gewissen Zusatzannahmen, etwa wenn Projekt 1 vier- und
14 Diesen Wert erh~ilt man auch auf der Grundlage der exakten Periodengewinne.
101 Projekt 2 ffinfmal hintereinander durchgeftihrt werden k6nnte, so dass der maggebliche Betrachtungszeitraum in beiden F~illen 40 Perioden umfasste. Hier aber war von einer derartigen wiederholten Durchffihrung gar keine Rede. Dann jedoch ist die Entscheidung auf der Grundlage der gerade ermittelten Durchschnittsgewinne nicht sachgerecht. WSJarend Projekt 1 n~imlich fiber 10 Perioden hinweg Gewinne von durchschnittlich 103,1 GE generiert, liefert Projekt 2 einen durchschnittliche Periodengewinn von 124,5 GE nur fiber 8 Perioden. Wie bereits dargelegt, sollte man die berechneten Gewinne einer repdisentativen Periode wenigstens auf den gleichen Betrachtungszeitraum beziehen. Legt man etwa generell den Zeitraum von t = 0 bis t = 10 zugrunde, so liefert Projekt 1 den bereits bekannten repr~isentativen Gewinn von 103,1 GE, w~hrend Projekt 2 nur auf 996/10 = 99,6 GE kommt, also schlechter abschneidet. Entsprechend k6nnte man auch einen Betrachtungszeitraum yon 8 Perioden ansetzen. Dies bedeutet nicht, dass man die Gewinne aus dem Projekt 1 in den Zeitpunkten t = 9 und t = 10 unberficksichtigt l~isst. Vielmehr wird der Gesamtgewinn eines jeden Projekts, also auch von Projekt 1, auf lediglich 8 Perioden verteilt. Man fragt sich also genaugenommen, welcher gleichbleibende Gewinn in t = 1..... 8 zum gleichen Gesamtgewinn f'tihrt wie das jeweils betrachtete Projekt fiber seine komplette Nutzungsdauer. Dabei ergibt sich ffir Projekt 1 ein Wert von 1.031/8 = 128,88 GE, der selbstverst~indlich ebenfalls fiber dem entsprechenden Wert von 124,5 GE des Projekts 2 angesiedelt ist. Ebenso gut kann man auch unmittelbar die kumulierten Gesamtgewinne der beiden Projekte vergleichen. Projekt 1 ist mit einem Gesamtgewinn von 1.031 GE auch hier dem Projekt 2 mit einem Gesamtgewinn von 996 GE fiberlegen. Erw~ihnenswert ist des Weiteren, dass Projekt 2 nur 430 GE Anfangsauszahlung ben6tigt, wg.hrend Projekt 1 einen Mittelbedarf in t = 0 von 580 GE aufweist. Damit die obigen Rechnungen konsistent sind, muss daher angenommen werden, dass die betrachtete Unternehmung neben der Durchftthrung eines der beiden Projekte etwaige noch vorhandene Mittel nur noch zum Kapitalmarktzinssatz i = 10 % anlegen kann.
[]
102
2.3.2
Gegeniiberstellung mit dem Kapitalwertkriterium
Der wesentlichste Kritikpunkt hinsichtlich der statischen Verfahren betrifft ihre fehlende theoretische Fundierung 15 und - damit zusammenhangend - ihre allenfalls zuf~illige Ubereinstimmung mit den auf der Grundlage des Kapitalwertkri-
teriums resultierenden optimalen Entscheidungen. Die Ursachen f'tir mtigliche Diskrepanzen zwischen statischer und dynamischer Betrachtung liegen auf der Hand. Selbst wenn man annimmt, dass nur Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen unter den Erfolgskomponenten nicht zahlungsgleich sind, ergibt sich doch dadurch schon die Unm6glichkeit, aus der Projektbeurteilung bei Gewinnvergleich auf die Projektbeurteilung bei Kapitalwertvergleich zu schlieBen. Denn zum einen erfolgt im Rahmen des statischen Ansatzes grunds~itzlich keine sachgerechte Verteilung der Anfangsauszahltmg auf die einzelnen Perioden und ffihrt zum anderen eine ,~nderung des ohnehin nicht eindeutig determinierten anzuwendenden Abschreibungsverfahrens bereits zu veriinderten Ausweisen des repr~isentativen Gewinns, da n~imlich tiber das gewahlte Abschreibungsverfahren der angesetzte Mittelbedarf der einzelnen Perioden und mithin die zugehtirigen kalkulatorischen Zinsen bestimmt werden. Des Weiteren spielt die zeitliche Verteilung der Erl6se sowie der hiermit einhergehenden variablen Kosten und periodenbezogenen Fixkosten im Rahmen des statischen Gewinnvergleichs keine Rolle ffir den resultierenden durchschnittlichen Gewinn, da die verrechneten Zinsen allein durch die gewahlte Abschreibungsmethode bestimmt werden. Eine ,~nderung der zeitlichen Verteilung yon Erl6sen, variablen und periodenbezogenen Fixkosten wirkt sich aber sehr wohl auf den resultieren-
15
Es gibt durchaus neuere Ansiitze, die gewilmorientierte Betrachtungen zu rechtfertigen suchen. Vgl. z.B. Reichelstein (1997) und Rogerson (1997). Im Mittelpunkt steht hierbei die Steuerung des Investitionsverhaltens eines angestellten (eigennfitzigen) Managers aus Sicht der Umemehmenszentrale fiber entsprechende Ausgestalmng der Managementemlohnung. Derartige Uberlegungen auf der Grundlage yon Interessenkonflikten zwischen Managem und Untemehmenszentrale sollen im Rahmen dieser einffthrenden Darstellung aber nicht vertieff werden.
103 den Projektkapitalwert aus, so dass also auch unter diesem Aspekt erkennbar ist, dass zwischen kapitalwert- und gewinnorientierter Investitionsrechnung keinerlei systematischer Zusammenhang besteht. Entsprechend leicht lassen sich Zahlenbeispiele konstruieren, in denen man zu widerspriiehlichen E m p f e h l u n g e n bei statischer und dynamischer Investitionsrechnung gelangt. Beispiel 2.6: Gegeben seien die Annahmen der Beispiele 2.3 und 2.5, wobei alle Erfolgsgr6gen (bis auf Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen) zahlungsgleich seien. Auf Basis der Tabellen 2.3 und 2.5 lassen sich damit die Einzahlungstiberschtisse z~tn) =
v(n)./n(n) le.(n)~ ]~(n) aUS einem Projekt n = 1, 2 in den Zeitpunkten t = 1.... , 10 At tt:'t -r~v,t/-'~f,t
ermitteln. Ftir Projekt 2 etwa berechnet sich die Einzahlung z~2) des Zeitpunktes t = 1 als 29-(25-12)-180 = 197 GE. Insgesamt erh~ilt man: ~6
t
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
z{~
150
222
340
46
340
202
194
-92
375
124
z{2)
197
327
100
90
223
246
100
315
0
0
Tabelle 2.7: Zahlungsreihen der Projekte 1 und 2
Unter Beachtung der Werte aus Tabelle 2.7 sowie der Anfangsauszahlungen von 580 GE far Projekt 1 und 430 GE ftir Projekt 2 erh~ilt man f'tir i = 10 % als Kapitalwerte der beiden Projekte ~cm = 615,32 GE sowie ~c(2) ~ 631,53 GE, so dass in der Tat doch Projekt 2 gegentiber Projekt 1 vorzuziehen ist. Statt der Kapitalwerte h~itte man auch die ~iquivalenten Annuit~iten der beiden Projekte f'tir einen einheitlichen Betrachtungszeitraum von t = 0 bis t = T gegentiberstellen k6nnen. In der nachfolgenden Tabelle sind die ~iquivalenten Annuit~iten der beiden Projekte ftir die F~ille T = 8 und T = 10 aufgeftihrt:
16 In den Zeitpunkten t = 9 und t = 10 resultieren bei Projekt 2 wegen der Nutzungsdauer von 8 Perioden nattirlich unmittelbar Einzahlungen yon 0 GE.
104 T
8
10
Pr~ekt 1
115,34
100,14
Projekt 2
118,38
102,78
Tabelle 2.8:
Aquivalente Annuit~iten der Projekte 1 und 2 fiir T = 8 bzw. T = 10 (auf zwei Stellen genau gerundet)
Zur Prtifung der Werte aus Tabelle 2.8 ist lediglich die Kenntnis von RBF(0,1 ;8) -- 5,3349 GE sowie RBF(0,1 ;10) = 6,1446 erforderlich. Wenngleich sich immerhin die ~iquivalenten Annuit~iten in der Gr6genordnung der jeweiligen repr~isentativen Gewinne bewegen, ist doch der Zusammenhang zwischen statischem und dynamischem Kalkfil mehr als lose, wie schon die unterschiedlichen resultierenden Verhaltensempfehlungen belegen. Femer k6nnte durch einfache Vertauschung der Deckungsbeitriige und periodenbezogenen Fixkosten eines Projekts in den verschiedenen Zeitpunkten seine jeweilige ~iquivalente Annuit~it beeinflusst werden, ohne dass sich der zugeh6rige repr~isentative Gewinn ~inderte. Zur Verdeutlichung sei unterstellt, dass bei Projekt 2 Deckungsbeitrag und periodenbezogene Fixkosten aus t = 1 nun dem Zeitpunkt t = 10 zugeordnet seien und umgekehrt. Entsprechend werde mit den anderen Zeitpunkten verfahren, so dass beispielsweise die Deckungsbeitr~ige und periodenbezogenen Fixkosten der Zeitpunkte t = 2 und t = 9 ebenso wie die der Zeitpunkte t = 3 und t = 8 vertauscht werden. Als Konsequenz hieraus erhiilt man als neue Zahlungsreihe des Investitionsprojekts 2:
t
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Zl2)
0
0
315
100
246
223
90
100
327
197
Tabelle 2.9: Modifizierte Zahlungsreihe des Projekts 2
105 Der zugeh6rige Kapitalwert betr~igt nun nur noch etwa 461,06 GE, und die ~iquivalenten Annuit~iten belaufen sich f'tir T = 8 auf ungef'~ar 86,42 GE und ffir T = 10 auf n~kherungsweise 75,03 GE. Aus kapitalwertorientierter Sicht w ~ e Projekt 2 dem Projekt 1 nunmehr unterlegen. Bemerkenswert ist hierbei nun, dass der Gesamtgewinn aus Projekt 2 und damit nattirlich auch der durchschnittliche Gewinn tiber alle 10 Perioden trotz dieser Transformation der zeitlichen Verteilung der Erfolgskonsequenzen unbeeinflusst geblieben ist. Ftir den durchschnittlichen Gewinn aus der Umsetzung von Projekt 2 ist demnach die ver~inderte zeitliche Struktur der zugeh6rigen monet'&en Konsequenzen bedeutungslos.
[]
Statische und dynamische Kalktile werden demnach nur zuf'~illig zu der gleichen Entscheidung f'tihren, wobei generell eine geringe zeitliehe Sehwankung der unternehmerischen Erl6s- und Kosten- bzw. Auszahlungssituation f'tir die Gleichartigkeit der jeweils hergeleiteten Handlungsempfehlungen hilfreich ist. Insbesondere ftihrt ein Vergleich zweier Projekte mit identischer Nutzungsdauer und Anfangsauszahlung bei gleichem Abschreibungsverlauf und jeweils zeitlich konstanter Erl6s- und Auszahlungssituation sowohl auf der Grundlage ihrer Gewinne gemN3 (2.6) als auch ihrer ~iquivalenten Annuit~iten stets zum selben Ergebnis. Der konstante Einzahlungstiberschuss aus einem Investitionsprojekt entspricht n~imlich hier dem um kalkulatorische Zinsen und Abschreibungen erh6hten konstanten Gewinn eines Projekts je Periode. Aufgrund der getroffenen Annahmen sind kalkulatorische Zinsen und Abschreibungen ftir beide Investitionsobjekte jeweils gleich hoch, so dass ein h6herer konstanter Einzahlungstiberschuss des einen Projekts unmittelbar auch einen h6heren repdisentativen Gewinn impliziert. Infolge der ftir beide Investitionsobjekte gleich hohen Anfangsauszahlungen geht ein h6herer Einzahlungstiberschuss eines Projekts dartiber hinaus mit einer tiberlegenen ~iquivalenten Annuit~it einher. Aquivalente Annuit~it und repr~isentativer Gewinn f'tihren deshalb hier im Rahmen von Auswahlentscheidungen zum selben Ergebnis. Nattirlich ist in einer solchen Situation ein Vergleich der beiden Investitionsprojekte allerdings derart simpel, dass schon die Gegentiberstellung der Einzahlungstiberschtisse aus den beiden Projekten zu einem beliebigen Zeit-
106 punkt hinreichend fOx eine Entscheidungsfindung ist. Nach der ausf'tkhrlichen Darstellung der Sehw~ichen statischer Vergleichsrechnungen stellt sich natilrlich die Frage, was ihre Beliebtheit 17 in der Wirtschaftspraxis ausmachen k6nnte. Ein wesentliches Argument im Rahmen jeder praktischen Anwendung ist der vermeintlieh geringe Datenbedarf zur Anwendung eines Verfahrens. Wir werden auf diesen Umstand noch an anderer Stelle zur/_t'ckkommen. Zur Kapitalwertermittlung jedenfalls ben6tigt man die detaillierte Kenntnis der gesamten Zahlungsreihe eines Investitionsprojekts, w~hrend bei einem statischen Gewinnvergleich die pausehale Abseh~tzung eines Durchschnittsgewinns auszureichen scheint. In der Tat zeigten die obigen Zahlenbeispiele 2.3 und 2.5, dass nattirlich auch der Ermittlung yon Durchschnittsgewinnen irgendwelche Vorstellungen fiber die Gewinne in den einzelnen kfinftigen Zeitpunkten w~arend der Nutzungsdauer des betrachteten Investitionsprojekts zugrunde liegen werden - und wenn es nut die Annahme eines konstanten Gewinns in allen Zeitpunkten t = 1, ..., T ist. Ansonsten k6nnte man fibrigens auch mit der gleichen Begr~dung die Betrachtung aquivalenter Annuitaten dem direkten Kapitalwertvergleich vorziehen. Tats~ichlich abet erfolgt die Ermittlung einer ~iquivalenten Annuit~it auf der Grundlage des zugeh6rigen Kapitalwertes und die Bestimmung des repr~isentativen Ein-Perioden-Gewinns auf der Grundlage des Gesamtgewinns fiber alle Perioden der Nutzungsdauer. Insgesamt bieten damit statische Vergleiche allenfalls noch einen gewissen Vorteil in Form einfacherer erforderlicher Rechenoperationen. Vor allem braucht man keine Potenzen zu bestimmen. Allerdings dfirfte dieser Vorteil wenigstens nach gewisser Eintibung des Berechnens yon Kapitalwerten keinerlei Bestand mehr haben. Alles in allem stellen statische Vergleichsrechnungen keine ernstzunehmende Alternative zur Anwendung des Kapitalwertkriteriums dar, weswegen
~7 Vgl.
Wehrle-Streif(1989), S. 20, 34.
107 im Weiteren im Rahmen dieses Buches grunds~itzlich~8 nur noch auf die dynamischen Verfahren nSaher eingegangen wird.
2.4
Zusammenfassung
Gegenstand dieses Abschnitts waren vor allem eine Pr~isentation und Wttrdigung sogenannter statischer Verfahren im Rahmen von Investitionsrechnungen. Bei den statischen Verfahren wird typischerweise eine Erfolgsgr6ge f'ttr eine repriisentative Periode eines Investitionsprojekts ermittelt. Die zeitliche Struktur der Projekterfolge wird dabei nur sehr pauschai und ungenau fiber den Ansatz kalkulatorischer Zinsen in die Betrachtung einbezogen. In kapitalwertorientierten Ans~itzen dienen Diskontierungsfaktoren zttr expliziten und differenzierten Erfassung der zeitlich unterschiedlich anfallenden monet~en Konsequenzen aus einer Projektdurchffihrung. Man spricht in derartigen F~illen daher auch von dyna-
mischen Ansiitzen. Handelt es sich bei der der statischen Investitionsrechnung zugrtmdeliegenden Erfolgsgr6Be um den Gewinn, so spricht man von Gewinnvergleichsrechnungen. Entsprechend gibt es femer Kosten- und Rentabilit~itsvergleichsrechnungen. Auch bei kapitalwertorientierten Betrachtungen kann man auf repr~isentative Perioden abstellen. Es geht dann um die Ermittlung von ~iquivalenten Annuitiiten. Den statischen Verfahren mangelt es generell an einer ebenso tiberzeugenden theoretischen Fundierung, wie sie im vorhergehenden Abschnitt ftir die kapitalwertorientierten hergeleitet worden ist. Aus diesem Grunde verwundert es nicht, dass beide Verfahren nux zuf'~illig zum selben Ergebnis f'tihren. Vermeintliche Vorteile der statischen Verfahren sollen ihr geringer Datenbedarf und ihre leichte
Rechenbarkeit sein. Da allerdings auch der Erfolg einer repr~isentativen Periode nur bei differenzierten Vorstellungen tiber den Projekterfolg w~_hrend der gesamten Projektnutzungsdauer bestimmt werden kann und sich Kapitalwertberechnun18
Eine A u s n a h m e besteht hinsichtlich der statischen Amortisationsrechnung, die im n~ichsten Abschnitt der Vollst~indigkeit halber noch kurz vorgestellt wird.
108 gen mit ein wenig Ubung keinesfalls als schwer erweisen, sind beide Argumente nicht in der Lage, den Nachteil fehlender theoretischer Fundierung aufzuwiegen. Im Weiteren bleiben die statischen Verfahren daher generell unberficksichtigt.
109 A n h a n g 119
Man betrachte die Differenz der Summen qO+q%...+qr-~ und q%qZ+...+qT. Da beide S u m m e n aus T Summanden bestehen und sich nur in zwei Summanden unterscheiden, erh~ilt man sofort qO_qVals Ergebnis der Differenzbildung. Wegen q%q2+...+qr = q.(qO+q%...+qr-~) ist die Differenz der beiden Summanden aber auch identisch zu (1-q)'(q0+q~+...+qT-~). ES folgt somit unter Beachtung von qO = 1: ( 1 - q ) ' ~ qt-1 = 1 - q T t=l T-I
t-1
(A2.1) qt-1 _ 1 - q T 1 -q
Die Umformung v o n d e r ersten zur zweiten Zeile ist dabei nur f'tir q ~ 1 zul~issig.
19 Der Beweis kann auch tiber vollst~indige I n d u k t i o n geftihrt werden. Vgl. hierzu etwa Forster (2006), S. 1.
110
Anhang 220 Man betrachte die Summation der beiden Summen I+2+...+(T-1)+T und T+(T1)+...+2+1. Paarweise Addition zun~ichst der beiden jeweils ersten Summanden, dann der jeweils zweiten Summanden und so fort liefert als Ergebnis unmittelbar (I+T)+[2+(T-1)]+...+[(T-1)+2]+(T+I)
= T-(T+I). Weil die S u m m e aus
1+2+...+(T- 1)+T und T+(T- 1)+...+2+ 1 auch als 2 .[ 1+2+...+(T- 1)+T] geschrieben werden kann, erh~ilt man damit: T
2.~t
= T'(T+I)
t=l T
~tt=l
(A2.2)
T.(T+I) 2
20 Vgl. hierzu etwa Forster (2006), S. 1 f.
111
Wiederholungsfragen W2.1 Was versteht man generell unter statischen und dynamischen Verfahren im Rahmen von Investitionsrechnungen? W2.2 Erkl~iren Sie die Begriffe "Rentenbarwertfaktor" und "~iquivalente Annuit~it"! W2.3 Wie k6nnen Investitionsentscheidungen mit Hilfe ~iquivalenter Annuit~iten getroffen werden? Gehen Sie dabei auf Einzel- und Auswahlentscheidungen ein! W2.4 Was versteht man allgemein unter einer statischen Gewinnvergleichsrechnung? W2.5 Welche anderen Formen statischer Investitionsrechnungen neben Gewinnvergleichsrechnungen werden gemeinhin noch unterschieden? W2.6 Skizzieren Sie die Vorgehensweise der statischen Gewinnvergleichsrechnung im Rahmen einer Einzelentscheidung! W2.7 Skizzieren Sie die Vorgehensweise der statischen Gewinnvergleichsrechnung im Rahmen einer Auswahlentscheidung! W2.8 Welche zus~itzlichen Probleme tauchen beim Treffen von Auswahlentscheidungen mittels statischer Gewinnvergleichsrechnungen auf, die beim Treffen von Einzelentscheidungen nicht von Relevanz sind?
112 W2.9 Welche Schw~ichen haben statische Verfahren im Allgemeinen? Gehen Sie insbesondere auf die Vereinbarkeit mit dem Kapitalwertkriterium ein! W2.10 Worin k6nnten Vorteile statischer Vergleichsrechnungen gesehen werden?
113
3
Parameterregeln
3.1
Problemstellung
Welche Zahlungsreihe man einem Investitionsprojekt zuordnet, scheint in gewisser Weise eine Frage des Standpunktes zu sein, der sich in der Definition einer Ausgangssituation als Bezugspunkt der Betrachtung niederschl~tgt. Im folgenden
Absehnitt 3.2 wird gezeigt, dass die Festlegung des Bezugspunktes bei Kapitalwertermittlungen erfreulicherweise unerheblich for die resultierende Reihung von sich gegenseitig ausschliegenden Projekten nach dem Kapitalwertkriterium ist. Im
Abschnitt 3.3 wird sodann ein Gedanke aufgegriffen, der mit der Problemstellung des Abschnitts 3.2 vordergriindig nicht viel gemein zu haben scheint. H~,iufig interessiert es n~imlich, ftir welche Parameterkonstellationen die Zahlungsreihe eines Invesfifionsprojekts zu einem Kapitalwert yon gerade 0 GE f'tihrt. Die ceteris paribus ermittelten Parameterauspr~igungen, die zu einem Projektkapitalwert von Null ftihren, bezeichnet man als "kritisehe Werte". Abschnitt 3.3 definiert diesen Begrift genauer und gibt prakfische Beispiele. Besonders wichtige kritische Werte sind interne Zinsfiige. Hierbei handelt es sich um Kalkulationszinsf'tige, die ceteris paribus zu Projektkapitalwerten von 0 GE f'tihren. Im Abschnitt 3.4 wird genauer auf die Ermittlung intemer Zinsftige und die M6glichkeit, mit ihrer Hilfe Entscheidungen zu treffen, eingegangen. Generell erweisen sich Entscheidungen auf der Basis kritischer Werte (gem~B sogenannter
Parameterregeln) gegentiber dem Kapitalwertkriterium als in mehrfacher Hinsicht unterlegen. Insbesondere etwa ist die Rangfolge sich gegenseitig ausschliegender Projekte nach ihren internen ZinsfiiBen nicht unabh~ingig vom gewahlten Bezugspunkt und allein schon deswegen unter Beachttmg der Ergebnisse des Abschnitts 3.2 nur zuf'~illig mit der Reihung nach Projektkapitalwerten identisch.
Abschnitt 3.5 dient der Zusammenfassung der zuvor hergeleiteten Ergebnisse.
114 3.2
Irrelevanz der Nullpunktwahl bei Kapitalwertorientierung
Ausgangspunkt der Betrachtung sei eine A u s w a h l e n t s c h e i d u n g zwischen zwei verschiedenen Investitionsprojekten 1 und 2 bei einem Betrachtungszeitraum von t = 0 bis t = T. Aus sonstigen investiven Mal3nahmen sollen sich bereits unternehmerische Einzahlungen von t = 0 bis t = T in H~he yon L~(B) o . . .zIB), ..
z_(B) T
ergeben. Die Durchfiihrung des Projekts 1 impliziere zus~itzliche Einzahlungen in t = 0 bis t = T yon Zo~), z 1~1), ..., zT~l). Die Reihe der zus~itzlichen Einzahlungen aus Projekt 2 sei entsprechend Zo~2), zl 2). . . . . ZT~2). Insgesamt ergeben sich aus der 7(B).j_7 Durchfiihrung des Projekts 1 demnach Gesamteinzahlungen yon ,~(B)_LT(1) Lo . L o , ~1 -~1(1), (1) . . . . .~ T(B)d_,7 --'~T 9 Der zugehOrige Kapitalwert sei mit I~ges-(1)bezeichnet. Entsprechend sei
~:~2] der Gesamtkapitalwert f'tir das Projekt 2 auf Basis der Zahlungsreihe Z(om+Zo (2), z(B) -~l 1_7(2). . . . . . '7T (B)-I-7 (2) Bei 0rientierung --'~T"
am Kapitalwertkriterium
ist einfach
dasjenige Investitionsprojekt mit dem h6chsten resultierenden Kapitalwert zu realisieren. Einwenden k6nnte man gegen das gerade pr~isentierte Vorgehen, dass die Zahlungsreihe L ~(m o , z}B) . . . . .
z~B) von den Projekten
1 trod 2 gar nicht verursacht
worden und ihnen insofem auch nicht zuzuordnen ist. 1 Das heil3t, man k6nnte darauf hinweisen, dass die Projekte 1 und 2 allein aufgrund der durch sie zus~itzlich verursachten Zahlungsreihen z~1), z 1(1), .-., z(~T bzw. z~02~,z~2), ..., z~2~ beurteilt werden sollten. Die hieraus resultierenden Kapitalwerte seien mit ~:(~) und ~(2) bezeichnet. Mit ~:(m als Kapitalwert der Zahlungsreihe z0(B), zlm, ..., zT-(mgilt nun aber f'tir n = 1, 2:
Im R a h m e n der Kosten- und Leistungsrechnung wird ahnlich argumentiert, wenn F i x k o s t e n aufgrund ihrer fehlenden Dispositionsabhangigkeit in EntscheidungskalkiJlen nicht angesetzt werden (sollen). Vgl. etwa Scheffen (1993), S. 319.
115 ~
(n) Kg~ s = E
t=o
(1 +i) t
(3.1) = ~t=0 (1+i) t t=0 (1+i) t
= ~c(B)+K(n).
Aus (3.1) ergibt sich sofort --ges---ges K'(I) 1('(2) = >
>
<
<
K~(I)-}((2)
und demnach
(3.2)
Damit spielt es f'tir das Ergebnis der kapitalwertorientiert getroffenen Auswahlentscheidung keine Rolle, ob man zur Beurteilung der beiden Investitionsprojekte die Zahlungsreihen ~0 ~(B)~_~(.) _(B)__(n) ~(B)_~(n) --~0 ' L1 "r'Z'I , ..., L T -r'L T oder aber
Z (n), ~lT(n)'
..., zT(") (n
=
1, 2) zugrunde legt. Die ausgewiesene Differenz der Kapitalwerte und folglich auch die hierauf basierende Handlungsempfehlung sind in beiden Fallen identisch. Beispiel 3.1:
Gegeben sei ein Unternehmer, der aus dem bereits lest geplanten Teil seines Investitionsprogramms Einzahlungen z(tB) (t = 0 ..... 3) gem~i13 Tabelle 3.1 erreicht. In Tabelle 3.1 finden sich iiberdies auch noch die durch zwei alternativ realisierbare Investitionsprojekte 1 und 2 jeweils zus~itzlich zu den Einzahlungsiiberschtissen z(tB) ausgel6sten Zahlungskonsequenzen zl 1) bzw. zl2) (t = 0 ..... 3).
116 0
1
2
3
400
500
400
z(B) t
- 1.000
(1) Zt
-120
60
70
40
z~t2)
-100
50
45
45
Tabelle 3.1:
Basiszahlungsreihe sowie Zahlungskonsequenzen zweier alternativer Projekte 1 und 2
Der Kapitalmarktzinssatz sei i = 10 %. Bei Entscheidung ffir Projekt 1 gelangt der Untemetuner damit zu einem Kapitalwert der Gesamtzahlungsreihe zCtm+zCt~) (t 7(g ).a..,7 ~1) = 99,835 GE und fiar die Zahlungsreihe -~t -~t(2) zu 1(-(2) -ges = 0 ..... 3) von ~:ges
=
93,839 GE. Die Realisation von Projekt 1 fiihrt folglich zu einem um etwa 99,835-93,839 -- 6 GE hOheren Gesamtkapitalwert als die Wahl von Projekt 2. Dass sich dutch die Entscheidung zugunsten des Projekts 1 ein Kapitalwert- und damit VermOgenszuwachs von etwa 6 GE ergibt, kann man auch durch Gegentiberstellung der Kapitalwerte der Zahlungsreihen von z(tl) und z~t2~(t = 0 ..... 3) ermitteln. Es resultieren n~imlich ~(~ -- 22,449 GE sowie ~d2) ~- 16,454 GE und damit emeut eine Differenz von ungef'~_r 6 GE.
[]
Die Frage nach der "richtigen" Projektzahlungsreihe stellt sich demnach im gerade beschriebenen Kontext gar nicht. Im Rahmen der Ermittlung der einem Investitionsprojekt zuzuordnenden Zahlungsreihe geht es gewissermal3en um eine Art Nullpunktfestlegung. Bei Ansatz an einer Zahlungsreihe der Form z0~m+Z~o n), z ( B ) .,~j t.7(n) .....
~T ( B )~-L _ ~ a. (n) wird als Nullpunkt sozusagen keinerlei unternehmerische L
T~itigkeit gew~ihlt, wahrend die Zahlungsreihe z~0n), z}"). . . . . z~n) gerade die Unterlassung (nur) der beiden Investitionsprojekte bei Aufrechterhaltung der sonstigen unternehmerischen T~itigkeit als Bezugs- oder Nullpunkt impliziert. Nattirlich sind noch viele andere Nullpunkte denkbar, etwa die Realisation eines der beiden Investitionsprojekte. In jedem Fall ermittelt man die durch ein Investitionsprojekt n in Relation zur definierten Basiszahlungsreihe resultierenden Zahlungs-
117 konsequenzen und den zugeh6rigen Kapitalwert. Insofern stellt jede Kapitalwertberechnung stets die Berechnung des Kapitalwertes einer Differenzinvesfition dar. Infolge der bereits im Abschnitt 1 dieses Kapitels er~Srterten Eigenschaft der WertaddifiviN't der Kapitalwertformel ist aber nun gerade die Bezugspunkffestlegung ohne Bedeutung, da der Kapitalwert einer Differenz von Zahlungsreihen stets der Differenz der zugeh6rigen Kapitalwerte entspricht. Sofern sich also das Projekt 1 dem Projekt 2 bei vollst~ndigem Verzicht aufjegliche unternehmerische T~itigkeit als Bezugspunkt als ~berlegen erweist, gilt dies auch ftir jeden anderen Bezugspunkt. In der Tat ist die Differenz der Kapitalwerte der Projekte 1 und 2 unabh~ingig von dem gew~hlten Bezugspunkt. Auch inhaltlich ist dieses Resultat unmittelbar einsichtig. Der einem Investitionsprojekt zugeordnete Kapitalwert gibt im Lichte der obigen 0 b e r l e g u n g e n stets die u n t e r n e h m e r i s c h e Verm6gensmehrung in Relation zum zugrunde gelegten Nullpunkt an. Wenn Projekt 1 aber f'ttr irgendeinen beliebigen Bezugspunkt zu einer gr6Beren Verm6gensmehrung als Projekt 2 ftihrt, dann gilt dies auch ftir alle anderen denkbaren Bezugspunkte. Die ZusammenhSaage wirken hier in gewisser Weise Nmlich zu denen bei Hiihen- oder Temperaturmessungen. Wenn jemand vom Scheitel bis zur Sohle 180 cm misst und ein anderer nur 175 cm, dann ist der Letztere stets 5 cm kleiner als der Erste, auch wenn man die jeweils erreichte Kopfh6he (bei gleichem Niveau des Standortes) vom Meeresspiegel oder vom Erdmittelpunkt aus bestimmt. Entsprechend ist 110 ~ C um 10 ~ w~.rmer als 100 ~ C, wobei der Gefrierpunkt yon Wasser als Nullpunkt dient. Die Differenz yon 10 ~ bleibt auch bestehen, wenn man die Temperaturen vom absoluten Nullpunkt (0 K = -273,15 ~ C) aus misst, also statt 110 ~ C eine Temperatur von 383,15 K und statt 100 ~ C einen Wert von 373,15 K ausweist. Ein wenig hinken die Vergleiche allerdings. Denn genaugenommen ist die Analogie zu H6hen- und Temperaturmessungen zun~ichst einmal nur in der gleiehbleibenden Differenz zwischen der Einzahlung z(tl) aus einem Projekt 1 und der entsprechenden Einzahlung zl2) aus einem Projekt 2 (t = 0 ..... T) zu sehen, auch wenn man einen unterschiedlichen Nullpunkt definiert. Die anschlieBende Kapitalwertberechnung stellt eine Bewertung der Gesamtzahlungsreihe dar, und
118 dass sich auch in diesem Zusammenhang die Bezugspunktwahl als unerheblich erweist, ist ein durchaus nicht selbstverst~indlicher Umstand, sondern vielmehr eine Konsequenz der spezifischen Struktur der Kapitalwertformel. Wtirde man etwa eine Situation ohne Kapitalmarktzugang betrachten, dann wttrde ftir eine fixierte Nutzenfunktion U eines Untemehmers ein Vergleich der Nutzenwerte ~rr,,(B)--~,(~). Z B)'-uT(1)~ "7(B)-1-7(1)~ u n d ]I/7(B)-uT(2)'7(B)-LT(2)" " z ( B ) ' a - 7 ( 2 ) ~ keineswegs stets z u m 1 ~1 ~"'~T --~T ] "~*,'u0 --L'0 ~L'I " L I ~"'~T ~"T ] selben Ergebnis f'0hren wie ein Vergleich der Nutzenwerte 9t -T~,(~).~,(~). 97T( lh) und J \ ~ 0 ~L 1 ~..-~L U~,,(2~.,,(2~. .~,(2~ t,~ 0 ~L 1 ~...~z~ T ] . Konkret gilt dies dann, wenn die Nutzenfunktion U nicht additiv-linear in den Argumenten C t i s t , also nicht U(C0;...;CT) = (z0-C0+ ...+(zT-Cr mit festen Koeffizienten at, und T > 1 gilt.2 Allerdings ist dies auch kein Grund zur Besorgnis, denn sachgerecht ist nattirlich nur ein Vergleich der Nutzenwerte auf der Grundlage yon allen resultierenden Zahlungskonsequenzen, hier also gem~ig den ersten beiden Nutzenwerten. 3 Insofern liegt die ftir die einzelnen Handlungsalternativen anzusetzende Zahlungsreihe durchaus eindeutig fest, und man braucht sich zumindest aus theoretischer Sicht keine grogen Gedanken um den Bezugspunkt zu machen. Von einem mehr praktischen Standpunkt aus ist es nun aber schon erfreulich, dass selbst bei "falscher" Bezugs-
Beachtet werden sollte, dass im Fall reiner Ein-Zeitpunkt-Betrachtungen (T = 0) die Bezugspunktwahl in der Tat auch bei fehlendem Kapitalmarktzugang nicht von Bedeumng ist: Unabh~ingig yon den bereits erreichten EirLzahlungen Zo(mund der unterstellten streng monoton steigenden Nutzenfunktion U(Co) ist eine Alternative 1 mit zus~itzlichen Einzahlungen Zo~1~besser als eine Alternative 2 mit zus~itzlichen Einzahlungen z0(2~ < z(01~. Im Rahmen investitionsrechnerischer klberlegungen sind Ein-Zeitpunkt-Betrachtungen natN'lich weitestgehend gegenstandslos. Anders verh~ilt es sich bei der im Allgemeinen einperiodig angelegten Kosten- und Leistungsrechnung. Tats~ichlich ist die gerade dargelegte Uberlegung der Grund ftir die fehlende Entscheidungsrelevanz von Fixkosten im Rahmen der Kosten- und Leistungsrechnung bei Sicherheit. Nattirlich k6nnte man ftir den zweiten Fall simultan zur Bezugspunkt~inderung eine Transformation der angesetzten Nutzenfunktion so vornehmen, dass die jeweils ausgewiesenen Nutzenwerte trotz modifizierter angesetzter Zahlungsreihe identisch bleiben. In diesem (trivialen) Sinne allerdings ist die Nullpunktwahl stets entscheidungsirrelevant.
119 punktwahl das Kapitalwertkriterium zu ad~iquaten Auswahlentscheidungen fiihrt. Denn oft wird die Ermittlung bestimmter Differenzzahlungsreihen einfacher als die Ermittlung untemehmerischer Gesamtzahlungsreihen sein. Unter diesem Aspekt liegt hier also in der Tat ein bemerkenswertes Ergebnis vor, anf das wir im weiteren Verlauf dieses Abschnitts noch zuriJckkommen werden. Infolge unserer gewonnenen Erkenntnis, dass jede Kapitalwertberechnung stets die Ermittlung des Kapitalwertes einer Differenzinvestition ist, sollte man generell die jeweils zugrunde gelegte Basiszahlungsreihe bei Kapitalwertermittlungen explizit nennen. Da diese sich aber letzten Endes f'tir Projektreihungen auf der Grundlage des Kapitalwertkriteriums wiederum als irrelevant erweist, sollen im Weiteren unter der Zahlungsreihe z 0, z~..... z,r eines Projekts (wie bislang ohnehin implizit angenommen) stets diejenigen eindeutigen Zahlungskonsequenzen verstanden werden, die sich ceteris paribus aus der Projektdurchftihrung im Vergleich zur Projektunterlassung ergeben. Als Basiszahlungsreihe fungiert hierbei demnach eine Situation, in der ceteris paribus lediglich das betreffende Projekt und die hierzu in Erw~igung gezogenen Investitionsalternativen unterlassen werden, unbeschadet sonstiger, als gegeben angenommener untemehmerischer Investitionsaktivit~iten. Sofem andere Basiszahlungsreihen zugrunde gelegt werden, wird hierauf explizit hingewiesen.
3.3
Parameter, kritische Werte und Projektkapitalwerte
Bereits im Rahmen des Abschnitts 2 dieses Kapitels haben wir die Determinanten der Zahlungsreihe eines Projekts weiter aufgeschltisselt, indem auf die jeweiligen Ums~itze sowie die variablen und fixen Auszahlungen eines Zeitpunktes t n~her eingegangen wurde. Derartige Gr6gen wie Absatzmengen x t, Preise Pt, variable Sttickauszahlungen 1%,tund fixe Auszahlungen Kf,t bezeiclmet man als Parameter eines Investitionsprojekts. Generell versteht man im hier relevanten Kontext damnter jede Gr6ge, deren Auspr~igung Einfluss anf die H6he des ausgewiesenen Kapitalwertes nimmt. Auch die Projektnutzungsdauer T sowie der angesetzte Kalkulationszinsfull i sind daher als Parameter anfzufassen. Im Weiteren sei zur
120 Vereinfachung ein Investitionsprojekt angenommen, das neben einer Anfangsauszahlung A o in t = 0 in den Zeitpunkten t = 1 bis t = T gleichbleibende Zahlungskonsequenzen z = x-(p-kv)-K f verursacht. Aus sonstigen, bereits implementierten Investitionen sollen sich ftir den Unternehmer Einzahlungen von z0(m, z}m, 9 . . , Z-(m T mit Kapitalwert ~(a) ergeben. Als Bezugspunkt sei zun~ichst der Verzicht auf jegliche unternehmerische T~itigkeit gew~hlt. Aufgrund der Wertadditivitiitseigenschaft der Kapitalwerffunktion und gem~ig der Darstellung des vorhergehenden Abschnitts 2 dieses Kapitels kann in einem derartigen Fall der zugehSrige Projektkapitalwert mit Hilfe des Rentenbarwertfaktors RBF(i;T) in sehr tibersichtlicher Weise formuliert werden: ~:g~ --- -A o+ [x. (p -kv) -Kr]" RBF(i;T) +,:03).
(3.3)
Von besonderem Interesse sind nun solche Auspr~igungen eines Parameters, die ffir gegebene iibrige Parameterauspr~igungen zu einem Kapitalwert von Null ftihren. Man nennt derartige Parameterauspr~igungen "kritische Werte" 4 Sofem ein Parameter also gerade seinen kritischen Wert annimmt, fiihrt die Projektdurchftihrtmg (ftir gegebenen Nullpunkt) zu keinerlei Vermiigensiinderung. Im Hinblick auf die der Bestimmungsgleichung (3.3) zugrundeliegende Bezugspunktwahl bedeutet dies, dass der Unternehmer aus seiner gesamten investiven T~itigkeit unter Einschluss der (zus~itzlichen) Durchf'tihmng des Projekts 1 keinerlei Reichtumszuwachs erfNart. Natfirlich kann man fiir verschiedene Bezugspunkte kritische Werte ermitteln. Beispielsweise k6nnte man sich auf die Betrachtung der durch die Projektdurchftihrung zus~itzlich zu z0(m, z~m..... z~B) erreichbaren Zahlungsreihe beschr~inken. Man wiirde also an einem Projektkapitalwert ~c mit ~: = -A o §
(p-kv) -Kf] RBF(i;T)
(3.4)
ankntipfen, diesen gleich Null setzen und nach einem der Parameter x, p, k v, Kf, i oder T aufl6sen. Basiszahlungsreihe oder Nullpunkt w~ire hier demnach die
4
Vgl. hierzu auch Kilger (1965) oder Schneider (1973), S. 63 ft.
121 Nichtdurchfiihrung des Investitionsprojekts unter Beibehalmng der sonstigen unternehmerischen T~itigkeit. Fttr den hierbei ermittelten kritischen Wert w ~ e der Reichtumszuwachs aus der Projektdurchffthrung gegentiber der Projektunterlassung folglich Null. Die Interpretation von kritischen Werten ist also sachgerecht stets nur vor dem Hintergrund der jeweils angesetzten Basiszahlungsreihe m6glich. Weil sich demnach f'ttr denselben betrachteten Parameter je nach zugrunde gelegtem Nullpunkt unterschiedliche Interpretationen des Bedeutungsinhalts seines jeweiligen kritischen Wertes ergeben und auch wegen der unterschiedlichen Gestalt von (3.3) und (3.4), sollte ohne weiteres einleuchten, dass auch die ermittelte H6he des kritischen Wertes vonder gewfihlten Basiszahlungsreihe abh~ingt. Im Weiteren wird nur noch auf die Darstellung g e m ~ (3.4) zurfickgegriffen, so dass die fiber die Setzung ~ = 0 jeweils berechneten kritischen Werte unmittelbar eine Aussage der Art zulassen, dass der betrachtete Untemehmer der Projektrealisation indifferent gegentibersteht. Man kann des Weiteren verschiedene kritische Werte je nach dem betrachteten Parameter unterscheiden. Setzt man etwa (3.4) gleich Null, um nach x anfzul6sen, so spricht man von der Break-even-Menge (in dynamischer BetrachtungS). Konkret resultiert: '% Xkrit
-
p-k
+Kf
(3.5)
Die Break-even-Menge erh~ilt man, indem man die auf eine repr~isentative Periode bezogenen ausbringungsunabh~ingigen Auszahlungen durch die (zahlungsorien-
Auch im Rahmen statischer Betrachtungen kann man kritische Werte ausrechnen. Dabei wird dann ftir gew6hnlich der Gewinn einer repr~isentativen Periode gleich Null gesetzt. Vgl. beispielsweise Ewert/Wagenhofer(2005), S. 199.
122 tiert 6 definierte) Deckungsspanne p-k v des hergestellten Gutes teilt. Die Deckungsspanne gibt hierbei an, wie viel Einzahlungsfiberschuss zur "Abdeckung" der fixen Auszahlungsverpflichtungen der repr~isentativen Periode durch den Absatz yon 1 ME des hergestellten Gutes in der betreffenden Periode erwirtschaftet wird. Es leuchtet unmittelbar ein, dass man daher fiber (3.5) diejenige pro Periode abzusetzende Menge erh~ilt, die zu einer Projekteinzahlung der repr~isentativen Periode und damit einem Kapitalwert yon Null ftihrt. Die einzige Komplikation besteht in der Art der V e r r e c h n u n g der Anfangsauszahlung auf die Perioden der Nutzungsdauer des Projekts mittels Division durch den Rentenbarwertfaktor. Dieses Vorgehen ist abet aus dem letzten Abschnitt 2 ebenfalls bereits bekannt.
Beispiel 3.2: Gegeben sei ein Investitionsprojekt mit einer Anfangsauszahlung A 0 = 100 GE in t = 0, das in den Zeitpunkten t = 1 bis t = 4 den Absatz von jeweils x Mengeneinheiten eines Produkts zu einem konstanten (Stfick-) Preis von p = 3 GE/ ME bei konstanten variablen Stfickauszahlungen 1% = 1 GE/ME erm6glicht. Ferher sollen in t = 1 bis t = 4 jeweils fixe Auszahlungen Kf = 50 GE anfallen. Mit einem Kapitalmarktzinssatz i = 10 % erh~ilt man sofort einen Rentenbarwertfaktor RBF(0,1 ;4) von etwa 3,1699 und damit als Break-even-Menge 10o ~50 ~ 3,1699 ~ 40,77 ME x~t 3- 1 oder, ganzzahlig aufgerundet, 41 ME.
(3.6)
[]
Normalerweise bezieht sich der Begriff der Deckungsspanne auf die Differenz zwischen Absatzpreis und variablen Stfickkosten. Im Rahmen unserer investitionstheoretischen Uberlegungen stehen aber natfirlich Zahlungskonsequenzen und damit die variablen Stfickauszahlungen im Vordergrund. Unterstellt man wie im vorhergehenden Abschnitt 2 die Gleichheit von variablen Stfickauszahlungen und -kosten, stimmt die zahlungsorientiert definierte Deckungsspanne mit der "herk6mmlichen" fiberein.
123 L6st man (3.4) nach Nullsetzung alternativ nach dem Preis auf, erh~ilt man den sogenannten Break-even-Preis: A~ ~-Kf = kv + RBF(i;T) P~t X
(3.7)
Auch dieses Ergebnis l~isst sich leicht interpretieren. Augenscheinlich muss der Absatzpreis des erstellten Gutes mindestens den variablen Stfickauszahlungen entsprechen. Zus~itzlich sind aber auch die aufs Sttick und eine repr~isentative Periode umgerechneten besch~iftigungsunabh~ingigen Auszahlungen abzudecken. Beispiel 3.3: Gegeben sei das Investitionsprojekt aus Beispiel 3.2, wobei nun von einer konstanten Absatzmenge x = 45 ME in den Zeitpunkten t = 1 bis t = 4 ausgegangen werde. Der hieraus ceteris paribus resultierende Break-even-Preis betr~igt
Pkrit ~"
100 ~-50 GE 1 + 3,1699 ~ 2,81 45 ME
und ist folglich (nattirlich) kleiner als 3 GE/ME.
(3.8) []
Drittens kann man sich die Frage stellen, ft~r welche Gesamtlaufzeit "c der Kapitalwert Null oder (bei Betrachtung nur ganzzahliger Werte f/Jr "0 zum ersten Mal positiv wird. Diesen kritischen Wert "Cknt bezeichnet man als Amortisationsdauer. 7
Auch hier ist genaugenommen von der Amortisationsdauer in dynamischer Betrachtung zu sprechen. In statischer Betrachtung l~isst sich n~imlich ebenfalls eine Amortisationsdauer bestimmen. Hierbei wird derjenige Zeitpunkt ermittelt, bei dem die undiskontierte Summe der Zahlungskonsequenzen eines Projekts Null oder (bei ganzzahliger Ermittlung der Amortisationsdauer) zum ersten Mal positiv wird.
124
Beispiel 3.4: Gegeben sei das Investitionsprojekt aus Beispiel 3.2 mit x = 50 ME als m6glicher Absatzmenge in den Zeitpunkten t = 1 bis t = 4. Hieraus ergibt sich ein konstanter Einzahlungstiberschuss z = x-(p-kv)-Kr = 50 GE f'tir t = 1..... 4. In Tabelle 3.2 sind die resultierenden Projektkapitalwerte K(z) ftir verschiedene
Laufzeiten "c = 1 bis "c = 4 abgetragen:
2
27
~:(~) Tabelle 3.2:
-54,55
4
-13,22
24,34
58,49
Kapitalwerte eines Investitionsprojekts in Abh~ingigkeit der realisierten Laufzeit (auf zwei Stellen genau gerundet)
Der Kapitalwert wird hierbei zum ersten Mal far "~ = 3 positiv. Die Amortisationsdauer bei Beschr~nkung auf ganzzahlige Werte far "c ist damit folglich gerade dieser Wert von 3 Perioden. L~isst man auch nicht-ganzzahlige L6sungen zu und unterstellt einen gleichmN3igen Zahlungseingang zwischen zwei Zeitpunkten t-1 und t, wobei die Gewichtung dieser Zahlungen aber einheitlichs mit (l+i) t erfolge, dann erh~ilt man wegen ~:(3)-~(2) = 37,56 GE eine Amortisationsdauer von 2+(37,56-24,34)/37,56 ~ 2,35 Perioden.
[]
Der prominenteste kritische Wert difrfte aber durch die Nullsetzung von (3.4) und Aufl6sung nach i determiniert werden. Man nennt einen zum Kalkulationszinsfug i geh6rigen kritischen Wert
ikrit
einen internen ZinsfuB der entsprechenden
Natfirlich k6nnte man die Darstellung noch insofern verfeinern, dass far Zahlungsrackfl~isse zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Zeitraum von t-1 bis t auch untersehiedliehe Diskontierungsfaktoren angesetzt werden. Dieser Gedanke wfirde hier aber zu weir ftthren und soll deswegen nicht weiter verfolgt werden.
125 Zahlungsreihe. 9 Die weitere Diskussion kritischer Werte soll sich exemplarisch auf die Er6rterung yon Entscheidungen mit Hilfe interner Zinsffige beziehen. Die wesentlichen Implikationen lassen sich n~xnlich auch auf die Nutzung anderer kritischer Werte iibertragen.
3.4
Interne Zinsfiige von Z a h l u n g s r e i h e n
3.4.1
Ermittlung und Interpretation von internen ZinsfiiBen
Besonders einfach ist die Berechnung yon internen Zinsftigen im Zwei-Zeitpunk-
te-FaU, also f'tir ein Projekt mit Anfangsauszahlung A 0 in t = 0 und Rfickflfissen z 1 in t = 1. Dann erh~ilt man n~imlich: z1 ! K -- -Ao+ 1 +i = 0 (3.9) z 1- A o
** ikat --
Ao
Der interne Zinsfug einer Zahlungsreihe im Rahmen einer Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung wird demnach ermittelt, indem man den fiber A 0 hinausgehenden Rfickfluss aus dem Investitionsprojekt durch den in t = 0 erforderlichen Mitteleinsatz dividiert. Augenscheinlich ist dies der Verm/3genszuwachs aus der Investition je eingesetzter Geldeinheit, also eine RenditegrSBe, wie sie schon im Kapitel II eingef'tkh_rt worden ist. In der Tat k6nnen interne Zinsffige auch im Rahmen von Mehr-Perioden-Problemen generell als P r o j e k t r e n d i t e n aufgefasst werden.
Beispiel 3.5: Zur Veranschaulichung sei von den folgenden Zahlungskonsequenzen eines Invesfitionsprojekts 1 ausgegangen: z~01~= -100, zl 1) = 70 sowie z~1) = 50,16 GE. Man
9
Vgl. zum Begriff des internen ZinsfuBes etwa Hax (1993), S. 15 ft., Kruschwitz (2005), S. 106 ft., Schiifer (2005), S. 155 ft.
126 prfift leicht, dass "krit~(l)= 14 % ein interner Zinsfug dieser Zahlungsreihe ist: ~:(x) = - 1 0 0 +
70
1,14
~ 50,16
_ 0.
(3.10)
1,142
Sofern der Kapitalmarktzinssatz i = 14 % betr~igt, entspricht der maximal aus den k~nftigen Projektrfickflfissen in t = 0 aufnehmbare Kredit denmach gerade der Anfangsauszahlung. Der Unternehmer wird dann durch die Projektrealisation weder reicher noch ~rrner. Dies impliziert, dass einem Kreditgeber bei Bereitstellung von 100 GE in t = 0 demnach exakt eine Periodenverzinsung von 14 % gewS.hrt werden kann: Wenn der tiberlassene Betrag von 100 GE sich mit 14 % verzinsen soll, dann resultieren fiJr t = 1 hieraus Zahlungsverpflichtungen des Unternehmers im Umfang yon 100-1,14 = 114 GE. Von diesen Verbindlichkeiten kann der Unternehmer in t = 1 bereits 70 GE begleichen, so dass sich eine verbleibende Schuld von 114-70 = 44 GE ergibt. Bei erneuter Verzinsung zu 14 % von t -- 1 bis t = 2 muss der Unternehmer in t -- 2 insgesamt noch 44.1,14 = 50,16 GE an den Kapitalgeber zahlen, wozu er gerade noch in der Lage ist. Insofern liefert das betrachtete Projekt hier in der Tat ftir die eingesetzten 100 GE eine Rendite von 14 %. In Nmlicher Weise kann argumentiert werden, wenn es neben der Anfangsauszahlung in t = 0 noch weitere Zeitpunkte mit negativen Zahlungssalden gibt. Gegeben sei beispielsweise ein Investitionsprojekt 2 mit z 0~2) = -50, z~2)= 60 sowie z~2) = -6,48 GE. Die Auszahlung zum Ende der Nutzungsdauer mag etwa Folge von Abbruch- oder sonstigen Beseitigungsmagnahmen im Zusammenhang mit den eingesetzten Produktionsanlagen sein. Wieder Risst sich rechnerisch leicht verifizieren, dass der zugeh6rige Kapitalwert f'~ ikrit = 8 % einen Wert yon Null annimmt. Der Unternehmer kann demnach bei einem Kapitalmarktzinssatz yon 8 % gerade einen Kredit yon 50 GE in t = 0 aufnehmen und durch zwischenzeitliche Uberschussanlage auch yon t = 1 bis t = 2 die Schlussauszahlung finanzieren: Aus dem Erhalt von 50 GE in t = 0 ergeben sich ffir t = 1 Rackzahlungsver-
127 pflichtungen von 50-1,08 = 54 GE. Wegen z 1 = 60 > 54 k6nnten diese ohne weiteres bedient werden. Weil aber in t = 2 noch eine Auszahlung von 6,48 GE zu leisten ist, ist bei einem Anlagezinssatz von i = 8 % aul3erdem ein Betrag von 6,48/1,08 = 6 GE von t = 1 bis t = 2 anzulegen. Damit verbleiben tats~ichlich 606 = 54 GE in t = 1, die zur Tilgung und Verzinsung der eine Periode zuvor aufgenommenen Verbindlichkeit aber immer noch gerade ausreichend sind. Insofem liefert das betrachtete Projekt eine Periodenverzinsung von 8 % auf die in t = 0 ben6tigten Mittel. Diese Aussage ist allerdings etwas weniger r o b u s t als im ersten Beispiel. Dort n~imlich kann durchaus sinnvoll behauptet werden, dass das betrachtete Projekt 1 eine 14%ige Verzinsung der Anfangsauszahlung durch die m6glichen Rtickfltisse in t = 1 und t = 2 gewahrleistet, selbst wenn der Kapitalmarktzinssatz ein anderer sein sollte. Weitergehende Kapitalmarkttransaktionen als die Mittelaufnahme in t = 0 treten n~irnlich bei der oben pdisentierten zugeh6rigen Rechnung zur Veranschaulichung der Renditeinterpretation nicht auf. Ftir das zweite Projekt ist dies nicht zutreffend, da zwischenzeitlich eine Mittelanlage zur sp~iteren Leistung der Schlussauszahlung erforderlich ist: W ~ e der Kapitalmarktzinssatz etwa nut 7 %, mtissten in t = 1 ceteris paribus mehr als nur 6 GE bis t = 1 angelegt werden, so dass weniger als 54 GE in t = 1 an den Kapitalgeber ftir seine Mitteltiberlassung von 50 GE in t = 0 zurtickgezahlt werden k6nnen. WS_hrend demnach die Behauptung einer 14%igen Rendite f'tir das Projekt 1 sogar unabh~ingig vom tats~ichlichen Kapitalmarktzinssatz zutreffend ist, gewfihrt das zweite Projekt auf die Anfangsauszahlung eine 8%ige Rendite nur unter der Voraussetzung, dass der Kapitalmarktzinssatz auch 8 % betdigt. Weil ein Kapitalwert yon Null generell nicht mehr als diesen letzten Umstand impliziert, sollte man sich dartiber nicht allzu wundem. 1~
[]
Die Ermittlung kritischer Werte kann sich im konkreten Einzelfall als sehr sehwierig erweisen. Eine geschlossene L6sung zur Bestimmung der Amortisa-
10 Vgl. zur inhaltlichen Interpretation des internen ZinsfufSes auch etwa (1998), S. 901 f.
Hering
128 tionsdauer etwa kann ohne Zusatzannahmen zur zeitlichen Verteilung von Einzahlungstiberschtissen innerhalb der einzelnen Perioden gar nicht angegeben werden. Die Ermittlung interner ZinsfiiBe ftir ein Investitionsprojekt mit Zahlungsreihe z 0..... z r f'tihrt zum Problem der Nullstellenbestimmung hinsichtlich eines Polynoms T-ten Grades: T
Zt
!
t=o (l+i) t - 0 T **
~ z t ' ( l + i ) T-t --- 0
(3.11)
twO
**
T ~ zt.qT-t t=0
= 0,
wobei hier q = l+i gelte und die Ermittlung von qkl~tdamit iiquivalent zur Bestimmung von ikrit ist. Ferner sei darauf hingewiesen, dass in der zweiten Zeile von (3.11) beide Seiten der Gleichung mit (1+i) T multipliziert worden sind, so dass die auftretenden Exponenten von q Werte von 0 bis T annehmen. Die generelle L6sung yon (3.11) ist sp~itestens ab T = 5 nur noch numerisch m6glich, 11 so dass sich die Berechnung interner ZinsfiiBe bereits bier gewissen Schwierigkeiten gegentibersieht, die allerdings wenigstens dann schon vemachl~issigbar sind, wenn man Zugang zu einem programmierbaren Taschenrechner hat. Schwerer dtirfte der Umstand wiegen, dass ein Polynom T-ten G r a d e s grundsiitzlich auch tiber T verschiedene Nullstellen verfiigen kann. Ftir unser Problem bedeutet dies, dass ein und dieselbe Zahlungsreihe durchaus mehrere interne ZinsftiBe gleichzeitig besitzen mag. Ein derartiger Umstand triigt nicht gerade dazu
11
Nur ftir Gleichungen bis vierten Grades liegen allgemeine geschlossene L6sungsformeln vor. Gleichungen ab fiinftem G r a d sind nicht mehr generell algebraisch 16sbar. Vgl. beispielsweise BronsteirdSemendjajew/Musiol/Mi~hlig (2005), S. 45.
129 bei, die inhaltliche Interpretation intemer Zinsftige zu erleichtern. Erfreulicherweise kann man allerdings immerhin Bedingungen formulieren, unter denen diese Mehrdeutigkeit doch nicht zum Zuge kommt. Ftir uns reicht dabei das Abstellen auf die Betrachtung sogenannter Normalinvestitionen. Eine Normalinvestidon ist dadurch gekennzeichnet, dass yon t = 0 bis zu einem Zeitpunkt t = "c >_ 0 aus der Investitionsrealisation nur Auszahlungen (oder Nullzahlungen) resultieren, wghrend ab t = "c+1 bis zum Ende der Projektnutzung in t = T die Zahlungskonsequenzen s~imtlich nichtnegativ sin& Man sagt auch, dass die Zahlungsreihe z0, zl ..... ZT nut einen Vorzeichenwechsel vom Negativen zum Positiven hat. 12'13 Schon unter dem Aspekt der Interpretation intemer Zinsftige als an Kapitalgeber zu gewiihrende Maximalrenditen ist diese Eigenschaft einer Projektzahlungsreihe gem~ig Beispiel 3.5 effreulich. Sie dttrfte im 0brigen mit dem landliiufigen Verstiindnis einer Investition konforln gehen, die in den ersten Zeitpunkten dutch Nettoauszahlungen charakterisiert ist, w~ihrend sich im Anschluss an diese Aufbauphase positive Einzahlungstiberschtisse realisieren. 14 Entsprechend nennt man eine Zahlungsreihe, bei tier es nut einen Vorzeichenwechsel vom Positiven ins Negative gibt, sinnvollerweise eine Normalfinanzierung. Man kann nun auf der Grundlage der sogenaunten kartesischen Vorzeichenregel zeigen, dass es bei Normalinvestitionen (und auch Normalfinanzierungen) nur
Vgl. zu dieser Begriffsfassung etwa Kruschwitz (2005), S. 112, oder Bitz (2005), S. 110. Zum Teil wird der Begriff in der Literatur allerdings auch anders definiert. Siehe etwa Liicke (1991), S. 291. Normalinvestitionen stellen einen Spezialfall sogenannter reguliirer Investitionen dar, auf die hier aber nicht weiter eingegangen werden soll. Vgl. zu Begriff und Eigenschaften regul~irer Investitionen etwa Franke/Hax (2004), S. 175, sowie NorstrOm (1972). 14
Natt~rlich heigt dies nicht, dass in praxi nicht auch Projekte mit Zahlungsreihen auftreten k6nnen, die sich nicht als Normalinvestitionen charakterisieren lassen. Man denke nur an das Auftreten von Sehlussauszahlungen wie bei dem Projekt 2 aus dem vorhergehenden Beispiel 3.5. Trotzdem diirfte mit Normalinvestitionen auch in der Praxis doch ein wesentlicher Teil von Investitionsprojekten erfasst sein.
130 einen einzigen intemen Zinsfug gr6ger als -100 % geben kann. 15 Zinss~itze von -100 % und weniger wiedernm k6nnen ohne weiteres unberiicksichtigt bleiben, wie sich auf verschiedene Weisen begrtinden l~isst. So bedeutet eine Verzinsung tmterhalb von -100 %, dass man zus~itzlich zu den tiberlassenen Mitteln als Kapitalgeber in Zukunft noch weitere Zahlungen erbringen muss) 6 Ein derartiger Kapitalmarktzinssatz ist unter der Annahme der Sicherheit auf einem vollkommenen Kapitalmarkt im Gleichgewicht nicht denkbar, ~7 da jeder schon das ein-
15
Nach der kartesischen Vorzeichenregel entspricht die Anzahl der positiven Nullstellen eines Polynoms T-ten Grades der Anzahl der Vorzeichenwechsel in der Folge seiner Koeffizienten oder ist um eine gerade Zahl geringer (vgl. z.B. Hax (1993), S. 18 f., Bronstein/Semendjajew/Musiol/Miihlig (2005), S. 45). Da die (nach Exponenten der zugeh6rigen Potenzen aufsteigend sortierten) Koeffizienten z T..... z 0 des hier betrachteten Polynoms T-ten Grades aus (3.11) mit den (nach Zahlungszeitpunkten absteigend sortierten) Zahlungskonsequenzen des jeweiligen Investitionsprojekts in den einzelnen Zeitpunkten t = 0 ..... T tibereinstimmen, folgt aus nur einem Vorzeichenwechsel in der Zahlungsreihe, dass es genau einen Wert q --- l+i > 0 gibt, f'tir den sich der Kapitalwert der Zahlungsreihe auf Null bel~iuft. Dies wiederum impliziert, dass es dann nur ein i > -100 % mit dieser Eigenschaft gibt.
16
Es sollte erwS_hnt werden, dass die Kapitalwertformel ftir i = -100 % in der Tat gar nieht definiert ist. In Anbetracht der Charakterisierung von Simationen mit internen Zinsftigen unterhalb von -100 % ist es aber sachgerecht, einen internen ZinsfuB von -100 % als definitionsgem~ig gegeben ftir Simationen mit z 0 < 0 bei z t -- 0 (t -- 1..... T) aufzufassen. Hierbei handelt es sich also um F~ille, in denen der Unternehmer f'tir die in t = 0 eingesetzten Mittel keinerlei Riickzahlung erh~ilt.
17
Praktisch k6nnen derartige Verzinsungen wegen der real gegebenen Ungewissheit tiber ktinftige Entwicklungen durchaus auftreten. Zu denken ware etwa an den Erwerb eines Genossenschaftsanteils in t = 0 mit m6glicher Naehsehussverpflichtung ftir t = 1, die dann wirklich relevant wird. Hier erg~ibe sich in der Tat eine Verzinsung unterhalb von -100 %. Zweifellos beschreibt ein derartiges Szenario einen auBerordentlich seltenen und keineswegs regelm~il3ig eintretenden Sachverhalt. In den allermeisten F~illen dilrfte auch praktisch ein Totalverlust der eingesetzten Mittel, also eine Verzinsung von -100 %, die schlechtestm6gliche Renditerealisation beschreiben. In jedem Falle stimmt dies bei herk6mmlichen KreditgewS_hnmgen.
131 fache " V e r b r e n n e n " von Geld seiner Anlage zu i < -100 % vorziehen wtirde. Zu i < -100 % g~ibe es demnach kein Mittelangebot, andererseits aber verst~ndlicherweise eine unbegrenzte Mittelnachfrage. Far den von uns betrachteten Kontext sind solche Kapitalmarktzinss~tze gegenstandslos, so dass auch die Erkermtnis eines Kapitalwertes von Null far einen derartigen Zinssatz, also Indifferenz gegentiber der Projektdurchf'tihrung, keine weitergehende Bedeutung hat. Im Folgenden werden dementsprechend stets nur noch Zinss~itze i > -100 % betrachtet. B e i s p i e l 3.6:
Gegeben sei das Investitionsprojekt 1 aus dem vorhergehenden Beispiel 3.5 mit den Zahlungskonsequenzen z~0l) = -100, zll)= 70 sowie z~1) = 50,16 GE. Der Ansatz zur Ermittlung der internen Zinsftil3e der Zahlungsreihe lautet dann: ~:(i)
-100+ 70 ~ 50,16 ! 1 +i (1 +i) 2
- 100- (1 +i) 2 +70" ( 1 +i) + 50,16 = 0
i2+1,3"i-0,2016 = 0 il, 2 **
=
(3.12)
-0,65 +~/0,652 +0,2016
ikrit,1 = 0,14, ikrit,2 = -1,44.
Da die zugrunde gelegte Zahlungsreihe eine Normalinvestition beschreibt, war klar, dass es auger dem bereits bekannten internen Zinsfug yon 14 % keinen weiteren oberhalb v o n - 100 % geben kann. In der Tat existiert zwar ein zweiter interner Zinsful3, dieser liegt aber bei -144 %. Bei einem Kapitalmarktzinssatz von -144 % resultierte demnach ebenso wie ftir i = 14 %, dass der Unternehmer durch die Projektdurchf'dhrung weder ~irmer noch reicher wtirde, das heigt, es w ~ e ihm exakt m6glich, in t = 0 einen Kredit in H6he der Anfangsauszahlung aufzunehmen und aus den sp~iteren Projektrtickfltissen inclusive Zinsen zu bedienen. Konkret miisste der Kapitalgeber bei einem Zinssatz yon -144 % in t = 1 weitere
132 100-(1,44-1) = 44 GE (144 GE "negative" Zinsen abztiglich der Tilgung von 100 GE) an den Untemehmer zahlen. Diesem wttrden 70+44 = 114 GE zur Anlage bis t = 2 verbleiben, wo sie zu einer Verbindlichkeit des Unternehmers von 114-(1,44-1) = 50,16 GE f'tthrten, die der Unternehmer exakt leisten k6nnte. 18 Insofern liefert das Projekt eine Periodenverzinsung der Anfangsauszahlung von -144 %, falls dies auch der Kapitalmarktzinssatz ist.
3.4.2
[]
Investitionsentscheidungen mit Hilfe interner ZinsfiiBe
3.4.2.1 Einzelentscheidungen Aus Abschnitt 1 dieses Kapitels ist bereits bekannt, dass Investitionsentscheidungen im hier betrachteten Kontext kapitalwertmaximierend zu treffen sind. Sofem man mit Hilfe intemer Zinsftii3e zu ad~iquaten Investitionsentscheidungen gelangen will, sollte man daher ein solches Vorgehen wg.hlen, dass das resultierende Investitionsprogramm kapitalwertmaximal ist. Im Rahmen von Einzelentsehei-
dungen ist deswegen daF~ Vorsorge zu treffen, dass nur Projekte mit einem nichtnegativen Kapitalwert realisiert werden. Aus der Definition des internen ZinsfnBes folgt, dass der Projektkapitalwert fur einen derartigen Kapitalmarktzinssatz gerade 0 GE betr~igt. Unter der Pr~imisse, dass es nur einen einzigen intemen ZinsfuB ikrit mit i~t > -100 % gibt, muss der Kapitalwert des betreffenden Investitionsprojekts ftir alle Kapitalmarktzinss~itze i mit -100 % < i < i~t das gleiche Vorzeichen aufweisen. Entsprechendes gilt fiir die Kapitalmarktzinss~itze i mit i > iknt. Bei Normalinvestitionen liegen die Auszahlungen naher an t = 0 als die ktinftigen Einzahlungstiberschtisse. Daher ist der Projektkapitalwert ftir kleine Zinss~itze i, also "links" von ikrit positiv, ftir grol3e
18
Wie bereits weiter oben dargelegt, wtirde der Unternehmer (ebenso wie der Kapitalgeber aus t = 0) sein Geld lieber verbrennen, als es zu einem Zinssatz i < -100 % anzulegen. Insofern erweist sich die Betrachtung von Situationen mit Kapitalmarktzinss~itzen unterhalb von -100 % in der Tat als wenig ergiebig.
133 Zinss~itze i, also " r e c h t s " v o n ikrit hingegen negativ] 9 Es gilt f'ttr Normalinvestitionen demnach folgender Zusammenhang: 2~ >
1< = <
>
0
** ikrit = i.
(3.13)
<
IL
i
K>O
K
Abbildung 3.1: Verlauf der Kapitalwertkurve bei einer Normalinvestition in Abh~ingigkeit von i Man erkennt hier also, wie auch auf der Grundlage interner Zinsftige sachgerecht Einzelentscheidungen getroffen werden ktinnen. Sinnvoll ist es, den (eindeutigen) internen Zinsful3 des betrachteten Investitionsprojekts mit dem Kapitalmarktzins-
19
Der (naheliegende) Schluss auf einen generell streng m o n o t o n fallenden Verlauf der Kapitalwertkurve einer Normalinvestitionen f'tir i > -100 % ist indes nicht zutreffend, falls nicht der Spezialfall z 0 < 0 und z t > 0 f'tir alle t = 1..... T unterstellt wird. Gleichwohl wird in den nachfolgenden Abbildungen zur Vereinfachung stets solch ein Monotonieverhalten angenommen.
20 Vgl. hierzu auch Abbildung 3.1.
134 satz zu vergleichen. Sofern dann auch noch der grunds~itzliche Verlauf der Kapitalwertkurve links und rechts yon i = ikrit bekannt ist, kann sofort entschieden werden, ob das Projekt fiber einen nichtnegativen Kapitalwert verffigt und damit angenommen werden soll oder nicht. Bei einer Normalinvestition erfolgt die Proj ektannahme ftir ikrit _>i. Auch inhaltlich ist dieses Entscheidungskriterium ohne weiteres verst~indlich. Wenn man auf die Interpretation des intemen Zinsful3es einer Zahlungsreihe bei Normalinvestitionen als die (maximal) an einen Kapitalgeber zu gewahrende Periodenverzinstmg zurtickkommt, dann ist klar, dass bei einer Zinssatzforderung des jeweiligen Kapitalgebers unterhalb von
ikrit noch positive Einzahlungs-
tiberschtisse beim Unternehmer verbleiben. Der Unternehmer wird demnach in diesem Fall durch die Projektdurchftihrung reieher. Im Vergleich zur Unterlassung des Investitionsprojekts wird er dessen Durchf'tthrung daher in jedem Falle als vorteilhaft erachten. Die gerade vorgestellten 0berlegungen gelten auch f'tir das Treffen von Investitionsentscheidungen auf der Grundlage anderer kritischer Werte. Generell sind diese mit der tatsiichlichen Parameterauspriigung zu kontrastieren. Sofern nun noch der grunds~itzliche Verlauf der Kapitalwertfunktion in Abh~ingigkeit des jeweiligen Parameters bekannt ist, kann man unmittelbar auf das Vorzeiehen des Projektkapitalwertes f'tir die tats~ichliche Parameterauspr~igung und damit die Vorteilhaftigkeit des betreffenden Investitionsprojekts schliegen. Gerade in dieser zus~itzlich ben6tigten Kenntnis des grunds~itzlichen Verlaufs der Kapitalwertfunktion zeigt sich (neben den rechentechnischen Schwierigkeiten der Ermittlung von kritischen Werten) eine weitere Schwiiche der Entscheidungsfindung auf der Basis der Betrachtung kritischer Werte. Durch die Ermittlung kritischer Parameterwerte weil3 man zun~ichst einmal nur, dass sich ftir diese Parameterauspr~igungen der resultierende Kapitalwert auf Null bel~iuft, kennt aber nicht unbedingt den generellen Verlauf der Kapitalwertfunktion, sondern muss dazu gegebenenfalls weitere Uberlegungen anstellen.
135
Beispiel 3.7: Es sei ein Investitionsprojekt mit folgender Zahlungsreihe betrachtet: z 0 = -100,05, z 1 = 205 und z 2 = -105 GE. Augenscheinlich liegt keine Normalinvestition vor. In der Tat erh~ilt man auch zwei interne Zinsftil3e il = 1,4493 % sowie i2 = 3,4483 %, und man muss nun erst durch weiteres Nachdenken erschliel3en, wie die Kapitalwertfunktion in Abh~ingigkeit yon i verl~iuft. Da sich die zinslos kumulierten Zahlungen auf -100,05+205-105 = -0,05 GE belaufen, ist der Kapitalwert K: f'tir i = 0 % negativ. Daraus folgt sofort, dass n i m Bereich i > -100 % nur ftir Kalkulationszinsftil3e i mit i I < i < i 2 positivist. Dementsprechend ware das Projekt auch bei einem Kapitalmarktzinssatz unterhalb yon i 1 abzulehnen. Wenngleich sachgerecht, f~illt die inhaltliche Interpretation derartiger Entscheidungsfindungen bei mehreren relevanten internen Zinsftigen doch in aller Regel nicht leicht.
[]
Der Verlauf der Kapitalwertkurven in Abh~ingigkeit von A b s a t z m e n g e n oder
-preisen ist glticklicherweise allerdings recht leicht zu bestimmen. Ceteris paribus f'tihren N3here Absatzpreise in jedem Fall auch zu h6heren Kapitalwerten. Entsprechendes gilt fiir Absatzmengen bei Vorliegen positiver Deckungsspannen. Bei negativen Deckungsspannen fallt der Kapitalwert eines Projekts hingegen mit wachsender Absatzmenge. Zum Verlauf der Kapitalwertkurve in Abh~ingkeit von der P r o j e k t n u t z u n g s d a u e r ist keine generelle Aussage m6glich. Unterstellt man allerdings, dass jede weitere Periode zu zus~itzlichen nichtnegativen Einzahlungen f'tihrt, ist ~z(T) nat'tirlich eine monoton wachsende Funktion. Grunds~itzlich kann man folglich auf Basis kritischer Werte ad~iquate Einzelentscheidungen derart treffen, dass Konsistenz z u m K a p i t a l w e r t k r i t e r l u m gewahrt ist. Die Berechnung kritischer Werte erweist sich allerdings in aller Regel als schwerer als eine direkte Kapitalwertberechnung. Ferner muss man wenigstens eine gewisse generelle Vorstelltmg vom Verlauf der Kapitalwertkurve des jeweiligen Investitionsprojekts in Abh~ingigkeit vom betrachteten Parameter haben. Ein drittes bislang noch nicht angesprochenes Problem existiert, wenn der betrachtete Parameter nicht fiber alle ktinftigen Zeitpunkte hinweg k o n s t a n t ist, also wenn
136 etwa in jedem Zeitpunkt t = 1..... T ein anderer Preis oder eine andere Absatzmenge realisiert werden k6nnte oder wenn die Ein-Perioden-Zinss~itze nicht fOx alle k/jnftigen Perioden konstant sind. Die Berechnung eines kritischen Wertes beispielsweise in Form eines fiber alle Zeitpunkte hinweg konstanten Break-evenPreises w ~ e hier wenig hilfreich, da die konkreten Absatzpreise der einzelnen Zeitpunkte teilweise unter- und teilweise oberhalb von Pknt liegen k6nnten und man dann fiber einen Vergleich kritischer und tats~ichlicher Parameterauspr~igungen zu keinen sinnvollen Handlungsempfehlungen gelangen kann. In solchen F~illen mit tiber die Zeit hinweg nicht konstanten Parameterauspr~igungen k6nnte man nur noch ftir eine ausgewiihlte Teilperiode eine Break-even-Menge oder einen Break-even-Preis oder einen (einperiodigen) internen Zinsfug ausrechnen und diesen der jeweiligen tats~ichlichen Parameterauspr~igung f/Jr diese Periode sinnvoll gegenfiberstellen. Augenscheinlich handelt es sich hierbei um wenig attraktiv erscheinende Anwendungsfiille fOx das Arbeiten mit kritischen Werten.
3.4.2.2 Auswahlentscheidungen Kritische Werte k6nnen nicht nur fOx das Treffen von Einzelentscheidungen genutzt werden, sondern auch ffir
Auswahlentscheidungen. Abermals
sollte man
sich fragen, wie man kritische Werte derart nutzen kann, dass die resultierende Entscheidung mit dem Kapitalwertkriterium fibereinstimmt. Zur Veranschaulichung seien zwei sich gegenseitig ausschliegende Projekte 1 und 2 betrachtet, die auf der Grundlage intemer Zinsfiil3e miteinander verglichen werden sollen. Bezugspunkt fOx Kapitalwertberechnungen seien die unternehmerischen Einzahlungs/jberschfisse bei Verzicht auf beide Projekte. Es sei angenommen, dass es sich um Normalinvestitionen mit folglich nur jeweils einem internen Zinsfug i<~ bzw. i <2~gr6ger als -100 % handelt. Wir wissen damit, dass bei einem Kapitalmarktzinssatz i = i <~ die Durchf/jhrung des Projekts 1 aus Unternehmersicht so gut wie dessen Unterlassung ist und f/jr i < i ~) zu einer Reichtumsmehrung in Form eines positiven Kapitalwertes fiihrt. Entsprechendes besagt i <2) f'OXProjekt 2. Die beiden internen Zinsf'tif3e erlauben insofern
137 n u t einen Vergleich der betrachteten Investitionsalternative mit der zugrunde gelegten Basiszahlungsreihe, hier also der Unterlassung beider Projekte. Wie es um die relative Attraktivit~it der beiden Projekte 1 und 2 zueinander je nach Kapitalmarktzinssatz bestellt ist, kann aus den Zinssatzen i (1) und i (2) nicht abgelesen werden. DaFar ist es in der Tat yon grtJgerem Interesse zu wissen, ftir welchen Kalkulationszinsful3 sich die Kapitalwerte der beiden Projekte entsprechen. Dies ist gleichbedeutend damit, dass sich die Differenz ~:~1)_~:c2)bzw. n(2)_n(l) der beiden Kapitalwerte und folglich der Kapitalwert d e r Differenzinvestition 1-2 bzw. 2-1 auf Null bel~iuft. Ftir Auswahlentscheidungen kommt es demnach auf den internen Zinsful3 ~krit ;(l-Z) = 21 Xkrit i(2-1) (oder allgemeiner: den kritischen Wert des betrachteten Parameters) beztiglich der Differenzinvestition 1-2 bzw. 2-1 der beiden Pro~ -<1-27 l k r i t . In welchem der beiden F~ille Projekt 1 besser und in welchem es schlechter als Projekt 2 ist, h~ingt letztlich vom Verlauf der Kapitalwertkurve der jeweiligen Differenzinvestition ab. Handelt es sich bei 1-2 um eine Normalinvestition 22, dann ist ~1-2) > 0 ftir i < i~lri2t) und hierbei somit Projekt 1 besser als Projekt 2. Entsprechend kann tiber die Betrachtung der Differenzinvestition 2-1 argumentiert werden. Handelt es sich bei 1-2 um eine Normalinvestition, dann muss 2-1 wegen der genau entgegengesetzten Vorzeichen der einzelnen Zahlungskonsequenzen eine Normalfinanzierung sein. Aus i < ;~l-2) "krit = ~(2-1) *kr~t folgt damit ~2-~) < 0, also emeut, dass Projekt 1 dem Projekt 2 vorzuziehen ist. Insbesondere im Zusammenhang mit der Gegentiberstellung der Argumentation ftir einen Ansatz an der Differenzinvestition 1-2 mit der far einen Ansatz an der Differenzinvestition 2-1 sieht man tibrigens nochmals sehr deutlich, wie wichtig es bei Entscheidungen auf der Grundlage kritischer Werte ist, den Verlauf der
21
Die Gleichheit ist eine Konsequenz aus der )kquivalenz von ~:(~)_~:~2)= 0 und 1((2)-]((1) --'~ O .
22
Zu beachten ist, dass die Differenzinvestition zweier Normalinvestitionen keineswegs selbst wieder eine Normalinvestition sein muss. Die sich hieraus ergebenden Komplikationen entsprechen jedoch denen bei Einzelentseheidungen ffir "Nieht-Normalinvestitionen" und k6nnen deswegen bier undiskutiert bleiben.
138 Kapitalwertkurve zu kennen. Auch bei der Entscheidung tiber zwei alternative Investitionen anhand des internen Zinsfuges ihrer Differenzinvestition wird der Umstand genutzt, dass mittels eines kritischen Wertes eine Investitionsalternative sinnvoll nur mit der jeweils angenommenen Basiszahlungsreihe verglichen werden kann. Betrachtet man etwa die Differenzinvestition 1-2, so ist das gleichbedeutend mit der Annahme einer Basiszahlungsreihe, die sich aus der Durchftihrung des Projekts 2 (und Beachtung sonstiger fixer Einzahlungen des Untemehmers aus weiteren Investitionen) ergibt. Ftir i = ikrit;(l-2)ist der Wechsel zur Durchftihrung des Projekts 1 nun ebenso gut wie der Verbleib beim Bezugspunkt in Form des Projekts 2, weswe;(1-2) keine Indifferenz zwischen den beiden Handlungsalternativen gen fiir i ~ lkrit besteht. Diesen Umstand sollte man im Weiteren stets beachten.
Beispiel 3.8: Ausgangspunkt der Betrachtung sei ein vollkommener Kapitalmarkt mit einem tiber alle Perioden einheitlichen Kapitalmarktzinssatz yon i -- 15 %. Ein Unternehmer habe Zugang zu zwei Projekten 1 und 2 mit folgenden Zahlungskonsequenzen im Rahmen einer Drei-Zeitpunkte-Betrachtung:
t
0
1
z~1)
-80
20
105
z~2)
-60
50
40
Tabelle 3.3:
Zahlungsreihen zweier alternativ realisierbarer Investitionsprojekte 1 und 2
139 Da es sich bei beiden Projekten um Normalinvestitionen handelt, wissen wir von vornherein, dass es ftir jedes der beiden Projekte nur einen internen ZinsfuB oberhalb von -100 % geben kann. In der Tat l~isst sich leicht nachrechnen, dass
i(klr~t
27,74 % und lkrit;(2)~ 33,33 % gilt. Diese Werte lassen aber keinen Schluss auf die jeweilige relative Vorteilhaftigkeit der beiden Projekte zu. So gilt hier des Weiteren ~:(1}= 16,79 GE > ~:(2) = 13,72 GE. Das Projekt mit dem niedrigeren internen ZinsfuB ftihrt hier also zur grN3eren Reichtumssteigerung auf Seiten des Unternehmers. Sachgerecht m6glich ist allerdings beispielsweise eine Entscheidung auf der Grundlage der Differenzinvestition 1-2. Deren Zahlungsreihe kann der Tabelle 3.4 entnommen werden.
t
0
1
2
Zl 1-2)
-20
-30
65
Z(t2-1)
20
30
-65
Tabelle 3.4: Zahlungsreihen der Differenzinvestitionen 1-2 trod 2-1 Es handelt sich bei 1-2 um eine Normalinvestition mit dem einzig interessierenden internen Zinsfui3 lkrit;(l-2)~ 20,26 %. Infolge der Normalinvestitionseigenschaft von 1-2 kann man unmittelbar auf Tdj2) > 0 ftir i = 15 % < ~{1-2) Xkrit = 20,26 % schlieBen. Auch auf der Grundlage dieser Oberlegungen gelangt man damit letztlich zur Vorteilhaftigkeit der Durchftihrung des Projekts 1 gegentiber dem Projekt 2. Die Zusammenh~inge sind auch in den Abbildungen 3.2 und 3.3 schematisch veranschaulicht.
140
P
~
1
15 %
20,26%
27,74% 33,33 %
"-2
Abbildung 3.2: Kapitalwertkurven der Projekte 1 und 2 (schematisch) K
2-1
i
Abbildung 3.3: Kapitalwertkurven der Differenzinvestitionen 1-2 und 2-1 (schematisch)
141 Statt der Differenzinvestition 1-2 h~itte man auch 2-1 betrachten k0nnen. 23 Selbstverst~indlich gilt ebenfalls ik(2rip= 20,26 %. Die Differenzinvestition 2-1 hat nicht die Struktur einer Normalinvestition, sondern vielmehr die einer Normalfinanzierung. Die Kapitalwertkurve ~:(2q) verRiuft daher ffir i > -100 % streng monoton steigend und liegt demnach f'tir i = 15 % < -(2-~) lkrit 20,26 % im Negativen. 24 Dies bedeutet, dass ein Wechsel von Projekt 1 zu Projekt 2 wegen der ftir den Unternehmer damit einhergehenden ReichtumseinbuBe nicht sinnvoll ist. [] Ein direkter Vergleich interner ZinsffiBe (oder anderer kritischer Parameterauspr~igungen) muss gem~iB dem vorangegangenen Beispiel 3.8 keineswegs zu kapitalwertmaximierenden Investitionsentscheidungen ffihren. Die meN" als lose Verbindung zwischen den beiden Entscheidungskriterien belegt vor allem der Umstand, dass die Entscheidung auf der Grundlage kritischer Parameterwerte im Gegensatz zu kapitalwertorientierten Entscheidungen vonder Wahl des Bezugspunktes abh~ingig sein kann. Dass die Wahl der Basiszahlungsreihe Einfluss nimmt auf den ausgewiesenen kritischen Wert eines Investitionsprojekts, ergibt sich schon aus Beispiel 3.8: Mit Bezugspunkt der Unterlassung beider Projekte verftigt Investitionsprojekt 1 fiber einen internen Zinsfug von ca. 27,74 %. Ist die Basiszahlungsreihe hingegen die Durchf'tthrung des Projekts 2 (inclusive der von Projekt 1 und Projekt 2 unabh~ingigen unternehmerischen Einzahlungstiberschtisse), reduziert sich der dem Projekt 1 zuzuordnende interne ZinsfuB auf ungef'&hr 20,26 %. Auch der einem Investitionsprojekt zugeh6rige Projektkapitalwert h~ingt nattirlich vom gewO_hlten Bezugspunkt ab. Wahrend aber die Rangfolge verschiedener Projekte nach Kapitalwerten durch eine Variation der Basiszahlungsreihe nicht beeinflusst werden kann, gilt dies im Zusammenhang mit direkten Reihungen nach kritischen Werten nicht.
23 Vgl. zur resultierenden Zahlungsreihe ebenfalls Tabelle 3.4. 24 Vgl. auch Abbildung 3.3.
142
Beispiel 3.9: Das Beispiel 3.8 sei nun insofem erg~inzt, als der Unternehmer in t = 0 unabh~ingig yon seiner Entscheidung ftir Projekt 1 oder 2 in jedem Fall noch Auszahlungen in H6he von 15 GE ftir den A b b r u c h eines vorangegangenen Investitionsprojekts leisten muss. Im Beispiel 3.8 wurde diese Zahlungskonsequenz nicht berticksichtigt. Der dort gewahlte Nullpunkt war demnach die Zahlungreihe z 0 = -15, z 1 = z 2 = 0 GE. Nun soil aber z 0 = z I = z 2 = 0 GE als Basiszahlungsreihe angesetzt werden. Demnach sind bei den beiden Projekten 1 und 2 die Auszahlungen des Zeitpunktes t = 0 um jeweils 15 GE zu erN3hen. Graphisch bedeutet dies in Abbildung 3.2, dass sich beide Kapitalwertkurven um 15 GE nach unten verschieben. Nattirlich ~indert sich dadurch nichts an der Projektrangfolge nach Kapitalwerten ftir ein beliebiges i und wird auch die Schnittstelle der beiden Kurven, lkrit~(l-2)---- lkrit:(2-1)~ 20,26 %, hierdurch nicht beeinflusst, so dass Kapitalwertkriterium und Betrachtung des internen Zinsful3es der Differenzinvestition 1-2 bzw. 2-1 weiterhin zum gleichen Ergebnis ftihren. Sehr wohl beeinflusst werden aber die resultierenden Nullstellen der beiden Kapitalwertkurven, die sich nun als ;~1~ Xkrit
-(2) = 13,61% ergeben, womit sich die Rangfolge der beiden ~ 16,18 % und lkrit
Projekte allein durch die Andemng des Bezugspunktes im Vergleich zur Situation im Beispiel 3.8 bereits genau umkehrt. 25
[]
Die Reihung von Projekten durch direkte Gegent~berstellung ihrer kritischen Werte f'dhrt allein schon wegen des gerade er6rterten Problems im Wesentlichen allenfalls zufiillig zur gleichen Reihung wie nach dem Kapitalwertkriterium und ist insofern abzulehnen. Man mag dies fiberraschend finden, ist doch etwa im Beispiel 3.8 Projekt 2 in der Lage, einem die Anfangsauszahlung finanzierenden Kapitalgeber eine Periodenverzinsung von ungef~ihr 33,33 % zu gew~ihren, w~hrend Projekt 1 hier nur etwa 27,74 % Verzinsung bieten kann. Worin ist also neben der formalen Begrfindung fiber Kapitalwertkurven und deren Schnittpunkte die inhaltliehe Erliiuterung ffir den Trugschluss einer Vorteilhaftigkeit der Ent-
25 Vgl. hierzu generell etwa auch Hdllsten (1966), S. 54 ft., oder Buchner (1973), S. 699 f.
143 scheidung fox Projekt 2 wegen seines h6heren internen Zinsful3es zu sehen? Die Ursache hierffir liegt in dem Umstand, dass Projekt 2 zwar schon eine Verzinsung der Anfangsauszahlung von etwa 33,33 % bietet, dies aber n u t ffir einen Betrag von 60 GE. Man kann sich dabei die 60 GE Mittelaufnahme in zwei Teilbetr~ige yon 37,5 GE und 22,5 GE zerlegt vorstellen. Die Aufnahme von 37,5 GE von t = 0 bis t = 1 zu etwa 33,33 % ftihrt im Zeitpunkt t = 1 zu einer Verbindlichkeit von ungef~ihr 50 GE. Die Aufnahme von 22,5 GE von t = 0 bis t = 2 zu etwa 33,33 % pro Periode begrthadet ffir t -- 2 eine Verbindlichkeit von ungef'~Jar 40 GE. Eine Aufnahme von 60 GE seitens des Unternehmers in t = 0 mit Rfickzahlungen von 50 GE in t = 1 und 40 GE in t -- 2 kann folglich derart interpretiert werden, dass mit 37,5 GE der gr6gte Teil der Mittelfiberlassung aus t = 0 einen einperiodigen Kredit zu ca. 33,33 % darstellt, w~ihrend nur 22,5 GE far zwei Perioden zu etwa 33,33 % pro Periode bereitgestellt wurden. Im Rahmen von Projekt 1 hingegen kann ein Kapitalgeber in t = 0 insgesamt 80 GE anlegen, von denen nur ungef~ihr 15,66 GE einen einperiodigen Kredit darstellen (15,66-1,2774 = 20 GE), wS_h_rend der erheblich gr6gere Restbetrag yon ca. 8015,66 = 64,34 GE in Form eines zweiperiodigen Kredits bis t = 2 angelegt werden kann (64,34-1,27742 ~ 105 GE). Infolge der deutlich h6heren m6glichen Anlagebetr~ige von t -- 0 bis t -- 2 kann sich Projekt 1 trotz der niedrigeren gebotenen Verzinsung dem Projekt 2 als tiberlegen erweisen. Natfirlich w ~ e die M6glichkeit beliebig umfangreicher einperiodiger Anlagen in t = 0 und t = 1 zu jeweils 33,33 % einer ebensolchen M6glichkeit mit einem Zinssatz zu 27,74 % stets vorzuziehen. Diese Flexibilitiit liefern Investitionsprojekte aufgrund ihrer fixierten Zahlungsstruktur aber nicht, und daher ist der einfache " R e n d i t e " - V e r gleich hier generell nicht zuliissig. Entsprechende Zusammenh~inge gelten bei dem Versuch, Projekte nach anderen kritischen Parameterwerten direkt zu reihen. Eine n~here Betrachtung von Abbildung 3.2 gibt einen Hinweis auf den
einzigen
Fall, in dem man doch ohne Gefahr einer Fehlentscheidung direkt die internen Zinsftige zweier Projekte miteinander vergleichen darf. Dieser liegt genau dann vor, wenn sich die beiden K a p i t a l w e r t k u r v e n nicht sehneiden, also die Differenzinvestition der beiden Zahlungsreihen tiber keinen internen Zinsfug verftigt.
!44
Beispiel 3.10: Gegeben seien zwei Investitionsprojekte 1 und 2 mit Zahlungsstrukturen gem~ig der folgenden Tabelle 3.5.
t
0
1
2
Zto)
-200
190
100
z{2)
- 100
100
200
Tabelle 3.5:
Zahlungsreihen zweier alternativ realisierbarer Investitionsprojekte 1 und 2
Die Kapitalwertkurven der beiden Projekte schneiden sich nicht, sondern verffigen fiber einen schematischen Verlauf gem~ig Abbildung 3.4. Der Kapitalwert des Projekts 2 ist ffir jeden denkbaren Kapitalmarktzinssatz i > -100 % h6her als der von Projekt 1, Projekt 2 demnach ffir jedes i besser als Projekt 1.
\
\
~
~
2
Abbildung 3.4: Schnittpunktfreie Kapitalwertkurven der Projekte 1 und 2 (schematisch)
145 Entsprechendes gilt f'tir einfachere Beispiele. Angenommen, ein Projekt 1 liefert bei einer Anfangsauszahlung von 100 GE in t = 0 im Zeitpunkt t = 1 Rtickfltisse von 8 GE und in t = 2 von 108 GE, wahrend Projekt 2 bei gleicher Anfangsauszahlung nur 6 GE Einzahlung in t = 1 gew~ihrt und 106 GE in t = 2. Projekt 1 entspricht gewissermagen einer 8%igen Anlage yon 100 GE von t -- 0 bis t = 2 mit einperiodischen Zinszahltmgen, w~hrend Projekt 2 eine nur 6%ige Verzinsung bietet. Nattirlich ist Projekt 1 in der Tat dem Projekt 2 vorzuziehen, und insofern ftihrt auch der Vergleich der intemen ZinsftiBe zum korrekten Ergebnis. Etwas formaler ausgedrtickt, erh~ilt man im letztgenannten Fall eine Zahlungsreihe der Differenzinvestition 1-2 gemN3 Tabelle 3.6.
t
0
1
2
z{1-2)
0
2
2
Tabelle 3.6:
Zahlungsreihe einer Differenzinvestition 1-2
Unabh~ingig davon, wie man die Zahlungsreihe z(tv2) (t = 0 , 1, 2) auch diskontiert, wird sie stets positiv sein. 26 Das bedeutet, der Differenzkapitalwert ist ftir jeden Kalkulationszinsfug i > -100 % stets gr613er als Null und damit der Kapitalwert des Projekts 1 stets gr613er als der von Projekt 2. Eine Entscheidung durch Vergleich der intemen Zinsftil3e der beiden Investitionsprojekte ist zul~issig. Dieses Ergebnis l~isst sich leicht verallgemeinem: Besteht die Zahlungsreihe einer Differenzinvestition entweder n u r aus nichtnegativen oder nur aus nichtpositiven Gliedern, dann verftigt der zugeh6rige Kapitalwert tiber keinen intemen Zinsfug gr6Ber als -100 % und sind die K a p i t a l w e r t k u r v e n der beiden zugeh6rigen In-
26
Man kann dieses Ergebnis auch durch Anwendung der weiter oben eingeftihrten kartesischen Vorzeichenregel begrtinden, wenngleich es ohnehin unmittelbar einsichtig ist.
146 vestitionsprojekte schnittpunktfrei. 27
[]
Sofern man allerdings weil3, dass sich die Kapitalwertkurven nicht schneiden, kann man das bessere Projekt statt durch die mehr oder weniger umst~indliche Berechnung interner Zinsftil3e (oder anderer kritischer Werte) ei~ffach durch Gegeniiberstellung der Anfangsauszahlungen ermitteln: Dasjenige Projekt mit der niedrigeren Anfangsauszahlung A 0 muss das bessere der beiden betrachteten sein, da es wenigstens ftir i --, ~ tiber einen h6heren Kapitalwert (gem~il3 seiner niedrigeren Anfangsauszahlung) verftigt und f'tir alle i laut vorausgesetztem Kenntnisstand die gleiche Kapitalwertrelation zwischen den beiden betrachteten Projekten resultiert. 28 Sollte man hingegen nicht yon vornherein wissen, dass die Kapitalwertkurven der beiden Projekte tiber keinen Schnittpunkt verftigen, dann kann man ohnehin einfach direkt die beiden Kapitalwerte ermitteln. Die Reihung yon sich gegenseitig ausschliel3enden Projekten durch direkte Gegentiberstellung auf der Grundlage ihrer ftir einheitlichen Bezugspunkt ermittelten kritischen Parameterauspr~igungen wurde von Franke (1978) - etwas unglticklich, weil irref'tihrend - als Durchftihrung "mittelbarer" Parametervergleiehe bezeichnet. 29 Bei N simultan zur Auswahl stehenden Projekten wtirde man demnach ftir jedes der Projekte eine kritische Parameterauspr~igung ermitteln, z.B. die jeweilige Break-even-Menge, und sodann die Investitionsprojekte gem~il3 den je-
27
Die zuerst im Rahmen dieses Beispiels 3.10 dargestellte Auswahlentscheidung zeigt, dass das gerade formulierte Kriterium nur hinreiehend, nicht aber notwendig f'tir die Gewahrleistung schnittpunktfreier Kapitalwertkurven ist. Ftir ein grunds~itzlich allgemeineres Kriterium siehe daher etwa Franke/Hax (2004), S. 193.
28
Sofern die beiden Anfangsauszahlungen gleich hoch sind, ist entsprechend ein Vergleich der Einzahlungen des Zeitpunktes 1 oder - allgemeiner - desjenigen Zeitpunktes t, in dem die beiden Projekte zum ersten Mal zu unterschiedlichen Zahlungskonsequenzen ftihren, hinreichend. Die h6here Einzahlung kennzeichnet das bessere Projekt.
29 Vgl. hierzu auch Franke/Hax (2004), S. 193 ft.
147 weils zugeh6rigen kritischen Werten in eine Rangfolge bringen, also beispielsweise Platz 1 an das Projekt mit der niedrigsten Break-even-Menge vergeben. Im Zusammenhang mit der korrekten Vorgehensweise zur Ermittlung der besten von N Alternativen fiber den Ansatz an kritischen Werten spricht Franke (1978) von "unmittelbaren" Parametervergleiehen. Um das sachgerechte Procedere herzuleiten, muss man sich nur vergegenw~tigen, dass die Entscheidung zwischen zwei Projekten durch Betrachtung des kritischen Wertes ihrer Differenzinvestition getroffen werden kann. Will man also etwa mit Hilfe interner ZinsffiBe eine Auswahl zwischen N altemativen Investitionsm6glichkeiten treffen, so sind als Erstes zwei von diesen auszuw~ihlen, und es ist der interne Zinsfug ihrer Differenzinvestition dem Kapitalmarktzinssatz gegenfiberzustellen. Sofem der Verlauf der Kapitalwertkurve der Differenzinvestition bekannt ist, kann auf dieser Grundlage entschieden werden, welches der beiden Projekte sich als besser erweist. Dieser "Sieger" wird sodann mit einem der noch verbliebenen N-2 Projekte wieder auf der Grundlage ihrer Differenzinvestition verglichen. In dieser Weise verf'~ihrt man weiter, bis keine weiteren Projekte mehr zum Vergleich vorhanden sind, so dass nach N-1 unmittelbaren Parametervergleichen das kapitalwertmaximierende der N zur Auswahl stehenden Projekte ermittelt ist.
Beispiel 3.11: Gegeben seien die Almahmen des Beispiels 3.8 mit der Modifikation, dass es neben den beiden Projekten 1 und 2 noch ein drittes gebe, wobei yon den nunmehr 3 zur Auswahl stehenden Projekten nur ein einziges realisiert werden kann. Die Zahlungsreihe des Projekts 3 ebenso wie die der beiden bereits bekannten Projekte 1 und 2 k6nnen in Tabelle 3. 7 abgelesen werden.
