L. Bubendorf · G. E. Feichter · E. C. Obermann · P. Dalquen Pathologie Zytopathologie
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Herausgegeben von G. Klöppel · H. H. Kreipe · W. Remmele
Pathologie Begründet von W. Remmele Dritte, neubearbeitete Auflage
L. Bubendorf · G. E. Feichter · E. C. Obermann · P. Dalquen
Zytopathologie
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Werkherausgeber
Autoren
Prof. em. Dr. Günter Klöppel TU München, Institut für Pathologie Konsultationszentrum für Pankreas- und Endokrine Tumore Ismaninger Straße 22 81675 München
[email protected]
Prof. Dr. Lukas Bubendorf Institut für Pathologie Universitätsspital Basel Schönbeinstrasse 40 4031 Basel, Schweiz
[email protected]
PD Dr. Ellen C. Obermann Institut für Pathologie Universitätsspital Basel Schönbeinstrasse 40 4031 Basel, Schweiz
[email protected]
Prof. Dr. Georg E. Feichter Institut für Pathologie Universitätsspital Basel Schönbeinstrasse 40 4031 Basel, Schweiz
[email protected]
Prof. em. Dr. Peter Dalquen Institut für Pathologie Universitätsspital Basel Schönbeinstrasse 40 4031 Basel, Schweiz
[email protected]
Prof. Dr. Hans H. Kreipe Medizinische Hochschule Hannover (MHH) Zentrum Pathologie und Rechtsmedizin Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover
[email protected] Prof. em. Dr. Wolfgang Remmele Institut für Pathologie Kliniken der Landeshauptstadt Ludwig-Erhard-Straße 100 65199 Wiesbaden
[email protected]
ISBN 978-3-642-04561-5
e-ISBN 978-3-642-04562-2
DOI 10.1007/978-3-642-04562-2 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2011 Springer-Verlag Berlin Heidelberg Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenver arbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Einbandgestaltung: deblik Berlin Herstellung und Satz/Repro: Fotosatz-Service Köhler GmbH – Reinhold Schöberl, Würzburg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Geleitwort
Rudolf Virchow gilt zu Recht als Begründer der modernen Pathologie. Er war der Auffassung, die Diagnose „Krebs“ dürfe nur beim „Nachweis von Epithel an ungehörigem Orte“ gestellt werden. Den neoplastischen Veränderungen des wuchernden Epithels maß er keine diagnostische Bedeutung bei. Das führte dazu, dass er den Kehlkopfkrebs von Kaiser Friederich III. auf Grund fehlender Invasion als „Pachydermia verrucosa“ deutete. Sein Kollege, Heinrich Wilhelm Waldeyer, der damals als Anatom in Berlin tätig war, untersuchte den Auswurf des prominenten Patienten unter dem Mikroskop und kam auf Grund der zytologischen Epithelveränderungen zum Schluss, es handele sich um einen Krebs. In seinen Erinnerungen heißt es: „Ich bekenne, dass ich nach dem von Virchow beschriebenen Befunde an der Diagnose „Krebs“. nicht mehr gezweifelt und diese anatomische Diagnose auch bestimmt ausgesprochen hätte.“ Die Autopsie, die er mit R.Virchow zusammen durchführte, ergab ein metastasierendes Kehlkopfkarzinom. Der Autopsiebericht Virchows endet mit dem lapidaren Satz: „Einer Epikrise bedarf es nicht.“ 1 Die Auffassung Virchows, nur der Nachweis der Invasion erlaube die Diagnose eines Karzinoms, hat sich ein Jahrhundert erhalten und gerade in Deutschland zu einer ungebührlichen Marginalisierung der Zytopathologie geführt.
1
Georg Dhom (2001) Geschichte der Histopathologie. Springer Verlag, Heidelberg New York, Seite 156–159 und 320–329.
Ich bin deshalb glücklich, dass die Herausgeber des Handbuchs einen Band der Zytopathologie gewidmet haben und damit die Eigenständigkeit und Bedeutung der Zytopathologie im Rahmen unseres Gesamtfachs Pathologie betonen. Der Leser wird feststellen, dass der Zytopathologe nicht nur zwischen „Gut und Böse“ unterscheiden kann, sondern dass die gleichen immunzytochemischen, molekularbiologischen und genetischen Untersuchungen, wie wir sie aus der Histopathologie kennen, auch erfolgreich an zytologischen Präparaten durchgeführt werden können. Im Übrigen muss man kein Prophet sein, um bei den gegenwärtigen Fortschritten der molekularbiologischen Forschung gerade in der Tumordiagnostik eine weitere Minimierung des Untersuchungsgutes vorauszusagen. Was diagnostisch mit der Autopsie begann, wird bezüglich der Diagnose vieler Tumoren bei der Feinnadelaspiration enden. Doch wäre es falsch, die Zytopathologie gegen die Histo pathologie (oder umgekehrt) auszuspielen. Keine Methode ist grundsätzlich besser als die andere. Beide Methoden haben Vorteile und Grenzen und sind daher „gleichgewich tige“ Partner auf dem Weg zu einer optimalen Diagnose und gehören in unser gemeinsames Haus „Pathologie“. Basel, Herbst 2010
2
Prof. em. Michael J. Mihatsch2
1988–2007 Ordinarius für Pathologie und Vorsteher des Instituts für Pathologie, Universitätskliniken Basel.
Vorwort der Werkherausgeber
Der vorliegende Band zur Zytopathologie ist in die dritte Auflage des Gesamtwerkes „Pathologie“ eingegliedert worden. Der Vorgänger dieses Bandes wurde der zweiten Auflage der „Pathologie“ als Ergänzungsband hinzugefügt. Somit handelt es sich streng genommen bei der jetzt vorliegenden Zytopathologie um eine zweite, nun aber neubearbeitete Auflage. Ausgehend von der Erstauflage wurde die Neubearbeitung der Zytopathologie von Lukas Bubendorf, Georg E. Feichter, Ellen C. Obermann und Peter Dalquen vorgenom men. Dabei kam es zu keiner Hinzunahme neuer Themen, aber zu ihrer Vertiefung und Neugestaltung, wo immer es nötig war. Dies hat die Qualität des Bandes weiter verbessert und seine Position als Standardwerk in der deutschsprachigen Literatur zur Zytopathologie verstärkt. Der vorliegende Band umfasst in einem ersten Bereich die zytopathologischen Grundlagen. Die organbezogene Zytopathologie bildet einen zweiten Bereich, während ein dritter Bereich die zytologische Methodik zum Inhalt hat. Natürlich werden auch Schwerpunkte gesetzt, die sich an der Praxis der Zytopathologie orientieren. So wurde zum Beispiel der Zytopathologie der Schilddrüse besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Andererseits finden sich aber auch grundlegende Informationen in jenen Bereichen, die klassischer Weise nicht zur Domäne der
Zytopathologie gehören wie der Gastrointestinaltrakt, oder nicht mehr gehören, wie die Mammadiagnostik, wo die stanzbioptische Histologie heute vorrangig ist. Schließlich enthalten die wichtigsten allgemeinen Kapitel, so das Tumorkapitel, alle zum Verständnis der Tumor genese und Tumorzellmorphologie notwendigen Informationen. Unser Dank gilt den vier Autoren des ZytopathologieBandes. Sie haben mit viel Mühe, Zeitaufwand und Sorgfalt das Zustandekommen des Gesamtwerkes ermöglicht. Wenn wir unter den vier Autoren Herrn Peter Dalquen hervorheben und besonders danken möchten, dann deswegen, weil er die Zusammenstellung der geschriebenen Kapitel und ihre Durchsicht auf sich genommen hat und damit zur treibenden Kraft bei der Drucklegung der Zytopathologie wurde. Danken möchten wir außerdem Frau Martha Berg und Frau Blasig als Mitarbeiterinnen des Springer Verlags für ihren intensiven Einsatz beim Zustandekommen dieses Bandes. München Hannover Wiesbaden im Oktober 2010
Günter Klöppel Hans H. Kreipe Wolfgang Remmele
Vorwort zur Neuauflage
In den zehn Jahren seit Erscheinen der ersten Auflage haben sich die Methoden und damit die diagnostischen Möglichkeiten der Zytologie, aber auch die Klassifikation der Tumoren weiter fortentwickelt. Deshalb drängten sich Ergänzungen und eine Umarbeitung weiter Teile des Buches auf. So gehören immunzytochemische und molekularbiologische Untersuchungen mittlerweile zu den Standardmethoden eines zytologischen Labors, ohne die eine differenzierte Tumordiagnostik als Voraussetzung einer gezielten Therapie nicht denkbar ist. Auch manche Methoden der Aufarbeitung zytologischer Proben, insbesondere die Zellblock-Technik und die flüssigkeitsbasierten Methoden mussten neu bewertet werden. Große Teilgebiete der Zytologie befinden sich im Umbruch. Die Mamma- und Prostatazytologie haben vielerorts gegenüber der Stanzbiopsie an Bedeutung verloren, während die transendoskopische ultraschallgesteuerte Feinnadelaspiration den Zytopathologen vor ganz neue Herausforderungen stellt. Neue molekularbiologische Marker und die HPV-Impfung eröffnen der gynäkologi schen Untersuchung zur Krebsfrüherkennung neue Wege. Wir betrachteten es als unsere Aufgabe, diesen Entwicklungen gerecht zu werden, ohne etabliertes Wissen preiszugeben, und die ganze Breite des möglichen Einsatzes der Zytologie darzustellen, darunter auch die Einsatzmöglichkeiten in Organgebieten, in denen sie gegenwärtig seltener zum Einsatz gelangen wie in der Diagnostik von Lymphomen und Sarkomen. Um dem Buch eine möglichst breite Anwendung in der Praxis zu sichern, wurden auch seltenere Anwendungsbereiche wie die Zytologie des Hodens und der Hodentumoren sowie des Auges ausführlicher als in der ersten Auflage dargestellt. Unser wichtigstes Bestreben war, unser Buch im Vergleich zur ersten Auflage benutzerfreundlicher zu gestalten. Die Abbildungen sind jetzt direkt in den Text eingefügt. Die Abbildungen der ersten Auflage wurden durch weitere Abbildungen ergänzt. Wir verzichten auch in der neuen Auflage mit wenigen Ausnahmen auf histologische Abbildungen, da die Histologie der Tumoren in den anderen Bänden des von Klöppel, Kreipe und Remmele
herausgegebenen mehrbändigen Werkes der PATHOLOGIE (3. Auflage) ausführlich illustriert wird. Hinsichtlich seltener Befunde und zur Einarbeitung in die Zytopathologie empfehlen wir in Ergänzung zu den Abbildungen des Buches über das Internet zugängliche Bilddateien wie die der European Federation of Cytology Societies (http://www.efcs.eu/index) und der Technischen Universität München (http://www.zytologie.de/bilder/) sowie un seren Zytologiekurs auf Pathorama (http://pathorama.ch/). Ausgehend vom Text der ersten Auflage erfolgte die Umarbeitung unter Federführung von Peter Dalquen. Wir betrachten das Buch als Gemeinschaftswerk aller ärztlichen und zytotechnischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zytologischen Abteilung des Instituts für Pathologie am Universitätsspital Basel. Bei der Durchsicht und Überarbeitung des Methoden-Kapitels halfen Brigitte Kleiber (MIAC), Betty Baschiera und Bruno Grilli. Thomas Schürch danken wir für die stete Hilfsbereitschaft bei der Herstellung der Photos. Besonders danken möchten wir für die kritische Durchsicht einiger uns wichtig erscheinender Kapitel: Guido Sauter/UKE Hamburg (Tumorbiologie), Michael J. Mihatsch/Basel (BKNephropathie), Karl H. Bohuslavizki/Hamburg (Schilddrüse), Günter Klöppel (neuroendokrine Tumoren), Hans Kreipe (Mamma), Nina Hurwitz und Stefan Dirnhofer/Basel (Lymphome), Stefan Frank/Basel (Zentralnervensystem) sowie Jozef Zustin/UKE Hamburg (Stützund Weichteilgewebe). Schließlich gilt unser Dank auch Wolfgang Remmele, der über mehrere Jahre hinweg mit sanftem Zuspruch unsere Motivation stützte. Danken möchten wir auch den Mitarbeitern des Springer Verlags, insbesondere Martha Berg, Ellen Blasig und Peter Grumbach für ihre Unterstützung bei der Fertigstellung und Drucklegung des Manuskripts. Basel, im Oktober 2010
L. Bubendorf G. Feichter E. Obermann P. Dalquen
Vorwort zur Vorauflage
Die Zytopathologie hat sich in den vergangenen 30 Jahren zu einer eigenständigen Disziplin innerhalb der klinischen Pathologie entwickelt. In vielen Fällen ist sie die einzige Methode, die zur Diagnose führt. Zytologie und Histologie mögen zwar gelegentlich als konkurrierende Methoden auftreten, doch hat sich heute weitgehend die Einsicht durchgesetzt, dass die Kombination beider Methoden in vielen Fällen die Sensitivität der morpho logischen Untersuchungen erhöht und die diagnostische Sicherheit steigert, zumal alle modernen immunzyto chemischen, molekularbiologischen und sonstigen Techniken auch an zytologischen Präparaten mit Erfolg anwendbar sind. Der in den letzten Jahren zu beobachtende Trend, die Diagnostik so weit als möglich in den ambulanten Bereich zu verlagern und die Patienten, wo immer möglich, nur zur Behandlung ins Krankenhaus einzu weisen, wird noch mehr als bisher dazu zwingen, immer differenziertere Diagnosen an immer kleineren Gewebsund Zellproben zu stellen. Die Anforderungen an die Zytologie werden zunehmen. Es war daher nur folgerichtig, dass W. Remmele seit längerem daran dachte, einen Ergänzungsband „Zytopathologie“ zu seinem Lehr- und Nachschlagewerk „Pathologie“ herauszugeben. Unser Entschluss, ein Zytologiebuch zu schreiben, reifte aber lange bevor wir uns darüber Gedanken machten, in welchem Rahmen es einmal erscheinen soll. Der Springer-Verlag vermittelte den Kontakt zu Herrn Remmele. Wir fanden uns rasch, da unser Konzept in das Konzept seines Werkes passte. Wir verdanken ihm viele Anregungen. Seine Offenheit für unsere Ideen und seine Hilfsbereitschaft fanden wir stimulierend. Wie kamen wir dazu, ein weiteres Zytologiebuch zu schreiben? Bei Zytologie-Seminaren mussten wir immer wieder feststellen, dass ein umfassendes deutschsprachi ges Zytologiebuch fehlt, in dem die zytologischen Befunde nicht isoliert, sondern als Mosaikstein der klinischen und pathologischen Diagnostik betrachtet und dargestellt werden. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Kurse scheiterten in ihrem zytodiagnostischen Bemühen schon bei der Aufarbeitung des Untersuchungsmaterials. Die zytotechnischen Assistentinnen und Assistenten vermissten, obwohl es eine ganze Reihe hervorragender englischer Bücher gibt, eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnit-
tene Arbeitsgrundlage. Sie vermissten ein Buch, in dem auch für sie verständlich die theoretischen Voraussetzungen der Zytodiagnostik dargestellt werden. Nach unserer Überzeugung ist in einer gut geführten zytologischen Abteilung eine enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten und ZTA erforderlich. Daher richtet sich unser Buch gleichermaßen an Ärzte und ZTA. Wir versuchten, Anglizismen zu vermeiden, wo gut verständ liche deutsche Termini zur Verfügung stehen. Da wir aber damit rechnen und hoffen, dass sich unsere Leser auch mit der angelsächsischen Literatur auseinander setzen, sind die entsprechenden englischen Termini in Klammern hinzugesetzt. Da auch ZTA über ein gewisses Maß an medizinischem und theoretischem Wissen verfügen müssen, versuchten wir, die wichtigsten klinischen, allgemeinpathologischen und histologischen Tatsachen, soweit wir sie für das Verständnis und für die Interpretation der zytologischen Befunde als notwendig erachten, in die zytologische Darstellung einzubeziehen. Besonderen Wert legten wir auf die Darstellung der immunzytochemischen Methoden; sie gehören unseres Erachtens heute auch in der Zytologie zum täglichen Rüstzeug. Überschneidungen mit anderen Bänden des Remmele’schen Lehr- und Nachschlagewer kes waren nicht immer zu vermeiden, da das Buch auch als Einzelband benutzbar sein soll. Textgliederung, Hervorhebung der zytologischen Kriterien und Querverweise sollen die Benutzung des Buches als Lehr- und Nachschlagewerk erleichtern. Bei der Darstellung der Labortechniken scheuten wir nicht vor einer einseitigen Wertung der Präparations-, Fixations- und Färbetechniken zurück, weil wir überzeugt sind, dass nur eine durch Erfahrung abgesicherte und wissenschaftlich fundierte Zytodiagnostik zum Erfolg führt. Die einzelnen Kapitel wurden von den verschiede nen Spezialisten unseres Instituts kritisch gegengelesen: L. Bubendorf (auch Mitverfasser des Prostata-Kapitels), F. Gudat und N. Hurwitz (Lymphknoten), G. Jundt (Stützund Weichteilgewebe), M. Oberholzer (Schilddrüse), G. Sauter (Harntrakt), L. Terraciano (Magen-DarmTrakt), M. Tolnay (Liquor cerebrospinalis und Hirn tumoren) und J. Torhorst (Tumorbiologie, Mamma). J.P. Obrecht (früher Leiter der Abteilung Onkologie,
XII
Vorwort zur Vorauflage
antonsspital Basel) trug wesentlich zum Konzept des K Lymphknotenkapitels bei. M. Solèr (Abteilung Pneumologie des KBS) verdanken wir Anregungen zum Kapitel „Respirationstrakt“. Viele wertvolle Anregungen verdanken wir auch externen Kollegen und ZTA: W. Feiden (Liquor, Hirn tumoren), H. Flenker (Allgemeine und Gynäkologi sche Zytologie), R. Goertchen (Harntrakt, Lymphome), P. Leonhard (Respirationstrakt), H.-A. Müller (Verdauungstrakt, Prostata), E. Müller-Leibenger und A. Wilhelm (Zytologische Methoden), R. Schäffer (Ergüsse), U. Schenck (Schilddrüse), H. Schöndorf (Mamma) und J. Willems (Stütz- und Weichteilgewebe). – Wir danken auch allen Kollegen, die uns Abbildungen für den Atlasteil überließen, ganz besonders Peter Spieler/St. Gallen für seine spontane und großzügige Hilfsbereitschaft. Zum Zustandekommen des Buches trugen die ZTA der Zytologischen Abteilung des Basler Instituts für Pathologie wesentlich bei. Das Methoden-Kapitel hätten wir ohne die Hilfe von Betty Baschiera, Sylvia Delfs, Bruno Grilli und Brigitte Kleiber nicht schreiben können. Bei der Ausarbeitung des Liquor-Kapitels wirkte S. Delfs von Anfang an mit. Susann Gobat, Christiane Hamm, Michelle Her-
zog, Dagmar Maus, Sandrin Vogel und Blanka Theiss halfen uns bei der Materialsammlung für die zytologi schen Abbildungen und prüften weite Teile des Manus kriptes auf Textverständlichkeit. Bei den photographi schen Arbeiten unterstützten uns Cora Bauer und HansRuedi Zysset. Unser besonderer Dank gilt Herrn Klemens Schwind für die freundliche und geduldige Beratung und Hilfe bei der Herstellung des Buches. Wir widmen das Buch unseren Lehrern Klaus Goerttler (Feichter) und Paul Grétillat (Dalquen). Für Goerttler gehörte die allgemeine Pathologie zum notwendigen Rüstzeug des Zytopathologen; er wollte die zytologischen Befunde nicht nur beschreiben, sondern verstehen und war deshalb stets Zusatzmethoden gegenüber aufgeschlossen, die ihm dabei halfen. Grétillat machte die Zytologie, die zu seiner Zeit noch viele als „Kunst“ und mit Intuition betrieben, durch Aufstellung klarer und nicht nur in Schlagworten fassbaren Kriterien lehrbar. Beiden Ansätzen versuchten wir gerecht zu werden. Basel, im November 1999
G. Feichter P. Dalquen
Inhalt
1 Funktionelle Anatomie der Zelle . . . . . . .
1
16 Magen-Darm-Trakt . . . . . . . . . . . . . . . 351
2 Grundlagen der Tumorbiologie . . . . . . . . 19
17 Speicheldrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377
3 Zytologische Tumorkriterien . . . . . . . . . . 33
18 Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397
4 Häufig vorkommende Zellen und Zellprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . 47
19 Leber und Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . 411
5 Krankheitserreger . . . . . . . . . . . . . . . . 59 6 Ovarien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 7 Cervix uteri und Vagina . . . . . . . . . . . . 97 8 Endometrium . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 9 Vulva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 10 Brustdrüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 11 Männliches Genitale . . . . . . . . . . . . . . . 205 12 Harntrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 13 Respirationstrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 14 Seröse Höhlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 15 Gelenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347
20 Schilddrüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 21 Nebenschilddrüse . . . . . . . . . . . . . . . . 459 22 Nebenniere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 23 Haut und Subkutangewebe . . . . . . . . . . . 467 24 Lymphknoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 25 Zentralnervensystem . . . . . . . . . . . . . . 529 26 Auge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 27 Stütz- und Weichteilgewebe . . . . . . . . . . 563 28 Zytologische Methoden . . . . . . . . . . . . . 605 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643
Abkürzungsverzeichnis
A AAH ABC ACTH ADCA ADP AEC AFP AgNOR AGUS AIDS AIL AILD AIN AIS ALK AK ANCA APAAP APUD ATLL ATP BA BAL BALT BAK BCG BKV BL BO BOOP BPH BRE BS BZ
Arbeitsvorschrift Atypische adenomatöse Hyperplasie Avidin-Biotin-Komplex-Methode Adrenokortikotropes Hormon Adenokarzinom Adenosindiphosphat Amino-Äthyl-Carbazol Alpha-Fetoprotein Versilberungsfärbung der „nucleolar organizer regions“ Atypic glandular cells of undetermined significance Aquired immune deficiency syndrome Angio-immunoblastisches Lymphom Angio-immunoblastisches Lymphom mit Dysproteinämie Anorektale intraepitheliale Neoplasie Adenocarcinoma in situ „Anaplastistic lymphoma kinase“ Antikörper Antineutrophil cytoplasmic autoanti bodies Alkalische-Phosphatase-anti-alkalischePhosphatase-Komplex Amine precursors uptake and decarboxylation Adult(s) T-Zell-Lymphom/Leukämie Adenosintriphosphat Bürstenabstrich Bronchoalveoläre Lavage Bronchus-associated lymphatic tissue Bronchioloalveoläres Karzinom Bacillus Calmette-Guérin Polyomavirus vom BK-Typ Bronchiallavage Bronchiolitis obliterans Bronchiolitis obliterans organizing pneumonia Benigne Prostatahyperplasie Bloom-Richardson-Elston-Grading Bronchialsekret Basalzelle
CALLA CBCC CD CEA CIN CIS CK CLL CMV COP CT DAB DCC DCIS DES DHT DI DMF DNA EAA EBV EGFR EIA ELISA EM EMA ER ERCP EREIA EUS-FNA FA FACS FBZ FDA
Common acute lymphoblastic leukemia antigen Zentroblastisch-zentrozytisches Lymphom (= follikuläres Lymphom) Cluster definition Karzinoembryonales Antigen Zervikale intraepitheliale Neoplasie Carcinoma in situ Zytokeratin Chronische lymphatische Leukämie Zytomegalievirus (auch ZMV) Chronic organizing pneumonia Computertomographie Diamino-Benzidin-Tetrachlorid Dextran-coated charcoal assay Duktales Carcinoma in situ der Mamma Diäthylstilböstrol Dihydrotachysteron DNA-Index (daraus abgeleitet DNA-Ploidie) Dimethylformamid Desoxyribonukleinsäure Exogen-allergische Alveolitis Epstein-Barr-Virus Epidermal growth factor receptor Enzyme immunoassay Enzyme-linked Immunoabsorbent Assay Elektronenmikroskopie Epitheliales Membran-Antigen Östrogenrezeptor Endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie Estrogen-receptor-enzyme Immunoassay Endoskopische ultraschall-gesteuerte Feinnadelaspiration Fibroadenom Fluorescence activated cell sorting Flüssigkeitsbasierte Zytologie (= „Dünnschicht-Zytologie“) Food and Drug Administration (USA)
XVI
Abkürzungsverzeichnis
FDZ FGA FIGO FNA FNH FSH HBSF HCA HCC HCG HCV HGD HHV8 HIV HMB45 HLA HLA-DR HP HPV HSV HTLV1 IBL ICC IF IDZ IGF IL IIP IUD/IUP ISSVD IZ JCV KBR kD KI LCA LCIS LCNEC LDH LE-Zellen LGD LH LM LMS LOH LZ
Follikuläre dendritische Zelle Frischgewebsabstrich Federation Internationale de Gynecologie et des Obstetriques Feinnadelaspiration Fokale noduläre Hyperplasie (der Leber) Follikelstimulierendes Hormon Harnblasenspülflüssigkeit Hepatozelluläres Adenom Hepatozelluläres Karzinom Humanes Choriongonadotropin Hepatitis-C-Virus Hochgradige Dysplasie/high-grade dysplasia Humanes Herpesvirus 8 Humanes Immundefizienz-Virus Human melanoma black 45 Histokompatibilitätsantigen HLA-gene-locus related Helicobacter pylori Humanes Papilloma-Virus Herpes-simplex-Virus Humanes T-Zell-Leukämie-Virus 1 Immumoblastisches Lymphom Immunzytochemie Intermediärfilament(e) Interdigitierende Zelle Insulin-like growth factor Interleukin Idiopathische interstitielle Pneumonie Intrauterine device/Intrauterinpessar International Society for the Study of Vulvar Disease Intermediärzelle Polyomavirus vom JC-Typ Komplement-Bindungsreaktion Kilo-Dalton Karyopyknoseindex Leucocyte-common antigen Lobuläres Carcinoma in situ/lobuläre Neoplasie (der Mamma) Large cell neuroendocrine carcinoma Laktatdehydrogenase Lupus erythematodes-Zellen Leicht- bzw. geringgradige Dysplasie/ low-grade dysplasia Luteinisierendes Hormon Lichtmikroskop Leiomyosarkom Loss of hetrogosity Langhans-Zelle
MALT mAK MAK MDT MDR MEN MF MFH MGG MP MPH MRCP MRI MRT MT NECA NEN NOR NOS NET NK NSE NSIP OH pAK PAP Pap PapF PAS PBZ PCNA PCR PECA PIN PLAP PLE PLL PNET PR PSA PTAH RA RF RIA RLBA RMS RER RES
Mucosa-associated lymphatic tissue Monoklonaler Antikörper Mikrosomale Autoantikörper Magen-Darm-Trakt Multi drug resistance Multiple endocrine Neoplasie Mikrofilament Malignes fibroses Histiozytom May-Grünwald-Giemsa-Färbung Morbus Paget Makrophagen Magnetresonanz-Cholangiopankreatiko graphie Magnetic resonance imaging (= MRT) Magnetresonanztomographie Mikrotubulus/Mikrotubuli Neuroendokrines Karzinom Neuroendokrine Neoplasie Nucleolar organizer regions „Not otherwise specified“ Neuroendokriner Tumor Natürliche Killerzellen Neuronspezifische Enolase Non-specific interstitial pneumonia Ovulationshemmer Polyklonaler Antikörper Peroxydase-anti-Peroxydase-Komplex Pap-Abstrich Papanicolaou-Färbung Periodic-acid-Schiff-reaction (Färbung) Parabasalzelle Proliferative cell nuclear antigen Polymerase chain reaction (PolymeraseKettenreaktion) Plattenepithelkarzinom Prostatic intraepithelial neoplasia Plazentale alkalische Phosphatase Pleuraerguss Prolymphozyten-Leukämie Primitiver neuroendokriner Tumor Progesteronrezeptor Prostata-spezifisches Antigen Phosphotungstic acid hematoxylin procedure (Phosphor-WolframsäureHämatoxylin-Färbung) Rheumatoide Arthritis Rückflussvolumen (der BAL) Radioimmunoassay Radioliganden-Bioassay Rhabdomyosarkom Raues endoplasmatisches Retikulum Retikuloendotheliales System
Abkürzungsverzeichnis
RNA RSV SD SER SIL SLL SMA SP SPF SPP SSF SZ TAK TBFNA TCR TCRR TGF TLI TMA TPA
Ribonukleinsäure Respiratory syncytial virus Schilddrüse Glattes („smooth“) endoplasmatisches Retikulum Squamous intraepithelial lesion Small lymphocytic lymphoma Smooth muscle actin Sputum S-Phasen-Fraktiuon Saure Prostata-Phosphatase Schnellschnitt-Spülflüssigkeit Superfizialzelle Thyreoglobulin-Autoantikörper Transbronchiale Feinnadelaspiration T-Zell-Rezeptor T-Zell-Rezeptor-Rearrangement Transforming growth factor Thymidin-Labeling-Index Thrombotische Mikroangiopathie Tissue polypeptide antigen
XVII
TRAK TRH TSH TUR UICC UIP Upm VAIN VEGF VIN VLDLP VZV WAF1 WF ZMV ZN ZNS ZTA
TSH-Rezeptor-Antikörper Thyreotropin-releasing hormone Thyroid stimulating hormone Transurethrale Resektion Union Internationale contre le Cancer Usual interstitial pneumonia Umdrehungen pro Minute Vaginale intraepitheliale Neoplasie Vasoendothelial growth factor Vulvar intraepithelial neoplasia Very low density lipoprotein Varizella-Zoster-Virus Wildtype p53 activated fragment 1 Waschflüssigkeit Zytomegalie-Virus (= CMV) Ziehl-Neelsen-Färbung Zentrales Nervensystem Zytotechnische Assistentin/zytotechnischer Assistent
Englische Fachausdrücke der zytologischen Deskription
Im folgenden wird lediglich eine Auswahl derjenigen Termini wiedergegeben, die in englischen zytologischen Beschreibungen immer wiederkehren und auch in der deutschsprachigen zytologischen Literatur verwendet werden. assay cartwheel pattern clear cell clearing, nuclear cleaved nuclei clumping cluster crowding cytospin feathering
Untersuchungsmethode, Prüfungsverfahren Wagenradmuster (beim MFH) helle Zelle (hellzellig) heller Kernhintergrund gespaltene, gekerbte Kerne Verklumpung des Kernchromatins in Gruppen dicht beieinander liegende, aber nicht zusammenhängende Zellen Überlagerung (nuclear crowding Kernüberlagerung) Zytozentrifugat federförmig ausgefranste Zellverbände (beim zervikalen Adenocarcinoma in situ der Cervix uteri) folding Falten ghost cells Zellschatten glassy cells Zellen mit homogenem, „glasigem“ Zytoplasma grooves Kerben (z. B. papilläres Schilddrüsenkarzinom) ground glass nuclei Milchglaskerne oat cell carcinoma Haferzellkarzinom moulding sich aneinanderschmiegende, sich gegenseitig formende Kerne sheets flache Zellverbände, Zelltapeten storyform pattern Fußmattenartiges Muster (beim MFH) twisted nuclei gewundene Kerne
Kapitel 1
Funktionelle Anatomie der Zelle
1
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
Zellverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
Zellkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
Mitochondrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
Chromatin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
Endoplasmatisches Retikulum (ER) . . . . . . . . . .
13
Kernmembran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
Golgi-Apparat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
Zellzyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
Lysosomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
Apoptose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
Äußere Zellmembran (Plasmalemm) . . . . . . . . .
15
Nukleolus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
Rezeptoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
Zytoplasma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
1
Kapitel 1
Einleitung Die Zytopathologie versucht im Unterschied zur Histopathologie nicht an Gewebsfragmenten, sondern an isolierten Zellen Krankheiten, insbesondere Tumoren zu diagnostizieren. Die zytologischen Krankheitskriterien ergeben sich aus Abweichungen von der „normalen“ Zellstruktur. Jede Zelle folgt wie der Gesamtorganismus einem anatomischen Bauplan. Sie besteht aus einer Vielzahl von Strukturelementen wie Zellkern, Zytosol, Zellmembran, Mitochondrien und vielen anderen Organellen (Abb. 1.1), die hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Lebensvorgänge Funktionseinheiten des Zellorganismus darstellen. Die einzelnen Elemente stehen untereinander in enger Beziehung, so dass die Veränderung des Funktionszustandes eines Elements Funktion und mikroskopisches Erscheinungsbild anderer Zellbestandteile beeinflusst. Das bedeutet für die Zytodiagnostik, dass sich eine krankhafte
Funktionelle Anatomie der Zelle
Zellstörung meist nicht allein an der Veränderung eines Elements, sondern an einem Mosaik von Veränderungen mehrerer Elemente ablesen lässt. Heute stehen Methoden zur Verfügung, die es erlauben, auch die funktionellen Eigenschaften einzelner Zellelemente zu analysieren. So lassen sich submikroskopische Strukturen und ihre biochemische Zusammensetzung und damit die Funktion einer Zelle immunzytochemisch im Lichtmikroskop sichtbar machen. Die Analyse der Kernsubstanz von Tumorzellen mittels DNA-Zytometrie und Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) erlaubt einen unmittelbaren Einblick in die biologischen Eigenschaften einer Zelle. Der folgende kurze Abriss der funktionellen Zellanatomie soll die notwendige Grundlage für das Verständnis der zytologischen Kriterien und der heute gebräuchlichen morphologischen Untersuchungsmethoden liefern.
Zellkern Nur das koordinierte Zusammenwirken ihrer Organellen erlaubt es der Zelle, die für die Lebensvorgänge erforderliche Energie zu produzieren, Eiweiße zu synthetisieren, von außen einwirkende Schäden abzuwehren sowie die für die Lebensvorgänge wichtigen genetischen Informa tionen zu bewahren und an die Tochterzellen weiterzugeben. Steuerzentrale dieser Vorgänge ist der Zellkern [12]. Die meisten Zellen eukaryoter Organismen, d. h. Lebewesen, deren genetisches Material in Zellkernen verdichtet ist, enthalten nur einen Kern. Einige Zellen wie die Megakaryozyten des Knochenmarks und die Urothelzellen des Nierenbeckens besitzen physiologischerweise zwei und mehr Kerne. Andere, wie Erythrozyten und Hornschuppen, verlieren ihren Kern im Laufe der Entwicklung. Der Durchmesser eines Zellkerns beträgt gewöhnlich 5–10 µm, variiert aber von Gewebe zu Gewebe erheblich. Das Verhältnis von Kern- zu Zelldurchmesser (Kern-Plasma-Relation) ist von Zelltyp zu Zelltyp (Plattenepithelzelle/Leberzelle/Lymphozyt) verschieden, aber innerhalb eines bestimmten Zelltyps mehr oder weniger konstant. Auch die Form des Zellkerns ist nur innerhalb einer bestimmten Gewebsart mehr oder weniger festgelegt. Epitheliale Zellen besitzen meist rundliche, mesenchymale, oft spindelige und Granulozyten zwei- oder dreifach gelappte Kerne.
Abb. 1.1a–k Anatomie der Zelle nach einer elektronenmikroskopischen Aufnahme gezeichnet: a Zilien mit Mikrotubuli, b Mikro filamente, c Desmosom, d Mikrofilamente des Zytoskeletts, e Zellkern, f Ribosomen des glatten endoplasmatischen Retikulum, g Golgi-Apparat, h Mitochondrium, i Nukleoporen, k Ergastoplasmaschlauch (raues endoplasmatisches Retikulum)
Chromatin Die für die Lebensvorgänge wichtigen Informationen sind im Genom gespeichert. Datenträger ist die Desoxyribonukleinsäure (DNA). Sie ist auf den Chromosomen an Eiweiß gebunden [11] (Abb. 1.2 und 1.3). Die verschie-
Zellkern
Abb. 1.2╇ Chromosomenpaar (schematisch). Jedes Chromosomen� paar ist nach diesem Muster gebaut, unterscheidet sich aber morphologisch von jedem anderen
denen Bestandteile der Chromosomen (DNA und Proteine) bilden das Kernchromatin, das sich wegen seines hohen DNA-Anteils mit basischen Farbstoffen (z.€B. Hämatoxilin) anfärbt. Alle somatischen Zellen des Menschen sind diploid und enthalten 46 paarweise angeordnete Chromosomen, von denen 44 bei beiden Geschlechtern identisch sind. Das 23.€Chromosomenpaar, die GeschlechtschromosoÂ� men, bestehen bei der Frau aus zwei gleichen (XX), beim Mann aus zwei verschiedenen Chromosomen (XY). Die haploiden Keimzellen besitzen einen einfachen Chromosomensatz. Die Chromosomen sind nur während der Zellteilung zu unterscheiden. In der Interphase zwischen zwei Zellteilungen bilden sie ein feines fadenförmiges, scheinbar beliebig aufgeknäueltes, in Wirklichkeit teils entspiralisiertes, teils spiralisiertes Chromonem. Das entspiralisierte Euchromatin bildet in der Hämatoxilin-Färbung den strukturarmen grau-blauen Kernhintergrund, das spiralisierte Heterochromatin ist in Form von feinen Chromatingranula oder etwas gröberen Chromozentren sichtbar. Eines der beiden X-Chromosomen der Frau liegt stets in Form von Heterochromatin vor und ist lichtmikroskopisch auch im Interphasenkern als Barr-Körperchen an der Innenseite der Kernmembran ständig sichtbar (Abb.€1.4). Die Chromosomen bestehen zu gleichen Teilen aus basischen Histonproteinen und sauren Nicht-HistonproÂ� teinen. Diese bilden ein Gerüst, dem die DNA in Form eines Doppelstrangs aufliegt. Dabei schlingt sich der DNA-Strang um die kugelförmigen Histone. Ein Histon mit der umgebenden DNA-Schlinge bildet eine als NukleoÂ� Ploidie Nukleosomen
Abb. 1.3╇ Aufbau eines Chromosoms nach Hirsch-Kaufmann [8]
Abb. 1.4╇ Barr-Körperchen (Pfeil). Zelle stammt aus einem VaginalÂ� abstrich
som bezeichnete strukturelle Einheit. Nukleosome und internukleosomale DNA wechseln ab. Dadurch gleicht das Chromonem einer Perlenkette. Die Desoxyribonukleinsäure (DNA: deoxyribonucleic acid) bildet ein Makromolekül, das sich aus zwei spiralförmig umeinander gewundenen Nukleinsäureketten (Doppelhelix) zusammensetzt. Ausgerollt würde die DNA eines durchschnittlich großen Chromosoms 44€mm, jene aller 46 Chromosomen 1,8€m messen! Um in einem Kern mit einem Durchmesser von etwa 6€µm Platz zu fin-
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den, muss die DNA-Kette 6000- bis 10000-mal gefaltet werden. Innerhalb des Kerns nimmt jedes Chromosom trotz ständiger Bewegung der Kernmatrix ein eigenes Territorium ein [3, 14–16]. Die Grundbausteine einer jeden Nukleinsäurekette sind Desoxyribose, Phosphorsäure sowie die vier Basen Adenosin, Cytosin, Guanin und Thymin. Je eine Base bildet zusammen mit einem Molekül Desoxyribose und Phosphorsäure ein Nukleotid, die molekulare Grund einheit eines DNA-Strangs. Den vier Basen entsprechend gibt es vier verschiedene Nukleotide. Jedes Nukleotid des einen DNA-Strangs der Doppelhelix bildet mit einem Nukleotid des anderen DNA-Strangs ein Basenpaar. Dabei gibt es nur zwei Möglichkeiten: Adenin verbindet sich immer nur mit Thymin, Guanin immer nur mit Cytosin. Die DNA-Doppelhelix besteht aus 3×109 derartigen Nuk leotidpaaren. Allein durch die nahezu unbegrenzten Variationsmöglichkeiten in der Reihenfolge der Nukleotide entsteht ein Code, der wie ein Strichcode abgelesen werden kann. So ist es möglich, die gesamte genetische Information des Organismus in der DNA eines einzigen Zellkerns zu speichern. Ein DNA-Abschnitt, der die Synthese eines Proteins kodiert, wird als Gen bezeichnet. Die Aminosäuresequenz des Proteins ist durch die Nukleotidsequenz innerhalb eines Gens vorgegeben. Ein Gen kann aus mehr als 2 Millionen Nukleotidpaaren bestehen. Doch nur etwa 1000 Paare werden für die Herstellung eines Pro teins durchschnittlicher Größe benötigt. Die dafür entscheidende Nukleotidsequenz wird als Exon, die stummen Grenzzonen werden als Intron bezeichnet. Der Weitergabe der im Genom gespeicherten Information dienen drei sich teils überlappende, teils aufei nander folgende Vorgänge: • Die DNA-Replikation stellt die Weitergabe der genetischen Information an die Tochterzellen sicher. Beide DNA-Stränge sind in Gegenwart von DNA-Polymerase und anderer Proteine zur Neubildung des komplementären Stranges in der Lage. Die Replika tion beginnt damit, dass die beiden Stränge auseinanderweichen. Jeder Strang fungiert dann als Schablone für die Bildung eines neuen komplementären DNAMoleküls, indem sich sukzessiv an jedes während des Spaltvorgangs freigelegte Nukleotid das komplementäre Gegenstück anlagert. Die DNA-Synthese läuft mit höchster Präzision ab. In weniger als 1 pro 109 Nukleotidanlagerungen kommt es durch Einbau eines falschen Moleküls zur Mutation. Andere Fehler der DNA-Synthese sind noch seltener. Die verschiedenen Möglichkeiten der Mutation sind in Abb. 2.1 (s. S. 22) dargestellt. Die DNA-Replikation ist auch in vitro möglich und wird zur Amplifikation von DNA, z. B. zum Nachweis bestimmter Genmutatio nen oder Viren benutzt (PCR: Polymerase-ChainReaction, s. S. 631).
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Abb. 1.5 Transkription einer DNA-Sequenz in mRNA und Translation unter Vermittlung eines Ribosoms von der mRNA über tRNA in eine Aminosäure [8]
• Durch Transkription wird der genetische Code in Ribo nukleinsäure (RNA) umgeschrieben (Abb. 1.5). Bei diesem Vorgang wird für die Synthese eines jeden Polypeptids bzw. Proteins eine Anfertigungsschablone aus RNA hergestellt. Bei Bedarf wird die Schablone durch die RNA-Polymerase beim betreffenden Gen angefordert, durch Kopie des Gens zusammengesetzt und in Form der Boten- oder Messenger-RNA (mRNA) ins Zytoplasma gebracht. Zur RNA-Synthese fährt die Polymerase die gesamte DNA-Kette ab und sucht das zu kopierende Gen. Sie erkennt den Beginn des Gens an einer bestimmten Nukleotidsequenz, dem Promoter, und sein Ende an einer anderen Nukleotidsequenz, dem Terminator. Die Transkription kann durch Bindung eines Repressorproteins an den Promoter blockiert werden. Während des Transkriptionsvorgangs wandert das Polymerasemolekül über den aktivierten Teil des DNA-Strangs. Dabei wird nacheinander jedes einzelne Nukleotid freigelegt, so dass sich ein passender Paarling aus der Kernmatrix an den allmählich wachsenden RNA-Strang anlagern kann. Für jedes Nukleotid der DNA wird ein Ribonukleotid (Guanin, Cytosin, Uracil und Adenin) komplementär in die neu entstehende RNA-Kette eingesetzt. Die RNA besteht also wie die DNA aus einer linearen Sequenz von Nukleotiden, doch mit zwei Unter schieden: – Der Zucker-Phosphat-Teil enthält Ribose anstelle von Desoxyribose und – Uracil tritt an die Stelle der Thyminbase, das aber wie diese zur Paarbildung mit Adenin fähig ist. Weil immer nur einer der beiden DNA-Stränge trans kribiert werden kann, trennt sich die DNA-Doppel helix wie ein Reißverschluss in ihre beiden Stränge und gibt das eben zu kopierende DNA-Nukleotid frei, um sich sofort nach dessen Transkription in ein RNA-
Zellkern
Nukleotid wieder zu schließen (s. Abb. 1.5). Bei der Transkription wird zunächst die gesamte Nukleotidsequenz des Gens (Exon + Intron) in ein RNA-Molekül umgeschrieben. Doch bevor die RNA den Kern verlässt, werden alle dem Intron entsprechenden Teile enzymatisch abgespalten („RNA-Splicing“). Erst dann ist die RNA-Schablone für die Synthese des Proteins fertig, das der in der DNA-Sequenz verschlüsselten Aminosäuresequenz entspricht. Die mRNA gelangt durch die Nukleoporen zu den Ribosomen und steht dort für die Synthese des betreffenden Proteins zur Verfügung. Nur die als Euchromatin vorliegenden entspiralisierten Abschnitte eines DNA-Strangs können transkribiert werden. Der Anteil an entspiralisierter DNA ist der Transkriptionsaktivität direkt proportional. Das Heterochromatin, so auch das in der Interphase als Barr-Körperchen sichtbare zweite X-Chromosom der Frau, steht der Transkription nicht zur Verfügung. • Die Translation ist die Übersetzung der in der mRNA gespeicherten Information in eine Sequenz aus tRNASequenzen und damit eine Vervielfältigung der für die Peptidsynthese notwendigen Schablonen (s. Abb. 1.5). Je drei Nukleotide auf dem mRNA-Strang bilden ein Kodon (= Triplet), das den Schlüssel zum Einbau einer Aminosäure in ein Peptid enthält. Jedes tRNA-Molekül enthält als Antikodon eine Sequenz von drei Nukleotiden, die mit einem korrespondierenden Triplet der mRNA eine Paarbildung eingehen und dabei die durch das Triplet vorgegebene Aminosäure auf die wachsende Peptidkette übertragen kann. Die Translation ist nur unter Vermittlung eines Ribosoms, eines großen Proteinkomplexes möglich, das während des Translationsvorgangs von einem zum anderen Ende des mRNA-Strangs wandert und so ein Triplet nach dem anderen abliest. Die mRNA enthält ein Triplet (AUG = Startkodon), das keine Aminosäure kodiert, sondern nur den Startpunkt für den Translationsvorgang angibt. Ein weiteres nichtcodierendes Triplet (UAG, UAA oder UGA = Stoppkodon) markiert das Ende des Translationsvorgangs. Mehrere Ribosomen (= Polyribosom) können gleichzeitig wie auf einer Kette aufgereiht die mRNA abtasten, was die Eiweißsynthese beschleunigt. An den Transkriptions- und Translationsvorgängen sind zahlreiche Enzyme be teiligt. Da jedes Enzym nur relativ substratspezifisch ist, kommt es bei all diesen Prozessen immer wieder zu Fehlern, die sich auf die Funktion der Zelle aus wirken können. Die Fehlerrate steigt mit der Trans kriptions- und Translationsrate. Sie ist in rasch wachsenden Geweben besonders hoch.
• Das Kernchromatin ist die Visitenkarte jeder Zelle. Seine Menge, gemessen an der Zellgröße, gibt Auskunft über den DNA-Gehalt. An seiner Struktur, d. h. an den mengenmäßigen Anteilen von Eu- und Heterochromatin und deren Verteilung innerhalb des Zellkerns, die den Anteil an transkriptorisch aktiver und inaktiver DNA widerspiegeln, lässt sich die Aktivität einer Zelle ablesen. • Die Transkription geschieht unter dem Einfluss teils organspezifischer Transkriptionsfaktoren. Diese sind immunzytochemisch nachweisbar und werden bei Metastasen zur Bestimmung des Primärtumors eingesetzt. Beispiele: TTF1 (Lungen- und Schilddrüsenkarzinome), p63 (Plattenepithelkarzinome), Cdx2 (intestinale Karzinome). • Anhand des Barr-Körperchens kann das Geschlecht bestimmt werden.
Bedeutung für die Zytodiagnostik. Aus den dargestellten submikroskopischen Vorgängen auf DNA- und chromosomaler Ebene ergibt sich für das mikroskopische Erscheinungsbild einer Zelle:
Bedeutung für die Zytodiagnostik. In stoffwechsel aktiven Zellen, auch in Tumorzellen erscheint die Kernmembran durch Chromatinanlagerungen oft verdichtet.
Kernmembran Ein funktionell so komplexes Gebilde wie die Zelle benötigt eine Struktur, die zugleich Trennungen und Verbindungen zwischen den einzelnen Kompartimenten herstellt und einen geregelten Ablauf der vielen Einzelfunktionen ermöglicht. Diese Struktur wird durch ein System semipermeabler Membranen gewährleistet. Die Kernhülle, das Karyolemm, ist Teil dieses Mem bransystems und besteht aus einer inneren und einer äußeren Lamelle. Die beiden Lamellen sind durch einen Zwischenraum getrennt. Die äußere Membran entspricht einer zystisch erweiterten Zisterne des endoplasmati schen Retikulum (s. unten). Der Stoffaustausch zwischen Kern und Zytoplasma findet im Bereich der Nukleoporen statt. Sie sind für kleine Moleküle frei permeabel, transportieren aber bestimmte hochmolekulare Proteine (z. B. Polymerase) aktiv aus dem Zytoplasma in den Kern und die Vorstufen der Ribosomen in umgekehrter Richtung aus dem Kern in das Zytoplasma (s. Abb. 1.1). Die Kontaktfläche zwischen Kern und Zytoplasma ist auf das Ausmaß des Stoffaustausches zwischen den beiden Zellkompartimenten abgestimmt. Die Kernmembran ist in ständigem Wandel begriffen. Traktionen seitens des Zytoplasmas oder der Kernmatrix wirken sich auf die Form der Membran aus. Nimmt die Stoffwechselaktivität wie beispielsweise bei rasch proliferierenden Tumorzellen zu und steigt das Austauschvolumen zwischen Kern und Zytoplasma an, vergrößert die Zelle die Austauschfläche durch Kerbungen, Buchtungen und Ausstülpungen der Kernhülle.
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Funktionelle Anatomie der Zelle
Zellzyklus Bei proliferierenden Zellen sind zwei Hauptphasen zu unterscheiden: die Mitosephase, während der die Zelle sich teilt, und die Interphase zwischen zwei Mitosen, während der sie sich auf die nächste Teilung vorbereitet. Einige Zellen scheiden schon früh in der Entwicklung eines Individuums vollständig aus dem Zellzyklus aus und widmen sich bestimmten Spezialfunktionen. Beispiele sind Ganglien- und quergestreifte Muskelzellen. Lichtmikroskopisch sind die meisten Organellen am besten in der Interphase, Chromosomen und Zentriolen in der Mitosephase zu erkennen. Drei Typen der Zellteilung werden unterschieden: • Bei der Mitose bildet sich nach Verdoppelung der DNA eine Kernspindel, die das chromosomale Material aufteilt, so dass zwei diploide Tochterzellen entstehen; bei jeder Mitose kommt es also zu einer Neuverteilung der DNA, auch die mitochondriale DNA wird nach Vermehrung aufgeteilt. Mitochondrien und mitochondriale DNA können sich aber auch außerhalb der Zellteilung bei erhöhten Anforderungen an den Stoffwechsel der Zelle vermehren. • Bei der Meiose (Reduktionsteilung) wird der DNAGehalt des Kerns vor der Zellteilung nicht verdoppelt, so dass zwei haploide Tochterzellen entstehen; dies geschieht nicht in einem Schritt, sondern bedarf mehrerer vorbereitender Zellteilungen. • Die Amitose ist eine Kernteilung ohne Ausbildung einer Kernspindel durch hantelförmige Einschnürung des Kerns.
Die Mitose ist der mit Abstand häufigste Typ der Zellteilung. Eine proliferierende Zelle durchläuft nacheinander Phasen der Teilung, Ruhe, Materialverdoppelung und erneuten Teilung. Diese Phasen bilden einen wiederkehrenden und in sich selbst mündenden Prozess, den Zellzyklus (Abb. 1.6). Bevor sich die Zelle teilt, muss das Zellmaterial (DNA, Kernprotein, Matrix, Organellen) durch Synthese verdoppelt werden. Man spricht von der Synthese-Phase, abgekürzt S-Phase. Die eigentliche Zellteilung findet in der Mitose- oder M-Phase statt. Die aktiveren Phasen der Zellteilung (S, M) werden durch Phasen relativer Ruhe, die „gap“- (engl. Lücke) oder G-Phasen unterbrochen. Das erste „gap“ (G1) tritt im Anschluss an die Mitose ein, das zweite (G2) nach Abschluss der DNA-Duplikation (S-Phase). Scheidet eine Zelle nach der Mitose zeitweilig oder für immer aus dem Zellzyklus aus und hört sie auf, sich zu teilen, spricht man von G0-Phase. Die Wahrscheinlichkeit, in G0 einzutreten, nimmt mit der Zahl der durchgemachten Teilungen zu und ist u. a. Teil des Alterungsprozesses. Die Phasen folgen einander in stets gleicher Reihenfolge: M-G1-S-G2-M‘-G1-S‘-G2-M‘‘ usw. (Abb. 1.6 und 1.8). Die Zyklusphasen zwischen zwei Mitosen werden
Abb. 1.6 Zellzyklus (Erklärung siehe Text)
Interphase, der Kern als Interphasenkern bezeichnet. Etwa 90% der Zellen der meisten Organe befinden sich in der Interphase. Bei eukaryoten Zellen beträgt die Dauer des Generationszyklus 12–24 Stunden. Eine Mitose findet in rasch proliferierenden Geweben maximal etwa alle 16–24 Stunden statt und dauert 1–2 Stunden. Bei malignen Tumoren ist die Dauer der Zyklusphasen erheblichen Schwankungen unterworfen. Während der einzelnen Zyklusphasen weist die Zelle eine Reihe von Besonderheiten auf. • In der G1-Phase nimmt die Zelle ihre üblichen Auf gaben wahr, synthetisiert Protein und sezerniert Zellprodukte. Gleichzeitig entwickelt sie sich auf die S-Phase hin, indem sie kontinuierlich Kernprotein synthetisiert, während die DNA-Menge noch konstant (diploid) bleibt. Die Dauer der G1-Phase ist variabler als die Dauer von S-, G2- und M-Phase. Sie kann einige Sekunden betragen oder so lange anhalten, dass die Zelle praktisch ruht. Die Entwicklung zur S-Phase ist aber von einem bestimmten Zeitpunkt an unumkehrbar. Sobald dieser „point of no return“ („restriction point“) in der G1-Phase überschritten ist, können die Zellen in die S-Phase eintreten und sich weiter teilen. Normalerweise ist dies nur möglich, wenn die Zellen fest, z. B. auf einer Basalmembran, verankert sind. • Der Beginn der S-Phase wird durch Abgabe eines S-Phasen-Aktivators im Zytoplasma eingeleitet. Die S-Phase ist durch schnelle DNA-Synthese bis zur exak ten Verdoppelung der DNA in jedem Chromosom gekennzeichnet. Nach Beendigung der DNA-Verdoppelung tritt eine Replikationsblockade ein, die verhin-
Zellzyklus
Abb. 1.8 Mitose (späte Metaphase) einer Karzinomzelle
Abb. 1.7 Mitosephasen
dert, dass DNA über die doppelte Menge hinaus repliziert wird. • In der G2-Phase bereitet sich die Zelle auf die Mitose vor. Sie ist nun für den S-Phasen-Aktivator unempfindlich. Das Chromatin kondensiert, und nach einer gewissen Zeit tritt die Zelle in die Mitose ein. In der G2-Phase verfügt die Zelle bereits über ein Zentrosom mit zwei voll ausgebildeten Zentriolenpaaren. • Die M-Phase ist der Höhepunkt im Zellzyklus, auf den in den übrigen Zyklusphasen hingearbeitet wird. Nur die Kernteilung bezeichnet man als Mitose, die Zyto-
plasmateilung hingegen als Zytokinese. Der Eintritt der Zelle in die Mitose wird durch einen sehr wirksamen, aus dem Zytoplasma stammenden M-PhasePromoting Factor (MPF) eingeleitet. Bei einer nor malen Mitose wird das vorher verdoppelte genetische Material gleichmäßig auf zwei Tochterkerne verteilt. Das Chromosomenknäuel verlagert sich in die Zellmitte, und die Chromosomen teilen sich in zwei identische Hälften. Dabei spielen die beiden Zentriolen und die von ihnen zeitweilig aufgebaute Mitosespindel eine aktive Rolle. Sie steuern die Wanderung der Chromosomen zu den zwei neuen Kernzentren. Die Teilung der Zelle verläuft in vier genau festgelegten Phasen (s. Abb. 1.7): 1. Prophase: Die aus der Teilung eines Zentriols hervorgegangenen beiden Zentriolen wandern zu je einem Zellpol. Zwischen den Zentriolen entsteht eine hauptsächlich aus Mikrotubuli bestehende Mitosespindel, die u. a. aus kontraktilen Elementen wie Aktin und Myosin besteht. Die Chromosomen spiralisieren sich, werden optisch dichter und mikroskopisch sichtbar. 2. Metaphase: Der Bau des Spindelapparats wird abgeschlossen. Die Kernmembran verschwindet. Die Chromosomen lösen sich aus dem Chromosomenknäuel und bilden eine Äquatorialplatte. Gleich zeitig krümmen sie sich und orientieren sich mit der Krümmung nach innen und mit den Enden nach außen. Jetzt setzt die Teilung der Chromosomen ein (s. Abb. 1.8). 3. Anaphase: Die Chromosomen teilen sich vollständig. Je ein Chromosomensatz wandert zu einem Zentriol. Die Zytokinese beginnt durch eine Einschnürung der Zellmembran entlang des äquato rialen Umfangs. 4. Telophase: Die Kernteilung ist abgeschlossen. Um jeden der beiden identischen Chromosomenhaufen bildet sich eine Kernmembran. Die Zytokinese wird abgeschlossen.
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Die Meiose dagegen (Reifeteilung, Reduktionsteilung) ist eine Form der Zellkernteilung, bei der im Unterschied zur gewöhnlichen Mitose die Zahl der Chromosomen halbiert wird. Die Meiose besteht aus zwei Teilungsschritten (1. und 2. meiotische Teilung, Meiose I und II). In der Regel folgt nach beiden Teilungsschritten je eine weitere Zellteilung, wodurch 4 Einzelzellen entstehen. Die Halbierung der Anzahl der Chromosomensätze ist die Voraussetzung für die geschlechtliche Fortpflanzung. Bei der amitotischen Zellteilung ist die Zelle nicht in der Lage, eine Mitosespindel aufzubauen. Die Kernteilung erfolgt durch Abschnürung eines Teils des Kernchromatins bei erhaltener Kernmembran. Amitotische Kernteilung kommt vor allem bei Tumoren vor (s. Kap. 2). Der Zellzyklus wird von einer großen Anzahl von Genprodukten reguliert. Oft handelt es sich dabei um immunzytochemisch nachweisbare Proteine. Die äußerst verwickelten Vorgänge können hier nur kurz skizziert werden. Die Bewegung des Zellzyklus von einer Zyklusphase in die nächste wird von Kinasen (cyclin-dependent kinases, kurz: Cdks) durch Phosphorylierung phasenspe zifischer Substrate vorangetrieben. Die Kinasen ihrerseits werden durch Bildung von heterodimeren Mole külkomplexen mit einem Zyklin aktiviert. Bei Säugetieren sind mindestens 11 Zykline (A–H plus Untergruppen) im Spiel. Sie erreichen zu unterschiedlichen Zeiten während des Zellzyklus ihre maximale Aktivität, so die Zykline C, D1–3 und E ihre maximale Aktivität beim Übergang von der G1- zur S-Phase, die Zykline A und B1–2 beim Übergang von der S- und G2-Phase in die M-Phase [6]. Das Protein Ki-67 ist offenbar in der Nachbarschaft der rRNA-kodierenden Gene an die Satelliten-DNA der Zentromerregion und des kurzen Chromosomenarms gebunden. Es erscheint bereits in der G1-Phase im Kernplasma. Während der Prophase der Mitose ist es gleichmäßig über den Zellkern verteilt. In der Metaphase hüllt es in Form eines unregelmäßigen Maschenwerks die Chromosomen ein. In der späten Telophase ist es punktförmig über den ganzen Kern verteilt, ehe es sich in den Nukleolen kondensiert. Hier bleibt es auch im Interphasenkern lokalisiert [2, 13]. Seine Funktion ist noch nicht vollständig geklärt. Bedeutung für die Zytodiagnostik. Die Expression dieser Proteine sagt etwas über das Wachstumsverhalten von Zellen aus und hat daher bei Tumoren diagnostische und prognostische Bedeutung. So ist Zyklin D1 unter anderem ein entscheidender Marker für die Diagnose des Mantelzelllymphoms [6]. Das proliferationsassoziierte Protein Ki-67 ist zwar am deutlichsten in der Mitose phase exprimiert, markiert aber auch einen großen Teil des noch nicht in Mitose befindlichen proliferierenden Zellkompartiments, also G1-, S- und G2-Phase eines Tumors und gibt damit Aufschluss über dessen Wachstums
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potenz. Dadurch ist es eine wichtige Ergänzung der stati schen DNA-Zytometrie an zytologischen Ausstrichen, wo nur wenige Zellen für die DNA-Messung zur Verfügung stehen und die Bestimmung der S-Phasen-Fraktion unmöglich ist [4].
Apoptose Die Wachstumsregulation eines Gewebes erfordert ein Gleichgewicht zwischen Zellaufbau und Zellabbau. Dieses Gleichgewicht wird nicht nur durch die einseitige Regu lation der zellulären Proliferation, sondern auch durch die genetisch vorprogrammierte Apoptose (Zellabstoßung) gesichert. Die Apoptoserate liegt in normalen Geweben unter 5%. Da aber der ganze Vorgang von der Programmierung z. B. durch zytotoxische Zellen bis zur Zellauf lösung nach In-vitro-Beobachtungen kaum 2 Stunden benötigt, ist die Apoptose trotzdem äußerst effektiv und erlaubt einen hohen Zellumsatz im Gewebe, ohne dass sich dies im makroskopischen Wachstum oder in einer nennenswerten Zunahme der apoptotischen Zellen bemerkbar macht [1]. Die Apoptose ist im Gegensatz zur Nekrose, die durch pathologische Vorgänge wie Intoxikation und Ernährungsstörung hervorgerufen wird, ein physiologischer Regelmechanismus aller Wachstums- und Umbauvorgänge in den Organen des embryonalen wie des voll entwickelten Organismus. Sie wird teils durch Hormone (Mamma, Nebenniere, Prostata, Endometrium), teils durch Lymphokine (Regenerationsgewebe, natürliche Killerzellen) gesteuert. Dabei spielen Protoonkogene eine nicht unerhebliche Rolle. Triggermechanismen sind • der kontrollierte Einstrom von Ca++, • die Spaltung des Kernchromatins durch Aktivierung der Endonuklease und • die Veränderung der Zelloberfläche und des Rezeptorstatus, u. a. durch Aktivierung von Transglutaminase.
Dadurch werden die apoptotischen Zellen von Makrophagen und Nachbarzellen erkannt und die Phagozytose eingeleitet. Das auf Chromosom 17p lokalisierte p53-Suppressorgen nimmt eine Schlüsselfunktion in der Wachstumsregulation der Zelle ein, indem das von ihm kodierte Pro tein mit einer Vielzahl von Genen kooperiert, die sowohl die Proliferation als auch den genetischen Zelltod beeinflussen (Abb. 1.9). Es hält den Zellzyklus an und verhindert den vorzeitigen Eintritt einer Zelle aus der G0- in die G1-Phase und aus der G2M-Phase in eine neue S-Phase. Außerdem steigert p53 die Transkriptionsrate einer Reihe von Genprodukten, die die Apoptose steuern. Folgende Beispiele mögen genügen: p21 (WAF-1) hält den Zellzyklus an und stoppt die DNA-Synthese, indem es
Apoptose
Abb. 1.9 Stark vereinfachte Darstellung der zentralen Bedeutung von p53 in der Proliferationskontrolle: Wildtyp-p53 beeinflusst die transkriptorische Aktivität zahlreicher für die Regulation der Proliferation zuständiger Gene, u.a . fördert (→) es die Synthese von p21, das mit zyklinabhängiger Kinase, Zyklin D und „proliferative cell nuclear antigen“ einen quarternären Komplex bildet. Im Überschuss hemmt (-/) es die Komplexbildung von CDK und Zyklin und unterbricht (//) damit die Replikationsmaschinerie der Zelle an entscheidender Stelle; im Zellzyklus befindliche Zellen werden daran
gehindert, aus der G1-Phase in die Synthesephase einzutreten und fallen daher der Apoptose anheim. Außerdem beeinflusst p53 das BaxGen, das mit sich selbst einen dimeren apoptosefördernden Komplex bildet. Normalerweise wird die Bildung von Bax-Komplexen durch konkurrierende Komplexbildung mit dem verwandten Protein Bcl-2 verhindert. Beide Mechanismen können infolge Mutation des p53Gens bei malignen Tumoren außer Kraft gesetzt sein. Die beteiligten Proteine lassen sich immunzytochemisch nachweisen
sich an Kinase-Zyklin-Komplexe bindet. Bax wirkt in dieselbe Richtung, da es sich an Bcl-2 bindet, das den Übergang in die Apoptose verhindert und dadurch dessen antiapoptotische Wirkung aufhebt. Das IGF-BP3 („insulin-like growth factor binding protein-3“) blockiert den IGF-Rezeptor und wirkt dadurch antimitogen. GADD45 spielt u. a. bei DNA-Reparaturvorgängen eine Rolle. Ist p53 infolge Genmutation inaktiv, bleibt die DNA-Reparatur aus, und DNA-Fehler im Genom häufen sich (s. S. 26). Das p53-Gen seinerseits wird durch DNASchäden aktiviert [8, 9]. Bedeutung für die Zytodiagnostik. Die apoptotischen Zellen schrumpfen und verlieren dabei ihren Kontakt mit den Nachbarzellen. Ihr Zytoplasma wird hypereosinophil, doch bleiben die Zytoplasmaorganellen zunächst noch intakt. Allmählich verdichtet sich aber der Zellkern (Pyknose) und zerfällt (Karyorhexis, Abb. 1.10). Schließlich fallen auch die übrigen Zellbestandteile der Selbstzerstörung anheim. Kern- und Zytoplasmatrümmer wer-
Abb. 1.10 Karyorrhexis. Lymphom mit hoher Apoptoserate in gynäkologischem Abstrich; verschiedene Stadien der Chromatinverklumpung apoptotischer Lymphomzellen (PapF, Obj. 63×, nachvergr.)
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den phagozytiert. Kerntrümmermakrophagen sind daher Apoptoseindikatoren (s. Abb. 24.5c). Apoptoseassoziierte Proteine lassen sich diagnostisch nutzen. Das mutierte p53 ist im Unterschied zum kurz lebigen Wildtyp-p53 (WT-p53) immunzytochemisch nachweisbar und wurde daher als Malignitätsmarker empfohlen [7, 10], ist aber als solcher unzuverlässig. Bcl-2 ist ein diagnostisch wichtiger Marker. Im Unterschied zu den Zentroblasten eines normalen Keimzentrums exprimieren die Zellen der meisten Keimzentrumslymphome Bcl-2. Auch andere Tumorzellen sind Bcl-2-positiv.
Nukleolus Der während der Interphase in jedem Zellkern vorhandene Nukleolus ist die Produktionsstätte der ribosomalen Ribonukleinsäuren (rRNA) [5]. Er ist durchschnittlich ca. 1 µm groß, rund und gut abgrenzbar. Er bildet sich nach beendeter Mitose und mit Beginn der Interphase durch Zusammenlagerung der großen DNA-Schlingen der Chromosomenpaare 13, 14, 15, 21 und 22. Diese „Nucleolar Organizer Regions“ (NORs) liegen auf dem kurzen Arm der genannten Chromosomen, sind mit einem argentaffinen Protein assoziiert und daher mit verschiedenen Silberfärbungen als „AgNORs“ darstellbar (Abb. 1.11). Die NORs enthalten jeweils mehrere Gene für die Produktion der rRNA. Elektronenmikroskopisch unterscheidet man granuläre und fibrilläre Nukleolensegmente. Die fibrillären entsprechen den ribosomalen Genen und stehen in enger Beziehung zu den NORs. Die nukleoläre Strukturverdichtung kommt durch kontinuierliche Transkription von multiplen Genkopien und Bildung einer großen Menge von rRNA zustande, die sofort mit Proteinen zu Ribosomen zusammengebaut wird. Die Nukleolen verändern ihre Gestalt auch während des Zellzyklus und in bestimmten Phasen der Zell
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funktion. Unmittelbar vor der Zellteilung erscheinen sie gewöhnlich homogen und plump. Während der Mitose verschwinden sie. Erst in der Telophase tauchen sie wieder auf, anfänglich als 10 winzige Chromozen tren, die den RNA-Genen der 5 Chromosomenpaare mit NOR entsprechen, um sich dann allmählich über Zwischenstufen wieder zu einheitlichen Kernkörperchen zusammenzuschließen. Schließlich verlassen die Nukleolen zeitweise ihre zentrale Position innerhalb des Kerns und lagern sich der Kernmembran an, um RNA durch die Nukleoporen in das Zytoplasma abzu geben. Bedeutung für die Zytodiagnostik. In der zytologischen Diagnostik spielen die Nukleolen bei der Beurteilung von proliferativer und metabolischer Aktivität einer Zelle sowie deren Differenzierung eine wichtige Rolle. • In Zellpopulationen mit hoher Proliferationsrate reicht die Zeit zwischen zwei Zellteilungen nicht zur vollständigen Synthese der Nukleolen aus. Daher sind die Nukleolen in rasch wachsenden, hochgradig malignen Tumoren (Beispiel: kleinzelliges neuroendokrines Karzinom) oft nicht oder nur in Vorstufen als multiple kleine Chromozentren erkennbar. • Da die Zahl der AgNORs mit der Proliferation in Zusammenhang steht, kann sie zum Malignitätsnachweis und Tumorgrading eingesetzt werden (siehe AgNORMethode, allgemeiner Laborteil, Kapitel 28). • Die Größe der Nukleolen ist ein mittelbarer Hinweis auf die Stoffwechselaktivität einer Zelle, da rRNA- und Proteinsynthese von der Stoffwechselfunktion der Zelle abhängen. Die Nukleolen treten in regeneratorisch oder hormonell aktiven Zellen besonders deutlich hervor. • Die Nukleolen sind je nach Stoffwechselaktivität von Organ zu Organ unterschiedlich entwickelt. Damit ist die Nukleolengröße ein indirekter Hinweis auf die funktionelle Differenzierung einer Zelle. In den stoffwechselarmen, vollständig differenzierten Plattenepithelien, Flimmerzellen, Prostata- oder Schilddrüsen epithelien sind sie kaum erkennbar. In sekretorisch oder metabolisch aktiven Zellen (z. B. Hepatozyten), aber auch in embryonalen Zellen und Zellen langsam wachsender Tumoren sind sie dagegen besonders groß. • Wahrscheinlich in Abhängigkeit von der Aktivität der Proteinsynthese verändern die Nukleolen ihre färberischen Eigenschaften. Sie sind basophil, solange rein quantitativ DNA- und RNA-Gehalt bestimmend sind, also vor allem unmittelbar nach der Mitose. Sie sind eosinophil, wenn – wie in manchen malignen Tumoren – reichlich basische Proteine produziert werden.
Abb. 1.11 AgNors, dargestellt am zytologischen Ausstrich in Lymphomzellkernen
Zytoplasma
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Zytoplasma Die wichtigsten Bestandteile des Zytoplasmas sind: • Das Zytosol (Matrix, Hyaloplasma, Zellsaft), die Grundsubstanz des Zytoplasmas, ist eine wässerige Lösung von Proteinen und anderen Stoffen. Die kol loidalen Eigenschaften der Lösung ermöglichen eine lokal steuerbare Sol-Gel-Transformation und damit eine abgestufte Viskositätsänderung innerhalb der Zelle. Erst dadurch werden zellinterne Umstrukturierungs- und Transportvorgänge sowie Formveränderung und Beweglichkeit der Zelle möglich. • Das Zytoskelett ist das Baugerüst der Zelle und besteht aus Strukturproteinen, die ihr eine ihren funktionellen Erfordernissen angepasste Form und Festigkeit verleihen. Wie alle Zellbestandteile sind auch die Elemente des Zytoskeletts keineswegs starr, sondern befinden sich in einem rasch veränderlichen dynamischen Gleichgewicht mit anderen Zellbestandteilen. Man unterscheidet vier Hauptgruppen von Zytoskelettelementen: – Die Mikrotubuli (MT) sind feine Röhrchen mit einem Durchmesser von 24 nm und einer Länge bis zu mehreren Mikrometern. Sie bestehen aus Tubulin, einem globulären Protein, das durch Polymerisation seiner Vorstufen unter Einfluss von kalziumhaltigem Calmodulin synthetisiert wird. Mikrotubuli sind an der Bildung verschiedener Zellorganellen, unter anderem der Zentriolen beteiligt. Zentriolen sind 0,3–0,5 µm lange, zylinderförmige Gebilde, deren Wände aus longitudinal gerichteten MT bestehen. Sie sind an der Verankerung von Zilien und Geißeln sowie am Aufbau der Mitosespindel beteiligt. – Mikrofilamente sind sehr feine aus Aktin bestehende fadenförmige Gebilde mit einem Durchmesser von 5–7 nm (Abb. 1.12). Die Mikrofilamente liegen einzeln oder in Bündeln und machen 10–15% des gesamten Zellproteins aus. Man unterscheidet myosinassoziiertes und myosinfreies Aktin. Das myosinassoziierte Aktin bildet die Myofibrillen der Muskelzellen. – Intermediärfilamente sind fadenförmige Strukturelemente mit einem Durchmesser von 8–10 nm. Ihrer Größe nach liegen sie also zwischen („intermediär“) den dickeren Mikrotubuli und den dünneren Mikrofilamenten. Man unterscheidet 5 Typen, deren Vorkommen an bestimmte Zellfunktionen gebunden ist: Präkeratin in Epithelzellen, Vimentin in Mesenchymzellen, Desmin in Muskelzellen, Glia filamente („glial fibrillary acidic protein“, GFAP) in Gliazellen und Neurofilamente in Nervenzellen. – Die Mikrotrabekel sind mit einem Durchmesser von 15 nm die größten Bestandteile des Zytoskeletts. Ihr dreidimensionales Gitterwerk verbindet andere Strukturelemente (Mikrotubuli, Filamente),
Abb. 1.12 Zytokeratingerüst einer Leberzelle aus Zellkultur, immunfluoreszenzmikroskopische Darstellung mittels Antikörper gegen CK8, 18. (Aufnahme Prof. L. Terracciano/Basel, ca. 1000×)
Zellbestandteile (Zellmembran, Kernmembran) und Organellen. Über ihre Funktion ist noch wenig bekannt. Bedeutung für die Zytodiagnostik. Da jede Zelle ein ihrer Funktion entsprechendes Zytoskelett besitzt, sind die verschiedenen Filamente diagnostisch wichtige Differenzierungsmerkmale. Mit spezifischen Antikörpern gegen die verschiedenen Filamente, insbesondere gegen Intermediär- und Mikrofilamente, ist am histologischen wie am zytologischen Präparat eine detaillierte immun zytochemische Zelltypisierung möglich. Antikörper gegen myosinassoziiertes Aktin (SMA, „smooth muscle actin“) dienen dem immunchemischen Nachweis der myozellulä ren Differenzierung von Leiomyosarkomen und anderen Sarkomen in der zytologischen wie histologischen Tumor diagnostik. Auch gegen bestimmte Intermediärfilamente gerichtete Antikörper sind heute aus der morphologischen Diagnose von epithelialen, mesenchymalen glialen und neuralen Tumoren nicht mehr wegzudenken. Klassische Mitosehemmer wie Colchicin und Mitomycin hemmen die Tubulinsynthese und damit den Aufbau der für eine geordnete Zellteilung wichtigen Zentriolen. Dadurch wird die Kernteilung nach der Synthesephase abgebrochen. Das Resultat sind auch im Normalge webe nachweisbare Zellen mit vergrößerten Kernen.