148 t
0
1
2
z~1)
-80
20
105
z~2~
-60
50
40
z(3)
-50
60
20
Tabelle 3.7: Zahlungsreihen dreier alternativ realisierbarer Investitionsprojekte
Als Basiszahlungsreihe wurde der Verzicht auf die Durchftihrung aller drei Projekte (unter Beibehaltung einer etwaigen sonstigen untemehmerischen T~itigkeit) gew~ihlt. Die Kapitalwerte ~:(1)= 16,79 GE sowie ~:(2~= 13,72 GE der Projekte 1 und 2 sind bereits bekannt. Des Weiteren erh~ilt man ftir i = 15 % noch ~:(3) 17,3 GE, so dass Projekt 3 demnach gegentiber Projekt 1 und dieses wiederum gegentiber Projekt 2 vorzuziehen ist. An dieser Rangfolge 5andert sich auch nichts, wenn man eine andere Basiszahlungsreihe der Betrachtung zugrunde legt. Beispielsweise k6nnte eine Situation mit der Durchftihrung des Projekts 3 (unter Beibehaltung einer etwaigen sonstigen unternehmerischen T~itigkeit) als neuer Bezugspunkt definiert werden. In diesem Fall ist einem Projekt n = 1, 2, 3 gerade die Zahlungsreihe der Differenzinvestition n-3 zuzuordnen. Diese Werte k6nnen der Tabelle 3.8 entnommen werden.
t
0
1
2
zl 13~
-30
-40
85
zl23)
-10
-10
20
Z~3-3)
Tabelle 3.8:
0
Zahlungsreihen dreier alternativ realisierbarer Investitionsprojekte bei modifizierter Basiszahlungsreihe
149 Nattirlich wird dem Projekt 3 nun eine Zahlungsreihe von durchgSaagig 0 GE zugeordnet, da der "Wechsel" von Projekt 3 zu Projekt 3 keinerlei Reichtumskonsequenzen ausl6st. Auch sollte klar sein, dass die Kapitalwerte der drei Projekte auf der Grundlage des neuen Bezugspunktes tiber die gleichen Differenzen wie zuvor verftigen. Es gilt n~imlich n u n K (1"3) = -0,51, 1~(2"3) -~ -3,57 sowie N(3-3) = 0 GE, so dass alle Kapitalwerte lediglich tun etwa 17,3 GE niedriger als zuvor ausfallen und die Reihenfolge der Projekte nach dem Kapitalwertkriterium unver~indert bleibt. Mit dem Bezugspunkt "Verzicht auf alle drei Investitionsprojekte" ergibt sich Xkrit~(1)~ 27,74 %, "krit~(2),~ 33,33 % sowie l9k(3) r i t = 47,18 %, weshalb die teilweise falsche Reihung 1) Projekt 3, 2) Projekt 2 und 3) Projekt 1 resultierte. Bei einem Bezugspunkt "Realisation des Projekts 3" erhNt man modifizierte interne ZinsftiBe, die sich ftir Projekt 1 auf etwa 14,38 % und ftir Projekt 2 auf 0 % belaufen. Mithin w ~ e Projekt 1 nunmehr gegentiber Projekt 2 als besser einzustufen. Ftir Projekt 3 ist kurioserweise jeder Kapitalmarktzinssatz i zugleich auch ein intemer ZinsfuB, da der Kapitalwert von Projekt 3 nun nattirlich stets 0 GE betr~igt. Insofern ist Projekt 3 auf der Grundlage interner ZinsftiBe hier gar nicht sinnvoll mit den Projekten 1 und 2 vergleichbar. Diese Aussage gilt nattirlich stets ftir Projekte, die die Basiszahlungsreihe definieren. Eine korrekte Auswahlentscheidung auf der Grundlage interner ZinsftiBe sieht nun derart aus, dass man einen paarweisen Vergleich der drei Investitionsprojekte mit Hilfe ihrer jeweiligen Differenzinvestition durchftihrt. Far die Differenzinvestition 1-2 wurde bereits im Rahmen des Beispiels 3.8 ein interner ZinsfuB ;(1-2) Jtkrit von etwa 20,26 % > 15 % ermittelt. Da 1-2 eine Normalinvestition darstellt, ist Projekt 1 damit gegeni.iber Projekt 2 vorzuziehen. Zu beachten ist, dass die H6he von
i~l-2) unabh~ngig yon der gewElalten Basiszahlungsreihe ist. Zur Ermittlung
Xkrit
des besten Projekts muss nun nur noch die Differenzinvestition 1-3 betrachtet werden. Man erh~ilt ik~lriat) = 14,38 % < 15 % und weil 1-3 gem~iB Tabelle 3.8 ebenfalls eine Normalinvestition darstellt, ist Projekt 3 besser als Projekt 1. Zugleich lieferte der erste paarweise Vergleich die Erkenntnis, dass Projekt 1 gegentiber Projekt 2 vorzuziehen ist, so dass auch tiber die beiden durchgeffihrten tmmittelbaren Parametervergleiche eine Komplettreihung der drei Projekte erm6g-
150 licht wird.
[]
Man erkennt ohne Probleme, dass das korrekte Vorgehen im Rahmen von Parametervergleichen wesentlich aufwendiger als die Ermittlung yon N Projektkapitalwerten ist. Oberdies verffigt man mit den N Projektkapitalwerten stets bereits fiber eine komplette Reihung aller N Projekte, wahrend die Durchffihrung von N unmittelbaren Parametervergleichen zun~ichst einmal lediglich Aufschluss fiber das kapitalwertmaximale Investitionsprojekt liefert, schon das zweitbeste Projekt wird aber hierbei in der Regel (noch) nicht identifizierbar sein. Wollte man eine komplette Reihung aller Projekte fiber unmittelbare Parametervergleiche erreichen, so w~re im Extrem der paarweise Vergleich von allen zur Auswahl stehenden N Projekten erforderlich. Die maximal ben6tigte Zahl yon Parametervergleichen bel~iuft sich damit auf die Anzahl der m6glichen Paare bei N verschiedenen Projekten und somit - g e m ~ den Erkenntnissen der Kombinatorik - auf 0,5-N(N-l). Denn jedes der N Projekte kann mit jedem der jeweils N-1 verbleibenden verglichen werden, wobei aber jede "Paarung" doppelt auftritt (beispielsweise ist die Paarung "Projekt 1 versus Projekt 2" ~iquivalent zur Gegenfiberstellung "Projekt 2 versus Projekt 1"). Im Einzelfall kann man auch mit weniger paarweisen Vergleichen bereits eine komplette Reihung aller Projekte erreichen. Mindestens n6tig sind aber N-1 Vergleiche. Auf diese geringe Zahl kommt man dann, wenn sich Projekt 2 gegen Projekt 1 durchsetzt, anschlieBend Projekt 2 aber gegen Projekt 3 verliert, das wiederum gegenfiber Projekt 4 das Nachsehen hat, wobei dieses gegen Projekt 5 verliert ... und sich schlieBlich Projekt N gegenfiber Projekt N-1 durchsetzt. Eine derartige Situation liegt im Rahmen des vorhergehenden Beispiels 3.11 vor. Die beiden durchgeffihrten paarweisen Vergleiche lieferten daher schon die komplette Rangfolge 1) Projekt 3, 2) Projekt 1 und 3) Projekt 2, so dass man hier also nicht 0,5"3"2 = 3 Vergleiche ben6tigte. Natfirlich k~ime niemand auf die Idee, freiwillig fiber unmittelbare Pararnetervergleiche eine Reihung yon N Investifionsprojekten zu bestimmen. Rangfolgeermittlungen fiber mittelbare Parametervergleiche sind im Gegensatz dazu deutlich einfacher, wenngleich nicht so teicht wie eine einfache Kapitalwertreihung. Neben
151 ihrer noch recht einfachen Handhabung und des fox manchen Anwender m6glicherweise anschaulicheren Abstellens auf Renditen statt auf Kapitalwerte besitzen mittelbare Parametervergleiche einen entscheidenden Vorteil, der sicherlich zu ihrer Verbreitung trotz grunds~itzlicher Unbrauchbarkeit beigetragen hat: Man kommt im Rahmen ihrer Anwendung mit der Sch~itzung von einem Parameter
weniger als beim Kapitalwertkriterium aus. Reiht man etwa Projekte nach ihren jeweiligen intemen Zinsffigen, dann ben6tigt man hierzu keine Kenntnis des Kapitalmarktzinssatzes i. Entsprechendes gilt fOx die Reihung von Projekten nach Break-even-Mengen, -Preisen oder Amortisationsdauem. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass die Datenbeschaffung in der Wirtschaftspraxis eines der Hauptprobleme darstellen dttrfte. Daher wird dort jede M6glichkeit zur Reduktion des Informationsbedarfs grunds~itzlich begrfigt. Die Durchfiihrung von mittelbaren Parametervergleichen statt der Kapitalwertberechnungen stellt nun eine derartige, leider grunds~itzlich unbrauchbare M6glichkeit dar. In der Tat sollte es den Anwendem doch zu denken geben, dass bei mittelbaren Parametervergleichen mit Ankntipfung an intemen Zinsf'tigen der zweifelsfrei ftir die untemehmerischen Verm6genskonsequenzen relevante Kapitalmarktzinssatz i tiberhaupt nicht mehr auftaucht.
3.5
Zusammenfassung
Gegenstand dieses Abschnitts war in erster Linie die Erl~iuterung des Begriffs
kritiseher Werte und der MOglichkeiten, mit ihrer Hilfe Investitionsentscheidungen zu treffen. Unter einem kritischen Wert versteht man generell eine solche Auspr~igung eines die H6he eines Kapitalwertes bestimmenden Parameters, dass sich ein Kapitalwert yon Null ergibt. Bekannte kritische Werte sind die Breakeven-Menge, der Break-even-Preis, die Amortisationsdauer und der interne Zinsfug. Im Rahmen von Einzelentseheidungen lassen sich Projekte mit einem nichtnegativen Kapitalwert auch dadurch identifizieren, dass man zun~ichst ft~r einen kapitalwertbestimmenden Parameter den zugeh6rigen kritischen Wert ftir das jeweils zu beurteilende Projekt ermittelt und diesen sodann mit der tatsiiehliehen
152 Parameterausprligung vergleicht. Sofern der generelle Verlauf der Kapitalwertfunktion in Abh~ingigkeit des jeweiIigen Parameters bekannt ist, kann ~iber dieses Verfahren auf das Vorzeichen des Projektkapitalwertes f'tir die tats~ichliche Parameterauspr~,igung geschlossen werden. Auch Auswahlentscheidungen zwischen mehreren alternativ durchftihrbaren Projekten ktinnen auf der Grundlage kritischer Werte sachgerecht durchgeftihrt werden. Dabei ist es allerdings im Allgemeinen nicht korrekt, ftir alle zur Auswahl stehenden Projekte jeweils den zugehtirigen kritischen Wert eines Parameters zu ermitteln und anschlieBend direkt hiernach (etwa absteigend nach internen Zinsftil3en oder aufsteigend nach Break-even-Mengen) die Investitionsprojekte zu reihen. Man spricht in diesem Zusammenhang von (generell unzul~tssigen) mittelbaren Parametervergleichen. Vielmehr k6nnen die Investitionsprojekte n u t paarweise auf der Grundlage der kritischen Werte itu'er Differenzinvestitionen miteinander verglichen werden. Dieses Vorgehen bezeichnet man als die Dtu'chf'tihrung von (zulassigen) unmittelbaren Parametervergleichen. Generell erweist sich das korrekte Vorgehen damit als deutlich aufwendiger als eine direkte Reihung der Investitionsprojekte nach ihren jeweiligen Kapitalwerten. Das fehlerhafte Vorgehen ist zwar insofern weniger kompliziert und ben6tigt sogar nicht einmal die Kennmis der tats~ichlichen Parameterauspr~igung (also beispielsweise des am Markt herrschenden Zinssatzes i, wenn nach intemen Zinsftil3en gereiht wird). Leider stimmt die hierbei resultierende Rangfolge in der Regel jedoch allenfalls zuf~illig mit der nach dem Kapitalwertkriterium tiberein, so dass mittelbare Parametervergleiche grunds~itzlich abzulehnen sind.
153
Wiederholungsfragen W3.1 Was versteht man unter der Irrelevanz der Nullpunktwahl bei kapitalwertorientierten Investitionsentscheidungen? W3.2 Was versteht man unter Parametern im Rahmen von Kapitalwertformeln? W3.3 Wie ist der kritische Wert eines Parameters definiert? W3.4 Was versteht man unter Break-even-Mengen und -Preisen, was unter der Amortisationsdauer eines Investitionsprojekts? W3.5 Definieren Sie die Begriffe "interner Zinsfug" und "Normalinvestition"! W3.6 Welche Probleme stellen sich bei der Ermittlung intemer Zinsftif3e von Projektzahlungsreihen? W3.7 Erl~iutern Sie, wie man mit Hilfe interner Zinsftil3e Einzelentscheidungen im Rahmen der Investitionsprogrammplanung treffen kann! W3.8 Wie lassen sich mit Hilfe interner Zinsftil3e Auswahlentscheidungen im Rahmen der Investitionsprogrammplanung treffen?
154 W3.9 Erkl~iren Sie die Begriffe "mittelbarer Parametervergleich" und "unmittelbarer Parametervergleich" ! W3.10 Geben Sie eine kritische Wtirdigung der beiden m6glichen Varianten von Parametervergleichen!
155
4
Nutzungsdauerentscheidungen und optimaler Ersatzzeitpunkt
4.1
Problemstellung
Nachdem in den letzten drei Abschnitten die Grundlagenftir Investitionsentscheidungen auf dem vollkommenen Kapitalmarkt er6rtert worden sind, sollen in den folgenden vier Abschnitten dieses Kapitels einige Fortentwieklungender Basiszusammenh~inge pr~isentiert werden. So wurde bislang stets angenommen, dass die Zahlungsreihe eines Investitionsprojektes eindeutig festliegt. In praktischen Anwendungen muss dies nattirlich keineswegs der Fall sein. Es ist bereits bekannt, dass man die Einzahlung z t eines Zeitpunktes t grunds~itzlich zurfickftihren kann auf die Differenz xt'(pt-kv,t)-Kf, r Hierbei bezeichnet x t die Absatzmenge des im Rahmen des Investitionsprojekts zu fertigenden Produkts im Zeitpunkt t und Pt den zugeh6rigen Absatzpreis. Kf, t steht ftir die in t anfallenden fixen, das heiBt ausbringungsunabh~ingigen, Auszahlungen, wahrend kv, t die variablen, also ausbringungsabh~ingigen, Auszahlungen pro gefertigter Mengeneinheit in t kennzeichnet. Sofern der Untemehmer nicht als Mengenanpasser fungiert, kann er aktiv auf den Preis Pt Einfluss nehmen und diesen zum Gegenstand einer Optimierung machen. Sehr einfach sind die Zusammenh~inge, wenn der Preis Pt lediglich auf die Absatzmenge x t einwirkt, nicht aber auf die Absatzmengen sonstiger Zeitpunkte "c ~ t. 1 Dann n~imlich gilt lediglich x t = xt(Pt ). Herkt~mmlicherweise wird man annehmen, dass x t mit wachsendem Pt fallend verRiuft, also bei ceteris paribus h6heren Absatzpreisen weniger Mengeneinheiten verkauft werden k6nnen, 2 und
Es werde demnach von Absatzinterdependenzenzwischen den einzelnen Betrachtungszeitpunkten abstrahiert. Vgl. hierzu etwa Ewert/Wagenhofer (2005), S. 46. Diese unmittelbar plausible Annahme kann als absolut g~ingig im Rahmen preispolitischer Betrachtungen aufgefasst werden. Vgl. hierzu etwa die Darstellungen in Diller (2000), S. 80 ff., sowie Simon (1992), S. 94 ff.
156 in der Regel die Umkehrfunktion pt(xt) statt xt(Pt ) betrachten. Bei variabler Absatzmenge ist zu beachten, dass auch die variablen Sttickauszahlungen kv,t eine Funktion von x t sein k6nnen. Im Weiteren seien die gesamten Auszahlungen mit Kt(xt) = xt'kv,t(xt)+Kf, t bezeichnet. 3 Der gesamte Erl6s aus dem Produkteverkauf
werde durch Et(xt) - x t'pt(xt) beschrieben. Infolge der getroffenen Annahmen sind die unternehmerischen Erl6se und Auszahlungen eines Zeitpunktes t unabh~ngig von denen jedes beliebigen anderen Zeitpunktes t' ~e t. Daher und wegen der Wertadditivitiit der Kapitalwertformel k6nnen die optimalen Preise und Absatzmengen der einzelnen Zeitpunkte t = 1 ..... T unabh~ingig voneinander ermittelt werden. Jede Steigerung des Einzahlungstiberschusses eines beliebigen Zeitpunktes t geht narnlich ceteris paribus mit einem h6heren Projektkapitalwert einher. Die optimale Absatzmenge x t ist folglich so zu w~hlen, dass der Einzahlungstiberschuss z t des Zeitpunktes t (t = 1 ..... T) maximal wird. Konkret lautet der O p t i m i e r u n g s a n s a t z des Untemehmers far jeden Zeitpunkt t dabei wie folgt: Et(x,) -Kt(xt) + max.!
(4.1)
xt
Ableiten und Nullsetzen von (4.1) ftihrt zu Et'(xt) = Kt'(xt)"
(4.2)
Der Untemehmer wird demnach jede Absatzmenge x t u n d damit jeden Preis Pt (t = 1, ..., T) so festsetzen, dass der Grenzerl6s aus dem Verkauf der letzten Produkteinheit gerade den Grenzauszahlungen zur Herstellung des betreffenden Stticks entspricht. 4 Der Verkauf yon weniger Gtitereinheiten ware suboptimal, weil jede weitere verkaufte Mengeneinheit einen h6heren Erl6s erbr~ichte, als sie zus~itzliche Auszahlungen verursachte. Der Verkauf von mehr Gtitereinheiten als
Interdependenzen zwischen den A u s z a h l u n g e n der einzelnen Zeitpunkte bestehen damit ebenfalls nicht. Vgl. auch hierzu etwa Ewert/Wagenhofer (2005), S. 48. Vgl. zu dieser marginalanalytischen, also an der Betrachtung von "Grenz"Gr613en orientierten, Ermittlung optimaler unternehmerischer Preissetzung auch etwa Kreps (1990), S. 299 ff., oder Giith (1994), S. 22 ff.
157 fiber (4.2) determiniert w~re ebenfalls ungtinstig, weil die zus~itzlich verkauften Produkteinheiten h6here Auszahlungen induzierten, als sie an Erl6sen zus~itzlich verdienten. Uber (4.2) gelangt man demnach schon zu einer ersten einfachen Endogenisierung der Zahlungsreihe z~..... z a- eines Investitionsprojekts.
Beispiel 4.1: Gegeben sei ein Untemehmer, der auf einem vollkommenen Kapitalmarkt mit einem Kapitalmarktzinssatz yon i = 8 % Zugang zu einem Investitionsprojekt mit einer Anfangsauszahlung in t = 0 von 50 GE hat. Im Rahmen der zu beurteilenden Investition wird ein Produkt gefertigt, dessen Preis Pl sich im Zeitpunkt t = 1 auf pl(x0 = 30-2-x~ bel~iuft, wobei x I die angestrebte Absatzmenge des Zeitpunktes t = 1 bezeichnet. Die Produktherstellung verursacht in t = 1 zus~itzliche Auszahlungen in H6he von Kl(x l) = x~+20. Auch in t = 2 sei noch ein Produkteabsatz m6glich. Der realisierte Preis Pz belaufe sich hierbei in Abh~ingigkeit yon der erwtinschten Absatzmenge x 2 auf 10-xf '5. Die mal3gebliche Auszahlungsfunktion in t = 2 sei Kz(x:) = xz+4. Weitere Zahlungskonsequenzen sind mit der Projektdurchftihrung nicht verbunden. Auf der Grundlage der angegebenen Daten k6nnen zun~ichst die optimalen Preise und Absatzmengen der Zeitpunkte t = 1 und t = 2 getrennt voneinander ermittelt werden. Aus diesen wiederum lassen sich sodann die zugeh6rigen Einzahlungstiberschtisse z t aus dem Investitionsprojekt in t = 1 und t = 2 und schliel31ich der resultierende Projektkapitalwert bestimmen. Der Unternehmer wird die Absatzmenge x 1 des Zeitpunktes t = 1 derart festlegen, dass der EinzahlungsiJberschuss
pl(xl)'xl-Kl(X0
=
(30-2"x0"x~-x~-20
=
3 0 - x 1-
3 "x~-20 maximiert wird. Ableiten nach x I und Nullsetzen f'dhrt zu 30-6-x x = 0 (4.3) x1 =5ME.
158 Daraus wiederum kann man auf z~ = 30-5-3-52-20 = 55 GE schliegen. In entsprechender Weise ist x 2 derart zu bestimmen, dass p 2 ( x 2 ) ' x 2 - K 2 ( x 2 ) 10"X2~
= 10"X2~
=
maximiert wird. Ableiten nach x 2 und Nullsetzen
ergibt 5.x2~
= 0 (4.4)
x 2 = 25 ME und damit z 2 = 10-25~
= 21 GE. Der Kapitalwert des Investitionsprojekts
bei optimalen Absatzentscheidungen in t = 1 und t = 2 bemisst sich demnach als - 5 0 + 5 5 1 1 , 0 8 + 2 1 / 1 , 0 8 2 ~ 18,93 GE > 0. Das Investitionsprojekt sollte mithin rea-
lisiert werden.
[]
Eine weitere M6glichkeit der Einflussnahme auf die Zahlungsreihe eines Investitionsprojekts besteht aus Untemehmersicht in der Entscheidung fiber die vollst~indige Liquidation und damit Veriiugerung des Investitionsprojekts. Im Weiteren sei auf dieses Entscheidungsproblem naher eingegangen, wahrend die Einzahlungen z t ansonsten im obigen Sinne stets als bereits optimiert angenommen werden. Dabei kann man zwei verschiedene F~ille unterscheiden. Zum einen kann man sich die Frage stellen, wann ein bereits implementiertes Projekt abgebrochen und (in aller Regel) durch ein Nachfolgeprojekt ersetzt werden sollte. Hierbei geht es augenscheinlich um das Problem des optimalen Ersatzzeitpunktes eines (bereits vorhandenen) Projekts. Zum anderen kann (und sollte) man sich aber auch schon vor der Projektdurchffihrung darfiber Gedanken machen, zu welchem Zeitpunkt das Projekt sinnvollerweise zu liquidieren ist. In diesem Zusammenhang spricht man von der Wahl der optimalen Nutzungsdauer. Sofern dabei das betrachtete Investitionsprojekt durch ein Nachfolgeprojekt abgel6st werden soll, geht es um die Bestimmung des optimalen Ersatzzeitpunktes einer m6glicherweise durchzuftihrenden Investitionsmagnahme. Insofern umfassen Nutzungsdauerentscheidungen als Spezialfall auch die Frage nach dem optimalen Ersatzzeitpunkt yon Investitionsprojekten. Es genfigt daher im Folgenden, wenn nur auf Nutzungsdauerent-
159 scheidungen eingegangen wird. Im Zusammenhang mit Nutzungsdauerentscheidungenk6nnen verschiedene Fallkonstellationen unterschieden werden, auf die der Reihe nach in den folgenden Abschnitten einzugehen ist: 5 1)
Es handelt sich um eine einmalige Investitionsentscheidung ohne Anschlussprojekt (Abschnitt 4.2).
2)
Es besteht im Zeitablauf N-mal hintereinander die M6glichkeit zur Durchftihrung eines identischen Investitionsprojekts (Abschnitt 4.3).
3)
Es besteht im Zeitablauf N-mal hintereinander die M6glichkeit zur Durchf'tthrung unterschiedlicher Investitionsprojekte (Abschnitt 4.4).
4)
Es besteht im Zeitablauf die M6glichkeit, ein bestimmtes Investitionsprojekt unendlich oft zu wiederholen (Absehnitt 4.5).
5)
Es besteht im Zeitablauf die M6glichkeit, unendlich oft in nicht identische Projekte zu investieren (Abschnitt 4.6).
Die Ausftihrungen schliegen wie gewohnt mit einer kurzen Zusammenfassung im
Abschnitt 4.7. 4.2
Optimale Nutzungsdauer eines Projekts ohne M6glichkeit zu Anschlussinvestitionen
Der einfachste Fall ist naturgem~ig dadurch gekennzeichnet, dass lediglich zu einem Investitionsprojekt mit noch zu bestimmender Nutzungsdauer Zugang be-
Nutzungsdauerentscheidungen werden in zahlreichen anderen Lehrbtichern mit vergleichbarer grundlegender Systematik behandelt. Vgl. etwa Busse v. Colbe/ Lafimann (1990), S. 131 ft., Adam (2000), S. 196 ft., oder auch v. Nitzsch (2004), S. 48 ff., sowie Kruschwitz (2005), S. 193 ft. Bemerkenswert ist tiberdies die grol3e Zahl von Beitr~igen zu diesem wohlstrukturierten Problem in Zeitschriften zur Hochschulausbildung. Vgl. etwa SchrOder (1986, 1987), Altrogge (1992) sowie Kistner/Steven (1992).
160 steht und nach der Beendigung dieses Projekts keine Folgeprojekte verffigbar sind. Aus dem Abbruch des Projekts in einem Zeitpunkt T ergeben sich dabei zwei Konsequenzen. Zum einen fallen ab dem Zeitpunkt T+ 1 keine weiteren Zahlungen aus dem Projekt mehr an. Zum anderen ist es denkbar, dass aus der Liquidation der vorhandenen Anlagen im Zeitpunkt T zus~itzlich zu den gerade noch realisierten laufenden Einzahlungen zv ein Liquidationserliis L T erzielt wird. Demnach ergibt sich der Kapitalwert ~c(T) des betrachteten Projekts bei der Entscheidung f'ttr eine Laufzeit T als T
Zt
LT
~:(T) = ~ - - ~ - - . t=0 (1 +i) t (1 +i) T
(4.5)
Man erh~ilt mithin ffir jede denkbare Nutzungsdauer T eine spezifische Zahlungsreihe fiir das Investitionsprojekt und kann stets den zugeh6rigen Kapitalwert ermitteln. Im Weiteren sei angenommen, dass bei Projektnutzung fiber einen Zeitpunkt Tmax hinaus nur noch Einzahlungsfiberschfisse und Liquidationserl6se in
H6he von maximal 0 GE realisiert werden k6nnen. 6 Tmax beschreibt demnach in jedem Fall die maximal in Erwagung zu ziehende Projektnutzungsdauer. Somit stehen Tmax+l verschiedene Nutzungsdauern 0 ..... Tmax zur Auswahl, yon denen nur eine realisiert werden kann. Es liegt folglich de facto eine Auswahlentseheidung zwischen Tmax+1 verschiedenen Investitionsprojekten vor. Im Vergleich zur bisher erfolgten Diskussion yon Auswahlentscheidungen kommt bei Nutzungsdauerentscheidungen (ohne M6glichkeit zu Anschlussinvestitionen) tediglich das Problem hinzu, dass zun~ichst die Zahlungsreihen j e nach m6glicher Nutzungsdau-
Grunds~itzlich kann jedes Investitionsprojekt ad infinitum betrieben werden. Eine maximale teehnische Nutzungsdauer existiert daher nicht. Irgendwann allerdings werden Einzahlungen aus dem Produkteverkauf ausbleiben oder aber dutch ausufernde Auszahlungen zur Instandhaltung der Anlagen fiberkompensiert werden. Hier wird angenommen, dass eine solche Situation sp~itestens ab dem Zeitpunkt Tmax+1 vorliegt und daher das betrachtete Investitionsprojekt aus wirtschaftliehen Grtinden sicherlich vorher zu beenden ist.
161 er ermittelt werden mtissen, w~ihrend sie bisher stets gegeben waren. 7
Beispiel 4.2:8 Betrachtet sei ein Investitionsprojekt, das maximal bis zum Zeitpunkt
Tma x =
5 mit
positiven Zahlungskonsequenzen verbunden ist. In der Tabelle 4.1 kann man zum einen die Einzahlungen z t eines Zeitpunktes t ftir den Fall der mindestens bis t erfolgenden Projektdurchf'tihrung ablesen. Z u m anderen werden in der Tabelle 4.1 auch die m6glichen Liquidationserl6se
Lt
bei Projektabbruch im Zeitpunkt t
angegeben. Der Kapitalmarktzinssatz sei i = 10 %, und gesucht ist der optimale Liquidationszeitpunkt.
t
0
1
2
3
4
5
zt
-1.000
600
400
300
200
60
Lt
1.000
600
500
300
100
0
Tabelle 4.1:
M6gliche Einzahlungen z tund Liquidationserl6se L t (t = 0 ..... 5) aus einem Investitionsprojekt
Die Zahlungsreihe des Investitionsprojekts je nach gewS.hlter Nutzungsdauer T kann der Tabelle 4.2 entnommen werden. Ftir T = 0, das heiBt "sofortigen" Projektabbruch ergibt sich eine Nullzahlungsreihe: Das Investitionsprojekt wird uno actu initiiert und wieder abgebrochen, mithin faktisch tiberhaupt nicht realisiert. Ftir T = 1 erh~ilt man zum einen in t = 0 eine Auszahlung in H6he von 1.000 GE,
Nattirlich mfissen die Zahlungsreihen auch bei "herk6mmlichen" Auswahlentscheidungen stets erst einmal ermittelt werden. Insofern liegt hier keine "wirkliche" Komplizierung der Zusammenhfinge vor. Am Rande sei erwNlnt, dass selbstverst~indlich auch die Ermittlung optimaler Absatzpreise im Rahmen einer Projektdurchffihrung als Auswahlentscheidung verstanden werden kann. Das folgende Zahlenbeispiel ist an Eisenfiihr (1993), S. 39 f., angelehnt. Entsprechendes gilt f'tir Beispiel 4.3.
162 zum anderen ergeben sich Einzahlungen in t = 1 im Umfang von z 1 = 600 GE aus der laufenden Gesch~fftst~itigkeit sowie im Ausmag L1 = 600 GE aus der anschliegenden Projektliquidation. Insgesamt fliegen dem Unternehmer f'tir T = 1 in t = 1 demnach 1.200 GE zu. Ffir T = 2 bleiben weiterhin 1.000 GE Auszahlung in t - 0 erforderlich. Des Weiteren erh~ilt der Untemehmer Einzahlungen aus der laufenden Gesch~iftst~itigkeit im Umfang von 600 GE in t = 1 und 400 GE in t = 2. Schlieglich fahrt der Projektabbruch noch zu Liquidationserl6sen in t = 2 in H6he von 500 GE. In entsprechender Weise ergeben sich die Zahlungsreihen fttr T = 3, 4, 5.
t=0
t=l
Y=0
t=2
t=3
0
0
t=4
t=5
T = 1
-1.000
1.200
0
0
0
0
T = 2
-1.000
600
900
0
0
0
T = 3
-1.000
600
400
600
0
0
T = 4
-1.000
600
400
300
300
0
T = 5
-1.000
600
400
300
200
60
Tabelle 4.2:
Zahlungsreihe desInvestitionspr~ektsje nach Nutzungsdauer T (T = 0 ..... 5)
Es liegt somit eine Auswahlentscheidung mit 6 verschiedenen, altemativ durchf'tthrbaren Investitionsprojekten vor. Zu wg_hlen ist die Nutzungsdauer, die zum h6chsten Projektkapitalwert ftihrt. Konkret erh~ilt man hier:
163 T
0
1
2
3
4
5
K(T)
0
90,91
289,26
326,82
306,33
275,29
Tabelle 4.3:
Projektkapitalwerte in Abhgngigkeit der Nutzungsdauer T (auf zwei Stellen genau gerundet)
Ohne weiteres erkennt man, dass der maximale Kapitalwert bei einer Nutzungsdauer von T* = 3 erreicht wird.
[]
Die Bestimmung der optimalen Nutzungsdauer eines einzelnen Investitionsprojekts l~isst sich somit zurtickfiihren auf das Problem einer Auswahlentscheidung zwischen Tmax+l verschiedenen Investitionsaltemativen. In der Tat besteht hier aber eine Besonderheit des Problems darin, dass sich die Zahlungsreihen der Handlungsalternativen sehr stark ~ihneln, wie man etwa aus Tabelle 4.2 des vorhergehenden Zahlenbeispiels ersehen kann. Bildet man konkret die Differenzinvestition zwischen der f'tir Nutzungsdauer T+I und der ffir Nutzungsdauer T resultierenden Projektzahlungsreihe, dann erh~ilt man z~(T+I)-T)= 0 fiir t = 0 ..... T-1 und z:t(x+~-v~ = -L v ftir t = T sowie z(t(r+~-x) = ZT+I+LT+1 f'tir t = T+I. 9 Dieses Ergebnis ist auch recht leicht verstgndlich. Die gedankliche Verl~ingerung der Nutzungsdauer um eine Periode von T zu T+I hat zur Folge, dass auf den Liquidationserl6s L T des Zeitpunktes T verzichtet wird, daftir aber zus~itzliche Einzahlungen Zr+~+Lr+1 eine Periode sp~iter erzielt werden. Lohnend ist diese Verl~ingerung der Nutzungsdauer um eine Periode yon T nach T+I dann, wenn der Kapitalwert dieser Differenzinvestition positiv ist. Dann n~imlich erzielt man durch den 0bergang yon der Nut-
Die Schreibweise "(T+I)-T" dient - analog zur Vorgehensweise in den vorangegangenen Abschnitten - kurz zur Kennzeichnung der aus dem Ubergang von Nutzungsdauer T zu Nutzungsdauer T+I resultierenden Differenzinvestition und kann nattirlich nicht wie eine Summe zu "1" zusammengefasst werden. Entsprechend handelt es sich im Zusammenhang mit den z t hierbei um eine Indizierung und nicht um einen Exponenten (daher auch die Klammern um den Gesamtausdruck "(T+ 1)-T").
164 zungsdauer T zur Nutzungsdauer T+I einen Verm6genszuwachs in der H6he des Kapitalwertes der Differenzinvestition. Nun gilt: K((T+I)-T) LT - - +
(1+i) T
-LT+
ZT+I+LT+I ] )} 0
(1 +i) T§
ZT+1+LT+ 1
(1 +i)
(4.6)
> 0.
Es ist zur Ermittlung des Vorzeichens von ~:((V+l)-T)demnach gar nicht n6tig, die beiden von Null verschiedenen Zahlungen der Differenzinvestition bis auf t = 0 zu diskontieren. Es gent~gt eine Diskontierung der Einzahlungen des Zeitpunktes t = T+I auf den Zeitpunkt t = T, also eine Berechnung des Ausmages der Verm6gens~inderung im Falle der Nutzungsdauerverl~ingertmg aus Sicht des Zeitpunktes t = T. Der hierbei relevante Kapitalwert gem~ig der linken Seite der Ungleichung aus der letzten Zeile von (4.6) sei im Weiteren mit ~:~:v+l)-v)bezeichnet. Auf der Grundlage der Differenzinvestitionen zwischen "benachbarten" Projektnutzungsdauern l~isst sich nun leicht auf alternative Weise die optimale Nutzungsdauer eines Projekts ermitteln: Zun~ichst bestimmt man ftir alle Nutzungsdauern T die Differenzinvestitionen (T+I)-T und die zugeh6rigen Kapitalwerte in "einfacher" Diskontierung gem~iB (4.6). Eine Nutztmgsdauer T kann nur optimal sein, wenn der Kapitalwert der Differenzinvestition (T+I)-T negativ 1~ ist, also der Obergang yon der Projektnutzungsdauer T zur Nutzungsdauer T+ 1 mit einer Reichtumseinbul3e einhergeht. Des Weiteren muss der Kapitalwert der Differenzinvestition T-(T-1) positiv sein, das heil3t, der Obergang yon der Nutzungsdauer
10 Genauer mfisste hier von einem "nichtpositiven" Kapitalwert die Rede sein, weil auch der Fall denkbar ist, dass zwei aufeinanderfolgende Nutzungsdauem T und T+ 1 zugleich optimal sind, der Kapitalwert der relevanten Differenzinvestition folglich Null ist. Zur Vereinfachung der Formulierungen wird yon diesere Spezialfall hier jedoch abgesehen.
165 T- 1 hin zu T muss zu einer Verm6gensmehrtmg auf Seiten des Unternehmers f'tihren. Fasst man diese beiden Gedanken zusammen, so kann nur eine solche Nutzungsdauer T optimal sein, bei der der Kapitalwert der Differenzinvestitionen vom Positiven ins Negative umschl~igt. Gibt es nur eine "Kandidatenstelle", an der dies der Fall ist, ist damit bereits die optimale L6sung gefunden. Sollte es hingegen mehrere mit einem derartigen Vorzeichenwechsel einhergehende Nutzungsdauern geben, dann ist f'tir diese in die engere Wahl zu ziehenden Handlungsalternativen wohl doch noch die Ermittlung der konka'eten Projektkapitalwerte erforderlich. Immerhin ist aber eine gewisse Vorauswahl unter den m6glichen Nutzungsdauern gelungen, die zudem wegen der einfachen Zahlungsreihen der betrachteten Differenzinvestitionen rechentechnisch sehr leicht f~illt. Ferner kann man aus (4.6) sehr gut die Konsequenzen einer Ceteris-paribus-Erh6hung des Kalkulationszinsfuges i erkennen. Augenscheinlich werden die relevanten Differenzkapitalwerte im Falle nichtnegativer laufender Einzahlungstiberschtisse und Liquidationserl0se generell reduziert, was unter dieser Pr~imisse eine ktirzere Nutzungsdauer des betrachteten Investitionsprojekts attraktiver werden l~isst.11
Beispiel 4.3: Ausgangspunkt sei erneut das Entscheidungsproblem aus Beispiel 4.2. Die Berechnung der Differenzinvestitionen zwischen den Zahlungsreihen des Investitionsprojekts ftir "benachbarte" Nutzungsdauem liefert g e m ~
Tabelle 4.4 die
folgenden Ergebnisse:
11 Nattirlich kann es auch sein, dass eine Erh6hung von i die optimale Projektnutzungsdauer unverS_ndert l~isst. In jedem Falle abet kann eine Anhebung yon i bei nichtnegativen Liquidationserl6sen und Einzahlungstiberschiissen nicht mit der Optimalit~it einer l~ngeren Projektnutzungsdauer einhergehen und sinkt die optimale Projektnutzungsdauer ftir hinreichend hohen KalkulationszinsfuB stets auf Null.
166 t
0
1
2
3
4
5
1-0
-1.000
1.200
0
0
0
0
2-1
0
-600
900
0
0
0
3-2
0
0
-500
600
0
0
4-3
0
0
0
-300
300
0
5-4
0
0
0
0
-100
60
Tabelle 4.4:
Zahlungsreihen der Differenzinvestitionen bei Vergleich aufeinanderfolgender Nutzungsdauerm6glichkeiten T+I und T
Wechselt man etwa yon der Nutzungsdauer T -- 2 zur Nutzungsdauer T = 3, betrachtet also die Differenzinvestition 3-2, dann btigt der Unternehmer einerseits den Liquidationserl6s L 2 = 500 GE in t = 2 ein, gewinnt daftir aber die Einzahlungen z 3 = 300 GE und den Liquidationserl6s L 3 = 300 GE des Zeitpunktes t = 3 neu hinzu. Die zu den Zahlungsreihen aus Tabelle 4.4 geh6rigen Kapitalwerte }~(T(T+I)-T) = -LT+(ZT+I+Lv+I)/(I+i) sind in TabeUe 4.5 wiedergegeben.
T
0
1
]~((T+I)-T)
90,91
218,18
Tabelle 4.5:
4 45,45
-27,27
-45,45
Kapitalwerte ~((T+I)-T) der Differenzinvestitionen aufeinanderfolgender Nutzungsdauerm6glichkeiten T+ 1 und T (auf zwei Stellen genau gerundet)
Die Folge der Kapitalwerte ]~(T(T+I)-T) der Differenzinvestitionen weist nur einen Vorzeichenwechsel vom Positiven ins Negative auf, und zwar ist der Kapitalwert
167 K:~4-3) von 4-3 der erste negative. Die optimale Nutzungsdauer ergibt sich damit auch in dieser Betrachtungsweise als T* = 3.
4.3
[]
Optimale Nutzungsdauern bei endlicher Wiederholung gleichartiger Projekte
Die zu treffende Auswahlentscheidung ist deutlich komplizierter, wenn mehrfach hintereinander Investitionsm6glichkeiten bestehen. Dabei wird grunds~itzlich angenommen, dass im Zeitpunkt der Liquidation eines Projekts bereits die Anfangsauszahlung ftir das n~ichste Projekt geleistet und dieses damit schon initiiert werden kann. Diese Annahme stellt sicher, dass es in keinem Zeitpunkt zu positiven Einzahlungen z t von zwei Projekten gleichzeitig kommen kann, andererseits aber stets ein Projekt mit positiven Einzahlungen z t gerade "aktiv" sein mag. Die zugrundeliegende Vorstellung ktinnte hierbei etwa die sein, Fertigungsanlagen ftir ein und dasselbe Produkt im Zeitablauf immer wieder zu ersetzen: In keinem Zeitpunkt kann man dann mit einem doppelten Bestand an Fertigungsanlagen sinnvoll produzieren, wohl aber sollten tiberhaupt irgendwelche Fertigungsanlagen in jedem Betrachtungszeitpunkt zur Herstellung des betreffenden Produkts verftigbar sein. Recht gut generell analysierbar ist der Fall, dass alle hintereinander durchftihrbaren Projekte grunds~itzlich identiseh in dem Sinne sind, dass sie bei gleicher (vom Unternehmer fixierbarer) Nutzungsdaner auch zu den gleichen Zahlungskonsequenzen vom Zeitpunkt ihrer jeweiligen Implementierung an f'tihren. Im einfachsten Fall liegt dabei lediglich die M6glichkeit zweimaliger Investition, das heii3t die Option einer einmaligen Projektwiederholung, vor. Gesucht ist sodann die optimale Nutzungsdauer im Rahmen der ersten Projektdurchf'tihrung sowie die optimale Nutzungsdauer im Rahmen der zweiten. Weil die Entscheidung tiber die optimale Nutzungsdauer bei der erstmaligen Projektdurchfiihrung sachgerecht nur getroffen werden kann, wenn man weig, wie lange das Projekt bei der zweiten Durchftihrung genutzt werden soll, ist es in der Tat zweckmN3ig, das Entscheidungsproblem im Wege der "Riiekw~irtsinduktion" von hinten nach vorne aufzu-
168 rollen. ~2Das bedeutet, dass zun~ichst die optimale Nutzungsdauer im Rahmen der zweiten Durchftihrung bestimmt wird, um auf dieser Grundlage anschliel3end die optimale erstmalige Nutzungsdauer zu ermitteln. 13 Die optimale Nutzungsdauer bei zweiter Projektdurchftihrung bereitet keine Probleme. Da anschliel3end kein weiteres Investitionsprojekt mehr durchgef'tthrt wird und wegen der Wertadditivitiit und damit Bezugspunktunabhiingigkeit der Kapitalwertfunktion, kann die Entscheidung genau so getroffen werden, als ob nur einmalig die optimale Nutzungsdauer eines Investitionsprojekts ohne Anschlussinvestition ermittelt werden sollte. Es l~isst sich folglich unmittelbar das Vorgehen aus Abschnitt 4.2 nutzen. Die hierbei resultierende optimale Nutzungsdauer der zweiten Projektdurchftihrung sei im Weiteren mit T (2~* bezeichnet. Der damit einhergehende, auf den Zeitpunkt T (~ der Beendigung des ersten Projekts und Initiiertmg des zweiten bezogene Kapitalwert sei entsprechend als ~:~2~,charakterisiert. Die in diesem Kontext genaugenommen erforderliche Indexierung mit "T(1~'' sei aus Vereinfachungsgrtinden weggelassen. Bei der Bestimmung der optimalen Nutzungsdauer des ersten Projekts ist nun zu beachten, dass die Verl~ingemng der Nutzungsdauer von T (~) = T auf T (~) = T+I nicht nur zu den Zahlungskonsequenzen -L T in T und zv+l+Lv+~in T+I ftihrt, sondem dass sich vielmehr auch der Beginn der zweiten Projektdurchftihrung um eine Periode nach hinten verschiebt. Das bedeutet, dass die f'tir eine Nutzungsdauer von
12 Gerade in investitionstheoretischen Ans~itzen ist hierbei auch oft vom "Rollback-Verfahren" die Rede. Vgl. etwa Hax (1993), S. 179, Kruschwitz (2005), S. 347. 13 Alternativ k6nnte man einfach im Rahmen vollst[indiger Enumeration ftir alle m6glichen Kombinationen yon Nutzungsdauern des ersten und des zweiten Projekts der zugeh6rige Gesamtkapitalwert bestimmen und auf dieser Grundlage die kapitalwertmaximale Handlungsalternative ausw~hlen. Wenngleich hierbei sehr deutlich wird, dass einmal mehr eine Auswahlentscheidung zu treffen ist, ist dieses Verfahren jedoch deutlich aufwendiger als eine L6sung im Wege der Rtickwartsinduktion. Die letztgenannte Methodik vermeidet n~imlich die Betrachtung zahlreicher suboptimaler Handlungsalternativen.
169 T des ersten Projekts in T anfallende Verm6gensmehrung ~:~2)*aus dem zweiten Projekt nunmehr erst in T+I eintritt. Dies ist ~iquivalent zur Annahme, dass die Verliingerung der Nutzungsdauer des ersten Projekts insgesamt zu monet~en Konsequenzen -La--~:(2~* in T und zT+I+LT+1+~(2)* in T+I ftihrt. Wieder lohnt sich die Verl~ingemng der Nutzungsdauer f'tir das erste Projekt yon T auf T+ 1 genau dalm, wenn der (auf T bezogene) Kapitalwert -Lr-~Z(2~*+(za-+~+Lv§~+K~2)*)/(1+i) der Differenzinvestition nichmegativ ist. Wegen -~;(2)*+K(z~*/(1+i) < 0 ftir K(2)*> 0 wird diese Bedingung aber eher als bei der zweiten Projektdurchftthrung verletzt sein. In der Tat werden f'tir gegebene Nutzungsdauer T (2)*bei zweiter Projektdurchftihrung alle Differenzkapitalwerte des ersten Projekts um ~:(2)*-~:(2~*/(1+i) reduziert, was tendenziell zur Vorteilhaftigkeit kiirzerer Projektnutzungsdauern f'tihrt, obwohl die beiden hintereinander durchftihrbaren Projekte grunds~itzlich gleichartig sind. Mit zunehmender Zahl betrachteter m6glicher Projektwiederholungen verstSrkt sich dieser Effekt, weil eine ceteris paribus erfolgende Verl~ingerung der Nutzungsdauer eines zeitlich weit vome gelegenen Investitionsprojekts sich durch die sp~itere Durchftihrung sehr vieler nachfolgender Projekte zunehmend nachteilig auswirkt. Unterstellt man etwa die Mtiglichkeit dreimaliger Projektdurchftihrung, so ftihrt die Verlgngerung der Nutzungsdauer im Rahmen der ersten Projektimplementierung dazu, dass nun zwei Folgeprojekte jeweils eine Periode sp~iter beginnen und dementsprechend die Reichtumsmehrungen aus zwei Projekten zeitlich weiter nach hinten verschoben werden. Entsprechendes gilt bei N-maliger Projektdurchf'tihrung mit der Konsequenz, dass die optimale Nutzungsdauer des Projekts zu Anfang am ktirzesten und bei der letzten Projektdurchftihrung am l~ingsten ist. Man spricht hier auch von einem "Ketteneffekt". 14Je h6her der angesetzte Kalkulationszinsful3 ist, umso gr613er sind dabei ceteris paribus, das heigt f'ttr gegebene 15 Kapitalwerte der Folgeprojekte, die Reichtumseinbugen aus der zeitlichen
14 Dieses bemerkenswerte Ergebnis geht auf Preinreich (1940), S. 16 f., zuriick. Seine praktische Bedeutung wurde im deutschsprachigen Raum insbesondere yon Buchner (1980, 1982b) sowie Zechner (1981, 1982) diskutiert. 15 Nattirlich sind diese Kapitalwerte in konkreten Entscheidungsproblemen nicht ceteris paribus gegeben, sondem werden typischerweise mit wachsendem i sinken. Insofern ist der Gesamteffekt einer Kalkulationszinsful3anhebung im Hin-
170 Verlagerung des Beginns von Folgeprojekten in die entfemtere Zukunft.
Beispiel 4.4: Gegeben sei die Entscheidungssituation aus Beispiel 4.2 mit dem einzigen Unterschied, dass nunmehr das besagte Investitionsprojekt zweimal hintereinander durchgef'tihrt werden k6nne. Die optimale Nutzungsdauer im Rahmen der zweiten Realisation ist damit gem~ig den Ergebnissen aus Beispiel 4.2 mit T (2~*= 3 bereits bekannt. Bezogen auf den Zeitpunkt der zweiten Realisation des Projekts und damit zugleich den Zeitpunkt des Abbruchs der ersten Projektdurchftihrung bel~iuft sich der zugeh6rige Projektkapitalwert auf ~(2)* = 326,82 GE. Aus der Verl~ingerung der Nutzungsdauer des ersten Projekts yon T zu T+I ergibt sich damit eine auf T bezogene Verm6genseinbul3e wegen verz6gerter zweiter Projektdurchftihrung von ungef'~_hr326,82-326,82/1,1 = 29,71 GE. Alle in Tabelle 4.5 ausgewiesenen, einfach diskontierten Kapitalwerte der zu betrachtenden Differenzinvestitionen sind demnach um diesen Betrag zu reduzieren, was aber nichts an der Optimalit~it einer Nutzungsdauer yon T (1~ = 3 auch bei erstmaliger Projektdurchftihrung Lndert. Augenscheinlich wtirde eine Verktirzung der optimalen Nutzungsdauer im Rahmen der ersten Projektdurchftihmng erst bei einer Reduktion aller Differenzkapitalwerte um mehr als ungef'Llar 45,45 GE eintreten. Im Folgenden wird gezeigt, dass eine derartig deutliche Reduktion bei dreimaliger DurchfiJhrung des gleichen Investitionsprojekts in der Tat beobachtet werden kann. Auch in diesem Fall 16st man das Entscheidungsproblem im Wege der Rtickw~tsinduktion yon hinten nach vome. Die optimale Nutzungsdauer ftir die dritte Projektdurchf'dhrung betr~igt in Anbetracht der obigen Ergebnisse wegen fehlender Anschlussprojekte wieder T (3)* = 3. Bei der zweiten Projektrealisation steht noch ein Folgeprojekt an. Auch hierftir ist die optimale Nutzungsdauer bereits bekannt. Sie betr~igt ebenfalls
T (2)* =
3. Mit T (1~ = T als die (noch zu bestimmende)
Nutzungsdauer bei erster Projektdurchftihrung werden die Zahlungsreihen aus
blick auf die Nutzungsdauer eines bestimmten Investitionsprojekts im Rahmen der gesamten Projektkette nicht eindeutig determiniert. Vgl. hierzu auch etwa Eisenfiihr (1993), S. 74.
171 zweiter und dritter Projektdurchf'tihrung gem~ig Tabelle 4.6 beschrieben.
T
T+I
T+2
T+3
T+4
T+5
T+6
z~2)
-1.000
600
400
600
0
0
0
ZI3)
0
0
0
-1.000
600
400
600
Tabelle 4.6:
Zahlungsreihen aus zweiter und dritter Projektdurchftihrung bei Optimalverhalten
Im Rahmen der Ermittlung der optimalen Nutzungsdauer bei erstmaliger Projektdurchftihrung ist nun zu beachten, dass jede Periode Nutzungsverl~ingemng sowohl die zweite als auch die dritte Projektdurchftihrung um eine weitere Periode hinausz6gert. Aus der zweiten Projektdurchftilarung realisiert sich ein auf den Zeitpunkt T der Leistung der Anfangsauszahlung des zweiten Projekts und damit des Abbruchs des ersten Projekts bezogener Kapitalwert ~(2)* von etwa 326,82 GE. Entsprechend bezieht sich der gleich grol3e Kapitalwert rd3)* der dritten Projektdurchftihrung auf den Zeitpunkt T+T (2) = T+3 der Anfangsauszahlung des dritten und damit des Abbruchs des zweiten Projekts. Die Verl~ingerung der Nutzungsdauer des ersten Projekts von T (1) = T auf T (1) = T+I verursacht damit hinsichtlich der untemehmerischen Verm6genssteigerungen aus dem zweiten und dritten Projekt die folgenden Konsequenzen gem~ig Tabelle 4. 7:
T
T+I
T+2
T+3
T+4
-326,82
326,82
0
-326,82
326,82
Tabelle 4. 7:
Verm6genskonsequenzen aus der Verl~ingertmg der Nutzungsdauer bei erster Projektdurchftihrung von T auf T+I (auf zwei Stellen genau gerundet)
172 Die bereits bekannten Kapitalwerte der Differenzinvestitionen aus Tabelle 4.5 sind demnach s~imtlich um 326,82-326,82/1,1+326,82/1,13-326,82/1,14
=
52,03 GE nach
unten zu korrigieren. Man erh~ilt damit als neue, nunmehr relevante Differenzkapitalwerte bei Gegentiberstellung der Nutzungsdauern T (~) = T+I und T (1) = T:
T I2T((T+ 1)-T)
Tabelle 4.8:
38,88
166,15
-6,58
-79,31
-97,49
Kapitalwerte der Differenzinvestitionen aufeinanderfolgender Nutzungsdauerm6glichkeiten T+ 1 und T bei erster Projektdurchfiihrung (auf zwei Stellen.genau gerundet)
Augenscheinlich ist als optimale Nutzungsdauer ftir die erste Projektdurchftihrung demnach T (~)* = 2 anzusetzen. 4.4
[]
Optimale Nutzungsdauern bei endlicher Kette verschiedenartiger Projekte
Die Ermittlung der optimalen Nutzungsdauer von Investitionsprojekten erschwert sich erheblich, wenn im Zeitablauf Zugang zu grtmds~itzlich unterschiedliehen Projekten besteht. Urs~ichlich hierftir sind die schon in einfachen Beispielen recht zahlreichen tmterschiedlichen Handlungsaltemativen, die sich durch die jeweils zul~issigen Projektabfolgen ergeben.
Beispiel 4.5: Gegeben sei ein Unternehmer, der in t = 0 ein Investitionsprojekt 1 mit maximaler Nutzungsdauer TI max)= 4 durchfiihren kann. Von t = 1 bis t = 3 besteht Zugang zu einem weiteren Investitionsprojekt mit maximaler Nutzungsdauer von vier Perioden, dessen Durchf'tihrung den Abbruch des ersten Projekts erfordert. Ab t = 2 bis t = 4 schliel31ich kann ein drittes Investitionsprojekt mit maximaler
173 Nutzungsdauer von 2 Perioden initiiert werden, sofern alle vorhergehenden Projekte bereits liquidiert worden sind. Der betrachtete Untemehmer muss nun abw~igen zwischen den folgenden grunds~itzlichen Verhaltensweisen: 1)
Durchf'tthrung entweder nur des Projekts 1 oder nur des Projekts 2 oder des Projekts 3,
2)
Durchf'tihrung nur yon Projekt 1 und Projekt 2,
3)
Durchftihrung nur von Projekt 1 trod Projekt 3,
4)
Durchf'tihrung nur von Projekt 2 und Projekt 3,
5)
Durchftihrung von Projekt 1, 2 und 3.
Insgesamt existieren 7 grundlegende Handlungsalternativen, ftir die zuniichst die optimale Nutzungsdauer der jeweils betrachteten Projekte im Wege der Rtickw~irtsinduktion bestimmt werden k6nnte, wie es weiter oben pr~isentiert wurde, um anschliel3end auf der Grundlage der j eweils resultierenden Gesamtkapitalwerte zu einer abschlief3enden Beurteilung zu gelangen. Schon die Herleitung der optimalen Projektnutzungsdauem im Fall 4) w~ire dabei aufwendiger als die Bestimmung der L6sung im Rahmen von Beispiel 4.4.
[]
Gerade weil sich sehr schnell recht komplexe Entscheidungsprobleme ergeben, d'tirfte in diesem Zusammenhang ein besonderes Bedtirfnis zum Einsatz von Methoden des Operations Research (OR) bestehen, auf die hier allerdings nicht naher eingegangen werden soll. 16 Stattdessen soll eine zentrale Ursache ftir die zeitliche Abfolge unterschiedlicher Investitionsprojekte etwas n~iher tmtersucht werden, n~imlich der technische Fortschritt] 7
Technischer Fortschritt wird sich typischerweise dadurch bemerkbar machen, dass die erforderliche Anfangsauszahlung ftir ein Folgeprojekt im Zeitablauf sinkt
16 Vgl. hierzu beispielsweise Buchner (1970) oder Drexl (1990). ~7 Vgl. zur Beriicksichtigung technischen Fortschritts im Rahmen der Investitionsrechnung etwa auch Nippel (1995) sowie Betge (2000), S. 148 ft.
174 und/oder die nachfolgenden Einzahlungstiberschfisse wegen gr613erer Effektivit~it in der Produktfertigung oder auch wegen verbesserter Absatzm6glichkeiten infolge verbesserter Produktqualit~it steigen. Nattirlich mag es sein, dass allgemeiner technischer Fortschritt fiber die dadurch erm6glichten PreissenkungsspieMiume zu sinkenden Absatzpreisen f'tilart. Von derartigen Sekund~irwirkungen sei im Weiteren abgesehen und vielmehr schlicht angenommen, dass die Realisation eines neuen Projekts zu einem beliebigen Zeitpunkt t bei einer (konstanten) Anfangsauszahlung
At=
A 0 zu anschliegenden Rtickflfissen zt+l, zt+2.... ffihrt, die das qt-fache
der Einzahlungen z~, z 2.... bei Projektrealisation im Zeitpunkt t = 0 betragen. Der Faktor q _> 1 kann in diesem Zusammenhang als Maggr613e ftir den technischen Fortschritt aufgefasst werden. Fraglich ist allerdings, wie sich technischer Fortschritt auf die aus einer Liquidation des Investitionsprojektes realisierbaren Erl6se
Lt+l, Lt+ 2. . . .
auswirkt. TM
Unterstellt man etwa, dass sich diese bei Investition in t analog zu den z,+, zt+2, ... auf das qt-fache der Werte ftir L~, L 2.... belaufen, dann ergibt sich zumindest ffir das letzte Projekt in der Investitionskette eine vom Ausmag q des technischen Fortschritts unabh~ingige optimale Nutzungsdauer. Die Ursache hierftir ist darin zu sehen, dass die Vorzeichen der Kapitalwerte ~9 w((t+T+l)'(t+T))"t+T=
-Lt+T+(Zt+T+l+
Lt+v+0/(l+i) = qt'[-LT+(ZT+l+La.+0/(l+i)] der relevanten Differenzinvestitionen bei Projektbeginn in t und ceteris paribus erfolgender Nutzungsdauerverl~ingerung yon T h i n zu T+I unabh~ingig vom Ausmal3 des technischen Fortschritts wegen q > 1 stets denen bei Projektbeginn in t = 0 entsprechen.
~8 Die Annahme stehen.
L t = -A t
soil aus Plausibilit~itsgriJnden hier nicht zur Diskussion
19 Der Kapitalwert l"((t+T+l)'(t+T))"t+Vbezeichnet hierbei den auf den Zeitpunkt t+T bezogenen unternehmerischen Verm6genszuwachs im Falle der Verl~ingerung der Nutztmgsdauer des betrachteten Investitionsprojektes von T auf T+ 1 Perioden.
175 Nimmt man hingegen an, dass die Liquidationserl6se Lt+l, Lt+2.... in Analogie zum Verh~iltnis zwischen Atund A 0 sich nicht von den entsprechenden Werten L,, L2, ... bei Projektdurchf'tthrung im Zeitpunkt t = 0 unterscheiden, gelangt man zu
N((t+T+I)-(t+T)) -Lt+T+(Zt+T+I+Lt+T+1)/(I+i) = -LT+(qt'zT+I+LT+0/(I+i), wodurch eine t+T ~verl~ngerte Nutzung des letzten Projekts in der Kette wegen qt _> 1 ceteris paribus zunehmend attraktiver wird. Insofern kann der technische Fortschritt zu verl~ingerten Nutzungsdauem yon Projekten ftihren, wenn sich die positiven Konsequenzen aus dem technischen Fortschritt in erster Linie auf h6here positive Einzahlungen aus der laufenden Gesch~iftst~itigkeit beziehen. Im Weiteren soll dieses plausibler 2~ erscheinende der beiden behandelten Szenarien der Betrachtung zugrunde gelegt werden. Die Konsequenzen technischen Fortschritts f'tir Projekte, an die sich noch Folgeprojekte anschlieBen, sind differenzierter zu beurteilen. Neben dem gerade beschriebenen positiven Effekt aus zunehmendem technischen Fortschritt ffir das aktuelle Projekt selbst sind auch die Konsequenzen des technischen Fortschritts ffir die Attraktivit~it kfinftiger Projekte zu berficksichtigen. 2' Insbesondere macht der technische Fortschritt das Hinausz6gern des Beginns neuer Projekte zum einen attraktiver, weil diese dann tiber gthnstigere Zahlungsreihen z t verftigen. Z u m anderen spricht aber fur eine Verkfirzung der Nutzungsdauer weit vorne gelegener Projekte im Fall starken technischen Fortschritts, dass die Kapitalwerte der Folgeprojekte und damit auch die EinbuBen aus ihrem versp~itetem Beginn mit wachsender Intensit~it des technischen Fortschritts zunehmen, so dass nicht ohne weiteres klar ist, wie sich technischer Fortschritt auf die optimale Nutzungsdauer von Projekten auswirkt, denen sich noch Folgeprojekte anschliegen. Hier hilft nur eine formale Analyse, um die Gesamtzusammenh~inge zu erhellen.
20 NattMich sind zahlreiche weitere Modellvarianten denkbar. Beispielsweise k6nnte man mit einiger Berechtigung den Liquidationserl6s eines Zeitpunktes v o m g e s a m t e n technischen Fortschritt bis zu diesem Zeitpunkt abh~ingig machen. Auf derartige Komplikationen wird im Weiteren verzichtet. 2, Pr~ignant formuliert, kann man demnach zwischen den Auswirkungen akmellen und zukttnftigen technischen Fortschritts unterscheiden.
176 Zu diesem Zweck sei die zweimalige Durchffihrung eines Investitionsprojekts unter Beriicksichtigung der m o n e t ~ e n Konsequenzen aus technischem Fortschritt betrachtet. Mit tiT(2)* sei der auf den Zeitpunkt T bezogene Ertragswert 22 aus der Durchf'dhrung des zweiten Projekts bei dessen Initiierung in T und optimaler Nutzungsdauer T (2)* bezeichnet. Der auf T bezogene gesamte Kapitalwert des zweiten Projekts bel~iuft sich wegen der Annahme A T = A 0 entsprechend auf TI(TZ)*-A0. Damit bewirkt eine Verl~ingerung der Nutzungsdauer bei erstmaliger Projektdurchftihrung von T ~ = T auf T (1) = T+I bei zun~ichst angenommener Konstanz der Nutzungsdauer T (2)* der zweiten Projektdurchfiihrung, dass auf den Zeitpunkt T bezogen wegen A T = A 0 und ZT+t = qV'zt (t = 1, 2 .....
T (2)*) eine Kapital-
werteinbul3e von qT q]0(z)*_A0 eintritt, wohingegen auf den Zeitpunkt T+I bezogen ein zus~itzlicher Kapitalwert qT+~q]0(z)*_A0 realisiert wird. Die monet~iren Konsequenzen aus der zeitlichen Verschiebung der zweiten Projektdurchffihrung u m eine Periode nach hinten betragen auf T bezogen demnach
_q T. 1](02)* +Ao+
qT+'. rl(O2)*-Ao l+i
(4.7)
= q V.rl~o2>.( q -ll+Ao.(1- 1~1. ~l+i
)
~,
l+i)
Ftir hinreichend stark ausgepr~igten technischen Fortschritt ergibt sich hier ein positiver Effekt aus der Nutzungsdauerverl~ingemng des ersten Projekts, obgleich der technische Fortschritt lediglich die Zahlungskonsequenzen aus der zweiten Projektdurchfiihrung beeinflusst. 23 Dies gilt nattirlich erst recht, wenn man eine mOgliche Anpassung der Nutzungsdauer bei zweiter Projektdurchffihnmg als Kon-
22 Vgl. zum Ertragswertbegriff auch die Ausfiihrungen im Abschnitt 2 dieses Kapitels sowie im Abschnitt 4 des Kapitels IV. 23 Das heigt, wir betrachten hier in der Tat isoliert die Konsequenzen kfinftigen technischen Fortschritts, da aufgrund der getroffenen Annahmen aktueller technischer Fortschritt bei der ersten Investition keine RoUe spielt.
177 sequenz aus der ver15_ngerten Nutzungsdauer des ersten Projekts explizit berficksichtigt. Entsprechendes gilt des Weiteren bei der Betrachtung einer Kette von N Investitionsprojekten. In der Tat kommt es hier (unter anderem) zu einer Abw~igung zwischen dem negativen Zinseffekt versp~iteter Durchf'tihnmg weiterer Projekte und dem positiven Wachstumseffekt aus technischem Fortschritt. In diesem Zusammenhang ergeben sich auch bemerkenswerte Implikationen ffir den Fall, dass der Beginn eines Folgeprojekts fiber die technisch maximale Nutzungsdauer des ersten Projekts, das heiBt, bis in Bereiche, in denen ftir das alte Projekt z t = L t = 0 gilt, hinaus verl~ingert werden kann. Bei hinreichend starkem technischem Fortschritt kann es sich in der Tat als lohnend erweisen, zwischen dem Ende des alten Projekts und dem Beginn des neuen Projekts zus~itzlich Zeit verstreichen zu lassen. 24 Konkret wS_re es bei einem positiven Vorzeichen der Differenz aus (4.7) am besten, mit dem zweiten Projekt so lange wie m6glich zu warren. Technischer Fortschritt kann denmach auch und gerade unter Beachtung von Folgeprojekten ohne weiteres nutzungsdauerverliingernd und insofern (neu-) investitionshemmend wirken, wenn er allzu stark ausgepr~igt ist 25. Bestfinde schon die M6glichkeit, die erste Investition zeitlich nach hinten zu verlagern, so w~ire auch dies zu beobachten. Die gerade beschriebenen Konsequenzen dfirften auch praktisch bedeutsam sein. In der privaten Sph~ire etwa f'tihrt der schnelle Fortschritt im Bereich der Computertechnologien sicherlich zu gewissen Kaufzurfickhaltungen auf Seiten der potentiellen Kunden, einfach weil die jeweils neu beschafften Ger~ite tiberaus schnell veralten.
24 Ftir q = 1, also ohne technischen Fortschritt, kgme ein derartiges Verhalten nie in Betracht. 25 Entscheidend ist in diesem Zusammenhang allerdings, wie sich der technische Fortschritt konkret in der Zahlungsreihe manifestiert. Vgl. ftir einen alternativen Ansatz, in dem technischer Fortschritt stets nutzungsdauerverkfirzend ist, Swoboda (1996), S. 106 ft.
178
Beispiel 4.6: Gegeben sei das Beispiel 4.4 bei zweimaliger Investitionsm6glichkeit mit dem einzigen Unterschied, dass eine Durchf'tihrung des zweiten Projekts in einem Zeitpunkt T (~) = T infolge technischen Fortschritts zu Zahlungskonsequenzen zr+ 1 = qT-zl, zT+2 = qT.z2.... fiJhrt. Es gelte hierbei q = 1,3. Sp~itestens im Zeitpunkt Tmax = 5 mtisse vom alten zum neuen Projekt gewechselt werden. Die Ermittlung der optimalen Nutzungsdauem bei erster und zweiter ProjektdurchfiJhrung erweist sich hier als deutlich schwieriger als im Beispiel 4.4. Denn die Nutzungsdauer bei erster Projektdurchftihrung bestimmt die Zahlungsreihe bei der zweiten Projektdurchftihrung, die aber ihrerseits von Bedeumng f'tir die optimale Nutzungsdauer im Rahmen der erstmaligen Projektrealisation ist. Aus diesem Grunde ist ftir Nutzungsdauern T = 0 ..... 5 der ersten Projektrealisation zun~ichst die optimale Nutzungsdauer des zweiten Projekts zu bestimmen. Am einfachsten geschieht dies, indem man 5_hnlich wie im Beispiel 4.1 die jeweilige Zahlungsreihe ftir das zweite Projekt f'tir gegebene Nutzungsdauer des ersten Projekts in Abh~ingigkeit der Nutzungsdauer des zweiten Projekts aufstellt. Beispielsweise erhNt man f'tir eine Nutzungsdauer T (1~ = 3 im Rahmen der ersten Projektdurchftihrung wegen q3 = 2,197 m6gliche Zahlungsreihen ftir das zweite Projekt gem~il3 Tabelle 4.9. Zur Zahlungsreihe ftir T (2~ = 3 etwa gelangt man dabei, indem man unter Beibehalmng der Anfangsauszahlung yon 1.000 GE die Werte der Spalten "t = 1" trod "t = 2" der korrespondierenden Zeile aus Tabelle 4.2 mit 2,197 multipliziert. Es gilt also z 4 = 2,197-600 = 1.318,2 GE sowie z 5 = 2,197"400 = 878,8 GE. Bei der Bestimmung von z 6 hingegen ist 2,197.300+300 = 959,1 GE zu rechnen, weil der LiquidationserltJs in t = 6 annahmegem~if3 nicht vom technischen Fortschritt abh~ingt. In entsprechender Weise lassen sich alle tibrigen Werte der Tabelle 4.9 tiberprtifen.
179 t=3
t=4
t=5
t=6
t=7
t=8
T (2) = 0
0
0
0
0
0
0
T(2)= 1
-1.000
1.918,2
0
0
0
0
T (2) = 2
-1.000
1.318,2
1.378,8
0
0
0
Y (2) =
3
-1.000
1.318,2
878,8
959,1
0
0
T (2) =
4
-1.000
1.318,2
878,8
659,1
539,4
0
T (2) = 5
-1.000
1.318,2
878,8
659,1
439,4
131,82
Tabelle 4.9:
Zahlungsreihe des Investitionsprojekts 2 je nach Nutzungsdauer T = 0 ..... 5 (bei dreiperiodiger Laufzeit von Projekt 1)
Die zugehtirigen Kapitalwerte ftir das zweite Projekt belaufen sich mit Bezug auf den Zeitpunkt t = 3 der Projektrealisation auf:
T ~(T)
Tabelle 4.1 O:
1
2
3
4
5
743,82
1.337,87
1.645,23
1.788,25
1.801,8
0
Kapitalwerte ftir Projekt 2 in Abh~ingigkeit der Nutzungsdauer (auf zwei Stellen genau gerundet; dreiperiodige Laufzeit yon Proj ekt 1)
Aus Tabelle 4.10 ergibt sich damit, dass bei dreiperiodiger Laufzeit des ersten Projekts T a~* = 5 als optimale Laufzeit im Rahmen der zweiten ProjektdurchfiJhrung resultiert. Auf entsprechende Weise kann man zeigen, dass T (2)* = 3 ftir nullperiodige Laufzeit des ersten Projekts gilt, T (2~*= 4 f'tir ein- und zweiperiodige sowie T (2)* = 5 ftir vier- und ffinfperiodige. Die damit verbleibenden sechs Nutzungsdauerkombinationen k6nnen wiederum nach ihren jeweiligen Kapitalwerten beurteilt werden. Die Ergebnisse dieses Vergleichs sind in Tabelle 4.11 zu-
180 sammengefasst.
~')(T r
](2)* A T(1)-" *0
~'~(T"~)+(q~;-Ao)/~,lT~
0
0
326,82
326,82
1
90,91
677,74
707,04
2
289,26
1.160,57
1.248,41
3
326,82
1.801,8
1.680,54
4
306,33
2.642,34
2.111,09
5
275,29
3.735,05
2.594,46
Tabelle 4.11:
Kapitalwerte von Projekt 1 in t = 0 und Projekt 2 (bei optimaler Laufzeit) in t = T (1~ in Abh~ingigkeit der Laufzeit T (1) des Projekts 1 (auf zwei Stellen genau gerandet)
Gem~iB Tabelle 4.11 sollte der Unternehmer demnach beide Male eine ftinfperiodige Nutzungsdauer der Investitionsprojekte w~ihlen. Sofern Projekt 1 auch mehr als fiinf Perioden (mit Nullzahlungsreihen) "genutzt" oder sp~iter als in t = 0 initiiert werden kOnnte, wtirden sich hier aufgrund des sehr stark angenommenen technischen Fortschritts beide Magnahmen aus unternehmerischer Sicht als optimal erweisen. Sehr gut erkennt man hier die m6gliche investitionshemmende Wirkung technischen Fortschritts.
4.5
[]
Optimale Nutzungsdauern bei unendlicher Wiederholung identischer Projekte
Bislang wurde grunds~itzlich von einem endlichen Betrachtungszeitraum ausgegangen. Im Zusammenhang mit bestimmten Unternehmenstypen wie Aktiengesellschaften wird jedoch in der Regel die Annahme eines unbegrenzten Zeithorizontes angemessener sein, da hier kein geplantes Ende der unternehmerischen
181 T~itigkeit vorgesehen und eine erzwungene Beendigung der Untemehmenst~itigkeit im Gefolge einer Insolvenz wegen der angenommenen Sicherheit aller ktinftigen Zahlungskonsequenzen zumindest im hier betrachteten Kontext nicht denkbar ist. Selbst bei Abstellen auf die Betrachtung eines Einzelunternehmers kann die Annahme eines unbegrenzten Zeithorizontes sachgerecht sein, wenn man etwa die M6glichkeit der (ffir den Erblasser nutzenstiftenden) Vererbung eines Unternehmens in den Kalktil miteinbezieht. Insofern ist es schon von grunds~itzlichem Interesse, eine derartige Situation nNaer zu untersuchen. Die Bestimmung optimaler Projektnutzungsdauern bei M6glichkeit unendlich h~iutiger Projektwiederholung kann nun allerdings nicht mehr im Wege der Rfickwiirtsinduktion erfolgen, da es kein wohldefiniertes Ende der Projektkette gibt. Daf'ttr kann unmittelbar darauf geschlossen werden, dass alle Projekte fiber dieselbe optimale Nutzungsdauer verftigen. In jedem Fall n~imlich gibt es ffir ein beliebiges Projekt aus der gesamten Kette stets unendlich viele Folgeprojekte. Daraus l~isst sich sofort folgern, dass die optimale Nutzungsdauer eines Projekts, dessen Kapitalwert ffir wenigstens ein T fiberhaupt gr613er als Null ist, auch bei unendlich h~iufiger Wiederholung nicht gegen Null gehen kann. Durch eine einheitliche Nutzungsdauer T = 0 k6nnte n~imlich kein Verm6genszuwachs erzielt werden, w~ihrend es annahmegem~ig aber wenigstens eine einheitliche Projektnutzungsdauer T > 0 gibt, f'tir die eine Verm6gensmehrung erreichbar ist. Die Ermittlung derjenigen einheitlichen Nutzungsdauer aller Projekte, die den Gesamtkapitalwert maximiert, kann auf verschiedene Arten erfolgen. Am einfachsten dfirfte eine Argumentation auf der Grundlage iiquivalenter Annuitiiten sein. Je nach gew~ihlter einheitlicher Nutzungsdauer T verffigen die einzelnen Projekte tiber jeweils denselben Kapitalwert ~:(T). Zur Maximierung des Gesamtkapitalwertes gelangt man nun aber nicht dadurch, dass man einfach die Nutzungsdauer T wghlt, die zum h6chsten Kapitalwert eines Einzelprojekts ffihrt. Zu beachten ist n~mlich auch, wie viele Perioden erforderlich sind, um den betreffenden Projektkapitalwert zu "generieren". Eine kttrzere Nutzungsdauer mag selbst bei gerin-
182 gerem damit verbundenen Kapitalwert von Vorteil sein, weil dadurch schneller zu einem Folgeprojekt gewechselt werden kann. Mit T § als Zeitpunkt der Implementierung eines Projekts erweist es sich aus diesem Grunde als zweckm~igig, zum Projektkapitalwert Kv+(T) bei Nutzungsdauer T diejenige gleichbleibende Einzahlung von T++I bis T++T zu bestimmen, die mit Bezug auf T + zum gleichen Kapitalwert KT+(T) wie die Zahlungsreihe des betrachteten Projekts ftihrt. Dies ist definitionsgem~ig die zur Projektzahlungsreihe geh6rige ~iquivalente Annuit~it. Weil man sich auf die Betrachtung einer einheitlichen Nutzungsdauer ftir alle Projekte beschrgnken kann und demnach ftir alle Projekte bei gegebener einheitlicher Nutzungsdauer T zur gleichen ~iquivalenten Annuit~it gelangt, bestimmt man auf diese Weise letzten Endes zu jedem T einen gleichbleibenden Zahlungsstrom z(T) ab t = 1,26 der fiber den gleichen Kapitalwert wie die gesamte unendliche Investitionskette verffigt. Natfirlich ist diejenige Nutzungsdauer T ffir alle Projekte zu w~ihlen, durch die die h6chste Einzahlung z(T) erreicht wird. Der zur Investitionskette geh6rige Gesamtkapitalwert stimmt mit dem Kapitalwert der Zahlungsreihe z(T) fiberein. Bei Einzahlungen z(T) von t = 1 bis t = Tges erh~ilt man hierffir einen Kapitalwert von
-- zCr).RBF(i;Tgos ) -- z ( T ) - ( l + i ) T ~ - I (1 +i) T~" i 1
= z(T)"
(4.8)
1
0 +i~T~ i
26 Hier erkennt man letztlich, warum der Projektkapitalwert ~T+(T) auf die Zeitpunkte T++I bis T++T und nicht auf T § bis T++T "umgelegt" wird. Im letztgenannten Fall n~imlich g~ibe es Oberschneidungen zwischen den berechneten Zahlungsreihen von Projekten an den Zeitpunkten, wo das eine Projekt aufh6rt und ein anderes anf~ingt. Man erhielte somit nieht einen ~iquivalenten konstanten Zahlungsstrom fiber alle Betrachtungszeitpunkte hinweg.
183 Beim Obergang vonder zweiten zur dritten Zeile in (4.8) wurde der Bruch mit (1 +i) Tge~gektirzt. Mit wachsendem Tges wird der Ausdruck 1/(1 +i) Tges immer kleiner und konvergiert ftir Tges ----) oo letzten Endes gegen Null, so dass man ftir den hier interessierenden Fall unendlicher Projektwiederholung (Tges ~ oo) einen Rentenbarwertfaktor von 1/i und damit einen Gesamtkapitalwert von z(T)/i erh~ilt.
Beispiel 4.7: Betrachtet sei das in den vorhergehenden Beispielen 4.2 bis 4.4 zugrunde gelegte Investitionsprojekt, das nun abet unendlich oft wiederholt werden k6nne. In der Tabelle 4.12 sind die aus einmaliger Projektdurchf'tihrung in AbhSngigkeit der un-
terstellten Projektnutzungsdauer T resultierenden Projektkapitalwerte ~c(T), die zu einer Projektlaufzeit yon T jeweils geh6renden Rentenbarwertfaktoren RBF(i;T) sowie die sich somit ergebenden ~iquivalenten Annuit~iten z(T) abgetragen. Die Projektkapitalwerte sind schon aus Tabelle 4.3 bekannt. Die Formel fiir die Berechnung von Rentenbarwertfaktoren lautet bekanntermagen [( 1+i) T-1]/[( 1+i) T-i]. Die Werte ftir z(T) ergeben sich schlieBlich durch die Rechnung ~:(T)/RBF(i;T).
T
~(T)
RBF(0,1;T)
z(T)
0
0
0
0
1
90,91
0,9091
100
2
289,26
1,7355
166,67
3
326,82
2,4869
131,42
4
306,33
3,1699
96,64
5
275,29
3,7908
72,62
Tabelle 4.12:
Projektkapitalwerte, Rentenbarwertfaktoren und ~iquivalente Annuit~iten fiir verschiedene Nutzungsdauern (gerundet)
184 Die h6chste ~iquivalente Annuit~it und damit die optimale Nutzungsdauer wird far T = 2 erreicht. Der Unternehmer stellt sich hierbei genau so gut wie bei Zugang zu einer ewigen Rente, das heiBt zeitlich unbegrenzten, gleichbleibenden Einzahlungen, ab t = 1 in H6he yon etwa 166,67 GE. Der zur Investitionskette geh6rige Gesamtkapitalwert bel~iuft sich bei optimaler Nutzungsdauer far alle Projekte auf etwa 166,67/0,1 = 1.666,7 GE.
4.6
[]
Optimale Nutzungsdauern bei unendlicher Kette verschiedenartiger Projekte
Im Gegensatz zu einer Situation mit unendlicher Wiederholung identischer Projekte ist das Entscheidungsproblem bei einer unendlichen Kette untersehiedlieher Projekte selbstverst~indlich deutlich erschwert und sind allgemeine Aussagen kaum m6glich. In diesem Zusammenhang mag man sich fragen, wie derartige Entscheidungssituationen mit einer Abfolge unendlich vieler nicht gleichartiger Projekte tiberhaupt aussehen. Ein Beispiel etwa l~ige ftir den Fall vor, dass man das im vorhergehenden Abschnitt er6rterte Szenario mit technischem Fortschritt auf eine Situation mit der M6glichkeit unendlich h~iufiger Initiierung von Investitionsprojekten erweiterte, wobei jedes weitere Hinausschieben des Startzeitpunkts einer Investition zu einem Anwachsen der resultierenden Einzahltmgstiberschtisse im Anschluss an die Anfangsauszahlung mit Faktor q _> 1 f'tihre. Im Vergleich zur Darstellung far den Fall einer unendlichen Kette identischer Projekte werden die optimalen Nutzungsdauern einzelner verschiedenartiger Projekte im Zeitablauf generell nicht konstant sein, da bereits die Qualitiit der Folgeprojekte trotz jeweils unendlichen verbleibenden Zeithorizontes unterschiedlich ist. Insofern kann man die Untersuchung hierbei generell nicht ohne weiteres auf eine Optimierung tiber ewige Renten zurtickftihren. Aus diesem Grunde soll auf eine allgemeine Analyse dieses letzten Falls verzichtet werden. Festgehalten sei lediglich, dass sich die bereits bei endlicher Projektwiederholung auftretende investitionshemmende Wirkung des technischen Fortschritts nat'tirlich auch bei unendlicher Projektwiederholung manifestieren kann.
185 Vergleichsweise einfach zu behandeln sind im Wesentlichen allenfalls noch Situationen, in denen zwar grunds~itzlich unterschiedliche Projekte im Zeitablauf hintereinander folgen, sp~itestens ab einem bestimmten Zeitpunkt T § jedoch aus Grtinden der KomplexitStsreduktion dann doch eine unendliche Kette identischer Projekte betrachtet wird. Mithin l~ige hier zwar insgesamt eine unendliche Kette von Projekten vor, die nicht alle identisch sind, aber die Anzahl der verschiedenen Projekttypen w ~ e trotzdem endlich. In einer derartigen speziellen Situation w ~ e als Erstes die optimale (einheitliche) Projektnutzungsdauer im Rahmen der unendlichen Kette identischer Projekte zu bestimmen. Mit Hilfe des hierbei resultierenden Kapitalwertes der gesamten Kette k6nnten sodann wieder im Wege der Rtickw~irtsinduktion die entsprechenden optimalen Nutzungsdauern der von den Gliedern der unendlichen Kette verschiedenartigen, zeitlich vorgelagerten Projekte bestimmt werden. Selbst derartige Entscheidungsprobleme k6nnen sich als augerordentlich komplex erweisen, da es sich hierbei generell um eine Erweiterung des bereits im vorhergehenden Abschnitts 4.4 behandelten Falls der endlichen Abfolge verschiedenartiger Projekte handelt. Aus diesem Grunde soll nur ein sehr einfaches Beispiel zur Veranschaulichung gegeben werden.
Beispiel 4.8: Gegeben sei das Investitionsprojekt aus Beispiel 4.2, dem eine unendliche Kette identischer Investitionsprojekte nachfolge, bei der sich die optimale Nutzungsdauer eines jeden Projekts auf 5 Perioden belaufe und einen Projektkapitalwert yon jeweils 600 GE, bezogen auf den Zeitpunkt der jeweiligen Projektdurchftihmng, generiere. Die zu einem Kapitalwert yon 600 GE geh6rige ~iquivalente Annuit~it ftir 5 Perioden und einen Zinssatz i = 10 % betr~igt 600/RBF(0,1 ;5) -- 600/3,7908 -- 158,28 GE. Mit T (~ sei der Zeitpunkt des Abbruchs des ersten Projekts tend des Beginns des zweiten bezeichnet. Damit erh~ilt man einen auf T (I~ bezogenen Kapitalwert der gesamten Kette yon etwa 158,28/0,1 = 1.582,8 GE. Die Aufschiebung des Beginns der Kette durch Nutzungsdauerverl~ingerung ftir das erste Projekt yon T (1~ = T auf T (1~ = T+I ftihrt mit Bezug auf T folglich zu einer Verm6genseinbul3e yon ca. 1.582,8-1.582,8/1,1 = 143,89 GE. Um diesen Wert sind alle Differenzkapitalwerte aus Tabelle 4.5 zu reduzieren, so dass sich als Kandidaten
186 ftir die optimale Nutzungsdauer des ersten Projekts T (~) = 0 und T (1~ = 2 ergeben. Denn nur beim Wechsel von ein- zu zweiperiodiger Nutzung ergibt sich eine positive Kapitalwertver~inderung, weswegen neben T (1) = 2 auch der vollst~indige Verzicht auf Realisation des ersten Projekts grunds~itzlich als Alternative in Erw~igung zu ziehen ist. Der f'tir T (1~= 0 resultierende Gesamtkapitalwert ist ungef~ar 1.582,8 GE, wS_hrend eine Nutzungsdauer von T = 2 ftir das erste Projekt zu einem Gesamtkapitalwert von etwa 289,26+1.582,8/1,12 = 1597,36 GE > 1.582,8 GE ftihrt. Also betr~igt die optimale Nutzungsdauer ftir das erste Projekt T m* = 2. In der Tat war die Vorteilhaftigkeit von T (1) = 2 gegentiber T ~) = 0 in Anbetracht der Herleitungen aus Beispiel 4.7 des vorhergehenden Abschnitts 4.5 von vornherein klar. Dort ftihrte die h6here ~iquivalente Annuit~it yon etwa 166,67 GE zu einer Nutzungsdauerverktirzung ftir die erste Projektdurchftihrung auf ebenfalls T (~) = 2, so dass im Rahmen dieses Beispiels 4.7 keine ktirzere optimale Nutzungsdauer von 0 resultieren konnte. Generell aber sind F~ille denkbar, in denen bei einer Abfolge nicht identischer Projekte trotz eines f'tir bestimmte Nutzungsdauem positiven Projektkapitalwertes ftir ein Projekt eine Nutzungsdauer von 0 gewahlt wird.
4.7
[]
Zusammenfassung
Gegenstand dieses Abschnitts war eine vertiefte Analyse der Frage nach den Bestimmungsgrtinden der einem Investitionsprojekt zuzuordnenden Zahlungsreihe. Neben einer kurzen Diskussion einer Optimierung von Projektzahlungsreihen tiber entsprechende Preissetzungsentscheidungen in den einzelnen Zeitpunkten wurde anschlief3end schwerpunktm~igig auf die Ermittlung der optimalen Nutzungsd a u e r yon Investitionsprojekten eingegangen. Schon wenn nur ein Projekt betrachtet wird, liegt mit der Bestimmung seiner optimalen Nutzungsdauer eine spezifische Form einer Auswahlentscheidung vor. Wegen der starken .~hnlichkeit der zur Auswahl stehenden Investitionsaltemativen kann die Entscheidung in vielen Fallen recht leicht tiber die Bildung von Differenzinvestitionen "zeitlich benachbarter" Alternativen und die Berechnung der zugeh6rigen Kapitalwerte getrof-
187 fen werden. Sofern mehrere Investitionsprojekte im Zeitablauf hintereinander durchgef'tihrt werden ktinnen, ist bei endlieher Projektanzahl eine L6sung im Wege der Riickwiirtsinduktion m6glich. Man bestimmt demnach zun~ichst die optimale Nutzungsdauer des zuletzt durchzuf'tthrenden Projekts, anschliel3end die des vorletzten und so fort, bis man bei der ersten Projektdurchftihrung angelangt ist. Dieses Vorgehen ist vor allem deswegen geboten, weil die Verl~ingerung der Nutzungsdauer eines beliebigen Investitionsprojekts den Beginn aller nachgelagerten Projekte und die hieraus resultierenden Verm6genssteigerungen nach hinten verschiebt. Diese negative Konsequenz verl~ingerter Projektnutzung ist bei der Ermittlung optimaler Nutzungsdauern zu berticksichtigen und ftihrt tendenziell zu verkiirzten Nutzungsdauern zeitlich vorgelagerter Projekte, und zwar selbst dann, wenn eine Kette grunds~itzlich identischer Projekte betrachtet wird. Die Errnittlung der optimalen Nutzungsdauem einer Abfolge nicht identischer Projekte kann sich im Einzelfall als sehr schwierig erweisen und Methoden des Operations Research erfordern. Deswegen erfolgte in diesem Zusammenhang hier nur die Analyse eines sehr einfachen Beispiels zur Untersuchung der Konsequenzen teehnischen Fortschritts bei der Bestimmung optimaler Nutzungsdauern von Projekten im Zeitablauf. Es zeigte sich, dass ftir die hier gew~hlte Modellierung bei sehr ausgepr~igtem technischen Fortschritt ein nutzungsdauerverliingernder und insofern (neu-) investitionshemmender Effekt zu beobachten war. Schliei31ich wurde noch auf Situationen mit unendlichem Zeithorizont eingegangen, da diese Pr~imisse auch aus praktischen {)berlegungen heraus vergleichsweise bedeutsam anmutet, wenn man beriicksichtigt, dass die T~itigkeit von Unternehmen in vielen F~illen a priori ohne zeitliche Begrenzung angelegt ist. Generelle Aussagen liegen sich allerdings nur unter der Annahme einer unendlichen Kette grundsiitzlich identischer Projekte herleiten. Hierbei ergab sich, dass man wegen des Fehlens eines wohldefinierten Endes des Betrachtungszeitraums zwar das Problem nicht mehr im Wege der Rtickw~irtsinduktion 16sen kann, daftir aber alle Projekte tiber die gleiche optimale Nutzungsdauer verftigen, da es stets unendlich viele Folgeprojekte gibt. Aus diesem Grunde liel3 sich das Problem der Nutzungs-
188 dauerbestimmung auf einen Vergleich ewiger Renten in H6he der ~iquivalenten Annuit~iten zu den jeweils einheitlich angenommenen Nutzungsdauern aller Projekte der Kette zu~ckftihren.
189
Wiederholungsfragen W4.1 Nennen Sie denkbare M6glichkeiten der unternehmerischen Einflussnahme auf die Zahlungsreihe eines Investitionsprojekts! W4.2 Welche verschiedenen Fallkonstellationen im Zusammenhang mit Nutzungsdauerentscheidungen k6nnen unterschieden werden? Geben Sie jeweils eine Kurzcharakterisiemng! W4.3 Weshalb stellt die Bestimmung der optimalen Nutzungsdauer eines Investitionsprojekts ohne die M6glichkeit einer Anschlussinvestition eine typische Auswahlentscheidung dar? W4.4 Erkl~en Sie die Vorgehensweise zur Bestimmung der optimalen Nutzungsdauer eines Investitionsprojekts ohne die M6glichkeit einer Anschlussinvestition mit Hilfe der Konzeption der Differenzinvestitionen zwischen "benachbarten" Projektnutzungsdauern! W4.5 Skizzieren Sie die generelle Vorgehensweise zur Bestimmung optimaler Nutzungsdauem bei zweimaliger Wiederholung des gleichen Projekts! W4.6 Was versteht man unter dem "Ketteneffekt" im Zusammenhang mit der Ermittlung optimaler Nutzungsdauern bei endlicher Wiederholung gleichartiger Investitionsprojekte?
190 W4.7 Wie wirkt sich technischer Fortschritt im Zeitablauf auf die Zahlungsreihe von Investitionsprojekten aus? W4.8 Inwiefern erweist sich die Bestimmung optimaler Nutzungsdauern im Rahmen einer Abfolge verschiedenartiger Projekte als besonders schwierig? W4.9 Erkl~en Sie intuitiv die m6gliche nutzungsdauerverl~ingemde und (neu-) investitionshemmende Wirkung technischen Fortschritts! W4.10 Wie ermittelt man die einheitliche optimale Projekmutzungsdauer bei unendlicher Wiederholung gleichartiger Investitionsprojekte?
191
5
Kapitalwert bei nicht-flacher Zinsstruktur
5.1
Problemstellung
Bislang wurde im Rahmen dieses Buches stets davon ausgegangen, dass der for Mittelanlage und -aufnahme einheitliche Ein-Perioden-Zinssatz i fiber den gesamten Betrachtungszeitraum t = 0 ..... T konstant ist. Zweifellos handelt es sich hierbei tun keine allzu realistische Annahme, die fiberdies auch nicht aus der Voraussetzung eines vollkommenen Kapitalmarktes gefolgert werden kann. Die Vollkommenheit des Kapitalmarktes impliziert lediglich, dass der ffir einen bestimmten Zeitraum von t-1 bis t maggebliche Ein-Perioden-Zinssatz
it
sowohl f'tir
Mittelanlage wie auch ftir Verschuldung gilt. Keineswegs aber muss die weitergehende Einschr~inkung i t = i = konst, ffir alle t = 1..... T Bestand haben. Auch ffir die Gtiltigkeit der
Fisher-Separation ist
es bereits hinreichend, wenn sich die
Soll- und Habenzinss~itze einer beliebigen Periode jeweils entsprechen, insofern also jeweils eine Schar von Kapitalmarktgeraden mit konstanter Steignng von -(l+it) bei zeitlicher Verteilung von Konsumm6glichkeiten zwischen zwei beliebigen Zeitpunkten t-1 und t, also in einem (Ct_l;C,)-Diagramm, vorliegt. 1 Eine Konstanz der i t tiber alle Perioden wird jedoch nicht bentitigt. Die Ein-Perioden-Zinssiitze i t lassen sich dabei in zweierlei Hinsicht interpretieren. Zum einen kann man diese Zinss~itze als Terminzinss~itze auffassen. Ein
Etwas genauer ausgedrtickt, bedingt die Konstanz aller Ein-Perioden-Zinssiitze it, dass man im Rahmen einer Darstellung mit T+I verschiedenen Achsen, auf denen die unternehmerischen Konsumwerte C O..... C T der einzelnen Zeitpunkte abgetragen werden, T-dimensionale " H y p e r e b e n e n " zur Beschreibung der durch Finanzinvestitionen ffir den Unternehmer errei_chbaren Konsumpositionen bei einer beliebigen Anfangsausstattung (C O..... CT) erh~ilt. Von all diesen Kapitalmarktebenen ist natiJrlich die am weitesten augen liegende fiir den betreffenden Unternehmer verrn6gens- und pr~iferenzunabh~ingig am besten, und der resultierende C0-Achsenabschnitt einer Kapitalmarktebene charakterisiert nach wie vor den konstanten Kapitalwert aller auf der jeweiligen Ebene erreichbaren Konsumpositionen.
192 Termingesch~ift ist generell durch das zeitliche Auseinanderfallen von Verpflichtungs- und Verftigungsgesch~ift gekennzeichnet.2 Im hier betrachteten Kontext bedeutet dies, dass der Unternehmer etwa in t = 0 vereinbart (Verpflichtungsgeschiift), seinem Vertragsparmer in einem spgteren Zeitpunkt t = z einen bestimmten Betrag K ftir eine Periode bis t = "c+l zu tiberlassen (Verfiigungsgeschiift), wobei bereits heute in t = 0 der f'tir diese ktinftige einperiodige Mitteltiberlassung mal3gebliche Zinssatz eindeutig fixiert wird. Dieser Zinssatz ist ein Terminzinssatz, weil er sich auf die Abwicklung eines (Zins-) Termingesch~ifts bezieht, und wtirde im Rahmen der hier verwendeten Symbolik mit ix+ 1 bezeiclmet. Neben Termingeschaften gibt es noch Kassageschiifte, bei denen Verpflichtungsund Verftigungsgesch~ift zeitlich (so gut wie 3) zusammenfallen. Ftir den hier betrachteten Unternehmer k6nnte dies etwa bedeuten, anstatt in t = 0 ein Termingesch~ift per Termin t = "c abzuschliegen, bis zum Zeitpunkt t = "t ohne weitere Handlungen zu warten und zum dann herrschenden Kassazinssatz eine einperiodige Mittelanlage vorzunehmen. Aus der in diesem Lehrbuch getroffenen Annahme der Sicherheit folgt sofort, dass sich auch der hierbei mal3gebliche Kassazinssatz des Zeitpunktes x ftir Anlage bis "c+l auf i~+1 belaufen muss, also mit dem entsprechenden Terminzinssatz identisch ist. Ware dies anders, g~ibe es die M6glichkeit zu sicherer Gewinnerzielung auf dem Kapitalmarkt, Arbitragefreiheit l~ige mithin nicht vor, und der Kapitalmarkt k6nnte nicht im Gleichgewicht sein. Konkret wtirde sich bei einem unter dem zugeh6rigen Kassazinssatz liegenden Terminzinssatz jeder Marktteilnehmer in t = 0 per Termin ftir den Zeitraum von t = "c bis t = z+l verschulden, um die in t = x zufliegenden Mittel in diesem Zeitpunkt schliel31ich zum h6heren Kassazinssatz ftir eine Periode anzulegen.
Vgl. hierzu beispielsweise Eller/Spirutler (1994), S. 312, oder auch Kruschwitz (2004), S. 58 f. Praktisch k6nnen wenige Tage zwischen Verpflichtungs- und Verftigungsgesch~ift liegen. Vgl. hierzu Dichtl/Issing (1993), S. 1110.
193 Weil die hieraus resultierenden Rackfl~isse die zu bedienende Verbindlichkeit inclusive Zinsen iiberstiegen, k6nnte man auf diese Weise beliebig hohe sichere Gewinne in t = "c+l erreichen. Nattirlich wfirde jeder Marktteilnehmer diese Gelegenheit wahrnehmen wollen: Es g~ibe daher zum Terminzinssatz fox die Periode von t = "c bis t = "c+l in t = 0 kein Mittelangebot, aber eine unendlich groBe Mito telnachfrage, w~ihrend zum zugeh6rigen Kassazinssatz des Zeitpunktes t = z nur Mittel angeboten wiirden, aber nicht nachgefragt. Aufgrund v611ig analoger Oberlegungen kann der Terminzinssatz auch nicht gr613er als der entsprechende Kassazinssatz sein.
Beispiel 5.1: Betrachtet sei ein Drei-Zeitpunkte-Modell (t = 0, 1, 2). Der in t = 0 ftir den Zeitraum yon t = 1 bis t = 2 maBgebliche Terminzinssatz belaufe sich auf 5 %, w~lrend der in t = 1 f'tir Anlage/Verschuldung his t = 2 eintretende Kassazinssatz nur 4 % betrage. Jeder Marktteilnehmer wird dann in t = 0 bereits per Termin t = 1 Mittel in m6glichst hohem Umfang bis t = 2 zu 5 % anlegen und den in t = 1 daraus resultierenden Mittelbedarf durch einperiodige Verschuldung im Rahmen eines Kassagesch~ifts yon t = 1 bis t -- 2 zu 4 % decken. Bei 100 GE, die auf diese Weise yon t = 1 bis t = 2 zu 4 % aufgenommen und zu 5 % angelegt werden, resultiert letztlich ein positiver 0berschuss von 1 GE in t = 2 ohne eigene Mitteleins~itze in t = 0 oder t = 1. Durch entsprechende Erh6hung des simultan f'tir Verschuldung und Anlage vorgesehenen Geldbetrags kann jeder Marktteilnehmer seinen sicheren Oberschuss ftir t = 2 beliebig grol3 werden lassen. Damit einher geht eine unbegrenzte Nachfrage nach Krediten zu 4 % und Mittelanlage zu 5 % vont=
1 bist=2.
[]
In der Literatur ist seit langem bekannt, wie im Falle nicht-konstanter Ein-
Perioden-Zinss~itze die Formel zur Berechnung des Kapitalwertes einer Zahlungsreihe lautet. Zur Herleitung muss man sich nut fragen, welchen Kreditbetrag K man in t = 0 aufnehmen kann, wenn man in t = "c genau 1 GE zurtickzuzahlen bereit ist. Die Schulden des Zeitpunktes t = 1 belaufen sich bei Mittelaufnahme yon t = 0 bis t = 1 in H0he yon K zu einem Zinssatz i 1 auf K-(l+il). Da (ftir "c
194 > 1) in t = 1 noch keine Rtickzahlungen erfolgen sollen, besteht Bedarf an einer Anschlussfinanzierung bis t = 2 zu einem Zinssatz i 2 ftir den Gesamtbetrag K(1+il), was bis t = 2 zu welter aufgelaufenen Verbindlichkeiten in H6he von K-(l+i0-(l+i2) f'tihrt, die (im Falle von "c > 2) wiedemm ftir eine weitere Periode, dieses Mal zu i 3, zu refinanzieren sind. Augenscheinlich ergeben sich tiber diese revolvierende einperiodige Verschuldung bis t = "c insgesamt Verbindlichkeiten von K.(l+ia)-... "(l+i 0. Da die Verbindlichkeiten insgesamt 1 GE betragen sollen, kann man ftir t = 0 auf einen aufzunehmenden Kreditbetrag K von 1/ [(l+i~)-....(l+i0] schliegen. Genau dies ist der K a p i t a l w e r t yon 1 GE Einzahlung in t = x aus Sicht von t = 0. Denn um diesen Betrag ftihrt eine Einzahlung von 1 GE in t = "c f'tir t = 0 zur M6glichkeit der Konsumausweitung ftir das betrachtete Wirtschaftssubjekt. 4 Die Verbindung zum Kapitalwert bei Konstanz aller Ein-Perioden-Zinss~itze ist unmittelbar ersichtlich. Sofern
it =
i ftir alle t = 1,
.... x gilt, vereinfacht sich das Produkt (l+il)-...-(l+i 0 n~imlich zu (l+i) ~. Generell betr~igt der Kapitalwert ftir eine Einzahlung z~ in einem beliebigen Zeitpunkt t = "c nattMich z~/[(l+il)-...-(l+i0]. Der m6gliche Mehrkonsum aus einer gesamten Zahlungsreihe z 0..... z T kann nun in gleicher Weise dadurch ermittelt werden, dass man sich ftir jede einzelne Einzahlung z~ fragt, welcher maximale Kredit K~ im Rahmen kurzfristig revolvierender Verschuldung von t = 0 bis t = "c hieraus finanziert werden kann, und anschliel3end die Summe fiber all diese Einzelkredite bildet. Der Kapitalwert einer Zahlungsreihe z 0..... zv ist damit nach wie vor nichts anderes als die Summe der Einzelkapitalwerte der Zahlungen z t,
Man k6nnte mutmagen, dass dieses Ergebnis doch nicht eindeutig sei, denn es wurde eine kurzfristig revolvierende Finanzierung unterstellt. Vielleicht ist der aus 1 GE in t = x ftir t = 0 finanzierbare Konsum bei mehrperiodiger Mittelaufnahme noch h6her. In der Tat ist genau dies aber nicht der Fall, da Finanzinvestitionen auf vollkommenem Kapitalmarkt kapitalwertneutral sind, unabh~ingig davon, ob die Ein-Perioden-Zinss~itze konstant oder nicht konstant sind. W ~ e es anders, erg~iben sich emeut M6glichkeiten zur Erzielung unbegrenzter Gewinne, indem man zinsgtinstig Mittel aufnghme und hochverzinslich anl~ige. Hierauf wird noch zurtickzukommen sein.
195
Wertadditivit~it trotz mangelnder Konstanz der Ein-Perioden-Zinss~itze demnach weiterhin gegeben. Aus diesem Grunde gelangt man letztlich zu der folgenden Formel f'tir den Kapitalwert eines Investitionsprojekts mit Zahlungskonsequenzen Z0, ..., ZT :5
~:
----
Z1
4
z2
Zo+ l+ia (l+il)'(l+i 2)
+.-t
ZT
(1 +i 0 9(1 +i2)..... (1 +iT) (5.1)
T = ~
t
t-0
H
Zt
(1+i)
"r
Formel (5.1) hat den Nachteil, dass sie sich auf ktinftige Kassa- bzw. aktuelle Terminzinss~itze bezieht. Sofern diese nicht unmittelbar gegeben sind, stellt sich nattirlich die Frage, wie sie auf der Grundlage anderer Daten wohl berechnet werden k6nnen. Konkret wird es in aller Regel einfacher sein, in praxi die ftir verschiedene Laufzeiten t = "c zu einem bestimmten Betrachtungszeitpunkt t = 0 am Kapitalmarkt f'tir Mittelanlage und -verschuldung mit periodischer Zinszahlung jeweils herrschenden E i n - P e r i o d e n - V e r z i n s u n g e n r~ zu ermitteln.
Beispiel 5.2: Es sei angenommen, dass man bei einer Mittelanlage von t = 0 bis t = 4 eine periodische Verzinsung r 4 des angelegten Betrags yon 7 % erzielt. Dies bedeutet, dass bei einem Anlagebetrag von 100 GE jeweils 0,07.100 = 7 GE Zinsen in t = 1 bis t = 4 sowie in t = 4 zus[itzlich eine Rtickzahlung der angelegten 100 GE geleistet werden. Bei weiterhin gegebener Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes gelten diese Zusammerth~inge in entsprechender Weise bei Verschul-
Es sei darauf hingewiesen, dass das Produkt H~ (.) definitionsgem~iB den Wert 1 amlimmt. Ein zu (5.1) analoger Zusammenhang gilt nattirlich auch, wenn Verzinsungen ftir Zeitr~iume von weniger als einer Periode gegeben sind. Stets steht im Nenner der Kapitalwertformel das Produkt der entsprechenden Verzinsungsmage.
196 dung von t = 0 bis t = 4. Der Zinssatz r 3 fiir Mittelanlage/-aufnahme von t = 0 bis t = 3 kann sich aber ohne weiteres auf einen anderen Wert, etwa 6,5 %, belaufen. Dies impliziert, dass ein Anlagebetrag von 100 GE Zinsen in H6he von 0,065-100 = 6,5 GE in den Zeitpunkten t = 1 bis t -- 3 erbringt, wobei zus~itzlich in t -- 3 der gesamte Betrag von 100 GE zuriickgezahlt wird. Fiir eine zweiperiodige Anlage von t = 0 bis t = 2 belaufe sich der maggebliche Ein-Perioden-Zinssatz r 2 auf 6 % und r~ f'tir einperiodige Anlage yon t = 0 bis t = 1 auf 4 %. Diese Angaben sind nochmals in Tabelle 5.1 zusammengefasst.
Laufzeit t
1
2
3
4
Zinssatz r t
4 %
6%
6,5%
7%
Tabelle 5.1:
Periodenzinss~itze in Abh~ingigkeit vom Anlage-/Verschuldungszeitraum
[]
Sofem lediglich die Zinss~itze r t bekannt sind, ist nicht ohne weiteres klar, wie sich der Kapitalwert einer Zahlungsreihe z 0..... z T berechnet und, damit zusammenh~ingend, welche Ein-Perioden-Zinss~itze
i t ( t --
1..... T) auf dem betrachteten
Kapitalmarkt herrschen. Auf diese beiden Fragen ist im Weiteren vertieft einzugehen. Vor allem von Rolfes wurde zu diesen Fragen in Deutschland eine umfangreiche Diskussion in Gang gesetzt, in deren Verlauf eine Reihe yon Zusammenh~ingen neu rekapimliert wurde und auch Eingang in Lehrbuchdarstellungen fand. 6 Trotz allgemeiner Bekanntheit der generellen Zusammenh~inge haben sich die Ausffihrungen zum Fall nicht-konstanter Ein-Perioden-Zinss~tze in den meisten Lehrbfichem n~imlich vor Beginn der genannten Diskussion auf die bloge Wiedergabe von (5.1) ohne tiefergehende Erl~iuterungen beschr~inkt. 7 Stattdessen wurde fast ausschliel31ich mit der Annahme
it =
i = konst. (V t) gearbeitet. Die
Vgl. insbesondere Kruschwitz (2005), S. 96 ft., sowie Schiifer (2005), S. 187 ft. 7
Beispielhaft sei auf die Darstellung in Hax (1993), S. 14, verwiesen.
197 folgende Darstellung baut deswegen auf den Ausftkhrungen von Rolfes (1992, 1993) 8 und seinen Kritikern auf. 9 Zun~ichst wird dabei im Absehnitt 5.2 dargelegt, wie Rolfes bei alleiniger Bekanntheit der Zinss~itze I', (t = 1..... T) Kapitalwerte tiber ein "retrogrades" Bereehnungssehema zu ermitteln sucht. Unter einem Zero Bond versteht man eine Anlage- oder Verschuldungsform, die nur in einem einzigen Zeitpunkt t > 0 Zahlungskonsequenzen mit sich bringt. Da man jeden Zahlungsstrom als ein Bfindel von Zero Bonds verschiedener Fristigkeit auffassen kann, bietet es sich an, den Kapitalwert yon Investitionsprojekten fiber die Summe der Kapitalwerte der der Projektzahlungsreihe entsprechenden Zero Bonds zu bestimmen. Dieser Gedanke wird im Absehnitt 5.3 pr~isentiert. Zugleich werden dort auch die Grenzen der Anwendbarkeit der retrograden Berechnungsmethode von Rolfes aufgezeigt, und es wird ein einfacheres und allgemeineres Verfahren zur Ermittlung des Kapitalwerts von Investitionsprojekten fiber die Formulierung und L6sung eines Systems linearer Gleiehungen pr~isentiert. Im Absehnitt 5.4 wird aus der Kapitalmarktbewertung yon Zero Bonds auf deren zugeh6rige Effektivrenditen v t (t = 1..... T) geschlossen und der Begriff der Z i n s s t r u k t u r eingeffihrt. Absehnitt 5.5 dient der genaueren Analyse der Zusammenh~inge zwischen den Zinss~tzen it, r t und v t auf einem vollkommenen Kapitalmarkt im Gleichgewicht, und im Absehnitt 5.6 werden alle erhaltenen Resultate zusammengefasst.
Mittlerweile liegt das Lehrbuch von Rolfes aus dem Jahre 1992 in dritter Auflage vor. Es ist in diesem Lehrbuch nicht n6tig, im Einzelnen auf die Streitpunkte im Rahmen der geffihrten Diskussion einzugehen, zumal die Qualit~it der Beitr~ige als fiberaus heterogen einzustufen ist. Als sehr lesenswert k6nnen allerdings die Ausftthrungen von Kruschwitz/R6hrs (1994) und Hartmann-Wendels/ Gumm-Heufien (1994) bezeichnet werden. Die Daten aus Beispiel 5.2 und die hierauf aufbauenden, nachfolgenden Beispiele sind entsprechend der erstgenannten Quelle entlehnt.
198
5.2
Die retrograde Berechnungsmethode nach
Rolfes
Im Weiteren sei angenommen, dass fOx alle Laufzeiten t = 1..... T die zugeh6rigen Ein-Perioden-Verzinsungen rt einer entsprechenden t-periodigen Anlage/ Verschuldung bekannt sind. Damit kann man sich nun als Erstes ffir die letzte Zahlungskomponente z T eines Investitionsprojekts fragen, wie hoch ein in t = 0 aufzunehmender Kredit K T mit Laufzeit bis t = T sein kann, wenn im Zeitpunkt t = T d e r Zahlungseingang aus dem Investitionsprojekt ausreichen soll, um den Kreditbetrag inclusive der dann f~illigen Zinsen zurtickzuzahlen. Augenscheinlich gilt KT/(I+rT). Dabei ist nun aber zu beachten, dass auch in den Zeitpunkten t = 1..... T-1 Zinszahlungen im Umfang KT-rr anfallen. Das heigt, im Zeitpunkt t = T-1 etwa verbleiben aus dem Investitionsprojekt unter Beachtung der gerade genannten Zinszahlungen noch Uberschfisse von ZT_I-KT'rr. Wiederum kann aus diesem Restbetrag eine Kreditaufnahme in t = 0, dieses Mal mit FNligkeit in t = T-1, finanziert werden. Damit in t = T-1 Zahlungsf~ahigkeit gerade noch gew~.rleistet ist, darf der Kreditbetrag Kw.1 nicht gr6ger als (ZT.1-KT'rT)/(I+rT_I) gew~ihlt werden. In t = T-2 verffigt der Unternehmer unter Beachmng der Zinszahlungen aus dem T- und (T-1)-periodigen Kredit noch fiber liquide Mittel von ZT_2-KT'rTKT_1"rT.1, aus denen ein dritter Kredit KT.2 im Zeitpunkt t = 0 aufgenommen werden kann. Insgesamt kann man demnach zu jeder Einzahlung z t einen Kreditbetrag im Umfang K t mit gleicher Laufzeit unter Berficksichtigung der zwischenzeitlichen Zinszahlungen aufnehmen. Die Summe K~+...+K r der in t = 0 verffigbaren Mittel aus den Krediten nach Abzug der Anfangsauszahlung bezeichnet den aus dem Investitionsprojekt an den Unternehmer in t = 0 fliegenden Reichtumszuwachs, bestimmt also damit den P r o j e k t k a p i t a l w e r t . Die einzelnen Kreditvolumina
Kt
werden hierbei "yon hinten nach vome" ermittelt, weil der maximal
rfickzahlbare Kreditbetrag
Kt
mit F~illigkeit im Zeitpunkt t grunds~itzlich nur be-
stimmt werden kann, wenn bekannt ist, welche Zinszahlungen aufgrund von Krediten mit Fristigkeiten von t+l bis T (auch) in t anfallen. Man spricht deswegen bei dieser Art der Ermittlung des Projektkapitalwertes v o n d e r "retrograden"
Bereehnungsmethode. Sie geht auf Rolfes (1992, 1993) zur~ck.
199
Beispiel 5.3: Es seien ein Investitionsprojekt mit z 0 = -8.000, z~ = 2.000, z 2 = 2.100, z 3 = 2.900 sowie z 4 = 3.800 GE und die Kapitalmarktdaten gem~il3 Tabelle 5.1 vorausgesetzt. In Tabelle 5.2 sind die Zahlungsreihen aller realisierbaren Kredite K mmit F~illigkeiten in t = 1 bis t = 4 wiedergegeben.
t
0
1
2
zt
-8.000
2.000
2.100
2.900
3.800
K (4)
3.551,4
-248,6
-248,6
-248,6
-3.800
K (3)
2.489,58
-161,82
-161,82
-2651,4
0
K (2)
1.593,94
-95,64
- 1.689,58
0
0
K (I)
1.436,48
- 1.493,94
0
0
0
2;
1.071,4
0
0
0
0
Tabelle 5.2:
4
Retrograde Kapitalwertermittlung (Zahlen generell auf zwei Dezimalstellen gertmdet)
Der Kreditbetrag K4 zum Kredit K (4) a u s Tabelle 5.2 wurde beispielsweise durch die Rechnung 3.800/1,07 = 3.551,4 GE ermittelt. Die damit einhergehenden Zinszahlungen in den Zeitpunkten t = 1..... 4 betragen ungefiihr 0,07-3.551,4 = 248,6 GE. Aus Unternehmersicht abflieBende Zahlungen werden in Tabelle 5.2 dabei durchg~ingig mit negativem Vorzeichen, zuflieBende Zahlungen hingegen mit positivem Vorzeichen ausgewiesen. Unter Beachtung der Zinszahlungen von etwa 248,6 GE in t = 3 aus dem Kreditbetrag K 4 verbleiben in t = 3 noch ungef~ihr 2.900-248,6 = 2.651,4 GE zur Tilgung eines Kreditbetrags K 3 mit dreiperiodiger Laufzeit, der sich deshalb auf n~hemngsweise 2.651,4/1,065 ~- 2.489,58 GE belaufen kann und in t = 1, 2, 3 Zinszahlungen von ca. 0,065"2.489,58 = 161,82 GE zur Folge hat. In entsprechender Weise sind die tibrigen Zahlungsgr613en aus Tabelle 5.2 ermittelt.
200 Insgesamt k6nnen aus den Einzahlungsfiberschfissen z I..... z 4 des Investitionsprojekts damit Kredite in einem Gesammmfang von etwa 3.551,4+2.489,58+ 1.593,94+1.436,48 -- 9.071,4 GE in Zukunft verzinst und getilgt werden. Nach Abzug der 8.000 GE ffir die Anfangsauszahlung im Zusammenhang mit dem Investitionsprojekt verbleibt dem Untemehmer in t = 0 eine Reichtumssteigerung von ca. 9.071,4-8.000 = 1.071,4 GE, wodurch zugleich der Kapitalwert des betrachteten Investitionsprojekts beschrieben wird.
5.3
[]
Kapitalwertberechnung mittels Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren
So anschaulich die retrograde Berechnungsmethode auch ist, so mtihselig ist sie, wenn mehrere Projekte zur Auswahl stehen. Denn ffir jedes Investitionsprojekt ist aufs Neue ein Tableau wie in Tabelle 5.2 zu erstellen. Aus diesem Grunde w ~ e es hilfreich, fiber eine
weniger umst~indlieheMethode zur Kapitalwertermittlung
zu verffigen. Einen denkbaren Zugang zur Probleml6sung gewinnt man, wenn man den Begriff des " Z e r o B o n d " (oder der "Nullkupon-Anleihe") einffihrt. Ein Zero Bond ist ein Finanzierungstitel, der nur in einem zuktinftigen Zeitpunkt t m i t von Null verschiedenen Zahlungskonsequenzen verbunden ist. 1~ Beispielsweise ftihrt ein in t = 0 ausgegebener dreiperiodiger Zero Bond nur in t = 3 zu Rfickzahlungen an den Halter dieses Finanzierungstitels. Diese Rfickzahlung umfasst damit neben der Tilgung des jeweils an den Emittenten des Zero Bond in t = 0 gezahlten Betrags auch die zugeh6rige gesamte Verzinsung. Man kann sich nun natfirlich ohne weiteres einen standardisierten Zero Bond mit einem Zahlungsversprechen von 1 GE im Zeitpunkt t = "c vorstellen. Dessen Preis in t = 0 sei mit d r bezeichnet und wird " Z e r o - B o n d - A b z i n s u n g s f a k t o r " genannt. Ein Zero-Bond mit einem Zahlungsversprechen von z~ in t = x verftigt dann fiber einen Preis in t = 0 von gerade d~-z~. Auf einem vollkommenen Kapitalmarkt bei Sicherheit stimmt der Preis oder Marktwert eines Zahlungsstroms mit seinem Kapitalwert fiberein. Aus
10 Vgl. zum Begriff auch etwa Kuj3maul (1989).
201 der Wertadditivitiit der Kapitalwert- trod damit auch der Marktwertformel folgt, dass der Preis einer Summe von Zahlungen z 0, z~..... zT der Summe der Preise dieser Zahlungen entspricht. Da Letztere wiederum mit Hilfe der Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren bestimmt werden k6nnen, stellt sich der Kapitalwert eines Zahlungsstroms z 0, Zl..... z T auch wie folgt dar: T
K = do'zo+dl'Zl+...+dT'Zx = E dt'zt.
(5.2)
t=0
Inhaltlicher Hintergrund ftir Formel (5.2) ist, dass jeder Zahlungsstrom grunds~itzlich als ein Biindel von Zero Bonds interpretiert werden kann. Gem~if3 (5.2) sind die Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren unmittelbar identisch mit den Diskontier u n g s f a k t o r e n ftir die einzelnen Zahlungszeitpunkte im Rahmen yon Kapitalwertberechnungen. Gerade dies macht ihre besondere Bedeutung aus, und deswegen seien sie im Weiteren mit dem Ktirzel "d" bezeichnet.
Beispiel 5,4: Gegeben seien das Investitionsprojekt aus Beispiel 5.3 sowie Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren fOx die verschiedenen Zeitpunkte t = 1..... 4 gem~if; Tabelle 5.3.
t
0
1
2
3
4
dt
1
0,9615
0,889
0,826
0,7595
Tabelle 5.3: Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren
dt
ffir verschiedene Laufzeiten t
Wieso sich die Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren gerade auf die in Tabelle 5.3 ausgewiesenen Werte belaufen sollten, wird noch weiter unten n~iher erl~iutert. In jedem Fall einleuchten dtirfte aber, dass d o = 1 GE gilt: Eine in t = 0 zu erhaltende Geldeinheit ist nattirlich schon definitorisch in t = 0 auch 1 GE wert. Klar sein dfirfte auch, dass die Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren mit wachsender Laufzeit t immer kleiner werden. In aller Regel ist der Zufluss yon 1 GE in einem
202 Zeitpunkt t = "~ aus Sicht des Zeitpunktes t = 0 wertvoller als der Zugang von 1 GE in einem Zeitpunkt t = "c+l. Zumindest kann bei M6glichkeit zu zinsloser Kassenhaltung von Wirtschaftssubjekten unmittelbar darauf geschlossen werden, dass die Folge der d t mit wachsendem t m o n o t o n fallend verlaufen muss, da ansonsten wenigstens ein Zeitpunkt t = x existiert, so dass man sich auf folgende Weise durch Kapitalmarkttransaktionen bereichern k6nnte: Erwerb eines Zero Bond mit F~illigkeit in t = z, Kassenhaltung der in t = "c zufliegenden Mittel und Nutzung des damit in t = "c+l vorhandenen liquiden Bestands zur Bedienung eines ebenfalls in t = 0 mit F~illigkeit t = ~+1 ver~iul3erten Zero Bond gleichen Rfickzahlungsbetrags wie (aber h6heren Preises als) der in t = 0 erworbene. Dem per Saldo verbleibenden Mittelfiberschuss in t = 0 stfinden keinerlei weitere Zahlungskonsequenzen in Folgezeitpunkten gegentiber. Unterstellt man gar plausiblerweise, dass alle ktinftigen Ein-Perioden-Zinss~tze positiv sind, dann muss die Folge der
dt
sogar streng monoton fallen, sofem am Kapitalmarkt keine Be-
reichemngsm6glichkeiten bestehen sollen, was wiederum im bier betrachteten Kontext notwendige Voraussetzung ftir die Existenz eines Kapitalmarktgleichgewichts ist. In jedem Fall kann man den Zahlungsstrom aus dem zu bewertenden Investitionsprojekt derart interpretieren, dass er aus 8.000 Zero Bonds fiber jeweils 1 GE Rtickzahlung mit F~illigkeit in t = 0, 2.000 Zero Bonds tiber je 1 GE Rfickzahlung mit F~illigkeit in t = 1, 2.100 Zero Bonds fiber je 1 GE Riickzahlung mit F~illigkeit in t = 2, 2.900 Zero Bonds fiber je 1 GE Rtickzahlung mit F~illigkeit in t = 3 sowie schliel31ich auch noch 3.800 Zero Bonds tiber je 1 GE Rfickzahlung mit F~illigkeit in t = 4 besteht. Der Markt- oder Kapitalwert dieses Btindels yon Zero Bonds bestimmt sich dabei als
-8.000 +2.000" 0,9615 +2.100" 0,889 +2.900" 0,826 +3.800' 0,7595 (5.3) = 1.071,4 GE. Es resultiert demnach das gleiche Ergebnis wie im vorhergehenden Abschnitt 5.2. In der Tat muss dies bei konsistenter Berechnung auch der Fall sein, wie gleich noch erl~iutert wird. Des Weiteren sollte beachtet werden, dass jedes andere In-
203 vestitionsprojekt in ganz entsprechender Weise wie das obige mit Hilfe von ZeroBond-Abzinsungsfaktoren bewertet werden kann.
[]
Sobald man die Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren kennt, kann der Kapitalwert zu j e d e m beliebigen Investitionsprojekt gem~g Formel (5.2) leicht bestimmt werden. Damit stellt sich allerdings unmittelbar die Frage nach M6glichkeiten zur Ermittlung der Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren. Im Hinblick auf das im Abschnitt 5.2 pr~isentierte Vorgehen zur Berechnung des Kapitalwertes eines Investitionsprojekts bietet es sich an, auch Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren im Wege einer ret r o g r a d e n Bereehnung zu ermitteln. Ein Zero-Bond-Abzinsungsfaktor d r ist ja nichts anderes als der Kapitalwert aus Sicht des Zeitpunktes t = 0 yon 1 GE Einzahlung in t = '~.
Beispiel 5.5: Gegeben seien die Kapitalmarktdaten des Beispiels 5.2. Der Kapitalwert von 1 GE Einzahlung im Zeitpunkt t = 4 aus Sicht des Zeitpunktes t = 0 kann dann tiber die retrograde Berechnungsmethode von Rolfes (1992, 1993) wie folgt bestimmt werden.
2
t
4
zt
0
0
0
0
1
K (4~
0,9346
-0,0654
-0,0654
-0,0654
-1
K (3)
-0,0614
0,004
0,004
0,0654
0
K (2)
-0,0579
0,0035
0,0614
0
0
K (~)
-0,0557
0,0579
0
0
0
Z
0,7596
0
0
0
0
Tabelle 5.4:
Retrograde Ermittlung von d4 (Zahlen generell auf vier Dezimalstellen gerundet)
204 Der Aufbau von Tabelle 5.4 entspricht grunds~itzlich dem von Tabelle 5.2. Zun~ichst fragt man sich demnach, welcher Kredit in t = 0 mit F~illigkeit in t = 4 aufgenommen werden kann, wenn eine Einzahlung von 1 GE in t = 4 zur Kreditrfickzahlung und Leistung yon Zinsen zur Verffigung steht. Das gesuchte Kreditvolumen K 4 berechnet sich bekanntermagen als 1/1,07 = 0,9346 GE. Die in t = 1 bis t = 4 hieraus resultierenden Zinszahlungen sind n~herungsweise 0,07" 0,9346 = 0,0654 GE. Eine kleine Modifikation im Vergleich zur Kapitalwertberechnung des Beispiels 5.3 besteht nun allerdings insofern, als in t = 3 infolge fehlender positiver Einzahlungen zur Erbringung der gerade berechneten Zinsleistung von 0,0654 GE aus Sicht des Zeitpunktes t = 0 eine Anlage, also ein negativer Kredit, zu t~itigen ist. Diese Anlage muss sich in t -- 0 auf ungef'fihr 0,0654/1,065 = 0,0614 GE belaufen, damit in t = 3 hieraus Rfickflfisse von n/iherungsweise 0,0654 GE resultieren, aus denen die Zinszahlungen des Zeitpunktes t = 3 im Zusammenhang mit dem Kredit K (4) bedient werden k6nnen. In entsprechender Weise erh~ilt man einen zus~itzlichen Anlagebedarf in H6he yon ca. 0,0579 GE von t = 0 bis t = 2 sowie von etwa 0,0557 GE von t = 0 bis t = 1. Per saldo verbleiben von dem Kreditvolumen in H6he von etwa 0,9346 GE nach Abzug der ben6tigten Anlagen von insgesamt ungef~hr 0,0614+0,0579+0,0557 = 0,175 GE noch ungef~hr 0,7596 GE in t = 0. Dies ist der letztlich fiber 1 GE Einzahlung in t = 4 zum Zeitpunkt t = 0 finanzierbare Mehrkonsum eines Wirtschaftssubjekts, also der Markt- oder Kapitalwert von 1 GE Einzahlung in t = 4, mithin der gesuchte Zero-Bond-Abzinsungsfaktor d 4. Bis auf Rundungsdifferenzen stimmt er mit dem fiber Tabelle 5.3 ad hoc vorausgesetzten Wert ffir d4
fiberein.
[]
Bei einem Betrachtungszeitraum bis t = T mfisste man demnach T-mal fiber die retrograde Berechnungsmethode Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren bestimmen. Anschliegend kann allerdings dann jedes beliebige Investitionsprojekt fiber diese Abzinsungsfaktoren bewertet werden. Zweifellos ist aber auch dieses Vorgehen vergleichsweise aufwendig. Wesentlich einfacher lassen sich die Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren ermitteln, wenn man sich
205 vor A u g e n halt, dass auch schon eine Mittelanlage yon t = 0 bis t = "cmit laufenden Zinszahlungen in den Zeitpunkten t = 1 . . . . . "c nichts anderes als ein ganz spezifisches Bfindel von Zero Bonds darstellt und dementsprechend auch bewertet werden kann. Bei einem Anlagebetrag etwa y o n 1 GE erh~ilt man in t = 1 ..... "~-1 Zinszahlungen r~ und in t = "c eine Gesamtzahlung yon l+r~. Der Preis oder Kapitalwert des Bfindels aus Zero Bonds mit F~illigkeit von t = 1 bis t = ~ muss gerade der angelegten Geldeinheit entsprechen, da man ansonsten durch eine reine Finanzinvestition sein Verm6gen erh6hen k6nnte. Weil jeder eine derartige M6glichkeit zur Reichtumssteigerung fiber Finanzinvestitionen wahrnehmen wollte, k6nnten andernfalls Angebot und Nachfrage nach bestimmten Finanztransaktionen nicht zur Deckung gebracht werden. Letztlich ist dies nichts anderes als eine erneute Umschreibung des bekannten Sachverhalts der im Gleichgewicht eines v o l l k o m m e n e n Kapitalmarktes gegebenen Kapitalwertneutralit~it y o n F i n a n z i n vestitionen. Es muss also gelten: 1 = d l ' r ~+d2"r ~+... +d e_l"r~ +d r 9(1 +r~)
(5.4)
f'tir alle "c = 1..... T. M a n erh~ilt denmach T B e s t i m m u n g s g l e i c h u n g e n , in denen die T Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren anftreten. Diese T Bestimmungsgleichungen lassen sich dabei aufgrund der spezifischen Struktur des Gleichungssystems sehr leicht 16sen. Weil fiJr "r = 1 die Gleichung 1 = d I -(l+rl) resultiert, kann f~ir gegebenes r I hieraus d 1 sofort bereclmet werden. Ftir "~ = 2 erh~ilt m a n 1 = dl-r2+d2"(l+r2), woraus m a n bei Kennmis y o n d~ und gegebenem Wert ffir r 2 unmittelbar d 2 berechnen kann. In entsprechender Weise kann m a n ffir "~ = 3 bis "c = T verfahren.
Beispiel 5.6: Gegeben seien die Kapitalmarktdaten des Beispiels 5.2. Dann mtissen die ffir die F~illigkeiten t = 1 bis t = 4 zur Verffigung stehenden Anlage-/Verschuldungsm6glichkeiten mit laufender Zinszahlung den folgenden Gleichungen gentigen:
206
I.
II.
1 -- d 1- 1,04 *.*. d I
1 1,04'
1 = d 1"0,06+42" 1,06 ,=, 42
1 - d I -0,06 1,06
'
(5.5) III.
1 --- d 1-0,065 +42" 0,065 +42.1,065 ,=, 42 ---
IV.
1 = d 1"0,07 +42" 0,07 +d s" 0,07 +d4" 1,07 =
1 -(d 1§ 1,065
1 -(dl +42 +d3)" 0,07 1,07
Aus I. ergibt sich unmittelbar d~ = 1/1,04 = 0,9615 GE. Einsetzen dieses Wertes in II. ftihrt zu d 2 = (1-0,96150,06)/1,06 = 0,889. In entsprechender Weise erh~ilt man ohne grol3e Mtihe d 3 = 0,826 GE sowie d 4 = 0,7595 GE, also genau die im Beispiel 5.4 zugrunde gelegten Werte.
[]
Die Ermittlung der Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren tiber die L6sung eines lineat e n Gleiehungssystems mit T Variablen d 1..... d T ist aber nicht nut einfacher als im Rahmen einer retrograden Berechnungsmethode der d t. Sie erweist sich fiberdies auch als allgemeiner anwendbar. Um n~imlich Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren oder auch direkt Kapitalwerte von Investitionsprojekten retrograd zu bestimmen, ben6tigt man die Kenntnis der Zinss~itze ftir Anlagen mit Laufzeiten yon t = 1 bis t = T. Bei der Ermittlung yon Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren fiber die L6sung eines Gleichungssystems ist diese Voraussetzung nicht erforderlich. Hier braucht man lediglich T Finanzierungsinstrumente beliebiger Laufzeiten derart, dass die resultierenden T Bewertungsgleichungen linear
unabhiingig
voneinander und damit eindeutig 16sbar sind. 11
11
Lineare Unabh~.ngigkeit der Gleichungen bedeutet, dass keine der T Bewertungsgleichungen redundant in dem Sinne ist, dass sie durch Umformung und Zusammenfassung der anderen Bewertungsgleichungen r e p r o d u z i e r t werden kann. U m T Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren fiber die L6sung eines linearen
207 Beispiel 5.7:
Gegeben sei ein Drei-Zeitpunkte-Modell bei Sicherheit (t = 0, 1, 2). Auf dem vollkommenen Kapitalmarkt werden zwei Wertpapiere mit folgenden Zahlungsreihen gemgg Tabelle 5.5 gehandelt:
t
1
2
z~1)
6
106
z~2)
2
54
Tabelle 5.5: Zahlungsreihen zweier Wertpapiere
Der Preis und damit Kapitalwert des Wertpapiers 1 in t = 0 sei ~(1) = 100,14245 GE, der des Wertpapiers 2 sei ~:(2)= 50 GE. Wertpapier 1 kann als eine Anleihe interpretiert werden, die ftir den Zeitpunkt t = 2 einen Rtickzahlungsbetrag von 100 GE verspricht. Die bei Anleihen ftir die Zinsberechnung maBgebliche BezugsgrN3e wird als Nenn- oder Nominalbetrag bezeichnet. Die Zinszahlungen ergeben sich dann als Produkt von Nennbetrag und Nominalzinssatz. FiJr Wertpapier 1 etwa k6nnte ein Nennbetrag von 100 GE bei einem Nominalzinssatz von 6 % gegeben sein. Damit wtirde der Rtickzahlungsbetrag dem Nennbetrag entsprechen, was typischerweise, wenngleich nicht zwingend, gilt. Das Konstrukt eines Nennbetrags ist bei Anleihen deswegen erforderlich, weil der jeweils aktuelle Preis einer Anleihe keine konstante Gr6Be ist, sondern sich stS_ndig den jeweiligen Zinsentwicklungen auf dem Kapitalmarkt anpasst. Beispielsweise mag es sein, dass die Anleihe in einem Zeitpunkt t = -1 zu einem Preis von 100 GE erstmalig von einem Emittenten ausgegeben werden konnte, weil in diesem Zeitpunkt ftir dann noch dreiperiodige Anlagen gerade ein Zinssatz von 6 % bei jeweils einperiodiger Zinszahltmg Gtiltigkeit besaB. Aus der Tatsache, dass der Anleihepreis nunmehr in t = 0 tiber 100 GE liegt, kann man unmittelbar schliegen,
Gleichungssystems eindeutig zu bestimmen, ben6tigt man demnach T nicht redundante Bewerttmgsgleichungen.
208 dass in t -- 0 ftir zweiperiodige Mittelanlage mit jeweils einperiodiger Zinszahlung ein Zinssatz von weniger als 6 % gewNtrt wird, weswegen die Anleihe auch mehr als 100 GE in t = 0 wert ist. Das zweite Wertpapier k6nnte eine Art S p a r b r i e f mit wachsender Verzinsung beschreiben] 2 Bei einem Ausgabe- und Rtickzahlungsbetrag yon jeweils 50 GE wird in t = 1 eine Verzinsung yon 4 % und in t = 2 eine Verzinsung yon 8 % auf diesen "Sparbrief" gewahrt. Es sind damit in diesem Beispiel zwei Wertpapiere gegeben, die von Wirtschaftssubjekten in beliebiger Weise in t = 0 gekauft oder verkauft werden k6nnen. Sofern dabei ein Marktteilnehmer einen der Titel verkauft, ohne ihn zu besitzen, spricht man von einem Leerverkauf. Der betrachtete Marktteilnehmer tritt hierbei gewissermagen als Emittent des betreffenden Wertpapiers auf: Vom jeweiligen Vertragspartner erh~ilt er den Kaufpreis ftir das Wertpapier und verpflichtet sich daftir im Gegenzug, die aus dem Wertpapier f'tir die Folgezeitpunkte fliegenden Einzahlungen an den Vertragsparmer zu gew~hren. Es liegt somit nichts anderes als eine spezifische Form der K r e d i t a u f n a h m e vor. Beide Wertpapiere im Rahmen dieses Beispiels verftigen fiber eine grunds~itzlich zweiperiodige Laufzeit. Eine unmittelbare Anwendung der retrograden Berechnungsmethode zur Bestimmung von Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren ist daher nicht mtiglich. Zwar wtisste man, dass etwa durch die Ausgabe von 1/54 des Sparbriefs in t = 0 ftir t = 2 eine Zahlungsverpflichtung von genau 1 GE resultierte, man also in t -- 0 einen Mittelzufluss von maximal 50/54 -- 0,9259 GE aus 1 GE Einzahltmg in t -- 2 finanzieren k6nnte. Offen bliebe aber, welcher Betrag hiervon wieder bis t = 1 angelegt werden mtisste, um die aus der Sparbriefemission f'tir t = 1 resultierende Zinszahlungsverpflichtung von (1/54).2 = 1/27 = 0,037 GE abzudecken. Uber die Formulierung eines linearen Gleichungssystems hingegen
12 Ein praktisches Beispiel waren etwa Bundesschatzbriefe des Typs A. Vgl. z.B. Dichtl/Issing (1993), S. 1958.
209 k/Snnen die beiden Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren dl und d 2 leicht bestimmt werden. I.
100,14245 = 6"dl+106'dz, (5.6)
II.
50 = 2 . d 1+54.d.z.
Die Rechnung 1.-3"II. ftihrt zu: -49,85755 -- -56"d~ 49,85755 ~ 0,8903 GE. '=' dz 56
(5.7)
Mittels Aufl6sung von II. nach dl und Einsetzen des Ergebnisses ftir d 2 aus (5.7) gelangt man zu
dl
_
50-54-d z N 0,9615 GE. 2
(5.8) Mit den Werten ffir d 1 und d~ ist nun wieder die Ermittlung des Kapitalwertes eines beliebigen Investitionsprojekts auf dem betrachteten Kapitalmarkt m6glich. Beispielsweise erh~ilt man ftir ein Investitionsprojekt mit der Zahlungsreihe z 0 = -30, z 1 = 15 und z 2 = 20 GE einen Kapitalwert ~: = -30+0,9615.15+0,8903.20 = 2,23 GE > 0, die Projektdurchf'tthrung ist damit also lohnenswert.
[]
Sofem die Ermittlung von Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren tiber die L6sung eines linearen Gleichungssystems mit T Gleichungen nicht m6glich ist, sind die gesuchten T Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren durch die gegebenen Kapitalmarktdaten nieht eindeutig bestimmt. Wenn sich die d t ( t = 1..... T) demnach tiberhaupt eindeutig bestimmen lassen, dann fiber die L6sung eines entsprechenden linearen Gleichungssystems.
210
Beispid 5.8: Gegeben sei ein Kapitalmarkt fiber drei Zeitpunkte t = 0, 1, 2 hinweg, auf dem zwei Wertpapiere 1 und 2 gem~iB Tabelle 5.6 gehandelt werden.
t
1
2
z{1)
4
108
z{2~
2
54
Tabelle 5.6: Zahlungsreihen zweier Wertpapiere
Der Preis oder Kapitalwert des Titels 1 sei 100 GE, der des Titels 2 belaufe sich auf 50 GE. Damit k6nnen die folgenden beiden Bestimmungsgleichungen fox d 1 und d 2 formuliert werden: I.
100 = 4"dl+108"d.z, (5.9)
II.
50 = 2 . d 1+54.d 2.
Sowohl aus I. wie aus II. folgt, dass d 1 = 25-27-~ gilt. Eine genauere Spezifikation von dl und d2 ist jedoch nicht m6glich. Jede der beiden Bewertungsgleichungen erweist sich damit in Kenntnis der jeweils anderen als r e d u n d a n t : Multiplikation yon I. mit 0,5 liefert II., Multiplikation yon II. mit 2 liefert I. Mit nur einer nicht redundanten Bewermngsgleichung lassen sich aber nicht simultan zwei Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren bestimmen.
5.4
[]
Effektivrenditen von Zero Bonds und Zinsstrukturcharakterisierung
Da ein Zero Bond, der 1 GE Einzahlung in einem Zeitpunkt "~ liefert, in t = 0 fiber einen Kapitalwert von d~ verffigt, kann man ohne weiteres den zugeh6rigen Ein-Perioden-KalkulationszinsfuB v~ zur Einzahlung z~ = 1 GE berechnen, so dass
211 der resultierende Kapitalwert sich auf d~ beRiufl:
!
1 (1 +v,) ~ (5.10)
1-1. d~
,~ v, =
Der Zinsfug v, ist damit nichts anderes als der zu der Zahlungsreihe z0 = -d, und z~ = 1 GE geh6rige interne ZinsfuB. Entsprechend der Darstellung im Abschnitt 3 dieses Kapitels kann v, folglich als die an den jeweiligen Halter des Zero Bond von t = 0 bis t = "c auf den Kaufpreis d~ gewShrte Ein-Perioden-Verzinsung oder Effektivrendite interpretiert werden. Beispiel 5.9: Ftir die Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren aus Tabelle 5.3 erNilt man folgende zugeh6rige Effektivrenditen: 13
1
v1 ~ - - - 1 0,9615
v2 ~"
I
- 4 %,
1 0,88---9-1
~- 6,06 %, (5.11)
1
v3 ~"
1
0,82-----6-1
v4 ~"
1
0,759~
1
~- 6,58
%,
-1 ~ 7,12 %.
~3 In der Tat ist das Ergebnis von 4 % ftir v~ sogar exakt. Die beiden "--"Zeichen mfissen hier lediglich aufgrund der wiederholten Rundung gesetzt werden, ftihren aber zuf~illigerweise zum korrekten genauen Ergebnis.
212 GemN3 (5.11) ergibt sich damit beispielsweise ftir eine Anlage von Mitteln von t = 0 bis t = 2 eine Verzinsung pro Periode von etwa 6,06 % am Kapitalmarkt. Dies liegt leicht fiber dem Zinssatz von 6 %, der ftir zweiperiodige Anlage mit Zinszahlungen in t = 1 und t = 2 Gtiltigkeit besitzt. Der Grund hierftir ist darin zu sehen, dass im letzteren Fall genaugenommen eine Mischung aus einperiodiget und zweiperiodiger Anlage realisiert wird, da zum Teil Zahlungen an den Halter des Titels bereits in t = 1 erfolgen. Insofern ware hier insgesamt eine Anlage mit einer durchschnittlichen 14 Fristigkeit unterhalb von zwei Perioden, abet nattirlich oberhalb von einer Periode gegeben. Aus diesem Grunde muss die durchschnittliche Periodenverzinsung im Rahmen dieser Anlage mit 6 % auch zwischen der Periodenverzinsung von 4 % bei einer reinen einperiodigen Anlage und der Periodenverzinsung von etwa 6,06 % bei einer reinen zweiperiodigen Anlage liegen. Weil der weitaus tiberwiegende Teil der Zahlungen in t = 2 anf~illt, liegt der Zinssatz von 6 % sehr nahe bei der Effektivrendite v 2 = 6,06 %. Aus entsprechenden Grtinden gilt v 3 ~- 6,58 % > 6,5 % sowie v 4 = 7,12 % > 7 %. [] Die Effektivrenditen von Zero Bonds geben damit die Ein-Perioden-Verzinsungen yon Wertpapieren mit " r e i n e n " Laufzeiten von t = 1 bis t = T an. Folglich beschreiben die Effektivrenditen von Zero Bonds die sogenannte Zinsstruktur. Diese ordnet jeder Fristigkeit die jeweils am Kapitalmarkt zugeh6rige Ein-Perioden-Verzinsung zu. Die graphische Darstellung der Zinsstruktur bezeichnet man als Zinskurve. 15 Sofern die Ein-Perioden-Zinss~itze v t in t streng monoton steigen, spricht man von einer n o r m a l e n Zinskurve und -struktur, da dieser Fall aus empirischer Sicht die Regel ist: Je l~inger die Laufzeit einer Anlage oder Ver-
14
Nat'tirlich stellt sich hierbei die Frage, wie die durchschnittliche Fristigkeit einer Anlage-/Verschuldungsm6glichkeit konkret berechnet werden sollte. Eine sehr weitverbreitete Kennziffer zur Bestimmung dieser durchschnittlichen Fristigkeit ist die sogenannte Duration. Im Anhang zu diesem Abschnitt wird allerdings gezeigt, dass sich diese Kennziffer zumindest im hier betrachteten Kontext als wenig aussagekr~iftig erweist.
15 Vgl. auch Abbildung 5.1.
213 schuldung, umso h6her ist die Effektivrendite pro Periode. Aus theoretischer Sicht ~6 wird die Zinsstruktur bei Sicherheit letztlich durch die Zeitpriiferenzen der Marktteilnehmer bestimmt. Ftir entsprechende Nutzenfunktionen w ~ e es auch denkbar, dass die Zinskurve horizontal verl~iuft: In diesem Fall spricht man recht anschaulich von einer flachen Zinskurve oder Zinsstruktur: Ffir alle Laufzeiten ist die zugeh6rige Ein-Perioden-Verzinsung identisch. Man kann sich unschwer denken, dass dies genau den Fall einheitlicher Ein-Perioden-(Termin-)Zinss~itze it =
i = konst, beschreibt. Bis zum vorhergehenden Abschnitt wurde demnach im
Rahmen dieses Buchs stets eine flache Zinsstruktur vorausgesetzt. Erst im Laufe dieses Abschnitts wurden auch nicht-flache Zinsstrukturen zugelassen. Sofem die v t mit wachsendem t streng monoton fallen, spricht man von einer inversen Zinskurve oder -struktur, da dieser Fall empirisch eher die Ausnahrne darstellt. 17 Auch fiber die Effektivrenditen von Zero Bonds lassen sich wegen der fiber die erste Gleichung aus (5.10) gegebenen Beziehung zu den Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren unmittelbar Kapitalwertberechnungen durchftihren. Man erh~ilt: 1" Z1 K = Z0+
+
Z2 - -
1 +v I (1
ZT
+ . . . + - +v2)2 (1 +VT ) T
-
~
Zt , (1 +Vt)t
(5.12)
wobei v 0 = 0 und (l+v0) ~ = 1 gilt.
16
Auf das Gebiet der Zinsstrukturtheorien kann und soll an dieser Stelle nicht im Detail eingegangen werden. Vgl. dazu etwa die umfassende Darstelhmg bei Sandmann (2001).
17
Das bedeutet aber nicht, dass inverse Zinsstrukturen fast nicht zu beobachten waren. So herrschte in Deutschland etwa zu Anfang der neunziger Jahre tiber l~ingere Zeit eine solche Situation vor. Vgl. Wolters/Hassler (1998), S. 147.
214
_------- normale Zinskurve f
flache Zinskurve
inverse Zinskurve
It
Fristigkeit t
Abbildung 5.1: Grunds~itzliche Verlaufstypen von Zinskurven
Beispiel 5.10: Gegeben seien die Effektivrenditen v t (t = 1..... 4) yon Zero Bonds gem~ii3 (5.11) sowie das Investitionsprojekt aus Beispiel 5.3. Dessen Kapitalwert l~isst sich dann unter anderem auch wie folgt berechnen: ~: ~. _8.000+2.0004 2 . 1 0 0 1,04 1,06062
2.900 1,06583
3.800 N 1.071,35 GE, 1,07124
(5.13)
was, abgesehen von Rundungsdifferenzen, mit den Werten aus Tabelle 5.2 sowie Formel (5.3) tibereinstimmt.
[]
215 5.5
Ein-Perioden-Terminzinss~itze und Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren
Mit Hilfe der Betrachtung von Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren bzw. der zugeh6rigen Effektivrenditen ist es nun auch leicht, die
Ein-Perioden-(Termin-)Zinssiitze
i~..... iT zu bestimmen. W e n n m a n n ~ n l i c h 1 G E v o n einem Zeitpunkt t = 0 bis t = "c anzulegen wtinscht, dann bieten sich hierzu mehrere M6glichkeiten. Z u m einen w ~ e es denkbar, dass m a n seine Mittel v o n t = 0 bis t = 1 zu einem Zinssatz i~ anlegt, anschliegend (f'ttr z > 1) den Gesamterl/Ss l+i~ v o n t = 1 bis t = 2 zu i 2, den hieraus resultierenden R~ckfluss (l+i~)-(l+i2) (far "~ > 2) v o n t = 2 bis t -- 3 zu i 3 und so fort, bis sich schliel31ich insgesamt in t = "c E i n z a h l u n g e n von (l+il)-...-(l+i 0 ergeben. Z u m anderen k6nnte m a n auch einen Zero B o n d mit F~illigkeit in t -- x erwerben. Da ein standardisierter Zero B o n d bei einem Rfickzahlungsbetrag von 1 G E in t = x einen Preis von d r in t = 0 hat, erhiilt m a n f'ttr 1 G E in t = 0 genau 1/dr standardisierte Zero Bonds und daher einen entsprechenden Rfickzahlungsanspruch in t = "t. Der A u s d r u c k 1/d r w i e d e r u m ist gem~ig (5.10) identisch zu ( l + v 0 r, was auch unmittelbar einleuchtet: W e n n m a n 1 G E fiber Zero Bonds v o n t = 0 bis t -- "c anlegt, dann erh~ilt man eine durchschnittliche Ein-Perioden-Rendite yon v r u n d folglich einen Rtickzahlungsbetrag am Ende der Laufzeit von ( l + v 0 *.
Es muss nun (1 +il)....-(1 +it) = (1 +vr) r
(5.14)
f'tir j e d e n beliebigen Betrachtungszeitraum t = 0 bis t = "c gelten. A n d e m f a l l s n~imlich bestfinde einmal mehr f'ttr Marktteilnehmer die M6glichkeit zur beliebigen R e i c h t u m s m e h r u n g mittels Kapitalmarkttransaktionen. W ~ e etwa die linke Seite v o n (5.14) kleiner als die rechte, wtirde es sich lohnen, sich kurzfristig revolvierend v o n t = 0 bis t = "c zu verschulden und die in t = 0 hieraus zuflieg e n d e n Mittel z u m K a u f y o n Zero B o n d s mit Fiilligkeit in t = x zu verwenden. Weil diese Transaktionen ffir j e d e n Marktteilnehmer vorteilhaft w ~ e n , g~ibe es eine unbegrenzte Nachfrage nach einperiodigen Verschuldungsm6glichkeiten, aber
216 keinerlei Angebot. Ebenso existierte eine unbegrenzte Nachfrage nach Zero Bonds mit F~illigkeit im Zeitpunkt t = "c. Niemand aber b/Ste diese Zero Bonds an. Aus einem entsprechenden Grund kann die linke Seite von (5.14) nicht gr6f3er als die rechte sein.
Beispiel 5.11: Gegeben sei ein Kapitalmarkt fiber drei Zeitpunkte t = 0, 1, 2 hinweg. Die Effektivrendite v 2 von Zero Bonds mit F~illigkeit in t = 2 betrage 6,06 %. Der Zinssatz i~ f'tir Mittelanlage/-aufnahme von t = 0 bis t = 1 sei 4 %, der korrespondierende Zinssatz i2 ftir Mittelanlage/-aufnahme yon t = 1 bis t = 2 betrage 7 %. Dann gilt: (l+i 0.(l+iz) = 1,1128 < 1,1249 = (l+v2) 2. Unter diesen Voraussetzungen w ~ e es daher lohnenswert, in t = 0 beispielsweise 100 GE tiber einen einperiodigen Kredit aufzunehmen und diesen Betrag unmittelbar zum Kauf von Zero Bonds mit F~illigkeit in t = 2 zu verwenden. Aus dem Zero-Bond-Erwerb erg~iben sich Einzahlungen in t = 2 von 100-1,06062 = 112,49 GE. Die Kreditaufnahme in t = 0 ihrerseits bedingt ffir t = 1 eine Verbindlichkeit in H6he von 104 GE. Zu deren Deckung ist eine erneute Kreditaufnahme von t = 1 bis t = 2 zu 7 % erforderlich, was schliel31ich zu Verbindlichkeiten in t = 2 von 104-1,07 = 111,28 GE ftthrt. Insgesamt verbleibt damit dem handelnden Marktteilnehmer ein 0berschuss von etwa 112,49-111,28 = 1,21 GE > 0 in t = 2 ohne jeglichen eigenen Mitteleinsatz. Bei gr613eren Engagements fiber 100 GE hinaus resultierten entsprechend h6here Nettoertr~ige. Natfirlich kann eine derartige Situation kein Kapitalmarktgleichgewicht beschreiben.
[]
Mittels (5.14) lassen sich nun leicht aus den Effektivrenditen der Zero Bonds s~imtliche Ein-Perioden-Zinss~itze i t herleiten. Weil (5.14) n~imlich ffir alle "c = 1 bis T gilt, erh~ilt man ein System von T linearen Gleiehungen. Aufgrund der besonderen Struktur dieses Gleichungssystems f~illt dessen L6sung nicht sehr schwer. So erh~ilt man ffir "~ = 1 unmittelbar l+i I = l+v 1 und somit il = v v Natfirlich entspricht der Ein-Perioden-Zinssatz i~ yon t = 0 bis t = 1 gerade der Effektivrendite des einperiodigen Zero Bond: Im Rahmen einer Ein-Perioden-Betrachtung ist N~nlich jede Anlage naturgem~il3 ein Zero Bond.
217 Ftir "~ = 2 gilt ( l + i 0 "(1+i2) = ( l + v 2 ) 2. Ftir gegebenen Wert v 2 und bereits berechneten Wert i 1 l~isst sich diese Gleichung unmittelbar zur Bestimmung v o n i 2 nutzen: i 2 = [(1+v2)2/(1+i0]-1. Analog lassen sich die Werte ffir i 3, i 4..... i T der Reihe nach ermitteln.
Beispiel 5.12: Gegeben seien die Effektivrenditen von Zero Bonds gemaB (5.11). Damit erh~ilt man sofort i I = 4 %. Ftir i 2 ergibt sich ungef~ihr 1,06062/1,04-1 = 8,16 %. In entsprechender Weise gelangt man zu i 3 = (1+v3)3/[(1+it).(1+i2)]-1 = 7,63 % sowie i 4 = (1+v4)4/[(1+i0"(1+i2)'(1+i3)]-1 = 8,76 %. Bemerkenswerterweise zeigt sich hierbei, dass eine steigende Zinsstruktur keinesfalls anch mit steigenden EinPerioden-(Termin-)Zinss~itzen einhergehen muss. ~8
[]
Statt der Effektivrenditen von Zero Bonds kann man wegen des Zusammenhangs ( l + v t ) t = 1 ] ~ auch die Z e r o - B o n d - A b z i n s u n g s f a k t o r e n
zur Bestimmung der Ein-
Perioden-Terminzinss~itze nutzen. Dabei gilt generell: it
-
dt-1
1.
(5.15)
at Die Richtigkeit von (5.15) ist schnell verdeutlicht. W e g e n i 1 = l+vl-1 und l+v 1 = l/d1 gilt i 1 -- (1/dl)-l, wobei bereits bekannt ist, dass d o -- 1 GE ist. W e g e n i 2 = (1+v2)2/(1+i0-1, (l+v2) 2 = 1/d 2 und 1+il = 1/d I gelangt man zu i 2 = (dl/d2)-l. In entsprechender Weise kann ftir jeden Betrachtungszeitpunkt "c verfahren werden.
J8 Der Umkehrschluss ist allerdings zutreffend: Steigende Ein-Perioden-Zinss~itze implizieren eine steigende Zinsstmktur. Dieser Zusammenhang ist Gegenstand einer als E r w a r t u n g s h y p o t h e s e bekannten Zinsstrukturtheorie. Vgl. etwa Franke/Hax (2004), S. 392 f. Das Vorliegen einer steigenden Zinsstruktur wird hierbei fiber die Erwartung von steigenden Ein-Perioden-Zinss~itzen seitens der Marktteilnehmer erkl~irt. Da die Ursache dieser Erwartung nicht weiter ausgeffihrt wird, kann diese Zinsstrukturtheorie nur als tiberaus rudiment~ir bezeichnet werden. Ferner haben wir gerade feststellen k6nnen, dass steigende Ein-Perioden-Zinss~itze nicht notwendig ffir das Vorliegen einer steigenden Zinsstruktur sind.
218 Bereits zu Anfang dieses Abschnitts wurde dargelegt, dass die Ein-Perioden-Zinss~itze i~ unter anderem auch als Terminzinss~itze interpretiert werden k6nnen. W e n n aus den Zero-Bond-Daten die Werte der i~ berechenbar sind, dann muss eine derartige Terminanlage auch grunds~itzlich tiber Zero Bonds konstruierbar sein. 19 In der Tat ist dies recht einfach. U m 1 GE Auszahlung in t = "c-1 zu generieren, muss m a n einen standardisierten Zero Bond mit F~illigkeit in t = x-1 im Zeitpunkt t = 0 zu einem Preis von d~.l emittieren. In t = "~ sollen sich Einzahlungen von l+i~ ergeben, was ffir t = 0 den Erwerb von l+i~ standardisierten Zero Bonds fiber je 1 GE Rfickzahlung in t = "~ erfordert. Deren Preis in t = 0 ist ( l + i 0 - d r Insgesamt wendet m a n in t = 0 einen Geldbetrag in H/3he von ( l + i 0"d~-d~_1 = 0 GE auf, was nattirlich klar war, da i~ ansonsten kein reiner Terminzinssatz gewesen w ~ e .
Beispiel 5.13: Gem~il3 dem Ergebnis aus Beispiel 5.12 muss es m6glich sein, aus Zero Bonds eine Terminanlage von t = 1 bis t = 2 mit einer Verzinsung von etwa 8,16 % zu konstruieren. Dazu ist im Zeitpunkt t = 0 ein standardisierter Zero Bond mit Fiilligkeit in t = 1 zum Preis von 0,9615 GE leerzuverkaufen. Gleichzeitig sind 1,0816 standardisierte Zero Bonds mit F~illigkeit in t = 2 ebenfalls noch in t = 0 zu einem Gesamtpreis yon 1,0816~3,889 = 0,9615 GE zu erwerben. Damit ist die gewtinschte Terminanlage " s y n t h e t i s c h " erzeugt, wie Tabelle 5.7 belegt.
19 Im U m k e h r s c h l u s s bedeutet dies tibrigens, dass nicht berechenbare Zinss~itze mit nicht konstruierbaren Anlagen/Verschuldungen korrespondieren.
219
t
0
1
2
Zero Bond 1
0,9615
-1
0
Zero Bond 2
-0,9615
0
1,0816
E
0
-1
1,0816
Tabelle 5. 7:
Konstruktion einer synthetischen Terminanlage (Werte zum Teil gerundet)
[]
Im Rahmen der hier pr~isentierten Herleitungen wurden auch die Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren selbst auf der Grundlage anderer Daten, konkret den Zinss~itzen ftir Anlagen/Verschuldungen mit laufenden periodischen Zinszahlungen ennittelt. Daher ist es sogar m6glich, auf der Grundlage dieser Daten jeden Zahlungsstrom zu generieren, sofern Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren eindeutig ermittelt werden k6nnen.
Beispiel 5.14: Gegeben seien die Kapitalmarktdaten aus Tabelle 5.1. Dann muss es m6glich sein, in t = 0 durch geschickte Kombination yon einperiodiger Verschuldung und zweiperiodiger Anlage eine Terminanlage yon t = 1 bis t = 2 synthetisch zu erzeugen. Zu diesem Zweck bezeichne A 2 den Betrag, der yon t = 0 bis t = 2 angelegt wird. In t = 2 sollen sich Einzahlungen von ungef~u" 1,0816 GE ergeben, so dass unmittelbar auf A2-1,06 -- 1,0816 r
A 2 -- 1,0816/1,06 = 1,0204
GE geschlossen werden kann. Aus dieser Anlage resultieren in t = 1 weitere Einzahlungen von etwa 1,0204"0,06 = 0,06122 GE. In t = 0 ist ferner ein Kredit im Umfang K~ mit F~illigkeit in t = 1 aufzunehmen, so dass sich per Saldo eine Auszahlung von 1 GE ftir t = 1 ergibt. Es ist mithin K~ .1,04 = 1,06122 GE zu verlangen. Daraus erh~ilt man K 1 = 1,0204 GE. Die synthetische Konstruktion einer Terminanlage von 1 GE zu einem Zinssatz von etwa 8,16 % von t = 1 bis t -- 2 erfordert demnach die Aufnahme von ungef~ihr 1,0204 GE von t = 0 bis t = 1 zu einem Zinssatz von 4 % und die Anlage von ebenfalls etwa 1,0204 GE
220 von t = 0 bis t = 2 zu einem Zinssatz von 6 % mit Zinszahlungen in t = 1 und t = 2. In Tabelle 5.8 sind die Zahlungskonsequenzen der beiden Kapitalmarkttransaktionen nochmals zusammengefasst dargestellt.
t
0
1
2
Kredit
1,0204
-1,06122
0
Anlage
- 1,0204
0,06122
1,0816
0
-1
1,0816
Tabelle 5.8:
Konstruktion einer synthetischen Terminanlage (Werte zum Teil gerundet)
[]
Auch mit Hilfe der Ein-Perioden-Zinss~itze i 1..... iT k6nnen Kapitalwertberechnungen durchgef'dhrt werden. Bereits aus (5.14) in Verbindung mit (5.12) folgt dabei die Gtiltigkeit der zu Begilm dieses Abschnitts vorgef'tihrten Formel (5.1). Diese stellt demnach bei Ansatz der Betrachtungen an den Zinss~itzen rl ..... rT den Endpunkt der {)berlegungen und nicht ihren Anfang dar. Beispiel 5.15:
Gegeben seien das Investitionsprojekt und die Kapitalmarktdaten aus Beispiel 5.3. Dann besteht auf der Grundlage der insgesamt hergeleiteten Ergebnisse auch die folgende M6glichkeit der Kapitalwertberechnung: K ~. - 8 . 0 0 0 +
2.000 2.100 + 1,04 1,04"1,0816
2.900 1,04"1,0816"1,0763
(5.16)
3.800 § ~ 1071,46 GE. 1,04"1,0816"1,0763"1,0875
Abgesehen von Rundungsdifferenzen stimmt der Kapitalwert gem~iB (5.16) mit den Werten aus Tabelle 5.2 sowie den Formeln (5.3) und (5.13) tiberein.
[]
221 Die im Rahmen dieses Abschnitts pr~isentierten vier M6glichkeiten zur Kapitalwertberechnung bei nicht-flacher Zinsstrukmr k6nnen alle als Ausdruck einer jeweils spezifischen Form der Finanzierung des aus der Projektrealisation ermtiglichten Mehrkonsums im Zeitpunkt t = 0 interpretiert werden. WS_hrend bei der retrograden Finanzierungsweise nach
Rolfes ftir jeden F~illigkeitszeitpunkt t auf
eine Verschuldung oder Anlage gleicher Fristigkeit bei periodischen Zinszahlungen zurtickgegriffen wird, unterstellen die Formeln (5.2) und (5.12) die Ver~iugerung oder den Erwerb yon Zero Bonds mit F~illigkeiten von t = 1 bis t = T. Formel (5.1) schlieBlich geht yon kurzfristig revolvierenden (jeweils einperiodigen) VerschuldungerdAnlagen aus. Alle unterstellten Kapitalmarkttransaktionen f'tihren zum selben Kapitalwert und belegen damit insbesondere nochmals die Kapitalwertneutralit~it von Finanzinvestitionen, wie sie schon aus dem Fall flacher Zinsstruktur bekannt ist.
5.6
Zusammenfassung
Gegenstand dieses Abschnitts war die Herleimng der Kapitalwertformel ftir den Fall nicht-tlacher Zinsstruktur. Es wurde gezeigt, dass die Kapitalwertformel dabei auf verschiedene, jeweils ~iquivalente Weise dargestellt werden kann. Lange Zeit herrschte in den investitionsrechnerischen Lehrbtichem die Beschreibung der Kapitalwertformel tiber die Verwendung von Ein-Perioden-Termin-Zinss~itzen vor. Zu Recht wurde insbesondere von
Rolfes kritisiert, dass typischerweise die
Zinss~itze yon Anlagen verschiedener Fristigkeit mit laufenden Zinszahlungen eher als die Terminzinss~itze zug~inglich sind. Mit Hilfe der auch von ihm vorgeschlagenen retrograden Berechnungsmethode wurde die Kapitalwertermittlung unmittelbar auf der Grundlage der Kapitalmarktdaten ftir unterschiedliche Fristigkeiten der Mittelanlage/-verschuldung pr~isentiert. Anschliel3end wurden die Interpretation eines Zahlungsstroms als eines Biindels yon Zero Bonds und die hierauf aufbauende Kapitalwertberechnung dargestellt. Der Kapitalwert eines Zahlungsstroms wird in diesem Zusammenhang als Summe der Kapitalwerte der ihn bildenden Zero Bonds bestimmt. Die als Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren bezeichneten Preise standardisierter Zero Bonds konnten dabei zum einen retrograd
222 nach Rolfes oder einfacher und allgemeiner tiber die L6sung eines linearen Gleichungssystems ermittelt werden. Zuletzt wurden die Zusammenhiinge zwischen Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren, Effektivrenditen von Zero Bonds sowie den EinPerioden-Terminzinss~itzen dargelegt. In Tabelle 5.9 sind alle in diesem Kapitel verwandten Gr6gen zur Kapitalwertberechnung bei nicht-flacher Zinsstruktur noch einmal tiberblicksartig zusammengestellt.
Symbol
rt
Bedeutung Zinssatz pro Periode bei t-periodiger Anlage (mit periodischer Zinszahlung und endf~illiger Tilgung)
vt
Zinssatz pro Periode bei Erwerb eines Zero Bond mit F~illigkeit in t
it
Ein-Perioden-Kassa- oder -TerminZinssatz von t-1 bis t
dt
Preis eines Zero Bond im Zeitpunkt 0 bei F~illigkeit in t und Rtickzahlung von 1 GE (Zero-Bond-Abszinsungsfaktor)
Tabelle 5.9: Wichtige Zinss~itze und Preise bei nicht-flacher Zinsstruktur
223 Anhang
W~arend die Fristigkeit yon Zero Bonds unmittelbar zu erkennen ist, ist bei allen anderen Anlage- und Verschuldungsformen, die stets Btindel von Zero Bonds verschiedener Laufzeit sind, die ad~iquate Messung der zugeh6rigen durchschnittlichen Laufzeit nicht so ohne weiteres klar. In der Tat gibt es hier eine als Duration bekannte Magzahl, die sich aus verschiedenen Grtinden grol3er Beliebtheit erfreut. 2~ Unter der Duration DU einer Zahlungsreihe z0, ..., zT versteht man ein gewogenes Mittel der Zahlungszeitpunkte t = 0 ..... T, wobei als Gewicht qt im Zeitpunkt t der jeweilige Anteil des Kapitalwertes der Zahlung z t am Gesamtkapitalwert der Zahlungsreihe fungiert. 2J T
DU - ~ t . q t
(A5.1)
t=l
mit d t- z t qt
=
(A5.2)
T
E d~- z "e=l
Beispiel A5.1:
Gegeben seien die Kapitalmarktdaten aus Beispiel 5.2 und damit Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren, die ungefahr denen aus Tabelle 5.3 entsprechen. Die Duration
20
Auf die einzelnen (vorteilhaften) Eigenschaften der Duration soll hier nicht n~iher eingegangen werden. Vgl. hierzu etwa Kruschwitz/Sch6bel (1986) oder May (1999).
21
Der Zeitpunkt t = 0 kann ohne weiteres im Folgenden unberticksichtigt bleiben, da der Beitrag des zugehi3rigen Teilprodukts 0"q0 zur Gesamtsumme nattirlich stets Null ist.
224 DU einer Anlage von 100 GE in t = 0 bis t = 2 mit Zinszahlung in H6he von 6 GE in t = 1 und t = 2 betr~igt dann ungefNtr D U ~- 1 . 0 , 9 6 1 5 . 6 +2.0,889.106 = 1,94237. 100 100
(A5.3)
Der Kapitalwert der aus der Anlage in t = 1 und t = 2 fliel3enden Zahlungen bel~iuft sich n~imlich gerade auf 100 GE, wie schon aus Beispiel 5.2 implizit 22 folgt, aber auch leicht durch die Rechnung 6.0,9615+106.0,889 = 100 GE best~itigt werden kann. In der Tat erh~ilt man also eine Duration, die knapp unterhalb von 2 liegt. Auch dies best~itigt, dass bei einer steigenden Zinskurve mit v I = 4 % und v 2 = 6,06 % die Ein-Perioden-Verzinsung bei zweiperiodiger Anlage mit periodischer Zinszahlung zwischen v~ und v 2, aber dabei sehr nahe an v 2 liegen wird.
[]
Beispiel A5.1 zeigt, wie man durch Durationsberechnung die durchschnittliche Fristigkeit eines Zahlungsstroms absch~itzen kann. NatiJrlich mag man einwenden, dass man auch schon ohne Bestimmung der komplexen Kennziffer "Duration" eine durchschnittliche Laufzeit der betrachteten Anlage unterhalb yon zwei Perioden behauptet h~itte. Die Duration oder jede andere Form der Ermittlung einer durchschnittlichen Laufzeit k6nnte im hier betrachteten Kontext nur dann einen zus~itzlichen Informationswert haben, wenn damit eine unmittelbare Verkniapfung zur zugeh6rigen durehsehnittliehen Effektivverzinsung der betrachteten Zahlungsreihe erreicht wird.
Beispiel A5.2: Zur Veranschaulichung sei der Zahlungsstrom z 1
=
0,05,
Z2 =
0 und z 3 =
0,058202717 GE tinter weiterhin angenolnmener Gtiltigkeit der Kapitalmarktdaten
22
Im Beispiel 5.2 erm6glicht eine Mittelanlage in t = 0 von 100 GE Rtickfltisse in t = 1 yon 6 GE und in t = 2 von 106 GE. Da Finanzinvestitionen auf vollkommenem Kapitalmarkt einen Kapitalwert von Null aufweisen, muss der Kapitalwert der Einzahlungen des Zeitpunktes t = 1 und t = 2 aus Sicht yon t = 0 gerade 100 GE ausmachen.
225 aus Beispiel 5.2 betrachtet. Der Kapitalwert dieses Zahlungsstroms bestimmt sich fiber d~-z~+d3-z3 ungef~ihr als 0,09615 GE. Als Duration erh~ilt man bei Anwendung von Formel (A5.1) in Verbindung mit (A5.2) fast genau 2. Sollten sich Durationsberechnungen im hier interessierenden Kontext als hilfreich erweisen, dann mfisste die zugeh6rige Effektivrendite des Zahlungsstroms gerade einen Wert von v 2 -- 6,06 %, also wie bei einem Zero Bond mit Laufzeit von zwei Perioden, aufweisen. Tats~ichlich aber ffihrt die Rechnung z~/(1"I-V2)"I-Z3/[(1 +v2)3] zu einem Kapitalwert yon etwa 0,09593 GE, wobei die Diskrepanz zum tats~ichlichen Kapitalwert nicht rundungsbedingt ist. Dies erkennt man daran, dass die Duration der Zahlungsreihe unabh~ngig yon d 2 und damit v2 ist. Das bedeutet, dass man ceteris paribus ftir jeden anderen Effektivzinssatz v 2 eines zweiperiodigen Zero Bond stets zum Ausweis einer Duration von 2 des betrachteten Zahlungsstroms gelangte. Nut zuf~illig wird der mit v 2 berechnete falsche Kapitalwert dem richtigen (und von v2 unabh~ingigen) entsprechen.
[]
Aus Beispiel A5.2 folgt unmittelbar, dass eine Kenngr6ge zur Quantifiziertmg der durchschnittlichen Laufzeit einer Zahlungsreihe fiber Gewichte qt der Zahlungszeitpunkte verftigen m~sste, die in jedem Fall von der gesamten Zinsstruktur abh~ingen. Das heil3t, auch etwa qj und q3 mtissten Funktionen von v 2 sein, selbst wenn z 2 = 0 GE gilt. Die Duration ist damit im hier betrachteten Kontext als grunds~itzlich ungeeignet zu qualifizieren, und es ist mehr als fraglich, ob fiberhaupt eine ad~iquate Kenngr/3ge existiert. Insofern muss die Aussage, dass die Effektivzinss~itze der Zero Bonds im den Ausffihmngen dieses Abschnitts zugrundeliegenden Zahlenbeispiel wegen der steigenden Zinsstruktur und den unter T liegenden durchschnittlichen Fristigkeiten von T-periodigen Anlagen/Verschuldungen mit periodischer Zinszahlung h6her als die Effektzinss~itze der zuletzt genannten AnlagerdVerschuldungen sind, so unscharf bleiben, wie sie formuliert ist. 23
23 Often bleibt im Rahmen der vorliegenden f0berlegungen freilich, ob sich die
genannten theoretischen Probleme bei der Nutzung der Duration zur Effektivzinsabsch~itzung praktisch in der Tat als relevant erweisen. Mit dieser Frage haben sich Knoll/Deininger (2004) nS.her beschaftigt.
226
Wiederholungsfragen W5.1 Was versteht man unter Termin-, was unter Kassazinss~itzen? W5.2 Welcher Zusammenhang besteht zwischen Termin- und Kassazinss~itzen im Kapitalmarktgleichgewicht bei Sicherheit? W5.3 Wie lautet die Kapitalwertformel bei Ansatz nicht-konstanter Ein-PeriodenZinss~itze? W5.4 Beschreiben Sie die retrograde Berechnungsmethode nach
Rolfes
zur Ermittlung
von Projektkapitalwerten! W5.5 Was versteht man unter Zero Bonds und unter Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren? W5.6 Auf welche verschiedenen Arten lassen sich Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren bestimmen? W5.7 Wie l~isst sich der Kapitalwert eines Investitionsprojekts mit Hilfe von ZeroB ond-Abzinsungsfaktoren berechnen? W5.8 Auf welche Weise kann man die Effektivrenditen von Zero Bonds aus den ZeroBond-Abzinsungsfaktoren ermitteln?
227 W5.9 Welche Verl~iufe von Zinsstrukturkurven sind grunds~itzlich denkbar, und wie sind diese inhaltlich zu interpretieren? W5.10 Skizzieren Sie die Zusammenh~inge zwischen Zero-Bond-Abzinsungsfaktoren, Effektivrenditen von Zero Bonds sowie Ein-Perioden-Terminzinss~itzen!
228
6
Kapitalwert und Inflation
6.1
Problemstellung
Bereits in friJheren Abschnitten wurde darauf hingewiesen, dass sowohl der Konsum des Untemehmers als auch dessen Produktion im Rahmen yon Realinvestitionen grunds~itzlich in Giitereinheiten zu definieren ist. Erst durch die Bewertung dieser Mengeneinheiten mit den zugeh6rigen Preisen gelangt man zu monet~en Gr6gen, mit denen man vereinfacht weiterarbeiten kann. NatiJrlich karm man sich die Frage stellen, welche Relevanz Preise ftir den Kapitalwert eines Investitionsprojekts besitzen. Um diese Frage zu untersuchen, ist eine Aufspaltung der Zahlungsgr6gen in eine Mengen- und eine Wertkomponente erforderlich. Statt auf die Bedeutung einzelner Gtiterpreise f'tir Projektkapitalwerte abzustellen,.wird im Weiteren der Einfluss einer aggregierten Gr613e in Form des
Preisniveaus einer Volkswirtschaft im Vordergrund stehen. Im folgenden Abschnitt 6.2 wird zun~ichst definiert, was ein Preisniveau und - damit zusammenhangend - eine Inflationsrate ist. Auf dieser Grundlage k6nnen nominale und reale, sogenannte preisniveaubereinigte, Gr6gen voneinander unterschieden werden. Abschnitt 6.3 legt dar, wie man die g~ingige Kapitalwertformel in eine
preisniveaubereinigte Form i.iberfiihren kann, unter welchen Voraussetzungen diese Formulierung von Vorteil ist und wie plausibel diese Voraussetzungen sind.
Abschnitt 6.4 prifft n~her die Frage, wie sich Inflationsratenvariationen auf Projektkapitalwerte und untemehmerische Endverm6genspositionen auswirken, und im Absehnitt 6.5 werden die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst.
6.2
Inflationsraten, nominale und reale GriiBen
Unter dem Preisniveau
Pt eines Zeitpunktes t versteht man nichts anderes als
eine gewogene Summe von GiJterpreisen des betreffenden Zeitpunktes. Die Gewichte ergeben sich hierbei aus dem jeweils f'tir die Preisniveauermittlung zu-
Die folgende Darstellung geht in Teilen auf Breuer (2000c) zurtick.
229 grunde gelegten Warenkorb. Damit ermittelt man nun die Inflationsrate gt fiir einen Zeitraum vom Zeitpunkt t-1 bis zum Zeitpunkt t, indem man die von t-1 bis t eingetretene Preisniveau~inderung Pt-Pt_l durch das Ausgangspreisniveau Pt-t des Zeitpunktes t-1 dividiert. Inflationsraten sind folglich nichts anderes als relative Preisniveauiinderungen, deren formale Definition wie folgt lautet: Pt-Pt a 71;t
-
-
Pt-1
-
Pt
-1.
(6.1)
Pt-1
B e i s p i e l 6.1:
Betrachtet werde eine Volkswirtschaft tiber vier Zeitpunkte t = 0 ..... 3 hinweg. Das Preisniveau belaufe sich im Zeitpunkt t = 0 auf P0 = 1,5, in t = 1 auf P~ = 1,575, in t = 2 auf P2 = 1,62225 und schliel31ich in t = 3 auf P3 = 1,68714. Damit erh~ilt man Inflationsraten rt 1 = (1,575-1,5)/1,5 = 5 %, rt2 = (1,62225-1,575)/1,575 = 3 % sowie zuletzt/~3
=
(1,68714-1,62225)/1,62225 = 4 %.
Gem~ii3 (6.1) gilt folglich Pt = (l+~t)'Pt-l"
[]
Da diese Beziehung ftir beliebige
Betrachtungszeitpunkte t Gtiltigkeit besitzt, erh~ilt man weiter Pt-1 = (l+%t-0"Pt-2 und damit durch Einsetzen in die Bestimmungsgleichung ftir Pt schliel31ich Pt = (l+/~t)-(l+Et.1)'Pt. 2. Durch fortgesetztes rekursives Einsetzen gelangt man schliel31ich zu der folgenden Bestimmungsgleichung ftir Pt: t
Pt = P 0 " ( l + r c 0 ' " " ( l + r c t ) = P 0 " I - I ( l + n ~ )"
(6.2)
v=l
Das Preisniveau Pt eines Zeitpunktes t kann also aus dem Preisniveau des Zeitpunktes 0 berechnet werden, indem Letzteres jeweils mit den um 1 erh6hten Inflationsraten aller Folgeperioden bis zum Betrachtungszeitpunkt t multipliziert wird.
B e i s p i e l 6.2:
Gegeben seien erneut die Inflationsraten aus Beispiel 6.1. Darm gilt P3 = P0-(l+rt0.(l+rt2)-(l+Tt3) = 1,5-1,05.1,03-1,04 = 1,68714. Entsprechend erh~ilt
230 man P2 = 1,5-1,05-1,03 = 1,62225 sowie P~ = 1,5.1,05 = 1,575.
[]
Unter Beachtung yon Inflationsraten kann man eine Unterscheidung zwischen realert und norninalen Griiflen einftihren. Ausgangspunkt sei eine Einzahlung in H6he von z t zu einem Zeitpunkt t in Geldeinheiten. Eine derartige monetiire Gr613e wird als nominal bezeichnet. Bislang wurden im Rahmen dieses Lehrbuchs stets nur nominale Gr613en der Bestimmung von Kapitalwerten zugrunde gelegt, so dass eine genauere Kennzeichnung entbehrlich war. Im Rahmen dieses Abschnitts wird sich dies jedoch ~tndem, weswegen im Folgenden statt z t genauer z{n~ geschrieben wird. Dividiert man narnlich z(t"~ durch das Preisniveau Pt des Zeitpunktes t, so gelangt man zu der Anzahl der im Zeitpunkt t erwerbbaren Mengeneinheiten des der Preisniveaubestimmung zugrundeliegenden Warenkorbs. Der Quotient z(tn~
ist in dieser Hinsicht eine "reale", weil in Giitereinheiten
ausgedrtickte Gr6i3e und soll deswegen als z{trea~)bezeichnet werden. Es sei nun angenommen, dass ein Investor einen Geldbetrag ~7(n~ t-1 vont-1 bist zum mal3geblichen Ein-Perioden-Zinssatz i t anlegt. Natfirlich betr~igt seine erzielbare Rendite mit Bezug auf sein Geldverm/Sgen gerade i t. Nun karm man sich aber auch fragen, welche Anderung seine Konsumm6glichkeiten hinsichtlich des der Preisniveauberechnung zugrunde gelegten Warenkorbs erfahren. Im Zeitpunkt t-1 kann der Investor bei einem Geldbetrag "~t-7(n~ genau z{n~m)/Pt 1 _ _ Mengeneinheiten des Warenkorbs erwerben. Im Zeitpunkt t hingegen bel~iuft sich diese Anzahl auf (norn). Zt_ 1 ( l + l t ) ] P t. Die absolute Anderung bemisst sich folglich als [z(t_"~m)'(l+it)/Pt]-
[7(n~ 1 Dividiert man diesen Betrag durch die "Ausgangskonsumm6glichkeit" ~t-I '~ t-lJ" z{_n~m)/Pt.1, SO gelangt man zu der relativen Anderung der Konsumm6glichkeiten. Diese relative Anderung wird als von t-1 bis t mal3geblicher Realzinssatz "ti{ren~) bezeichnet, weil hier ein Bezug auf die Vertinderung realer Gr613en gegeben ist. Der Zinssatz i t wird in Abgrenzung von i(trea~)als Nominalzinssatz 2 charakterisiert
Trotz der gleichartigen Bezeichnung hat der hier als Nominalzinssatz bezeichnete Zins gmnds~itzlich niehts mit dem Nominalzinssatz yon Anleihen zu tun, wie er im Zusammenhang mit der Diskussion nicht-flacher Zinsstrukturen eingeftihrt worden ist. Allerdings ist der Nominalzinssatz yon Anleihen wie
231 und soil im Weiteren zur besseren Unterscheidung dutch i(nom) beschrieben t werden. Es gilt nun: 3 z(nlm). (l +it(n~
Pt
it(r~>
Zt(nlm)
Pt-1 (norll)
Zt-1
Pt-1 1 +i(n~
-
(6.3)
1 Pt
Pt-1 --
1.
l+x t
Man erh~ilt somit den folgenden Zusammenhang zwischen Nominalzinssatz i(n~ ~t Realzinssatz
lti(real)
und Inflationsrate n t eines beliebigen Zeitraums von t-1 bis t:
(1 +it(re~))'(1 +nt) = 1 +it("~
(6.4)
Der Realzinssatz "ti(real)kann denmach auch als derjenige Teil der gesamten nominalen Verzinsung *ti(n~ von t-1 bis t interpretiert werden, der tiber die bloge Ab-
jeder andere vertraglich vereinbarte Zinssatz zus~itzlich "nominal" im Sinne von "nicht real". Die Herleitung der folgenden Beziehung zwischen Real- und Nominalzinss~tzen sowie Inflationsraten geht auf Fisher (1896) zurfick. Eine sehr umfassende Analyse liefert Gebauer (1982). Vgl. aber auch etwa Richter/Schlieper/Friedmann (1978), S. 135 ff., oder Schneider (1992), S. 389 ff.
232 geltung der Inflationsrate hinausgeht, also insofern einen echten M e h r k o n s u m beztiglich des der Preisniveauermittlung zugrundeliegenden Warenkorbs erm6glicht.
Beispiel 6.3: Gegeben sei ein Kapitalmarkt mit den folgenden nominalen Ein-Perioden-Zinssatzen iln~ sowie Inflationsraten n t gem~ii3 Tabelle 6.1 im Rahmen einer Betrachtung tiber vier Zeitpunkte t = 0 ..... 3, das heil3t, drei Perioden.
2
t i(nom) t
0,04
0,05
0,03
~t
0,02
0,04
0,01
Tabelle 6.1:
Nominalzinss~itze und Inflationsraten ftir eine Drei-Perioden-Betrachtung von t = 0 bis t = 3
9 (real) Damit kann m a n die Realzinss~itze der einzelnen Teilperioden berechnen als 11 (real) (1,03/1,01)-1 = = (1,04/1,02)-1 = 1,96 %, ;(real~ (1,05/1,04)-1 = 0,96 O~, i*3
1,98 %.
[]
Eine vereinfachte (N~iherungs-) Formel ftir *ti(real)erh~ilt man durch Ausmultiplizier e n d e r linken Seite von (6.4): l+it(=l)+nt+i[r=').r~t = l+i[ n~ 9*
it (real)
=
9 (nom) 7~ 9 (real) It t-It "
it~real~
~.
it(n~
t
(6.5)
sofem sich Zinss~itze und Inflationsraten im Bereich weniger Prozente bewegen. Dann n~imlich liegt das Produkt aus Realzinssatz und Inflationsrate im Bereich
233 von unterhalb 1%0 und kann auf der rechten Seite der zweiten Zeile von (6.5) vernachl~issigt werden. Approximativ l~isst sich demnach die Realverzinsung "ti(real) von einem Zeitpunkt t-1 bis zu einem Zeitpunkt t dadurch absch~itzen, dass man einfach vom zugeh6rigen Nominalzinssatz il n~
die Inflationsrate rtt ftir den
Zeitraum von t-1 bis t abzieht.
Beispiel 6.4: Gegeben seien die Nominalzinss~itze und Inflationsraten aus Beispiel 6.3 im Rahmen einer Drei-Perioden-Betrachtung. Dann gilt i(real) 0,04-0,02 = 2 %, ~"2( r e a l ) x1
~-
0,05-0,04 = 1%, i~real) = 0,03-0,01 = 2 %. Die auftretenden Sch~itzfehler betragen damit 0,02 bis 0,04 Prozentpunkte, also Bruchteile yon "Promillepunkten".
6.3
Kapitalwertformel in realen Gr~gen
6.3.1
Herleitung
[]
Schon im Kapitel II wurde darauf hingewiesen und zu Beginn dieses Abschnitts 6 daran erinnert, dass die Nutzenfunktion eines Unternehmers origin~ in den verbrauchten Mengen der einzelnen zug~inglichen Konsumgtiter in den Betrachmngszeitpunkten t = 0 ..... T definiert ist und der Ansatz einer in den gesamten jeweiligen Konsumauszahlungen der Zeitpunkte t = 0 ..... T definierten modifizierten Nutzenfunktion bereits eine gewisse (letzten Endes ftir die Herleimng der
Fisher-Separation grunds~itzlich unkritische) Aggregation beinhaltet. Nattirlich kann der Preis ein und desselben Konsumguts in verschiedenen Betrachtungszeitpunkten t unterschiedlich sein, ohne dass dies f'tir die Fundierung der FisherSeparation im Abschnitt 1 des vorliegenden Kapitels in irgendeiner Form von Bedeutung ist. Entsprechendes gilt in Mehr-Perioden-Betrachtungen. Bereits dies impliziert, dass es f'tir die Gtiltigkeit der Fisher-Separation und damit auch f'tir die Kapitalwertberechnungen, wie sie bislang im Rahmen dieses Lehrbuchs vorgestellt wurden, grunds~itzlich unbedeutend ist, inwiefern in einer Volkswirtschaft Inflation herrscht und wie sich Real- und Nominalzinss~itze in den einzelnen Betrachtungsperioden zueinander verhalten. Man ermittelt die (nominale) Zah-
234 lungsreihe und diskontiert mit den entsprechenden nominalen Zinss~itzen. Gleichwohl mag man im Lichte der bislang dargestellten Zusammenh~inge unter bestimmten Voraussetzungen zu vereinfachten Kapitalwertberechnungsm6glichkeiten gelangen. Zu diesem Zweck soll die Kapitalwertformel zun~ichst auf reale Gr613en zurtickgeftihrt werden. Dazu sei L t~(real)~ Zlnom)/pt als die untemehmerischen Konsumm6glichkeiten hinsichtlich des der Preisniveauermittlung zugrundeliegenden Warenkorbs far Einzahlung zln~ und Preisniveau Pt im Zeitpunkt t definiert. Man kann bei den z(trea~)knapp und ungenau von den realen Einzahlungstiberschtissen des Untemehmers aus einem Investitionsprogramm oder -projekt sprechen.4 Damit gilt: T
Zt(n~
K = E t t:0 H
(1 +i~
n~
'~=1
z(re'al)"Pt
T
--E, t~0
[(1 + i ~ ) ) -(1 +~ ~)] (6.6)
t
zt~)" Po']-[ (1 +~ ) ~=1
--EI t=O
t
(1 +n)
=I
x =I
T = P0'E t=0
Z~r~l) t
II (1 + I x
)
":=1
Der Begriff ist deswegen ungenau, weil eine "reale" Einzahlung gewissermal3en einen Widersprueh in sich darstellt. Zur Wahrung einer pr~ignanten Ausdrucksweise sei auf diese Ungenauigkeit aber nicht weiter eingegangen. In der Regel wird in anderen Darstellungen entsprechend verfahren. Vgl. etwa Eisenfiihr (1993), S. 77, oder auch Franke/Hax (2004), S. 216.
235 7(real)und In der zweiten Zeile aus (6.6) wurden die Definitionen von ~t in der dritten Zeile wurde
Pt
i (real) -t
genutzt,
gem~il3 (6.2) ersetzt. Die vierte Zeile schliel31ich
ergibt sich nach Herausktirzen von FIt=l (l+nt). Es ist demnach ohne weiteres m6glich, die Berechnung des Kapitalwertes einer Zahlungsreihe von nominalen Gr613en in die zugeh6rigen realen Gr613en zu tiberftihren.
Beispiel 6.5: Betrachtet sei ein Investitionsprojekt tiber vier Zeitpunkte t = 0 ..... 3 hinweg, das zu Zahlungskonsequenzen z(t"~
gem~il3 Tabelle 6.2 f'tihrt. Inflationsraten und
Nominalzinss~itze ftir die einzelnen Zeitr~iume von t-1 bis t (t = 1, 2, 3) sollen denen aus Tabelle 6.1 entsprechen. Das Preisniveau im Zeitpunkt t = 0 belaufe sich auf P0 = 1,5.
I Z(nom) t
-100
50
IlI 60
65
Tabelle 6.2: (Nominale) Zahlungsreihe eines Projekts ffir t = 0 ..... 3
Der Projektkapitalwert bestimmt sich in nominaler Berechnungsweise damit als 1r
60 ~ 65 - 100+ 50 4 1,04 1,04' 1,05 1,04" 1,05-1,03
~- 60,81 GE.
Die realen "Zahlungen" aus dem Investitionsprojekt berechnen sich als -100/1,5 = -66,6667 GE, 7(real)
(6.7)
Z0(real) =
50/(1,5"1,02) = 32,6797 GE, z~re"l)
60/(1,5"1,02"1,04) = 37,7074 GE sowie ztrea~)3 = 65/(1,5"1,02"1,04"1,01) 40,4452 GE. Die Realzinss~itze sind schon aus Beispiel 6.3 bekannt. Damit l~isst sich der Projektkapitalwert bei Abstellen auf reale Gr6gen gem~if3 der vierten Zeile aus (6.6) auch wie folgt bestimmen:
236 _ + 37,7074 ~ 40,4452 / ~: ~- 1,5" (-66,6667 + _32,6797 1,0196 1,0196.1,0096 1,0196"1,0096.1,0198)
(6.8)
~. 60,82 GE. Es resultiert nattirlich in nominaler wie realer Betrachtungsweise der (bis auf Rundungsdifferenzen) gleiche Projektkapitalwert.
[]
Insbesondere fOx ein Ausgangspreisniveau Po von 1 erh~ilt man den Kapitalwert einer beliebigen Zahlungsreihe einfach dadurch, dass man die realen Einzahlungen mit den entsprechenden realen Ein-Perioden-Zinss~itzen diskontiert. Im Weiteren sei daher zur Vereinfachung generell Po = 1 vorausgesetzt. Diese Annahme stellt insofern keine Einschr~nkung dar, als letztlich nur relative Preisniveau~inderungen, also Irfflationsraten, praktisch von Interesse sind. Sofern P0 nicht gleich 1 ist, kann man ohne weiteres neue Preisniveaus Pt = P~P0 definieren, fOx die einerseits P; = 1 resultiert und andererseits (Pt-Pt.1)/Pt_ 1 = (Pt-Pt_0/Pt_l, also rct = rtt fox alle Inflationsraten auf der Grundlage der beiden Preisniveaudefinitionen gilt, weswegen auch die ausgewiesenen Realzinss~itze ceteris paribus unver~indert blieben. Weitere Konsequenz der Normierung ware, dass alle realen Zahlungen mit P0 zu multiplizieren waren, da aus zl real)+ ~ z(tn~
unmittelbar z(,'~aj)+ =
Po'zlrea~)folgt. Insofern stellt die Normierung quasi nichts anderes als eine Umdefinition der realen Zahlungen dar.
Beispiel 6.6: Es sei erneut die Situation aus Beispiel 6.5 betrachtet. Den (bis auf m6gliche Rundungsdifferenzen) gleichen Kapitalwert wie (6.7) und (6.8) erhNt man auch dann, wenn man die Preisniveaus
Pt
der einzelnen Zeitpunkte t tiber Division
dutch 1,5 neu normiert, so dass ftir den Zeitpunkt t = 0 ein Preisniveau von 1 resultiert. Konkret ergibt sich P; = P0/1,5 = 1, P~ = P1/1,5 = (1,5"1,02)/1,5 = 1,02, P~ = P J l , 5 = (1,5"1,02-1,04)/1,5 = 1,0608 und P~ = P3/1,5 = (1,5-1,02" 1,04-1,01)/1,5 = 1,071408, weswegen sich die Inflationsraten nach wie vor auf (1,02/1)-1 = 2 %, (1,0608/1,02)-1 = 4 % sowie (1,071408/1,0608)-1 = 1 %
237 belaufen und somit auch die Realzinss~itze unver~.rldert bleiben. Die "neuen" realen Zahlungsgr6Ben des Projekts bestimmen sich als Quotient aus den Z(tn~ und den zugeh6rigen Preisniveaus Pt und sind damit gegentiber den "alten" realen Gr6Ben letztlich nur mit 1,5 gestreckt:
Z (real)+
-100/1 = -100 GE, 7 (real)+
50/(1-1,02) = 49,0196 GE, ~Z~'(real)+= 60/(1 "1,02"1,04) ~- 56,5611 GE sowie z 3(real)+ = 65/(1-1,02-1,04-1,01) --- 60,6678 GE. Damit ergibt sich: K -~ -100q --49'0196 q 56,5611 § 60,6678 1,0196 1,0196"1,0096 1,0196"1,0096"1,0198
(6.9)
~. 60,82 GE. Natarlich ~indert diese Neudefinition demnach nichts am resultierenden Kapitalwert.
[]
Zu fragen ist nun, unter welchen Voraussetzungen sich ein Ansatz an der letzten Zeile yon Formel (6.6) statt an der ersten Zeile als lohnenswert erweist. Sicherlich stellt es keine Arbeitserleichterung dar, wenn man zun~ichst alle nominalen Gr6Ben schiitzt und sie anschliegend in reale umrechnet. Eine echte Erleichterung im Bereich der Datenbeschaffung resultiert vielmehr nur dann, wenn man gewisse Z u s a t z a n n a h m e n trifft. Insbesondere ist der Gedanke naheliegend, dass der einzige Grund ftir schwankende nominale Ein-Perioden-Zinss~itze im Zeitablauf in ebenfalls schwankenden Inflationsraten besteht. Unter dieser Prgmisse erh~ilt man einen konstanten Ein-Perioden-Realzinssatz i(re~) fiber alle Betrachtungsperioden. Geht man nun zus~itzlich davon aus, dass auch die EinzahlungsUberschtisse aus der Investition in den Zeitpunkten t = 1 bis t = T n u t wegen unterschiedlicher Inflationsraten nicht konstant sind, w ~ e auch ein konstanter Wert z (real) der real ausgedrtickten Einzahlungsfiberschtisse der Unternehmung in den Zeitpunkten t = 1 bis t = T gegeben. Mit P0 = 1 und A 0 als der in t = 0 erforderlichen Anfangsauszahlung k6nnte unter diesen Voraussetzungen der Kapitalwert eines Investitionsprojekts folgendermagen ermittelt werden:
238 T
= -A0+
Z (real)
t=l (1 +i(real))t
(6.1 O)
= - A 0 +z (re~).RBF(i(~);T).
Die Kapitalwertformel wtirde sich demnach rechentechnisch und vom Datenbedarf her sehr stark vereinfachen, da man lediglich noch zwei Gr613en, i (re"~)und z (rea~),zu sch~itzen h~itte. Formel (6.10) h~itte dabei f'tir beliebige Ein-Perioden-Nominalzinss~itze, Inflationsraten und nominale Projekteinzahlungen Gtiltigkeit, solange nur der hieraus resultierende Realzinssatz und die "reale" Projekteinzahlung in jeder Periode die gleichen sind. In der Tat diirften die nominalen Gr613en sogar stochastisch, das heil3t risikobehaftet 5, sein, sofern nur Sicherheit beztiglich i (rea~) u n d z (real) herrscht. Die konkrete Inflationsrate h~itte damit keinerlei Einfluss auf
die H6he des ausgewiesenen Projektkapitalwertes.
Beispiel
6.7:
Gegeben sei ein Investitionsprojekt, das tiber drei Perioden hinweg in t = 1, 2 und 3 reale "Einzahlungen" von jeweils 50 ME 6 bei einem konstanten realen Ein-Perioden-Zinssatz von 4 % liefert. Die Anfangsauszahlung A 0 sei 100 GE, das Preisniveau P0 in t = 0 betrage 1. Dann gilt ftir den Projektkapitalwert: lc =
-
100+50. RBF(0,04;3)
-- -1130+50
1'043-1 1,043- 0,04
(6.11)
~- 38,75 GE.
Bei Risiko stimmen die ktinftigen (nominalen) Ein-Perioden-Kassazinss~itze nicht zwingend mit den zugeh6rigen Terminzinss~itzen tiberein. Stochastisch aus Sicht yon t = 0 k6nnen nattirlich nur die kiinftigen Kassazinssiitze sein. Auf diese bezieht sich daher hier auch die Aussage im Haupttext. Die Einheit d e r Z{real) lautet gemag der Definition d e r Z{real) auf Mengeneinheiten des der Preisniveauermittlung zugrundeliegenden Warenkorbs.
239 Zum gleichen Ergebnis gelangt man nattirlich auch auf der Grundlage der nominalen Gr6gen. Um diese zu ermitteln, ben6tigt man allerdings noch die Kenntnis der Inflationsraten der einzelnen Perioden. In der nachfolgenden Tabelle 6.3 sind exemplarisch (und willktirlich) Werte f'tir die rtt zusammen mit den hieraus resultierenden nominalen Projekteinzahlungen und den nominalen Ein-Perioden-Zinss~itzen angegeben. Das bedeutet, dass zu den angesetzten Inflationsraten jeweils die Werte ftir lti(n~ betrachteten
Szenario
und -tT(n~ berechnet wurden, so dass sich entsprechend dem z(treal) =
50 ME u n d i(ttea0 = 4 % ftir t = 1, 2, 3 ergibt.
0
t
2
rq
5,7692 %
3,8462 %
4,8077 %
i(nom) t
10 %
8%
9 %
52,8846
54,9186
57,5589
Z(nom) t Tabelle 6.3:
-100
Inflationsraten, Nominalzinssatze und nominale Projekteinzahlungen fur t = 0 ..... 3 (zum Teil gerundet)
Der Kapitalwert bei Abstellen auf nominale Gr6gen betr~igt damit: K ~- -100+--52'8846 + 54,9186 §
1,1
57,5589
~- 38,75 GE.
(6.12)
1,1" 1,08 1,1" 1,08"1,09
Nicht nur ben6tigt man ftir die explizite Durchftihrung der nominalen Berechnungsweise die zus~itzliche Vorgabe von Inflationsraten, auch ist die Ermittlung des Kapitalwertes in der Form (6.12) umst~indlicher als tiber (6.11).
[]
240
6.3.2
Diskussion
6.3.2.1
Konstante reale Einzahlungen
Beide der Bestimmungsgleichung f'~ den Projektkapitalwert zugrundeliegenden PrS_missen sind nicht unproblematisch. So besteht zum einen gmnds~itzlich keine Veranlassung, v o n d e r Konstanz der realen Einzahlungstiberschtisse einer Unternehmung auszugehen. Aus frtiheren Abschnitten ist bekannt, dass im Ein-Produkt-Fall ftix t = 1, ..., T Zt(n~
(6.13)
= (Pt-kv, t).xt-Kf, t
geschrieben werden kann, so dass man zt(read = (Pt-kv't)'xt-Kf't
(t = 1, ..., T)
(6.14)
t
H (l+~z~)
erh~ilt. Schon anhand von (6.14) erkennt man, dass im Allgemeinen nicht davon auszugehen ist, dass sich -tT(real)im Zeitablauf als konstant erweist. Nattirlich mag dies "zufNlig" einmal der Fall sein. Der einzige systematisehe Grund dtirfte jedoch darin bestehen, dass sich bei konstanter Absatzmenge x t = x 1 (V t = 1..... T) die (Stiick-) Preise Pt, die variablen Sttickauszahlungen kv,t sowie die periodischen Fixauszahlungen Kf, t ebenfalls entsprechend den Inflationsraten im Zeitraum von t = 1 bis t = T entwickeln: t
Pt = Pl"I-I (1 +%), %=2 t
1%,t = 1%,1-H (l+r~), %=2
Kf,t = K~,I"H (1 +n ~). "r=2
(6.15)
241 Bei Giiltigkeit von (6.15) wird (6.14) unter Beachtung von Po = 1 zu zt(~ea,)
=
(p,-1%,,)" x , - K r , ' l+g I
-
z(n~
(,~) - z~ = konst.
(t = 1, ..., T),
(6.16)
l+n 1
da f'tir P0 = 1 die Gleichheit von l+rc I und P1 gegeben ist.
Zweifellos sind dies recht
strenge Anforderungen zur Begrfindung konstanter
realer Investitionseinzahlungen, so dass hiervon allenfalls n~herungsweise ausgegangen werden kann.
Beispiel 6.8: Gegeben sei ein Investitionsprojekt tiber vier Zeitpunkte t = 0, 1, 2, 3 hinweg, wobei in t = 0 ein Preisniveau yon P0 = 1 herrsche. Die Anfangsauszahlung in t = 0 betrage 100 GE. FiJr t = 1 wird mit einer Produktabsatzmenge yon x~ = 70 M E zu einem Preis p~ = 3,173076 G E / M E bei variablen StiJckauszahlungen k~,1 y o n 2,115384 G E / M E gerechnet. Die fixen Auszahlungen Kf,1 des Zeitpunktes t = 1 sollen sich auf 21,15384 GE belaufen. F~ir die Zeitpunkte t = 2 und t = 3 geht m a n ebenfalls y o n einer Absatzmenge yon jeweils 70 M E aus. Preis, variable StiJckauszahlungen und fixe Auszahlungen je Periode sollen sich jedoch jewells entsprechend der Inflationsrate yon t = 1 bis t = 2 bzw. yon t = 2 bis t = 3 ver~indern. Inflationsraten und Nominalzinss~itze sollen denen aus Tabelle 6.3 des Beispiels 6.7 entsprechen. Damit erh~ilt m a n f'tir die Projektparameter und -einzahlungen in den Zeitpunkten t = 1, 2, 3 die in Tabelle 6.4 dargestellten Werte:
242 t
Pt
3,173076
3,295119
3,453538
kv, t
2,115384
2,196746
2,302359
Kf, t
21,15384
21,967459
23,023589
ZIn~
52,8846
54,9187
57,5589
Tabelle 6.4:
Absatzpreise, variable Stfickauszahlungen, fixe Auszahlungen und resultierende Einzahlungstiberschtisse in t = 1, 2, 3 ffir das Investitionsprojekt (auf vier bzw. sechs Dezimalstellen genau gerundet)
Die Projektzahlungsreihe stimmt damit fast genau mit der aus Beispiel 6.7 iiberein. Weil gleiches f'tir die Inflationsraten gilt, liegt bier denmach tats~ichlich eine Investition mit nahezu konstanten realen Einzahlungen von 50 ME in t = 1, 2, 3 vor, wie schon aus Beispiel 6.7 hervorgeht. Man kann dies auch leicht nochmals dadurch tiberprtifen, dass man die Zahlungsgr613en der zCtn~ jeweils durch
(1+7~1)'...'(1+7~t) dividiert, um so die realen Zahlungen zu erhalten. Es ergibt sich ein annS_hernd konstanter Wert von 50 ME. Da tiberdies auch die Nominalzinss~itze denen aus Beispiel 6.7 entsprechen, ist der Projektkapitalwert mit dem dort berechneten faktisch identisch. 6.3.2.2
[]
Konstanter Realzinssatz
In entsprechender Weise ist grunds~itzlich auch nicht einzusehen, dass die reale Verzinsung fiber alle Perioden konstant sein sollte. Schon die Konstanz des Nominalzinssatzes bei Abstraktion von Inflation, also eine flache Zinsstruktur, l~isst sich h6chstens als theoretischer Spezialfall interpretieren, der ganz bestimmte Zeitpr~iferenzen der Wirtschaftssubjekte erfordert. Man k6nnte daher allenfalls die These vertreten, dass der Realzinssatz einer (beliebigen) Periode von t-1 bis t sich
243 nicht in Abh~ingigkeit v o n d e r Inflationsrate dieses Zeitraums 5_ndert. In diesem Zusammenhang spricht man auch v o n d e r Fisher-Hypothese. 7 Selbst die Fisher-Hypothese ist aber nur sehr schwach theoretisch fundiert. Um sie sachgerecht zu wtirdigen, ist es erforderlich, allgemeine Marktgleichgewichte zu betrachten, in denen die Einffihrung einer exogenen Stiirung wie staatlichen Eingriffen, Pr~iferenz- oder Produktionstechnologie~inderungenzu Preisanpassungen f'tihrt. Durch Vergleich des vor und nach der St6rung jeweils herrschenden Realzinssatzes ist sodann eine Prfifung der Fisher-Hypothese auf Gfiltigkeit m6glich. 8 Dabei sollte es nicht allzu sehr verwundern, dass je nach der betrachteten Ursache ffir die Beeinflussung von Preisen sogar schon im Ein-Gut-Fall eine Verletzung der Fisher-Hypothese denkbar ist. Zur Veranschaulichung sei ein Marktteilnehmer betrachtet, der im Rahmen eines Zwei-Zeitpunkte-Ansatzes in t = 0 fiber eine liquide Mittelausstattung in H/She von W 0 verffige, die er entweder zum Erwerb des einzig existenten Konsumgutes gegen Zahlung eines Preises 9 P0 je Stfick oder aber zur Anlage zum Nominal-
Vgl. zur Fisher-Hypothese beispielsweise Franke/Hax (2004), S. 217 ft., sowie die bereits in Ful3note 3 dieses Abschnitts genannten Quellen. Vor allem Gebauer (1982) gibt einen umfassenden Oberblick fiber m6gliche Modifikationen der Fisher-Hypothese. Im Rahmen des internationalen Finanzmanagements etwa erweitert man die urspra'ngliche Fisher-Hypothese hin zur behaupteten Gleichheit der Realzinss~itze in verschiedenen L~indem und spricht hierbei dann vom "Nationalen Fisher-Effekt". Vgl. zu Letzterem etwa Breuer (2000a) sowie den nachfolgenden Abschnitt 7 dieses Kapitels. Die Notwendigkeit, die Fisher-Hypothese im Rahmen einer expliziten Gleichgewichtsbetrachtung zu untermauem, wurde in der Literatur erst recht sp~it erkarmt. Vgl. als einen frfihen Beitrag etwa Friedman (1978). Des Weiteren sei anf die Darstellung von Sargent (1987), S. 143 f., verwiesen. Da es n u r ein Gut gibt, braucht nicht zwischen Gfiterpreis und Preisniveau unterschieden zu werden. Weil exogene St6rungen auch den Gtiterpreis des Zeitpunktes t = 0 beeinflussen k6nnen, erfolgt hier fiberdies zweckm~igerweise keine Beschr~rdkung auf Situationen mit P0 = 1 GE/ME.