Zellverbindungen Epithelzellen sind untereinander durch eine ganze Anzahl von Organellen eng verbunden. Die Verbindungen gewährleisten den Zusammenhalt der Zellen im Zellver-
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band, bilden eine Barriere zwischen der Außenwelt und dem eigentlichen Körperinneren und stellen die Infrastruktur für die Signalübermittlung zwischen den Zellen bereit. Zonula occludens, Zonula adhaerens und Desmosomen bzw. Hemidesmosomen bilden den junktionalen Komplex, den eigentlichen Zellbindeapparat. Er liegt im oberen Drittel der Zelle. Weitere Zellkontakte werden durch adhäsive Glykoproteine und offene Verbindungen hergestellt. Die Zonulae occludentes („tight junctions“) bilden oberflächennah um die gesamte Zelle herum ein System von Verschmelzungen zwischen der äußeren Schicht ihres Plasmalemms mit dem der Nachbarzellen. Die Schweißpunkte zwischen den Zellmembranen werden als Maculae occludentes bezeichnet. Die Zonulae occludentes bilden eine dichte Barriere. Substanzen können diese Barriere von außen nach innen und von innen nach außen nur durch aktiven Transport überwinden. Damit wird ein selektiver Stoffaustausch mit der Umgebung möglich (Beispiel: Zylinderzellen des Darmepithels). Die Zonulae adhaerentes („adhesion belt“ oder „adher ing junction“) sind ebenfalls für die mechanische Ver bindung von Zellen untereinander zuständig. In ihnen werden die Zellmembranen durch membranüberschreitende Glykoproteine, die zur Familie der Ca++-abhängi gen Zell-Zell-Adhäsionsmoleküle (Cadherine) gehören, zusammengehalten. Unter dem Adhäsionsgürtel liegen durch Haftproteine (Vinkulin) an der Membraninnen seite befestigte kontraktile Aktinbündel. Die unterhalb der Zonula adherens liegenden Desmosomen sind knopfförmige Kontaktpunkte, an denen die Zellen zusammengenietet sind (Abb. 1.13). Die ähnlich gebauten Hemidesmosomen heften die Zellen an die Basalmembran an. Die dem inneren Plasmalemm anliegen den Haftplatten bestehen aus einem granulären Material. Sie sind die Ankerpunkte eines Netzwerks von Inter mediärfilamenten, das über die Einzelzelle hinaus dem gesamten Epithelverband Halt verleiht. Der Typ der Inter mediärfilamente hängt vom Zelltyp ab. Bei den meisten Epithelzellen ist es Keratin, bei Herzmuskelzellen Desmin, bei anderen Zellen auch Vimentin. Weniger für den Zellzusammenhalt als für die Signalübertragung wichtig sind die offenen Verbindungen („gap junctions“) zwischen den Epithelzellen. Die 1,5 nm dünnen Kanälchen werden von Membranproteinen eingefasst. Sie erlauben, 1000–1500 Dalton große Moleküle von einer Zelle zur anderen auszutauschen und sind für die Stoffwechselkoordination der Epithelzellen wichtig. Die offenen Verbindungen werden wie Schleusen nach Bedarf geöffnet und geschlossen. Bedeutung für die Zytodiagnostik. Die Zellverbindun gen stellen eine Differenzierungsleistung insbesondere der Epithelien dar. Während der Zellteilung geht ein großer Teil der speziellen epithelialen Differenzierung verloren. Neu gebildete Zellen haften zunächst mit Hilfe
Funktionelle Anatomie der Zelle
Abb. 1.13 Desmosomen zwischen zwei Zellen eines Thymoms. Im Bereich von rechtem und mittlerem Desmosom Zellmembranen orthograd getroffen. Granula im Zytoplasma entsprechen Ribo somen. (EM-Aufnahme Prof. F. Gudat/Basel, 8000×)
von Adhäsionsmolekülen aneinander und bilden dann wieder die übrigen Bindeapparate aus. Diese Mechanismen spielen auch bei rasch wachsenden Tumoren eine Rolle. Außerdem sind bei malignen Tumoren häufig Regulation und Produktion der Adhäsionsmoleküle sowie der Aufbau des Zytoskeletts gestört. (Die Zellen exprimieren z. B. Vimentin anstelle von Keratin.) Die damit verbundene Lockerung des Zusammenhalts ist ein wichtiges zytologisches Malignitätskriterium (s. S. 38).
Mitochondrien Mitochondrien sind längsovale oder kugelige, im größten Durchmesser 0,5–1,0 µm messende Gebilde (s. Abb. 1.1). Sie sind die Energiegeneratoren („Kraftwerke“) der Zelle. Die Energie wird aus der oxydativen Spaltung von Zucker und Fettsäuren in Kohlendioxyd und Wasser gewonnen und durch oxydative Phosphorylierung von AdenosinDiphosphat (ADP) zu Adenosin-Triphosphat (ATP) in eine speicherfähige Form gebracht. ATP ist dann die Batterie, aus der rasch die Energie mobilisiert werden kann, die für die anabolen Prozesse und für die Bewegungen der Zelle notwendig ist. Die Lokalisation der 1000–2000 Mitochondrien innerhalb der Zelle hängt von der Zellfunktion ab und ist deshalb sehr variabel. Meist liegen die Mitochondrien den Mikrotubuli an oder befinden sich dort, wo am meisten Energie benötigt wird. In Flimmerzellen liegen sie in der Nähe der Ziliosomen, in Muskelzellen zwischen den Myofibrillen, und in den Spermien sind sie um die Geißel gewickelt. Die Mitochondrien sind von einer Doppelmembran umgeben. Sie bildet das Gerüst für die Übertragung der
Zytoplasma
Oxydationsenergie auf die ADP. Zwischen äußerer und innerer Membran befindet sich der mit einer amorphen Masse gefüllte äußere Stoffwechselraum, innerhalb der inneren Membran der innere Stoffwechselraum, die eigentliche Matrix des Mitochondriums. Die beiden Blätter der Membran haben unterschiedliche Funktionen. Das äußere glatte Kompartiment enthält Enzyme der Lipidsynthese und das Transportpro tein Porin, das nur bis 10.000 Dalton große Moleküle in den intermembranösen Raum durchlässt. Das größere innere Kompartiment besteht zu 70% aus Protein und zu 30% aus Phospholipid und katalysiert viele Reaktionen. Es ist reich an Kardiolipin und daher ionenundurch lässig. Vor allem aber enthält es die Enzyme der Atmungs kette, die für die oxydative Phosphorylierung wichtige ATP-Synthetase sowie Transportproteine, die den Stoffaustausch mit der Matrix des Mitochondriums regu lieren. Einen raschen Stoffaustausch mit der Matrix gewährleistet die Oberflächenvergrößerung durch die Cristae mitochondriales. Dies sind in die Matrix vorspringende, je nach spezifischer Funktion der Zelle unter schiedlich gestaltete und unterschiedlich dichte Faltenbildungen des inneren Membrankompartiments. Die fein-granuläre Matrix enthält eine hochkonzentrierte Mischung aus Hunderten von Enzymen. Sie enthält als einziger Ort außerhalb des Kerns DNA. Diese mitochondriale DNA ist von der nukleären DNA unabhängig und durch ihre Ringform auch strukturell verschieden. Sie ist für die Bildung der mitochondrialen Ribosomen erforderlich. Sind die Stoffwechselanforderungen an die Zelle hoch oder der Energiehaushalt der Zelle gestört, nehmen die Mitochondrien an Zahl und Größe zu. Deshalb erscheint das Zytoplasma von Leberzellen und Onkozyten granulär (s. Abb. 19.4 und 20.14). Bleibt während der Zell teilung die mitochondriale Teilung aus, entstehen bei Verminderung der Mitochondrienzahl Megamitochon drien. Dies wird z. B. infolge toxischer Zellschädigung ebenfalls nicht selten in Leberzellen beobachtet. Eine nicht unmittelbar auf äußere Einflüsse zurückgehende mitochondriale Teilungsstörung ist die Ursache der „onkozytären“ Umwandlung mancher Epithelien. Sie kommt in nichtneoplastischen Drüsenzellen z. B. von Mamma, Schweiß- und Speicheldrüsen vor, wird aber auch in Nieren-, Schilddrüsen- und anderen Tumoren beobachtet. Bedeutung für die Zytodiagnostik. Mitochondrien und Lysosomen (s. unten) sind die einzigen lichtmikros kopisch wahrnehmbaren Zytoplasmaorganellen. Die Mitochondrien erscheinen wegen ihres Reichtums an basischen Proteinen als feine eosinophile Granula. Da ihre Größe, Zahl und Funktion in Abhängigkeit von der spezifischen Zellfunktion variieren, prägen sie wesentlich den mikroskopischen Zelltyp und liefern wichtige Hinweise für die zytologische Diagnostik.
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Endoplasmatisches Retikulum (ER) Das endoplasmatische Retikulum ist die Produktions straße der Eiweißsynthese. Es besteht aus einer in sich netzartig verschlungenen Membran, die einen geschlossenen labyrinthartigen Spaltraum (Abb. 1.14) mit abgeflachten sackförmigen Zisternen bildet und sich in die äußere Kernmembran fortsetzt. Der Spaltraum des ER stellt die Transportwege zwischen den verschiedenen Zellorganellen bereit und isoliert die synthetisierten Proteine vom Zytosol. Auf diese Weise können Enzyme, die dem Zytosol schädlich werden könnten, bis zum Export aus der Zelle vom Zytosol ferngehalten werden. Die äußere, zytosolseitige Wand der Membran ist teilweise mit Ribosomen besetzt. Die ribosomenbesetzten Membranteile werden als raues endoplasmatisches Retikulum (RER), die ribosomenfreien als glattes endoplasmatisches Retikulum (SER, „smooth endoplasmatic reticulum“) bezeichnet. Das RER ist vor allem für die Biosynthese der Proteine zuständig. Die im Nukleolus aus Messenger-RNA und ursprünglich im Zytoplasma hergestellten Proteinen synthetisierten Ribosomen sind die Schablonen für die zytoplasmatische Eiweißsynthese. Sie haben einen Durchmesser von 15–20 nm und bestehen zu etwa 40% aus ribosomaler RNA und zu 60% aus Protein. Die membranständigen Ribosomen (Abb. 1.14) synthetisieren Peptide und geben sie in die Zisternen ab. Hier werden die Peptide zu größeren Molekülen zusammengebaut, in Transportvesikel aus Membranmaterial des ER verpackt und zum Golgi-Apparat (s. unten) gebracht. Neben den membrangebundenen Ribosomen gibt es auch freie Ribosomen, die ihre fertigen Proteine direkt in das Zytosol abgeben. Das glatte endoplasmatische Retikulum enthält hauptsächlich die Enzyme der Lipoidsynthese und Enzyme, die die Entgiftung von fettlöslichen Medikamenten und anderen Stoffen (Alkohol) katalysieren. Es ist deshalb in Zellen, die Cholesterin für die Hormonsynthese produzieren (z. B. Zellen der Nebennierenrinde) oder für die Entgiftung (z. B. Leberzellen beim Alkoholiker) eine Rolle spielen, besonders stark entwickelt. Diese Zellen erscheinen zytologisch und histologisch oft auffallend transparent. Der Aufbau des endoplasmatischen Retikulums variiert also je nach Aktivität und Funktion des Stoffwechsels einer Zelle. Bei intensiver Proteinsynthese nimmt die Zahl der Ribosomen zu. Dadurch erscheint das Zyto plasma lichtmikroskopisch dichter und stärker basophil (s. Tumorkriterien, S. 39). Bildet die Zelle Sekret, erscheint das Zytoplasma durch eine Vielzahl von Transportvesikeln aufgelockert. Von der Synthese- bis zur Mitosephase unterliegt das endoplasmatische Retikulum während der Proliferation einem ständigen Wandel und das Zytoplasma erscheint zunächst basophil, dann stärker transparent.
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Abb. 1.14 Raues endoplasmatisches Retikulum. Neben dem Zellkern (links oben) Ergastoplasmaschläuche mit Ribosomen (schwarze Pünktchen; EM, 12.000×2)
Bei Schädigung einer Zelle durch toxische Substanzen, Hypoxie oder Ernährungsstörung zerfällt das endoplasmatische Retikulum in kleine Vesikel. Ist die Schädigung so schwer, dass die Natriumpumpe (s. unten) versagt, strömt Wasser in die Bläschen ein. Dies gibt sich lichtmikroskopisch als vakuolige Degeneration zu erkennen. Lagert das gesamte Zytoplasma Wasser ein, spricht man von hydropischer Schwellung; die Zelle gleicht jetzt einer Pflanzenzelle und steht kurz vor ihrem Tod. Bedeutung für die Zytodiagnostik. Sind Zusammen setzung und Transport eines Sekrets gestört, entstehen durch Sekreteindickung im endoplasmatischen Retikulum Einschlüsse, die lichtmikroskopisch als homogene kugelige Körperchen erscheinen. Beispiele sind die in plasmazellreichen Entzündungen und bei Plasmozyto men vorkommenden, aus Immunglobulinen bestehenden Russel-Körperchen (Abb. 1.15). Bei Virusinfekten dringen Viren in das RER ein, um sich dort zu vermehren. Das lichtmikroskopische Korrelat sind zytoplas matische Einschlusskörper. Das SER vermehrt sich bei
Abb. 1.15 Russel-Körperchen. a Bronchialsekret bei chronischer Bronchitis; Neben Lymphozyten und einzelnen Plasmazellen mehrere, teils frei, teils intrazellulär gelegene erythrozytengroße, homogene rot oder grün gefärbte Gebilde (PapF, 525×); b chronische Entzündung, Makrophage mit zahlreichen phagozytierten RK (Obj. 63×)
Arzneimittelgewöhnung, in Hepatozyten bei der Cholestase und bei der HBS-positiven Hepatitis (Milchglas zellen, Orcein-positiv). Als Nebenwirkung verschiedener Arzneimittel kommt es zu einer Vakuolisierung sowie zu einer Anhäufung von Membranpartikeln des SER, die zur Bildung zyanophiler Partikeln, sog. zytoplasmatischer Kernpartikeln, führt.
Golgi-Apparat Das von dem italienischen Neurohistologen Camillo Golgi (1843–1926) entdeckte Zellorganell ist für Endverarbeitung, Verpackung und Versand der Produkte des endoplasmatischen Retikulums zuständig (s. Abb. 1.1). Hier werden Proteine aus dem endoplasmatischen Retiku lum mit Kohlehydraten zu Proteoglykanen zusammengebaut, die lysosomalen (s. unten) Membranen und Mem branteile zur Deckung der bei Exozytose entstandenen Defekte des Plasmalemm hergestellt.
Zytoplasma
Der Golgi-Apparat misst 0,5–1,5 µm und besteht aus einem geordneten Stapel von abgeplatteten, schüsselförmig gebogenen Zisternen. Diese bilden vier Unterab teilungen: Cis-, Mittel- und Trans-Golgi sowie TransGolgi-Netzwerk. Die aus dem ER stammenden Transport vakuolen werden auf der konvexen Seite der Zisternen aufgenommen und nach Bearbeitung über die kon kave Seite wieder abgegeben. Alle Proteine, die die ersten drei Unterabteilungen passiert haben, werden im TransGolgi-Netzwerk sortiert und ihrem Bestimmungsort zugeleitet. Bedeutung für die Zytodiagnostik. Die Größe des Golgi-Apparats hängt von der Stoffwechselaktivität der Zelle ab. Lichtmikroskopisch ist er mit den üblichen zytologischen Färbemethoden nur selten, z. B. in Plasmazellen, als paranukleäre Aufhellung zu erkennen, lässt sich aber mit Osmium oder Silber gezielt sichtbar machen. Ein typisches Enzym des Golgi-Apparats ist die histochemisch nachweisbare saure Phosphatase. Bei krankhaften Prozessen werden zusätzlich Substanzen in den GolgiVakuolen eingelagert: Lipoproteine bei Leberverfettung, Gallepigmente bei Cholestase, Phospholipide bei Alveolarproteinose.
Lysosomen Lysosomen sind Deponie, Verbrennungs- und Aufbereitungsanlage der Zelle in einem. Die von einer Membran umgebenen Bläschen enthalten 40–60 saure Hydrolasen, darunter saure Phosphatase, beta-Glukuronidase, Sulfatasen, Peptidasen, Ribonuklease und Desoxiribonuklease. Enzyme und Membranproteine werden im endoplasmatischen Retikulum synthetisiert und im Trans-GolgiNetzwerk in Transportvesikel verpackt, bevor sie den Lysosomen zugeleitet werden (s. Abb. 1.1). Das Aktivitätsoptimum der Hydrolasen liegt bei pH 5, also deutlich unter dem im Zytosol herrschenden pH-Wert von 7,2. Die lysosomale Membran hat daher eine Doppelfunktion. Sie schirmt die Enzyme vom Zytosol ab und verfügt über einen Pumpmechanismus, der H+-Ionen in das Innere des Lysosoms pumpt und so die Wasserstoffionenkonzentration bei pH 5 konstant hält. In den Lysosomen werden intra- und extrazelluläre Abfallstoffe, Mikroorganismen und sogar Lipoproteine aus dem Serum verarbeitet. Die Serumlipoproteine werden in Cholesterin verwandelt und dann weiterverwertet. Die Stoffe werden durch Endozytose oder Phagozytose (s. S. 16) in die Zelle eingeschleust oder durch Autophagie aus der Zelle selbst eliminiert. Jedes Lysosom ist auf bestimmte Stoffe spezialisiert und enthält nur die für deren Bearbeitung notwendigen Enzyme.
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Bedeutung für die Zytodiagnostik. Obwohl in allen Zellen vorhanden, sind Lysosomen lichtmikroskopisch nur in einigen zu erkennen. Denn je nach spezifischer Funktion sind Form und Größe der Lysosomen außer ordentlich variabel. Die größten Lysosomen werden in Zellen mit hoher Stoffwechselaktivität (Leberzellen) und in phagozytierenden Zellen (Makrophagen, neutrophile Granulozyten) gefunden. Wie bei der Müllverbrennung bleiben in den Lysosomen nicht verwertbare Schlackenstoffe in Form von Abnutzungspigmenten übrig. Das bekannteste Beispiel ist Lipofuszin, das zytologisch u. a. in Hepatozyten, Prostata- und Schilddrüsenepithelien beobachtet wird. Auch Staubpartikel können lange Zeit in Lysosomen gespeichert werden. Wenn bestimmte lysosomale Enzyme aufgrund eines angeborenen Defekts fehlen, entstehen Speicherkrankheiten (Thesaurismosen) mit Ansammlung von Glykogen, Gangliosid, Zerebrosid oder Sphingomyelin in den Lysosomen.
Äußere Zellmembran (Plasmalemm) Die äußere Zellmembran schützt die Zelle vor Milieu einflüssen und regelt gleichzeitig den Stoffaustausch mit der Umgebung. Sie ist eine semipermeable Biomembran und folgt demselben Bauprinzip wie andere Membranen der Zelle (Kernmembran, lysosomale, mitochondriale Membranen etc.). Das Grundgerüst bildet eine 0,75– 10 nm dicke Doppelschicht von Lipoid- und Proteinmolekülen. Die Beweglichkeit bestimmter Proteine innerhalb der Membran ist entsprechend ihrer Funktion eingeschränkt. In resorptiv aktiven, polar organisierten Zellen liegen bestimmte Transportproteine apikal, die für die interzellulären Verbindungen wichtigen Proteine lateral zur benachbarten Zellmembran hin. Die Lipidmoleküle, hauptsächlich Phospholipide, Cholesterin und Glykolipide, haben einen hydrophilen (wasserliebenden) und einen hydrophoben (wasserfliehen den) Pol. Sie bilden wegen ihrer amphibolen Eigenschaft schon spontan in wässrigen Lösungen eine Doppelschicht oder Kügelchen (Mizellen), indem sie sich mit ihrem aus zwei Fettsäuren bestehenden hydrophoben (lipophilen) Schwanzteil aneinanderlagern. Dasselbe Phänomen ist in der Zellmembran zu beobachten, wo die Lipidmoleküle der beiden Schichten mit ihrem lipophilen Pol aneinanderstoßen, während ihr hydrophiler Kopfteil in der äußeren Membran nach außen, in der inneren gegen das Zytosol gerichtet ist. Wegen der unterschiedlichen Dichte von Kopf- und Schwanzteilen erscheint die Zellmembran elektronenmikroskopisch dreischichtig (Abb. 1.16). Der Proteinanteil variiert je nach Funktion der Zelle zwischen 25 und 50%. Die Proteine sind auf unterschiedliche Weise in die Membran eingebaut. Meist besitzen sie einen lipophilen intramembranösen und zwei über
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Abb. 1.16 Aufbau der Zellmembran. PhL Phospholipid; GL Glyko lipid; GP Glykoprotein; TP Transmembranprotein; IK Ionenkanal; PP peripheres Protein. Die Polysaccharide der Glykolipide und Glykoproteine bilden den Glykokalix
die Membran hinausreichende hydrophile Gruppen. Sie dienen als Transport- und Tunnelmoleküle, als Enzyme membrangebundener Reaktionen, als Oberflächenrezeptoren (s. unten) und als Träger der Antigenität. Außerdem stabilisieren sie die Membran, u. a. durch Verknüpfungen mit dem Zytoskelett. Innere und äußere Membranschicht sind lipidchemisch unterschiedlich aufgebaut. Oligosaccharidhaltige Moleküle wie Glykolipide, Glykoproteine und Proteo glykane kommen nur in der äußeren Membran vor und bilden hier den Glykokalix. Die Glykolipide werden in der Lichtung des Golgi-Apparats zusammengebaut. Der Glykokalix ist für das Zusammenwirken der Zelle mit der Umgebung von Bedeutung. Bestandteile des Glykokalix sind u. a. Blutgruppen- und Transplantationsantigene. Einige Glykoproteine und Proteoglykane des Glykokalix sind an Makromoleküle der extrazellulären Matrix gebunden, so dass sich die Grenzen zwischen Zelle und extrazellulärer Matrix verwischen. Der Glykokalix lässt sich lichtmikroskopisch mit Ruthenium-Rot und mit Lektinen (Concanavalin A, Sojabohnen-Lektin u. a.) darstellen. Dies sind pflanzliche Proteine, die Verbindungen mit den Zuckern der Mem branhülle von Kohlehydraten eingehen können. Für den Stoffaustausch durch die Zellmembran hindurch verfügt die Zelle über mehrere Möglichkeiten. Fettlösliche Moleküle (Steroidhormone) können frei durch die Lipidmembran in das Zellinnere diffundieren. Für wasserlösliche Moleküle ist die Zellmembran undurchlässig. In Wasser gelöste Ionen werden zu einem großen Teil über kleine von Tunnelproteinen ausgekleidete Ionenkanäle ausgetauscht. Jeder Ionenkanal ist auf den Austausch eines oder mehrerer Ionen von bestimmter Größe und Ladung spezialisiert. Der Austausch folgt überwiegend passiv dem Ladungsgradienten zwischen Zytosol und Außenwelt. Einige Ionen, besonders H+, Na+, K+, Ca++, aber auch andere wasserlösliche Moleküle (z. B. CO2 und Glukose) werden aktiv unter Vermittlung von Transportproteinen in die Zelle hinein- und/oder aus ihr herausgepumpt. Die für die Natrium/Kalium- und für die Kalziumpumpe verantwortlichen Proteine sind ATPasen. Sie erzeugen durch Dephosphorylierung von ATP zu ADP die Potentialdifferenz,
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die positiv geladenen Ionen den Eintritt in das Zytosol ermöglicht und negativ geladenen verwehrt. Große Moleküle und Partikel werden in Lipidmembranen verpackt und durch die Zellmembran ein- oder ausgeschleust. Die Verlagerung von Bläschen, die durch Einoder Ausstülpung und Abschnürung der Zellmembran entstehen und Moleküle oder Partikel aus der Umgebung in das Zellinnere transportieren, wird als Endozytose bezeichnet. Die Endozytose kommt in zwei Formen vor: Bei der Pinozytose stülpt sich ein Teil der Membran nach innen und umschließt die aufzunehmende Substanz in Form eines nach innen gewölbten Bläschens. Bei der Phagozytose wird die Substanz oder das Partikel der Zellmembran aufgelagert und von Protrusionen der Memb ran umflossen und in einem nach außen gewölbten Bläschen eingeschlossen. Die Ausschleusung von Material aus dem Zellinneren in die Umgebung wird als Exozytose bezeichnet. Im Golgi-Apparat gebildete Transport- und Sekretvesikel oder Vesikel mit intrazellulären Abbauprodukten fusionieren mit der Zellmembran und entlassen ihren Inhalt (z. B. Insulin, Lysozym) in den extrazellulären Raum. Endo- und Exozytosebläschen besitzen eine der Zellmembran entsprechende doppelschichtige Hülle. Bedeutung für die Zytodiagnostik. Lichtmikroskopisch ist die Zytoplasmamembran nicht zu sehen. Doch lassen sich viele membrangebundene Epitope der Zelle immunzytochemisch darstellen. Die fehlende Blutgruppenexpression an der Oberfläche bestimmter Tumoren (Harnblasentumoren!) gilt als Prognosekriterium. Auch manche epitheliale Differenzierungsmarker wie humanes Milchfettglobulin (HMFG2) und die Epitope bestimmter epithelialer Marker (EMA, BerEP4) sind membrangebunden.
Rezeptoren Innerhalb des Gesamtorganismus müssen Wachstum und Stoffwechselfunktionen der verschiedenen Zellen und Zellsysteme koordiniert werden. Die dazu notwendige interzelluläre Kommunikation geschieht durch Übermittlung chemischer Signalstoffe. Drei Formen der Signal übermittlung lassen sich unterscheiden. • Die auf die Kommunikation zwischen Nervenzellen beschränkte synaptische erfolgt durch Neurotrans mitter. • Die endokrine ist die langsamste und erfolgt durch Hormone, die über weite Strecken mit dem Blut zum Reaktionsort transportiert werden. • Die parakrine besteht in der Bildung von instabilen Mediatoren, die nur kurzfristig auf eine Distanz von ca. 1 µm wirksam sind; sie spielt bei allen Wachstums- und Differenzierungsvorgängen in normalen Geweben, in Tumoren, bei Entzündungen und immunologischen Reaktionen eine entscheidende Rolle.
Zytoplasma
Die Zielzellen verfügen über Rezeptoren, mit denen sie selektiv die für ihre Funktion wichtigen Signalstoffe erkennen. Zu unterscheiden sind membranständige (Abb. 1.17) und intrazelluläre Rezeptoren. Die Liganden der membranständigen Oberflächenrezeptoren sind wasser- oder fettlösliche Moleküle. Die Rezeptorproteine binden den Liganden mit hoher Affinität und verwandeln den extrazellulären Impuls, meist ohne dass der Signalstoff in das Zellinnere gelangt, in intra zelluläre Signale, die bestimmte zytoplasmatische Stoffwechselabläufe aktivieren oder hemmen. Ob ein Signal eine aktivierende oder deaktivierende Wirkung hat, variiert manchmal von Empfängerzelle zu Empfängerzelle oder hängt von der Stärke des Signals ab. Das System der Oberflächenrezeptoren lässt sich mit einem System der elektronischen Signalübermittlung vergleichen. Es besteht aus einem Sender (signalstoffproduzierende Zelle) und einem Empfangsapparat, der das schwache Signal so verstärkt, dass es eine chemische Reaktion in der Empfängerzelle auslöst. So wie die elektronischen Signale eines bestimmten Senders nur bei einer auf den Sender abgestimmten Empfängereinstellung empfangen werden können, kann eine Zelle nur solche chemischen Signale empfangen, für die sie einen passenden Rezeptor hat. In diesem interzellulären Kommunikationssystem ist das Rezeptorprotein die Empfangsantenne. Entsprechend Stärke und biologischer Bedeutung eines Signals für die spezifische Funktion variiert die Zahl der Rezeptorpro teine je nach Rezeptor zwischen 500 und mehr als 100.000 pro Zelle. Das Rezeptorprotein ist mit einem Verstärkersystem verbunden. Man kennt heute drei Verstärkersysteme: ionenkanalgebundene, G-Protein-gebundene und katalytische Rezeptorproteine. Die ionenkanalgebundenen spielen in der Signalübermittlung zwischen Nervenzellen eine Rolle. Die katalytischen Rezeptorproteine sind Transmembranproteine, deren zytoplasmatische Domäne nach Ankupplung des Liganden an die extrazelluläre Domäne als Enzym wirkt. Das effektivste Verstärkersystem ist die Bindung des Rezeptorproteins an ein G-Pro tein („GTP-binding regulatory protein“). Unter Vermittlung des G-Proteins wird durch die Reaktion des Rezeptorproteins mit einem Signalmolekül ein an die Plasmamembran gebundenes Enzym oder ein Ionenkanal aktiviert bzw. inaktiviert. Dies löst eine ganze Kaskade von Reaktionen aus, die zu einer Konzentrationserhöhung eines oder mehrerer intrazellulärer Signalmoleküle führt. Die wichtigsten intrazellulären Mediatoren sind zyklische AMP (Adenosinmonophosphorsäure) und Ca++. Sie erst stellen die Energie für die Aktivitätsänderung des spezifischen Zielproteins bereit. Die intrazellulären Rezeptoren verarbeiten in erster Linie Signale von Steroid- und Schilddrüsenhormonen. Diese relativ kleinen hydrophoben Stoffe diffundieren frei durch die Plasmamembran. Im Zytoplasma der Zielzelle angelangt, gehen sie eine reversible Bindung mit
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Abb. 1.17 Aufbau eines Transmembranproteinrezeptors
i hrem jeweiligen Rezeptorprotein ein. Durch die damit verbundene Konformationsänderung des Proteinmo leküls wird der Rezeptor aktiviert und seine Affinität zur DNA erhöht, so dass er sich an die für die Regulierung der Transkription zuständigen Gene im Kern anlagert und die transkriptorische Aktivität bestimmter Nach bargene beeinflussen kann. Ein Hormon aktiviert in verschiedenen Zielzellen unterschiedliche Gene. Wahrscheinlich wird nur ein Bruchteil der DNA-Rezeptorbindungen transkriptorisch wirksam. Eine Zielzelle enthält um die 10.000 Steroidrezeptoren. Sie bestehen aus einer karboxylierten Domäne, die das Hormon bindet, einer mittleren Domäne, die sich an die DNA anlagert und einer mit einer Aminogruppe besetzten Domäne, die die Gentranskription aktiviert. Einige intrazelluläre Rezeptoren liegen primär im Zytosol, andere im Kern. Zu den nukleären gehören die Östrogen- und Progesteronrezeptoren. Bedeutung für die Zytodiagnostik. Die Bestimmung von Östrogen- und Progesteron-Rezeptoren sowie der Her-2neu-Überexpression hat bei Mammakarzinomen, des EGF-Rezeptors („epidermal growth factor“) unter anderem beim Lungenkarzinom prognostische und therapeutische Bedeutung. Diagnostisch sind vor allem die Liganden verschiedener Oberflächenrezeptoren von Lymphozyten und Makrophagen (Lymphokine, Interleukine) von Bedeutung. Die Rezeptorproteine einer Zelle machen nicht mehr als 0,1% der gesamten Proteinmasse der Zellmembran aus und sind deshalb immunzytochemisch nicht immer einfach nachzuweisen.
18
1
Kapitel 1
Literatur
Funktionelle Anatomie der Zelle
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Kapitel 2
Grundlagen der Tumorbiologie
2
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Tumorprogression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kennzeichnende Eigenschaften des Tumors . . . . . . .
20
Invasion und Metastasierung . . . . . . . . . . . . . .
29
Onkogenese (Tumorentstehung) . . . . . . . . . . . . .
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Tumordifferenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
Exogene Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
Morphologische Tumoreinteilung . . . . . . . . . . .
29
Endogene Angriffspunkte der Onkogenese . . . . . .
22
Differenzierung und Malignitätsgrad . . . . . . . . .
29
Folgeentwicklung der Onkogenese (Progression) . . . .
25
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . . . . . . .
30
Genetische Instabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
0
Kapitel
Einleitung
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In weitestem Sinne kann jede Gewebsschwellung als Tumor (Geschwulst) bezeichnet werden, so z. B. eine Schwellung, die durch vermehrte Flüssigkeitseinlagerung in das Gewebe entsteht. Das klassische Beispiel hierfür ist eine durch einen Insektenstich verursachte Schwellung. Im engeren Sinne wird der Begriff Tumor für die Neubildung von Gewebe (Neoplasie) verwendet, wobei es sich sowohl um gutartige als auch um bösartige Neubildungen handeln kann. Der Begriff Tumor wird im Folgenden in dieser engeren Bedeutung einer Neubildung verwendet. Wichtig ist zu wissen, dass nicht jeder neoplastische Prozess wie z. B. ein Carcinoma in situ der Cervix uteri unmittelbar als Gewebsschwellung (also Tumor im weiteren Sinne) imponieren muss.
Kennzeichnende Eigenschaften des Tumors Innerhalb des Gesamtorganismus werden Wachstum und Regeneration eines Gewebes normalerweise durch eine Vielfalt von komplexen Regelmechanismen gesteuert und so eine ausgewogene Entwicklung der einzelnen Organsysteme garantiert. Dem Tumor gelingt es, diese Mechanismen zumindest partiell zu durchbrechen und damit autonom zu wachsen, neues Gewebe zu bilden (Neoplasie) und eine Gewebsschwellung (Geschwulst = Tumor) hervorzurufen. Dazu befähigen ihn sechs Eigenschaften, die er sich einzeln oder in Kombination allmählich im Laufe seiner Entwicklung erwirbt: 1. Er produziert eigenständig Wachstumssignale, 2. ist unempfindlich gegenüber wachstumshemmenden Signalen, 3. entzieht sich dem programmierten Zelltod, 4. besitzt eine unbegrenzte Wachstumspotenz, 5. induziert eigenständig seine Gefässversorgung und 6. hat die Fähigkeit, in die Umgebung einzuwachsen und in anderen Organen Tochtergeschwülste (Metastasen) zu bilden. Diese sechs Eigenschaften sind aber nicht in jedem Tumor in gleichem Umfang ausgebildet. Je nach Grad der Wachstumsautonomie sind drei Arten von neoplastischen Veränderungen zu unterscheiden: • Gutartige Tumoren, die gewöhnlich langsam wachsen und sich durch hohe Stabilität ihres Karyotyps, d. h. ihrer chromosomalen DNA auszeichnen. Ihre Ausbreitung beschränkt sich auf den Ort ihrer Entstehung. Oft sind sie gegenüber ihrer Umgebung durch eine Bindegewebskapsel scharf abgegrenzt (Beispiele: Lipome, Adenome der Schilddrüse). • Prämaligne Veränderungen, die ebenfalls auf den Ort ihrer Entstehung beschränkt bleiben, aber eine mittle-
Grundlagen der Tumorbiologie
re Wachstumspotenz und einen instabilen Karyotyp aufweisen und während ihrer Entwicklung zur Wachstumsbeschleunigung (Progression) tendieren (Beispiel: Dysplasie des Portioepithels). • Maligne Tumoren, die fast immer aus prämalignen Veränderungen hervorgehen und fähig sind, in die Umgebung einzuwachsen und zu metastasieren (Beispiele: Karzinome, Lymphome). Sie wachsen meist rascher als gutartige Tumoren und zeichnen sich durch eine ausgeprägte Instabilität ihres Karyotyps aus. Tumoren, die nur die Fähigkeit zur Invasion in die Umgebung besitzen, aber nicht metastasieren, wurden früher als semimaligne bezeichnet; den biologischen Gegebenheiten angemessener ist es, in diesen Fällen von malignen Tumoren niedrigen Malignitätsgrads zu sprechen, da auch diese Tumoren in seltenen Fällen metastasieren können (Beispiele: Karzinoidtumoren der Lunge, Basalzellkarzinome der Haut). Mit welcher Geschwindigkeit sich ein Tumor entwickelt, lässt sich anhand morphologischer Kriterien nur grob schätzen. Die Unterschiede des Wachstumsverhaltens sind z. B. beim Bronchuskarzinom im Einzelfall selbst innerhalb eines Differenzierungstyps (Plattenepithel- oder Adenokarzinom) kaum vorhersagbar. Auch die radiologisch feststellbare Verdoppelungszeit (Zeit, in der sich das Tumorvolumen verdoppelt) und die aus 3H-ThymidinMarkierungs- und Mitoseindex am Gewebe bestimmte Generationszeit der Tumorzellen erlauben nur einen begrenzten Einblick in die Entwicklungsdynamik eines Tumors. Zwischen dem an der Verdoppelungszeit ablesbaren tatsächlichen und dem aus der Generationszeit bestimmten potentiellen Wachstum besteht eine beträchtliche Diskrepanz. Aus radiologischen Beobachtungen ist zu folgern, dass bei einem angenommenen Durchmesser der initialen Tumorzelle von 25 µm und einer Verdoppelungszeit von 100 Tagen ein Tumor – gleichbleibendes Wachstum vorausgesetzt – in 5 Jahren einen Durchmesser von 1 mm, nach 7 Jahren von 20 mm und nach 8 Jahren von 50 mm erreichen würde. Der 50 mm große Tumor wäre mit den zur Verfügung stehenden radiologischen Methoden höchstens die letzten 2–3 Jahre seiner achtjährigen Entwicklungszeit klinisch feststellbar! Aus derselben Tumorzelle würde sich dagegen bei einer Generationszeit von 4 Tagen, wie sie bei Bronchuskarzinomen festgestellt wurde – exponentielles Wachstum vorausgesetzt – schon innerhalb von drei bis vier Monaten ein 30 mm im Durchmesser messender Tumor ent wickeln [16]. Die Diskrepanz zwischen den beiden Modellrechnungen ist auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen: • Zellverlustrate: Eine wesentliche Rolle spielen Gene, die die Apoptoserate (s. S. 8) regulieren [30]. Die präkanzeröse Veränderung unterscheidet sich vom invasiven Tumor dadurch, dass sich Proliferation und Apoptose die Waage halten [23].
Onkogenese (Tumorentstehung)
21
• Anzahl der teilungsbereiten Zellen im Tumor: Die beiden Berechnungen setzen voraus, dass alle Tumorzellen ständig teilungsbereit sind. Durchflusszytometrische Bestimmungen der S-Phasen-Fraktion der Tumorzellpopulation und immunzytochemische Untersuchungen mit dem mononukleären Antikörper Ki67 (Mib1), der alle Zellen markiert, die sich nicht in G0Phase befinden, haben aber gezeigt, dass dies nicht der Fall ist. Der Anteil der Ki67-positiven Zellen ist auch bei Karzinomen desselben Differenzierungstyps gro ßen Schwankungen unterworfen. • Auto- und parakrine Wachstumsstimulation: Untersuchungen an verschiedenen Tumoren ergaben, dass Tumoren im Laufe ihrer Entwicklung Subklone entwickeln, die in der Lage sind, Wachstumsfaktoren zu produzieren, mit denen sie sich autokrin (aus sich selbst) stimulieren oder parakrin (durch Signale benachbarter Tumorzellen) stimulieren [28]. • Tumor-„Wirt“-Beziehung: Ob sich Tumorzellen überhaupt entwickeln und vermehren können, hängt davon ab, ob sie vom Immunsystem als fremd erkannt werden. Je heterogener eine Tumorzellpopulation ist, desto größer ist jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass sie Zellen enthält, die vom Immunsystem nicht als fremd erkannt und deshalb nicht durch natürliche Killerzellen des lymphatischen Systems oder durch Makrophagen eliminiert werden [32]. Umgekehrt kann ein Tumor infolge einer Störung der Immunabwehr des Wirts ungebremst wachsen und bei Erholung des Immunsystems auch wieder abnehmen. Die seltenen Spontanremissionen von Tumoren mögen darin zum Teil eine Erklärung finden.
Zytologie. Der Anteil teilungsbereiter Zellen lässt sich am besten immunzytochemisch mit dem Antikörper MIB1 (Ki67) oder durch Bestimmung der S-Phasen-Fraktion im DNA-Histogramm ermitteln (s. S. 42, 63 und 634).
Onkogenese (Tumorentstehung) Die Umwandlung einer normalen Körperzelle in eine autonom wachsende Tumorzelle resultiert aus einem komplexen Zusammenspiel endogener und exogener Faktoren. Die exogenen Faktoren, traditionell als Kanzerogene bezeichnet, sind in der Lage, den genetischen Apparat zu stören und über das natürliche Maß hinaus zu destabilisieren und zu modifizieren. Die Kanzerisierung kann dabei durch „genetische“ und/oder „epigenetische“ Störungen erfolgen. Als genetisch werden Veränderungen der DNA-Sequenz (Punktmutationen, Deletionen, Translokationen, Amplifikationen) bezeichnet, als epigenetisch Vorgänge, die Genexpression, Transkription und andere Vorgänge den Genomstoffwechsels beeinflussen, ohne direkt die Nukleotide im DNA-Strang zu verändern.
Exogene Faktoren Die wichtigsten Kanzerogene sind chemische Substanzen, ionisierende Strahlen, Ultraviolettstrahlen und Viren (Tabelle 2.1). Die Mechanismen, mittels derer Kanzero-
Tabelle 2.1 Durch einige kanzerogen wirkende Mutagene hervorgerufene Mutationen [22] und daraus resultierende Tumoren. A: Adenin, C: Cytosin, G: Guanin, T: Thymidin Mutagenes/onkogenes Agens
Mutation
Tumor
G → T/G → C
Bronchus-, Urothel- und andere Karzinome
Chemische Substanzen Benzpyren (Zigarettenrauch) Nitrosamin Akridinfarbstoffe Aflatoxin (aus Schimmelpilzen) Vinylchlorid
G→T A → T/T → A
Urothelkarzinome, hepatozelluläres Karzinom Hämangioendotheliosarkom
Mineralien Asbest
Bronchuskarzinom, Mesotheliom
Strahlen UV-Licht Röntgenstrahlen
Hauttumoren: Basalzellkarzinom, Plattenepithelkarzinom, malignes Melanom, Leukämie, Karzinome
Viren Human papilloma virus (HPV) Hepatitis-B-Virus (HBV) Epstein-Barr-Virus (EBV) Human T-cell leukemia virus (HTLV)
C→T
Dysplasien und Karzinome der Portio Hepatozelluläres Karzinom Burkitt- und andere Lymphome Lymphome der T-Zell-Reihe
22
2
Kapitel 2
Grundlagen der Tumorbiologie
a
b
c
d Abb. 2.1 Typen der genetischen Störung. a Punktmutation = Einbau einer falschen Purinbase in ein Gen; b Amplifikation = Einbau zusätzlicher DNA-Sequenzen mit Genfunktion in den DNA-Strang; c Deletion = Verlust eines Gens oder Chromosomenabschnitts; d Translokation = Umlagerung einer DNA-Sequenz von einem Chromosom (grünes Zentromer) auf ein anderes (rotes Zentromer)
gene den DNA-Strang schädigen, sind komplex. Manche chemischen Kanzerogene wie zyklische Kohlenwasserstoffe bewirken ganz bestimmte Punktmutationen, indem sie den Einbau eines bestimmten falschen Nukleotids (z. B. Thymidin statt Guanidin) in den DNA-Strang begünstigen (Abb. 2.1a) [30]. Für eine relativ nukleotidspezifische Wirkung spricht die Beobachtung, dass bestimmte Karzinomtypen mit bestimmten Risikofaktoren korreliert sind. So werden kleinzellige Karzinome hauptsächlich bei Rauchern beobachtet, während Nichtraucher, sofern sie überhaupt an einem Bronchuskarzinom erkranken, weit eher ein Adenokarzinom entwickeln [15]. Die kanzerogene Wirkung onkogener Viren beruht auf ihrer Fähigkeit, bestimmte DNA- oder RNA-Sequenzen, die für die Proliferationssteuerung der Zelle von Bedeutung sind, zu amplifizieren (Abb. 2.1b). Dadurch wurden die Protoontogene (s. unten) überhaupt erst entdeckt, von denen man inzwischen weiß, dass sie nicht nur durch Viren, sondern auch durch andere Mutagene zu Onkogenen transformiert werden. Auch Sauerstoffradikale bewirken DNA-Mutationen. Die Radikale können unmittelbar durch das Kanzerogen, besonders durch ionisierende Strahlen oder mittelbar
Abb. 2.2 Kanzerogenese am Modell von Bronchialkarzinom und Mesotheliom. Aus dem Zigarettenrauch stammende und unter dem Einfluss von Teerprodukten und Asbest aus aktivierten Entzündungszellen freigesetzte Sauerstoffradikale verursachen epigenetische Störungen und Genmutationen
über eine Stimulation der neutrophilen Granulozyten generiert werden (Abb. 2.2) [20]. Indem hohe Kanzerogendosen durch einen zusätzlichen toxischen Effekt die Regenerationsvorgänge im Gewebe beschleunigen, steigern sie über die aus den Entzündungszellen freigesetzten Sauerstoffradikalen über ihren unmittelbaren mutagenen Effekt hinaus ihre karzinogene Wirkung. Umgekehrt kann allerdings auch die toxische Wirkung mancher Kanzerogene das Wachstum der nichtneoplastischen Zellen hemmen, so dass die durch ihre mutagene Wirkung hervorgerufenen Mutanten einen Wachstumsvorteil erhalten.
Endogene Angriffspunkte der Onkogenese Genetische Störungen (Mutation). Ein Neoplasma lässt sich als genetische Erkrankung definieren. Der entscheidende endogene Faktor, der die Tumorentstehung begünstigt, ist die Instabilität des genetischen Apparates, d. h. die Neigung des DNA-Stranges zu spontanen oder durch äußere Einflüsse induzierten Veränderungen. Die Möglichkeit von onkogenen Genmutationen ist die Kehrseite einer natürlichen genetischen Instabilität, ohne die eine Evolution der verschiedenen Tier- und Pflanzenarten auf der Erde nicht möglich gewesen wäre. Die DNA-Sequenz kann gestört sein aufgrund hereditärer und/oder somatischer Mutationen. Neben den bereits er-
Onkogenese (Tumorentstehung)
wähnten Punktmutationen durch Einbau einzelner fehlerhafter Nukleotide in den DNA-Strang und Genamplifikationen durch mehrfachen Einbau einer Gensequenz sind weiter Deletionen von Teilen des DNA-Stranges oder eines Chromosoms und Translokation ganzer Abschnitte des DNA-Stranges von einem Chromosom auf ein anderes zu unterscheiden (s. Abb. 2.1 und Abb. 2.3). Auswirkungen der Translokationen sind entweder die Bildung eines Gens mit veränderten Aktivitätseigenschaften oder eine veränderte Genregulation durch Umlagerung eines Wildtypgens in den Bereich eines gewebsspezifisch aktivierten Promoters (Beispiel: Burkitt-Lymphom). Dass die Instabilität des Genoms für die Tumorentstehung eine Rolle spielt, zeigt sich unter anderem bei bestimmten angeborenen Erkrankungen mit einer über das natürliche Maß hinaus gehenden Häufung genetischer Störungen (Xeroderma pigmentosum, Werner-Syndrom). Patienten, die an einer derartigen Erbkrankheit leiden, entwickeln häufiger Tumoren als genetisch unbelastete Menschen. Für die Tumorentstehung sind im Wesentlichen Störungen der DNA-Sequenz (Mutationen)
a
b
c
d
e
f
g
h
Abb. 2.3 Numerische Genomveränderungen, wie sie sich mit FISH darstellen (grün: Genprobe, rot: Zentromerprobe) a Normalbefund (diploid); b Polysomie (tetraploid); c Gendeletion (hetero zygot); d Gendeletion (homozygot); e Genzugewinn; f Anisosomie und Genzugewinn; g intrachromosomale Genamplifikation; h extrachromosomale Genamplifikation
23
im Bereich von drei das Proliferationsverhalten der Zelle steuernden Gengruppen entscheidend: 1. Suppressorgene: Sie kodieren tumorhemmende Proteine, die potentiell maligne Zellen eliminieren und in Apoptose überführen („gatekeeper“) oder die Akkumulation onkogen wirksamer Mutationen der DNA verhindern („caretaker“). Tumorsuppressorgene sind stets rezessiv, d. h. erst die Schädigung beider Allele wirkt stark tumorfördernd. 2. Onkogene sind tumorbegünstigende Gene. Sie sind stets dominant, d. h. die Überexpression eines Allels wirkt bereits onkogen. Folge der Onkogenüberexpression ist beispielsweise die Produktion von Wachstumsfaktoren oder Wachstumsfaktor-ähnlichen Molekülen. Beispiele solcher Faktoren sind Peptidhormone wie EGF („epidermal growth factor“), TGF-α („transforming growth factor alpha“) und IGF-2 („insuline-like growth factor“). Sie aktivieren proliferationsrelevante Rezeptoren und fördern die Produktion von Steuerproteinen, die die Empfindlichkeit gegenüber Trans kriptionsfaktoren erhöhen oder die Zellen aus der G0Phase in den Zellzyklus eintreten lassen [2, 4, 27, 30]. 3. Reparaturgene: Sie kodieren Proteine, die Zellen mit Genomschäden erkennen, deren weitere Proliferation verhindern und sie der Apoptose zuführen. Auch Tumorsuppressorgene fungieren teilweise als Reparaturgene, indem sie Proteine kodieren, die bei der Zellteilung entstandene Fehler der Replikation des genetischen Materials beseitigen. Diese drei Gengruppen bilden ein integrales Funktionsnetz, das gleichzeitig verschiedene Stoffwechselvorgänge kontrolliert, so dass die Funktion des einzelnen Gens oft schwer zu entschlüsseln ist. Sie sind wesentlich für die Stabilität des Genoms auf Nukleotidebene verantwortlich. Außerdem überlagern sich nicht selten hereditäre DNA-Konstellationen und durch außergenomische Einflüsse erworbene Genmutationen: • Keimbahnstörungen: Hierunter sind Fehler einer DNA-Sequenz zu verstehen, die im Unterschied zu den während des Lebens erworbenen somatischen Mutationen von einer Generation zur nächsten vererbt werden. Modellbeispiel ist das Retinoblastom, das sich häufig auf dem Boden eines angeborenen Defekts des Rb-Suppressorgens (Deletion 13q14) entwickelt. Das Gen steuert die Differenzierung embryonaler Retinoblasten zu postmitotischen retinalen Photorezeptorzellen und Neuronen. Liegt eine homozygote hereditäre Keimbahnmutation vor, wird also das mutierte Gen von beiden Eltern auf das Kind übertragen, erkrankt das Kind schon bald nach der Geburt. Bei Individuen, die nur ein mutiertes Rb-Gen besitzen, ent wickelt sich erst ein Tumor, falls eine somatische Mutation des ursprünglich unveränderten zweiten Gens hinzukommt. Der Tumor entwickelt sich daher, wenn überhaupt, erst später. Die im Erwachsenenalter auf-
24
2
Kapitel 2
tretenden sporadischen Retinoblastome sind Folge somatischer Mutationen durch erworbene Inaktivierungen beider Rb-Gene. • Erworbene (somatische) Mutationen: Die Replikation der DNA während der Zellteilung ist ein hoch komplexer Vorgang. Trotzdem sind Genmutationen infolge Fehlkopien der DNA extrem selten. Sie nehmen zu, wenn die Zellteilung durch äußere Einflüsse, d. h. durch die mutagene Wirkung von Kanzerogenen gestört wird. Für die Vulnerabilität der Mitosephase spricht, dass niedrig differenzierte multizelluläre Organismen (z. B. Fliegen), bei denen die meisten Zellen nach Abschluss der Ontogenese in G0-Phase übergehen, nicht an Tumoren erkranken, sondern nur höher entwickelte Organismen, bei denen sich auch nach Abschluss der Ontogenese im Rahmen der Regeneration noch viele Zellen weiter teilen. Die beiden erwähnten hereditären Erkrankungen, das Xeroderma pigmentosum und das Werner-Syndrom wie das Retinoblastom von Patienten mit nur einem angeboren mutierten Gen sind Beispiele für das Zusammenwirken von Keimbahnstörungen und somatischen Mutationen. • Selten reicht eine singuläre Mutation („one hit“) zur Entstehung eines Tumors aus [18]. Ebenfalls selten ist die „Two-hit-Kanzerisierung“; Modellbeispiele hierfür sind das Retinoblastom und ein Teil der Wilms-Tumoren. In der weit überwiegenden Mehrzahl der Neoplasien sind jedoch mehrere Hits notwendig, ehe sich ein klinisch manifester Tumor entwickelt. Selbst das Vorhandensein eines „Mutator“-Phänotyps mit einer erhöhten Anzahl von Mutationen wie bei den genannten Erbkrankheiten reicht meist nicht für die Tumor entstehung aus. Spürbar ändert sich das Wachstumsverhalten eines Gewebes erst, wenn mehrere die Proliferation kontrollierende Gene mutieren. Die Onkogenese erfolgt also schrittweise, begünstigt durch den Einfluss von Karzinogenen, gelegentlich in Kombination mit einer hereditären Keimbahnstörung. Bei der Mehrzahl der Tumoren machen sich die ersten Mutationen in der Vorläuferzelle kaum bemerkbar. Erst aus deren Nachkommen entwickelt sich nach mehreren
Grundlagen der Tumorbiologie
sekundären genetischen und epigenetischen Mutatio nen (Hits) über viele Zellgenerationen hinweg die maligne Tumorzellpopulation. Ehe ein maligner Tumor manifest wird, können je nach Art und Ausmaß der initiierenden genomischen Störung 10, 20 oder mehr Jahre vergehen. Epigenetische Störungen. Epigenetische Störungen sind im Unterschied zu den genetischen potentiell reversibel. Unter den verschiedenen heute bekannten epigenetischen Störungen, stehen abnorme DNA-Methylierung und pathologische RNA-Interferenz an erster Stelle (Tabelle 2.2). • Störungen der DNA-Methylierung: Ein Teil der DNA ist physiologischerweise methyliert. Die Methylierung von regulatorischen Sequenzen moduliert unter anderem die Genexpression (Abb. 2.4). Besonders die CpG-Inseln (Cytosin-Phosphatidyl-Guanin-Dinukleotide), die sich in der Umgebung etwa der Hälfte aller Gene finden, sind als Promoter für die An- und Abschaltung der Gene wichtig. Cytosin ist chemisch labil; durch oxydative Desaminierung wird es zu Thymin, durch Methylierung zu Uracil. Die Methylierung des Promoteren von Tumorsuppressor- und DNA-Reparaturgenen führt zur Abschaltung („silencing“) der betroffenen Gene und trägt dadurch wesentlich zur Kanzerogenese bei. Methylierungsstörungen werden ausgelöst durch Chemikalien, Viren, Entzündungen, Alterung der Zelle und Folsäuremangel (Mangel an Vitaminen B6 und B12) infolge Mangelernährung im Alter oder Resorptionsstörungen, z. B. bei chronischer atrophischer Gastritis. Auch Gendefekte können zu Störungen des Monokarbonstoffwechsels und zu einer De-novo-Methylierung führen und dadurch die Karzinogenese beschleunigen [5, 6, 14, 33, 34]. Einige Untersuchungsbefunde sprechen dafür, dass auch Hypomethylierung, also der Verlust von Methylgruppen, zur Aktivierung von Onkogenen wie cMYC und H-RAS führt. Hypomethylierung scheint außerdem über eine Aktivierung latenter Retrotransposons (s. unten) zur tumortypischen chromosomalen Instabilität beizutragen.
Tabelle 2.2 Beispiele von Hypermethylierungen im Bereich verschiedener Gene bei malignen Tumoren Gen
Auswirkung auf
Tumortyp
Rb
Zellzykluskontrolle
Retinoblastom
MLH1
Mutationsrate
Karzinome von Kolon, Ovar und Endometrium
BRCA1
Genomische Instabilität
Mammakarzinom
E-CAD
Zellmotilität
Karzinome von Mamma, Lunge und Magen
P16
Zellzykluskontrolle
Viele Tumortypen
VHL
Proteindegradation
Nierenzellkarzinom
GSTP1
Oxydative DNA-Schäden
Prostatakarzinom
Folgeentwicklung der Onkogenese (Progression)
25
lekularbiologisch identifiziert werden, die eine prognostische oder sogar prädiktive Bedeutung haben wie z. B die Amplifikation von Her-2/neu- und EGFR-Gen. a
Folgeentwicklung der Onkogenese (Progression) b
Abb. 2.4 Methylierung der Promoterregion. Die polymerasegesteuerte Transkription von DNA- zu RNA-Sequenzen wird durch Methylierung von Cytosin innerhalb der DNA-Sequenz verhindert
Die DNA-Methylierung kann weiterhin ebenso wie Störungen von Phosphorylierung, und Azetylierung über eine Histonmodifikation zur Strukturveränderung des Chromatins führen und so die Genexpression beeinflussen, wie umgekehrt eine primäre Histonveränderung den Prozess der DNA-Methylierung einleiten kann [7]. • RNA-Interferenz (RNAi): Sie ist ebenfalls ein natürlicher Mechanismus zur Abschaltung von Genen auf trans kriptionaler und posttranskriptionaler Ebene. Beispielsweise ist die RNAi für die Infektabwehr von Bedeutung. Dabei unterdrücken sequenzspezifische siRNA („small interfering RNA“) und miRNA („microRNA“) die Expression bestimmter Gene. Störungen der RNAi können zur Onkogenese beitragen, indem sie in eine Unterdrückung der Expression eines Gens münden [7]. Synthetisch hergestellte siRNA werden insbesondere in der Forschung eingesetzt, um gezielt Genfunktionen zu unterdrücken. Es besteht die Hoffnung, RNA-interferenzbasierte Medikamente zur Krebstherapie einzusetzen, z. B. um die Überexpression des HER2- und EGFRGens (beides Onkogene) zu unterdrücken [8, 11, 29]. Zytologie. Eine ganze Reihe von Tumoren weist charakteristische, diagnostisch wichtige Translokationen auf, die sich mit molekularbiologischen Methoden darstellen lassen. Das klassische Beispiel ist die reziproke Translokation zwischen den Chromosomen 9 und 22 bei der chronischen myeloischen Leukämie, die zur Bildung des mikroskopisch nachweisbaren Philadelphia-Chromosoms und zur Aktivierung des für die Thyrosin-Kinase-Produktion verantwortlichen ABL-Onkogens führt. Zugleich ist diese Translokation das klassische Beispiel für eine One-hit-Kanzerisierung, was die medikamentöse Unterdrückung der Thyrosin-Kinase-Aktivität mit Gleevec und damit die Entwicklung der CML stoppt. Weitere diagnostisch wichtige Translokationen siehe Tabelle 24.8, S. 519 und Tabelle 27.6, S. 596. Ebenfalls am Zellausstrich können bestimmte (epi-)genetische Veränderungen mo-
Genetische Instabilität In einem fortgeschrittenen Stadium der Onkogenese weisen die meisten Karzinomzellen infolge genetischer und epigenetischer Störungen eine Vielzahl von Veränderungen auf, die das Genom über das natürliche Maß hinaus destabilisieren. Die genetische Instabilität ist nicht nur ein Motor der Onkogenese, sondern ein Faktor, der wesentlich zur Tumorprogression (= Steigerung des aggressiven Verhaltens) beiträgt [24]. Sie erstreckt sich allmählich zunehmend auf allen Ebenen des Genoms. Hervorzuheben sind folgende Phänomene: • Mikrosatelliteninstabilität: Mikrosatelliten sind kurze, repetitive, nichtkodierende DNA-Sequenzen mit gleicher Nukleotidabfolge. Bei familiären Kolonkarzinomen wurde beobachtet, dass sie häufig mit Mutationen der Reparaturgene hMSH2 auf Chromosom 2 oder hMLH1 auf Chromosom 3 verknüpft sind [19, 25]. Viele Tumoren weisen am Ende ihrer Entwicklung hunderte oder gar tausende von Veränderungen der DNA-Sequenz auf [1]. Ist der Karyotyp der transformierten Zellen derart destabilisiert, kommt es selbst ohne weitere Einwirkung eines Kanzerogens zu sekundären Mutationen, die die gleichen Gene betreffen wie die karzinogeninduzierten und nicht von diesen zu unterscheiden sind. Diese sekundären Mutationen sind Folge der Proliferationsbeschleunigung, die in der Mitosephase zu einer Steigerung der „Druckfehlerrate“ bei der Chromosomenverdoppelung führt. Die DNADruckfehler können wegen defekter Reparaturgene weder repariert noch eliminiert werden, z. B. weil kein funktionstüchtiges Protein p53 zur Verfügung steht. Es resultieren neue Punktmutationen, Deletionen, Translokalisationen und Amplifikationen von Genen. Zusätzlich führt die Wachstumsbeschleunigung zu einer Zunahme der epigenetischen Störungen. • Chromosomale Instabilität: Die Chromosomen bleiben von den schweren sich über das gesamte Genom ausbreitenden Veränderungen nicht verschont. Zur Entwicklung der chromosomalen Instabilität tragen unterschiedliche pathogenetische Mechanismen bei. Inter- und intrachromosomale Rekombinationen resultieren aus Störungen der Mitosespindel (s. S. 7), die zu inäqualen und endomitotischen Kernteilungen führen. Ausdruck der Kernteilungsstörungen sind atypische Mitosen mit Ausbildung von Triastern, Riesenkernen und Tumorriesenzellen (Abb. 2.5).
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Kapitel 2
Grundlagen der Tumorbiologie
2
a Abb.€2.5╇ Atypische Mitose einer Tumorzelle in Anaphase mit Ausbildung eines Triasters (525×)
Eine besondere Rolle spielen Veränderungen der Telomere. Das Ende eines jeden Chromosoms bilden komplexe Ribonukleoproteine. Diese Telomere bestehen aus sich wiederholenden Sequenzen des guaninreichen Hexanukleotids TTAGGG, die sich über eine Länge von bis zu 15.000 Basen des DNA-Strangs erstrecken und an eine Anzahl unterschiedlicher Proteine gebunden sind. Wahrscheinlich sollen sie verhindern, dass benachbarte Chromosomen in der mitotischen Segregationsphase an ihren Enden auseinander brechen und fusionieren. Normalerweise gehen bei jeder Zellteilung 50 bis 200 Basenpaare verloren, was wesentlich zum Alterungsprozess der Zellen beiträgt. Diese Erosion der Telomere wird durch toxische Noxen und oxydativen Stress verstärkt. Dem wirkt die Telomerase entgegen. Das Enzym ist für das Überleben der Spezies unerlässlich. Während Telomerase in den meisten differenzierten somatischen Zellen inaktiv ist, stabilisiert sie in embryonalen Zellen und Keimzellen durch Verlängerung der Telomere die Chromosomen und verhindert die Alterung dieser Zellen. Wie experimentell nachgewiesen, können auch Tumorzellen immortalisiert werden, indem Telomerase durch Mutation von Onkogenen und Funktionsstörungen von p53 und p16 aktiviert wird. Tatsächlich exprimieren die Zellen von ca. 90% aller malignen Tumoren Telomerase [13, 17, 31]. Die Tumorzellpopulation wird durch die chromosomalen Veränderungen immer polymorpher. Der gesamte Karyotyp verändert sich.
Tumorprogression Zum Verständnis des Ursprungs eines Tumors wurden verschiedene Modelle entwickelt. Am Anfang der Entwicklung steht mindestens eine teilungsfähige Zelle, nach einer anderen Vorstellung gehören dazu mehrere in ihrem Wachstumsverhalten veränderte Zellen (Abb.€2.6).
b
c Abb.€2.6╇ Modelle der Tumorentwicklung. a Alle Zellen einer Tumorzellpopulation stammen von einer Vorläuferzelle (Stammzelle) ab und tragen daher ein bestimmtes Merkmal, was aber eine epigenetisch entstandene Polyklonalität hinsichtlich anderer Zellmerkmale nicht ausschließt (Beispiel: Plasmozytom, s.€S.. 499); b das Kanzerogen schädigt mehrere Zellen eines Epithels („Feldläsion“), der Tumor entwickelt sich bei Kollision von Zellpopulationen, die aus verschiedenen mutierten Vorläuferzellen hervorgegangen sind und sich gegenseitig parakrine Wachstumsstimulation beeinflussen [21] (bisher nicht eindeutig bewiesen); c Das derzeit am meisten Â�favorisierte Modell der Onkogenese: Tumor entwickelt sich aus Â�einer Stammzelle; erst die Epigenese führt zu zunehmender PolyÂ� klonalität der Tumorzellpopulation (vgl. Abb. 2.10 und 2.11)
Folgeentwicklung der Onkogenese (Progression)
27 Abb. 2.7 Stammzellkonzept. Aus der Ver einigung der haploiden männlichen und weiblichen Keimzelle entsteht die omnipotente zur Selbstreproduktion fähige diploide embryo nale Stammzelle; aus dieser entstehen die Keimbahnstammzellen und die multipotenten adulten Stammzellen; aus Letzteren wiederum gehen die oligopotenten adulten Stammzellen und nach weiteren Mitosen die determinierten Stammzellen hervor. Diese sind das Reservoir („Reservezellen“) bestimmter, sich lebenslang erneuernder, terminal differenzierter Gewebe. Hauptsächlich aus adulten Stammzellen entwickeln sich Stammzellen maligner Tumoren
Diese Voraussetzung erfüllen die in allen Geweben vorkommenden adulten Stammzellen, die sich über Zwischenstufen aus embryonalen Stammzellen herleiten (Abb. 2.7). Sie sind multipotent oder oligopotent und bereits stärker auf die Entwicklung organspezifisch differenzierten Zellen festgelegt. Zu Tumorstammzellen werden sie von den wenigen hereditären Tumoren abgesehen (Retinoblastom, s. oben) unter dem Einfluss der oben besprochenen genotoxischen Noxen. Der Weg vom ersten „Hit“ bis zum voll entwickelten malignen Tumor führt über zunächst sich noch gutartig verhaltende, teilweise sogar reversible Veränderungen, Präneoplasien (Dysplasie und Carcinoma in situ) bis hin zum aggressiv und invasiv wachsenden und schließlich metastasierenden malignen Tumor (Abb. 2.8). Ihre scheinbar unerschöpfliche Teilungsfähigkeit erlangen die am Anfang dieses Prozesses stehenden Tumorstammzellen nach neueren noch weitgehend hypothetischen Vorstellungen, wenn die Telomere der Chromosomen so weit abgeschmolzen sind, dass eine geordnete Mitose nicht mehr möglich ist (Abb. 2.9 und 2.10 ). Die der Mitose vorausgehenden Vorgänge kommen nach Abschluss der S-Phase zum Stillstand. Es entsteht eine tetraploide Zelle, die sich nur noch amitotisch, d. h. durch Abschnürung eines Teils des Zellkerns ohne Ausbildung einer Kernspindel teilen kann. Bei dieser amitotischen Kernteilung entstehen aneuploide, meist peridiploide Zellen mit numerischer Chromosomenaberration, die wieder in die Mitosephase eintreten können. Diese eigentlichen Tumorstammzellen sind, wie oben dargestellt, in der Lage, Telomerase zu produzieren und wieder Telomere aufzubauen. Aber auch in den Tumorzellen schreitet die Erosion der Telomere bei jeder Mitose voran und führt schließlich in die „mitotische Katastrophe“, aus der die Zelle möglicherweise durch eine weitere Neosis her-
Abb. 2.8 Mehrschrittkanzerogenese am Beispiel des Kolonkarzinoms nach Fearon u. Vogelstein [9]. DCC-Gen (deleted in colorectal cancer), DPC4 (Deleted in pancreatic carcinoma, locus 4), JV181 (Smad2). Andere Abkürzungen siehe Text
ausfindet [26]. Dies begünstigt die Fusion und Rekombination von Chromosomen und trägt damit wesentlich zur Steigerung der chromosomalen Instabilität bei. Die geschädigten Zellen entwickeln auf diese Weise mehr und mehr Eigenschaften, durch die sie sich funk tionell und phänotypisch immer weiter von den Zellen des Ausgangsgewebes entfernen. Die Polymorphie der Tumorzellen nimmt zu. Sie ist Ausdruck der allmählich entstandenen Polyklonalität der Tumorzellpopulation. Die polyklonale Tumorzellpopulation entwickelt sich erst allmählich aus einer wahrscheinlich anfangs monoklonalen Zellpopulation. Wichtigstes Argument für die Abstammung aller Tumorzellen von einer gemeinsamen Vorläuferzelle ist das Vorliegen identischer genomischer Verän-
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2
Kapitel 2
a
Grundlagen der Tumorbiologie
b
Abb. 2.9 Entwicklung von Tumorstammzellen. a Mit jeder Mi tose einer adulten Stammzelle verkürzen sich die Telomere (rot) der Chromosomen; sind die Telomere abgeschmolzen, ist eine mitotische Zellteilung nicht mehr möglich: Die gealterte Zelle geht in Apoptose (dunkelrot) oder wird nach Abschluss der S-Phase zur tetraploiden Zelle (TPZ), die sich nur noch amitotisch durch Ausknospen des Zellkerns bei erhaltener Kernhülle teilen und dadurch zur Neosis-Mutterzelle (NMZ) werden kann. b Entgeht die NMZ infolge epigenetischer oder genetischer Störung dem programmierten Zelltod (z. B. infolge Mutation des die Apoptose einleitenden p53-Gens), so gewinnt sie bei dieser quasi meiotischen Teilung unter Wiederherstellung der Telomeraseaktivität ihre Fähigkeit zur Mitose zurück, jedoch zum Preis einer inäqualen Teilung, die zu peridiploiden (aneuploiden) Tochterzellen führt
Abb. 2.10 Entwicklung einer heterogenen Tumorzellpupulation durch Neosis (nach [26]). Der in Abb. 2.6 dargestellte Vorgang wiederholt sich auch im Tumor mehrfach. In das Endstadium der Seneszenz angelangte Zellen (weiß) befinden sich in der mitotischen Krise. Aus ihnen werden die Neosis-Mutterzellen, die nach wiedergewonnener Telomeraseaktivität (hellgelb) Eigenschaften von Tumorstammzellen (TSZ) besitzen. Aus ihnen gehen wiederum seneszente Zellen (in zunehmenden Rottönen) hervor. Mit jeder Neosis nimmt die genetische Instabilität der Tumorzellpopulation weiter zu, und aus zunächst peridiploiden Zellen entstehen auch ohne äußere genotoxische Einflüsse immer höhergradig aneuploide und polymorphe Zellen. ESZ embryonale Stammzellen, DSZ determinierte Stammzellen, TPZ tetraploide Zelle, NMZ Neosis-Mutterzelle, RZ reife Zellen, AZ apoptotische Zellen
Abb. 2.11 Klonale Entwicklung des Nieren zellkarzinoms; siehe auch Text (nach [3])
derungen in allen Zellen eines Tumors (Abb. 2.11). Ein besonders gutes Beispiel ist das identische Rearrangement der Immunglobulingene der Zellen eines Lymphoms. Zytologie. Die chromosomale Instabilität führt zu den mikroskopisch fassbaren Kernveränderungen, die das wichtigste zytologische Kriterium der malignen Transformation einer Zelle darstellen. Die Kernveränderungen
korrelieren mit der im DNA-Histogramm nachweisbaren Aneuploidie. Die Variabilität und Heterogenität der Genstörungen können das zytologische Erscheinungsbild eines Tumors über einen gewissen Zeitraum hinweg tiefgreifend verändern. Wegen der schier unendlichen Kombinationsmöglichkeiten genetischer Störungen gewinnt jeder Tumor sein individuelles Gesicht.
Tumordifferenzierung
Invasion und Metastasierung Mutationen einer Vielzahl von Genen, die die Expression der dazu notwendigen Proteine, Proteasen und Adhäsionsmoleküle steuern, ermöglicht es den Tumorzellen, invasiv zu wachsen, die Neoangiogenese anzuregen und zu metastasieren. Zytologie. Der immunzytochemische Nachweis derartiger Zellprodukte und der molekularbiologische Nachweis der Genveränderungen wurde bislang nur vereinzelt zur Bestimmung der Prognose eines Tumors genutzt [10].
29 Tabelle 2.3 Allgemeine Tumoreinteilung Epitheliale Tumoren
Gutartige: Adenome, Papillome Bösartige: Karzinome
Mesenchymale (Weichteil-) Tumoren
Gutartige: Lipome, Leiomyome, Chondrome Bösartige: Sarkome, maligne Lymphome
Neuroektodermale Tumoren
Gutartige: Hautnävi Bösartige: Hirntumoren, Melanome
Gemischdifferenzierte Tumoren
Gutartige: Fibroadenome, Hamartome Bösartige: Karzinosarkome
Tumordifferenzierung Die meisten Untersucher nehmen heute an, dass die tumorassoziierten Genomveränderungen nicht nur das Wachstumsverhalten, sondern auch die Zelldifferenzierung beeinflussen, wobei allerdings die Wachstumsbeschleunigung allein schon die Verwirklichung des Differenzierungsprogramms einer Zelle behindert. In rasch wachsenden Tumoren bleibt den Tumorzellen nicht genügend Zeit, sich auszudifferenzieren. Dennoch sind viele Tumoren ähnlich differenziert und zeigen lichtmikroskopisch, elektronenmikroskopisch sowie immunzytochemisch ein ähnliches Erscheinungsbild und ähnliche Zellorganellen wie ihr Ursprungsgewebe: In der Mundschleimhaut, im Ösophagus und an der Portio uteri, deren Schleimhäute von Plattenepithel bedeckt sind, entstehen Plattenepithelkarzinome, im drüsigen Epithel der intestinalen Schleimhäute Adenokarzinome. Das respiratorische Epithel, das unterschiedliche Differenzierungen aufweist, ist Ausgangspunkt von neuroendokrinen, plattenepithelialen und adenomatösen Karzinomen.
Morphologische Tumoreinteilung Da die Differenzierung vieler Tumoren Rückschlüsse auf ihren Ausgangspunkt zulässt, scheint es gerechtfertigt, die Tumoren nach histogenetischen Gesichtspunkten einzuteilen. Eine moderne Tumoreinteilung muss aber für Ergänzungen offen sein, wenn sich mit immunzytochemischen und molekularbiologischen Methoden feinere und vielleicht sogar prognostisch wichtige Differenzierungsunterschiede herauskristallisieren. Entsprechend den Hauptdifferenzierungsrichtungen sind im Wesentlichen epitheliale, mesenchymale, neuroekdermale und gemischt differenzierte Tumoren zu unterscheiden (Tabelle 2.3). Feinere Einteilungen finden sich in den Organkapiteln des speziellen Teils.
Bedeutung für die Zytologie. Die morphologische Ähnlichkeit zum Ursprungsgewebe geht oft einer Ähnlichkeit im Genexpressionsmuster parallel. Dementsprechend gibt es immunzytochemische Hilfsmittel, die die Zuordnung von Tumoren zu ihrem Ursprungsgewebe zulassen. Ein Beispiel ist PSA (prostataspezifisches Antigen), das ein zuverlässiger Marker für Prostatakarzinome darstellt. Andere ursprünglich als gewebsspezifisch deklarierte Marker deuten weniger zuverlässig auf ein bestimmtes Ausgangsgewebe eines Tumors hin. So wird Cdx2 zwar von fast allen Kolonkarzinomen, gelegentlich aber auch von Magen-, Gallenwegs- und Pankreaskarzinomen exprimiert. TTF1 („thyroid transcription factor“) wird zwar von vielen Schilddrüsenkarzinomen und Adenokarzinomen der Lunge exprimiert, aber auch von allen kleinzelligen Karzinomen unabhängig von ihrem Ausgangsgewebe.
Differenzierung und Malignitätsgrad Die Höhe der Differenzierung korreliert im Allgemeinen mit dem Malignitätsgrad. Je „unreifer“ eine Tumorzelle ist und je stärker sie sich damit dem blastären oder embryonalen Zustand annähert, desto leichter überwindet sie die ihr durch den „Wirtsorganismus“ gesetzten Ausbreitungsschranken. Umgekehrt gilt für viele Tumoren: Je geringer der Anteil niedrig differenzierter Tumorzellen, desto besser sind die Überlebenschancen des Patienten [12]. Die Ausnahme von dieser Regel betreffen einige entdifferenzierte Tumoren, die heute einer erfolgreichen Chemotherapie zugänglich sind. Die Differenzierungsparameter wechseln von Tumor zu Tumor. Bei Plattenepithelkarzinomen lässt sich die Höhe der Differenzierung am Anteil verhornter Zellen, bei Adenokarzinomen am Anteil tubulär gebauten Tumorgewebes ablesen. Darauf beruht eines der ältesten
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2
Kapitel 2
Grading-Systeme, wonach die Tumoren in vier Gruppen (25%, 50%, >50% oder 100% des Tumors unvollständig differenziert) eingeteilt werden [12].
Grundlagen der Tumorbiologie
Literatur 1.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Ein Tumor im Sinne eines neoplastischen Prozesses ist eine in erster Linie durch autonomes Wachstum gekennzeichnete genetische Erkrankung und resultiert aus dem Zusammenspiel von exogenen kanzerogenen Noxen und der natürlichen Veränderbarkeit des Genoms. Tumorfördernd wirken besonders die durch die Kanzerogene verursachten Mutationen im Bereich von Onkogenen, Tumorsuppressorgenen und DNA-Reparaturgenen. Nach heutiger Vorstellung steht am Anfang des neoplastischen Prozesses die Tumorstammzelle. Sie leitet sich aus einer pluripotenten, mehr oder minder determinierten adulten Stammzelle ab. Bei Umwandlung einer gesunden in eine neoplastische Stammzelle dürfte neben den Kanzerogenen die natürliche, mit jeder Mitose fortschreitende, mit Telomerverlust der Chromosomen einhergehende Zellalterung eine wichtige Rolle spielen. Beobachtungen sprechen dafür, dass dem endgültigen Übergang in eine Tumorstammzelle ein durch Telomerverlust bedingte „mitotische Katastrophe“ vorausgeht. Infolge Telomerverlusts ist die Zelle am Ende der S-Phase nicht mehr fähig zur mitotischen Teilung. Vermutlich entsteht eine tetraploide Zelle, aus der durch amitotische Teilung peri diploide neoplastische Zellen hervorgehen. Diese können zwar zunächst die Fähigkeit zur Mitose zurückgewinnen, unterliegen dann aber zumindest teilweise der gleichen mit Telomerverlust einhergehenden Alterung ihrer Chromosomen. Der mit der Bildung einer Tumorstammzelle eingeleitete Prozess führt zu einer sich steigernden Instabilität des Genoms und zu einer Beschleunigung der Zellproliferation und zunehmend aggressiverem Wachstumsverhalten des Tumors. Alle diese sich im Genombereich abspielenden Vorgänge wirken sich auf das morphologische Erscheinungsbild der neoplastischen Zellen aus. Dies macht sie der zytologischen Diagnostik z. B. mittels FISH zugänglich (s. Abb. 2.3). Aber auch die Veränderungen auf molekularer Ebene lassen sich immunzytochemisch und mit molekularbiologischen Methoden an einzelnen Zellen untersuchen, wodurch sich zytologisch in sehr vielen Fällen Aussagen zu Diagnose, Prognose und Therapie einer Neo plasie treffen lassen.
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Kapitel 3
Zytologische Tumorkriterien
3
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
Zytomorphometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
Mikroskopische Malignitätskriterien . . . . . . . . . . .
34
Automatisches Screening . . . . . . . . . . . . . . . .
42
Malignitätskriterien 1. Ordnung: Kernkriterien . . .
35
Kriterien zur Bestimmung des Tumortyps . . . . . . . .
42
Malignitätskriterien 2. Ordnung . . . . . . . . . . . .
37
Kernkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
Malignitätskriterien 3. Ordnung . . . . . . . . . . . .
39
Zytoplasmakriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
Malignitätsdiagnose durch Zusatzmethoden . . . . . . .
40
Immunzytochemische Kriterien . . . . . . . . . . . .