244 zinssatz
bis t = 1 nutzen kann. Mit Y0 sei die Anzahl der nachgefragten
i (n~
Einheiten des Konsumgutes bezeichnet, der Anlagebetrag yon t = 0 bis t = 1 sei d u r c h A (n~
charakterisiert. In t = 1 verftige das Subjekt tiber keine liquide An-
fangsausstattung, so dass nur Mittel in H6he von A(n~
(n~
in t = 1 zum
Erwerb des Konsumgutes zum dann herrschenden Preis P~ zur Verftigung stehen. Die Variable y~ kennzeichne die Anzahl der nachgefragten Gtitereinheiten. Unter diesen Bedingungen sieht sich das Wirtschaftssubjekt mit den folgenden Budgetrestriktionen konfrontiert: I.
Po'Yo+A(n~
= W0 '
(6.17) II.
PI" Yl = A (.ore).(1 +i("~
Umformung der zweiten Restriktion liefert:
A (n~
P1 P0 "Yl =
(1 +i (n~ P0 (6.18)
A (nora).(1 +i (real)) ** Yl =
P0
In der ersten Zeile wurden hierbei beide Seiten der Gleichung durch P0 dividiert, in der zweiten Zeile durch l+rc 1 = PIP0. Des Weiteren sei angenommen, dass sowohl das Gesamtangebot ~t,ges an Gtitern der Zeitpunkte t = 1 und t = 2 als auch an M0glichkeiten ~(nom) der Mittelanlage preisunabhiingig festliege. Die M6g~-ges lichkeiten der Mittelanlage sollen dabei namlich in dem Erwerb staatlicher Anleihen in t = 0 bestehen, deren Angebot seitens des Staates in t = 0 exogen sei. Gleichung (6.18) gilt ftir jedes Subjekt und damit auch bei der Addition der Gtiternachfragen fiber alle Individuen. Mit Yt,ges als gesamter Gtitemachfrage und A(nom) als gesamtem Anlagebetrag aller Individuen und unter Beachtung der ges
Gleichgewichtsanforderung Yt,ges= Yt,ges erfordert Marktr~iumung in t = 1 damit:
245
-
--(nom) Ages "( 1 +i (real))
Yl,g~ =
(6.19)
Po
Da das Gtiterangebot ebenso wie das insgesamt m6gliche Anlagevolumen der Subjekte gegeben sein soll, folgt aus der etwaigen Konstanz des Realzinssatzes, dass P0 ebenfalls konstant sein muss. In entsprechender Weise kann man die mit I. in (6.17) gekennzeichneten Budgetrestriktionen aller Subjekte addieren. Man erh~ilt hieraus unter Beachtung der Marktr~iumungsbedingung ~o,ges =
Y0,ges
und mit Wo,ges als gesamter liquider An-
fangsausstattung aller Marktteilnehmer in t = 0 die folgende Gleichgewichtsanfordemng: Po" -- (nora) Y0,ges +/-~ges = W0,ges"
(6.20)
Sofern von staatlicher Seite die liquide Anfangsausstattung der Subjekte in t = 0 erh6ht wird (indem etwa zus~itzliches Geld gedruckt und ausgegeben wird), muss bei Konstanz des gesamten Gtiterangebots des Zeitpunktes t = 0 sowie des gesamten Anlagevolumens aller Marktteilnehmer der Preis P0 steigen. Dann abet kann der Realzinssatz g e m ~ den (Iberlegungen zu (6.19) nicht mehr konstant sein. Die
Fisher-Hypothese w ~ e hier also selbst im Rahmen dieser einfachen
Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung einer Ein-Gut-Welt schon verletzt.
Beispiel 6.9: Es sei v o n ~O,ges ~- 10 ME sowie Y~,ges= 22 ME mit Preisen Po = P~ = 1 GE/ME ausgegangen. Ferner gelte -~nom) = 20 GE und W0,ges = 30 GE. Wegen Po = P~ -ges stimmen Nominalzinssatz und Realzinssatz in der Ausgangssituation tiberein. Im Weiteren wird
i (n~
=
10 % unterstellt. Durch Einsetzen l~isst sich leicht prtifen,
dass die Gleichgewichtsbedingungen (6.19) und (6.20) ftir diese Parameterwerte erftillt sind. Der Staat erh6he nun jedoch ceteris paribus die monet~ire Anfangsausstattung der Subjekte um 1/60 auf 30,5 GE. Gem~il3 (6.20) ist im neuen Gleichgewicht f'tir t = 0 ein Gtiterpreis von 1,05 GE/ME statt 1 GE/ME erforder-
246 lich. Damit aber kann die Gleichgewichtsbedingung (6.19) des Zeitpunktes t = 1 nur noch ffir einen Realzinssatz von 1,1-1,05-1 = 15,5 % r 10 % erftillt werden. Die
Fisher-Hypotheseist damit augenscheinlich ungtiltig.
[]
Geht man fiber zu Mehr-Giiter-Betrachtungen, dann werden Verletzungen der
Fisher-Hypothese geradezu ubiquit~ir, sofern relative Gfiterpreise im Zeitablauf nicht konstant sind und exogene St6rungen zu ihrer Anderung ftihren. Zum Beleg genfigt der Ansatz an einer Volkswirtschaft mit zwei Gtitern. Deren Preise in der Ausgangssituation seien ffir t = 0 mit por und- Po( 2 ) und ffir t = 1 entsprechend mit pl 1) und p{2) charakterisiert. Nach Einftihrung der exogenen St6rung soll sich der Preis eines Gutes j = l, 2 im Zeitpunkt t = 0, 1 auf pt~ belaufen. Mit q(1) sei das Gewicht des Gutes 1 im der Preisniveauermitflung zugrundeliegenden Warenkorb bezeichnet. Entsprechend ist 1-q ~
Gewicht des Gutes 2. Damit kann das
Preisniveau eines Zeitpunktes t = 0, 1 in der Ausgangssimation folgendermal3en berechnet werden: Pt = q(1).p~l)+(l_q(1)).pt(2)"
(6.21)
In analoger Weise ist das Preisniveau unter Berficksichtigung der exogenen StSrung definiert. Mit und i (n~
i (n~
und
i (real)
als den vor St6mng herrschenden Zinss~itzen
sowie i(rea~)+ als den nach St6rungseintritt maBgeblichen fordert die
Fisher-Hypothese die Gfiltigkeit der folgenden Gleichung: 1 + i (~e~) = 1 + i (real) +
(l+i(n~
~Po = (1 +i(n~
p~++ (6.22)
(1 +i(n~
"
q (1).po(1)+(1 -q (1)).po(/) qO).p~l)+(1 -q( 1)).p~(2)
= (1 +i(n~
q (1).po(1)++ (1 -q (1)). po(2)+ q 0). p~a> +(1 -q (1)).
p~2)+
247 Unter dem relativen P r e i s p~rel) des Gutes 2 in Einheiten des Gutes 1 zum Zeitpunkt t versteht man die Anzahl von Einheiten des Gutes 1, die in t den gleichen Gesamtpreis wie eine Einheit des Gutes 2 aufweisen. Es gilt daher pl re~ = p(t2)/pll~. Unter Beachtung dieser Definition kann die letzte Zeile yon (6.22) in folgender Weise umgeschrieben werden:
(1 +i(n~
(1) q(1) +(1 _q(1)).po(reO
Po
p(l) q(a)+(l_q(1)).p(rel) (6.23) (1 +i~n~
p(1)+
qO)+(1 -qO)).po~l)+
__ p~a)+ q(1) +(1 -q(l))-p~rel)+
Grunds~itzlich kann (6.23) als eine in q~l) definierte Gleichung aufgefasst werden. Die Variable q(1) ktirzt sich aus (6.23) nur heraus, wenn die relativen Gtiterpreise der Zeitpunkte t = 0 und t = 1 sowohl vor als auch nach der St6rung identisch sind, also falls po(rel) = p~ltel) sowie po~rel)+ = vl na~l)+, oder aber die St6rung die relativen GUterpreise nicht beeinflusst, also falls p0~rel) = p~0tel)+ und pl ~l) = pl r~')+. In allen anderen F~illen ist (6.23) nur ffir maximal zwei Werte von q") erfiillt, da (6.23) in eine quadratische Gleichung f~ir q(1) ~iberf'tihrt werden kann. Fiir alle anderen Werte von q(1), also alle anderen denkbaren Warenk6rbe, liegt dann aber zwingend eine Verletzung von (6.23) und damit der
Fisher-Hypothesevor.
Beispiel 6.10: Im Rahmen einer Zwei-Zeitpunkte-Zwei-Gtiter-Betrachtung gelte po~) = 1 GE/ME, p~2) 0 = 1,2 GE/ME, pl 1) = 1,8 GE/ME und p{2) = 2,4 GE/ME vor Eintritt einer
exogenen St6rung. Nach St6rungseintritt sollen die GiJterpreise der Zeitpunkte t = 0 und t = 2 die Werte p0")+ = 1,2 GE/ME, p~02)+ = 1,6 GE/ME, p{l)+ = 2,2 GE/ME u n d pl 2)+ = 2,8 GE/ME annehmen. Der gleichgewichtige Nominalzinssatz werde durch die St6rung nicht beeinflusst. Aus (6.23) l~sst sich dann berechnen, dass die
Fisher-Hypothesenur fiir q~) ~- 0,902832 G~iltigkeit besitzen kann. F~ir
diesen Wert von q{l) erh~lt man vor und nach exogener St6rung eine Inflationsrate
248 von ungef'~ihr 82,29 % und damit wegen
i ~n~
=
i ~n~
auch den gleichen
Realzinssatz. Zwar existiert mit
q(2) ~
4,4305 noch ein zweiter Wert, durch den (6.23) erftillt
wird. Doch liegt dieser nicht zwischen 0 und 1, wie es sich far einen Gewichtungsfaktor verhalten sollte. Ftir alle anderen Werte von q gilt die
Fisher-Hypo-
these wegen der Verletzung von (6.23) ohnehin nicht. Beispielsweise betr~igt die Inflationsrate vor Eintritt der St6rung ffir qC~) = 0,5 etwa 90,91%, nach St6nmgseintritt jedoch nut noch nahemngsweise 78,57 %, so dass der gleichgewichtige Realzinssatz als Folge der St6rung steigt.
[]
Alles in allem verwundert es daher nicht, dass die
Fisher-Hypothesein der Em-
pirie nur recht "durchwachsenen" Rfickhalt finden kann. 1~ Des Weiteren sei nochmals betont, dass selbst bei Gtiltigkeit der
Fisher-Hypothese die Bestim-
mungsgleichung (6.10) nieht gefolgert werden kann, da sich auch bei Gtiltigkeit
Fisher-Hypothesekeineswegs die Konstanz des Realzinssatzes fiber alle Perioden ergibt. Die Fisher-Hypothesebezieht sich nur darauf, dass eine in t = 0 er-
der
folgende Ceteris-paribus-Variation von kiJnftigen Inflationsraten der einzelnen Betrachtungsperioden die jeweils resultierenden periodenbezogenen Realzinss~itze unbeeinflusst l~isst. Nattirlich k6nnte allerdings auch diese Erkenntnis das untemehmerische Investitionsentscheidungsproblem bereits vereinfachen. Zusammenfassend ist die Bestimmungsgleichung (6.10) damit jedenfalls mit Vorsicht zu genieBen. Unabh~ingig yon dieser Wtirdigung ihrer praktischen Bedeutung kommt ihr jedoch konzeptionelle Relevanz insofern zu, als hiertiber Bedingungen aufgezeigt werden, unter denen ffir verschiedene Inflationsniveaus stets der gleiche Kapitalwert resultiert. Im Weiteren soll deshalb nun unter anderem noch etwas naher geprtift werden, wie Projektkapitalwerte generell auf Inflations-
10
Die Fisher-Hypothesez~ihlt sicherlich mit zu den am meisten empirisch getesteten theoretischen Zusammenh~ingen innerhalb der Wirtschaftswissenschaften. Die Diskussion halt dabei bis in die jtingere Zeit unvermindert an. Vgl. etwa Crowder/Hoffman (1996) und die dort zitierten Quellen.
249 ratenvariationen reagieren.
6.4
Monetiire Konsequenzen von Inflationsratenvariationen
U m die Konsequenzen einer Variation der f'tir die Kapitalwertberechnung zugrunde gelegten Inflationsraten abzusch~itzen, sind einige vereinfachende A n n a h m e n zu treffen. Die nominalen Einzahlungen aus dem Investitionsprojekt sollen von t = 1 ab jede Periode um den F a k t o r g wachsen, so dass z(nOm) = Z_ 1(nom) " (1 +g)t-1
(6.24)
ftir alle t = 1..... T gilt. Des Weiteren werde von einem konstanten Nominalzinssatz i ("~ und einer konstanten Inflationsrate rt tiber alle Perioden von t = 0 bis t = T ausgegangen, womit wegen (6.4) auch ein konstanter Realzinssatz i (rea0 tiber den gesamten Betrachtungszeitraum resultiert. Als Kapitalwertformel erh~ilt man damit: Zt(n~
T = -A0+E
= -Ao+
t=l (1 +i
(nom))t
z (nora) 1 9T [ l+g
.it
(6.25)
t ~ l ( 1 +i(~)) 9(1 +tO
(nom) Z1
= -Ao+
l+g
9RBF(t;T)
l+g
mit
1 1+~
=
l+g (1 +i(real)). (1 +~) (6.26)
L ---
(1 +i (r~)) 9(1 +x)-(1 +g) l+g
250 Die Gr613en g, i (real) und rt bilden demnach hierbei einen in spezifischer Weise zu berechnenden, zusammengesetzten Kalkulationszinsful3 t. Des Weiteren bezeichnet der Quotient Zl"~
gewissermagen eine fiktiv auf den Zeitpunkt t = 0
zurtickgerechnete Einzahlung "~04("~ die sich dann erg~ibe, wenn bereits in t = 0 laufende Einzahlungstiberschtisse aus der im Rahmen der Projektrealisation erfolgenden Produkteherstellung resultierten und die konstante Wachstumsrate yon g auch im Zeitraum von t = 0 bis t = 1 Gtiltigkeit beshl3e. Die Prg_rnisse Po -- 1 ist zur Herleitung von (6.25) tibrigens nicht erforderlich.
Beispiel 6.11: Gegeben sei ein Investitionsprojekt mit einer Anfangsauszahlung in t = 0 yon 100 GE. In t = 1 ergeben sich Rtickfltisse von 50 GE. Die Riickfliisse der Zeitpunkte t = 2 und t = 3 sollen jeweils 20 % fiber denen des vorhergehenden Zeitpunktes liegen. Der Realzinssatz i ~rea~)betrage Ftir alle Teilperioden t-1 bis t (t = 1, 2, 3) jeweils 5 %, und die Inflationsrate belaufe sich auf einheitlich rt = 3 % ftir alle Teilperioden. Damit erh~ilt man als konstanten Nominalzinssatz i ~n~
in den
einzelnen Zeitr~iumen t-1 bis t (t = 1, 2, 3) jeweils 1,05-1,03-1 = 8,15 %. Der Projektkapitalwert bemisst sich dementsprechend als: ~: = -100+
50 4 - - 6 0 4--72 ~ 54,45 GE. 1,0815 1,08152 1,08153
(6.27)
Zum gleichen Ergebnis gelangt man nattirlich auch bei Verwendung der Formeln (6.25) und (6.26). Hiemach resultiert ~: -- - 100 +
50 .RBF(-0,09875;3) 1,2
= - 100 +41,6.
.~ 54,45 GE,
da
(1-0,09875) 3- 1 (1-0,09875) 3. (-0,09875)
(6.28)
251
=
1,05 "1,03-1,2 1,2
= -9,875 %
gilt. ~1
(6.29)
[]
Bestimmungsgleichung (6.25) ist augenscheinlich mit Formel (6.10) verwandt. Selbst unter der Voraussetzung P0 = 1 ist aber keine der beiden Formeln als Spezialfall der jeweils anderen aufzufassen. W~ihrend in (6.10) namlich durchaus von Periode zu Periode unterschiedliche Wachstumsraten gt der (nominalen) Projekteinzahlungen und Inflationsraten nt unterstellt werden k6nnen, solange nur stets gt
=
Kt Gtiltigkeit besitzt, wird in (6.25) zwar Konstanz aller gt und aller rct
angenommen, g = rr muss aber nicht zwingend gelten. Entsprechend kann man (6.10) zu (6.25) unter der zus~tzlichen Annahme gt = g sowie n t = rt (V t = 1..... T) umformen, wS.hrend man aus (6.25) die Bestimmungsgleichung
(6.10)
gewinnt, wenn zus~itzlich yon g = rc (bei P0 = 1) ausgegangen wird. Je nachdem, wie sich im Zusammenhang mit (6.25) Variationen von n auf die anderen beiden Bestimmungsgr6gen i(rea~ und g auswirken, ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen ftir t und damit den resultierenden Kapitalwert ~c. In genereller Form ist es nicht einfach, zu gehaltvollen Aussagen zu gelangen. Aus diesem Grunde sind weitere Simplifizierungen erforderlich. Es sollen daher nur zwei verschiedene Entscheidungssituationen betrachtet werden: 1) Unabh~ingigkeit von i (tea0 im Hinblick auf Anderungen von n
(Fisher-
Hypothese) und 2) Unabh~ingigkeit von g im Hinblick auf Anderungen yon n.
1~ Dass t negativist, spielt fttr die Anwendung der Rentenbarwertformel keine Rolle, wie man auch an den gemfig (6.27) und (6.28) resultierenden identischen Ergebnissen erkennt.
252 Des Weiteren sei ein konstanter Wert ftir die fiktive Einzahlung ~0~(n~ angenommen, so dass Variationen von g bereits ab t = 1 die Rtickfltisse aus dem Projekt beeinflussen. Wie sich ceteris paribus eine ErhOhung von rt auf den Kapitalwert im Szenario 1) auswirkt, h~ingt in erster Linie yon dem Einfluss der Inflationsrate auf die Wachstumsrate der nominalen EinzahlungsiJberschtisse aus dem Investitionsprojekt ab. Sofern sich l+g prozentual starker als l+rc erh6ht, steigt ~c mit wachsendem 7t und sinkt mit fallender Inflationsrate. Genau umgekehrt sind die Konsequenzen, wenn sich l+g nur in geringerem prozentualen Umfang als l+rc ~indert. Die Intuition f'tir diese Resultate dtirfte auf der Hand liegen. Sofern die Einzahlungen z~tn~ (t = 1..... T) relativ starker als die um 1 erh6hte Inflationsrate ansteigen, erzielt der Unternehmer aus Sicht des Zeitpunktes t = 0 mit wachsender Inflation eine Verm6gensmehrung und mit fallender eine Verm6gensminderung. Dass sich f'tir g = rt ein yon rc tmabh~ingiger Kapitalwert ergibt, ist dabei schon aus der Diskussion des vorhergehenden Abschnitts 6.3 bekannt. In der Tat gelten entsprechende Aussagen ftir das Realvermiigen des Unternehmers zu jedem beliebigen Betrachtungszeitpunkt. So ergibt sich auf der Grundlage von (6.25) ein untemehrnerisches Endverm6gen des Zeitpunktes t = T von ~" (1 +i (n~ T = - A o- [(1 +i(r~))- (1 +g)]T+Z~n~
T E {(1 +g)t. [(1 +i (r~))" (1 +g)]T-t}. t=l
(6.30)
Dieses nominale Endverm6gen gem~ig (6.30) muss noch durch (l+rt) T dividiert werden, um zum zugeh6rigen realen Verm6genswert zu gelangen. 12 Per saldo wird ~c demnach nattMich mit i (real) aufgezinst, und man erh~ilt:
12 Sofem der Fall P0 ~ 1 berticksichtigt werden sollte, w ~ e - ohne Beeinflussung der Ergebnisse - durch Po-(l+rt) T zu teilen.
253
j = ~-(1 +i(~1)) T (6.31) = - A o- (1 +i (~))T
Augenscheinlich wirkt eine Variation von n bei konstantem Realzinssatz i (real) in Abh~ingigkeit yon der Sensitivit~it von g bei Inflationsraten~inderung auf das reale EndvermOgen demnach in gleicher Weise wie schon auf den Kapitalwert gem~iB (6.25). Entsprechendes gilt ffir das Realverm6gen Sz'(l+i(real))t aus Sicht eines beliebigen anderen Bezugszeitpunktes t = 1, ..., T-1, da Variationen von n wegen des konstanten Realzinssatzes
i (real) n u r
fiber die Beeinflussung des Projekt-
kapitalwertes s: Wirkung enffalten k6nnen.
Beispiel 6.12: Gegeben seien erneut die Annahmen des Beispiels 6.11. Das zum Projektkapitalwert aus (6.27) bzw. (6.28) geh6rige reale Endverm6gen beRiuft sich ungef'fihr auf 54,45.1,053 = 63,03 GE. Eine Erh6hung der Inflationsrate um 2 Prozentpunkte auf rt = 5 % f'tihrt bei konstantem Realzinssatz
i (real) v o n
ebenfalls 5 % und
gegebenem Wert "~0~(n~ = 41,6 GE ZU einem modifizierten Projektkapitalwert ~: je nach Beeinflussung von g gem~iB Tabelle 6.5. In der letzten Zeile der Tabelle 6.5 kann fiberdies das jeweils zugeh6rige reale Endverm6gen abgelesen werden.
254
g
19 %
21%
22,33 %
23 %
~;
45,912
51
54,448
56,205
9( 1+i(real)) 3
53,15
59,04
63,03
65,06
Tabelle 6.5:
Konsequenzen einer Inflationsraten~inderung je nach induzierter Variation der Wachstumsrate g (auf zwei bzw. drei Dezimalstellen gerundete Werte)
Die Ver~inderung der Inflationsrate um 2 Prozentpunkte ist gleichbedeutend mit einer relativen )~nderung von l+n um 1,05/1,03-1 = 1,942 %. FOr einen auf ca. 1,2-1,01942 = 1,2233 gestiegenen Wert von l+g bleiben deswegen Projektkapitalwert und reales Endverm6gen konstant. Ftir geringere relative Anstiege yon l+g fallen beide Reichtumsmal3st~ibe, F~ h6here nehmen sie zu.
[]
Die Diskussion im Rahmen des Szenarios 1) basierte auf der bereits als problematisch dargestellten Fisher-Hypothese. Insofern dtirfte eine Auseinandersetzung mit dem Szenario 2) unter expliziter Zulassung yon Verletzungen der FisherHypothese von besonderem Interesse sein. Im Szenario 2) hat eine Variation von n genau dann keine Konsequenz ftir den ausgewiesenen Projektkapitalwert, wenn das Produkt (l+i (real))-(1+~), also der Nominalzinssatz i (n~
konstant bleibt. Dies ist nicht sehr iiberraschend, denn wenn
eine Anderung der Inflationsrate weder die Projektzahlungsreihe noch den (nominalen) Diskontierungsfaktor beeinflusst, spielt die H6he der Inflationsrate augenscheinlich keine Rolle. Sinkt der Nominalzinssatz bei wachsendem n infolge einer zu starken Abnahme des Realzinssatzes, dann steigt der gesamte Kapitalwert. Entsprechend f~illt er fiir eine ceteris paribus reduzierte Inflationsrate. Genau umgekehrt sind die Effekte fiir den plausibleren Fall, dass sich der Nominalzinssatz mit wachsender Inflationsrate ebenfalls erh6ht. Insbesondere also impliziert ein konstanter Realzinssatz
255 im Szenario 2) einen in n fallenden Projektkapitalwert. Auch diese Ergebnisse sind intuitiv gut nachvollziehbar. So ftihrt eine steigende Inflationsrate bei konstantem Realzinssatz schon deshalb zu einem fallenden Projektkapitalwert, weil sich die hierdurch dokumentierten (durch Mittelaufnahme in t = 0 erreichbaren) Konsumm6glichkeiten infolge des ceteris paribus gestiegenen Nominalzinssatzes verringert haben. Die Konsequenzen einer Variation von n im Szenario 2) ftir das real gemessene Endvermiigen eines Unternehmers aus der Projektrealisation sind etwas komplexer, da das reale Endverm6gen dutch Aufzinsung des Projektkapitalwertes mit dem Realzinssatz auf den Zeitpunkt t = T ermittelt wird. Weil der Projektkapitalwert bei konstantem Realzinssatz in n f~illt, verschlechtem sich damit allerdings wenigstens in diesem Falle auch die ftir t = T erreichbaren Konsumm6glichkeiten. Dieses Ergebnis best~itigt sich bei einem Blick auf Bestimmungsgleichung (6.31). Entsprechendes gilt auch, wenn eine h6here Inflationsrate zwar mit wachsendem Nominalzinssatz einhergeht, dieser aber wegen nur partieller Anpassung einen sogar sinkenden Realzinssatz induziert. Im Lrbrigen sind abet durchaus sowohl Konstellationen denkbar, dass ein mit wachsendem n steigender Projektkapitalwert mit einem fallenden realen Endverm6gen einhergeht, als auch solche, dass ein abnehmender Projektkapitalwert mit zunehmendem realen Endverm6gen zusammenf~illt. Der erstgenannte Fall kann dann auftreten, wenn eine wachsende Inflationsrate einen so deutlich fallenden Realzinssatz bewirkt, dass sogar der Nominalzinssatz sinkt. Eine derartige Situation dtirfte zugegebenermaBen eher theoretische, denn praktische Bedeutung haben. Praktisch ein wenig relevanter dtirfte der letztgenannte Fall sein. Dieser wird dann zu beobachten sein, wenn bei ceteris paribus erhtihter Inflationsrate Nominal- und Realzinssatz anwachsen und ein hinreichend langer Betrachtungszeitraum t = 0 bis t = T zugrunde gelegt wird. Diese Zusammenh~inge implizieren insbesondere, dass die Konsequenzen einer zunehmenden Inflationsrate im Rahmen des Szenarios 2) (beispielsweise in einer Ein-Gut-Welt) priiferenzabhiingig zu bewerten sind. Sofern die Projektzahlungsreihe inflationsunabhLngig ist,
256 werden Unternehmer mit hoher Gegenwartspr~erenz durch zunehmende Inflation wegen der typischerweise verteuerten Kreditaufnahme gesch~idigt. Unternehmer mit hoher Zukunftspr~iferenz hingegen k6nnen von einer starken Inflation dann profitieren, wenn ein hinreichend langer Betrachtungszeitraum zugrunde gelegt wird und die durch Erh6hung von re induzierte Nominalzinssatzzunahme him'eichend ausgepr~igt ist. Trotz Gfiltigkeit der Fisher-Separation fdr gegebene Inflationsrate und gegebenen Nominalzinssatz ist die Beurteilung von Parameterver~inderungen demnach hier grunds~itzlich pr~erenzabh~ingig. Wir werden auf dieses generelle Ph~.nomen insbesondere bei der Diskussion der Konsequenzen aus der Besteuerung von Projektertr~igen nochmals zurtickkommen.
Beispiel 6.13: Gegeben seien einmal mehr die Annahmen aus Beispiel 6.11. Eine Erh6hung der Inflationsrate um 2 Prozentpunkte auf re = 0,05 ffihrt bei konstanter Wachstumsrate g = 20 % und gegebenem Wert ~(0"~ = 41,6 GE zu einem modifizierten Projektkapitalwert • je nach Beeinflussung des Realzinssatzes i (real) gem~iB Tabelle 6.6. In der letzten Zeile der Tabelle 6.6 kann ferner das jeweils zugehSrige reale Endverm6gen abgelesen werden.
1%
3%
5%
7%
K
60,864
54,448
48,441
42,809
K.(1 +i(real))3
62,71
59,5
56,08
52,44
Tabelle 6.6:
Konsequenzen einer Inflationsratenanderung je nach induzierter Variation des Realzinssatzes i (rea~ (auf zwei bzw. drei Dezimalstellen gerundete Werte)
Sofern sich der Realzinssatz auf 3 % verringert, bleibt der resultierende Nominalzinssatz mit 8,15 % trotz Inflationsratenvariation konstant. Entsprechendes gilt ffir den Projektkapitalwert. Das zugeh6rige reale Endverm6gen hingegen t i n t unter das f'tir re = 3 % in der Ausgangssimation erreichbare Niveau. Ein Realzinssatz
257 von 1 %
korrespondiert mit einem Nominalzinssatz von nur noch 6,05 %.
Aufgrund des gesunkenen Nominalzinssatzes erh~ilt man hier einen h6heren Kapitalwert als in der Ausgangssituation. Wegen des gleichzeitig sehr niedrigen Realzinssatzes ist aber das hiermit einhergehende reale Endverm6gen erneut niedriger als ftir rt = 3 %. Ftir gleichbleibenden Realzinssatz
i (real) =
5 % resultieren -
wie Tabelle 6.6 exemplarisch belegt - stets ein niedrigerer Projektkapitalwert und ein niedrigeres reales Endverm6gen. Unterstellt man in Abweichung yon den bisherigen Annahmen g = 0 und T = 30 (unter Beibehaltung yon ~(nom) ~0
=
41,6 GE), so ergibt sich f'tir rt = 3 % und
i (reab =
5 % ein Projektkapitalwert in t = 0 von etwa 362,51 GE bei einem zugeh6rigen realen Endverm6gen von ca. 1.566,76 GE. Ftir rt = 5 % und i(rea~)= 7 %, mithin i("~ = 12,35 %, erh~ilt man stattdessen einen niedrigeren Projektkapitalwert von etwa 227,13 GE bei einem damit zugleich einhergehenden h6heren Endverm6gen von NLlaemngsweise 1.728,95 GE.
6.5
[]
Zusammenfassung
Im Rahmen dieses Abschnitts wurden die Konsequenzen inflationarer Tendenzen ftir Kapitalwertberechnungen dargelegt. Unter der Inflationsrate eines Zeitraums yon t-1 bis t versteht man die relative Preisniveau~inderung der betreffenden Periode. Ein Preisniveau wiederum ist nichts anderes als ein gewogenes Mittel von Gtiterpreisen, wobei die Gewichte der einzelnen Preise tiber den jeweils betrachteten W a r e n k o r b definiert werden. Unter Beachtung inflation~er Tendenzen kann eine Unterscheidung von nominalen (monet~en) und realen (das heil3t in Mengeneinheiten des der Preisniveauennittlung zugrtmdeliegenden Warenkorbs ausgedrtickten) Gr6gen eingeftihrt werden. Insbesondere ergibt sich der reale
Zinssatz naherungsweise als Differenz des nominalen Zinssatzes und der jeweiligen Inflationsrate. Die herk6mmliche, auf nominale Gr6gen bezogene Kapitalwerfformel kann nun derart umgeformt werden, dass reale "Projekteinzahlungen" mit realen Ein-Perioden-Zinss~itzen diskontiert werden und trotzdem der ausgewiesene Kapitalwert unver~indert bleibt. Auf der Grundlage der in realen
258 GrtiBen formulierten Kapitalwertformel wurden die Konsequenzen yon ceteris paribus variierenden Inflationsraten auf den ftir einen Unternehmer in t = 0 oder in t = T erreichbaren Verm~genszuwachs aus der Projektrealisation er6rtert. Dabei zeigte es sich insbesondere, dass nur unter vergleichsweise engen Pr~imissen Inflationsratenvariationen ohne Bedeutung f'tir Projektkapitalwerte und korrespondierende (reale) Endverm~igenspositionen sind. Sofern man unterstellt, dass variierende Inflationsraten auf den herrschenden Nominalzinssatz Einfluss nehmen, wird in der Regel fur Inflationsunabh~ingigkeit des Projektkapitalwertes die Giiltigkeit der
Fisher-Hypothese bentitigt. Danach sollen Inflationsratenvariationen
ohne Bedeutung fiJr die in den einzelnen Perioden herrschenden Realzinss~itze sein. Das theoretische Fundament der
Fisher-Hypothese erwies sich jedoch als
derart schwach, dass sich ihre Gi.iltigkeit nicht einmal im Rahmen einer Ein-GutWelt immer nachweisen l~sst. Erst recht besteht bei Mehr-G~iter-Betrachtungen keine Veranlassung, von ihrer Gi.iltigkeit auszugehen. Es i.iberrascht daher nicht,
Fisher-Hypothese eher als gering zu bezeichnen ist. Schliel31ich konnte dargelegt werden, dass trotz G~iltigkeit der Fisher-Sepadass der empirische Gehalt der
ration die Beurteilung einer ceteris paribus erh6hten Inflationsrate durchaus von den Zeitpr~iferenzen des betrachteten Entscheiders abhangt.
259
Wiederholungsfragen W6.1 Was versteht man unter einem Preisniveau, was unter einer Inflationsrate? W6.2 Wie ist grunds~itzlich zwischen nominalen und realen Gr6gen zu unterscheiden? Was versteht man konkret unter einem nominalen, was unter einem realen Zinssatz? W6.3 Welche Beziehung zwischen nominalem und realem Zinssatz gilt exakt, welche n~herungsweise? W6.4 Wie l~isst sich die herk6mmliche, auf nominale Gr6gen bezogene Kapitalwertformel auf reale Gr6gen zurfickffihren? W6.5 Unter welchen Pr~imissen haben Inflationsratenvariationen keinen Einfluss auf die real ausgedrfickte Zahlungsreihe eines Investitionsprojekts? W6.6 Was versteht man unter der
Fisher-Hypothese,und unter welchen (strengen) Vor-
aussetzungen ist sie gfiltig? W6.7 Unter welchen Voraussetzungen ist der Kapitalwert eines Investitionsprojekts unabh~a-~gig von Inflationsratenvariationen?
260 W6.8 Wie wirken sich Inflationsratenvariationen bei gegebenem Realzinssatz, aber preisniveauabN~ngiger Projektzahlungsreihe auf den ausgewiesenen Projektkapitalwert aus? W6.9 Wie wirken sich Inflationsratenvariationen bei gegebener Projektzahlungsreihe, aber preisniveauabh~ingigem Reatzinssatz auf den ausgewiesenen Projektkapitalweft aus? W6.10 Welche Wirkungen sind im Falle der in W6.8 und W6.9 betrachteten Pm'ametervariationen bezfiglich des (real gemessenen) unternehmerischen Endverm6gens festzustellen, und wie sind diese im Verh~ilmis zu den simultan auftretenden Kapitalwert~inderungen zu beurteilen?
261
7
Kapitalwert von Auslandsdirektinvestitionen
7.1
ProblemsteUung
Bislang wurde im Rahmen dieses Buches nicht auf den Umstand eingegangen, dass es in verschiedenen Landem verschiedene Wiihrungen geben kann. Wenngleich sich dieses Problem seit der Einftihrung des Euro als einheitlicher W~ihrung im Rahmen der Europ~iischen Wahrungsunion ftir alle hieran beteiligten Staaten, zu denen auch Deutschland zghlt, entscharft hat, ist es doch nicht v611ig verschwunden. Aus deutscher Sicht etwa sind der US-Dollar, der japanische Yen und das britische Pfund als wichtige Fremdw~hrungen anzusehen. Im Rahmen der Investitionstheorie interessiert nun natoxlich, welche Konsequenzen sich aus der expliziten Berticksichtigung verschiedener Wahrungen fox investitionsrechnerische Kalktile ergeben. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, inwiefern sich die Beurteilung von Investitionen in anderen Wiihrungsgebieten yon "heimischen" Investitionen unterscheidet. Realinvestitionen im Ausland bezeichnet man generell als Auslandsdirektinvesti-
tionen. Der vorliegende Abschnitt ist daher in erster Linie der Beurteilung von Auslandsdirektinvestitionen gewidmet. Die Betrachtung wird dabei auf das Vorliegen von zwei W~ihrungen beschr~inkt, wobei die InlandswLhrung als Euro (EUR) und die Fremdwahrung als US-Dollar (US-S) bezeichnet sei. Im folgenden Abschnitt 7.2 wird zun~ichst kurz dargelegt, dass trotz Existenz verschiedener WS.hrungsgebiete bei vollkommenem heimischen Kapitalmarkt und WRhrungshandelsm6glichkeiten nach wie vor die
Fisher-Separation Gtiltigkeit
besitzt und Investitionsentscheidungen weiterhin derart zu treffen sind, dass der
Kapitalwert aller untemehmerischen Einzahlungstiberschtisse maximiert wird. Gibt es mehr als eine Wahrung, kann der Kapitalwert eines Investitionsprojekts sowohl in Inlands- als auch in FremdwShrung ausgedrtickt werden. Im Abschnitt 7.3 werden beide Kapitalwertformeln fOx eine Auslandsdirektinvestition beschrieben und in Verbindung zueinander gesetzt. Dabei offenbart sich ein als Interna-
262
tionaler Fisher-Effekt bekannter Zusammenhang, der im Abschnitt 7.4 naher dargelegt wird. Abschnitt 7.5 diskutiert eine Reihe weitergehender Fragen, die sich insbesondere im Zusammenhang mit der Er6rterung von Auslandsdirektinvestitionen stellen, die zum Teil aber auch dartiber hinausgehende Bedeutung haben. Vor allem wird geprtift, unter welchen Voraussetzungen sich vereinfaehte Kapitalwerfformeln herleiten lassen. Eine wesentliche Rolle wird dabei dem Nationalen Fisher-Effekt zukommen, der daher im Detail untersucht wird. Die Ausf'tihrungen schliel3en mit einer Zusammenfassung im Abschnitt 7.6.
7.2
Fisher-Separationund
Kapitalwertkriterium
Sofern es mindestens zwei W~ihrungen gibt, ist es denkbar, dass der Unternehmer sowohl Gtiter konsumiert, die im Inland zu einem Preis in Euro angeboten werden, als auch solche, die im Ausland mit einem US-$-Preis ausgezeichnet sind. Auf dem (vollkommenen) Devisenmarkt kann man verschiedene W~ihrungen gegeneinander tauschen. Mit w t sei dabei der feste Preis einer Einheit Fremdw~ihrung in Inlandsw~trung zum Zeitpunkt t bezeichnet, zu dem die Fremdwahrung verkauft oder erworben werden kann. Man nennt w t dann den im Zeitpunkt t gtiltigen W e c h s e l k u r s zwischen Euro und US-S, und die Einheit von w t i s t EUR/US-$. Der Preis von 1 EUR in US-$ bestimmt sich entsprechend als 1/W t. Denn ftir 1 US-$ bekommt man w t Euro im Zeitpunkt t, ftir 1/W t U S - $ mithin gerade wt/w t, also einen.
Beispiel 7.1: Angenommen, es gilt w 0 = 1,5 EUR/US-$. Dann muss man 1,5 EUR am Devisenmarkt zahlen, um 1 US-$ zu erhalten. Entsprechend ben6tigt man ztun Erwerb von 1 E U R nur 1/w 0 = 0,666667 US-$. Gilt weiterhin w~ = 1,2 EUR/US-$ l / w I ~ 0,833333 US-$/EUR, dann ist der Preis des US-$ in Euro von t = 0 bis t = 1 gefallen und der des Euro in US-$ gestiegen, das heigt, der Euro ist im Verh~iltnis zum US-$ wertvoller geworden. Der Euro hat sich auf-, der US-$ hat sich abgewertet.
[]
263 Plant ein Unternehmer in einem bestimmten Zeitpunkt t Konsumauszahlungen AC(t~ in Inlandsw~ihrung und AC(tF) in Fremdwahrung, so ist der entsprechende Gesamtgegenwert in Inlandsw~.hrung
AC}I)+wt'ACIF)" Ein US-$-Betrag von AC(tF) kann n~nlich am Devisenmarkt im Zeitpunkt t in einen Betrag von w t.A~(F) ~-t ~t I'-'(I)
=
Euro getauscht werden. Zus~itzliche Konsumauszahlungen, gleich in welcher Wahrung, ermtiglichen ceteris paribus die Ausweitung der fOx Konsumzwecke beschafften Gtitermengen und erh6hen daher in jedem Fall den resultierenden Konsumnutzen des Unternehmers. 0berdies gehen sie mit einer Erh6hung von C(tt) einher. Man kann deshalb die unternehmerischen Konsumauszahlungen eines jeden Zeitpunkts einheitlich in Inlandsw~n-ung ausdrticken und den Schluss ziehen, dass der Konsumnutzen des Unternehmers streng monoton steigt in den CCtI). Auch bei Existenz yon mehr als einer WS]arung k6nnen wir uns deswegen auf die Betrachtung eines Unternehmers mit einer Nutzenfunktion U beschr~inken, die in auf Inlandsw~ihrung lautenden Konsumauszahlungen definiert ist. Existiert nun noch ein vollkommener Kapitalmarkt wenigstens ftir gegenwartige und ktinftige Zahlungen in Inlandswahrung, so Risst sich die Analyse des Abschnitts 1 dieses Kapitels ohne wesentliche Anderungen hier wiederholen. Insbesondere folgen sofort die Gtiltigkeit der Fi-
sher-Separation und ein Unternehmer, der an der Maximierung des Kapitalwefts seiner s~imtlichen, gegebenenfalls zu jeweils herrschenden Wechselkursen in Inlandsw~ihrung umgerechneten Einzahlungstiberschtisse interessiert ist. Der Kapitalwert eines Investitionsprojekts entspricht dabei weiterhin dem Marktwert der mit dem Investitionsprojekt verbundenen Investitionsm6glichkeit und beschreibt die unternehmerische Reiehtumssteigerung durch die Realisation des betreffenden Investitionsprojekts. Auf dieser Grundlage ist nun der Kapitalwert einer Auslandsdirektinvestition n~iher zu betrachten.
264
7.3
Kapitalwertformeln
7.3.1 Kapitalwertformelin Inlandsw~ihrung Konkret sei nun ein Untemehmer vorausgesetzt, der in einem Zeitpunkt t = 0 in einem anderen Land eine Realinvestition mit Nutzungsdauer bis zum Zeitpunkt t = T durchf'tthren kann. Man mag sich hierunter beispielsweise den Bau eines Zweigwerks im Ausland vorstellen. Sowohl die Anfangsauszahltmg ~A(n~
des Zeitpunktes t = 0 als auch die anschliel3enden Einzahlungstiberschtisse ZI n~ -.-, 7~r(nora,F) aus dem Investitionsprojekt sollen in F r e m d w i i h r u n g anfallen. Das Karzel "nom" steht in diesem Zusammenhang wie schon im vorhergehenden Abschnitt ftir "nominal". Auch im vorliegenden Abschnitt brauchen wir diese Spezifikation, da wit weiter unten erneut zur Betrachtung realer Gr6gen tibergehen. Durch Umtausch einer Fremdw~arungszahlung ZIn~
in Inlandswfihrung zum
Wechselkurs wt ergeben sich ftir den Unternehmer Einzahlungen in Heimatw~hh7(hOrn,I) ~_ -t 7(nom,F).,tr~ rtmg von -t ,,t. In analoger Weise kann man A9 (nora,l) -- A0(nom,F).W 0 definieren. Im Weiteren werde tiberdies z 0(nora,l) sprechendes gilt ftir ~07(n~
_A(0nom,I) vereinbart. Ent-
Mit -ti(n~ als dem yon einem Zeitpunkt t-1 bis t am
inlfindischen Kapitalmarkt herrschenden (nominalen) Ein-Perioden-Zinssatz far Anlage oder Aufnahme von Mitteln ergibt sich ein in I n l a n d s w h h r u n g ausgedriickter Kapitalwert von:
265
Z(non~l)
T
K (I) = - / ~ n ~ t=l
t
H
(I+,~" O~om,i),)
"c=l T 9W O + Z t=l
= -A~n~
z{n~ t
(7.1)
H (1 +i~~~ T=I
zt(nom,F). Wt
T
=~t
t=0 I-I (1 +i~n~ "r
Sofern dieser Kapitalwert positivist, wird der Unternehmer durch die Projektdurchfiihrung aus Sicht des Zeitpunktes t = 0 in Inlandsw~ihrung reicher und deswegen das Investitionsprojekt realisieren.
Beispiel 7.2" Betrachtet werde ein deutscher Unternehmer, der im Zeitpunkt t = 0 fiber die M6glichkeit zur Realisation einer Auslandsdirektinvestition in Form der Grtindung einer auslandischen Tochtergesellschaft verffigt. Die Auslandsdirektinvestition effordert in t = 0 eine Anfangsauszahlung von 100 US-$. In den Zeitpunkten t = 1 bis t = 3 ergeben sich Einzahlungstiberschfisse in US-$ gem~ig Tabelle 7.1. In Tabelle 7.1 sind tiberdies die Wechselkurse w t d e r Zeitpunkte t = 1, 2, 3 sowie die Ein-Perioden-Nominalzinss~itze "ti(n~ lands und
i{n~
des Aus-
des Inlands ftir die Zeitr~iume von t-1 bis t (t = 1, 2, 3)
angegeben. Der Wechselkurs w 0 des Zeitpunktes t = 0 schlieBlich soll 1,1 EUR/ US-$ sein.
266 t
2
3
Z(nom,F) t
50
55
60
wt
1,14
1,18
1,2
i(nom,V) t
4,2105 %
4,822 %
7,1833 %
i(nom,I) t
8%
8,5%
9%
Tabelle 7.1:
Zahlungsreihe in Fremdwahrung, Wechselkurse sowie In- und Auslandszinss~itze f'tir t = 1, 2, 3
Umrechnung der Fremdw~arungseinzahlungen ~tT(n~
ZUjeweils aktuellen Wech-
selkursen w t in Inlandsw~arung und anschlief3endes Diskontieren mit den inlandischen Ein-Perioden-Zinss~itzen lti(n~
liefert den beurteilungsrelevanten Kapital-
wert n(~) der Auslandsdirektinvestition: 50' 1,14 55" 1,18 Kf~ -- -100" 1,1 + - ~ 1,08 1,08" 1,085
60- 1,2 1,08" 1,085" 1,09
(7.2)
54,533236 EUR. Aus dem positiven Kapitalwert ergibt sich sofort die Vorteilhaftigkeit der Auslandsdirektinvestition.
7.3.2
[]
Kapitalwertformel in Fremdw~ihrung
Statt des Kapitalwertes in Inlandsw~xung Nitte man auch den in Fremdwiihrung berechnen k6nnen. Dieser muss sich einfach durch Wo.~:(F~ = ~:(i) ~
n~F~= ~:~i~/w~
bestimmen lassen, 1 weil NoB die Verm6gensmehrung des Zeitpunktes t = 0 in Inlandsw~mmg in die in Fremdw~arung umzurechnen ist. Gilt ~:~)> 0, so (fiir w o > 0) auch K:~F~> 0. Ob man den Kapitalwert des Investitionsprojekts in Inlands-
1
Vgl. etwa Stehle (1982), S. 485.
267 oder FremdwS.hrung der Projektbeurteilung mittels des Vorzeichens des Projektkapitalwerts zugrunde legt, ist demnach bedeutungslos. Statt tiber ~:a)kann man ldF) auch direkt durch Diskontierung der Fremdw~.hrungseinzahlungen mit den Ein-Perioden-Zinss~itzen "ti(n~ des Auslands berechnen: T
Zt(n~
K(F) = E
(7.3)
t
(1 +i~(n~
t=O H
Damit ftir beliebige Projektzahlungsreihen in der Tat stets ~m = W0.~(F)gilt, muss unter Beachtung der Gleichungen (7.1) und (7.3) zwischen Wechselkursen sowie In- und Auslandszinssiitzen demnach folgender Zusammenhang ftir jeden Zeitpunkt t gelten: Wt
W0
t
t
I-I (l+i~ "~
1-I (1 +i~("~
9 =1
"r=l
(7.4)
t
I-I (1 +i}n~ Wt W0
1;=1 t
I I (1 +if ~
Die Beziehung gem~ig (7.4) bezeichnet man auch als ungedeckte
theorie oder Internationalen
Zinsparit~iten-
Fisher-Effekt.
Beispiel 7.3: Gegeben seien die Annahmen des Beispiels 7.2. In Kenntnis von tr(~) kann ~:(v) ohne weiteres als ~r o = 49,575669 US-$ ermittelt werden. Zum (ann~ihernd) gleichen Ergebnis gelangt man auch, wenn man unmittelbar die FremdwLlarungs-
268 diseinzahlungen -tT(n~ mit den ausl~indischen Ein-Perioden-Zinssatzen ~(nom,F) -t kontierr
= - 100-~
50 55 -~ 1,042105 1,042105"1,04822
(7.5)
6O
1,042105"1,04822-1,071833 -~ 49,575756 US-$.
Damit steht lest, dass in jedem Zeitraum 0 bis t (t = 1, 2, 3) der Internationale Fisher-Effekt (n~iherungsweise) Gtiltigkeit besitzt. In der Tat l~isst sich dies auch leicht direkt tiberprtifen: 2 9 (nora I)
w1 Wo
1+11 ' 1 +i(n~
1,14 1,1
w2
(1 +i~n~
(1 +i2(n~
1,18
1,08"1,085
w0
(1 +i(n~
9(1 +i2(n~
1,1
1,042105" 1,04822'
W3
(1 +i("~
9( 1 +i2("~
(1 +i3("~
W0
(1 +i(n~
9(1 +i~n~
(1 +i3(n~
1,2
1,1
_
1,08 1,042105'
(7.6)
1,08.1,085" 1,09 1,042105- 1,04822.1,071833
Die kleinen numerischen Diskrepanzen ergeben sich dadurch, dass genaugenommen schon in Tabelle 7.1 gerundete Werte fiir Auslandszinss~itze angegeben sind.
269 Die Vorteilhaftigkeit der Auslandsdirektinvestition zeigt sich folglich ebenso in einem positiven Kapitalwert anf der Basis der Fremdw~xungseinzahlungen wie in einem solchen auf der Basis der in Inlandswghrung umgerechneten Einzahlungstiberschtisse.
7.4
[]
Der Internationale Fisher-Effekt
In der Tat besitzt der Internationale Fisher-Effekt auf vollkommenen Miirkten bei Sicherheit stets Gtiltigkeit, wie man sich leicht klarmachen katm. U m Mittel von einem Zeitpunkt t-1 bis zu einem Zeitpunkt t anzulegen, stehen einem inlgandischen Marktteilnehmer niimlich grundsiitzlich zwei Miigliehkeiten often. Z u m einen kann der Mittelbetrag im Inland zu i(tn~
f'ur eine Periode angelegt werden.
Aus einer Geldeinheit in Inlandswiihrung im Zeitpunkt t-1 resultieren in t dann Rtickfltisse von l+i(t"~
Zum anderen kann abet auch eine Mittelanlage in
Fremdw~ihrung getiitigt werden zum maggeblichen Zinssatz iln~
Weil 1 Geld-
einheit in Inlandsw~hrung im Zeitpunkt t- 1 in 1]wt_1 Einheiten Fremdw~hrung getauscht werden kann, ergibt sich bei Einsatz einer Geldeinheit in Inlandsw~hrung ein Fremdw~rungsrtickfluss im Zeitpunkt t von (1/wt.1)"(l+i(tn~
Dieser wiede-
rum kann zum dann maggeblichen Wechselkurs w t in Inlandswiihrung zuriickgetauscht werden, so dass bei Fremdwiihrungsanlage ein Endverm6gen in Inlandswiihrung yon (wt]wt_i)-(l+i(t n~
resultiert.
Beide mtiglichen Formen der Mittelanlage von t-1 bis t miissen zum gleichen Endverm6gen des betrachteten Marktteilnehmers im Zeitpunkt t f'tihren: 3
(7.7) kann in eine einpriigsamere Form gebracht werden, wenn man auf beiden Seiten der letzten Gleichung aus (7.7) "-1" rechnet, und zwar auf der linken Seite in FolTn yon Wt_l/Wt_ 1 und auf der rechten in Form yon (l+iCtn~ ( 1+i(tn~ und den resultierenden Ausdruck (1t'(n~ t'(nom,F))](1+1t"(nom,F)) auf der rechten Seite unter Voraussetzung yon (l+il ~~ ~ 1 f'ur "ti(n~ im Bereich absch~itzt. Dann weniger Prozente einfach als ungeffihr gleich zu i(n~176 -t "t namlich erhiilt man (wt-wt_l)/Wt_ 1 ~ lti(n~176 . Die relative Wechselkurs~nderung (die " W e c h s e l k u r s r e n d i t e " ) yon t-1 bis t entspricht hiernach der Differenz der von t-1 bis t i m In- und Ausland herrschenden Ein-Perioden-Zinssiit-
270
1 +q(nom,l) ={
W t
9(1 +i, O'~
Wt- 1
(7.7) wt
1 +it (n~
Wt-1
1 +it (n~
Ansonsten w~iren beliebig hohe sichere Endverm6genswerte allein durch Kapitalmarkttransaktionen erreichbar. Konkret wtirde es sich im Falle yon l+il n~ (wJwt_l)-(l+iln~
i (n~ lohnen, Mittel in InlandswS.hrung zu -t
f'lJr
<
eine Periode
von t-1 bis t aufzunehmen und sie sodann nach Umtausch in Fremdw~hrung ftir den gleichen Zeitraum zu i(tn~
mit anschlief3endem Rtickwechsel in Inlands-
w~hrung anzulegen. Per saldo verblieben auch nach Rtickzahlung der Verbindlichkeit in t positive LIberschtisse ohne eigenen Mitteleinsatz. Nattirlich wtirde jeder eine derartige Gelegenheit wahrnehmen wollen, weswegen hierdurch kein Marktgleichgewicht beschrieben werden k6nnte: Der letzten Endes unbegrenzten Nachfrage nach Krediten in Inlandswahrung und Mittelanlagen in FremdwS.hrung sttinde kein entsprechendes Angebot gegentiber. In analoger Weise k6nnte auch l+iln~
> (wt/wt_0 -(1+i(t"~
wegen unbegrenzter Nachfrage nach Mittelanlagen
in Inlandsw~a-ung und Krediten in Fremdwahrung kein Gleichgewicht beschreiben. 4 Nur wenn (7.7) Giiltigkeit besitzt, existieren keine M6glichkeiten zur sicheren Gewinnerzielung und sind die Kapitalm~kte arbitragefrei. Dass Arbitragefreiheit, also die Nichtexistenz yon Arbitragem6glichkeiten, eine notwendige Bedingung for das Vorliegen eines Marktgleichgewichts ist, wurde bereits im Abschnitt 1 dieses Kapitels dargelegt.
ze. Vgl. fiir weitere Details etwa Breuer (2000a). 4
Vgl. hierzu auch Breuer (2000a).
271
Beispiel 7.4: Gegeben sei eine Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung (t = 0, 1) mit i} n~
= 8 % , il n~
= 5 %, w 0 = 1,1 EUR/US-$ sowie w 1 = 1,14 EUR/US-$. Dann gilt
1 +i~n~
wl = 1,08 < - - . (1 +i}n~ w0
Die Aufnahme von 1 EUR z u il n~
--
1,14
91,05 ~- 1,088182.
(7.8)
1,1 = 8 % mit anschliegendem Umtausch in
1/1,1 US-$ und Anlage von t = 0 bis t = 1 z u i~ n~
= 5 % resultiert in Zufltissen
des Zeitpunktes t = 1 im Umfang von (1/1,1)-1,05 ~- 0,954545 US-$. Dieser Betrag entspricht ungef~hr 1,14-0,954545 = 1,088181 EUR. Nach Tilgung der aus der Aufnahme von 1 EUR von t = 0 bis t = 1 resultierenden Verbindlichkeit von 1,08 EUR des Zeitpunktes t = 1 verbleibt damit in t = 1 ein Nettotiberschuss des betreffenden Marktteilnehmers von etwa 1,088181-1,08 = 0,008181 EUR bzw. 0,008181/1,14 = 0,007176 US-$ ohne eigenen Mitteleinsatz. Der Markt ist nicht arbitragefrei und daher nicht im Gleichgewicht. Entsprechendes gilt, wenn man ceteris paribus v o n i~ n~
= 4 % ausgeht. Dann
lohnt es sich, 1 US-$ zum Fremdw~ihrungszinssatz yon 4 % in t = 0 bis t = 1 aufzunehmen, anschlieBend noch in t = 0 in 1,1 EUR zu tauschen und von t = 0 bis t = 1 z u il n~
= 8 % anzulegen. Die sich hieraus ergebenden Einzahlungen in
Euro belaufen sich auf 1,1-1,08 = 1,188 EUR oder 1,188/1,14 = 1,042105 US-S, so dass nach der Rfickzahlung der Verbindlichkeit von 1,04 US-$ aus der Mittelaufnahme des Zeitpunktes t = 0 noch ein Uberschuss von etwa 1,042105-1,04 = 0,002105 US-$ bzw. 0,002105"1,14 = 0,0024 EUR 5 verbleibt, abermals also Arbitragem6glichkeiten bestehen.
[]
In der Tat kommt in (7.7) die bereits bekannte Kapitalwertneutralitiit von Finanzinvestitionen auf vollkommenen MS_rkten zum Ausdruck. Der Kapitalwert
Tats~ichlich ist das letzte Resultat von 0,0024 EUR sogar exakt. Das "="-Zeichen steht hier lediglich aufgrund der mehrfachen Rundung, die zuf~illig insgesamt aber zum genauen Ergebnis ftihrt.
272 aus der Anlage von 1 GE in Inlandsw~_rung tiber Fremdw~ihrungsumtausch im Ausland von t-1 bis t bestimmt sich aus Sicht von t-1 und unter Beachtung des erforderlichen Mitteleinsatzes n~imlich als [(w/wt.1) "(1+i(tn~
+i(t"~
1 und
beliiuft sich folglich bei Gtiltigkeit des Internationalen Fisher-Effekts auf 0. Die Kapitalwertneutralitiit von Finanzinvestitionen ist insofern Ausdruck der Arbitragefreiheit der Kapitalmarkte. Weil (7.7) ffir jede beliebige Periode gilt, kann man eine entsprechende Formel auch ftir den Zeitraum yon t-2 bis t-1 aufstellen. Der Internationale Fisher-Effekt verlangt hierf'tir konkret: !
1 +it(hire'I) ; Wt-1 "(1 +i~(_n~~'F))
Wt-2 (7.9) wt_ 1
1 +it(_n['m~
Wt-2
1 +it(_n~,m'~
o
Aufl6sung von (7.9) nach wt_~ erm6glicht ein Einsetzen in Bestimmungsgleichung (7.7), so dass eine Beziehung zwischen w t u n d wt_2 folgt: Wt
Wt- 2
(1 +it(_n~I))" (1 +it(nOm'I))
(7.10)
(1 +it(n~m'F))9(1 +i(n~
Auch wt_2 l~isst sich durch eine zu (7.7) und (7.9) analoge Beziehung auf wt_3 zurtickftihren und in (7.10) ersetzen. Fortgesetztes rekursives Ersetzen ftihrt schliel31ich zur Gtiltigkeit von (7.4).
7.5
Weitergehende Fragen
Mittels der Bestimmungsgleichungen (7.1) und (7.3) ist ohne weiteres eine Beurteilung von Auslandsdirektinvestitionen m6glich. Gleichwohl werden im Zusammenhang mit Auslandsdirektinvestitionen in praktischen Anwendungen typischer-
273 weise noch einige weitergehende Fragen diskutiert. Erstens dfirfte der betrachtete Unternehmer in aller Regel fiber weitere Investitionsprojekte auch im Inland oder in anderen L~indern verftigen, so dass sich die Frage stellt, inwiefern dieser Umstand bei der Entscheidung tiber die hier betrachtete Auslandsdirektinvestition eine Rolle spielt. Zweitens wurde oben darauf hingewiesen, dass die Einzahlungstiberschtisse aus der Auslandsdirektinvestition diskontiert werden. Was hat man hierunter in praktischen Fallen zu verstehen, wenn eine ausl~indische Tochteruntemehmung aus ihrer Gesch~iftst~itigkeit im Ausland Fremdw~ihrungseinzahlungen erwirtschaftet, aber nur ein Teil davon zur inlandischen Muttergesellschaft fliel3t? 6 Drittens ben6tigt man zur Kapitalwertberechnung gem~il3 (7.1) und (7.3) entweder die Kenntnis der ktinftigen Wechselkurse oder aber der kiJnftigen auslS_ndischen Ein-Perioden-Zinss~itze.7 Aus Grtinden vereinfachter Datenbeschaflung (und gegebenenfalls Kapitalwertberechnung) mag es hilfreich sein, wenn man Bedingungen nennen k6nnte, unter denen die Kapitalwertberechnung ohne eine Sch~itzung dieser nicht rein inlgndisch orientierten Gr6gen m6glich ist.
7.5.1
M6glichkeit zur Einzelprojektbeurteilung
Schon im Abschnitt 1 dieses Kapitels wurde die Eigenschaft der Wertadditivit~it der Kapitalwertformel hergeleitet, an die hier nur erinnert werden muss: Der Kapitalwert eines Investitionsprogramms ergibt sich einfach als Summe der Kapi-
Vgl. zu dieser Frage auch
Shapiro (1978, 1983).
Es sei daran erinnert, dass die kfinftigen Ein-Perioden-Kassazinss~itze mit den aus Sicht von t = 0 maggeblichen korrespondierenden Ein-Perioden-Terminzinss~itzen fibereinstimmen. In entsprechender Weise handelt es sich bei den w t zun~ichst einmal um kiinftige Kassaweehselkurse, die aber im Gleichgewicht den aus Sicht von t = 0 ftir die korrespondierenden Devisentermingesch~ifte mal3geblichen Terminweehselkursen entsprechen mfissen. Statt der Sch~itzung ktinftiger Kassagr613en genfigt im hier betrachteten Kontext in t = 0 die Bestimmung von gegenw~tigen Termingr613en. Sofern diese Termingr6gen allerdings in praktischen Anwendungen nicht unmittelbar beobachtbar sind, muss sich aus dieser Neuformulierung des Datenbeschaffungsproblems nicht unbedingt ein Vorteil ergeben.
274 talwerte der das Programm bildenden Einzelprojekte. Deswegen ist jedes Investitionsprojekt aus Unternehmersicht vorteilhaft, das fiber einen positiven Kapitalwert verffigt. Welche Investitionsprojekte dem Untemehmer sonst noch zur Verffigung stehen, spielt dabei keine Rolle. Eine Einzelprojektbeurteilung ist damit ohne weiteres m6glich.
7.5.2
Alleinige Bewertungsrelevanz der durch die Investition ausgel6sten Zahlungskonsequenzen
Um die Vorteilhaftigkeit einer Auslandsdirektinvestition gegentiber ihrer Unterlassung zu beurteilen, sind grunds~itzlich f'tir beide Handlungsalternativen die beim Unternehmer insgesamt zu Konsumzwecken verbleibenden Einzahlungsfiberschtisse gegenfiberzustellen. GemW~ der Darstellung aus Abschnitt 3 dieses Kapitels kann die Bezugspunktwahl dabei allerdings beliebig erfolgen. In Entsprechung zu den Ausf'tihrungen des Abschnitts 3 dtirfte es deshalb am einfachsten sein, die ceteris paribus erfolgende Unterlassung der Auslandsdirektinvestition als Bezugspunkt zu wahlen. Die Bewertung der Auslandsdirektinvestition kann dann unmittelbar anhand der durch die gegentiber der Nichtinvestition resultierenden Zahlungskonsequenzen durchgefiihrt werden. Denn nur durch diese werden im Rahmen der Auslandsdirektinvestition die unternehmerisehen
Konsumm6gliehkeiten beeinflusst. Alle sonstigen Magnahmen, die Zahlungskonsequenzen ausl6sen und fiber deren Umsetzung unabhangig v o n d e r Realisation der Auslandsdirektinvestition befunden werden kann, k6nnen demnach wegen fehlender Entscheidungsrelevanz vernachl~issigt werden. Teile positiver Einzahlungen aus einem Investitionsprojekt etwa, die v o n d e r durchfiihrenden ausl~indischen Tochtergesellschaft zu Zwecken der Reinvestition einbehalten werden, sind daher als Einzahlungsfiberschuss aus der Auslandsdirektinvestition zu betrachten, sofem sie auch an den Untemehmer ausgeschfittet werden k6nnten und ihre Einbehaltung eine vonder Realisation der Auslandsdirektinvestition unabhiingige weitere (Verwendungs-) Entscheidung beschreibt. Ist diese Reinvestition hingegen indisponibler Teil der Auslandsdirektinvestition, dann sind
275 die entsprechenden Zahlungskonsequenzen nicht mehr als Einzahlungstiberschuss aus der Auslandsdirektinvestition aufzufassen. Sofern Mitteleinbehaltungen im Rahmen der Auslandsdirektinvestition zur Durchf'tthrung von Finanzinvestitionen dienen, k6nnen diese altemativ auch explizit dem Investitionsprojekt zugerechnet werden. Urs~ichlich hierf'tir ist die bereits erw~ihnte Kapitalwertneutralit~it von Finanzinvestitionen auf vollkommenen Kapitalm~kten. In entsprechender Weise sind Zahlungskonsequenzen aus der Auslandsdirektinvestition, die bei anderen Gesellschaften des Unternehmers anfallen, ebenfalls dem zu beurteilenden Projekt zuzuordnen. Dies gilt unabhgngig davon, ob etwa im Falle von verursachten Zusatzauszahlungen diese vonder ausl~xldischen Tochtergesellschaft der anderen Gesellschaft erstattet werden oder nicht. Andere Zahlungen zwischen den Gesellschaften des Unternehmers, die nicht durch die Auslandsdirektinvestition induziert werden, sind nicht beurteilungsrelevant. Die Frage also, inwiefern Zahlungen effektiv v o n d e r Auslandstochter an die Muttergesellschaft weitergeleitet werden, ist selbst htichstens yon sekund~irer Bedeutung. MaBgeblich ist vielmehr, welche zus~itzlichen Konsumm6glichkeiten ftir den Untemehmer aus der Auslandsdirektinvestition resultieren.
Beispiel 7.5: Betrachtet sei ein Unternehmer mit der M6glichkeit der Griindung einer ausl~indischen Tochtergesellschaft, die im Zeitpunkt t = 0 eine Auszahlung von 100 US$ erfordert und in den Zeitpunkten t = 1..... 3 bei dieser m6glichen neuen Tochtergesellschaft mit weiteren Zahlungskonsequenzen z(t"~
in US-$ gem~iB
der folgenden Tabelle 7.2 einhergeht. Wechselkurse sowie in- und ausl~indische Ein-Perioden-Zinss~itze sollen denen aus Beispiel 7.2 entsprechen.
276 2
Z(nom,F)+ t Tabelle 7.2:
60
50
60
Zahlungskonsequenzen in US-$ aus einer Auslandsdirektinvestition ffir t = 1, 2, 3
Von den Rtickfltissen ZI n~
sollen 10 US-$ in den USA von t = 1 bis t = 3 zu
den dort jeweils herrschenden Ein-Perioden-Zinss~itzen angelegt werden. Die tibrigen Zahlungen ebenso wie die RtickfRisse aus der Finanzinvestition im Ausland w ~ e n in den Zeitpunkten ihrer Entstehung an die inl~indische Muttergesellschaft auszuschtitten. Es ist geplant, dass jene die Betr~ige bis auf 15 US-$ des Zeitpunktes t = 2 unmittelbar an den Unternehmer weiterleitet, der diese konsumtiv verwenden kann. Von den einbehaltenen 15 US-$ des Zeitpunktes t = 2 wtirden 5 US-$ zur Ausweitung der Kapazit~iten der Muttergesellschaft ben6tigt, um die Belieferung der ausl~indischen Tochter mit Vorprodukten sicherzustellen. Die Zahlungen der ausl~indischen Tochter ftir die Vorprodukte wtirden derart an die Mutter erfolgen, dass sich hieraus per Saldo keine weiteren Zahlungswirkungen im Inland ergeben. Das bedeutet, dass die durch die Herstellung der Vorprodukte resultierenden zus~itzlichen Auszahlungen der Muttergesellschaft exakt durch Ausgleichszahlungen der Tochtergesellschaft kompensiert wtirden, die bereits in der Zahlungsreihe gem~il3 Tabelle 7.2 berficksichtigt worden sind. Die verbleibenden 10 US-$ des Zeitpunktes t = 2 sind zu einer v o n d e r Grtindung der ausl~indischen Tochtergesellschaft unabh~ingigen investiven Verwendung durch die Muttergesellschaft vorgesehen. Es stellt sich die Frage, ob die Auslandsdirektinvestition aus Sicht des Untemehmers von Vorteil ist. Grunds~itzlich entscheidungsrelevant sind die aus der Projektdurchf'~rung resultierenden untemehmerischen Einzahlungsfiberschtisse. Zu den Einzahlungstiberschfissen z~ihlen hier alle monet~en Konsequenzen auf Untemehmerebene, die durch die betrachtete Investitionsm6glichkeit im Vergleich zu ihrer Unterlassung ausgelSst werden. Dass die Tochtergesellschaft im Zeitpunkt t = 1 einen Betrag
277 von 10 US-$ f'tir investive Zwecke einbehalten will, ist ebenso wie die Einbehaltung von 10 US-$ durch die Muttergesellschaft ohne Bedeutung, da die hiermit verbundenen Finanz- oder Realinvestitionen in keinem direkten Zusammenhang mit der Auslandsdirektinvestition stehen. Letztere ist daher so zu bewerten, als ob die Einbehaltung yon jeweils 10 US-$ in den Zeitpunkten t -- 1 und t -- 2 nicht stattfindet. Man kann sich auch vorstellen, dass zun~ichst diese Betr~ige an den Unternehmer ausgeschtittet werden, um sogleich wieder zur Anlage zu gelangen. Ftir die kapitalwertneutralen Finanzinvestitionen kann man die hiermit verbundenen Zahlungskonsequenzen nattirlich bei der Bestimmung des Kapitalwertes der Auslandsdirektinvestition auch berticksichtigen, ohne einen Fehler zu begehen. In der Tat nicht als Einzahlungtiberschuss aus der Auslandsdirektinvestition sind jedoch die 5 US-$ zu werten, die vonder Muttergesellschaft in t --- 1 f'tir den erforderlichen Kapazit~itsausbau eingesetzt werden sollen, da sie allein durch die Auslandsdirektinvestition induziert sind. Entsprechend sind samtliche Aus- und Einzahlungen, die die Auslandsdirektinvestition ftir die Muttergesellschaft ausl6st, ebenfalls im Rahmen der Kapitalwertberechnung zu berticksichtigen. Insgesamt hat die Kapitalwertberechnung im Rahmen dieses Beispiels damit 50
US-S,
z 2(.om,F) =
von
z l n~
=
55 US-$ sowie z3(.ore,F) = 60 US-$ auszugehen. Die zu dieser
Zahlungsreihe bei einer Anfangsauszahlung von 100 US-$ geh6rigen Kapitalwerte in In- und Auslandsw~ihrung wurden bereits im Rahmen des Beispiels 7.2 berechnet. Alternativ k6nnen auch die Konsequenzen der geplanten Finanzinvestition der Auslandstochter berticksichtigt und kann die Zahlungsreihe zl n~ 10 = 40 US-S, ",,(nom,F) 2 ~ 55 US-$ sowie z 3(n~
~-"
-- 50-
60+10"1,04822-1,071833
=
71,235168 US-$ der Kapitalwertberechnung zugrunde gelegt werden. Man erhNt damit
278
Kff') -100-~
40 1,042105
4
55 1,042105.1,04822
(7.11)
71,235168 1,042105"1,04822"1,071833 49,575756 US-S,
also das gleiche Ergebnis wie in (7.5). 7.5.3
[]
Vereinfachte Kapitalwertformel bei Giiltigkeit des Nationalen FisherEffekts
7.5.3.1 Herleitung Bestimmungsgleichung (7.3) l~isst sich zun~ichst ohne weitere Zusatzannahmen von einer Darstellung in nominalen Gr6Ben in eine solche mit realen Gr6Ben tiberftihren. Mit
ltp(F)
als dem auslS_ndischen Preisniveau des Zeitpunktes t und nlF)
(P(F)n:'(F)~ 1 als der zugeh6rigen Inflationsrate yon t-1 bis t erh~ilt man durch '~ t-lP ~
---- ~ , ~ t
eine zum Vorgehen des Abschnitts 6 v611ig entsprechende Herleitung folgenden Zusammenhang:
279 T K(F) = E
z:n~ F) t
t=0
1-I (1 +i~(n~ "c=l
T
z(real2),p(~
= E t t=0 H [(l+i~r~"F))'(l+r~ )] t
(7.12)
T z[ r~'~3"Po~'l-I (1+7:~) ---- E
1:=1 t t t=0 H (1 + i ~ l ' ~ ) ' l ~ ( 1 + ~ ? ) z =I "~=1 T
=P?'E
z[real,F) t
Statt der ausl~indischen Nominalzinss~itze ben6tigt man im Zusammenhang mit (7.12) nunmehr die ausl~indischen Realzinss~itze. Schon deswegen stellt die Kapitalwertberechnung mittels Bestimmungsgleichung (7.12) zun~ichst einmal keinen erkennbaren Vorteil gegentiber (7.1) und (7.3) dar. Unterstellt man allerdings die Giiltigkeit des sogenannten Nationalen Fisher-Effekts, erfiihrt (7.12) eine weitere Vereinfachung. Der Nationale Fisher-Effekt behauptet konkret die Gleichheit der Realzinss~itze f'tir alle t. Damit aber ben6tigt in verschiedenen Landem, hier also i;(real,I) t = i;(real,F) t man im Zusammenhang mit (7.1 2) nur noch die Prognose der inlandischen Realzinss~itze, so dass als einzige Fremdw~Lhrungsgr613elediglich die realen Einzahlun-
280 gen =tT~real'F)verbleiben.8 Beispiel 7.6:
Gegeben seien die Annahmen des Beispiels 7.2. Zus~itzlich sollen nun die in- und ausl~indischen Preisniveaus P~t~)und P~tF) beriacksichtigt werden. Diese sind ebenso wie die daraus resultierenden in- und ausl~indischen Inflationsraten rt~t~) sowie r(tF) in den Zeitr~iumen t-1 bis t (t = 1, 2, 3) der folgenden Tabelle 7.3 zu entnehmen.
2
t
p~i)
1,21
1,2705
1,331
1,3673
p~F)
1,1
1,114474
1,127966
1,139417
~I)
0,05
0,047619
0,027273
~F~
0,013158
0,012106
0,010152
Tabelle 7.3: Preisniveaus und (gerundete) Inflationsraten des In- und Auslands
Mit Kenntnis der in- und ausl~indischen Inflationsraten wiederum ist es m6glich, die jeweiligen Realzinss~itze zu bestimmen. Damit l~isst sich zeigen, dass im Rahmen dieses Zahlenbeispiels neben dem Internationalen auch der Nationale FisherEffekt (nahenmgsweise) Gi.iltigkeit besitzt: 9
Vgl. hierzu auch die Darstellung bei Lessard (1981), S. 124. Erneut sind die auftretenden Diskrepanzen allein dadurch bedingt, dass die in den Tabellen 7.1 und 7.3 angegebenen Ausgangsdaten genaugenommen bereits gerundete Werte darstellen.
281 9 ( n o m I)
1 +11
'
1+~ 9 (nora 1)
1 +12
'
1+~) + 1.3(nora,I)
1 +i(n~
1,08
1,042105
l+n~
1,05
1,013158'
1 +12(n~ 1 +~F) 1 +i~n~
1,085 1,047619
1,04822 1,012106'
1,09
1,071833
1,027273
1,010152
_
(7.13)
o
1+ ~
1 +n~F)
Infolge der Gtiltigkeit des Nationalen Fisher-Effekts kann der Kapitalwert ~:(F)der Auslandsdirektinvestition auch dadurch ermittelt werden, dass man die "realen" FremdwS_hrungseinzahlungen z(ffal'F) = z(tn~ n~ (t = 0 ..... 3) mit den einheitlichen realen Ein-Perioden-Zinss~itzen i(treal~des In- und Auslands diskontiert und das Ergebnis mit P0(F) multipliziert. Konkret erh~ilt man die reale Fremdw~ihrungszahlungsreihe gem~iBTabelle 7.4. In Tabelle 7.4 sind tiberdies die einheitlichen Realzinss~itze ilreal)des In- und Auslands in den Zeitr~iumen t-1 bis t (t = 1, 2, 3) ausgewiesen.
0
z(real,F) t i(real) t Tabelle 7.4:
-90,909091
44,864214
48,760335
52,658509
2,8571%
3,5682 %
6,1062 %
"Reale" Fremdw~ihrungszahlungsreihe der Auslandsdirektinvestition und Realzinss~itze (auf 6 Stellen genau gerundete Werte)
282 Der Kapitalwert ~:~F)in US-$ berechnet sich damit als:
Kif3 = 1,1-(-90,909091+ 44,864214+ 1,028571 +
=
48,760335 ~ 52,658509 ) 1,028571.1,035682 1,028571.1,035682.1,061062,)
(7.14)
49,575687 US-$.
Natttrlich entspricht das Ergebnis (ann~ihemd) dem aus (7.5).
[]
Sofern man die realen Einzahlungen Z(treal'F) fiber die separate Sch~itzung der nominalen Zahlungen und ausl~indischen Inflationsraten ermittelt, hat man damit also das Problem der Sch~itzung von Wechselkursen oder ausl~indischen Zinss~itzen eingetauscht gegen die Schwierigkeit der Prognose ausl~indischer Inflationsraten. Eine echte Vereinfachung der Sch~itzproblematik ergibt sich daher wohl nur bei pauschalem Ansatz der Fremdwahrungseinzahlungen. Insbesondere gelangt man bei Gfiltigkeit des Nationalen Fisher-Effekts und der Annahme yon ab t = 1 mit den Inflationsraten anwachsenden nominalen Fremdw~hrungseinzahlungen zu der folgenden Kapitalwertformel:
K(F)-- -A~n~176
"t~a= t
1+=1
1
(7.15)
II 'c=l
Die Herleitung von (7.15) aus (7.12) kann v611ig analog zu dem im vorhergehenden Abschnitt 6 pr~isentierten Vorgehen erfolgen. Wenn die Fremdw~arungseinzahlungen z{"~
ab dem Zeitpunkt t = 1 mit den Inflationsraten anwachsen, dann
resultiert z(treal'F)= z}real'F)ffir alle t = 1..... T. Weiterhin bestehen die Zusammenh~inge P0(F)'Zl(real'F)= Zl(nom,F)/(l +7i I(F)) und~A(n~ = "'0A(real'F)'l~(F)Jt 0 aufgrund der Definition realer Gr6gen. Damit liegt bereits (7.15) vor.
283 Es verbleiben demnach neben der Projektanfangsauszahlung als einzige noch zu sch~itzende nicht binnenwirtschaftliche Gr6i3en die auslandische Inflationsrate von t = 0 bis t = 1 und die Fremdwahrungseinzahlungen des Zeitpunktes t = 1. Vollends "tibersichtlich" wird die Kapitalwerfformel, falls der Realzinssatz im Zeitablauf konstant sein sollte, also f'tir ilcr = i(cea~)= konst. Dann n~imlich ergibt sich aus (7.15) _
lc(F) -- - g ~ n~
(nom,~
+ Zl 1+~
"RBF(i(~eal);T).
(7.16)
7.5.3.2 Diskussion Die Kapitalwertformeln aus (7.1), (7.3) und (7.12) beruhen auf den gleichen Priimissen und sind insofem als ~iquivalent aufzufassen. Gleichung (7.15) hingegen basiert auf der zus~itzlichen Voraussetzung des Nationalen Fisher-Effekts, der theoretisch wie empirisch als recht schwach fundiert zu bezeichnen ist. In der Tat l~isst er sich nur im Rahmen einer Ein-Gut-Welt schltissig herleiten, wobei tiberdies davon ausgegangen werden muss, dass in- und ausl~indische Gtiterm~irkte v o l l k o m m e n sind. Letzteres bedeutet generell, dass Gtiter im In- und Ausland zu gegebenen Preisen ohne Anfall yon Transaktionskosten erworben oder veraul3ert und auch von einem Land in ein anderes transportiert werden k6nnen. In einer Ein-Gut-Welt kann der Preis des homogenen Konsumgutes in einem Land unmittelbar mit dem Preisniveau dieses Landes gleichgesetzt werden. Wenn damit jemand in einem beliebigen Zeitpunkt t tiber die M6glichkeit zum Konsum von 1 ME des homogenen Gutes verftigt, dann f'tthrt die Anlage des korrespondierenden Geldbetrags im Inland dazu, dass seine Konsumm6glichkeiten zum Zeitpunkt t+l das AusmaB ~--~t+ll4"i(real'Iannehmen, ) denn so ist der inlandische Realzinssatz im vorhergehenden Abschnitt 6 gerade definiert worden. In entsprechender Weise ftihrt die Mittelanlage in Fremdw~.hrung yon t bis t+ 1 zu Konsumm6g-
284 l~_~(real,F)9 Ein allgemeines Gleichgewicht erfordert unmittelbar lichkeiten yon ~--t+l
-4-1(real'X) --it+ 1 ~
1-x-~(real'F) Ansonsten k6nnte man durch geeignete Gtiter- und l~lt+ 1 9
Kapitalmarkttransaktionen seinen Gtiterkonsum zum Zeitpunkt t+l beliebig vergr613ern. Ftir 9~(reala) :(real,F) t+l < it+ ~ etwa lohnt sich im Zeitpunkt t die Leihe yon ~p(I) t Geldeinheiten in Inlandsw~,hrung gegen ein Rtickzahlungsversprechen von 1+
i(tn~m'l) Geldeinheiten in t+l, wahrend zugleich ein Betrag yon p(tI)/wt Geldeinheiten im Ausland angelegt wird. Dabei gilt P(tI)/wt = p{F), in Fremdw~ihrung zu 14-i(n~ --*t+l denn andernfalls ware der Preis des Gutes im Zeitpunkt t im In- und Ausland (nach Umrechnung in dieselbe W~hrung) unterschiedlich hoch, weswegen es sich f'tir jeden lohnte, in dem einen Land das Gut preiswert einzukaufen, um es in dem anderen Land (otme Anfall von Transaktionskosten) zeitgleich teuer zu verkaufen. Die M6glichkeit zur Erzielung beliebig hoher sicherer Gewinne fiber Arbitrage besteht in einem Zeitpunkt t hier nut dann nicht,
wenn
P(tI)/wt =
P(tF) gilt. Dieser
Zusammenhang kann als weitere spezielle Auspr~igung des bereits frtiher erw~anten Gesetzes des Einheitspreises angesehen werden.
Beispiel 7.7: Gegeben sei eine Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung mit nur einem homogenen Konsumgut, dessen Preis in einem Land in der jeweiligen WS.hrung daher mit dem dort herrschenden Preisniveau identisch ist. Devisen- und GfitermSxkte seien vollkommen. Der Preis des Konsumgutes belaufe sich in Euro zum Zeitpunkt t = 0 anf xp(I) 0
~
1,21 EUR und in US-$ auf P~0F~
1,12 US-$ bei einem Wechsel-
kurs w 0 = 1,1 EUR/US-$. Im Zeitpunkt t = 1 sollen sich die entsprechenden Werte auf PI I) = 1,2705 EUR und auf PI F) = 1,08 US-$ sowie w~ = 1,14 EUR/US$ bemessen. Wegen P0(l) = 1,21 EUR < P0(F)-Wo= 1,232 EUR lassen sich beliebig hohe Gewinne im Zeitpunkt t = 0 dadurch realisieren, dass man das Konsumgut zu P0(1) = 1,21 EUR im Inland erwirbt und zu P0(F) = 1,12 US-$ im Ausland ver~iul3ert. Vom US-$-Ver~iul3erungserl6s je Mengeneinheit ben6tigt man 1,21/1,1 = 1,1 US-S, um den far den Erwerb einer Einheit des Konsumgutes im Inland ben6tigten EuroBetrag zu egalisieren. Es verbleibt damit ein Gewinn yon 0,02 US-$ bzw.
285 0,02-1,1 = 0,022 EUR ftir jede vom Inland ins Ausland transferierte Einheit des Konsumgutes. Ein Gleichgewicht liegt damit unter den hier getroffenen Annahmen zum Zeitpunkt t = 0 nicht vor. Im Zeitpunkt t = 1 hingegen lohnt es sich infolge von PI I) = 1,2705 EUR > PIF).w~ = 1,2312 EUR, das Gut im Ausland zu PI F) = 1,08 US-$ zu erstehen und sofort wieder im Inland zu PI l) = 1,2705 E U R zu verkaufen. Vom Ver~iul3erungserl6s je Mengeneinheit werden 1,08.1,14 = 1,2312 EUR ben6tigt, um die Ausgaben ffir den Gtitererwerb auszugleichen. Der Restbetrag yon 0,0393 EUR bzw. 0,0393/1,14 ~ 0,034474 US-$ je transferierter Gtitereinheit stellt abermals einen sicheren Gewinn ffir den "H~indler" dar. Auch im Zeitpunkt t = 1 liegt hier demnach kein Gleichgewicht vor.
[]
Das Gesetz des Einheitspreises bezieht sich auf die Relation der Preise eines Gutes in Inlands- und Fremdw~ihrung. Obertr~igt man diese Beziehung auf die Ebene der in- und ausl~ndischen Preisniveaus, was (fast nur) in einer Ein-GutWelt otme weiteres m6glich ;st, dann spricht man v o n d e r Kaufkraftparit~itentheorie, l~ Im Zeitpunkt t+l besteht nun zum einen eine Verbindlichkeit in Inlandsw~ihrung l .a_;(nom,1)) l ..t.;(n~ von D(I) x t .(k~t--,.t+ 1 j, zum anderen eine Forderungsh6he von 10(F) -t .(,---t+l p(F) .( 1 -I.,;(n~ Letztere erm6glicht im Ausland den Erwerb von ~t ~,~--lt+l
)/JVt+l
,"
(r eal'F) . . . .1 -L; t+l
Mengeneinheiten des Konsumgutes. Hinreichende Mittel zur Bedienung der 1 -u~(n~ 11D( I ) Verbindlichkeit hingegen k6nnen durch Ver~iuBerung von lO(I) -t .(~---t+~ J,-t+l =
l_,.~(reaU) Mengeneinheiten des Konsumgutes erl6st werden. Ftir ;(real,F) -t+l > i(real,I) *t+l x--~t+ 1 verbleiben beim Untemehmer ohne eigenen Mitteleinsatz demnach M6glichkeiten zum Konsum des homogenen Gutes, ein allgemeines Gleichgewicht kann hierbei folglich nicht vorliegen. Analoge Lrberlegungen sind f'tir den Fall "t+l;(real'F)< "t+l;(real'l) m6glich.
l0
Vgl. hierzu etwa Breuer (1995a).
286
Beispiel 7.8: Gegeben sei eine Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung mit einem homogenen Konsumgut, dessen Preis sich in InlandswS/u-ung zum Zeitpunkt t = 0 auf -0r'(~)= 1,21 EUR und in US-$ auf P0(F) = 1,1 US-$ bei einem Wechselkurs Wo = 1,1 EUR/US-$ bel~iuft. Im Zeitpunkt t = 1 sollen die entsprechenden Werte PI ~) = 1,2705 EUR, PI F) = 1,1 US-$ sowie w~ = 1,14 EUR/US-$ betragen. Des Weiteren sei der Zinssatz ftir Anlage oder Aufnahme von Mitteln in E u r o i}n~ entsprechende Transaktionen in US-$ betrage er il n~
= 8 %, und far
= 4,2105 %.
Auf der Grundlage dieser Daten ergibt sich im Inland eine Inflationsrate von re}~) = (1,2705/1,21)-1 = 5 % und im Ausland von rt}F) = (1,1/1,1)-1 = 0 %. Der inl~indische Realzinssatz ist damit (1,08/1,05)-1 = 2,8571%, und der ausl~indische entspricht mit 4,2105 % dem Nominalzinssatz i} n~
Diese Realzinssatzdifferenz
signalisiert unmittelbar die M6glichkeit zur Erzielung beliebig hoher Gewinne durch geeignete Markttransaktionen. Am einfachsten ist es hierbei, in t = 1 das Konsumgut im Ausland zu PI F) = 1,1 US-$ zu erwerben und sofort wieder zu PI 1) = 1,2705 EUR im Inland zu verkaufen. 1~ Der Verkaufserl6s entspricht 1,2705/1,14 = 1,114474 US-S, so dass aus dieser Transaktion je Mengeneinheit des Gutes ein Reinerl6s von ungefahr 0,014474 US-$ resultiert. Ein Gleichgewicht kann wegen dieser Arbitragem6glichkeit ftir die gegebene Parameterkonstellation denmach nicht vorliegen.
[]
Gibt es m e h r als ein Gut, dann ist die weiter oben pr~isentierte Herleitung selbst bei vollkommenen Gtiterm~kten so nicht umsetzbar, weil der Inlandspreis eines
11
Es l~isst sich zeigen, dass der Nationale Fisher-Effekt (bei Sicherheit) aus der Gtiltigkeit des Internationalen Fisher-Effekts und der Kaufkraftparit~itentheorie gefolgert werden kann. Vgl. Breuer (2000a). Ist der Nationate Fisher-Effekt verletzt, dann anch eine der beiden anderen Beziehungen. Ftir konkrete Verletzungen des Nationalen Fisher-Effekts sind daher nicht die weiter oben zu seiner allgemeinen Begriindung genutzten Transaktionen erforderlich. Man kann vielmehr direkt an der Ausnutzung der Verletzung des Internationalen Fisher-Effekts oder der Kaufkraftparit~itentheorie ansetzen, so wie es auch hier im Rahmen des Zahlenbeispiels erfolgt.
287 Gutes oder auch eines Gtiterbtindels sowie dessen Auslandspreis generell nicht beide zugleich mit den jeweiligen Preisniveaus zusammenfallen k6nnen, werm Inund Ausland ihre Preisniveaus auf der Grundlage verschiedener Warenk6rbe ermitteln.
Beispiel 7.9: Gegeben seien zwei Volkswirtschaften, "Inland" und "Ausland", in denen zwei Gtiter 1 und 2 in einem Zeitpunkt t unter Gtiltigkeit des Gesetzes des Einheitspreises ftir jedes von ihnen gehandelt werden. Der Preis in Inlandsw~ihrung des Gutes 1 sei p{1,1)= 1 EUR, der des Gutes 2 betrage pCt2a)= 1,5 EUR. Die entsprechenden Preise in FremdwNmmg sollen p(tI'F~ = 2 US-$ und p}2,F) = 3 US-$ sein. Mit w t = 0,5 EUR/US-$ w a f t man leicht, dass das Gesetz des Einheitspreises in der Tat Gtiltigkeit besitzt. Das Preisniveau im Inland werde auf der Gmndlage eines Gtiterbtindets bestimmt, das sich zu 40 % aus Gut 1 und zu 60 % aus Gut 2 zusammensetzt. Man erh~ilt daher p~i~ = 0,4.1+0,6-1,5 = 1,3. Der maggebliche Warenkorb des Auslands ergebe sich zu 20 % aus Gut 1 und zu 80 % aus Gut 2. Daraus resultiert p{F~ = 0,2"2+0,8"3 = 2,8. Durch den Erwerb eines Gtiterbtindels mit der Struktur des repr~isentativen Warenkorbs des Inlands realisiert man daher einen Preis pro Mengeneinheit von 1,3 EUR. Der Preis dieses Gtiterbtindels in FremdwNtrung bel~iuft sich aber nun nicht auf 2,8 US-S, sondern auf 0,4-2+0,6-3 = 2,6 US-S, weswegen man 1,3 EUR ~ 2,8 ~3,5 = 1,4 EUR erh~ilt. Entsprechende Diskrepanzen ergeben sich, wenn man das repr~isentative Gtiterbtindel des Auslands nachbildet. Damit aber kann die Herleitung des Nationalen Fisher-Effekts, so wie sie oben pr~isentiert wurde, nicht mehr durchgeftihrt werden. Auch im vorhergehenden Beispiel 7.8 k6nnte man aus der beobachteten Verletzung der Kanfkraftparit~itentheorie im Mehr-Gtiter-Fall nicht mehr zwingend auf Verletzungen des Gesetzes des Einheitspreises und die hierdurch er6ffneten Arbitragem6glichkeiten schliegen.12
12 Vgl. hierzu auch Solnik (1978) sowie Breuer (2000a).
[]
288 Schon aus diesem Grunde ist die Bedeutung des Nationalen Fisher-Effekts eher als gering einzustufen. Hinzu kommt tiberdies, dass gerade ftir Gtiterm~irkte die Annahme ihrer Vollkommenheit eher als fragwtirdig anzusehen ist.13 In analoger Weise sind die Kapitalwertformeln (7.15) und (7.16) zu beurteilen. Auch die zus~itzlich zur Herleitung von (7.16) getroffenen Annahmen konstanter realer Fremdwahrungseinzahlungen und eines tiber die Perioden hinweg konstanten Realzinssatzes werden allenfalls zufallig erftillt sein. Hierauf wurde schon im Rahmen des vorhergehenden Abschnitts 6 eingegangen. Alles in allem wird man daher unter einigermagen plausiblen Annahmen zur Beurteilung von Auslandsdirektinvestitionen nicht umhink6nnen, auch entweder ktinftige Wechselkurse oder aber ktinftige ausl~indische Ein-Perioden-Zinss~itze zu schatzen.
7.6
Zusammenfassung
Gegenstand dieses Abschnitts war die Beurteilung von Auslandsdirektlnvestitionen. Hierbei wurde zum ersten Mal der Umstand berticksichtigt, dass Zahlungen in verschiedenen Wahrungen anfallen k6nnen. Schon bei Beschr~inkung der Betrachtung auf zwei Wahnmgsgebiete kann man zwischen Zahlungen in Inlandsund in Fremdwahrung unterscheiden. Den Preis einer W~_hrung in Geldeinheiten der anderen bezeichnet man dabei als einen Wechselkurs. Die Gtiltigkeit der Fisher-Separation und die Optimalitiit kapitalwertmaximierender Investitionsentscheidungen werden hierdurch grunds~itzlich nicht betroffen. Lediglich kann man nun zwischen dem Kapitalwert eines Investitionsprojekts auf Basis der in Inlandswahrung umgerechneten Einzahlungen und dem auf Basis der in FremdwS,hrtmg ausgedrtickten Einzahlungen unterscheiden. Beide Kapitalwerte sind tiber den Internationalen Fisher-Effekt unmittelbar miteinander verkntipft. Dieser beschreibt eine Beziehung zwischen den Zinss~itzen des In- und Auslands und den Wechselkursen zwischen den beiden WLhrungen in verschiedenen Zeit13
Entsprechend schwach ist - wie bereits angedeutet -der empirische Beleg zur Gtiltigkeit des Nationalen Fisher-Effekts. Vgl. etwa Demirag/Goddard (1994), S. 75.
289 punkten. Ferner wurde die Gelegenheit genutzt, etwas ausf'tihrlicher zu verdeutlichen, was man unter der "Zahlungsreihe" eines Investitionsprojekts versteht. Diese Frage kann insbesondere dann kompliziert werden, wenn eine Unternehmung aus mehreren verschiedenen Gesellschaften mit Zahlungsverflechtungen besteht. Grunds~itzlich umfasst die Zahlungsreihe eines Investitionsprojekts all die Zahlungskonsequenzen, die durch die betreffende Investition ausgel6st werden, also ohne die betreffende Investition nicht anfielen. Schliei31ich wurde der Nationale Fisher-Effekt vorgestellt, der die Gleichheit der Realzinss~itze des In- und Auslands postuliert und einen Beitrag zu vereinfachten Kapitalwertformeln leisten kann. Allerdings ist der Nationale Fisher-Effekt sowohl theoretisch als auch empirisch nur schwach zu sttitzen. Generell zeigt sich, dass wenigstens ftir den Fall bei Sicherheit die Berticksichtigung yon Fremdw~ihrungseinzahlungen im Rahmen der Investitionstheorie keine besondere Schwierigkeit darstellt. Dass diese Einsch~itzung bei Entscheidungen unter Risiko nicht mehr ohne weiteres aufrechterhalten werden kann, sollte nicht allzu seN" tiberraschen, sprengt aber den Rahmen dieser einfiJhrenden Darstellung. Wir werden hierauf im Rahmen des Bands II zurtickkommen.
290
Wiederholungsfragen W7.1 Was charakterisiert eine Auslandsdirektinvestition? W7.2 Was versteht man unter einem Wechselkurs? W7.3 Wieso ftihrt die Betrachtung von Zahlungskonsequenzen in verschiedenen Wahrungen bei Vollkommenheit der Devisen- trod Kapitalmarkte nicht zu einer Revision der Fisher-Separation und der Optimalit~it kapitalwertmaximierender Investitionsentscheidungen? W7.4 Wie bestimmt sich der Kapitalwert einer Auslandsdirektinvestition in Inlandsw~ihrung? W7.5 Wie bestimmt sich der Kapitalwert einer Auslandsdirektinvestition in Fremdw~ihrung? W7.6 Was versteht man unter dem Internationalen Fisher-Effekt? W7.7 Wieso kann man bei Gtiltigkeit des Kapitalwertkriteriums eine Auslandsdirektinvestition unabhS_ngig von den sonstigen unternehmerischen Investitionsaktivit~iten beurteilen?
291 W7.8 Welche monet~iren Konsequenzen sind als Zahlungsreihe einer Auslandsdirektinvestition aufzufassen? W7.9 Was sagt das Gesetz des Einheitspreises aus? W7.10 Welchen Zusammenhang beschreibt der Nationale F&her-Effekt?
293
IV
Investitionsentseheidungen bei unvollkommenem Kapitalmarkt
1
Hirshleifer-Modell und Klienteleffekt
1.1
Problemstellung
Sofern man vom einftthrenden (kurzen) Kapitel II einmal absieht, wurde im Rahmen dieses Lehrbuchs bislang stets die Pr~nisse eines vo|lkommenen Kapitalm a r k t e s vorausgesetzt. Dies implizierte insbesondere die Gleichheit des ftir Mittelaufnahme und -anlage von einem Zeitpunkt t-1 bis t jeweils gtiltigen Zinssatzes. Zweifellos ist das ein mit realen Gegebenheiten nur schwer zu vereinbarender Umstand. Typischerweise wird man davon ausgehen mtissen, dass der von t-1 bis t f'tir Anlagezwecke erreichbare Itabenzinssatz hinter dem f'ttr die gleiche Periode maggeblichen Sollzinssatz zurtickbleibt. Im folgenden Abschnitt 1.2 sollen die Konsequenzen aus einer derartigen Situation im Rahmen einer einfachen Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung naher analysiert werden. Weft dieses Szenario zum ersten Mal 1958 von Jack Hirshleifer analysiert wurde,~ spricht man hierbei auch vom "Hirshleifer-Modell". 2 Es wird sich zeigen, dass die Fisher-Separation innerhalb dieses Ansatzes keine Gtiltigkeit mehr besitzt. Eine pr~erenzunabhangige Beurteilung yon Investitionsprojekten ist damit im Allgemeinen nicht mehr m6glich. Zuweilen wird darauf hingewiesen, dass eine vertiefte Analyse des HirshleiferModells den Weg zu einem sogenannten Klienteleffekt weist, der in gewisser Weise eine Restitution des Separationsergebnisses von Fisher erm6glicht. Im Vgl. Hirshleifer (1958). Siehe aber auch Hirshleifer (1974). Darstellungen des Hirshleifer-Modells finden sich auch in zahlreichen anderen finanzwirtschaftlichen Lehrbtichern. Vgl. insbesondere Hax (1993), S. 77 ft., Drukarczyk (1993), S. 38 ft., Franke/Hax (2004), S. 158 ft., Schiifer (2005), S. 201 ft.
294
Abschnitt 1.3 wird daher zun~ichst der Kliemeleffekt gem~iB der in der Literatur tiblichen Form vorgestellt. Weil sich dabei allerdings eine Reihe yon Unstimmigkeiten im Verh~ilmis zum zuvor behandelten Hirshleifer-Modell ergibt, ist im Absehnitt 1.4 die sachgerechte Einpassung des Klienteleffekts in das HirshleiferModell im Detail zu problematisieren. Die Ausftihrungen schlieBen im Absehnitt 1.5 wie stets mit einer Zusammenfassung. 1.2
Das Hirshleifer-Modell
1.2.1
Die Annahmen
Abgesehen von einer entscheidenden Ausnahme, auf die wir in Ktirze zu sprechen kommen werden, sollen im Weiteren die gleichen Annahmen gelten, die auch schon im Kapitel II sowie im Abschnitt 1 des vorhergehenden Kapitels bei der Er6rtemng des Fisher-Modells zugrunde gelegt wurden. Das heigt, es wird ein Unternehmer im Rahmen eines Zwei-Zeitpunkte-Modells yon t = 0 bis t = 1 betrachtet. Seine Nutzenfunktion U h~ingt positiv yon seinem (nichtnegativen) Konsum C Oim Zeitpunkt t = 0 sowie von seinem (nichtnegativen) Konsum C l im Zeitpunkt t = 1 ab, wobei die Grenznutzenzuw~ichse aus steigendem Konsum C t in einem Zeitpunkt t = 0, 1 jedoch ceteris paribus abnehmend verlaufen. U - U(C0;C 1)
mit 0U > 0 , OCt
o2U < 0. OCt2
(1.1)
Im (C0;C0-Diagranun kann die Nutzenfunktion U tiber I n d i f f e r e n z k u r v e n dargestellt werden. Eine Indifferenzkurve stellt bekanntermagen den geometrischen Ort aller (C0;C0-Kombinationen dar, die aus Unternehmersicht gleichen Nutzen stiften. Je weiter auBen eine solche Indifferenzkurve liegt, desto gr6Ber ist das mit ihr verbundene Nutzenniveau. Ziel des Unternehmers wird es deswegen sein, eine m6glichst weit auBen gelegene Indifferenzkurve zu erreichen. Wie bisher sei an-
295 genommen, dass die Indifferenzkurven konvex verlaufen. 3 Der Unternehmer hat des Weiteren in t = 0 die M6glichkeit zur Durchftihrung yon Realinvestitionen I, die in t=l zu Ertr~igen F(I) f'tihren. Auch im Rahmen dieses Abschnitts sei dabei ein "stilisierter", durchgangig differenzierbarer Verlauf der Realinvestitionsfunktion F gem~iB dem Gesetz vom abnehrnenden Grenzertrag unterstellt. Das heiBt, mit steigendem Investitionsvolumen nimmt die Grenzrendite F'(I)-1 des Investitionsprogramms best~ndig ab. 4 Die Anfangsausstattung des Untemehmers bel~iuft sich auf W 0 Geldeinheiten Konsumm6glichkeiten in t = 0. Ftir ein beliebiges Investitionsvolumen I realisiert der Unternehmer damit folgende Konsumposition: CO = Wo-I , (1.2) C l = F(I) = F(Wo-Co). Die graphische Darstellung yon (1.2) im (C0;C1)-Diagramm wurde im Kapitel II als T r a n s f o r m a t i o n s k u r v e eingeftihrt. Sie beschreibt die M6glichkeiten des Untemehmers, durch Konsumverzicht in t = 0, also (Real-) Investitionen, seinen Konsum in t = 1 zu steigern. Neben der M6glichkeit zur Durchffitu'ung von Realinvestitionen habe der Unternehmer auch noch Zugang zu einem Kapitalmarkt. Dort kann er als Mengenanpasser Mittel zu einem Zinssatz i (s) aufnehmen bzw. zu einem niedrigeren Zinssatz i (H) anlegen und auf diese Weise KonsummOglichkeiten yon t = 1 nach t = 0 bzw. yon t = 0 nach t = 1 transferieren. Die Diskrepanz zwischen dem Zinssatz i(s) f'tir M i t t e l a u f n a h m e und dem Zinssatz i (H) f'tir Mittelanlage ist konstitutives Merkmal des
Hirshleifer-Modells.
Begrfindet wird sie mit der Existenz yon
T r a n s a k t i o n s k o s t e n im Zusammenhang mit der Abwicklung von Kapitalmarkt-
3
Vgl. zur Diskussion dieser Pr~iferenzannahmen Kapitel II dieses Buchs.
4
Vgl. auch hierzu schon Kapitel II dieses Buchs.
296 transaktionen. Generell ergeben sich Transaktionskosten schon aus dem erforderlichen Zeitaufwand zur Anbahnung und Umsetzung eines Mitteliiberlassungsvertrags, s Hirshleifer unterstellt somit einen augenscheinlich unvollkommenen Kapitalmarkt. Zur Veranschaulichung der Konsequenzen aus dem Anfall von Transaktionskosten sei stark vereinfacht angenommen, dass diese nur bei der Mittelrackzahlung auftreten. Dies fiihrt dann dazu, dass der Mittelabfluss beim Kapitalnehmer zum Zeitpunkt t = 1 tiber dem entsprechenden Mittelzufluss beim Kapitalgeber liegt. Die Spanne zwischen i (s) und i(m gibt deswegen in diesem Zusammenhang die H6he der Transaktionskosten in t = 1 an, die am Kapitalmarkt je urspriinglich aufgenommener bzw. angelegter Geldeinheit anfallen.
Beispiel 1.1: Angenommen, im Rahmen der Mittelaufnahme von t = 0 bis t = 1 ist brutto, das heiBt vor Abzug yon Transaktionskosten, eine Verzinsung von i (s) = 12 % zu gew~hren, und es fallen Transaktionskosten von 0,04 GE je zurtickgezahlter Geldeinheit (exclusive Zinsen) bei Rtickzahlung der aufgenommenen Mittel an. Dann resultiert ftir den Kapitalgeber in t = 1 nut noch ein Nettozufluss yon 1,12-0,04 = 1,08 GE je in t = 0 angelegter Geldeinheit und mithin ein Habenzinssatz i (m = 8%.
[]
Zweifellos ist es realit~itsngher, den wesentlichen Anfall der Transaktionskosten im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Abwicklung eines Mitteltiberlassungsvertrags auf den Zeitpunkt t = 0 zu beziehen. Dann aber kann die Spanne i(sLi (m nicht mehr so leicht wie bei vollst~indigem Transaktionskostenanfall in t -1 interpretiert werden.
Vgl. zu einer Systematisierung von Transaktionskosten beispielsweise Breuer (1993a), S. 60 ft. Umfassende Darstellungen yon Transaktionskosten als Quelle von Marktunvollkommenheiten finden sich insbesondere bei Richter/Furubotn (2003), S. 79 ft., und Neus (2005), S. 93 ft.
297
Beispiel 1.2: Angenommen, im Rahmen der Mittelaufnahme von t = 0 bis t = 1 ist netto an den Kapitalgeber in t = 1 eine Verzinsung yon i(m = 8 % zu gewahren. 4 % der in t = 0 erhaltenen Mittel werden aber unmittelbar durch Transaktionskosten aufgebraucht. Von 100 GE, die brutto in t = 0 tiberlassen werden, verbleiben dem Kapitalnehmer folglich nach Abzug der Transaktionskosten nur 96 GE, auf die in t = 1 insgesamt 100.1,08 = 108 GE zurtickzuzahlen sind. Dies entspricht einem Sollzinssatz i(s~ auf die netto zugeflossenen 96 GE von (108-96)/96 = 12,5 %, weswegen die Differenz i(s)-i(m hierbei nicht dem Transaktionskostensatz yon 4 % je aufgenommener oder von 4/96 = 4,17 % je netto erhaltener Geldeinheit entspricht.
[]
Ausgehend von einer beliebigen Konsumposition t---orC'cs)'c'(s~,-~ j, die der Unternehmer allein aufgrund seiner durchgeftihrten Realinvestitionen verwirklichen k6nnte, ftihrt die Aufnahme eines Kredits in H6he von K > 0 dazu, dass der Unternehmer in t = 0 sein Konsumniveau auf C o = Co(S)+K steigert. Daf'tir reduziert sich infolge der erforderlichen Kreditrtickzahlung sein Konsum im Zeitpunkt t = 1 auf C~ = c}S)-(l+i(s))-K. L6st man die Bestimmungsgleichung fur Co nach K auf und setzt das Ergebnis in die Bestimmungsgleichung ftir C~ ein, so erh~ilt man die Gleichung der sogenannten Kreditgeraden6: C 1 = C(1S) -(1 +i (sl). (C 0_~(os>),
(1.3)
wobei Co-Co(s) >_ 0, also K >_ 0, gelten muss, da eine Mittelanlage, K < 0, zu i (s) nicht m6glich ist. Die Kreditgerade beschreibt den geometrischen Ort aller (Co;C~)-Kombinationen, die der Untemehmer durch Aufnahme von Mitteln am Kapitalmarkt, ausgehend yon einer (dutch Realinvestitionen erreichten) Konsumposition tc(s)'c(sh realisieren kann. Die Steigung einer Kreditgeraden ist unabhS_ngig vom "Startpunkt" ~'~0c~(s)'~<s)~,'j--istets konstant -(l+i(s)). 7 Als Startpunkt kommt dabei jeder Punkt der Transformationskurve in Frage, da jede dieser Kombinationen
6
Vgl. zum Begriff Hirshleifer (1974), S. 197.
7
Vgl. die Kreditgeraden K § und K* in Abbildung 1.1.
298 von gegenw~irtigem und zukiinftigem Konsum durch entsprechende Realinvestitionen v o m Unternehmer erreichbar ist. Zu beachten ist, dass die Kreditgeraden dabei nur rechts vom jeweiligen Startpunkt verlaufen, da eine Mittelanlage zu i (s) (also der Fall C0-C0~s) < 0) nicht erfolgen kann. Pr~izise formuliert, handelt es sich hierbei demnach um "Halbgeraden".
Beispiel 1.3: Gegeben sei ein Unternehmer, der ohne die Durchfahmng von Kapitalmarkttransaktionen die Konsumallokation \r~(s).~(s~ ~-'0 "Vl I
=
(1,14;8,64) realisieren kann. Mit i(s)
= 12 % lautet die Gleichung der F~ ihn relevanten Kreditgeraden dann folgendermaBen: C 1 = 8,64-1,12.(Co-1,14 ) = 9,9168-1,12-Co, wobei Co > 1,14 GE zu beachten ist.
(1.4) []
Legt der Unternehmer stattdessen einen Betrag A > 0, ausgehend yon einer Konsumposition (C(0H);C~H))8, zum daftir maBgeblichen Zinssatz i(mvon t = 0 bis t = 1 an, dann reduziert sich sein Konsumniveau in t = 0 auf C o = C~0m-A. Daftir erh6hen sich seine Konsumm6glichkeiten des Zeitpunktes t = 1 auf C1 = C lm+(l+i (m) "A. Durch Aufl6sung der B estimmungsgleichung fiir C o nach A und Einsetzen des Ergebnisses in die Bestimmungsgleichung ftir C~ gelangt man zur sogenannten Darlehnsgeradeng: C, = Cl(m+(1 +iOn) 9(C(o~-Co),
(1.5)
wobei C(0m-Co > 0, also A > 0, gelten muss, da eine Mittelaufnahme, A < 0, zu i(m nicht in Frage kommt. Die Darlehnsgerade beschreibt den geometrischen Ort
Die Unterscheidung der "Startpositionen" ~---0rc'~s~'c'(s)a,-~l ~ und ~"0r~(")'~(H)a,'~~l erfolgt bereits an dieser Stelle, weil sich schon sehr bald zeigen wird, dass der Unternehmer je nach angestrebten Kapitalmarkttransaktionen auch unterschiedliche Realinvestitionsvolumina realisieren wird. 9
Vgl. zum Begriff erneut
Hirshleifer (1974), S. 197.
299 aller (C0;C0-Kombinationen, die der Unternehmer durch Anlage von Mitteln am Kapitalmarkt, ausgehend von einer (durch Realinvestitionen erreichten) Konsumm
u
position (C0~m;C}m),realisieren kann. Auch die Steigung der Darlehnsgeraden ist startpunktunabh~_ngig stets konstant, und zwar gleich -(l+i(m). 1~Darlehnsgeraden verlaufen damit flacher als die entsprechenden Kreditgeraden, wobei die Steigungsdifferenz mit wachsenden Transaktionskosten zunimmt. Des Weiteren ist erneut jeder Punkt der Transformationskurve als Startpunkt far eine Darlehnsgerade denkbar und handelt es sich abermals nur um Halbgeraden, da eine Verschuldung zu i (m (also der Fall C0(m-C0 < 0) nicht m6glich ist.
Beispiel 1.4: Gegeben sei ein Umernehmer, der ohne die DurchfiLhrung von Kapitalmarkttransaktionen die Konsumallokation t'~0 t~(m.~(i% ,,-q J = (5,85;8,96) realisieren kann. Mit i ~m = 8 % lautet die Gleichung der ftir ihn relevanten Darlehnsgeraden dann: C 1 --
8,96+1,08"(5,85-Co) = 15,278-1,08-Co,
wobei Co < 5,85 GE zu beachten ist. 1.2.2
(1.6) []
Optimale Investitionsentscheidungen im Hirshleifer-ModeU
UnabhSaagig v o n d e r konkret angenommenen Nutzenfunktion U des Untemehmers ist fur diesen auf jeden Fall nur die am weitesten augen gelegene yon allen tiberhaupt erreichbaren Kreditgeraden von Interesse. Denn alle Punkte auf weiter innen gelegenen Kreditgeraden werden entweder durch Punkte auf der ~iugersten Kreditgeraden oder durch Punkte auf der Transformationskurve derart dominiert, dass sowohl ein nichtniedrigeres heutiges als auch ein nichmiedrigeres zukiinftiges Konsumniveau, also mindestens der gleiche Nutzenwert wie bei dem betreffenden Punkt auf der innen gelegenen Kreditgeraden, erreichbar ist. Die einzig relevante Kreditgerade ist dabei gerade Tangente an die Transformationskurve des Unternehmers und in Abbildung 1.1 mit K* bezeichnet. Sofern sich der Unter-
lo
Vgl. die Darlehnsgeraden D + und D* in Abbildung 1.1.
300 nehmer also in t = 0 verschulden m6chte, wird er es stets auf der Grundlage des in Abbildung 1.1 mit I (s)* bezeichneten Realinvestitionsvolumens tun.
C1
D* F(Wo)-
U~H)
~(s~r
..................................................... ~..........................................
o
~s)
Wo
Co
Y
i(s)* N"-
J
~(H), Abbildung 1.1: Transformationskurve, Darlehns- und Kreditgeraden im Hirshleifer-Modell Beispiel 1.5: Betrachtet sei ein Unternehmer mit einer Verm6gensanfangsausstattung in t = 0 in H6he von W o = 5 GE. Seine Investifionsertragsfunktion sei F(I) = 4,4-I ~ und entspreche damit der aus Beispiel 1.6 des Kapitels II. Der Kapitalmarktzinssatz i~s~ fOr Mittelaufnahrne von t = 0 bis t = 1 betrage 12 %. Unter der Voraussetzung, dass sich der Untemehmer am Kapitalmarkt zu verschulden beabsichfigt, muss die Steigung der Transformationskurve, -F'(I), beim optimalen untemehmerischen Investitionsvolumen I ~s)* gerade dem Wert -1,12 entsprechen:
301
2,2 _ - 1 , 1 2 ** I (sl* -~ 3,86 GE.
(1.7)
m
Mit I (s)* = 3,86 GE sowie W 0 = 5 GE erh~ilt man unmittelbar C(0s~ = 1,14 GE trod CI s) = 8,64 GE. Die Gleichung der vom Unternehmer bei optimalem Investitionsverhalten (ungeffihr) erreichbaren Kreditgeraden stimmt folglich mit der im Beispiel 1.3 berechneten tiberein.
[]
Auf der Grundlage der gleichen Lrberlegung ist von allen erreichbaren Darlehnsgeraden nur die am weitesten augen gelegene n~iher zu betrachten, und diese ist ebenfalls Tangente an die Transformationskurve. In Abbildung 1.1 ist diese Darlehnsgerade mit D* charakterisiert. Falls der Unternehmer demnach in t = 0 Mittel am Kapitalmarkt anlegen m6chte, wird er dies nur auf der Grundlage des in Ab-
bildung 1.1 mit I (n)* bezeichneten Realinvestitionsvolumens ran. Beispiel 1.6:
Betrachtet sei wieder der Unternehmer aus Beispiel 1.5, nun aber mit einem Anfangsverm6gen von W 0 = 10 GE. Der Kapitalmarktzinssatz i ~m ftir Mittelanlage yon t = 0 bis t -- 1 betrage 8 %. Sofern der Unternehmer in t = 0 einen Teil seiner Anfangsausstattung bis t = 1 anzulegen gedenkt, wird er zugleich ein solches Realinvestitionsvolumen I ~
anstreben, dass die Steigung der Transforma-
tionskurve, -F'(I), gerade den Wert -1,08 annimmt: 2,2 - -1,08 ,=, I fits* ~- 4,15 GE.
(1.8)
3 Mit I (m* = 4,15 GE sowie W 0 = 10 GE erh~ilt man unmittelbar C~oH) = 5,85 GE und GI n) = 8,96 GE. Die Gleichung der vom Unternehmer bei optimalem Investitionsverhalten (ungef'ahr) erreichbaren Darlehnsgeraden entspricht folglich der im Beispiel 1.4 ermittelten.
[]
In der Tat kommen als n u t z e n m a x i m i e r e n d e K o n s u m n i v e a u s nur Punkte auf K* oder D* sowie auf dem dazwischen liegenden Verbindungssttick T d e r Transfor-
3O2 mationskurve in Frage. Im Weiteren sei yon Randl6sungen abgesehen. Unter dieser Voraussetzung wird die optimale untemehmerische Konsumallokation durch einen (eindeutigen) Tangentialpunkt einer Indifferenzkurve mit K*, D* oder T beschrieben. Wo dieser Tangentialpunkt dabei konkret liegt, kann nur einzelfallabh~ingig bestimmt werden. Sollte das unternehmerische Nutzenmaximum auf der Kreditgeraden liegen, wird der Unternehmer das Realinvestitionsvolumen I (s)* ~(s) W0-~ 0 anstreben und sich anschlieBend auf dem Kapitalmarkt zu i~s) verschul-
=
den. Die Verschuldung am Kapitalmarkt zum Zwecke der Steigerung von C o ist besser, als das Investitionsvolumen unter das Niveau I (s)* hin einzuschr~nken, weil die Grenzrendite der Invesfifionen ffir Volumina unterhalb yon I {s)* h6her als i(s) ist und somit die Einbu6e an ktinftigem Konsum durch Reduktion des Realinvesfitionsvolumens ausgepr~gter ist als durch Verschuldung zu i (s). Wie schon im Rahmen des Fisher-Modells spricht man hier davon, dass der Unternehmer vom S c h u l d n e r t y p ist. Ein Untemehmer dieses Typs hat im Verh~iltnis zu seiner Anfangsausstattung vergleichsweise ausgepr~gte Gegenwartspr~ferenzen. Insbesondere bei sehr niedriger Anfangsausstattung wird ein Unternehmer im Allgemeinen vom Schuldnertyp sein. Gilt etwa W 0 = 0 GE, ist der betrachtete Umernehmer ffir jede beliebige Nutzenfunkfion U(C0;C1) (notgedrungen) als zum Schuldnertyp geh6rig zu klassifizieren. Wir werden auf diesen Umstand im n~ichsten Abschnitt noch zufiickkommen. Der Schuldnertyp investiert so lange, bis die Grenzrendite F'(I)-1 aus Realinvestitionen dem Sollzinssatz i (s) entspricht. In v611iger Analogie zu den Ausf'tihrungen im Rahmen der Er6rterung des Fisher-Modells ist die am weitesten auf3en liegende yon allen erreichbaren Kreditgeraden dadurch gekennzeichnet, dass ihr C0Achsenabschnitt maximal ist. Dieser wiederum entspricht der Summe aus dem untemehmerischen Anfangsverm6gen W 0 und dem auf der Grundlage von i(s) berechneten Kapitalwert der unternehmerischen Realinvestitionen. Der Schuldnertyp maximiert also seinen Kapitalwert aus Realinvestitionen bei Ansatz eines KalkulationszinsfuBes i (s).
303
Beispiel 1.7: Gegeben sei der Untemehmer aus Beispiel 1.5. Zusiitzlich sei angenommen, dass seine Nutzenfunktion durch U(Co;C1) = c,o.3.c,o,7 ---o ---1 beschrieben werden k6nne. Sofern der Unternehmer vom Schuldnertyp ist, ist ftir ihn die in den Beispielen 1.3 und 1.5 genannte Kreditgerade maggeblich. Wenn sein Konsumoptimum in der Tat auf der Kreditgeraden liegen sollte, dann muss es einen Wert C O> 1,14 GE so geben, dass die folgenden beiden Bedingungen erffillt sind: 11 10
I.
II.
_3
~ 7 .Co 7 _- 9,9168_1,12.Co ' (1.9)
~o _1o R.U-5-.Co 7 = 1,12. 7
Diese beiden Bedingungen sind von ihrer Struktur her schon aus Beispiel 1.3 im Rahmen des Abschnitts 1 des vorhergehenden Kapitels bekannt. Konkret ist eine Indifferenzkurve mit (maximalem) Nutzenniveau U gesucht, die einen Punkt mit der Kreditgeraden gemeinsam hat (I.) und in diesem Punkt fiber eine Grenzrate der Substitution von 1,12 verffigt (II.). Die simultane L6sung der beiden Gleichungen aus (1.9) liefert C o
2,66 GE sowie U* = 5,21. Durch Einsetzen von
Co = 2,66 GE in die Gleichung der Kreditgeraden ergibt sich des Weiteren C~ -~ 6,94 GE. Wegen C0~s) = 1,14 GE < Co = 2,66 GE t~itigt der Unternehmer also infolge von im Verh~iltnis zu seiner Anfangsausstattung recht stark ausgepr~igten Gegenwartspr~iferenzen zur teilweisen Finanzierung seiner beabsichtigten Realinvestitionen im Umfang I (s)* = 3,86 GE eine Mittelaufnahme von etwa 1,52 GE.
11
[]
Die Restriktion Co > 1,14 GE ist zu beachten, weil die hier relevante ditgerade nur ffir solche C0-Werte definiert ist. Sollte sich aus (1.9) L6sung mit C o < 1,14 GE ergeben, so impliziert dies schlicht, dass das zenmaximum des Unternehmers nicht auf der Kreditgeraden liegt u n d e r lich nicht vom Schuldnertyp ist.
Kreeine Nutfolg-
304 Sollte sich das Nutzenmaximum des Unternehmers auf der Darlehnsgeraden befinden, dann impliziert dies zugleich ein Realinvestitionsvolumen von I (m* -- W o~(H) o und die zus~itzliche Anlage eines bestimmten Betrags am Kapitalmarkt zum Habenzinssatz i (m. Letzteres ist ertragreicher, als das Investitionsvolumen fiber I (m* hinaus auszudehnen, da der Grenzertrag F'(I) weiterer Investitionen unterhalb von l+i (m, die Grenzrendite F'(I)-I aus weiteren Investitionen also unterhalb des Habenzinssatzes liegt. Im Falle der Mittelanlage am Kapitalmarkt spricht man bekanntermagen vom Vorliegen eines Anlegertyps. Dieser Typ ist durch eine im Verh~iltnis zu seiner Anfangsausstattung vergleichsweise geringe Gegenwartspr~iferenz charakterisiert. Insbesondere bei sehr hoher Anfangsausstattung wird ein Unternehmer im Allgemeinen vom Anlegertyp sein. Das optimale Investitionsvolumen I (m* des Anlegertyps ist demnach durch die Gleichheit von Grenzrendite F'(I)-1 und Habenzinssatz i (m charakterisiert. Da i(H) < i (s) und das Gesetz vom abnehmenden Grenzertrag f'tir Realinvestitionen angenommen wurden, folgt bereits hieraus, dass der Anlegertyp ein h6heres Investitionsvolumen I (m* als der Schuldnertyp mit I (s)* realisiert. Des Weiteren l~iuft das optimale Investitionsverhalten auch des Anlegertyps auf Kapitalwertmaximierung hinaus, und zwar auf der Grundlage eines Kalkulationszinsfuges i(m.
Beispiel 1.8: Gegeben sei der Untemehmer aus Beispiel 1.6. Zus~itzlich sei angenommen, dass seine Nutzenfunktion wie schon im Beispiel 1.7 durch U(C0;C1) = (~0,3 ---0 .t~0,7 -~1 beschrieben werden k6nne. Der einzige Unterschied zum Beispiel 1.7 besteht damit in der nunmehr mit W 0 = 10 GE h6heren Anfangsausstattung. Sofern der Unternehmer infolge seines h6heren Anfangsverm6gens vom Anlegertypist, ist ffir ihn die in den Beispielen 1.4 und 1.6 genannte Darlehnsgerade mal3geblich. Wenn sein Konsumoptimum in der Tat auf der Darlehnsgerade liegen sollte, dann muss es einen Wert C o < 5,85 GE so geben, dass die folgenden
305 beiden Bedingungen erftillt sind: ~2 10
I.
_3
0 7 .Co 7 = 15,278_1,08.Co '
II.
(1.10)
~o 3 . U 7 . C o 7 = 1,08. 7 ~0
_
Gesucht ist eine Indifferenzkurve mit (maximalem) Nutzenniveau U, die einen Punkt mit der Darlehnsgeraden gemeinsam hat (I.) und in diesem Punkt tiber eine Grenzrate der Substitution von 1,08 verftigt (II.). Die simultane L6sung der beiden Gleichungen aus (1.10) liefert C o = 4,24 GE sowie U* -- 8,1. Durch Einsetzen von Co -- 4,24 GE in die Gleichung der Darlehnsgeraden resultiert des Weiteren C~ = 10,7 GE. Wegen ~ m
5,85 GE > C o ~ 4,24 GE ttitigt der Unter-
nehmer also infolge im Verhtiltnis zu seiner Anfangsausstattung recht stark ausgeprtigter Zukunftsprtiferenzen zustitzlich zu seinen Realinvestitionen im Umfang I ~m* = 4,15 GE noch eine Kapitalmarktanlage von etwa 1,61 GE.
[]
SchlieBlich ist noch denkbar, dass sich das Nutzenmaximum auf der Transformationskurve zwischen den oder auf den beiden Tangentialpunkten befindet. Unter dieser Voraussetzung liegt das zugeh6rige Investitionsvolumen I (N)* zwischen I (s)* und I (m*. Eine genauere Spezifikation von I (N)* ist nicht m6glich, da sich jedes Investitionsvolumen aus dem (geschlossenen) Intervall [I(S)*;I(m*] aus Sicht eines Unternehmers als optimal erweisen kann, sofern nur passende Zeitprtiferenzen und Anfangsausstattung angenommen werden. Eine Mittelaufnahme oder -anlage am Kapitalmarkt kommt hierbei in jedem Falle nicht zustande. Aus diesem Grun~(N)'~(Nh de gilt t'-~o ,,~1 = (Co;C~): Der vom Untemehmer durch sein Realinvestitionsvolumen erreichte Startpunkt (C0(N);CIN)) f'ttr Kapitalmarkttransaktionen ftillt mit dem Konsumoptimum (C;;C~) zusammen. Man spricht hierbei vom " n e u t r a l e n " Un-
12
Die Begriindung f'~ die Berticksichtigung der Restriktion C O < 5,85 GE ist analog zu der im Zusammenhang mit der Restriktion C o > 1,14 GE aus dem vorhergehenden Beispiel 1.7.
306 ternehmertyp. Der neutrale Typ verftigt tiber moderate Gegenwarts- und Zukunftspr~iferenzen in Relation zu seinem Anfangsverm6gen und realisiert dabei eine Grenzrendite F'(I(N)*)- 1, die im Optimum zwischen den Werten i (mund i(s) liegt. Nattirlich kann m a n zum optimalen Konsumpunkt (C0(N),C}N)) = (C0;C~) eines Neutralen stets eine Kapitalmarktgerade mit Steigung -[ I+F'(I(N)*) - 1] = -F'(I (N)*) definieren, die zur Tangente an die Transformationskurve im Punkt ~'-'0c~(N)'~(N)~,', ~Iwird. Von allen Geraden mit dieser Steigung ist sie dann die am weitesten augen gelegene, und um sie zu erreichen, muss der Unternehmer sein Realinvestitionsvolumen derart wS.hlen, dass dessen Kapitalwert bei Ansetzung eines Kalkulationszinsful3es F'(I(N)*)-I mit i (H) < F'(I(N)*)-I _< i(s) maximiert wird. Beispiel 1.9: Gegeben sei erneut der Unternehmer aus den Beispielen 1.7 und 1.8, dieses Mal aber mit einem Anfangsverm6gen W 0 = 7,5 GE. Aus den Beispielen 1.5 und 1.6 ist bereits bekannt, dass I (s)* = 3,86 GE und I (m* = 4,15 GE gilt. Wenn sich der Unternehmer ftir diese Anfangsausstattung "neutral" verh~ilt, dann muss sein optimales Investitionsvolumen folglich zwischen (ungef'fihr) 3,86 GE und 4,15 GE liegen und sein optimaler Gegenwartskonsum entsprechend einen Wert zwischen (ungef~hr) 7,5-4,15 = 3,35 GE und 7,5-3,86 = 3,64 GE annehmen. Anders formulien, muss es einen Wert C o m i t 3,35 < C o < 3,64 geben, so dass die folgenden beiden Bedingungen erftillt sind: lo I.
U
7
_3 .Co 7 10
II.
--
4,4"7V/-~,5-Co, (1.11)
10
-R-UY'C,, " 5- -
2,2
7
Bedingung I. in (1.11) stellt sicher, dass ein gemeinsamer Punkt von Transformationskurve und Indifferenzkurve betrachtet wird. Bedingung II. in (1.11) g e w ~ r -
307 leistet, dass es sich bei diesem gemeinsamen Punkt um einen Tangentialpunkt handelt. Die numerische L6sung dieser beiden Gleichungen f'tthrt zu einem optimalen Gegenwartskonsum yon etwa 3,46 GE, einem zugeh6rigen Investitionsvolumen von ca. 4,04 GE sowie Zukunftskonsum von ungef'~r 8,84 GE. Der Unternehmer erreicht damit insgesamt ein Nutzenniveau in H6he yon nRherungsweise 6,67. Weil 3,35 < Co < 3,64 gilt, ist gewahrleistet, dass der Tangentialpunkt aus Transformations- und Indifferenzkurve in einem Bereich liegt, der nicht von Punkten auf der Kreditgeraden K* oder der Darlehnsgeraden D* dominiert wird, was ansonsten dazu f'dhrte, dass sich die eingangs aufgestellte Hypothese, es mit einem "neutralen" Unternehmer zu tun zu haben, als widersprtichlich erwiese. In
Abbildung 1.1 wurde dieser nicht dominierte Bereich der Transformationskurve mit "T" bezeichnet. Die Grenzrendite auf Realinvestitionen im unternehmerischen Konsumoptimtma betr~igt ungef'ghr 9,45 %, wie sich durch Einsetzen des optimalen untemehmerischen Gegenwartskonsums in die rechte Seite der Gleichung II. aus (1.11) leicht tiberprtifen l~isst. Das heiBt, wfirde der Unternehmer bei Ansatz eines derartigen Kalkulationszinsfui3es den Kapitalwert seines Investitionsprogramms maximieren wollen, erhielte man erneut I(N)* -- 4,04 GE:
K-
4,4-~ I~m~.! 1,0945 I
l 4,4 -1=0 2" v/I 91,0945
(1.12)
9~ I (m* ~ 4,04 GE
Das Kapitalwertkriterium ist demnach bei Voraussetzung eines KalkulationszinsfuBes von etwa 9,45 % auch hier anwendbar.
[]
Auf der Grundlage der obigen Uberlegungen gelangt man damit zu einigen wesentlichen Erkenntnissen hinsichtlich des optimalen tmternehmerischen Realinves-
308 titionsverhaltens bei unvollkommenem Kapitalmarkt. Zun~ichst einmal ist augenscheinlich, dass sich das optimale Realinvestitionsvolumen des Unternehmers als generell pr~iferenz- u n d vermiigensabhiingig erweist. Die auf einem vollkommenen Kapitalmarkt gtiltige Fisher-Separation kann hier demnach nicht gefolgert werden. Anf eine genaue Kenntnis der unternehmerischen Zeitpr~iferenzen und Anfangsausstattung kann lediglich insofern verzichtet werden, als die Information, mit einem Anlegertyp konfrontiert zu sein, eindeutig das optimale Investitionsvolumen I* = I (m* determiniert, w~Jarend aus Kenntnis des Vorliegens eines Schuldnertyps sofort auf I* = I (s)* geschlossen werden kann. Sofern nur bekannt ist, dass der Untemehmer vom neutralen Typist, kann I* lediglich auf Werte zwischen I (s)* und I (H~* eingegrenzt werden. Letzteres gilt auch schon, wenn man nichts Genaueres tiber die untemehmerischen Zeitpr~iferenzen weig. Des Weiteren aber bleibt das K a p i t a l w e r t k r i t e r i u m in modifizierter Form g~iltig: Ftir jeden Unternehmer existiert nRmlich stets ein Kalkulationszinsful3 i mit i (H~< i _< i (s), so dass sich auf dieser Grundlage das subjektiv-optimale Realinvestitionsvolumen des betreffenden Unternehmers zugleich als kapitalwertmaximierend erweist. W~hrend allerdings im Rahmen des Fisher-Modells der relevante KalkulationszinsfuB mit dem Kapitalmarktzinssatz i eindeutig und fur jeden Untemehmer gleichermaBen a priori festliegt, erweist sich der maBgebliche KalkulationszinsfuB im Rahmen des Hirshleifer-Modells als pr~iferenz- u n d vermiJgensabhiingig. F/Jr sehr ausgepr~igte Gegenwartspr~iferenzen in Relation zur monet~iren Anfangsausstattung ist i~n) zu nutzen, ftir starke Zukunftspr~iferenzen hingegen i(s)o Im Falle moderater (oder g~inzlich unbekannter) Zeitpr~iferenzen liegt der ad~iquate Kalkulationszinsful3 ("irgendwo") zwischen den beiden Extremen. Well der anzusetzende KalkulationszinsfuB im Rahmen von Kapitalwertberechnungen hier genaugenommen erst bekannt ist, wenn man das optimale Realinvestitionsvolumen eines Unternehmers kennt, spricht man auch von einem " e n d o g e n e n " KalkulationszinsfuB im Gegensatz zum exogenen KalkulationszinsfuB aus dem
Fisher-Modell.
309 Die Existenz endogener Kalkulationszinsf'tige ist dabei nicht an die Voraussetzungen des
Hirshleifer-Modells gebunden. Beispielsweise existiert auch in einer
Situation wie der aus Kapitel II, also ohne jeglichen unternehmerischen Kapitalmarktzugang, stets ein passender Kalkulationszinsful3, so dass die tmternehmerische Realinvestitionsentscheidung als kapitalwertmaximierend interpretiert werden kann. Dieser Umstand ergibt sich unmittelbar aus der Diskussion des neutralen Typs im Rahmen dieses Abschnitts. Dieser n~aalich kann schon definitionsgemhg so behandelt werden, als g~ibe es keinen Kapitalmarktzugang. Der anzusetzende relevante Kalkulationszinsfug entspricht hierbei stets der Grenzrendite aus Realinvestitionen bei Optimalverhalten. Ad~iquate endogene Kalkulationszinsftil3e ftir die einzelnen Perioden gibt es des Weiteren auch dann, wenn man eine Mehr-Perioden-Betrachtung vornimmt. Wir werden auf diesen Umstand in einem sp~iteren Abschnitt noch n~iher eingehen. Ferner besitzt die Kapitalwertformel auf der Grundlage der endogenen Kalkulationszinsftil3e nattirlich weiterhin die Eigenschaft der Wertadditivitiit. Das bedeutet unter anderem, dass bei Ansatz der endogenen Kalkulationszinsftil3e zur Kapitalwertberechnung eine Einzelprojektbeurteilung m6glich ist. 13 Augenscheinlich kommt endogenen Kalkulationszinsftigen mehr konzeptionelle denn praktische Bedeutung zu, da sie zwar eine theoretische Begrtindung f'tir die Anwendung des Kapitalwertkriteriums liefern, aber ihre exakte Auspr~igung grunds~itzlich erst nach Ltisung des jeweiligen Entscheidungsproblems bekannt ist, also dann, wenn ihre Kennmis gar nicht mehr erforderlich ist.
13
Diese Erkenntnis widerspricht nicht der Feststellung aus Abschnitt 1 des Kapitels III, dass bei fehlendem Zugang zu einem vollkommenen Kapitalmarkt keine Einzelprojektbeurteilung erfolgen kann. Zu beachten ist n~imlich, dass die Auspr~igungen der endogenen Kalkulationszinsftige bei fehlendem oder nicht vollkommenem Kapitalmarkt von den verftigbaren Investitionsprojekten abhiingen werden und sich hieraus Interdependenzen bei der Beurteilung der einzelnen verftigbaren Investitionsprojekte ergeben. Nur fiir als gegeben angenommene "endogene" KalkulationszinsRige besteht demnach eine (Schein-) M6glichkeit der Einzelprojektbeurteilung.
310 Allerdings kann es schon hilfreich sein, wenigstens zu wissen, in welchen Grenzen der ad~iquate Kalkulationszinsful3 liegen wird. Aus der Tatsache etwa, dass i > i (m gilt, folgt unmittelbar im Rahmen der hier relevanten Zwei-ZeitpunkteBetrachtung, dass alle Investitionen mit einem negativen Kapitalwert ffir i = i (m von keinem Unternehmer realisiert werden, da der negative Kapitalwert dann auch ffir alle h6heren Kalkulationszinsftil3e resultiert. In entsprechender Weise verffigt ein Investitionsprojekt mit nichtnegativem Kapitalwert ffir i = i (s~ fiber einen ebensolchen ffir jeden anderen Kalkulationszinsful3 i < i (s). Investitionen mit ~: > 0 ffir i = i (s) werden daher von jedem Untemehmer durchgeffihrt. TM Als kritisch erweisen sich mithin solche Projekte, die ftir i = i (m fiber einen nichmegativen Kapitalwert verftigen (ftir den Anlegertyp demnach interessant sind), gleichzeitig aber durch ~ < 0 ffir i = i (s) charakterisiert sind (ftir den Schuldnertyp daher nicht in Frage kommen). Die Betrachttmg endogener Kalkulationszinsftil3e erm6glicht demnach zumindest in Grenzen noch eine gewisse Vorselektion yon Investitionsprojekten in solche, die auf keinen Fall realisiert werden sollten, solche, die auf jeden Fall durchgeffihrt werden sollten, und solche, deren Beurteilung pr~iferenz- und anfangsverm6gensabh~ingig ist.
Beispiel 1.10: Gegeben sei ein Kapitalmarkt mit
i ~H) =
8 % sowie i~s) = 12 % im Rahmen einer
Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung. Ein Unternehmer habe Zugang zu drei unabh~ingig voneinander durchffihrbaren Projekten 1, 2 und 3 gem~ig Tabelle 1.1.
14 Unterstellt wird hierbei wie schon in frfiheren Abschnitten, dass bei einem Kapitalwert von Null ebenfalls noch Projektdurchffihrung erfolgt.
311 0
t
1O0
120
zl2)
-50
53
Zl 3)
-120
132
Z(1) t
-
Tabelle 1.1: Zahlungsreihe dreier Investitionsprojekte 1, 2, 3
Die Kapitalwerte der drei Projekte sind ftir i(s) = 12 % sowie i(m = 8 % in Tabelle 1.2 aufgeffihrt.
8%
12%
~c(~)
11,11
7,14
~c(2)
-0,93
-2,68
N(3)
2,22
-2,14
i
Tabelle 1.2: Kapitalwerte dreier Investitionsprojekte 1, 2, 3 ftir
i (H) =
8 % bzw.
i(s~ = 12 % (auf zwei Stellen genau gerundet) Man erkennt ohne weiteres, dass Projekt 1 selbst ffir i (s) = 12 % fiber einen positiven Kapitalwert verffigt. Unabhgngig von der konkreten Verm6gensanfangsausstattung des Unternehmers und seinen Pr~iferenzen wird sich deshalb die Realisation von Projekt 1 als vorteilhaft erweisen. Aus einem entsprechenden Grund wird Projekt 2 mit einem schon ffir i(m = 8 % negativen Kapitalwert auf keinen Fall durchgeffihrt. Einzelfallabh~ingig ist hingegen die Beurteilung des Investitionsprojekts 3, da es mit einem positiven Kapitalwert ffir i(m = 8 % aus Sicht eines Anlegertyps vorteilhaft ist, wahrend ein Schuldnertyp wegen des negativen Projektkapitalwertes ffir i (s) = 12 % auf die Investition verzichtete. Innerhalb der Gruppe der Neutralen schlieBlich wird man sowohl Unternehmer finden, die Pro-
312 jekt 3 durchzuf'tihren wtinschen, als auch solche, die darauf lieber verzichten [] werden.
1.2.3
Marktwert von Investitionsmiiglichkeiten
Nicht mehr m6glich ist es ferner im Allgemeinen, den Kapitalwert eines Investitionsprojekts bei Zugrundelegung des "korrekten" Kalkulationszinsful3es als Vermiigensmehrung aus Sicht des Zeitpunktes t = 0 bei Durchftihrung des Investitionsprojekts zu bezeichnen. Die Verm6gensmehrung aus Sicht des Zeitpunktes t = 0 ist vielmehr stets unter Zugrundelegung des Sollzinssatzes zu bestimmen, da nur zu diesem eine Kreditaufnahme in t = 0 m6glich ist. In entsprechender Weise lockert sich die Beziehung zwischen dem Kapitalwert eines Investitionsprojekts und dem Marktwert der damit verbundenen Investitionsm6glichkeit. Zur Veranschaulichung sei die obere Graphik aus Abbildung 1.2 betrachtet ("Situation 1"). Angenommen wurde hier, dass ein Investitionsprojekt zu Einzahlungen C1 > 0 im Zeitpunkt t = 1 f'tihrt. Ferner gebe es einen Unternehmer, der lediglich tiber ein Anfangsverm6gen W 0 in t = 0 ohne zus~itzliche Realinvestitionsm6glichkeiten verftigt und unter diesen Voraussetzungen den intertemporalen Konsumplan (Co;C ~) mit C1 > C1 anstrebt. Dieser Unternehmer w ~ e bereit, maximal den Betrag W0-C 0 in t = 0 zum Erwerb der Einzahlung C1 des Zeitpunktes t = 1 aus dem Investitionsprojekt aufzuwenden, denn von dem damit erreichbaren Punkt (C0;CI) aus k6nnte er sodann durch zus~itzliche Mittelanlage das gleiche Konsumoptimum wie vor dem Erwerb von C~ realisieren. Der aufzuwendende Betrag wiederum besteht aus dem Kaufpreis V (V f'tir engl. "value") der dem Projekt zugrtmdeliegenden Investitionsm6glichkeit zuztiglich der Anfangsauszahlung A 0. Weil die Differenz zwischen W o und C0 dem Kapitalwert von C~ bei Ansatz von i (H) entspricht, ist der Erwerb der Investitionsm6glichkeit aus Sicht des betrachteten Unternehmers genau dann von Vorteil] 5 wenn
Bei Gleichheit in (1.13) besteht nattirlich genaugenommen Indifferenz zwischen dem Erwerb der Investitionsm6glichkeit und dem Verzicht hierauf aus Sicht des Unternehrners. Insofern ist der Erwerb dann nur "schwach" vorteilhaft.
313 m
C1
1 +i ~ Cl l+iem
_> V+A o (1.13) -Ao 2 V
und somit der Projektkapitalwert bei Berechnung mittels i(m nicht kleiner als der Kaufpreis V ist. Aufgrund v611ig analoger 0berlegungen wtirde der betreffende Unternehmer beim Verkauf der Investitionsm6glichkeit mindestens einen Preis V verlangen, der dem Projektkapitalwert ftir i -- i (m entspricht, sofem er allein durch Realinvestitionen den Konsumpunkt (Co;C0 erreichen k6nnte, also wenn sich sein Anfangsverm6gen W 0 nach Abzug der Anfangsauszahlung A o fiir die Realinvestition gerade noch auf C0 beliefe.
Beispiel 1.11: (~0,3 .(-~0,7 Betrachtet sei ein Unternehmer mit der Nutzenfunktion U(Co;C 0 = ---0 -~l und
einem Anfangsverm6gen W o = 211,11 GE in t = 0. Der am Kapitalmarkt gtiltige Habenzinssatz ftir Mittelanlage yon t = 0 bis t = 1 belaufe sich auf i m) = 8 %, der entsprechende Sollzinssatz sei i(s)= 12 %. In Ermangelung einer positiven Anfangsausstattung mit Konsumm/3glichkeiten in t = 1 ist for den betrachteten Untemehmer lediglich die in dem Punkt (211,11;0) beginnende Darlehnsgerade relevant. Auf dieser Grundlage erh~ilt man die optimale untemehmerische Konsumallokation durch Bestimmung des Tangentialpunktes von Darlehnsgerade und unternehmerischer Indifferenzkurvenschar. Der erforderliche Ansatz entspricht unter Beachtung der nunmehr relevanten Darlehnsgeradengleichung C~ = 1,08-(211,11-Co) strukturell den beiden Gleichungen aus (1.10) im Rahmen des Beispiels 1.8. Man erh~ilt hierbei schliel31ich C o = 63,33 GE und C 1 ~ 159,6 GE.
314 Der Unternehmer k6nne nun ein Investitionsprojekt mit Einzahlungen von 120 GE in t = 1 und einer Anfangsauszahlung von 100 GE in t -- 0 erlangen. Es handelt sich folglich um Projekt 1 aus Tabelle 1.1 des vorhergehenden Beispiels. Der zu i (m -- 8 % berechnete Projektkapitalwert dieser kiinftigen Einzahlungen betr~igt gem~g Tabelle 1.2 ungef'~hr 11,11 GE. Solange der Preis V far den Erwerb dieser Investitionsm6glichkeit nicht fiber ungefahr 11,11 GE liegt, ist die Beschaffung der Investitionsm6glichkeit ffir den Unternehmer nicht nachteilig. Far V = 11,11 GE ist der Unternehmer gerade indifferent zwischen Beschaffung und NichtBeschaffung des betreffenden Investitionsprojekts. Im Falle des Erwerbs der Investitionsm6glichkeit zu V = 11,11 GE und anschliegender Projektdurchftthrung realisiert der Unternehmer die Konsumallokation (C0;C 0 = (100;120). Durch Anlage eines Betrags in H6he von ungef~ihr 100-63,33 = 36,67 GE von t = 0 zu t -- 1 kann der Unternehmer ann~ihernd die gleiche (und fiberdies bei Projekterwerb weiterhin optimale) Konsumallokation (63,33;159,6) wie im Falle ohne Investitionsprojekt erwerben. Ffir alle fiber ca. 11,11 GE hinausgehenden Kaufpreise stellt sich der Untemehmer schlechter, far alle geringeren hingegen besser. Aus entsprechenden Grfinden wt~rde der Untemehmer bei einer m o n e t ~ e n Anfangsausstattung von 200 GE und Zugang zum besagten Investitionsprojekt mindestens einen Preis von ungef'~ihr 11,11 GE von einem potentiellen Erwerber der Investitionsm6glichkeit verlangen.
[]
Etwas komplizierter liegt der Fall f'ar einen Unternehmer mit Pr~iferenzen und Anfangsausstattung g e m ~ der Darstellung der unteren Graphik aus Abbildung 1.2 ("Situation 2"). 16 Auch hier beschreibt die Differenz W0-C 0 den maximal v o m 16
Ob man ffir einen Untemehmer zur Ermittlung des maximal akzeptablen Betrags zum Erwerb eines zukfinftigen Konsumniveaus C 1 die Situation 1 oder die Situation 2 zugrunde zu legen hat, l~isst sich leieht feststellen. Situation 1 ist maggeblich, wenn der vom Untemehmer angestrebte Optimalwert seines Zukunf_tskonsums allein auf der Grundlage seiner Anfangsausstattung mindestens C~ betr~igt. Ansonsten ist Situation 2 relevant. Entsprechendes gilt, wenn es um die Ermittlung des mindestens zu verlangenden Verkanfspreises ffir
315 betrachteten Untemehmer aufwendbaren Betrag zum Erwerb der Konsumm6glichkeit C1 des Zeitpunktes t = 1. Denn yon (Co;C 0 aus kann der Untemehmer durch
zus~itzliche Verschuldung die Konsumallokation (Co(1);C~(1)) realisieren, die ihm das Erreichen der gleichen Indifferenzkurve wie seine Anfangsausstattung W 0 erm6glicht. Llber W 0 n~imlich kann der Untemehrner durch geeignete Mittelanlage zu (C0(2);C~(2)) gelangen. Erneut darf sich der zum Erwerb und der anschliel3enden Durchftihrung des Investitionsprojekts ben6tigte Betrag auf nicht mehr als die Differenz zwischen W o und Co belaufen. Diese Differenz ist grtiger als C1/(l+i(s)), aber kleiner als Cl/(l+i(m). Anders formuliert, ist der Absolutbetrag der Steigung -(l+i) der (in Abbildung 1.2 nicht eingezeichneten) Verbindungsgeraden zwischen (Co;C 0 und (Wo;0) gr6ger als 1+i(n) und kleiner als l+i (s). Es gibt demnach einen Zinssatz i mit i(m < i < i(s), so dass Wo-C o = C~/(l+i) gilt. Weil Wo-C o > V+A o erftillt sein muss, damit der Untemehmer mit Pr~iferenzen gem~ig der zweiten Graphik aus Abbildung 1.2 bereit ist, die Investitionsm6glichkeit zu erwerben, erh~lt man folgende Bedingung: C1 l+i
_> V + A o
(1.14)
C1
1 +i -A~ >- V.
Der Projektkapitalwert, berechnet zum Kalkulationszinsful3 i mit
i (H) <
i < i(s),
muss demnach mindestens dem Kaufpreis V entsprechen. In analoger Weise wird ein Unternehmer mit Pr~iferenzen gem~ig der zweiten Graphik aus Abbildung 1.2, der die Investitionsm6glichkeit zu verkaufen beabsichtigt und tiber ein Anfangsverm6gen nach Erbringung der Anfangsauszahlung von Co verftigt, mindestens einen Kaufpreis in H6he des mittels i berechneten Projektkapitalwertes verlangen.
eine Investitionsm6glichkeit geht.
316 C1
Situation 1:
.,,...
-......
"..,,.
-,,,,., '""......., .... ,.. , '.,.,. .... .,,...,,,. -,,,
,,.,, 1
C
c]
I.
Wo Co
Co
Situation 2:
Cl
0
C 0 C; (1)
C0(2) W0
A bbildung 1.2: Subj ektive Bewertung von Investitionsm6glichkeiten
Co
317
Beispiel 1.12: Betrachtet sei ein Untemehmer mit Nutzenfunktion U(C0;C1) = c~o,7 ---0 ~o,3 "~1 und Anfangsverm6gen W 0 = 158,87 GE in t = 0. Der am Kapitalmarkt gtiltige Habenzinssatz ftir Mittelanlage yon t = 0 bis t -- 1 belaufe sich auf i(m = 8 %, der entsprechende Sollzinssatz sei i(s) = 12 %. Im Vergleich zu Beispiel 1.11 wird damit ein Unternehmer zugrunde gelegt, dessen Gegenwartspr~erenzen in Relation zur Anfangsausstattung deutlich ausgepr~igter sind. Wie schon im Abschnitt 1 des Kapitels III ausgeftihrt, erkennt man dies am grN3eren Exponenten f'ttr Co-Konsum bei gleichzeitig geringerem Exponenten ftir C~-Konsum im Vergleich zur unternehmerischen Nutzenfunktion aus Beispiel 1.11 (und einem geringeren Anfangsvermtigen). Wegen fehlender positiver Anfangsausstattung mit Konsumm6glichkeiten in t = 1 ist f'tir den betrachteten Unternehmer lediglich die in dem Punkt (158,87;0) beginnende Darlehnsgerade relevant. Emeut kann damit unter Beachtung des Zusammenhangs C 1 = 1,08.(158,87-C 0) auf das Vorgehen des Beispiels 1.8 zur Ermittlung des Tangentialpunktes von Darlehnsgerade und untemehmerischer Indifferenzkurvenschar verwiesen werden, wobei nun allerdings auch der Verlauf der Indifferenzkurvenschar ein anderer als in Beispiel 1.8 ist. In der Tat entspricht er hier dem Fall 2) aus Beispiel 1.3 des Abschnitts 1 im Kapitel III. Auf dieser Grundlage erh~ilt man als optimale unternehmerische Konsumallokation Co(2) = 111,21 GE und C~(2) -- 51,47 GE. Das dabei resultierende Nutzenniveau bel~iuft sich auf ungef~ihr 88,26. Der Unternehmer k6nne nun ein Investitionsprojekt mit Einzahlungen von 120 GE in t = 1 und einer Anfangsauszahlung von 100 GE in t = 0 erlangen. Bei einem Preis von etwa 8,87 GE ftir die Investitionsm6glichkeit ist der Unternehmer gerade indifferent zwischen dem Erwerb dieser M6glichkeit und dem Verzicht hierauf. Denn im Falle der Projektdurchftihrung und unter Beachtung eines Kaufpreises von ca. 8,87 GE erreicht der Unternehmer die Konsumposition (C0;C 0 = (50; 120), yon der aus der optimale Konsumplan durch Verschuldung im Umfang von etwa 60 GE realisiert wird: (C0(2);C~(2)) = (110;52,8). Letztere Be-
318 hauptung l~isst sich verifizieren, indem der Tangentialpunkt der durch (50;120) verlaufenden unternehmerischen Kreditgeraden C~ = 120-1,12-(C0-50 ) mit der unternehmerischen Indifferenzkurvenschar gem~iB dem Vorgehen aus Beispiel 1.7 bestimmt wird. Das dabei letztlich erreichbare Nutzenniveau ist erneut ungef'fihr 88,26, Indifferenz (n~iherungsweise) mithin gegeben. Folglich wird der Unternehmer bereit sein, die InvestitionsmOglichkeit zu Preisen bis zu ca. 8,87 GE in t = 0 zu erwerben. Aus v611ig analogen Uberlegungen folgt, dass ein Unternehmer mit einer Anfangsausstattung von 150 GE und Nutzenfunktion U gem~il3 diesem Beispiel mindestens 8,87 GE ffir den Verkauf der Investitionsm6glichkeit verlangen wird. Nach Verkauf der Investitionsm6glichkeit kann er dann nS.mlich entlang seiner Darlehnsgeraden C1 = 1,08"(158,87-C0) das gleiche Nutzenniveau wie bei Projektdurchft~hrung und folglich mal3geblicher Kreditgeraden C1 = 120-1,12-(C0-50 ) erreichen. Einen Kapitalwert von etwa 8,87 GE erh~ilt man ffir das betreffende Investitionsprojekt, wenn man die Einzahlungen von 120 GE in t = 1 mit einem Zinssatz von ungef'fihr 10,226 % abzinst: ~ = -100+120/1,10226 -- 8,87 GE.
[]
Es ist unter den hier beschriebenen Pr~imissen ohne weiteres denkbar, dass ein Unternehmer in der Situation 1 als K~iufer einer Investitionsm6glichkeit im Eigentum eines Unternehmers gem~B Situation 2 in Frage kommt und sich die Kontrahenten zu beiderseitigem Vorteil auf einen Verkaufspreis V zwischen den zu i (mund i(s) berechneten Projektkapitalwerten verst~indigen. Die akzeptable P r e i s o b e r g r e n z e ffir den Erwerb der Investitionsm6glichkeit ist n~imlich mit C~/ (l+i(m)-A0 ffir einen Unternehmer in Situation 1 in jedem Falle griJger als die zu beachtende P r e i s u n t e r g r e n z e C~/(1 +i)-A 0 mit i (s) > i > i (m ffir einen Unternehmer in Situation 2 im Zusammenhang mit dem Verkauf der Investitionsm6glichkeit.
319 WNtrend demnach im Fisher-Modell der Kapitalwert eines Investitionsprojekts den Marktwert der zugeh6rigen Investitionsm6glichkeit beschreibt, kann man im
Hirshleifer-Modell einmal mehr nur festhalten, dass der Marktwert einer Investitionsm6glichkeit irgendwo zwischen den zu i(mund i(s) resultierenden Projektkapitalwerten liegt. Gleichzeitig erkennt man hier noch einmal die Pr~iferenz- und Ausstattungsabh~ingigkeit der Bewertung von Realinvestitionen bei unvollkommenem Kapitalmarkt. Beispiel 1.13: Gegeben sei der Unternehmer aus Beispiel 1.12 mit einer Anfangsausstattung yon 150 GE in t = 0 und Zugang zu dem dort beschriebenen Investitionsprojekt (Unternehmer 2). Des Weiteren sei der Unternehmer aus Beispiel 1.11 mit Anfangsverm6gen in t = 0 yon 211,11 GE ohne Zugang zum Investitionsprojekt betrachtet (Unternehmer 1). Weil Unternehmer 2 f'tir den Verkauf der Investitionsm6glichkeit mindestens einen Preis von ca. 8,87 GE verlangen wird und Untemehmer 1 h6chstens einen Preis von ungef'~hr 11,11 GE zu zahlen bereit ist, besteht hier zwischen beiden ein positiver Einigungsbereich. Ftir j eden Kaufpreis V ~ (8,87; 11,11) stellen sich beide Vertragspartner echt bessero
C2
Alles in allem zeigt sich jedenfalls, dass Separationsaussagen im Rahmen des
Hirshleifer-Modells nur noch sehr eingesehr/inkt m6glich sind. iv 1.3
Der Klienteleffekt is
Im Abschnitt 1.2 wurde verdeutlicht, dass man drei Gruppen von Wirtschaftssubjekten nach ihren Zeitpr~iferenzen unterscheiden kann, n~imlich
17 Vgl. hierzu auch die 0berlegungen bei von Nitzsch (1997), S. 46 ft. 18 Die Ausftihnmgen der nachfolgenden Abschnitte 1.3 und 1.4 basieren im Wesentlichen auf Breuer (1993b).
320 1) solche, die das Realinvestitionsvolumen I(m* umsetzen und Mittel
zu
i(H) am
Kapitalmarkt anlegen (Anleger mit relativ hoher Pr~iferenz ftir Konsum in t = 1),
2) solche, die das Realinvestitionsvolumen I(s)* umsetzen und Mittel am Kapitalmarkt zu i ~s) aufnehmen (Sehuldner mit relativ hoher Pr~iferenz f'tir Konsum in t = 0), sowie 3) solche, die ein Realinvestitionsvolumen zwischen I(m* und I(s)* umsetzen und keinerlei Kapitalmarkttransaktionen durchftihren (Neutrale mit "gem~igten" Zeitpr~iferenzen). Sofern in einer Unternehmung Gesellschafter unterschiedlichen Typs zusammentreffen, kann es folglich Schwierigkeiten bei der Festlegung des optimalen Realinvestitionsvolumens geben. Als Ursache ftir dieses Problem gilt gemeinhin der gegebene Gesellschafterkreis] 9 Deswegen fragt man, wie sich die Ergebnisse aus Abschnitt 1.2 ~indern, wenn der Gesellschafterkreis endogenisiert wird. Als Erstes stellt sich dann in der Tat die Frage, wie die Partizipation der einzelnen Beteiligten an Anfangsauszahlung und sp~iteren Einzahlungstiberschtissen aus der unternehmerischen T~itigkeit genau aussehen soll. Es soll hier nicht naher auf dieses Verteilungsproblem eingegangen werden. Stattdessen ist von gegebenen Teilungsregeln auszugehen und sind die einzelnen Gesellschafter nach ihrem Optimalverhalten far gegebene Partizipation an den Einzahlungstiberschtissen der Untemehmung zu klassifizieren. Finanzinvestitionen werden dabei wegen ihrer Pr~iferenzabhS_ngigkeit und infolge der aufgrund der bestehenden Spanne zwischen Soll- und Habenzinssatz nicht kostenlos auf Gesellschafterebene rtickg~ingig zu machenden Kapitalmarkttransaktionen auf Untemehmensebene2~ nur durch die Gesellschafter selbst durchgef'tihrt. Ohne weiteres ist damit klar, dass es dann keine Probleme hinsichtlich der Bestimmung des optimalen Realinvestitionsvolumens gibt, wenn alle Gesellschafter zum Anlegertyp geh6ren. Entsprechendes gilt, wenn alle vom Schuldnertyp sind. Problematisch bleiben aber die Neutralen.
19 Vgl. Franke/Hax (2004), S. 162. 20 Damit ist gemeint: vor Verteilung der Zahlungsstr6me an die Gesellschafter.
321 Auch ist unklar, wie eine Selbstorganisation der verschiedenen Gesellschaftertypen vonstatten gehen sollte. Hier setzt der eigentliche Klienteleffekt an. Er l~isst sich wie folgt formulieren: 21 Wenn ein Wirtschaftssubjekt Wertpapiere einer Unternehmung halt, kann es nur vom Anlegertyp sein, denn der Schuldnertyp verschuldet sich lediglich am Kapitalmarkt, und der Neutrale tritt gar nicht erst am Kapitalmarkt in Erscheinung. Daraus wird nun gefolgert, dass alle Gesellschafter einer Unternehmung vom Anlegertyp sein mtissen, wenn man die Pr~.misse eines gegebenen Gesellschafterkreises fallenlasst. Genau dieses Phanomen wird als Klienteleffekt bezeichnet. Aus dem Klienteleffekt wird weiter eine wichtige Konsequenz f'tir die optimale Investitionspolitik einer Untemehmung gezogen. Unter den Wirtschaftssubjekten des Anlegertyps herrsche namlich Einmiitigkeit tiber das anzustrebende Realinvestitionsprogramm: Alle Anleger seien sich einig, dass nur Investitionen mit einer Rendite von mindestens i (s) (vor Berticksichtigung von Transaktionskosten) durchgeftihrt werden. Denn nur dann k6nne nach Berticksichtigung der Transaktionskosten eine Verzinsung von i (m ftir die Kapitalgeber sichergestellt werden. Durch diese f2berlegung gelangt man also ebenfalls zu einem Separationsergebnis. Der relevante Kalkulationszinsful3 zur Bestimmung optimaler unternehmerischer Realinvestitionsentscheidungen bemisst sich praferenzunabhangig als i ~s~. 1.4
Hirshleifer-Modell und
Klienteleffekt
Die Aussage des Klienteleffekts grenzt an eine Tautologie. Nur Anleger werden Wertpapiere einer Unternehmung erwerben. Auf ganz nattirliche Weise scheint sich damit auch das optimale und praferenzunabhangige Investitionsvolumen
21
Vgl. auch hierzu Franke/Hax (2004), S. 162. Neben dem Klienteleffekt im Kontext des Hirshleifer-Modells gibt es noch andere als Klienteleffekt bezeichnete Ph~inomene, insbesondere im Zusammenhang mit der unternehmerischen Dividendenpolitik. Siehe zu Letzterem etwa Breuer (2006). Auf derlei soll hier natfirlich nicht weiter eingegangen werden.
322 einer Unternehmung zu ergeben. Trotzdem bleibt die Argumentation unseharf, und es ist nicht ohne weiteres klar, wie der Klienteleffekt ins ursprtingliche
Hirshleifer-Modell alas Abschnitt 1.2 passt. Wenn dort alle Gesellschafter vom Anlegertyp sind, wird das Investitionsprogramm I (m*, nicht abet I (s)* realisiert. Andererseits gilt auch im ursprtinglichen Hirshleifer-Modell, dass nut Anlegertypen als (externe) Kapitalgeber in Frage kommen. Gleichwohl realisiert deswegen nicht jede Unternehmung ein Investitionsvolumen in H6he von I (s)*. Deswegen stellt sich die Frage, wie der Klienteleffekt bzw. das auf ihm fuBende Separationsergebnis sachgerecht ins Hirshleifer-Modell einzupassen ist. Folgende Interp r e t a t i o n liegt hierbei nahe: Man betrachte im Hirshleifer-Modell einen Unternehmer, der tiber keinerlei Verm6gensanfangsausstattung verftige. Wie in Abbildung 1.3 dargestellt, beginnt seine Transformationskurve deswegen im Ursprung. Zul~issig sind nut nichtnegative Konsumpositionen, das heil3t, der Unternehmer muss versuchen, den positiven Q u a d r a n t e n zu erreichen. Unabh~ingig von seinen Pr~iferenzen gibt es dazu nut eine M6glichkeit: Er muss sich zu i(s~ verschulden. Damit steht aber auch fest, dass das von ihm gewS_hlte Realinvestitionsvolumen stets I (s)* betragen wird. Genau dies ist das Separationsergebnis des Klienteleffekts. Ein mittelloser Unternehmer kann nur investieren, wenn er Mittel zu i (s) aufnimmt. Das optimale Investitionsvolumen bemisst sich diesem Fall stets als I (s)*. Entscheidend ist also nicht, dass nur Anleger Wertpapiere einer U n t e m e h m u n g erwerben. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Unternehmer i i b e r h a u p t extem Kapital aufnimmt. Wenn er dies tut, ist I (s)* das optimale Realinvestitionsvolumen. Beim Klienteleffekt wird nun gerade unterstellt, dass dies stets der Fall ist, die Unternehmung sozusagen eine Hiilse ohne Mittel ist und die Bereitstellung von Mitteln dutch den Unternehmer selbst Transaktionskosten wie bei jeder anderen Kapitalaufnahme verursacht. Dann n~imlich ist jede Form der Investitionsfinanzierung externe Finanzierung, die Transaktionskosten verursacht und deswegen eine Bruttoverzinsung, das heil3t Verzinsung vor Transaktionskosten, yon i (s~ erfordert.
323
AC1
~
cu \
wo = 0 J
Co
t(s),
Abbildung 1.3: Klienteleffekt als Verm6genseffekt Im urspriJnglichen Hirshleifer-Modell gibt es zwei Arten von Kapitalgebern: Unternehmer bzw. Gesellschafter, die ohne Anfall von Transaktionskosten ihre Mittel in die Unternehmung einbringen, und externe Kapitalgeber, deren Mittelfiberlassung zu Transaktionskosten ffihrt. Der Klienteleffekt hebt diese Unterscheidung auf. Hier verursacht die Oberlassung von Mitteln dutch die Gesellschafter genauso hohe Transaktionskosten wie die Mittelaufnahme bei Extemen. Der Klienteleffekt steht und f~illt mit dieser Annahrne. Mit einer etwaigen Endogenisierung des Gesellschafterkreises hat diese Argumentation deswegen tats~ichlich nichts gemein. Vielmehr wirkt hier ein Vermiigenseffekt, der jeden Untemehmer bzw. Gesellschafter bei seiner Realinvestitionsentscheidung quasi in einen Schuldnertyp (nicht in einen Anlegertyp!) verwandelt. Gerade dies dtirfte die wesentliche Lehre sein, die man aus der Diskussion des Klienteleffekts ziehen kann. Ob ein Wirtschaftssubjekt vom Anleger- oder Schuldnertyp ist, h~ingt nicht nut yon seinen Pr~iferenzen, sondern (selbstverst~indlich) auch yon seiner
324 Anfangsausstattung ab, wie schon im Abschnitt 1.2 exemplarisch gezeigt wurde. Bei einer Anfangsausstattung von Null ist j e d e r Unternehmer vom Schuldnertyp, und Interessenkonflikte beztiglich des optimalen Realinvestitionsvolumens k6nnen nicht mehr auftreten.
Beispiel 1.14: Gegeben sei eine Unternehmung mit einer Investitionsertragsfunktion F(I) = 4,4.1 ~
Jede zu investierende Geldeinheit muss extem zu i(s) = 12 % beschafft
werden. Unabh~ingig von den Pr~iferenzen der gesch~iftsfiihrenden Gesellschafter ist deshalb so zu investieren, dass der Kapitalwert der Investitionen auf der Grundlage eines Kalkulationszinsfuf3es i = i(s) maximiert wird. Man erh~ilt deswegen gem~ii3 der Rechnung aus Beispiel 1.5 unmittelbar stets I* = I (s~* = 3,86 GE, woraus sich mit W o = 0 GE weiter El ~ 8,64 GE bei G o ~- -3,86 GE ergibt. Die Gleichung der resultierenden, einzig relevanten Kreditgeraden ist damit C1 . 8,64-1,12.(Co+3,86 ) _- 4,3168-1,12.C0 '
(1.15)
wobei zur Sicherstellung nichmegativen Konsums in t = 0 und t = 1 (ungef'~ar) 0 < C o < 3,86 zu beachten ist.
[]
Pr~iferenzunabh~ingige Einmiitigkeit hinsichtlich des Ansatzes eines KalkulationszinsfuBes yon i = i (s) liegt dabei genaugenommen nicht nur vor, wenn s~imtliche investierten Mittel einer Untemehmung nur unter An:fall yon Transaktionskosten beschafft werden k6nnen. Hinreichend ist vielmehr schon eine derart geringe positive unternehmerische Anfangsausstattung W 0, class die Grenzrendite F'(W0)-1 noch nicht kleiner als i~s) ist. Alles in allem jedenfalls ist der Klienteleffekt wegen seiner vergleichsweise sonderbar anmutenden theoretischen Fundierung wohl k a u m geeignet, eine iiberzeugende Begrtindung for die Pr~iferenzunabh~ingigkeit optimaler Realinvestitionsvolumina auf unvollkommenem Kapitalmarkt zu liefem.
325 1.5
Zusammenfassung
Gegenstand des vorliegenden Abschnitts war eine Darstellung des HirshleiferModells, das durch gespaltene Soil- und Habenzinss~itze infolge von Transakfionskosten charakterisiert ist. Es zeigte sich, dass tinter dieser Pr~imisse die
Fisher-Separation ihre generelle Gtiltigkeit verliert. Realinvestitionsentscheidungen k6nnen nicht mehr unabh~qgig yon unternehmerischen Praferenzen und Anfangsausstatttmgen getroffen werden und erweisen sich als unmittelbar verkntipft mit tmtemehmerischen Kapitalmarkttransaktionen. Als Konsequenz hierans kann auch das Kapitalwertkriterium zur Entscheidungsfindung grunds~itzlich nieht mehr herangezogen werden. Bekannt ist lediglich, dass es zu jeder optimalen Realinvestifionsentscheidung eines Unternehmers einen passenden ("endogenen") KalkulationszinsfuB derart gibt, dass sich das ausgew~alte Realinvestitionsprogramm fiir diesen Zinssatz ais kapitalwertmaximierend erweist. Ohne Kermtnis der untemehmerischen Zeitpr~erenzen kann dieser Zinssatz aber h6chstens grob abgeseh/itzt werden, so dass vor L6sung des Entscheidungsproblems ein kapitalwertorientierter Problemzugang weitgehend ausscheidet. In entsprechender Weise erweist sich der Marktwert einer Investitionsm6glichkeit allein auf der Grundlage von Soil- und Habenzinssatz als nicht eindeutig bestimmbar. Der Klienteleffekt behauptet, dass letztlich nur Subjekte mit Anlagewtinschen und damit vergleichsweise geringen Gegenwartspr~iferenzen als Kapitalgeber fttr Untemehmen in Frage kommen. Um diesen nach Transaktionskosten eine Verzinsung in H6he von i(m zu gewS_hren, ist vor Transaktionskosten eine Beschr/inkung auf Realinvestitionen mit einer Rendite yon mindestens dem Sollzinssatz i(s) erforderlich. Insofem liegt der ad~iquate Kalkulationszinsfug hier dann auch wieder priiferenzunabhiingig fest. Es wurde erl~utert, dass die Argumentation des Klienteleffekts auf der impliziten Prgmisse beruht, dass jegliche Form der Mitteltibeflassung an Untemehmen, also auch durch die Unternehmer selbst, Transaktionskosten verursacht. Ein derarfiges Szenario dtirfte wenig Relevanz besitzen, da wenigstens dutch Einzahlungs-
326 tiberschtisse vergangener Perioden stets Mittel in Unternehmen ohne Anfall weiterer Transaktionskosten vorhanden sein werden. Aus diesem Grunde l~isst sich die
Fisher-Separation letzlich
Modells restituieren.
nicht iiberzeugend im Rahmen des
Hirshleifer-
327
Wiederholungsfragen WI.1 Durch welches konstituierende Element ist das
Hirshleifer-Modell gekennzeich-
net? Wie wird dieses gemeinhin begrfindet? W1.2 Was versteht man unter Kreditgeraden, was unter Darlehnsgeraden, und wie lauten die entsprechenden Geradengleichungen? W1.3 Warum hat die
Fisher-Separation im Hirshleifer-Modell keine Gfiltigkeit mehr?
W1.4 Was versteht man im Rahmen des
Hirshleifer-Modells unter dem Anlegertyp, was
unter dem Schuldnertyp und was unter dem neutralen Typ, und wie verhalten sich Unternehmer der verschiedenen Typen jeweils? W1.5 In welcher Hinsicht besitzt das Kapitalwertkriterium auch noch im Rahmen des
Hirshleifer-Modells Gfiltigkeit, und was ist in diesem Zusammenhang fttr den jeweils relevanten Kalkulationszinsfug charakteristisch? W1.6 Inwiefern ist auch noch im Rahmen des
Hirshleifer-Modells pr~iferenz- und
anfangsverm6gensunabhS.ngig eine gewisse Vorselektion von Investitionsprojekten m6glich? W1.7 Welcher Zusammenhang besteht im
Hirshleifer-Modell zwischen Kapitalwert
eines Investitionsprojekts und dem Marktwert der zugeh6rigen Investitionsm6glichkeit?
328 W1.8 Was versteht man im Kontext des
Hirshleifer-Modells unter dem "Klientelef-
fekt"? Wl.9 Welche Konsequenz wird typischerweise aus dem Klienteleffekt beztiglich des optimalen untemehmerischen Investitionsprogramms gezogen? Wl.10 Weshalb ist der Klienteleffekt wenig geeignet, um eine Separationsaussage im Rahmen des
Hirshleifer-Modells sinnvoll zu untermauern?
329
2
Das Dean-Modell
2.1
Problemstellung
Bereits vor Jack Hirshleifer hat sich Joel Dean im Jahre 1951 mit der Frage nach der Ermittlung optimaler Kapitalbudgets auf unvollkommenem Kapitalmarkt auseinandergesetzt. Seine Oberlegtmgen mtindeten in den nach ihm als Dean-Modell bezeichneten Probleml6sungsansatz. Im folgenden Abschnitt 2.2 soil zun~ichst die Grtmdstruktur des Dean-Modells im Rahmen einer Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung prasentiert werden. Im Abschnitt 2.3 wird sodann geprtift, inwiefern M6glichkeiten zur Lockerung der recht restriktiven Annahmen des Grundmodells bestehen. Obgleich unternehmerische Zeitpr~iferenzen im Dean-Modell nicht differenziert abgebildet werden k6nnen, sondern stets Endverm6gensmaximierung unterstellt wird, lassen sich grunds~itzlich die gleichen drei allgemeinen Szenarien fOr optimale unternehmerische Investitionsvolumina wie im Hirshleifer-Modell des vorhergehenden Abschnitts 1 dieses Kapitels darstellen. Der Abschnitt 2.4 kontrastiert daher das Dean-Modell mit dem Hirshleifer-Modell und wird die konzeptionelle 0berlegenheit des letztgenannten Ansatzes belegen. Die wichtigsten Ergebnisse werden im Abschnitt 2.5 nochmals zusammengefasst. 2.2
Das Dean-Modell in seiner Grundversion
2.2.1
Die Pr~imissen
In seiner Grundversion handelt es sich beim Dean-Modell um einen Zwei-Zeitpunkte-Ansatz. 1 Alle zur Auswahl stehenden Investitionsprojekte sind beliebig teilbar und k6nnen unabh~agig voneinander durchgeftihrt werden. Entsprechendes gilt auch f'or alle FinanzierungsmaBnahmen. Die Zielsetzung des Unternehmers beDarstellungen des Dean-Modells in seiner hier zun~ichst behandelten Grundversion finden sich in fast jedem Lehrbuch zur Behandlung investitionstheoretischer Fragen. Vgl. beispielsweise Hax (1993), S. 62 ff., Schulte (1999), S. 127 ff., Gerke/Bank (2003), S. 486 ft., oder auch Schiifer (2005), S. 216 ff.
330 steht in der Maximierung seines Endvermiigens zum Zeitpunkt t = 1 bei gegebener Anfangsausstattung AW0 in t = 0, die investiv verwendet werden soil. Die yon Dean (1951) eingef'tihrte L6sungsmethodik zur B estimmung des optimalen Investitions- und Finanzierungsprogramms des Untemehmers ist graphiseher Art und besteht aus der Ermittlung des Schnittpunkts zweier Kurven, die als Kapitalangebots- u n d -nachfragekurven bezeichnet werden. Beide Kurven sind dabei untemehmensbezogen definiert, tragen mithin keinen gesamtwirtschaftlichen Charakter. Die Kapitalnachfragefunktion ordnet jedem m6glichen Investitionsvolumen die Rendite der letzten investierten Geldeinheit, also die jeweilige Grenzrendite, zu. Ihre graphische Darstellung wird als Kapitalnachfragekurve (KNK) bezeichnet. Aus dieser Definition der Kapitalnachfragefunktion ergibt sich sofort, dass sie grunds~itzlich der um 1 reduzierten ersten Ableitung der Realinvestitionsfunktion F(I) entspricht. Zus~itzlich zur Durchftihrung von Realinvestitionen ist es aber auch m6glich, Mittel am Kapitalmarkt zu einem Zinssatz i (H) anzulegen. Insofern entspricht die Kapitalnachfragefunktion der um 1 reduzierten ersten Ableitung yon F(I) nur so lange, wie F'(I)-I gr613er als i(H) ist, also bis zum Investitionsvolumen I (H)* des vorhergehenden Abschnitts. Ab diesem Punkt geht die Kapitalnachfragekurve in eine Horizontale mit Ordinatenabschnitt i (H) tiber. Nattirlich verl~iuft die Kapitalnachfragefunktion stets monoton fallend, da zun~ichst solche Investitionsmagnahmen mit besonders hoher Grenzrendite durchgeftihrt werden, w~hrend auf weniger ertragreiche Investitionsm6glichkeiten erst nach Aussch6pfung gtinstigerer Projekte mit h6herer Grenzrendite zurtickgegriffen wird. Auf diesen Umstand wurde schon im Kapitel II im Detail eingegangen. Ist die Realinvestitionsfunktion stetig differenzierbar ftir alle I > 0, dann erh~ilt man auch eine stetige Kapitalnachfragefunktion. Insbesondere ist dies der Fall, wenn man vonder Existenz sehr vieler und sehr kleiner Investitionsprojekte mit marginal variierender Rendite ausgeht. Sofem hingegen eine endliche Anzahl yon Investitionsprojekten mit nicht nut marginalen maximalen Anfangsauszahlungen betrachtet wird, ist die Realinvestitionsfunktion bekanntermaBen abschnittsweise linear und dementspre-
331 chend die zugeh6rige Kapitalnachfragefunktion ebenfalls, allerdings Letztere mit Sprungstellen jeweils dort, wo eine weitere Erh6hung des Investitionsvolumens die Durchftihrung eines neuen Investitionsprojekts bedingt. Die Zusammenh~inge zwischen Realinvestitions- und Kapitalnachfragekurve sind in Abbildung 2.1 wiedergegeben. Dabei soll die Ordinatenbezeichnung i hier fiir die Grenzrendite aus dem jeweiligen Investitionsprogramm stehen, und KMA bezeichne die Kapitalmarktanlage yon Mitteln zu i(m seitens des betrachteten Unternehmers. Die beiden oberen Graphiken beziehen sich auf den Fall einer stetig differenzierbaren Realinvestitionsfunktion, w~hrend die beiden unteren Graphiken exemplarisch Realinvestitions- und zugeh6rige Kapitalnachfragekurve bei Verfiigbarkeit von nut zwei (beliebig teilbaren) Investitionsprojekten 1 und 2 mit (konstanten) Grenzrenditen i(1)bzw. i(2~bei nicht nur marginalen Anfangsauszahlungen abbilden. Die Kapitalangebotsfunktion gibt zu jedem ben6tigten Finanzierungsvolumen (fiir investive Zwecke) die von den jeweiligen Kapitalgebern geforderte Verzinsung der letzten an den Unternehmer ~iberlassenen Geldeinheit an. Man spricht hierbei auch yon dem jeweiligen marginalen Kapitalkostensatz. 2 Die graphische Darstellung der Kapitalangebotsfunktion wird als Kapitalangebotskurve (KAK) bezeichnet.
2
Vgl. zum Kapitalkostenbegriff z.B. Breuer (1994) oder Hax (1998), S. 213 ft.
332 F(I)
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Abbildung2.1: Zusammenhang zwischen Realinvestitionskurve und Kapitalnachfragekurve
333 Im Rahmen des dem Dean-Modell zugrundeliegenden Entscheidungsproblems existieren grunds~itzlich zwei Quellen zur Finanzierung von Investitionsprojekten. Zum einen sind dies etwaige Fremdmittel yon extemen Kapitalgebern. Im Weiteren sei zun~ichst angenommen, dass Mittel hier zu einem einheitlichen Sollzinssatz i (s) im Rahmen der unternehmerischen Budgetrestriktion in beliebigem Umfang beschafft werden ktinnen. Der Zinssatz i (s~ beschreibt demnach den hierbei mal3geblichen (Fremd-) Kapitalkostensatz. Zum anderen sind dies die eigenen Mittel des Unternehmers, die nicht ftir Konsum in t = 0 vorgesehen sind. Die eigenen Mittel des Unternehmers stehen dabei gmnds~itzlich kostenlos Far investive Zwecke zur Verftigung. Man k6nnte daher argumentieren, dass sich der relevante Kapitalkostensatz auf 0 % bel~iuft, da keine Zinszahlungen geleistet werden mtissen. In der Tat l~isst sich aber auch noch die schSxfere B ehauptung rechtfertigen, dass der relevante Kapitalkostensatz -100 % ist, da auch eine Mittelrtickzahlung des Unternehmers an sich selber nicht erfolgen muss und somit bei Eigenfinanzierung stets eine Zahlungsverpflichtung in t = 1 yon 0 GE besteht. Weil man in diesem Kontext den relevanten Kapitalkostensatz aus den tats~ichlich ftir den Kapitalnehmer zu erbringenden (Aus-) Zahlungen herleiten will, sind die beiden angesprochenen Ans~itze von 0 % oder gar -100 % far
den
untemehmerischen (Eigen-)
Kapitalkostensatz
ebenso
wie
der
Fremdkapitalkostensatz i (s) als "pagatoriseh" (von lateinisch "pagare" = (be-) zahlen) zu bezeichnen. Zumeist wird in der Literatur statt eines Eigenkapitalkostensatzes yon 0 % oder gar -100 % ein solcher in H6he von i (H~angesetzt. Dieser Kapitalkostensatz beruht auf Opportunitiitskosteniiberlegungen und ist insofern nicht als pagatorisch, sondern vielmehr als wertmiiBig zu bezeichnen. 3 Implizit wird tiber den Ansatz
Vgl. zu diesen beiden Kostenkonzeptionen z.B. generell Kloock/Sieben/Schildbach~Homburg (2005), S. 32 ff. Insbesondere im Zusammenhang mit Kapitalkostenbetrachtungen spricht man statt vom wertm~igigen auch vom Alternativkostenkonzept. Vgl. etwa Breuer (1994), S. 820 ff., Hax (1998), S. 215 f. Eine nS.here Charakterisierung dieses Ansatzes findet sich auch in Breuer
334 von i (m die beste Alternativverwendung der eigenen Mittel, n~imlich die Anlage am Kapitalmarkt zum Habenzinssatz, abgebildet. Realinvestitionen kommen far den Unternehmer niimlich nur insofern in Frage, wie mindestens eine (Grenz-) Rendite yon i (m erreicht wird. Natfirlich ist bei einem derartigen Eigenkapitalkostenansatz im Rahmen der Kapitalnachfragefunktion nicht mehr auf die M6glichkeit der Mittelanlage zu i ~H)einzugehen. Generell besteht kein Vorteil darin, Handlungsaltemativen implizit statt explizit abzubilden. Sachgerechter erscheint es daher, die M/3glichkeit der Mittelanlage zu i (H) als Investitionsalternative zu berticksichtigen.4 Beide Ansiitze f'uhren tiberdies zum gleichen Ergebnis. Im Weiteren wird deshalb schwerpunktmiiBig einer Darstellung der Kapitalangebotskurve auf der Basis des pagatorischen Kapitalkostenbegriffs der Vorzug gegeben. Hierbei wiederum spielt es ebenfalls keine Rolle, ob man einen Eigenkapitalkostensatz yon -100 % oder aber 0 % ansetzt, solange eine Anlage eigener Mittel am Kapitalmarkt zu i(H) _> 0 % im beliebigen Umfang m6glich ist. Dieser Zusammenhang wird weiter unten noch klarer dargelegt. Aus Vereinfachungsgrtinden wird daher ein Eigenkapitalkostensatz von 0 % angesetzt. Nattirlich werden ftir investive Zwecke in jedem Fall zun~ichst die "preiswerten" eigenen Mittel und erst dann die "teuren" Fremdmittel eingesetzt. Die Kapitalangebotsfunktion verl~iuft damit stets monoton steigend und - wie in A b b i l d u n g 2.2 typischerweise abschnittsweise linear. In den Graphiken aus A b b i l d u n g 2.2 bezeichnet i auf der Ordinate nun den jeweiligen marginalen Kapitalkostensatz eines beliebigen Finanzierungsvolumens F. 5 Die Gr613e AW 0 steht hier und im Folgenden jeweils ftir das unternehmerische Anfangsvermtigen des Zeitpunktes t = 0, soweit es ftir investive Zwecke vorgesehen ist.
(2001c) sowie im zweiten Band zur Investitionstheorie. In entsprechender Weise werden ja auch die Realinvestitionsmiiglichkeiten explizit abgebildet und nicht implizit tiber Opportunit~itskostenbetrachttmgen. Nattirlich ist das Finanzierungsvolumen F nicht mit dem unternehmerischen Einzahlungstiberschuss F(I) bei Realinvestitionsvolumen I zu verwechseln.
335
i
i
i(s)
i(s)
KAK
KAK
i (H) D-
P
AWo
F
0
AWo
F
Abbildung 2.2: Kapitalangebotskurve bei pagatorischem (links) und wertm~iBigem (rechts) Kapitalkostenverstfindnis
2.2.2
Die Resultate
Das optimale Kapitalbudget, verstanden als die Gesamtheit aller durchzuftihrenden Investitions- und FinanzierungsmaBnahmen, beschreibt sich im Rahmen des Dean-Modells nun gerade durch den Schnittpunkt yon Kapitalangebots- und Kapitalnachfragekurve. Dies wird schnell klar, wenn man sich zur Verdeutlichung einmal die linke obere Graphik im Rahmen von Abbildung 2.3 etwas nS_her anschaut. Ausgehend yon einem Investitionsvolumen I = 0 GE kann mit der ersten investierten Geldeinheit gem~B der Kapitalnachfragekurve eine Grenzrendite erwirtschaftet werden, die oberhalb von 0 %, also dem hier zun~ichst maBgeblichen marginalen Kapitalkostensatz, liegt. Es kann daher mit der ersten Geldeinheit mehr erwirtschaftet werden als von den Kapitalgebern, hier: dem Unternehmer, verlangt wird, so dass sich die Investition dieser ersten Geldeinheit lohnt. In der Tat gilt diese Aussage auch f'ttr alle nachfolgenden Investitionsvolumina, solange der jeweils maBgebliche marginale Kapitalkostensatz nicht tiber der relevanten marginalen Investitionsrendite liegt. Gerade dies bezeichnet aber den Schnittpunkt der beiden Kurven. Das optimale Investitionsvolumen im Zusammenhang mit der linken oberen Graphik aus Abbildung 2.3 bemisst sich deshalb als
336 AW0. Zum gleichen Ergebnis ware man auch gekommen, wenn der Eigenkapitalkostensatz mit -100 % angesetzt worden ware. Lediglich ftir den Fall, dass i (m < 0 % g~ilte, wtirde der Ansatz eines Eigenkapitalkostensatzes von 0 % zu Fehlentscheidungen ffihren. Ftir i (m = -10 % etwa wtirde der Unternehmer bei Zugrundelegung einer Kapitalangebotskurve wie der aus der linken oberen Graphik yon Abbildung 2.3 bereits bei Erreichung einer Grenzrendite von 0 % aus Realinvestitionen auf weitere investive Mal3nahmen verzichten wollen, auch wenn noch nicht der gesamte Betrag AW 0 zum Einsatz gekommen ist. Tats~ichlich wtirden weitere Real- oder Finanzinvestitionen mit Renditen oberhalb yon -100 % durchaus noch zum Transfer yon Mitteln von t = 0 nach t = 1 und damit zur Steigerung des unternehmerischen Endverm6gens geeignet sein. In derartigen F~illen wiJrde also die Rechnung mit einem Eigenkapitalkostensatz von 0 % zu Fehlentscheidungen ftihren. Praktisch relevant dfirften solche Simationen allerdings nicht sein, weswegen sich der Ansatz von 0 % als Eigenkapitalkostensatz durchaus vertreten l~isst. Insbesondere hat dieser Ansatz den weiteren Vorteil, dass aus der graphischen Darstellung von Kapitalnachfrage- und -angebotskurve sehr leicht der gesamte Vermiigenszuwachs des Unternehmers von t = 0 bis t = 1 abgelesen werden kann. Dieser entspricht n~imlich einfach der FRiche zwischen den beiden Kurven ftir Werte von I zwischen 0 und dem Abszissenabschnitt AW 0 der beiden Kurven. Der letztgenannte Vorteil besteht auch gegentiber einer Formulierung der Kapitalangebotskurve auf der Grundlage des wertm~ifAigen Kostenbegriffs, wie es bei der rechten oberen Graphik aus Abbildung 2.3 der Fall ist. Das ablesbare optimale Realinvestitionsvolumen ist (nat'tirlich) das gleiche wie in der oberen linken Graphik aus Abbildung 2.3. Aus der positiven Differenz zwischen AW 0 und dem Abszissenabschnitt I (R)* des Kurvenschnittpunkts kann tiberdies das Volumen der unternehmerischen Kapitalmarktanlage abgelesen werden. Weder die Fl~iche zwischen der Kapitalnachfrage- und Kapitalangebotskurve ffir Werte yon I zwischen 0 und I (m* noch die Fl~iche ftir Werte yon I zwischen 0 und AW 0 gibt aber den unternehmerischen Endverm6genszuwachs korrekt an. Des Weiteren verftigt der Schnittpunkt von Kapitalangebots- und -nachfragekurve auch noch fiber einen Ordinatenabschnitt, der sich im Rahmen der linken oberen
337 Graphik gerade auf i (m bemisst: Alle Investitionsmal3nahmen mit einer Rendite oberhalb von i (m werden realisiert, alle mit einer Rendite unterhalb von i (m verworfen. Das impliziert, dass alle Investitionsprojekte mit einem f'ttr i = i (m positiven Kapitalwert vorteilhaft, alle mit einem f'0r i = i(m negativen Kapitalwert nachteilig sind. In entsprechender Weise sind alle Finanzierungsmal3nahmen von Nachteil, deren Kapitalkostensatz tiber i(m liegt, die also zu i = i (m einen negativen Kapitalwert aufweisen. Finanzierungsmagnahmen hingegen, deren Kapitalkostensatz unterhalb von i (m liegt, also solche mit positivem Kapitalwert ftir i = i (m, werden in jedem Fall wahrgenommen. Unklar ist nur die Beurteilung von Investitions- und FinanzierungsmaBnahmen mit einer Rendite bzw. einem Kapitalkostensatz von gerade i(m, deren Kapitalwert sich folglich auf 0 GE bel~iuft. Anders als auf einem vollkommenen Kapitalmarkt ist der Unternehmer hinsichtlich ihrer Durchftihrung generell nieht indifferent. Abgesehen von Spezialf~illen, kann es nur ein Investitions- oder Finanzierungsprojekt mit einem Kapitalwert yon 0 GE ftir i = i~m geben. Dieses wird in einem solchen Umfang durchgeffihrt, dass sich Investitions- und Finanzierungsvolumen in t = 0 gerade entsprechen. In der linken oberen Graphik aus Abbildung 2.3 etwa ist der Kapitalwert yon Kapitalmarktanlagen ftir i = i ~mnattirlicherweise 0 GE. Daher werden diese in einem Umfang get~itigt, dass die Lticke zwischen AW 0 (dem Ausmag von Finanziemngsm6glichkeiten mit positivem Kapitalwert) und I ~m* (dem AusmaB von Investitionsm6glichkeiten mit positivem Kapitalwert) gerade geschlossen wird. In der Tat ist i(m hier nichts anderes als der bereits aus der Diskussion des
Hirshleifer-Modells bekannte endogene Kalkulationszinsfug, so dass man auch mittels des Dean-Modells zu einer (theoretisch interessanten, aber praktisch bekanntermagen nur sehr eingeschrS.nkt ntitzlichen) Rechtfertigung des Kapitalwertkriteriums for den unvollkommenem Kapitalmarkt gelangt. Insbesondere 6 die Darstellung des Dean-Modells verdeutlicht dabei, dass endogene Kalkulationszins-
Dieses Ergebnis gilt selbstverst~indlich auch im Hirshleifer-Modell, doch die dortige Art der Darstellung lenkt das Augenmerk nicht so unmittelbar auf diesen Sachverhalt wie das Dean-Modell, weswegen erst im vorliegenden Abschnitt darauf eingegangen wird.
338 ftil3e in v611ig entsprechender Weise nicht nur zur Beurteilung von Investitions-, sondern aueh Finanzierungsprojekten genutzt werden k6nnen. Auf dem unvollkommenen Kapitalmarkt erweisen sich Finanzinvestitionen bei Zugrundelegung des endogenen Kalkulationszinsful3es nieht mehr generell als kapitalwermeutral, und durchgef'tihrt werden nur solche Finanzierungsmal3nahmen, deren Kapitalwert gr613er7 als (oder in Grenzf~illen: gleich) 0 GE ist. Zur Diskussion der Bedeutung endogener Kalkulationszinsftil3e kann im Ubrigen auf den vorhergehenden Abschnitt 1 fiber das Hirshleifer-Modell verwiesen werden.
Beispiel 2.1: Gegeben sei ein Untemehmer, dessen Realinvestitionsfunktion F(I) = 4,4-10'5 sei und der einen Betrag AW 0 = 5,76 GE ffir investive Zwecke vorgesehen habe. Der Habenzinssatz
i (n) betrage 8 %, und der Sollzinssatz i (s) belaufe sich auf 12 %.
Aus Beispiel 1.6 des vorhergehenden Abschnitts ist bekannt, dass die angenommene Realinvestitionsfunktion ungef'~hr his zu einem Investitionsvolumen von 4,15 GE tiber eine Grenzrendite yon mehr als i (m = 8 % verftigt. Eine Grenzrendite yon 12 % wird gem~il3dem Ergebnis des Beispiels 1.5 des vorhergehenden Abschnitts bereits ab einem Realinvestitionsvolumen yon tiber 3,86 GE unterschritten. Alles in allern liegt damit eine Situation vor, die wegen AW 0 > I(m* der aus der linken oberen Graphik yon Abbildung 2.3 mit den genannten Konkretisierungen ffir die Werte i (n), i (s), I (u)*, I (s)* sowie AW 0 entspricht: Der Unternehmer wird lediglich den Betrag AWo ohne zusgtzliche Kreditaufnahme ftir investive Zwecke verwenden, wobei AWo-I (u)* ~- 5,76-4,15 = 1,61 GE am Kapitalmarkt angelegt werden. Der resultierende Endverm6genszuwachs entspricht der Fl~iche unterhalb der Kapitalnachfragekurve im Bereich yon I = 0 GE his I = AW 0 = 5,76
Zu beachten ist, dass bei Unvollkommenheit des Kapitalmarktes Arbitragemiiglichkeiten trotz positiver Kapitalwerte yon Finanzinvestitionen nicht bestehen miissen, ohne weiteres also ein Kapitalmarktgleichgewicht gegeben sein kann. Beispielsweise wird die Finanzierung yon Investitionsprojekten durch eigene Mittel des betrachteten Unternehmers far einen oberhalb yon i(m liegenden endogenen Kalkulationszinsfug tiber einen positiven Kapitalwert verftigen. Schon die beschr~inkte Anfangsausstattung des Untemehmers setzt der Ausnutzung dieses Umstands aber natfirliche Grenzen.
339 GE und kann durch Integration ermittelt werden als: 4,15
f iF' (I) - 1]" dI +(5,76-4,15). 0,08 0
(2.1)
4,15
[F(I)-I]
+0,1288 0
~- 4,94 GE.
Auch inhaltlich ist die Rechnung aus (2.1) gut zu verstehen: Gmnds~itzlich erh~ilt man den Endverm6genszuwachs zum einen durch Rechnung F(I(r~)*)-I(m* liar den Bereich, in dem Realinvestitionen durchgefiihrt werden, und zum anderen durch Multiplikation des AusmaSes der Kapitalmarktanlage mit dem Habenzinssatz i(I~) = 8 %. Das gesamte unternehmerische Endverm6gen zum Zeitpunkt t = 1 bel~iuft sich damit auf ungef'&hr 5,76+4,94 = 10,7 GE.
[]
Die iibrigen beiden Zeilen mit Graphiken aus Abbildung 2.3 stellen weitere denkbare F~ille mit jeweils unterschiedlichem optimalen Kapitalbudget des Unternehmers und unterschiedlichem endogenen Kalkulationszinsful3 dar. Im Rahmen des Abschnitts 2.4 wird auf diese Graphiken noch explizit zuriJckzukommen sein. Investitionsentscheidungen k6nnen demnach jedenfalls auch mit Hilfe des DeanModells getroffen werden. Weil dabei die Anwendung des Dean-Modells augenscheinlich fiir die gleiche Entscheidungssituation wie im Rahmen des HirshleiferModells m6glich ist, stellt sich unmittelbar die Frage nach der Beziehung der beiden Ans~itze. Bei richtiger Wiedergabe von Kapitalangebots- und -nachfragefunktion muss sich im Dean-Modell stets die gleiche L6sung wie im Rahmen des
Hirshleifer-Modells ergeben. Bevor auf diese Frage im Abschnitt 2.4 naher eingegangen wird, sollen zuvor allerdings noch einige Ans~itze zur Erweiterung der AnalysemiJglichkeiten im Rahmen des Dean-Modells vorgestellt werden.
340 1
KNK
i s,l
KAK I I(S),
01
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i AWo
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I(S)* AW 0
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Abbildung 2.3: Das Hirshleifer-Modell im Dean-Modell
F,I
341 2.3
M6gliche Erweiterungen des Dean-Modells
)~anlich wie schon das Hirshleifer-Modell fugt auch das Dean-Modell auf Anna_hmen, die sich als nur schwerlich mit der Realit~it vereinbar erweisen, andererseits aber essentiell fOx die Herleitung der Modellergebnisse sind. Auf einige dieser PrS_rnissen und die mit ihrer Lockertmg verbundenen Probleme soll im Folgenden eingegangen werden.
2.3.1
Mangelnde Teilbarkeit von Investitionsprojekten
Auf die Problematik der Annahme beliebiger Projektteilbarkeit wurde bereits im Kapitel II dieses Buches hingewiesen. Diese Annahme stellte dann kein Problem dar, wenn man aus dem optimalen Investitionsprogramm bei beliebiger Teilbarkeit ohne weiteres auf die zugehSrige LSsung bei fehlender Teilbarkeit schlieBen kSnnte. Genau dies ist abet im Allgemeinen nicht zutreffend. In jedem Fall kann es in der L6sung unter der Teilbarkeitspriimisse maximal ein Investitionsprojekt geben, das nur teilweise durchgeftihrt werden soll. Gibt es kein Projekt mit dieser Eigenschaft, verursacht die Annahme der mangelnden Projektteilbarkeit nattirlich keinerlei weitere Probleme. Schwierigkeiten bereitet demnach nur der Fall, bei dem ein bestimmtes Investitionsprojekt, nennen wir es P, lediglich zu einem bestimmten Bruchteil durchgeftihrt werden kann. Eine derartige Situation ist deshalb kritisch, weil sich die L6sung fOx den Fall fehlender Projektteilbarkeit nicht einfach dadurch aus der LSsung mit Teilbarkeitsannahme ermitteln l~isst, dass man das optimale Investitionsprogramm bei Teilbarkeitsannahme und vollstandiger Realisation des Projekts P mit dem bei vollst~indigem Verzicht auf die Durchftihrung von P vergleicht, also gewissermagen nur "benachbarte" Investitionsprogramme gegentiberstellt. Vielmehr kann sich die L6sung bei unteilbaren Investitionsprojekten grundlegend v o n d e r mit teilbaren Investitionsprojekten unterscheiden, so dass der L6sungsvorschlag des Dean-Modells dann keinerlei Hilfestellung zur Entscheidungsfindung bietet. Ferner existiert in diesem Fall auch
kein endogener Kalkulationszinsfug mehr, durch den eine (nachtriigliche) ProblemlSsung mittels des Kapitalwertkriteriums mtiglich wiire, wie sie welter oben
342 ftir eine Situation mit beliebiger Projektteilbarkeit vorgestellt worden ist. Diese Ph~inomene sollen anhand eines Beispiels erl~iutert werden.
Beispiel 2.2: Gegeben sei ein Unternehmer, der Zugang zu den in Tabelle 2.1 angegebenen drei Realinvestitionsprojekten hat.
t
0
z(,1)
-120
133,2
z~2)
-260
287,3
z(3)
-100
108,5
Tabelle 2.1: Anfangsauszahlungen und Rtickfltisse ftir Investitionsprojekte 1, 2, 3 Als interne Zinsftige der Projekte erh~ilt man i(~) = 1 1 % , i(2) = 10,5 % sowie i (3) = 8,5 %. Der Habenzinssatz i (m belaufe sich auf 8 % und der Sollzinssatz i Cs) auf 12 %. Vom Unternehmer sei ein Betrag AW 0 = 224 GE f'tir investive Zwecke in t = 0 vorgesehen. Nach dem weiter oben skizzierten Vorgehen gelangt man zu einer Kapitalangebots- und einer Kapitalnachfragekurve gem~il3 Abbildung 2.4. Demnach wird unter der Pr~imisse beliebiger Projektteilbarkeit auf den Einsatz von fremden Mitteln vollstS.ndig verzichtet. Allein der vom Untemehmer selbst zur Verftigung gestellte Betrag yon AW 0 = 224 GE wird investiv verwendet, und zwar zur vollst~indigen Durchf'tihrung des Projekts 1 und zur Realisation des Projekts 2 in einem Bruchteil von (224-120)/260 = 40 %. Das damit erzielbare unternehmerische Endverm6gen ftir t = 1 ist 133,2+0,4-287,3 = 248,12 GE, der zugeh6rige Endverm6genszuwachs entsprechend 248,12-224 = 24,12 GE.