43
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) . . . . . .
40
Molekularbiologische Kriterien . . . . . . . . . . . . .
43
Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) . . . . . . . . . .
40
Bestimmung des Atypiegrades (Grading) . . . . . . . . .
43
Immunzytochemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
Prognostische Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
Histochemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
Prädiktive Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
DNA-Zytometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
Kapitel
Zytologische Tumorkriterien
Einleitung
3
Die zytologischen Tumorkriterien entsprechen grundsätzlich Veränderungen, die auch im histologischen Präparat nachweisbar sind. Doch im Unterschied zur Histologie kommt es in der Zytologie fast ausschließlich auf das Erscheinungsbild der Einzelzelle an. Die strukturelle Beziehung der einzelnen Zellen zu ihren Nachbarzellen lässt sich zytologisch nur sehr eingeschränkt beurteilen. Diese Einschränkung des Kriterienspektrums bedingt denn auch eine Einengung der diagnostischen Möglichkeiten. So lassen sich, wie bereits im vorigen Kapitel erwähnt, an einzelnen, aus dem Gewebsverband herausgelösten Zellen zytologisch hauptsächlich neoplastische und weniger nichtneoplastische Krankheiten diagnostizieren. Lange Zeit wurde selbst das von vielen Pathologen bestritten. Erst allmählich wurde klar, dass sich auch die zytologische Tumordiagnose ähnlich wie die histologische aus einem Mosaik von Zellparametern ergibt, mehr noch, dass es möglich ist, zytologisch nicht nur die Malignität und Differenzierung eines Tumors zu bestimmen (tumordiagnostische Parameter), sondern auch Aussagen zum klinischen Verlauf (prognostische Parameter) und zu Behandlungsmöglichkeiten (prädiktive Parameter) zu machen. Heute gehören die nachfolgend besprochenen zytologischen Tumorkriterien zum Rüstzeug eines jeden Zytopathologen. Mit geringen Abweichungen gelten sie für alle Teilgebiete der Zytopathologie. Doch die modernen molekularbiologischen Methoden, die zum Teil besonders erfolgreich gerade an zytologischem Untersuchungsmaterial anwendbar sind, ermöglichen oft noch eine eindeutige Entscheidung.
Mikroskopische Malignitätskriterien Grundsätzlich gilt, dass mit zunehmendem Malignitätsgrad eines Tumors, d. h. mit Zunahme der DNA-Aneuploi die, die Zellmorphologie insgesamt zunehmend von der Morphologie der Zellen des Ausgangsgewebes abweicht (Abb. 3.1). Doch lassen sich maligne Tumoren und ihre
Abb. 3.1 Schematische Darstellung der zytologischen Malignitätskriterien. a Normale Plattenepithelzelle, b Verlust der zytoplasmatischen Ausreifung und Verschiebung der Kern-Plasma-Relation zugunsten des Kerns, c Vergrößerung der Kontaktfläche zwischen Kern und Zytoplasma, d Steigerung der Proteinsynthese, erkennbar an Nukleolenvergrößerung, e Vermehrung der Kern-DNS und Störung des Verhältnisses von Eu-/Heterochromatin = zuverlässigstes und wichtigstes Kriterium der Malignität
Vorstufen fast immer an der Chromatinstruktur und einigen anderen Anomalien der Kerne diagnostizieren. Die Kernkriterien gelten daher als Malignitätskriterien 1. Ordnung. Als Malignitätskriterien 2. Ordnung sind nukleoläre und zytoplasmatische Veränderungen zu betrachten, da sie inkonstant sind und in ähnlicher Form auch bei nichtneoplastischen, insbesondere regeneratorischen Zellen anzutreffen sind. Die Malignitätskriterien 3. Ordnung sind indirekte Zeichen des Vorhandenseins eines Tumors, die sich aus seinem raschen Wachstum und seiner Neigung, nekrotisch zu zerfallen, ergeben (Tabelle 3.1).
Tabelle 3.1 Zusammenfassung der zytologischen Malignitätskriterien Kriterien 1. Ordnung
Kriterien 2. Ordnung
Kriterien 3. Ordnung
Struktur des Heterochromatins Kernhintergrund Kerngröße Hohe Kern-Plasma-Relation Kerngrößenvariabilität (Anisokariose) Kernform Kernmembran
Mehrkernigkeit Nukleolenatypie Verlust der Kohäsivität Hyperchromasie des Zytoplasmas Mitosen
Quetschempfindlichkeit Ausstrichhintergrund Zellkannibalismus
Mikroskopische Malignitätskriterien
35
Von seltenen Ausnahmen abgesehen darf eine maligne Neoplasie nur diagnostiziert werden, wenn die Kriterien 1.€Ordnung erfüllt sind. Nur dann ist die zytologische Malignitätsdiagnose ebenso unumstößlich sicher wie eine histologische Malignitätsdiagnose. Die Kriterien 2. und 3.€Ordnung sind dagegen lediglich Hilfskriterien und nicht unbedingt für die Diagnose einer malignen Neoplasie notwendig. Im Gegensatz zu den bösartigen sind gutartige Tumoren zytologisch selten diagnostizierbar, weil sich ihre Zellen meist nicht von den Zellen des normalen Gewebes unterscheiden und die Chromatinabweichungen zu gering sind.
Malignitätskriterien 1. Ordnung: Kernkriterien Struktur des Kernchromatins. Die Chromatinstruktur ist als Repräsentant des gesamten chromosomalen Materials der empfindlichste Gradmesser für Normabweichungen des Genoms und damit das wichtigste Malignitätskriterium. Deshalb stützt sich die folgende Beschreibung der verschiedenen Phänomene, sofern nicht ausdrücklich auf eine andere Färbung hingewiesen wird, auf Befunde an feucht fixierten und nach Papanicolaou gefärbten Präparaten, da so die nukleären Details am besten zur Darstellung kommen. Wie in Kap.€1 dargestellt, geben die dem inaktiven Heterochromatin entsprechenden Chromatingranula dem Zellkern eine charakteristische Struktur, da trotz ständiger Bewegung der Kernmatrix jedem Chromosom ein bestimmtes Territorium innerhalb des Kerns zukommt [6, 24–26]. Bei malignen Tumoren ist die Chromatinstruktur oft schon deutlich verändert, wenn Kerngröße und Kernform nur geringe Abweichungen erkennen lassen. Sie weist in vielen Fällen sogar auf den histologischen Typ des Tumors hin. Die besondere Chromatinstruktur von Kernen maligner Zellen resultiert aus mehreren Veränderungen [8]: • Das Heterochromatin ist grobkörnig und teilweise verklumpt, • es ist oft entlang der Kernmembran verdichtet, • die Größe der einzelnen Chromatingranula schwankt stärker als im gesunden Zellkern und • die Verteilung der Chromatingranula im Kern ist unregelmäßiger als in den Kernen nichtneoplastischer Zellen. Durch die variable Kerngröße und die ungleichmäßige Verteilung des Heterochromatins im Zellkern entsteht die für viele Tumoren typische „Pfeffer-und-Salz-Struktur“ (Abb.€3.2); • Veränderungen des nukleären Matrixproteins Kernhintergrund. Bei manchen Tumoren ist so wenig Kernmaterial im Heterochromatin kondensiert und das Heterochromatin so weitgehend an die Kernmembran
Abb. 3.2╇ Zellen eines Adenokarzinoms. Nur leicht hyperchromatische vesikuläre Kerne, „Pfeffer-und-Salz-Struktur“ des Kernchromatins, Verdichtung der Kernmembran, plumpe Nukleolen, diskrete mikrovakuoläre Auflockerung des Zytoplasmas (PapF, 840×)
Abb. 3.3╇ Deutliche Kernhyperchromasie. Kernhintergrund erscheint dunkel violett, typisch für Zellen von Urothel- und PlattenÂ� epithelkarzinomen (PapF, 525×)
angelagert, dass der Kernhintergrund zwischen den Chromatinkörnern aufgehellt („nuclear clearing“) und der Kern insgesamt vesikulär (bläschenförmig) erscheint. Bei anderen Tumoren ist der Kernhintergrund stärker blau-grau angefärbt. Ist der DNA eine große Menge azidophilen Kernproteins angelagert, nimmt der Kernhintergrund eine eher violette Färbung an (Abb.€3.3). Diese Kernhyperchromasie kommt teils durch die Vermehrung des basophilen Euchromatins, teils durch Schrumpfung der Kerne zustande, zu der besonders die Kerne hochmaligner Tumoren aufgrund ihrer genomischen Instabilität neigen. Das gilt besonders für die Zellkerne kleinzelliger Bronchuskarzinome, die im Sputum meist stark hyperchromatisch, in Feinnadelaspiraten oder Ergüssen dagegen transparent und feingranulär erscheinen (s.€Abb.€13.50 und 14.29). Auch bei bronchioloÂ� alveolären Karzinomen erscheinen die Kerne der im Â�Sputum nachweisbaren Tumorzellen kleiner und stärker hyperchromatisch als im Bronchialsekret. Bei den Plat-
36
3
Kapitel 3
Zytologische Tumorkriterien
tenepithelkarzinomen ist die Kernhyperchromasie teils auch dadurch bedingt, dass die Kerne der keratinisierten Zellen schon infolge der physiologischen Kerninvolution zur Kernschrumpfung neigen (s.€S. 36). Außerdem hängt die Färbung des Kernhintergrundes von Fixation, Präparation und Färbetechnik ab. Als Malignitätskriterium ist sie daher nur bedingt verwertbar. Kerngröße und Kern-Plasma-Relation. Eines der auffälligsten Malignitätskriterien ist die Vergrößerung des Tumorzellkerns im Vergleich zu den Zellkernen des Ausgangsgewebes. Die Kerne sind größer als es dem Reifungsgrad der Zellen entspricht und die Kern-PlasmaRelation, d.€h. das Verhältnis von Kern- zu Zytoplasmadurchmesser, ist zugunsten der Zellkerne verschoben. Die Zunahme der Kerngröße ist aber nur dann als Malignitätskriterium zu werten, wenn auch die Chromatinstruktur pathologisch verändert ist. Kernvergrößerung ohne Atypie ist häufig Folge einer Polyploidisierung, d.€h. einer Verdoppelung oder Vervierfachung des Chromosomensatzes. Tetra- und oktaploide Zellen werden beispielsweise beobachtet im gesunden Urothel und in der Leber, in der Endozervix von Frauen nach längerer Einnahme von Ovulationshemmern, in verschiedenen Epithelien bei Folsäure- und Vitamin-B12-Mangel und bei Entzündungen sowie in Schilddrüsenepithelien degenerativ veränderter Strumaknoten. Kerngrößenvariabilität (Anisokariose). Die Kerngröße von Tumorzellen schwankt meist viel stärker als in Zellen nichtneoplastischer Gewebe. Darin zeigt sich die im Vergleich zu Normalgeweben wesentlich ausgeprägtere Heterogenität der Tumorzellpopulation (s.€Kap.€2). Kernform. Die Variabilität der Kernform (Kernpolymorphie) ist besonders dann ein wichtiges Malignitätskriteri-
Abb. 3.4╇ Nukleäre Pseudoinklusion. Zytoplasmainvagination in den Zellkern; das Phänomen täuscht lichtmikroskopisch eine Kernvakuole vor (PapF, 840×)
um, wenn sie innerhalb einer Zellpopulation von Zelle zu Zelle wechselt und kein Zellkern dem anderen gleicht. Die Kerne vieler Tumorzellen sind infolge Buchtungen, Kerbungen und Ausstülpungen der Kernmembran entrundet. Durch Einstülpungen des Zytoplasmas in den Zellkern kommen nukleäre Pseudoinklusionen zustande, die Kernvakuolen oder „Lochkerne“ vortäuschen können (Abb.€3.4). Oft sind diese Veränderungen sehr diskret. Bei Mammakarzinomen, deren Kernform oft nur wenig von der üblichen Rundung abweicht, gelten bereits kleine Ecken und Kanten als Malignitätszeichen. Manchmal zeigen in einem Tumor alle Zellen die gleiche Abweichung von der normalen Kernform, was auf ihre monoklonale Abstammung hinweist. Grundsätzlich, d.€h. von Ausnahmen abgesehen, korreliert das Ausmaß der Kernpolymorphie mit dem Malignitätsgrad. Die Kernpolymorphie ist nicht nur Folge der auf S. 28 beschriebenen Heterogenität der Tumorzellen. Zellen
Tabelle 3.2╇ Charakteristische Kerneigenschaften einiger Tumoren Adenokarzinome
Vesikuläre Kerne mit deutlich entwickelten Nukleolen
Adenokarzinome des Magen-Darm-Trakts
Embryonenartig gebuchtete Kerne
Plattenepithelkarzinom
Lavabrockenähnliche Kerne (s.€Abb.€13.39 und 13.40)
Kleinzelliges Karzinom
Kerne schmiegen sich ineinander („nuclear moulding“; Abb.€14.28)
Papilläres Schilddrüsenkarzinom
Intranukleäre Vakuolen, Kernkerben („grooves“), feine eosinophile Nukleolen (s.€Abb.€20.19)
Medulläres Schilddrüsenkarzinom
Feingranulierte ovale bis spindelige Kerne (s.€Abb.€20.20 und 20.21)
Leiomyosarkom
Baguette-artig geformte Kerne mit in Längsrichtung hintereinander gelegenen feinen eosinophilen Nukleolen (s.€Abb.€20.24)
Brenner-Tumor
Kaffeebohnenartig gekerbte Kerne
Lymphoplasmozytische Lymphome, Plasmazellneoplasien
Kernchromatin radiär segmentiert (s.€Abb.€24.21)
Gliale Tumoren
Fein- bis grobretikuläre Chromatinstruktur (s.€Abb.€25.10)
Ploidie
Mikroskopische Malignitätskriterien
schnell wachsender Tumoren versuchen, den gesteigerten Anforderungen ihrer erhöhten Stoffwechselaktivität und der damit verbundenen Steigerung des Stoffaustauschs zwischen Zytoplasma und Kern gerecht zu werden, indem sie durch Faltung und Buchtung der Kernmembran die Berührungsfläche zwischen Kern und Zytoplasma vergrößern. Durch Proliferation der Membran kommt es zu fingerförmigen Ausstülpungen des Kerns in das angrenzende Zytoplasma und umgekehrt zu Invaginationen von Zytoplasma in den Zellkern. Auch Kontraktionen der zytoplasmatischen Mikrotubuli und Filamente sowie Sekretansammlungen im Zytoplasma können die Kerne deformieren. Veränderungen der Kernform sind kein obligates Tumorkriterium. Sie können bei manchen malignen Tumoren vollständig fehlen. Bei weitgehend monoklonalen Tumoren wie manchen Lymphomen weist sogar gerade die Zellmonomorphie auf den Tumor hin und erlaubt die Abgrenzung von der polymorphen Zellpopulation einer reaktiven Lymphadenitis. Doch in der Mehrzahl der Tumoren ist die Kernpolymorphie bei gleichzeitiger Veränderung der nukleären Chromatinstruktur ein besonders zuverlässiges Malignitätskriterium, sofern degenerative Zellveränderungen und Schädigungen durch Viren, Strahlen oder chemische Substanzen (Zytostatika) ausgeschlossen sind. Kernmembran. Was lichtmikroskopisch als starre Membran erscheint, ist in Wirklichkeit die Momentaufnahme eines dynamischen Austauschprozesses zwischen Kernsubstanz und endoplasmatischem Retikulum, der bei Tumoren oft besonders intensiv ist. Daher ist bei vielen Tumoren die Kernmembran abschnittsweise oder vollständig durch Chromatinanlagerung, durch verstärkte Membranproliferation oder infolge degenerativer Veränderungen verdickt. Die Membranverdickung ist allerdings wie Hyperchromasie und Anisokaryose nicht tumorspezifisch, sondern kommt auch bei virusinfizierten und nichtneoplastischen degenerativ veränderten Zellen vor. Bei Virusinfekten wird das Kernchromatin durch die nukleären Viruseinschlusskörper an den Kernrand gedrängt. Bei Zelldegeneration und Zelltod entstehen Brüche und Risse in der Kernmembran, die schließlich zum Kernzerfall (Karyorrhexis) führen.
Malignitätskriterien 2.€Ordnung Mehrkernigkeit. Endomitotische Teilungen sind bei Tumorzellen keine Seltenheit. Dahinter dürften sich in erster Linie Störungen der Mitosespindel verbergen. Die Kernteilung ist häufig inäqual, was zu zwei- oder mehrkernigen Tumorzellen mit unterschiedlich großen Kernen oder von Zellen mit kleinen Satellitenkernen führt. Die Mehrkernigkeit als solche ist kein Malignitätskriterium, aber in
37
a
b Abb. 3.5╇ Neoplastische Urothelzellen. a Ein großer atypischer Kern und kleiner Nebenkern, b mehrkernige Zelle mit unterschiedlich großen Kernen (PapF, 525×)
Verbindung mit anderen neoplastischen Kernveränderungen ein wertvolles Zusatzkriterium (Abb.€3.5). Nukleolenatypie. Die Instabilität der Tumor-DNA findet ihren Niederschlag auch in Fehlbildungen der Nukleolen. Dem unterschiedlichen Grad der DNA-Störung und dem unterschiedlichen Proliferationsverhalten entsprechend ist die Nukleolenatypie von Tumor zu Tumor und innerhalb einer Tumorzellpopulation variabel. Als Hinweis auf einen Tumor ist zu werten, wenn ein Kern mehrere voll entwickelte, doch unterschiedlich große, sogar atypisch geformte und an die Kernperipherie verlagerte Nukleolen enthält (s.€Abb.€1.11). Nukleolen sind nur unmittelbar vor und nach der Kernteilung voll entwickelt (s.€S. 10). Deshalb sind sie in sehr rasch wachsenden Tumoren, in denen sich nur wenige Zellen in der G0-Phase befinden (Beispiel: kleinzelliges Bronchuskarzinom), nicht gut oder nur in Form von mehreren Chromozentren zu sehen. In anderen Tumoren ermögÂ�licht langsames Wachstum die Entstehung voll entwickelter, oft deutlich hervortretender Nukleolen. Wenn die Zellen des Ausgangsgewebes kaum wahrnehmbare Nukleolen aufweisen und das im Vergleich dazu gesteigerte ProliferaÂ� tionsverhalten und die zunehmende Differenzierung der Tumorzellen aber eine Steigerung der Proteinsynthese und
38
Kapitel 3
Zytologische Tumorkriterien
a
3
e
b
c
Abb. 3.6 Formen der Zellanordnung. a Plattenförmig, b tubulär, c kugelförmige Morula, d polyzyklisch begrenzte Morula, e papilliform, f papillär (mit Bindegewebsachsen), g ausknospender Zellverband, h zeilenförmig („indian file“), i isoliert liegend
f
g
h
d i
damit eine erhöhte Ribosomenproduktion erfordern, kann die Nukleolenvergrößerung sogar ausnahmsweise zu einem erstrangigen Malignitätskriterium werden (Beispiel: Prostatakarzinom; s. Abb. 11.7 und 11.8). Prominente Nukleolen sind allerdings keineswegs immer Ausdruck einer neoplastischen Veränderung. Sie kommen in den verschiedensten normalen stoffwechsel aktiven Zellen vor (Beispiele: Leberzellen, Zellen eines jeden Regenerationsepithels, Fibroblasten). Deshalb dürfen sie nur dann als Malignitätshinweis gewertet werden, wenn sie im Vergleich zu den Nukleolen des Ursprungsgewebes eindeutig vergrößert und in Form und Zahl eindeutig atypisch sind. Verlust der Kohäsivität. Der Verlust der Kohäsivität erklärt sich aus dem Verlust der interzellulären Bindeapparate (Desmosomen, Zonulae occludentes, Zonulae adhaerentes), die umso weniger aufgebaut werden können,
je rascher ein Tumor wächst. Da die interzellulären Bindungen zu den wichtigsten Zelldifferenzierungen epithelialer Gewebe gehören, ist der Kohäsivitätsverlust hauptsächlich bei Karzinomen ein Malignitätskriterium. Er ist bei entdifferenzierten Tumoren ausgeprägter als bei hochdifferenzierten. Die Zellen entdifferenzierter Karzinome neigen daher im Gegensatz zu normalen Epithelzellen zur Loslösung aus dem Zellverband und bilden oft lockere Haufen („nuclear crowding“) oder liegen einzeln über den Ausstrich verstreut. Nur die Zellen ganz hoch differenzierter Karzinome bewahren im zytologischen Ausstrich ihre platten- oder tapetenförmige Anordnung im Zellverband (Abb. 3.6). Dies gilt jedoch nur mit Einschränkung für hoch differenzierte verhornende Platten epithelkarzinome, bei denen nur die Zellen aus den tie feren Schichten ihre Fähigkeit zur Verbandbildung beibehalten, während die verhornten Zellen wie die Hornschuppen der Epidermis als Einzelzellen abschilfern.
Funktionelle Anatomie der Zelle
39
In Körperhöhlenergüssen kann der Kohäsivitätsverlust das Auffinden von Karzinomzellen erschweren, besonders wenn sich die Tumorzellkerne (z.€B. diploides invasives lobuläres Mammakarzinom, s.€S. 187) wenig von den Zellkernen der Makrophagen unterscheiden. In Ergüssen ist daher der Nachweis von Zellverbänden ein wichtiges Hilfskriterium der Malignität. Da die Kohäsivität von Zellen mesenchymaler Tumoren generell wie im normalen mesenchymalen Gewebe gering ist, stellt sie bei diesen kein relevantes Kriterium dar. Hyperchromasie des Zytoplasmas. Das Zytoplasma maligner Tumoren ist häufig im Vergleich zum Zytoplasma der nichtneoplastischen Zellen der Umgebung verstärkt basophil oder eosinophil. Die Basophilie ist auf einen gesteigerten RNA-Gehalt, die Eosinophilie auf eine erhöhte Eiweißsynthese und/oder Vermehrung und Vergrößerung der Mitochondrien zurückzuführen. Diese Zytoplasmaeigenschaften sind äußerst unzuverlässige Malignitätszeichen. Mitosen. Bei malignen Tumoren findet man meist eine Vermehrung der Mitosen. Der Mitoseindex (angegeben als Anzahl Mitosen/10 HPF (= „high power fields“, Gesichtsfelder bei 400facher Mikroskopvergrößerung) ist bei manchen mesenchymalen Tumoren das einzige zuverlässige histologische Malignitätskriterium. In zytologischen Ausstrichen ist der Mitoseindex selbst bei hoher Zellularität weniger gut bestimmbar als im histologischen Präparat, so dass, von mesenchymalen Tumoren abgesehen, Mitosen nur in Verbindung mit weiteren Malignitätskriterien als Zeichen der Malignität zu werten sind. Will man im zytologischen Präparat genaueren Aufschluss über die Proliferationskapazität gewinnen, empfiehlt sich die immunzytochemische Bestimmung der Ki-67-positiven Zellfraktion [7]. Atypische Mitosen (s. Abb. 2.5) sind ein wichtiger Hinweis auf das Vorliegen eines malignen Tumors, werden selten aber auch einmal in nichtneoplastischen Geweben beobachtet.
Malignitätskriterien 3. Ordnung Fragilität (Quetschempfindlichkeit). Die Instabilität maligner Tumorzellen drückt sich auch in einer erhöhten Fragilität aus. Sie ist wahrscheinlich Folge einer Störung des Zytoskelettaufbaus und bei unreifzelligen Tumoren besonders ausgeprägt. Kleinzellige Bronchuskarzinome und Lymphome sind dafür die besten Beispiele. Bei Â�Lymphomen, insbesondere bei der chronischen lymÂ� phatischen Leukämie, können im Ausstrich die „Gumprecht’schen Schatten“ auftreten (Abb.€3.7). Ausstrichhintergrund. Instabilität der Tumorzellen und unzureichende Blutversorgung exophytisch wachsender
Abb. 3.7╇ Gumprecht’sche Schatten. Links von Erythrozyten umlagerte degenerativ veränderte Zelle eines großzelligen Lymphoms, rechts vitale Tumorzellen, unterhalb der Mitte ein isoliert liegender Lymphozyt (Liquor, MGG, 525×)
Abb. 3.8╇ Scheinbarer Zellkannibalismus („Cell-in-cell“-Phänomen), Erguss mit vereinzelten sich eng umschließenden Zellen eines AdenoÂ� karzinoms (PapF 525×)
Tumoren führt zu oberflächlichen Exulzerationen, Nekrosen und Blutungen, die sich zytologisch im Ausstrichhintergrund als feinkörniger zytoplasmatischer und erythrozytärer Detritus („schmutziger Hintergrund“) zu erkennen geben. Das Phänomen wird nicht ganz korrekt als „Tumordiathese“ bezeichnet (Diathese ist eigentlich die besondere Veranlagung oder Bereitschaft zu einer Krankheit oder krankhaften Reaktion, der Detritus aber ist Folge der Verletzlichkeit und Instabilität der Tumorzellen). „Zellkannibalismus“. Oft beobachtet man bei Karzinomen, dass eine Tumorzelle eine andere umfließt („cellin-cell phenomenon“, Abb.€3.8) oder dass das Zytoplasma von Tumorzellen zumindest scheinbar neutrophile Granulozyten enthält. Dabei handelt es sich bei beÂ�iÂ� den€Phänomenen in aller Regel nicht um eine PhagoÂ� zytose durch die Tumorzellen. Das Umschließen einer
40
3
Kapitel 3
Zytologische Tumorkriterien
Tumorzelle durch eine andere ist eher ein abnormes Kohäsionsphänomen. Die Überlagerung der Tumor zellen durch neutrophile Granulozyten deutet möglicherweise auf eine Phagozytose durch die Granulozyten hin, ausgelöst durch von den Tumorzellen produzierte chemotaktische Stoffe, die die neutrophilen, manchmal auch eosinophilen Granulozyten anlocken. Echter Zellkannibalismus scheint jedenfalls selten vorzukommen.
Malignitätsdiagnose durch Zusatzmethoden Die genannten lichtmikroskopischen Malignitätskriterien erlauben es, die meisten Tumoren ohne weiteres zu diagnostizieren. Schwierigkeiten treten auf, wenn • eine zytologische Probe nur wenige neoplastische Zellen enthält und • sich die Zellen eines malignen Tumors so wenig von den Zellen des Normalgewebes oder der gutartigen Variante des Tumors unterscheiden, dass die üblichen lichtmikroskopischen Kriterien versagen. Ersteres kommt in Körperhöhlenergüssen, Liquor cere brospinalis und Urin vor. Das zweite Problem stellt sich vor allem in der Schilddrüsen- und Lymphomdiagnostik, teilweise auch bei der Diagnose von Urotheltumoren in Urin und Harnblasenspülflüssigkeit. In diesen Fällen hilft der Einsatz von Zusatzmethoden weiter. Mehr zu den einzelnen Methoden s. Kap. 28.
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) Die Methode ist unmittelbar am zytologischen Ausstrich anwendbar. Mittels zentromer- und genortspezifischen DNA-Sonden lassen sich numerische Chromosomenaberrationen, Translokalisationen und Genamplifikationen auf Einzelzellniveau nachweisen [2, 3, 13]. Die Methode ist in der Malignitätsdiagnose empfindlicher als die DNA-Zytometrie (s. unten). Heute sind Sonden mit DNA-Sequenzen der meisten Chromosomen kommerziell erhältlich. Zu speziellen Genorten passende Sonden geben über Onkogene und Tumorsuppressorgene Aufschluss (Abb. 3.9).
Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) Die auch an zytologischen Proben anwendbare Methode dient unter anderem dem Nachweis eines DNA-Rearrangements bei Lymphomverdacht, setzt allerdings eine DNA-Extraktion aus den lymphomverdächtigen Zellen voraus. Dazu müssen die Zellen vom Objektträger abge-
Abb. 3.9 Polysomie und Genamplifikation: Hier Polysomie 17 mit 4 bis 5 grünen Signalen und Amplifikation des HER2/neu Onkogens mit wolkenartigen, stark vermehrten Gensignalen
kratzt und damit die Präparate zumindest teilweise zerstört werden [1, 12, 14, 23]. Die Anwendung der Methode ergibt sich aus der Herleitung des Tumors aus einer Stammzelle: Das DNA-Rearrangement ist ein physiologischer Vorgang, der es einem B-Lymphozyten ermög licht, einen spezifischen, gegen ein bestimmtes Antigen gerichteten Antikörper zu produzieren und einem TLymphozyten, spezifische Antigenrezeptoren zu exprimieren. Normalerweise wird bei einer immunologischen Reaktion eine polyklonale Lymphozytenpopulation mit vielen Subpopulationen aktiviert, von denen jede jeweils einen bestimmten Antikörper produziert. Die Zellen eines malignen Lymphoms sind dagegen, da von einer Stammzelle abgeleitet, gewöhnlich monoklonal und zeigen alle dasselbe DNA-Rearrangement. Der Prozess des Genrearrangements ist äußerst komplex und kann daher hier nur sehr vereinfacht an einem Beispiel des B-Zell-Rearrangements dargestellt werden (Abb. 3.10): Die für die Produktion der schweren Kette eines Immunglobulins zuständige RNA wird von einem Gen (14q32) kodiert. Das Gen besteht aus mehreren Segmenten (V, D, J, C), die wiederum jeweils nach Art eines Strichcodes aus mehreren DNA-Sequenzen bestehen. Durch Rekombination bestimmter Sequenzen (Rearrangement) entsteht eine nahezu unbegrenzte Zahl möglicher DNA-Kombinationen, die in mRNA transkribiert werden können. Damit ist die Produktion einer ebenso unbegrenzten Anzahl von Antikörpern möglich. Das J-Segment besteht aus 6 verschiedenen DNA-Sequenzen.
Immunzytochemie Die Methode wird häufig zur Unterstützung der Tumordiagnostik in Ergüssen, seltener in anderen zytologischen
Malignitätsdiagnose durch Zusatzmethoden
Abb. 3.10 Rearrangement des T-Zell-Rezeptor-Gens, ermöglicht normalerweise antigenspezifische immunologische Reaktion. Bei
Proben angewendet [16]. In Ergüssen der serösen Körperhöhlen kommen normalerweise keine epithelialen Zellen vor. Werden mittels Immunzytochemie epitheliale Zellen gefunden, stammen sie fast immer aus einem malignen Tumor (s. S. 336). Die Domäne der Immunzytochemie ist zweifellos die Diagnose des Tumortyps und nicht die Malignitätsdiagnose.
Histochemie Histochemische Untersuchungen sind auch an zytologischen Präparaten einsetzbar. In der Tumordiagnostik findet die schon mehrfach erwähnte Versilberungsmethode zum Nachweis der AgNORs („nucleolar organizing regions“) Anwendung (s. Abb. 1.11, Methode s. S. 622). Wegen Artefaktanfälligkeit der Silberfärbung und zeitaufwendigen Auszählens der AgNORs ist die Methode für die Dienstleistung wenig geeignet.
41
T-Zell-Lymphomen sind die Tumorzellen in der Regel bzgl. TCRcRearrangements monoklonal. Siehe auch Text
DNA-Zytometrie Wie im Kapitel „Grundlagen der Tumorbiologie“ dargestellt (s. S. 22 ff), sind DNA-Anomalien für Tumoren kennzeichnend (Tabelle 3.3). Sie nehmen im Laufe der Tumorentwicklung zu und erreichen schließlich ein messbares Ausmaß. Zur DNA-Messung stehen zwei Methoden zur Verfügung: Durchflusszytometrie an Aufschwemmun gen von Tumorzellen (auch aus Feinnadelaspiraten) und statische Zytometrie an Feulgen-gefärbten Zellausstrichen (Methoden s. S. 621). Der Grad der DNA-Anomalie korreliert in der Regel mit dem Ausmaß der zytologisch nachweisbaren Kernatypie und mit dem Malignitätsgrad eines Tumors (s. unten). Bei geringer DNA-Anomalie zeigen die Tumorzellen nur geringe morphologische Abweichun gen und erscheinen im DNA-Histogramm noch diploid wie die meisten nichtneoplastischen Zellen oder peri diploid; ihr DNA-Index beträgt DI = 1,0 ± 0,1. Die Zellen tetra- und oktoploider Tumoren (DI = 2,0 ± 0,2 oder
42
Kapitel 3 Tabelle 3.3 Definition der DNA-Histogramm-Typen (Ploidiegrade)
3
Ploidie
DNA-Index (DI)
Diploid/peridiploid
1,0 ± 0,1
Tetraploid
2,0 ± 0,2
Oktaploid
4,0 ± 4,0
Polyploid
Diploide + tetraploide Stammlinie
Aneuploid
>1,1 <1,8 >2,2 <3,6 >4,4
Multiploid
Mehr als eine aneuploide Stammlinie
DI = 4,0 ± 0,4) besitzen meist vergrößerte, aber ebenfalls noch wenig atypische Kerne. Tumoren mit ein oder mehreren „Stammlinien“ außerhalb des di-, tetra- oder oktoploiden Bereichs sind „aneuploid“ und weisen erhebliche Kernatypien auf (Abb. 3.11). Tumoren mit mehreren aneuploiden Stammlinien werden als „multiploid“, solche mit einer diploiden und tetraploiden Stammlinie als polyploid bezeichnet [4, 5, 19]. DNA-Messungen werden durchgeführt, um lichtmikroskopische Befunde zu objektivieren (Qualitätssicherung), um eine sicherere Entscheidungsgrundlage für die Therapie zu haben und um eine Aussage über die Rezidivneigung eines Tumors treffen zu können. Ihr wichtigstes Anwendungsgebiet ist die urologische Zytologie. In der Ergusszytologie kann sie bei der Unterscheidung zwischen Tumorzellen und Mesothelien bzw. Makrophagen mit abnormen Kernen hilfreich sein [15].
Zytomorphometrie Über den DNA-Gehalt der Zellkerne hinaus lassen sich morphometrisch am Papanicolaou-Präparat Kerndichte,
Abb. 3.11 DNA-Histogramm eines aneuploiden Tumors
Ploidie Histogramm Bronchuskarzinom
Zytologische Tumorkriterien
Chromatinverteilung im Kern, Kerngröße, Kernform, Kern-Plasma-Relation, evtl. in Kombination mit DNAMessungen erfassen. Die Messungen bieten sogar in der Differentialdiagnose verschiedener Tumortypen eine Entscheidungshilfe [17, 19].
Automatisches Screening Seit langem gehen zahlreiche Bemühungen dahin, das mikroskopische Durchmustern der Präparate zu automatisieren. Den Ansatz dazu bieten die besonderen färberischen Eigenschaften der Tumorzellkerne. Heute stehen Methoden zur Verfügung, die insbesondere in der gynäkologischen Zytologie (Früherkennung beim Zervixkarzinom) die konventionelle lichtmikroskopische Diagnostik unterstützen. Auf sie wird in den Kap. 7 und 28 eingegangen.
Kriterien zur Bestimmung des Tumortyps Kernkriterien Die für die Lebensvorgänge entscheidenden Leistungen einer Zelle werden vom Zytoplasma erbracht, aber von der DNA des Kerns gesteuert. Die funktionelle Differenzierung der Zelle ist daher nicht nur an der Ausbildung von Zytoplasmaorganellen, sondern unmittelbar auch am Zellkern abzulesen. Vesikuläre Kerne sind bei vielen Adenokarzinomen anzutreffen. Die verschiedenen Grade der Hyperchromasie lassen sich besonders gut an den Lungenkarzinomen demonstrieren (vgl. S. 287): Bei den Adenokarzinomen der Lunge erscheint der Kernhintergrund in der Papanicolaou-Färbung milchglasähnlich homogen grau, bei den Plattenepithel- und Urothelkarzinomen oft violett. So sind bestimmte Kernveränderungen für manche Tumoren sehr typisch (s. Tabelle 3.2, s. S. 36). Trotzdem spielen Kernkriterien im Vergleich zu den Zyto plasmakriterien für die Bestimmung des Tumortyps eine untergeordnete Rolle.
Bestimmung des Atypiegrades (Grading)
43
Tabelle 3.4 Beispiele für die klinische Bedeutung prädiktiver Parameter (nach [10, 22]) Parameter
Tumor
Nachweismethode
Therapeutikum
Amplifikation c-erbB2 (17q11.2) = HER2
Mammakarzinom und andere
FISH [18, 20, 21]
Monoklonale Antikörper
EGFR-Gen-Mutation („epidermal growth factor receptor“, HER1)
Verschiedene Tumoren
PCR
MCFR-Inhibitoren
Östrogen-Rezeptor-Expression Progesteron-Rezeptor-Expression
Mammakarzinom
ICC [11]
Antiöstrogene, Aromatasehemmer
c-KIT-(CD117)-Expression
Gastrointestinale Stromatumoren (GIST)
ICC
Tyrosinkinasehemmer (Imatinib)
VEGF („vascular endothelial growth factor“)
Verschiedene Tumoren
PCR
Monoklonale Antikörper
m p53-Gen
Lungenkarzinom
ICC
Taxane, Vincaloide
WT p53-Gen
Lungenkarzinom
ICC
Cisplatin
CD133-positive Tumorstammzellen
Verschiedene Tumoren
ICC
Zytostatika nicht bei autolog CD133-negativen (alle Tumorstammzellen CD133-negativ)
Zytoplasmakriterien Am einfachsten ist der Tumortyp an den Produkten und Differenzierungen seines Zytoplasmas zu erkennen: das Plattenepithel an der Verhornung, das Adenokarzinom an der Schleimbildung, das Melanom am Melanin, das Leberzellkarzinom an Bilirubin, Rhabdomyosarkome an der Querstreifung usw. Dies alles sind Zeichen einer hohen Differenzierung des Zytoplasmas. Doch je schneller ein Tumor wächst und je weniger er Zeit hat, auszudifferenzieren, desto weniger vermag er die Zellprodukte zu bilden und desto schwieriger wird die Typisierung.
Immunzytochemische Kriterien Während die Immunzytochemie in der Malignitätsdiagnose nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist sie heute ein unverzichtbares Hilfsmittel, Tumoren richtig zu klassifizieren. Denn viele für die Tumorklassifizierung entscheidende Zytoplasmadifferenzierungen bleiben konventionell-lichtmikroskopisch verborgen. Sie lassen sich aber mittels Immunzytochemie aufdecken. Auf die Bedeutung der Immunzytochemie für die zytologische Differentialdiagnose der Tumoren wird im speziellen Teil dieses Buchs ausführlich eingegangen.
Molekularbiologische Kriterien Der Nachweis von Translokalisationen, die bei manchen Tumoren regelmäßig vorhanden sind, erlaubt eine exakte Klassifizierung dieser Tumoren (Beispiele: Ewing-Sarkom, synoviales Sarkom und andere).
Bestimmung des Atypiegrades (Grading) Das Ausmaß der zellulären Atypie korreliert bei den meisten Tumoren eng mit dem biologischen Verhalten. Je atypischer die Tumorzellen, desto rascher progredient ist die Tumorkrankheit und desto größer ist die Rezidivgefahr nach operativer Tumorentfernung. Der Atypiegrad resultiert aus dem Atypiegrad der Zellkerne, Nukleolenatypie, Abnahme der zytoplasmatischen Differenzierung, Grad des Kohäsivitätsverlustes und Mitoseindex. Für die Bestimmung des Malignitätsgrades wurden verschiedene Systeme entwickelt, meist im Hinblick auf Tumoren eines bestimmten Organs, da es angesichts der morphologischen Vielfalt der Tumoren ein auf alle malignen Tumoren anwendbares Gradingsystem nicht geben kann. Am bekanntesten ist das histologische Malignitätsgrading für Mammakarzinome nach Bloom sowie nach Richardson und Elston („BRE“Grading) [9], das sich auch auf zytologische Präparate übertragen lässt [7]. Das Kerngrading am zytologischen Ausstrich, in das das Ausmaß der Größenvariabilität der Kerne, der Grad der Kernpolymorphie und der Grad der Chromatinatypie eingehen, korreliert bei den meisten Tumoren bereits ausreichend gut mit dem biologischen Verhalten.
44
Kapitel 3
Prognostische Parameter
3
Darunter sind diejenigen Merkmale einer Tumorzelle zu verstehen, die etwas über die Wachstumsgeschwindigkeit eines Tumors und damit über die Überlebenschancen des Tumorpatienten aussagen. Zu nennen sind in erster Linie der bereits lichtmikroskopisch beurteilbare Grad der Dedifferenzierung im Vergleich zum Ausgangsgewebe und die Wachstumsgeschwindigkeit eines Tumors bzw. seiner Zellen, gemessen am Anteil teilungsbereiter Zellen. Hinzu kommen teils tumortypspezifische molekularbiologisch nachweisbare genetische Veränderungen.
Zytologische Tumorkriterien
5. 6.
7.
8. 9.
10.
Prädiktive Parameter Prädiktive Parameter (s. Tabelle 3.3) sind in zweierlei Hinsicht wichtig: Sie ermöglichen einerseits eine gezielte medikamentöse Therapie und helfen andererseits, eine unnütze, den Patienten unnötig belastende Therapie zu vermeiden. Aus klinischer Sicht sind sie wichtiger als die prognostischen Parameter. Ziel der sog. „targeted therapy“ (zielgerichteten Therapie) ist es, mit speziellen Mikromolekülen, Antikörpern oder Antisense-Oligomolekülen bestimmte Gene und Genprodukte funktionell unwirksam zu machen, die Tumorzellen der Apoptose zuzuführen oder zumindest in ihrem Wachstum zu bremsen (s. Tabelle 3.3). Viele prädiktive Parameter sind unabhängig von ihrer Bedeutung für die Therapie auch prognostisch wichtig. So gilt die Untersuchung mittels FISH als die beste Methode für den Nachweis einer Her2/neu-Amplifikation, die als prognostischer und vor allem als prädiktiver Parameter große Bedeutung beim Mammakarzinom hat.
11.
12.
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Kapitel 4
Häufig vorkommende Zellen und Zellprodukte
4
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
Fettgewebszellen (Adipozyten) . . . . . . . . . . . . .
54
Myelogene Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
Zellprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
Erythrozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
Fibrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
Granulozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
Schleim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
Monozyten/Makrophagen . . . . . . . . . . . . . . . .
49
Psammomkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
Lymphatische Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
Liesegang-Ringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
Epitheliale Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
Kollagenfasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
Plattenepithelien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
Knorpel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
Zylinderzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
Lipofuszin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
Flimmerepithelien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
Amyloid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
Neuroendokrine Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
Blutabbauprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
Mesenchymale Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
Exogene Partikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
Fibroblasten und Fibrozyten . . . . . . . . . . . . . .
53
Pollen und andere Pflanzenzellen . . . . . . . . . . .
57
Endothelien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
Puderkristalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
Muskelzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
Kapitel
Häufig vorkommende Zellen und Zellprodukte
Einleitung
4
Im Folgenden werden zusammenfassend diejenigen Zellen und Zellprodukte besprochen, die in allen oder mehreren Organen vorkommen. Am weitesten verbreitet sind die mit dem Blut transportierten Zellen und die Zellen des Stützgewebes. Darüber hinaus kommen einige Deckzellen wie Plattenepithelien, Zylinderzellen und Flimmerepithelien in mehreren Organsystemen vor und sind deshalb in fast jeder Art von zytologischem Material einmal anzutreffen. Die diagnostische Bedeutung aller dieser fast ubiquitären Zellen ist meist gering. Sie sind aber in vielen zytologischen Proben ein wichtiger Vergleichsmaßstab für die Beurteilung des Kernchromatins und für die ungefähre Größenbestimmung pathologischer Zellen.
Abb. 4.1 Neutrophile und eosinophile Granulozyten in PLE; in der PapF Unterscheidung meist nur an der unterschiedlichen Kernsegmentierung erkennbar (840×)
Myelogene Zellen Fast jede zytologische Probe enthält wenigstens einige Erythrozyten, Granulozyten und Histiozyten oder Makrophagen. Manchmal füllen die aus dem Knochenmark stammenden Blutzellen den Präparathintergrund und überdecken die diagnostisch wichtigen Zellen.
Erythrozyten Die roten Blutkörperchen sind ca. 7 µm große, zentral leicht eingedellte, kernlose Scheibchen. Sie erscheinen im Querschnitt hantelförmig und bei Aufsicht zentral aufgehellt. Wegen ihrer basischen Membranproteine sind sie azidophil. Im Papanicolaou-Präparat sind sie leuchtend rot bis orange oder grünlich, in MGG leuchtend rot gefärbt. Das Auftreten von kernhaltigen Erythrozyten außerhalb des Knochenmarks ist immer pathologisch. Wenn die Erythrozyten aus einer Tage zurückliegenden Blutung stammen, geben sie sich als Wolken oder Schlieren von zyanophilem Detritus zu erkennen. Liegt die Blutung länger als 3–5 Tage zurück, finden sich die ersten hämosiderinspeichernden Makrophagen.
Granulozyten Neutrophile Granulozyten: Ihr Vorhandensein kann, muss aber nicht Ausdruck einer pathologischen Entzündung sein. Sputum und zervikales Sekret des Uterus enthalten physiologischerweise eine größere Zahl von Neutrophilen. In diesen Proben sind nur die Veränderung des Granulozytengehalts und das Zusammentreffen mit anderen Entzündungszeichen als pathologisch zu werten. Zytolo-
Abb. 4.2 Eosinophile Granulozyten in PLE; in MGG stellen sich die eosinophilen Granula dar (840×)
gisch sind die 10–12 µm großen Granulozyten an ihrem plumpen wurst- bis stabförmigen oder an dem mehrfach segmentierten Kern zu erkennen (Abb. 4.1 und 4.2). Die hauptsächlich Lysosomen entsprechenden Zytoplasmagranula sind in der Papanicolaou-Färbung (PapF) blass zyanophil. Wenn wie im Eiter große Massen von Granulozyten zerfallen, sind die Granula als dichter, feinkörniger, zyanophiler Detritus im Ausstrichhintergrund zu sehen und werden leicht mit kokkenförmigen Bakterien verwechselt. Bakterien sind aber im Unterschied zu den Granula der Neutrophilen deutlich basophil. Eosinophile Granulozyten unterscheiden sich von den gleich großen neutrophilen durch plumpe Granula, die aus verschiedenen Proteinen bestehen (s. Abb. 4.1 und 4.2). Hauptsächliche Komponenten dieser Proteine sind das „major basic protein“ (MBP) mit einem Molekulargewicht (MG) von 9300 und das eosinophile kationische Protein (ECP = „eosinophilic catatonic protein“) mit einem MG von 21.000. Das MBP dient u. a. der Parasitenabwehr und schädigt verschiedene Wurmlarven. Zerfallen eosinophile
Myelogene Zellen
Granulozyten, bilden sich aus MBP die Charcot-LeydenKristalle. Das ECP bindet und inaktiviert Heparin. Im Unterschied zu den Neutrophilen haben die Kerne der Eosinophilen nur zwei Segmente. Die Kernform ist ein besseres Unterscheidungsmerkmal als die eosinophilen Zytoplasmagranula. Diese sind in zytologischem Material mit Ausnahme von Urinsedimenten gut mittels MGG darstellbar. In der PapF färben sich die Granula dagegen nur manchmal leuchtend rot, gelegentlich giftgrün (besonders im Sputum), meist aber gar nicht an. Da die Zellen nach Feuchtfixation ihre Kugelform bewahren und sich nicht wie bei Trockenfixation flach auf dem Objektträger ausbreiten, können sich in nach Papanicolaou gefärbten Präparaten die beiden Kernsegmente je nach Aufsicht auf den Kern ineinander projizieren (s. Abb. 4.1). Die Eosinophilen erscheinen dann einkernig und können bei fehlender Zytoplasmaanfärbung wie Lymphozyten aussehen. Im Unterschied zu den Lymphozyten erscheinen die Kerne aber durch die Projektionsverhältnisse kleiner, dichter und fast strukturlos. Basophile Granulozyten/Mastzellen: Die ebenfalls im Knochenmark gebildeten basophilen Granulozyten und Mastzellen sind auf parakrine Signalübermittlung spezialisiert (vgl. S. 17). Sie sind die Zellen der immunologischen Sofortreaktion (Coombs-Typ I). Alles ist auf die Möglichkeit einer raschen Reaktion hin angelegt. Das sie aktivierende Immunglobulin IgE hält die Fc-Rezeptoren besetzt, noch bevor eine Antigen-Antikörper-Reaktion stattgefunden hat. Bindet sich ein Antigen an das IgE, werden die Rezeptoren aktiviert und sofort die in sekretorischen Vesikeln gespeicherten Mediatoren durch Exozytose (Ausschleusung aus der Zelle) freigesetzt. Der wichtigste Mediator ist Histamin. Es macht die Blutkapillaren durchlässig und erleichtert damit den Zutritt von Serumantikörpern, Komplement und Phagozyten zu der Stelle des Gewebsschadens. Andere Mediatoren wirken chemotaktisch und locken u. a. eosinophile Granulozyten an, die wiederum Enzyme enthalten, die im Sinne einer Gegenregulation Histamin inaktivieren. Daher sind meist auch vermehrt Mastzellen anzutreffen, wo Eosinophile sind und umgekehrt. Die Granula der Mastzellen sind lysosomale Gebilde, in denen die Mediatoren gespeichert sind. Sie sind „metachromatisch“ und stellen sich nur in Toluidinblau und MGG dar, nicht aber in der PapF. In MGG erscheinen sie dunkel violett (Abb. 4.3).
49
mark belegt folgende Beobachtung (Abb. 4.4 und 4.5): Wird Knochenmark von einem männlichen Spender (Träger eines X- und eines Y-Chromosoms) auf einen weiblichen Empfänger (Träger von zwei X-Chromosomen) transplantiert, dessen eigenes Knochenmark durch Ganzkörperbestrahlung zerstört wurde, so erscheinen bei dem Empfänger ca. 100 Tage nach Transplantation in den Lungenalveolen nur noch Makrophagen mit einem Y-Chromosom (s. Abb. 4.4) [6]. Steigt der Bedarf an Makrophagen in der Peripherie zum Beispiel infolge eines Infekts plötzlich an, stimulieren die an der Immunreaktion beteiligten T-Lymphozyten durch Bildung von Interleukin 3 und aktivierte Makrophagen durch Sekretion von CSF („colony-stimulating factor“) die Makrophagenproduktion des Knochenmarks. Die physiologische Makrophagenproduktion ist enorm:
Abb. 4.3 Basophile Granulozyten/Mastzellen, daneben Lymphozyten und Makrophagen in bronchoalveolärer Lavage eines Patienten mit Vogelzüchterlunge (MGG, 525×)
Monozyten/Makrophagen Die Fresszellen sind befähigt, sich amöbenartig fortzubewegen. Sie nehmen Fremdpartikel auf, indem sie sie umfließen und durch Abschnürungen der Zellmembran in kleinen Vesikeln (Lysosomen) verpacken und in ihrem Zytoplasma speichern. Ihre Herkunft aus dem Knochen-
Abb. 4.4 Knochenmarkstransplantation von männlichem Spender auf weiblichen Empfänger beweist, dass alle Makrophagen von Vorläuferzellen des Knochenmarks abstammen: Etwa 100 Tage nach KMT tragen alle Makrophagen des Empfängers ein Y-Chromosom (nach [6]). Nadir = Wendepunkt = tiefster Wert an neutrophilen Granulozyten unter myelosuppressiver zytotoxischer Chemotherapie
50
Kapitel 4
Häufig vorkommende Zellen und Zellprodukte
4
Abb. 4.6 Langerhans-Zelle mit charakteristisch tief gekerbtem Kern (EM, 4100×2,5)
Abb. 4.5 Makrophagenentwicklung. Im Knochenmark gebildete Monozyten gelangen über die Blutbahn ins Interstitium der Organe (hier Lunge). Dort bei Bedarf Aktivierung zu Makrophagen. Nach Phagozytose Ablagerung im Gewebe, in der Lunge auch Ausscheidung über Alveolen
In den Lungen werden täglich 7–10 Milliarden Makrophagen über die Alveolen in das Tracheobronchialsystem ausgeschieden. Mit ähnlich hoher Makrophagenausscheidung ist im Magen-Darm-Trakt zu rechnen. Makrophagen sind funktionell äußerst anpassungsfähig. Sie durchlaufen verschiedene Funktions- und Reifungszustände. Zunächst wandern sie als Monozyten auf dem Blutweg aus dem Knochenmark in die Organe ein und bleiben hier als Histiozyten im perivaskulären Bindegewebe als rasch mobilisierbare Makrophagenreserve liegen. Auch die für die Antigenerkennung wichtigen dendritischen Retikulumzellen und Langerhans-Zellen, Abb. 4.6), die von Kupffer-Sternzellen der Leber und die bei granulomatösen Erkrankungen auftretenden Epitheloidzellen gehören zum Makrophagensystem. Lichtmikroskopisch lassen sich folgende Funktionstypen der Makrophagen ohne weiteres unterscheiden. Monozyten: Die Blutmonozyten sind im Allgemeinen wenig größer als neutrophile Granulozyten. Sie besitzen einen meist gebuchteten Kern und einen schmalen blass zyanophilen Zytoplasmasaum. Der Nukleolus ist kaum sichtbar (Abb. 4.7). Histiozyten stehen morphologisch zwischen Monozyten und reifen Makrophagen. Das Zytoplasma ist meist noch nicht vakuolisiert. Die Kerne sind etwas größer als
Abb. 4.7 Monozyten/unreife Makrophagen in bronchoalveolärer Lavage (PapF, 525×)
Monozytenkerne, aktiviert und können sehr unterschiedlich geformt sein. Ob sich die Histiozyten noch teilen können, ist umstritten. Aktivierte Makrophagen: Junge Makrophagen ähneln in Größe und Form den Blutmonozyten. Bei hochakuten Entzündungen und überstürzter Ausschwemmung aus dem Knochenmark können sie sich vereinzelt noch in Mitose befinden. Die Aktivierung eines Makrophagen ist an seiner phagozytotischen Aktivität ablesbar. Sie äußert sich in einer Größenzunahme sowie Vakuolen und Pigmenteinschlüssen im Zytoplasma. Die Kerne liegen zentral oder exzentrisch im Zytoplasma. Sie sind nun bläschenförmig, gröber strukturiert und enthalten einen feinen eosinophilen Nukleolus. Aktivierte Makrophagen bilden manchmal kleine Pseudoverbände und können dadurch Anlass zur Verwechslung mit Karzinomzellen geben. Nehmen Makrophagen Fettstoffe auf, werden sie
Myelogene Zellen
51
Abb. 4.8 Schaumzellen (= stark aktivierte Makrophagen; PapF, 840×)
Abb. 4.9 Frische Erythrophagie und Hämosiderinspeicherung eines Makrophagen (FNA Schilddrüse, PapF, 840×)
Abb. 4.10 Staubfreie Alveolarmakrophagen eines Nichtrauchers in bronchoalveolärer Lavage (PapF, 525×)
Abb. 4.11 „Rauchermakrophagen“ = rußbeladene Makrophagen in bronchoalveolärer Lavage (PapF, 525×)
zu Schaumzellen (Abb. 4.8); Beispiele sind Zellen bei der Gaucher-Speicherkrankheit und bei Infektion mit dem Mycobacterium avium intrazellulare [4]. Nehmen Makro phagen Erythrozyten auf, bauen sie Hämoglobin zu Hämosiderin ab, das in der PapF gelblich-braun (Abb. 4.9), in MGG schwärzlich erscheint. Haben sie Staub (Ruß) phagozytiert, werden sie als Staubzellen (Abb. 4.10 und 4.11) bezeichnet. Epitheloidzellen: Unter dem Einfluss von schwer resorbierbaren Antigen-Antikörper-Komplexen bilden sich histiozytäre Zellen, die ein reich entwickeltes endoplasmatisches Retikulum besitzen. Ihr Zytoplasma erscheint breit, blass eosinophil (PapF: zyanophil), abgerundet oder oval. Ihre Kerne sind typischerweise schuhsohlenförmig (Abb. 4.12). Riesenzellen: Makrophagen mit zwei bis fünf Kernen sind keine Seltenheit. Je nach Art des Materials, das die Makrophagen aufnehmen, bilden sich jedoch Riesen zellen mit bis zu 50 oder mehr Kernen. Riesenzellbildung ist besonders häufig bei Resorption von Fremdmaterial (Fremdkörperriesenzellen) und bei granulomatöser Ent zündung durch Synzytiumbildung der Epitheloidzellen
Abb. 4.12 Epitheloidzellen in granulomartiger Anordnung (PapF, 525×)
52
Kapitel 4
Häufig vorkommende Zellen und Zellprodukte
corneum). Nur die Zellen des Stratum basale, der Keimzellschicht, haben unmittelbaren Kontakt mit der Basalmembran. Sie sind die einzigen teilungsfähigen Zellen des Plattenepithels. Von den beiden aus der Zellteilung hervorgehenden Tochterzellen differenziert sich nur eine weiter und steigt während des Differenzierungsvorgangs Schicht um Schicht zur Oberfläche, wo sie schließlich als reifer Keratozyt abgestoßen wird. Während ihrer Differenzierung verhornt die Zelle allmählich und verliert ihren Kern. Die Verhornung ist in der Epidermis am ausgeprägtesten.
4
Abb. 4.13 Riesenzelle vom Langhans-Typ (PapF, 210×)
(Langhans-Riesenzelle bei Tuberkulose und Sarkoidose; Abb. 4.13). Immunzytochemie. Generell sind Makrophagen und ihre Varianten Vimentin-, MAK387- und CD68-positiv. In Ergüssen können Makrophagen auch CD45-positiv sein. Dendritische Retikulumzellen (Langerhans-Zellen) sind S100- und CD1a-positiv (vgl. Kap. 24, Tabelle 24.1). Immunzytochemisch und histochemisch lassen sich darüber hinaus noch weitere Subtypen unterscheiden. Besonders zu beachten ist bei der Interpretation von immunzytochemischen Befunden, dass Makrophagen durch Aufnahme von Bestandteilen anderer (z. B. epithelialer) Zellen manchmal aberrante Reaktionen aufweisen.
Lymphatische Zellen In fast allen zytologischen Proben sind einige Lymphozyten nachweisbar. Ihre Bildungsstätte sind hauptsächlich Thymus und Lymphknoten. Außerhalb der Lymphknoten trifft man meist auf kleine Lymphozyten, größere transformierte Lymphozyten aus Keimzentren von Lymphfollikeln und auf Plasmazellen. Auf die verschiedenen Lymphozytensubpopulationen wird im Lymphknotenkapitel (Kap. 24) näher eingegangen.
Epitheliale Zellen Plattenepithelien Das in Haut (Epidermis), Mundschleimhaut, Oesophagus, Stimmlippen sowie im Anal- und Genitalbereich vorkommende Plattenepithel ist im Wesentlichen überall gleich aufgebaut. Es besteht aus mehreren Schichten (Stratum basale, parabasale, spinosum, granulosum und
Zytologie. Je nach Ausreifung unterscheidet man mehrere Formen von Plattenepithelien (Abbildungen s. Kap. 7).
Zylinderzellen In vielen Drüsen kommen hochprismatische Epithelien vor, insbesondere in den Gängen der Speicheldrüsen und des Pankreas, im Genitaltrakt und im Magen-DarmTrakt. Sie sind in der Regel sekretorisch aktiv. In Teilen des Magen-Darm-Trakts obliegt ihnen die Resorption der Nährstoffe aus dem Chymus. Diese resorptiv tätigen Zylinderepithelien besitzen an ihrer Oberfläche bis zu Tausende von Mikrovilli, unbewegliche fingerförmige Ausstülpungen der Zellmembran, die der Vergrößerung der Zelloberfläche dienen. In den Mikrovilli befinden sich gelegentlich Mikrofilamente, an ihrer Oberfläche Enzyme für die Hydrolyse und den aktiven Transport. Zytologie. Zylinderzellen sind ausgesprochen polar gebaut (s. Abb. 7.6 und 7.7). Der polare Bau stellt sich besonders eindrücklich dar, wenn man flach ausgebreitete Zylinderzellverbände am Mikroskop betrachtet und dabei mit der Mikrometerschraube verschieden Ebenen einstellt. Die Kerne liegen gewöhnlich in der Nähe der Zellbasis. Der apikale Teil der Zellen ist besonders in den schleimbildenden Zylinderzellen durch Sekretbildung aufgehellt. Bei starker Schleimproduktion bilden sich Becherzellen (Abb. 4.14). Sie sind bauchig aufgetrieben. Je nach Art des gebildeten Sekrets ist das Zytoplasma in PapF transparent (z. B. Duodenum), gelblich (z. B. Magen) oder rosa (Bronchialepithel).
Flimmerepithelien Die an ihrer Oberfläche Zilien tragenden Zellen sind spezialisierte Zylinderzellen. Sie kommen hauptsächlich im Respirationstrakt und in der Tuba ovarii vor. Im Respirationstrakt befördern sie den von den Bronchialdrüsen gebildeten Schleim in Richtung Mundhöhle, in der Tube transportieren sie das Ei vom Ovar zur Nidation in das Cavum uteri.
Mesenchymale Zellen
Abb. 4.14 Schleimbildende Zellen, hier Becherzellen des Bronchialepithels. Zellleib durch rötlich gefärbte Schleimgranula aufgetrieben; Zytoplasma der Flimmerzellen zyanophil (PapF, 525×)
Zytologie. Zilien sind evolutionsgeschichtlich sehr alte Zellorganellen. Sie sind etwa doppelt so dick und 5-mal so lang wie Mikrovilli. Die haarfeinen, ca. 0,25 µm dicken Gebilde bedecken wie ein dichter Rasen die Zelloberfläche. Sie sind mit einem Ziliosom im Zytoplasma verankert. Die unmittelbar unter der Oberfläche der Zelle gelegenen Ziliosomen bilden lichtmikroskopisch scheinbar eine Platte oder Schlussleiste (s. Abb. 1.1, Abb. 4.15). Das für den Bewegungsablauf verantwortliche Axionem der Zilien setzt sich aus einem System von 9 äußeren Paaren und einem zentralen Paar von Mikrotubuli zusammen (s. Abb. 13.22). Das zentrale Tubuluspaar ist von einer Membran umgeben. Von jedem äußeren Tubuluspaar weist eine radiale Speiche auf das Zilienzentrum. Die äußeren Tubuluspaare sind untereinander durch Nexine verbunden. Das eigentliche kontraktile Element sind die inneren und äußeren Dyneinarme. Alle Bewegungen sind fein aufeinander abgestimmt. So entsteht ein peitschenhiebähnlicher Bewegungsablauf. Die Schlagrichtung liegt senkrecht zur Verbindungslinie zwischen den Zentren der beiden zentralen Tubuli [1, 3, 8, 9]. Ultrastrukturell sind auch die Geißeln der Spermien aus 9+2 Tubuluspaaren aufgebaut. Die Geißeln dienen dort aber im Unterschied zu Flimmerhaaren der aktiven Fortbewegung. Angeborene Störungen des Ziliaraufbaus betreffen auch die Geißeln der Spermien und führen deshalb zu komplexen Krankheitsbildern mit Infektanfälligkeit und Fertilitätsstörung.
Neuroendokrine Zellen Viele Epithelien beherbergen einzelne neuroendokrine Zellen. Sie spielen möglicherweise bei der Wachstumsregulierung des Epithels, bei der Regulierung der Epitheldurchlässigkeit und bei der Regulierung des Tonus der glatten Muskulatur der Schleimhäute eine Rolle. Sie produzieren verschiedene Peptidhormone, die sie in kleinen
53
Abb. 4.15 Flimmerzellen des Bronchialepithels mit deutlich erkennbarer Schlussleiste (PapF, 840×)
Abb. 4.16 Fibroblasten und Fibrozyten (PapF, 525×)
Vesikeln, den elektronenoptisch darstellbaren neuroendokrinen Granula (s. Abb. 13.4), speichern. Zytologie. Neuroendokrine Granula sind nur immun zytochemisch darstellbar. Sie exprimieren insbesondere Synaptophysin und Chromogranin A.
Mesenchymale Zellen Fibroblasten und Fibrozyten Auf die Zellen des kollagenen Bindegewebes trifft man in vielen Feinnadelaspiraten. Die größeren Fibroblasten finden sich in frischem entzündlichem Organisationsgewebe, die kleineren Fibrozyten hauptsächlich in dem daraus hervorgehenden Narbengewebe. Zytologie. Es handelt sich um längliche Zellen mit spindeligen Kernen (Abb. 4.16). Die Kerne der Fibroblasten sind auffallend strukturarm und enthalten oft einen oder
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Kapitel 4
Häufig vorkommende Zellen und Zellprodukte
4
Abb. 4.17 Glatte Muskelfasern aus der Wand einer kleinen Arterie (PapF, 840×)
Abb. 4.18 Quergestreifte Muskelfasern. Streifung dargestellt bei geschlossener Kondesorblende und starker Beleuchtung (PapF, 525×)
mehrere zarte eosinophile Nukleolen. Das Zytoplasma ist zyanophil und verliert sich in der von ihnen produzierten kollagenen Matrix. Fibrozyten sehen wie geschrumpfte Fibroblasten aus. Sie sind ebenfalls spindelig und besitzen kleine spindelige bis kommaförmige, inaktiv wirkende Kerne. Immunzytochemisch sind die Bindegewebszellen Vimentin-positiv, reagieren gelegentlich aber auch mit Endothelmarkern (s. unten).
Endothelien In Feinnadelaspiraten und Abstrichen von Frischgewebe kommen gelegentlich Endothelien vor, die sich hinsichtlich ihrer Kerne nicht von Fibroblasten unterscheiden. Sie liegen entlang einer feinen, manchmal verzweigten Achse von Kollagenfasern, denen dann oft Tumor- oder Epithelzellen aufsitzen. Immunzytochemisch sind Endothelien positiv für Vimentin, CD34 (Q-Bend), CD31, Faktor VIII und SMA („smooth muscle actin“).
Abb. 4.19 Reife Fettgewebszellen. (PapF, 210×)
nophile Schollen mit einem Durchmesser von 50–100 µm (Abb. 4.18). In FNP der Schilddrüse werden sie leicht mit Kolloid verwechselt. Durch Schließen der Kondensorblende wird die Querstreifung sichtbar. Die unscheinbaren rundlichen bis spindeligen Kerne liegen am Rand der Fasern.
Muskelzellen Die Zellen der glatten Muskulatur gelangen häufig bei Feinnadelpunktionen aus den Wänden kleiner Blutgefäße oder bei Bürstenbiopsien des Magen-Darm-Trakts bzw. des Bronchialsystems in zytologische Präparate. Sie bilden Bündel von elongierten spindeligen Zellen mit einem zyanophilen, längs-fibrillären Zytoplasma und schmalen ovalen bis spindelförmigen Kernen (s. Abb. 4.17). Nukleolen sind meist nicht zu sehen. Immunzytochemisch sind glatte Muskelzellen positiv für Vimentin, SMA und Desmin, in der Regel aber CD34-negativ. Quergestreifte Muskelzellen finden sich in den verschiedensten Feinnadelpunktaten, besonders in FNP aus der Halsregion. Sie erscheinen in PapF als leuchtend eosi-
Fettgewebszellen (Adipozyten) Fettgewebszellen entwickeln sich aus fibroblastenähnlichen Vorläuferzellen. Junge und embryonale Adipozyten enthalten mehrere Fetttropfen, was ihnen ein maulbeerförmiges Aussehen verleiht. Reife Fettzellen enthalten einen großen Fetttropfen, der den Kern an den Zellrand drängt und zu einer schmalen Sichel zusammenpresst. Durch Alkoholfixation wird das Fett herausgelöst, so dass in der PapF nur eine große Vakuole zurückbleibt. Die Fettzellen sitzen einem zarten, in PapF grünen Fasergerüst oder Kapillarrippen auf und bilden dichte traubenartige Aggregate (Abb. 4.19).
Zellprodukte
Zellprodukte Nachfolgend werden solche Zellprodukte beschrieben, die in zytologischen Proben verschiedenster Herkunft vorkommen können. Auf organspezifische Zellprodukte (z. B. Schilddrüsenkolloid) und auf nur immunzytochemisch nachweisbare Zellprodukte (z. B. Peptidhormone, neuronspezifische Enolase, Immunglobuline etc.) wird in den organbezogenen Kapiteln näher eingegangen.
Fibrin Mit Blut gelangen auch Serumeiweiße in zytologische Ausstriche. Sie bilden in der PapF oft einen homogenen, blass eosinophilen bis zyanophilen Hintergrund, in dem die Erythrozyten schwimmen. Fibrin erscheint grob fibrillär und ist manchmal nicht von Schleim zu unterscheiden.
Schleim Das von Zylinder- und Becherzellen produzierte Sekret bleibt in der PapF transparent und färbt sich blassgrün bis rötlich (s. Abb. 13.9). In MGG dagegen ist er oft tief dunkelblau und überdeckt alle anderen Elemente des zytologischen Präparats. Deshalb ist die MGG-Färbung nicht so gut wie die PapF für schleimhaltige Sekrete (Sputum, Bronchialsekret, Bürstenabstriche des MagenDarm-Kanals, gynäkologische Abstriche) geeignet. Schleim bildet ähnlich wie Fibrin oft feine fibrilläre Strukturen. Bei hoher Viskosität verdichtet er sich zu Curschmann-Spiralen (s. Abb. 13.17). Man findet sie nicht nur in Sputum und Bronchialsekret, sondern in allen schleimhaltigen Sekreten, manchmal sogar in schleimbildenden Ovarialtumoren und im Portioabstrich.
55
zu sein. Das Zentrum besteht oft aus diastaseresistenten, PAS- und/oder Alcialblau-positiven Mukopolysacchariden, an die sich oft in Schichten Kalziumsalze niederschlagen [2].
Liesegang-Ringe Die nach ihrem Erstbeschreiber benannten laminar geschichteten, nicht doppelt brechenden, durchschnittlich etwa 50 µm großen kugeligen Gebilde kommen hauptsächlich in Zysten unterschiedlichster Herkunft und in Ergussflüssigkeiten vor, selten in Urin, Sinus maxillaris, Tuben und Nebenhoden. Zu ihrer Entstehung tragen Entzündungsvorgänge bei. Zytologie. Sie stellen sich am besten in der PapF, in HE, Trichromfärbung nach Masson, Ziehl-Neelsen und Gram-Färbung dar. Sie besitzen ein elektronenmikroskopisch aus amorpher Matrix bestehendes Zentrum, das von konzentrischen Schichten homogen glänzendem Material umschlossen ist. Differentialdiagnostisch müssen sie in erster Linie von Parasiten, Psammomkörpern und Corpora amylacea (s. S. 325 und 316) abgegrenzt werden. Im Unterschied zu Psammomkörpern sind sie nicht verkalkt [7].
Kollagenfasern Bündel von Kollagenfasern werden vor allem in Feinnadelpunktaten gefunden. Sie sind in PapF stark zyanophil, parallel angeordnet und gewellt (Abb. 4.20). In serösen Flüssigkeiten, besonders im Douglas-Raum findet man häufig Kollagenkugeln, die bindegewebig organisiertem Fibrin entsprechen dürften und wahrscheinlich Residuen einer abgelaufenen Entzündung darstellen (Abb. 4.21).
Psammomkörper Die 20–30 µm großen verkalkten Gebilde kommen in normalen Geweben wie im Plexus chorioideus besonders älterer Leute, in gut- und bösartigen Tumoren wie Meningiomen und typischerweise in papillären Karzinomen von Ovar und Schilddrüse, seltener bei Karzinomen von Lunge, Mamma und Kolon vor (Abb. 14.19). Sie werden sogar in gynäkologischen Abstrichen und Ergüssen gefunden, ohne dass ein Tumor nachweisbar ist [10]. Ihre Entstehung scheint an epitheliale oder zumindest epithelähnliche Zellen mit sekretorischer Aktivität und Mikrovilli an der Zelloberfläche gebunden Abb. 4.20 Kollagenfasern (PapF, 210×)
56
Kapitel 4
Häufig vorkommende Zellen und Zellprodukte
4
Abb. 4.21 Kollagenkugeln aus Douglas-Punktat (PapF, Obj. 63×)
Knorpel Knorpelige Matrix wird nicht nur aus knorpelhaltigen Tumoren, sondern gelegentlich auch aus normalem Gewebe bei der FNP mit aspiriert. In der PapF erscheint er unterschiedlich dicht, homogen oder wolkig und grünrot. In MGG ist Knorpel blau. Die Knorpelmatrix ist oft von feinen geflechtartig angeordneten Fasern durchwirkt. Nicht immer sind die typischen Knorpelzellen vorhanden. Manchmal findet man fibrozytenähnliche Zellen mit komma- oder sternförmigen Kernen (s. Abb. 27.15). Zellen des hyalinen Knorpels liegen oft in Gruppen in einer homogenen zyanophilen bis bläulichen Matrix (Abb. 4.22).
Lipofuszin Die Lipofuszinose der Epithelien ist wie die atrophischen Veränderungen altersassoziiert. Lipofuszin sammelt sich in Zellen an, die sich lange Zeit nicht teilen. Es ist wahrscheinlich das Produkt einer Oxydation und Polymerisation von Membranlipoproteinen durch freie Radikale. Lipofuszin kommt vor allem in Leberzellen, gelegentlich in Schilddrüsen- und Prostataepithelien vor. Es ist in Berliner Blau Eisen-negativ.
Amyloid Unter bestimmten teils genetisch gesteuerten Bedingungen kommt es zu Störungen der natürlichen Konformation (Faltung) von großen Eiweißmolekülen. Dabei
Abb. 4.22 Zellen aus hyalinem Knorpel nachgewiesen in FNA einer posttraumatischen Entzündung der Thoraxwand (Aufnahme Dr. R. Issa, UKE Hamburg, PapF, Obj. 63×)
bilden sich unabhängig von deren chemischer und räumlicher Struktur unverzweigte lineare Fibrillen in BetaKonformation. Die Fibrillen sind unterschiedlich lang und etwa 10–12 nm breit. Man unterscheidet je nach Ausgangsprotein mehr als 25 verschiedene Arten von Amyloid. Am häufigsten sind das aus Serumprotein alpha enstehende AA-Amyloid und das aus Leichtketten der Immunglobuline (überwiegend Lambda-Leichtketten) sich bildende AL-Amyloid. Allen Amyloidformen gemeinsam ist ihre Unlöslichkeit, was ihre Beseitigung durch das Selbstreinigungssystem des Organismus verunmöglicht. Das Amyloid lagert sich daher im Gewebe ab. Eine disseminierte Ablagerung, wie sie bei der systemischen Amyloidose vorkommt, behindert die Organfunktion und kann, wenn sie lebenswichtige Organe wie Herz und Lunge betrifft, zum Tode führen. Häufig entwickelt sich die Amyloidose auf dem Boden einer Autoimmunkrankheit oder einer anderen chronischen Entzündung. Lokalisierte Formen der Amyloidose werden unter anderem beim medullären Schilddrüsenkarzinom beobachtet (s. S. 450). Zytologie. Amyloid stellt sich als zackig begrenzte zyanophile Pfützen oder Spritzer dar (Abb. 4.23). Die Unterscheidung von viskösem Schilddrüsenkolloid oder kernlosen Plattenepithelien kann schwierig sein. In solchen Fällen hilft die auch am zytologischen Präparat anwendbare Kongorotfärbung. Die unterschiedlichen Amyloidarten lassen sich nur immunzytochemisch unterscheiden, was aber in zytologischen Präparaten in der Regel nicht notwendig ist [5].
Zellprodukte
a
57
b
Abb. 4.23 Amyloid, nachgewiesen in FNA aus Amyloidtumor der Lunge (a PapF, b Kongorot, Obj. 63×)
Abb. 4.24 „Blue blob“. In PapF homogen blau erscheinendes tropfenförmiges Gebilde, Kondensat von Zellkernmaterial? (Obj. 63×)
Blutabbauprodukte Hämatoidin und Hämosiderin wird in Makrophagen abgelagert und deutet auf eine mindestens 5–7 Tage zurückliegende Blutung hin. Hämatoidin färbt sich in ZiehlNeelsen rot, Hämosiderin reagiert mit Berliner Blau. Nicht alles, was sich dabei blau anfärbt, muss Bluteisen sein. Da Makrophagen nicht nur Erythrozyten aufnehmen, sondern auch andere apoptotische oder nekrotische Zellen, kann das Eisen auch aus den Atmungsenzymen der phagozytierten Zellen stammen. – In Zellausstrichen verschiedener Herkunft findet man homogene basophile Tropfen („blue blobs“), die wahrscheinlich kondensiertem Zellkernmaterial entsprechen (Abb. 4.24).
Exogene Partikel Während der Präparation der zytologischen Ausstriche kommt es nicht selten zur Kontamination mit allen möglichen Elementen, die sich aber meist als solche identifizieren lassen.
Abb. 4.25 Pflanzenzellen mit gut sichtbaren Zellmembranen. Speisereste in Sputum (PapF. Obj. 40×)
als Nahrungsreste nicht selten im Sputum gefunden (Abb. 4.25).
Puderkristalle Pollen und andere Pflanzenzellen Blütenstaub gelangt nicht selten, besonders im Frühjahr, von außen auf zytologische Ausstriche. Es handelt sich um meist bräunliche, je nach Herkunftspflanze unterschiedlich große, rundliche oder ovale Gebilde. Wie andere Pflanzenzellen besitzen sie eine deutliche Doppelmembran, die eine scheinbar unstrukturierte kernlose Matrix umschließt. Differentialdiagnostisch lassen sie an Pilze, Parasiten oder Wurmeier denken. Pflanzenzellen werden
Zellabbauprodukte
Durch Handschuhe und aus puderkontaminierten Einsendegefäßen kommt es nicht selten zu Verunreinigungen mit Puderkristallen. Im Ausstrich fallen sie durch ihre regelmäßige Form, Transparenz (Abb. 5.22) und eine je nach Kristalltyp charakteristische Anisotropie auf. So zeigen aus Puder stammende Stärkekristalle im polarisierten Licht eine Malteserkreuz-ähnliche Struktur (Abb. 4.26).