343
KAK
12% 11% 10,5 %
8,5 % 8%
KMA - KNK
I
100
[
200
I
300
I
400
I
500
F,I
Abbildung 2. 4: Kapitalbudgetierung bei unteilbaren Investitionsprojekten
Ist die teilweise Realisation von Projekt 2 nicht m6glich, dann besteht das optimale Investitionsprogramm weder aus der alleinigen Durchfi2hrung yon Projekt 1 noch der kompletten Realisation von 1 und 2. Vielmehr erweist es sich als am besten, nur Projekt 2 mit teilweiser Mittelaufnahme am Kapitalmarkt zu i~s) = 12 % durchzuftihren. Um dies zu erkennen, sind zwei F~ille zu unterscheiden. Erstens ist nach dem optimalen Realinvestitionsprogramm ftir den Fall zu fragen, dass der Unternehmer weiterhin wie bei Projektteilbarkeit auf die Aufnahme von Mitteln am Kapitalmarkt verzichtet. In dieser Situation kann Projekt 2 wegen fehlender Mittel nicht realisiert werden. M6glich und vorteilhaft bleibt aber die Implementierung der beiden Investitionsprojekte 1 und 3, da beide zu h6heren Rtickfltissen je eingesetzter Geldeinheit, also h6heren Renditen, als bei Kapital-
344 marktanlage der untemehmerischen Mittel ftihren. Der verbleibende Restbetrag in H6he von 224-120-100 = 4 GE wird dann in der Tat am Kapitalmarkt zu i(H) = 8 % bis t = 1 angelegt. Insgesamt ergibt sich damit f'tir den Untemehmer bei Verzicht auf Mittelaufnahme am Kapitalmarkt ein Endverm6gen yon 133,2+ 108,5+4-1,08 = 246,02 GE, also ein Endverm6genszuwachs von 246,02-224 = 22,02 GE. Zweitens kann man das optimale unternehmerische Realinvestitionsprogramm f'tir den Fall zus~itzlicher Aufnahme von Mitteln zum Sollzinssatz i(s~ = 12 % bestimmen. Mittel aufzunehmen, um damit die zusarzliche Durchftihrung des Projekts 2 bei Beibehaltung der Projekte 1 und 3 zu erm6glichen, kann wegen i (2) = 10,5 % < i (s) = 12 % und der fast vollst~indigen Fremdfinanzierung der Umsetzung von 2 nicht sinnvoll sein. Auch die Kombination yon 2 und 3 erweist sich im Vergleich zur simultanen Durchftihrung von 1 und 3 unmittelbar als suboptimal. Das Projekt 2 liefert eine geringere Rendite als 1 und ware tiberdies zu mehr als 50 % tiber Mittel mit i (s~ = 12 % zu finanzieren. Die Kombination von 1 und 2 ist infolge des hier abermals sehr hohen Fremdfinanzierungsanteils zur Umsetzung von 2 ebenfalls zweifellos schlechter als die Realisation von 1 und 3. In der Tat kommt die Mittelaufnahme am Kapitalmarkt daher nur dann in Betracht, wenn man sich auf die alleinige Durchf'tihrung yon Projekt 2 beschr~inkt. Unter dieser Bedingung muss sich der Untemehmer im Umfang von 260-224 = 36 GE zu i (s~ = 12 % von t -- 0 bis t = 1 verschulden. Sein aus diesem Kapitalbudget resultierendes Endverm6gen bel~iuft sich auf 287,3-36-1,12 = 246,98 GE, der entsprechende Endverm6genszuwachs also auf 246,98-224 = 22,98 GE. Tats/ichlich lautet damit die optimale untemehmerische Verhaltensweise bei angenommener Unteilbarkeit der verftigbaren Investitionsprojekte auf die alleinige Durchf'tihrung des Investitionsprojekts 2 bei Einsatz von allen verftigbaren eigenen Mitteln des Untemehmers und zus~itzlicher Aufnahme eines Betrags yon 36 GE am Kapitalmarkt yon t = 0 bis t = 1 zu i(s~ = 12 %. Nattirlich ist das hierbei erreichbare Endverm6gen niedriger als bei beliebiger Projektteilbarkeit.
345 Wie man sieht, kann in diesem Beispiel nicht unmittelbar vonder L6sung unter der Pr~imisse beliebiger Projektteilbarkeit auf die optimale unternehmerische Verhaltensweise unter der Annahme der Unteilbarkeit von Investitionsprojekten geschlossen werden. Uberdies gibt es keinen endogenen Kalkulationszinsfug, so dass das optimale Kapitalbudget bei mangelnder Projektteilbarkeit fiber eine Anwendung des Kapitalwertkriteriums reproduziert werden k6nnte. Ffir jeden beliebigen KalkulationszinsfuB unter 12 % ist n~imlich der Kapitalwert der Mittelaufnahme am Kapitalmarkt zu i(s) = 12 % durch einen negativen Kapitalwert charakterisiert, w ~ e n d jeder Zinsfug oberhalb von 10,5 % zu einem negativen Kapitalwert des Projekts 2 ffihrt. Es gibt daher schon keinen Kalkulationszinsfug, so dass Projekt 2 und die Mittelaufnahme am Kapitalmarkt zu i(s) = 12 % simultan fiber einen nichmegativen Kapitalwert verffigen. Gleichwohl sind beide Magnahmen Bestandteil des optimalen Kapitalbudgets.
2.3.2
[]
Gegenseitiger Ausschluss von Investitionsprojekten
Hebt man die Annahme vtilliger Unabh~ingigkeit der Investitionsprojekte auf, stellt dies ebenfalls eine deutliche Erschwerung der Analyse dar. Dies gilt selbst dann, wenn man sich auf die Betrachtung des einfachsten Falls von Projektinterdependenzen, des gegenseitigen Ausschlusses n~mlich, beschr~inkt. SchlieBen sich zwei Projekte 1 und 2 gegenseitig aus und gelten ansonsten die Pr~rdssen des Dean-Modells gem~iB Abschnitt 2.2.1 welter, dann sind grunds~itzlich zwei Hille zu unterscheiden. Unproblematisch ist eine Situation, in der das Investitionsprojekt mit der h6heren Rendite auch fiber die h6here maximale Anfangsanszahlung verftigt. Dann n~imlich ist dieses Projekt dem anderen infolge der Teilbarkeitsannahme eindeufig fibeflegen: Unabh~ingig davon, wie viele Geldeinheiten der Unternehmer in das Projekt mit der gefingeren Rendite auch investieren wollte, ffihrt die Investition des gleichen Betrags in das Projekt mit der h6heren Rendite in t = 1 zu h6heren Rtickflfissen und erweist sich deswegen als fiberlegen.
Unklar ist die Entscheidungssimation demnach nur, wenn das Investitionsprojekt mit der geringeren Rendite, angenommen Projekt 1, zugleich fiber die h6here
346 maximale Anfangsauszahlung verfiJgt. Dann mag es n~imlich durchaus sein, dass sich die Entscheidung ftir Projekt 1 trotz eines geringeren Renditewertes als sinnvoll erweist. Notwendige Voraussetzung daf'tir ist nattirlich, dass der maximal m6gliche Rtickfluss aus Projekt 1 gr613er als beim Alternativprojekt 2 ist.
Beispiel 2.3: Gegeben sei ein Investitionsprojekt 1 mit einer Anfangsauszahlung yon 100 GE in t = 0 und einem Rtickfluss von 120 GE in t = 1. Ein Projekt 2a liefere bei einer Anfangsauszahlung yon 50 GE in t = 0 Einzahlungen von 55 GE in t = 1. Weil Projekt 1 folglich mit 20 % gegenfiber 10 % von Projekt 2a sowohl fiber eine h6here Rendite als auch tiber einen h6heren maximalen Investitionsbetrag in t = 0 verftigt, wtirde bei beliebiger Teilbarkeit und gegenseitigem Ausschluss Projekt 1 gegentiber 2a ftir jeden Investitionsbetrag vorgezogen. Ein weiteres Projekt 2b gew~ihrleiste eine maximale Anfangsauszahlung von 90 GE in t = 0 bei einem Einzahlungstiberschuss yon 125 GE in t = 1. Im Vergleich mit Projekt 1 verftigt es tiber die deutlich h6here Rendite mit etwa 38,89 %, wenngleich Projekt 1 einen h6heren Investitionsbetrag erm6glicht. Selbst aber bei Investition yon 100 GE in Projekt 1 k6nnen nicht so hohe Einzahlungen wie bei Durchftihrung des Projekts 2b mit nur 90 GE erreicht werden. Daher ist 2b dem Projekt 1 gegentiber eindeutig tiberlegen und wtirde im Rahmen einer Auswahlentscheidung stets vorgezogen. Schliel31ich sei ein Projekt 2c betrachtet, das bei einer Anfangsauszahlung von 80 GE in t = 0 Rfickfltisse yon 98 GE in t = 1 in Aussicht stellt. Die Rendite ist mit 22,5 % erneut h6her als die des Projekts 1. Ftir hinreichend hohe Investitionsvolumina k6nnte sich nun aber in der Tat trotzdem die Durchffihrung des Projekts 1 gegenfiber der Implementierung des Projekts 2c als tiberlegen erweisen, da die maximalen Rtickfltisse von Projekt 1 mit 120 GE tiber denen von Projekt 2c mit 98 GE liegen. Entscheidend ist hierbei nattirlich, wie die im Rahmen der Durchftihrung von Projekt 2c gegentiber der Realisation von Projekt
1
gegebenenfalls eingesparten Mittel anderweitig verwendet werden k6nnen.
[]
347 Im Weiteren sei lediglich auf den allein interessanten Fall eingegangen, dass zwei beliebig teilbare und sich gegenseitig ausschliel3ende Projekte 1 und 2 vorliegen, wobei Projekt 1 mit gr613erer Anfangsauszahlung und gr613erem RiJckfluss, aber geringerer Rendite als Projekt 2 ausgestattet ist. Fiir Investitionsvolumina, die jenseits der Anfangsauszahlung von Projekt 2 liegen, mag es dann von Vorteil sein, sich far Projekt 1 zu entscheiden. Wie bereits im Beispiel 2.3 angedeutet, kommt es dabei aber mal3geblich darauf an, fiber welche weiteren Verwendungsm6glichkeiten der Unternehmer f'tir die bei Durchftihrung von Projekt 2 statt Projekt 1 nicht ben6tigten Mittel verfiigt. Um im konkreten Entscheidungsproblem das optimale Kapitalbudget zu ermitteln, bieten sich zwei Wege an. Erstens kann man zweimal eine Kapitalnachfragefunktion herleiten, einmal mit Projekt 1, das andere Mal mit Projekt 2, und ffir beide F~ille graphisch das optimale Kapitalbudget ermitteln, um anschliegend das h6here Endverm6gen zu bestimmen. Dieses Vorgehen ist stets anwendbar, wenngleich recht aufwendig. Z w e i t e n s kann man aber auch versuchen, mit n u r e i n e r Graphik das Problem zu
16sen. Dazu bedarf es einer Betrachtung der Differenzinvestition 1-2. Aus der Diskussion der Parameterregeln im Abschnitt 3 des Kapitels III ist bekannt, dass der 0bergang vom Projekt 2 zum Projekt 1 dann von Vorteil ist, wenn die Rendite der Differenzinvestition 1-2 gr6ger als der Kapitalmarktzinssatz i ist, well der zus~itzliche Mitteleinsatz dann h6here Ertr~ige als Aufwendungen abwirft. Diese 0berlegung ist auch dann noch zutreffend, wenn sich der relevante Kalkulationszinsfug wie im Dean-Modell fiber die gesamte Anfangsauszahlung ffir 1-2 nicht notwendig als konstant erweist: Solange jede Geldeinheit der zus~itzlichen Anfangsauszahlung einen h6heren Ertrag als den jeweils mal3geblichen Kapitalkostensatz erbringt, lohnt sich der fJbergang von 2 nach 1. Um die Gfiltigkeit dieser Voraussetzung zu testen, wird die Kapitalnachfragefunktion daher nun unter Berticksichtigung der Projekte 2 und 1-2 hergeleitet. Die Rendite der Differenzinvestition 1-2 ist dabei in jedem Fall geringer als die Rendite des Projekts 2, da schon
348 die Rendite von 1 geringer als die von 2 ist: 8
i (2)* =
z 2)
z l)
1 > i (1)* -
[ZOO2)I '*:* Zl(2). IZo(1)I _Z~I).
4m~
1
Izo~X)l
izg) i> o
Z(2). jZ(1)i _Z(2)" IZ0(2)I_(Z(1). jZ0(2)I-Z1(2)"iZ0(2)l)
**
(2) /t (1) (2) zl "tlZo - Z o [)
i (2)* =
z1
(2)
1 > i (1-2)*
IZo(2)F
(2) . (1) (2). Zo I t z l -zl )
>
i,o(2)i.(i,o(1)1- zg)l)
>0 (2.2)
Izo~Z)I "(Izo~~ I - Izo<2~I)
jzo(2)t (rzo(,,j- izg) I) -
(1) _Z(2)
Zl
1.
IZo(')I-IZo(2)I
In der dritten Zeile von (2.2) wurde dabei zum einen der Ausdruck -z~2)- ]Zo(2) ] -(-Zl2)'lZ0 (2) ]) = 0 hinzuaddiert und zum anderen durch das Produkt [Z~2)['(]Z(1) I-
[z0(2)l) > 0 dividiert. 9 Je nachdem, wie der Schnittpunkt yon Kapitalangebots- und -nachfragekurve liegt, sind damit grundsfitzlich nur drei F~ille denkbar. Entweder ergibt sich, dass weder 2 noch 1-2 durchgeffihrt werden sollen, oder man erh~ilt, dass wohl 2, nicht aber 1-2 durchzuf'tihren ist, oder es ergibt sich, dass 2 und 1-2 implementiert werden
Zu beachten ist, dass Z(o~), Z(o2) < 0 gilt, weswegen im Rahmen der Renditeberechnung jeweils die zugeh6rigen Betriige IZ(o])l und Izo(2)l (oder ebenso gut die mit -1 multiplizierten Werte -Zo(]) und -Z(o2)) anzusetzen sin& Es sei daran erinnert, dass die Anfangsauszahlung des Projekts 1 annahmegem~ig gr6ger als die des Projekts 2 ist: ]z0~1)] > 1zr
349 sollen. Der letztgenannte Fall bedeutet, dass per Saldo 1 und nicht 2 gewS.hlt wird. Denn die simultane Durchftihrung yon 2 und des Wechsels von 2 nach 1 fiber Realisation der entsprechenden Differenzinvestition 1-2 ergibt gerade 1.
Beispiel 2.4: Gegeben sei ein Unternehmer, der einen Betrag AW 0 = 50 GE ffir investive Zwecke vorgesehen hat. Der Habenzinssatz i (m betrage 8 %, der Sollzinssatz i (s) belaufe sich auf 12 %. Als Realinvestitionsprojekte seien die beiden beliebig teilbaren und sich gegenseitig ausschliegenden Projekte 1 und 2c aus Beispiel 2.3 verftigbar. Die hier relevante Differenzinvestition 1-2c erfordert eine Anfangsauszahhmg in t = 0 yon 100-80 = 20 GE und f'tihrt zu zus~itzlichen Einzahlungen in t = 1 von 120-98 = 22 GE, so dass sich die Rendite von 1-2c auf 10 % bemisst. Diese Angaben ffihren zu Abbildung 2.5, aus der ersichtlich ist, dass sich die Durchffihrung der Differenzinvestition im Gegensatz zur Implementierung yon 2c nicht lohnt. Dem Projekt 2c wird hier also gegentiber 1 der Vorzug gegeben, 30 GE der Anfangsauszahlung von 80 GE in t = 0 werden dabei fiber Kreditaufnahme in t = 0 finanziert. Dieses Resultat kann auch leicht rechnerisch nachgepriaft werden. Im Falle der Durchffihnmg des Projekts 1 mfissen 50 GE in t = 0 zu i(s) = 12 % aufgenommen werden. Das unternehmerische Endverm6gen bel~iuft sich daher auf 120-50-1,12 = 64 GE und der zugeh6rige Endverm/Sgenszuwachs auf 64-50 = 14 GE. Der letztgenannte Wert kann auch aus Abbildung 2.5 abgelesen werden. Der unternehmerische Endverm6genszuwachs bei Entscheidung ffir 2c und 1-2c ergibt sich n~imlich gleichfalls fiber die Fl~ichenberechnung 50-0,225+30"(0,225-0,12)+20-(0,1-0,12) = 14 GE. Bei Implementierung des Projekts 2c hingegen erh~ilt man unter Beachtung der Verschuldung in H6he von 30 GE am Kapitalmarkt zu i (s) = 12 % ein untemehmerisches Endverm6gen yon 98-30.1,12 = 64,4 GE > 64 GE und einen zugeh6rigen Endverm6genszuwachs von 64,4-50 = 14,4 GE > 14 GE.
350
22,5 %
2c
12% 10% 8%
KAK
! 1-2c KMA
50
80
100
KNK
F, I
Abbildung 2.5: Kapitalbudgetierung mittels Differenzinvestitionen bei sich gegenseitig ausschliel3enden Investitionsprojekten
Unterstellt man, dass sich der Sollzinssatz nur auf i(s) = 9 % bel~iuft, dann ist das optimale Investitionsprogramm durch die Realisation von 2c und 1-2c, also letzten Endes 1, gekennzeichnet. Dieses Ergebnis best~itigt sich auch, wenn man zwei separate Graphiken, einmal mit Projekt 1, das andere Mal mit Projekt 2c, der Entscheidungsfindung zugrunde legt. m Die Kapitalnachfragefunktion auf der Grundlage von 1 ftihrt mit 120-50-50-1,09 = 15,5 GE zu einem h6heren maximalen Endverm6genszuwachs als die Kapitalnachfragefunktion auf der Grundlage von 2c mit 98-50-30.1,09 = 15,3 GE.
10 Vgl. hierzu Abbildung 2.6.
[]
351
20
KAK KNK
KMA
I-
50
22,5 %
100
F,I
2c
% %
KAK KNK
KMA
ID
0
50
80
F,I
Abbildung 2.6: Kapitalbudgetierung ohne Differenzinvestitionen bei sich gegenseitig ausschlieBenden Investitionsprojekten
352 Alle drei Situationen lassen sich folglich ohne Probleme saehgereeht interpretieren, weswegen man scheinbar in der Tat auf der Grundlage eines einzigen Diagramms das Problem sich gegenseitig ausschliel3ender Projekte beriJcksichtigen kann. In vielen F~illen ist dies wirklich auch mOglich, ein Problem besteht allerdings dann, wenn die optimale L6sung durch teilweise Realisation der Differenzinvestition charakterisiert ist. Selbst wenn man unterstellt, dass Realinvestitionsprojekte beliebig teilbar sind, gilt dies doch denknotwendig nicht ftir Differenzinvestitionen sich gegenseitig ausschliel3ender Projekte. Die 40 %ige Durchftihrung einer Differenzinvestition 1-2 beispielsweise impliziert, dass im Optimum 1 zu 40 % und 2 zu 60 % durchgeftihrt werden soil, beide Projekte also in bestimmten Bruchteilen simultan realisiert werden. Tritt eine derartige Situation auf, kann man gem~il3 den Ausf'tihrungen des vorhergehenden Abschnitts 2.3.1 nicht einfach das optimale Investitionsprogramm mit 100 %iger Durchftihrtmg mit dem mit 0 %iger Durchftihrung der Differenzinvestition vergleichen. Vielmehr bleibt nun nichts anderes tibrig, als nachtriiglieh doch die zuerst genannte Methode anzuwenden oder in anderer Form zus~itzliche Uberlegungen anzustellen.
Beispiel 2.5: Gegeben sei die Entscheidungssituation aus Beispiel 2.4 bei zus~itzlicher Verftigbarkeit eines Projekts 2d, das bei einer Anfangsauszahlung von 10 GE in t = 0 zu einem Rtickfluss von 10,9 GE in t = 1 f'tthrt. Ferner sei AW0 = 90 GE angenommen. In Abbildung 2.7 erkennt man, dass man unter diesen modifizierten Pr~imissen zur (sinnlosen) Empfehlung der teilweisen Realisation der Differenzinvestition 1-2c gelangt. Optimal ist aber nun weder die alleinige Durchftihrung yon 2c noch die simultane DurchfiJhrung von 2c und 1-2c, also per Saldo 1. Endverm6gensmaximierend ist vielmehr ein aus 2c und 2d bestehendes Investitionsprogramm, das n~imlich hier ohne jede Fremdfinanzierung m6glich ist.
[]
353
2c
22,5 %
KAK
12%
1-2c
10% 9% 8%
2d KMA /~
0
KNK p.
80
90
100
ll0
F, i
Abbildung 2. 7: Problematische Kapitalbudgetierung mittels Differenzinvestitionen bei sich gegenseitig ausschlieBenden Investitionsprojekten
2.3.3
Mehr-Perioden-Betrachtung
Das Vorgehen aus dem Dean-Modell kann nattirlich ohne weiteres auch im Rahmen von Mehr-Perioden-Problemen Anwendung finden. Zu diesem Zweck wird far jedes Investitions- und Finanzierungsprojekt der interne Zinsfug bestimmt und anschlieBend eine Reihung der Investitionsprojekte nach absteigenden und der Finanzierungsprojekte nach aufsteigenden Zinsfal3en vorgenommen. Der Schnittpunkt yon Kapitalangebots- und -nachfragekurve beschreibt nach wie vor die Empfehlung far das zu realisierende Kapitalbudget. In der Tat ist ein solches Vorgehen im Falle der Betrachtung von mehr als zwei Zeitpunkten in verschiedener Hinsicht problematisch. Zum einen ist die Zahlungsf~ihigkeit der Unternehmung nicht in jedem Zeitpunkt gew~thrleistet, denn
354 durch die Realisation aller Investitions- und Finanzierungsprogramme links vom Schnittpunkt erreicht man lediglich, dass die Finanzierung aller Investitionen in t = 0 gelingt. Ob Zahlungsf~higkeit auch in einem Zeitpunkt t > 0 gew511rleistet ist, bleibt zun~ichst einmal v611ig often. Beispiel 2.6: Gegeben sei ein Untemehmer mit AW 0 = 20 GE in t = 0, der im Rahmen einer Drei-Zeitpunkte-Betrachtung mit einem Habenzinssatz in H6he von i (m = 0 % lediglich Zugang zu den folgenden beiden Projekten 1 und 2 hat:
t ZI 1)
z~2~
0 -
1
2
1O0
30
130
100
-120
0
Tabelle 2.2: Projekte 1 und 2 im Rahmen einer Drei-Zeitpunkte-Betrachtung Augenscheinlich handelt es sich bei Projekt 1 um ein Investitionsprojekt mit einem intemen Zinsful3 von 30 %, w~ihrend 2 ein Finanzierungsprojekt mit einem internen Zinsful3 von 20 % beschreibt. Eine Betrachtung gem~il3dem Dean-Modell wfirde laut Abbildung 2.8 zur Empfehlung gelangen, das Projekt 1 vollst~indig zu implementieren und die erforderliche Anfangsauszahlung von 100 GE zum einem tiber die eigenen Mittel AW0 = 20 GE des Unternehmers und zum anderen fiber die Durchffihrung von Projekt 2 mit einem Bruchteil von 80 % aufzubringen. Als Konsequenz hieraus mtisste der Unternehmer in t = 1 aber Auszahlungen von 120-0,8 = 96 GE auf das Finanzierungsprojekt leisten, die aufgrund der zu geringen Einzahlung aus dem Investitionsprojekt in diesem Zeitpunkt nicht erbracht werden k6nnen. Ffir die hier zugrunde gelegten Pr~imissen w~ire der Unternehmer denmach im Zeitpunkt t = 1 zahlungsunfiihig.
[]
355
1
30%
KNK
KAK
20 %
20
100
120
F,I
Abbildung 2.8: Fehlende Berticksichtigung yon Liquidit~itsrestriktionen bei MehrPerioden-Betrachtungen im Dean-Modell
Ferner ist keineswegs sichergestellt, dass das realisierte Kapitalbudget in der Tat e n d w e r t m a x i m i e r e n d ist. Daftir k6nnen mehrere Gri.inde angeftihrt werden. So werden erst nach t > 0 realisierbare Investitions- und Finanzierungsprojekte im Rahmen der hergeleiteten Kapitalangebots- und -nachfragekurven fiberhaupt nicht berticksichtigt. Wfirde man sie hingegen bereits "antizipativ" doch hinzunehmen, dann erg~ibe sich selbst schon ffir t = 0 die Gefahr von Zahlungsmitteldefiziten oder -fiberschtissen.
Beispiel 2.7" Gegeben sei eine Drei-Zeitpunkte-Betrachtung mit einem Untemehmer, der fiber ein investiv zu verwendendes Verm6gen AW 0 = 20 GE verffigt und ansonsten bei einem Habenzinssatz von i(m = 0 % nur noch Zugang zu den folgenden drei Projekten 1, 2 und 3 hat:
356 2
t
0
z~1)
- 1O0
30
130
(2)
100
-162,5
0
zl 3~
0
100
-105
Zt
Tabelle 2.3: Projekte 1, 2 und 3 im Rahmen einer Drei-Zeitpunkte-Betrachtung Bei den (beliebig teilbaren) Projekten 2 und 3 handelt es sich demnach um zwei jeweils einperiodige Finanzierungsmagnahmen von t = 0 bis t = 1 bzw. von t = 1 bis t = 2. Als interne Zinsf'tige erh~ilt man ftir Projekt 2 einen Wert yon 62,5 % und ftir 3 einen Wert von 5 %. Projekt 1 charakterisiert eine Normalinvestition mit intemem Zinsfug von 30 % und sei als unteilbar angenommen. Man prtift ohne gr613ere Schwierigkeit, dass es optimal ist, das Investitionsprojekt 1 und das Finanzierungsprojekt 3 im vollen Umfang sowie das Finanzierungsprojekt 2 zu einem Bruchteil yon 80 % durchzuftihren. Aus der 80 %igen Durchftihrung von Projekt 2 ergeben sich in t = 0 Einzahlungen von 80 GE, die zusammen mit dem unternehmerischen Verm6gen von AW 0 -- 20 GE die Finanzierung der Anfangsauszahlung von 100 GE fur das Investitionsprojekt erm6glichen. In t = 1 realisiert der Unternehmer Einzahlungen von 30+100 = 130 GE aus den Projekten 1 und 3, denen Auszahlungen von 0,8-162,5, also von ebenfalls 130 GE, gegenfiberstehen. Als einzige von Null verschiedene Konsequenz des optimalen unternehmerischen Kapitalbudgets verbleibt damit ein Einzahlungsfiberschuss von 130-105 = 25 GE im Zeitpunkt t = 2. Dieses Endverm6gen tibertrifft dasjenige, das sich durch Mittelanlage des Untemehmers von t = 0 bis t = 2 zu i (m = 0 % ergibt, weswegen die behauptete Optimalit~it des betrachteten Kapitalbudgets tats~ichlich vorliegt. Erstellt man jedoch die Kapitalangebotskurve ohne Berticksichtigung des erst zuktinftig verftigbaren Projekts 3, dann gelangt man zur Ablehnung der Durchftth-
357 rung von Projekt 1 gem~if5 der linken Graphik aus Abbildung 2.9. Wird Projekt 3 bei der Erstellung der Kapitalangebotskurve schon hinzugenommen, dann ergibt sich gem~if3 der rechten Graphik I1 aus Abbildung 2.9 die unsinnige Empfehlung, die Anfangsauszahlung des Investitionsprojekts in t = 0 allein tiber das unternehmerische Verm6gen von AW 0 = 20 GE sowie das Projekt 3 zu finanzieren.
2
62,5 o
30%
9
1
KAK
KNK
1
30%
3
5%20
[]
100 120
F,1
0
20
KNK
~KAK 100 120
F,I
Abbildung 2.9: Unzureichende Bert~cksichtigung zuktinftig verftigbarer Projekte im Dean-Modell In ~ihnlicher Weise iindern sich die Renditen und Kapitalkostens~itze von Projekten von Periode zu Periode. Die vorgenommene Gegentiberstellung ist insofern nur eine Momentaufnahme zum Zeitpunkt t = 0. Beispielsweise ist es denkbar, dass eine bestimmte, teure Finanzierungsform nut f'tir eine Periode yon t = 0 bis t = 1 zur Finanzierung eines langfristig lukrativen Investitionsprojekts ben6tigt wird. 12 Dieser Umstand kommt bei einer Betrachtung der zum Zeitpunkt t = 0 relevanten Kapitalangebots- und -nachfragekurven tiberhaupt nicht zum Ausdruck.
Aus Platzgrtinden ist in der rechten Graphik auf die komplette Darstellung der Kapitalangebotskurve unter Einbezug des Projekts 2 verzichtet worden. 12 Vgl. auch hierzu schon Beispiel 2.7.
358 Drittens schliel31ich ist darauf zu achten, dass die Reihung von Investitions- und Finanzierungsproj ekten nach ihren internen Renditen im Rahmen einer Mehr-Perioden-Betrachtung ohne jegliche theoretische Fundierung ist. In der Tat stellen derartige Reihungen einen im Allgemeinen unzuliissigen mittelbaren Parametervergleich dar, u n d e s sind ohne Schwierigkeiten Szenarien denkbar, in denen ein Projekt mit einem htiheren internen Zinsful3 bei Durchffihrung zu einem geringeren Endverm6gen ftir den Unternehmer als ein anderes Projekt mit niedrigerem internen Zinsful3 ffihrt. Beispiel 2.8: Gegeben sei ein Unternehmer, dem bei einem ffir investive Zwecke vorgesehenen Anfangsverm6gen yon AW0 = 100 GE im Rahmen einer Drei-Zeitpunkte-Betrachtung zwei Investitionsprojekte 1 und 2 mit gleicher Anfangsauszahlung gem~il3 Tabelle 2.4 zur Verffigung stehen.
t
0
1
2
z{1)
-100
0
132,25
z{2~
-100
116
0
Tabelle 2.4: Projekte 1 und 2 im Rahmen einer Drei-Zeitpunkte-Betrachtung
Man prtift leicht, dass Projekt 1 fiber einen intemen Zinsful3 von 15 % verffigt, w~ihrend der yon Projekt 2 bei 16 % liegt. Projekt 2 wtirde deswegen im Rahmen einer Herleitung der Kapitalnachfragekurve vor Projekt 1 abgetragen werden. Unterstellt man aber etwa einen Habenzinssatz i(m = 8 %, dann gelangt man bei Durchffihrung des Projekts 2 nur zu einem (Brutto -13) Endverm6gen des Zeitpunktes t = 2 von 116-1,08 = 125,28 GE < 132,25 GE, so dass sich in der Tat die Entscheidung fiJr Projekt 1 als vorteilhaft erwiese.
13 Das heiBt hier: vor Abzug etwaiger Finanzierungskosten.
[]
359 Bei einer reinen Z w e i - Z e i t p u n k t e - B e t r a c h t u n g hingegen ist die Reihung nach internen Zinsftigen unkritisch, weil hier infolge der beliebigen Teilbarkeit yon Investitionsprojekten grunds~itzlich standardisierte Projekte mit jeweils 1 GE Anfangsauszahlung betrachtet werden k6nnen, f'tir die sich im Rahmen einer ZweiZeitpunkte-Betrachtung auch ein mittelbarer Parametervergleich als zul~issig erweist. Statt zweier Projekte 1 und 2 mit Zahlungsstrukturen (z(o~);z~2)) bzw. \t'~(2)'7(2)~ in L 0 ~L 1 ] t = 0, 1 kann man folglich ebenso gut Iz0~ Projekte la mit einer Auszahlung von jeweils 1 GE in t = 0 und einem Rtickfluss von z~'a) -= zll)/Iz~0~)l und ]z0~2)] Projekte 2a mit einer Auszahlung von ebenfalls 1 GE in t = 0 bei einer Einzah_~2a) = zlZ~/lz~02)[ in t = 1 betrachten. lung von z~ Ein h6herer intemer Zinsfuf3 bei dem Projekt la mit Einzahlung Z~la) auf die zu investierende Geldeinheit als bei dem Projekt 2a mit Einzahlung zl 2a) auf die zu investierende Geldeinheit geht stets einher mit z~la) > zl 2a) und damit auch einem h6heren Endverm6gen bei Investition der betreffenden Geldeinheit ins Projekt la. Man kann femer sagen, dass der Kapitalwert [zlla)/(l+i)]-1 der Investition in das Projekt 1a ftir j eden beliebigen Zinssatz i gr613er als der entsprechende Kapitalwert
[z~Zal/(l+i)]-I
bei Investition in das Projekt 2a ist. Es liegt bier demnach die aus
dem Abschnitt 3 des Kapitels III bekannte D o m i n a n z b e z i e h u n g zwischen zwei Projekten la und 2a vor, die ihrerseits eine Reihung nach intemen Zinsftigen rechtfertigt. Zu beachten ist hierbei, dass neben der Beschr~inkung auf die Betrachtung von nur zwei Zeitpunkten auch die beliebige Projektteilbarkeit erforderlich ist, u m eine Rangordnungsbildung auf der Grundlage von internen Zinsfti13en zu fundieren. Insgesamt sind die Erweiterungs- und Anwendungsm6glichkeiten des Dean-Modells damit vergleichsweise eng. Hinzu kommt, dass man selbst an der Grundversion dieses Modells noch Kritik tiben kann, wie der n~ichste Abschnitt anhand eines Vergleichs von Dean- und Hirshleifer-Modell belegt.
360 2.4
D a s Verh~iltnis v o n Hirshleifer- zu Dean-ModelF 4
Im Weiteren soil das unternehmerische Entscheidungsproblem for die drei grundlegenden F~ille des Hirshleifer-Modells einmal in einer Darstellung mittels Kapitalangebots- und -nachfragefunktionen, also einer Darstellung im Kontext des
Dean-Modells, veranschaulicht werden. Ffir den Anlegertyp gilt, dass er Mittel im Umfang AW 0 > I (H)* fiir investive Zwecke zu verwenden bereit ist. Hieraus resultiert sofort die bereits angesprochene linke obere Graphik aus Abbildung 2.3, denn die Kapitalangebotskurve verl~iuft demnach ftir Finanzierungsvolumina F < AW o auf der Abszisse, fiir F > AW 0 hingegen erh~ilt man einen Ordinatenwert von gerade i(s). Wie ebenfalls bereits erwahnt, liefert die rechte obere Graphik aus Abbildung 2.3 eine Alternativdarstellung auf der Grundlage des wertmiiBigen Kostenbegriffs. Nochmals hervorzuheben ist, dass die Kapitalangebotskurve bei dieser Darstellung stets an der Stelle I = I (m* yon der Kapitalnachfragekurve geschnitten wird und man aus der Differenz AW0-I(H)* unmittelbar den Umfang der unternehmerischen Kapitalmarktanlage zu i (H) ablesen kann. Handelt es sich bei dem betreffenden Untemehmer hingegen um einen Schuldnertyp, dann stehen yon unternehmerischer Seite nur Mittel im Umfang AW 0 < I (s)* ftir investive Zwecke zur Verftigung. Bei gleicher Kapitalnachfragekurve verschiebt sich demnach im Vergleich zur Situation bei Betrachtung eines Anlegertyps die Sprungstelle der Kapitalangebotskurve nach links, und zwar derart, dass der Schnittpunkt der beiden Kurven nunmehr auf dem oberen der beiden Teilabschnitte der Kapitalangebotskurve liegt. Aus der Differenz I(S)*-AW0 kann unmittelbar das Ausmag der fremdfinanzierten Invesfitionen ersehen werden. Der endogene Kalkulationszinsfug nimmt hierbei einen Wert von i (s) an. Ein Beispiel ftir
~4 Die Ausftihrungen dieses Abschnitts basieren im Wesentlichen auf Breuer (2000b).
361 eine derartige Situation bietet die linke mittlere Graphik aus Abbildung 2.3. Wieder zeigt die zugeh6rige rechte mittlere Graphik die Zusammenh~inge bei wertm~igigen Kostenans~itzen.
Beispiel 2.9: Gegeben sei der Untemehmer aus Beispiel 2.1, dieses Mal aber mit einem far investive Zwecke vorgesehenen Anfangsverm6gen von nur AW o = 2,34 GE < I (s)*. Als Konsequenz hieraus verschiebt sich die Sprungstelle seiner Kapitalangebotskurve so deutlich nach links, dass eine den mittleren Graphiken aus Abbildung 2.3 entsprechende Situation resultiert. Der Unternehmer wird dabei zur Realisation von I (s)* noch einen zusi~tzlichen Kredit von I(S)*-AW0 = 3,86-2,34 = 1,52 GE aufnehmen.
[]
Schliel31ich kann der Unternehmer noch vom Typ " N e u t r a l e r " sein. In diesem Fall sieht der Untemehmer Mittel AW 0 im Umfang yon I (m* > AW 0 > I (s>* ftir investive Zwecke vor land resultiert ein endogener Kalkulationszinsfug i mit i (m < i < i (s), wobei typischerweise in beiden Ungleichungsketten echte Ungleichungen vorherrschen werden. Die linke untere Graphik aus Abbildung 2.3 beschreibt genau einen derartigen Fall. Unter Voraussetzung des wertmiiBigen Kostenverstiindnisses ist die rechte untere Graphik aus Abbildung 2.3 mal3geblich.
Beispid 2.10: Gegeben sei der Unternehmer aus Beispiel 2.1, dieses Mal jedoch mit einem ftir investive Zwecke vorgesehenen Anfangsverm6gen yon AW o = 4,04 GE. Wegen I (m* > AW 0 > I (s)* wird der Unternehmer seine Mittel AW o vollst~indig ftir Realinvestitionen nutzen und auf erg~inzende Kapitalmarkttransaktionen zur G~inze verzichten. Der ad~iquate endogene Kalkulationszinsful3 bel~iuft sich dabei auf F'(AWo)- 1 = 2,2-(4,04) ~
1 ~ 9,45 %.
[]
362 Insgesamt zeigt sich also, dass das Entscheidungsproblem des Hirshleifer-Modells grunds~itzlich aueh im Rahmen des Dean-Modells abgebildet werden kann, obgleich im Dean-Modell differenzierte Zeitpr~iferenzen des Unternehmers explizit gar nicht dargestellt werden. Vielmehr wird stets lediglich v o n d e r Maximierung des Endverm6gens des Unternehmers ausgegangen. Das Dean-Modell l~sst sich ferner selbst in seiner Grundversion auch auf Entscheidungssituationen anwenden, die nicht mit der aus dem Hirshleifer-Modell tibereinstimmen. Insbesondere ist an den Fall zu denken, dass mehr als eine Art der Fremdfinanzierung m6glich ist, also verschiedene Fremdfinanzierungsquellen mit unterschiedlichen (Soll-) Zinss~itzen und unterschiedlichen maximalen Volumina zur Verffigung stehen. Wie er6rtert, wtirden diese verschiedenartigen Finanzierungsprojekte einfach nach ihren jeweiligen intemen Zinsftigen als Kapitalkostens~tzen aufsteigend gereiht werden. fdberdies dtirfte die Argumentation fiber unternehmensbezogene Kapitalangebotsund -nachfragekurven den meisten anschaulicher erscheinen als die Nutzenmaximierung im Rahmen des Hirshleifer-Modells. All dies k6nnte zu dem Sehluss verleiten, dass das Hirshleifer-Modell nur ein Spezialfall des Dean-Modells und Letzteres fiberdies auch noch deutlich "praxisorientierter" ist. Vielmehr muss man in der Tat aber das Hirshleifer-Modell als fiberlegen ansehen. Eine Anwendung des Dean-Modells setzt n~imlich voraus, dass der Unternehmer bestimmt, welchen Bruchteil AW0 seiner Anfangsausstattung W 0 er ftir investive Zwecke verwenden m6chte. 15 Nur nach Kl~ung dieser Frage kann die Kapitalangebotskurve angegeben werden. Aus der Diskussion des Hirshleifer-Modells im Rahmen des vorhergehenden Abschnitts 1 dieses Kapitels ist bekannt, dass wenigstens ftir das hier betrachtete Entscheidungsproblem das Ausmal3 des gesamten investiven Engagements eines Untemehmers unmittelbar auch seine optimale Konsum-, Realinvestitions- sowie Finanzierungsentscheidung determiniert und umgekehrt. Insofern ist eine Anwendung des Dean-Modells nur m6glich, wenn die optimale Verhaltensweise des Unternehmers in der Tat bereits feststeht. Das
15 Vgl. hierzu auch Schmidt/Terberger (2003), S. 175 f.
363
Dean-Modell abstrahiert also von den Interdependenzen zwischen Konsum- und Investitionsentscheidungen, die im Hirshleifer-Modell im Vordergrund stehen. Aus diesem Grunde stellt das Dean-Modell selbst im Rahmen einer reinen ZweiZeitpunkte-Betrachtung genaugenommen einen generell unzul~issigen Partialansatz dar. Weil n~imlich die Teilentscheidung tiber den investiv zu verwendenden und damit nicht bereits in t = 0 zu konsumierenden Betrag AW 0 im Dean-Modell als bereits getroffen angenommen wird, bleibt natfirlich nur noch often, wie man diesen Betrag derart einsetzen kann, dass er zum maximal m6glichen Rtickfluss im Zeitpunkt t = 1 ffir den Unternehmer ffihrt. Nur mit diesem Ausschnitt aus dem unternehmerischen Gesamtproblem setzt sich das Dean-Modell noch auseinander. 16 Bestenfalls ist es demnach mit dem Dean-Modell in einer Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung m6glich, die durch AW o implizit bereits beschriebene optimale unternehmerische Konsum-, Investitions- und Finanzierungsentscheidung partiell zu reproduzieren.
Beispiel 2.11: Betrachtet man etwa den Unternehmer aus Beispiel 2.1, so ist AW 0 = 5,76 GE (n~iherungsweise) die Konsequenz eines Anfangsverm/Sgens von W 0 = 10 GE bei einer Nutzenfunktion U(C0;C0 = c,0,3 ---o ~o,7 ---~ , wie aus Beispiel 1.8 des vorhergehenden Abschnitts 1 bereits bekannt ist. Dort wurden auch schon das optimale Realinvestitionsvolumen I (m* -- 4,15 GE sowie der optimale Anlagebetrag f'tir den Kapitalmarkt mit ca. 1,61 GE hergeleitet. Das optimale Konsumvolumen des Zeitpunktes t = 0 kann im Dean-Modell wegen mangelnder Kenntnis des "tats~ichlichen" Anfangsverm6gens W o fibrigens nicht reproduziert werden. Entsprechendes gilt ffir die Unternehmer aus den Beispielen 2.9 und 2.10. Die dort
16
Lediglich ffir den Fall, dass der Unternehmer in der Tat fiber eine n u t im Konsum des Zeitpunktes t = 1 definierte Nutzenfunktion verffigt, fallen der Partialansatz des Dean-Modells und das komplette Entscheidungsproblem des Unternehmers zusammen. Denn dann gilt AW 0 = W 0. In einer derartigen Situation kann aber auch im Rahmen eines (Co;C1)-Diagramms im Kontext des Hirshleifer-Modells das maximale Endverm6gen leicht als Ordinatenabschnitt der einzig relevanten Darlehnsgeraden D* abgelesen werden.
364 angegebenen Werte AW 0 sind genaugenommen nur bekannt, weil das unternehmerische Entscheidungsproblem bereits in dem vorhergehenden Abschnitt 1 gel6st worden ist. Beispiel 2.9 des vorliegenden Abschnitts korrespondiert dabei mit Beispiel 1.7 des vorhergehenden Abschnitts, wo ein Unternehmer mit Anfangsverm6gen W 0 = 5 GE in t = 0 betrachtet wurde. Das Beispiel 2.10 schliel31ich basiert auf Beispiel 1.9 des Abschnitts 1 dieses Kapitels.
[]
In Mehr-Perioden-Betrachtungen treten sogar noch zus~itzliche Probleme auf, wie oben schon dargelegt wurde. Hier ist selbst die Erreichung des endwertmaximalen Kapitalbudgets mit Hilfe des Dean-Modells nicht mehr gewahrleistet, von einer Berticksichtigung differenzierterer Zeitpr~iferenzen ganz zu schweigen. Insofern k~ime das Dean-Modell nun nur noch als Heuristik in Frage, das zwar keine optimalen, aber m6glicherweise doch "recht gute" Empfehlungen zur Erreichung eines hohen Endverm6gens ausspricht. Eine Untersuchung von Kruschwitz und Fischer (1980) hat aber gezeigt, dass der Weft des Dean-Modells als
Heuristik eher als bescheiden einzustufen ist. Alles in allem erweist sich das Dean-Modell daher nur als begrenzt hilfreich zum Treffen von Investitions- und
Finanzierungsentscheidungen auf dem unvollkommenen Kapitalmarkt.
2.5
Zusammenfassung
Gegenstand dieses Abschnitts war die Pr~isentation des Dean-Modells zur Ermittlung endwertmaximierender tmternehmerischer Kapitalbudgets. Das Dean-Modell beruht auf der graphischen Gegentiberstellung yon unternehmensbezogen definierten Kapitalangebots- und -nachfragekurven. Im Rahmen der Kapitalange-
botskurve kann man zu jedem Finanzierungsvolumen F den zugeh6rigen marginalen Kapitalkostensatz ablesen, das heiBt die auf die letzte yon den Kapitalgebern tiberlassene Geldeinheit (mindestens) zu erbringende Verzinsung. Die Kapitalnachfragekurve wiederum ordnet jedem Investitionsvolumen I die marginale Rendite zu. Aus dem Schnittpunkt von Kapitalangebots- und Kapitalnachfragekurve l~tsst sich das optimale Kapitalbudget ermitteln. Grunds~itzlich handelt es sich bei dem Dean-Modell um einen Zwei-Zeitpunkte-Ansatz mit beliebig teil-
365 und unabh~r~gig voneinander durchffihrbaren Investitions- und Finanzierungsprojekten. Es konnte gezeigt werden, dass alle gerade genannten drei Pr~imissen erforderlich sind, um optimale Handlungsempfehlungen auf der Grundlage des
Dean-Modells herzuleiten. Aber selbst bei Gtiltigkeit dieser Pr~imissen ist die Bedeutung des Dean-Modells sehr stark eingeschr~inkt, da exogen der Betrag vorgegeben werden muss, den ein Untemehmer flit investive Zwecke vorsieht. Aus dem
Hirshleifer-Modell jedoch ist bekannt, dass dieser Betrag erst feststeht, nachdem das optimale Konsum-, Invesfifions- und Finanzierungsverhalten des betreffenden Unternehmers bereits ermittelt worden ist. Insofern vemachl~issigt das DeanModell die Interdependenzen zwischen untemehmerischen Konsum- und Investitionsentscheidungen und leistet folglich bestenfalls die Reprodukfion der implizit schon vorgegebenen opfimalen Kapitalbudgetierung aus dem Hirshleifer-Modell, wodurch die theoretische Bedeutung des Dean-Modells quasi gegen Null geht.
366
Wiederholungsfragen W2.1 Was versteht man im Rahmen des Dean-Modells unter der Kapitalnachfragefunktion? W2.2 Uber welche Eigenschaften verftigt die Kapitalnachfragefunktion? Unterscheiden Sie dabei zwischen einer Situation mit unendlich vielen Investitionsprojekten mit jeweils marginal variierender Rendite und einer Situation mit endlich vielen Investitionsprojekten mit nicht nur marginalen Anfangsauszahlungen! W2.3 Was versteht man im Rahmen des Dean-Modells unter der Kapitalangebotsfunktion? W2.4 Inwiefern l~isst sich zwischen einem pagatorischen und einem wertm~il3igen Kapitalkostensatz unterscheiden? Wie sieht in den beiden F~illen jeweils die resultierende Kapitalangebotsfunktion aus? W2.5 Wie bestimmt sich das optimale unternehmerische Kapitalbudget im Rahmen des Dean-Modells?
W2.6 Welche Probleme k/Snnen sich im Rahmen des Dean-Modells ergeben, wenn man von mangelnder Teilbarkeit der Investitionsprojekte ausgeht?
367 W2.7 Wie kann man versuchen, mit Hilfe der Konzeption von Differenzinvestitionen die L6sung yon Kapitalbudgetierungsproblemen trotz gegenseitigen Ausschlusses bestimmter Investitionsprojekte mit nur einer einzigen Graphik zu ermitteln? W2.8 Welche Probleme ergeben sich bei der Anwendung des Dean-Modells im Rahmen yon Mehr-Perioden-Betrachtungen? W2.9 In welchem Verh~ilmis stehen Hirshleifer- und Dean-Modell zueinander? W2.10 Wie ist das Dean-Modell insbesondere unter Beachtung der Antwort zu W2.9 abschliel3end zu wfirdigen?
368
3
Vollstiindige Finanzplanung und Ansiitze der Linearen Programmierung
3.1
Problemstellung
Der Ermittlung optimaler unternehmerischer Investitions- und Finanzierungsprogramme (Kapitalbudgets) unter Beachtung yon Kapitalmarktunvollkommenheiten kommt zweifellos eine ganz erhebliche praktische Bedeumng zu. Die beiden bislang f'dr derartige Situationen vorgestellten Entscheidungshilfen, das Hirshleiferund das Dean-Modell, sind von ihren Anwendungsm6glichkeiten jedoch derart begrenzt, dass hiermit kaum praktisch relevante Probleme gel6st werden k6nnen. In der Tat hilft in vielen F~illen kaum mehr als eine explizite Enumeration aller unternehmerischen Handlungsalternativen, also Kapitalbudgets. Die Probleml6sung geschieht sodann durch vollst~indige Auflistung der erreichbaren Investitions- trod Finanzierungsprogramme und Vergleich ihrer jeweiligen monet~iren Konsequenzen. Das zum Zwecke der Beschreibung der monet~iren Konsequenzen von Kapitalbudgets einzusetzende Instrument wird als vollst~indiger Finanzplan bezeichnet und soll im Rahmen dieses Abschnitts nSaher vorgestellt werden. Zun~ichst wird im folgenden Abschnitt 3.2 die Grundstruktur vollst~indiger Finanzplane dargelegt, um im Absehnitt 3.3 deren Einsatz anhand eines konkreten Beispiels zu pr~isentieren. Gleichzeitig wird dabei ein Brfickenschlag zu der Diskussion von Parameterregeln des Abschnitts 3 aus Kapitel III und zur in den Abschnitten 1 und 2 dieses Kapitels er6rterten Problematik endogener Kalkulationszinsffige auf unvollkommenem Kapitalmarkt erm6glicht. Die L6sung von Entscheidungsproblemen mit Hilfe der vollst~ndigen Finanzplanung ist nur m6glich, sofern eine iibersehaubare Alternativenanzahl ihre vollstSandige Auflistung ohne Schwierigkeiten erlaubt und sich damit die Komplexit~it des Entscheidungsproblems als nicht zu grog erweist. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, wird man auf andere Techniken der L6sungsfindung zurackgreifen mt~ssen, die als Ansiitze der Linearen Programmierung (LP) seit den sechziger
369 Jahren bekannt sind und von ihrer Grundstruktur auf allgemein formulierten vollst~indigen Finanzpl~inen aufbauen. Auch diese werden im Folgenden im Rahmen des Abschnitts 3.4 naher beschrieben, und es wird zugleich angesprochen, wieso sich diese Ans~itze bislang in der Praxis kaum durchsetzen konnten. Die Ausf'tihrtmgen werden abgerundet durch eine kurze Zusammenfassung im Abschnitt 3.5. 3.2
Die Grundstruktur vollst~indiger Finanzpl~ine
3.2.1
Definition und Funktion vollst~indiger Finanzplanung
Unter einem vollst~indigen Finanzplan versteht man die systematische Erfas-
sung aller mit einem bestimmten Kapitalbudget, das heiBt Investitions- und Finanzierungsprogramm, verbundenen Zahlungsstr/3me. ~ Diese Zahlungsstr6me werden dabei begrifflich in origin~e und derivative Zahlungen unterschieden.
Origin~ir sind solche Zahlungen, die unabh~ingig vom jeweiligen Finanzierungsprogramm sind, also vor allem die Zahlungsreihe der Realinvestitionen und die vom betrachteten Unternehmer erwtinschten Entnahmen f'tir Konsumzwecke. Derivativ, das heiBt davon abgeleitet, sind alle tibrigen Zahlungen. 2
Die Konzeption vollst'~ndiger Finanzplanung geht in ihren Grundztigen mindestens zurtick auf Heister (1962). Vgl. zur Begriffsbildung und Weiterentwicklung der Konzeption insbesondere Grob (1984, 1989a, 1989b). Inwiefem diese begriffiiche Differenzierung f'tir die L6sung von Entscheidungsproblemen hilfreich sein kann, soll hier dahingestellt bleiben. Zumindest die H6he der m6glichen Entnahmen wird nattirlich auch durch die gew~Llalten FinanzierungsmaBnahmen bestimmt.
370 Die vollstandige Finanzplanung verfolgt zwei eng miteinander verbundene Zwecksetzungen:3 1) B eschreibungsfunktion Ein vollst~ndiger Finanzplan dient der umfassenden Wiedergabe von allen monet~en Konsequenzen eines Kapitalbudgets. 2) Entscheidungsuntersttitzungsfunktion Durch Vergleich der mit verschiedenen Kapitalbudgets verbundenen vollst~indigen Finanzpl~ine k6nnen unmittelbar Entseheidungen getroffen werden. Als Anwendungsbereich ftir vollst~indige Finanzpl~ine bieten sich dementsprechend (vergleichsweise einfache4) Entscheidungssituationen bei unvollkommenem Kapitalmarkt und damit bestehenden Interdependenzen zwischen untemehmerischen Konsum-, Investitions- und Finanziemngsentscheidungen an. Ein formalisierter vollst~indiger Finanzplan kann des Weiteren als Grundlage ftir Ans~itze Linearer Programmierung dienen.
Vgl. hierzu etwa Grob (1989a), S. 3 f. Im Abschnitt 3.3 wird anhand eines Zahlenbeispiels der Aufwand im Rahmen der Ltisung yon Kapitalbudgetiemngsproblemenmittels Gegentiberstellung der vollst~indigen Finanzplane verschiedener Handlungsalternativen verdeutlicht werden. Der Leser wird ohne weiteres erkennen, dass bei allzu vielen Handlungsm6glichkeiten eine derart "manuelle" Probleml6sung nieht mehr in Frage kommt.
371
3.2.2
Elemente eines vollstiindigen Finanzplans
Vollstiindige Finanzplane sind als Tabellen aufgebaut, 5 in deren Spalten die einzelnen Zahlungszeitpunkte t = 0 ..... T abgetragen sind. In den Zeilen finden sich die Zaldungsreihen, allen voran die Einzahlungsiibersehiisse aus dem jeweils angenommenen Investitionsprogramm. AnschlieBend folgt eine Zeile mit m6glichen Einlagen des Unternehmers oder seinen Entnahmen ftir Konsumzwecke, wobei Entnahmen einfach als negative Einlagen gedeutet werden k6imen. Weil unternehmerische Einlagen einen Mittelzufluss auf der Untemehrnensebene bedeuten, werden sie im Rahmen der Finanzplanung positiv erfasst, Enmahmen als Mittelabfluss entsprechend negativ. Sodann werden die Zahlungsreihen verschiedener Kredite g e m ~ den an den Unternehmer ausgezahlten oder von diesem zurtickgeleisteten Betriigen (ohne Zinszahlungen) wiedergegeben. Aufgenommene Betriige fliel3en der Untemehmung zu trod werden daher mit einem positiven Vorzeichen versehen. Kredittilgungen lassen sich entsprechend als negative Kreditaufnahmen interpretieren. Das Pendant zu Kreditaufnahmen und -tilgungen bilden untemehmerische Mittel-
anlagen am Kapitalmarkt oder deren Aufliisung, wieder ohne Beriicksichdgung von Zinszahlungen. Mittelanlagen stellen liquide Abfltisse dar und werden deshalb mit einem negativen Vorzeichen deklariert, die Aufl6sung von Mittelanlagen ftihrt entsprechend zu Zufltissen.
Soil- und Habenzinsen verschiedener Kredite und Mittelanlagen werden separat in verschiedenen Zeilen ausgewiesen, Sollzinsen als Abfltisse mit negativem, Habenzinsen als Zufliisse mit positivem Vorzeichen.
5
Vgl. exemplarisch Tabelle 3.1.
372 Weitere Zeilen k6nnen bei Bedarf zur Erfassung zus~itzlicher Zahlungen, etwa Steuerzahlungen 6, eingeftigt werden. In jedem Fall werden alle Ein- und Auszahlungen eines beliebigen Zeitpunktes t i m Rahmen eines Finanzplans erfasst, weswegen deren Summe sich stets auf Null belaufen muss: W ~ e die Summe aller Ein- und Auszahlungen negativ, k6nnte der betreffende Untemehmer seine erwtinschten Auszahlungen nicht erbringen, w~ire sie positiv, stellte sich die Frage, wie der Unternehmer mit dem tiberschtissigen Betrag verfahren sollte: Wird dieser entnommen oder angelegt? Immer k6nnen die aus diesen zus~itzlichen Magnahmen resultierenden Zahlungskonsequenzen ebenfalls ad~iquat im Rahmen des Finanzplans erfasst werden. Die Summe aller Ein- und Auszahlungen eines Zeitpunktes t wird als "Finanzierungssaldo" bezeichnet und als Prtifgr613e ebenfalls im Rahmen des Finanzplans ausgewiesen. Alle bislang behandelten Gr6Ben sind Stromgriiflen, die zu- oder abfliel3ende Zahlungen bezeichnen. Oberdies werden im Rahmen eines Finanzplans (gegebenenfalls leicht abgesetzt) zwei weitere Kategorien erfasst, bei denen es sich um BestandsgriiBen in einem Zeitpunkt handelt, n~imlich der Kreditstand sowie der Guthabenstand eines Zeitpunktes t, beides m6glicherweise aufgeschltisselt nach verschiedenen Kredit- oder Anlagearten. Diese Bestandsgr6Ben erftillen eine Hilfsfunktion zur Ermittlung der Zahlungsstr6me der einzelnen Zeitpunkte, beispielsweise im Zusammenhang mit der Bestimmung yon Haben- oder Sollzinszahlungen. Dartiber hinaus ist es auch denkbar, dass sich weitere Nebenrechnungen als n6tig erweisen, etwa im Zusammenhang mit der Berechnung von Steuerzahlungen. 7
6
Vgl. hierzu auch den nachfolgenden Abschnitt 4.
7
Auch hierauf wird im anschliel3enden Abschnitt 4 eingegangen.
373 Zeitpunkt t
t=0]
t=l
...
t=T
0
0
0
Investitionszahlungen zt + Einlage + Kreditaufnahme Mittelanlage Sollzinsen + Habenzinsen Steuerzahlungen = Finanzierungssaldo
01
Kreditstand Guthabenstand
Tabelle 3.1:
3.2.3
Struktur eines vollst~indigen Finanzplans
Miigliche Zielsetzungen im Rahmen vollst/indiger Finanzplanung
Schlieglich ist ftir einen Vergleich der verschiedenen m6glichen vollst~indigen Finanzplane noch zu kl~en, welche Zielfunktion vom Unternehmer zugrunde gelegt wird. Konkret ist hierbei die unternehmerische Nutzenfunktion zu spezifizieren. Damit Entscheidungsprobleme mit Hilfe vollst~indiger FinanzplS~ne 16sbar bleiben, daft die unternehmerische Nutzenfunktion dabei nicht allzu komplizierte Formen annehmen. In der Tat werden in der Regel im Zusammenhang mit vollst~indiger Finanzplanung nur vier verschiedene Zielfunktionen diskutiert: 8
8 Vgl. hierzu Grob (1989a), S. 6 ft.
374 1) Endwertmaximierung Unterstelltes Ziel des Unternehmers ist es hierbei, ein maximales Endvermiigen des Zeitpunktes t = T aus seinem Investitions- und Finanzierungsprogramm zu realisieren. Die unternehmerische Nutzenfunktion ist folglich v o n d e r Form U(Cv): Konsmn zu anderen Zeitpunkten als in t = T stiftet annahmegem~il3 keinen Nutzen. Diese Zielsetzung kann noch insofern modifiziert werden, als ftir die Zeitpunkte t = 0 bis t = T-1 exogen fixierte, gegebenenfalls von Null verschiedene Konsumniveaus vorgegeben werden. Wenngleich dies eine Verallgemeinerung zur "unrestringierten" Endwertmaximierung darstellt, wird eine nutzentheoretische Fundierung dieses modifizierten Ansatzes problematisch sein. Anders formuliert, drirften Nutzenfunktionen, bei denen unabh~ingig vom konkret gewS_hlten Investitionsprogramm und den m6glichen Finanzierungsprojekten ein bestimmter (von Null verschiedener) Konsumstrom C O..... CT_~angestrebt wird, vergleichsweise unplausibel sein. 9 2) Anfangswertmaximierung Das Gegensttick zur Endwertmaximierung besteht in der Vorgabe einer Nutzenfunktion U(C0), gem~il3 der der Unternehmer lediglich an Konsum im Zeitpunkt t -
0 interessiert ist. Wieder kann diese Zielsetzung insofern modifiziert werden,
als (erneut ohne nutzentheoretischen Hintergrund) f'tir die Zeitpunkte t = 1 bis t = T exogen Konsumniveaus als Restriktion vorgegeben werden.
NattMich ist auch die Vorstellung einer Nutzenfunktion U(CT) schon insofern wenig realitiitsnah, als hierbei yon Konsumbedtirfnissen in anderen Zeitpunkten v611ig abgesehen wird. Gerade Derartiges ist aber fast eine zwingende Begleiterscheinung aus der Annahme vereinfachter unternehmerischer Zielfunktionen.
375 3) Entnahmemaximierung Zielsetzung ist es ftir den Unternehmer hier, seine laufende, als konstant angen o m m e n e E n t n a h m e in den Zeitpunkten t = 1 bis t = T zu maximieren. Wenngleich ein derartiger Ansatz auf den ersten Blick plausibler als reine End- oder Anfangswertmaximierung erscheint, l~isst er sich nutzentheoretisch doch k a u m rechtfertigen. Zur Erklarung sei angenommen, dass der Unternehmer tiber eine Nutzenftmktion der Form U(C1;...;Cv) = u(C1)+...+u(C0 mit degressiv steigendem Verlauf von u(-) verftigt. Selbst bei derart "homogen" wirkenden ZeitprS_ferenzen wird es sich kaum als optimal erweisen, C1 = ... = CT zu wLlalen. Beispielsweise mtissen in diesem Zusammenhang auf einem vollkommenen Kapitalmarkt mit T = 2 optimale positive Konsumwerte C~ und C2 so beschaffen sein, dass
IdCJdC, I =
l+i und damit u'(C~)/u'(C;) = l+i gilt, ~~ was augenscheinlich ftir
i ~ 0 % nur durch C~ ~ C; erftillt werden kann. Aufgrund derartiger Probleme ist tiberhaupt nicht abzusehen, wie eine nutzentheoretische Begrtindung fiir das Ziel der Entnahmemaximierung aussehen k6nnte. Dass tiberdies nur die Zeitpunkte t = 1 bis t = T ohne t = 0 zugrunde gelegt werden, mag damit zusammenh~ingen, dass man eine gewisse Analogie zur Betrachtung im Zusammenhang mit iiquivalenten Annuitiiten bei kapitalwertorientierten Entscheidungen gewShrleisten will. 11 Aber selbstverst~indlich kfnnte man ohne weiteres die Entnahmemaximierung unter Einschluss des Zeitpunktes t = 0 neu definieren. Altemativ wRre die Vorgabe eines exogenen Konsunmiveaus f'tir t = 0 denkbar, was eine nutzentheoretische Fundierung der unternehmerischen Zielfunktion allerdings sicherlich nicht erleichtern wtirde.
10
IdCJdCll ist hierbei als die Grenzrate der Substitution zwischen Konsum C2 in t = 2 und Konsum C 1 in t = 1 definiert. Vgl. zur Definition der Grenzrate der Substitution die Ausfiihrungen im Kapitel II dieses Buches.
tl
Der Leser sei an die zugehOrigen Ausftihrungen des Abschnitts 2 des Kapitels III dieses Buchs erinnert.
376 4) Renditemaximierung Sofern der Untemehmer eine positive Einlage EK 12 in t = 0 tiitigt, kann man ohne weiteres die auf den Betrag EK yon t = 0 bis t = T erzielbare Rendite je Periode berechnen. Diese ist niimlich nichts anderes als der interne Zinsfug v~EK) einer Zahlungsreihe, die in t = 0 aus einer Auszahlung in H6he yon EK und in t = T aus einer Einzahlung in HOhe des dann f'dr den Unternehmer verffigbaren Endwertes EW besteht: EW
-EK+-
!
- 0
(1 +v~I':)) T (3.1) =
V~EK)
_-
EW ~--1,
was nattirlich gerade der aus Abschnitt 5 des Kapitels III bekannten Formel ftir die Effektivrendite eines Zero Bond mit Laufzeit yon t = 0 his t = T entspricht. 13 Far fest vorgegebene positive Einlage resultiert aus der zweiten Zeile von (3.1) unmittelbar, dass eine Maximierung yon v~EK~stets einhergeht mit einer Maximierung yon EW. Eine in diesem Sinne definierte Renditemaximierung ist damit ffir fixierte Einlage EK stets ~iquivalent zur Endwertmaximierung und braucht deswegen als eigenstRndige Zielsetzung nicht weiter beachtet zu werden. 14
12 "EK" steht hierbei ffir "Eigenkapital". 13 Deswegen ist auch die Wahl des Symbols V(TEK) hier gerechtfertigt. 14 Sofern man die Einlage EK nicht vorgibt, ist die gerade angesprochene Aqui-
valenz nattirlich n i c h t mehr gegeben. Aus der Diskussion der Probleme bei mittelbaren Parametervergleiehen sollte aber klar sein, dass bei endogenem . (EK)merkwtirdige Ergebnisse (beispielsWert ffir EK die Maximierung yon Vr weise ein Investitionsvolumen von quasi Null mit gleichwohl sehr hoher
377 Aus der
Fisher-Separation folgt unmittelbar, dass die Vorgabe der konkreten
Zeitpr~iferenzen eines Unternehmers bei vollkommenem Kapitalmarkt keinerlei Bedeutung ftir die unternehmerische Investitionsentscheidung besitzt. Aus diesem Grunde f'tihren alle oben genannten Zielfunktionen bei vollkommenem Kapitalmarkt auch zum selben optimalen Investitionsprogramm. Lediglich die Finanzierungsmal3nahmen werden sich unterscheiden, erweisen sich abet insofern als trivial, als bei Endwertmaximierung alle frei verftigbaren Mittel bis t = T angelegt werden, w~hrend bei Anfangswertmaximierung die maximal m6gliche Kreditaufnahme in t = 0 realisiert wird und bei Entnahmemaximierung Finanzierungsmal3nahmen zur Realisation des gleichbleibenden unternehmerischen Einkommensstroms zu w~ihlen sind, wobei sich dieser als ~iquivalente Annuit~it zum Kapitalwert des angestrebten Investitionsprogramms einfach berechnen l~isst. Auf dem unvollkommenen Kapitalmarkt ftihren die genannten Zielfunktionen jedoch nicht zwingend zum gleichen Investitionsprogramm. Erst recht werden sich die gew~ihlten Kapitalmarkttransaktionen unterscheiden. Oberdies sind Letztere auch nicht mehr so leicht wie ftir den vollkommenen Kapitalmarkt zu ermitteln, da gegebenenfalls eine Auswahl zwischen verschiedenen Finanzierungsformen besteht, die beispielsweise trotz gleicher Fristigkeit sehr unterschiedliche Zahlungskonsequenzen bedingen. Man spricht hier anch yon der Konditionenvielfalt bei unvollkommenem Kapitalmarkt. Vor allem in diesem Kontext kommt der im Rahmen der vollst~hadigen Finanzplanung zugrunde gelegten Zielsetzung eine ganz besondere Bedeutung zu. Am einfachsten l~isst sich dabei das Ziel der Endwertmaximierung verfolgen, da hierzu lediglich die Anlage der jeweils in einem Zeitpunkt t noch vorhandenen tiberschtissigen Mittel bis zum Planungsende in T berticksichtigt werden muss. Alle anderen Zielgr6f3en erfordern zus~itzlichen Berechnungsaufwand und werden typischerweise auf der Grundlage der ftir endwertmaximierendes Verhalten resultierenden FinanzplS~ne ermittelt.
Grenz- und Durchschnittsrendite) zeitigen kann. Deshalb bieten sich derlei Betrachtungen nicht an.
378 3.3
Ein Zahlenbeispiel
A m einfachsten l~isst sich die Kapitalbudgetierung auf der Grundlage vollstLndiger Finanzplanung anhand eines Zahlenbeispiels veranschaulichen. 15
Beispiel 3.1: Ein mittelloser Unternehmer beabsichtige im Rahmen einer Zwei-Perioden-Betrachtung (t = 0, 1, 2) die Durchfiihamg eines Investitionsprojekts. Die erforderliche Anfangsauszahlung in t = 0 belaufe sich auf 4.500 GE. In t = 1 rechnet der Untemehmer mit Einzahlungstiberschtissen in H6he yon 2.400 GE, in t = 2 sogar mit Einzahlungstiberschtissen in H6he von 4.000 GE. Zur Finanzierung der Anfangsauszahlung steht dem Untemehmer ein K o n t o k o r r e n t k r e d i t zur Verftigung, der zu 15 % je Periode zu verzinsen ist und der flexibel in t = 0 und t = 1 aufgenommen sowie in t = 1 und t = 2 jeweils teilweise oder ganz zurtickgezahlt werden kann. Nattirlich ist der Kredit dabei bis zum Ende des Planungshorizonts in t = 2 komplett zurtickzuftihren. Etwaige tiberschtissige Mittel k6nne der Unternehmer in den Zeitpunkten t = 0 und t = 1 jeweils ftir eine Periode anlegen, wobei sich der Habenzinssatz f'tir Betr~ige bis 1.000 GE jeweils auf 9 % belaufe. Der Teil des gesamten Anlagebetrags, der tiber 1.000 GE hinausgeht, verzinse sich in jeder Anlageperiode sogar zu 1 1 % . Die Zielsetzung des Unternehmers bestehe in der Maximierung seines Endverm6gens zum Zeitpunkt t = 2. Auf der Grundlage dieser Prarnissen ergibt sich der in Tabelle 3.2 dargestellte vollst~indige Finanzplan. Der Ubersichtlichkeit halber sind Eintr~ige von 0 GE grunds~itzlich durch "- .... " gekennzeichnet. Lediglich die den Finanziertmgssaldo aufweisende Zeile wird wegen ihrer prominenten Bedeumng durch explizit ausgeschriebene Nullen gekennzeichnet.
15 Die folgenden Ausftihrungen kntipfen an Breuer (1995b) an.
379 Zeitpunkt t Investitionszahlungen z t
t=0
t=l
t=2
-4.500
2.400
4.000
+ Einlage
-808,75
+ Kreditaufnahme
4.500
-1.725
-2.775
Mittelanlage zu 9 % Mittelanlage zu 1 1 % Sollzinsen
675
416,25
+ Habenzinsen (9 %) + Habenzinsen (11%) = Finanzierungssaldo Kreditstand
0
0
4.500
2.775
0
Guthabenstand (9 %) Guthabenstand (11%)
Tabelle 3.2:
Vollst~ndiger Finanzplan bei Investitionsfinanzierung mittels Kontokorrentkredit
Natfirlich wird der Unternehmer wegen des fiber den m6glichen Habenzinss~itzen liegenden Sollzinssatzes in t = 0 den Kontokorrentkredit nicht st~irker in Anspruch nehmen als zur Durchffihrung des Investitionsprojekts erforderlich ist. Derartige triviale Teilentseheidungen k6nnen unmittelbar bei der Erstellung eines Finanzplans gef~illt werden und erfordern nicht die Aufstellung weiterer Finanzpl~ine. Die Kreditaufnahme in H6he von 4.500 GE in t = 0 bedingt einen ebensolchen Kreditstand in diesem Zeitpunkt. Daraus ergeben sich f'tir t = 1 Zinszahlungsver-
380 pflichtungen von 4.500-0,15 = 675 GE. Der in t = 1 verbleibende Betrag von 2.400-675 = 1.725 GE aus dem Einzahlungstiberschuss des Investitionsprojekts k6nnte vom Unternehmer zur partiellen Rtickzahlung des Kontokorrentkredits oder abet zur Mittelanlage bis t = 2 verwandt werden. Erneut ist es wegen der H6he des zu leistenden Sollzinssatzes unter dem Aspekt der Endwertmaximierung eindeutig besser, mit den verbleibenden Einzahlungen den Kontokorrentkredit teilweise zurtickzuf'tihren. Es kommt somit zu einer Kredittilgung in H6he von 1.725 GE, die in Tabelle 3.2 als negative Kreditaufnahme des Zeitpunktes t = 1 ausgewiesen ist. Hieraus resultiert ein Restkredit yon t = 1 his t = 2 in H6he yon 4.500-1.725 = 2.775 GE, der als Kreditstand in t = 1 wiedergegeben wird. Aus diesem Restkreditbetrag ergibt sich ftir t = 2 eine weitere Sollzinszahlung yon 2.775~),15 = 416,25 GE. Zus~itzlich ist der Restkreditbetrag von 2.775 GE zurtickzuzahlen ("negative" Kreditaufnahme in dieser H6he), so dass von dem Einzahlungstiberschuss in H6he yon 4.000 GE aus dem Investitionsprojekt im Zeitpunkt t = 2 noch 4.000-2.775-416,25 = 808,75 GE verbleiben, die als Entnahme (das heil3t negative Einlage) im Zeitpunkt t = 2 erfasst werden. Genau dies ist das ftir den Unternehmer bei Finanzierung des Investitionsprojekts tiber den Kontokorrentkredit maximal ftir Konsumzwecke zur Verftigung stehende, erreichbare Endverm6gen des Zeitpunktes t = 2o Fragt man start nach dem maximalen Endverm6gen bei Nutzung des Kontokorrentkredits nach dem maximalen zugeh6rigen Anfangsverm6gen und beschr~tnkt man die Darstellung weiterhin auf reine Kontokorrentkreditfinanzierung, so f~illt die Antwort nicht schwer. Der betrachtete Unternehmer kann aus dem maximalen Endverm6gen yon 808,75 GE im Zeitpunkt t = 2 aus Sicht von t = 0 eine zus~itzliche Kreditaufnahme von 808,75/1,152 = 611,53 GE finanzieren. Genau dies bezeichnet deswegen den maximal erreichbaren Konsum des Zeitpunktes t = 0 bei alleiniger Betrachtung des Kontokorrentkredits als Finanzierungsm6glichkeit. Der Finanzplan h~itte im Ubrigen alternativ auch derart gestaltet werden k6nnen, dass man in allen Zellen des Finanzplans Zufliisse zum Unternehmen mit einem
381 positiven Vorzeichen versieht und alle Abfltisse durch ein negatives Vorzeichen kennzeichnet, also etwa in die Sollzinszeile "-675" und "-416,25" eintdigt. Im obigen Finanzplan hingegen erh~ilt man die "korrekten" Vorzeichen der einzelnen Zahlungsgr6gen erst dann, wenn man zus~itzlich zu den Vorzeichen der Zelleneintr~ige die Vorzeichen aus der jeweils zugeh6rigen ersten Spalte des Finanzplans berticksichtigt, also beispielsweise zusatzlich zu den positiven Vorzeichen der Sollzinszahlungen "675" und "416,25" das negative Vorzeichen vor "Sollzinsen" in der ersten Spalte beachtet.
[]
Durch Erstellung vollst~indiger Finanzpl~ine ftir alle relevanten Kapitalbudgets ist sodann eine Entscheidung auf der Grundlage der formulierten Zielsetzung m6glich.
Beispiel 3.2: Betrachtet sei erneut der Unternehmer aus dem Beispiel 3.1. Als alternative Finanzierungsm6glichkeit zur Nutzung eines Kontokorrentkredits ftir sein Investitionsprojekt sei nun die Aufnahme eines Festkredits zu einem Nominalzinssatz von 8 % in Erw~igung gezogen, der mit einem Disagio von 10 % in t = 0 ausgezahlt wird und in t = 2 zum Nelmwert zurtickzuzahlen ist. Zinszahlungen sind in t = 1 und t = 2 zu leisten. Zus~itzliche Inanspruchnahme oder Tilgung in t = 1 sei nicht m6glich. Der Nennwert 16 eines Kredits ist generell Grundlage der Zinsberechnung und entspricht in aller Regel - so wie hier - dem Rtickzahlungsbetrag. Es w ~ e abet auch denkbar, dass sich der Rtickzahlungsbetrag durch die Berticksichtigung von Agios, das heil3t Zuschl~igen, oder Disagios, das heigt Abschl~igen, vom Kreditnennbetrag unterscheidet. Hier tritt eine derartige Abweichung nur ftir den Auszahlungsbetrag auf. Dieser liegt n~nlich infolge des angegebenen Disagios genau um diesen Abschlag von 10 % unterhalb des Rtickzahlungsbetrags. Bei einem
16 Auf den Begriff "Nennwert" oder "Nennbetrag" wurde bereits im Abschnitt 5 des vorhergehenden Kapitels eingegangen.
382 Rtickzahlungsbetrag in H6he von K in t = 2 erh~ilt der Unternehmer demnach in t -- 0 nut Mittel in H6he von 0,9-K. Um die Anfangsauszahlung des Investitionsprojekts von 4.500 GE in t -- 0 aus dem aufgenommenen Kredit erbringen zu k6nnen, muss denmach 0,9"K = 4.500 r
K = 5.000 GE gelten. Die Zinszahlun-
gen ftir t = 1 und t = 2 bestimmen sich generell als Produkt yon Nennbetrag und Nominalzinssatz ~7 und sind daher hier nicht auf der Grundlage des Auszahlungsbetrags von 4.500 GE, sondem auf der Grundlage des Rtickzahlungsbetrags yon 5.000 GE zu berechnen. Sie belaufen sich demach in t = 1 und t = 2 auf jeweils 0,08-5.000 = 400 GE. Insgesamt gelangt man zur folgenden Zahlungsreihe f'tir den zur Projektfinanzierung erforderlichen Festkredit:
t=O
t=l
4.500
-400
t=2 -5.400
Tabelle 3.3: Zahlungsreihe des Festkredits Aus 6konomischer Sicht zahlt der Unternehmer demnach auf einen Kreditaufnahmebetrag von 4.500 GE in t = 0 im Zeitpunkt t -- 1 einen Betrag von 400 GE, also 400/4.500 -~ 8,89 %, und im Zeitpunkt t = 2 einen Betrag von 900 GE, also 20 %, Zinsen] 8 Im einfachen artihmetischen Mittel sind dies etwa 14,44 % Zinsen auf 4.500 GE Mitteltiberlassung, und in dieser Gr613enordnung bewegt
17
Es wurde schon darauf hingewiesen, dass man unter "Nominalzinssatz" auch den Gegenbegriff zu "Realzinssatz" verstehen kann. Vgl. hierzu vor allem den Abschnitt 6 des vorhergehenden Kapitels. Dies ist hier nattirlich nicht gemeint.
18
Natttrlich ist dies nur eine denkbare Interpretation der Zahlungsreihe aus Tabelle 3.3, die unter der impliziten Pr~imisse steht, dass die Zahlungen des Zeitpunktes t = 1 nur als Zinsen, nicht aber als partielle Kreditrt~ckzahlung zu deuten sind. Schon wegen dieser Willkiirlichkeit ist die nachfolgende Berechnung einer "Durchschnittsverzinsung" sicherlich nicht als Grundlage unternehmerischer Entscheidungen geeignet, sondem dient lediglich in gewissen Grenzen zu Veranschaulichungen.
383 sich auch der z u m Festkredit gehtirige (tiber -100 % hinausgehende) interne ZinsfuB, also die Effektivrendite, dieses Kredits:
4.5~
4~
5.4~
l+i t (l+i f
! -0
(3.2)
~, ik, t ~- 14,08 %.
Der Kontokorrentkredit hingegen hat augenscheinlich einen internen Zinsfug von 15 %, unabhangig davon, in welchen A u s m a g e n K 0 bzw. K1 er vom Unternehmer in t = 0 bis t = 1 bzw. in t = 1 bis t = 2 in Anspruch g e n o m m e n wird. 1,15.K o Ko
K~
1,15.K 1 !
- - ~ - -
1 +ikrit
- 0
1 +itrit
(1 +ikrit)2
(3.3)
, = . i ~ t = 15 %.
Der Unternehmer kann in t = 0 einen Kontokorrentkredit in grunds~itzlich beliebiger H6he K 0 aufnehmen, der zu Zahlungsverpflichtungen f'tir t = 1 von 1,15-K 0 f'tihrt. Letztere wiederum kann der U n t e m e h m e r vollstS.ndig in t = 1 erftillen oder aber einen neuen Kontokorrentkredit im U m f a n g K 1 > 0 von t = 1 bis t = 2 aufnehmen. Mit K 1 = 1,15.K 0 etwa wtirde der Unternehmer in t = 1 gar keine Zahlungen an den Kreditgeber leisten und stattdessen Verbindlichkeiten in H6he von 1,15-K 1 = 1,152.K0 erst in t = 2 erbringen. Entsprechend wtirde K~ = K 0 bedeuten, dass der Unternehmer in t = 1 nur die Sollzinszahlungen effektiv erbringt. Wie auch immer K 0 und K 1 ausgestaltet sind, der resultierende (relevante) interne ZinsfuB ist jedenfalls ikrit = 15 %, sofern m a n sich auf die Betrachtung von KalkulationszinsftiBen oberhalb von -100 % beschr~inkt. Man prtift die Richtigkeit dieser Behauptung leicht durch Einsetzen von i = 15 % in die erste Zeile y o n (3.3) unter Beachtung des Umstands, dass die Zahlungsreihe f'tir Kontokorrentkredite eine Normalfinanzierung ist. Bekanntermagen werden die internen ZinsftiBe oder Effektivrenditen von Finan-
384 zierungsprojekten auch als Kapitalkostens~itze bezeichnet. Weil es sich hier um Fremdfinanzierung handelt, spricht man genauer von Fremdkapitalkostens~itzen. Unter dem Aspekt der Minimierung des Fremdkapitalkostensatzes wMe daher der Festkredit als Finanzierungsalternative ftir das besagte Investitionsprojekt zu w~ihlen. Aus den Diskussionen zum mittelbaren Parametervergleich des Abschnitts 3 aus Kapitel III sowie aus dem vorhergehenden Abschnitt dieses Kapitels zur Projektreihung nach internen Zinsfiigen ist aber schon gel~iufig, dass ein derartiges Vorgehen generell zu Fehlentseheidungen ffihren k a n n . 19 Stattdessen ist auf einem unvollkommenen Kapitalmarkt eine Auswahl zwischen den beiden Handlungsalternativen mittels vollstfindiger Finanzplanung m6glich. Dabei gelangt man im Falle der Festkreditfinanzierung nur zu einem untemehmerischen EndvermOgen von 800 GE, wie TabeUe 3.4 belegt. In t = 0 nimmt der Unternehmer dabei den Kredit tiber 5.000 GE mit Auszahlungsbetrag 4.500 GE zur Finanzierung der Anfangsauszahlung des Investitionsprojekts auf. Deshalb kommt es in t = 0 zu einem positiven Eintrag in H6he von 4.500 GE in der Zeile "Kreditaufnahme" und einem solchen in H6he yon 5.000 GE in der Zeile "Kreditstand". In t = 1 erzielt der Unternehmer aus der Projektdurchffihrung Einzahlungen in HOhe von 2.400 GE. Einen Betrag yon 400 GE muss er an Zinsen auf den Kredit zahlen (positiver Eintrag bei "Sollzinsen"). Demzufolge kann er 2.000 GE anlegen (positive Eintr~ige bei "Mittelanlage zu 9 %" und "Mittelanlage zu 11%"): Ftir die ersten 1.000 GE erh~ilt er 9 % Zinsen (90 GE in t = 2), ftir die zweiten 1.000 GE sogar 1 1 % (110 GE in t = 2). Entsprechend betr~igt sein Guthaben in t = 1 insgesamt 2.000 GE (positive Eintr~ige bei "Guthabenstand (9 %)" und "Guthabenstand (11%)").
~9 Vgl. zur Zielsetztmg der Kapitalkostenminimierung im Allgemeinen auch die Darstellung in Breuer (1998a), S. 48 ft., sowie Breuer (1998b).
385 Zeitpunkt t Investitionszahlungen z t
t = 0 -4.500
t=l
t=2
2.400
4.000
+ Einlage
-800
+ Kreditaufnahme -
-
4.500
-5.000
Mittelanlage zu 9 %
1.000
- 1.000
Mittelanlage zu 1 1 %
1.000
-1.000
400
400
- Sollzinsen + Habenzinsen (9 %)
90
+ Habenzinsen ( 1 1 % )
110
= Finanzierungssaldo Kreditstand
0
0
5.000
5.000
Guthabenstand (9 %)
1.000
Guthabenstand ( 1 1 % )
1.000
Tabelle3.4:
0
Vollst~indiger Finanzplan bei Investitionsfinanzierung mittels Festkredit
In t = 2 hat der Untemehmer 5.400 GE an Zinsen und Tilgung zu leisten. Daher werden 5.000 GE mit negativem Vorzeichen in der Zeile "Kreditaufnahme" ausgewiesen und 400 GE mit positivem Vorzeichen in der Zeile "Sollzinsen". Andererseits erzielt der Unternehmer Einzahlungen in H6he yon 4.000 GE aus dem Investitionsprojekt und in H6he yon 200 GE aus seinen Geldanlagen der Vorperiode (positive Eintr~ige bei "Habenzinsen (9 %)" und "Habenzinsen ( 1 1 % ) " ) . Folglich muss er noch 5.400-4.000-200 = 1.200 GE seiner Anlagen der Vorperiode liquidieren, um seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Die restlichen 800 GE aus seinen Mittelanlagen werden ebenfalls liquidiert (also insgesamt ne-
386 gative Eintr~ige bei "Mittelanlage zu 9 %" und "Mittelanlage zu 1 1 % " von je 1.000 GE), um sie als Entnahme zu konsumieren (negativer Eintrag von 800 GE bei "Einlage" in t = 2). ~lberraschenderweise erweist sich damit hier doch die Kontokorrentkreditfinanzierung unter dem Aspekt der Endwertmaximierung gegenfiber einer Festkreditfinanzierung als fiberlegen. Eine vollst~indige Finanzplanung kann Untemehmer damit vor Fehlentscheidungen bewahren, die sich auf der Grundlage von "I-Ieuristi-
ken" wie der (Fremd-) Kapitalkostenminimierung erg~iben. Die Vorteilhaftigkeit des Kontokorrentkredits trotz h6heren Kapitalkostensatzes und gleicher unternehmerischer Krediteinzahlung in t --- 0 wird natfirlich durch dessen flexible Tilgungsmiigliehkeiten begrfindet. W~ihrend der Untemehmer bei Festkreditfinanzierung yon t = 1 bis t = 2 vergleichsweise unattraktive Mittelanlagen t~itigen muss, kann der Kontokorrentkredit wenigstens teilweise bereits in t = 1 zurfickgeffihrt werden. Zwar stimmt es, dass beim Kontokorrentkredit der jeweils noch ausstehende Kreditbetrag mit 15 % zu verzinsen ist, w~ihrend beim Festkredit nur eine durchschnittliche Periodenverzinsung von ungef~ar 14,08 % der erhaltenen Mittel zu leisten ist, doch ist die Basis d e r Z i n s b e r e e h n u n g , n~imlich die H6he der noch nicht zurfickgezahlten Mittel, beim Kontokorrentkredit bereits in t = 1 drastisch auf 2.775 GE reduzierbar. Beim Festkredit hingegen kann die Situation des Zeitpunktes t = 1 derart interpretiert werden, dass sich der Untemehmer einer Restschuld von 2~ etwa 4.733,6 GE gegenfibersieht, die bis t = 2 mit ca. 14,08 % zu verzinsen ist und dann zu einer Rfickzahlungsverpflichtung inclusive Zinsen von 5.400 GE ffihrt. Hierbei ist es nun generell besser, 15 % Zinsen auf einen sehr kleinen Kreditbetrag zu zahlen, als 14,08 % auf einen
20
Auf diesen Betrag kommt man, indem man f'~ die Mittelfiberlassung von 4.500 GE in t = 0 eine Verzinsung yon etwa 14,08 % bis t -- 1 zugrunde legt und die in t = 1 tats~ichlich erfolgende Zahlung von 400 GE an den Kreditgeber in Abzug bringt. Weil 400 GE weniger sind als 4.500-0,1408 -633,6 GE, steigt die Restschuld des Unternehmers zum Zeitpunkt t = 1 sogar fiber 4.500 GE an.
387 deutlich gr613eren, selbst wenn man im zweiten Fall die zus~itzlich erm6glichten Mittelanlagen berficksichtigt. W ~ e der Kontokorrentkredit aueh erst in t = 2 rtickzahlbar, das heil3t, k6nnten in t = 1 nur die Zinsen auf den Kontokorrentkredit geleistet werden, dann erwiese sich dieser in der Tat als schlechter als der Festkredit. Dieser Umstand kann aus Tabelle 3.5 gemN3 der dort ftir das gerade angesprochene Szenario bestimmten maximalen Enmahme des Zeitpunktes t = 2 in H6he von 719,75 GE abgelesen werden.
Zeitpunkt t Investitionszahlungen z t
t=0
t=l
t=2
-4.500
2.400
4.000
+ Einlage
-719,75
+ Kreditaufnahme
4.500 1.000
-1.000
- Mittelanlage zu 1 1 %
725
-725
- Sollzinsen
675
675
-
Mittelanlage zu 9 %
-4.500
+ Habenzinsen (9 %)
90
+ Habenzinsen ( 1 1 % )
79,75
= Finanzierungssaldo Kreditstand
0
0
4.500
4.500
Guthabenstand (9 %)
1.000
Guthabenstand ( 1 1 % )
725
Tabelle 3.5:
Vollstandiger Finanzplan bei Investitionsfinanzierung mittels Kontokorrentkredit mit Verbot vorzeitiger Tilgung
388 B e m e r k e n s w e r t ist hierbei vor allem, dass der Kontokorrentkredit nattirlich auch dann fiber einen Kapitalkostensatz von 15 % verffigt, wenn keine M6glichkeit zu vorzeitiger Tilgung besteht. Auch hieran zeigt sich sehr anschaulich, dass ein Abstellen auf Kapitalkostens~itze ffir Auswahlentscheidungen zwischen Finanzierungsalternativen grunds~itzlich problematisch ist. Die Ermittlung des zu einem maximalen Endverm6gen von 800 GE bei Einsatz eines Festkredits geh6renden Anfangsverm6gens ist ein wenig schwieriger als die entsprechende Berechnung im Falle der Finanziertmg fiber einen Kontokorrentkredit. Konkret gesucht ist hierbei die maximale Festkredith6he des Zeitpunktes t = 0, die aus den kfinftigen Einzahlungen des Investitionsprojekts gerade noch finanziert werden kann. Zieht man davon die ffir die Projektdurchffihrung in t = 0 erforderliche Anfangsauszahlung von 4.500 GE ab, so gelangt man schliel31ich zu dem durch den Unternehmer maximal in t = 0 konsumierbaren Betrag. Da sich der Kapitalkostensatz des Festkredits unabh~ingig yon seinem konkreten Volumen auf etwa 14,08 % bel~iuft, k6nnte man vermuten, dass dieser maximale Anfangskonsum sich einfach als 800/1,14082 = 614,71 GE ergibt. Diese Vermutung ist aber insofern unzutreffend, als der Konsum des Zeitpunktes t = 0 bei Vergleich mit dem Kapitalbudget aus Tabelle 3.4 nicht allein durch eine Ausweitung des Festkreditvolumens, sondern partiell auch durch eine Riiekfiihrung der zwischenzeitlichen Mittelanlagen finanziert wird. Der hierbei auftretende Entgang von Zinsertr~igen ist vergleichsweise gering und bedingt, dass der adiiquate Kalkulationszinsfu6 zur Diskontierung des Endverm6gens von 800 GE etwas unterhalb von 14,08 % liegt. Konkret ist folgende 0berlegung anzustellen: Der Kreditbetrag K kann maximal so hoch gew~alt werden, dass er sich inclusive Zinszahlungen in t = 2 noch bedienen l~isst. Zur Verffigung stehen in t = 2 zum einen die dann anfallenden Einzahlungstiberschiisse von 4.000 GE aus dem Investitionsprojekt sowie der in t = 1 nicht f'tir die Erbringung der Zinszahlungen in H6he yon 0,08"K ben6tigte und zu 9 % bzw. 1 1 % bis t = 2 angelegte Teil der Projekteinzahlungen von 2.400 GE. Sicherlich werden von den 2.400 GE in t = 1 mehr als 1.000 GE nach Leis-
389 tung der Zinszahlungen verbleiben, denn Zinszahlungen yon fiber 1.400 GE wfirden mit einem Kreditbetrag von mehr als 1.400/0,08 -- 17.500 GE einhergehen, der in t = 2 nicht bedient werden k6nnte. Aus diesem Grunde ergeben sich aus den Projekteinzahlungen des Zeitpunktes t -- 1 in Abhangigkeit des Kreditbetrags K ftir t = 2 zus~itzlich verffigbare Mittel von 1,09-1.000+1,11-(1.4000,08-K). Gesucht ist damit ein solcher Wert K, der folgende Gleichung erffillt:
4.000+1,09.1.000+1,11.(1.400-0,08.K)
T = 1,08.K (3.4)
6.644 = 1,1688-K ,~ K ~- 5.684,463 GE.
Ein Kreditbetrag von ungef'~ar 5.684,463 GE korrespondiert wiederum mit einer unternehmerischen Einzahlung von 0,9-5.684,463 = 5.116,02 GE, weswegen ftir den Untemehmer in t = 0 ein maximaler Konsumbetrag von ungef'~hr 5.116,024.500 = 616,02 GE > 614,71 GE verbleibt. Der k o r r e k t e
Zinsfug zur
Diskontierung des maximalen Endwertes von 800 GE ist daher 21 n~ihemngsweise (800/616,02)~
= 13,96 % < 14,08 %. Als Nebenergebnis erh~ilt man bier
fiberdies, dass unter dem Aspekt der Anfangswertmaximierung die Festkreditfinanzierung besser als die Finanzierung tiber einen Kontokorrentkredit ist. Eine Alternative, die mit dem h6chsten unternehmerischen Endverm6gen einhergeht, muss demnach auf unvollkommenem Kapitalmarkt anders als bei Vollkommenheit des Kapitalmarktes nicht notwendigerweise auch das h6chste unternehmerische Anfangsverm6gen implizieren. Bei dem berechneten Zinssatz yon etwa 13,96 % handelt es sich femer in der Tat einmal mehr um einen endogenen Kalkulationszinsfug: Nattirlich kann man den zum Endwert yon 800 GE geh6renden Kapitalwert auch auf einem wie hier un-
21 Die genutzte Formel entspricht der ffir die Bestimmung der Effektivrendite eines Z e r o B o n d mit Laufzeit yon t = 0 bis t = 2.
390 terstellten unvollkommenen Kapitalmarkt berechnen. Nur ist der ad~iquate Kalkulationszinsfug grunds~itzlich erst nach L6sung des Problems, hier nach Bestimmung des Anfangs- und damit Kapitalwertes von ungef~hr 616,02 GE, bekannt. A priori l~isst sich lediglich festhalten, dass der ad~iquate Kalkulationszinsfug sicherlich nicht unter dem geringsten auftretenden Ein-PeriodenZinssatz von 9 % liegen wird und nicht oberhalb des h6chsten von etwa 14,08 %. Da fiberdies der Anteil der Konsumfinanzierung durch Anlagereduktion ohne weiteres als vergleichsweise gering vermutet 22 werden konnte, war auch klar, dass man einen endogenen Zinsfug nur knapp unterhalb yon 14,08 % erhalten wtirde. Schlieglich sollte die obige Diskussion zur fehlenden Ad~iquanz von Kapitalkostenvergleichen zumindest nahelegen, dass durch eine gesehiekte M i s e h u n g yon Fest- und Kontokorrentkrediffinanzierung ffir den Unternehmer noch ein h6heres Endverm6gen als bei isolierter Nutzung nur einer der beiden Finanzierungsm6glichkeiten erreichbar ist. Um den e n d w e r t m a x i m i e r e n d e n Finanzierungsmix zu bestimmen, muss man sich als Erstes vergegenwSxtigen, dass es aufgrund der niedrigen Habenzinsen in jedem Fall nachteilig ist, Mittel von t = 1 bis t = 2 anzulegeno Es sei daher angenommen, dass der Nennbetrag F des Festkredits und das Volumen K des Kontokorrentkredits in t = 0 so g e w ~ l t wurden, dass samtliche vorhandenen Mittel von 2.400 GE in t = 1 zum einen zur Leistung der Zinszahlungen auf den Festkredit und zum anderen - soweit noch verftigbar - zur weitestgehenden Bedienung des Kontokorrentkredits genutzt werden. Wenn man nun 1 GE Mittelaufnahme in t = 0 vom Kontokorrentkredit zum Festkredit umschichtet, also K um 1 GE verringert und F um 1/0,9 GE erh6ht 23, dann resultieren f'tir den Unternehmer einerseits um 0,08/0,9 GE erh6hte Zinszahlungen auf den Festkredit in t = 1, denen Minderauszahlungen auf den Kontokorrent-
22
Anlagereduktion in t = 1 kommt nur insofern in Betracht, wie vermehrte Kreditaufnahme in t = 0 zu h6heren Zinszahlungsverpflichtungen in t = 1 ffihrt, hier also im Umfang yon ungef~ihr (5.684,463-5.000)-0,08 = 54,76 GE.
23
Die Erh6hung des Nennbetrags um 1/0,9 GE ftihrt zu einer zus~itzlichen Festkreditauszahlung an den Unternehmer von gerade 0,9.(1/0,9) = 1 GE.
391 kredit von 1,15 GE im gleichen Zeitpunkt gegentiberstehen. Per saldo verbleiben in t = 1 zun~ichst einmal Mittel in H6he yon 1,15-0,08/0,9 = 1,06111 GE. In diesem Ausmag kann der Unternehmer seine noch bestehende Verbindliehkeit aus dem Kontokorrentkredit in t = 1 zusiitzlich infolge der vorgenommenen Umschiehtung reduzieren. Dies impliziert einen Zuwachs an verftigbaren Mitteln zum Zeitpunkt t = 2 yon annahemd 1,06111-1,15 = 1,2203 GE, die allerdings mit der erh6hten Rtickzahlungspflicht von 1,08/0,9 = 1,2 GE auf den Festkredit in t = 2 zu verreclmen sind. Insgesamt aber erh6ht die Umschichtung vom Kontokorrentkredit zum Festkredit das unternehmerische Endverm6gen ftir jede Geldeinheit der " U m f i n a n z i e r u n g " in t = 0 zum Zeitpunkt t = 2 urn etwa 1,2203-1,2 = 0,0203 GE. Es ist daher am besten, wenn der Kontokorrentkredit in t = 0 im geringstm6glichen Ausmal3 aufgenommen wird. Das wiederum bedeutet, dass K so zu w~ihlen ist, dass in t = 1 die gesamte Verbindlichkeit von 1,15 .K aus dem Kontokorrentkredit zurtickgezahlt werden kann, da welter augenscheinlich nicht sinnvoll umgeschichtet werden kann. 24 Aufgrund dieser (0berlegungen mtissen daher die folgenden beiden Bedingungen simultan erfiillt sein: I. II.
0,9" F+K -- 4.500, O,08"F§
(3.5)
= 2.400.
B e d i n g u n g I. gew~Jarleistet, dass die insgesamt in t = 0 aufgenommenen Mittel ausreichen, um die Projektanfangsauszahlung zu erbringen. Hierbei ist natiMich zu beachten, dass nur 90 % des Nennbetrags F des Festkredits ausgezahlt werden. Bedingung II. stellt sicher, dass s~imtliche in t = 1 aus dem Investitionsprojekt erreichbaren Einzahlungsiiberschiisse vollst~ndig fill" Zins- und Tilgungsleistungen verbraucht werden und hierbei der Kontokorrentkredit des Zeitpunktes t = 0
24
Eine weitere Reduktion von K zugunsten yon F wtirde keine zus~itzliche Entlastung bei der Restschuld aus dem Kontokorrentkredit in t = 1 erbringen (k(Jnnen), sondern vielmehr zur Notwendigkeit der (ineffizienten) Anlage yon Mitteln seitens des Unternehmers von t = 1 bis t = 2 f'dhren.
392 g~inzlich zurtickgeffihrt werden kann. Als LiJsung des Gleichungssystems erh~ilt man F =- 2.905,76 GE sowie K = 1.884,82 GE. Der sich hiermit in t = 2 ergebende Endwert kann leicht bestimmt werden, ohne erneut einen kompletten vollst~indigen Finanzplan aufzustellen. Die Werte yon F u n d K sind so gew~ihlt, dass im Zeitpunkt t = 1 keinerlei Anlagen get~itigt werden und in t = 2 nur noch der Festkredit mit dann anfallenden Zinsen zurtickgezahlt werden muss. Aus diesere Grunde erreicht der Unternehmer hierbei einen maximalen Endwert von ungeffihr 4.000-1,08-2.905,76 = 861,78 GE, also deutlich mehr, als fiber reine Festoder reine Kontokorrentkreditfinanzierung erzielbar w~ire.
[]
Alles in allem sind vollstS_ndige Finanzpl~ine sicherlich schon eine groBe Hilfe zur L6sung yon Kapitalbudgetierungsproblemen. Will man allerdings den Rechenaufwand in vertretbaren Grenzen halten, dann wird ein gewisses Mag an Kreativit~it wie in dem hier pr~isentierten Beispiel 3.2 in der Regel erforderlich sein. Bei komplizierteren Entscheidungssituationen hilft aber auch dies nicht mehr weiter. Glficklicherweise lassen sich aber alle tiber vollstSaadige Finanzplanung 16sbaren Probleme auch in verallgemeinerter formalisierter Darstellung abbilden und mit Teehniken der Linearen Programmierung (LP) 16senY Die Grundidee dieser Ans~itze soll im Weiteren kurz vorgestellt werden. Gleichzeitig kann hierbei erneut auf das Problem endogener Kalkulationszinsfiige eingegangen werden.
25
Wesentliche Beitr~ige hierzu gehen auf Weingartner (1963) sowie Hax (1964) zurfick. Vgl. zu einem tabeUarisehen Ilberbliek fiber andere wichtige Arbeiten in diesem Bereich Kruschwitz (2005), S. 228.