58
Kapitel 4
4
Abb. 4.26 Puderkristalle im polarisierten Licht (Obj. 63×)
Literatur 1. 2.
3.
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Häufig vorkommende Zellen und Zellprodukte
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Kapitel 5
5
Krankheitserreger
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
Histoplasmose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Viren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
Pneumocystis jirovecii . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
Herpes-simplex-Virus (HSV) . . . . . . . . . . . . . .
60
Paracoccidioides brasiliensis . . . . . . . . . . . . . .
72
Varicella-Zoster-Virus (VZV) . . . . . . . . . . . . . .
61
Nordamerikanische Blastomykose . . . . . . . . . . .
72
Zytomegalievirus (ZMV) . . . . . . . . . . . . . . . .
61
Alternaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
Humanes Papilloma-Virus (HPV) . . . . . . . . . . .
62
Penicillium-Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
Polyomavirus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
Protozoen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
Andere Viruserkrankungen . . . . . . . . . . . . . . .
63
Trichomonas vaginalis . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
Chlamydien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
Giardia intestinalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
Bakterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
Toxoplasmose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
Malakoplakie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
Amöbiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
Aktinomyzeten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
Leishmaniasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
Fusiforme Bakterien/Leptothrix/Nokardia . . . . . .
66
Metazoen/Würmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
Pilze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
Strongyloides stercoralis (Zwergfadenwurm) . . . . .
74
Candida albicans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
Echinokokkus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
Aspergillus (Kolbenschimmel) . . . . . . . . . . . . .
68
Schistosomiasis (Bilharziose) . . . . . . . . . . . . . .
75
Mucor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
Milben und Insekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
Cryptococcus neoformans . . . . . . . . . . . . . . .
69
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
Kokzidioidomykose . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
60
Kapitel 5
Einleitung
5
Krankheitserreger
Viren
Die Zytologie leistet auf einigen Gebieten einen wesentlichen Beitrag zur Diagnose von erregerbedingten Krankheiten, so bei immungeschädigten Patienten, wenn die serologischen Infektparameter versagen. Protozoen, Pilze und größere Bakterien sind unmittelbar im Ausstrich nachweisbar. Kleine Erreger wie Tuberkelbakterien sind erst in Spezialfärbungen (Ziehl-Neelsen, Gram, Giemsa) zu sehen. Oft führen Infekte zu charakteristischen zytologischen Veränderungen, ohne dass die Erreger im Ausstrichpräparat unmittelbar in Erscheinung treten. Dies gilt z. B. für Virusinfekte, die oft zu spezifischen zytopathogenen Effekten führen. Erreger und erregerbedingte Veränderungen werden oft zufällig in zytologischen Präparaten gefunden. Bei Patienten mit geschädigtem Immunsystem (AIDS, hämatologische Erkrankungen, iatrogene Immunsuppression nach Organtransplantation, vorausgehende Behandlung mit Zytostatika und Kortikoiden) wird gezielt nach Erregern gesucht. Da bei diesen Patienten Atemwegsinfekte oft im Vordergrund stehen, ist die bronchoalveoläre Lavage (BAL) eine wichtige Abklärungsuntersuchung. Das in zytologischen Präparaten zu erwartende Erregerspektrum umfasst neben den Keimen der verschiedenen genitalen Infektionen vor allem sog. Opportunisten, das heißt Erreger, die bei ungestörter Immunität apathogen sind, jedoch bei Immunschwäche des Wirts ungehemmt wachsen und in das Wirtsgewebe eindringen. Von der Zytologie wird in den meisten Fällen nur eine Verdachtsdiagnose erwartet. Die endgültige Erregerdiagnose wird mittels mikrobiologischen oder molekularbiologischen Methoden gestellt. Ein Vorteil der Zytologie ist die Schnelligkeit, mit der sich bestimmte Erreger nachweisen lassen. Der mikroskopische Nachweis gelingt bei diesen Erregern lange, ehe sie in der Kultur angezüchtet sind.
Typische, morphologisch fassbare Zellveränderungen verursachen Viren der Herpesgruppe (Herpes simplex 1 und 2, Varicella-Zoster-Virus und Zytomegalievirus) und der Papovagruppe (Papillomaviren und Polyomavirus). Diese Viren befallen bevorzugt bestimmte Zellsysteme (Tabelle 5.1) und bilden charakteristische intrazytoplasmatische und intranukleäre Einschlusskörper, so dass wenigstens ein Verdacht auf das Vorliegen einer Infektion mit dem entsprechenden Virus geäußert werden kann. Die meisten Viren lassen sich nur mit mikrobiologischen und molekularbiologischen Methoden identifizieren. Zu diesen gehört das als Verursacher des Kaposi-Sarkoms identifizierte Humane Herpesvirus 8 (HHV8; s. S. 475). In der täglichen Praxis haben sich auch immunzytochemische Nachweismethoden bewährt.
Herpes-simplex-Virus (HSV) Das HSV ist ein DNA-Virus. Es besteht aus einem DNAStrang mit einer Länge von 120–150 nm. Es befällt die tiefen Schichten des Plattenepithels, selten auch das Zylinderepithel der Schleimhäute. Der Replikationszyklus liegt unter 24 Stunden. Man unterscheidet zwei Typen: HSV 1 befällt die Schleimhäute von Mundhöhle sowie Ösophagus und die Lippenhaut, HSV 2 das Genitale. Die Infektion geschieht durch Tröpfchen oder direkte Berührung, die Zervixinfektion durch Sexualkontakt. Klinik. Infekte durch Herpes simplex sind klinisch leicht an den typischen, oft in Gruppen auftretenden intraepithelialen Bläschen zu erkennen. Wenn die Bläschen platzen und bakteriell superinfiziert werden, stellen sich je nach Lokalisation erheblichen Schmerzen ein (genitaler
Tabelle 5.1 Überblick über die wichtigsten Virusinfekte Virus
Befallenes Zellsystem
Typische Veränderung
Herpes simplex, Herpes genitalis (HSV)
Generell Plattenepithel
Riesenzellen, intranukleäre Einschlusskörper
Herpes simplex Typ 8 (HSV8)
Endothelien
Kaposi-Sarkom
Herpes zoster/varicella (HZV)
Epithelien
Intranukleäre Einschlusskörper
Zytomegalievirus (ZMV)
Endothelien, Alveolarzellen, Makrophagen, Speicheldrüsen
Zytomegale Zellen mit nukleären und zytoplasmatischen Einschlusskörpern
Polyomavirus (SV40)
Tubulusepithelien der Nieren, Urothelien
Decoy-Zellen
Human papilloma virus, Subtypen (HPV)
Plattenepithelien
Genitalbereich: Kondylomatöse Läsionen (zytologisch: Koilozyten), Plattenepithelpapillome, Plattenepithelkarzinome
Viren
Herpes s. S. 121). Serologische Tests tragen selten zur Diagnose bei. Der Nachweis des Virus in der Zellkultur ist zeitaufwendig. Zytologie. Abstriche von den Bläschen („Tzanck-Test“) zeigen ein- oder mehrkernige Plattenepithelien mit zytoplasmatischen und nukleären Einschlusskörpern. Die intranukleären Einschlüsse entsprechen einer Anhäufung von Viruspartikeln. Unmittelbar nach der Infektion einer Zelle sind die Partikeln gleichförmig verteilt, so dass der Kern milchglasartig grau erscheint. Der Verlust der Körnelung des Chromatins ist ein wertvoller Hinweis auf eine HSV-Infektion und ein wichtiges Kriterium in der Abgrenzung gegenüber Dysplasien und Karzinomen. Später verdichtet sich das Virusmaterial zu kompakten, in der Hämatoxilinfärbung tief violetten Einschlüssen. Das Kernchromatin ist in kleinen Klumpen entlang der Kernmembran angeordnet. Um den Einschlusskörper erscheint der Kern aufgelockert. Die zytoplasmatischen Einschlusskörper sind in der Regel nur immunzytochemisch und elektronenmikroskopisch nachweisbar. Die Kerne der infolge virusbedingter Teilungsstörung entstehenden Riesenzellen sind in Zellmitte backsteinartig aneinandergelagert, wenig bis mäßig vergrößert, nur leicht entrundet und weitgehend isomorph (Abb. 5.1). Zusatzmethoden. Der Virustyp lässt sich im zytologischen Präparat immunzytochemisch durch den Nachweis von HSV-IgG mit Fluoreszeinisothiocyanat(FITC)konjugierten monoklonalen Antikörpern und mittels Insitu-Hybridisierung bestimmen.
Varicella-Zoster-Virus (VZV) Das VZV verursacht die Windpocken und ist mit dem die Gürtelrose auslösenden Herpes-Zoster-Virus weitgehend identisch. Zoster tritt bei älteren Individuen und bei
Abb. 5.1 Herpes simplex. Ein- und mehrkernige Plattenepithelien mit kondensierten intranukleären Einschlusskörpern (PapF, 525×)
61
Immunabwehrschwäche aller Altersstufen auf. Tumorpatienten sind überzufällig häufig betroffen. Während bei den Windpocken der ganze Körper mit Pusteln übersäht ist, beschränkt sich der Zoster auf den Befall eines Dermatoms (von einem Spinal- oder Hirnnerven innerviertes Hautsegment), bevorzugt des V. Hirnnerven. Bei schweren Immunitätsstörungen werden gelegentlich generalisierte VZV-Infektionen beobachtet. Dabei können die Lungenalveolen befallen sein. Zytologie. Abstriche aus den aufgeplatzten Pusteln können wie bei Herpes simplex einkernige, seltener mehrkernige Zellen mit nukleären Einschlusskörpern enthalten. In der BAL sind VZV-infizierte Alveolarzellen nicht sicher von ZMV-Zellen zu unterscheiden.
Zytomegalievirus (ZMV) Das ebenfalls zur Familie der Herpesviren zählende ZMV ist in der mitteleuropäischen Bevölkerung weit verbreitet. Etwa 80% der Erwachsenen haben Antikörper gegen ZMV. Ein Großteil dürfte auf unbemerkt verlaufene Infektionen zurückzuführen sein. Etwa 1–5% der Neugeborenen infizieren sich von der Mutter her während der Geburt. Die zytomegalen Zellen werden praktisch nur gefunden, wenn die Antikörperbildung völlig darniederliegt. Welche immunologischen Funktionen erhalten oder gestört sein müssen, damit es zur Gewebsschädigung bei ZMV-Infektion kommt, ist nicht klar. Möglicherweise spielt unter bestimmten immunologischen Bedingungen die Affinität des Virus zu den Endothelien für die Entstehung von Gewebsschäden eine Rolle [4]. Klinik. Schwerwiegende Erkrankungen kommen praktisch nur bei Patienten mit Immundefekten vor. Das Virus befällt dann die verschiedensten Organsysteme, so die Lunge, Speicheldrüsen, Kolonschleimhaut und Urogenitaltrakt. Bei AIDS-Patienten ist stets mit ungewöhnlichen Lokalisationen wie Netzhaut des Auges und sogar Pleura zu rechnen [27]. Der Nachweis von zytomegalen Zellen bei klinisch manifester Pneumonie gilt als Indikation zur antiviralen Therapie. Die pathologische Bedeutung des Zytomegalieinfekts ist nicht ganz klar. Wahrscheinlich sind latente Infekte, bei denen die zytomegalen Zellen nicht nachzuweisen sind, völlig harmlos und nicht für Pneumonien oder andere Veränderungen (Tumoren) verantwortlich zu machen. Zytologie. Im Unterschied zum Herpes simplex sind die Einschlusskörper meist in Makrophagen (Alveolarzellen) und Endothelzellen, aber so gut wie nie in Zellen des Platten- und Flimmerepithels zu finden. Die virusbefallenen Zellen sind deutlich vergrößert, was der Krankheit
62
Kapitel 5
Krankheitserreger
soziiert sind. Am häufigsten befallen sind Haut und Zervixschleimhaut. Es folgen die Mund- und Kehlkopfschleimhaut. Die Typen 6 und 11 werden gehäuft in benignen Läsionen (kondylomatöse Läsion), die Typen 16, 18, 31, 33, 34, 35, 39, 40, 42–45, 51, 52 vermehrt beim Zervixkarzinom und seinen Vorstufen beobachtet. Mindestens 40 HPV-Typen befallen den Genitaltrakt, und davon sind 15 bis 20 kanzerogene Hochrisikotypen (s. Kap. 7).
5 Abb. 5.2 Zytomegalie. Vier zytomegale Zellen mit intranukleären Einschlusskörpern („Eulenaugen“) und ein doppelkerniger Alveolarmakrophag (BAL, PapF, 840×)
den Namen gab. Die zytomegalen Zellen lassen einen großen intranukleären Einschlusskörper erkennen, der sich durch einen schmalen hellen Zytoplasmasaum von der Kernmembran abhebt („Eulenauge“). Die bis zu 1 µm großen zytoplasmatischen Einschlusskörper („dense bodies“) konzentrieren sich meist in einem paranukleären Zytoplasmaareal (Abb. 5.2). Sie stellen unvollständige Viruspartikel dar, die aus einer mit viralen Matrixpro teinen gefüllten Virushülle bestehen. In der BAL fällt oft der „saubere“ Ausstrichhintergrund auf, wenn infolge der Immunstörung jede entzündliche Reaktion fehlt. Zusatzmethoden. Eine in Kultur nachgewiesene ZMVInfektion hat in vielen Fällen keinen Krankheitswert. Mittels Immunzytochemie und In-situ-Hybridisierung sind in den meisten Fällen nur dann Erreger nachweisbar, wenn konventionell-lichtmikroskopisch zytomegale Zellen zu sehen sind. Die Zusatzmethoden decken selten manifeste ZMV-Erkrankungen (z. B. Pneumonien) auf, die nicht schon konventionell-lichtmikroskopisch nachweisbar waren, und dienen hauptsächlich der Bestätigung des Virustyps. Bei partiell noch erhaltener Immunabwehr kann der Nachweis der zytomegalen Zellen schwierig sein. In diesem Fall sind für die Diagnose mikrobiologische Anreicherungsverfahren (Zellkultur) in Kombination mit dem immunzytochemischen Nachweis notwendig.
Humanes Papilloma-Virus (HPV) Der Name des zur Gruppe der Papovaviren gehörende HPV rührt von seiner Fähigkeit, Warzen, Papillome und Fibroepitheliome zu verursachen. Aufgrund des Tropismus des Virus für Plattenepithel sind die Tumoren nahezu ausschließlich in Haut, Mund- und Larynxschleimhaut sowie Vaginalepithel zu finden. Man unterscheidet an die 100 Typen und Subtypen, die mit bestimmten Läsionen und klinischen Bildern as-
Pathogenese. Nachdem das Virus in die Wirtszelle eingedrungen ist, baut es mehrere Kopien des Virusgenoms in den DNA-Strang ein, von wo es die onkogene Transformation der Zelle induziert. Dies geschieht nach einer Latenz von einigen Monaten oder Jahren in weniger als 10% der Infizierten, indem das als Inhibitor der zyklinabhängigen Kinase wirkende Protein p16-INK4a unabhängig vom HPV-Typ in den HPV-infizierten basalen und parabasalen Zellen des Plattenepithels überexprimiert wird. Auslöser sind die viralen Onkoproteine E6 und E7. Letzteres bindet sich spezifisch an das Retinoblastomprotein pRb, wodurch der Transkriptionsfaktor E2F unbeeinflusst durch den Phosphorylierungszustand von pRb freigesetzt wird. Damit wird die Komplexbildung zwischen Rb-Protein und E2F verhindert, die in der gesunden Zelle bremsend wirkt. Die Replikation des Virus findet bis in die oberen Zellschichten statt, deren Ausreifung durch das Virus gestört wird. Das reife Virus wird mit dem Tod der Wirtszelle freigesetzt [71]. Zytologie. Zytologie und Einzelheiten zum Virusnachweis s. Kap. 7, Vaginalzytologie.
Polyomavirus Die Polyomaviren sind eine Untergruppe der Papovaviren. Das Virusgenom besteht aus einer doppelsträngigen DNA-Kette. Für den Menschen sind sie nicht onkogen. Sie verursachen aber beim Hamster Tumoren in unterschiedlichen Lokalisationen, was zur Namensgebung führte. Lediglich zwei Typen, BK und JC, sind für Menschen pathogen. Die Buchstaben entsprechen den Initialen der Patienten, bei denen das entsprechende Virus erstmals entdeckt wurde. Epidemiologie und Klinik. Beide humanpathogene Polyomavirustypen sind weltweit verbreitet. In USA und Europa haben 60–80% der Erwachsenenbevölkerung Antikörper. Der Virusinfekt wird bereits im Kindesalter akquiriert. JCV ist für die progressive multifokale Leukoenzephalopathie (besonders bei AIDS-Patienten) verantwortlich. BKV persistiert in der Niere, ohne eine manifeste Krankheit hervorzurufen. Eine asymptomatische JC- und BK-Virurie kommt während der Schwanger-
Viren
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schaft sowie unter immunsuppressiver, zytostatischer und Steroidtherapie vor [56, 60]. Weitere Einzelheiten s. unter Nierentransplantatabstoßung S. 241. Zytologie. Die Urinzytologie ist die einfachste Nachweismethode [21]. Die Polyomavirus-infizierten Zellen werden auch als „Lockvogelzellen“ (Decoy-Zellen [48]) bezeichnet, da sie auf den ersten Blick mit atypischen Zellen verwechselt werden können und den Untersucher auf die falsche Fährte locken. Die Zellen erscheinen degenerativ verändert. Das Kernchromatin ist verklumpt und der Kernmembran angelagert, während das Zentrum der Kerne durch Einschluss der dicht gelagerten Viruspartikeln michglasartig erscheint. Oft zerfallen die Kerne, und das Zytoplasma löst sich an den Rändern auf. Zerfallende Kerne können Polymorphie vortäuschen (Abb. 5.3). Wenn Decoy-Zellen in größerer Zahl vorhanden sind, ist dies stets ein Zeichen der Immundefizienz oder gar einer BK-Nephropathie (s. S. 243).
Abb. 5.3 Polyomavirusinfekt der Niere. Immunzytochemischer Nachweis des Virusantigens in „Decoy-Zellen“ aus dem Urin eines nierentransplantierten, mit Tacrolimus (FK 506) behandelten Patienten (ABC, SV40 T Ag/Ab-2, Calbiochem, 840×)
Zusatzmethoden. Die Kerne der Decoy-Zellen enthalten große Massen von regelmäßig angeordneten Viruspartikeln (Abb. 5.4), die durch den Zellzerfall freigesetzt werden. Für den Virusnachweis stehen typenspezifische Antikörper zur Verfügung. Die Virus-DNA verursacht hochpathologische DNA-Histogramme, die das Vorliegen eines multiploiden Tumors vortäuschen können (Abb. 5.5).
Andere Viruserkrankungen Neben den bisher genannten häufigen Virusveränderungen gibt es eine Reihe von viralen Infekten, die sich selten in zytologischen Präparaten nachweisen lassen. So werden bei Masernpneumonie im Sputum die WarthinFinkeldey-Riesenzellen beobachtet [1]. Die 35–85 µm großen, bizarr geformten Zellen enthalten bis zu mehrere hundert Kerne und viele azidophile, von einem winzigen hellen Halo umgebene Granula, die eine Vakuolisierung vortäuschen.
Abb. 5.5 DNA-Histogramm bei Polyomavirusinfekt
Abb. 5.4 Polyomaviruspartikeln im Kern einer „Decoy-Zelle“ eines mit Tacrolimus behandelten Patienten nach Nierentransplantation (EM, ca. 6000×)
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Kapitel 5
Krankheitserreger
5 Abb. 5.6 Virogene Riesenzellen, vermutlich RSV-Infekt (Aufnahme Dr. P. Spieler/St Gallen, PapF, ca. 550×)
Abb. 5.7 Chlamydium trachomatis im Bindehautabstrich des Auges; Immunfluoreszenzmikroskopischer Nachweis der intra zytoplasmatischen Erregereinschlüsse (Aufnahme Prof. K.A. Bienz, Mikrobiologisches Institut der Universität Basel, ca. 800×)
Bei RSV-Infektionen („respiratory syncytial virus“) kommen ebenfalls Riesenzellen vor, die aber weniger Kerne mit deutlich erkennbaren Einschlusskörpern enthalten (Abb. 5.6). Mit schweren RSV-Infekten ist vor allem nach Knochenmarkstransplantation zu rechnen [62]. Die direkte zytologische Diagnose ist nicht möglich. Doch lässt sich das Virus durch fluoreszenzmarkierte Antikörper detektieren. Wie Tierversuche zeigen, beeinflusst das durch das Virus hervorgerufene lymphozytäre Infiltrat jedoch das Verhältnis der CD4/CD8 Lymphozyten [43]. Das Epstein-Barr-Virus (EBV) führt zur Lymphadenitis und spielt bei der Entstehung verschiedener Tumoren, insbesondere von Lymphomen eine Rolle (s. S. 505). Der Nachweis einer EBV-Infektion ist nur mittels PCR und immunzytochemisch möglich [85].
geborenenkonjunktivitis). Die Prävalenz wird in der Bevölkerung mit 1–3% angegeben, sie erreicht in manchen Patientenkollektiven bis zu 40%. Chlamydieninfekte sind insbesondere mit der Gonorrhö, aber auch mit anderen durch Geschlechtsverkehr übertragenen Erkrankungen vergesellschaftet.
Chlamydien Chlamydien bilden taxonomisch eine eigene, in vier Familien unterteilte Ordnung innerhalb der Bakterien. Bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden sie den Viren zugerechnet. Ihre strikt intrazelluläre Lebensweise teilen sie mit den Viren, ihre Karbohydrathülle (Chlamydia = Mantel) jedoch mit den Bakterien. Man unterscheidet mehrere Serotypen. Pathogen sind C. psittaci (Psittakose), C. lymphogranulomatosis (Lymphogranuloma venereum), C. trachomatis („Trachomvirus“, Trachom), und C. oculogenitalis („Paratrachomvirus“, Zervizitis, Neugeborenen- und Schwimmbadkonjunktivitis). Die Übertragung kann auf mehreren Wegen stattfinden. Häufige Infektionsquellen sind das Wasser in öffentlichen Bädern (Schwimmbadkonjunktivitis), Sexualkontakte und die infizierte Zervix während der Geburt (Neu-
Klinik. Chlamydia oculogenitalis verursacht bei der Frau eine Zervizitis, beim Mann eine Urethritis. Beides ist selten. Bei Patientinnen mit einer Chlamydienzervizitis findet man in ca. 40% auch eine Endometritis und Salpingitis, in weiteren 10% eine asymptomatische Chlamydieninfektion von Korpusendometrium und Tube. Das Vaginalsekret ist infektiös. Chlamydieninfekte scheinen in hohem Maße für Sterilität bei Frauen verantwortlich zu sein. Im Serum von Frauen mit sekundärer tubarer Sterilität sind in bis zu 90% der Fälle die Titer der IgM- und IgG-Antikörper gegen Chlamydien erhöht [9]. Zytologie. Chlamydien werden fast nur im Portio-, seltener im Vaginal- und im Konjunktivalabstrich nachgewiesen. Von Chlamydien befallene Epithelien weisen paranukleäre Vakuolen auf (s. Abb. 7.24). Diese sind verschieden groß, transparent, scharf begrenzt und enthalten mehrere kleine, rötlich schimmernde Einschlusskörperchen. Diese Veränderungen kommen meist in Metaplasiezellen und in Zylinderzellen, seltener in Plattenepithelien vor. Sie sind unspezifisch. Daher ist in der Regel nur eine Verdachtsdiagnose möglich [82]. Zusatzuntersuchungen. Für die serologische Diagnose werden komplette, auf der Basis der KBR funktionierende Test-Kits angeboten. Am Ausstrich ist der Erregernachweis mittels ELISA („enzyme-linked immunosorbent assay“) oder auch immunzytochemisch (Abb. 5.7) oder mittels DNA-in-situ-Hybridisierung möglich.
Bakterien
Bakterien Bakterien werden in zytologischen Ausstrichen häufig angetroffen, doch ist eine exakte taxonomische Zuordnung im Allgemeinen nicht möglich. Morphologisch lassen sich grob kokken-, stäbchen- und fusiforme (fadenförmige) Bakterien unterscheiden (Abb. 5.8). Die häufigsten kokkenförmigen sind Staphylokokken und Streptokokken. Staphylokokken bilden auch im zytologischen Ausstrich traubenförmige Ansammlungen, während Streptokokken Ketten bilden. Pneumokokken und Meningokokken sind paarweise angeordnet (Diplokokken, s. Abb. 25.9). Von den stäbchenförmigen Bakterien sind zytologisch die zum Komplex des Mycobacterium tuberculosis (Typus humanus und Typus bovinus) gehörenden relevant, die obligat pathogen sind und intrazellulär leben. Daneben gibt es noch die „atypischen“, die im Angelsächsischen als „mycobacteria other than tuberculosis“ (MOTT) bezeichnet werden. Zu diesen gehören die Mykobakterien aus dem Mycobacterium-avium-Komplex wie das Mycobacterium avium ssp. paratuberculosis und das M. avium intracellulare. Die Bakterien des MOTT kommen ubiquitär in der Umwelt vor und sind norma-
65
lerweise apathogen. Nur bei immuninfizierten Patienten (AIDS) führen sie zu einer schwer beherrschbaren tuberkuloseähnlichen Lungenerkrankung. Sie lassen sich ebenfalls mit der Ziehl-Neelsen-Färbung nachweisen. Näheres zur Zytologie der Tuberkulose s. Kap. Atemwege, S. 271.
Malakoplakie Der sehr seltenen Veränderung liegt wahrscheinlich ein Defekt der Bakterienzersetzung nach Aufnahme in die Makrophagen zugrunde. Zytologie. Charakteristisch sind Makrophagen mit intrazytoplasmatischen Einschlusskörpern (Michaelis-Gutmann-Körper). Die geschichteten, kugeligen und manchmal verkalkten Gebilde messen 5–10 µm oder mehr im Durchmesser. Da die Malakoplakie sich in den verschiedensten Organen manifestiert, lässt sich die Krankheit manchmal auch in Feinnadelpunktaten aus der Niere und anderen Organen diagnostizieren [41, 45, 46, 77]. Die Veränderung wird kaum je im Urin beobachtet, da so veränderte Makrophagen meist unterhalb des Urothels im Stroma liegen und zur Verdickung der Harnblasenwand führen.
Aktinomyzeten
a
b Abb. 5.8 Bakterien. a stäbchenförmige, teils intra-, teils extrozellulär in Makrophagen und Granulozyten (BAL, MGG, 840×); b fusiforme in Bürstenanstrich des Magens (PapF, 840×)
Mykobakterien
Bei Aktinomyzeten („Strahlenpilzen“) handelt es sich um Bakterien, die früher den Pilzen zugerechnet wurden. Die anaerob wachsenden grampositiven Aktinomyzeten bilden verzweigte Fäden und Zerfallssporen. Der Name geht auf ihre strahlenförmige Anordnung und die Bildung von myzelartigen Gebilden (Drusen) zurück. Die Aktinomyzeten kommen als harmlose Saprophyten in der Mundhöhle, im anaziden Magen und im Dickdarm vor. Die Vagina wird vor allem bei Trägerinnen von Intrauterinpessaren durch Aszension von der Analregion her besiedelt. Werden die Erreger in das tiefere Gewebe verschleppt, führen sie zu schweren eitrigen Entzündungen. Eine schlechte Mundhygiene und eine Bestrahlung im Kopf-Hals-Bereich gelten als prädisponierend für alle Formen der Aktinomykose. Extragenitale Manifestationen der Aktinomykose sind die zervikale Lymphadenitis, chronische Pneumonien und Wundinfektionen nach abdominalen Eingriffen. In 70% der Fälle ist die KBR (Komplementbindungsreaktion) positiv. Das Wachstum in der Kultur ist sehr langsam und setzt anaerobe Bedingungen voraus. Zytologie. Der Eiter enthält die typischen Drusen (im angelsächsischen Schrifttum „sulfur granules“ oder
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Kapitel 5
Krankheitserreger
positive, verzweigte filamentöse Bazillen vor einem granulozytär-entzündlichen Hintergrund [10].
Pilze
5 Abb. 5.9╇ Aktinomyzesdruse in Vaginalabstrich (PapF, 525×)
„Gupta-bodies“), gelb-weißliche Körnchen, die sich aus Bakterienmassen, Proteinen und Polysacchariden zusammensetzen [24, 52, 66, 75]. Im Papanicolaou-gefärbten Ausstrich erscheinen sie als intensiv blaue bis violette rundliche Gebilde (Abb.€5.9). Bei stärkerer Vergrößerung erkennt man an deren Rand feine, fadenförmige Formationen der Erreger, die den typischen Strahlenkranz um die Drusen bilden. Ohne dieses Phänomen sollte zytologisch weder die Diagnose noch die Verdachtsdiagnose einer Aktinomykose gestellt werden. Differentialdiagnose. Differentialdiagnostisch kommt bei Vorliegen des typischen Bildes kaum etwas anderes in Betracht. Die endgültige Diagnose ist dennoch Sache der Mikrobiologie. Die Fadengeflechte der Schimmelpilze sind viel plumper, ihre Hyphen viel dicker als die Fäden der Aktinomyzeten. Auch die Pseudohyphen bei Soor sind dicker. Döderlein-Stäbchen können zwar auch in Haufen auftreten, bilden aber nicht so regelmäßig organisierte Drusen.
Fusiforme Bakterien/Leptothrix/Nokardia Fusiforme (fadenförmige) Fäulnisbakterien sind häufige Saprophyten in Mundhöhle (kariöse Zähne, ulzerierte maligne Tumoren, Strahlentherapie), im anaziden Magen (s.€Abb.€5.8) und Dickdarm. Die Vagina wird typischerweise von Leptothrichia vaginalis befallen (s.€S. 119). FusiÂ� forme Bakterien sind in der Regel apathogen. Sie verschwinden nach Milieusanierung durch Beseitigung der Eiter- (Zahnbehandlung) und Nekroseherden (nekrotische Tumoren). Eine Ausnahme bildet Nocardia asteroides, die immungeschwächte Patienten befällt und zu Granulomen führen kann. Typisch für die Nokardiose ist ein disseminierter Befall unter Einbeziehung von Lungen, Haut und ZNS. Für die Diagnose ausschlaggebend sind feine, gram-
Pilze findet man vor allem in zytologischen Präparaten aus Genitale und Atemwegen. Sie führen aber auch Â� zu Hauterscheinungen und sind mittels FNA oder Abstrichen zytologisch nachweisbar. Die Taxonomie ist Â� mit einigen Unsicherheiten behaftet und in mancher Hinsicht unübersichtlich. In der Zytologie spielen eine Rolle: • Hefe- oder Sprosspilze: Diese sind einzellig und vermehren sich durch Sprossung. Die Sprosszellen wachsen zu Fäden aus, bilden aber keine echten Verzweigungen und werden deswegen Pseudohyphen genannt. In manchen zytologischen Abstrichen kommen lediglich Sprosszellen vor. Sie werden ihrer Eiform wegen Oidien, wenn sie eine mantelförmige Hülle aufweisen Chlamydosporen genannt. Der medizinisch bedeutsamste Vertreter ist Candida albicans. • Faden- oder Schimmelpilze: Sie bilden im Unterschied zu den Hefen verzweigte Pilzfäden (Hyphen), Geflechte aus Pilzfäden (Myzelien) und Fruchtköpfe (Konidiophoren oder Sporangiophoren). Den Konidiophoren sitzen die durch Mitose entstandenen Konidien (Sporen) auf, während die Sporangiophoren sackartige Gebilde mit den Sporen tragen (Abb.€5.10). Die Fadenpilze sind für eine große Zahl von Mykosen verantwortlich, von denen in unseren Breiten Aspergillus am häufigsten in zytologischen Präparaten gefunden wird. Zytologie. Zytologisch stellen sich Pilze meist problemlos in PapF, MGG, PAS, in der Gram-Färbung und in der Fungiqual A Fluoreszenz dar. In Zweifelsfällen, wenn Hyphen und Pseudohyphen fehlen und die Sporen in Detritus und granulozytärem Hintergrund schwer zu finden sind, helfen die Grocott-Färbung und die ImmunÂ� fluoreszenz (Abb.€5.11).
a
b
Abb. 5.10a,b╇ Pilztypen. a Myzel mit Fruchtkopf eines Fadenpilzes, b Pseudomyzel eines hefeartigen Pilzes
Pilze
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a
b Abb. 5.11 Fadenpilz (Aspergillus). Fungiqual A-Fluoreszenz (Obj. 40×)
Candida albicans Synonym: Soor
Der Name wurde vom äußeren Erscheinungsbild der Pilzkolonien (glänzend weiß) abgeleitet. Candida albicans ist weit verbreitet, die Candidiasis (Soor) der häufigste beim Menschen vorkommende Pilzinfekt. Candida besiedelt Haut und Schleimhäute. In Mundschleimhaut und Gastrointestinaltrakt wächst sie häufig als harmloser Kommensale. Infektionen von Atemwegen, Vagina und Harnblase verursachen fast immer Beschwerden. Zytologisch lässt sich Candida albicans nicht von anderen Vertretern dieser Gattung wie Candida glabrata und Candida dubliniensis unterscheiden. Klinik. Candida albicans führt je nach Abwehrlage zu unterschiedlichen Krankheitsbildern. Wenn der Erreger nach antibiotischer Behandlung nicht mehr durch die normale Mundflora unterdrückt wird, bildet er auf der Zunge weißliche Beläge und ist in großen Massen im Sputum zu finden. Im Gastrointestinaltrakt besiedelt er die Oberfläche von Ulzera und exulzerierten Tumoren. In der Lunge wächst er auf infarziertem Gewebe und ebenfalls auf Tumoren. Im Harntrakt verursacht er zystitische Beschwerden. In der Vagina führt Soorbefall zu hartnäckigem Fluor und kolpitischen Beschwerden. Zytologie. In zytologischen Ausstrichen stellt sich Candida albicans in Form von Sprosszellen oder als Pseudomyzel dar, ist aber oft nur schwer zu finden. Manchmal sind nur einzelne Sporen oder Fäden vorhanden, die sich in kleinen Haufen von Epithelzellen verbergen (Abb. 5.12). Die eiförmigen Soorsprossen haben einen Durchmesser von 5 µm, färben sich wie die Pseudohyphen eosinophil bis blassbraun an (MGG: zyanophil, Gram-positiv) und besitzen feine basophile Kerne. Das Pseudomyzel ist septiert und erscheint
c
Abb. 5.12 Candida albicans. a in Bürstenabstrich des Ösophagus; Plattenepithelien bilden dichte Aggregate infolge ihres erregerbedingt geschädigten Glykokalix (PapF, 550×); b Abstrich der Cervix uteri: Schaschlikspieß-ähnliche Aggregation von Plattenepithelien um Soorhyphen (FBZ, PapF, Obj. 20×, Inlay 63×); c frei liegende Pseudohyphe mit Aussprossungen (Grocott, Obj. 40×)
in der Phasenkontrastmikroskopie doppelt konturiert. Bei Soorbefall von Mundhöhle und Vagina sind die Kerne der Plattenepithelien oft vergrößert und ihr Zytoplasma verstärkt eosinophil. Der Nachweis von Candida albicans im zytologischen Abstrich ist oft das einzige Zeichen der Mykose. Er genügt zur Therapieentscheidung.
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Kapitel 5
Krankheitserreger
Aspergillus (Kolbenschimmel) Aspergillen kommen in mehreren Spezies vor, von denen vor allem A. niger und A. flavus beim Menschen pathogen sind. Die verschiedenen Arten lassen sich zytologisch nicht unterscheiden. Dies ist nur durch die schwarze bzw. gelbe Farbe der Kolonien in der Kultur möglich.
5
Pathologie. Aspergillen wachsen nahezu ubiquitär auf allen organischen Stoffen (Kompost) [55], von wo sie durch Luftverwirbelung in die Atemluft gelangen. Deshalb werden hauptsächlich Nasennebenhöhlen [49] und Lungen, seltener Haut und Nägel befallen. Aspergillusinfekte kommen in drei Formen vor, die unterschiedliche immunologische Reaktionslagen des Wirtsorganismus widerspiegeln: • Aspergillom: Schimmelpilze wachsen am besten in feucht-warmem Milieu. Dementsprechend bilden Aspergillen bei wenig gestörter Abwehrlage in vorgegebenen Höhlen der Atemwege (Nasennebenhöhlen, tuberkulöse Kavernen, Bronchiektasen) dichte ballenförmige Myzelien, in denen sich aber selten die typischen Konidiophoren nachweisen lassen. Manchmal wachsen die Pilze auch auf nekrotisch zerfallenden Tumoren. Spülflüssigkeiten aus den befallenen Hohlräumen enthalten mitunter große Mengen der Pilze. Dagegen sind im Sputum beim Aspergillom der Lunge nur selten Pilze nachweisbar. • Invasive Aspergillose: Bei immungeschwächten Patienten kann es von infizierten Venenkathetern, infizierten Hohlräumen oder vom Darm aus zu einer hämatogenen Aussaat der Aspergillen kommen. Besonders gefürchtet sind pilzinfizierte Lungenembolien, die zu lebensbedrohlichen Infarktpneumonien führen. Zytologisch gelingt es in diesen Fällen oft nicht, die Pilze im Bronchialsekret oder in der BAL nachzuweisen, obwohl sie im Lungengewebe in großen Massen vorhanden sind. • Allergische Aspergillose: Bei Allergikern lösen Aspergillen manchmal Asthma, eosinophile Pneumonien und Lungenveränderungen vom Typ der exogen-allergischen Alveolitis mit Granulomen aus. Die Veränderungen sind oft von einer beträchtlichen Bluteosinophilie begleitet. Pilze sind in diesen Fällen selten in histologischen und zytologischen Präparaten nachweisbar. Zytologie. Aspergillen lassen sich in Sekreten, Lavageflüssigkeiten und Feinnadelaspiraten verschiedenster Provenienz nachweisen [6, 38, 49, 59, 68, 73]. Kennzeichnend sind Myzelien aus plumpen, relativ kurzen verzweigten und septierten Pilzfäden und Konidiophoren, denen die Pilze ihren Namen verdanken (aspergillum = Weihwassersprenger, Abb. 5.13 und 5.14). Die Konidien scheinen im Ausstrich von den Fruchtköpfen in großen
Abb. 5.13 Aspergillus, Fruchtkopf und im linken oberen Quadran ten des Bildes vom Fruchtkopf ausschwärmende Konidiosporen (PapF, 840×)
Abb. 5.14 Aspergillus, verzweigte Hyphen in Sputum eines Patienten mit Aspergillom (PapF, 210×)
Massen auszuschwärmen. Manchmal findet man ausschließlich Sporen. Die taxonomische Einordnung ist dann unmöglich.
Mucor Synonym: Köpfchenschimmel
Mucor ist ein Fadenpilz aus der Gattung der Schimmelpilze, die ubiquitäre, saprophytäre Bodenpilze darstellen. Pathogen sind M. ramosissimus und M. racemosus. Mucor befällt vor allem Patienten mit Immundefekten aller Art und mit schwerer diabetischer oder urämischer Azidose. Auch Diarrhö und Aspirineinnahme sind prädisponierende Faktoren. Je nach Eintrittspforte entwickelt sich eine rhinozerebrale, pulmonale, abdominopelvine oder kutane Mykose [19]. Mit Ausnahme der kutanen Form kommt es häufig zur Generalisierung der Pilzinfektion. In der Lunge entstehen Kavernen. Die Mucormyko-
Pilze
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se nimmt in jedem Fall einen hochakuten und fulminanten Verlauf. Die rhinozerebrale Form führt in 80–90% der Fälle zum Tod. Zytologie. Die Pilze sind in bronchologischem Untersuchungsmaterial, aber auch in anderen Körperflüssigkeiten nachweisbar. Kennzeichnend sind breite gewellte Hyphen und Sporangiozysten. Verwechslungen mit anderen Fadenpilzen sind möglich [32, 37].
Cryptococcus neoformans Der zu den Hefepilzen gehörende Erreger der Torulose (europäische Blastomykose) tritt meist bei verminderter Immunabwehr auf. Er befällt vorwiegend das Zentralnervensystem und ist der am häufigsten im Liquor cerebrospinalis [67], aber auch in anderen Proben einschließlich Feinnadelaspiraten nachweisbare Pilz [44, 47, 74, 83, 84]. Zytologie. Zytologisch findet man 5–15 µm große rundliche bis ovale Gebilde mit kleinen Ausknospungen (Abb. 5.15). Die Pilze liegen intrazellulär in Riesenzellen oder extrazellulär und bilden nur selten Ketten. Ihre stark ausgebildete Kapsel färbt sich mit Mucicarmin und Grocott. Der Ausstrichhintergrund enthält vor allem neutrophile Granulozyten und Histiozyten.
Kokzidioidomykose Coccidiomyces immitis ist der Erreger der Kokzidioidomykose (Wüstenrheumatismus, Talfieber, San-Joachim-Fieber). Er kommt in den Südweststaaten der USA und in Südamerika endemisch vor. Die Pilze besiedeln den Boden der Trockengebiete und werden als Staubaerosol eingeatmet. Coccidium immitis ist hoch kontagiös und befällt nahezu jeden Reisenden in den Endemiegebieten. Die Primärerkrankung verläuft in 60% inapparent und in 40% mit geringen Haut- oder Allgemeinsymptomen und hinterlässt eine hochspezifische Immunität gegen Reinfektionen. Nur bei 1 bis 2 auf 1000 Infektionen entwickelt sich eine mit nekrotisierenden Granulomen einhergehende Sekundärerkrankung in Lunge, Haut, Meningen oder anderen Organen. Die Erreger sind in der Nekrose zusammen mit neutrophilen Granulozyten zu finden [3]. Klinik. Nach einer Inkubationszeit von 1–3 Wochen entwickeln sich Schüttelfrost, Fieber, produktiver Husten, Brust- und Gliederschmerzen. Charakteristisch sind vergrößerte Hiluslymphknoten, Lungeninfiltrate und Pleura ergüsse. Wenn die Infektion nicht ausheilt, kommt es zur Einschmelzung und Kavernen. Manchmal wird die Erkrankung erst durch einen zufällig entdeckten peripheren
Abb. 5.15 Cryptococcus neoformans im Liquor cerebrospinalis eines AIDS-Patienten (MGG, 840×)
Lungenrundherd erkannt. Dieser ist im Unterschied zu den Lungenherden bei Histoplasmose nicht verkalkt und deshalb schwer von einem Karzinom zu unterscheiden [33, 70]. Auch Knochentumoren kann die Erkrankung vortäuschen [16]. Dadurch stellt sich gelegentlich die Indikation zur transthorakalen Feinnadelaspiration. Die Diagnose wird mikroskopisch und kulturell aus erregerhaltigem Rachensekret, Pleuraexsudat, Gelenkflüssigkeit oder befallenem Gewebe gestellt [[2, 3, 16, 34, 70, 74], ferner serologisch oder durch Intrakutantest. Zytologie. Im zytologischen Präparat liegen die Erreger meist in Form von dickwandigen, 15–200 µm messenden kugeligen Sporangien und nur selten als Hyphen vor, die in Arthrosporen zerfallen. Die Sporangien erscheinen manchmal wie zerbeulte Pingpongbälle. Ihre Wand ist doppelkonturig und lichtbrechend. Die kleineren, unreifen sind bräunlich gefärbt und enthalten vielfach noch keine Endosporen (Abb. 5.16). In der Papanicolaou-Färbung erscheinen die Sporen orange bis rötlich-violett, sind aber auch mittels PAS- und Grocottfärbung darstellbar. In der Giemsafärbung sind die Endosporen ebenfalls zu sehen. Sie messen 2–5 µm. Die unreifen Sporangien sind leicht mit Erythrozyten zu verwechseln. Die bis zu 2 µm dicken verzweigten und septierten Hyphen bilden sich wahrscheinlich nur, wenn die Myzetome Anschluss an das Bronchialsystem gewinnen und kavernös zerfallen, so dass die Pilze ausreichend Sauerstoff erhalten. Der Ausstrichhintergrund enthält Epitheloidzellen, Riesenzellen und Detritus.
Histoplasmose Der Erreger der Histoplasmose ist das Histoplasma capsulatum, ein weltweit verbreiteter Pilz. Erkrankungen kommen aber hauptsächlich in Mittel- und Südamerika
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Kapitel 5
Krankheitserreger
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a
b
Abb. 5.16 Cryptococcus neoformans, nachgewiesen in EBUS aus Mediastinum: a Riesenzelle, PapF, b Riesenzelle, Grocott (Obj. 63×)
sowie in Afrika (H. capsulatum var. duboisii) vor. Infektionsquelle ist der Kot von Vögeln und Fledermäusen. Die Infektion erfolgt aerogen. In der Lunge finden sich einzelne oder multiple, oft verkalkte Rundherde. Sie bestehen aus epitheloidzelligen, zentral nekrotischen Knötchen, die von verkäsenden tuberkulösen Granulomen ohne den Nachweis der Pilze kaum zu unterscheiden sind. Bei Einzelherden stellt sich die Differentialdiag nose des Lungenrundherdes. Histoplasmen werden nicht nur in zytologischen Proben aus dem Respirationstrakt, sondern in den seltenen Fällen einer disseminierten Histoplasmose auch in Feinnadelaspiraten und Flüssigkeiten anderer Organsysteme beobachtet [14, 29, 57, 58, 76]. Zytologie. Die 2–4 µm großen hefesporenähnlichen und sich durch Sprossung im Gewebe fortpflanzenden Erreger sind am besten in der Grocott-Färbung zu sehen. Sie liegen üblicherweise intrazellulär.
Pneumocystis jirovecii Die nach ihren Entdeckern benannten Pneumozysten wurden lange den Protozoen zugerechnet. Eine neuere phylogenetische Analyse bestimmter Sequenzen der ribosomalen RNA zeigt aber, dass sie zu den Pilzen gehören. Pneumocystis jirovecii kommt nahezu ubiquitär vor. Wich tigste Infektionsquellen sind außer erkrankten Menschen auch Schwein, Ratten, Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen. Die Übertragung erfolgt aerogen. Die Inkuba tionszeit beträgt 1–2 Monate. Die Pneumozysten vermehren sich auf der Wirtszelle, ohne in sie einzudringen.
Klinik. Kleinepidemien von Pneumozystenpneumonien wurden zuerst auf Frühgeborenenstationen beobachtet. Heute kommen Infektionen mit Pneumocystis jirovecii fast nur noch bei Patienten mit Immunstörungen (Leu kämie, Cortison- und Zytostatikatherapie), besonders aber bei AIDS-Kranken vor. Im Blut und in der BAL sind bei den AIDS-Patienten die T-Helfer-Lymphozyten (CD4+) stark erniedrigt. Häufigkeit und klinisches Bild haben sich in den letzten Jahren unter dem Einfluss therapeutischer Maßnahmen gewandelt [15]. Pathologie. Die Pneumozysten rufen je nach immunologischer Reaktionsbereitschaft eine plasmazelluläre interstitielle Pneumonie oder granulomatöse Veränderungen hervor, bei fortgeschrittener Immunschwäche liegen sie nahezu reaktionslos in Form eines schaumigen PAS-positiven Exsudats in den Lungenalveolen. Unbehandelt verläuft die Pneumonie meist tödlich. Komplikationen sind bei AIDS-Patienten subpleurale Blasen oder Kavernen, die in die Pleura aufbrechen und einen Pneumothorax verursachen können [31]. Eine hämatogene Streuung der Pneumozysten ist selten [20]. Zytologie. Die Erreger fallen schon im PapanicolaouAusstrich als kleine schaumige Aggregate auf, die an Froschlaich erinnern (Abb. 5.17). Sie bestehen aus vielen 4–6 µm großen transparenten Zystchen. Im UV-Licht zeigen die Zystchen eine deutliche Eigenfluoreszenz [64] (Abb. 5.18). Im Zentrum oder am Rand weisen die Zystchen eine feine punktförmige Verdichtung auf. Besonders schön stellen sie sich in der Grocott-Färbung dar (Abb. 5.19), wo sie als bräunliche, manchmal leicht zerknitterte Scheibchen mit einem zentralen oder randständigen Punkt erscheinen. In der MGG-Färbung erkennt
Pilze
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Abb. 5.17 Pneumozystis jirovecii. Dichtes Aggregat ca. erythrozytengroßer Zystchen mit teils zentral gelegenem dunklen Pünktchen (PapF, 525×)
Abb. 5.19 Pneumozystis jirovecii. Darstellung der versilberbaren Membran mit ihrer umschriebenen scheibchenförmigen Verdickung (Grocott, 840×)
Abb. 5.18 Pneumocystis jerovecii. Darstellung mittels Immun fluoreszenz
Abb. 5.20 Pneumozystis jirovecii. Mehrere Zystchen mit den im MGG-Präparat darstellbaren Granula (Aufnahme: Dr. H. Ohnacker/Basel, 840×)
man in den Zystchen 6–8 feine basophile Granula (Sporozoiten, Abb. 5.20). Elektronenmikroskopisch besitzen die Zysten eine bilaminäre Wand (Abb. 5.21). Die in der Papanicolaou- und Grocottfärbung erkennbaren Verdichtungen entsprechen umschriebenen knotigen Wandverdickungen. Die Erreger sind am besten in der BAL nachweisbar. Die Sensitivität der Sputumuntersuchung beträgt höchstens 20%. Zusatzmethoden. Für den Pneumozystennachweis wird vielfach die DiffQick-Methode empfohlen. Der Einsatz von Zusatzmethoden kann notwendig sein, wenn die Diagnose nicht schon an den charakteristischen Froschlaich-artigen Aggregaten zu stellen ist. Der Nachweis kann erfolgen mittels Immunzytochemie, Immunfluoreszenz oder mittels Grocott-Färbung, mit der auch wenige isoliert liegende Zellen erfasst werden. Abb. 5.21 Pneumozystis jirovecii. Zyste mit intrazystischen Granula (EM, ca. 6000×)
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Kapitel 5
Krankheitserreger
Paracoccidioides brasiliensis
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Der Pilz kommt im Boden der feucht-warmen Ge biete Mittel- und Südamerikas vor. Er bildet bei einer Raumtemperatur bis 25 °C Hyphen, bei Körpertem peratur von 37 °C jedoch hefeartige Sporen. Pathogen scheint er nur bei Immundefizienz zu sein [25, 35, 78]. Er verursacht Ulzerationen im Mund- und Nasenbereich. Zytologie. Der Pilz ist charakterisiert durch hefeartige, kugelige, 30–60 µm große Gebilde, die von 2–10 µm großen Sporen umlagert werden. Eine Verwechslung mit Soorsprossen, die unter antimykotischer Behandlung 40–60 µm groß werden können, ist möglich [8].
Nordamerikanische Blastomykose Ursache der in Europa seltenen Erkrankung ist Blastomyces dermatididis, ein in Nordwestamerika und Kanada vorkommender Bodenpilz, der in die gleiche Gruppe wie Paracoccidioides brasiliensis gehört. Die Einatmung der Sporen des Pilzes kann zur bronchopulmonalen Erkrankung und von da zur Dissemination in andere Organe, insbesondere in die Haut führen. Die Pilze lassen sich im Bronchialsekret, Hautabstrichen (Tsanck-Test) und Feinnadelaspirat nachweisen [7, 22, 36, 72]. Zytologie. Es finden sich Zeichen einer granulomatösen Entzündung mit Riesenzellen. Die oft im Doppel nebeneinander und auch intrazellulär liegenden Sporen besitzen eine doppeltbrechende Wand und zeigen die gleichen färberischen Eigenschaften wie andere Pilze.
Alternaria Der ubiquitäre Bodenpilz gehört zu den Schimmelpilzen. Er wird gelegentlich als Verunreinigung auf zytologischen Präparaten gefunden. Er gilt als apathogen, obwohl er wiederholt als Asthmaursache angeschuldigt wurde. Zytologisch erscheinen die Konidien von Alternaria als kolbenartige, gelbbräunliche Gebilde (Abb. 5.22). Diese sind mehrzellig und in longitudinaler und transversaler Richtung septiert. Die sehr auffallende Form ermöglicht eine rasche Differenzierung von pathogenen Pilzen [54].
Abb. 5.22 Alternaria (bräunlich) und Puderpartikeln (grau) in Sputum (PapF 525×)
Penicillium-Arten Synonym: Pinselschimmel
Ebenfalls zu den milieubedingten sekundären Verunreinigungen gehören verschiedene Penicillium-Arten. Zytologisch erinnert der Pilz mit seinen den Hyphen aufsitzenden sich weiter verzweigenden Ästen an einen Malerpinsel oder eine Skeletthand [65].
Protozoen Protozoen sind Einzeller, die in der Regel heterotroph, selten auch autotroph sind. Sie besitzen keine Zellwand, aber im Gegensatz zu Bakterien einen Zellkern. Gewöhnlich kommen sie in der beweglichen vegetativen Zustandsform (Trophozoiten) vor. Unter ungünstigen Außenbedingungen bilden die meisten von ihnen Zysten. Sie werden nach den Organellen eingeteilt, mit denen sie sich fortbewegen. Flagellaten bewegen sich mittels Geißeln, Rhizopoden durch amöboide Bewegungen, Sporozoen durch gleitende und schlängelnde Bewegungen, Ziliaten mittels Wimpern fort.
Trichomonas vaginalis Die Trichomonaden sind mehrgeißelige als Saprophyten lebende Flagellaten (s. Abb. 7.26). Beim Menschen kommen sie in mehreren Spezies vor (z. B. T. intestinalis in Dickdarm und anazidem Magen). Pathogen ist nur Trichomonas vaginalis. Die Infektion geschieht durch ungeschützten Sexualkontakt. Als weitere Infektionsquellen werden Schwimmbäder und öffentliche Toiletten diskutiert. Da Trichomonaden auch als enterale Saprophyten
Protozoen
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vorkommen, ist bei älteren Frauen ohne Sexualkontakt eine aszendierende Infektion in Betracht zu ziehen. Weitere Einzelheiten s. Kap. 7.
Giardia intestinalis Giardia ist ein weit verbreiteter Flagellat. Infektionen kommen vor allem in Ländern mit niedrigem Hygienestandard vor und werden auch in den Industrieländern als Folge des Tourismus häufiger beobachtet. Infektionsreservoir sind wahrscheinlich gesunde Träger des Erregers und Hunde. Der Erreger wird über infiziertes Wasser aufgenommen und siedelt sich im Dünndarm an. Die meisten Patienten sind asymptomatisch. Risikofaktor für eine schwere Erkrankung ist eine Hypogammaglobulinämie, insbesondere ein IgA-Mangel. Symptome sind Durchfall, krampfartiger Abdominalschmerz und bei lang dauerndem Infekt Malabsorptionssyndrom, Steatorrhö sowie Gewichtsverlust. Sie sind nicht pathognomonisch und nicht unbedingt durch den Erreger selbst verursacht. Die Diagnose erfolgt durch den Zystennachweis im frischen Stuhl oder zytologisch an Bürstenabstrichen von Duodenum und Jejunum. Gelegentlich gelingt der Erregernachweis auch im Duodenalsaft oder in Abstrichen von bioptisch entnommenem Gewebe [26]. Die endoskopische ultraschallgesteuerte FNA hat die diagnostischen Möglichkeiten verbessert [17]. Zytologie. Die 12–15 µm großen Giardien erscheinen im zytologischen Ausstrich als birnenförmige Gebilde. Sie haben zwei augenähnliche, in der Papanicolaou-Färbung blaugraue Kerne (MGG: rötlich) und als Mediankörperchen bezeichnete Strukturen, die einem Mund ähneln, sowie vier meist schlecht sichtbare Geißeln. Zusammengenommen geben die Organellen dem Erreger das Aussehen eines furchterregenden Gesichts (Abb. 5.23).
Toxoplasmose Der Erreger, Toxoplasma gondii (Gondi = rattenähnliches afrikanisches Nagetier), kommt als Sporozoiten enthaltende Dauerform (Oozysten) und in Form von Bradyzoiten (langsam vermehrend) sowie Tachyzoiten (schnell vermehrend) vor. Der Hauptwirt ist die Katze, die die Oozysten mit dem Kot ausscheidet. Oozysten werden als Kotschmierinfektion oder über infiziertes rohes Fleisch oral aufgenommen und setzen die Sporozoiten frei, die in die Zellen des RES eindringen und Tochterzellen bilden. Beim Zerplatzen der Wirtszelle werden weitere Zellen befallen. Schließlich dringt der Erreger in Blut- und Lymphbahnen ein, um sich im Organismus weiter zu verbreiten. Seine Fähigkeit, die Plazentaschranke zu durch-
Abb. 5.23 Giardia intestinalis im Abstrich aus Ductus choledochus (Phasenkontrast, ca. 1500×)
dringen, macht ihn für die konnatale Toxoplasmose verantwortlich. Klinik. Die akute Infektion induziert eine bleibende Antikörperbildung, die serologisch nachweisbar ist. Die häufigsten durch Toxoplasma gondii verursachten Erkrankungen sind die konnatale Toxoplasmose mit Cho rioretinitis, Ikterus und Hirnschädigung. Beim Erwachsenen ist die zervikale Lymphadenitis relativ häufig (s. S. 490). In seltenen Fällen verursacht Toxoplasma gondii eine Myokarditis, Chorioretinitis, atypische Pneumonie und eine akute Enzephalitis. Die akute Enzephalitis und die generalisierte Toxoplasmose werden häufig bei Immunschwäche beobachtet (HIV). Gefürchtet sind Erst infekte während der Schwangerschaft, da sie zu Fehlgeburten und schwerwiegenden Schäden des Kindes führen können. Zytologisch wurde der Erreger in Feinnadelaspiraten, im Liquor cerebrospinalis und in der Glaskörperflüssigkeit des Auges nachgewiesen [11, 40, 63, 67, 86]. Zytologie. Die 4–6 µm langen und 2 µm breiten, einoder mehrkernigen, halbmond- oder bogenförmigen Toxoplasmen sind normalerweise in zytologischen Präparaten nicht nachweisbar. In Feinnadelpunktaten aus zervikalen Lymphknoten oder Körperflüssigkeiten von Toxoplasmosekranken findet man ganz selten die typischen Zysten mit bis zu mehreren hundert Bradyzoiten (Abb. 5.24 und Abb. 24.12). Sie lassen sich im zytologischen Ausstrich am leichtesten mit der Giemsa-Färbung nachweisen.
Amöbiasis Entamoeba histolytica ist der Erreger der Amöbenruhr. Mangelhafte hygienische Verhältnisse sind eine wichtige Bedingung für die Ausbreitung der Erkrankung. Die Infektionsquellen liegen heute in der Regel außerhalb der
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Krankheitserreger
knoten (s. S. 492) und eventuell weitere Organe (Kala Azar). In den Histiozyten und extrazellulär bilden die Erreger die etwa 2–3 µm großen rundlichen bis ovalen Donovan-Körperchen, die im zytologischen Präparat einen gut erkennbaren basophilen Hauptkern aufweisen (s. Abb. 24.14) [5, 23, 50, 81].
Metazoen/Würmer
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Für die Zytologie sind lediglich Strongyloides stercoralis, Schistosomen und Echinococcus relevant. Abb. 5.24 Toxoplasma gondii. Zyste in Hirngewebe eines AIDSPatienten; vgl. auch Abb. 24.12 (Paraffin, PapF, 840×)
Strongyloides stercoralis (Zwergfadenwurm) Der zu den Rundwürmern (Nematoden) gehörende Strongyloides stercoralis lebt saprophytär auf Fäkalien und feuchtem Humus. Er kommt hauptsächlich in den Tropen, aber auch in Gegenden mit gemäßigtem Klima vor. Die meisten in Mitteleuropa registrierten Erkrankungen sind wahrscheinlich eingeschleppt.
Abb. 5.25 Amöben in Kolonulkus (Paraffin, H&E, 840×)
entwickelten Länder. Nach oraler Aufnahme besiedeln die Trophozoiten (vegetative Form von Entamoeba histolytica) der Erreger das Kolon und zerstören die Schleimhaut. Von hier gelangen sie auf dem Blutweg in die Leber, wo sie Abszesse hervorrufen können. Zytologisch sind die Amöben im Stuhl und im Papanicolaou-gefärbten Feinnadelaspirat aus den Abszessen sehr schwer nachweisbar. Sie erscheinen als blasse, unscharf begrenzte Scheibchen von 15–25 µm Durchmesser. Der Kern erscheint ebenfalls flau angefärbt. Manchmal enthält das Zytoplasma einen oder mehrere phagozytierte Erythrozyten, so dass die Erreger leicht mit Makrophagen zu verwechseln sind (Abb. 5.25).
Leishmaniasis Die Leishmaniase ist eine durch Sandfliegen übertragene Zoonose tropischer Länder, manifestiert sich zunächst in der oropharyngealen Schleimhaut und in der Haut durch ulzeröse Veränderungen. Von dort befällt sie die Lymph-
Infektionsweg. Die zur parthenogenetischen Zeugung fähigen Weibchen halten sich in Duodenum und oberem Jejunum auf, wo sie täglich hunderte bis tausende Eier freisetzen. Noch im Darm entwickeln sich Larven mit der Fähigkeit sich schnell fortzubewegen und Gewebe zu durchdringen. Durch die Darmwand gelangen sie in die freie Bauchhöhle, wo sie in der Aszitesflüssigkeit nachgewiesen werden. Larven, die die Analregion erreichen, dringen durch die Epidermis, wo sie sich sehr schnell (10 cm pro Stunde) fortbewegen und ein urtikariaähnliches Larva-migrans-Syndrom verursachen. Sie sind hoch infektiös und können auch in die Haut anderer Menschen eindringen. Durch Einbruch in Venen gelangen sie über die Blutstrombahn in die Lunge. Hier verursachen sie eine Pneumonie. Über verschluckten Auswurf gelangen sie wieder in den Dünndarm, wo sie zum ausgewachsenen Parasiten ausreifen und Eier zu legen beginnen. Über den Weg der Autoinfektion erhält sich die Infektion jahrelang selbst aufrecht. Bei normaler Abwehrlage bleibt die Wurminfektion klinisch latent. Doch bei Patienten mit Defekten der zellvermittelten Immunität und malignen Lymphomen kommt es durch die Autoinfektion zu einer enormen Steigerung der „Wurmlast“ [12, 18, 39, 42, 53]. Zytologie. Die reitpeitschenartig geschwungenen Larven werden zunächst in Darmabstrichen nachgewiesen, kommen aber auch in Bronchialaspiraten, Sputum, Urin, Magensaft, selbst im Aszites und im Liquor vor. Sie sind 200–300 µm lang und 10–20 µm breit. Ihr orales Ende ist abgestumpft. Die Wand erscheint doppelkonturiert. Im
Metazoen/Würmer
Abb. 5.26 Nematodenlarve (vermutlich Strongyloides stercoralis) in Bronchialsekret (PapF, 210×)
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Abb. 5.27 Echinococcus alveolaris. Scolex (Bandwurmkopf) aus Echinokokkuszyste mit deutlich erkennbarem Hakenkranz (PapF, 210×)
Inneren ist der Verdauungskanal in Form feiner Granula zu sehen (Abb. 5.26). Wegen des relativ unspezifischen Aspekts der Larven wird man aber kaum über eine Verdachtsdiagnose hinaus gelangen.
Echinokokkus Die natürlichen Zwischenwirte des Hundebandwurms (E. granulosus) sind Schaf, Ziege, Rind und andere Herbivoren, die des Fuchsbandwurms (E. alveolaris) vor allem Mäuse. Der Mensch ist nur selten Zwischenwirt. Nach Aufnahme von Eiern der für ihre Wirte harmlosen Parasiten entwickelt sich im Zwischenwirt das Larvenstadium des Wurms. Beim E. granulosus bilden sich meist monolokuläre Zysten, beim E. alveolaris dichte Aggregate von alveolenartigen Zystchen in der Leber. Vor allem E. alveo laris verhält sich wie ein maligner Tumor: Brechen die Zysten auf, metastasiert ihr Inhalt auf dem Blutweg in die Lunge oder ins Gehirn; dort bilden sich neue Zysten. Aus der inneren Keimschicht der Zysten entstehen in großer Zahl Brutkapseln (Skolizes). Werden diese vom Endwirt (Hund, Fuchs, evtl. andere Carnivoren) aufgenommen, reifen sie in dessen Dünndarm zu neuen Bandwürmern aus. Diese messen nur 3–4 mm und bestehen aus wenigen Gliedern (Proglottiden). Die mit dem Kot ausgeschiedenen Proglottiden sind für die potentiellen Zwischenwirte hochinfektiös. Zytologie. Die Skolizes entsprechen dem Kopfteil eines neuen Wurms. Im zytologischen Ausstrich stellt man die Diagnose anhand der hakenförmigen Haftorgane, die einen doppelten Kranz am Ende des Kopfes bilden und an einzeln liegenden losgelösten Häkchen. Die Häkchen bestehen aus Chitin und sind lichtbrechend. Sie erscheinen in der Papanicolaou-Färbung als gebogene, meist farblose, gelegentlich orangefarbene Gebilde (Abb. 5.27 und
Abb. 5.28 Echinococcus alveolaris. Häkchen aus dem rostralen Strahlenkranz eines Scolex, nachgewiesen in der BAL einer 17-jährigen Patientin mir rupturierter Echinokokkuszyste der Lunge (PapF, 840×)
5.28). Meist werden die beschriebenen Elemente in Feinnadelaspiraten aus Leberzysten gefunden [13, 28, 79, 80]. Wir sahen bei einer Patientin, die mehrere Lungenrundherde aufwies, Echinokokkushäkchen aus einer geplatzten Zyste in der bronchoalveolären Lavage.
Schistosomiasis (Bilharziose) Die Schistosomatiden gehören zu den Trematoden (Saugwürmern). Sie kommen mit humanpathogenen Arten hauptsächlich im Tropengürtel der Erde vor: S. haematobium in ganz Afrika, mittlerem Osten und Indien, S. mansoni in Afrika und Südamerika, S. japonicum in Ost- und Ost-Südostasien. S. haematobium ist der Erreger der Blasenbilharziose, die Erreger der Darmbilharziose sind S. mansoni, S. intercalatum und S. mekongi. Die sich in Süßwasserschnecken entwickelnden Schwanzlar-
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Krankheitserreger
ven (Zerkarien) dringen über die Haut in den Menschen ein, wo sie sich während einer langen Wanderung zu geschlechtsreifen Würmern entwickeln, die sich in den Venen von Harnblase oder Dickdarm festsetzen und in großen Massen Eier produzieren. Besonders bei S. japonicum werden die Eier auf dem Blutweg in andere Organe verschleppt. Die Eier rufen schwere chronische eitrige, granulomatöse und eosinophilenreiche Entzündungen hervor und treten schließlich in Harnblase bzw. Dickdarmlumen über. Die chronische Entzündung ist in den Endemiegebieten Ursache einer Häufung von Plattenepithelkarzinomen der Harnblase (s. S. 249). Zytologie. Zytologisch werden die Eier oft zufällig je nach Schistosomentyp in Urin, Stuhl, Portioabstrichen oder anderen zytologischen Proben gefunden. Sie sind 70×170×50 µm groß und besitzen einen Dorn, an dem sich der Schistosomentyp bestimmen lässt [19, 30, 51, 61, 69] (Abb. 5.29). Weitere Einzelheiten siehe spezielle Textbücher.
Abb. 5.29 Schistosoma mansoni aus dem Urin eines Afrikareisenden (PapF, 875×)
Milben und Insekten Milben und Insekten gelangen manchmal von außen in zytologische Abstriche. Sie haben im Allgemeinen keinen Krankheitswert (Abb. 5.30).
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Kapitel 6
6
Ovarien
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Muzinöser Borderline-Tumor . . . . . . . . . . . .
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Anatomische Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . .
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Muzinöses Zystadenokarzinom . . . . . . . . . . .
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Embryologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
Andere vom Zölomepithel abgeleitete Tumoren . . .
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Adultes Ovar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
Adenofibrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Klinische Untersuchungsmethoden . . . . . . . . . . . .
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Brenner-Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Sonographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Endometrioides Karzinom . . . . . . . . . . . . . .
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Laparoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Klarzelliges Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . .
92
Nichtneoplastische Veränderungen . . . . . . . . . . . .
84
Keimstrang-Stroma-Tumoren . . . . . . . . . . . . .
92
Funktionelle Zysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
Granulosazelltumor . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Endometriosezyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
Andere Keimstrang-Stromatumoren . . . . . . . . .
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Keimepithelzysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Keimzelltumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
93
Sonstige Zysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Reifes Teratom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
Neoplastische Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . .
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Maligne Mischtumoren . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Epitheliale Neoplasien . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Sarkome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Seröses Zystadenom . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Seröser Borderline-Tumor . . . . . . . . . . . . . .
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Zusatzuntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
Seröses Zystadenokarzinom . . . . . . . . . . . . .
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Stellenwert der Ovarialzytologie . . . . . . . . . . . . . .
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Muzinöses Zystadenom . . . . . . . . . . . . . . . . 89
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
82
Kapitel 6
Einleitung
6
Die Ovarien lassen sich transabdominal, transvaginal, transrektal oder anlässlich einer Pelviskopie punktieren [3, 34]. Die Literatur zur Zytologie ovarieller Veränderungen ist jedoch noch immer nicht sehr umfangreich. Die Indikation zur Aspirationszytologie des Ovars ist und bleibt strittig [8, 15, 44], vor allem da man befürchten muss, dass der Übertritt von Flüssigkeit aus rupturierten zystischen Ovarialtumoren zu ausgedehnten Implantationsmetastasen im Peritoneum führt. Dabei ist bislang nicht bekannt, ob und wie häufig tatsächlich im Anschluss an Feinnadelpunktionen mit Implantationsmetastasen zu rechnen ist. Die Anwendung der FNA wird vor allem bei jungen Patientinnen befürwortet, bei denen Karzinome selten sind, aber abgelehnt bei postmenopausalen Frauen [15]. An großen Zentren werden in über 90% funktionelle Ovarialzysten punktiert [8]. Die Indikation zur FNP wird hauptsächlich bei jungen Patientinnen im reproduktiven Alter gestellt, um unnötige chirurgische Eingriffe zu vermeiden und, wenn irgend möglich, die Ovarien zu erhalten. Wichtigstes Ziel ist in dieser Altersgruppe die Unterscheidung zwischen funktionellen und gutartigen neoplastischen Zysten, weil sich aus letzteren Karzinome entwickeln können. Wenn auch die Primärtumoren des Ovars selten punktiert werden, so spielt die Zytologie in der Abklärung von Metastasen ovarieller Karzinome und beim intraoperativen Staging eine wichtige Rolle. Metastasen begegnen dem Zytopathologen in Aszites- und Douglas-Punktaten, peritonealen Spülflüssigkeiten und Feinnadelaspiraten aus Metastasen in Lymphknoten und anderen besser zugänglichen Organen.
Anatomische Vorbemerkungen Embryologie Die Entwicklung der Keimdrüsen nimmt bei beiden Geschlechtern ihren Ausgang von den aus Epithel und Mesenchym bestehenden Keimleisten, die beidseitig nach medial hin die Urnieren begleiten. Bis zur 7. Embryonalwoche stülpt sich unter Mitnahme der Urkeimzellen ein Teil des Zölomepithels als Keimepithel in die Keimleiste ein. Die dadurch entstehenden Keimstränge zerfallen beim weiblichen Geschlecht in Eiballen, die ihrerseits in der weiteren Entwicklung in Zellkomplexe zerfallen, die in der Regel eine Oozyte umschließen. Die Oozyten umschließenden Zellen stammen vom Keimepithel ab. Sie bilden sich zu einem einschichtigen hochprismatischen Epithel um. Nach einer Ruheperiode bilden sich aus diesen Primärfollikeln in mehreren Schritten die Graafschen Follikel (s. unten).
Ovarien
Synchron mit der Entwicklung der Keimstränge entwickeln sich die Ableitungswege der Gonaden. Beim männlichen Geschlecht werden die Urnierengänge (Wolff-Gänge) zu den Samenleitern (Ductus deferentes), während sie sich beim weiblichen bis auf einige Reste (Paroophoron, Gartner-Gang) zurückbilden. Aus den kranialen Abschnit ten der die Urnierengänge begleitenden Müller-Gänge dagegen, die sich beim männlichen Geschlecht vollständig zurückbilden, entstehen im Lauf der weiteren Organogenese die Eileiter (Tubae uterinae) und aus der Verschmelzung der kaudalen Abschnitte die Gebärmutter und der größte Teil der Scheide.
Adultes Ovar Das adulte Ovar besteht aus einer zentralen Markregion (Medulla ovarii) und einer äußeren Rindenregion (Cortex ovarii). Die Markregion enthält zahlreiche geschlängelte Blutgefäße. Die Rinde besteht aus länglichen Stromazellen, die an glatte Muskelfasern erinnern. Im korti kalen Stroma befinden sich die Follikel, die die Eizellen enthalten. Nach außen ist die Rindenregion von einer Bindegewebsschicht, der Tunica albuginea, und einer Schicht aus kuboiden Zellen, dem Keimepithel begrenzt. Aus dem Aufbau des Ovars leiten sich die verschiedenen Differenzierungen der Ovarialtumoren ab. Man findet drei Haupttypen: epitheliale Tumoren, KeimstrangStroma-Tumoren und Keimzelltumoren, dazu Tumoren, die die Differenzierungen der Embryonalorgane nach ahmen. Am häufigsten sind Oberflächenepitheltumoren (Abb. 6.1). Follikelreifung. Die wichtigste Funktion des Ovars ist die Produktion von reifen Eizellen und weiblichen Geschlechtshormonen. Sie finden in den funktionellen Veränderungen des Ovars, der Follikelreifung und der Bildung eines Gelbkörpers, ihren morphologischen Ausdruck. Die Zahl der Eizellen steht bereits bei der Geburt fest (ca. 500.000). Mit Erreichen der Geschlechtsreife reift während eines jeden normalen 28-tägigen Zyklus eine Eizelle unter dem Einfluss des hypophysären Follikel stimulierenden Hormons (FSH) heran. Das die Eizelle umgebende Follikelepithel entwickelt während der Reifung eine lebhafte mitotische Aktivität. Es produziert Östrogene, die im Rahmen eines endokrinen Regelkreises die Produktion von FSH beenden und die Freigabe von luteinisierendem Hormon (LH) einleiten. Im Einzelnen durchläuft das Follikelepithel folgende morphologisch abgrenzbare Stadien: Der reife (Graafsche) Follikel misst 1 cm im Durchmesser. Er wölbt sich als weißes Bläschen über die Oberfläche des Ovars. Seine Wand besteht aus den in 6–12 Lagen angeordneten Follikelzellen („Granulosa-Zellen“). Sie sind durch sternförmige Ausläufer miteinander ver-
Klinische Untersuchungsmethoden
83 Abb. 6.1 Genese der funktionellen Zysten und Tumoren des Ovars. 1 Kubische Deckzellen der Ovaroberfläche; 2 Keimzellen; 3 Keimleistenstroma, wie Keimzellen Keimleistenderivate des Zölomepithels; 4 Primärfollikel; 5 Sekundärfollikel; 6 Tertiärfollikel; 7 reifer Graaf-Follikel; 8 Ovulation; 9 Corpus luteum/Corpusluteum-Zyste; 10 Corpus albicans; 11 Follikelzyste/atretischer Follikel; 12 ovarielles Stroma; 13 Serosazyste/seröses Zystadenom; 14 heterotopes Epithel der MüllerGänge
Abb. 6.2 Corpus-luteum-Zyste. Granulosazellen (PapF, Obj. 63×)
ankert. Ihr Zytoplasma erscheint durch seinen Organellenreichtum, insbesondere durch prominente Mitochondrien und einen stark entwickelten Golgi-Apparat granuliert (Abb. 6.2). Nach außen ist die Granulosazellschicht durch eine von Stromazellen abstammende Thekazellschicht vom übrigen ovariellen Stroma abgegrenzt. Zentral bildet sich im Follikel ein mit klarer Flüssigkeit (Liquor folliculi) prall gefüllter Hohlraum. Mit Zunahme des Flüssigkeitsvolumens steigt der Innendruck des Follikels bis die Follikelwand zum Zeitpunkt der Ovulation = Follikelsprung platzt und die Eizelle ausgeschwemmt und dann von den Fimbrien des Eileiters aufgenommen wird.
Dank moderner bildgebender Verfahren gelingt es, zystische Follikel transvaginal mittels ultraschallgeführter Fein nadelaspiration zu punktieren und dabei die Oozyte mit zu aspirieren [18]. Dem Follikelsprung folgt eine zentrale Einblutung in den Follikel. Es entsteht das Corpus rubrum. Die Blutung löst eine Proliferation von Blut- und Lymphgefäßen aus. Der Follikel wird jetzt zum Gelbkörper (Copus luteum), indem die verbliebenen Granulosa- und Thekazellen des Graaf-Follikels zu großen, lipoidreichen Granulosa- und Thekaluteinzellen umgewandelt werden. Diese übernehmen für die Dauer der zweiten Zyklushälfte die Sekre tion von Progesteron und Östrogenen. Die eingelagerten Lipochrome bewirken die für dieses Follikelstadium charakteristische Gelbfärbung des Follikels. Tritt eine Schwangerschaft ein, wird der Gelbkörper zum Corpus luteum graviditatis. Kommt es nicht zur Schwangerschaft, gehen die Zellen zugrunde und werden von Makrophagen abgeräumt. Schließlich entsteht eine grau-weiße Narbe (Corpus albicans). Zur Zytologie der verschiedenen Stadien des Follikel epithels siehe unter Follikelzysten.
Klinische Untersuchungsmethoden Sonographie Abdominal- und Vaginalsonographie sind nichtinvasive gynäkologische Basisuntersuchungen. Mit der Methode lassen sich Ausmaß und Beschaffenheit von Ovarialveränderungen bestimmen. Insbesondere gibt die Sonogra-
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Kapitel 6
phie Aufschluss, ob ein zystischer oder solider Adnextumor vorliegt und liefert damit erste Hinweise auf die Dignität einer Läsion.
Laparoskopie
6
Durch den Arbeitskanal des Laparoskops können Zysten nicht nur punktiert und ihr Inhalt abgesogen, sondern auch vollständig abgetragen werden. Dies ist besonders bei den bereits sonographisch als gutartig eingestuften Läsionen möglich und ersetzt die wesentlich invasivere Laparotomie.
Nichtneoplastische Veränderungen Ovarialzysten sind die häufigsten zytologisch abzuklärenden Läsionen des Ovars. Klinisch spricht man von einer Zyste des Ovars, wenn das Gebilde im Ultraschall einen Durchmesser von 3 cm und mehr aufweist. Man unterscheidet funktionelle und organische Zysten. Einige der organischen Zysten bergen ein neoplastisches Potential. Ultraschalluntersuchungen an einem größeren Kollektiv von 1364 beschwerdefreien Frauen in der Postmenopause ergaben bei immerhin 12% der Patientinnen eine Zyste [47]. Weil die potentiell neoplastischen Zysten zu operieren sind, funktionelle Zysten aber in den meisten Fällen belassen werden können, ist die Unterscheidung zwischen ihnen besonders wichtig. Dies wird durch die histologische Untersuchung von 10.356 operierten Ovarialtumoren belegt, von denen sich 44,5% als funk tionelle Zysten erwiesen [9]. Eine genauere präoperative Diagnose hätte nahezu der Hälfte der Frauen die Operation erspart.
Ovarien
Makroskopie. Der Durchmesser funktioneller Zysten beträgt gewöhnlich nur einige Millimeter bis zu wenigen Zentimetern. Nach medikamentöser Ovulationsinduktion können Follikelzysten jedoch beträchtliche Ausmaße bis zu Kindskopfgröße erreichen. Innen- und Außenwand der Zysten sind glatt, dünn, zart, nahezu transparent. Das Lumen enthält eine seröse, klare, helle, nur selten leicht gelblich tingierte Flüssigkeit. Histologie. Histologisch besteht die Zystenwand aus mehreren Schichten von Granulosa- und Thekazellen. Regressiv veränderte Follikelzysten sind nur von einer Schicht abgeflachter Follikelepithelien ausgekleidet. Unter Gestageneinfluss wird das Zystenwandepithel luteinisiert (luteinisierte Follikelzyste). Zytologie. Nichtluteinisierte Follikelepithel- oder Granulosazellen erscheinen im Ausstrich kubisch oder abgerundet. Ihre Kerne sind rund, manchmal auch kaffeebohnenartig gekerbt; das Kernchromatin ist auffallend grobkörnig; Mitosen sind häufig. Das Zytoplasma erscheint wegen seines Organellenreichtums granulär (s. Abb. 6.2). Die Zellen aus luteinisierten Zysten dagegen ähneln schaumzelligen Makrophagen, da das Lipid durch alkoholisches Fixativ herausgelöst wird (Abb. 6.3). Granulosaluteinzellen sind deutlich größer als nichtluteinisierte Follikelepithelzellen, polygonal oder rund. Thekaluteinzellen sind kleiner und ihre Kerne etwas dichter, unterscheiden sich aber sonst nicht von Granulosazellen. Während die Zystenflüssigkeit von proliferierenden Follikelzysten, Zysten bei PCO-Syndrom und nach medikamentöser Ovulationsinduktion vor allem zahlreiche Granulosazellen enthalten, ist der Inhalt regressiv veränderter luteinisierter Zysten zellarm und enthält zuweilen nur einzelne Makrophagen.
Funktionelle Zysten Die funktionellen Zysten entstehen durch Persistenz oder unvollständige Regression eines Graaf-Follikels oder Gelbkörpers oder auch nach hormoneller Ovulationsinduktion. Entsprechend unterscheidet man Follikelzysten, Corpus-luteum-Zysten und durch ovarielle Überstimulation entstandene Thekaluteinzysten. Die Zysten werden oft zufällig im Rahmen einer Untersuchung wegen Sterilität entdeckt. Sie kommen solitär oder multipel vor. Ovarien mit multiplen Zysten werden bei dem Syndrom der polyzystischen Ovarien (PCO = „polycystic ovaries“) oder Stein-Leventhal-Syndrom beobachtet, das mit Amenorrhöe und Sterilität einhergeht.
Abb. 6.3 Corpus-luteum-Zyste. Luteinisierte Granulosazellen (PapF, Obj. 63×)
Neoplastische Veränderungen
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Differentialdiagnose. Granulosazellen können wegen der großen Zellzahl, des gekörnten Chromatins und der Mitosen leicht mit Karzinomzellen verwechselt werden. Die Kerne der Karzinomzellen sind im Vergleich zu Granulosazellen größer, polymorph und haben eine verdickte, gekerbte oder eingebuchtete Kernmembran und einen besseren Zusammenhalt im Verband. Auch die Verwechslung mit einem Granulosazelltumor ist möglich, wenn viele Kerne der Granulosazellen kaffeebohnenartig gekerbt sind [8]. Bei größeren Corpusluteum-Zysten ist immer auch an die Möglichkeit einer extrauterinen Schwangerschaft zu denken. Nach stär keren Blutungen in eine Corpus-luteum-Zyste ist der Ursprung der Zyste zytologisch nicht mehr erkennbar und die Abgrenzung gegen andere Blutungszysten nicht Abb. 6.4 Endometriosezyste des Ovars. Endometriumzellverband, möglich. hämorrhagischer Detritus, hämosidernspeichernde Makrophagen (PapF, Objektiv 40×)
Endometriosezyste ICD-O-M 26000
Endometriosezysten entstehen aus Endometrioseherden des Ovars. Ihre Herkunft wird u. a. mit einer retrograden Verschleppung von Endometriuminseln während der Geburt oder mit „retrograden“ Menstruationen erklärt. Da die Endometriose auch bei nulliparen Frauen vorkommt, ist auch eine Versprengung (Heterotopie) von Müller-Epithel während der Embryonalentwicklung in Betracht zu ziehen. Makroskopie. Endometriosezysten erreichen einen Durchmesser von 5–15 cm, sind meist solitär und enthalten eingedicktes Blut („Schokoladenzyste“). Histologie. Die Endometriosezyste wird von Endometriumzellen ausgekleidet, die den Menstruationszyklus synchron zum Korpusendometrium mitmachen. Während der Menstruationsblutung kommt es typischerweise auch zu schmerzhaften Blutungen in das Zystenlumen.
Keimepithelzysten Synonym: Serosaeinschlusszysten
Kleine und kleinste, durch Einstülpung des Keimepithels in das ovarielle Stroma entstandene Zysten kommen praktisch bei jeder Frau im geschlechtsreifen Alter vor. Von ihrer Entstehung her ähneln sie dem serösen Zystadenom. Ihr Durchmesser beträgt bis zu 1 cm. Die Zystenwand ist innen glatt, der Inhalt serös, klar und hell. Die Zystenwand wird von einer abgeflachten Schicht mesothelähnlicher Zellen bedeckt. Die Zystenflüssigkeit ist ausgesprochen zellarm. Sie enthält einzelne Makrophagen und Deckzellen.
Sonstige Zysten
Hierunter fallen dysonogenetische Zysten wie Paratubarund Parovarialzysten, die Reste des Wolff-Ganges Zytologie. Die Ausstriche enthalten hämosiderinbela- darstellen, Müller- und Gartner-Gang-Zysten sowie dene Makrophagen und reichlich zerfallende Erythro- die Morgagni-Hydatiden (Serosazysten). Sie enthalten zyten. Endometriumzellen sind nur selten zu beobach- sämtlich eine zellarme, klare Flüssigkeit, in der nur weten. Sie bilden dann kleine Aggregate. Die Einzelzellen nige, gelegentlich degenerativ veränderte Makrophagen sind klein, ihre Kerne sind rund, hyperchromatisch nachweisbar sind. Sie besitzen keine pathologische Beund von einem fein vakuolisierten Zytoplasma umgeben. deutung. Das typische Honigwabenmuster des Korpusendom etrium fehlt. Meist sind die Epithelien der Endometriosezyste stark degeneriert. Die zytologische Diagnose Neoplastische Veränderungen einer Endometriosezyste kann nur bei Vorhandensein von Endometriumzellen gestellt werden (Abb. 6.4). Fehlen sie, ist der Befund einer hämorrhagischen Zyste Die WHO-Klassifikation der Ovarialtumoren unter mit einer klinisch vermuteten Endometriosezyste ver- scheidet im Wesentlichen von der Ovaroberfläche ausgeeinbar. hende epitheliale Tumoren, Keimstrang-Stroma-Tumoren und Keimzelltumoren [43]. Aus den eingangs ge-
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Kapitel 6
nannten Gründen werden zytologisch fast ausnahmslos von der Ovaroberfläche ausgehende Tumoren untersucht. Unter diesen sind die dem Zölomepithel nahestehenden serösen Tumoren die häufigsten, gefolgt von den muzinösen, deren Epithel das Epithel der Müller-Gänge nachahmt (vgl. Abb. 6.1).
6
Stadieneinteilung. Wie bei Tumoren anderer Organe hängt die Prognose vom Tumorstadium ab. Nach (vereinfachter) TNM- und FIGO- Klassifikation maligner Ovarialtumoren [43] bedeuten: Stadium T1 Tumor auf Ovar beschränkt Stadium T2 Tumorausbreitung im Becken Stadium T3 Peritonealmetastasen jenseits des Beckens Stadium T4 Fernmetastasen über das Peritoneum hinaus Intraoperative Becken- und Peritoneallavagen in Kombination mit Schnellschnittuntersuchungen und Biopsien aus Omentum und Peritoneum sind heute Standarduntersuchungen zur Feststellung des Ausbreitungsstadiums von Ovarialtumoren. Die Trefferquote ist, soweit bekannt, weniger abhängig vom Tumortyp. Insgesamt wird die peritoneale Ausbreitung in etwa zwei Drittel der Tumoren, die histologisch erwiesenermaßen ins Becken oder die Peritonealhöhle eingebrochen sind, auch mittels Lavage erfasst. Am höchsten ist die Trefferquote der Untersuchung von Aszites [12]. Die Sensitivität des zytologischen Staging wird beeinflusst durch • das biologische Verhalten des Tumors, d. h. ob er stromawärts in die Tiefe wächst oder in die Peritonealhöhle einbricht, • durch Lavagetechnik, • zytologische Präparationstechnik, • mikroskopische Beurteilung.
Epitheliale Neoplasien Da sich das Oberflächenepithel des Ovars wie das Peritoneum entwicklungsgeschichtlich vom Zölomepithel ableiten, bestehen zwischen beiden und damit auch zwischen den entsprechend differenzierten Tumoren sowohl histologisch als auch immunhistochemisch große Ähnlichkeiten. Die epithelialen Tumoren nehmen mit ca. 90% den größten Anteil der malignen Ovarialtumoren ein. Das seröse Zystadenokarzinom stellt mit etwa 40–75% den häufigsten histologischen Typ dar [7, 35]. Grundsätzlich unterschieden werden • gutartige Zystadenome, aus denen heraus sich jedoch maligne Tumoren entwickeln können, • Borderline-Tumoren und • invasive Karzinome. Die problematischste Gruppe sind die Borderline-Tumoren (ICD-O-C56.9 M-8000/1). Von der ursprünglichen
Ovarien
Bezeichnung „Tumors of borderline malignancy“ wurde die irreführende Abkürzung Borderline-Tumoren ab geleitet. Denn in jedem Fall handelt es sich um richtige Tumoren. Sie stellen eine Untergruppe der Ovarial karzinome dar, die sich in ihrem histologischen Bau, durch eine geringe Neigung zur Metastasierung und eine günstigere Prognose von anderen Ovarialkarzinomen unterscheiden. Ihr Anteil an allen Ovarialtumoren beträgt 10–15%. Man unterscheidet seröse, muzinöse, gemischt serös-muzinöse, endometrioide und klarzellige Borderline-Tumoren. Auch intermediäre BrennerTumoren niedriger Malignität gehören streng genommen in diese Gruppe. Die serösen und muzinösen Borderline-Tumoren sind die häufigsten. Die Tumoren sind in der Regel zystisch. Sie werden zu 50–80% im Stadium I entdeckt. Die Überlebensrate beträgt nach 5 Jahren je nach Stadium 92–100%. Doch treten Rezidive noch bis zu 15 Jahre nach erfolgter Therapie auf. Da Borderline-Tumoren häufig im reproduktiven Alter vorkommen, ist eine fertilitätserhaltende Therapie besonders wichtig [4]. Unter den Karzinomen überwiegen mit 28% die serösen Zystadenokarzinome. 12,5% sind muzinöse Zystadenokarzinome, knapp 10% endometrioide Karzinome und 20% nicht klassifizierbare Adenokarzinome. Die meisten werden im 6. Lebensjahrzehnt entdeckt [17]. Das Ovarialkarzinom ist nach dem Endometriumkarzinom der zweithäufigste maligne Tumor des weiblichen Genitale. Die Inzidenzrate liegt in Deutschland bei 15– 20/100.000, die Prävalenz in den USA bei 50 Fällen/100.000 Frauen im Alter von 50 Jahren. Wegen der frühen Metastasierung ins Peritoneum ist die Mortalitätsrate mit ca. 8/100.000 unter allen malignen Genitaltumoren am höchsten. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt in den USA bei 50% [23]. Klinik. Unabhängig vom histologischen Typ verursachen Ovarialkarzinome lange Zeit hindurch keine Symptome. Erst später treten uncharakteristische Unterbauchsymptome auf. In fortgeschrittenen Stadien wird das Beschwerdebild von Aszites und Motilitätsstörungen des Darmes bestimmt. Bei der rektovaginalen Palpation sprechen eine erhöhte Konsistenz und fehlende Verschieblichkeit für Malignität. Bei Frauen mit einem hohen Risiko für die Entstehung eines Ovarialkarzinoms kann eine regelmäßige transvaginale Ultraschalluntersuchung und Bestimmung des Serummarkers CA-125 durchgeführt werden (National Comprehensive Cancer Center Network Practice Guidelines in Oncology). Prädisponierend ist eine hereditäre Keimstrangmutation von BRCA1 oder BRCA2. Prognose. Relevant sind das Stadium, in dem das Karzinom entdeckt wird, der Tumortyp und der Malignitätsgrad. Da die Karzinome lange symptomlos bleiben, werden sie lediglich in 25% im Stadium I entdeckt, d. h. be-
Gene
Neoplastische Veränderungen
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vor sie die Grenzen des Ovars überschritten haben und noch vollständig operativ entfernt werden können. Zur Graduierung der Ovarialkarzinome werden unterschiedliche Modelle angewendet [29, 39, 41]. Besonders die Bestimmung des Differenzierungsgrades unterliegt subjektiven Einflüssen und ist daher nicht eindeutig reproduzierbar. Die beste Prognose haben die serösen und muzinösen Borderline-Tumoren: Bei den nichtinvasiven beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate im Stadium I 100%, im Stadium II und III immerhin um 90% [40]. Für die zytologische Beurteilung des Malignitätsgrades sind Tumortyp und Kernatypie entscheidend.
Seröses Zystadenom
Abb. 6.5 Flacher Zellverband aus serösem Zystadenom. Isomorphe Kerne ohne Atypie, homogenes Zytoplasma, unscharfe Zellgrenzen (PapF, 330×)
ICD-O-M-8441/0 Synonyme: Seröses Ovarialkystom, Cystoma serosum
Die serösen Zystadenome machen 20% der benignen Ovarialtumoren aus. Einkammerige seröse Zystadenome werden als Cystoma serosum simplex, mehrkammerige als Cystoma serosum multiloculare, solche mit wandständigen papillären Proliferationen als Cystoma papilliferum bezeichnet. Betroffen sind Frauen im reproduktionsfähigen Alter, in seltenen Fällen auch Kinder. In 10% der Fälle sind beide Ovarien befallen. Zystadenome werden wegen der Möglichkeit der malignen Entartung exzidiert. Makroskopie. Die Zysten erreichen einen Durchmesservon 5–30 cm oder mehr. Die äußere Wand ist dick fibrös oder dünn, aber immer intakt. Beim papillären Zystadenom findet man auf der Innenseite warzenförmige Proliferationen. Die Zystenflüssigkeit ist klar serös, nach länger zurückliegender Einblutung gelblich tingiert. Histologie. Die Innenfläche wird von einem einschichtigen flach zylindrischen bis kubischen, teils Flimmerhaare tragenden Epithel ausgekleidet. Die basalständigen Kerne der Epithelien sind rund. Das Zytoplasma ist fein granuliert und enthält keine Vakuolen.
Seröser Borderline-Tumor ICD-O-8442/3
Bis zu 70% der serösen Borderline-Tumoren treten bilateral auf. Makroskopisch gleichen sie serösen Zystadenomen. Die Zystenflüssigkeit ist leicht trüb, serös, hell bis gelblich tingiert. Peritoneale Implantationsmetastasen kommen in 10–40% der Fälle vor, davon sollen 20% ein invasives Wachstum aufweisen (Literatur bei [4]). Histologie. Der Tumor besteht aus wandständigen Epithelproliferationen. Ein Teil der Fälle zeichnet sich durch ausgeprägte mikropapilläre Proliferate aus [6]. Die verzweigten fibro-vaskulären Stromaachsen tragen ein über 4 Zelllagen breites kubisches, nicht verschleimendes Epithel. Auch frei in der Zyste flottierende Zellverbände gehören dazu. Die Kernatypie ist gering bis höchstens mittelgradig. Die Zahl der Mitosen beträgt weniger als 4 pro 10 HPF.
Zytologie. Die Ausstriche sind zellarm. Typisch sind kubische bis niedrig-zylindrische Epithelien, die sowohl einzeln als auch in flach ausgebreiteten oder papilliformen Verbänden vorkommen. Die Zellgrenzen sind unscharf. Der apikale Zellrand trägt zuweilen Zilien. Die runden Kerne liegen exzentrisch, das Kernchromatin ist fein gekörnt, die Nukleolen sind unauffällig (Abb. 6.5). Der Ausstrichhintergrund ist „sauber“.
Zytologie. Typisch sind dichte, knospenförmige Proliferate von kubischen Epithelien. Doch liegen die Zellen oft auch einzeln oder in flach ausgebreiteten Verbänden. Die Kerne sind leicht vergrößert und polymorph. Ihr Chromatin ist granulär. Einzelne Kerne können Längsfurchen („Kaffeebohnenkerne“) und in vielen Fällen auch nuk leäre Pseudoinklusionen aufweisen sowie vergrößerte Nukleolen enthalten [21]. Das Zytoplasma ist schmal, homogen und uncharakteristisch (Abb. 6.6). Im allgemein „sauberen“ Hintergrund findet man Erythrozyten, vereinzelte mit Hämosiderin beladene Makrophagen und Schaumzellen.
Differentialdiagnose. Siehe seröses Zystadenokarzinom.
Differentialdiagnose. Siehe seröses Zystadenokarzinom.
88
Kapitel 6
Ovarien
6 Abb. 6.6 Borderline-Tumor. Dichte ausknospende Verbände von wenig atypischen zytoplasmaarmen Zellen (PapF, Obj. 40×)
Abb. 6.7 Wenig differenziertes seröses Zystadenokarzinom. Zytologisch nicht mehr unterscheidbar von anderen Adenokarzinomen (PapF, 525×)
Seröses Zystadenokarzinom ICD-O-M-8441/3
Diese ebenfalls vom Deckepithel ausgehenden bösartigen zystischen Ovarialtumoren treten besonders häufig zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auf. In der Hälfte der Fälle manifestieren sie sich bilateral. Die durchschnittliche 5-Jahres-Überlebensrate beträgt ca. 20%. Makroskopie. Die meist gekammerten zystischen Tumoren haben im Mittel einen Durchmesser von 5–15 cm. Den invasiv wachsenden Tumoranteil entdeckt man oft erst nach sorgfältiger Präparation der einzelnen Zystenkammern. Er bildet in die Lichtung der Zyste hineinragende warzig-papilläre Formationen, die je nach Stadium der Tumorerkrankung auch auf der Außenseite der Zyste erkennbar sind. Histologie. Für die Karzinomdiagnose entscheidend ist der Nachweis einer Invasion des Tumors in das Kapselstroma. Die hoch differenzierten ähneln in ihrem tubulopapillären Bau dem serösen Borderline-Tumor. In 1/3 der Fälle findet man von Tumorzellen umschlossene Psammomkörper. Zytologie. Auf den zellreichen Ausstrichen findet man kubische bis niedrig zylindrische atypische Zellen (Abb. 6.7). Sie liegen einzeln oder bilden teils flache, teils ausknospende Verbände. Sehr typisch sind Y-förmig verzweigte papilliforme Verbände (Abb. 6.8). Die Kerne sind vergrößert, polymorph und grob strukturiert. Für Malignität sprechen auch die vergrößerten Nukleolen. In einem Drittel der Fälle kommen Psammomkörper vor. Im Unterschied zum serösen Borderline-Tumor ist der Ausstrichhintergrund „schmutzig“ und enthält neben zyto-
Abb. 6.8 Wenig differenziertes seröses Zystadenokarzinom. Angedeutet Y-förmig ausknospender Zellverband (PapF, 525×)
plasmatischem und erythrozytärem Detritus hämosiderinspeichernde Makrophagen und Schaumzellen, Letztere als Ausdruck der zystischen Komponente des Tumors. Differentialdiagnose der serösen Ovarialtumoren. Die Zellen der serösen Borderline-Tumoren sehen jenen der serösen Zystadenome und der serösen Karzinome sehr ähnlich. Sie unterscheiden sich nur graduell durch das Ausmaß der Zellatypie, die größer ist als beim serösen Zystadenom und geringer als beim serösen Zystadenokarzinom. Zytologisch lässt sich daher lediglich die Diagnose eines hoch differenzierten serösen Tumors unsicherer Dignität stellen. Die definitive Diagnose bleibt stets der histologischen Untersuchung überlassen [16]. Kaffeebohnenartig gefurchte Kerne kommen auch beim muzinösen Borderline-Tumor, beim Brenner-Tumor sowie insbesondere beim Granulosazelltumor vor [21]. In Becken- und Peritoneallavagen ist die Unterscheidung der
Neoplastische Veränderungen
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papilliformen Zellverbände eines serösen Borderline-Tumors von Tubenepithelverbänden bei Endosalpingiose sowie von Mesothelproliferaten schwierig und evtl. nur immunzytochemisch möglich (BerEP4, Calretinin). In Zweifelsfällen sind Psammomkörper ein wichtiger Hinweis auf Tumor [37]. Der teils tubuläre, teils papilläre, teils solide Bau der serösen Tumoren erinnert insbesondere, wenn auch eine spindelzellige Komponente vorhanden ist, an ein Mesotheliom. Im Unterschied zum Mesotheliom sollten die Zellen des serösen Zystadenokarzinoms BerEP4-positiv sein. Siehe auch unter Differentialdiagnose der muzinösen Tumoren.
Muzinöses Zystadenom ICD-O-M-8470/0
Abb. 6.9 Muzinöses Zystadenom. Flacher wabenförmiger Zellverband, Zellgrenzen gut erkennbar, nichtatypische isomorphe Kerne, rötlicher Schleim am apikalen Zytoplasmarand, Hintergrund „sauber“ (PapF, 330×)
Synonyme: muzinöses Kystom, Cystoma mucinosum
Wie das seröse Zystadenom kann das muzinöse einkammerig (C. mucinosum simplex), oder mehrkammerig (C. m. multiloculare) sein oder papilläre Proliferationen aufweisen (C. mucinosum papilliferum). Die Bezeichnung „Pseudomuzinkystom“ soll darauf hinweisen, dass der Schleim eine andere chemische Zusammensetzung hat als im Bronchialsystem und Magen-Darm-Trakt. Gelangt der Zysteninhalt etwa durch Ruptur in die Bauchhöhle, entstehen ausgedehnte Implantationsmetastasen im Peritoneum. Sie sind zwar gutartig, können aber durch Zellvermehrung, Wachstum und Schleimproduktion (Pseudomyxoma peritoneii) zur Einengung des Darmlumens und zum Ileus führen. Betroffen sind Frauen im reproduktionsfähigen Alter von 30 bis 50, nicht selten aber auch jüngere Frauen unter 20 Jahren. Makroskopie. Die Innenseite der Zysten ist meist glatt, gelegentlich aber von papillären Proliferationen besetzt. Der Zysteninhalt ist zähflüssig, fadenziehend, schleimig, hell, nicht ganz klar, eher leicht trübe bis opak und farblos. Pseudomuzin ist im Gegensatz zu Schleim in Wasser und Säuren löslich, aber mit Essig ausfällbar. Histologie. Die Zysten sind von einem einschichtigen hochzylindrischen muzinbildenden Zylinderepithel ausgekleidet. Das Zytoplasma enthält diffus verteilt oder in Vakuolen reichlich PAS-positives Material. Zytologie. Typisch sind die hohen schlanken Zylinderzellen, die teils honigwabenähnlich geordnete Verbände bilden (Abb. 6.9). Die Zellgrenzen sind im Verband gut zu erkennen. Das Zytoplasma enthält mehrere kleine oder eine größere Schleimvakuole. Infolge Vakuolisierung halbmondartig geformte, an die Zellperipherie gedrängte Kerne und internukleäre Zytoplasmainklusionen gehören zum Bild. Das Kernchromatin ist fein granulär und regelmäßig verteilt. Die Nukleolen sind nicht vergrößert.
Differentialdiagnose. Siehe unter muzinösem Zystadenokarzinom.
Muzinöser Borderline-Tumor ICD-O-8472/3
Der Tumor kommt in jedem Alter, auch im Kindesalter vor. Der Altersgipfel liegt bei 35 Jahren. Unterschieden werden zwei Typen: der muzinöse Borderline-Tumor vom intestinalen Typ und vom endozervikalen Typ. Der muzinöse Typ ist mit etwa 85–90% deutlich häufiger als der intestinale Typ. Knapp 5% der Tumoren vom intestinalen Typ und ca. 40% der Tumoren vom endozervikalen Typ sind bilateral. Ihr Verhalten ist aggressiver als das der serösen Borderline-Tumoren, insbesondere, wenn es zur Aussaat in den Peritonelaraum und damit zum Pseudomyxoma peritonei kommt (s. S. 332). Bei Tumoren, die auf das Ovar beschränkt sind, ist die Prognose jedoch exzellent [19]. Muzinöse Borderline-Tumoren sind oft große multizystische Tumoren mit außen glatter, fester, faseriger Kapsel und warzenförmigen Wucherungen der Innenwand. Die Punktionsflüssigkeit ist schleimig, fadenziehend und dickflüssig, farblos bis gelblich. Histologie. Die warzigen Auflagerungen entsprechen einem verzweigten fibrovaskulären Stroma. Beim intestinalen Typ zeigt sich ein stratifiziertes Epithel mit Becherzellen, manchmal auch Panethzellen. Insgesamt ähnelt das Bild dem eines hyperplastischen Kolonpolypens oder eines Adenoms der Kolonschleimhaut. Beim endozervikalen Typ sind die Papillen breiter und werden von einem Epithel bedeckt, das aus schleimbildenden Zylinderzellen besteht und dem Epithel der Cervix uteri ähnelt. Typisch ist ein Infiltrat aus neutrophilen Granulozyten. Im Lu-
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Ovarien
6 Abb. 6.10 Muzinöser Borderline-Tumor. Einzelne atypische Zel len, durch Schleim aufgetriebenes Zytoplasma, Kerne an die Zellperipherie verlagert (PapF, 525×)
Abb. 6.11 Gut differenziertes muzinöses Zystadenokarzinom. Flacher, noch wohlgeordneter Verband von wenig atypischen, nur geringgradig schelimbildenden Zellen. Beachte Detritus im Hintergrund (PapF, 525×)
men beider Typen befinden sich Schleimmassen mit frei schwimmenden abgeschilferten Epithelknospen, beim endozervikalen Typ oft auch zahlreiche Granulozyten. Zytologie. Das diagnostisch wichtigste Element sind schlanke Zylinderzellen mit oft apikalen Schleimvakuolen im Zytoplasma. Sie kommen einzeln, in flachen Verbänden und papillären oder papilliformen Knospen vor (Abb. 6.10). In Verbänden ergeben sie das typische Honigwabenmuster, in dem Zellgrenzen und Vakuolen klar und deutlich hervortreten. Die Kerne sind leicht bis mäßig vergrößert. Infolge Vakuolisierung halbmondartig verformte Kerne und internukleäre Zytoplasmainklu sionen (nukleäre Pseudoinklusionen) kommen viel häufiger vor als beim serösen Borderline-Tumor [21]. Das Kernchromatin ist mittelgradig bis grob granulär. Nuk leolen sind gelegentlich erkennbar. Das Ausmaß der Kernatypie ist insgesamt gering. Differentialdiagnose. Siehe unter muzinösem Zystadenokarzinom.
Muzinöses Zystadenokarzinom ICD-O-M-8470/3
Die teils durch massive Schleimbildung gekennzeichneten großen, gekammerten, zystischen Tumoren manifestieren sich durchschnittlich in etwas jüngerem Alter als die serösen Zystadenokarzinome. Sie können einen Durchmesser bis zu 50 cm erreichen. Etwa ein Viertel der muzinösen Tumoren tritt bilateral auf. Die 5-JahresÜberlebensrate beträgt 40%. Die Prognose ist etwas besser als beim serösem Zystadenokarzinom. Histologie. Ähnlich wie das seröse Zystadenokarzinom ist auch der muzinöse Tumor teils tubulopapillär, teils so-
Abb. 6.12 Muzinöses Zystadenokarzinom. Dreidimensionale, im Schleim schwimmende Zellverbände (PapF, 330 )
lide gebaut. In den gut ausdifferenzierten papillären und tubulären Anteilen findet man ein hohes schleimbildendes Zylinderepithel. In den wenig differenzierten soliden Anteilen ist die Zellatypie ausgeprägter und die Zahl der Mitosen höher als in den gut differenzierten Abschnitten. Zytologie. Die zellreichen Präparate enthalten schleimbildende, fein oder grob vakuolisierte Zylinderzellen. Die Zellen liegen einzeln, in wabenartig geordneten Verbänden oder bilden papilliforme Knospen (Abb. 6.11–6.13). Die Kerne werden oft durch scharfrandige Schleimvakuolen an die Zellperipherie gedrängt. Die Kerne sind vesikulär, dabei aber grob strukturiert. Das Ausmaß der Kernatypie nimmt mit dem Grad der Entdifferenzierung des Karzinoms zu. Meist sind ein bis zwei prominente Nukleolen erkennbar. Die Kernmembran ist gekerbt oder gebuchtet. Der Ausstrichhintergrund besteht aus ausgefälltem eiweißartigem Material, Schleim und Detritus, vermischt mit teils schaumzelligen Makrophagen.
Neoplastische Veränderungen
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moren aus dieser Gruppe besprochen, die gewisse spezifische Merkmale aufweisen.
Adenofibrom ICD-O-M 9013/0
Abb. 6.13 Muzinöses Zystadenokarzinom. Kleiner Verband deutlich atypischer schleimbildender Zellen; Hintergrund stark detritisch (PapF, 525×)
Differentialdiagnose der muzinösen Ovarialtumoren. Aufgrund der Schleimbildung ist die Verwechslung der muzinösen Tumoren mit funktionellen Zysten und serösen Ovarialtumoren ausgeschlossen. Die Zellen der gutartigen Zystadenome unterscheiden sich nicht von normalen Epithelien. Doch wie die verschiedenen serösen Tumoren unterscheiden sich die muzinösen hauptsächlich durch das Ausmaß der Kernatypie voneinander. Auch steigt der Verdacht auf einen invasiven Tumor mit zunehmender Zellularität des Aspirats und dem Nachweis von Detritus im Ausstrichhintergrund. Die Zellen der malignen Tumoren zeigen mit zunehmendem Malignitätsgrad vom Borderline-Tumor bis zum invasiven muzinösen Zystadenokarzinom eine Zunahme der Kernatypien. Aber im Einzelfall mögen die Kernatypien selbst beim invasiven muzinösen Zystadenokarzinom so gering sein, dass sich die Dignität nicht zuverlässig bestimmen lässt. In vielen Fällen wird man über die zytologische Diagnose eines „hochdifferenzierten muzinösen Ovarialtumors unsicherer Dignität“ nicht hinausgelangen. Ähnliche Zellbilder wie das muzinöse Zystadenokarzinom bieten manchmal Metastasen hoch differenzierter schleimbildender Dickdarm- und Magenkarzinome; meist zeichnen sich diese aber durch eine stärkere Kernpolymorphie und eine geringere Kohäsivität der Tumorzellen aus.
Andere vom Zölomepithel abgeleitete Tumoren Plattenepithelial oder urothelial differenzierte Tumoren kommen selten auch einmal im Ovar vor. Sie dürften sich hinsichtlich ihrer zytologischen Präsentation kaum von den entsprechend differenzierten Tumoren anderer Lokalisation unterscheiden. Hier werden nur diejenigen Tu-
Der seltene, postmenopausal ein- oder doppelseitig auftretende solide oder zystische Ovarialtumor besteht aus epithelialen und bindegewebigen Elementen. In der Mehrzahl der Fälle ist das Epithel vom serösen Typ, seltener muzinös, endometrioid oder klarzellig differenziert. Besonders die von endometrioidem Epithel ausgekleideten können über 10 cm groß werden. Vaginale Blutung, Bauchschmerz oder ein tastbarer Abdominaltumor sind Anlass zur klinischen Untersuchung [46]. Zytologie. Zytologisch findet man hauptsächlich einzeln oder in Verbänden liegende Epithelien mit regelrechten unauffälligen Kernen und kleinen, aber deutlichen Nukleolen und daneben spindelige Zellen. Psammomkörperchen können vorkommen. Die Epithelien sind CD10-positiv und Calretinin-negativ. Differentialdignostisch ist die Abgrenzung vom Zystadenom schwierig, wenn die spindelzellige Komponente nicht klar in Erscheinung tritt. Es ist an ein hochdifferenziertes Adenosarkom zu denken, das morphologisch ähnlich harmlos aussehen kann [14].
Brenner-Tumoren ICD-O-M 9000/0
Die heterotopem Wolff-Epithel entsprechend differenzierten Tumoren sind zu 95% gutartig. Betroffen sind Frauen jeden Alters, die Hälfte ist älter als 50 Jahre. Die Brenner-Tumoren messen meist nur einige Zentimeter im Durchmesser, können jedoch sehr groß werden. Die Schnittfläche ist grau-weiß. Zystische Anteile enthalten eine farblose, klare oder leicht trübe, seröse Flüssigkeit. Pathologie. Die meisten dieser Tumoren sind gemischt solid und zystisch. Sie können aber auch rein zystisch oder rein solide sein. Die soliden Tumoranteile bestehen aus Zellen mit kaffeebohnen-ähnlich längs gefurchten Kernen. Zytologie. Die Epithelien sind kubisch bis polygonal. Sie kommen in Verbänden oder einzeln vor. Typisch sind die „Kaffeebohnenkerne“ (s. oben) und runde eosinophile amorphe Körperchen im Zentrum von Epithelrasen. Das Chromatin ist fein granulär. Zusätzlich findet man einzeln liegende mesenchymale Zellen mit ovalen Kernen. Der Hintergrund besteht aus amorphem eiweißartigem Material (Abb. 6.14).
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Kapitel 6
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sollen klarzellige Karzinome im Gegensatz zu serösen und muzinösen Ovarialkarzinomen HNF-lβ („hepatocyte nuclear factor l beta“) exprimieren [26].
Keimstrang-Stroma-Tumoren
6 Abb. 6.14 Brenner-Tumor (FGA, PapF, 63×)
Etwa 8% aller Ovarialtumoren sind Keimstrangtumoren. Zu ihnen zählen Tumoren, welche aus Granulosazellen, Sertolizellen, Leydigzellen und/oder vom ovariellen Stroma abgeleiteten Fibroblasten bestehen. Entsprechend unterscheidet man Granulosa-Stroma-Zelltumoren, Keim strang-Stroma-Tumoren vom gemischten oder unklassifizierten Zelltyp und Steroidzelltumoren. Im Folgenden wird nur auf die Granulosa-Stroma-Zelltumoren eingegangen, da sie die am weitaus häufigsten Vertreter der an sich relativ seltenen Keimstrang-Stroma-Tumoren darstellen.
Endometrioides Karzinom ICD-O-M-8380/3
Endometrioide Adenokarzinome des Ovars haben histologisch praktisch den gleichen Aspekt wie endometrioide Adenokarzinome aus dem Cavum uteri. Eine plattenepitheliale Komponente findet sich in 30–50%. Häufig besteht gleichzeitig eine Endometriose. Im Ovar machen die endometrioiden Adenokarzinome zwischen 16 und 25% aller Karzinome aus und sind nach dem serösen Zystadenokarzinom der zweithäufigste Ovarialtumor. Sie werden häufiger als seröse Zystadenokarzinome bereits im Stadium I entdeckt, sind histologisch etwas weniger häufig dedifferenziert und haben stadiumunabhängig eine bessere Prognose als seröse Karzinome [42]. Zytologische Beschreibungen sind äußerst spärlich [33]. Man findet unregelmäßige mehrschichtige oder angedeutet papilliforme Verbände eines Adenokarzinoms und vereinzelt keratinisierte Zellen, deren Kerne zur Pyknose neigen. Die plattenepitheliale Komponente lässt sich am besten in Ergüssen erkennen (s. S. 333).
Klarzelliges Karzinom ICD-O-M- 8310/3
Die sehr seltenen klarzelligen Ovarialtumoren unterscheiden sich zytologisch nicht eindeutig von ähnlichen Tumoren anderer Lokalisation. Im Unterschied zu Nierenzellkarzinomen, die sich durch eine reiche Kapillarisierung auszeichnen, sollen sie eher papilläre Formationen und fein geschwänzte zylindrische Zellen („hobnailing“) aufweisen [24]. Als relativ typisch gelten Zellaggregate, die einem aus Basalmembrankollagen bestehenden Matrixkern aufsitzen und ihrer Form wegen als Himbeerkörperchen („rasp-berry bodies“) bezeichnet werden [25]. Immunzytochemisch
Granulosazelltumor ICD-O-M-8620/1
Granulosazelltumoren machen etwa 95% der Keimstrang stromatumoren aus [51]. Es handelt sich um Tumoren niedrigen Malignitätsgrades. Werden sie im Stadium I entdeckt, beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate 75–95%, bei Tumoren im Stadium II nur 55–75% und im Stadium III weniger als 50%. Metastasen in Lunge, Leber, Nebennieren und Knochen können auch bei im Stadium I entdeckten Tumoren noch nach 20 bis 30 Jahren auftreten. Prognoserelevante Parameter sind nicht bekannt. Die zytologischen Befunde sind hauptsächlich von Feinnadelaspiraten aus Metastasen bekannt [1]. Klinik. Klinisch und morphologisch werden ein adulter und ein juveniler Typ unterschieden. Der adulte Typ manifestiert sich allgemein jenseits des 50. Lebensjahres. Er ist wesentlich häufiger als der juvenile. Letzterer manifestiert sich im Pubertätsalter und bei Frauen unter 30 Jahren. In der Mehrzahl der Fälle gehen Granulosazelltumoren mit Hyperöstrogenismus einher und führen im präpubertären Alter zur isosexuellen Pubertas praecox. Juvenile Granulosazelltumoren können im Rahmen der Ollier-Krankheit (Enchondromatose) bzw. des MaffucciSyndroms auftreten. Bilaterale juvenile Granulosazelltumoren wurden im Rahmen des Goldenhar- und des Potter-Syndroms beschrieben. Pathologie. Die Tumoren haben einen Durchmesser von einigen Millimetern bis zu mehreren Zentimetern. Im Extremfall wiegen sie mehrere Kilogramm. Auf der Schnittfläche sind sie meist solide, können aber auch zystische Anteile enthalten. In Ausnahmefällen bildet der Tumor eine große unilokulären Zyste. Adulte Granulosazelltu-
Neoplastische Veränderungen
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Abb. 6.15 Juveniler Granulosazelltumor eines 10-jährigen Mädchens (FGA; PapF, Obj. 63×)
Abb. 6.16 Metastasierender Granulosazelltumor einer 70-jährigen Frau, intraoperativer Abstrich von subhepatischer Metastase; Tumorzellen umlagern zyanophile bindegewebige Matrix (PapF, Obj. 63×)
moren bestehen aus Granulosazellen, die luteinisiert sein können. Unterschiedliche Wachstumsmuster sind möglich, am häufigsten ist das mikrofollikuläre Muster mit rosettenförmig Sekret umlagernden Tumorzellen (CallExner-Körperchen). Der juvenile Granulosazelltumor zeigt nodulär oder diffus angeordnete Verbände aus rundlichen Zellen, die die für den adulten Typ charakteristische Kernkerbung vermissen lassen (Abb. 6.15).
chen, die aber in 30–40% der Fälle fehlen und zytologisch nicht ohne weiteres nachweisbar sind. Beim sehr seltenen Keimstrangtumor mit ringförmigen Tubuli („Sex Cord Tumor with Annular Tubules“, SCTAT, ICD-O-M-8630/0 [22, 36]) finden sich neben Kaffeebohnenkernen ebenfalls rosettenartige Strukturen, allerdings um eine azelluläre basalmembranartige Matrix. Ist die Kernpolymorphie stärker ausgeprägt, kann die Abgrenzung von einem undifferenzierten Karzinom schwierig sein [1, 22].
Zytologie. Die Ausstriche von adulten Granulosazelltumoren sind in der Regel zellreich. Man findet eine einheitliche Population von einzeln liegenden ovalen, selten auch spindeligen Zellen. Pathognomonisch sind 1. rosettenartig um ein Zentrum aus Zellfragmenten angeordnete Zellaggregate, die den Call-Exner-Körperchen entsprechen; sie sind in etwa zwei Drittel der Fälle nachweisbar; 2. kaffeebohnenartig längs gefurchte oder nierenförmige, embyonenartig gebuchtete und polygonale Zellkerne [1, 11]. Die Kerne liegen meist zentral, zuweilen auch exzentrisch im Zytoplasma. Das Kernchromatin ist granulär, die Nukleolen sind nur gelegentlich prominent (Abb. 6.16). Immunzytochemie. Granularzelltumoren zeigen eine starke zytoplasmatische Positivität für Inhibin, Vimentin und CD99, sind aber negativ für Zytokeratin und epitheliales Membranantigen [50]. Differentialdiagnose. Mögen die kaffeebohnenartig gefurchten Kerne auch eines der beiden charakteristischen Merkmale des adulten Granulosazelltumors sein, so ist nicht zu vergessen, dass sie auch im Brenner-Tumor, in den Zellen einer funktionellen Zyste und sogar in über 10% der Tumorzellen eines muzinösen Zystadenoms sowie eines muzinösen oder serösen Borderline-Tumors vorkommen. Ein zuverlässigeres Kriterium sind die Call-Exner-Körper-
Andere Keimstrang-Stromatumoren Das Spektrum der vom ovariellen Stroma ausgehenden Tumoren ist breit. Es reicht vom sklerosierenden Stromatumor (ICD-O-M- 8602/0) über das Thekom und Fibro thekom (ICD-O-M-8600/0) bis hin zum Stromasarkom (ICD-O-M-8931/3). Einige dieser Tumoren können bis über 20 cm groß werden. Sie gehen teilweise wie der Granulosazelltumor mit Hyperöstrogenismus einher. Das morphologische Bild aller dieser Tumoren unterscheidet sich nur in Nuancen. Zytologisch lassen sich Typ und Dignität nicht sicher diagnostizieren, zumal in der zytologischen Literatur bislang nur wenige Einzelbeobachtungen mitgeteilt wurden [49].
Keimzelltumoren Nur zwei Prozent aller malignen Ovarialtumoren lassen sich den Keimzelltumoren zuordnen. Histologisch unterscheiden sie sich nicht von den entsprechenden Tumoren im Bereich des männlichen Genitale. Die zytologischen Befunde sind meist durch FNA aus ihren Metastasen bekannt [48]. Sie werden wie das maligne Teratom
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Kapitel 6
in Kapitel 11 beschrieben. Im Folgenden werden nur die häufigsten ovariellen Tumoren dieser Gruppe besprochen.
Reifes Teratom IDC-O-M-9084/0 Synonyme: Teratoma coaetaneum, Dermoidzyste
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Diese gutartigen Tumoren sind meist solitär und kommen in jedem Alter, auch in der Kindheit vor. Sie setzen sich aus Geweben aller drei Keimblätter zusammen. Sogar ein ependymaler Tumor kann aus einem reifen Teratom hervorgehen [30]. Klinischerseits werden reife Teratome als Dermoidzysten bezeichnet, wenn sie eine Zystenwand aufweisen, die der Epidermis mit ihren Anhangsgebilden ähnelt. Die epithelialen Anteile können zu Teratokarzinomen entarten [27]. Klinik. Klinisch lässt sich ein reifes Teratom mittels Ultraschall oder im Röntgenbild diagnostizieren, wenn sich in der Zystenwand Zähne oder Zahnanlagen darstellen. Makroskopie. Die relativ großen Zysten haben durchschnittlich einen Durchmesser von einigen Zentimetern, können aber wie manch andere Ovarialtumoren riesige Ausmaße erreichen. Die Zystenwand ist derb-fibrös. Beim Öffnen entleert sich der charakteristische zähe, schmierig-breiige, mit Haaren und manchmal ganzen Haarknäueln vermischte Inhalt. Die Diagnose wird bereits makroskopisch am aufgeschnittenen Präparat gestellt. Histologie. Die Auskleidung der Zyste besteht aus mehrschichtigem verhornendem Plattenepithel. Die Zystenwand enthält Hautanhangsgebilde (Talgdrüsen, Schweißdrüsen, Haarfollikel, daher die Bezeichnung „Dermoidzyste“), Zähne, seltener andere Gewebsanteile, u. a. Bronchial schleimhaut und Schilddrüsengewebe („Struma ovarii“). Der breiige Zysteninhalt besteht hauptsächlich aus abgeschilferten Plattenepithelien, Hornschüppchen und Detritus. Zytologie. Die zytologische Diagnose stützt sich im Wesentlichen auf den Nachweis von zahlreichen meist autolytischen Plattenepithelien, kernlosen Hornschuppen oder Haarschaftanteilen. Daneben kann aber auch Schilddrüsen kolloid und bronchialsekretähnliches Material mit Flimmerepithelien und Schleim vorkommen. Im Schleim können sogar Curschmann-Spiralen (Abb. 13.17) nachweisbar sein. Differentialdiagnose. Einzelne Plattenepithelien können aus dem Punktionskanal (Epidermis der Bauchdecke, Vaginalwand) oder von den Händen des Laborpersonals stammen. Findet man im Ovarialpunktat kleine Mengen von Platten epithelien ist eine Verunreinigung von außen durch unsach gemäßes Berühren der Objektträgerfläche mit bloßen Fingern während der Präparation in Betracht zu ziehen. Von
Ovarien
außen in das Punktat gelangte Textilfäden unterscheiden sich von Haarschaftanteilen durch ihre faserige Struktur.
Maligne Mischtumoren Karzinosarkome im Bereich von Uterus, Ovar und Tube sind selten. Sie ahmen die Differenzierung des MüllerGangs nach und bestehen demzufolge aus wenig differenzierten epithelioiden und mesenchymalen Anteilen. Zytologisch findet man nebeneinander meist deutlich atypische Spindelzellen und Verbände von unterschiedlich stark atypischen epithelialen Zellen. Siehe auch S. 159.
Sarkome ICD-O-M-8800/3
Die Tumoren des nichtspezialisierten Stromas bilden solide Knoten, die nicht mittels FNA untersucht, sondern gleich der Operation zugeführt werden. Die Zellbilder entsprechen den Weichteilsarkomen anderer Lokalisation (s. Kap. Weichteiltumoren).
Metastasen Ovarialmetastasen entstehen hämatogen, lymphogen und durch direkte Ausbreitung. Häufig handelt es sich um Metastasen von Primärtumoren der übrigen Abschnitte des weiblichen Genitale, wie Endometrium, Zervix und kontralaterales Ovar. Andere häufige Ausgangsorgane für Ovarialmetastasen sind Karzinome der Mamma, des Dickdarms und des Magens, dessen siegelringzellige Variante als Krukenberg-Tumor bekannt ist. Die Zellbilder entsprechen den jeweiligen Primärtumoren. Ovarialmetastasen stellen im Allgemeinen keine Indikation zur zytologischen Untersuchung mittels FNA dar.
Zusatzuntersuchungen Immunzytochemie. Sie spielt in der Differentialdiagnose der Ovarialtumoren nur eine untergeordnete Rolle. Muzinöse Ovarialtumoren sind häufiger CEA+, CK7+ und CK20+, während seröse Karzinome häufiger CK7+ und CK20- sind [5]. Keimstrang-Stroma- und Keimzelltumoren sind teils alpha-Inhibin und oder AFP-positiv. DNA-Zytometrie. Die DNA-Ploidie (DNA-Index) hat sich beim Ovarialkarzinom als Prognoseparameter erwiesen [31]. Mehreren Untersuchungen zufolge haben
Literatur
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Frauen mit DNA-diploiden Ovarialkarzinomen eine bessere Prognose als jene mit DNA-aneuploiden Karzinomen im selben Stadium [13, 28, 45]. Dies trifft besonders für seröse Karzinome mit einem besonders hohen Anteil an Psammokörperchen (sog. Psammomkarzinome) zu. Sie sind praktisch immer diploid und haben eine überdurchschnittlich gute Prognose. Bei Borderline-Tumoren spricht eine aneuploide DNA-Verteilung für ein erhöhtes Rezidivrisiko [10]. Auch die DNA-Syntheserate hat sich als Prognoseparameter der Ovarialkarzinome erwiesen. Eine hohe S-Phasen-Fraktion ist in den meisten Fällen mit einer ungünstigeren Prognose verbunden [45].
vorgängige zytologische Untersuchung indiziert. Die Zytologie leistet jedoch wertvolle Dienste beim intraoperativen Staging mittels Douglas- und Peritoneallavage sowie Bürstenabstrichen vom Peritoneum und bei Tumorrezidiven. Ob darüber hinaus neuere molekularbiologische und immunzytochemische Untersuchungen eine breitere Anwendung zytologischer Untersuchungen ermöglichen, bleibt abzuwarten.
Biochemische Untersuchung der Zystenflüssigkeit. Vor allem der Nachweis von Pseudomuzin und die Bestimmung der Östradiol(E2)-Konzentration in der Zystenflüssigkeit helfen bei der Unterscheidung zwischen neoplastischen und funktionellen Zysten. Eine Konzentration von E2 über 3700 pmol/l spricht für eine funktionelle, unter 1200 pmol für eine neoplastische Zyste [2]. Pseudomuzin, das durch Essigsäure ausgefällt wird, spricht gegen eine funktionelle Zyste.
1.
Stellenwert der Ovarialzytologie Während einzelne Untersucher bei der Unterscheidung von gutartigen und bösartigen Ovarialzysten über eine diagnostische Treffsicherheit von mehr über 90% berichten [20, 34], schätzen andere die Sensitivität der Aspirationszytologie als gering ein [32]. Dafür gibt es plausible Gründe [4]. Zunächst bedarf es klinischer Erfahrung mit der Feinnadelaspiration, um aussagekräftiges Zellmaterial zu erhalten. Aber auch dem in der Punktion erfahrenen Untersucher gelingt es nicht immer, aus mehrkammerigen Zysten die für den malignen Tumoranteil repräsentativen Zellen zu gewinnen, was dann zu falsch-negativen Resultaten führt. Besonders gravierend ist die Schwierigkeit, gutartige und niedrig maligne nichtinvasive und invasive epitheliale Tumoren rein zytologisch sicher zu unterscheiden. Für einen erfahrenen Zytopathologen weniger gewichtig sind dagegen die beschriebenen Fallstricke in der Diagnose der follikulären Zysten und die oft enge Durchmischung von nichtneoplastischen und neoplastischen Zellen innerhalb eines Zystenpunktats. Die FNA hat sich jedoch bei der Abklärung von kleinen Ovarialzysten bei jungen Frauen als eine wertvolle und risikoarme Methode erwiesen [38]. Ein tumornegativer, sonographisch plausibler zytologischer Befund rechtfertigt ein abwartendes Verhalten. Zytologisch tumorverdächtige und tumorpositive Zysten müssen aber, selbst in Anbetracht der Möglichkeit falsch-positiver Diagnosen, operativ und histologisch untersucht werden. Bei Frauen jenseits der Menopause ist nach derzeitiger Auffassung eine sofortige histologische Abklärung ohne
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6
Kapitel 6
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Kapitel 7
Cervix uteri und Vagina
7
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
Anatomische Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . .
99
Klinische Untersuchungsmethoden . . . . . . . . . . . .
99
Inspektion bei Spekulumeinstellung . . . . . . . . . .
99
Schillersche Jodprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
Pathologische und medikamentös bedingte Hormoneffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Hyperöstrogenismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Hypoöstrogenismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Störungen der Gestagenproduktion . . . . . . . . . . 112 Entzündliche und reparative Veränderungen . . . . . . 112
Kolposkopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Reservezellhyperplasie (Basalzellhyperplasie) . . . . . 113 Nativmikroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Regenerationsepithel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Zytologische Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Plattenepithelmetaplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Indikationen zur zytologischen Untersuchung . . . . 100 Follikuläre Zervizitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Konventionelle Abstrichtechnik . . . . . . . . . . . . 100 Flüssigkeitsbasierte Zytologie (FBZ) . . . . . . . . . . 101
Durch Intrauterinpessare verursachte Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
Automatische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . 102
Sonstige gutartige Veränderungen . . . . . . . . . . . . . 116
Befundwiedergabe und Einteilungssysteme . . . . . . . 103
Vaginalwandzysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
Physiologische Zellbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
Vaginale Adenose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
Epithelien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
Gutartige glanduläre Veränderungen der Endozervix . . 116
Hämatogene und andere Zellen . . . . . . . . . . . . . 107
Erosion/Ulkus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
Physiologische bakterielle Flora . . . . . . . . . . . . 107
Operationsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
Physiologische Hormonwirkungen auf das Portioepithel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Andere iatrogene Veränderungen . . . . . . . . . . . 117 Infekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
Altersabhängige Veränderungen . . . . . . . . . . . . 109 Unspezifische Kolpitis und Zervizitis . . . . . . . . . 118 Menstruationszyklusabhängige Veränderungen . . . 110 Bakterielle Vaginose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Schwangerschaftsbedingte Veränderungen . . . . . . 110 Chlamydien (Chlamydia trachomatis) . . . . . . . . . 119 Postpartale Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . 111 Aktinomyzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
98
7
Kapitel 7
Cervix uteri und Vagina
Leptothrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
Kleinzelliges Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Candida albicans (Soor) . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
Endometriumkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Trichomonas vaginalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Vaginalkarzinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Herpes-simplex-Virus (HSV) . . . . . . . . . . . . . . 121
Sarkome und andere nichtepitheliale Geschwülste . . . 136
Zytomegalie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
Leiomyosarkom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Humanes Papillomavirus (HPV) . . . . . . . . . . . . 122
Rhabdomyosarkom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
Neoplastische Frühveränderungen . . . . . . . . . . . . 124
Maligner Müllerscher Mischtumor . . . . . . . . . . . 137
Intraepitheliale Neoplasie des Plattenepithels . . . . . 124
Lymphome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
Vaginale intraepitheliale Neoplasie (VAIN) . . . . . . 129
Malignes Melanom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
Adenocarcinoma in situ (AIS) der Cervix uteri . . . . 130
Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
Karzinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
Qualitätssichernde Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . 137
Plattenepithelkarzinom der Cervix uteri . . . . . . . . 132
Treffsicherheit der zervikovaginalen Zytologie . . . . . . 138
Adenokarzinom der Cervix uteri . . . . . . . . . . . . 135
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Einleitung In allen westlichen Ländern sind Inzidenz und Mortalität des Zervixkarzinoms im Wesentlichen dank regelmäßiger zytologischer Krebsfrüherkennungsuntersuchun gen massiv zurückgegangen. Doch selbst in Schweden mit seinem seit 40 Jahren funktionierenden flächendeckenden Früherkennungsprogramm ist es bislang nicht gelungen, das Zervixkarzinom völlig auszurotten. Auch wenn Nichtteilnahme an Früherkennungsuntersuchun gen der Hauptgrund sein dürfte, ist ein weiterer möglicher Grund die unbefriedigende Sensitivität von bestenfalls 80% des zytologischen Portioabstrichs. Tatsächlich konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass die Früherkennungsuntersuchungen in bis zu 30% der Frauen mit invasivem Zervixkarzinom unauffällig oder falschnegativ beurteilt oder unterdiagnostiziert worden waren [17, 136]. Selbst durch wiederholte Untersuchungen in regelmäßigen Zeitabständen lassen sich offenbar nicht sämtliche neoplastische Frühveränderungen erfassen [135]. Das spricht für die Notwendigkeit, die Früherkennungsmaßnahmen zu verbessern. Die teils aus diesem Bedürfnis, teils aus arbeits ökonomischen Gründen heraus entwickelten neueren Präparationsmethoden, die zum Teil eine semiautomatische oder gar automatische Auswertung der zytologischen
Präparate ermöglichen, haben zu einem Umbruch der gesamten gynäkologische Zytologie geführt. Zusätzlich erlauben es die gerade an zytologischem Material erfolgreich anwendbaren molekularbiologischen Methoden, die Hochrisikotypen des Human Papilloma Virus (HPV), die wesentlich zur Entstehung des Zervixkarzinoms und seiner Vorstufen beitragen, zuverlässig zu erfassen. Dies könnte die Frequenz und Indikation der Vorsorgeuntersuchungen und das klinische Vorgehen beeinflussen. So wird gegenwärtig diskutiert, den Abstrich von Portio und Zervix („Pap-Test“) mit einem HPV-Test zu kombinieren [77, 151] oder ihn gar zu ersetzen und die zytologischen Kontrollen auf Frauen mit negativem HPV-Test zu beschränken. Mittlerweile wurden in westlichen Ländern Impfungen gegen HPV in die nationalen Impfprotokolle aufgenommen. Da die Impfung aber keinen absoluten Schutz bietet und viele Frauen nicht geimpft sind, wird die zytologische Früherkennungsuntersuchung weiter ihre Bedeutung behalten. Die Zahl der Abstriche, die vor 10 Jahren in der Schweiz schätzungsweise jährlich 1,5 Millionen, in der BRD 16 Millionen betrug, könnte in einigen Jahren deutlich zurückgehen. In den entwickelten Ländern ist mit einem Rückgang auf ca. 43% der bisherigen Zahlen zu rechnen [12, 34, 73]. Mögen sich auch Indikation, Häufigkeit und Auswertungstechniken weiter verändern, so werden zytologische Portio- und Vaginalabstriche in Zukunft keineswegs
Klinische Untersuchungsmethoden
überflüssig. Ziel der nachfolgenden Darstellung muss daher sein, das bislang angesammelte Wissen auf diesem Gebiet zu bewahren und, wo durch die neuen Techniken notwendig, zu erweitern.
Anatomische Vorbemerkungen Die breiten, aus glatter Muskulatur bestehenden Wände von Corpus und Cervix uteri umschließen das Cavum uteri, das über den inneren Muttermund mit dem Zervikalkanal in Verbindung steht (Abb. 7.1). Corpus und Cervix uteri werden von Endometrium (Endometrium corporis resp. cervicis uteri) ausgekleidet. Das untere Drittel der Zervix ragt frei in die Vagina. Diese Portio vaginalis cervicis („Portio“) ist der Palpation und Inspektion zugänglich. Im Zentrum der Portio befindet sich der äußere Muttermund, durch den der Zervikalkanal in die Vagina mündet. Der bei Spekulumeinstellung sichtbare Teil der Zervix wird auch als Ektozervix, der nicht einsehbare innere als Endozervix bezeichnet. Die Vagina nimmt in ihrem oberen Anteil die Portio vaginalis der Cervix uteri auf. Das bei Spekulumeinstellung zwischen Vaginalwand und Portio kuppelförmig entfaltete vordere und hintere Scheidengewölbe liegt ventral unter dem Blasenboden, während es dorsal an die Excavatio recto-uterina (Douglas-Raum) grenzt. Besonders bei der Multipara bildet die Vaginalwand zahlreiche Falten, zwischen denen sich unter anderem auch Karzinome verbergen können. Im hinteren Scheidengewölbe sammeln sich spontan abgeschilferte Zellen von Portio, Zervikalkanal und Corpus uteri. Sogar Karzinomenzellen aus Tuben und Ovarien kommen hier selten einmal vor. Histologie. Die Portio vaginalis wird von nichtverhornendem Plattenepithel bedeckt, dessen Höhe und Ausreifung von der endokrinen Stimulation abhängt. Im ge-
99
schlechtsreifen Alter ist das Epithel vollständig in Basal-, Parabasal-, Intermediär- und Superfizialzellschicht ausdifferenziert. Die Epithelerneuerung geht von den teilungsfähigen Basalzellen aus. Während der Differenzierung wandern die nicht mehr teilungsfähigen ausreifenden Epithelien von basal in Richtung Epitheloberfläche. Der Zervikalkanal nimmt die Ausführungsgänge der Zervixdrüsen auf. Die Schleimhaut von Zervix und Zervixdrüsen besteht aus einem einreihigen Zylinderepithel. Zwischen den Zyliderzellen sitzen der Basalmembran die kleinen kubischen Reservezellen auf. Während des Monatszyklus ändern sich zwar Höhe, Breite sowie sekretorische Aktivität der Zylinderzellen; doch werden sie während der Menstruationsblutung nicht abgestoßen. Am Übergang zwischen Endo- und Ektozervix, d. h. zwischen Platten- und Zylinderepithel befindet sich die Umwandlungszone (zervikaler Übergangsbereich, „squamo-columnar junction“, Transformationszone). In dieser Grenzzone finden ständig Verschiebungen eines Epitheltyps zu Lasten des anderen statt. Bei Frauen im geschlechtsreifen Alter rückt das Zylinderepithel bis zum äußeren Muttermund, manchmal sogar bis auf die Portio fläche vor (Ektopie der Zervixschleimhaut). Nach der Menopause zieht es sich wieder weit in den Zervikalkanal zurück. Die Epithelverschiebungen gehen oft mit entzündlichen und regenerativen Veränderungen einher, was zu einer erhöhten Infektanfälligkeit dieser Zone führt. Vor allem aber entstehen hier die meisten präkanzerösen Läsionen und Karzinome der Cervix uteri. Die Vaginalwand besteht aus zirkulär sowie longitudinal angeordneten glatten Muskelfasern. Die Vaginalschleimhaut wird von mehrschichtigem nicht verhornendem Plattenepithel bedeckt.
Klinische Untersuchungsmethoden Inspektion bei Spekulumeinstellung Portio- und Vaginalabstriche sollen bei Spekulumeinstellung unter Sicht gewonnen werden [2]. Fortgeschrit tene Tumoren, Ektopien, Lageanomalien, Verletzungen, Schleimhautrötungen lassen sich somit bereits makroskopisch erkennen und, soweit erforderlich, gezielt biopsieren. Außerdem lassen sich Entzündungen und Veränderungen der Scheidensekretion (Fluor) beurteilen.
Schillersche Jodprobe
Abb. 7.1 Inneres weibliches Genitale, schematische Darstellung
Uterus Anatomie
Die Schillersche Jodprobe besteht im Betupfen der Portio schleimhaut mit einer Jodlösung. Sie färbt das normale glykogenhaltige Plattenepithel aufgrund der Reaktion von Jod mit Glykogen braun, während alle anderen Epi-
100
Kapitel 7
thelbezirke und Defekte ungefärbt bleiben. Der Nachweis eines jodnegativen Bezirkes wird als positive Schillersche Jodprobe bezeichnet. Eine Alternative bietet die Essigprobe: Die Portiooberfläche wird mit 2,5–3%iger Essigsäure betupft. Pathologisch veränderte Areale verfärben sich dadurch weiß. Richtig angewandt, soll dies die Zellerhaltung nicht beeinflussen.
Kolposkopie
7
Mit der von Hinselmann 1924 eingeführten Lupenuntersuchung der Portio bei 10- bis 15facher Vergrößerung lassen sich Veränderungen der Portio genau lokalisieren und in vielen Fällen Dysplasien oder Karzinome erkennen. Die Übereinstimmung zwischen positiven kolposkopischen und zytologischen Befunden beträgt 70%. Die Kombination von Zytologie und Kolposkopie senkt die Rate falsch-negativer Befunde der Zervixdiagnostik, indem kolposkopisch Läsionen entdeckt werden, die in der Zytologie übersehen wurden. Sie ermöglicht außerdem, zuvor zytologisch entdeckte Läsionen genau zu lokalisieren und gezielt zu biopsieren und erspart so unnötige Konisationen. Bezüglich Technik, Terminologie und Befunden dieser für die gynäkologische Praxis unentbehrliche Standardmethode sei auf die gynäkologische Literatur verwiesen [10, 18].
Nativmikroskopie Die Untersuchung mittels Phasenkontrastmikroskopie eines Tropfens Vaginalsekret, der evtl. mit einem zusätzlichen Tropfen physiologischer Kochsalzlösung auf einen Objektträger aufgebracht und mit einem Deckgläschen bedeckt wird, ermöglicht in der gynäkologischen Praxis die Darstellung von Zellen ohne vorherige Färbung. Diese Schnellzytologie erlaubt eine zytologische Funktionsdiagnose sowie eine Beurteilung von entzündlichen Veränderungen und Vaginalflora. Besonders einfach ist der Nachweis von Trichomonaden, die durch ihre lebhaften Bewegungen sofort auffallen. Die Nativmikroskopie ist aber kein Ersatz für die zytologische Untersuchung auf Dysplasie- und Tumorzellen am fixierten und gefärbten Präparat.
Zytologische Methodik Indikationen zur zytologischen Untersuchung Die wichtigste Indikation für den Portio- und Vaginalabstrich ist im Rahmen der Krebsfrüherkennung die Suche
Cervix uteri und Vagina
nach Frühstadien des Zervixkarzinoms. Die zweitwichtigste ist der Abstrich als erste orientierende oder ergänzende Untersuchung von klinisch manifesten Tumoren im Vorfeld der Biopsie. Erst in dritter Linie dient sie in Kombination mit anderen Untersuchungsmethoden der Abklärung von Infektionen, Entzündungen und hormonellen Funktionsstörungen. Empfehlungen zum Alter, ab dem Früherkennungsuntersuchungen durchgeführt werden sollten, sowie die zeitlichen Intervalle nach einer unauffälligen Untersuchung sind einem starken Wandel unterworfen und von nationalen Gegebenheiten abhängig. Im deutschen Krebsfrüherkennungsprogramm ist ab dem Alter von 20 Jahren einmal jährlich eine gynäkologische Untersuchung mit Entnahme einer Zytologie von Gebärmuttermund und Gebärmutterhals vorgesehen. Die Leitlinien des „American College of Obstetricans and Gynecologists“ geben vor, bei 21-jährigen Frauen mit regelmäßigen Untersuchungen in 2-jährigem Abstand zu beginnen und ab dem 29. Lebensjahr auf ein dreijähriges Untersuchungsintervall umzusteigen [1]. Die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Zervixpathologie [2] enthalten keine Empfehlung, in welchen zeitlichen Abständen Frauen zur Krebsfrüherkennung gehen sollten, da es anders als beispielsweise in Schweden kein vom Staat unterstütztes Krebsfrüherkennungsprogramm gibt. Dort werden Frauen ab dem 23. Lebensjahr regelmäßig in dreijährigen Abständen zur Früherkennungsuntersuchung aufgefordert [135]. Die Häufigkeit von Vaginalabstrichen nach Hyterektomie kann davon abhängig gemacht werden, ob die Operation wegen einer gutartigen oder wegen einer bösartigen Veränderung durchgeführt wurde. Besonders bei Frauen im Alter ≥65 Jahre, die wegen einer gutartiger Veränderung hysterektomiert wurden, sind engmaschige Kontrolluntersuchungen nicht indiziert [36]. Die Abstriche sollten bei prämenopausalen Frauen möglichst in Zyklusmitte, bei postmenopausalen Frauen möglichst nach Epithelaufbau durch örtliche Östrogentherapie erfolgen. Dies ist besonders dann anzustreben, wenn das Zellmaterial nach der ThinPrep-Methode aufgearbeitet wird, da Blut und kompakte Plattenepithelverbände die Aufarbeitung stören (s. unter flüssigkeitsbasierter Zytologie).
Konventionelle Abstrichtechnik Das Zellmaterial muss von der Portiooberfläche (P-Abstrich) und aus dem Zervikalkanal bzw. von der zervikalen Grenzzone in Höhe der letzten Zervixdrüse (C-Abstrich) entnommen werden. Im hinteren Scheidengewölbe sammeln sich abgeschilferte Zellen aus allen Bereichen des inneren Genitale. Die Entnahme eines Abstrichs von dort (V-Abstrich) bringt deshalb eine zusätzliche Sicher-
Cervix uteri
Abstrichtechnik
Zytologische Methodik
heit bei der Tumorzellsuche. Der P-Abstrich enthält Plattenepithel bzw. Zellen von Läsionen der Portiooberfläche, der C-Abstrich Zylinderepithel bzw. Zellen von Läsionen der Endozervix, während der V-Abstrich ein Gemisch von Zellen aus verschiedenen Regionen des inneren Genitale darstellt. Für die Entnahme des Abstriches stehen verschiedene Methoden zur Verfügung (Abb. 7.2 und 7.3):
a
b
c Abb. 7.2 Zervix uteri, schematische Darstellung verschiedener Entnahmetechniken. a Spatel mit zungenförmigem Fortsatz, b Zervixbürste, c Ballonpipette
101
• Spatel aus Kunststoff oder weichem, poliertem Holz gewährleisten eine sehr gute Zellausbeute. Die Polierung verhindert, dass Zellen in der Holzmaserung hängen bleiben. Die kommerziell erhältlichen Spatel weisen eine der Portioform angepasste Buchtung und einen abgerundeten zungenförmigen Vorsprung auf. Durch Drehbewegung des auf die Portio aufgesetzten Spatels in Uhrzeigerrichtung wird mit dem gebuchteten Teil die Portiooberfläche, mit dem zungenförmigen Vorsprung der Bereich des Muttermundes abgestrichen. • Zervixbürsten sind besonders für die Zellentnahme aus der Endozervix geeignet. Dem Anwender stehen mehrere Produkte zur Verfügung (z. B. Cervex, Cytobrush und andere). Das Zellmaterial wird entweder direkt ausgestrichen oder in flüssiges Transportmedium eingebracht. • Watteträger sollten nicht mehr verwendet werden. Das traditionelle Entnahmegerät der Gynäkozytologie ist für die Zellgewinnung ungeeignet, weil die Zellen rascher trocknen und bis zu 80% verloren gehen, indem sie in den Maschen der Watte hängen bleiben. • Die Ballonpipette ist für die Zellentnahme aus der Endozervix sehr nützlich. Das Aspirat enthält spontan abgeschilferte Zellen aus den oberen Abschnitten des Zervikalkanals und gelegentlich auch aus dem Cavum uteri. Die besten Ergebnisse werden durch die kombinierte Anwendung der einzelnen Entnahmetechniken erreicht, so z. B. durch Verwendung eines Spatels mit abgerundetem Ende für die Portio, mit eingekerbtem Ende für die zervikale Grenzzone und untere Endozervix und einer Ballonpipette für den höheren Zervikalkanal.
Flüssigkeitsbasierte Zytologie (FBZ)
a
b
c Abb. 7.3 Schematische Darstellung der Herstellung eines Ausstrichs von zervikalem Abstrich a mit Spatel, b Abrollen der Bürste, c sofortige Sprayfixation
Die FBZ (engl. LBC = „liquid based cytology“) wurde entwickelt, um Dünnschichtpräparate herzustellen. Zur Auswahl stehen hauptsächlich zwei Methoden (ThinPrep von Cytyc und SurePath von Tripath), die beide von der US Food and Drug Administration (FDA) zugelassen sind. Beide funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip: Die Zellen werden nicht direkt auf einem Objektträger ausgestrichen, fixiert und gefärbt, sondern in ein Röhrchen mit Konservierungsmedium gegeben und darin ins Zytologielabor geschickt. Dort werden mittels einer speziellen Apparatur Zellen bei der ThinPrep-Methode filtriert und vom Filter direkt auf den Objektträger aufgebracht, bei der SurePath-Methode aus der Suspension auf den Objektträger sedimentiert. Das verbleibende Zellmaterial der Suspension kann für HPV-Test, molekularbiologische und immunzytochemische Untersuchungen verwendet oder in ausgewählten Fällen nach der Zellblockmethode in Paraffin eingebettet werden.
102
7
Kapitel 7
Infolge starker Blut-, Granulozyten- und Schleimbeimischung bei Frauen im Menstruationsalter oder durch den Gehalt an kohäsiven Verbänden von atrophischem Plattenepithel bei postmenopausalen Frauen enthalten 1–2% der mit der ThinPrep-Methode hergestellten Präparate zu wenige Plattenepithelien, da diese Elemente die Filterporen (Durchmesser 10 µm) verstopfen. Damit ist zu rechnen, wenn gleichzeitig der Zellgehalt des Präparats und die vom Apparat verbrauchte Flüssigkeitsmenge („sip-volume“) gering ist. Ist das Präparat zellarm, das Volumen der verbrauchten Flüssigkeit dagegen hoch, war mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die abgestrichene Zellmenge unzureichend. In Fällen, in denen sich die Präparate als zu zellarm erweisen, muss aus dem Restmaterial entweder nach Auflösung der Erythozyten mit Eisessig nochmals ein zweiter ThinPrep- oder ein konventioneller Pap-Ausstrich hergestellt oder eine Wiederholung des Abstrichs verlangt werden [49, 102, 116, 128]. Diese Probleme mit dem Filter gibt es bei der SurePath-Methode nicht, so dass die Zahl der nicht auswertbaren Präparate noch geringer ist [137]. Dafür ist das zellhaltige Areal auf dem Objektträger noch etwas kleiner als bei ThinPrep, was aber die Sensitivität im Vergleich zur ThinPrep-Methode nicht mindert. Die FBZ hat gegenüber der konventionellen Ausstrichmethode folgende Vorteile: • Fast alle Zellen, die von der Patientin entnommen werden, stehen für die Verarbeitung zur Verfügung. Bei der konventionellen Ausstrichtechnik gelangen nur ca. 35% der entnommenen Zellen auf den Objektträger [67]. • Die Zellen sind immer im gleichen, relativ kleinen Abschnitt des Objektträgers lokalisiert. • Während der Verarbeitung wird durch das Zufallsprinzip eine Subpopulation von Zellen generiert, die schließlich auf den Objektträger gelangt und sich dort ebenfalls zufällig verteilt. Dies ist besonders dann wichtig, wenn nur wenige abnorme Zellen vorhanden sind. • Die Zellen liegen überwiegend in einer Schicht und sind exzellent erhalten, der Hintergrund ist bei der ThinPrep-Methode (weniger bei SurePath) weitgehend frei von Blut und Detritus, was die automatische oder semiautomatische Auswertung erleichtert. • Da die Zellen mit einer speziellen Bürste aus dem Muttermundbereich abgestrichen werden, enthalten die Präparate verhältnismäßig viele endozervikale Zellen. • Das Durchmustern der Präparate ist wegen der kleineren Fläche, die abgesucht werden muss, weniger zeit- und personalaufwendig. • Die Standardisierung der Präparation, insbesondere der Fixation und die Verminderung von Trocknungsartefakten erleichtert die Auswertung. • Das Restmaterial der Zellsuspension kann für weitere Untersuchungen, insbesondere zum HPV-Test, zum Nachweis von molekularen Markern (p16, L1 Kapsid) und für bakteriologische Untersuchungen verwendet werden.
Cervix uteri und Vagina
Als Nachteile gelten • höhere Kosten für das erforderliche Gebrauchsmaterial und die Anschaffung der Geräte [15, 82], • das Durchmustern der Präparate erfordert spezielle Einarbeitung und Erfahrung, • entzündliche Veränderungen und die bakterielle Flora lassen sich weniger gut oder gar nicht in der FBZ beurteilen. Vergleichsuntersuchungen zwischen FBZ und konventioneller Zytologie haben bezüglich der Frage, ob die Sensitivität/Entdeckungsrate von präneoplastischen Veränderun gen mittels der einen oder anderen Methode höher ist, zu divergierenden Ergebnissen geführt [28, 109]. Die Sensitivitätsunterschiede der beiden Methoden sind indes nicht so groß, dass sich die Entscheidung für oder gegen eine der beiden Methoden damit rechtfertigen ließe. Entscheidend für den Erfolg beider Methoden sind klinische Abstrichtechnik, Erfahrung sowie Zuverlässigkeit der die Präparate vormusternden ZTA und die Erfahrung des für die Diagnose verantwortlichen Arztes. Diese Faktoren lassen sich in Metaanalysen (siehe [28, 109]) kaum erfassen. Es ist anzunehmen, dass konventionelle Methoden und FBZ, solange zervikale Krebsfrüherkennungsuntersuchungen für notwendig erachtet werden, je nach örtlichen Gegebenheiten und finanziellen Voraussetzungen weiter angewendet werden. In einigen Ländern, vor allem in den USA, in Kanada und weiten Teilen Europas hat sich die FBZ, teilweise in Kombination mit automatischem Vormustern der Präparate schon durchgesetzt. Die wichtigsten Argumente sind ein geringerer Anteil an technisch unzulänglichen Präparaten und die höhere Sensitivität der FBZ bezüglich höhergradigen neoplastischen Veränderungen [135].