393 3.4
LP-Ans~itze zur L6sung von Kapitalbudgetierungsproblemen
3.4.1
Charakterisierung des allgemeinen Budgetierungsproblems
Die G r u n d i d e e von Ans~itzen Linearer Programmierung besteht darin, die Struktur eines vollst~indigen Finanzplans in Form eines linearen Gleiehungssystems abzubilden. Zu diesem Zweck bezeichne r (n) den Bruchteil eines (Investitionsoder Finanzierungs-) Projekts n, den ein Untemehmer zu realisieren wiJnscht. Dabei sei ztm~ichst von beliebiger Teilbarkeit aller Projekte ausgegangen, so dass lediglich die Restriktionen 0 < ~(n) < 1 ftir a l l e n zu beachten
sind. 26 Des
Weiteren
sei die Zahlungsreihe des betreffenden Projekts dutch z~n), ..., Z(Tn) beschrieben. Das Symbol Ct stehe fiir die untemehmerische Konsumenmahme eines Zeitpunktest. Dartiber hinaus m6ge der Untemehmer tiber ein bestimmtes Anfangsverm6gen W 0 im Zeitpunkt t = 0 verftigen. Die Anforderung eines Finanzierungssaldos von Null in einem beliebigen Zeitpunkt t = 0 ..... T ist dann gleichbedeutend mit der Gfiltigkeit der folgenden Gleichung: N
-- 0 .
(3.6)
n=l
Femer ist zu beachten, dass alle Konsumwerte C t nichtnegativ sind, das heii3t, es gilt generell C t > 0. Unter diesen Restriktionen wird der Unternehmer im allgemeinen Fall eine Nutzenfunktion U(C0;...;CT) maximieren. Sofern diese linear ist, liegt ein lineares Optimierungsproblem vor, da sich sowohl die Zielfunktion als auch alle Restriktionen als lineare Funktionen der C t erweisen. Derartige lineare
Optimierungsprobleme lassen sich problemlos mit Methoden des Operations
26
Es ist durchaus denkbar, dass Finanzierungsprojekte in grundsiitzlich beliebigem Umfang durchgef'tthrt werden k6nnen. Dann entfallen ftir diese Projekte Restriktionen der Form o(n) < 1. Im Weiteren braucht dieser Spezialfall aber nicht weiter beachtet zu werden, da er lediglich zu einer vereinfachten Problemstellung ftihrt, ohne dass sich die relevanten qualitativen Ergebnisse ~indem.
394 Research 27 (OR) ftir konkrete Zahlenwerte 16sen. In der Tat ist dies sogar unter der Annahme fehlender Teilbarkeit von Investitionsprojekten der Fall, wenn also far ein Investitionsprojekt n die Restriktion c(n) ~ {0;1} statt ~(") ~ [0;1] zu beachten ist. In derartigen Fallen helfen Verfahren der gemischt-ganzzahligen Linearen Programmierung weiter, z8 Deren Bezeichnung deutet an, dass sie auf F~ille anwendbar sind, in denen ein Teil der gesuchten Variablen als ganzzahlig vorauszusetzen isc
Beispiel 3.3: Die optimale Kombination von Festl~edit- und Kontokorrentkreditfinanziertmg im Rahmen des vorhergehenden Beispiels 3.2 erh~ilt man (unter der a priori erfolgenden Abstraktion von der unmittelbar als ineffizient zu erkennenden zwischenzeitlichen Anlage yon Mitteln) etwa als L6sung des folgenden LP-Ansatzes. Zu maximieren ist eine Nutzenfunktion U(C-r) = CT mit Ca- -> 0 unter den Nebenbedingungen I. II.
-4.500+4.500. act)+4.500 9a
(2) -- 0 ,
2.400-400. ~C1~-5.175" 0~(2~+5.0009a (3~ = 0, (3.7)
III.
4.000-5.400. cxC1~-5.750- ~(3~-C a, = 0,
IV.
co(a), ~(2~, ~o) 2 0.
Dabei steht
O(1)
f'lJr das Ausmag der Inanspruchnahme des Festkredits mit der Zah-
lungsreihe (4.500;-400;-5.400) und o~(2) entsprechend ftir den Bruchteil, zu dem in t = 0 ein Kontokorrentkredit mit Einzahlung yon 4.500 GE bei Rtickzahlungsverpflichtung von 4.500-1,15 = 5.175 GE zum Zeitpunkt t = 1 vom Unternehmer in Anspruch genommen wird. Die Variable o(3) dient zur Erfassung der Kontokor27
Zur Einftihrung in die Techniken des Operations Research sei etwa auf Ellinger/Beuermann/Leisten (2003) verwiesen.
28
Vgl. beispielsweise Domschke/Drexl (2002), S. 110 ft., oder auch Ellinger/ Beuermann/Leisten (2003), S. 149 ft.
395 rentkreditfinanzierung von t = 1 bis t = 2 bei Zugrundelegung eines vtillig willktirlich 29 gew~hhlten Basisvolumens von 5.000 GE Einzahlung fOr den Unternehmer in t = 1 mit Rtickzahlungsvolumen von 5.000-1,15 = 5.750 GE in t = 2. Obergrenzen fOr die Aufnahme der einzelnen Kredite existieren nicht und brauchen deshalb in (3.7) auch nicht erfasst zu werden. Das gerade beschriebene Kapitalbudgetierungsproblem Risst sich tinter anderem schon mit einem T a b e l l e n k a l k u l a t i o n s p r o g r a m m wie Excel 16sen. 3~ Man erhalt c~(1)* = 0,58115183, c~(2)* --- 0,41884817 sowie a(3)* = 0. Dies bedeutet, dass man etwa 58,12 % der in t = 0 ben6tigten Mittel tiber einen Festkredit und die restlichen ca. 41,88 % tiber einen Kontokorrentkredit, der komplett in t = 1 bereits zurtickgezahlt wird, finanzieren sollte. In der Tat ist dies genau die L6sung, die bereits weiter oben im Rahmen des Beispiels 3.2 hergeleitet worden ist. Denn o( ~)* ~- 0,58115183 bedeutet in t = 0 einen Mittelerhalt ftir den Unternehmer aus dem Festkredit von etwa 0,58115183"4.500 -~ 2.615,183 GE, was einem Nominalwert F von ungef~ihr 2.615,183/0,9 = 2.905,76 GE entspricht. Ein Anteil (x(2)* --- 0,41884817 wiederum impliziert einen Kontokorrentkredit K in t = 0 von nLlaerungsweise 0,41884817-4.500 = 1.884,82 GE.
[]
Auf die einzelnen numerischen L6sungsverfahren sol1 hier nicht weiter eingegangen werden, da es sich hierbei im Kern um Methoden handelt, die Gegenstand des OR sind, und die Kenntnis ihrer Existenz hinreichend ist. Hervorzuheben ist damit jedenfalls, dass sich das untemehmerische Kapitalbudgetierungsproblem zumindest for den Fall bei Sicherheit in sehr allgemeiner Form in praktischen Anwendungen als liisbar erweist. Wenngleich der vorgestellte Ansatz bereits seit den sechziger Jahren bekannt ist und seine methodische Oberlegenheit etwa gegentiber der Anwendung des einfachen Kapitalwertkriteriums auf der Basis der
29
Auch die ftir den Festkredit und den zeitlich ersten Kontokorrentkredit anzusetzenden Volumina sind nattirlich beliebig wiihlbar. Es ~indern sich dann nur die jeweiligen Koeffizienten vor c(1) und c(2) in den einzelnen Restriktionen.
30 Vgl. hierzu etwa Braun (1999).
396 Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes oder der Nutzung des DeanModells als L6sungsheuristik bei unvollkommenem Kapitalmarkt eindeutig sein sollte, haben Methoden der Linearen Programmierung in der praktischen Anwendung im Rahmen der Finanz- und Investitionsplanung bislang kauln griigere Bedeutung erlangt. Uber die G~nde hierft~r kann nur spekuliert werden. 31 So mag eine denkbare Ursache darin zu sehen sein, dass der Datenbedarf in Form einer explizit gemachten detaillierten Finanzplanung als zu hoch eingestuft wird und man sich deswegen mit der einfachen Vorgabe von exogenen Ein-Perioden-Zinsfiigen zur Anwendung des schlichten Kapitalwertkriteriums unter der (impliziten) Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes zufriedengibt. In diesem Zusammenhang mag es ferner zutreffen, dass die ad~iquate32 zus~itzliche Berficksichtigung von Risikoaspekten als wesentlicher angesehen wird als die Erfassung von Unvollkommenheiten eines Kapitalmarktes bei Sicherheit. Auf Risikoaspekte wird daher im anschliel3enden zweiten Band zur Investitionsrechnung separat eingegangen, wobei auch darauf hinzuweisen sein wird, dass eine geschlossene und operationale Theorie der optimalen unternehmerischen Kapitalbudgetierung auf unvollkommenem Kapitalmarkt bei Risiko bislang nicht existiert. In jedem Fall kommt der Analyse des gerade beschriebenen generellen Kapitalbudgetierungsproblems insofern konzeptionelle Bedeutung zu, als auf dieser Grundlage eine allgemeine formale Herleitung der Relevanz endogener Kalkulationszinsftige m6glich ist.
31
Vgl. zur Wttrdigung der LP-Ans~itze insbesondere Weingartner (1977) oder auch SchmidtRerberger (2003), S. 181 ft.
32
Es existieren durchaus auch LP-Ans~itze zur L6sung von Kapitalbudgetierungsentscheidungen bei Risiko, namentlich sogenannte Chanee-eonstrainedprogramming-Ansiitze. Vgl. hierzu etwa Hax (1993), S. 182 ft., und die dort angegebene Literatur. Doch k6nnen diese aus verschiedenen Grtinden nicht tiberzeugen und haben sich daher in der Praxis bislang wohl auch gar nieht durehgesetzt.
397
3.4.2
Endogene KalkulationszinsfiiBe im Rahmen des allgemeinen Budgetierungsproblems
Das im vorhergehenden Abschnitt 3.4.1 beschriebene Kapitalbudgetierungsproblem mit allgemeiner Zielfunktion U(C0;...;C~,) kann unter der Voraussetzung beliebiger Projektteilbarkeit grunds~itzlich mit Hilfe eines sogenannten Kuhn-
Tucker-Lagrange-Ansatzes gel6st werden, 33 bei dem man zun~ichst s~imtliche Ungleichungsrestriktionen in eine Form "f(-) _> 0" mit spezifischen Funktionen f(-) bringt, hier also etwa tx(n) > 0 (V n), 1-ct(n~ > 0 (V n) und C t > 0 (V t). Auch die als Gleichungen formulierten Nebenbedingungen 16st man nach Null anf. Sodann werden die linken Seiten aller Nebenbedingungen, also etwa alle o(") und alle l-ix ("~ mit einem Lagrange-Multiplikator malgenommen und an die eigentliche Zielfunktion, hier U, "angehS_ngt". Die so resultierende neue Funktion verftigt bemerkenswerterweise tiber das gleiche Maximum wie die ursprtingliche unter Beachtung ihrer Restriktionen. Es ist damit also folgendes Problem zu 16sen: 34 T
N
)
L -= U(Co;...;CT)+~/L t" t=0
n=l
N N T + E ~(n)" ~ ( n ) + E v ( n ) ' ( a - l x ( n ) ) + E Yt'Ct n=l n=l t=O
(3.8) "
max.! C0,...,CT,it(1),...,a (N), ~.0,..., ~,T,p,(1),..., ~ (N),
v (1),...,v0q),y0,...,yT
33
Man mag sich fragen, wozu dann weiter oben der M6glichkeit der Anwendung von Methoden der Linearen Programmierung soviel Beachtung geschenkt worden ist. In der Tat erh~ilt man mittels des Kuhn-Tucker-LagrangeAnsatzes gewisse notwendige Bedingungen f'tir ein optimales Kapitalbudget, wie sich gleich zeigen wird. Diese notwendigen (und hinreichenden) Bedingungen explizit zur Herleitung optimaler Werte c~(1)*, .... C N: sowie Co..... CT ZU nutzen ist damit noch nieht gelungen. Gerade hier machen sich dann eine vereinfachte Zielfunktion und der Einsatz von Methoden des OR bezahlt.
34 Vgl. hierzu insbesondere auch Hax (1993), S. 97 ft.
398 Die Lagrange-Multiplikatoren 3~o..... L r beziehen sich demnach auf die Liquidit~itsrestriktionen gem~ig (3.6), die Multiplikatoren la(1)..... ~(N)haben Bezug zu den Anforderungen o(n) > 0 (V n), w~arend die Lagrange-Multiplikatoren v (1)..... v (N) auf 1-~ (n~ > 0 (V n) abstellen. Die Variablen Y0, -.., YT schlieglich werden wegen der Anforderungen C t > 0 (V t) ben6tigt. Zur LOsung von (3.8) sind zun~ichst einmal die Ableitungen nach allen C t u n d allen ~(n~ gleich Null zu setzen. Man erh~ilt hieraus: 0L
0U
OCt
OCt
~t+Yt
= 0
(V t -- O, ..., T), (3.9)
0L 0IX (n)
T
m
y , ~, 9z (~ + ~ ("~-v(") t t
= 0
('v" n
= 1, " ' - N ) .
t=0
Des Weiteren ist es wichtig zu wissen, dass die zu Ungleichungen geh6renden La-
grange-Mulfiplikatoren in der hier gew~Lhlten Formulierung in jedem Fall nichtnegativ sind und das Produkt aus Lagrange-Multiplikator und zugeh6riger Restriktion stets den Wert Null annehmen muss. 35 Dies impliziert unmittelbar, dass ftir ein Projekt n mit a(n)* ~ (0,1) sowohl ~(n~ als auch v (n) gleich Null sein mtissen. 36 Die Variable ~t(n~ kann entsprechend nur ffir a(n)* = 0 von Null verschieden sein, die Variable v (n) nur f'tir c~(")* = 1. Im Weiteren sei unterstellt, dass C~ > 0 f'tir alle t = 0 ..... T gilt, also eine innere L6sung beztiglich der unternehmerischen Konsumniveaus vorliegt. Davon kann insbesondere dann ausgegangen werden, wenn der Grenznutzen fiir Werte yon C t nahe bei Null hinreichend hoch ist. Unter der Voraussetzung einer inneren LSsung beztiglich der C~ muss zwingend Yt = 0 ftir
35
Ffir eine ausfiihrliche Diskussion des Kuhn-Tucker-Lagrange-Ansatzes siehe beispielsweise Neus (2005), S. 513 ft., oder auch Chiang (1984), S. 722 ft.
36
Genaugenommen sind auch die Lagrange-Multiplikatoren ta(n) und v ~") hier mit einem ..... zu versehen, da es um deren Werte im Optimum geht. Auf diese zus~itzliche Indiziemng kann hier aber wohl ohne die Verursachung von Unklarheiten verzichtet werden.
399 alle t = 0 ..... T gelten, und man erh~ilt auf der Grundlage von (3.9) folgende Zusammenh~inge: 37 0U - ~'t OCt
(V t = 0, ..., T),
T E /~'t"Zt(n) + g-(n)-v(n) ; 0 t=0 T
OU. zt(n)+ g(n)_v(n) = 0
(3.io)
t~O T
0U/0Ct
"z, (") _
'= ~oo OUIOCo
v (")- g- (")
0U/0Co
T
dCo z{n)_ V(n)-p, (n)
t=0
dC-[t"
OU/0C0
(V n = 1, ..., N).
Im Rahmen der ersten Aquivalenzumformung der zweiten Gleichung wurde der Zusammenhang aus der ersten Gleichung genutzt. Die Quotienten [dC0/dCtl sind nichts anderes als Grenzraten der Substitution, wie sie bereits im Kapitel II dieses Lehrbuchs eingef'tthrt wurden) 8 Der
37 Daneben sind als weitere Optimalit~itsbedingungen nattirlich s~ntliche als
Gleichungen formulierten Restriktionen zu beachten. Diese spielen far die folgende Herleitung aber keine besondere Rolle. 38 Genaugenommen handelt es sich um K e h r w e r t e yon Grenzraten der Substitu-
tion, wie sie im Kapitel II er6rtert worden sind. Da die inhaltliche Interpretation abet vollkommen analog erfolgen kann, ist es sachgerecht, auch im Zusammenhang mit den Differentialquotienten IdC0/dCtl von Grenzraten der Substitution (zwischen C o- und Ct-Konsum) zu sprechen.
400 Ausdruck IdCo]dCt[ gibt dabei n~iherungsweise 39 an, auf wie viele Geldeinheiten Gegenwartskonsum der betrachtete Entscheidungstr~iger f'tir eine weitere Geldeinheit Zukunftskonsum ceteris paribus zu verzichten bereit ist bzw. wie viele Geldeinheiten zus~itzlichen Gegenwartskonsums dem Entscheidungstr~ger mindestens ftir die Aufgabe einer Geldeinheit Zukunftskonsum geboten werden mtissen. Augenscheinlich stellt das Produkt IdC0/dCt[-z~tn) damit eine subjektive Umr e c h n u n g der ktinftigen Einzahlungen aus dem Projekt n i m Zeitpunkt t in ~iquivalenten G e g e n w a r t s k o n s u m dar. Insgesamt kann die linke Seite der letzten Gleichung aus (3.10) demnach als der ("subjektive") Kapitalwert des Projekts n gedeutet werden. Die Grenzraten der Substitution IdC0/dCt[ beschreiben hierbei nichts anderes als Zero-Bond-Abzinsungs- oder Diskontierungsfaktoren d t, die wegen ihrer Abh~ngigkeit v o m unternehmerischen Konsumverhalten und damit der optimalen L6sung des betreffenden Kapitalbudgetierungsproblems als endogen zu bezeichnen sind. Es existieren folglich auch im Rahmen des hier betrachteten allgemeinen Budgetierungsproblems endogene Kalkulationszinsftil3e
i t = (dt_l]dt)-1,
mit deren Hilfe Kapitalwert-
berechnungen m6glich sin& In diesem Zusammenhang lassen sich nun des Weiteren drei verschiedene Ffille unterscheiden: 1) t~~n)* = 0 Mit ~")* = 0 gilt Ftir die
Lagrange-Multiplikatoren ~Cn)> 0 sowie V~n)= 0, sO dass
die rechte Seite der letzten Gleichung aus (3.10) wegen 0U/3C 0 > 0 nichtpositiv ist. 2) ct~")* = 1 Mit (~(n)* = 1 gilt ftir die
Lagrange-Multiplikatoren ~[(n) = 0 sowie V~n)> 0, so dass
die rechte Seite der letzten Gleichung aus (3.10) nichtnegativ ist.
39 Exakt sind die Zusammenh~age nor ftir infinitesimale Gr6gen.
401 3) 0
<
(~(n)* < 1
Mit 0 < (z(n)* < 1 gilt fur die Lagrange-Multiplikatoren p(n) = 0 sowie v (n) = 0, so dass die rechte Seite der letzten Gleichung aus (3.10) einen Wert von Null annimmt. Zusammenfassend ergibt sich damit, dass (Investitions- oder Finanzierungs -4~ Projekte mit einem positiven Kapitalwert auf der Gmndlage der im Optimum giJltigen Grenzraten der Substitution IdCJdC01 in vollem Umfang, also o(n)* = 1, realisiert werden. Projekte mit einem negativen Kapitalwert werden in diesem Zusammenhang gar nieht, das heii3t mit o(n)* = 0, implementiert. Projekte mit einem Kapitalwert von Null werden ganz, teilweise oder iiberhaupt nieht durchgeffihrt.4~ All diese ZusammenhKnge sollten dem Leser bekannt erscheinen. Sie wurden bereits in den Abschnitten 1 und 2 dieses Kapitels fiber das
Hirshleifer- bzw. das Dean-Modell hergeleitet. Insofem ist die Analyse des allgemeinen Kapitalbudgetierungsproblems eines Untemehmers fiir die theoretische Fundierung des Kapitalwertkriteriums von grundlegender Bedeutung, wenngleich die in den Abschnitten 1 und 2 dieses Kapitels angeffihrte Kritik an der (fehlenden) praktischen Relevanz endogener Kalkulationszinsffige hier ohne EinschrKnkung wiederholt werden kann. 40
Es sei darauf hingewiesen, dass alle vorhergehenden Oberlegungen nicht nach Finanzierungs- und Investitionsprojekten differenziert waren. Dies impliziert unmittelbar, dass die ffir Finanzierungsprojekte auf dem vollkommenen Kapitalmarkt gegebene Kapitalwertneutralit~t auf unvollkommenem Kapitalmarkt (und bei Diskontierung mit den endogenen Ein-Perioden-KalkulationszinsffiBen) gmnds~itzlich nieht mehr gegeben ist. Vgl. hierzu auch die Ausftthrungen im vorhergehenden Abschnitt 2 dieses Kapitels.
41
Zu beachten ist, dass all diese Resultate bei fehlender beliebiger Teilbarkeit yon Investitionsprojekten so nicht mehr gelten, wie schon im vorhergehenden Abschnitt 2 angedeutet wurde. In der Tat konnten Laux/Franke (1970) unter recht allgemeinen Annahmen nachweisen, dass bei bindenden Ganzzahligkeitsrestriktionen tiberhaupt keine Kalkulationszinsftige existieren, mit deren Hilfe eine Rekonstruktion des optimalen Kapitalbudgets fiber Anwendung der Kapitalwertmethode m6glich ist. Vgl. hierzu auch Hellwig (1973).
402
3.5
Zusammenfassung
Gegenstand dieses Abschnitts war die L6sung yon Kapitalbudgetierungsproblemen unter der Pr~imisse eines unvollkommenen Kapitalmarktes, der durch "Konditionenvielfalt" auf der Finanzierungsseite gekennzeichnet ist. Zu diesem Zweck wurde das Instrument der vollst~indigen Finanzplanung eingeftihrt, bei dem es um die systematisehe Erfassung aller mit einem bestimmten Kapitalbudget verbundenen Zahlungskonsequenzen in Tabellenform geht und nur einfache unternehmerische Zielfunktionen wie etwa die Maximierung des jeweiligen Endverm6gens zugelassen werden. Ftir iibersehaubare Entseheidungsprobleme bei unvollkommenem Kapitalmarkt kann man durch direkte Gegeniiberstellung der in Erw~igung zu ziehenden Finanzpl~ine das optimale unternehmerische Investitionsund Finanzierungsprogramm ermitteln. Bei komplexeren Anwendungen versagt diese Verfahrensweise, weswegen man dann auf Methoden des Operations Research (OR) zuriickgreift, bei denen es um die EDV-gestiitzte L6sung in allgemeiner Form beschriebener Kapitalbudgetierungsprobleme geht. Quasi als Nebenergebnis konnte auch in diesem sehr allgemeinen Modellkontext die Existenz ad~iquater endogener KalkulationszinsfiiBe zur (Ex-post-) Anwendung des Kapitalwertkriteriums hergeleitet werden. Wenngleich sich durch die M6glichkeit zur Nutzung von Methoden des OR Kapitalbudgetierungsprobleme bei Sicherheit in sehr allgemeiner Form als 16sbar erweisen, haben derlei Methoden insbesondere gegentiber der (Ad-hoc-) Anwendung einfacher Kapitalwertkriterien bislang keine sonderlich groge praktisehe
Bedeutung erlangt. Dies dttrfte zum einen Folge des betr~ichtlichen Datenbedarfs zur Beschreibung aller zul~issigen Kapitalbudgets bei unvollkommenem Kapitalmarkt und zum anderen durch die wohl als besonders wichtigen Aspekt wahrgenommene, nicht tiberzeugend zu berticksichtigende Unsicherheit ktinftiger Zahlungsstr6me, bedingt sein.
403
Wiederholungsfragen W3.1 Was versteht man unter einem vollst~indigen Finanzplan, und welche beiden Zwecke werden mit der Konzeption der vollst~indigen Finanzplanung verfolgt? W3.2 Aus welchen Komponenten ist ein vollst~indiger Finanzplan aufgebaut? W3.3 Welche unternehmerischen Zielsetzungen sind im Rahmen vollst~indiger Finanzplanung zu unterscheiden? W3.4 In welcher Beziehung stehen die in W3.3 darzulegenden unternehmerischen Zielfunktionen auf einem vollkommenen Kapitalmarkt? W3.5 Wie sind die Beziehungen zwischen den in W3.3 darzulegenden unternehmerischen Zielfunktionen auf einem unvollkommenen Kapitalmarkt zu beurteilen? W3.6 Wie begrtindet sich im (Ausgangs-) Zahlenbeispiel aus Abschnitt 3.3 die fJberlegenheit des Kontokorrentkredits gegentiber dem Festkredit? W3.7 Wie wtirde der Vorteilhaftigkeitsvergleich zwischen Kontokorrentkredit und Festkredit im Zahlenbeispiel aus Abschnitt 3.3 auf Basis der Kapitalkostens~itze ausfallen, und weshalb ist ein Kapitalkostenvergleich zur Entscheidungsfindung generell ungeeignet?
4O4 W3.8 Was versteht man allgemein unter LP-Ans~itzen zur L6sung yon Kapitalbudgetierungsproblemen, und wie stellt sich die Grundstruktur dieser Ans~itze dar? W3.9 Wie lassen sich endogene Kalkulationszinsftil3e im Rahmen eines allgemeinen Ansatzes zur L6sung von Kapitalbudgetierungsproblemen herleiten? W3.10 Wie sind LP-Ans~itze zur L6sung von Kapitalbudgetiemngsproblemen, insbesondere auch im Vergleich zum
Hirshleifer- und Dean-Modell, zu beurteilen?
405
4
Steuern in der Investitionsrechnung
4.1
Problemstellung
Im Rahmen des vorhergehenden Kapitels III wurde stets von einem vollkommenen Kapitalmarkt ausgegangen. Dies impliziert unter anderem auch die Abstraktion von jeglicher Art der Besteuerung yon Wirtschaftssubjekten. Zweifellos existieren aber in der Unternehmenspraxis Steuern, und insofern ist ihre Diskussion im Rahmen eines investitionstheoretischen Lehrbuchs sicherlich geboten. Sehr einfach verhielte es sich, wenn das betrachtete Steuersystem investitionsneutral w~e.
Investitionsneutralitiit ist eine bestimmte Form der Entscheidungsneutralit~it. Entscheidungsneutralit~it eines Steuersystems liegt generell dann vor, wenn die Rangfolge von Handlungsaltemativen im Rahmen eines beliebigen, hier nicht n~iher zu spezifizierenden Entscheidungsproblems ceteris pafibus ohne Berticksichtigung der Steuern, das heiBt "vor" Steuern, mit der unter Beachtung der Besteuerung, das heiBt " h a t h " Steuern, tibereinstimmt. Investitionsneutralit~it meint nun den Spezialfall der Entscheidungsneutralit~it, bei der die Rangfolge m6glicher Investitionsprogramme vor und nach Steuern im Rahmen von Investitionsentscheidungen identisch ist. Augenscheinlich kann man sich im Falle investitionsneutraler Besteuerung zur Ermittlung optimaler Investitionsprogramme auf reine Vor-Steuer-Betrachtungen beschr~inken. Leider ist diese Eigenschaft bei realen Steuersystemen typischerweise aber nicht gegeben, 1 so dass eine explizite Beriicksichtigung steuerlicher Aspekte auch in investitionsrechnerischen Kalktilen in aller Re-
Nattirlich kann man sich fragen, wie praktisch bedeutsam die fehlende Emscheidungsneutralit~it der jeweils gtiltigen Form der Besteuerung insbesondere in Abw~igung zum durch die Berticksichtigung steuerlicher Aspekte erh6hten Rechenaufwand sein mag. Vgl. hierzu etwa die Kontroverse zwischen Mellwig (1980, 1981) und Wagner(1981). Zumindest ftir die im Folgenden betrachteten Formen der Besteuerung ist deren Berticksichtigung im Rahmen investitionsrechnerischer Kalktile derart einfach und ohne zus~itzlichen Prognoseaufwand m6glich, dass schon die bloBe M6glichkeit der Entscheidungsrelevanz der Besteuerung eine Investitionsrechnung unter explizitem Einbezug steuerlicher Aspekte geboten erscheinen l~isst.
406 gel geboten ist. 2 Im Weiteren sollen deswegen zun~ichst im Abschnitt 4.2 einige wesentliche Aspekte der in Deutschland relevanten steuerlichen Regelungen beschrieben und mit den Annahmen des "Standardmodells zur Erfassung steuerlicher Aspekte in der Investitionsrechnung" kontrastiert werden. Auf der Grundlage des Standardmodells kann gezeigt werden, dass auch unter Zugrundelegung einer allgemeinen Gewinnbesteuerung die Fisher-Separation und die daraus resultierende M6glichkeit pr~iferenzunabh~ingiger und kapitalwertorientierter Investitionsrechnung noch Bestand haben kann. Dies ist Gegenstand des Abschnitts 4.3. Da im Abschnitt 1 des vorhergehenden Kapitels III bereits eine ausftihrliche Diskussion des Fisher-Modells ftir den Fall ohne Steuern erfolgte und die Einftihnmg von Steuern weitgehend analoge Herleitungen erm6glicht, wird dem Leser vieles vertraut erscheinen. Trotzdem soil die Darstellung aus didaktischen Grtinden auch unter Inkaufnahme gelegentlicher Redundanzen - ahnlich wie bei der bereits erfolgten Diskussion des Hirshleifer-Modells - nicht allzu knapp gehalten werden. Je nach der konkreten Ausgestalmng eines Steuersystems kann das Ph~inomen auftreten, dass ein Investitionsprojekt, dessen Durchftihrung sich vor Steuern als nachteilig f'tir einen Unternehmer erweist, nach Steuern vorteilhaft ist. Man spricht in diesem Zusammenhang vom Vorliegen eines Steuerparadoxons. Auf dieses Ph~inomen wird im Abschnitt 4.4 vertieft eingegangen. Wenigstens dann, wenn Steuerparadoxa im gerade beschriebenen Sinne auftreten, erweist sich das betrachtete Steuersystem unmittelbar als nicht investitionsneutral. Aus diesem Grunde wird ebenfalls noch im Abschnitt 4.4 der Frage nachgegangen, wie ein Steuersystem ausgestaltet sein sollte, um Investitionsneutralitiit zu gewS_hrleisten. Im Abschnitt 4.5 schliel31ich werden die wichtigsten Ergebnisse nochmals zusammengefasst.
Lehrbticher, die sich ausfiJhrlich mit dem Einbezug von Steuern in investitionsrechnerische Kalktile befassen, stammen unter anderem von Mellwig (1985), Schneider (1992) und KOnig/Wosnitza (2004).
407 4.2
Grundziige steuerlicher Regelungen in Deutschland und die Ann a h m e n des Standardmodells
Im Weiteren ist auf steuerliche Fragen nur insoweit einzugehen, wie sie sich im Rahmen yon Investitionsentscheidungen als besonders relevant erweisen. So beeinflussen nattirlich auch Hunde- tend Kfz-Steuer die aus einem Investitionsprojekt resultierenden Nach-Steuer-Einzahlungen, wenn n~imlich Wachhunde gehalten werden mtissen und ein Fuhrpark Bestandteil der InvestitionsmaBnahme ist. Von zentraler Bedeutung im Rahmen des Treffens yon Investitionsentscheidungen dtirften jedoch die sogenannten Ertragsteuern sein, die an Gewinn- oder Einkommensgr6gen ankntipfen. Zwar gab es in der Vergangenheit mit Verm6gen- und Gewerbekapitalsteuer auch zwei wesentliche, an Verm6gensgr6gen ankniipfende sogenannte Substanzsteuern, 3 doch werden diese zumindest zurzeit4 nicht erhoben und brauchen daher nicht n~iher betrachtet zu werden. Es soll demnach im Folgenden nur kurz anf K~rperschaft-, Einkommen- und Gewerbe(ertrag)steuer eingegangen werden. Bei jeder Steuerart ergibt sich die Steuerzahlung grundsiitzlich aus dem Produkt yon Bemessungsgrundlage und Steuersatz. Unabh~qgig von ihrer Rechtsform unterliegen alle Untemehmen der Gewerbesteu-
er. Vor 1998 setzte sich die Gewerbesteuer aus den beiden K o m p o n e n t e n Gewerbeertrag- und Gewerbekapitalsteuer zusammen. Seit Anfang 1998 wird nur noeh die Gewerbeertragsteuer erhoben, so dass im Weiteren die beiden Begriffe "Gewerbeertragsteuer" und "Gewerbesteuer" synonym verwendet werden k6nnen. Die
Bemessungsgrundlage der Gewerbe(ertrag)steuer, also die Grundlage fttr die Ermittlung der Steuerlast, ist der Gewerbeertrag der Unternehmung. Dieser wie-
Vgl. hierzu ngher etwa Rose (1997). Die Behandlung steuerrechtlicher Fragen hat stets mit dem Problem zu k~anpfen, dass jede Beschreibung des Status quo schon sehr schnell wieder iiberholt sein kann und etwaige ktinftige .~nderungen des Steuerrechts aufgrund ihrer zumeist nicht erkennbaren Systematik auch kaum vorhersehbar sind. Aus diesem Grunde werden hier schwerpunktm~il3ig die ftir das Jahr des Erscheinens dieses Buches, 2007, geltenden steuerrechtlichen Regelungen skizziert.
408 derum ergibt sich vereinfacht als der erzielte Unternehmensgewinn zuztiglich der H~ilfte der Zinsen auf die Dauerschulden5 der Untemehmung und abztiglich der Gewerbesteuer selbst. Die Gewerbesteuer mindert also ihre eigene Bemessungsgrundlage. 6 Im Weiteren sei vereinfachend angenommen, dass sich der Gewinn G t eines Zeitpunktes t aus dem Einzahlungstiberschuss z t dieses Zeitpunktes zuztiglich der v o n d e r Kapitalgesellschaft vereinnahmten Habenzinsen HZ t u n d abztiglich der geleisteten Sollzinsen SZ t u n d der verbuchten Abschreibungen
Dt
ergibt.
Beispiel 4.1:7 Es sei ein Gewerbesteuersatz von 20 % und ein unternehmerischer Gewerbeertrag 8 vor Abzug der Gewerbesteuer selbst von 100 GE angenommen. Die Gewerbesteuerbelastung GS der Unternehrnung bemisst sich gem~ig fotgender Gleichung: GS = 0,2"(100-GS) 9~ GS -- 0,2.100 1,2
(4.1)
,=, GS --- 0,16.100 9~ GS -- 16,6 GE.
De facto liegt damit eine (Effektiv-) Steuerbelastung des Gewerbeertrags (vor
Im Wesentlichen sind D a u e r s c h u l d e n typischerweise durch eine (anf~ingliche) Laufzeit von mindestens zwiilf M o n a t e n gekennzeichnet. Vgl. zu einer ausffihrlicheren Begriffser6rterung etwa Rose (2004), S. 213 ff. Welchem Z w e e k eine derartige Konstruktion dienen soll, vermag wohl nur der Steuergesetzgeber selbst zu offenbaren, weswegen diese Frage hier nicht beantwortet werden kann. 7 Vgl. hierzu auch Breuer (1998a), S. 94. s Wie sich dieser aus Gewinn (vor Gewerbeertragsteuer) und h~ilftigen Dauerschulden zusammensetzt, spielt keine Rolle.
409 Abzug der Gewerbesteuer) von nur etwa 16,67 % statt 20 % vor.
[]
Ferner m i n d e r t die Gewerbesteuer die Bemessungsgrundlage der Einkommenund der K6rperschaftsteuer. Ein k o n k r e t e r Gewerbe(ertrag)steuersatz l~isst sich in praxi nicht ohne weiteres angeben, da die Gewerbesteuer eine k o m m u n a l e Steuer ist und die einzelnen Gemeinden den erwtinschten Gewerbesteuersatz letzten Endes in gewissen Bandbreiten selbst festlegen k6nnen. Eine Rechnung mit 20 % Gewerbesteuersatz dtirfte jedoch als Durchschnittswert vergleichsweise sachgerecht sein. 9 Wegen der M6glichkeit, die Gewerbesteuer bei sich selbst abzuziehen, resultiert damit gem~il3Beispiel 4.1 ein Effektivsteuersatz von ca. 16,67 %. Im Weiteren sei dieser Effektivsteuersatz eines Zeitpunktes t generell mit s~g) bezeichnet. Betrachtet man nun n~iher eine Kapitalgesellschaft, so hat diese als eigenst~indiges Steuersubjekt auf ihren Gewinn (nach Gewerbesteuer) Kiirperschaftsteuer zu zahlen. Mit Wirkung ab dem Jahr 2001 sind einige wesentliche Vorschriften des deutschen Steuerrechts grundlegend neu gefasst wordenJ ~ Insbesondere existiert nunmehr nur noch ein einheitlicher Kiirperschaftsteuersatz von 25 % auf den Gewinn einer Kapitalgesellschaft unabh~ngig yon der Frage der Gewinnverwendung. Vor dieser Neuregelung war zu unterscheiden zwischen einem K6rperschaftsteuersatz fox einbehaltene und einem solchen fiir ausgeschtittete Gewinne. Nichts geRndert hat sich an dem Umstand, dass Unternehmungen Steuern auf die K6rperschaftsteuer zu zahlen haben, und zwar den im Gefolge der deutschen Wiedervereinigung eingef'tihrten und seit 1998 in der aktuellen Form bestehenden "Solidarit~itszuschlag ''11 in H6he von 5,5 % der K6rperschaftsteuer. Der Solidari-
9 Vgl. Rose (2004), S. 235. 10 Vgl. hierzu etwa Bareis (2000). 11 Zweifellos handelt es sich hierbei um eine sehr wohlklingende Beschreibung des Umstands einer faktisehen Erhiihung der K6rperschaft- und Einkommensteuer, wenngleich kaum davon auszugehen ist, dass den Steuerzahlern die Er-
410 t~itszuschlag stellt hierbei letzten Endes nichts anderes dar als eine Erhiihung des untemehmerischen K6rperschaftsteuersatzes auf 0,25-1,055 = 26,375 %. Im Weiteren werde der K6rperschaftsteuersatz inclusive des Solidarit~itszuschlags f'tir einen Zeitpunkt t mit s(tk~bezeichnet. Soweit Teile des nach Gewerbe- und K6rperschaftsteuer verbleibenden Gewinns an Anteilseigner ausgeschtittet werden, unterliegen sie dort zus~itzlich der Einkommensteuer. Als Bemessungsgrundlage dient dabei die H~ilfte der vorgenommenen Ausschtittung, weswegen auch vom Halbeinkiinfteverfahren die Rede ist. Zus~itzlich gehen etwaige Habenzinsen aus Finanzinvestitionen ebenfalls in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer ein, w~ihrend von einem Anteilseigner zu leistende Sollzinsen grunds~itzlich nicht steuerlich abzugsf~hig sind. Hieraus kann bereits ein wichtiger Schluss gezogen werden: Im Rahmen der hier erfolgenden vereinfachten Betrachtung sollten etwaige K r e d i t a u f n a h m e n zur zeitlichen Transformation der Einkommensstr6me yon Anteilseignem zum Zwecke der Steuerersparnis sinnvollerweise im Bereich der jeweiligen Gesellsehaft und nicht in der privaten Sph~e des jeweiligen Anteilseigners angesiedelt werden. Der von einem Subjekt zu zahlende Einkommensteuersatz ist keine konstante Gr6Be. Vielmehr steigt die auf die jeweils "letzte" verdiente Geldeinheit erhobene (Grenz-) Einkommensteuer mit wachsendem Einkommen bis zu einem maximalen "Grenzsteuersatz" von 45 % an. Da auch auf Einkommensteuer ein Solidarit~itszuschlag von 5,5 % erhoben wh'd, betr~igt der Spitzensteuersatz de facto 0,45-1,055 = 47,475 %. Der maggebliche (Grenz-) Einkommensteuersatz inclusive Solidarit~itszuschlag in t werde im Weiteren durch sle) charakterisiert.
ftillung ihrer Pflichten hierdurch gr613ere Freude bereitet.
411 Mit GS t sei die Gewerbesteuer- und mit KS t die K6rperschaftsteuerbelastung der Untemehmung in einem Zeitpunkt t bezeichnet. Entsprechend stehe E S t ftir die Einkommensteuerbelastung des betrachteten Unternehmers in t. Der Gewinn nach Gewerbe- und K6rperschaftsteuer im Zeitpunkt t ist somit G t - G S t - K S r Hiervon werde der Anteil o~ ausgeschtittet. Mit diesen informationen k6nnen die dem Unternehmer insgesamt zuflieBenden Zahlungen nach Steuern bestimmt werden. Diese belaufen sich n~imlich auf o~.(Gt-GSt-KSt)-ESt. Unterstellt man vereinfachend, dass der Unternehmer in Zeitpunkten t > 0 keinerlei Gewinnbestandteile ftir Reinvestitionen thesauriert, dann gilt sofort a = 1, und man erh~ilt die dem Unternehmer zufliel3enden Mittel als Gt-(GSt+KSt+ESt). Die Gesamtsteuerbelastung G S t + K S t + E S t l~isst sich weiter konkretisieren: G S t + K S t +ESt -_ G S t + s t ( k ) . ( G t - G S t ) + s (e). ( l - s ~ k ) ) ' ( O t - G S t )
2 = [st(k)+0,5" st(eL(1 -st(k))l" Gt+[1 -st (k)-0,5' st(el9(1 -s}k))] -GS t
(4.2)
= [st(g)+0,5" st(e)" (1 -st(k))] 9Gt +st(g)" [1 -st(k)-0,5" st(e)"(1 -st(k))] 9(Gt+0,5" SZt) = St- Gt+st +' S Z t
mit st -
(g) (g) sowie s+t _ 0,5.s{g).[l_s(tkL0,5.s{e).(l [st(k)+0,5 st(e).( 1 - S (k) t ) ] .(1-St)+St .
s{k))].
Die Gesamtsteuerbelastung besteht damit aus einem vom unternehmerischen Gewinn G t und zus~itzlich aus einem vom Ausmal3 der geleisteten Sollzinsen SZ t positiv abh~ingigen Teil. Uberdies ist sle~ im Gegensatz zu slg~ und s{k) selbst ftir gegebenen Zeitpunkt t keine Konstante.
412 Im Rahmen des Standardmodells der Investitionsrechnung zur Untersuchung steuerlicher Fragen wird (4.2) in verschiedener Hinsicht vereinfacht] 2 Konkret wird angenommen, dass lediglich eine allgemeine Gewinnsteuer existiert und der zugeh6rige Gewinnsteuersatz s f/Jr alle Zeitpunkte und Auspr~igungen der Bemessungsgrundlage konstant ist. Bezogen auf (4.2), bedeutet dies demnach, dass st = 0 % f'tir alle t gilt, was wiederum eine vollst~indige Abstraktion yon der Gewerbeertragsteuer impliziert. Schlieglich wird angenommen, dass die ennittelte Steuer im Falle eines positiven Gewinnausweises unmittelbar in t zu zahlen ist. Ist die errechnete Steuerzahlung des Steuersubjekts negativ, so erhalte das jeweilige Steuersubjekt sofort eine Steuererstattung in der entsprechenden H6he. Bei Personengesellschaften sind grunds~tzlich nur die Gesellschafter selbst die Steuersubjekte, weswegen zum einen die K6rperschaftsteuer entf~illt, daftir aber zum anderen auch der gesamte nach Gewerbesteuer verbleibende Gewinn mit Einkommensteuer belegt wird. Zus~itzlich wird freilich bei Personengesellschaften die Einkommensteuerschuld direkt dutch Abzug einer pauschal, das heigt ohne Bezug auf die jeweiligen konkreten kommunalen Regelungen, bestimmten Gewerbesteuerbelastung reduziert. Auf diese Weise wird der Einfluss der Gewerbesteuer auf den nach Steuern dem Unternehmer zufliegenden Einzahlungstiberschuss zweifellos reduziert, weswegen die Annahmen des Standardmodells tendenziell besser als im Falle yon Kapitalgesellschaften zur Approximation realer steuerlicher Gegebenheiten geeignet sein diifftenJ 3 Das Standardmodell kann zusammenfassend ganz allgemein als vereinfachte Abbildung g~ingiger realer Steuersysteme aufgefasst werden und erfreut sich demgemN3 in der Praxis recht groger Beliebtheit] 4 Die Vereinfachung bezieht sich insbesondere zum einen auf Art und Anzahl der erfassten Teile der steuerlichen
lZ Vgl. hierzu etwa Wagner (1979), Wagner/Dirrigl (1980), S. 24 ft., Kruschwitz (2005), S. 140 ft. 13 Vgl. zu einer genaueren Analyse Bareis (2000) sowie Scheffler (2001). la Vgl. z.B. Lenz (1991), S. 499.
413
Bemessungsgrundlage und zum anderen auf die Annahme eines konstanten Gewinnsteuersatzes. Die Approximationsgiite hinsichflich der tats~ichlich in Deutschland maggeblichen steuerlichen Regelungen ist dabei seit der nicht mehr erfolgenden Erhebung der frtiheren beiden Substanzsteuem, Verm6gen- und Gewerbekapitalsteuer, ebenso wie durch die Neuregelungen zum 1. Januar 2001 tendenziell gestiegen. Auf diese Frage wird aber noch zurtickzukommen sein. 4.3
Fisher-Separation und Kapitalwertkriterium bei Steuern 15
4.3.1
Unternehmerische Pr~iferenzen und Realinvestitionsmiiglichkeiten
Wie im Abschnitt 1 des vorhergehenden Kapitels werde ein Unternehmer mit einem Anfangsvermtigen W 0 in t = 0 im Rahmen eines Zwei-Zeitpunkte-Ansat-
zes bei Sicherheit betrachtet. Der Unternehmer verftige tiber eine Nutzenfunktion U = U(C0;C1), wobei C t bekanntermal3en ftir den Konsum des Unternehmers im Zeitpunkt t = 0, 1 steht. Der Nutzen des Unternehmers nehme sowohl mit wachsendem Gegenwartskonsum Co als auch mit wachsendem Zukunftskonsum C1 gem~il3 dem Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen degressiv zu. Die aus der unternehmerischen Nutzenfunktion herleitbaren Indifferenzkurven, verstanden als geometrische Orte aller Kombinationen yon C o und C~, die gleichen Nutzen stiften, sollen wie schon im Abschnitt 1 des zweiten Kapitels degressiv fallend verlaufen. In t = 0 habe der besagte Unternehmer Zugang zu Realinvestitionsmiiglichkeiten, die bei einem Investitionsvolumen yon I in t = 0 zu Rtickfltissen in H6he von F(I) zum Zeitpunkt t = 1 f'dhren. F(I) sei durchg~ingig differenzierbar und degressiv steigend in I. Es gilt also F'(I) > 0 und F"(I) < 0. Die unternehmerischen Ertr~ige sollen gem~il3 dem im vorhergehenden Abschnitt 4.2 vorgestellten Standardmodell besteuert werden. Unterstellt man, dass der
~5 Der folgende Abschnitt basiert im Wesentlichen auf Breuer (1999b).
414 Unternehmer im Umfang I seiner in t = 0 durchgef/Jhrten Investitionen entsprechende (steuerlich wirksame) Aktivierungen yon Invesfitionsobjekten vorzunehmen hat, dann bel~iuft sich sein in t = 0 ausgewiesener Gewinn auf Null, da einer Anfangsauszahlung in H6he von I eine entsprechende Zuschreibung (das heil3t negative Abschreibung) in gerade dieser H6he gegentibersteht. Anders verh~ilt es sich in t = 1. Hier ergeben sich zum einen die Rtickfltisse F(I) aus der investiven T~itigkeit. Diese sind um die anfallenden Steuerzahlungen zu ktirzen. Der ausgewiesene Gewinn des Unternehmers bel~iuft sich auf F(I)-I, da die durchgeffihrten Investitionen bereits in t = 1 vollstiindig abzuschreiben sind: In t = 1 endet annahmegemW3 jede wirtschaftliche T~itigkeit des Unternehmers. Naeh Steuern verbleiben dem Unternehmer demnach in t = 1 noch Einzahlungstiberschfisse in H6he von Fs(I) -= F(I)-s. [F(I)-I] = (1-s).F(I) +s.I.
(4.3)
Auch die so ermittelte Realinvestitionskurve nach Steuern verl~iuft ftir Gewinnsteuers~itze s mit 0 < s < 1 wie die vor Steuern weiterhin degressiv steigend in I, wie man durch Bildung der ersten (positiven) und der zweiten (negativen) Ableitung leicht nachprtifen kann: Fs'(I) = (1-s) . F'(I) +s > 0
f i r F'(I) > 0,
Fs"(I) = (1-s)-F"(I) < 0
ffir F"(I) < 0.
(4.4)
Die Einfiihrung einer allgemeinen Gewinnsteuer bedingt demnach auf der Seite der Realinvestitionen keine grundlegende Anderung der Zusammenh~inge. Wie im Abschnitt 1 des vorhergehenden Kapitels kann man die durch Realinvestitionen erreichbaren unternehmerischen Konsumpositionen nattirlich auch in einem (C0;C1)-Diagramm darstellen. Da I = W0-C 0 gilt, folgt bei alleiniger Betrachtung der unternehmerischen Realinvestitionsm6glichkeiten C 1 = Fs(Wo-Co) = (1-s)-F(Wo-Co)+s.(Wo-Co).
(4.5)
415 Die graphische Darstellung dieser Beziehung zwischen C 1 und C Obezeichnet man bekalmtlich als T r a n s f o r m a t i o n s k u r v e (hier: nach Steuem). Die Transformationskorve ist ganz allgemein der geometrische Ort aller Kombinationen yon gegenw~tigem und zuktinftigem Konsum, die der Untemehmer allein dorch Realinvestitiohen erreichen kann. Bei Abstraktion yon Finanzinvestitionen ist die Transformationskorve wegen der Unm6glichkeit negativer Konsumpositionen sinnvoll nor im ersten Quadranten definiert. Unter den hier getroffenen Armahmen verl~iuft sie trotz der Berticksichtigung yon Steuem wie schon im Fall ohne Steuem progressiv fallend. 16
Beispiel 4.2: Betrachtet sei ein Unternehmer mit einer Verm6gensanfangsausstattung in t = 0 in H6he von W 0 = 10 GE. Seine Investitionsertragsfunktion vor Steuem sei F(I) = 4,4-I ~ und der allgemeine Gewinnsteuersatz im Rahmen des Standardmodells belaufe sich auf s = 30 %. Damit ergibt sich eine Realinvestitionsfunktion nach Steuem der Form Fs(I) = (1-s)-F(I)+s-I = 3,08-I~
Die zugeh6rige Trans-
formationskurve nach Steuern lautet C1 = Fs(Wo-C0) = 3,08 -(10-C0)~
-(10-Co)
und ist zun~ichst einmal (also ohne Berticksichtigung von Finanzinvestitionen) nor definiert fox Werte C Omit 0 < Co < 10.
4.3.2
[]
Der unternehmerische Kapitalmarktzugang
Der betrachtete Unternehmer habe neben seinen Realinvestitionsm6glichkeiten in t = 0 Zugang zu einem (bis auf die Existenz einer allgemeinen Gewinnsteuer) v o l l k o m m e n e n Kapitalmarkt. GemN3 der Darstellung aus Abschnitt 1 des Kapitels III bedeutet das Folgendes: Alle Subjekte auf dem Kapitalmarkt agieren erstens rational. Von mehreren zor Auswahl stehenden Handlungsalternativen w~ihlen sie stets nur eine solche, die fiar sie zum hiichsten Zielerreichungsgrad f'tihrt. Weil der betrachtete Unternehmer sowohl mit wachsendem Gegenwarts- wie
16 Vgl. hierzu etwa exemplarisch die Transformationskurve nach Steuern in Ab-
bildung 4.1.
416 auch wachsendem Zukunftskonsum Nutzensteigerungen erfSah_rt, impliziert dies unter anderem, dass der Unternehmer sicherlich keine Verhaltensweise wS_hlen wird, zu der es eine Alternative gibt, die ihm eine simultane Erh6hung yon C o u n d C~ erm6glicht. Zweitens gilt, dass alle Marktteilnehmer als Mengenanpasser handeln, also die am Kapitalmarkt herrschenden Zinssatzkonditionen als durch sie unbeeinflussbar annehmen. Drittens sind mit allen Handlungen (bis auf die anfallenden Steuerbelastungen) keinerlei Transaktionskosten verbunden. Aus diesen drei Charakteristika folgt unmittelbar, dass es fOx die Anlage und Aufnahme von Geld yon t = 0 bis t = 1 in der Nach-Steuer-Betrachtung ebenso wie schon in der Vor-Steuer-Betrachtung nur genau einen einheitlichen Zinssatz i s geben kann. 17 Zun~ichst einmal kann n~imlich festgehalten werden, dass die bei einem Kapitalgeber nach Steuem verbleibende Verzinsung mit der vom Kapitalnehmer unter Beachtung steuerlicher Aspekte zu erbringenden tibereinstimmt. Denn die Steuerbelastung durch Zinserhalt beim Kapitalgeber entspricht wegen des konstanten Steuersatzes s und der M6glichkeit negativer Gewinnbesteuerung der Steuerentlastung beim Kapitalnehmer, und weitere Transaktionskosten existieren annahmegem~iB nicht. Aus diesem Grunde hat jeder beliebige Nach-Steuer-Zinssatz stets simultan ffir Kapitalgeber und -nehmer Gfiltigkeit. Existierten unter Beachtung des gerade dargelegten Zusammenhangs wenigstens zwei verschiedene Nach-Steuer-Zinss~itze auf dem betrachteten Kapitalmarkt, wfirde jeder Marktteilnehmer zum g~instigeren der beiden Zinss~itze Mittel aufnehmen und zum h6heren Mittel anlegen wollen. Sofern es auger der besagten Gewinnsteuer keine Marktunvollkommenheit gibt, besteht keinerlei Grund zu der Annahme, dass die erwiJnschten Transaktionen nicht friktionsfrei durchgeftihrt
17
Das Symbol i s steht demnach f'OXden einheitlichen Nach-Steuer-Kapitalmarktzinssatz im Zusammenhang mit Anlage oder Verschuldung auf einem bis auf die Existenz yon Steuem vollkommenen Kapitalmarkt und ist damit nattirlich nieht zu verwechseln mit dem Sollzinssatz i(s) aus dem Hirshleifer-Modell.
417 werden k6nnten. Damit aber g~ibe es zum h6heren der beiden Zinss~itze keine Nachfrage und zum niedrigeren kein Angebot an Mitteln. Ausgehend von einer (beliebigen) Konsumposition (Co;C 0, die der Untemehmer allein aufgrund seiner durchgeftihrten Realinvestitionen verwirklichen k6nnte, f'tihrt die Aufnahme eines Kredites in H6he yon K dazu, dass der Untemehmer in t = 0 sein Konsumniveau auf C O= Co+K steigert. Daf'ttr reduziert sich infolge der erforderlichen Kreditrtickzahlung sein Konsum im Zeitpunkt t = 1 auf C1 = Cl-(l+is)'K. Man kann ohne weiteres auch negative Werte ftir K zulassen: Ein negatives Kreditvolumen entspricht der Anlage yon Mitteln am Kapitalmarkt zum Zinssatz i s von t = 0 bis t = 1. Nattirlich ftihrt K < 0 dazu, dass sich das unternehmerische Konsumniveau in t = 0 verringert, daftir aber nimmt der Konsum des Unternehmers in t = 1 zu. Unabh~ingig davon, ob K positiv oder negativist, steht der Nach-Steuer-Zinssatz i s in folgender Beziehung zum Vor-Steuer-Zinssatz i: Der Unternehmer hat ftir einen Kreditaufnahmebetrag in HOhe von K in t = 1 Zinsen in H6he yon i-K zu zahlen. Weil diese Zinszahlungen seinen in t = 1 ausgewiesenen steuerpflichtigen Gewinn mindem, reduziert sich seine Steuerbelastung um den Betrag s-i-K. Insgesamt verbleiben demnach f'ttr den Untemehmer in der Nach-Steuer-Betrachtung noch Zinszahlungen yon i.K-s.i-K = i-(1-s)-K, so dass man i s = i-(1-s) als Nach-Steuer-Zinssatz fiir die Annahmen des Standardmodells erh~ilt. Ist K < 0, t~itigt der Untemehmer also eine Mittelanlage in t = 0, so behalten alle Aussagen auch hierf~r ihre Gtiltigkeit. In diesem Fall reduziert sich die NachSteuer-Rendite eben gerade auch auf i-(1-s). L6st man die Gleichung C O= Co+K nach -K auf und setzt das Ergebnis in die Bestimmungsgleichung ftir C 1 ein, so erh~ilt man unter Beachtung von is = i'(1-s) die Gleichung der K a p i t a l m a r k t g e r a d e n (hier: wieder naeh Steuem): C1 = C1 +[1 +i.(1 -s)]" (Co-Co).
(4.6)
418 Sie beschreibt den geometrischen Ort aller (C0;C0-Kombinationen, die der Unternehmer durch Anlage oder Aufnahme von Mitteln am Kapitalmarkt, ausgehend von einer (durch Realinvestitionen erreichten) Konsumposition (C 0;C0, realisieren kann. Die Steigung der Kapitalmarktgeraden ist unabh~ingig vom "Startpunkt" (C0;C0 stets konstant -[l+i.(1-s)]# Nattirlich k6nnen erneut nur Konsumpositionen vom Unternehmer angestrebt werden, fur die C 0, C1 > 0 gilt. Allerdings mag der Startpunkt der Kapitalmarktgeraden durchaus im zweiten Quadranten liegen, wie schon im Abschnitt 1 aus Kapitel III dargelegt wurde.
c1
t (2)
im
Co
Co
Abbildung 4.1: Die Fisher-Separation im Standardmodell
Beispiel 4.3: Es sei angenommen, der Zinssatz i ftir Anlage und Verschuldung von t = 0 bis t = 1 belaufe sich auf 10 % bei einem konstanten Gewinnsteuersatz s von 30 %. Hieraus resultiert sofort ein Nach-Steuer-Zinssatz i s = 0,1 "(1-0,3) = 7 %. Unternehmer 1 habe eine Anfangsausstattung yon W 0 = 10 GE, aber keinen Zugang zu
18 Vgl. die Kapitalmarktgeraden G m und G* in Abbildung 4.1.
419 Realinvestitionsm6glichkeiten. Damit ist der Startpunkt der fox ihn relevanten Kapitalmarktgeraden durch (Co;C1) = (10;0) festgelegt, und deren zugeh6rige Gleichung lautet C a --- 0+1,07.(10-Co) = 10,7-1,07-C o.
(4.7)
Unternehmer 2 hingegen plane for gegebene Verm6gensanfangsausstattung derartige Realinvestitionen, dass sich als Startpunkt der ffir ihn relevanten Kapitalmarktgeraden (Co;C 1) = (6;7,36) ergibt. Hieraus resultiert als Geradengleichung: C a --- 7,36+1,07.(6-Co) --- 13,78-1,07.C o.
(4.8)
In beiden Fallen erh~ilt man als Geradensteigung also -1,07. Die Kapitalmarktgerade des Unternehmers 1 liegt dabei weiter innen als die des Unternehmers 2, wie man leicht anhand des fox Unternehmer 2 maximal erreichbaren Zukunftskonsums von 13,78 GE im Vergleich zum entsprechenden Wert von 10,7 GE far Unternehmer 1 erkennt. Die relative Lage der beiden Kapitalmarktgeraden zueinander entspricht damit prinzipiell derjenigen der Geraden G (1) und G* aus Abbil-
dung 4.1, wenn man die Kapitalmarktgerade des Unternehmers 1 mit G (1) und die des Unternehmers 2 mit G* bezeichnet. Da die beiden betrachteten Startpunkte der Kapitalmarktgeraden dutch positiven Gegenwartskonsum gekennzeichnet sind, verlaufen die relevanten Teile der beiden Kapitalmarktgeraden hier in der Tat nicht aul3erhalb des ersten Quadranten. 4.3.3
[]
Kapitalwertmaximierung als Auswahlkriterium fiir Realinvestitionen
Unabh~ingig von der konkret angenommenen Nutzenfunktion U des Untemehmers ist es flit diesen am besten, wenn er eine m6glichst weit auBen liegende Kapitalmarktgerade erreicht. Denn eine weiter augen liegende Kapitalmarktgerade erm6glicht es im Vergleich zu einer weiter innen liegenden stets, sowohl den unternehmerischen Gegenwarts- als auch den Zukunftskonsum zu erh6hen. Sieht man im Weiteren von Randl6sungen ab, 19 so realisiert der Unternehmer die am weitesten augen liegende Kapitalmarktgerade, wenn er ein solches Realinvestitionsvolumen I* umsetzt, dass die zugeh6rige Kapitalmarktgerade Tangente an die Transformati-
19 Vgl. hierzu auch schon die Ausf'dhrungen im Abschnitt 1 aus Kapitel III.
420 onskurve wird. Natfirlich gibt es noch weiter augen liegende Kapitalmarktgeraden, doch haben diese - wie etwa G (2) in
Abbildung
4.1 -
keinen Punkt mehr mit der
Transformationskurve gemein, k6nnen vom Untemehmer also durch Realinvestitionen nicht erreicht werden. Alle sonst zug~inglichen Kapitalmarktgeraden - wie etwa G m - liegen hingegen welter innen und sind aus Unternehmersicht deshalb schlechter als die Tangente G*. In dem Tangentialpunkt entspricht die Steigung der Transformationskurve -Fs'(W oCo) der (einheitlichen) Steigung -(l+is) der Kapitalmarktgeraden. Ganz analog zu der Darstellung aus Abschnitt 1 des Kapitels III folgt daraus die Gleichheit der Grenzrendite (nun nach Steuern) Fs'(I )- 1 yon Investitionen und des Nach-SteuerZinssatzes is: Solange die Grenzrendite gr6Ber als is ist, wird der Unternehmer durch zus~itzliche Investitionen schon bei deren Kreditfinanzierung ceteris paribus seine Konsumm6glichkeiten des Zeitpunktes t = 1 steigern k6nnen; sobald die Grenzrendite geringer als i s wird, sollte der Unternehmer sinnvolterweise seine geplanten Realinvestitionen wieder verringern und etwaige gewtinschte Mittelanlagen durch Finanzinvestitionen am Kapitalmarkt umsetzen. Die Entscheidung fiber das optimale Realinvestitionsprogramm eines Unternehmers kann demnach trotz der Existenz positiver Steuern auch hier unabh~ingig yon den unternehmerischen Pr~iferenzen und seiner Anfangsausstattung getroffen werden, indem einfach das Erreichen der am weitesten auBen liegenden Kapitalmarktgeraden angestrebt wird. Die Pr~iferenzen und die Anfangsausstattung des Unternehmers bestimmen lediglich, ob der Unternehmer Mittel am Kapitalmarkt aufnimmt oder anlegt, also welehen P u n k t (C0;C~) er letzten Endes auf der eindeutig bestimmten (Tangential-) Kapitalmarktgeraden G* (ausgehend yon (C0;C0) anstrebt.
421 Im hier zugrunde gelegten Kontext ist nun noch folgende Umformung m6glich: Fs'(I)-I = i s (1-s).F'(I)+s-1 = i-(1-s) ** (1 -s) .F'(I) -- i- (1 -s) +1 -s (1-s).F'(I)
(4.9)
= ( l - s ) . (1 +i)
,~ F ' ( I ) - I -- i.
Man erh~ilt hier damit das doch recht tiberraschende Ergebnis, dass das optimale Investitionsvolumen nicht nur durch die Gleichheit der Nach-Steuer-Renditen yon Real- und Finanzinvestitionen, sondern auch der entsprechenden Vor-Steuer-Renditen charakterisiert ist. Das bedeutet, dass das optimale Investitionsvolumen im Rahmen dieses Zwei-Zeitpunkte-Ansatzes in der Vor- und der Nach-Steuer-Betrachtung identisch ist. Es liegt hier demnach Investitionsneutralit~it des zugrunde gelegten Steuersystems vor. Dies ist allerdings eine Implikation der Betrachtungsverengung auf n u r zwei Zeitpunkte (bei gleichzeitiger Fixierung der Aktivierung des Zeitpunktes t = 0 auf I). Wir werden im Abschnitt 4.4 noch anhand des Beispiels 4.8 sehen, dass bei Mehr-Perioden-Betrachtungen im Rahmen des Standardmodells zur Erfassung steuerlicher Aspekte in der Investitionsrechnung Investitionsneutralit~it generell nicht gegeben ist. Robust ist hingegen das Ergebnis der Pr~iferenz- und Ausstattungsunabh~.ngigkeit des optimalen Realinvestitionsvolumens. Angemerkt werden sollte des Weiteren, dass die hier resultierende Investitionsneutralit~t des Steuersystems nicht auch mit einer Konsumneutralit~it einhergeht. In Analogie zur Investitionsneutralitgt kann man von Konsumneutralitiit im engeren Sinne f'tir den Fall sprechen, dass die optimalen unternehmerischen Konsumauszahlungen in t = 0 und t = 1 vor Steuern die gleichen sind wie nach Steuern. Da Steuem der Erzielung staatlicher Einnahmen dienen, wird Konsumneutralit~it i.e.S, augenscheinlich typischerweise nicht gegeben sein. In einem weiteren Sinne soll deswegen dann von Konsumneutralit~it gesprochen werden, wenn das
422 Verh~iltnis der optimalen Konsumauszahlungen verschiedener Zeitpunkte zueinander steuersatzunabh~ngig konstant ist und somit wenigstens die Struktur der intertemporalen Konsumallokation trotz Einftihrung einer Besteuerung erhalten bleibt. Selbst im hier betrachteten Zwei-Zeitpunkte-Kontext liegt Konsumneutralit~it allerdings weder im engeren noch im weiteren Sinne generell vor, da die mit bzw. ohne Steuem resultierenden (Tangential-) Kapitalmarktgeraden trotz gleichen optimalen Wertes fiir das Realinvestitionsvolumen auch bei gegebener (steuerunabh~ingiger) Anfangsausstattung durch unterschiedliche Tangentialpunkte verlaufen und fiber unterschiedliche Steigungen verffigen. Daher wird der Untemehmer in aller Regel trotz gleichbleibender investiver T~itigkeit sowohl absolut als auch relativ unterschiedliche optimale zeitliche Konsumallokationen realisieren. 2~
Beispiel 4.4: Betrachtet sei ein Unternehmer mit einer Verm6gensanfangsausstattung in t = 0 in H6he yon W 0 = 10 GE. Seine Investitionsertragsfunktion vor Steuern sei F(I) = 4,4.I ~ und stimme folglich mit der aus Beispiel 4.2 tiberein. Entsprechendes gelte ffir den Gewinnsteuersatz s = 30 %. Der Kapitalmarktzinssatz i f'tir Mittelanlage und -aufnahme von t = 0 bis t = 1 betrage vor Steuern 10 %. Daraus resultiert ein Nach-Steuer-Zinssatz yon i-(1-s) = 7 %. Fttr das optimale Investitionsvolumen muss die Steigung der Transformationskurve nach Steuern, -Fs'(I), gerade dem Wert -1,07 entsprechen: -(1'54+0,3) =~ 4 = - 1 ,v0 7 , ~ I *
GE.
(4.10)
Das optimale Realinvestitionsvolumen entspricht damit in der Tat demjenigen, das im Beispiel 1.2 im Abschnitt 1 des dritten Kapitels ffir den Vor-Steuer-Fall hergeleitet worden ist.
20 Vgl. hierzu nSher auch die Ausf'dhrungen im Zusammenhang mit Beispiel 4.13.
423 Mit I* = 4 GE sowie W o = 10 GE erhilt man unmittelbar C0 = 6 GE und C1 = 7,36 GE. Die Gleichung der vom Untemehmer bei optimalem Investitionsverhalten erreichbaren Kapitalmarktgeraden ist folglich mit der des Unternehmers 2 aus Beispiel 4.3 identisch. Im Vor-Steuer-Fall des Beispiels 1.2 aus Abschnitt 1 des vorhergehenden Kapitels galt hingegen E l = 8,8 GE bei gleichem Wert ftir Go und war die Steigung der resultierenden Kapitalmarktgeraden -1,1. Trotz gleichen Realinvestitionsvolumens ergibt sich also im Vor- und im Nach-Steuer-Fall jeweils eine unterschiedliche Tangentialkapitalmarktgerade. Im Beispiel 1.3 aus Abschnitt 1 des Kapitels III wurde ftir den Vor-Steuer-Fall bei Zugrundelegung einer unternehmerischen Nutzenfunktion der Form U(C0;C1) = C~
~ als optimale Konsumposition (C0;C~) = (4,2;10,78) ermittelt. Der Ansatz
ftir die Bestimmung des Konsumoptimums ftir den Nach-Steuer-Fall im Rahmen dieses Beispiels 4.4 lautet: 10
I.
_3
~ 5 - . C ~ 7 = 13,78_1,07.Co, (4.11) 10
II.
-3'U~-'Co 7
- _10 _
7 = 1,07.
Gesucht ist eine Indifferenzkurve mit (maximalem) Nutzenniveau U, die einen Punkt mit der Kapitalmarktgeraden gemeinsam hat (I.) und in diesem Punkt tiber eine Grenzrate der Substitution von 1,07 verfigt (II.). Die simultane L6sung der beiden Gleichungen aus (4.11) liefert C O
3,864 GE sowie U* = 7,331. Durch
Einsetzen von C O= 3,864 GE in die Gleichung der Kapitalmarktgeraden g e m ~ (4.8) ergibt sich des Weiteren C~ = 9,646 GE, also eine deutlich andere (und eindeutig schlechtere) Konsumposition als im Fall ohne Steuern. Auch das Verhilmis C~/C; weicht hier mit einem Wert von ungefihr 2,496 v o n d e r entsprechenden Relation 2,56 im Falle ohne Steuem abo Wegen C0 = 6 GE > C O 3,864 GE titigt der Unternehmer in der Situation mit Steuern dabei infolge recht stark ausgeprigter Zukunftspriferenzen zusitzlich zu seinen Realinvestitionen im Umfang I* = 4 GE auch noch eine Kapitalmarktanlage
424 von etwa 2,136 GE.
[]
Das Ergebnis verm6gens- und prgferenzunabhS.ngiger Real- sowie verm6gens- und pr~iferenzabh~ingiger Finanzinvestitionsentscheidungen ist f'tir den Fall ohne Steuem bereits im Abschnitt 1 des vorhergehenden Kapitels hergeleitet und als
Fisher-Separation bezeichnet worden. Die gerade angestellten Uberlegungen zeigen, dass die Fisher-Separationgrunds~itzlich aueh bei Existenz einer allgemeinen Gewinnsteuer ihre Gfiltigkeit behalten kann. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, dass Soll- und Habenzinsen steuerlieh gleiehartig behandelt werden. Denn nur dadurch k6nnen die jeweils m6glichen Kapitalmarkttransaktionen des betrachteten Unternehmers tiber eine Schar von Kapitalmarktgeraden mit einheitlieher Steigung repr~isentiert werden. Betrachtet man etwa die durch Gleichung (4.2) vereinfacht beschriebene steuerliche Situation ftir Kapitalgesellsehaften in Deutschland, dann liegt hier augenscheinlich keine Gleichbehandlung yon Soll- und Habenzinsen vor, und zwar selbst dann, wenn man yon dem Problem abstrahiert, dass Sollzinsen im Rahmen privater Verschuldung von Wirtschaftssubjekten ohnehin nicht steuerlich abzugsf~ihig sind. Ursache hierftir ist die Gewerbeertragsteuer, in deren Rahmen geleistete Sollzinsen nur partiell die Bemessungsgrundlage mindem. De facto wirkt dieser Umstand in dem hier zugrunde gelegten Kontext wie eine Erhiihung des Sollzinssatzes nach Steuern fiber den entsprechenden Habenzinssatz, sofern eine Situation unterstellt wird, in der Habenzinsen gewerbeertragsteuerpflichtig sind. Konkret ftihrt die Besteuerung der Habenzinsen im Rahmen ihrer Berficksichtigung in
G t zu
einem Habenzinssatz nach Steuern yon i.(1-s), wobei s wie in (4.2)
definiert ist, w~ihrend sich der Sollzinssatz nach Steuern als i-(1-s+s +) > i-(1-s) ergibt, da die Sollzinsen separat im Rahmen eines zweiten Summanden in (4.2) besteuert werden. Sofern man vom zus~itzlichen Problem fehlender Konstanz yon s absieht, gelangt man hiermit demnach zu einem Szenario, das (allerdings ohne konkreten Bezug zu steuerlichen Fragen) als
Hirshleifer-Modell in der Literatur
ebenfalls hinl~inglich bekannt ist und auch schon im Rahmen des vorliegenden Lehrbuchs im Abschnitt 1 dieses Kapitels er6rtert worden ist. Es kann deswegen
425 mit
i {H) =
i-(1-s) sowie i~s~ - i-(1-s+s § > i ~m ohne weiteres auf die dortigen
Ausftihrungen verwiesen werden. Unmittelbare Folge hiervon ist insbesondere der Umstand, dass nunmehr die
Fisher-Separation
ihre Gtiltigkeit verliert. Die
Ergebnisse des Standardmodells sind allein schon deshalb nur mit Einschr~inkung auf die realen deutschen (Steuer-) Verh~iltnisse iibertragbar. Im Rahmen dieses einftihrenden Lehrbuchs soil jedoch grunds~itzlich von der Gtiltigkeit der Pr~imissen des Standardmodells ausgegangen werden. 21 Gerechtfertigt werden kann dieses Vorgehen wenigstens ansatzweise insbesondere dadurch, dass sich durch Vernachl~issigung von s+ bei der Bestimmung des Sollzinssatzes i~s) grunds~itzlich ein Fehler von nur wenigen Bruchteilen von Prozentpunkten ergibt. 22
Beispiel 4.5: Ftir se~ = 47,475 %, s(g) = 16,67 %,
S (k) •
i'{1-[s(k)+0,5"S(e)'(1-s(k))]'(1-s(g~)-S(g>} ~
25 % und i = 10 % resultiert i-(1-s) = 4,77
%
[s(k)+0,S'S(e)'(l-s(k))]'(1-s(g))-0,5"s(gL[l+s(k)+0,5"s(e)'(1-s(k))]}
sowie
i'(1-S+S +) = =
i'{1-
5,34 %. Ftir se =
15,825 %23 ergibt sich unter sonst gleichen Voraussetzungen i.(1-s) ~ 5,76 % und i-(1-s+s +) ~ 6,33 %
[]
Im Zusammenhang mit Personengesellschaften ist die resultierende Differenz zwischen Soil- und Habenzinssatz infolge des Abzugs einer pauschalierten Gewerbesteuerbelastung yon der Einkommensteuerschuld und der damit ceteris paribus reduzierten Bedeutung der Gewerbesteuer tendenziell noch geringer.
21
Durch die umfassende und vollst~indig ftir die Diskussion steuerlicher Aspekte nutzbare Darstellung des Hirshleifer-Modells ist aber immerhin eine gewisse Auseinandersetzung mit den Konsequenzen eines den deutschen Verh~ilmissen etwas besser entsprechenden Steuersystems vorhanden.
22
Freilich hat auch schon die Annahme der Identit~it von Soll- und Habenzinssatz vor S t e u e r n in der Empirie keine exakte Gtiltigkeit.
23
Im Jahre 2007 liegt der Eingangssteuersatz im Rahmen der Einkommensteuer exclusive Solidarit~itszuschlag bei 15 %, inclusive dieses Zuschlags folglich bei 15,825 %.
426 Aus der Gtiltigkeit der Fisher-Separation im Rahmen des Standardmodells folgt nun des Weiteren ebenso wie im Abschnitt 1 des vorhergehenden Kapitels auch die Anwendbarkeit des Kapitalwertkriteriums zur Ermittlung optimaler Realinvestitionsentscheidungen. Augenscheinlich ist I* n~imlich wieder so zu w~ihlen, dass der Abszissenabschnitt Co,ma x der zugeh6rigen erreichbaren Kapitalmarktgeraden m a x i m a l wird. Diesen ermittelt man zu einem beliebigen Investitionsvolumen I, indem man in der Gleichung der entsprechenden Kapitalmarktgeraden C x gleich Null setzt und den Ausdruck nach C Oaufl6st. Man erh~ilt: C 1 = C 1+(1 +is)-(Co-Co) -- Fs(I)+(1 +is)" ( W o - I - C o) = 0 (4.12)
** Fs(I) +(1 +is)" (Wo-I) -- (1 +is)-C o ,~ Co,~_~ = W o - I ,
Fs(I) _ W0_i + ( 1 - s ) F ( I ) + s I 1 +i-(1 -s) 1 +i s
Mit W 0 als Konstante maximiert man in (4.12) den Wert ftir
C0,max,
indem man
die Differenz K S -=
(l-s)" F(I) +s. I I 1 +i. (1 -s)
(4.13)
maximiert. Diese Differenz bezeichnet man als den zu einem durch das Investitionsvolumen I beschriebenen Investitionsprogramm geh6renden K a p i t a l w e r t nach Steuem. Die Bestimmungsgleichung (4.13) gibt konkret an, wie sich der Kapitalwert eines Investitionsprogramms unter Berticksichtigung yon Steuern in einer Zwei-Zeitpunkte-B etrachtung bestimmt. Dass die Fisher-Separation eine Rechtfertigung f'~" die Berechnung von Kapital-
werten zur (pr~iferenz- und anfangsverm6gensunabh~ingigen) Beurteilung der Vorteilhaftigkeit yon Investitionsprogrammen bei Abstraktion yon steuerlichen Fragen liefert, ist ebenfalls bereits im Abschnitt 1 des dritten Kapitels er6rtert worden. Ftir den hier betrachteten Ansatz zeigt sich, dass diese Implikation der Fisher-Separation a u c h unter Einbezug yon steuerlichen ()berlegungen erhalten bleibt. An-
427 schaulich l~isst sich der Kapitalwert eines Investitionsprogramms dabei weiterhin als die durch dieses Programm erzielbare Steigerung des gegenw~tigen Konsums und damit letztlich als die VermiJgenssteigerung ftir den betreffenden Unternehmer im Zeitpunkt t = 0 fiber den Startwert W 0 hinaus interpretieren, denn es gilt: 1(S = Co,max-W O.
Weil diese Verm6genssteigerung bei allgemein gleichartiger Besteuerung durch
jeden erreichbar ist, der Zugang zu dem betreffenden Investitionsprogramm hat, gibt der Kapitalwert eines Investitionsprogramms auch hier noch an, welchen Preis ein Unternehmer bei Verkauf seiner Investitionsm6glichkeit auf dem Kapitalmarkt erzielen kann: Der Kapitalwert eines Investitionsprogramms beschreibt also auf einem (bis auf die Existenz einer allgemeinen Gewinnsteuer gem~iB dem Standardmodell) vollkommenen Kapitalmarkt zugleich den bei Ver~iuBerung der entsprechenden InvestitionsmSglichkeit erzielbaren Marktwert.
Beispiel 4.6: Gegeben sei der Unternehmer aus Beispiel 4.4. Der Kapitalwert des zum optimalen Investitionsvolumen I* = 4 GE geh6rigen Investitionsprogramms bel~iuft sich wegen Fs(I*) = 3,08-4~
7,36 GE und is = 7 % auf Ks = -4+7,36/1,07 =
2,88 GE. Der maximal m6gliche unternehmerische Konsum in t = 0 bei optimaler Realinvestition betr~igt damit etwa 10+2,88 = 12,88 GE.
[]
Aus (4.13) l~isst sich natfirlich erneut die Investitionsneutralitiit der Besteuerung im Rahmen des Standardmodells bei Betrachtungsverengung auf zwei Zeitpunkte herleiten. Es gilt n~imlich: Ks =
(1 -s) 9F(I) +s-I-[1 +i'(1 -s)]" I 1 +i" (1 -s)
= (-I + F(I) ]. (1 -s)'(1 +i) k
~-
l+i)
~]-+i]
1 ~ ' il--~
1
S
1 +i.(1
-s,)
(4.14)
428 Im Vergleich zu einer Situation ohne Steuern werden damit f'tir s > 0 die Kapitalwerte aller realisierbaren Investitionsprogramme mit dem gleichen Faktor l-s/ [l+i.(1-s)] < 1 gestaucht. Bis auf den Umstand der Investitionsneutralitiit gelten all die ftir den ZweiZeitpunkte-Fall genannten Zusammenh~inge - wie bereits angedeutet - auch bei Betrachtung von m e h r als zwei Zeitpunkten, welm also yon einem Investitionsprogramm mit Einzahlungstiberschtissen z t vor Steuern in den Zeitpunkten t = 0, 1, 2 ..... T ausgegangen wird (wobei folglich z 0 = -I ist). Sofem der Vor-SteuerZinssatz f'tir alle 24 Perioden sowie fiir Anlage und Aufnahme von Mitteln einheitlich i betr~igt und das Investitionsprogramm zu Absehreibungen in H6he
yon D t
in den Zeitpunkten t = 0 ..... T f'dhrt, ermittelt sich der K a p i t a l w e r t naeh Steuern des Investitionsprogramms unter den Pr~imissen des Standardmodells wie folgt:
T Zt_S.(Zt_Dt ) @ (l_s).zt+s.Dt Ks -- ~ - z.., t=o [1 +i-(1 -S)] t t=0 [1 +i" (1 -S)] t
(4.15)
Diese Formel kann ein wenig vereinfacht werden, wenn in t = 0 eine Aktivierung des Invesfitionsobjekts in H6he der Anfangsauszahlung erfolgt, also negative Abschreibungen D O= z 0 anfallen, so dass sich der steuerpflichtige Gewinn in t = 0 auf zo-D 0 = 0 beliiuff. Damit wird aus (4.15)
T Zt_ S.(Zt_nt ) T (1-s)'zt+s'D t Ks _-- Z o + ~ - Zo+~ t=l [1 +i-(1 -S)] t t=l [1 +i.(1 -S)] t
(4.16)
Wie im Zwei-Zeitpunkte-Fall erfolgt also eine Diskontierung der Einzahlungstiberschtisse mit dem Nach-Steuer-Zinssatz i s = i'(1-s), nur dass Einzahlungen spiiterer Zeitpunkte entsprechend stiirker mit diesem Diskontierungsfaktor abgezinst werden. Im Zusammenhang mit der Modifikation des anzusetzenden Zinssatzes ftir die Diskontierung im Fall mit Steuern spricht man auch vom Zinseffekt der Gewinnbesteuerung.
24 Auf die - unproblematische - Befiicksichtigung nicht-flacher Z i n s s t r u k t u r e n werde zur Vereinfachung verzichtet.
429 Gegenstand der Abzinsung sind wie im Zwei-Zeitpunkte-Modell jeweils die Einzahlungstiberschtisse aus dem Investitionsprogramm nach Steuern, aber ohne Berticksichtigung der Zahlungskonsequenzen (inclusive induzierter Steuerzahlungen) aus Finanzinvestitionen. Diese steuerlich bedingte Modifikation der Zahlungsreihe des Investitionsprogramms nennt man auch den Volumeneffekt der Gewinnbesteuerung. Dass dabei Finanzinvestitionen in der Zahlungsreihe nach Steuern nicht auftreten, mag auf den ersten Blick tiberraschen, in der Tat ergab sich aber Entsprechendes auch schon im Rahmen der Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung, wie man leicht anhand von Gleichung (4.13) tiberprtift und tiberdies auch schon in der generellen Kapitalwertdiskussion des Abschnitts 1 des Kapitels III bei Abstraktion yon Steuem beobachten konnte. Die Ursache ftir das Nicht-Auftreten der Zahlungskonsequenzen aus Finanzinvestitionen in der Kapitalwertformel ist hierbei darin zu sehen, dass Finanzinvestitionen auch unter Beriicksichtigung ihrer Steuerwirkungen nicht zu einer Verm0gensiinderung auf Seiten des Untemehmers f'tthren. Sie bewirken nach wie vor lediglich eine Umschichtung von Konsumm6glichkeiten zwischen den einzelnen Zeitpunkten, also etwa zwischen t = 0 und t = 1. Graphisch zeigt sich dies im Rahmen einer Zwei-Zeitpunkte-Darstellung erneut daran, dass Finanzinvestitionen auch im Standardmodell zur Berticksichtigung von Steuern in der Investitionsrechnung nur eine Bewegung auf einer Kapitalmarktgeraden darstellen, nicht aber einen Wechsel zu einer h6her gelegenen erm6glichen. Anders formuliert, ist der Kapitalwert von Finanzinvestitionen stets gerade Null, und deswegen tauchen die Zahlungskonsequenzen von Finanzinvestitionen nicht explizit in den Formeln (4.13) bis (4.16) auf.
Beispiel 4.7: Ausgangspunkt der Betrachtung sei ein Unternehmer, der in t = 0 Zugang zu einem Investitionsprojekt mit einer Anfangsauszahlung yon 100 GE und einer Nutzungsdauer yon vier Perioden bis t = 4 habe. Die genauen Zahlungskonsequenzen z t des Projekts in den einzelnen Zeitpunkten t = 0 ..... 4 sind der Tabelle 4.1 zu entnehmen.
430 t
0
1
2
3
4
zt
-100
20
30
50
50
Tabelle 4.1:
Zahlungsreihe eines Investitionsprojekts fiber ffinf Zeitpunkte t = 0 ..... 4
Die Anfangsauszahlung werde (steuerlich wirksam) in t = 0 aktiviert und in vier gleichen Betr~igen linear fiber den Nutzungszeitraum abgeschrieben. Des Weiteren habe der Untemehmer Zugang zu einem Kapitalmarkt, auf dem zu einem Zinssatz i vor Steuern Mittel f'tir jeweils eine Periode angelegt oder aufgenommen werden k6nnen. Die Besteuerung erfolge gem~il3 den Pr~imissen des Standardmodells der Investitionsrechnung zur Erfassung steuerlicher Aspekte. Der Nutzen des Untemehmers wachse ceteris paribus in den unternehmerischen Konsumauszahlungen C t der Zeitpunkte t (t = 0 ..... 4) an. Der Kapitalmarktzinssatz vor Steuern sei i = 15 %, und der f'th- alle Zeitpunkte und Gewinnh6hen konstante Steuersatz betrage s = 40 %. Geprtift werden soll, ob das zugrunde gelegte Investitionsprojekt aus Sicht des Unternehmers von Vorteil ist. Gem~ig den Ausffihrungen dieses Abschnitts kann man unter diesen Pramissen die Vorteilhaftigkeit eines Investitionsprojekts unabhangig von den konkreten unternehmerischen Zeitpr~iferenzen und dem Anfangsverm6gen des Untemehmers durch Ermittlung des Projektkapitalwerts nach Steuern beurteilen. Ferner wurde gezeigt, dass zur Kapitalwertberechnung die Zahlungsreihe aus dem Investitionsprojekt nach Steuern, aber ohne explizite Berficksichtigung von Kapitalmarkttransaktionen mit dem mal3geblichen Nach-Steuer-Zinssatz zu diskontieren ist. In Tabelle 4.2 k6nnen neben den Einzahlungen z t des Investitionsprojekts in den Zeitpunkten t = 0 ..... 4, die Abschreibungen D t in diesen Zeitpunkten, der jeweilige steuerpflichtige Gewinn G t =
zt-D t
unter Vernachl~issigung von Kapitalmarkt-
transaktionen sowie schlieglich noch die Steuerzahlungen S t = s-(z,-Dt) und die Zahlungsreihe zt-S t nach Steuem abgelesen werden. Zu beachten ist, dass die
431 Aktivierung des Investitionsobjekts in t = 0 zu 100 GE als eine Zuschreibung, das heiBt negative Abschreibung, zu interpretieren ist.
t
0
1
2
3
4
zt
-100
20
30
50
50
D t
-100
25
25
25
25
zt-D t
0
-5
5
25
25
St
0
-2
2
10
10
100
22
28
40
40
zt-S t
-
Tabelle 4.2: Ermittlung der Zahlungsreihe nach Steuem (t = 0 ..... 4) Aus i = 15 % und s = 40 % ergibt sich ein Nach-Steuer-Zinssatz i s = 0,15-(1-0,4) = 9 %. Der Kapitalwert ~cs des Investitionsprojekts unter Berticksichtigung yon Steuem berechnet sich damit als r s ---100+
22 + 28 + 40 ~ - - 4 0
1,09
1,09 ~ 1,093
1,094
- 2 , 9 7 GE.
(4.17)
Das bedeutet, der Untemehmer wird durch die Durchftihrung des Investitionsprojekts in t = 0 um etwa 2,97 GE reicher: Er k6nnte in t = 0 einen Kredit in H6he von (ungefiflar) 100+2,97 = 102,97 GE aufnehmen, von diesen Mitteln 100 GE zur Bestreitung der Anfangsauszahlung ftir das Investitionsprojekt nutzen und den Restbetrag konsumtiven Verwendungen zuf'tihren. Die Rtickzahlung dieses Kredits k6nnte vollst~indig aus den kiLqftigen Einzahlungsiiberschtissen des Investitionsprojekts erfolgen. Zum Beleg dieser Behauptung sollen s~imtliche Zahlungen aus dem Investitionsprojekt und dem aufgenommenen Kredit in H6he von 102,97 GE mittels eines (einfachen) vollst~indigen Finanzplans in den folgenden Tabellen 4.3 und 4.4 abgebildet werden.
432 Zeitpunkt t Investitionszahlungen zt
t=0
t=l
-100
20
t=2
t=3
30
50
t=4 50
-2,97
+ Einlage + Kreditaufnahme
102,97
-12,73
-19,88
-33,67
-36,7
Sollzinsen
15,45
13,54
10,55
5,5
Steuerzahlungen
-8,18
-3,42
5,78
7,8
= Finanzierungssaldo Kreditstand
Tabelle 4.3:
0
0
0
0
102,97
90,24
70,36
36,69
0 025
Vollst~indige Finanzplanung bei reiner Fremdfinanzierung (generell auf zwei Stellen genau gemndete Werte)
Zeitpunkt t
t=0
t= 1
Investitionszahlungen zt
-100
20
30
50
50
-100
25
25
25
25
0
15,45
13,54
10,55
5,5
0
-20,45
-8,54
14,45
19,5
-8,181-3,42
5,78
7,8
- Abschreibungen -
Sollzinsen
= Gewinn Steuerzahlungen
Tabelle 4.4:
0
t=2
t=3
t=4
Nebenrechnung zur Ermittlung der Steuerbelastungen in t = 0 ..... 4 (generell auf zwei Stellen genau gerundete Werte)
25 In der Tat ergibt sich als Endwert ein Kreditstand von -0,01 GE. Auf den Ausweis dieser rundungsbedingten Abweichung yon 0 GE wurde der Einfachheit halber in Tabelle 4.3 verzichtet.
433 In Tabelle 4.3 sind samtliche Ein- und Auszahlungen des Unternehmens ffir die einzelnen Zeitpunkte t = 0 ..... 4 aufgelistet. Die Summe aller Zahlungen eines Zeitptmktes ergibt den Finanzierungssaldo. Dieser muss sich gemN3 der Darstellung aus dem vorhergehenden Abschnitt 3 stets auf Null belaufen. In der letzten Zeile aus Tabelle 4.3 ist der jeweils noch ausstehende Kreditbetrag des betreffenden Zeitpunktes ausgewiesen. Das Kreditvolumen reduziert sich hierbei in jedem Zeitpunkt um die vorgenommenen Tilgungen. Diese stehen in Tabelle 4.3 als negative Kreditaufnahme. Der Wert -12,73 ftir die Kreditaufnahme in t =
1 bedeutet also, dass in t = 1 eine Kredittilgung in H6he yon 12,73 GE erfolgt. Dadurch ver~indert sich der Bestand an liquiden Mitteln um +(-12,73) = -12,73 GE, er nimmt also ab. Entsprechend sind die anderen Zahlen in Tabelle 4.3 zu interpretieren. So bezeichnet die negative Einlage des Zeitpunktes t = 0 die aus Untemehmersicht m6gliche Entnahme ftir Konsumzwecke. Negative Werte fiir die Steuerzahltmgen stehen ffir Steuererstattungen seitens des Fiskus, die den untemehmerischen Kassenbestand des jeweiligen Zeitpunktes t positiv ver~indern. Die Steuerzahlungen wiederum kann man nicht unmittelbar angeben. Hierzu ist vielmehr eine Nebenrechnung zur Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns eines Zeitpunktes t erforderlich. Diese findet sich in Tabelle 4.4. Die Steuerbelastung in der letzten Zeile der Tabelle 4.4 ergibt sich hierbei als 40 % des ausgewiesenen Gewinns. Zur Entwicklung der beiden Tabellen berechnet man als Erstes ffir gegebenen Kreditstand eines Zeitpunktes t-1 die resultierenden Sollzinszahlungen (vor Steuern) des Zeitpunktes t. Mit deren Hilfe lassen sich fiber Tabelle 4.4 der steuerpflichtige Gewinn und die Steuerzahlungen im Zeitpunkt t berechnen. Letztere werden in Tabelle 4.3 zusammen mit den Sollzinszahlungen schlieglich zur Bestimmung der
in t noch m6glichen Kredittilgung genutzt. Die Tabellen 4.3 und 4.4 zeigen, dass ein Kredit yon 102,97 GE in der Tat bis t = 4 quasi exakt zurtickgezahlt werden kann. Dies bedeutet aber auch, dass sich der Unternehmer fiir beliebige Konsumpraferenzen und beliebiges Anfangsverm6-
434 gen durch die Realisation des Investitionsprojekts besserstellt als bei dessen Unterlassung: Die ca. 2,97 GE Reichtumszuwachs in t = 0 erzielt der Unternehmer narnlich auch dann, wenn er in t = 0 fiber sonstige liquide Mittel (etwa von 100 GE) verftigt, und sollte er Konsum in sp~iteren Zeitpunkten gegenfiber Konsum in t = 0 pr~iferieren, darm kann er den Zugewinn yon ungef'fihr 2,97 GE in t = 0 bis zu einem sp~iteren Zeitpunkt ohne weiteres wieder anlegen und so seinen Zukunftskonsum entsprechend ausdehnen.
[]
Bei Zugrundelegung der Annahmen des Standardmodells sind Realinvestitionen denmach stets k a p i t a l w e r t m a x i m i e r e n d zu treffen. U m den Kapitalwert der Gesamtheit aller Investitionen eines Unternehmers, also seines Investitionsprogramms, zu maximieren, sind alle Investitionsprojekte mit positivem Kapitalwert durchzuffihren. Die Summe der Kapitalwerte der einzelnen Projekte ergibt n~mlich auch in der Nach-Steuer-Rechnung den Kapitalwert der Summe dieser Projekte, das heiBt des Investitionsprogramms. Die Eigenschaft der Wertadditivitiit der Kapitalwertformel bleibt demnach ebenfalls im Rahmen des Standardmodells erhalten. Zur Verdeudichung sei ein Investitionsprogramm unterstellt, das sich aus zwei Einzelprojekten 1 und 2 zusammensetzt. Die Zahlungsreihen der beiden Projekte seien ebenfalls wie die jeweiligen Abschreibungen dutch einen hochgestellten Index "(1)" bzw. "(2)" charakterisiert. Der Kapitalwert ~:s~
des gesamten Investitionsprogramms ergibt sich dann als S u m m e der Kapitalwerte r-(1) und -~-s(2) der beiden Projekte 1 und 2: T (1 +2) KS
=
--ET t=o (1) -
( z ( 1 ) + Z t(2)) -
E t=O
KS
s" [(zt(') +zt(2)) - (Dt~ +D/2))] [1 +i' (1 - S ) ]
(l_s).z[1)+s.Dt O) § [1 +i. (1 -s)] t (25 +K S .
t
(1 - s) " z(2)+s 0 (25 t " t z.~ t=o
[1 +i. (1 -s)] t
(4.18)
435 4.4
S t e u e r p a r a d o x o n und Investitionsneutralit/it
Im Rahmen des Zwei-Zeitpunkte-Ansatzes aus dem vorhergehenden Abschnitt resultierte unmittelbar die Investitionsneutralit~it der Besteuemng. Allerdings wurde bereits weiter oben darauf hingewiesen, dass es sich hierbei keinesfalls um eine allgemeingtiltige Implikation des Standardmodells handelt. Beispiele mit fehlender Investitionsneutralitiit lassen sich n~rnlich leicht auch im Kontext des Standardmodells formulieren. Beispiel 4.8:
Gegeben seien die Annahmen aus dem vorhergehenden Beispiel 4.7. Der Kapitalwert n des Investitionsprojekts vor Steuem bestimmt sich dann als K---100+
20 + 30 + 50 § ~ 1,54 GE. 1,15 1,152 1,153 1,154
(4.19)
Dieser liegt unterhalb des Kapitalwertes far das Investitionsprojekt bei Existenz einer allgemeinen Gewinnsteuer. Ware die Anfangsauszahlung in t = 0 nun etwa um 2 GE h6her als bislang angenommen, betrtige sie also 102 GE, dann erg~ibe sich in (4.19) ein negativer Kapitalwert von ca. -0,46 GE, wahrend der Kapitalwert nach Steuern aufgrund der durch die erh6hte Anfangsauszahlung bedingten zus~itzlichen Abschreibungsm6glichkeiten ebenfalls nicht um mehr als 2 GE abn~ihme und folglich weiterhin positiv bliebe. In der Vor-Steuer-Rechnung wtirde das Investitionsprojekt folglich abgelehnt, in der Nach-Steuer-Rechnung hingegen angenommen. Das Postulat der Inves'titionsneutralit~it ist hierbei demnach verletzt.
[]
Beispiel 4.8 belegt nicht nur, dass im Rahmen des Standardmodells Investitionsneutralit~it nicht zwingend gegeben sein muss. Es zeigt iJberdies auch, dass der Kapitalwert eines Investitionsprojekts nach Steuem h6her sein kann als vor Steuern. Man spricht in diesem Zusammenhang wegen des auf den ersten Blicks kon-
436 traintuitiven Zusammenhangs vom sogenannten Steuerparadoxon. 26 Insgesamt ist damit nun auf zwei Problemkreise einzugehen. Zum einen besteht Kl~xungsbedarf hinsichtlich des Steuerparadoxons. Zum anderen stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen im Rahmen des Standardmodells Investitionsneutralit~it generell gegeben ist. Augenscheinlich sind beide Fragestellungen miteinander verkntipft. Zun~ichst soil auf die Hintergrtinde des Steuerparadoxons eingegangen werden. Danach wird die Frage der Investitionsneutralit~it eines Steuersystems n~iher behandelt. 4.4.1
Das Steuerparadoxon 27
In der einfachsten Version wird man von einem Steuerparadoxon bereits dann sprechen, wenn der Nach-Steuer-Kapitalwert ~:s fiber dem Vor-Steuer-Kapitalwert ~c liegt. Sofern nicht gerade ein Steuersystem mit ~:s - ~: vorausgesetzt wird, ist das Steuerparadoxon in dieser Form stets beobachtbar. Zur Veranschaulichung muss man lediglich zum einen wissen, dass man einen Kapitalwert ~cin der Vor-SteuerBetrachtung stets als Differenz zwischen dem Kapitalwert der Einzahlungen von t = 1 bis t = T, also dem aus Sicht des Zeitpunktes t = 0 maBgeblichen Ertragswert, und der Anfangsauszahlung A 0 bestimmen kann. Zum anderen ist wesentlich, dass sich ein Nach-Steuer-Kapitalwert ~:s als die um die Anfangsauszahlung A 0 verringerte Summe der unter Zugrundelegung yon Nach-Steuer-Zinss~itzen berechneten Kapitalwerte Arl~1~ der Nach-Steuer-Einzahlungen
(I-s)'z
1. . . . .
(1-
s)-zT und Arls(2~ der Steuerminderungen ftir t = 1 bis t = T infolge der Abschreibung der Anfangsauszahlung ergibt: ~:s
= ATls(1)+ATIs2)-A0 9
Falls nun Ks < ~c fiir
eine bestimmte zugrundeliegende Realinvestition gilt, impliziert dies AXis(1~ < A'q wegen Arl(s2) > 0. Durch Multiplikation der Einzahlungen zl ..... zT mit -1 resultiert folglich -Arl(s~ > -Arl und damit auch -~:s > -~:, das heiBt ein auf die modifizierte
26
Vgl. z.B. Grob (1989b), S. 697 ft., sowie sehr ausf'tihrlich Steiner (1980), S. 102 ff.
27 Die folgenden Ausftihrungen basieren zum Teil auf Breuer (1999c).
437 Zahlungsreihe -A 0, -z~ ..... -zr bezogenes Steuerparadoxon. Weniger trivial und auch von gr6Berer Bedeumng ist das Zusammentreffen von ns > 0 und n < 0 ftir eine Realinvestition. Im Rahmen einer Einzelentscheidung erh~ilt man hier n~imlich, dass sich ein Investitionsprojekt unter Berticksichtigung yon Steuerzahlungen als vorteilhaft erweisen kann, obwohl es vor Steuern von Nachteil ist. In derartigen F~illen soll vom S t e n e r p a r a d o x o n im engeren Sinne gesprochen werden, wSJarend das erstgenannte - allgemeinere - Szenario das Sten-
erparadoxon im weiteren Sinne bezeichne. Ein Steuerparadoxon im engeren Sinn e i s t immer genau dann konstruierbar, wenn ein Steuersystem Simationen mit ~cs > n bei ns > 0 impliziert: Eine ceteris paribus erfolgende Erh6hung der Projektanfangsauszahlung um n+e (mit ~ > 0, aber klein) ftihrt dann zu einem negativen Projektkapitalwert vor Steuem, w~ihrend der Projektkapitalwert nach Steuern infolge der zus~itzlichen Abschreibungsm6glichkeiten bei erh6hter Anfangsauszahlung um nicht mehr als n+e sinken wird und aus diesem Grunde positiv bleibt. Das Steuerparadoxon i.e.S, hat dartiber hinaus auch Bedeutung ffir Auswahlentscheidungen: Wenn der Differenzkapitalwert ~:s(~-2)der Projekte 1 und 2 nach Steue m positivist bei einem negativen Differenzkapitalwert n(~-2) vor Steuern, dann ist nach Steuern Projekt 1 gegentiber dem Projekt 2 tiberlegen, wahrend es sich vor Steuem genau anders herum verh~ilt. Schliel31ich ist die Abwesenheit von Steuerparadoxa i.e.S, infolge der gerade dargelegten Zusammenh~age notwendig und hinreichend ffir die Investitionsneutralit~it eines Steuersystems. Damit wiederum erfordert Investitionsneutralit~it insbesondere, dass ~s > ~: fiir ~:s > 0 nicht m6glich ist. Rein formal liegt die Ursache f/Jr das Steuerparadoxon auf der Hand: Der (negative) V o l u m e n e f f e k t in der Rechnung mit Steuern wird durch den (positiven) Zinseffekt tiberkompensiert. Diese l J b e r k o m p e n s a t i o n kann derart ausgepr~igt sein, dass sich ein negativer Kapitalwert vor Steuern nach Steuem ins Positive wandelt, also sogar ein Steuerparadoxon i.e.S, auftreten kann.