Automatische Auswertung Mittlerweile sind Geräte zur automatischen Auswertung von zytologischen Präparaten für die Krebsfrüherkennung kommerziell erhältlich und haben auch schon die Zulassung durch die FDA in den USA erhalten. Prinzipiell gibt es für das automatische Screening zwei Ansätze: Der erste Ansatz besteht in der vollständigen maschinellen Abtastung der Objektträger und Aussonderung der Präparate, die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit atypische Zellen enthalten. Der andere Ansatz besteht darin, auf einem Objektträger diejenigen Zellen zu finden, die mit höchster Wahrscheinlichkeit aus einer neoplastischen Veränderung stammen („location-guided screening“). Die Geräte Focal-Point und Focal-Point GS (Becton & Dickinson) sind so programmierbar, dass sie nach jedem der beiden erwähnten Ansätze arbeiten können. Vom Focal-Point werden die Objektträger (sowohl konventionelle als auch FBZ-Präparate) bei kleiner und großer Vergrößerung
Befundwiedergabe und Einteilungssysteme
durchsucht. Jeder Objektträger erhält einen Wert, der die Wahrscheinlichkeit ausdrückt, ob sich darauf atypische Zellen befinden. Damit lassen sich die Objektträger einer jeden Charge (in der Regel mehr als 100) gemäß aufsteigender (oder absteigender) Wahrscheinlichkeit, atypische Zellen zu enthalten, sortieren. Zusätzlich können die Stellen auf den Objektträgern lokalisiert werden, die mit der höchsten Wahrscheinlichkeit abnormale Zellen enthalten. Das Cytyc ThinPrep Imaging System kann nur mittels des ThinPrep-Systems hergestellte Präparate auswerten. Sie sind mit einer modifizierten Papanicolaou-Färbung gefärbt, die eine computerbasierte Analyse des DNA-Gehalts der Zellen erlaubt; zusätzlich werden morphometrische Parameter wie Kerngröße und -form analysiert. Das Gerät wählt pro Objektträger 22 Punkte aus, die am Mikroskop begutachtet werden. Die Lokalisation dieser Punkte erfolgt automatisch. Wenn der Untersucher an einer der Stellen eine (potentiell) abnorme Zelle identifiziert hat, wird der gesamte Objektträger durchgemustert. Vorteile der automatischen Auswertung sind: • eine hohe Standardisierung der Präparation, • Bearbeitung einer hohen Anzahl von Präparaten pro Zeiteinheit, • eine im Vergleich zur manuellen Durchmusterung höhere Sensitivität zur Erkennung von LSIL und HSIL (37% vs. 8% bei LSIL bzw. 42% vs. 13% bei HSIL). Als Nachteil gelten • die Kosten bei Anschaffung und Unterhalt der Geräte.
Befundwiedergabe und Einteilungssysteme Seit den Anfängen der gynäkologischen Zytologie werden die zytologischen Befunde jedoch zusätzlich Gruppen oder Klassen zugeordnet. Die Einführung der Befundklassen drängte sich auf, da die zytologischen Be-
103
funde nicht immer und nicht vollständig mit den histologischen Diagnosen korrelieren, aber gleichzeitig das Bedürfnis nach einer knappen, standardisierten und praxisorientierten Befundübermittlung besteht, die eine ebenso standardisierte Indikationsstellung für das weitere klinische Vorgehen ermöglicht. Auch für die Vergleichbarkeit der Ergebnisse von statistischen Erhebungen zwischen verschiedenen Zentren ist eine Standardisierung der zytologischen Diagnosen notwendig. Papanicolaou-Klassifikation. Der Gedanke, die zytologischen Befunde in Klassen einzuteilen, geht auf Papanicolaou zurück. Er teilte die zytologischen Befunde in 5 Klassen ein [103]: • Klasse I: unverdächtig • Klasse II: entzündliche Zellveränderungen • Klasse III: neoplasieverdächtig • Klasse IV: hochgradig karzinomverdächtig • Klasse V: Karzinomzellen Münchner Nomenklatur. Das noch immer in Deutschland in Anlehnung an die Papanicolaou-Klassifikation angewandte Einteilungsschema vaginalzytologischer Befunde wurde 1975 durch eine Kommission der Deutschen Gesellschaft für Zytologie erarbeitet und 1998 aktualisiert (Münchner Nomenklatur II, Tabelle 7.1 [60]). Nach der revidierten Münchner Klassifikation gliedert sich der zytologische Bericht in 4 Abschnitte: A Beurteilung der Qualität (ausreichend, bedingt aus reichend, unzureichend mit Begründung) B Angabe des Proliferationsgrades nach Schmitt (s. unten) C Mikroskopisch-mikrobiologische Beurteilung D Diagnose: Gruppenziffer plus Klartextdiagnose. Bethesda-System. Im Dezember 1988 veranstaltete das National Cancer Institute in Bethesda (Maryland, USA.) eine Arbeitstagung von ausschließlich US-amerikanischen Zytologen und Pathologen mit dem Ziel, die Einteilungen der gynäkozytologischen Befunde zu aktuali-
Tabelle 7.1 Münchner Klassifikation II [60] Gruppe
Klartextdiagnose
I
Unauffälliges altersentsprechendes Zellbild
II
Entzündliche, regenerative, metaplastische oder degenerative Veränderungen, Hyper- und Parakeratosezellen
III
Schwere entzündliche oder degenerative Veränderungen, Unterscheidung zwischen gut- und bösartig nicht möglich
IIID
Kernatypien in Superfizial- und Intermediärzellen entsprechend Dysplasie leichten bis mittleren Grades
IVA
Kernatypien von Zellen aus tieferen Schichten entsprechend schwerer Dysplasie oder Carcinoma in situ (CIS)
IVB
Kernatypien tieferer Schichten, beginnende Invasion nicht auszuschließen, entsprechend CIS, mikroinvasives CA möglich
V
Invasives Zervixkarzinom/anderer maligner Tumor
0
Technisch unzureichendes Material
104
Kapitel 7 Tabelle 7.2 Die Akronyme der Bethesda-Klassifikation [133]
7
AGC
Atypical glandular cells
ASC-H
Atypical squamous cells, cannot exclude high-grade squamous intraepithelial neoplasia
ASC-US
Atypical squamous cells of unknown significance
AGC
Atypical glandular cells
AIS
Adenokarzinom in situ
CIS
Carcinoma in situ
EC/TZ
Endocervical/transformation zone
EM’s
Endometrical cells
HSIL
High-grade squamous intraepithelial lesion
HPV
Human papilloma virus
LSIL
Low-grade squamous intraepithelial lesion
MMMT
Malignant mixed mesodermal tumor
NILM
Negative for intraepithelial lesion or malignancy
VAIN
Vaginal intraepithelial neoplasia
sieren [97]. Das von den Tagungsteilnehmern verabschiedete „Bethesda-System“ wurde 2001 in wenigen Punkten modifiziert (Tabelle 7.2). Neu an diesem System ist • die ausschließliche Verwendung von Textdiagnosen in Form von Akronymen unter vollständigem Verzicht auf numerische Klassen; • die Reduzierung der drei Grade der intraplattenepithelialen Neoplasie (WHO: 3 Dysplasiegrade) auf zwei, nämlich „Low-grade Squamous Intraepithelial Lesion“ (LSIL) und „High-grade Squamous Intraepithelial Lesion“ (HSIL); • die Zuordnung der HPV-bedingten kondylomatösen Läsion ohne Kernatypie zur LSIL; • die Gleichstellung von mittelgradiger Dysplasie und HSIL, was bedeutet, dass auch die einer mittelgradigen Dysplasie zuzuordnenden zytologischen Befunde im Unterschied zum Münchener System eine Indikation zur histologischen Abklärung darstellen; • die Einführung von zwei Kategorien (Tabelle 7.2) für nicht eindeutig beurteilbare Befunde: ASC-US bezeichnet Plattenepithelveränderungen, die nicht zur Diagnose einer SIL ausreichen; dahinter verbergen sich überwiegend reaktiv-entzündlich bedingte und zu einem kleineren Teil niedriggradige und selten hochgradige neoplastische Zellveränderungen. Als ASC-H werden Veränderungen bezeichnet, die zwar verdächtig auf eine hochgradige intraepitheliale Neoplasie sind, aber keine sichere Diagnose erlauben, wie sie zur Einleitung einer invasiven Therapie (Konisa tion, LEEP = „loop electrosurgical excision proce
Cervix uteri und Vagina
dure“) erforderlich wäre. Der Anteil solcher Diagnosen wird mit 0,27–0,6% angegeben [106]. Die Bezeichnung AGUS („atypical glandular cells of un determined significance“) wurde zugunsten AGC aufgegeben, da sich von wenigen Ausnahmen abgesehen abnorme Veränderungen des zervikalen Zylinderepithels nicht eindeutig reaktiven oder neoplastischen Veränderungen zuordnen lassen. Beurteilung der Abstrichqualität. Beide Systeme verlangen in jedem Fall eine Aussage zur Beurteilbarkeit des zytologischen Ausstrichs. Die Kriterien zur Beurteilung der Qualität sind in der folgenden Übersicht aufgeführt. Wichtigstes Kriterium ist der Zellgehalt, insbesondere der Gehalt an endozervikalen Zellen. Während die Angaben der Münchner Nomenklatur dazu allgemein gehalten sind, verlangt das Bethesda-System mindestens mindestens 5000 Plattenepithelien sowie 10 Zellen aus Endozervix und Umwandlungszone. Andere fordern mindestens 25 bis 50 derartiger Zellen, da anzunehmen ist, dass Zellen aus einer intraepithelialen Neoplasie in Ausstrichen, die auch endozervikale Zellen enthalten, häufiger gefunden werden [110]. Zeichen unzureichender Ausstrichqualität • Zu wenig Zellmaterial • Unzureichende Fixierung • Schwere degenerative Zellveränderungen • Starke Entzündung • Stark blutiger Ausstrich • Starke Zellüberlagerung Bemerkungen zur Anwendung der Klassifikationssysteme. Einen Vergleich der Schemata München II und Bethesda gibt Tabelle 7.3. Die beiden Klassifikationen unterscheiden sich im Wesentlichen in zwei Punkten: • Während in der Münchner Nomenklatur die zytologischen Zeichen einer HPV-Infektion der Klasse II zugeordnet werden, fallen sie nach der Bethesda-Klassifikation unter die niedriggradigen intraplattenepithelialen Neoplasien (LSIL). • Im Unterschied zur Münchner Nomenklatur kennt die Bethesda-Klassifikation nur noch zwei Klassen von intraepithelialen Neoplasien (LSIL und HSIL). Weltweit hat sich heute die Bethesda-Klassifikation durchgesetzt, während in Deutschland noch meist die Münchner Klassifikation angewendet wird. Die in den zuletzt 2008 bestätigten Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft für Zervixpathologie & Kolposkopie [2] aufgeführten Argumente für die Beibehaltung der Münchner Nomenklatur sind nicht überzeugend. Da der Zusammenhang zwischen HPV-Infekt und Entstehung neoplastischer Epithelveränderungen als gesichert gelten darf, zwingt die
Physiologische Zellbilder
105
Tabelle 7.3 Synopsis der zytologischen Befundklassen nach WHO/CIN, Papanicolaou (Pap), München II, und Bethesda Dysplasie-Typ
WHO/CIN
Pap
München II
Bethesda
Kondylomatöse Läsion
–
II
IIc
LSIL
Leichte Dysplasie
1
III
IIId
LSIL
Mittelschwere Dysplasie
2
III
IIId
LSIL
Mittelschwere bis schwere Dysplasie
3
IV
IVa
HSIL
Schwere Dysplasie/CIS
3
IV
IVa
HSIL
CIS, Invasion nicht auszuschließen
3
IV
IVb
HSIL
Karzinom
Karzinom
V
V
Karzinom
Bethesda-Klassifikation richtigerweise zu einer konsequenten Nachverfolgung. Überhaupt bestehen die Vorteile der Bethesda-Klassifikation darin, dass sämtliche, auch die niedriggradigen präneoplastischen Veränderun gen stärker betont und die höhergradigen früher histo logisch abgeklärt werden. Ob sich die Münchner Nomenklatur auf Dauer halten kann, bleibt dahingestellt, da selbst die unter Beteiligung deutscher Autoren verfassten Europäischen Leitlinien die Verwendung der BethesdaKlassifikation empfehlen [7, 56]. Empfehlungen an die Klinik. Wie oben ausgeführt, ist die Standardisierung der aus den zytologischen Befunden resultierenden klinischen Maßnahmen ein wesentliches Ziel beider Klassifikationen. Leitlinien zum weiteren Vorgehen bei zytologisch auffälligen Befunden werden von den verschiedenen Fachgesellschaften herausgegeben [1, 30, 55]. In den Leitlinien der AG-CPC [2] wird eine reflexartige HPV-Bestimmung bei zytologischen Zeichen einer intraepithelialen Neoplasie jedweden Grades ausdrücklich abgelehnt. Doch kann der HPV-Test bei allen nicht eindeutigen Befunden hilfreich sein [106, 128].
des Plattenepithels von Portio und Vagina starken hormonabhängigen Schwankungen. • Basalzellen sind die kleinsten Plattenepithelien. Ihr Durchmesser beträgt ca. 15 µm; sie sind kubisch und besitzen einen rundlichen, oft relativ chromatindicht erscheinenden, feingranulierten Kern, der fast den gesamten zyanophilen Zytoplasmaleib ausfüllt. Oft ist ein zarter Nukleolus sichtbar. Basalzellen sind in Zervixabstrichen selten nachweisbar. • Parabasalzellen besitzen einen ähnlichen Kern; ihr Zytoplasma ist breiter als das der Basalzellen, abgerundet und in PapF meist zyanophil und nur gelegentlich infolge pathologischer Keratinisierung eosinophil (Abb. 7.4). Die Kerne sind größer und heller, das Kernchromatin feiner granuliert als bei den Basalzellen. • Intermediärzellen sind größer als Parabasalzellen. Der Größe nach unterscheidet man kleine und große Intermediärzellen. Ihr Kern ist noch immer vesikulär und gleichmäßig feingranulär. Nukleolen sind nicht mehr sichtbar. Das Zytoplasma ist ähnlich wie bei reifen Plattenepithelzellen polygonal begrenzt, aber zyanophil. Die Kern-Plasma-Relation ist im Vergleich zu
Physiologische Zellbilder Portio- und Vaginalabstriche enthalten ein Gemisch aus Zellen des Vaginalepithels, des ekto- und endozervikalen Epithels, des Korpusendometrium, Entzündungszellen sowie Bakterien in unterschiedlicher Menge und Zusammensetzung. Hinzu kommt eine in Zusammensetzung und Ausmass variable Bakterienflora.
Epithelien Plattenepithelien. Anders als an anderen Stellen des Organismus unterliegt das zytologische Erscheinungsbild
Abb. 7.4 Parabasalzellen, eine große Intermediärzelle (PapF, Obj. 40×)
106
7
Kapitel 7
Cervix uteri und Vagina
Abb. 7.5 Intermediärzellen (zyanophil) und Superfizialzellen (eosinophil) (PapF, 525×)
Abb. 7.7 Zervikale Zylinderzellen flacher Verband in Aufsicht (PapF, 250×)
Abb. 7.6 Zervikale Zylinderzellen in seitlicher Ansicht; polarer Bau erkennbar: Kerne basalständig, apikale Schleimbildung (rosa) (PapF, 840×)
Abb. 7.8 „Tubare Metaplasie“. Teils mehrkernige Flimmerzellen im Zervixabstrich (PapF, Obj. 20×)
den Parabasalzellen noch stärker zugunsten des Zytoplasmas verschoben (Abb. 7.4 und 7.5). • Superfizialzellen besitzen einen noch etwas kleineren, geschrumpften, strukturarmen und pyknotischen Kern. Das Zytoplasma ist leuchtend eosinophil. In den Keratozyten, den Zellen der Hornschicht der Epidermis, ist der Kern höchstens noch schattenhaft erkennbar. Das Zytoplasma ist in der PapF intensiv rot oder leuchtend gelb. Stark keratinisierte, aber noch immer kernhaltige Zellen werden als parakeratotische Plattenepithelien bezeichnet. Sie sind meist wesentlich kleiner als reife Keratozyten, ihr Zytoplasma ist abgerundet, manchmal geschwänzt. Ihre Kerne neigen zur Pyknose (Abb. 7.5).
klassische Honigwabenmuster ergeben (Abb. 7.7). Folgende Subtypen der Zylinderzellen können im gynäkologischen Abstrich vorkommen: • Sekretorische Zylinderzellen sind am häufigsten. Form und Größe hängen vom jeweiligen Funktionszustand ab. Am Zyklusanfang sind die Zylinderzellen niedrig. Die Kerne befinden sich an der Zellbasis (Abb. 7.6). Zwischen dem 8. und 14. Tag des Menstruationszyklus nehmen die Zellen an Höhe und Breite zu. Die Kerne wandern zur Zellmitte. Das Zytoplasma enthält Schleimvakuolen, die den apikalen Pol vorwölben. Am 15.–16. Tag runden sich die Zylinderzellen infolge starker Schleimbildung ab. Die Kerne sind nach Art der Siegelringzellen zur Peripherie gedrängt. Vom 16.–28. Tag nimmt die Schleimproduktion wieder ab und die Zellen werden wieder niedriger. Gelegentlich sind in das Zylinderepithel schleimproduzierende Becherzellen wie im Epithel der Kolonschleimhaut eingestreut. Häufig findet man nackte Zylinderzellkerne. • Flimmerzellen: Dieser seltenere Typ der Zylinderzelle kommt einzeln oder in kleinen Gruppen zwischen den
Zylinderepithelien. Das mikroskopische Bild der zervikalen Zylinderzellen hängt von der Lagerung im Abstrichpräparat ab. Zusammenhängende Zellen bilden einschichtige flach ausgebreitete oder dreidimensionale Verbände, die von der Seite betrachtet ihre zylindrische Form erkennen lassen (Abb. 7.6) und bei Aufsicht das
Physiologische Zellbilder
107
sekretorischen Zylinderzellen hauptsächlich im oberen Zervixabschnitt vor („tubare Metaplasie“). Die Flimmerzellen können doppel- und mehrkernig sein (Abb. 7.8). Gelegentlich findet man auch riesenhafte Einzelkerne. Es handelt sich um harmlose polyploide Kerne ohne Krankheitswert, die sich von normalen Zellkernen nur durch ihre Größe unterscheiden. • Reservezellen kommen selten und wenn, dann im endozervikalen Abstrich vor. Es handelt sich um kleine Zellen mit runden bis ovalen Kernen, fein granulärem Kernchromatin und unscharf begrenztem, fragilem Zytoplasma. Die als typisch bezeichnete Lagerung in Zellpaaren, kleinen Gruppen oder Reihen ist nicht immer nachweisbar. Abb. 7.9 Döderleinflora und Zytolyse (PapF, Obj. 63×)
Hämatogene und andere Zellen • Neutrophile Granolozyten sind vor allem im Zellmaterial der Endozervix zu finden. Sie gehören zur örtlichen Immunabwehr. In kleinen Mengen sind sie physiologisch. Über die Menge, die als krankhaft zu gelten hat, gibt es keine allgemeine Regel. • Eosinophile Granulozyten kommen in Zervixabstrichen in unterschiedlicher Menge vor. Ihre Bedeutung ist nicht klar. • Lymphozyten sind in der Regel nur nach langem Suchen zu finden. Springen sie ins Auge, spricht dies für eine ausgeprägte Zervizitis. • Histiozyten: Außer unveränderten Histiozyten kommen in Vaginalabstrichen auch Riesenzellen vor. Manche Histiozyten fallen durch ein besonders breites Zytoplasma auf, das Vakuolen mit phagozytierten Leukozyten und Zelldetritus enthält. Der etwas über erythrozytengroße Kern liegt peripher. • Spermien werden in Zervixabstrichen oft angetroffen. Da sie keinen krankhaften Befund darstellen und die Intimsphäre der untersuchten Frau betreffen, müssen sie im zytologischen Bericht nur vermerkt werden, wenn eine klinische oder forensische Fragestellung vorliegt. Zusammen mit Spermien vorkommende Hornschuppen können nicht einer Epidermisierung des Portioepithels zugeordnet werden, sondern stammen möglicherweise vom Mann.
Physiologische bakterielle Flora Die gesunde Vagina ist von unterschiedlichen Bakterien besiedelt. Es überwiegen diverse Subtypen der DöderleinBakterien (Lactobacillus acidophilus, L. jensenii, L. crispatus und andere). Daneben findet sich stets eine kleine, im Ausstrich kaum nachweisbare Population von kokkenförmigen Bakterien. Der Anteil der Döderlein-
Bakterien wechselt mit dem zytoplasmatischen Glykogen gehalt der Intermediär- und Superfizialzellen. Mit steigendem Glykogengehalt der Vaginalepithelien nimmt auch die Döderlein-Flora zu. Dies ist vor allem in der zweiten Zyklushälfte der Fall. Die Döderlein-Bakterien verhindern durch ihre Adhärenz an den Epithelzellen die Infektion mit pathogenen Keimen, indem sie die Rezeptoren blockieren, an die auch andere Bakterien andocken. Sie verstoffwechseln die abgeschilferten Plattenepithelien und lösen sie auf. Dabei produzieren sie Wasserstoffperoxyd und stellen durch anaerobe Milchsäureproduktion ein saures Milieu her, das andere Bakterien abwehrt [72]. Zytologie. Die Döderlein-Zytolyse gibt sich im Ausstrich durch große Massen von stäbchenförmigen Bakterien, feinkörnigen zytoplasmatischen Detritus und nackte Kerne zu erkennen (Abb. 7.9). Gelegentlich lagern sich die Bakterien kettenförmig hintereinander, was zur Verwechslung mit fadenförmigen Bakterien führen kann. Von einer „Döderlein-Flora“ sollte man im zytologischen Bericht nur sprechen, wenn nur im Zervixabstrich, nicht aber zwischen den Plattenepithelien der Ektozervix eine größere Anzahl neutrophiler Granulozyten nachweisbar ist. Eine „reine“ Döderlein-Flora ist selten. Im flüssigkeitsbasierten Zellpräparat ist die bakterielle Flora von Ausnahmen abgesehen nicht zuverlässig zu beurteilen.
Physiologische Hormonwirkungen auf das Portioepithel Vor allem zwei Gruppen von Hormonen beeinflussen die Differenzierung des Portioepithels: • Die Östrogen-Konzentration im peripheren Blut der gesunden geschlechtsreifen Frau gewährleistet die Ausreifung des Plattenepithels bis zur Ausbildung ei-
108
7
Kapitel 7
Cervix uteri und Vagina
Abb. 7.10 Hypoöstrogenismus. Gestörter Aufbau des Plattenepithels bei prämenopausaler Patientin (PapF, Obj. 40×)
ner Superfizialzellschicht. Zu niedrige Östrogenkonzentrationen reichen dagegen nicht für eine vollständige Ausreifung des Epithels aus. Die Abstriche enthalten dann vorwiegend Zellen der tieferen Epithelschichten (Abb. 7.10). • Die Gestagene, darunter das vom Gelbkörper des Ovars gebildete Progesteron, bewirken eine Glykogenvermehrung im Zytoplasma der Plattenepithelien. Im Ausstrich erscheinen Intermediärzellen zum Teil leicht zugespitzt, ihr Zytoplasma ist in Längsrichtung eingefaltet („folding“), so dass sie die Form eines kleinen Bootes annehmen. Sie werden deshalb als Navikularzellen bezeichnet. Deren Häufigkeit korreliert mit dem Gestagenspiegel. Besonders häufig sind Navikularzellen ab der 8. Schwangerschaftswoche. Deshalb werden sie auch als „Schwangerschaftszellen“ bezeichnet. Dem gestagenbedingten Glykogenreichtum der Plattenepithelien sind auch die in der 2. Zyklushälfte auftretende Vermehrung der Döderlein-Bazillen und die Döderlein-Zytolyse zuzuschreiben. Papanicolaou untersuchte die plattenepithelialen Veränderungen während des Zyklus und entwickelte dazu die nach ihm benannte Färbemethode. Mit ihr lassen sich die zyklischen Epithelveränderungen besser darstellen als mit der gewöhnlichen Hämatoxylin-Eosin-Färbung. So erscheint das Zytoplasma der Superfizialzellen eosinophil, das der weniger ausgereiften Vorstufen zyanophil. Auch wenn heute die serologische Hormonbestimmung zuverlässigere Ergebnisse liefert, gehört gemäß Leitlinien der Deutschen AG CPC [2] die Angabe des Proliferationsgrades nach Schmitt [121] zur zytologischen Beurteilung eines jeden Portioabstrichs (Abb. 7.11). Wie in Tabelle 7.4 dargestellt, wird die Differenzierungshöhe entsprechend dem Gehalt an Basal-, Parabasal-, kleinen und großen Intermediär- sowie Superfizialzellen in mehrere Grade eingeteilt. Sie ist vor allem eine einfache Methode, am zytologischen Abstrich zu beurteilen, ob die
Abb. 7.11 Proliferationsgrad nach Schmitt. 1 Parabasales, 2 unreifes intermediäres, 3 reifes intermediäres, 4 superfiziales Zellbild mit Zwischenstufen
Tabellen 7.4 Bestimmung des Proliferationsgrades nach Schmitt [121] Grad
Zelltyp
4
Ausschließlich Superfizialzellen
4–3
Vorwiegend Superfizialzellen, vereinzelt große Intermediärzellen
3–4
Vorwiegend große Intermediärzellen, vereinzelt Superfizialzellen
3
Ausschließlich große Intermediärzellen
3–2
Vorwiegend große, vereinzelt kleine Intermediärzellen
2–3
Vorwiegend kleine, vereinzelt große Intermediärzellen
2
Ausschließlich Parabasalzellen
2–1
Vorwiegend Parabasalzellen, vereinzelt Basalzellen
1–2
Vorwiegend Basalzellen, vereinzelt Basalzellen
1
Ausschließlich Basalzellen
Physiologische Zellbilder
109
Tabelle 7.5 Zyklusphasen und zugehörige Zellbilder Phase des Menstruationszyklus
Tag
Zellbild
Menstruationsphase
1–4
Erythrozyten, Granulozyten, Intermediärzellen, Superfizialzellen, Endometriumzellen
Frühe Proliferationsphase
5–8
Meist Intermediärzellen, wenige Superfizialzellen, Histiozyten, Granulozyten, Endometriumzellen
Mittlere Proliferationsphase
9–11
Superfizialzellen, Intermediärzellen, wenig Histiozyten, Granulozyten, Endometriumzellen
Späte Proliferationsphase
12–14
Superfizialzellen, keine Granulozyten
Ovulationstermin
14–15
Superfizialzellen flach ausgebreitet, eosinophil
Sekretionsphase
15–28
Intermediärzellen mit Haufenbildung und Längsfalten, Granulozyten, Döderlein-Stäbchen, Döderlein-Zytolyse
Behandlung mit einem Östrogenpräparat ausreichend dosiert war. Die zytologische Untersuchung ist aber nur dann einigermaßen zuverlässig, wenn der Epithelaufbau nicht durch entzündliche Veränderungen gestört ist. Praktisch spielt die Beurteilung des Differenzierungsgrades zur Beurteilung des Hormonhaushaltes jedoch keine Rolle mehr, sondern ist durch laborchemische Untersuchungen des Östrogen- bzw. Gestagenspiegels ersetzt. Der Anteil der Superfizialzellen lässt sich über zwei weitere Tests abschätzen. Beim Karyopyknoseindex (KI) wird der Anteil der Zellen mit pyknotischen Kernen von 100 ausgezählten Intermediär- und Superfizialzellen bestimmt. Der KI schwankt zwischen 0 bei der Atrophie und 100 unter Östrogentherapie. Er beträgt in der Proliferationsphase 0–32, während der Ovulation 12–90 und in der Gestagenphase 0–47. Der Eosinophilieindex ist der Anteil der Plattenepithelien mit eosinophilem Zytoplasma an 100 ausgezählten Plattenepithelien. Wegen der Inkonstanz der Papanicolaou-Färbung ist der Eosinophilieindex von zweifelhafter Aussagekraft.
mer mehr aus. Solange die Zyklen anovulatorisch verlaufen, steht das Vaginalepithel ausschließlich unter Östrogeneinfluss. Erst mit Einsetzen der Ovulation tritt der Gestageneinfluss in der zweiten Zyklushälfte auf. Geschlechtsreife: Der normale ovulatorische Zyklus geht mit charakteristischen Zellbildern einher, anhand derer die Zyklusphasen bestimmt werden können (Tabelle 7.5). Prämenopause: Die Ovarialfunktion ist jetzt häufig gestört. Anovulatorische Zyklen mit Persistenz von ausgereiften, aber nicht rupturierten Follikeln, sind in diesem Lebensabschnitt nicht selten. Im Zellbild der zweiten Zyklushälfte fehlt der Gestageneffekt. Falls eine Follikelinsuffizienz hinzukommt, entspricht das Zellbild einer partiellen Atrophie. Postmenopause: In der frühen Postmenopause enthalten die Ausstriche flach ausgebreitete Intermediärzellen. In der späten Postmenopause wird das Plattenepithel atrophisch. Es besteht nur noch aus Parabasalzellen die einzeln abschilfern oder in ganzen Verbänden, in denen die Zellgrenzen nicht mehr zu erkennen sind (atrophische Zellkohäsion) abgestrichen werden (Abb. 7.12). Der in-
Altersabhängige Veränderungen Neugeborenenalter: In der ersten Woche nach der Geburt steht das Epithel unter dem Einfluss der mütterlichen Geschlechtshormone, die das kindliche Vaginalepithel zur vollständigen Ausreifung bringen. Die Ausstriche enthalten vorwiegend zyanophile Intermediärzellen, von denen manche Navikularzellen gleichen. Sobald der Einfluss der mütterlichen Geschlechtshormone und damit die Epithelproliferation aufhört, stellt sich ein atrophisches Zellbild ein. Kindheit: Entsprechend der sehr geringen Produktion von weiblichen Hormonen ist das Epithel niedrig. Das Zellbild ist ähnlich wie in der Postmenopause. Pubertät: Unter der zunehmenden Produktion von weiblichen Steroidhormonen reift das Vaginalepithel im-
Abb. 7.12 Atrophisches Zellbild (FBZ, PapF, Obj. 63×)
110
7
Kapitel 7
Abb. 7.13 Postmenopausale Kolpitis. Atrophisches Zellbild und entzündungsbedingte Kernvergrößerungen (PapF, 330×)
tensiv eosinophilen Parabasalzellen wegen, die an die Pseudoeosinophilie bei Entzündungen erinnern, spricht man auch von einer Postmenopausenkolpitis (Abb. 7.13). Der Ausstrichhintergrund enthält wenig Schleim, dafür feinkörnigen Detritus, oft vermischt mit Histiozyten und vereinzelten histiozytären Riesenzellen.
Menstruationszyklusabhängige Veränderungen Zwar ist der Zyklustag zytologisch nicht genau zu bestimmen, doch lassen sich folgende Zyklusphasen unterscheiden: Menstruationphase (1.–4. Tag): Neben zahlreichen Erythrozyten und neutrophilen Granulozyten enthält der Ausstrich Intermediärzellen, Superfizialzellen und nicht selten Endometriumzellen („Exodus“, Abb. 7.14).
Abb. 7.14 „Exodus“. Menstrueller Endometriumabgang (PapF, Obj. 40×)
Cervix uteri und Vagina
Frühe Proliferationphase (5.–8. Tag): Man findet vorwiegend Intermediärzellen, wenige Superfizialzellen und deutlich weniger Histiozyten, neutrophile Granulozyten und nur selten Endometriumzellen. Endometriale Stro mazellen erscheinen im Vaginalabstrich, solange die endometriale Wundfläche noch nicht von Epithel bedeckt ist. Mittlere Proliferationsphase (9.–11. Tag): Superfizialzellen und Intermediärzellen kommen zu etwa gleichen Teilen vor. Der Anteil der Histiozyten, Granulozyten und Endometriumzellen ist weiter rückläufig. Späte Proliferationsphase (12.–14. Tag): Das Zellbild wird von Superfizialzellen beherrscht. Diese liegen zur Zeit des Eisprungs flach ausgebreitet. Der Ausstrichhintergrund des Portioabstrichs enthält keine Leukozyten und nur wenige Bakterien. Granulozyten sind auch jetzt im Zervixabstrich vorhanden. Sekretionsphase (14.–28. Tag): Intermediär- und Superfizialzellen bilden lockere Aggregate. Das Zytoplasma insbesondere der Superfizialzellen ist unscharf berandet und längs eingefaltetet („folding“). Vereinzelt finden sich Navikularzellen. Der Hintergrund enthält neutrophile Granulozyten und in typischen Fällen eine ausgeprägte Döderlein-Zytolyse. Der Nachweis von Endometriumzellen in der zweiten Zyklushälfte ist pathologisch und stellt eine Indikation zur Abklärung des Endometriums dar.
Schwangerschaftsbedingte Veränderungen In der Frühschwangerschaft erfolgt die endokrine Steuerung durch das Corpus luteum, ab der 12. SSW durch die Plazenta. Das Zellbild gleicht dem Gestageneffekt der zweiten Zyklushälfte mit Bildung von Zellhaufen („clustering“), Zellfalten („folding“), Döderlein-Stäbchen und Döderlein-Zytolyse. Typisch sind die wie ein kleines Boot geformten Navikularzellen. Ihr perinukleäres Zytoplasma erscheint durch Glykogeneinlagerung feingranulär gelblich. Wenn sie den Ausstrich beherrschen, spricht man von einem navikularen Zellbild. Dieses Zellbild kommt allerdings nicht nur in der Schwangerschaft vor, sondern auch bei Funktionsstörungen, die mit einem niedrigen Epithelaufbau und verstärktem Gestageneinfluss einhergehen, z. B. bei Corpus-luteum-Persistenz. Selten zu beobachten ist das Arias-Stella-Phänomen. Hierbei handelt es sich um Veränderungen, die unter Hormoneinfluss während der Schwangerschaft entstehen. Die glandulären Zellen und ihre Kerne sind vergrößert, die Kerne sind rundlich-oval, die Chromatinstruktur ist verwaschen, das Zytoplasma vakuolisiert [14]. Die Plattenepithelien fallen gelegentlich durch große aktivierte Kerne auf (s. auch unter Dysplasie in der Schwangerschaft, S. 128).
Pathologische und medikamentös bedingte Hormoneffekte
Postpartale Veränderungen Wochenbett: Die Progesteronproduktion wird durch die Geburt der Plazenta plötzlich abgebrochen. Die Abstriche enthalten bis zum Einsetzen des normalen Zyklus glykogenreiche polygonale Parabasalzellen die als postpartale Zellen („Post-partum-Zellen“) bezeichnet werden. Laktationsphase: Bei stillenden Frauen ist die Ovarialfunktion unterdrückt. Die Abstriche enthalten reichlich Parabasalzellen bis die Ovarialfunktion nach Beendigung der Stillperiode wieder einsetzt.
Pathologische und medikamentös bedingte Hormoneffekte Androgeneffekt: Die Zufuhr von Androgenen oder ein anthrogenproduzierender Tumor bewirken bei einem atrophischen Epithel eine verstärkte Ausreifung bis zu Intermediärzellen, bei einem voll ausgereiften Epithel den Ersatz der Superfizialzellen durch Intermediärzellen. Das „androgene Zellbild“ besteht ausschließlich aus kleinen und großen, haufenförmig gelagerten Intermediärzellen, mit blass zyanophilem Zytoplasma. Ovulationshemmer enthalten synthetische Östrogene, manche auch Gestagene. Sie wirken über einen Rückkopplungsmechanismus über die Hypothalamus-Hypophysen-Achse. Aufgrund der Konzentration der synthetischen Östrogene im Blut sistiert die Ausschüttung des Gonadotropin-Releasing Hormone (Gn-RH) im Hypothalamus, das normalerweise die Ausschüttung des FSH der Hypophyse stimuliert. Dies wiederum regt, die Follikelreifung und die Östrogenproduktion an. Weil unter dem Einfluss der synthetischen Östrogene die FSH-Ausschüttung infolge Gn-RH-Mangels sistiert, finden weder Follikelreifung, Eisprung noch körpereigene Östrogenproduktion statt. Der Östrogeneffekt, der für die Aufrechterhaltung des weiblichen Phänotyps notwendig ist, rührt ausschließlich von den synthetischen Östrogenen her. Deren Dosierung ist so berechnet, dass die Blutspiegel gerade hoch genug sind, um die Gn-RH/FSH-Inkretion zu unterdrücken. Als Wirkstoffe werden synthetische Östrogene und Progestagene als Monosubstanz, oder in Kombinationspräparaten eingesetzt. Die klassische „Pille“ ist ein Kombinationspräparat. Es enthält ein Gemisch aus Östrogenen und Gestagenen. Die meisten Präparate unterscheiden sich vor allem durch das beigefügte Gestagen, während der Östrogenanteil nur geringen Änderungen unterliegt. Das zytologische Bild wird von einem Gestageneffekt bestimmt, der bereits am Zyklusanfang eintritt und während des ganzen Zyklus bestehen bleibt. Während das Vaginalepithel in den ersten Zyklen noch weitgehend normal ausreift, kommt es nach mehrmonatiger oder mehrjähriger
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Einnahme zu einer Atrophie des Epithels. Die Abstriche zeigen dann gleichzeitig ein atrophisches Zellbild und einen ausgeprägten Gestageneffekt. Die Sequenzpräparate imitieren den physiologischen Zyklus durch Gaben von östrogenhaltigen Dragees in der ersten und von gestagenhaltigen Dragees in der zweiten Zyklushälfte. In der ersten Zyklushälfte nimmt der Karyo pyknoseindex unter Östrogeneinfluss schneller und stärker zu als während des normalen Zyklus. Mit Beginn der zweiten Zyklushälfte stellt sich das Zellbild einer Gesta genphase sehr bald ein. Die sog. Minipille enthält niedrig dosierte Gestagene, die zwar die Ovulation verhindern, ansonsten aber nur eine geringe Organwirkung haben. Das Zellbild ist kaum verändert. Der Karyopyknoseindex nimmt während den ersten Monaten der Anwendung ab, um sich bald wieder zu normalisieren. Weil das Vaginalepithel auf die exogene Hormonzufuhr empfindlich reagiert, sind klinische Mitteilungen an das zytologische Labor, betreffend Art und Dauer der Einnahme, von Hormonpräparaten notwendig. Aber auch andere Arzneimittel üben eine hormonähnliche Wirkung auf das Vaginalepithel aus. Herzglykoside haben eine östrogenähnliche, Vitamin A hat eine gestagenähnliche Wirkung.
Hyperöstrogenismus Häufigste Ursachen sind Follikelpersistenz, östrogenproduzierende Ovarialtumoren, Zufuhr östrogenhaltiger Arzneimittel und andere Medikamente wie Tamoxifen zur Behandlung des Mammakarzinoms, Digitalis und Antikoagulanzien. Zytologie. Eine zu hohe Östrogenproduktion und die Stimulierung durch Tamoxifen verursacht nach der Menopause die Ausdifferenzierung des Epithels bis zur Intermediär- und Superfizialzellschicht. Man spricht von einem für das Alter der Patientin zu hohen Epithelaufbau von Plattenepithel und Endometrium. Im Zervixabstrich sind ausgereifte Plattenepithelien und Endometrium zellen nachweisbar (Abb. 7.15). Bei nicht durch Hor montherapie induziertem hohem Epithelaufbau des Endometriums in der Postmenopause sollte eine sonographische Endometriumabklärung empfohlen werden. Denn das Endometriumkarzinom entwickelt sich meist unter dem Einfluss eines chronischen Hyperöstrogenismus und geht daher oft mit hohem Epithelaufbau im Portioabstrich einher.
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Kapitel 7
Cervix uteri und Vagina
Störungen der Gestagenproduktion Eine wichtige Ursache ist die Corpus-luteum-Insuffizienz, eine weitere die Plazentarinsuffizienz, die mit einer Verminderung der Choriumgonadotropin-Produktion einhergeht. Die ungenügende Produktion von Progesteron kann zu Abort und Fehlgeburt führen.
7 Abb. 7.15 Östrogeneffekt unter Langzeitbehandlung mit Tamoxifen bei postmenopausaler Patientin: hoher Aufbau des Plattenepithels, Abgang von Endometriumzellen (PapF, Obj. 63×)
Zytologie. Bei Corpus-luteum-Insuffizienz ist der Karyo pyknoseindex in der zweiten Zyklushälfte hoch, während der Gestageneffekt zur selben Zeit unvollständig ist (inkompletter Gestageneffekt). Der Progesteronmangel während der Schwangerschaft äußert sich im Vaginalabstrich durch Vermehrung der Parabasalzellen, einen Anstieg des Karyopyknose- und des Eosinophilie-Indexes.
Entzündliche und reparative Veränderungen
Die Grenzverschiebungen zwischen endozervikalem Zylinderepithel und Plattenepithel der Portio begünstigen die Entstehung von Entzündungen in der zervikalen UmBei gonadalen Anomalien, aber auch bei Hermaphroditis- wandlungszone (Abb. 7.16 und 7.17), die gelegentlich zu mus, androgenbildenden und hormonell inaktiven Erosionen führen. Intrauterinpessare verstärken diese Ovarialtumoren produzieren die Ovarien je nach Art Vorgänge. Bei älteren Frauen eingesetzte Stützpessare, der Störung ungenügend Östrogen und/oder Progeste- mit denen ein Descensus uteri und eine damit zusamron. Das Zellbild zeigt keine zyklischen Veränderungen. menhängende Harninkontinenz behoben werden, könBeim Turner-Syndrom und bei der testikulären Femini- nen nach längerer Liegezeit zu Ulzera der Vaginalwand sierung fehlt das Geschlechtschromatin (Barr-Körper- führen. Erosionen und Ulzera von Cervix uteri und Vagichen). Bei der Dysgenesie der Ovarien ist es aber vor- nalwand werden zunächst durch unreifes Regenerationshanden. epithel ersetzt, das sich dann mit der Zeit in reifes PlatBei genitalen Missbildungen wie Endometriumatro- tenepithel ausdifferenziert. Ähnliches geschieht im Bephie, Aplasie des Uterus, Zervixatresie, Vaginalaplasie reich des Zylinderepithels. Die regeneratorischen Vorund -atresie, bei denen die Ovarien aber normal ausgebil- gänge können zu einer Reservezellhyperplasie des det sind, ist das Vaginalepithel altersentsprechend ausge- Zylinderepithels oder zu einer Basalzellhyperplasie des reift und unterliegt den zyklischen Veränderungen; Barr- Plattenepithels, schließlich auch zu Hyperplasie bis hin Körperchen sind vorhanden. zur Epidermisierung des Plattenepithels führen.
Hypoöstrogenismus
Zytologie. Eine zu niedrige Östrogenproduktion führt zu einem unvollständigen Aufbau, im Extremfall zur Atrophie des Vaginalepithels. Zyklische Veränderungen des Zellbildes fehlen. Der Karyopyknoseindex ist niedrig. Häufigste Ursachen sind Störungen der Follikelreifung und die Ovarektomie, die beide zur Amenorrhö führen. Da nach Ovarektomie die Nebennierenrinde mit der Zeit teilweise die Produktion von Östrogenen und Androgenen übernimmt, kann das Vaginalepithel später auch nach einer Ovarektomie wieder bis zur Intermediärzellschicht ausreifen.
Abb. 7.16 Granulozytär-entzündliches Zellbild als Zeichen der Kolpitis; Granulozyten mit Plattenepithelien vermischt (PapF, 330×)
Entzündliche und reparative Veränderungen
Abb. 7.17 Pseudoeosinophilie. Parabasale Plattenepithelien bei granulozytärer Entzündung (PapF, 330×)
Regenerative und reparative Zellveränderungen geben keinen Anlass zur Behandlung, solange keine Kernatypien vorhanden sind. Die zytologische Differenzierung der verschiedenen Typen regeneratorischer Veränderungen hat keine unmittelbare klinische Konsequenz. Trotzdem muss man die einzelnen Zelltypen kennen, um sie von Dysplasien und Karzinomen unterscheiden zu können.
Reservezellhyperplasie (Basalzellhyperplasie) Die Basalzellen des Zylinder- wie des Plattenepithels sind die Reservezellen für die Epithelregeneration. Im Bereich der Umwandlungszone sind die Reservezellen möglicherweise pluripotent, so dass sie sich sowohl zu Zylinderepithelien als auch zu Plattenepithelien ausdifferenzieren können. Aus Entzündungen und Verletzungen resultierende Epitheldefekte (Erosionen, Ulzera) werden von ihren Rändern her repariert. Von Reservezell- oder Basalzellhyperplasie spricht man, wenn sich infolge überschießender Proliferation Knospen von Reservezellen bilden. Zytologie. Die Abstriche aus dem Bereich einer Erosion oder eines Ulkus enthalten dichte Aggregate von neutrophilen Granulozyten und histiozytäre Zellen, vermischt mit unterschiedlich ausgereiften Zylinder- und/oder Plattenepithelien. Reservezellen sind nicht immer nachweisbar. Sofern solche in größerer Zahl vorhanden sind, unterscheidet man zwei Formen der Reservezellhyperplasie: Unreife Reservezellhyperplasie: Die Zellen bilden kleine, unregelmäßige Verbände. Das zyanophile Zytoplasma ist unscharf begrenzt („ausgefranst“). Die großen, runden Kerne liegen in der Zellmitte. Das Chromatin ist granulär, aber regelmäßig verteilt. Es erscheint im Gegensatz zum sonstigen Aussehen der Zelle „erstaunlich normal“. Die Kerne enthalten große, oft multiple Nukleolen. Die
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Kernmembran ist leicht betont, aber von gleichmäßiger Dicke. Wichtig für die Diagnose der unreifen Reservezellhyperplasie ist der Nachweis von großen Nukleolen in runden, höchstens leicht vergrößerten, unauffällig strukturierten Kernen. Reife Reservezellhyperplasie: Von den beiden aus einer Basalzelle hervorgehenden Tochterzellen behält eine ihre Teilungsfähigkeit, während die andere in ein postmitotisches Stadium übergeht. Auch diese postmitotischen Zellen sind klein, gelegentlich rhombenförmig und kommen einzeln oder in kleinen Verbänden vor. Das Zytoplasma färbt sich intensiv eosinophil. Die Kerne sind durch Einziehungen und Kerben deformiert. Das Chromatin ist fein granulär und regelmäßig verteilt. Manchmal erscheint es trotz guter Fixation wie bei Milchglaskernen trübe bis opaque, ist aber selbst dann noch relativ hell. Die Kerne dieser hyperplastischen Reservezellen sind groß. Differentialdiagnose. Siehe unter Plattenepithelmetaplasie und Adenocarcinoma in situ (AIS).
Regenerationsepithel Zwischen den Zellen aus einer reifen Reservezellhyperplasie und den Zellen des wiederhergestellten Epithels besteht ein morphologisches Kontinuum. Das aus den Basalzellen hervorgehende Regenerationsepithel schiebt sich vom Rand über den Schleimhautdefekt und bildet schließlich eine durchgehende dünne Schicht unvollständig ausgereifter Epithelien. Der Vorgang wird im deutschsprachigen Schrifttum gelegentlich als „aufsteigende Überhäutung“ bezeichnet [18]. Histologie. Das ein- oder mehrschichtige Regenerationsepithel im Bereich des Plattenepithels besteht aus unreifen Zellen vom parabasalen Typ mit großen Kernen und großen, teils multiplen Nukleolen oder Chromozentren. Mitosen sind häufig. Das Zytoplasma ist noch relativ breit und gut abgrenzbar. Die Kern-Plasma-Relation nur mäßig erhöht. Wenn die Kerne des Regenerationsepithels abnorm groß oder entrundet sind, spricht man im angelsächsischen Schrifttum auch von „atypischem Regenerationsepithel“ [139], was aber nicht im Sinne einer Neoplasie missverstanden werden darf. Zytologie. Die Zellen des Regenerationsepithels (Abb. 7.18) sind etwa so groß wie Parabasalzellen. Sie sind polygonal bis rhomboid und bilden lockere, regelmäßig strukturierte Verbände („sheets“) mit gut erkennbaren Zellgrenzen, können aber auch zu mehrkernigen synzytialen Zellen verschmelzen. Die Kerne sind 2- bis 3-mal größer als die Kerne von Intermediärzellen, rund oder auch leicht entrundet und auffallend vesikulär. Die
Cervix uteri
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Kapitel 7
Abb. 7.18 Regenerationsepithel. Neutrophile Granulozyten und fischzugartig angeordnete Zellen mit vesikulären, relativ grob strukturierten Kernen und teils mehreren vergrößerten Nukleolen (PapF, 525×)
Cervix uteri und Vagina
Abb. 7.19 Ausreifende Metaplasie. Zellen teilweise noch angedeutet gezipfelt, Zytoplasma zyanophil, Kerne relativ groß, relativ dicht, regelmäßig geformt, fein strukturiert (PapF, 525×)
Kernmembran ist leicht verdickt. Das Chromatin ist fein granuliert, locker und regelmäßig verteilt. Die Kerne enthalten 1 bis 2 rötliche, gut erkennbare Nukleolen. Die Kernmembran ist fein. Das Kernchromatin erscheint relativ grob granulär, aber locker und regelmäßig verteilt. Die Kern-Plasma-Relation ist erhöht. Das Zytoplasma ist blass zyanophil und bildet manchmal pseudopodienartige Ausläufer.
Plattenepithelmetaplasie An der Grenze zwischen Zylinder- und Plattenepithel entstehen Zellen, die rein morphologisch eine Zwischenstellung zwischen Zylinderzellen und Parabasalzellen des Plattenepithels einnehmen und als Zellen der Umwandlungszone oder metaplastische Plattenepithelien bezeichnet werden. Je nach Differenzierungshöhe dieser Zellen unterscheidet man auch hier eine unreife und eine reife Plattenepithelmetaplasie. Klinisch stellt es sich als jodnegativer Bezirk dar. Zytologie. Morphologisch findet man Übergänge zwischen den beschriebenen, noch basalzellnahen regeneratorischen Epithelien, Zellen der unreifen Plattenepithelmetaplasie und Zellen der reifen Plattenepithelmetaplasie. Die unreifen metaplastischen Plattenepithelien besitzen noch zipfelförmige Ausläufer, währen ihre Kerne bereits dichter erscheinen und weniger auffällige Nukleolen aufweisen. Die Zellen der reifen Plattenepithelmetaplasie entsprechen großen Parabalsalzellen und kleinen Intermediärzellen. Sie liegen einzeln oder mosaikartig in lockeren Verbänden. Das Zytoplasma ist abgerundet, oft eosinophil und zeigt gelegentlich eine perinukleäre Aufhellung, die Anlass zur Verwechslung mit Koilozyten geben kann.
Abb. 7.20 Reife Plattenepithelmetaplasie. (PapF, 330×)
Die Kerne sind etwas größer als diejenigen des entsprechenden normalen Zelltyps, stets rund bis leicht oval. Das Chromatin ist fein granulär und regelmäßig verteilt. Die Kernmembran ist zart. Die Nukleolen sind unscheinbar (Abb. 7.19 und 7.20). Differentialdiagnose. Beim Regenerationsepithel sind die Nukleolen zwar etwa ähnlich groß wie beim Adenokarzinom, doch ist das Chromatin nicht verklumpt, das Zytoplasma breiter und die Kern-Plasma-Relation niedriger. Außerdem sind die Zellen des Regenerationsepithels in fischzugähnlichen Verbänden polar orientiert, während die aus Karzinomzellen bestehenden Verbände jede Ordnung vermissen lassen. Die reife Metaplasie kann zytologisch weder vom reifen Regenerationsepithel noch vom
Entzündliche und reparative Veränderungen
normalen Plattenepithel sicher unterschieden werden. Sie ist lediglich klinisch mit Hilfe der Schillerschen Jodprobe aufgrund ihres Glykogenmangels als sog. Umwandlungszone darstellbar. Das metaplastische Epithel kann Zellatypien aufweisen. In solchen Fällen spricht man von einer Dysplasie im metaplastischen Epithel. Siehe auch unter Adenokarzinoma in situ (AIS).
Follikuläre Zervizitis Über die Ursache dieser speziellen Form der chronischen Zervizitis ist wenig bekannt. Möglicherweise besteht eine Assoziation mit Chlamydieninfektionen. Histologie. Die Entzündung ist auf die Zervixschleimhaut begrenzt. Unter dem einschichtigen Zylinderepithel trifft man auf ein dichtes lymphozytäres Infiltrat sowie auf große Lymphfollikel mit hyperplastischen Keimzentren.
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Zytologie. Die Ausstriche enthalten zahlreiche kleine und große Lymphozyten. Typisch sind Keimzentrum zellen und Kerntrümmermakrophagen (Sternhimmelzellen), die aus den Keimzentren der Follikel stammen. Die lymphatischen Zellen kommen bevorzugt im endozervikalen Abstrich vor, wo sie inmitten des Zervixschleims charakteristische Zellstraßen bilden. Die Lymphozyten liegen immer einzeln, nie in Verbänden (Abb. 7.21 und 7.22). Differentialdiagnose. Keimzentrumzellen unterscheiden sich von Karzinomkernen durch das helle, blasse Chromatin. Hinweise auf die in der Zervix sehr seltenen malignen Lymphome sind eine homogene Zellpopulation und die atypische Chromatinstruktur der Kerne, die sich von den hellen Keimzentrumzellen unterscheiden. Bei sehr ausgeprägten zytologischen Veränderungen sollte im Zweifelsfall aus Sicherheitsgründen die histologische Abklärung angestrebt werden.
Durch Intrauterinpessare verursachte Veränderungen Nach Art und Wirkungsweise unterscheidet man mechanisch wirkende, kupferhaltige und hormonhaltige Intrauterinpessare (IUP bzw. „intrauterine device“/IUD). Alle Modelle verursachen eine mehr oder weniger ausgeprägte lokale Reizung, die mit entsprechenden zytologischen Veränderungen einhergehen. Besonders betroffen sind die endozervikale Schleimhaut und das Korpusendometrium.
Abb. 7.21 Follikuläre Zervizitis. Breite Lymphozytenstraße im zervikalen Teil des Ausstrichs (PapF, 80×)
Abb. 7.22 Follikuläre Zervizitis. Buntes lymphozytäres Bild (PapF, 525×)
Intrauterinpessare
Klinik. Die meisten IUP-assoziierten zytologischen Veränderungen bilden sich nach Entfernung des Pessars zurück. Bei Metaplasien, entzündlichen und regeneratorischen Veränderungen kann das IUP je nach klinischem Befund in situ belassen werden. Histologie. Besonders die Zervixschleimhaut, weniger häufig das Korpusendometrium, wird über weite Strecken von unreifem metaplastischem Plattenepithel mit oder ohne Zellatypie bedeckt. Die feingeweblichen Veränderungen des Endometrium hängen unter anderem auch vom Typ des IUP ab [38, 126]. Mechanische IUP verursachen Drucknekrosen im Bereich der unmittelbaren Auflagefläche, ferner fokale Sekretionszeichen während der Proliferationsphase und eine fokale deziduale Umwandlung während der Sekretionsphase. Kupferhaltige IUP hinterlassen im Bereich der Kontaktfläche eine Eindellung in dem ansonsten intakten Oberflächenepithel des Korpusendometrium. Wenn das Endometrium funktionell minderwertig ist, kann zusammen mit der Druckatrophie eine chronische Entzündung entstehen.
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Kapitel 7
Hormonhaltige IUP: Mit Progesteron bestückte IUP bewirken eine oberflächennahe pseudodeziduale Umwandlung des Stromas und eine Atrophie des Drüsenepithels.
7
Zytologie. Die zytologischen Veränderungen bestehen in einer verstärkten Abschilferung aller Epithelzelltypen und den Folgen von Entzündung und chronischer Reizung. Endometriumzellen findet man während allen Zyklusphasen. Sie sind vergrößert und besitzen aufgetriebene Kerne und ein vakuolisiertes Zytoplasma. Auch in den zervikalen Zylinderepithelien nehmen die Kerne an Größe zu. Sie enthalten ein grobes, aber regelmäßig verteiltes Chromatin und vergrößerte Nukleolen. Die Plattenepithelien zeigen gehäuft unspezifische entzündungsbedingte Veränderungen wie leichte Kernvergrößerung, Doppelkernigkeit und Pseudoeosinophilie (= in PapF-Rotfärbung des Plasmas aller Plattenepithelien im Vaginalausstrich infolge entzündungs- und/oder fixationsbedingter Veränderung des pH-Wertes im Scheidensekret). Hinzu kommen metaplastische Plattenepithelien mit regeneratorischen Kernveränderungen. Mitosen sind nicht selten. Ferner werden neutrophile Granulozyten, Lymphozyten, Histiozyten, Riesenzellen vom Fremdkörpertyp und gelegentlich selbst Fibroblasten angetroffen. Die ständige mechanische Reizung und die Verschiebungen des pH erleichtern die Besiedelung mit einer pathologischen Keimflora, vor allem mit enteralen Anaerobiern und Aktinomyzeten. Nicht selten kommt es zur Keimaszension entlang des Pessarfadens und zur asymptomatischen Infektion oder zur Endometritis mit Fieber, Schmerzen und Ausfluss [38]. Differentialdiagnose. Die Kernvergrößerung der Endometriumzellen kann zur Verwechslung mit Karzinomzellen führen. Differentialdiagnostische Schwierigkeiten ergeben sich besonders bei der Abgrenzung vom zervikalen Adenocarcinoma in situ. Nur das weniger grobe Chromatin und das Fehlen von Makronukleolen sprechen gegen ein Karzinom. Seit den Anfängen der intrauterinen Kontrazeption wurde ein möglicher Zusammenhang zwischen der Langzeitwirkung von Intrauterinpessaren auf die Zervixschleimhaut und der zervikalen Kanzerogenese diskutiert. Tatsächlich kommen gelegentlich Adenokarzinome der Endozervix und des Korpusendometriums auch bei Pessarträgerinnen trotz ihres jungen Alters vor. Nach heutiger Auffassung verursachen IUP zwar kein Karzinom, doch die Diagnose eines Adenokarzinoms bei liegendem IUP kann verschleppt werden, indem die Symptome des Tumors (Blutung) auf das Pessar bezogen werden [21, 52, 68].
Cervix uteri und Vagina
Sonstige gutartige Veränderungen Vaginalwandzysten Zysten in der Vaginalwand entstehen aus Resten der Gartner- und der Wolff-Gänge. Sie haben eine wasserkissenartige Konsistenz. Die Feinnadelpunktion fördert einige Milliliter einer klaren farblosen Flüssigkeit zu Tage, die Schaumzellen und gelegentlich schlanke Zylinderzellen mit unauffälligen Kernen enthält.
Vaginale Adenose Besonders bei Frauen, deren Mütter während der Schwangerschaft ein Diethylstilböstrol (DES)-haltiges Hormonpräparat eingenommen haben, kommen in der vaginalen Schleimhaut inselförmige Ansammlungen von muzinösem Zylinderepithel vor. Da DES-haltige Präparate nur in den USA zur Anwendung gelangt sind, kommt in Europa lediglich die noch seltenere sporadische Form vor. Die vaginale Adenose ist bereits mit bloßem Auge als jodnegativer Bezirk zu sehen. Die Diagnose lässt sich bereits kolposkopisch stellen. Aus der vaginalen Adenose können Adenokarzinome hervorgehen. Darum ist die histologische Abklärung in jedem Fall indiziert [51, 112]. Zytologie. Der Abstrich enthält Zylinderzellen, die an das Oberflächenepithel der Zervixschleimhaut und des Korpusendometriums erinnern.
Gutartige glanduläre Veränderungen der Endozervix Das Spektrum der gutartigen Veränderungen des Drüsenepithels von Zervix ist äußerst heterogen. Es umfasst: • Reparative Epithelveränderungen z. B. im Rahmen einer chronischen Zervizitis. • Mikroglanduläre endozervikale Hyperplasie: Es handelt sich um eine örtliche Proliferation endozervikaler Zellen. Die Veränderung kommt typischerweise bei jüngeren Frauen vor und ist häufig mit der Einnahme von Ovulationshemmern, seltener mit Schwangerschaft assoziiert. Sie wird aber auch in Konisaten postmenopausaler Frauen beobachtet. In der Regel handelt es sich um einen Zufallsbefund ohne Krankheitswert [124]. • Tubare Metaplasie: Im proximalen Teil der Endozervix finden sich zwischen den schleimbildenden Zylinderzellen nicht ganz selten Flimmerzellen, die normalerweise in der Tube vorkommen. Wahrscheinlich liegt keine Metaplasie im eigentlichen Sinne vor, sondern es handelt sich bei dem Auftreten von Flimmerzellen um
Ulkus
Gutartige glanduläre Veränderungen der Endozervix
ein normales Phänomen. Der Begriff „tubare Metaplasie“ für Flimmerzellen in dieser Lokalisation hat sich jedoch etabliert. • Intestinale Metaplasie: Die bislang in wenigen Einzelfällen beobachtete Veränderung findet sich ebenfalls hoch endozervikal in tief ins Stroma reichenden Drüsen. Die dicht stehenden, teils zystisch erweiterten Drüsenazini werden von Zylinderzellen mit blass eosinophilem Zytoplasma ausgekleidet, die ein dem Sekret der Pylorusdrüsen des Magens ähnliches Muzin bilden. Die Veränderung ist von gutartigen zervikalen Zysten („Ovula Nabothi“) und von dem seltenen Adenokarzinom der Cervix uteri abzugrenzen. Klinisch besteht wässriger vaginaler Fluor [86]. • Zervikale Endometriose: Sie ist in der Regel eine Folge von Verletzungen des Zervikalkanals während der Geburt oder durch Konisation. Das endometriale Gewebe liegt oft im oberfächlichen Stroma der Zervix und kann von da in die Schleimhaut reichen (oberflächliche Endometriose). Zytologie. Zytologisch unterscheiden sich die Veränderungen kaum, so dass die Diagnose gelegentlich „atypische glanduläre Zellen“ (Bethesda: AGC, NOS) lauten muss [149]. Solche nicht eindeutig klassifizierbaren glandulären Zellen werden in weit unter einem Prozent der Abstriche nachgewiesen. Der Krankheitswert der Veränderungen ist gering. Sie sind aber in der Differentialdiagnose des Adenocarcinoma in situ von Bedeutung. Auf die zytologischen Befunde wird daher dort näher eingegangen (s. S. 129).
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xierte Eileiter kann durch die Naht des Scheidenstumpfes in die Vagina vorfallen und zum Tubenprolaps führen. Auch Fistelbildung im Vaginalstumpf ist eine mögliche Hysterektomiefolge. Zytologie. Je nach Akuität der postoperativen Veränderungen ist das Zellbild mehr oder weniger bunt. Regenerationsepithel, Metaplasiezellen, neutrophile Granulozyten, Histiozyten, Makrophagen und ganz besonders Epitheloidzellen und proliferationsaktive Fibroblasten mit vergrößerten, ovalen oder leicht polymorphen Kernen und deutlichen Nukleolen weisen auf ein Scheidenstumpfgranulom hin. Nach supravaginaler Hysterektomie ist mit zervikalen Zylinderzellen zu rechnen. Auch aus einem Tubenprolaps und tubovaginalen Fisteln können Zylinderzellen (evtl. Flimmerzellen) in den vaginalen Abstrich gelangen. Differentialdiagnose. Zylinderzellen können bei hysterektomierten Frauen auch von den ortsständigen Läsionen der Vagina wie Endometriose und vaginaler Adenose (s. oben) stammen. Des Weiteren kommen Rezidive von Adenokarzinomen des inneren Genitale (Ovar s. S. 86 ff, Endometrium s. S. 154) und penetrierende Rektumkarzinome (s. S. 369) in Betracht. Die aus einem Scheidenstumpfgranulom stammenden Fibroblasten sind in mangelhaft fixierten Ausstrichen, in denen sich die Chromatinstruktur der Kerne nicht eindeutig beurteilbar ist, leicht mit Tumorzellen zu verwechseln.
Andere iatrogene Veränderungen Erosion/Ulkus Bei fortgeschrittenem Descensus uteri, Stützpessaren, aber auch nach Anwendungen von Tampons (vergessene Tampons) entstehen Ulzera der Vaginalwand. Sie müssen klinisch von ulzerierten Karzinomen abgegrenzt werden. Zytologie. Die Abstriche enthalten Detritus, Granulozyten, Makrophagen, Fibroblasten und reaktiv veränderte Epithelien, deren vergrößerte Kerne und hohe Kern-Plasma-Relation an Tumorzellen erinneren (s. oben). In manchen Fällen ist die Beurteilung erst nach örtlicher Entzündungsbehandlung möglich.
Operationsfolgen Im Rahmen der sekundären Wundheilung nach Hysterektomien bildet sich gelegentlich ein knotenförmiges Scheidenstumpfgranulom („Granulationspolyp“). Der am medialen Resektionsrand auf den Scheidenstumpf fi-
Die durch anderweitige therapeutische Maßnahmen hervorgerufenen Veränderungen führen zu sich teilweise überlappenden zytologischen Befunden. Sie sind durchwegs unspezifisch, können aber ohne Kenntnis der Vorgeschichte als neoplasieverdächtig fehlgedeutet werden. Zytologie. Nach Laser- und Elektrokoagulation finden sich kleine monomorphe Zellen, die hyperplastischen Reservezellen oder Regenerationsepithelien entsprechen. Die Veränderungen bilden sich innerhalb von etwa 8 Wochen zurück. Dagegen können radiogene Zellschädigungen (Abb. 7.23) über viele Jahre unverändert persistieren. Die Zellen des gesunden Vaginalepithels reagieren auf die Bestrahlung in Abhängigkeit von ihrem Reifegrad und ihrer proliferativen Aktivität. Am ausgeprägtesten sind die Strahlenschäden in den Zellen der basalen Schichten des Plattenepithels. Die Zellen sind deutlich vergrößert, ihr Zytoplasma ist vakuolär degeneriert und intensiv eosinophil. Die Zellgrenzen wirken verwaschen. Manche Zellen sind schwer deformiert und weisen lange spitze Ausläufer
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Kapitel 7
Cervix uteri und Vagina
biologie, Histologie und organübergreifende zytologische Bilder siehe Kap. 5 „Krankheitserreger“.
Unspezifische Kolpitis und Zervizitis
7 Abb. 7.23 Strahlenschädigung des Vaginalepithels. Kerne im Vergleich zum Kern der unveränderten Intermediärzelle vergrößert, entrundet, doch nur wenig grob strukturiert, Zytoplasma ausgereift (FBZ, PapF, Obj. 63×)
auf. Die Kerne sind vergrößert bis hin zur Bildung von Riesenkernen, entrundet und zeigen alle Zeichen der Degeneration wie Unregelmäßigkeiten der Kernmembran, Kernvakuolen, Kernpyknose, Karyolyse und Karyorrhexis. Die Veränderungen der Intermediär- und Superfizialzellen sind grundsätzlich die gleichen, jedoch weniger augenfällig. Die Kerne dieser postmitotischen Zellen sind pyknotisch und geschrumpft. Doppel- und Mehrkernigkeit kommt bei allen Zellen vor. Die Zellschäden nach systemischer Chemotherapie ähneln den strahleninduzierten. Der zytotoxische Effekt zeigt sich manchmal in einer perinukleären Aufhellung der reiferen Plattenepithelien, so dass diese an Koilozyten erinnern. Differentialdiagnose. Besonders nach Bestrahlung kommt es zu schweren DNA-Schäden und damit zu eindeutigen Kernatypien, so dass die Zellen nicht mehr von Dysplasiezellen zu unterscheiden sind. Man spricht von einer radiogenen Atypie. Doch besteht im Gegensatz zu neoplastischen Zellen bei den iatrogenen Schäden vielfach eine Diskrepanz zwischen dem Grad der Kernatypie und der nur moderaten Steigerung der Kern-Plasma-Relation. Nach Radiotherapie werden regelmäßige zytologische Kontrollen empfohlen, da sich als weitere Strahlenfolge Karzinome entwickeln können.
Infekte An dieser Stelle werden lediglich die in Zusammenhang mit Genitalinfekten auftretenden organspezifischen Ver änderungen besprochen. Allgemeine Angaben, Mikro
Bei Störungen des vaginalen Ökosystems kann die Konzentration der kokkenförmigen Bakterien in der Scheide um das 100- bis 1000fache zunehmen. Auch die Diversität der Keimbesiedlung ist bei Frauen mit gestörter Flora höher als bei Frauen mit überwiegender Döderlein-Flora. Die wichtigsten Vertreter der schon normalerweise häufig vorkommenden kokkenförmigen Keime sind Gardnerella vaginalis, Prevotella, Mycoplasma hominis, diverse Arten von Bacteroides, Ureaplasma und Mobiluncus [72, 147]. Die unspezifische Dysbakteriose, bei der sich der Typ des Bakteriums nicht im Ausstrich bestimmen lässt, ist bei Frauen im Fertilitätsalter eine häufige Erscheinung. Die Ursache ist meist nicht eruierbar. Das Risiko steigt mit der Zahl der Sexualpartner, durch Vaginalspülungen und bei Störung des Immunsystems, z. B. bei Diabetes mellitus. Die Döderlein-Flora kann aber auch während einer systemischen Antibiotikatherapie vernichtet werden. Hormonal bedingte Störungen des vaginalen Epithelaufbaus begünstigen die Infektion der Vagina mit pathogenen Bakterien aus dem Analbereich, mit Pilzen, Viren und Protozoen. Bei einer Kolpitis handelt es sich in ca. 30% um eine bakterielle Vaginose, in ca. 20% um eine Soorkolpitis und in weniger als 10% um eine Trichomonadenkolpitis. Einige dieser Infekte (vor allem Pilze) lassen sich zytologisch am Pap-Ausstrich diagnostizieren. Trichomonaden sind durch ihre Eigenbeweglichkeit im feuchten Nativpräparat am einfachsten nachzuweisen (s. unten). Zytologie. Die pathologische Bakterienbesiedlung ist am besten im konventionellen Papanicolaou-Präparat und nur mit Einschränkung in der FBZ zu erkennen. Bei leichten Formen der Dysbakteriose findet man eine Mischung aus Döderlein-Bazillen und Kokken („Mischflora“). Bei hochgradiger Dysbakteriose wirkt der Ausstrich, als sei ein Sandsturm darüber hinweg gegangen. Alle Zellen sind von kokkenförmigen Bak terien bedeckt, so dass ihre Umrisse verwischt er scheinen (Abb. 7.24). Außerdem kommen – selten – radiär angeordnete nadelförmige Gebilde („cockleburrs“) vor. Die Gebilde sind mitunter von Histiozyten umgeben. In der Papanicolaou-Färbung erscheinen sie rötlich und sind schwach doppeltbrechend. Sie entstehen anscheinend in den Abfallprodukten degenerierender Zellen, die Mikroorganismen oder biologisch inerte Substanzen umlagern, und müssen von ähnlich aus sehenden Hämatoidinkristallen unterschieden werden [63, 70, 87].
Infekte
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Abb. 7.24 Hochgradige Dysbakteriose. Ausstrich wie nach Sandsturm von Kokken bedeckt (PapF, 330×)
Abb. 7.25 Haemophilus vaginalis. „Clue cell“ = von Bakterien bedeckte Plattenepithelzelle (PapF, 330×)
Zusatzuntersuchungen. Die erregerspezifische PCR bietet in den seltenen Fällen, wo dies aus therapeutischen Gründen erforderlich scheint, die Möglichkeit einer exakten Typenbestimmung pathogener Keime. Die meisten genitalen Infektionen müssen erst behandelt werden, wenn sie lokale Beschwerden verursachen.
Differentialdiagnose. „Clue cells“ können mit einer Besiedlung durch andere Bakterien (Laktobazillus, Kokken) verwechselt werden. Für Gardnerella sprechen ein scharfer Abbruch der Bakterienbesiedlung am Zellrand und eine saubere Umgebung der Zelle. Wenn der ganze Ausstrich gleichmäßig von einem Bakterienrasen bedeckt ist, liegt wahrscheinlich keine Gardnerella-Infek tion vor.
Bakterielle Vaginose Synonyme: Aminkolpitis, Gardnerella-Vaginitis
Gardnerellen (Synonyme: Corynebacterium vaginalis, Haemophilus vaginalis) sind gramnegative Stäbchen aus der Gruppe der Corynebakterien. Über den Infektionsweg ist wenig bekannt. Corynebakterien gehören zu den enteralen Saprophyten, so dass eine Aszension aus der Analregion anzunehmen ist. Sie sollen eine höhere Affinität zu den Oberflächenrezeptoren der Plattenepithelien besitzen als die Döderlein-Bakterien. Dies erklärt, weshalb in Gegenwart von Gardnerellen kaum Laktobazillen nachweisbar sind. Klinik. Gardnerellen scheinen überhaupt zu den häufigsten in der Vagina vorkommenden Bakterien zu gehören. Sie verursachen bei Frauen im gebärfähigen Alter einen unangenehmen fischig riechenden Fluor, der auf freigesetzte Amine zurückzuführen ist. Daher rührt die Bezeichnung Aminkolpitis, obwohl in den meisten Fällen keine Entzündung besteht (deshalb heute als „bakterielle Vaginose“ bezeichnet). Der Geruch verstärkt sich durch Zusatz einiger Tropfen Kalilauge zum Vaginalsekret, aber auch durch das alkalische Prostatasekret. Eine lokale antibiotische Behandlung wird nur bei störender Geruchsbelästigung durchgeführt. Zytologie. Typisch, aber nicht beweisend, sind die „clue cells“ (Abb. 7.25). Sie sind auch im flüssigkeitsbasierten Zellpräparat zu erkennen [72].
Chlamydien (Chlamydia trachomatis) Epidemiologie. Die Übertragung der Chlamydien findet durch Wasser in öffentlichen Bädern (Schwimmbadkonjunktivitis), Sexualkontakt und während der Geburt durch die infizierte Zervix (Neugeborenenkonjunktivitis) statt. Die allgemeine Prävalenz beträgt 1–3%, sie erreicht in ausgewählten Kollektiven bis zu 40%. Schwangere unter 20 Jahren sind zu 10–20% infiziert. Chlamydieninfekte treten oft zusammen mit der Gonorrhö auf. Klinik. Chlamydien verursachen in seltenen Fällen eine Zervizitis. Das Vaginalsekret ist infektiös. Als Komplikationen sind bekannt: Aszension ins Cavum uteri, Adnexitis und Perihepatitis. Bis zu 90% der Frauen mit sekundärer tubarer Sterilität haben erhöhte IgM und IgG Antikörpertiter gegen Chlamydien im Serum [6]; eine Chlamydieninfektion gilt daher als wichtiger Grund für ungewollte Kinderlosigkeit. Die Chlamydienzervizitis ist in 40% mit einer Endometritis oder einer Salpingitis, in weiteren 10% mit einer asymptomatischen Chlamydieninfektion des Endometriums und der Tuben assoziiert. Zytologie. Von Chlamydien befallene Epithelien zeigen paranukleär gelegene, verschieden große, helle, scharf begrenzte Vakuolen mit mehreren feinen kleinen runden, rötlich schimmernden Einschlusskörperchen (Abb. 7.26). Diese Veränderungen kommen meist in Metaplasiezel-
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Cervix uteri und Vagina
Abb. 7.26 Chlamydien. Von hellem Hof umgebene zytoplasmatische Einschlusskörperchen (PapF, 330×)
Abb. 7.27 Leptotrix. Feinste lassoartig geschwungene Bakterienfäden (PapF, 525×)
len und in Zylinderzellen, seltener in Plattenepithelien vor. Der Nachweis von Chlamydien im Vaginalabstrich aufgrund der Zytoplasmaeinschlüsse ist unzuverlässig. So ist nur eine zytologische Verdachtsdiagnose mög lich. Die Zytoplasmaeinschlüsse sind auch in der flüssig keitsbasierten Zytologie nachweisbar. Ein direkter Erre gernachweis ist mittels Immunfluoreszenz, PCR oder ELISA möglich. Die serologische Untersuchung ist dagegen wenig aussagekräftig, um einen akuten Infekt zu be weisen.
Klinik. Leptothrix selbst verursacht keine spezielle Symptomatik. Nur wenn Leptothrix und eine bakterielle Mischflora zusammentreffen, entstehen Ausfluss und Entzündungszeichen. Solange Entzündungszeichen fehlen, besteht kein Anlass zur Behandlung.
Aktinomyzes Klinik. Aktinomyzeten kommen als Saprophyten der Vagina ohne Entzündungszeichen und als Teil der bakteriellen Mischflora bei vaginaler Dysbakteriose vor. Voraussetzung ist ein anaerobes Milieu. Bei ca. 10% der Trägerinnen von Intrauterinpessaren (IUP) findet sich eine Besiedelung mit Aktinomyzeten. Die zytologische Untersuchung führt zu einem ersten Verdacht auf Aktinomyzesbefall. Behandlungsbedürftigkeit besteht während der Schwangerschaft, bei Störungen der Immunabwehr und entzündlicher Symptomatik. Ein IUP sollte entfernt werden, sobald sich eine Entzündungssymptomatik einstellt, Zytologie. Siehe Kap. 5, „Krankheitserreger“, S. 65.
Leptothrix Die apathogenen fadenförmigen Fäulnisbakterien können als haarfeine Fäden (daher die Bezeichnung „Leptothrix“) die Vagina besiedeln. Epidemiologie. In der allgemeinen Bevölkerung beträgt die Häufigkeit 2–3%. Als Infektionsweg ist die Aszension von der Analregion wahrscheinlich.
Zytologie. Typisch sind lange fadenförmige, peitschenschnurartig geschwungene Fäden zwischen den Vaginalepithelien (Abb. 7.27). Das mikroskopische Bild steht im Gegensatz zu dem harmlosen Charakter des Erregers. Leptothrix kommt häufig zusammen mit Trichomonaden, weniger häufig mit Mykosen und anderen Mischinfektionen der Vagina vor.
Candida albicans (Soor) Der Erreger besiedelt häufig als harmloser Saprophyt die Analregion und kann von dort in die Vagina verschleppt werden (s. auch Kap. 5, S. 67). Die Infektionshäufigkeit nimmt mit zunehmendem Alter ab. Begünstigend sind ein alkalischer pH, Schädigung der normalen bakteriellen Flora durch übertriebene Lokalhygiene („Zivilisa tionsinfekt“), Antibiotikaeinnahme, eingeschränkte Abwehr der Vaginalschleimhaut (Diabetes mellitus, allgemein zehrende Krankheiten) oder erhöhter Progesteronspiegel durch Ovulationshemmer oder Schwangerschaft. Soor ist auch durch Sexualkontakt übertragbar. Die Soorkolpitis begünstigt im Gegensatz zur Dysbakteriose nicht die Infektion mit dem HPV-Virus und ist daher kein Kofaktor der zervikalen Karzinogenese [35]. Klinik. Die Candidainfektion der Vagina bleibt häufig latent. Doch etwa 75% der sexuell aktiven Frauen machen einmal im Leben eine Episode von vulvovaginaler Candidiasis durch. Begünstigende Faktoren sind eine Schwächung des Immunsystems und Störungen der normalen Keimflora, z. B. durch Antibiotikagabe. Die Soorkolpitis
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verursacht eine Rötung der Schleimhaut, juckende bis brennende Schmerzen und einen dicken, bröckeligen weißen Fluor. Der Nachweis des Erregers gelingt in der Praxis im Phasenkontrastmikroskop. Die Kombination aus klinischer Untersuchung und Bewertung des Nativpräparats ist für die Einleitung der Behandlung mit antimykotischen Vaginalsalben oder -tabletten in der Regel ausreichend [33, 35]. Zytologie. Morphologie s. Kap. 5, S. 67. Candida albicans (s. Abb. 5.12) ist im zytologischen Ausstrich oft schwer zu finden. Sehr charakteristisch sind in Form eines Schaschlikspießes („kish kebab“) um einen Pilzfaden herum aufgereihte Plattenepithelien. Die leicht rötlich gefärbten Soorsprossen und Pseudohyphen liegen einzeln oder in kleinen Gruppen diskret verstreut zwischen Plattenepithelien, die gelegentlich leicht vergrößerte, sonst aber unauffällige Kerne besitzen. Der Ausstrichhintergrund erscheint oft „sauber“. In der Regel ist die Candidainfektion jedoch mit einer ausgeprägten Döderlein-Flora und mengenmäßig umgekehrt proportional mit Keimen einer anaeroben vaginalen Mischflora kombiniert. Differentialdiagnose. In mangelhaft fixierten Ausstrichen können die bei Soorinfektion vorkommenden vergrößerten Kerne plattenepithelialer Zellen Atypien im Sinne einer Dysplasie vortäuschen. Das Zytoplasma dieser Zellen ist jedoch im Gegensatz zu Zellen aus einer intraepithelialen Neoplasie ausgereift. Andere Pilzinfekte der Vagina sind so selten, dass mit ihnen kaum zu rechnen ist. Werden andere Pilze gefunden, muss oft unentschieden bleiben, ob es sich tatsächlich um einen Infekt oder eine äußere Kontamination des Abstrichs handelt. Letzteres ist anzunehmen bei Nachweis von Alternaria, Paecilomyces und Fusarium, die aus der Laborumgebung (Pflanzen, Wasserbad, Farblösung) stammen, sowie von Penicillium, das mit dem Wattestäbchen auf den Objektträger aufgetragen wurde. Dagegen ist der Nachweis von Aspergillus, Chaetomium, Blastomyces, Cokerommyces, Paracoccidioides brasiliensis, Coccidioides und Cryptococcus als möglicher Infekt ernst zu nehmen [4]. Algen (Volvox) können Anlass zur Verwechslung mit Pilzen geben. Doch sind sie deutlich größer [145].
Trichomonas vaginalis Trichomonas vaginalis ist ein zur Klasse der Flagellaten gehörendes Protozoon. Epidemiologie. Die Infektion geschieht wie bei einer Geschlechtskrankheit durch ungeschützten Sexualkontakt. Daneben werden Schwimmbäder und öffentliche Toiletten als Infektionsquellen diskutiert. Da Trichomonaden
Abb. 7.28 Trichomonas vaginalis im Portioabstrich. Typische rote Granulierung, Geißeln in PapF meist nicht zu sehen (PapF, 840×)
auch als enterale Saprophyten vorkommen, ist bei älteren Frauen ohne Sexualkontakt eine aszendierende Infektion vom Analbereich her in Betracht zu ziehen. Klinik. Die Trichomonaden verursachen eine mit brennenden Schmerzen und wässrig-dünnem, schaumigem, grün-gelblichem Ausfluss einhergehende Entzündung (Trichomonadenkolpitis). In den meisten Fällen besteht eine bakterielle Superinfektion, die zu aszendierenden Infektionen des Cavum uteri und der Adnexe führen kann. Die meist symptomlose Infektion der Urethra des Mannes stellt eine Quelle für Reinfektionen nach Behandlung der Trichomonadenkolpitis dar. Der zytologische Nachweis von Trichomonaden reicht auch bei symptomarmen oder blanden Verlaufsformen für die Einleitung der Behandlung mit Metronidazol in Form von Vaginaltabletten oder Vaginalsalben aus. Zytologie. In der PapF sind Trichomonaden oft nur schwer von nackten Kernen und stark degenerativ veränderten Parabasalzellen zu unterscheiden (Abb. 7.28). Im Nativpräparat des unfixierten Vaginalsekrets dagegen fallen sie durch ihre charakteristische Form und lebhafte Beweglichkeit sofort auf. Die Trichomonadenkolpitis verursacht erhebliche entzündliche, reaktive und regenerative Kernveränderungen, die nach Behandlung verschwinden. Besonders häufig werden intensiv eosinophile Intermediärzellen mit perinukleärer Hofbildung beobachtet, die an Koilozyten erinnern. Die Diagnose einer HPV-Infektion ist jedoch bei gleichzeitigem Vorkommen von Trichmonaden mit Vorsicht zu stellen.
Herpes-simplex-Virus (HSV) Die meisten genitalen Herpesinfektionen werden durch das HSV-2 und in 20–30% durch HSV-1 verursacht. Das
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Cervix uteri und Vagina
Abb. 7.29 Herpesinfekt. Ein- und mehrkernige virusinfizierte Vaginalepithelien. Die milchglasartigen nukleären Einschlussköper lassen auf frischen Virusbefall der Zellen schließen (PapF, 250×)
Abb. 7.30 HPV-Infekt. Koilozyten mit leicht abnormen Kernen, Bethesda LSIL, München IIw (Konv. Abstr., PapF, 525×)
HSV kann sich über mehrere Jahre als latente Infektion im Vaginalepithel aufhalten. HSV-1 neigt weniger häufig als HSV-2 zur Reaktivierung, so dass es in weniger als 10% aller genitalen Herpesmanifestationen nachweisbar ist. Die Erstinfektion mit HSV-2 findet meist mit Beginn der sexuellen Aktivität statt, wobei soziokulturelle Faktoren die Wahrscheinlichkeit der Infektion erhöhen. Die Infektion kann während der Geburt auf das Kind übertragen werden und eine schwere, unter Umständen tödliche Erkrankung des Neugeborenen hervorrufen [9, 22, 148].
Differentialdiagnose. Differentialdiagnostisch werden die virusinfizierten Zellen gelegentlich mit neoplastischen Zellen verwechselt.
Klinik. Die Infektion der Zervix verursacht keine Beschwerden. Erst wenn sich die herpestypischen Bläs chen im Bereich von Vulva und Perineum bilden, kommt es zu einer schmerzhaften Begleitentzündung. Die stets hinzukommende bakterielle Superinfektion verstärkt die Beschwerden. Der Virustyp kann durch serologische Untersuchungen mittels KBR im Serum oder PCR am Zellabstrich bestimmt werden. Der Nachweis mittels Zellkultur ist für Routineuntersuchungen zu aufwendig. Zytologie. Das HSV befällt in erster Linie das Plattenepithel und nur selten das zervikale Zylinderepithel (s. Kap. 5 „Krankheitserreger“). Die entsprechenden Zellveränderungen lassen sich in Vaginal- und Zervixabstrichen nachweisen. Man findet ein- oder mehrkernige Zellen (Abb. 7.29) meist mit Milchglaskernen, seltener mit kompakten intranukleären Viruseinschlusskörpern (Abb. 5.1). Der Nachweis der virusinfizierten Zellen soll mittels flüssigkeitsbasierter Zytologie ebenso gut oder gar besser gelingen als im konventionellen Abstrich. Generell werden Sensitivität und Spezifität des zytologischen HSVNachweises allerdings als gering veranschlagt. Die Erreger lassen sich mittels Immunfluoreszenz oder PCR sicher nachweisen [9].
Zytomegalie Die ZMV-Zervizitis ist selten. In der Literatur wird nur über wenige zytologisch diagnostizierte Einzelfälle berichtet. Das Virus befällt endozervikale Epithelien und Stromazellen, nicht aber Plattenepithelien (vgl. Kap. 5). Über Risikofaktoren und Infektionsmodus im Genitalbereich ist wenig bekannt. In einzelnen in der Literatur mitgeteilten Fällen ging eine immunsuppressive Therapie voraus. In 21% der asymptomatischen Frauen im Alter zwischen 17 und 25 Jahren ist mit einer stummen Infektion zu rechnen. Eine Reaktivierung erfolgt bei Schwangeren in bis zu 4% und gelegentlich bei immunsupprimierten Transplantationspatienten, bei Letzteren auch als Folge einer Primärinfektion über das Transplantat. Eine Beziehung zur intraepithelialen Neoplasie besteht nicht [66, 84, 146].
Humanes Papillomavirus (HPV) An den Organen des weiblichen Genitaltrakts kommen Infektionen mit verschiedenen HPV-Typen vor. Mehr als 100 Typen sind bekannt, von denen ca. 40 den anogenitalen Bereich befallen können. Die verschiedenen Genotypen lassen sich mittels PCR subtypisieren. Sie werden üblicherweise in zwei Gruppen eingeteilt. Diese Einteilung in „High-risk“- und „Low-risk“-Typen bezieht sich auf das kanzerogene Risiko. Die wichtigsten „High-risk“Typen, die zum Zervixkarzinom führen können, sind die
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Genotypen 16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59, 66, 73 und 82. Zu den „Low-risk“-Typen, die lediglich anogenitale Kondylomen verursachen siehe auch Kap. 5, „Krankheitserreger“. Epidemiologie. Das Virus wird beim Sexualkontakt übertragen. Die Angaben zur Durchseuchung der Bevölkerung schwanken je nach Studie und Zusammensetzung der Kollektive erheblich. In einem unselektierten Kollektiv von Patientinnen einer gynäkologischen Praxis dürfte die Prävalenz 1,5–7,5% betragen, während die Schätzungen des Anteils latenter Infektionen zwischen 1,3% und 84% liegen [8, 122]. Am häufigsten sind Frauen ≤30 Jahre HPV-positiv, danach nimmt der HPV-Befall wieder ab [106, 127].
Abb. 7.31 HPV-Infekt. Koilozyten mit Kernatypie entspr. Leichter Dysplasie, Bethesda LSIL, München IIId, (konv. Abstr., PapF, 330×)
Klinik. Die HPV-Infektion verursacht keine spezifischen Symptome. Bei Frauen unter 35 Jahren ist ein Großteil der HPV-Infektionen transitorisch [119]. Außerdem können HPV-Infektionen ohne morphologische Veränderungen über Jahre bis Jahrzehnte latent bleiben. Nur in einigen Fällen besteht eine kondylomatöse Läsion. Makroskopie. Makroskopisch und kolposkopisch stellen sich Kondylome unterschiedlich dar. Die spitzen Kondylome sind warzenförmige Gebilde mit unregelmäßiger, weißlicher Oberfläche. Die flachen kondylomatösen Läsionen und invertierten Kondylome geben sich als essigsäureweiße, jodnegative, scharf begrenzte Bezirke mit flacher oder erhabener glatter Oberfläche, als „Leukoplakie“ mit rauer Oberfläche, als mosaikartige Struktur oder Punktierung der Schleimhaut zu erkennen. Histologie. Am häufigsten sind an der Zervix flache kondylomatöse Läsionen. Das Epithel ist normal hoch aufgebaut oder verdickt und in seiner oberen Schicht parakeratotisch. Die Kerne der reifen Plattenepithelien sind kaum vergrößert, jedoch entrundet und neigen zur Pyknose. Mitosen sind nicht auffällig vermehrt und nicht atypisch. Das Zytoplasma der Plattenepithelien in der Intermediärund Superfizialzellschicht ist perinukleär aufgehellt. Die wärzchenförmigen spitzen Kondylome zeigen eine deutliche Akanthose, Para- und Hyperkeratose des Platten epithels und Kapillarektasien im darunter liegenden Stroma. Die Grenzen zwischen kondylomatöser Läsion und Dysplasie sind fließend (s. unten). Zytologie. Die für die Diagnose der kondylomatösen Läsion wichtigen Zellen stammen aus den oberen Platten epithelschichen. Besonders charakteristisch sind Koilozyten [74]. Der Nachweis von Koilozyten ist hoch spezifisch für eine HPV-Infektion (>90%). Die Sensitivität ist allerdings gering (<20%). Koilozyten sind Intermediärzellen mit einem großen, scharf begrenzten, hellen perinukleären Hof, der so ausgedehnt sein kann, dass er das ganze Zytoplasma einnimmt. Der nicht aufgehellte Zell-
Abb. 7.32 Zervikale intraepitheliale Neoplasie und Zeichen eines HPV-Infektes, LSIL nach Bethesda/München Pap IIID. Geringe Kernatypie, hohe Zytoplasmaausreifung (PapF, 525×)
rand ist schmal, deutlich verdickt, durch Fältelung und Einrollen zuweilen intensiv eosinophil. Die Kerne sind pyknotisch oder leicht vergrößert, hyperchromatisch, rund oder entrundet. In den vergrößerten Kernen stellen sich Störungen der Chromatinstruktur als grobe, tusche fleckenähnliche Verklumpungen dar. Infolge degenerativer Veränderungen lagert sich das Chromatin an die Kernmembran, die dadurch verdickt erscheint (Abb. 7.30– 7.32). Weiterhin findet man parakeratotische Platten epithelien („Dyskeratozyten“, Abb. 7.33 und 7.34), die manchmal kleine zwiebelschalenartig geschichtete Knospen bilden. Differentialdiagnose. Schwierigkeiten entstehen oft bei der Abgrenzung zwischen kondylomatöser Läsion und Dysplasie, zumal Zellen beider Läsionen im selben Ausstrich vorkommen und einzelne Zellen die Merkmale sowohl der HPV-Infektion als auch der Dysplasie tragen können. Diesen Umstand berücksichtigt die Bethesda-Klassifikation, die leichte Dysplasien und kondylomatöse Läsionen
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Kapitel 7
Cervix uteri und Vagina
Tabelle 7.6 Klinisch-therapeutische Konsequenzen des positiven HPV-Nachweises
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Läsion
HPV-Typ 6/11 „low-risk“
HPV-Typ 16/18, 31/33, 35 „high risk“
Latente Infektion, zytologisch/histologisch unauffällig
Übliche Kontrollen
Kontrollen alle 6 Monate
LSIL
Jährliche Kontrollen
Halbjährliche Kontrollen, evtl. lokale Maßnahmen
HSIL
Vorgehen je nach Grad der intraepithelialen Neoplasie, ungeachtet des HPV Status.
mit den intraplattenepithelialen Neoplasien niedrigen Grades in der Gruppe „low grade SIL“ zusammenfasst. Koilozytenähnliche Veränderungen gibt es bei Entzündungen (Trichomonadenkolpitis), ausgeprägter Gestageneinwirkung und Folsäuremangel. Zusatzuntersuchungen. HPV lässt sich mit verschiedenen Methoden nachweisen. Der Digene Hybrid Capture 2 (HC2) Test dient zu Detektierung von 13 „Highrisk“-Typen. Der Test beruht auf einer Signalamplifikation und Visualisierung über Chemoluminiszenz. Wichtig zu wissen ist, dass der HC2-Test nicht einen spezifischen „High-risk“-Genotyp identifiziert und „Low-risk“-Typen gar nicht detektiert werden. Mittels PCR kann nach Amplifizierung von VirusDNA der Nachweis, eine Quantifizierung, DNA-Sequenzierung und Mutationsanalyse erfolgen. Dank der PCRUntersuchung mit Sequenzierung ist es möglich, den spezifischen Genotyp des entdeckten HPV zu ermitteln. Southern Blot und In-situ-Hybridisierung sind weitere Nachweismethoden. Von der FDA ist derzeit nur der HC2-Test im klinischen Setting zugelassen. Mögliche Ursachen eines falsch-negativen Testergebnisses sind Laborfehler und eine zu geringe Viruslast, so dass der Test nicht anspricht [98]. Der immunzytochemische Nachweis einer Überexpression von p16-INK4a als Surrogatmarker für einen HPV-Test hat zwar eine Sensitivität von 96%. Doch liegt die Spezifität nur bei 41% [120] und ist damit den molekularbiologischen Tests unterlegen. Indikationen für den HPV-Nachweis. Sinnvoll ist der Nachweis von HPV vor allem bei der Diagnose ASC-US. Auch bei Frauen, die älter als 30 bzw. 35 sind und gleichzeitig einen negativen zytologischen Abstrich haben, hat der negative Ausfall des HPV-Tests einen hohen negativen prädiktiven Wert für die Entstehung eines Zervixkarzinoms. Konsequenzen des HPV-Nachweises. Wird eine HPVInfektion nachgewiesen, muss die Patientin über ihre Risikosituation und die Notwendigkeit regelmäßiger Krebsfrüherkennungsuntersuchungen aufgeklärt werden. Besteht zum Zeitpunkt des HPV-Nachweises bereits eine
Dysplasie, richtet sich die Behandlung allein nach deren Grad (s. unter Präneoplasien). Handelt es sich um eine leichte Dysplasie plus HPV-Infektion vom Hochrisikotyp, sollten die Kontrolluntersuchungen in kürzeren Intervallen erfolgen (Tabelle 7.6). Ist der HPV-Test negativ und der Zellabstrich unauffällig, sind längere Intervalle zwischen den Früherkennungsuntersuchungen möglich. Eine HPV-Testung bei zytologisch oder histologisch nachgewiesener höhergradiger Dysplasie ist nutzlos, da ohne klinische Konsequenz.
Neoplastische Frühveränderungen Präkanzeröse Läsionen kommen sowohl im Plattenepithel der Vaginalschleimhaut als auch im Zylinderepithel der endozervikalen Schleimhaut vor. Die Cervix uteri ist mit Abstand am häufigsten befallen. Der Ausgangspunkt liegt meist im Bereich der Umwandlungszone („transitional zone“/„transformation zone“) zwischen endozervikalem Zylinder- und ektozervikalem Plattenepithel.
Intraepitheliale Neoplasie des Plattenepithels In keinem Organ wurden die Vorstufen eines Karzinoms so ausführlich untersucht wie im Bereich der Cervix uteri, denn diese Veränderungen sind häufig und zugleich gut der Beobachtung zugänglich. Die Beobachtungen zeigten, dass dem invasiven Karzinom eine lange intraepitheliale Entwicklung vorausgeht. Diese Entwicklung verläuft nicht ganz kontinuierlich, sondern lässt verschiedene Stadien der Kanzerisierung erkennen und ist nicht absolut unumkehrbar. Die Veränderungen sind also fakultativ präkanzerös. Richart definierte erstmals drei Stadien der zervikalen intraepitheliale Neoplasie (CIN = „cervical intraepithelial neoplasia“) [111]. Die CIN-Einteilung der WHO-Klassifikation kennt drei Grade: CIN 1, CIN 2 und CIN 3. Der Begriff „Dysplasie“ (Fehlgestaltung) ist zwar nicht eindeutig, da er in der Embryologie die Fehlentwicklung eines Organs bezeichnet, wird aber zur Bezeichnung neo
HPV-Infektion intraepitheliale Neoplasie der Zervix
Neoplastische Frühveränderungen
plastischer Veränderungen in der Histologie wie in der Zytologie noch immer gebraucht. CIN3 fasst schwere Dysplasie und Carcinoma in situ zusammen. Wichtig ist, dass sich der CIN-Begriff nach der aktuellen WHO-Klassifikation nur auf die Histologie, nicht aber auf die Zytologie bezieht. Klinik. Die CIN verursacht keine charakteristischen Symptome. Entdeckt wird sie fast ausschließlich durch zytologische Früherkennungsuntersuchungen. Kolposkopisch stellt sie sich wie die kondylomatöse Läsion als jodnegativer Bezirk dar. Das klinische Vorgehen hängt vom zytologischen Befund ab. Epidemiologie. Von über einer Million Abstrichen findet man in 2,9% eine Präkanzerose oder ein invasives Karzinom. Der Zusammenhang zwischen einer Infektion mit High-risk-HPV-Typen und der Entstehung eines Zervixkarzinoms ist epidemiologisch gut dokumentiert [41]. Auch Rauchen gilt als Risikofaktor [91]. Das infektöse Agens ist das Papillomavirus (HPV). Darauf weist eine Vielzahl von Beobachtungen hin: • Das Alter bei Entdeckung einer CIN korreliert mit dem CIN-Grad. Sowohl der Altersgipfel als auch das Durchschnittsalter nehmen mit dem Grad der CIN zu. Vor dem 20. Lebensjahr beträgt die Häufigkeit von Dysplasien und Carcinoma in situ 0,5–7/1000. In der Altersgruppe der 25- bis 29-Jährigen beträgt die maximale Prävalenz der leichten und mittelschweren Dysplasie 25,7/1000, bei 35- bis 39-Jährigen die der schweren Dysplasie und des CIS 4,6/1000 und die Prävalenz des invasiven Karzinoms bei über 50-jährigen Frauen 0,47/1000 [117]. • Innerhalb der Patientinnen mit einer CIN korreliert die Häufigkeit eines nachweisbaren HPV-Infekts mit dem CIN-Grad. Noch bei ≥50 Jahre alten Frauen mit einem im Hybrid-Capture-Test nachgewiesenen HPVInfekt finden sich in 50% atypische Plattenepithelien [114]. Zwischen Viruslast und CIN-Grad besteht eine positive Korrelation. Die Zahl der infizierten Zellen ist bei CIN 2–3 signifikant höher als bei CIN 1 [3]. Kanzerogenese. Die epidemiologischen Befunde und die häufige Assoziation von Zeichen einer durch das HPV hervorgerufenen kondylomatösen Läsion und präeneoplastischen Veränderungen im zytologischen Ausstrich ließen schon lange einen kanzerogenen Effekt des Virus vermuten. Tatsächlich spielt das Papillomavirus in der Pathogenese des Portiokarzinoms und seiner Vorstufen eine zentrale Rolle. Allerdings müssen weitere Faktoren hinzukommen, die dem HPV erst den Weg in die Zelle bahnen. Zu ihrer eigenen Reduplikation sind die Papillomaviren auf proliferierende Zellen angewiesen. Sie setzen sich deshalb in den proliferativ aktivsten Zellen, also in den Reservezellen des Portioepithels fest [57, 85]. Dies gelingt
125
ihnen aber erst nach Beschädigung der für sie normalerweise undurchdringlichen Superfizial- und Intermediärzellschicht durch bakterielle Zusatzinfekte wie Gardnerella [40], durch Erosionen, Ulcerationen, postpartale Lazerationen oder unreife Metaplasie des Portioepithels. Für das Ingangkommen der Kanzerogenese ist offenbar der HPV-Infekt als solcher ausschlaggebend, unabhängig von der damit verbundenen Viruslast der Zellen [114]. Bei einem gewöhnlichen Infekt bildet die zirkulierende Virus-DNA mithilfe der Wirtszelle ihre viruseigenen Produkte. In einem kleinen Teil der Fälle kommt es zur Integration onkogener Virus-DNA in das humane Wirtsgenom. Dies führt zu einer unkontrollierten Produktion der onkogenen Virusproteine E6 und E7, die sich an Tumorsuppressorgene der Wirtszelle binden und diese inaktivieren [8, 57]. Das E6-Protein bindet das p53-Genprodukt, das E7-Protein das Rb-Genprodukt. Dies allein scheint aber für die Karzinomentstehung nicht zu genügen. Die Latenzzeit zwischen Infektion und Karzinomentstehung von 25–35 Jahren, die Erkrankung eines nur sehr kleinen Anteils (3–6%) der infizierten Frauen und die Beobachtung, dass das Zervixkarzinom monoklonalen Ursprungs ist, dass sich also nur eine infizierte Zelle zur Tumorzelle umwandelt, lässt vermuten, dass außer der HPV-Infektion auch noch andere Faktoren beteiligt sind. Aller Wahrscheinlichkeit nach müssen noch exogene Mutagene wie die im Zervixschleim ausgeschiedenen karzinogenen Produkte des Tabakrauchs, Störungen der natürlichen, die Virusreplikation hemmenden Mechanismen und Störungen des Immunsystems (z. B. infolge Immunsuppression, AIDS), das normalerweise abnorme Zellen eliminiert, hinzukommen. Erst das Zusammenspiel aller dieser Vorgänge führt zur ungehemmten Proliferation, zu Mutationen und zur kanzerösen Transformation der infizierten Zelle [75, 91, 153]. Histologie. Die für die histologische Diagnose der drei CIN-Grade entscheidenden Kriterien sind: strikte intra epitheliale Ausbreitung, Architekturstörungen, Kernatypien und Mitosen. Generell gilt, dass der CIN-Grad mit zunehmender Kernatypie und abnehmender Zytoplasmareifung zunimmt. Wichtig ist außerdem, bis in welche Epithelschicht die Mitosen reichen: • CIN 1: Die Schichtung des Plattenepithels ist noch weitgehend erhalten. Nur die Basalzellschicht ist verbreitert. Die Kerne der Epithelzellen aller Schichten sind teil weise aktiviert und entrundet. Die Mitosen beschränken sich aber auf das untere Drittel des Epithels. • CIN 2: Die Strukturstörung des Plattenepithels reicht bis in die mittleren Epithelschichten. Die horizontale Schichtung der Zellen ist in diesem Bereich aufgehoben. Die Zellen der oberen Schichten reifen auf die Stufe von Parabasalzellen oder Intermediärzellen aus. Superfizialzellen fehlen. Suprabasale Mitosen findet man bis in die mittlere Epithelschicht, aber nicht darüber hinaus.
126
Kapitel 7
Cervix uteri und Vagina
Tabelle 7.7 Beziehung zwischen Differenzierungshöhe der atypi schen Zellen und Grad der intraepithelialen Neoplasie des Platten epithels von Cervix uteri und Vagina
7
Differenzierung der atypischen Zelle (Zelltyp)
Intraepitheliale Neoplasie
Intermediärzelltyp
CIN 1/leichte Dysplasie
Parabasalzelltyp
CIN 2/mittelschwere Dysplasie
Basalzelltyp
CIN 3/schwere Dysplasie/CIS
• CIN 3 (ICD-O-8070/2 und 8077/2): Die Differenzierungsstörung reicht bis in die obersten Zelllagen. Die Zellen erscheinen basalzellartig und zeigen im Gegensatz zum invasiven Karzinom nur in Ausnahmefällen eine Verhornungstendenz. Ihre Kerne sind hoch atypisch und nicht von Karzinomzellkernen zu unterscheiden. Die Kernatypien sind in (fast) der gesamten Epithelschicht zu finden. Die Mitosen reichen in jedem Falle bis in die Epitheloberfläche. Das atypische Gewebe wächst nirgends über die Basalmembran hinaus in die Tiefe. Zytologie. Für die Diagnose einer CIN (Dysplasie) sind die Kernveränderungen und zusätzlich der Reifegrad des Zytoplasmas der atypischen Plattenepithelien ausschlaggebend (Tabelle 7.7). Die zytologische Befundung erfolgt nach der Bethesda-Klassifikation bzw. nach der Münchner Klassifikation II (s. Tabelle 7.1 und 7.2): • CIN 1 (zytologische Diagnose LSIL, Pap IIID): Die Kerne der überwiegend bis zur Stufe der Intermediärund Superfizialzellen ausgereiften atypischen Epithelien sind leicht vergrößert und entrundet, das Kernchromatin ist höchstens leicht vergröbert und weitgehend regelmäßig verteilt (Abb. 7.33–7.35). • CIN 2 (zytologische Diagnose HSIL, Pap IIID): Die Kerne der meist bis zu Parabasal- und Intermediärzellen ausgereiften atypischen Zellen sind größer als bei der leichten Dysplasie und stärker hyperchromatisch. Der Ausstrich enthält atypische Zellen vom Intermediär- bis Parabasaltyp. Die Kerne sind größer als bei der leichten Dysplasie und stärker anfärbbar. Abweichungen von der normalen runden Form sind häufiger anzutreffen und stärker ausgeprägt. Das Chromatin ist leicht bis mäßig vergröbert, aber noch regelmäßig verteilt, einzelne Chromozentren können vorkommen. Die Kernmembran ist zart. Einkerbungen der Kernmembran werden gelegentlich beobachtet (Abb. 7.36–7.40). • CIN 3 (zytologische Diagnose HSIL, Pap IVa): Die Kohäsion der Zellen ist deutlich gestört, so dass die Zellen in dreidimensionalen Haufen („nuclear crowding“) oder einzeln über den Ausstrich verstreut liegen. Die Chromatingranula sind vergröbert und verklumpt.
Abb. 7.33 Parakeratotische Plattenepithelien mit leicht atypischen, zur Pyknose neigenden Kernen: ASCUS nach Bethesda/ München Pap III (PapF, 330×)
Abb. 7.34 Zervikale intraepitheliale Neoplasie, LSIL nach Bethesda/München Pap IIID. Parakeratotische Plattenepithelien mit geringgradigen Kernatypien (PapF, 525×)
Abb. 7.35 Zervikale intraepitheliale Neoplasie, LSIL nach Bethesda/München Pap IIID. Unvollständig ausgereifte Plattenepithelien mit vergrößerten, leicht atypischen Kernen (PapF, 840×)
Neoplastische Frühveränderungen
Abb. 7.36 Schwere Dysplasie. Bethesda HSIL, München IVa (FBZ, PapF, Obj. 63×)
Abb. 7.37 Zervikale intraepitheliale Neoplasie, HSIL nach Bethesda/München Pap IIID, entsprechend mäßiger Dysplasie bzw. CIN2: erhebliche Kernatypie bei mäßiger Ausreifung des Zytoplasmas (PapF, 40×)
Abb. 7.38 Zervikale intraepitheliale Neoplasie, HSIL nach Bethesda/München Pap IIID, entsprechend mäßiger Dysplasie bzw. CIN2 (PapF, 525×)
127
Abb. 7.39 Zervikale intraepitheliale Neoplasie in Metaplasie, HSIL nach Bethesda/München Pap IIID, entsprechend mäßiger Dysplasie bzw. CIN2 (PapF, 40×)
Abb. 7.40 Zervikale intraepitheliale Neoplasie, HSIL nach Bethesda/München Pap IVa entsprechend schwerer Dysplasie bzw. CIN3: dreidimensionales Aggregat von zytoplasmaarmen Zellen mit hyperchromatischen Kernen (PapF, 80×)
Abb. 7.41 Zervikale intraepitheliale Neoplasie, HSIL nach Bethesda/München Pap IV, entsprechend schwerer Dysplasie bzw. CIN3 (PapF, 330×)
128
Kapitel 7
7 Abb. 7.42 Zervikale intraepitheliale Neoplasie, HSIL nach Bethesda/München Pap IV, entsprechend schwerer Dysplasie bzw. CIN3: hohe Kern-Plasma-Relation, Anisozytose, hyperchromatische, grob strukturierte Kerne (PapF, Obj. 63×, Nachvergrößerung)
Cervix uteri und Vagina
Abb. 7.44 Hochatypische Plattenepithelzelle, HSIL nach Bethesda entsprechend schwerer Dysplasie bzw. CIN3 (PapF, 330×)
Abb. 7.45 Atypische glanduläre Zellen, Bethesda: AGC (FBZ, PapF, Obj. 63×, nachvergrößert) Abb. 7.43 Zervikale intraepitheliale Neoplasie, HSIL nach Bethesda/München Pap IVa, entsprechend Carcinoma in situ bzw. CIN3: „CIS-Kerne“, kaum erkennbares Zytoplasma (PapF, 525×)
Die Kernmembran erscheint verdickt und häufig gekerbt. Die Nukleolen sind in den atypischen Zellen meist nicht zu erkennen. Das Zytoplasma ist schmal und oft kaum erkennbar (Abb. 7.41–7.44). Differentialdiagnose. Die hier dargestellten zytologi schen Bilder entsprechen nicht streng voneinander geschiedenen Entitäten. Denn in Wirklichkeit überlappen sich die Befunde nicht selten. Übergänge zwischen den einzelnen Graden sind naturgegeben. Auch kommen nicht selten innerhalb einer präneoplastischen Läsion verschiedene Grade der Epithelatypie nebeneinander vor. Interobserver-Varianzen zwischen verschiedenen Untersuchern sind damit unausweichlich. Da sich die plattenepithelialen Neoplasien vorwiegend im Bereich der Umwandlungszone entwickeln und das neoplastische Epithel nicht selten in die Zervikaldrüsen vordringt, können sich
die unreifen atypischen Plattenepithelien im Ausstrich so dicht mit glandulären Zellen vermischen, dass sich die Diagnose eines Adenocarcinoma in situ oder eines Adenokarzinoms aufdrängt. Die Kerne atypischen Platten epithelien enthalten aber im Unterschied zu den Zellen glandulären Ursprungs keine Nukleolen. In der Schwangerschaft erscheinen die dysplasiebedingten Zellveränderungen oft ausgeprägter als es dem tatsächlichen Dysplasiegrad entspricht. Daher ist in der Diagnose Zurückhaltung angebracht und die Therapie möglichst erst aufgrund des Befundes der Wiederholungsuntersuchung nach der Geburt festzulegen. Zusatzuntersuchungen. Der HPV-Test wird bei zytologisch unklaren Befunden (München: Gruppe III, Bethesda: ASC-US) empfohlen [27] (s. oben). Der indirekte immunzytochemische HPV-Nachweis über die Überexpression von p16-INK4a (s. Kap. 5, S. 62) eignet sich wegen geringer Sensitivität und Spe zifität sowie der Schwierigkeit der Standardisierung nicht zum Screening, besonders nicht für eine automa-
Neoplastische Frühveränderungen
tische Auswertung. p16 ist häufiger in HSIL als in LSIL überexprimiert. Der p16-Nachweis mag daher in Zweifelsfällen („ASC“ oder „ASCUS“) hilfreich sein, da die atypischen Zellen zu nahezu 100% p16-positiv sind. Doch 20% der höhergradigen neoplastischen Veränderungen sind P16-negativ (im HC2-Test 11%), und die fehlende Überexpression von p16 schließt zudem eine weitere Tumorprogression nicht aus [62, 80]. Plattenepithelien aller Differenzierungsstufen einschließlich Metaplasiezellen, endozervikalen Reservezellen und Zellen aus einer intraplattenepithelialen Neoplasie sind im Unterschied zu reifen Zylinderzellen p63-positiv. Der Marker kann daher bei der Unterscheidung zwischen atypischen Plattenepithelien und glanduären Zellen hilfreich sein [46]. Für DNA-Analysen und Ploidiebestimmung kommt praktisch nur die statische DNA-Zytometrie infrage, da die Abstriche gewöhnlich neben relativ wenigen neoplastischen bzw. neoplasieverdächtigen Zellen überwiegend nichtneoplastische Zellen enthalten. Sie kann im Einzelfall bei der Gruppenzuordnung atypischer Zellen helfen und bildet die Grundlage des automatischen Prescreening. Die Messungen an Einzelzellen zeigen eine Zu nahme abnormer DNA-Verteilungen mit dem Grad der Dysplasie [16, 89, 129]. Abnorme DNA-Mengen im pentaploiden Bereich und darüber hinaus (5C-exceeding-rate“) sollen aber früher als konventionelle lichtmikroskopische Veränderungen auf eine bevorstehende Progression zum invasiven Karzinom hinweisen. Die DNA-Befunde haben auch eine prognostische Bedeutung, da sich diploide Veränderungen häufiger zurückbilden, polyploide eher stationär bleiben und aneuploide sich oft zu Karzinomen entwickeln [16, 45, 78, 115]. In der täglichen Dienstleistung spielt die DNA-Zytometrie keine Rolle. Zytogenetik: Die für das Zervixkarzinom typischen Rearrangementstörungen des Chromosoms 1 werden bereits bei der CIN angetroffen [134]. Der beim invasiven Plattenepithelkarzinom der Zervix sehr häufige Gewinn des Chromosomenarms 3q kommt bei Dysplasien nicht vor [59]. Die Expression des c-myc-Antigens ist bei der CIN seltener als bei normalem Zervixepithel [65]. Prognose. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich aus einer CIN ein invasives Karzinom entwickelt, nimmt mit dem Grad der CIN zu. Etwa 10–25% der Fälle mit CIN I gehen in eine CIN III über [20]. Bei der CIN III beträgt die Progressionsrate zum invasiven Karzinom 30% [44]. Viele selbst mit einem hr-HPV assoziierten intraepithelialen Neoplasien bei Adoleszenten bilden sich spontan zurück [41, 92]. Die Latenzzeit zwischen Erstdiagnose einer Dysplasie und Auftreten eines CIS nimmt mit dem Grad der CIN ab [111] (Tabelle 7.8a,b). Die Latenzzeit zwischen Diagnose einer leichten bis mittelschweren Dysplasie und Auftreten eines CIS soll nur 22 Monate [20], die durchschnittliche Latenzzeit für den Übergang
129 Tabelle 7.8a Spontanverlauf der unbehandelten leichten und mittelschweren Dysplasie (nach [95]) Verlauf
n
%
Beobachtungszeit [Monate]
Regression
342
62
39
Persistenz
124
22
52
Progression in höher gradige Läsion
89
16
48
Tabelle 7.8b Spontanverlauf der unbehandelten schweren Dysplasie/Carcinoma in situ (nach [95]) Verlauf
n
%
Beobachtungszeit [Monate]
Regression
483
54
78
Persistenz
140
16
50
Progression in höher gradige Läsion
271
30
51
einer CIN zum invasiven Karzinom zwischen 8 und 20 Jahre [53], jene des CIS zum invasiven Karzinom 10– 12 Jahre [111] betragen. Die einzelne Läsion kann von diesen Zeitangaben abweichen und eine völlig unerwartete Entwicklung nehmen. Die unterschiedlichen Verläufe erklären sich teilweise aus dem Zeitpunkt der Entdeckung innerhalb der Entwicklung der Dysplasie. Wird die Diagnose zu Beginn der Dysplasieentstehung gestellt, ist der nachfolgende Beobachtungszeitraum länger als in Fällen, in denen die Diagnose am Ende der Dysplasieentwicklung gestellt wird.
Vaginale intraepitheliale Neoplasie (VAIN) Vorstufen des Vaginalkarzinoms sind selten. Sie sind meist im oberen Vaginaldrittel lokalisiert und verursachen keine Symptome [31]. Die Risikofaktoren sind im Wesentlichen die gleichen wie bei den intraepithelialen Neoplasien von Zervix und Vulva [32, 132]. Die zytologischen Befunde gleichen denen bei zervikaler intraepithelialer Neoplasie.
130
Kapitel 7
Cervix uteri und Vagina
Adenocarcinoma in situ (AIS) der Cervix uteri ICD-O-C53.9 M-8140/2
Das AIS, der Vorläufer des Adenokarzinoms der Cervix uteri, ist im Vergleich zur CIN wesentlich seltener und histologisch wie zytologisch weniger gut definiert [50, 141] Das Alter der Patientinnen mit AIS liegt mit 30– 40 Jahren deutlich niedriger als beim Endometriumkarzinom. Die Progressionszeit zum Adenokarzinom soll 14 Jahre betragen [149].
7
Klinik. Das AIS der Endozervix verursacht keine Symptome. Wegen seiner Lokalisation im Zervikalkanal ist es der kolposkopischen Untersuchung nicht zugänglich. Daher ist bei zytologischem Verdacht auf ein AIS in jedem Fall eine histologische Abklärung erforderlich. Histologie. Typisch für das AIS sind Architekturstörungen der Drüsen und zelluläre Atypien. Beim gut differenzierten AIS sind die Drüsenlumina vergrößert und durch Ausbuchtungen deformiert. Das Epithel ist mehrreihig. Die Kerne sind vergrößert, oval und hyperchromatisch. Atypische Mitosen sind selten. Die Nukleolen sind klein, Makronukleolen fehlen. Gelegentlich enthält das eosinophile Zytoplasma apikale Vakuolen. Das wenig differenzierte AIS ist seltener, tritt eher fokal auf und zeigt schwerere morphologische Veränderungen. Das Epithel ist mehrschichtig und verdickt. Die Polarität der Zellen ist gestört. Die Kerne liegen nicht mehr basal, sind unterschiedlich stark vergrößert, meist hell, nur gelegentlich hyperchromatisch oder pyknotisch. Einzelne Kerne enthalten PASpositive Vakuolen, die die Nukleolen zur Kernperipherie drängen. Trotzdem können Zilien am apikalen Zellrand vorkommen. Dieselben Veränderungen kommen auch im endozervikalen Oberflächenepithel vor. Zytologie. Die für die Diagnose ausschlaggebenden Kriterien sind: Atypische Einzelzellen mit gesteigerter KernPlasma-Relation, irregulärer (gekerbter) Kernmembran und grobe Chromatinstruktur (Abb. 7.45–7.48). Diese Kriterien sind aber nicht immer klar erkennbar. Oft findet man flache, fiederig ausgefranste („feathering“, angedeutet in Abb. 7.46 erkennbar), seltener rosettenförmige Verbände von mehr oder minder regelmäßig angeordneten, palisadenförmig aufgestellten Zellen, die bei seitlicher Betrachtung eine Aufhebung der normalen polaren Struktur und eine unregelmäßige Anordnung der Kerne erkennen lassen. Die fiederigen Verbände kommen im konventionellen Pap-Abstrich besser zur Geltung als in der FBZ. Die Kerngröße variiert von Zelle zu Zelle. Die Kernhyperchromasie ist nur gelegentlich vorhanden und stellt kein zuverlässiges Kriterium dar. Die Chromatinstruktur der Kerne ist wenig vergröbert. Die für manche Adenokarzinome typische Aufhellung der Kerne („nuclear clearing“) fehlt. Hingegen sind vergrößerte Nukleolen
Abb. 7.46 Adenocarcinoma in situ. Gefiederter („feathering“), angedeutet dreidimensionaler Zellverband (PapF, Obj. 40×)
Abb. 7.47 Adenocarcinoma in situ, histologisch gesichert. Eindeutig atypische Zellen mit polymorphen Kernen (PapF, Obj. 63×)
Abb. 7.48 Adenocarcinoma in situ oder hoch differenziertes Adenokarzinom? Eindeutig atypische, teils sekretorische aktive Zellen (PapF, 525×)
Neoplastische Frühveränderungen
131
ein relativ konstantes Merkmal des AIS, wobei die Nukleolengröße von Fall zu Fall variiert. Gelegentlich sind Mitosen und apoptotische Zellen anzutreffen. Verschiedene Grade der glandulären intraepithelialen Neoplasie sind zytologisch nicht zu erkennen [105, 141, 142]. Die AGCRate liegt nach Literatur bei 0,17–1,83% und ist damit deutlich niedriger als die von ASCUS (ca. 5% der Abstriche). Sie variiert mit sozialem Status, Vorkommen von CIN des Plattenepithels und Alter der Patientinnen [24]. Differentialdiagnose. Die Interobserver-Varianz bei der Beurteilung atypischer glandulärer Zellen ist groß. Nur in einer Minderzahl der histologisch untersuchten Fälle wird das AIS zytologisch korrekt diagnostiziert. Die flüssigkeitsbasierte Zytologie verbessert das Ergebnis nicht wesentlich. Die Angaben zu Sensitivität und Spezifität der zytologischen Untersuchung liegen bei 29% bzw. 94% [79, 90, 96, 104]. Die Gründe hierfür sind: • Die Abgrenzung gegenüber einer intraplattenepithelialen Neoplasie ist oft schwierig, besonders wenn diese bis in den Bereich der Zervikaldrüsen hineinreicht und sich im Ausstrich die unreifen plattenepithelialen Elemente mit Endozervikalzellen vermischen. Plattenepitheliale und glanduläre Präneoplasie können zusammen vorkommen. Besondere Vorsicht mit der zytologischen Diagnose „atypische glanduläre Zellen“ oder „AIS“ ist bei Frauen unter 40 Jahren geboten, die bereits wegen einer intraepithelialen Neoplasie des Plattenepithels behandelt wurden [19, 25, 83]. • Die zytologischen Veränderungen des AIS lassen sich mit zunehmender Atypie immer weniger von Zellen eines invasiven Adenokarzinoms unterscheiden, da die für die Diagnose des AIS wichtige Kern-PlasmaRelation meist schwer zu beurteilen ist, einzeln liegende Zellen oft nacktkernig und in den Verbänden die Zellgrenzen oft nicht klar erkennbar sind. Zu dem ist bei postmenopausalen Frauen immer mit einem Endometriumkarzinom zu rechnen. Auch in der Schwangerschaft sind auf glanduläre Neoplasie verdächtige Zellveränderungen ernst zu nehmen [23, 118, 124]. • Die für das AIS typischen Kriterien, angefangen bei der hohen Zellularität des Ausstrichs bis hin zu den normalerweise tumorassoziierten Kernveränderun gen, kommen auch bei nichtneoplastischen glandulären Veränderungen vor, so dass aufgrund der sich überschneidenden Kriterien Verwechslungen mit folgen den gutartigen Veränderungen unausweichlich sind [150]: – Reparative Veränderungen des Zylinderepithels, wie sie beispielsweise im Rahmen einer chronischen Zervizitis, einer Erosion oder eines Ulkus der Portio vorkommen, lassen die polare Anordnung der Kerne und das regelmäßige Honigwabenmuster nicht mehr eindeutig erkennen, liegen aber gewöhnlich nicht in dreidimensionalen Haufen. Die
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–
–
unterschiedlich großen Kerne können sich überlappen. Sie sind relativ grob strukturiert, die Kernmembran erscheint verdichtet. Das Zytoplasma lässt die zylindrische Form und die Schleimbildung unveränderter endozervikaler Zellen vermissen. Liegen die Zellen verstreut zwischen regelrechten Epithelien und Granulozyten, ist eine sichere Zuordnung zu einer gutartigen Veränderung nicht mehr möglich. Zellen der Reservezellhyperplasie des Zylinderepithels sind kaum von wenig atypischen neoplastischen Drüsenzellen zu unterscheiden. Derartige Zellen findet man vermehrt nach Konisation [64] und nach thermischer Elektrokoagulation (LEEP) [140]. Bei Frauen jenseits 50 verbirgt sich hinter abnormen glandulären Zellen meist ein Zervixschleimhautpolyp [99]. Mikroglanduläre endozervikale Hyperplasie: Kennzeichnend sind dreidimensionale durch kleine Lumina durchbrochene Verbände von endozervikalen Zellen. Ihr Zytoplasma ist gewöhnlich breit und fein vakuolisiert. Die Kernabstände innerhalb der Verbände sind gleichmäßig, die Kerne gleichförmig rund, die Kernmembran zart, die Nukleolen unauffällig. Doch zeigen die Zellen teilweise die gleichen Kernveränderungen wie Zellen aus Regenerationsepithel. Verdacht auf eine neoplastische Läsion erwecken fast stets vorhandene vergrößerte Zellkerne mit einem Durchmesser bis zu 40 µm und Zellen, die neutrophile Granulozyten umschließen. Der Ausstrichhintergrund ist „sauber“ [124, 150]. Intestinale Metaplasie: Sehr selten enthält das zervikale Zylinderepithel Becherzellen. Entsprechend ist auch mit Adenokarzinomen vom intestinalen Typ zu rechnen, die morphologisch nicht von Kolonkarzinomen zu unterscheiden sind [88]. Tubare Metaplasie: Sie ist besonders ausgeprägt bei jeder Form des Hyperöstrogenismus (anovulatorische Zyklen, Östrogenbehandlung). Diagnostisch sind Flimmerzellen. Fehlen sie, wird die Abgrenzung vom AIS schwierig. Kommen sie in Verbänden vor, kann durch eingestreute normale, unterschiedlich sekretorisch aktive Zylinderzellen eine Schichtung vorgetäuscht werden, erst recht in der flüssigkeitsbasierten Zytologie, wo die Verbände oft abgerundet sind. Im Unterschied zum AIS sind die Kerne regelmäßig rund. Zwar erscheinen die Kerne der zwischengeschalteten sekretorischen Zylinderzellen hyperchromatisch, doch ist die Chromatinstruktur fein, Nukleolen und Mitosen fehlen [150]. Die atypischen Epithelien des AIS weisen höchstens abortive, nur elektronenmikroskopisch nachweisbare Zilien auf [124]. Deziduale Zellen und degenerativ veränderte Zellballen („Exodus“) während oder kurz nach der Menstruation können neoplastischen Zellen ähneln.
132
7
Kapitel 7
– Zervikale Endometriose: Obwohl histologisch in Hysterektomiepräparaten oft nachweisbar, wird sie im zytologischen Ausstrich so gut wie nie diagnostiziert. Das zytologische Bild hängt von den zyklusabhängigen hormonellen Veränderungen ab und ist daher höchst wandelbar. Die kubischen Zellen bilden im Unterschied zu den zervikalen Drüsen epithelien dreidimensionale Zellaggregate, in denen sich die Kerne überlappen („nuclear crowding“). In der Proliferationsphase sind die Kerne oval und dicht, die Nukleolen klein, das Zytoplasma schmal; daneben findet man teils in Wirbeln angeordnete, polar gebaute endometriale Stromazellen. Besonders in der späten Sekretionsphase verbreitert sich das Zytoplasma, die Zellgrenzen werden deutlicher, das Kernchromatin verdichtet sich weiter, die Nukleolen nehmen noch etwas an Größe zu. Detritus und apoptotische Zellen sind im Unterschied zu Karzinomen meist nicht nachweisbar. [81, 138]. – Nach fertilitätserhaltenden Operationen (radikale Trachelektomie, d. h. Resektion von etwa zwei Dritteln des Gebärmutterhalses und rund der Hälfte des Parametriums) von Portiokarzinomen im frühen Stadium erscheinen häufig nicht sicher einzuordnende teils aus dem Endometrium, teils aus dem oberen Zervixbereich stammende glanduläre Zellen mit hyperchromatischen Kernen, die der dort häufig anzutreffenden tubaren Metaplasie entsprechen [39]. Aus all dem geht hervor, dass die Diagnose in den meisten Fällen nur lauten kann: „Atypische glanduläre Zellen, nicht anders spezifiziert“ (Bethesda: „AGC, NOS“, Tabelle 7.2) und dass bei derartigen Befunden stets eine kolposkopische und histologische Abklärung mittels endozervikaler Kürettage und gegebenenfalls Biopsie sowie transvaginaler Sonographie erforderlich sind. Lässt sich damit keine pathologische Veränderung nachweisen, werden dennoch 2 Jahre lang zytologische Kontrolluntersuchun gen in sechsmonatigem Abstand empfohlen. Der Umfang dieser Maßnahmen wird sich an individuellen Faktoren wie Vorgeschichte, früheren zytologischen Befunden und Kooperationsbereitschaft der Patientin orientieren [150]. Zusatzuntersuchungen. Neuerdings wurde gezeigt, dass auch im Falle des AIS die im DNA-Test nachweisbare Infektion mit einem High-risk-HPV-Virus eine Rolle spielen dürfte [100, 113]. Immunzytochemische Untersuchungen z. B. mit Markern wie Cadherin sind wenig hilfreich, da sie nicht drüsenzellspezifisch sind. Messungen der Kerngröße mittels statischer Morphometrie sollen differentialdiagnostisch weiterhelfen, da Zellkerne des AIS durchschnittlich größer sind als die Kerne nichtneoplastischer Zylinderepithelien (40–140 µm2 versus 66 µm2) [50].
Cervix uteri und Vagina
Karzinome Der mit Abstand häufigste maligne Tumor der Zervix ist das Plattenepithelkarzinom. Der Rest sind fast ausschließlich Adenokarzinome. Darüber hinaus gibt es noch andere histologische Karzinomtypen, die jedoch so selten sind, dass dazu kaum zytologische Beschreibungen vorliegen. Außer den morphologischen Befunden ist das Tumorstadium prognostisch und für das therapeutische Vorgehen von entscheidender Bedeutung [125]. Zu seiner Beurteilung wird sowohl das von der Fédération Internationale de Gynécologie et d’Obstétrique (FIGO) vorgeschlagene System für gynäkologische Tumoren als auch die TNM-Klassifikation maligner Tumoren angewandt. Nach FIGO werden 4 Stadien der Tumorausbreitung unterschieden (Tabelle 7.9).
Plattenepithelkarzinom der Cervix uteri ICD-O-C 53.9 M-8070/3
Das Plattenepithelkarzinom der Zervix war noch vor einigen Jahrzehnten der häufigste maligne Tumor der Frau in Westeuropa. Seine Häufigkeit ist seit den 30er Jahren in den meisten westlichen Ländern rückläufig. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung liegt die Inzidenz des Zervixkarzinoms mittlerweile unter der Promille-Grenze (0,01–0,47/1000). Bei Frauen, die regelmäßig an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen teilnehmen, nahm sie von 43,1 auf 27,5/100.000 [61] und nach einer anderen Untersuchung sogar auf 1/7 und die Mortalität auf 30% des Wertes vor Beginn der Früherkennungsuntersuchungen ab [53]. Umgekehrt gingen drei Viertel der Pa tientinnen mit Portiokarzinom nie zur Früherkennungsuntersuchung [5]. Der Rückgang des Zervixkarzinoms wird daher zum großen Teil als Erfolg der Krebsfrüherkennungsuntersuchung gewertet. Klinik. Das durchschnittliche Alter zum Zeitpunkt der Erstdiagnose liegt bei 55–60 Jahren. Allerdings sind etwa 25% der Frauen jünger als 35 Jahre. Nur 4,5% der Zervixkarzinome treten jenseits des 70. Lebensjahres auf. Bei jüngeren Frauen geht der Tumor eher von Ektozervix, bei älteren Frauen von der Endozervix aus. Verlauf und Morphologie sind nicht altersabhängig. Viele Frauen sind bei der Erstdiagnose völlig symptomfrei. Die typischen Symptome treten erst in fortgeschrittenen Stadien auf: vaginale Blutungen, besonders Kontaktblutungen und gelblicher bis bräunlicher Fluor. Schmerzen zeigen an, dass der Tumor die Organgrenze überschritten hat. Im Frühstadium ist der Tumor oft nur kolposkopisch, in fortgeschrittenem Stadium bereits bei Spekulumeinstellung zu erkennen. Der zytologische Nachweis karzinom-
Karzinome
Histologische Einteilung der bösartigen Tumoren und der tumorähnlichen Ver änderungen der Cervix uteri (nach [138a]) I. Epitheliale Tumoren • Plattenepithelkarzinom – Verhornend – Nichtverhornend – Basaloid – Verrukös („warty type“) – Papillär – Lymphoepitheliomähnlich – Plattenepithelial/urothelial • Adenokarzinom – Muzinöses Adenokarzinom – endozervikales – intestinales – siegelringzellig – „Minimal-deviation“-Typ – villoglanduläres – Endometrioides Adenokarzinom – Klarzelliges Adenokarzinom – Seröses Adenokarzinom • Andere maligne epitheliale Tumoren – Adenosquamöses Karzinom – Adenoid-zystisches Karzinom – Neuroendokrine Tumoren – Kleinzelliges Karzinom – Undifferenziertes Karzinom u. a. II. Mesenchymale Tumoren • Leiomyosarkom • Sarcoma botryoides u. a. III. Gemischte epithelial-mesenchymale Tumoren • Müllerscher Mischtumor u. a. IV. Melanom, Lymphom u. a. V. Sekundäre Tumoren
verdächtiger Zellen ist eine absolute Indikation zur histologischen Abklärung. Pathologie. Bei den Plattenepithelkarzinomen werden nach WHO-Klassifikation mehrere Subtypen unterschieden. Neben dem nicht weiter spezifizierten Plattenepithelkarzinom gibt es das verhornende, das nichtverhornende, das basaloide, das verruköse, das papilläre, das lymphoepitheliomähnliche, „warty-type“ und das teils urothelial differenzierte („squamotransitionelle“) Plattenepithelkarzinom. Das frühinvasive Karzinom (ICD-O-M8076/3) entspricht etwa dem FIGO-Stadium 1A, wobei umstritten ist, ob das FIGO-Stadium 1A2 noch dazuzurechnen ist. Bei
133
Karzinomen Stadium ≥T2 (ICD-O-M-80XX/3) mit einer Invasionstiefe von ≥5 mm und Invasion in Gefäße und Lymphspalten nimmt die Gefahr der Metastasierung signifikant zu. Die Mortalität beträgt 4–7%. Das histologische Grading hat beim Plattenepithelkarzinom der Zervix vermutlich keine klinische Relevanz. Üblich ist eine Einteilung in drei Grade: • Grad 1 (gut differenziert): reichlich verhornend, wenig Mitosen, gering ausgeprägte Kernpolymorphie, reichlich Zytoplasma der Tumorzellen; • Grad 2 (mäßig differenziert): weniger Verhornung, mehr Mitosen und ausgeprägtere Polymorphie als beim Grad 2, wenig Zytoplasma; • Grad 3 (wenig differenziert): keine Verhornung, mehr Mitosen und ausgeprägtere Pleomorphie als bei Grad 2, wenig Zytoplasma. Zytologie. Das frühinvasive Karzinom trägt auch zytologisch die Merkmale einer HSIL und ist dementsprechend in der Regel nicht eindeutig zu diagnostizieren. Es lässt sich vermuten, wenn die „HSIL-Zellen“ von zytoplasmatischem Detritus umgeben sind, der übrige Ausstrich aber „sauber“ erscheint. Ähnliches gilt für das Mikrokarzinom, bei dem allerdings die Zellpolymorphie größer ist. Bei Karzinomen in weiter fortgeschrittenen Stadien (≥pT1b) sind die Ausstriche im Unterschied zu den Frühformen des Plattenepithelkarzinoms oft besonders zellreich und die Zell- und Kernpolymorphie deutlich ausgeprägter. Die Tumorzellen liegen einzeln oder in kleinen Verbänden, manchmal in ganzen Gewebefragmenten. Das Zytoplasma der atypischen Zellen ist besonders bei den gut differenzierten Karzinomen im Unterschied zu den Zellen des CIS breiter und deutlich keratinisiert. Die Kerne sind anisomorph, entrundet und hyperchromatisch, das Kernchromatin ist grob strukturiert, und auch die Nukleolen sind polymorph und plump. Der Hintergrund enthält reichlich Entzündungszellen sowie hämorrhagischen und zytoplasmatischen Detritus. Das zytologische Bild hängt nicht nur von der Differenzierung des Karzinoms ab (Abb. 7.49–7.52). Ulzerationen, Blutungen und bakterielle Infektionen beeinflussen den Erhaltungszustand und die Art der abgestrichenen Zellen wesentlich. Sobald die Oberfläche der ulzerierten Karzinome von fibrinös-nekrotischem Schorf bedeckt ist, enthalten die zytologischen Präparate nur Detritus und Erythrozyten, indes keine Tumorzellen. Die Treffsicherheit ist deshalb bei invasiven Karzinomen niedriger als bei der HSIL. Manchmal sind kaulquappenähnlich geschwänzte keratinisierte Zellen der einzige Hinweis auf ein Karzinom. Prognose. Die Heilungsaussichten haben sich trotz Verbesserungen der operativen und strahlentherapeutischen Methoden in den letzten Jahrzehnten nicht wesentlich verändert. Der Verlauf des Zervixkarzinoms wird wesentlich vom Tumoreinbruch in die Lymphspalten sowie vom Auftreten von Rezidiven und Metastasen bestimmt. Die 5-Jah-
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7
Kapitel 7
Cervix uteri und Vagina
Abb. 7.49 Verhornendes Plattenepithelkarzinom (PapF, 525×)
Abb. 7.51 Weitgehend entdifferenziertes Karzinom (PapF, 525×)
Abb. 7.50 Verhornendes Plattenepithelkarzinom. Neben atypi schen keratinisierten Zellen reichlich Detritus im Ausstrichhintergrund = „Tumordiathese“ (PapF, 330×)
Abb. 7.52 Wenig differenziertes Plattenepithelkarzinom. Im Unterschied zu Adenokarzinom ausgeprägte Hyperchromasie der Zellkerne (PapF, 525×)
res-Überlebensrate hängt somit in hohem Maß vom Tumorstadium bei Diagnosestellung ab (Tabelle 7.9). Plattenepithelkarzinome haben generell eine bessere Prognose als Adenokarzinome der Zervix. Für die Prognose scheint die Einteilung nach dem Zelltyp wichtiger zu sein als das Grading [144].
[13]. Die Wachstumsfraktion beträgt in der Tumorperipherie 41–53%, in der Tumormitte 17–20%. DNA-Hybridisierung: Plattenepithelkarzinome der Zervix enthalten in einem hohen Prozentsatz Sequenzen von HPV-DNA, wobei der Typ 16 bzw. High-Risk-Typen
Zusatzuntersuchungen. Für die Belange der Zervixzytologie ist der statischen DNA-Zytometrie der Vorzug zu geben, da die oft in geringer Zahl im Ausstrich vorkommenden typischen Zellen mit der DNA-Durchflusszytometrie nicht erfasst würden. Doch auch der statischen Zytometrie sind Grenzen gesetzt, da auch HPV-infizierte Zellen unabhängig von ihrem Atypiegrad erfasst werden (s. unter HPV-Infekt). Zytogenetik: Zytogenetische Untersuchungen weisen strukturelle und numerische Aberrationen unterschiedlichen Ausmaßes nach. Am häufigsten wurde ein Gewinn des Chromosomenarms 3q nachgewiesen [58, 93]. Autoradiographie: Mit Hilfe der 3H-Thymidin-Inkorporation wurde eine Zellzykluszeit von 14–15 Stunden und eine Dauer der S-Phase von 9–11 Stunden ermittelt
Tabelle 7.9 Stadienbezogene Überlebensraten beim Zervixkarzinom Stadium (FIGO)
5-Jahres-Über lebensrate [%]
I
Zervixkarzinom begrenzt auf Gebärmutter
80
II
Gebärmuttergrenze überschritten, aber weder Beckenwand, noch unteres Drittel der Vagina erreicht
59
III
Befall von unterem Drittels der Vagina 31 und/oder Beckenwand ± Hydronephrose
IV
Befall von Blase, des Enddarm jenseits des kleinen Beckens
Tumoren der Cervix uteri Einteilung
8
Karzinome
am häufigsten nachgewiesen wurde [71]. Derartige Untersuchungsergebnisse sprechen für die Rolle der Papillomaviren bei der Genese des Zervixkarzinoms. Da sie aber beim invasiven Karzinom keinerlei klinische Konsequenzen haben, sind HPV-Untersuchungen am Karzinomgewebe für diagnostische Zwecke unnötig. Immunzytochemie: Sie spielt in der Routinediagnostik des Zervixkarzinoms keine Rolle und ist eher von wissenschaftlichem Interesse. 82% der verhornenden und 50% der nichtverhornenden Zervixkarzinome sind CEA-positiv [143].
Adenokarzinom der Cervix uteri ICD-O-M-8140/3
Adenokarzinome machten früher etwa 5% aller Zervixkarzinome aus. Nach Rückgang der Plattenepithelkarzinome hat sich jedoch das Verhältnis der Karzinomtypen der Zervix zugunsten der Adenokarzinome verschoben. Gegenwärtig sind 20% der im Zervixbereich vorkommenden Karzinome Adenokarzinome. Wenn es gelingt, die Sensitivität der Zytologie in der Diagnose des AIS zu steigern, ist auch mit einem Rückgang der Inzidenz der Adenokarzinome zu rechnen [130]. Welche Risikofaktoren bei der Entstehung des zervikalen Adenokarzinoms eine Rolle spielen, ist im Einzelnen unbekannt. Zumindest in einem Teil der Fälle scheint wie beim Platten epithelkarzinom das HPV eine Rolle zu spielen [107]. Klinik. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 49 Jahren [43, 152]. Frühsymptome sind nicht bekannt. Typisch ist die durch Palpation feststellbare tonnenförmige Auftreibung der Zervix. Die Endozervix ist der kolposkopischen Untersuchung nicht zugänglich. So ist die zytologische Untersuchung der Endozervix in Anbetracht der prognostischen Relevanz des Tumorstadiums von besonderer Bedeutung. Sie ist die einzige Methode zur Früherkennung im präklinischen Stadium. Die Trefferrate beträgt je nach Entnahmemethode 42–97%. Die besten Ergebnisse werden mit Zervixpipette und Cytobrush erzielt. Histologie. Die Adenokarzinome der Zervix bilden eine heterogene Gruppe unterschiedlich differenzierter Tumoren. Man unterscheidet muzinöse, endozervikale, endometrioide, hellzellige, seröse und mesonephrische Karzinome. Bei den muzinösen Karzinomen werden wiederum eine endozervikale, intestinale, siegelringzellige, villoglanduläre und „Minimal-deviation“-Variante unterschieden. Am häufigsten ist der endozervikale Typ. Die neoplastischen Drüsenlumina werden von einem einreihigen, pseudostratifizierten Zylinderepithel ausgekleidet, das dem normalen endozervikalen Zylinderepithel ähnelt. Die Zylinderzellen enthalten ein dichtes oder schaumig aufgelockertes Zytoplasma. In gut differenzierten glandu-
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lären Karzinomen sind die Kerne im Vergleich zu normalen Zylinderepithelien leicht vergrößert, hyperchromatisch, gleichmäßig rund bis oval. Die Nukleolen sind klein und unverdächtig. Die Zahl der Mitosen liegt unter 10 pro HPF. Die Kerne der wenig differenzierten glandulären Karzinome sind größer und polymorph, die Nukleolen deutlich plumper. Die Zahl der Mitosen übersteigt 10 per HPF. Muzinöser (ICD-O-M-8482/), endometrioider (ICDO-M-8380/3) und hellzelliger Subtyp (ICD-O-M-8310/3) des zervikalen Adenokarzinoms sowie das adenosquamöse Karzinom (ICD-O-M-8560/3) gleichen den entsprechenden Tumoren des Endometriums (s. S. 156f). Zytologie. Das führende Zellelement sind die atypischen Zylinderzellen. Sie liegen einzeln, in lockeren Aggregaten oder auch in papilliformen, trabekulären und flachen Verbänden. Die Kerne sind vergrößert und länglich. Anisokariose und Hyperchromasie sind deutlich ausgeprägt. Das Chromatin ist grob granulär, Makronukleolen sind häufig (Abb. 7.53). Differentialdiagnose. Die zytologische Diagnose des zervikalen Adenokarzinoms ist schwierig. Die Zellen sind kaum von solchen aus einer mikroglandulären Hyperplasie unter Ovulationshemmern, endozervikaler Hyperplasie während der Schwangerschaft, atypischer Reservezellhyperplasie und schon gar nicht von Zellen eines AIS (s. oben) zu unterscheiden. Für das Karzinom sprechen ausgeprägte Zellkernatypie und die Strukturstörung im Verband. Zusatzuntersuchungen. Immunzytochemie: Endozervikale Karzinome sind im Gegensatz zu normalen Zylinderzellen in ca. 80% CEA positiv [94]. DNA-Zytometrie: Unabhängig vom histologischen Differenzierungsgrad haben Tumoren mit niedrigem Ploi-
Abb. 7.53 Adenokarzinom der Cervix uteri. Dreidimensionaler Zellhaufen, Anisozytose, grob strukturierte und teils gekerbte Kerne, prominente eosinophile Nukleolen; Unterscheidung von AIS kaum möglich, vgl. Abb. 7.49 (PapF, 525×)
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Kapitel 7
diegrad (unter 3C) eine bessere Prognose als Tumoren mit hohem Ploidiegrad (über 3C). Die DNA-Ploidie ist für das endozervikale Adenokarzinom prognostisch relevant. Die fortgeschrittenen Stadien III und IV haben unabhängig vom DNA-Gehalt eine schlechtere Prognose [43].
Cervix uteri und Vagina
metriumerkrankung hin. Der Nachweis von Endometriumzellen im Abstrich allein ist demnach auch bei postmenopausalen Frauen keine zwingende Indikation zur histologischen Abklärung mittels Korpuskürettage, sofern klinische Symptome wie Blutungsunregelmäßigkeiten fehlen [11, 69]. Weitere Einzelheiten zum Endometriumkarzinom s. S. 154 f.
Kleinzelliges Karzinom ICD-O-M-8041/3
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Kleinzellige neuroendokrin differenzierte Zervixkarzinome entstehen aus pluripotenten unreifen Zellen. Sie machen 0,5–5% der malignen Zervixtumoren aus [123]. Klinik. Das kleinzellige Zervixkarzinom ist wie das entsprechende Bronchialkarzinom besonders aggressiv. Es metastasiert früh und geht mit einer hohen Mortalität einher. Rezidive werden in 47% der Fälle beobachtet. Extrapelvine Metastasen sind häufig und treten vor allem in Knochen (LWS, Schädel) und Lunge auf. Die Prognose ist ausgesprochen schlecht. Die Überlebenszeit ist kürzer als bei den anderen Zervixkarzinomtypen. Histologie. Das kleinzellige Zervixkarzinom gleicht voll kommen dem kleinzelligen Bronchuskarzinom (s. S. 293 f). Gemischt differenzierte Tumoren mit Anteilen von Plattenepithel- und/oder Adenokarzinomen können vorkommen. Die peritumorale lymphozytäre Abwehrreak tion ist schwach. Zytologie. Siehe unter kleinzelligem Bronchuskarzinom (S. 294). Differentialdiagnose. Bei Nachweis von Zellen eines kleinzelligen Karzinoms ist stets an die Metastase eines Bronchuskarzinoms zu denken. Die Unterscheidung von einem Lymphom gelingt immunzytochemisch. Zusatzuntersuchungen. Immunzytochemie: Etwa 30% sind für neuroendokrine Marker [144]. In einzelnen Fällen konnte Calcitonin, ACTH, Gastrin und/oder Serotonin nachgewiesen werden [48, 144]. Morphometrie: Die durchschnittliche Kernfläche beträgt 160 µm2, der Durchmesser 16,2 µm. Beide Maße sind signifikant kleiner als beim großzelligen Plattenepithelkarzinom.
Endometriumkarzinom ICD-O-M-8310/3
Der Portioabstrich ist zur Früherfassung des vom Cavum uteri ausgehenden Karzinoms und seiner Vorstufen nicht geeignet. Das Vorkommen von Endometriumzellen weist in 2–3% bei postmenopausalen und in weniger als 0,5% bei prämenopausalen Frauen auf eine ernsthafte Endo-
Vaginalkarzinome ICD-O-C 52.9 M-8000/3
Primäre Karzinome der Vagina sind im Vergleich zu den übrigen bösartigen Tumoren des weiblichen Genitale ausgesprochen selten. Zusammen mit den Vulvakarzinomen machen sie nur etwa 7% aller Genitalkarzinome der Frau aus [32]. Meist handelt es sich um Plattenepithelkarzinome. Die vaginale intraepitheliale Neoplasie (VAIN) gilt als typische, nicht jedoch obligate Vorläuferläsion. Die Risikofaktoren für die Entstehung der VAIN und des Plattenepithelkarzinoms der Vagina sind die gleichen wie für die entsprechenden Veränderungen der Zervix. Die noch selteneren primären Adenokarzinome der Vagina entwickeln sich vor allem aus der atypischen Adenose. Sie sind zytologisch nicht von Endometriumkarzinomen zu unterscheiden. Das hellzellige Adenokarzinom tritt bei Kindern auf, deren Mütter während der Schwangerschaft Diäthylstilböstrol(DES)-haltige Hormonpräparate eingenommen haben. Der am histologischen Präparat offenkundige hellzellige Charakter gelangt aber, wie bei hellzelligen Karzinomen anderer Organe, in alkoholfixierten nicht zur Darstellung. Differentialdiagnose. Differentialdiagnostisch ist bei hysterektomierten Frauen an ein Rezidiv des operierten Tumors zu denken. Auch die seltenen Metastasen der Vagina können ein primäres Vaginalkarzinom vortäuschen. Gelegentlich infiltrieren Karzinome des Rektums und der Harnblase die Vaginalwand. Zellen dieser Tumoren gelangen über eine Tumorfistel in die Vagina und sind zwischen reichlich Detritus und Entzündungszellen schwer zu finden. Schließlich ist bei Vaginaltumoren auch an das in dieser Lokalisation extrem seltene maligne Melanom zu denken.
Sarkome und andere nichtepitheliale Geschwülste Leiomyosarkom ICD-O-M-8890/3
Leiomyosarkome der Zervix sind zytologisch anhand der länglichen polymorphen atypischen Zellen mit fi
Zervixzytologie
Qualitätssichernde Maßnahmen
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brillärem Zytoplasma zu erkennen (s. Kap. 27, „Weich teile“).
Rhabdomyosarkom ICD-O-M-8910/3
Das embryonale Rhabdomyosarkom (Sarcoma botryoides) ist der häufigste maligne Genitaltumor bei Mädchen. Er quillt manchmal aus dem Introitus vaginae traubenförmig hervor. Die Prognose ist schlecht. Einzelheiten s. Kap. 27, „Weichteile“.
a
Maligner Müllerscher Mischtumor ICD-O-M-8950/3
Der Tumor kommt vereinzelt auch an der Cervix uteri vor. Die häufigere Lokalisation ist allerdings das Corpus uteri. Einzelheiten s. S. 159.
Lymphome ICD-O-M-9590/3
Lymphome der Zervix sind selten. Es handelt sich eher um eine Manifestation einer disseminierten Erkrankung als um einen primären Befall der Zervix. Histologie und Zytologie (Abb. 7.54) unterscheiden sich nicht von den malignen Lymphomen anderer Lokalisationen (s. Kapitel 24).
b Abb. 7.54 Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom (PapF, a Obj. 10×, b Obj. 63×)
Malignes Melanom ICD-O-M-8720/3
Das primär zervikale maligne Melanom ist sehr selten. Es stellt sich makroskopisch als große dunkelrot-blaue, aus dem Zervikalkanal quellende, bei der geringsten Berührung heftig blutende Geschwulst dar. Melanome der Zervix (Abb. 7.55) gelten als Metastasen bis ein anderweitiger Primärtumor durch extensive Tumorsuche ausgeschlossen worden ist [37]. Zytologie s. S. 474.
Metastasen In Cervix uteri und Vagina metastasiert auf hämatogenem Wege besonders oft das Mammakarzinom, durch loko regionale Ausbreitung dringen Karzinome der benachbarten Organen (Ovarien, Harnblase, Rektum) ein. Die Zellbilder entsprechen den jeweiligen Primärtumoren.
Abb. 7.55 Metastasierendes amelanotisches Melanom (PapF, 840×)
Qualitätssichernde Maßnahmen Das Durchmustern der gynäkozytologischen Präparate ist eine anspruchsvolle Arbeit, die den ZTA über viele Stunden hinweg höchste Konzentration abfordert. Eine klare laborinterne Arbeitsorganisation ist daher die erste und wichtigste aller Maßnahmen. Nach den Leitlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Zytologie soll ein(e) ZTA pro Tag durchschnittlich nicht mehr als 60 konven-
138
7
Kapitel 7
tionelle Ausstriche „screenen“. Außerdem sollte die Screening-Tätigkeit durch regelmäßige Arbeitspausen und durch anderweitige Laborarbeiten unterbrochen werden. Darüber hinaus werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen: • Eine regelmäßige laborinterne und externe Fortbildung. • Regelmäßige Leistungsprüfungen des zytologischen Personals. Diese vor allem in angelsächsischen Ländern propagierte Maßnahme erfordert großes Engagement der ZTA und ein nicht repressives und nicht von Rivalitäten bestimmtes Klima innerhalb des La borteams, wenn es nicht zur Demotivation der Mit arbeiterinnen und Mitarbeiter führen soll. • Rasches Vor- oder Nachmustern sämtlicher Präparate durch eine unabhängige zweite Person oder – besser – mittels eines automatischen Auswertungssystems. • Nachscreening von 10% nach Zufallskriterien ausgewählten Präparaten (hat sich als wenig wirksam erwiesen). Neue Möglichkeiten der Qualitätssicherung ergeben sich aus der Anwendung automatischer Screening-Methoden (s. oben).
Treffsicherheit der zervikovaginalen Zytologie Wie aus den bisherigen Ausführungen wiederholt hervorging, ist bei allen offensichtlichen Erfolgen in der Früherkennung des Zervixkarzinoms die tatsächliche Treffsicherheit der Früherkennungsuntersuchung nach wie vor verbesserungsfähig. Zu viele Faktoren beeinflussen das Ergebnis, so dass die Ermittlung von Fehlerquellen im Einzelfall schwierig ist. Die häufigsten Fehler sind: • fehlerhafte Abstrichtechnik (z. B. die Verwendung von Wattestäbchen statt Spatel oder Zytobürste, keine endozervikalen Zellen); • fehlerhafte Fixation, indem das Fixieren der Ausstriche bei Sprayfixation nicht rasch genug erfolgt oder bei Immersionsfixation in Alkohol die Alkoholkonzentration des Fixativs durch langes Herumstehen der offenen Küvette infolge Hygroskopie unter 96% liegt; • fehlerhafte Färbetechnik, insbesondere die Verwendung von nicht genügend gereiftem Hämatoxylin und zu hoch konzentrierter Hämatoxylinlösung, so dass die Zellkerne homogen überfärbt sind; • Übersehen von relevanten Befunden beim Durchmustern der Präparate; • Beurteilungsfehler des Zytopathologen. Die Probleme werden auch durch die flüssigkeitsbasierte Zytologie nicht vollständig überwunden. So ist die Zahl der nicht sicher einzuordnenden Befunde („ASC-US“, „AGC“) bei FBZ nicht kleiner als bei der konventionellen Pap-Methode.