438 Auch inhaltlich dtirfte dieses Ph~inomen bei n~Lherer Uberlegung durchaus verst~indlich sein. Wie bereits mehrfach dargelegt, gibt der Kapitalwert generell den Verm6genszuwachs oder Zusatzkonsum (in t = 0) an, den ein Investor auf einem (bis auf die Existenz einer allgemeinen Gewinnsteuer) vollkommenen Kapitalmarkt durch die Investitionsrealisation erreicht. Ftir die Entscheidungssituation aus den Beispielen 4.7 und 4.8 ist dieser m6gliche Konsumzuwachs unter Berticksichtigung von Steuern tats~ichlich griiBer als ohne diese. Eine notwendige Voraussetzung ftir das Auftreten von Steuerparadoxa i.e.S, ist grunds~itzlich, dass die Sollzinsen auf aufgenommene Kredite steuerlich abzugsfiihig
sind. 28
Dieser Ef-
fekt kann sich derart gtinstig auswirken, dass trotz der generellen Besteuerung der Einzahlungstiberschtisse aus dem Investitionsprojekt die Einffihrung einer allgemeinen Gewinnbesteuerung dem Untemehmer ceteris paribus einen h6heren Konsum in t = 0 als in der Vor-Steuer-Rechnung erm6glicht. Falls der betrachtete Unternehmer denmach vor allem an Gegenwartskonsum interessiert ist, weil seine Gegenwartspr~iferenz sehr ausgepriigt oder aber seine Anfangsausstattung mit Konsumm6glichkeiten in t = 0 sehr gering ist, wird er tats~ichlich die Einffihrung der hier betrachteten Gewinnsteuer begriiBen.
Beispiel 4.9: Es sei im Rahmen der Entscheidungssimation aus den Beispielen 4.7 und 4.8 von einem v611ig mittellosen Umernehmer mit alleinigem Wunsch zu Konsum in t = 0 ausgegangen. Dieser Untemehmer wird die ceteris paribus erfolgende Einftihrung der Gewinnbesteuerung wegen der M6glichkeit, seinen Konsum in t = 0 yon etwa 1,54 GE auf ca. 2,97 GE zu steigern, zweifelsfrei ftir sich als vorteilhaft ansehen.
28 Vgl. hierzu Anhang 1 zu diesem Abschnitt.
[]
439 Die gerade beschriebene M6glichkeit zur Vorteilhaftigkeit der Einftihrung einer Gewinnbesteuemng aus Sicht eines Steuersubjekts wird zuweilen tibersehen. 29 Die obigen Ausf'tihrungen implizieren allerdings nieht, dass im Rahmen des hier betrachteten Entscheidungsproblems die Einffihrung einer Gewinnsteuer ftir den Unternehmer stets von Vorteil ist. Zum einen wird die Einftihrung einer Gewirmbesteuerung Einfluss nehmen auf die Real- und Finanzinvestitionsvolumina und damit auf den am Kapitalmarkt herrschenden Zinssatz i, so dass man zum Vergleich der beiden Situationen ohne und mit einer Gewinnbesteuerung nicht einfach jeweils den gleichen Vor-Steuer-Zinssatz ansetzen k6nnen wird. 3~ Zum anderen kann es aber sogar bei Konstanz von i sein, dass sich der Unternehmer durch die Einftihnmg einer Gewinnbesteuerung sehleehterstellt, obwohl der Kapitalwert des Investitionsprojekts in der Nach-Steuer-Rechnung griiBer als in der Vor-Steuer-Rechnung isc
Beispiel 4.10: Zur Verdeutlichung sei angenommen, dass der in den Beispielen 4.7 und 4.8 betrachtete Unternehmer fiber eine Anfangsausstattung von 100 GE in t = 0 verftigt und lediglich in t = 4 Konsumausgaben t~itigen m6chte. In t = 0 bel~iuft sich sein verbleibendes liquides Verm6gen nach Leistung der Anfangsauszahlung, aber vor Durchfiihrung von Finanzinvestitionen sowohl bei Rechnung mit als auch ohne Steuern stets auf 0 GE. Die jeweiligen Einzahlungstiberschtisse aus der Investition, zt bzw. zt-St, legt er bis t = 4 zu i = 15 % bzw. i s = 9 % an. Ohne Gewinnbesteuemng resultiert damit ftir ihn in t = 4 ein konsumierbares Endverm6gen von 20"1,153+30'1,152+50-1,15+50 ~. 177,59 GE.
(4.20)
Mit Gewinnbesteuerung hingegen kommt der Unternehmer bis t = 4 nur auf einen Endwert in H6he von 22.1,093*28.1,092+40.1,09+40 ~- 145,36 GE.
(4.21)
29
Vgl. etwa die Ausftihrungen zum Steuerparadoxon in Franke/Hax (2004), S. 212.
30
Vgl. zur Frage, inwiefern die Einf'tihrung von Steuern den gleichgewichtigen Kapitalmarktzinssatz beeinflusst, sehr ausftihrlich Sinn (1985).
440 In der Tat w/ire es nun f'tir den Unternehmer weitaus besser, wenn es keine Gewinnbesteuerung giibe.
c4
177,59
l
145,36
I
lOl,54
lO2,97
Co
Abbildung 4.2: Konsumm6glichkeiten in t = 0 und t = 4 ohne (G 0)) und mit ( G (2)) Steuern (Skizze; gerundete Werte)
Ftir die hier betrachtete Entscheidungssituation k6nnen die unterschiedlichen W o h l f a h r t s k o n s e q u e n z e n aus der Einfiihrung der Gewinnbesteuerung je nach Zielgr6Be (Gegenwartskonsum C Ooder Zukunftskonsum C4) gut graphisch dargestellt werden. Die Kapitalmarktgerade G (1) in Abbildung 4.2 gibt alle erreichbaren Kombinationen yon Konsum in t = 0 und t = 4 an, die der Untemehmer fiir C~ = C2 = C3 = 0 GE bei einer Verm6gensanfangsausstattung yon 100 GE in t = 0 und Fehlen einer Gewinnbesteuerung erreichen kann. Die Gerade G (2) gibt die entsprechenden Konsumkombinadonen f'tir den Fall an, dass die bier beschriebene Gewinnsteuer erhoben wird (und i dabei konstant bleibt). Man erkennt unmittelbar, dass in der Vor-Steuer-Betrachtung h6here Werte ftir C 4 und in der N a c h - S t e u e r - B e t r a c h t u n g h6here Werte fiir C Oerreicht werden k6nnen. Letzteres beschreibt gerade das Auftreten des Steuerparadoxons. Eine allgemeingiiltige Beurteilung der Wohlfahrtskonsequenzen aus der Einfiihrung der bier betrachteten
441 Gewinnsteuer ist gem~iBAbbildung 4.2 indes nicht m/3glich. Entscheidend hierftir ist, dass sich die beiden Geraden schneiden. Als Schnittpunkt ergibt sich konkret (ungef~tr) (C0;C1) = (95,56;10,46). Ein Unternehmer, der nach Einftihrung der Gewinnsteuer einen Gegenwartskonsum Co unterhalb von 95,56 GE anstrebt, also einen Punkt auf der Kapitalmarktgeraden G (z) links vom Schnittpunkt mit der Geraden G (~) realisiert, hat sich durch durch die Einftihrung einer Gewinnsteuer bei unver~indertem Kapitalmarktzinssatz i (vor Steuern) aufjeden Fall verschlechtert. Vor Einftihrung der Gewinnsteuer w ~ e n n~imlich f'tir ihn Konsumpositionen auf der Geraden G (J) erreichbar gewesen, die simultan h6here Werte f'tir C Ound Cj er6ffneten, als auf G ~) ftir C O< 95,56 GE erreichbar sind. Derartige Konsumpl~ine finden sich auf der Geraden G ~) links vom Schnittpunkt mit G (2). Aus einer entsprechenden Uberlegung heraus ist augenscheinlich, dass ein Unternehmer, der in der Situation ohne Gewinnbesteuerung einen Punkt auf der Geraden G (1) reehts vom Schnittpunkt mit G (2) als optimal empfindet (also C o gr6Ber als 95,56 GE wSlalte), durch die Einfahrung der Gewinnsteuer bei konstantem Kapitalmarktzinssatz i vor Steuern eine Verbesserung erf~ihrt: Auf der Geraden G (2) befinden sich reehts vom Schnittpunkt mit G (1) immer Konsumkombinationen (C0;C 0, die in beiden Komponenten besser sind als der vom Untemehmer auf G (1) gew~ihlte Konsumplan (mit Co > 95,56 GE). Vereinfacht gesprochen, dominiert die Gerade G (1~die Gerade G (2) unter der Voraussetzung C o < 95,56 GE und wird v o n G (2) ihrerseits fur Co > 95,56 GE dominiert. Deswegen ist nur dann ohne wei-
tere Informationen zur unternehmerischen Nutzenfunktion keine eindeutige Aussage zu den Wohlfahrtskonsequenzen aus der Einftihnmg der Gewinnsteuer (bei konstantem Kapitalmarktzinssatz i) m6glich, wenn der Untemehmer ohne Steuern C O< 95,56 GE w~hlt und mit Steuern C O> 95,56 GE. Graphisch bedeutet dies, dass er von einem Punkt auf dem linken TeilstUck yon G (1) zu einem Punkt auf dem rechten Teilstfick von G (2) wechselt. Je nach genauer Lage der Indifferenzkurven des Unternehmers kann dies f'tir ihn eine Nutzenverbesserung oder Nutzenverschlechterung bedeuten. Offensichtlich ist in jedem Fall, dass die Einf'tthrang einer Gewinnsteuer (bei konstantem Zinssatz i) nicht yon allen Marktteilnehmern in gleicher Weise beurteilt wird.
[]
442 Die Ursache ftir das Resultat aus dem vorhergehenden Beispiel 4.10 ist oftenkundig: Ftir Subjekte, die am Kapitalrnarkt vornehmlich Anlagen t~itigen, resultiert als Folge der Gewilmbesteuerung nicht nur ein geringerer Einzahlungstiberschuss nach Steuern aus der Investition, sondern tiberdies ergeben sich auch noch geringere Ertr~ige aus Kapitalmarktanlagen. Insbesondere Entscheidungstr~iger mit hoher Zukunftspr~iferenz oder hoher Vermiigensanfangsausstattung in t = 0 werden deshalb durch die Gewilmbesteuerung in der Regel Wohlfahrtseinbugen erfahren.
4.4.2
Investitionsneutrale Besteuerung
4.4.2.1
Ertragswertabschreibung im Standardmodell
Steuerparadoxa i.e.S, k6nnen je nach Art der Besteuerung auftreten, sie miissen es aber nicht. Letzteres gilt selbst dann, wenn die notwendige Bedingung f'tir das Auftreten yon Steuerparadoxa i.e.S., n~nlich die steuerliche Abzugsf~ihigkeit yon Sollzinsen, erftillt ist. Entscheidend ist hierbei n~nlich noch die Art der Absehreibung. Wir haben schon gesehen, dass im Zwei-Zeitpunkte-Fall mit D o = -I und D~ = I Investitionsneutralit~it herrscht. Investitionsneutralit~it erhNt man tiberdies generell sogar im Mehr-Perioden-Fall, wenn die Abschreibung auf sogenannte
Ertragswerte effolgt. 31 Im Rahmen der Ertragswertabschreibung geht es nicht datum, die Anfangsauszahlung aus einer Investition auf die Projektnutzungsdauer zu verteilen. Aus diesem Grunde ist weder die Summe der Abschreibungen noch ihr Kapitalwert zwingend gleich der Anfangsauszahlung. Vielmehr besteht der Ansatzpunkt in der Betrachtung des jeweiligen Kapitalwerts der noch ausstehenden ktinftigen Einzahlungen aus einem Investitionsprojekt.
31 Wichtige Arbeiten zur Relevanz der Ertragswertabschreibung gehen auf Johansson (1961, 1969) und Samuelson (1964) zurtick.
443 Der Kapitalwert zum Zeitpunkt t der aus Sicht dieses Zeitpunktes kiJnftigen Projekteinzahlungen zt+1..... z v bis zum Ende des Planungshorizonts T wurde bereits in einem frtiheren Abschnitt als E r t r a g s w e r t Tit definiert. Dieser Ertragswert beschreibt, m o n e t ~ ausgedrtickt, die noch im Projekt vorhandenen Nutzungsmiiglichkeiten zum Betrachtungszeitpunkt t. In dem Mal3e, wie sich dieser Ertragswert von Periode zu Periode verringert, verliert ein Investitionsprojekt an Wert und sollte dementsprechend abgeschrieben werden. Statt die Anfangsauszahlung auf die Jahre der Projektnutzung zu verteilen, geht es demnach hierbei um die Erfassung der monetaren Wertmindemng von Investitionsprojekten im Zeitablauf.
Beispiel 4.11:32 Betrachtet sei ein Investitionsprojekt mit der folgenden Zahlungsreihe ftir t = 0, .... 4 gem~il3 Tabelle 4.5.
t
0
1
2
3
4
Zt
-100.000
35.157
24.764
25.735
35.491
Tabelle 4.5: Zahlungsreihe eines Investitionsprojekts (t = 0 ..... 4) Der Kapitalmarktzinssatz vor Steuern sei i = 8 %. Den Ertragswert des Zeitpunkt e s t = 0 erhalt man, indem man die Einzahlungen der Zeitpunkte t = 1 bis t = 4 auf den Zeitpunkt t = 0 abzinst. Es gilt also: 35.157 24.764 25.735 35.491 rl0 - - ~ + +- ~ 100.300,134 GE.
1,08
1,08 z
1,083
1,084
(4.22)
In entsprechender Weise lassen sich die anderen Ertragswerte ~t (t = 1, 2, 3) berechnen. Beispielsweise gilt ftir den Ertragswert TI2 des Zeitpunktes t = 2:
32 Das folgende Zahlenbeispiel ist an
Wagner/Wissel (1995) angelehnt. Entsprechendes gilt far die auf Beispiel 4.11 aufbauenden Beispiele 4.12, 4.14 sowie 4.17.
444 25.735 35.491 r12 -- - §- ~ 54.256,516 GE. 1,08 1,08 z
(4.23)
In Tabelle 4.6 sind sgrntliche Ertragswerte ]]t (t = 0 ..... 3) zusammengefasst. Der Ertragswert ]]4 des Zeitpunktes t = 4 bel~iuft sich nattirlich auf 0 GE, da es vollst~indig an zukfinftigen Einzahlungstiberschtissen mangelt. Im gleichen Mage, wie sich der Ertragswert des betrachteten Investitionsprojekts verringert, reduziert sich der Marktwert der mit dem Investitionsprojekt jeweils noch verbundenen ktinftigen Einzahlungen. Die hieraus resultierenden Abschreibungen D t eines Zeitpunkt e s t = 0 ..... 4 ergeben sich als Differenzen qt.~-rlt. Auch diese Werte k6nnen aus Tabelle 4.6 abgelesen werden.
t
0
1
2
3
4
~t
100.300,134
73.167,144
54.256,516
32.862,037
0
Dt
-100.300,134
27.132,99
18.910,628
21.394,479
32.862,037
Tabelle 4.6:
Projektertragswerte und Abschreibungenje nach Betrachtungszeitpunkt t = 0 ..... 4 (generell auf drei Stellen genau gerundet)
Im Zusammenhang mit der Bestimmung von D O= rl.l-q0 ist dabei von dem fiktiven Wert rl_l = 0 GE auszugehen, so dass sich ffir den Zeitpunkt t = 0 eine Zuschreibung, also Aktivierung des Investitionsobjekts, gem~ig seinem Ertragswert, das heil3t der Summe aus Anfangsauszahlung und Projektkapitalwert, ergibt. Ein generelles Zeichen der Ertragswertabschreibung bei Voraussetzung eines Investitionsprojekts mit positivem Kapitalwert ist, dass in t = 0 eine um den Projektkapitalwert fiber die Anfangsauszahlung hinausgehende Aktivierung erfolgt, insofern also ein Verstog gegen das Anschaffungswertprinzip vorliegt. Nach diesem sind bilanzielle Wertausweise ffir Investitionsobjekte nur bis maximal zur H6he der Anfangsauszahlung zul~issig. Fiir interne Rechensysteme ist dieses Prinzip natfirlich ohne Bedeutung.
[]
445 Nimmt man nun an, dass steuerrechtlich Abschreibungen trotz des Verstol3es gegen das Anschaffungswertprinzip gem~il3 den Vor-Steuer-Ertragswerten anerkannt werden, dann gelangt man zu dem bemerkenswerten Ergebnis, dass sich bei Ausschluss der Besteuerung der tiber A 0 in t = 0 hinausgehenden Zuschreibung in der Nach-Steuer-Rechnung stets der gleiche Kapitalwert wie in der Vor-Steuer-Rechnung ergibt. 33
Beispiel 4.12: Es sei an dem Investitionsprojekt aus Beispiel 4.11 angekntipft und altemativ ein Steuersatz s(1~= 40 % bzw. s(2~= 30 % unterstellt. Mit Abschreibungen gem~il3 Tabelle 4. 6 gelangt man zu den in Tabelle 4. 7 dokumentierten steuerlich relevanten
Gewinnausweisen G t
= zt-D t
(unter zul~issiger Vemachl~issigung von Zahlungs-
str0men aus Finanzinvestitionen) und schliel31ich zu den ebenfalls in Tabelle 4. 7 abgetragenen Steuerzahlungen SI~) =
t
1
s(1)'Gt
2
bzw. Sl 2) = s (2)'G t.
3
4
Gt
8.024,01
5.853,372
4.340,521
2.628,963
S~~
3.209,604
2.341,349
1.736,208
1.051,585
SI2~
2.407,203
1.756,012
1.302,156
788,689
Tabelle 4. 7:
Gewinnausweise und Steuerbelastungen bei Ertragswertabschreibung f'ttr s(1) = 0,4 und s(2) = 0,3 (auf drei Stellen genau gertmdete Werte)
33 Der etwas mtihselige Nachweis dieses Umstands kann dem Anhang 2 zu diesem Abschnitt entnommen werden.
446 Man prtift leicht, dass sich der steuerpflichtige Gewinn
Gt
eines Zeitpunktes t
gem~il3 Tabellen 4.6 und 4.7 gerade als rlt_l .i, also als mit dem Vor-Steuer-Kapitalmarktzinssatz i verzinster Ertragswert der Vorperiode, ergibt. Die Gr613e tit_1-i nennt man "iikonomiseher Gewinn". Denn solange sich Entnahmen nur auf die H6he des 6konomischen Gewinns belaufen, bleibt der Ertragswert der untemehmerischen Einzahlungen konstant, es kommt zu keinem "Substanzverlust". Dieser Aspekt spielt im Rahmen unserer Betrachtung keinerlei Rolle. Erw~ihnenswert ist aber, dass die Konzeption der Ertragswertabschreibung zur Besteuemng gerade des 6konomischen Gewinns ftihrt. 34 Auf der Grundlage von Tabelle 4. 7 kann nun jedenfalls die Projektzahlungsreihe zt-S(t1) bzw. zt-S(t2~ nach Steuern in Abh~ingigkeit vom unterstellten Steuersatz bestimmt werden. Die resultierenden Werte sind in TabeUe 4.8 aufgefiihrt.
t
0
1
2
3
4
zcSl 1~
-100.000
31.947,396
22.422,651
23.998,792
34.439,415
zt-S(t2~
-100.000
32.749,797
23.007,988
24.432,844
34.702,311
Tabelle 4.8:
Projektzahlungsreihe nach Steuernje nach unterstelltem Steuersatz (auf drei Stellen genau gerundete Werte)
Der Kapitalmarktzinssatz bel~iuft sich nach Steuem entweder auf i'(1-s (1)) = 4,8 % oder auf i'(1-s (2~) = 5,6 %. Damit l~isst sich nun der Projektkapitalwert nach Steuern sowohl f'tir s (1) = 0,4 als auch s (2) = 0,3 ermitteln:
34
Vgl. zum 6konomischen Gewinn auch Neus (2005), S. 367 ft. Der Nachweis, dass bei Ertragswertabschreibung letztlich der 6konomische Gewinn Gegenstand der Besteuerung ist, findet sich tibrigens als Nebenergebnis im Anhang 2 zu diesem Kapitel.
447 (1)
Ks
=
-100.000+
31.947,396 22.422,651 23.998,792 + + 1,048 1,0482 1,0483
34.439,415 1,0484
= 300,13 GE, (2)
Ks
=-100.000+
(4.24)
32.749,797 1,056
+
23.007,988 1,0562
§
24.432,844 1,0563
34.702,311 1,056 a
= 300,13 GE.
In der Tat erh~ilt man demnach ffir beide Steuers~itze den gleichen Nach-SteuerKapitalwert von ungef'Lhr 300,13 GE, wobei dieser tiberdies dem Vor-Steuer-Kapitalwert entspricht. Es gilt nSxnlich: K = -100.000+ 35.157 + 24.764 + 25.735 + __35"491 ~ 300,13 GE. 1,08 1 , 0 8 2 1 , 0 8 3 1,084
(4.25)
Investitionsneutralit~it ist damit wegen der Steuersatzunabh~ingigkeit von Projektkapitalwerten hier unmittelbar gegeben.
[]
Bei steuerrechtlicher Anerkennung von Ertragswertabschreibungen ist der Kapitalwert eines Projekts vor Steuern demnach mit dem nach Steuern identisch. Auch der Ertragswert eines Investitionsprojekts nach Steuern entspricht in jedem Zeitpunkt t dem vor Steuern. Insofern ist es in der Tat gerechtfertigt, unter den hier geltenden Pr~imissen den "Wert" eines Investitionsprojekts trotz der Existenz von Steuerzahlungen fiber den Vor-Steuer-Ertragswert zu berechnen. Sofern die in t = 0 fiber die Anfangsauszahlung hinausgehende Zuschreibung der Besteuerung unterliegt, ist der Nach-Steuer-Kapitalwert natarlich nicht mehr mit dem Vor-Steuer-Kapitalwert identisch. Vielmehr kommt es zur De-facto-Besteuerung des Kapitalwertes und damit zu der Beziehung ~s = (1-s)-~c. Die Rangfolge aller Investitionsprojekte bleibt freilich auch hier erhalten. Investitionsneutralit~it ist demnach auch in diesem modifizierten Steuersystem sowohl far Einzel- als auch Auswahlentscheidungen gegeben. Steuerparadoxa im engeren Sinne sind ebenfalls selbst bei Z u s c h r e i b u n g s b e s t e u e r u n g nicht m/3glich. Steuerparadoxa im
448 weiteren Sinne treten im Zusammenhang mit negativen Kapitalwerten ~: von Investitionsprojekten freilich auf, da dann ~:s = ( l - s ) . : > ~c gilt. Obschon durch Ertragswertabschreibungen im Rahmen des Standardmodells zur Investitionsrechnung Investitionsneutralit~it gew~arleistet ist, wird die intertemporale Konsumallokation eines Unternehmers durch die Einftihrung der Besteuerung in aller Regel aber ceteris paribus sehr wohl beeinflusst.
Beispiel 4.13: Betrachtet sei einmal mehr der Unternehmer aus Beispiel 4.4. Das steuerrechtlich zul~issige Abschreibungsverfahren sei nun aber die Ertragswertabschreibung, wobei Zuschreibungen fiber die Anfangsauszahlung hinaus in t = 0 keine Steuerzahlungen ausl6sen sollen. Der Ertragswert vor Steuern eines Investitionsprogramms mit Investitionsvolumen I bel~iuft sich aus Sicht von t = 0 auf F(I)/(l+i). Der zu versteuernde Gewinn des Unternehmers in t = 1 betr~igt damit F(I)-F(I)/(I+i) = i-F(I)/(l+i), da der Ertxagswert in t = 1 vollst~aadig abzuschreiben ist. Aus diesem Gmnde ergeben sich fur den Unternehmer in t = 1 Einzahlungen nach Steuern von Fs(I) --- F(I)-s[i.F(I)/(l+i)l = [ 1+i.(1-s)] -F(I)/(1 +i). Das optimale unternehmerische Investitionsvolumen ist weiterhin durch die Gleichsetzung der Steigung der Transformationskurve, -Fs'(I) = -[l+i-(1-s)]. F'(I)/(l+i), mit -(l+is) = -[l+i.(1-s)] gekennzeichnet. Hieraus folgt sofort [1 +i. (1-s)] . F' (I) ! = -[1 +i-(1 -s)] 1 +i
(4.26)
'=' F'(I) -- l+i und damit (nattirlich) Investitionsneutralit~it sowie folglich das gleiche optimale Investitionsvotumen I* = 4 GE des Unternehmers wie schon im Beispiel 1.2 des
449 Abschnitts 1 aus dem vorhergehenden Kapitel. 35 Der Startpunkt der hieraus resultierenden Kapitalmarktgeraden ist (C0;C1) = (6;8,56), die zugeh6rige Geradengleichung folglich C1 - 14,98-1,07 s
Sie liegt wegen der gtinstigeren Abschrei-
bungsm6glichkeiten dabei welter auBen als die ffir D 1 = I im Rahmen des Beispiels 4.4 resultierende Kapitalmarktgerade. Als optimale tmternehmerische Konsumentscheidung erh~ilt man schlieBlich C o = 4,2 GE sowie C~ = 10,486 GE. Bei gleichem Wert fOx den unternehmerischen Konsum des Zeitpunktes t = 0 wie im Fall ohne Steuern resultiert folglich (natfirlich) ein niedrigerer Wert f'ttr den Konsum des Unternehmers im Zeitpunkt t = 1 in der Situation mit Steuern. Konsumneutralitiit ist daher weder im engeren noch im weiteren Sinne gegeben. [] Fehlende Konsumneutralit~it im Zusammenhang mit Ertragswertabschreibungen ist kein sehr fiberraschendes Ergebnis, wie man sich anhand der dem vorhergehenden B eispiel 4.13 zugrundeliegenden Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung leicht klarmachen kann. WS.hrend der Unternehmer im Fall ohne Steuern fiber eine relevante Kapitalmarktgerade mit Steigung -(l+i) verft~gt, liegt die Steigung der relevanten Kapitalmarktgeraden im Fall mit Steuem bei -[l+i.(1-s)]. Des Weiteren ist der Abszissenabschnitt bei beiden Kapitalmarktgeraden in gleicher Weise fiber Wges - W0+F(I)/(1 +i) gegeben, da der Kapitalwert des zum Investitionsvolumen I* geh6rigen Investitionsprogramms vor und nach Steuern identisch ist. Damit liegt die aus Unternehmersicht optimale Kapitalmarktgerade im Fall mit Steuem eindeutig weiter innen, 36 und sobald in der Vor-Steuer-Betrachtung C~ > 0 gilt, kann Konsumneutralitgt i.e.S, daher schon nicht mehr gegeben sein. Konsumneutralit~t im weiteren Sinne wiirde erfordem, dass die EinfOhrung der Besteuerung dazu ftihrt, dass sich die optimalen unternehmerischen Konsumniveaus in t = 0 und t = 1 durch die Besteuerung um den gleichen Prozentsatz
35
Es sollte darauf hingewiesen werden, dass das Ergebnis g e m ~ (4.26) keineswegs schon im Rahmen yon (4.9) vorweggenommen wurde, da die Gesamth6he der Abschreibungen in beiden F~illen grundlegend verschieden ist.
36 Vgl. hierzu Abbildung 4.3.
450 reduzieren (oder erh6hen). Das wiederum impliziert, dass alle je nach Steuersatz m/Sglichen Konsumoptima im Rahmen eines (C0;C1)-Diagramms auf einer Geraden durch den Ursprung liegen, da entlang einer derartigen Geraden die Konstanz yon C1/C0 gegeben ist. Dies k6nnte h6chstens zuf~illig der Fall sein. Far die im vorhergehenden Beispiel 4.13 verwendete Cobb-Douglas-Nutzenfunktion
etwa
ist bekannt, dass die durch die einzelnen Punkte einer Geraden aus dem Ursprung verlaufenden Indifferenzkurven s~imtlich fiber die gleiche Steigung verffigen. 37 Dann k6nnen sie aber naturgem~ig nicht s~imtlich tangential zu Kapitalmarktgeraden mit variierender Steigung - [ 1+i -(1- s)] sein, wie man aus Abbildung 4.3 erkennt. 38 Insofern muss man sich damit begnfigen, dass wenigstens Investitionsneutralit~it gew~hrleistet ist. 39
37
Vgl. hierzu etwa Varian (2004), S. 100 f. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Vorliegen h o m o t h e t i s e h e r Priiferenzen. Siehe hierzu des Weiteren Varian (1994), S. 146 f., oder Mas-Colell/Whinston/Green (1995), S. 45.
38
Die besonderen Eigenschaften der Cobb-Douglas-Nutzenfunktion implizieren tiberdies, dass der optimale unternehmerische Konsum des Zeitpunktes t = 0 im Falle der steuerrechtlichen Zul~issigkeit der Ertragswertabschreibung unabhiingig vom Steuersatz s und damit vor und nach Steuern identisch ist. Auch diese "partielle" K o n s u m n e u t r a l i t i i t ist also keineswegs eine allgemeingfiltige Implikation der Ertragswertabschreibung.
39
Die gerade dargelegten ZusammenhS_nge belegen dabei zugleich nochmals etwas ausfiihrlicher, warum auch fth" den Fall D o = -I, D l = I, wie er etwa im Beispiel 4.4 behandelt worden ist, keine K o n s u m n e u t r a l i t i i t vorliegt. Die in diesem Kontext resultierende Kapitalmarktgerade verl~iuft n~imlich zum einen wegen der ungfinstigeren Abschreibungsm6glichkeiten ffir jeden Steuersatz s weiter innen als die korrespondierende Kapitalmarktgerade bei Ertragswertabschreibung und liegt zum anderen aber stets parallel zur letztgenannten. Erneut k6nnen die ffir variierenden Steuersatz resultierenden Konsumoptima nur zuf~illig alle auf einer Geraden durch den Ursprung liegen.
451 C1
G (2)
Wos
Co
Y
I*
A bbildung 4.3: Relevante Kapitalmarktgeraden ohne (G0)) und mit (G (2)) Steuern bei Ertragswertabschreibung Wenngleich sich bei Zul~ssigkeit von Ertragswertabschreibungen generell Investitionsneutralit~t im Rahmen des Standardmodells zur Erfassung steuerlicher Aspekte in der Investitionsrechnung nachweisen l~sst, findet diese Art der Besteuerung steuerrechtlich in praxi keinerlei Anerkennung. Neben dem formalen Problem eines Verstoges gegen das Anschaffungswertprinzip ist vor allem inhaltlich bedeutsam, dass die Abschreibungen gem~ig der Sch~itzung yon Ertragswerten auf der Grundlage kiJnftiger Einzahlungstibersch[isse erfolgen und sich der Fiskus hierbei auf die Angaben des Steuersubjekts verlassen mtisste. Mit anderen Worten mangelt es an der M6glichkeit der intersubjektiven Nachpriifbarkeit fiir die der Abschreibung zugrunde gelegten Ertragswerte, so dass der unternehmerischen Willkiir hier Ttir und Tor ge6ffnet wird. Die Summe aller Abschreibungen in den Zeitpunkten yon t = 1 bis t = T entspricht dabei zwingend stets dem in t = 0 als Anfangswert des jeweiligen Investitionsobjekts genutzten Ertragswert dieses Zeitpunktes, wie er vom Untemehmer gemeldet wird. Sofern Zuschreibungen tiber die Anfangsauszahlung in t = 0 hinaus nicht zu Steuerzahlungen ffihren k~innen, w ~ e es f'fir den jeweiligen Unternehmer daher am besten, in t = 0 einen m6glichst
452 hohen (fiktiven) Ertragswert anzugeben und so m6glichst viel "Abschreibungspotential" zu schaffen. Schon dieser Verhaltensfehlanreiz spricht daftir, auch bereits in t = 0 Steuerzahlungen im Umfang s-(z0-D0) vorzusehen. Unter dieser PrSanisse wiederum wS_re es ilia" den Untemehmer von Vorteil, in t = 0 einen m6glichst niedrigen Ertragswert zu behaupten. Akzeptiert der Fiskus mit Hinweis auf ansonsten in Kauf genommene Verm6gensverluste auf Seiten des Untemehmers nur Ertragswertangaben in H6he von mindestens der Anfangsauszahlung in t = 0, 4o dann wird der Unternehmer genau diese Angabe t~itigen. Trotz der grunds~itzlichen Voraussetzung yon Ertragswertabschreibungen wtirde somit in t = 0 eine generelle Aktivierung yon Investitionsobjekten gem~iB dem Anschaffungswertprinzip erfolgen. Es bliebe allerdings ein Anreiz fOx den Unternehmer, schon im Zeitpunkt t = 1 zu behaupten, dass sich der Ertragswert auf Null (oder noch besser ins Negative) aufgrund ver~nderter Ertragsaussichten reduziert hat, um auf diese Weise m6glichst groBe Steuerminderungen durch entsprechend hohe Abschreibungen zu erreichen. Deswegen wird sich der Fiskus auch bei Besteuerung von Zuschreibungen im Zeitpunkt t = 0 nicht auf die Angaben des Unternehmers zur Ertragswertentwicklung einlassen k6nnen, sondern es w ~ e die formalisierte Nutzung yon Fiktionen zum zeitlichen Verlauf von Ertragswerten erforderlich. Beispielsweise k0nnte eine praktikable Fiktion gem~iB dem Prinzip vom unzureichenden Grunde 41 darin bestehen, dass sich der mit einem Investitionsobjekt verbundene Ertragswert in jeder Periode in gleicher Weise reduziert. Man k~ime damit auf ganz "nattMichem" Wege zur Rechtfertigung linearer Abschreibungen auf
40
Der Fiskus k6nnte sich also auf den Standpunkt stellen, dass der Unternehmer freiwillig keine Projekte mit negativem Kapitalwert durchftihren wird, der Ertragswert eines Investitionsprojekts also mindestens seiner Anfangsauszahlung entsprechen muss.
41
Dieses Prinzip ist auch als Laplace-Prinzip bekannt. Vgl. hierzu generell z.B. Wollenhaupt (1982), S. 85 ff. Konkret auf das hier betrachtete Problem bezogen, wiirde man auf der Grundlage dieses Prinzips behaupten, dass man wegen fehlender entgegenstehender Informationen yon einem gleichm~iBigen Abbau des in t = 0 angesetzten Ertragswerts bis t = T ausgehen sollte.
453 Anschaffungswerte.42 Von der urspru'nglichen Idee der Ertragswertabschreibung (und der damit implizierten Investitionsneutralit~it) ware allerdings nichts tibriggeblieben. Augenscheinlich erweisen sich Ertragswertabschreibungen damit f'tir praktische Zwecke als recht wenig geeignet.
4.4.2.2
Cashflow-Besteuerung
Einfachere und auch weniger manipulationsanf'~illige Mtiglichkeiten zur GewS_hrleistung der Investitionsneutralit~it ergeben sich insbesondere dann, wenn man den Kontext des Standardmodells verl~isst.43 Im Rahmen der sogenannten CashflowSteuer 44 etwa ergibt sich der Gewinn
Gt
eines Zeitpunktes t einfach als Saldo
aller Ein- und Auszahlungen aus Real- und Finanzinvestitionen zu einem Zeitpunkt t. Dies impliziert zum einen, dass die Anfangsauszahlung eines Investitionsprojekts unmittelbar erfolgswirksam wird und in zuktinftigen Zeitpunkten keine Abschreibungen verrechnet werden. Man spricht hierbei auch von einer sogenannten Sofortabschreibung, da das betreffende Investitionsobjekt gar nicht erst steuerlich wirksam aktiviert wird. Genauer formuliert wird die obligatorische Zuschreibung des Zeitpunktes t = 0 in H6he yon A 0 unmittelbar durch eine Abschreibung in gleicher H6he kompensiert. In der Tat gilt demnach D O= D 1 . . . . .
DT
= 0. Zum anderen werden im Rahmen von Finanzinvestitionen nicht nur Habenund Sollzinsen, sondern auch Auszahlungen zum Erwerb yon Wertpapieren und Zufltisse aus Tilgungen und Wertpapierverk~iufen besteuert. S~imtliche im Zusammenhang mit Investitionen veranlassten Ein- und Auszahlungen unterliegen somit der Besteuerung. Gerade deswegen spricht man von einer Cashflow-Steuer.
42
Vgl. zur Interpretation bilanzieller Wertans~itze unter Ertragswertaspekten etwa Ordelheide (1988, 1989, 1998).
43
Vgl. zu einer generellen Diskussion der Eigenschaften investitionsneutraler Besteuerung mit zahlreichen Literaturhinweisen insbesondere K6nig (1997).
44
Auf die Investitionsneutralit~it der Cashflow-Steuer wurde wohl zum ersten Mal in Brown (1948) hingewiesen.
454 Mit
Ct
als den untemehmerischen Konsumauszahlungen, z t als dem Einzahlungs-
tiberschuss eines Zeitpunktes t aus Realinvestitionen und ft als dem Einzahlungstiberschuss aus Finanzinvestitionen gilt notwendigerweise
Ztq-ft-Ct-s'(Zt'l-ft) =
0 in
jedem Zeitpunkt t. Die Einzahlungstiberschtisse z t u n d ft sind dabei in der Tat als Salden der Einzahlungen aus Real- bzw. Finanzinvestitionen und der entsprechenden Auszahlungen (auch ftir neue Investitionen) zu verstehen. Eine Ausdehnung des Konsums C tist daher ceteris paribus nur mtiglich, wenn z t und/oder ft erh6ht werden, was gleichbedeutend mit verringerten investiven Auszahlungen ist. Diese Erh6hung von z t und/oder ft l~isst die Bemessungsgrundlage der CashflowSteuer im betreffenden Zeitpunkt in entsprechender Weise ansteigen. Deswegen mtissen die investiven Auszahlungen ftir jede Geldeinheit Mehrkonsum in t sogar um 1/(l-s) > 1 GE zurfickgenommen werden und bedingt jede Geldeinheit Mehrkonsum ceteris paribus eine um s/(1-s) h6here Steuerbelastung ftir den betrachteten Entscheidungstr~iger. Man spricht daher in diesem Zusammenhang auch von einer reinen K o n s u m b e s t e u e r u n g . Wenn die Anlage eines Betrags A am Kapitalmarkt zu einem Vor-Steuer-Zinssatz i von einem beliebigen Zeitpunkt t-1 bis t m6glich ist, dann ergibt sich nach Steuem in t nur ein R~ickfluss von A-(l+i)-s'A'(l+i) = (1-s)-A-(l+i), weil die gesamte Vor-Steuer-Einzahlung A-(1 +i) der Besteuerung unterworfen ist. Andererseits bedingt eine Investition in H6he von A ceteris paribus eine entsprechende Reduktion der steuerlichen Bemessungsgrundlage, so dass die Nach-Steuer-Auszahlung in t-1 nur A-s'A = (1-s)-A betr~igt. Insgesamt erzielt das betrachtete Subjekt aus seiner einperiodigen Mittelanlage damit eine Nach-Steuer-Rendite i s von is _- (1 -s). A- (1 +i) -(1 -s). A _- i.
(4.27)
(1 -s).A Die Nach-Steuer-Rendite entspricht damit der Vor-Steuer-Rendite. Entsprechendes gilt nattirlich im Falle der Kreditaufnahme, so dass sich Wirtschaftssubjekte im Rahmen der Cashflow-Besteuerung grunds~itzlich den gleichen Kapitalmarktgeraden wie vor Steuem gegentibersehen. Die Existenz von Kapitalmarktgeraden mit einheitlicher Steigung wiederum impliziert die weiterhin bestehende Gtiltigkeit der
Fisher-Separation und - damit zusammenh~ingend - die Unm6glichkeit der Verm6-
455 gensbeeinflussung durch Finanzinvestitionen. Dies bedeutet, dass Investitionsprojekte auch bei Zugrundelegung einer Cashflow-Besteuemng nach ihrem Projektkapitalwert nach Steuern und unter Abstraktion yon Finanzinvestitionen beurteilt werden k6nnen. Bei Vemachl~issigung yon Finanzinvestitionen ergibt sich der Einzahlungsfiberschuss eines Zeitpunktes t nach Steuern als zt-s.z t = ( 1 - S ) ' Z t. Wegen is = i erh~ilt man somit als Nach-Steuer-Kapitalwert:
T (1 _S).Zt
Ks -- ~ t=o (1 +i) t
- (1-s)'K.
(4.28)
Es resultiert folglich der gleiche Zusammenhang zwischen Vor-Steuer- und NachSteuer-Kapitalwert wie im Falle der steuerrechtlichen Zul~issigkeit von Ertragswertabschreibungen mit Besteuerung von Zuschreibungen fiber die Anfangsauszahlung in t = 0. Beispiel 4.14:
Gegeben sei erneut das Investitionsprojekt aus Beispiel 4.11 bei Unterstellung eines Kapitalmarktzinssatzes vor Steuern von i = 8 % und unter Zugrundelegung einer Cashflow-Steuer mit einem Steuersatz von s(1) = 40 % bzw. s (2) = 30 %. Die jeweilige Zahlungsreihe aus dem Investitionsprojekt nach Steuern kann dann aus Tabelle 4.9 abgelesen werden.
t
0
1
2
3
4
(1-S (1)) "Zt
-60.000
21.094,2
14.858,4
15.441
21.294,6
(l-s(2))'Zt
-70.000
24.609,9
17.334,8
18.014,5
24.843,7
Tabelle 4.9:
Projektzahlungsreihe nach Steuern je nach unterstelltem Steuersatz (Cashflow-Steuer)
Damit erh~ilt man ffir die Projektkapitalwerte:
456 KO) -- -60.000+ 21.094,2, 14.858,4 + 15.441 + 21.294,6
1,08 ~- 180,08
1,082
1,083
1,084
GE
~- ( 1 - s O)) . ~r
(4.29)
~:(ff) --- -70.000+ 24.609,9, 17.334,8 + 18.014,5 , 24.843,7 1,08 1,082 1,083 1,084 -~ 210,09 GE (1 -s(2)). K,
wobei daran erinnert sei, dass sich der Vor-Steuer-Kapitalwert ~: des betrachteten Investitionsprojekts auf ungefahr 300,13 GE beliiuft.
[]
Auch durch die Implementierung einer Cashflow-Besteuerung kann damit das Auftreten yon Steuerparadoxa i.e.S, vermieden werden und ist Investitionsneutralit~it daher gewLhrleistet. Erneut bleibt allerdings die vom jeweiligen Unternehmer angestrebte intertemporale Konsumallokation durch die Besteuerung nicht unbeeinflusst. Konsumneutralitiit i.e.S, wird nie, Konsumneutralit~it i.w.S, nut bei bestimmten Eigenschaften der unternehmerischen Nutzenfunktion erftillt sein. 45
Beispiel 4.15: Ein weiteres Mal sei der Unternehmer aus Beispiel 4.4 betrachtet, nun jedoch unter der Annahme einer allgemeinen Cashflow-Besteuerung mit s = 30 %. Als Konsequenz hieraus f'tihrt ein Investitionsvolumen yon I in t = 0 flit den Un-
45
Bemerkenswerterweise wird dies von Wagner/Wissel (1995), S. 69, nicht erkannt, sondem das Vorliegen von Konsumneutralit~it schlicht mit der Gleichheit von Vor- und Nach-Steuer-Kapitalmarktzinssatz identifiziert. In ahnlicher Weise ~iul3ern sich auch schon etwa Wenger (1986), S. 140 f., oder Wagner (1989), S. 271, ohne dass der Begriff der Konsumneutralit~it jedoch tiberhaupt in operationaler Weise definiert wird.
457 ternehmer nur zu Nettoabfltissen von (1-s)-I. Der nach Realinvestitionen in t = 0 im Umfang von I vor Steuern verbleibende untemehmerische Konsum bel~iuft sich nach Steuern daher generell auf Co = W0-(1-s)'I. Entsprechend betr~igt die unternehmerische Einzahlung nach Steuern aus der Realinvestition in t = 1 nur noch C 1 = Fs(I) --- (1-s)-F(I). Aufl6sen der Bestimmungsgleichung ftir C o nach I und Einsetzen in die Bestimmungsgleichung f'tir C 1 liefert die im Rahmen der Cashflow-Steuer maggebliche funktionale Darstellung der Transformationskurve: Cj -- ( l - s ) . F
.
(4.30)
Weiterhin muss die Steigung der Transformationskurve f'tir das optimale unternehmerische Investitionsvolumen der Steigung der Kapitalmarktgeraden entsprechen. Durch Ableitung von (4.30) g e m ~ Kettenregel erh~ilt man als Steigung der Transformationskurve hier gerade -F'(I), und die Steigung der Kapitalmarktgeraden ist bei der Cashflow-Steuer bekanntermagen einheitlich -(l+i). Nattirlich zeigt sich tiber die Optimalit~itsbedingung -F'(I) = -(l+i) damit auch ftir den Spezialfall der Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung die Investitionsneutralit~it der Cashflow-Steuer. Man erh~ilt demnach ftir die Zahlen dieses Beispiels I* -- 4 GE. Im Gegensatz zur Situation ohne Steuern ist der Startpunkt der relevanten Kapitalmarktgeraden nun aber nicht (6;8,8) sondern (7,2;6,16). Denn eine Investition von 4 GE in t = 0 f'tthrt tatsiichlich nur zu Auszahlungen nach Steuem von (1-0,3)-4 = 2,8 GE, weswegen 10-2,8 = 7,2 GE in t = 0 beim Unternehmer verbleiben. Daf'tir werden allerdings auch die Rtickfltisse vor Steuern von 8,8 GE des Zeitpunktes t = 1 tun 30 % Steuem gektirzt auf (1-0,3)-8,8 -- 6,16 GE. Der Kapitalmarktzinssatz bel~iuft sich vor wie nach Steuem aufgrund der spezifischen Eigenschaften der Cashflow-Steuer auf i = 10 %. Die ftir den Untemehmer im Fall ohne Steuern maggebliche Kapitalmarktgerade ist bereits aus Gleichung (1.4) des Abschnitts 1 des vorhergehenden Kapitels als C 1 = 15,4-1,1 .Co bekannt. Die Kapitalmarktgerade im Falle mit Steuern lautet C~ = 14,08-1,1-C o und liegt nattirlich weiter innen als die erstgenannte Kapitalmarktgerade. Die
458 Richtigkeit der Kapitalmarktgeraden ftir den Fall mit Steuern prtift man leicht, indem man C O= 7,2 GE einsetzt und dann passend C1 = 6,16 GE erh~ilt. Augenscheinlich wird das vom Unternehmer angestrebte Konsumoptimum damit im Fall mit Steuern zwingend ein anderes als im Fall ohne Steuern sein. Konsumneutralit~it i.e.S, kann demnach hier nicht vorliegen. Konkret lauten die nunmehr relevanten Optimumbedingungen 10 I.
~
3
7 . Co 7 = 14,08 - 1,1' Co, 10
II.
_ 1..00
(4.31)
--3"UT'Co 7 = 1,1. 7
Wieder stellt die erste Gleichung sicher, dass ein gemeinsamer Punkt einer Indifferenzkurve und der relevanten Kapitalmarktgeraden betrachtet wird. Die zweite Bedingung gew~ihrleistet wie stets, dass es sich um einen Tangentialpunkt der beiden Kurven handelt. Aus der L0sung des Gleichungssystems gemaB (4.31) erh~ilt man C O= 3,84 GE sowie C~ = 9,86 GE bei einem resultierenden maximalen Nutzenniveau von etwa 7,43. Das Verh~iltnis C~/C 0 -- 2,57 der beiden Konsumauszahlungen entspricht aber in der Tat dem ftir den Fall ohne Steuern. Konsumneutralit~it i.w.S, ist hier folglich erftillt. Bemerkenswerterweise ftihrt die Besteuerung hierbei allerdings nicht dazu, dass der Unternehmer in t = 0 und t = 1 jeweils 30 % weniger Konsumauszahlungen t~itigt. Vielmehr erh~ilt man, dass der Untemehmer trotz der Existenz einer Konsumsteuer lediglich eine Reduktion seiner Konsumauszahlungen in t = 0 und t = 1 um jeweils etwa 8,57 % hinnehmen muss. Die Ursache hierftir liegt in der nicht besteuerten Anfangsausstattung W o = 10 GE des Unternehmers.
[]
Dass bei einer Cashflow-Besteuerung Konsumneutralit~it i.e.S, nicht gegeben sein kann, ist evident, wenn man sich auf eine Zwei-Zeitpunkte-Betrachung wie im vorhergehenden Beispiel 4.15 beschr~inkt. Die Steigung der relevanten Kapitalmarktgeraden ist hier vor Steuem wie nach Steuem identisch. Der Ordinatenabschnitt des Startpunkts wird jedoch um den Betrag s.F(I*) gek'tirzt. In entsprechender Weise wird der zugeh6rige Abszissenabschnitt um s'I* erhtiht. Der Abso-
459 lutbetrag der Steigung der Sekanten durch die beiden Startpunkte vor und nach Steuern ist einfach [s'F(I*)]/(s-I*) = F(I*)/I* > l+i, wobei die Ungleichung eine Folge der Eigenschaften des optimalen Realinvestitionsprogramms ist: Alle investierten Geldeinheiten liefern eine Rendite von mindestens i. Damit aber liegt die relevante Kapitalmarktgerade nach Steuern bei gleicher Steigung weiter innen als die relevante Kapitalmarktgerade im Falle der Existenz einer Cashflow-Steuer, wie auch Abbildung 4.4 verdeutlicht. Konsumneutralit~it i.e.S, wird daher unm6glich. Weil abet verschiedene Steuersiitze lediglich zur Relevanz von Kapitalmarktgeraden mit einheitlicher Steigung bei variierenden Achsenabschnitten Ftihren, gewiihrleistet eine Cobb-Douglas-Nutzenfunktion hier tatsiichlich Konsumneutraliflit i.w.S.: Alle Punkte, in denen Indifferenzkurven tiber eine Steigung von -(l+i) verfiigen, liegen auf einer Geraden dutch den Ursprung und sind allein als unternehmerische Konsumoptima im Falle einer Cashflow-Steuer denkbar. Genau dies charakterisiert die Eigenschaft der Konsumneutralit~it i.w.S. Bei anderen Arten unternehmerischer Nutzenfunktionen liegen die Punkte gleicher Steigung yon Indifferenzkurven typischerweise nicht mehr auf einer Geraden, undes ergibt sich auch ftir die Cashflow-Steuer nicht mehr Konsumneutraliffit i.w.S. C1
Sekante
G(1)
(l_s).F(,.) W0 -I*
Wo -(l-s)" I*
k--
Co
) S. I*
A bbildung 4. 4: Relevante Kapitalmarktgeraden ohne (G 0) ) und mit (G (2)) Steuem bei Cash-flow-Besteuerung (Skizze)
460 Da die Cashflow-Besteuerung lediglich an Zahlungen ansetzt, ist diese Besteuemngsform weit weniger manipulationsanf'fillig als etwa die Ertragswertabschreibung. Sie ist fiberdies sehr einfach zu verstehen. 46 Nachteilig ist, dass es sich hierbei um einen prinzipiellen S t r u k t u r b r u c h zu den in Deutschland herrschenden steuerlichen Regelungen handelt, weshalb die Implementiertmg eines derartigen Steuersystems eine erhebliche Umw~ilzung darstellte. [_)berdies wurde bereits weiter oben darauf hingewiesen, dass Gegenstand der Besteuerung letztlich diejenigen Einzahlungsfiberschtisse eines Zeitpunktes t darstellen, die konsumtive Verwendung finden. Weil in der Regel ausgefiihrt wird, dass einkommensschwache Bev61kerungsgruppen grtil3ere Einkommensanteile ffir Konsumzwecke verwenden als einkommensstarke, trifft diese Besteuerungsform die "sozial Schwachen" verh~ilmismSgig stark. Diese Oberlegung mag zur grunds~itzlichen Ablehnung einer Konsumsteuer f'tihren, wenngleich durch Freibetrags- und Steuerprogressionsgestaltungen derartigen sozialen Gesichtspunkten durchaus Rechnung getragen werden k6nnte. Auf derlei Aspekte soil hier nicht weiter eingegangen werden. 47 Festgehalten werden kannjedenfalls, dass eine Cashflow-Besteuerung aus investitionstheoretischer Sicht fiber interessante Eigenschaften verffigt, aber zumindest in Deutschland auf absehbare Zeit nicht durchsetzbar erscheint.
4.4.2.3
Residualgewinnorientierte Besteuerung
Eine tiberaus interessante dritte Variante investitionsneutraler Besteuemng macht sich die Aussage des sogenannten Liicke-Theorems zunutze. 48 Das Liicke-Theo-
46
Aufgrund des Zusammenhangs i s = i kann man tibrigens des Weiteren eine modifizierte Cashflow-Steuer betrachten, bei dernur die Einzahlungsfiberschfisse zt aus Realinvestitionen Gegenstand der Besteuerung sind. Auch in diesem Falle gelangte man zur Kapitalwertformel (4.28) und h~itte fiberdies eine weitere technische Vereinfachung der Besteuerung erreicht.
47
Erwahnt werden soil lediglich, dass derartige Modifikationen allerdings durchaus die Investitionsneutralit~it der Cashflow-Steuer beeintr~ichtigen k6nnen.
48
Das Liicke-Theorem geht - wie der Name schon sagt - auf Liicke (1955) zuriick. Allerdings wurde es schon etwa zwei Jahrzehnte vorher yon Preinreich
461 rein formuliert Bedingungen, unter denen man auf der Grundlage von Kosten und Leistungen Kapitalwerte gleicher H6he wie bei der Anknfipfung an den EinzahlungsfiberschUssen eines Investitionsprojekts ermittelt. Eine derartige Aquivalenz ist wegen der unterschiedlichen zeitlichen Struktur yon Leistungen und Kosten einerseits sowie Ein- und Auszahlungen andererseits keineswegs selbstverst~ndlich und bedarf daher detaillierter Analyse. Aus Platzgrfinden ist eine ausffihrliche Darstellung des Liicke-Theorems und seiner Implikationen an dieser Stelle jedoch nicht m6glich. Unter Beibehaltung der Pr~misse, dass der einzige Unterschied zwischen Gewinnausweisen und Einzahlungstiberschfissen aus der untemehmerischen T~itigkeit in der Existenz von erst noch im Zeitablauf abzuschreibenden Anfangsauszahlungen besteht, kann auf der Grundlage des Liicke-Theorems jedenfalls folgender Zusammenhang hergeleitet werden: Im Weiteren sei der in einem Zeitpunkt t noch nicht abgeschriebene Teil
A
t 0-Y,e=l
D e der Anfangsauszahlung49 ftir ein Investitionsobjekt als Restbuchwert RB t in t bezeichnet. Der Kapitalwert eines Investitionsprojekts auf der Basis seiner Einzahlungstiberschfisse stimmt nun mit dem Kapitalwert dieses Projekts auf der Basis der Gewinne t~berein, wenn im Rahmen der Gewinnermittlung in Abweichung vom Standardmodell zu einem Zeitpunkt t "kalkulatorische" Zinsen5~ i-RBt_1 auf den Restbuchwert der jeweiligen Vorperiode in Abzug gebracht werden und die Summe aller Abschreibungen der Anfangsauszahlung entspricht. Bezeichnet man mit G t den Gewinn gem~ig den Pr~imissen des Standardmodells und mit RG t den "Residualgewinn" unter Berficksichtigung kalkulatorischer Zinsen, dann gilt unter Beachtung yon RBt_1 = A0-~]~t-l D e demnach
(1937), S. 220 f., formuliert. Noch ~iltere Vorl~iufer werden etwa in Stotz (2004) genannt. 49
Im Folgenden gilt also in Ubereinstimmung mit den tatsachlichen Regelungen in Deutschland wieder das Anschaffungswertprinzip.
50
Kalkulatorische Zinsen fanden, wenngleich in etwas anderer Form, auch schon im Abschnitt 2 des Kapitels III Berficksichtigung.
462
R G t - Gt-i"
-
D~
(4.32)
far t = 1..... T. Ferner sei RGo = Go = 0 GE vereinbart, da D O= -A 0 ist und keine Zinsen auf frtthere Investitionsprojekte zu verrechnen sind. Formal behauptet das
Liicke-Theorem damit die folgende Beziehung far jede beliebige Form der Abschreibung der Anfangsauszahlung: T
Zt
Z RG t - ~ t=o (l+i) t = (l+i) t"
(4.33)
Der zugeh6rige Nachweis wird im Anhang 3 zu diesem Abschnitt geffihrt.
Beispiel 4.16: Ausgangspunkt der Betrachtung sei das Investitionsprojekt mit der Zahlungsreihe gem~il3 Tabelle 4.5 im Beispiel 4.11, wobei eine lineare Abschreibung der Anfangsauszahlung des Zeitpunktes t = 0 in den Zeitpunkten t = 1 bis t = 4 unterstellt werde. In den Zeitpunkten t = 1..... 4 ermittelt man den jeweiligen Residualgewinn, indem man von den ausgewiesenen Einzahlungstiberschtissen zun~ichst die Abschreibung in H6he von 25.000 GE und auBerdem die Zinsen auf den im vorhergehenden Zeitpunkt t-1 jeweils gegebenen Restbuchwert des Investitionsprojekts abzieht. Ftir t = 1 ftihrt dies bei i = 10 % zu einem Residualgewinn yon 35.157-25.000-0,08-100.000 = 2.157 GE. In entsprechender Weise erh~ilt man far t = 2 einen Residualgewinn yon 24.764-25.000-0,08-75.000 = -6.236 GE. Die Werte ftir t = 3 und t = 4 sind RG 3 = 25.735-25.000-0,08-50.000 = -3.265 GE und RG 4 = 35.491-25.000-0,08-25.000 = 8.491 GE. Als Kapitalwert des Investitionsprojekts auf der Grundlage der Residualgewinne erh~ilt man damit unter Beachtung von RG0 = 0 GE: K =
2.157
6.236
1,08
1,082
3.265 8.491 - - + - - 300,13 GE 1,083 1,084
(4.34)
und folglich in der Tat den gleichen Kapitalwert wie bei "zahlungsorientierter" Rechnung.
463 H~itte man das Investitionsprojekt in t = 1 und t = 2 jeweils zu 50.000 GE abschreiben k6nnen (mit D 3 = D 4 = 0), resultierten Residualgewinne von RG~ = 35.157-50.000-0,08-100.000 = -22.843 GE und RG 2 = 24.764-50.000-0,08-50.000 = -29.236 GE bei RG 3 = z 3 und RG4 = z4. Erneut erg~ibe sich ein Kapitalwert von etwa 300,13 GE. Die Art der Abschreibung kann folglich den ausgewiesenen Kapitalwert nicht beeinflussen.
[]
Beispiel 4.16 verdeutlicht bereits den dem Liicke-Theorem zugrundeliegenden Mechanismus. Durch die Aktivierung der Anfangsauszahlung in t = 0 und erst sp~itere Abschreibung ist der Kapitalwert der einfachen Gewinne
Gt
notwendiger-
weise gr6ger als der Kapitalwert der korrespondierenden Einzahlungstiberschtisse z t. Dieser "Zinsvorteil" in der gewinnbasierten Kapitalwertrechnung muss durch eine entsprechende Korrektur der Gewinne kompensiert werden. Am einfachsten erkennt man dies bei einer reinen Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung. Hier gilt im Rahmen des Standardmodells mit Aktivierung der Anfangsauszahlung A o in t -0, dass G O= 0 und G 1 =
z1-A o
wegen D o = -A o und
der Gewinne betr~igt folglich einfach G~/(l+i)
D 1= Ao
ist. Der Kapitalwert
= (Zl-A0)/(l+i).
Statt A o geht also
nur die abgezinste Anfangsauszahlung in die Kapitalwertberechnung ein. Reduziert man nun aber den Z~hler des letzten Kapitalwerts noch um i-A o, das heii3t um die Zinsen auf das gebundene Kapital der Vorperiode, dann erh~ilt man (zl-A 0i.Ao)/(l+i ) = zl/(l+i)-A o, also den gleichen Kapitalwert wie bei zahlungsorientierter Rechnung. Das Liicke-Theorem l~isst sich nun leicht nutzen, um die Investitionsneutralit~it eines Steuersystems nachzuweisen, das an Residualgewinnen ansetzt. Man kann hier von residualgewinnorientierter o d e r zinskorrigierter B e s t e u e r u n g sprechen. 51 Der einzige, aber entscheidende Unterschied zur Besteuerung im Rahmen des Standardmodells besteht darin, dass als Steuerbemessungsgrundlage nunmehr der Residualgewinn RG t statt des Gewinns
a t
gew~ihlt wird.
51 Die Grundidee hierzu findet sich bei Wenger (1983) sowie Boadway/Bruce (1979, 1984).
464 Als Konsequenz einer residualgewinnorientierten Besteuerung ist zun~ichst einmal festzuhalten, dass die Anlage oder Aufnahme von Mitteln am Kapitalmarkt steuerlich neutral wirkt, weil etwa die Anlage eines Betrags A in t = 0 unter Beachtung der kalkulatorischen Zinsen auf A in t = 1 zu einem Residualgewinn von i-A-i-A = 0 f'tihrt. In entsprechender Weise ftihrt Verschuldung tiber die Verrechnung negativer kalkulatorischer Zinsen nicht mehr zu einer steuerlichen Entlastung. Der Kalkulationszinsful3 nach Steuern ist bei residualgewinnorientierter Besteuerung folglich gleich dem vor Steuem. Dies rechtfertigt zugleich, warum auch im Fall mit Steuem der Residualgewinn unter Zugrundelegung des Vor-Steuer-Zinssatzes berechnet wird. Des Weiteren impliziert die Existenz eines einheitlichen NachSteuer-Kalkulationszinsful3es yon i for beliebige Anlage oder Aufnahme von Mitteln unmittelbar die nach wie vor bestehende Gtiltigkeit der Fisher-Separation sowie die (Nach-Steuer-) Kapitalwermeutralit~it von Finanzinvestitionen. Finanzinvestitionen k6nnen im Rahmen von Kapitalwertberechnungen folglich weiterhin vemachl~issigt werden. Damit ist auf der Grundlage des Kapitalwertes ~:s nach Steuern nunmehr folgende Umformung m6glich: T KS
--
E
t=O
zt_s. RGt
(1 +i) t
_
T
E
Zt
t=O (1+i) t
T
s.E RG, _ (1-s)-K.
(4.35)
t=O (1 +i) t
Der letzte Umformungsschritt ist zul~issig, weil gem~iB dem Liicke-Theorem der Kapitalwert n = Y,vt=0 zt](l+i) tder Einzahlungstiberschtisse aus einem Investitionsprojekt dem Kapitalwert ~tv=0RGt/(l+i) t der Residualgewinne entspricht. Unabh~ingig yon der konkreten zeitlichen Ausgestalmng der Abschreibung der Anfangsauszahlung ftihrt damit eine residualgewinnorientierte Besteuerung im Ergebnis zu der gleichen Beziehung zwischen Vor-Steuer- und Nach-Steuer-Kapitalwert wie im Rahmen der Cashflow-Besteuerung.
465
Beispiel 4.17: Gegeben sei das Projekt aus dem vorhergehenden Beispiel 4.16 unter Zugrundelegung residualgewinnorientierter Besteuerung und linearer Abschreibung der Anfangsauszahlung tiber den Nutzungszeitraum. Ftir die beiden alternativen Steuers~itze s(1) = 40 % und s ~2)= 30 % sind die jeweils resultierenden Steuerzahlungen zusammen mit den Residualgewinnen der einzelnen Zeitpunkte t = 1..... 4 in der nachfolgenden Tabelle 4.10 angegeben.
t
~
~
3
4
RG t
2.157
-6.236
-3.265
8.491
S~1~ t
862,8
-2.494,4
-1.306
3.396,4
(2) t
647,1
-1.870,8
-979,5
2.547,3
Tabelle 4.10: Residualgewinnausweise und Steuerbelastungen bei residualge-
winnorientierter Besteuemng f'tir s~1~= 0,4 und s~2) = 0,3 Die Zahlungsreihe nach Steuern ergibt sich, indem man die Steuerzahlungen gem~il3 Tabelle 4.10 von den Einzahlungstiberschtissen vor Steuern aus dem jeweiligen Investitionsprojekt abzieht. Das Resultat ist in Tabelle 4.11 ausgewiesen.
t
1
2
3
4
zt-Sl 1)
34.294,2
27.258,4
27.041
32.094,6
,-,(2) Zt-~ t
34.509,9
26.634,8
26.714,5
32.943,7
Tabelle 4.11: Zahlungsreihen nach Steuern bei residualgewinnorientierter Be-
steuerung f'tir s(1) = 0,4 und s(2~ = 0,3
466 Auf dieser Grundlage gelangt man zu den folgenden Nach-Steuer-Kapitalwerten ~:(s1) --- - 100.0004 34.294,2 1,08
27.258,4 ~ 27.041 + 32.094,6 ~ 180,08 GE, 1,082 1,083 1,084 (4.36)
(2) = - 100.000~ 34.509,9 1,08
KS
26.634,8
1,08 l
+
26.714,5
1,083
+
32.943,7
-~ 210,09 GE,
1,084
also in der Tat zu den gleichen Kapitalwerten wie im Rahmen einer Cashflow-Besteuerung. Dieses Ergebnis hat auch ftir andere Formen der Abschreibung Bestand. Sofern man etwa erneut unterstellt, dass Abschreibungen in H6he von 50.000 GE in t = 1 und in t = 2 erfolgen, ergeben sich fiir s (~) = 0,4 Steuerzahlungen von 0,4-(-22.843) = -9.137,2 GE in t = 1, 0,4-(-29.236) = -11.694,4 GE in t = 2 sowie von 0,4-25.735 = 10.294 GE in t = 3 und 0,4.35.491 = 14.196,4 GE in t = 4. Die Zahlungsreihe nach Steuern (ab t = 1) lautet damit gem~ig Tabelle 4.12.
t
1
2
3
Zt- S(t 1)
44.294,2
36.458,4
15.441
21.294,6
Tabelle 4.12: Zahlungsreihe nach Steuern bei residualgewinnorientierter Besteuerung ftir s(1) = 0,4 und im Vergleich zu Tabelle 4.11 variierter Abschreibungsform Erneut ergibt sich ein Kapitalwert von ungefahr 180,08 GE wie im Fall der linearen Abschreibung tiber die gesamte Nutzungsdauer des Projekts.
[]
Nicht nur entsprechen sich ceteris paribus die Nach-Steuer-Kapitalwerte bei Zugrundelegung einer Cashflow-Steuer und der residualgewinnorientierten Besteuerung, tiberdies ist auch der Nach-Steuer-Kapitalmarktzinssatz in beiden F~illen mit dem Vor-Steuer-Kapitalmarktzinssatz identisch. Als Konsequenz hieraus stimmt nicht nur ceteris paribus der maximal m6gliche unternehmerische Gegenwartskonsum bei beiden Formen der Besteuerung tiberein, sondern gilt dies auch ftir die
467 M6glichkeiten zum Transfer von Gegenwarts- in Zukunftskonsum. Ceteris paribus wird der Unternehmer daher bei beiden Formen der Besteuerung die gleiche i n t e r t e m p o r a l e Konsumallokation anstreben. Hieraus folgt sofort, dass die residualgewinnorientierte Konsumbesteuerung ebenfalls nicht zur Konsumneutralit~it i.e.S, f'tihrt und nur bei Voraussetzung von homothetischen Pr~erenzen wie im Fall einer
Cobb-Douglas-Nutzenfunktion Konsumneutralit~it i.w.S,
bedingt.
Beispiel 4.18: Zum letzten Mal sei der Untemehmer aus Beispiel 4.4 betrachtet. Dieses Mal soll eine residualgewinnorientierte Besteuerung mit s = 30 % zugrunde gelegt werden. Ein Investitionsvolumen I f'tihrt damit in t = 1 zu Nach-Steuer-Einzahlungen f'tir den Untemehmer yon Fs(I) = F(I)-s-[F(I)-I-i-I]. Das optimale Realinvestitionsvolumen ist nach wie vor durch die Gleichheit der Ableitungen von Transformationskurve, -Fs'(I) = -F'(I)+s-[F'(I)-(l+i)], und der Steigung der Kapitalmarktgeradenschar, -(l+i), charakterisiert. Leicht prfift man, dass sich aus der Anforderung -Fs'(I ) = -(l+i) erneut F'(I) = l+i und damit Investitionsneutralit~it ergibt. Mit i = 10 % und F(I) = 4,4-I ~ erh~ilt man wieder I* = 4 GE. Ftir W 0 = 10 GE folgt demnach Go = 6 GE sowie C1 = 8,8-0,3-(8,8-4-0,1.4) = 7,48 GE. Die Gleichung der aus Untemehmersicht relevanten Kapitalmarktgeraden lautet folglich C1 = 14,08-1,1 "CO und stimmt mit der aus Beispiel 4.15 ftir den Fall einer Cashflow-Steuer tiberein.
[]
Residualgewinnorientierte Besteuerung und Cashflow-Besteuerung erweisen sich somit als iiquivalent. Im Gegensatz zur Cashflow-Steuer erfordert eine residualgewinnorientierte Besteuerung jedoch keine gr6geren Anderungen des herrschenden Steuerrechts. Der fltichtige Beobachter k6nnte lediglich kritisieren, dass die Zinseinktinfte aus Finanzinvestitionen de facto nicht besteuert werden. Nattirlich sind daf'tir im Gegenzug Sollzinszahlungen auch nicht steuerlich abzugsf'~hig. Wer die gerade durchgef'tihrten Herleimngen genau nachvollzogen hat, kann aus der Aquivalenz von residualgewinnorientierter Besteuemng und Cashflow-Besteuerung tiberdies darauf schliegen, dass die erstgenannte Besteuerung nichts anderes
468 als eine verkappte Konsumbesteuerung ist. Auch unter diesem Blickwinkel stellt sich erneut ein Wertungsproblem, das sicherlich nicht Gegenstand eines 6konomischen und erst recht nicht betriebswirtschaftlichen Lehrbuchs sein kann. In jedem Falle besticht die residualgewinnorientierte Besteuerung unter Effizienzaspekten und unter dem Aspekt der einfachen M6glichkeit ihrer Implementierung in das herrschende Steuerrecht durch ihre augenscheinliche Eleganz.
4.5
Zusammenfassung
Im Rahmen dieses Abschnitts wurde gezeigt, dass die Fisher-Separation auch unter Berticksichtigung einer allgemeinen Gewinnsteuer weiterhin Bestand haben kann und Investitionsentscheidungen damit auch unter Beachtung steuerlicher Aspekte pr~iferenz- und ausstattungsunabh~ingig auf der Grundlage des Kapitalwertkriteriums unter Zugrundelegung der herrschenden Marktzinss~ttze getroffen werden k6nnen. Des Weiteren wurde gezeigt, wie sich der Kapitalwert eines Investitionsprogramms generell unter Berticksichtigung yon Steuerzahlungen ermittelt. Ftir die Herleitung der
Fisher-Separationwar neben der Annahme eines (bis auf
die Einftihrung von Steuern) vollkommenen Kapitalmarktes (bei Sicherheit) vor allem von Bedeutung, dass Soil- und Habenzinszahlungen eines Steuersubjekts grunds~itzlich steuerlich gleich behandelt werden. Dies trifft insbesondere f'tir das Standardmodell der Investitionsrechnung zur Erfassung einer allgemeinen Gewinnbesteuerung zu. Reale Steuersysteme werden allerdings durch dieses Standardmodell n n r partiell abgebildet, weswegen f'tir solche F~ille das Kapitalwertkriterium als pr~iferenzunabh~ingiger Bewertungsmal3stab nieht ohne weiteres gefolgert werden kann. Bei steuerlicher Ungleichbehandlung von Soll- und Habenzinszahlungen wird man in der Regel auf einen Ansatz wie das Hirshleifer-Modell zurtickgreifen mtissen. Eine pr~iferenzunabh~ingige Beurteilung yon Investitionsm6glichkeiten wird dann grtmds~itzlich allerdings nicht mehr m6glich sein.
469 Je nach der konkret unterstellten Art der Besteuerung kann sich trotz weiterhin gegebener Gtiltigkeit der Fisher-Separation ein als Steuerparadoxon bekanntes Ph~inomen ergeben. In einem weiteren Sinne liegt ein Steuerparadoxon dann vor, wenn der Nach-Steuer-Kapitalwert eines Investitionsprojekts tiber dem entsprechenden Vor-Steuer-Kapitalwert liegt. Im engeren Sinne spricht man von einem Steuerparadoxon, wenn der Nach-Steuer-Kapitalwert positiv, der Vor-Steuer-Kapitalwert hingegen negativist. In diesem letzteren Falle ist zugleich Investitionsneutralitiit des Steuersystems nicht mehr gegeben. Das bedeutet, dass durch die Besteuerung Einfluss auf das unternehmerische Investitionsverhalten genommen wird. Notwendige Voraussetzung ffir das Auftreten von Steuerparadoxa im engeren Sinne ist die steuerliche Abzugsf'~ihigkeit von Sollzinszahlungen. Relevant ist iiberdies die Art der steuerlich zul~issigen Abschreibung. Fiir den Spezialfall der sogenannten Ertragswertabschreibung erhiilt man das tiberraschende Ergebnis, dass unabhiingig vom unterstellten Steuersatz s der im Standardmodell resultierende Nach-Steuer-Kapitalwert stets mit dem Vor-Steuer-Kapitalwert tibereinstimmt, sofern im Zeitpunkt der Projektanfangsauszahlung keinerlei Steuern anfallen. Auch bei einer sogenannten Cashflow-Steuer k6nnen keine Steuerparadoxa i.e.S, auftreten und ist Investitionsneutralitiit somit gew~lrleistet. Im Rahmen der Cashflow-Besteuerung werden alle nicht investiv verwendeten Einzahlungen, also letztlich die Konsumauszahlungen, besteuert. Vollst~ndig iiquivalent zur Cashflow-Besteuerung ist die residualgewinnorientierte Besteuerung, bei der in Abweichung vom Standardmodell die der Besteuerung zugrundeliegende Gewinnermittlung unter Abzug kalkulatorischer Zinsen erfolgt. Gerade die letztere Steuer k6imte auch in Deutschland ohne gr6gere 2~nderungen der bisher geltenden Regelungen implementiert werden. Die intertemporale Konsumallokation der Subjekte wird allerdings durch die residualgewinnorientierte Besteuerung ebenso wie durch die Cashflow-Steuer oder eine Besteuerung gem~ig dem Standardmodell im Allgemeinen beeinflusst. Konsumneutralitiit der Besteuerung liegt hier demnach in aller Regel nicht vor. In Tabelle 4.13 sind die genannten drei m6glichen Ans~itze der Besteuerung, die zur Investitionsneutralitiit f'dhren, nochmals tiberblicksartig charakterisiert.
470
Form der Besteuerung
Standardmodell mit Ertragswertabschreibung
Charakteristikum
Nach-Steuer-Kapitalmarktzins satz
Abschreibungen g e m ~ Ertragswertentwicklung (vor Steuem)
i-(1-s)
NachSteuerKapitalwert Ks Ks=K: (ohne Steuem in t = 0) bzw. ~Cs = (l-s),: (sonst)
Cashflow-Steuer
Gewinn = Saldo aller Einund Auszahlungen aus Real- und Finanzinvestitionen
~:s = (1-s)-~c
Residualgewinnorientierte Besteuerung (inhaltlich ~iquivalent zur CashflowSteuer)
Residualgewinn als Steuerbemessungsgrundlage; ergibt sich aus dem Gewinn des Standardmodells durch Abzug von (kalkulatorischen) Zinsen auf das gebundene Kapital der jeweiligen Vorperiode
~:s = (1-s)'~c
Tabelle 4.13: Investitionsneutrale Besteuerungsformen
471
Anhang 1 U m zu zeigen, dass die steuerliche Abzugsf'fihigkeit von K r e d i t z i n s e n notwendig f'tir das Auftreten yon Steuerparadoxa i.e.S, ist, braucht nur nachgewiesen zu werden, dass ohne steuerliche Abzugsf'~ihigkeit von Kreditzinsen aus ~:s > 0 stets ~cs < ~c folgt. Darm niimlich kann augenscheinlich kein Steuerparadoxon i.e.S, mit ~cs > 0 und n < 0 vorliegen. Im Weiteren sei deswegen ~:s > 0 vorausgesetzt. In der Vor-Steuer-Betrachtung gilt T
~: _- ~ zt , t=o (1 +i) t
(A4.1)
in der Nach-Steuer-Betrachtung hingegen T (l_s).zt+s.Dt Ks = ~ t=0 (1 +is) t
(A4.2)
Sofern Sollzinsen nicht steuerlich abzugsfiihig sind, ist in (A4.2) unabh~ingig von der Behandlung der Habenzinsen mit is = i zu rechnen, und man erh~ilt: T Dt Ks = ( 1 - s ) ' K + s ' ~ t--0 (1 +i) t" In aller Regel gilt ~tX=0 D
t =
(A4.3) 0. Selbst unter Voraussetzung sogenannter Ertrags-
wertabschreibungen 52 (und ~cs > 0) gilt h6chstens Y~tv=0D
t =
1~s _> 0. Mit i _> 0 %
ist dann aber ftir D~, ..., D v _> 0 auch von ~xt=0 Dt/(l+i) t < Ks auszugehen. 53 Damit erhiilt man als Obergrenze ftir den Nach-Steuer-Kapitalwert:
52
Vgl. hierzu auch Abschnitt 4.4.2.1.
53
U m genau zu sein, wird ftir die Herleitung dieses Abschnitts damit neben nichtnegativen Werten far Dj ..... DT und i auch eine A b s c h r e i b u n g s s u m m e von t = 0 bis t = T von nicht mehr als Ks benStigt. Dies sind freilich keine strengen Annahmen.
472
~:s -< ( l - s ) ~:+s'~:s (A4.4) ~* KS _~ K.
Falls Ks nichtnegativ ist, ist Ks folglich nicht gr6Ber als K, weswegen dann natiirlich auch K nicht kleiner als Null ist. Ein S t e u e r p a r a d o x o n im Falle yon i s = i kann demnach nur noch fOx den vergleichsweise uninteressanten Fall Ks _<0 und damit K < 0 auftreten, wenn also ein Investitionsprojekt unabh~ingig von der Besteuerung besser gar nicht durchgeftihrt werden sollte, ein Steuerparadoxon im engeren Sinne damit gar nicht vorliegt, sondem nut im weiteren Sinne. Hierffir lassen sich im fibrigen leicht Beispiele formulieren. Im Falle der im Abschnitt 4.4.2.2 er6rterten Cashflow-Besteuerung etwa gelten D t = 0 (V t = 0 ..... T) und i s = i, somit also ~:s = (1-s).K > K, falls K < 0. Insofem liegt hier eine Situation mit einem Steuerparadoxon im weiteren Sinne (allerdings nicht im engeren Sinne) vor. Insbesondere die interessanteste Konstellation, Wechsel yon Projektablehnung zu -annahme, also von K < 0 zu Ks > 0 und somit ein Steuerparadoxon im engeren Sinne, ist FOx i s = i nicht m6glich, Investitionsneutralit~it hierbei daher gewahrt.
473
Anhang
2 54
Zur Herleitung der Investitionsneutralitiit der Ertragswertabschreibung im Falle der Nichtbesteuerung yon fiber die Anfangsauszahlung hinausgehenden Zuschreibungen des Zeitpunktes t = 0 sind zun~ichst die Formeln ftir Vor- und NachSteuer-Kapitalwert zu rekapitulieren: T K = Z0+ E Zt t=l (1 +i) t'
(A4.5)
T Zt_S. (zt_Dt) ~s = z~ [1 +i" (l-s)] t Im Falle der Ertragswertabschreibung gilt
D t =
qt-l-~P woraus sich wegen T~t_l =
( Z t + l q t ) / ( l + i ) r162 lit = TIM " ( l + i ) - z t schliel31ich D t = zt-ifflt_ l und damit z t - D t = iqqt_ 1
ergibtY Die Differenz A~ - ~-~cs der beiden Kapitalwerte ist laut Behauptung f'tir jede beliebige Parameterkonstellation stets identisch Null. Im Weiteren ist diese Differenz daher ein wenig naher zu betrachten: AK -- ~ z t" t=l
+i) t [1 +i" (1 -S)] t
+s"
[1 +i-(1 -S)] t
.
(A4.6)
Der erste Summand lasst sich mittels einiger "Kunstgriffe" in der folgenden modifizierten Form darstellen:
54 Der folgende Nachweis orientiert sich sehr stark am Vorgehen von (1994), S. 32 ff.
Georgi
55 Gerade die letztgenannte Gleichung beschreibt die Besteuerung des iikonomisehen Gewinns im Rahmen des Standardmodells bei Ertragswertabschreibung, wie schon im Haupttext im Zusammenhang mit Beispiel 4.1 2 erwiihnt worden ist.
T{ zt"
t=l
1
474
}
1
(l~i) t [l+i- (1-s)] i
zt {1- i 1 +i7"(1+i, (l-s) ] J
(A4.7)
= ~t=l (1 + i ) t
1-[Ll+i-(1-s)j (1+i)It = [1 1 +i.(l_s)]t__~ . zt ]71 (l+i) t 1 l+i'(I-s) 1 +i
In der dritten Zeile aus (A4.7) erfolgte dabei lediglich eine Erweiterung im Z~ihler und Nenner um den Faktor 1-{[l+i-(1-s)]/(l+i)}. Bereits im Anhang 1 des Abschnitts 2 von Kapitel III wurde der Nachweis erbracht, dass ftir geometrische Reihen mit q ;~ 1 der folgende Zusammenhang Gtiltigkeit besitzt: T Eqt-I t=l t
_ 1-q T 1- q
~-1_
(A4.8)
1-q t
=1
1-q
Gem~iB (A4.8) erh~ilt man des Weiteren: 1-qt
1__I
_----
q. 1-q
t
_ _
q
1_!
q
1-q t = q. . . .
q-1
1-q q.
1-q
t
t
t
= _ q . s q.~-i = _ 2 q'L
"~=1
(A4.9)
,=1
q
Definiert man nun q - (l+i)/[l+i-(1-s)], dann ergibt sich auf der Grundlage von (A4.9) unmittelbar: 1- l + i ' ~ - s ) ] 1 1 +i" ( l - s )
l+i
= _
l+i ,=1 1 +i'(1-s)
'.
(A4.10)
475 Einsetzen des Ergebnisses aus (A4.10) in die letzte Zeile aus (A4.7) liefert somit: +i.(1-s)
r
zt
-
.~
l+i
~=i
1 +i-~-s)J
]~
= -1(1 +i) -[1 +i. (1 -s)]} . ~ Z t" (1 +i) "-tq t:a ~:a [1 +i" (1 -s)] '
(A4.11)
T ~ Zx.(1+i) t - ' - I = -s-i. E 9 =1 t=l [1 +i" ( l - s ) ] t
Im Rahmen der dritten Zeile wurden lediglich die Variablen t und x in ihren Bedeutungen vertauscht. Betrachtet man nun etwas naher die zu berticksichtigenden Kombinationen der Variablen x und t in der D o p p e | s u m m e der letzten Zeile aus (A4.11), dama entsprechen diese den in der folgenden Tabelle A4.1 durch "x" gekennzeichneten Zellen:
1
2
3
1
x
2
x
x
3
x
x
x
T
x
x
x
o~
J
x
T
x
Tabelle A4.1: Im Rahmen der Doppelsumme aus (A4.11) - letzte Zeile - zu beachtende Kombinationen von z und t Summiert man statt ~]T"~=1Y~=1(') in der Form ~]tT=l Y-~=t('), dann kann man leicht
476 anhand von TabeUe A4.1 pfiifen, dass hierdurch die gleichen Kombinationen von "~ und t erfasst werden. W~trend im ersten Fall f'tir jeden m6glichen Wert von "c gewissermagen zeilenweise summiert wird, erfolgt die Addition im zweiten Fall far jeweils gegebenen Weft yon t spaltenweise. Daher gilt folgender Zusammenhang:
X ~.~ ~t=l ZT" ~'-+-~ i.. (1~k__ +i)t-~-I ~ ~11
-s'i"~x=l
--
S"
T z .(l+i)t-~-I E.c=t[-i't-i--~(1- ~
i'~t=l
Der Ertragswert qt-1 eines Zeitpunktes t-1 ergibt sich als
(A4.12)
Y~Tt z~-(l+i) -~+t-l, da
die
Zahlungen nur auf den Zeitpunkt t-1 abgezinst werden, der Exponent yon l+i also nicht einfach -'~ ist, sondem um t-1 wieder erh6ht werden muss. Zusammenfassend kann unter Beachtung von (A4.12) und der Definition von rlt_l die Bestimmungsgleichung (A4.6) ftir A~: wie folgt vereinfacht werden: T
_s.i.E
T
1
T
' E z ' ( 1 +i)t-'-I + s ' E
t=l [1 +i" (1 -s)] t
t=l [1 +i" ( l - s ) ] t ~=t
T
i' tit_ 1
T
llt_l = -s'i "~ +s'i'~ tit_, t=l [1+i" (l-s)] t t=l [1 +i. (1 - S ) ] t
(A4.13)
=0.
In der Tat ftkhrt damit die M6glichkeit einer Ertragswertabschreibung unter den getroffenen Annahmen zur Identit~it Ks --- ~: fur beliebigen Steuersatz s und beliebige sonstige Parameterwerte.
477
Anhang 3 56 Um das Liicke-Theorem im hier betrachteten Kontext nachzuweisen, muss man nur Anfangsauszahlung und zugeh6rige Abschreibungen nS.her betrachten, da ansonsten alle Zahlungen annahmegem~ig unmittelbar erfolgswirksam sind. Die zahlungsorientierte Kapitalwertberechnung kann unter den hier getroffenen Annahmen als ein Spezialfall gewinnorientierter Kapitalwertermittlung mit Sofortabschreibung des zu A 0 bewerteten Investititionsobjekts im Zeitpunkt 0 interpretiert werden. Im Rahmen der "eigentlichen" gewinnorientierten Kapitalwertberechnung werden die Abschreibungen hingegen erst zu sp~iteren Zeitpunkten vorgenommen. Man muss sich zum Vergleich der beiden Kapitalwertberechnungsm6glichkeiten daher nur fragen, wie es sich ceteris paribus auf den Kapitalwert eines Investitionsprojekts auswirkt, wenn die Anfangsauszahlung nicht komplett bereits im Zeitpunkt 0 abgeschrieben wird, sondern im Ausmal3 D t eine Abschreibung erst im Zeitpunkt t erfolgt. Wird die Anfangsauszahlung A 0 im Betrag
D t erst
in t abgeschrieben, so bedingt
dies fOx sich, dass der Kapitalwert in gewinnorientierter Rechnung um D t[Dr/(1 + i ) t] tiber dem Kapitalwert bei zahlungsorientierter Rechnung liegt. Konsequenz aus der sp~iteren erfolgswirksamen Verrechnung yon Teilen der Anfangsauszahlung ist aber auch, dass der Restbuchwert des Investitionsobjekts in den Zeitpunkten 0 bis t-1
um D t
tiber dem Restbuchwert bei erfolgswirksamer Ver-
rechnung des Betrags D t bereits im Zeitpunkt 0 liegt. Wenn man nun kalkulatorische Zinsen in den Zeitpunkten 1 bis T auf den Restbuchwert des Investitionsobjekts im jeweils unmittelbar vorhergehenden Zeitpunkt gewinnmindemd ansetzt, also eine Residualgewinnbetrachtung vornimmt, dann bedingt die Verschiebung
56
Der Nachweis orientiert sich an Laux/Liermann (2005), S. 600 ft. Siehe hierzu auch Knoll (1996). Das Liicke-Theorem gilt darfiber hinaus unter sehr viel generelleren Annahmen. Neben den beiden bereits genannten Quellen sei insbesondere auf Marusev/Pfingsten (1993) verwiesen, wo das Liicke-Theorem sogar fOx den Fall nicht-flacher Zinsstruktur belegt wird.
478 der Abschreibung D t v o m Zeitpunkt 0 zum Zeitpunkt t Gewinnreduktionen von i.D t in den Zeitpunkten von 1 bis t. Diese Gewinnreduktionen mindern den Kapitalwert in (residual-) gewinnorientierter Betrachtung im Vergleich zur zahlungsorientierten Kapitalwertermittlung um i -Dt-~]~=~ (1 +i) -~ = i-D t-RBF(i;t). Die resultierende Gesamtkapitalwert~indemng durch Verschiebung einer Abschreibung D t v o m Zeitpunkt 0 zu einem Zeitpunkt t betr~igt damit:
Dt
Ot
(1 +i) t
i'Dt'RBF(i;t) = D t -
(1 +i)t-1 -i'Dt'-- 0. (1 +i) t (1 +i) t"i Dt
(A4.14)
Genau diese K a p i t a l w e r t i n v a r i a n z bei Variationen v o n O t i s t die Aussage des Liicke-Theorems.
479
Wiederholungsfragen W4.1 Wie sind die Annahmen des Standardmodells zur Erfassung steuerlicher Aspekte in der Investitionsrechnung im Vergleich zu den tats~ichlich in Deutschland bestehenden Regelungen zu beurteilen? W4.2 Wieso besitzt die
Fisher-Separation unter
den getroffenen Annahmen des Stan-
dardmodells bei einer allgemeinen Gewinnbesteuerung weiterhin Gtiltigkeit? W4.3 Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Gtiltigkeit der
Fisher-Separation im
Rahmen des Standardmodells der Investitionsrechnung bei allgemeiner Gewinnbesteuerung? W4.4 Was versteht man unter dem Zins- und und was unter dem Volumeneffekt der Gewinnbesteuerung? W4.5 Wie l~isst sich zeigen, dass die Kapitalwertformel im Rahmen des Standardmodells nach wie vor tiber die Eigenschaft der Wertadditivit~it verftigt? W4.6 Was versteht man generell unter der Investitionsneutralit~it der Besteuerung? W4.7 Was versteht man unter dem Steuerparadoxon im engeren Sinne, was unter dem im weiteren Sinne?
48O W4.8 Was versteht man unter einer Ertragswertabschreibung, und welche Konsequenzen ergeben sich aus ihrer Anwendung? W4.9 Was versteht man unter einer Cashflow-Steuer, und welche Konsequenzen ergeben sich aus ihrer Anwendung? W4.10 Was versteht man unter einer residualgewimaorientierten Besteuerung, und welche Konsequenzen ergeben sich aus ihrer Anwendung?
481
V
Ausblick
Ziel dieses ersten Bandes war, einen m6glichst umfassenden 0berblick fiber das ad~iquate Treffen von Investitionsentscheidungen bei Sicherheit zu geben. Alles in allem geh6rt die Investitionstheorie bei Sicherheit zweifellos zu den betriebswirtschaftlichen Teilgebieten, die sich durch augerordendlich groge Geschlossenheit und weitestgehende Beantwommg der interessierenden FragesteUungen auszeichnen. Vorausgesetzt, das Problem der Datenbeschaffung ist gel6st, vermag die Investitionstheorie fiir so gut wie jede denkbare Entscheidungssituation bei Sicherheit ad~iquate L6sungsans~itze anzubieten. Gerade weil hier generell keine Fragen mehr offenbleiben, fiberrascht es nicht, dass sich das finanzwirtschaftliche Forschungsinteresse seit einer letzten Blfitezeit in den sechziger Jahren generell nicht mehr auf diesen Problembereich richtet. Als Kontrapunkt dazu sind die zaldreichen Lehrbiicher auf diesem Gebiet anzusehen, die ihre Ursache neben der grogen praktischen Relevanz von Investitionsentscheidungen insbesondere auch in der Existenz eines derart schltissigen Theoriegeb~iudes haben. So befriedigend die Errichtung eines monolithischen Theoriegeb~iudes fiir Investitionsentscheidungen bei Sicherheit auch sein mag, so unbefriedigend ist die fehlende Berticksichtigung von Risikoaspekten. Die Unsicherheit hinsichtlich der kfinftigen Konsequenzen yon unternehmerischen Handlungsaltemativen d'tirfte gefade f'fir Investitionsentscheidungen mit ihrer langfristigen Natur konstitutiv sein. Aus diesem Grund widmet sich der zweite Band ausftihrlich den Fragen einer Investitionstheorie bei Risiko. Schon unter der Pr~misse des vollkommenen Kapitalmarktes erreichen die Probleme dabei eine Komplexit~it, dass unmittelbar einsichtig sein wird, warum eine geschlossene Theorie f'tir Investitionsentscheidungen bei Risiko nicht in gleicher Weise wie f'tir Sicherheit existiert. Des Weiteren wurde im Rahmen des ersten Bandes stets unterstellt, dass die betrachteten Unternehmer s~rntliche Investitionsentscheidungen selber treffen. Typischerweise werden in Unternehmen Entscheidungen auch delegiert und folglich dezentral getroffen, um den besseren Informationsstand der unter der Unterneh-
482 menszentrale angesiedelten Stellen zu nutzen. Die Unternehmenszentrale wird demnach in der Regel die konkreten Investitionsm6glichkeiten nicht mit Sicherheit kennen und in jedem Fall nicht so gut wie die untergeordneten Stellen beurteilen k6nnen. Im Rahmen des
Investitionscontrolling wird geprfift, wie man si-
cherstellen kann, dass generell Investitionsemscheidungen im Sinne der Unternehmenszentrale getroffen werden. Derartige Fragen sollen zu einem spiiteren Zeitpunkt im Rahmen eines noch zu erstellenden dritten Bands er6rtert werden. Wann dieser Band genau verfasst werden kann, steht indes noch "in den Stemen". Alles in allem sollen der (bereits vorhandene) zweite und der (geplante) dritte Band in Vertiefungsvorlesungen das weiterffihren, was fiber den ersten Band im Rahmen einer Basisvorlesung bereits vermittelt worden ist.
483
Literaturverzeichnis Adam, D. (2000): Investitionscontrolling, 3. Aufl., Mtinchen/Wien. Altrogge, G. (1992): Kriterien der Nutzungsdauer von Investitionsprojekten, in: WISU - das Wirtschaftsstudium, 21. Jg., S. 639-647.
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Verweis auf
"Investition H"
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"Investition r' (2007)
S. 10
S. 85
S. 89
S. 62
S. 42
S. 44
S. 113
S. 356 ft.
S. 360 ft.
S. 171
S. 196 ft.
S. 200 ff.
S. 192
S. 329 f.
S~ 333 f.
S. 266
S. 209
S. 213
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S. 192 f.
S. 281
S. 225
S. 229
S. 290
S. 257 ff.
S. 261 ft.
S. 292
S. 269
S. 273
S. 491
S. 472
keine exakte Entsprechung mehr; am ehesten noch S. 409 ff.
S. 492
S. 420 f.
S. 424 f.
497
Stichwortregister Absatzinterdependenzen 155 Abschreibung 89 lineare 93 Agio 381 Alternativkostenkonzept 333 Amortisationsdauer 123 Amortisationsrechnung, statische 83 Anfangswertmaximierung 374 Anlegertyp 53, 304 Annuit~it, ~iquivalente 85, 181 ft., 375 Annuit~itenfaktor 85 Anschaffungswertprinzip 444 Arbitrage 46 Auslandsdirektinvestition 261 Auswahlentscheidung 75 f., 160 Auszahlungsfunktion 157 Basiszahlungsreihe 116 f. Bemessungsgrundlage 407
Differenzinvestition 76 ft., 1t7, 137 ft., 163 ft. Disagio 381 Diskontierungsfaktor 65, 201,400 Duration 212, 223 ft. Einlage 371 Einkommensteuer 407 ft. Einzelentscheidung 70 Einzelprojektbeurteilung 71,273 f. Endwertmaximierung 374 Entnahme 371 Entnahmemaximierung 375 Entscheidungsneutralit~it 405 Enumeration, vollst~indige 168 Ersatzzeitpunkt, optimaler 158 Ertragsteuern 407 Ertragswert 89 Ertragswertabschreibung 442 ft.
Berechnungsmethode, retrograde 198 ft. Bestandsgr613e 372
Erwartungshypothese 217
Besteuerung, residualgewinnorientierte 460 ft. Besteuerung, zinskorrigierte 463
Festkredit 381 Finanzierungssaldo 372
Betrachtung, marginalanalytische 156
Finanzierungstheorie 1
Break-even-Menge 121 f.
Finanzinvestitionen 12, 62 f., 429
Break-even-Preis 123
Finanzplan, vollst~indiger 431 ft. Finanzwirtschaft 1
Cashflow-Steuer 453 ft. Chance-constrained-Programming-Ans~itze 396
Cobb-Douglas-Nutzenfunktion 11,450 Dar|ehnsgerade 298 f. Dauerschulden 408
Dean-Modell 329 ft. Differential, totales 10
Fisher-Effekt, Internationaler 267 ft. Fisher-Effekt, Nationaler 243, 278 ft. Fisher-Hypothese 243 ft. Fisher-Separation 57 f., 61, 262 f., 424, 454, 464 Fortschritt, technischer 173 ft. Fremdkapitalkostensatz 384 Fremdw~ihrung 264
498 Gesetz des Einheitspreises 46, 284
Kapitalangebotsfunktion 331 ft.
Gewerbe(ertrag)steuer 407 ft.
Kapitalangebotskurve 331 ft.
Gewinn, 6konomischer 446, 473
Kapitalkostenminimierung 384
Gewinnsteuer 412
Kapitalkostensatz 331
Gewinnvergleich 83, 90 ft.
Kapitalkostensatz, pagatorischer 333
Grenznutzen 10
Kapitalkostensatz, wertm~iSiger 333 f.
Grenzrate der Substitution 30 ft., 375, 399 f.
Kapitalnachfragefunktion 330 ft.
Grenzrate der Transformation 34
Kapitalnachfragekurve 330 ft.
Grenzrendite 36
Kapitalwert 60, 400 f., 426 ft.
Grenzsteuersatz 410
Kapitalwertkriterium 63 f.
Grti6e, nominale 230
Kassagesch~ift 192
Gr6ge, reale 230
Kassawechselkurs 273
Habenzinssatz 293
Kassenhaltung 16
Halbeinktinfteverfahren 410
Kaufkraftparit~itentheorie 285 ft.
Hirshleifer-Modell 293 ft., 360 ft., 424 f.
Ketteneffekt 169 f.
Hyperebenen 191
Klienteleffekt 319 ft.
Kassazinssatz 192
Komplexit~itsreduktion 185 Indifferenzkurve 28 ft.
Konditionenvielfalt 377
Inflationsrate 229
Konsumauszahlungen 8 ft.
Inlandsw~ihrung 264
Konsumneutralit~it 421,449, 458 f.
Investitionscontrolling 482
Konsumbesteuerung 454
Investitionsertragsfunktion 13 ft.
Kontokorrentkredit 378
Investitionsertragskurve 17 f.
K6rperschaftsteuer 409 f.
Investitionsneutralit~it 421,435 ft.
Kostenvergleich 83
Investitionsprogramm 14
Kreditgerade 297 f.
Investitionsprojekt 13
Kuhn-Tucker-Lagrange-Ansatz 397 ft.
Investitionsrechnung, dynamische 83 Investitionsrechnung, statische 83
Laplace-Prinzip 452
Investitionstheorie 1
Leerverkauf 208
Isonutzenlinie 28 ft.
LP-Ans~itze 393 ft. Liquidation 158
Kalkulationszinsfuf3, endogener 308, 337 f., 389 f., 397 ff.
Liquidationserl6s 160
Liicke-Theorem 460 ft., 477 f.
Kapitalbedarfsrechnung, bilanzbezogene 93 Kapitalbudget 335
Marktwert 62, 312 ff.
Kapitalgesellschaft 409
Marktwertmaximierung 64
Kapitalmarkt, vollkommener 44 f. Kapitalmarktgerade 46 ft., 417 ft.
499 Nennbetrag 207
Risikoaspekte 396, 481
Neutraler 53, 305 f.
Rollback-Verfahren 168
Nominalbetrag 207
Riickw~irtsinduktion 167 f.
Nominalzinssatz 230 ff. Normalfinanzierung 129
Schuldnertyp 53, 302
Normalinvestition 129
Sofortabschreibung 453 f.
Nullkupon-Anleihe 200
Solidarit~itszuschlag 409 fo
Nullpunktfestlegung 116
Sollzinssatz 293
Nullstellenbestimmung 128
Sparbrief 208
Nutzungsdauer 78
Standardmodell 412
optimale 158
Steuern 405 ff.
maximale 160
Steuerparadoxon 435 ff. Steuersatz 407
Operations Research 173, 393 f.
StromgrN~e 372
Optimierungsprobleme, lineare 393 ff.
Substanzsteuern 407
Ordinalit~it einer Nutzenfunktion 9 f. Tabellenkalkulationsprogramm 395 Parameter 119
Teilbarkeit 14, 19 ff.
Parameterregeln 113 ft.
Terminanlage, synthetische 218
Parametervergleich, mittelbarer 146, 358, 376
Termingesch~ift 192
f., 384
Terminwechselkurs 273
Parametervergleich, unmittelbarer 147
Terminzinssatz 191 f., 215 ft.
Periode, repr~isentative 88 f.
Transaktionskosten 295 f.
Personengesellschaft 412
Transformationsfunktion 26 f.
Pr~iferenzen, homothetische 450
Transformationskurve 26 f., 415
Preisniveau 228 f. Prinzip der arbitragefreien Bewertung 46
Unabh~ingigkeit 13, 22 ft'.
Programmierung, Lineare 393 ff. Verfiigungsgesch~ift 192 Realinvestitionsfunktion 13 ft.
Verpflichmngsgesch~ift 192
Realinvestitionskurve 17 f.
Volumeneffekt der Besteuerung 429, 437 f.
Realinvestitionen 12 f.
Vorzeichenregel, kartesische 129 f.
Realzinssatz 230 ff. Rendite 14
Wechselkurs 262
Renditemaximierung 376
Wechselkursrendite 269 f.
Rentabilit~itsvergleich 83
Wert, kritischer 120
Rente, ewige 184
Wertadditivit~it 69 f., 117, 156, 168, 195, 434
Rentenbarwertfaktor 84 ff. Residualgewinn 461 f.
Zahlungen, derivative 369
500 Zahlungen, origingre 369 Zero Bond 197, 200 Zero-Bond-Abzinsungsfaktor 200 Zinseffekt der Besteuerung 428, 437 f. Zinsen, kalkulatorische 92, 461 ZinsfuB, interner 124 ff. Zinskurve 212 Zinsparit~itentheorie, ungedeckte 267 Zinsstruktur 212 flache 213 inverse 213 nicht-flache 213 normale 212