Cervix uteri und Vagina
Die Sensitivität des konventionellen Pap-Abstrichs bei der Entdeckung des zervikalen Adenokarzinoms beträgt zwischen 45 und 76% [76]. Manuelles und maschinelles Screening führen zu weitgehend identischen Ergebnissen. Mit Hilfe bildanalytischer Parameter werden benigne Zellen mit einer Sicherheit zu 84–96% und atypische Zellen (CIN und Karzinome) zu 86–91% richtig klassifiziert werden [54]. Die Maschine findet generell auffällige und nicht nur neoplastische Zellen. Die markierten Zellen müssen von Auge nachbeurteilt werden. Dabei werden u. U. mehr nicht sicher einzuordnende Zellen (ASC-US) entdeckt [101]. Dasselbe gilt für die FBZ: Obzwar die Übereinstimmung der Befunde bei 80% liegt, werden mit der FBZ mehr Fälle mit nicht sicher klassifizierbaren Zellen (ASC-US) und hochgradiger Atypie (HSIL) entdeckt [49]. Mittels ThinPrep in Kombination mit semiautomatischem Präscreening werden 54% der Adenokarzinome entdeckt, die Rate der Falsch-Negativen liegt bei 13% [42]. Die Angaben bezüglich falsch-negativer Befunde schwanken bei Karzinomen zwischen 2% und 56% [29, 47, 131], beim CIS zwischen 6% und 45% [26]. Schon die große Bandbreite dieser Angaben lässt vermuten, dass die Ermittlung der falsch-negativen zytologischen Befunde mit erheblichem Aufwand verbunden ist. Sie können nur retrospektiv, manchmal erst nach längeren Zeiträumen ermittelt werden, was an der zeitlich begrenzten Aufbewahrungspflicht für unverdächtige zytologische Präparate scheitern kann. Das betrifft die konventionelle Zytologie wie die FBZ gleichermaßen. Nach Literatur beruhen falsch-negative Diagnosen zu 62% auf Entnahmefehlern („sampling error“), wozu auch Fehler der Ausstrichtechnik zu rechnen sind, die durch Austrocknung oder mangelnde Fixation die für die Diagnose wichtigen Kernstruktur verwischen, zu 22% auf Interpretationsfehlern und in 15% auf Fehlern beim Durchmustern der Präparate („screening error“, [47]). Abstriche von Patientinnen mit Adenokarzinom werden in ca. 10% und damit signifikant häufiger falsch-negativ beurteilt als Abstriche von Patientinnen mit HSIL oder Plattenepithelkarzinom (<5%) [108]. Die niedrige Entdeckungsrate bei den invasiven Karzinomen wird auf Fibrinschorf und nekrotischen Detritus zurückgeführt, die die Tumoroberfläche bedecken. Viele Zellabstriche von invasiven Karzinomen enthalten überhaupt keine Tumorzellen [17]. Die Spezifität der zytologischen Untersuchung ist am höchsten beim Nachweis hochatypischer Zellen. Sie ist ein weniger gewichtiges Problem, da jeder relevante zytologische Befund der histologischen Abklärung und Bestätigung bedarf. Falsch-positive Befunde werden im Allgemeinen leicht entdeckt, weil zytologische Befunde, die für eine CIN 2–3 oder ein Karzinom sprechen, den geltenden Leitlinien der Zervixpathologie [2] gemäß histologisch weiter abgeklärt werden müssen.
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Zervixzytologie
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Kapitel 8
Endometrium
8
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
Peri- und postmenopausales Endometrium . . . . . . 150
Klinische Untersuchungsmethoden . . . . . . . . . . . . 146
Gutartige Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Palpation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
Endometritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Hysteroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
Polypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Sonographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
Endometriumhyperplasie . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Zytologische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
Bösartige Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
Aspirationsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
Endometriumkarzinome . . . . . . . . . . . . . . . . 154
Spülmethoden (Uterine Lavage) . . . . . . . . . . . . 147
Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
Abschabemethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
Mesenchymale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
Das Endometrium und seine physiologischen Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
Endometrialer Stromatumor . . . . . . . . . . . . . . 158 Maligner Müllerscher (mesodermaler) Mischtumor 159
Proliferatives Endometrium . . . . . . . . . . . . . . . 148 Treffsicherheit der Endometriumzytologie . . . . . . . . 159 Sekretorisches Endometrium . . . . . . . . . . . . . . 149 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Menstruationsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
146
Kapitel 8
Einleitung
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In allen entwickelten Ländern nimmt die Häufigkeit des Endometriumkarzinoms bei peri- und postmenopausalen Frauen zu, weshalb in manchen Ländern, so in Japan, über gezielte Vorsorgeuntersuchungen nachgedacht wird [38]. In der Bildgebung ist die Standarduntersuchungen zur Beurteilung des Endometriums die Sonographie. Zur Probengewinnung erfolgt in der Regel eine Abrasio; besteht klinisch bereits Verdacht auf ein Karzinom des Endometriums, erfolgt eine Hysteroskopie vor der fraktionierten Abrasio. Die zytologische Untersuchung von Endometriumabstrichen konnte sich bislang aus zweierlei Gründen nicht allgemein durchsetzen: Zum einen ist die Entnahme des Zellmaterials bei Frauen jenseits der Menopause infolge Muttermundstenosen nicht selten schmerzhaft. Zum andern verlangt die Beurteilung der Endometriumabstriche ein hohes Maß an Erfahrung. Doch die Situation könnte sich ändern, da inzwischen Geräte entwickelt wurden, die eine weitgehend schmerzlose Gewinnung von zytologischem Material ermöglichen sollen und in Kombination mit den Methoden der flüssigkeitsbasierten Zytologie die Befunderhebung erleichtern [33]. Damit könnte die Endometriumzytologie eine wertvolle Ergänzung des Methodenspektrums darstellen, um in Einzelfällen schnell zu einer morphologischen Diagnose zu gelangen, zumal sie für die Patientin im Allgemeinen mit weniger Unannehmlichkeiten verbunden ist als die Abrasio, auch ambulant durchgeführt werden kann und kostengünstig ist. Medizinisch begründete Indikationen zur zytologischen Endometriumuntersuchung sind: • postmenopausale Blutungen, • Narkoseunfähigkeit, so dass der Patientin keine Kürettage zuzumuten ist, • asymptomatische Frauen, bei denen sonographisch eine pathologische Endometriumveränderung festgestellt wurde, • hoher Aufbau des Vaginalepithels im Portioabstrich von postmenopausalen Frauen, obwohl keine Östrogentherapie vorausging, • Endometriumzellen im Zervixabstrich von prämenopausalen Frauen in der zweiten Zyklushälfte und im Abstrich postmenopausaler Frauen.
Klinische Untersuchungsmethoden Palpation Die bimanuelle Tastuntersuchung zur Beurteilung von Größe, Konsistenz, Lage und Beweglichkeit des Uterus kann erste Hinweise auf ein Karzinom geben. Ein vergrößerter Uterus ist in der Postmenopause grundsätzlich
Endometrium
karzinomverdächtig. Die Ursache einer Vergrößerung wird durch weitere Untersuchungen geklärt. Dazu gehören Ultraschall, Hysteroskopie, Zytologie und Abrasio.
Hysteroskopie Die endoskopische Untersuchung des Cavum uteri [37, 51] wird unter parazervikaler Anästhesie und nach Dilatation der Zervix durchgeführt. Zur besseren Darstellung der Schleimhaut wird das Cavum uteri durch Insufflation von CO2 dilatiert. Über einen Arbeitskanal können von verdächtigen Schleimhautarealen Biopsien zur histologischen Untersuchung entnommen werden. Die Hysteroskopie erhöht die Treffsicherheit der Endometriumentnahme für die histologische Untersuchung und senkt die Rate falsch-negativer Gewebeuntersuchungen.
Sonographie Die Vaginalsonographie bringt selbst asymptomatische pathologische Veränderungen des Endometriums zur Darstellung. Wichtigstes Kriterium ist die Endometriumhöhe. Die 3D-Sonohysterographie unter Instillation von physiologischer Kochsalzlösung erfasst mit hoher Sensitivität symptomatische Polypen und Endometriumkarzinome. Mittels Farbdopplersonographie ist es möglich, die Vaskularisierung polypöser Veränderungen zu beurteilen und damit fibrosierte Polypen von funktioneller polypöshyperplastischer Schleimhaut zu unterscheiden. Die so nachgewiesenen Polypen können unter hysteroskopischer Kontrolle entfernt werden, was den Patientinnen die Hysterektomie erspart. Die sonographische Untersuchung erlaubt in über 85% der Fälle eine korrekte präoperative Messung der Invasionstiefe von Endometriumkarzinomen. Damit ist zu erwarten, dass mehr Endometriumkarzinome in einem früheren Stadium entdeckt und die Anzahl der diagnostischen Kürettagen abnehmen werden [50]. Doch sind die ultrasonographischen Befunde nicht immer zuverlässig. Einerseits tendiert die Ultraschalluntersuchung zur Überschätzung der Endometriumdicke. Andererseits spricht eine sonographisch gemessene Endometriumdicke von weniger als 5 mm zwar mit großer Wahrscheinlichkeit für eine gutartige Veränderung [19], schließt aber selbst ein invasives Karzinom nicht aus. Auch ist die Bestimmung der Endometriumdicke bei adipösen Patientinnen unzuverlässig. Sie sollte deshalb stets mit einer morphologischen Untersuchung, sei es mittels zytologischem Abstrich oder Abrasio kombiniert werden. Neuerdings versucht man, auch mittels Kernspintomographie die Inva sionstiefe eines Endometriumkarzinoms ins Myometrium abzuschätzen.
Das Endometrium und seine physiologischen Veränderungen
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Zytologische Methoden Endometriumzellen werden aus dem Cavum uteri mit Hilfe spezieller Entnahmegeräte gewonnen. Nach dem Funktionsprinzip unterscheidet man Aspirations-, Spülund Abschabemethoden.
Aspirationsmethoden Eine abgerundete Kanüle oder ein Katheter wird in das Cavum uteri vorgeschoben. Am äußeren Ende wird mittels Spritze oder einer sonstigen Saugvorrichtung ein Sog ausgeübt, der Endometriumzellen in die Kanüle zieht. Beispiele sind das Pistolet [53] und Isaacs Curity Cell Sampler [12, 24]. Als Katheter haben sich insbesondere die dünnen Infusionskatheter aus der Pädiatrie bewährt (s. Übersicht). Methoden der direkten Endometriumzytologie • Aspiration – Pistolet – Isaacs Curity Cell Sampler – Vakutage – Katheter • Lavage – Jet-Wash (Gravlee) – Katheter • Abstrich – Cytobrush – Mi-Mark-Helix – Prevical Curette – Endoscan – Endopap – Exploret-Fatol
Spülmethoden (Uterine Lavage) Durch eine Kanüle oder einen Katheter wird physiologische Kochsalzlösung in den Uterus gespritzt und abgesogen. Die Spülung kann mehrfach wiederholt werden. Die Spülflüssigkeit wird in üblicher Weise verarbeitet [29].
Abschabemethoden Inzwischen sind mehrere Geräte am Markt erhältlich (Endocyte, Endoscann, Exploret-Fatol, Accurette, ArcoHelix, Abradul, Endopap, Endozyt, Uterobrush und Cytobrush), mit denen es gelingt, Zellen aus dem Endomet-
a
b
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Abb. 8.1a–c Direkte Zellentnahme aus dem Cavum uteri mittels Abschabung. a Das Entnahmegerät wird in geschlossenem Zustand in der Hülse in das Cavum uteri eingeführt. b Der für die Zellentnahme vorgesehene Teil wird vorgeschoben, so dass er im Cavum uteri frei zu liegen kommt. c Die den vorderen Teil des Geräts bildenden Paddel spreizen sich aufgrund ihrer Elastizität und gelangen mit der Endometriumoberfläche in Berührung. Durch mehrfaches Drehen um die Längsachse werden Zellen mit den abgespreizten Paddeln vom Endometrium abgeschabt. Anschließend wird das Entnahmegerät in die Führungshülse zurückgezogen und in geschlossenem Zustand durch den Zervikalkanal entfernt
rium zu gewinnen [13]. Das Prinzip der Methode ist in Abb. 8.1 dargestellt. Zu fordern ist, dass das Entnahmegerät • den Zervikalkanal und den inneren Muttermund schmerzfrei überwindet, • repräsentatives Zellmaterial liefert, • leicht zu handhaben und • kostengünstig ist. Die abgeschabten Zellen werden entweder direkt auf einen Objektträger ausgestrichen oder in einem für die flüssigkeitsbasierte Zytologie vorgesehenen Medium abgespült und im Labor weiterverarbeitet [7, 32, 41]. Aus der Zellsuspension wird ein Teil der Zellen auf einen Objektträger gebracht; das Restmaterial kann nach der Zellblockmethode eingebettet werden [28]. Werden die Zellen mittels Bürste entnommen, lässt sich die Zell ausbeute auch dadurch verbessern, dass man beim direkten Auftragen des Materials auf den Objektträger die an einem elastischen Draht befestigte Bürste leicht anhebt und wieder gegen den Objektträger zurückschnel len lässt [16].
Das Endometrium und seine physiologischen Veränderungen Die Korpusschleimhaut (Endometrium corporis uteri) setzt sich zusammen aus Drüsen und einem aus mesenchymalen Zellen, Bindegewebsfasern und Blutgefäßen bestehenden Stroma. Die Schleimhautoberfläche und die Innenwände der Drüsen werden von einem einschichtigen Zylinderepithel bedeckt. Insbesondere während der Geschlechtsreife der Frau unterliegt die Schleimhaut des Corpus uteri physiologi-
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Kapitel 8
scherweise entsprechend Funktions- und Reifezustand des ovariellen Follikels (s. S. 83 ff) einem ständigen Wandel. Während des Zyklus wird das Endometrium zunächst unter überwiegendem Östrogeneinfluss aufgebaut und auf die Aufnahme der Eizelle vorbereitet (Proliferationsphase). Danach folgt die unter überwiegendem Gestageneinfluss stehende Sekretionsphase, während der sich die Eizelle in die Schleimhaut einnistet. Hat keine Befruchtung stattgefunden, wird die Schleimhaut abgestoßen (Menstruationsphase). Bis zur Pubertät ruht das Endometrium, nach der Menopause wird es atrophisch. In beiden Lebensphasen kann es jedoch unter Hormoneinflüssen aktiviert werden. Die zytologischen Kriterien zur Beurteilung des Funktionszustandes des Endometriums sind neben den üblichen Kernkriterien die Architektur der Zellverbände, die Zahl der Mitosen in Epithel und Stroma und der Ausstrichhintergrund. Die nachfolgende Darstellung folgt im Wesentlichen Maksem et al. [33].
Proliferatives Endometrium
Endometrium
Zytologie. Die Zellen des Oberflächen- und Drüsenepithels sind nicht zu unterscheiden. Sie liegen in flachen Verbänden, in Haufen oder einzeln (Abb. 8.2 und 8.3). In der Frühphase bilden sie eher einschichtige flache Verbände. Sie sind zylindrisch, was aber nur bei seitlicher Aufsicht auf die Verbände zu erkennen ist (Abb. 8.4). Die
Abb. 8.2 Postmeonopausales Endometriumepithel (PapF, 80×)
Die Proliferationsphase lässt sich weiter unterteilen in eine • Frühphase Tag 4–7 • Mittlere Phase Tag 8–10 • Spätphase Tag 11–13 Die Länge der einzelnen Phasen ist jedoch deutlichen Schwankungen unterworfen. Histologie. In der frühen Proliferationsphase sind die von einem einschichtigen Zylinderepithel ausgekleideten Drüsen regelmäßig geformt und englumig. Die Kerne stehen basal, sind rund bis oval, das Kernchromatin ist fein granuliert und gleichmäßig verteilt. Nukleolen sind erkennbar. Mitosen fehlen noch weitgehend. Das Stroma ist zelldicht. Die Stromazellen sind spindelförmig, zytoplasmaarm und enthalten längliche hyperchromatische Kerne. In der mittleren und späten Proliferationsphase liegen die Drüsen dichter beisammen und verlaufen zunehmend zickzackförmig oder leicht gewunden. In der Spätphase sind die Drüsen stark geschlängelt und liegen dicht beieinander. Die Lumina werden von einem einschichtigen, pseudostratifizierten Zylinderepithel ausgekleidet. Die Kerne sind vergrößert, oval bis stäbchenförmig und verstärkt anfärbbar. Das Chromatin ist mittelgrob gekörnt und regelmäßig verteilt. Die Mitosen nehmen bis zum Ende der Proliferationsphase an Zahl zu. Jetzt kommen Nukleolen vor. Das Stroma ist anfangs nur leicht, später stärker aufgelockert und ödematös. Die Kerne der Stromazellen sind in der Spätphase größer und weniger dicht als in der Frühphase.
Abb. 8.3 Endometriumepithelien der Proliferationsphase. Tapetenförmig flach ausgebreiteter Verband (PapF, 100×)
Abb. 8.4 Zellverband aus Zervix-Endometrium-Grenze. An den Rändern ist die Zylinderform der Zellen zu erkennen (PapF, 210×)
Das Endometrium und seine physiologischen Veränderungen
Kerne stehen basal, sind rund bis oval, das Chromatin ist fein granuliert und gleichmäßig verteilt. Die Nukleolen sind unauffällig. Mitosen fehlen noch weitgehend. Sobald Mitosen auftreten, rücken die Kerne in die Zellmitte auf. Der Ausstrichhintergrund ist weitgehend „sauber“. Vereinzelt können noch nekrotische aus Epithel- und Stroma zellen bestehende Aggregate als Überreste der Menstruationsphase („Exodus“, Abb. 7.14) vorhanden sein. In der mittleren und späten Proliferationsphase nimmt die Überlappung der Kerne innerhalb der Epithelzellverbände zu. Die Kerngröße schwankt jetzt deutlicher, da sich die Zellen häufiger teilen und in der prämitotischen Phase doppelt so viel Chromatin enthalten wie die ruhende Zelle. Während der Mitose wandern die Kerne mehr und mehr in den apikalen Teil der Zelle. Auffallend ist am Ende der Proliferationsphase die große Zahl von Flimmerzellen. Um den Ovulationstermin herum nehmen die Drüsenzellkerne an Größe zu. Die Kernmembran ist betont, das Chromatin leicht grob, so dass eine gewisse Ähnlichkeit mit Zellen eines gut differenzierten Adenokarzinoms entsteht (Abb. 8.5). Die Stromazellen weisen während der ganzen Proliferationsphase keine wesentlichen Veränderungen auf. Sie bilden kleine Verbände, kommen aber auch einzeln vor. Ihr spindelförmiges bis polygonales Zytoplasma färbt sich zyanophil. Die Kerne sind oval bis länglich, klein und ihres dichten Chromatins wegen intensiv gefärbt. Differentialdiagnose. Siehe unter „Sekretorisches Endometrium“.
Sekretorisches Endometrium Auch die Sekretionsphase lässt sich unterteilen in eine • ovulatorische (Intervall-)Phase Tag 14–15 • frühe (vakuoläre) Phase Tag 16–19 • mittlere (Erschöpfungs-)Phase Tag 20–22 • späte (präziduale) Phase Tag 23–28 Histologie. Unter dem zunehmenden Gestageneinfluss wird das Drüsenepithel zur Sekretion angeregt. In der frühen sekretorischen Phase sind die Drüsen stark geschlängelt. Im Zytoplasma der Epithelzellen bilden sich am Anfang der Sekretionsphase basal gelegene sekretorische Vakuolen, die später apikal liegen und ab dem 20. Zyklustag verschwinden. Danach nehmen die Epithelien eine kubische Form an. Sie sind deshalb niedriger als in der Proliferationsphase, ihr Zytoplasma erscheint aufgehellt. Die Stromazellen verwandeln sich in präziduale Zellen mit einem breiten, scharf begrenzten Zytoplasma. Vor allem perivaskulär, periglandulär und subepithelial nehmen sie einen epithelioiden Charakter an; das Zytoplasma ist breit und granuliert; die Kerne sind vesikulär und hell; die Nukleolen treten deutlich hervor. Immun-
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Abb. 8.5 Endometriumzellen der Proliferationsphase. Kerne groß, Kernchromatin grob granulär, Nukleolen gut sichtbar; Verwechslung mit hoch differenziertem Adenokarzinom möglich; vgl. Abb. 8.9 (PapF, 840×)
histochemisch exprimieren Stromazellen Vimentin und CD10, aber nur sehr selten Zytokeratin [27]. Am Ende der Sekretionsphase schrumpfen die Drüsen als Zeichen der Erschöpfung. Man findet im Stroma „Körnerzellen“ (granuläre NK-Lymphozyten), die unter anderem Relaxin produzieren, ein Hormon, das die Retikulinfasern der umgebenden Stromazellen auflöst und damit die Abstoßung des Enometrium einleitet. Zytologie. Das Zellbild der frühen Sekretionsphase ähnelt weitgehend dem der späten Proliferationsphase. Die Zeichen, dass eine Ovulation stattgefunden hat, sind frühestens nach 36–38 Stunden erkennbar. Das deutlichste Zeichen ist eine Verwandlung der Drüsenepithelien in sezernierende Zellen. Die Zellen sind jetzt niedrig zylindrisch bis kubisch. Die während der Proliferationsphase herrschende Dominanz der Zellkerne wird von einer Dominanz des Zytoplasmas abgelöst. Die Kerne sind etwas heller und größer als in der Proliferationsphase. Die Kern-Plasma-Relation wird kleiner, die Kernmembran ist durchgehend intakt, zart und glatt. Inmitten des fein granulären Chromatins trifft man auf 1–2 Chromozentren. Makronukleolen fehlen. Die Mitosenzahl nimmt ab. Innerhalb der Epithelzellverbände vergrößert sich die Distanz der Zellkerne und bei Aufsicht auf die Verbände tritt die honigwabenartige Anordnung der Zellen stärker hervor. In der mittleren Sekretionsphase erscheinen die Verbände zusätzlich gewellt („unduliert“), was die stärkere Schlängelung der Drüsen widerspiegelt. Außerdem verschwinden unter Progesteroneinfluss die zilientragenden Zellen. Nukleolen oder Mitosen kommen kaum mehr vor. In der Spätphase finden sich vermehrt neben den in der mittleren Sekretionsphase vorhandenen Elementen Lymphozyten, neutrophile Granulozyten, aus dem Verband gelöste apoptotische Zellen mit geschrumpften pyknotischen Kernen und verdichtetem Zytoplasma. Die
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Kapitel 8
Stromazellen machen eine pseudodeziduale Umwandlung durch. Sie nehmen an Größe zu und bilden lockere Verbände. Die Zellgrenzen sind unscharf. Das Zytoplasma erscheint blass zyanophil und ist fein vakuolisiert. Die Körnerzellen ähneln Plasmazellen. Ihre Kerne erscheinen schrumpfungsbedingt hyperchromatisch, ihr Zytoplasma ist abgerundet, hell und fein granuliert.
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Differentialdiagnose. Zervikale Zylinderzellen haben generell etwas größere Kerne als endometriale Epithelien, ein helleres Zytoplasma und sind innerhalb der Zellverbände regelmäßiger wabenförmig angeordnet. Die Stromazellen der oberen Schichten können mit Fibroblasten verwechselt werden. Während der Sekretionsphase gleichen sie Histiozyten, Regenerationsepithel sowie den Keimzentrumzellen der follikulären Zervizitis. Bei Frauen mit anovulatorischen Zyklen und nach Einnahme von Ovulationshemmern sieht man unmittelbar nach der Menstruation ein schwach proliferierendes Endometrium. Veränderungen, wie sie in der späten Sekretionsphase angetroffen werden, findet man auch bei dysfunktionellen Blutungen. Siehe auch Differentialdiagnose der hyperplastischen Veränderungen (S. 153). Zusatzuntersuchungen. Morphometrie: Der Flächeninhalt der Zylinderepithelien beträgt durchschnittlich 30,6 µm2, jener der Stromazellen 45 µm2. DNA-Durchflusszytometrie: Normale Endometriumzellen sind DNA-diploid (DI 1,00). Der Anteil von Zellen in der S-Phase verändert sich während des normalen Zyklus mit einem Maximum von ca. 5% am 14.–15. Zyklustag [11]. Autoradiographie: Der 3H-Thymidin-Labeling-Index beträgt 7,2 ± 10 [14]. Rezeptoren: Die Konzentration der Östrogenrezepto ren (ER) beträgt in der Proliferationsphase 216 ± 35,2 ftmol und in der Sekretionsphase 234,4 ± 48,8 ftmol. Progesteronrezeptoren (PR) belaufen sich in der Proliferationsphase auf 3119 ± 247,6 fmol und in der Sekretionsphase 1850 ± 237,1 fmol [35]. Der ER-Gehalt ist am höchsten in der Proliferationsphase und nimmt nach der Ovula tion ab [4]. Immunzytochemie: Normale Endometriumepithelien reagieren positiv mit den Epithelmarkern (BerEP4, Zytokeratine). Mit Hilfe immunzytochemischer Untersuchungen können auch Rezeptoren von Östrogen und Progesteron am zytologischen Ausstrich nachgewiesen werden.
Menstruationsphase Zytologie. Die Ausstriche sind stark blutig, selbst wenn das Zellmaterial mit hämolytischen Fixativen wie Essigsäure vorbehandelt wurde. Sie enthalten kollabierte, von
Endometrium
neutrophilen Granulozyten durchsetzte Drüsenschläuche, Kerntrümmer, Fibrinstreifen und in Auflösung begriffene Stromafetzen. Zellballen aus degenerativ veränderten Drüsenzellen sowie dezidualen und nicht dezi dualen, teils mit neutrophilen Granulozyten vermischten Stromazellen und nicht dezidualisierte Zellen aus der Basalschicht des Endometriumepithels. Spontan abgeschilferte Zylinderzellen runden sich nach der Exfolia tion ab und bilden manchmal kugelrunde Zellballen (Exodus), die auch in Vaginalabstrichen gefunden werden. Das Zytoplasma ist leicht zyanophil, relativ hell und homogen bis fein vakuolisiert und unscharf begrenzt. Differentialdiagnose. Detritus und die scheinbare Polymorphie des Zellmaterials lassen an das Vorliegen eines Endometriumkarzinoms denken, wie auch umgekehrt die Veränderungen beim Endometriumkarzinom dem Zellbild bei Menstruation ähneln können. Vakuolisierte präziduale Zellen können ein Siegelringzellkarzinom vortäuschen. Die Abgrenzung einer Menstruationsblutung von einer nichtzyklischen Abbruchblutung (z. B. infolge anovulatorischer Zyklen) ist praktisch nicht möglich.
Peri- und postmenopausales Endometrium Histologie. Zwischen Peri- und Postmenopause besteht mit zunehmendem Alter ein Kontinuum von Zeichen nachlassender Proliferation bis hin zur vollständigen Atrophie des Endometriums. Erstes Zeichen ist das Ausbleiben einer geordneten Sekretionsphase. Anfangs besteht noch ein inhomogenes Bild mit zystisch ausgeweiteten, von einem flacheren Epithel ausgekleideten Drüsen und eine pseudodeziduale Veränderung des Stromas sowie ein unreifes, fibröses Stroma mit dicht stehenden Kernen bei gleichzeitiger sekretorischer Umwandlung der Drüsen. Später findet man nur noch atrophische Drüsen und ein zunehmend fibrosiertes Stroma. Mitosen sind anfangs selten und fehlen schließlich ganz. Zytologie. Die Zahl der Drüsenzellen nimmt ab, Mitosen und die Zeichen einer sekretorischen Umwandlung fehlen. Gelegentliche atrophiebedingte Kernun regelmäßigkeiten lassen manchmal an eine Dysplasie des Drüsenepithels bzw. an ein endometriales CIS denken. Sie kommen vor allem im zervikalen Grenz bereich und bei Irritationen des Endometriums (z. B. durch Endometriumpolypen) vor. Zu einer der post menopausalen Atrophie ähnelnden Veränderung des Endometriums kann es bei jungen Frauen unter langfristiger Einnahme von gestagenhaltigen Ovulationshemmern kommen. In diesem Fall ist die Drüsenatrophie jedoch von einer pseudodezidualen Stromaumwandlung begleitet.
Gutartige Veränderungen
Gutartige Veränderungen Endometritis Eine Endometritis kann im Rahmen einer Schwangerschaft, nach einem invasiven Eingriff oder als so genannte isolierte Endometritis (ohne Zusammenhang mit Schwangerschaft oder invasiven Eingriff) auf. Letztere wird vor allem bei postmenopausalen Frauen beobachtet. Bei der geschlechtsreifen Frau dagegen ist die Endometritis meist eine symptomlose Übergangsphase zwischen Zervizitis und Adnexitis bei einer aszendierenden Infektion. In den meisten Fällen handelt es sich um Erreger der anogenitalen Mischflora, seltener um Gonokokken, Mykoplasmen oder Chlamydien. Begünstigende Faktoren außerhalb der Schwangerschaft sind mangelhafte Sexualhygiene, Intrauterinpessare und geschwächte Immunabwehr. Bei Trägerinnen von Intrauterinpessaren treten Infektionen mit Aktinomyzeten und anderen seltenen Erregern auf. Die Tuberkulose des Endometriums ist in Westeuropa heute sehr selten. Auch manifeste virale Infekte des Endometriums sind ungewöhnlich. Wie jedoch in Abortmaterial nachgewiesen wurde [42], verur sacht das Herpes-simplex-Virus (HSV) keineswegs selten eine latente Infektion des Cavum uteri. Eine ZMV-Infektion ist bei immunsupprimierten Patientinnen beschrieben [9, 15, 26]. Klinik. Klinisch manifestiert sich die Endometriumentzündung durch Unterbauschschmerzen, Fluor vaginalis und eventuell Blutungsstörungen. Histologie. Ausmaß und Zusammensetzung des entzündlichen Infiltrats hängen wesentlich von der Ursache der Entzündung ab. Die bakterielle Endometritis ist eine vorwiegend granulozytäre Entzündung. Sie kann akut oder subakut verlaufen und zur Pyometra (Eiteransammlung im Cavum uteri) führen. Stets sind auch Lymphozyten und Plasmazellen mit im Spiel. Die tuberkulöse Endometritis verursacht Granulome. Auch die IUD-assoziierte Endometritis kann mit Granulombildung einhergehen. Die viralen Infekte sind an nukleären Einschlusskörpern zu erkennen. Unabhängig von der Endometritis ursache zeigen Drüsenepithel und Stroma degenerative Veränderungen und Nekrosen. Zytologie. Physiologischerweise variiert der Gehalt an Entzündungszellen während des Menstruationszyklus und beträgt nicht mehr als 10–20% aller endometrialen Zellen [33]. Bei Endometritis ist der Anteil an Entzündungszellen erhöht. Wesentlich ist der Nachweis von nodulären, mit anderen Entzündungszellen vermischten Histiozytenaggregaten. Auch Plasmazellen, nach denen man allerdings gezielt suchen muss, gehören zum Bild, sind aber weniger spezifisch; sie lassen sich immunzyto-
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chemisch darstellen (CD138+) [33]. Bei granulomatöser Endometritis sind Epitheloidzellen und Langhans-Riesenzellen und dichte Lymphozytenansammlungen zu erwarten. Zytologische Veränderungen bei HSV- und ZMV-Infekten s. Kap. 5, S. 61. Die Kerne der Drüsenund Stromazellen erscheinen bei jeder Entzündung geschwollen oder pyknotisch. Der Ausstrichhintergrund enthält Detritus. Differentialdiagnose. Histiozyten mit vakuolär aufgehelltem Zytoplasma erinnern an Karzinomzellen, speziell an Zellen eines Nierenzell- oder Siegelringzellkarzinoms. Die Histiozyten sind jedoch CD68-positiv und zytokeratinnegativ. Bei älteren Frauen kann sich hinter einer Pyometra ein Endometriumkarzinom verbergen. Plasmazellen kommen keineswegs nur bei chronischer Endometritis vor, sondern sind auch bei dysfunktionalen Abbruchblutungen, selten auch in sonst regelrechtem proliferierendem Endometrium vorhanden [18].
Polypen Endometriumpolypen sind herdförmige hyperplastische Schleimhautareale, die sich über das Niveau des übrigen Endometriums erheben. Sie kommen bei 25% aller Frauen vor und sind im 5.–6. Lebensjahrzehnt am häufigsten. Ursache ist vermutlich eine erhöhte Hormonempfindlichkeit des betroffenen Schleimhautareals. Klinik. Endometriumpolypen verursachen oft unstillbare Meno-/Metrorrhagien oder postmenopausale uterine Blutungen. Manche aber bleiben über Jahre asymptomatisch. Histologie. Die Polypen bestehen aus bindegewebigem Stroma und Drüsen. Die Drüsenarchitektur ist alteriert, oft mit zystischen Erweiterungen. Das Stroma zeigt meist eine Fibrose und Kollagenablagerungen sowie dickwandige Gefäße. Zytologie. Zytologisch lassen sich selbst unter Anwendung der Zellblockmethode Polypen nicht eindeutig diagnostizieren, da der Bürstenabstrich nur das Endometrium bis in eine Tiefe von 1,5–2 mm erfasst [33].
Endometriumhyperplasie Als Endometriumhyperplasie bezeichnet man eine verstärkte, fast immer diffuse reversible Proliferation des Endometriums, insbesondere der Endometriumdrüsen. Sie ist Folge einer Östrogeneinwirkung ohne zwischenzeitliche Phasen der Gestagengegensteuerung. Häufigste
152
Kapitel 8 Tabelle 8.1 WHO-Einteilung der Endometriumhyperplasien [49] Karzinomrisiko
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Hyperplasie mit Atypie
Einfach
1%
Komplex (adenomatös)
3%
Hyperplasie ohne Atypie
Einfach
8%
komplex (adenomatös)
29%
Ursache bei Frauen im gebärfähigen Alter sind anovularische Zyklen. Kommt es nicht zum Eisprung, bleiben die Progesteronproduktion und damit die sekretorische Umwandlung des Endometriums aus. Auch länger dauernde Verabreichung von Tamoxifen an Mammakazinompatientinnen [20] oder von Östrogenen und östrogenproduzierende Tumoren (Thekome) können zu ähnlichen Bildern führen. Nach WHO werden mehrere Typen von Endometriumhyperplasien unterschieden [49]: Wesentlich ist die histologische Einteilung in Hyperplasien ohne Atypie und Hyperplasien mit Atypie, die jeweils weiter in einfache und komplexe (adenomatöse) Hyperplasien unterteilt werden (Tabelle 8.1). Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Prognose der Hyperplasie sowohl vom Grad der Architekturstörung der Drüsen als auch vom Nachweis von Zellatypien abhängt. Aufgrund der schlechten Reproduzierbarkeit dieser Klassifikation wurden andere Konzepte vorgestellt, wie z. B. das Konzept der „endometrialen intraepithelialen Neoplasie (EIN)“, das sich jedoch bisher nicht durchsetzten konnte [36]. Zudem ist die einfache Hyperplasie mit Atypie mit 5% aller atypischen Hyperplasien selten und zytologisch nicht eindeutig von der komplexen Hyperplasie mit Atypie zu unterscheiden [5, 36, 47], so dass es gerechtfertigt erscheint, beide Formen der Hyperplasie mit Atypie zusammenfassend zu behandeln. Die Endometriumhyperplasien mit Atypien sind generell und insbesondere bei peri- und postmenopausalen Patientinnen als Vorstufen des Endometriumkarzinoms zu betrachten. Die Vorstellung, die Vorläuferläsionen seien diffus und müssten immer zu Symptomen führen, ist allerdings falsch [33], was bei allen Überlegungen zur Früherkennung zu berücksichtigen ist. Außerdem ist das Risiko der Karzinomentstehung nicht bei allen Hyper plasietypen gleich. Unter allen bisher publizierten Fällen entarten einfache Hyperplasien ohne Atypie in <5%, kom plexe Hyperplasien ohne Atypie sehr viel häufiger zu Karzinomen [47, 49]. Die durchschnittliche Dauer zwischen Feststellung einer Hyperplasie mit Atypie und Manifestation eines Endometriumkarzinoms beträgt 10– 15 Jahre [47].
Endometrium
Die Diagnose der verschiedenen Hyperplasietypen gelingt am besten am Hysterektomiepräparat, weniger gut am Abrasionsmaterial. Klinik. Die Störung äußert sich durch unregelmäßige (dysfunktionale) oder peri- bzw. postmenopausale Blutungen. Histologie. Das Spektrum der morphologischen Endometriumveränderungen bei länger dauerndem Östrogeneinfluss, der nicht von einer Phase überwiegender Progesteroneinwirkung abgelöst wird, reicht von relativ diskreten Zeichen einer persistierenden Proliferationsphase bis hin zur Endometriumhyperplasie. Das für die Diagnose einer Hyperplasie wichtigste Kriterium sind unregelmäßig geformte und unterschiedlich große Drüsen. Die Veränderungen infolge anovulatorischer Zyklen kommen einer prolongierten Proliferationsphase am nächsten. Es bestehen Übergänge zur einfachen Endometriumhyperplasie mit zystisch erweiterten Drüsen, was auch als „gestörte Proliferation“ („disordered proliferative endometrium“) bezeichnet wird [47]. Da der Östrogeneinfluss jedoch zyklischen Schwankungen unterliegt, bricht das Endometrium zwischenzeitlich zusammen (EGBD, „endometrial glandular and stromal breakdown“). Einblutungen in das Stroma, Plättchen- und Fibrinthromben in den Kapillaren sowie reparative Veränderungen gehören daher zum Bild des EGBD. Klinisch äußert sich dies in menstruationsähnlichen Abbruchblutungen. Auch bei der einfachen Hyperplasie ohne Atypie ist das Endometrium verbreitert. Man findet dünne, gestreckt verlaufende tubuläre neben zystisch erweiterten Drüsen. Die Drüsenschläuche werden von einem scheinbar geschichteten Zylinderepithel ausgekleidet und sind von hyperplastischem Stroma umgeben. Besonders typisch sind papilliforme und synzytiale Veränderungen des oberflächlichen Endometriumepithels [44]. Die komplexe (adenomatöse) Hyperplasie zeichnet sich durch dicht bei dicht stehende, nur durch spärliches interglanduläres Stroma voneinander getrennte englumige bis mittelweite Drüsen aus. Das Epithel ist wie in der Proliferationsphase mehrreihig und springt in die Drüsenlumina papillenförmig vor. Mitosen sind häufig. Die einfache wie die komplexe Hyperplasie mit Atypien zeigt einen gleichen Aufbau von Drüsen und Stroma wie die Hyperplasien ohne Atypie. Der Unterschied besteht im Vorkommen von Atypien des Drüsenepithels. Bei der komplexen Hyperplasie mit Atypie liegen die Drüsengänge ohne trennendes Stroma Rücken an Rücken (sog. Dosà-dos-Stellung), und das Drüsenepithel sprosst knospenförmig in die Lumina vor. Die Drüsenepithelien verlieren ihre polare Struktur, ihre Kerne sind häufig atypisch.
Gutartige Veränderungen
Zytologie. Die wichtigsten zytologischen Kriterien der Endometriumhyperplasien sind die Anordnung der Zellkerne innerhalb der Zellverbände, Anisokaryose, Chromatinstrukur der Epithelzellkerne und die Nukleolen größe [34, 46]. Zellularität der Ausstriche, Größe der Drüsenschläuche, Nacktkerne, Kernhyperchromasie und Kernbuchten erwiesen sich dagegen als unzuverlässige Kriterien. Bei allen diesen Veränderungen findet man zusätzlich verschiedene Formen metaplastischer Epithelien, neben anderen besonders papilliforme Epithelzellverbände und Flimmerzellen (s. Abb. 7.8), die jedoch keine Rückschlüsse auf den Typ der zugrunde liegenden Hyperplasie zulassen. Die Befunde bei anovulatorischen Zyklen und einfacher Hyperplasie ohne Atypie sind mehr oder weniger identisch. Die Ausstriche enthalten hauptsächlich flach ausgebreitete, fragmentierte Verbände von Drüsenepithelien und dichte Aggregate von Stromazellen. Die Kerne sind innerhalb der epithelialen Verbände regelmäßig angeordnet und überlagern sich nicht. Sie sind rund oder gefurcht, ihre Größe kann schwanken, gelegentlich sind sie aktiviert. Die Nukleolen sind gut sichtbar (Abb. 8.6). Besonders charakteristisch sind eine große Anzahl metaplastischer Flimmerzellen sowie Klumpen von Stromazellen, denen eosinophile Epithelien aus einer oberflächlichen papillären Metaplasie aufliegen. Die Kerne der metaplastischen Zellen sind rund und erscheinen leicht geschwollen; abnorme Kerne sind selten; das Zytoplasma ist eosinophil [39, 45]. Die Stromazellen erscheinen oft fibroblastenähnlich wie im Zervikalbereich des Uterus. Endometriumabstriche älterer Frauen enthalten wegen der stärkeren Fibrosierung des Stromas weniger Stromazellen als Endometriumabstriche junger Frauen. Die Stromazellen besitzen ovale bis spindelige, oft pyknotische Kerne und ein schmales, unscharf begrenztes Zytoplasma. Zuweilen finden sich zwischen den Stromazellen Einlagerungen von myxoider Zwischensubstanz, Kollagenfaserbündel und Gebilde, die den Corpora amylacea der Prostata ähneln. Aus den Lichtungen der erweiterten zystischen Drüsen gelangen histiozytäre Schaum- und Riesenzellen sowie feinkörniger Detritus in den Abstrich. Das Bild der komplexen Hyperplasie ohne Atypie unterscheidet sich von dem der einfachen Hyperplasie allenfalls durch besonders hohe Zellularität der Ausstriche, eine deutliche Überlappung der erkennbar größeren Zellkerne („nuclear crowding“) in den Zellverbänden und einem relativen Überwiegen der Epithelzellen über die Stromazellen [27]. Bei der einfachen wie bei der komplexen Hyperplasie mit Atypien findet man zusätzlich zu den bereits beschriebenen Elementen atypische Zellen. Die Atypie zeigt sich in vergrößerten Kernen, Verdickungen, Einbuchtungen und Kerben der Kernmembran sowie in intensiv zyanophilen Makronukleolen in wenigstens 1–2% der Kerne (Abb. 8.7). Der Atypiegrad der Kerne erlaubt nicht die Zuordnung zu einer einfachen oder komplexen Hyperplasie.
153
Abb. 8.6 Einfache Endometriumhyperplasie unter Östrogeneinnahme (PapF, 840×)
Abb. 8.7 Komplexe Endometriumhyperplasie mit Atypie. Die Unterschiede gegenüber der einfachen Hyperplasie sind gering und nur am Gesamtpräparat eindeutig beurteilbar (PapF, 840×)
Differentialdiagnose. Leichtere Formen der Hyperplasie (einfache und komplexe Hyperplasien ohne Atypie) können zytologisch weder von regelrechtem Endometrium in der Proliferationsphase (besonders bei „ungeordneter Proliferation“) noch entzündlich verändertem Endometrium noch untereinander sicher unterschieden werden [33, 47]. Die zusätzliche Untersuchung von Zellblockpräparaten ändert daran nichts [33]. Der Anteil metaplastischer Flimmerzellen ist bei jungen Frauen mit anovulatorischen Zyklen signifikant höher als bei anderen Endometriumhyperplasien. Die Abgrenzung gegenüber anderen nichtneoplastischen Endometriumveränderungen gelingt nicht immer. Im Unterschied zur Menstruationsphase fehlen präziduale Zellen, Detritus und von Granulozyten durchsetzte Epithelverbände. Bei Endometritis sind in der Regel Plasmazellen nachweisbar. Vergrößerte Kerne, atypische Struktur des Kernchromatins und eine betonte Kernmembran sowie einzelne Makronukleolen kommen im gleichen Ausmaß auch bei Endometriumpolypen und beim gut differenzierten endometrioiden Adenokarzinom (Grad 1) vor. Atypische Hyperplasie und gut differenzier
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Kapitel 8
tes endometrioides Adenokarzinom lassen sich zytologisch weder aufgrund nukleolärer Atypien, noch mittels Zusatzmethoden zuverlässig unterscheiden; höchstens die Größe der Zellverbände gibt einen gewissen Anhaltspunkt: je kleiner, desto größer die Wahrscheinlichkeit eines invasiven Karzinoms. Dies gelingt erst bei mittelgradig bis wenig differenzierten Adenokarzinomen (Grad 2– 3). Nur das Vorkommen metaplastischer Plattenepithelien mit deutlichen Kernatypien ist als Hinweis auf ein endometrioides Karzinom zu werten. Alle anderen Formen der Metaplasie sind bei Endometriumhyperplasien häufig und keineswegs als Kriterium eines Endometriumkarzinoms überzubewerten, zumal diese Zellen in der Regel keine Kernatypien aufweisen [5, 25, 27, 33, 47].
8
Zusatzuntersuchungen. Morphometrie: Morphometrische Parameter können bei der histologischen Differentialdiagnose verschiedener Hyperplasieformen helfen [2]. Am besten diskriminieren Architekturparameter, insbesondere der prozentuale Volumenanteil von Drüsenepithel am Gesamtgewebe die verschiedenen endometrialen Läsionen. Kerngrößemessungen sind weniger aussagekräftig. DNA-Zytophotometrie: Einfache und komplexe Hyper plasien ohne Atypien sind DNA diploid. Der Anteil von Zellen in der S-Phase beträgt bei der einfachen Hyperplasie ca. 3,4%, bei der komplexen Hyperplasie 4,8% [11]. Genetische Aberrationen lassen sich erfahrungsgemäß mit größerer Sicherheit mittels FISH als durch zytometrische DNA-Analysen nachweisen. Autoradiographie: Der TLI schwankt zwischen 4,0% und 7,8% und ist damit etwa gleich hoch wie beim normalen proliferierenden Endometrium [13]. Rezeptoren: Die Quantifizierung von Östrogenrezeptoren ergab im histologischen Material von Hyperplasien 318,9 ± 57,5 fmol/mg GP und von Progesteronrezeptoren 3285,8 ± 833,8 fmol/mg GP [35]. Angaben zum Rezeptornachweis in zytologischen Ausstrichen liegen nicht vor. In histologischen Präparaten sind ER bei einfachen und komplexen Hyperplasien etwa gleich hoch wie im regelrechten proliferierenden Endometrium. In atypischen Hyperplasien ist der ER-Gehalt ähnlich wie beim Adenokarzinom niedriger als im proliferierenden Endometrium.
Bösartige Tumoren Endometriumkarzinome ICD-O-C 54.1 M-8010/3
Die Inzidenz des Endometriumkarzinoms hat während der letzten Jahrzehnte in Europa und Nordamerika kontinuierlich zugenommen und mancherorts die des Zervixkarzinoms bereits übertroffen. Auch in Japan wird seit Anfang der 80er Jahre eine jährliche Zunahme der Inzi-
Endometrium
denz verzeichnet [38]. Doch da die Häufigkeitszunahme vorwiegend die gut differenzierten Karzinome in frühen Stadien betrifft, ist die Mortalitätsrate nicht im gleichen Maße gewachsen. Bei Frauen über 60 Jahren beträgt die „peak rate“ 105,6/100.000 [8]. Die 5-Jahres-Überlebenszeit ist beim Adenokarzinomen Grad I–II 90%, bei den undifferenzierten (Grad III) 65%. Klinik. Eine postmenopausale Blutung ist das Leitsymptom des Endometriumkarzinoms. Da Frauen in der Menopause mit hoch aufgebautem Portioepithel ein 13-mal höheres Risiko haben, ein Endometriumkarzinom zu entwickeln als Frauen mit altersentsprechend atrophischem Plattenepithel, ist ein hoher Epithelaufbau im Portioabstrich bei Frauen dieser Altersgruppe als möglicher Hinweis auf ein Endometriumkarzinom zu werten. Der Uterus ist meist vergrößert und von verminderter Konsistenz. Im Ultraschall ist das Endometrium gewöhnlich, aber keineswegs immer verdickt. Risikofaktoren. Die Entstehung der Endometriumkarzinome ist vor allem hormonell beeinflusst. Sowohl endogene als auch exogene Östrogenzufuhr, die nicht durch eine adäquate Menge von Gestagenen ausgeglichen wird, kann über eine Endometriumhyperplasie zur Karzinom entstehung führen. Besonders betroffen sind also Frauen, die reine Östrogenpräparate einnehmen. Aber auch Adipositas, bei der durch die gesteigerte Aromataseaktivität im Fettgewebe Östron aus Androstendion gebildet wird, Granulosa-Theka-Zelltumoren des Ovars, polyzystische Ovarien, Nulliparität und späte Menopause sind Risikofaktoren für die Karzinomentstehung. Auch die Einnahme von Tamoxifen gilt als Risikofaktor [48]. Histologie. Die Endometriumkarzinome lassen bei aller Vielfalt ihrer Differenzierung zwei Grundtypen erkennen [47]: • Typ-I-Karzinome sind niedrig maligne östrogenabhängige Karzinome. Sie entwickeln sich unter dem Einfluss der im vorigen Abschnitt genannten Risikofaktoren gewöhnlich bei prä- und perimenopasalen Frauen aus einer komplexen Hyperplasie mit Atypien heraus. Sie haben eine vergleichsweise gute Prognose. Etwa die Hälfte aller Endometriumkarzinome sind Adenokarzinome Typ I. Hierzu zählen vor allem endometrioide Karzinome (8380/3) mit ihren Varianten sowie die muzinösen Adenokarzinome (8430/3). Insbesondere bei den endometrioiden Adenokarzinomen kann eine ausgeprägte plattenepitheliale Metaplasie auftreten. • Die Typ-II-Karzinome kommen ebenfalls meist postmenopausal, jedoch in nicht in hyperplastischem, sondern in atrophischem Endometrium vor. Es handelt sich um aggressive, hormonunabhängige seröse oder hellzellige Karzinome. Sie werden erst in fortgeschrittenem Stadium entdeckt. Der Tumor breitet sich endolymphatisch und intravaskulär aus und ist zum Zeitpunkt der Diag
Bösartige Tumoren
nose bereits weit fortgeschritten. Welche Risikofaktoren ihre Entwicklung in Gang setzen, ist unbekannt. Als gemischtzellig gelten Tumoren, wenn sie sowohl Anteile eines Typ-I-Karzinoms als auch eines Typ-II-Karzinoms aufweisen und eine der Differenzierungen mindestens 10% der Gesamttumormasse einnimmt [47]. Die drei wesentlichen allen Endometriumkarzinomen gemeinsamen histologischen Karzinomkriterien sind 1. Stromaschwund infolge Ausbreitung der atypischen, konfluierenden, kribriformen und eng („dos à dos“) zusammenrückenden Drüsen, 2. Desmoplasie des Stromas mit Vermehrung myofibroblastischer Zellen, Ödem und Entzündungsinfiltraten und 3. Stromanekrosen mit starker Infiltration durch neutrophile Granulozyten und aus dem Makrophagensystem abgeleitete Schaumzellen (in 15% der Fälle) [47].
155 Tabelle 8.2 Histologisches Grading der endometrioiden Endo metriumkarzinome Grad
Solide Anteile [%]
Grad 1
≤5
Grad 2
6–50
Grad 3
>50
Im Drüsenepithel stehen die Kerne nicht mehr basal, sondern auf unregelmäßiger Höhe, eine Epithelschichtung vortäuschend (= Pseudostratifikation des Epithels). Grading: Das histologische Malignitätsgrading der endometrioiden Karzinome beruht überwiegend auf dem Erscheinungsbild der epithelialen Komponente des Tumors, und zwar hauptsächlich auf dem Ausmaß solider Tumoranteile (Tabelle 8.2). Sind bizarre Kernatypien nachweisbar, wird der Tumor zusätzlich um einen Grad höher eingestuft. Bei Adenokarzinomen mit plattenepithelialer Differenzierung richtet sich das Grading ausschließlich nach dem glandulären Anteil. Muzinöse Karzinome werden wie die endometrioiden Karzinome graduiert, sind aber praktisch immer gut differenziert (G1). Seröse Karzinome sind definitionsgemäß hochgradig maligne („high grade“, G3); eine Graduierung wie bei den endometrioiden Karzinomen erfolgt nicht. Auch klarzellige Karzinome werden nicht graduiert. Zytologie. Bei hoch differenzierten Karzinomen bilden die Tumorzellen gelegentlich rosettenförmige oder pseudopapilläre Verbände. Einzeln liegende Tumorzellen kommen besonders bei undifferenzierten Karzinomen vor. Bei den endometrioiden Karzinomen (ICD-O-M8380/3) enthalten die Ausstriche neben Adenokarzinomzellen auch Plattenepithelien mit oder ohne Kernatypien. Plattenepithelien dürfen einem Endometriumkarzinom zugeschrieben werden, wenn sie unmittelbar in Verbänden eindeutigen Adenokarzinomzellen assoziiert sind. Die Kerne der atypischen glandulären Zellen sind etwa doppelt so groß wie in normalen Zylinderzellen, rund bis oval, oft vesikulär (Abb. 8.8 und 8.9). Das Ausmaß der Kernatypie korreliert mit dem histologischen Malignitätsgrad. Bei gut differenzierten Karzinomen (G1) sind die Kerne uniform rund bis oval und wenig chromatindicht ähnlich wie in der Proliferationsphase. Bei mäßig
Abb. 8.8 Hoch differenziertes Endometriumkarzinom (G1). Anisomorphe, unterschiedlich geformte hyperchromatische Kerne; Kernchromatin grob, Nukleolen kaum sichtbar, schmales Zytoplasma (PapF, 525×)
Abb. 8.9 Hoch differenziertes Adenokarzinom (G1). Anisomorphe vesikuläre Kerne, prominente, teils atypische Nukleolen, Verplumpung und Einschnürungen der Kernmembran sind eindeutige Zeichen der Malignität (PapF, 840×)
differenzierten Karzinomen (G2) sind die Kerne oval oder entrundet, bei einig differenzierten (G3) sind sie groß und polymorph und enthalten mäßig bis deutlich atypische Nukleolen. Das Kernchromatin ist fein bis mittelstark gekörnt und unregelmäßig verteilt. Gelegentlich ist es zu Klumpen kondensiert, so dass im Kern helle Areale entstehen („Pfeffer-und-Salz-Struktur“). Die Kern
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Kapitel 8
Endometrium
Abb. 8.10 Mäßig differenziertes Endometriumkarzinom (G2). Gestörte Zellkohäsion, ausgeprägte Kernpolymorphie und Atypie des Kernchromatins sind Zeichen des höheren Malignitätsgrades (PapF, 840×)
Abb. 8.12 Wenig differenziertes Endometriumkarzinom (G3). Kerne ganz unterschiedlich groß und polymorph, Nukleolen plump und deutlich atypisch (PapF, 525×)
Abb. 8.11 Mäßig differenziertes Endometriumkarzinom (G2). Ähnlicher Befund wie in Abb. 8.11 (PapF, 840×)
Abb. 8.13 Wenig differenziertes Endometriumkarzinom (G3). Ausgeprägte Anisozytose, Polymorphie der Kerne, Atypie des Kernchromatins (PapF, 840×)
membran ist leicht bis deutlich verbreitert. Kerben und Ausbuchtungen („Nasen“) der Kernmembran kommen vor allem beim wenig differenzierten Karzinom vor (Abb. 8.10–8.13). Nukleolen sind bei gut differenzierten Karzinomen fast immer, bei allen wenig differenzierten Adenokarzinomen stets zu erkennen, aber als rötlich schimmernde Makronukleolen (Abb. 8.12) nur in einzelnen Tumorzellen. Der fehlende Nachweis von Makronukleolen schließt also ein Karzinom nicht aus. Das Ausmaß der Kernatypien ist der einzige zytologische zur Bestimmung des Malignitätsgrades taugliche Parameter. Die wenig differenzierten Adenokarzinome sind anhand der deutlichen Kernatypie leicht zu erkennen. Das Zytoplasma trägt zur Karzinomdiagnose wenig bei. Es ist undeutlich begrenzt, hell und fein bis grob vakuolisiert. Die Vakuolen sind entweder schleimhaltig oder degenerativ bedingt. Große Vakuolen und der Einschluss von Granulozyten in das Zytoplasma der Tumorzelle sprechen für
ein Karzinom. In fast allen hoch differenzierten und bei allen wenig differenzierten Karzinomen enthält der Ausstrichhintergrund Zelldetritus, frische und zerfallende Erythrozyten, Fibrin sowie große Histiozyten. In Einzelfällen erinnert der granulozytär-erythrozytär-detritische Hintergrund an eine Pyometra (s. bakterielle Endometritis S. 151). Der Exsudathintergrund kommt nur in Abstrichen aus dem Cavum uteri und von der Portio, nicht jedoch in Lavagen des Cavum uteri zur Darstellung. Die zahlreichen, allesamt selteneren Typen der Endometriumkarzinome lassen sich teilweise zytologisch eindeutig differenzieren: • Seröse Adenokarzinome bilden wie die entsprechenden Ovarialkarzinome (s. S. 88) arboreszierende, ausknospende Zellaggregate, die mitunter einer Stromaachse oder Kapillarrippen aufsitzen, sowie einzelliegende ausgeprägt atypische Zellen. Die Kerne sind in den meisten Fällen nicht signifikant größer als bei den
Bösartige Tumoren
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G1-Karzinomen, jedoch hochgradig atypisch. Nekroseherde kommen oft vor. Psammomkörperchen werden in 30–60% der Fälle beobachtet [21]. Herdförmige solide Anteile sind nicht ungewöhnlich. Das Zellbild entspricht einem wenig differenzierten endometrioiden Adenokarzinom (Grad 3) [21]. Klarzellige Adenokarzinome (ICD-O-M-8310/3) kennzeichnen helle, schuhnagelförmige Zellen („hob nails“). Klarzellige Anteile kommen oft auch in serösen Adenokarzinome vor. Kleinzellige neuroendokrine Karzinome ähneln weit gehend den entsprechenden Lungenkarzinomen. Im Unterschied zum Endometriumkarzinom sind die Nukleolen unscheinbar, der Zytoplasmasaum sehr schmal, oft kaum sichtbar. Die seltenen muzinösen Adenokarzinome (ICD-O8430/3) sind hoch differenziert und daher nicht einfach zu diagnostizieren. Charakteristisch sind intrazytoplasmatische Schleimvakuolen. Ähnliches gilt für das extrem seltene Flimmerzellkarzinom, eine Variante des endometrioiden Adenokarzinoms, das so hoch differenziert ist, dass – für ein Karzinom ganz ungewöhnlich – seine Zellen sogar Zilien tragen. Hier ist die histologisch nachgewiesene Stromainvasion das einzige Malignitätskriterium [47]. Nicht klassifizierbare Karzinome (ICD-O-8020/3) bereiten im Allgemeinen keine diagnostischen Schwierigkeiten. Sie können anaplastisch sein oder Beimischungen unterschiedlichster Differenzierung entsprechend einem endometrioiden, plattenepithelialen, klein- oder klarzelligen Karzinom aufweisen. Die villoglandulären Karzinome, bei denen es sich ebenfalls um eine Variante des endometrioiden Adenokarzinoms handelt, ähneln in ihrem zytologischen Erscheinungsbild den serösen Karzinomen, zeigen aber im Unterschied zu diesem eine niedrige Proliferationsaktivität (Ki67 nur schwach positiv) [33].
Die Diagnose von Endometriumkarzinomen ist oft nicht einfach. Zytologische Details sind wegen Überlagerungen oft nicht gut zu erkennen. Die Endometriumzytologie ist daher kein Ersatz für die Abrasio. Dies gilt besonders für die Abklärung von Blutungen in der Postmenopause. Jeder suspekte oder positive Befund muss durch fraktionierte Abrasio abgeklärt werden. Negative zytologische Befunde bedeuten keinen Ausschluss eines Endometriumkarzinoms. Bei entsprechenden klinischen Hinweisen ist die Abrasio trotz negativer Zytologie angezeigt. Prognosefaktoren. Das Tumorstadium ist der wichtigste Prognoseparameter für Endometriumkarzinome. Die FIGO- und TNM-Einteilungen sind in Tabelle 8.3 wiedergegeben. Die Wertigkeit anderer Parameter wie DNAPloidie, proliferative Aktivität, histologischer Typ, Grading, Tiefe der Myometriuminvasion und Rezeptorgehalt nimmt in dieser Reihenfolge ab [30].
157 Tabelle 8.3 Stadieneinteilung des Endometriumkarzinoms (Häufigkeitsangaben [17]) TNM
FIGO
Kriterien
Häufigkeit [%]
Tis
0
Carcinoma in situ
T1
I
Tumor begrenzt auf Corpus uteri
74,3
T2
II
Tumor infiltriert die Zervix, ist aber auf den Uterus begrenzt
14,7
T3
III
Tumorwachstum außerhalb des Uterus, aber noch innerhalb des kleinen Beckens
7,2
T4
IV IVa
Tumor infiltriert Mukosa der Harnblase
3,8%
IVb
Fernmetastasen
Differentialdiagnose. Zellen aus synzytialer und papillärer Metaplasie bei Endometriumhyperplasie können ein seröses Endometriumkarzinom vortäuschen. Doch Letzteres ist ein hochmaligner Tumor mit deutlichen Zell- und Kernatypien und vielen Mitosen. Im Unterschied zu Zellen aus einer Hyperplasie sollen die Karzinomzellen p53-positiv sein [47]. Gut differenzierte endometrioide Endometriumkarzinome (Typ I) sind zytologisch im Allgemeinen nicht von Hyperplasien zu unterscheiden. Polypen lassen sich als solche zytologisch überhaupt nicht diagnostizieren. Sie werden wie die Endometriumveränderungen infolge anovulatorischer Zyklen häufig als atypische Hyperplasie oder Karzinom überbewertet. Bei zytologischen Normalbefunden ist daher eine Ultraschalluntersuchung oder Hysteroskopie angezeigt. Intrauterinpessare können zu Kernveränderungen der Epithelzellen führen, die gelegentlich mit Adenokarzinomen verwechselt werden; die Beachtung der blanden Chromatinstruktur und des Fehlens von Makronukleolen schützt vor Fehldiagnosen. Regressive und reaktive Veränderungen des endometrialen Zylinderepithels nach ionisierender Strahlung und Kryochirurgie sind rein morphologisch nicht sicher von präkanzerösen und karzinomatösen Atypien zu unterscheiden. Sie lassen sich nur in Kenntnis der Anamnese richtig deuten. Zusatzuntersuchungen. Die Immunzytochemie spielt in der zytologischen Untersuchung von Läsionen des Endometriums nur eine untergeordnete Rolle. Prinzipiell können die gleichen Marker untersucht werden, die auch in der Histologie angewandt werden. PTEN (PhasphataseTensin-Homolog), das den Zellzyklus arretiert, die Zellmotilität bremst und die Zellen in Apoptose überführt, wird von nichtneoplastischen Endometriumzellen expri-
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miert, während die Zellen aus Präneoplasien und Karzinomen in bis zu >80% der Fälle PTEN-negativ sind [54]. Der negative Befund ist aber nur zu bewerten, wenn der Ausstrich auch nichtneoplastische Zellen enthält, die eine innere Kontrolle der Reaktion ermöglichen [33]. Eine p53-Positivität ist in 30% der atypischen Hyperplasien und in 65% der Karzinome nachweisbar. Ein ähnliches Expressionsmuster zeigt der proliferationsassoziierte Marker Ki67. Am niedrigsten ist die Expression bei gutartiger Endometriumhyperplasie. Nur die Zellkerne der serösen und klarzelligen Karzinome sind regelmäßig stark p53- und Ki67-positiv [10]. Auch bei der Beurteilung dieser Marker ist man auf unverändertes Endometrium als innere Kontrolle der Reaktion angewiesen. Morphometrie: Die Fläche der Karzinomzellen beträgt durchschnittlich 132 ± 48,3 µm2, die Kernfläche 60,0 ± 12,1 µm2. Mit Hilfe der Morphometrie können atrophi schen von normalen und malignen Zylinderepithelien leicht unterschieden werden [40]. Schwer zu unterscheiden sind hingegen Zellen des proliferierten Endometrium und der gut differenzierten Adenokarzinome. Die Aussage beruht auf dem Einsatz von 19 Parametern, in Verbindung mit der Bestimmung von Kern-DNA und Kernprotein. Die Morphometrie des Endometriums ist noch nicht bis zur Integration in die zytologische Diagnostik ausgereift. DNA-Zytometrie: Ein hoher Anteil (60%) der Endometriumkarzinome ist diploid, ca. 40% sind aneuploid. Der Anteil aneuploider Verteilungen nimmt mit dem histologischen Grad zu: Karzinome Grad I–II sind zu ca. 30% aneuploid, Grad III zu ca. 60% aneuploid [31]. Der Anteil von Zellen in der S-Phase ist in dem normalen Endometrium der Proliferationsphase gleich groß wie bei Adenokarzinomen Grad I und II, aber signifikant niedriger als bei Karzinomen Grad III. Die proliferative Aktivität korreliert mit dem Kerngrading und dem histologischen Grading [17]. Der Anteil von DNA-diploiden Karzinomen ist bei Endometriumkarzinomen höher als bei anderen malignen Tumoren [11, 17]. Polyploide Verteilungen wurden beim sekretorisch überstimulierten Endometrium und im Arias-Stella-Phänomen bei der extrauteriner Gravidität beschrieben [52]. DNA-Untersuchungen (Ploidie und S-Phase) sind aufgrund ihres prädiktiven Wertes für die Bestimmung der Prognose hilfreich. Rezeptoren: Biochemisch fanden Mitze et al. [35] einen Gehalt an Östrogenrezeptoren von 133,5 ± 80,24 fmol/ mg Gesamtprotein und einen Gehalt von Progesteron rezeptoren von 778,9 ± 416,4 fmol/mg Gesamtprotein. Der Progesteronrezeptorwert ist beim Endometrium karzinom signifikant niedriger als im normalen Endometrium beider Zyklusphasen und bei endometrialen Hyperplasien. Der Verlust der Rezeptorexpression ist mit der histologischen Entdifferenzierung positiv korreliert [31].
Endometrium
Metastasen Mittels Endometriumaspiraten lassen sich Ovarial- und Tubenkarzinome, ja sogar peritoneale Metastasen von nichtgynäkologischen Tumoren (gastrointestinale und Mammakarzinome) diagnostizieren [43].
Mesenchymale Tumoren ICD-O-C 54.1 M-8800/3
Von den mesenchymalen Strukturen des Endometrium ausgehende Tumoren sind selten. Sie haben allgemein eine schlechte Prognose. Man unterscheidet monophasisch und gemischt differenzierte Sarkome (s. Übersicht). Als homologe Sarkome bezeichnet man Tumoren, die einer der im normalen Uterus vorkommenden Strukturen ähneln, während heterologe Sarkome nicht dem Ursprungsgewebe des Uterus passende Differenzierungen aufweisen. Siehe auch Kap. 27, Tumoren des Knochenund Weichteilgewebes. Histologische Einteilung der wichtigsten Endometriumsarkome • Monomorphe Sarkome – Homolog – Stromasarkome – Low-grade-Stromasarkom – High-grade Stromasarkom – Leiomyosarkom – Angiosarkom – Fibrosarkom – Heterolog – Rhabdomyosarkom (inkl. Sarcoma botryoides) – Chondrosarkom – Osteosarkom – Liposarkom • Gemischte Sarkome – Adenosarkom – Maligner Müllerscher (mesodermaler) Mischtumor • Nicht klassifizierbare Sarkome
Endometrialer Stromatumor ICD-O-M-8930/3
Endometriale Stromatumoren sind den Stromazellen des Endometriums entsprechend differenziert. Ihr Spektrum reicht von den gutartigen endometrialen Stromaknoten
Literatur
über das niedrig-maligne endometriale Stromasarkom zum hochmalignen, entdifferenzierten Stromasarkomen.
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a
Zytologie. Die Zellen der Stromasarkome sind überwiegend rund, klein, gelegentlich von kometenförmig spitz zulaufender Form. Auch mehrkernige Riesenzellen kommen vor. Die Zellkerne zeichnen sich durch deutlich erkennbare Nukleolen aus. Der Ausstrichhintergrund enthält Detritus („Tumordiathese“) [3, 23]. In ihren Metastasen, besonders in der Aszitesflüssigkeit, sind die Zellen unscharf begrenzt. Die Kern-Plasma-Relation der hyperchromatischen und unregelmäßig gekerbten Kerne ist hoch. Differentialdiagnose. Die Zellkerne der Stromasarkome ähneln den Kernen von Lymphomen, anaplastischen kleinzelligen Karzinomen, Granulosazelltumoren und Endometriumkarzinomen [22]. Die zytoplasmareichen Zellen des entdifferenzierten Stromsarkoms wiederum ähneln Zellen eines wenig differenzierten Plattenepithelkarzinoms, sind aber immunzytochemisch negativ für epitheliale Marker. b
Maligner Müllerscher (mesodermaler) Mischtumor ICD-O-8950/3
Der die Gewebsdifferenzierung des Müller-Ganges nachahmende Tumor besteht aus einer epithelialen und einer mesenchymalen Komponente. Die epitheliale Komponente ist in der Regel ein Adenokarzinom. Die mesenchymalen Anteile sind homo- oder heterolog differenziert. Der homologe Typ besteht aus einem Adenokarzinom plus Leiomyosarkom, Stromasarkom oder Fibrosarkom. Zytologie. Die Ausstriche von Aspiraten aus dem Cavum uteri enthalten ein sehr vielfältiges und buntes Zellbild mit deutlich atypischen Zellen, die den jeweiligen Komponenten des Tumors entsprechen [1]. In Anbetracht der deutlichen Kernatypie bereitet die zytologische Diagnose in der Regel keine Schwierigkeiten, wenn neben Karzinomzellen auch atypische mesenchymale Zellen nachweisbar sind (Abb. 8.14).
Abb. 8.14 Maligner Müllerscher Mischtumor. a Obj. 10×, b Obj. 40× (PapF)
Spezifität erreicht 90–100% [6, 8, 33]. Die Sensitivität für den Nachweis von einfachen und komplexen Hyperplasien wird mit 90%, jene der atypischen Hyperplasien mit 97% angegeben [6].
Literatur 1.
2.
3.
4.
Treffsicherheit der Endometriumzytologie Die Treffsicherheit der Endometriumzytologie hängt von der verwendeten Technik, dem manuellen Geschick des Gynäkologen und von der speziellen Erfahrung des Zytologen mit der Endometriumzytologie ab. Die Sensitivität für den Nachweis eines Karzinoms beträgt um 90%, die
5.
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Kapitel 9
Vulva
9
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Gutartige Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
Anatomische Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Bösartige Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
Zytologische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Plattenepithelkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
Nichtneoplastische Veränderungen . . . . . . . . . . . . 164
Morbus Paget . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
Infekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Malignes Melanom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
Verhornungsanomalien . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Seltene Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
Dystrophien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Treffsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
Endometriose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
Intraepidermale Neoplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
1
Kapitel
Einleitung Die Exfoliativzytologie der Vulva hat bei weitem nicht denselben Stellenwert wie die von Portio und Vagina. Eine gewisse Bedeutung kommt ihr bei der Verlaufskontrolle von präkanzerösen Läsionen und Karzinomen zu. Jede neu entdeckte makroskopisch suspekte Läsion sollte jedoch primär histologisch untersucht werden. Denn die tumornegativen zytologischen Befunde sind wenig aussagekräftig und die Sensitivität des zytologischen Vulvaabstrichs ist dementsprechend begrenzt. Zur Diagnose von Entzündungen und Dystrophien, die an der Vulva wie in anderen Hautregionen nicht selten vorkommen, trägt die Zytologie noch weniger bei.
9
Anatomische Vorbemerkung Die Vulva besteht aus den lateralen großen und den medialen kleinen Schamlippen. Letztere bilden die Schamspalte mit Scheidenvorhof (Vestibulum vulvae) und Scheideneingang (Introitus vaginae). Ventral der Scheidenöffnung befindet sich die Mündung der Urethra (Meatus urethrae) und darüber die Klitoris. Dorsal trennt das Perineum (Damm) den Introitus vaginae vom Anus. Die Nähe zur Analregion ist für die Entstehung aszendierender Genitalinfektionen von Bedeutung. In den Scheidenvorhof münden außer der Urethra die Bartholin-Drüsen, ferner die klinisch weniger bedeutsamen kleinen Vorhofdrüsen und die Ausführungsgänge der periurethralen Drüsen (Skene-Gänge).
Vulva
mit physiologischer Kochsalzlösung getränkten Kompresse zu genügend zellreichen und beurteilbaren Ausstrichen. Intra- oder subkutane Knoten werden mittels Feinnadelpunktion angegangen.
Nichtneoplastische Veränderungen Infekte An der Vulva treten grundsätzlich die gleichen Infekte auf wie im Portio-Vaginal-Bereich (s. S.118 f). Der HPVInfekt steht wie dort in enger ursächlicher Beziehung zu den neoplastischen Veränderungen. Die durch das Herpes-simplex-Virus verursachte Vulvitis kann sehr schmerzhaft sein. Der Befall des äußere Genitale durch das Zytomegalievirus wird gelegentlich im fortgeschrittenen Stadium der AIDS-Krankheit beobachtet [6]. Weiterhin ist mit spezifischen bakteriellen Infektionen wie Syphilis, Granuloma inguinale, Lymphogranuloma venereum und Tuberkulose zu rechnen. Gehen diese Infekte mit Ulzera einher, können Abstriche diagnostisch hilfreich sein. In der Regel sind die zytologischen Befunde im Vulvaabstrich jedoch uncharakteristisch und tragen wenig zur nosologischen Einordnung der Entzündung bei.
Verhornungsanomalien Synonym: Dyskeratosen
Histologie. Die großen Schamlippen werden wie die Haut von Epidermis, kleine Schamlippen und Vestibulum vulvae von mehrschichtigem, nicht verhornendem Plattenepithel bedeckt. Die Drüsengänge sind von Zylinderepithel ausgekleidet. Zytologie. Zellabstriche aus dem Bereich der großen Schamlippen enthalten ausschließlich kernlose Hornschuppen, Abstriche aus Vestibulum und Introitus nicht verhornte Plattenepithelien.
Zytologische Methoden Die meisten oberflächlichen Läsionen der Vulva sind von einer Schicht keratotischer oder parakeratotischer Zellen bedeckt, so dass es nicht einfach ist, an die tiefer gelegenen diagnostisch relevanten Zellen zu gelangen. Abstriche mit Wattetupfern sind daher unbrauchbar. Dagegen führt das Abschaben mit einem Holzspatel nach vorherigem Aufweichen der Läsion durch Auflegen einer
Verhornungsstörungen stellen im Bereich der Vulva wie in der Haut relativ unspezifische Reaktionen dar. Das Ursachenspektrum reicht von genetischen Störungen bis hin zu exogenen Reizzuständen. Die verschiedenen Typen der Verhornungsstörung siehe Kap. 23.
Dystrophien Unter die mit Dystrophie der Haut einhergehenden Veränderungen fallen ätiologisch wie morphologisch so unterschiedliche Erkrankungen wie Leukoplakie, Vulvitis, Lichen sclerosus et atrophicus, Craurosis vulvae, primäre Atrophie, sklerosierende Dermatose sowie die atrophische und hypertrophische Vulvitis. Sie werden im Anschluss an Gardner und Kaufman [9] nach ISSVD (International Society for the Study of Vulvar Diseases) [20] eingeteilt in: • hyperplastische Dystrophie, mit oder ohne Atypie, • atrophische Dystrophie (Lichen sclerosus), • gemischte Dystrophie (Lichen sclerosus mit Herden epithelialer Hyperplasie) mit oder ohne Atypie.
Intraepidermale Neoplasie
Klinik. Klinisch gehen alle diese Veränderungen mit zum Teil starkem chronischem Juckreiz einher. Die hyperplastischen Dystrophien treten meist in der Postmenopause in Erscheinung. Sie befallen alle Regionen der Vulva und dehnen sich nicht selten auf die angrenzende Haut der Schenkel aus. Stark ausgeprägte Hyperkeratosen sind weiß, nur gering ausgeprägte dunkelrot. Infolge des Juckreizes sind oft Kratzspuren zu sehen. Der Lichen sclerosus befällt ebenfalls meist ältere, selten auch junge Frauen und Kinder. Die Haut weist mehrere kleine, später große konfluierende weiße Bezirke auf. Histologie. Histologisch findet man bei hyperplastischer Dystrophie eine Akanthose und Hyperkeratose, verlängerte Reteleisten und gelegentlich eine Parakeratose. Im Korium trifft man auf ein Ödem, lymphoplasmazelluläre Infiltrate und hyperämische Kapillaren. Beim Lichen sclero sus ist das Epithel atrophisch und gleichzeitig hyper keratotisch. Die Hyperkeratose führt zusammen mit dem Verlust von Melanozyten zu der charakteristischen Weißfärbung der Haut. Die Reteleisten sind verkürzt. Im Korium bildet sich eine charakteristische breite Schicht kollagener Fasern, die gleichgerichtet zur Basalmembran verlaufen. Darunter findet man ein dichtes, ebenfalls bandförmiges lymphoplasmazelluläres Entzündungsinfiltrat.
Zytologie. In beiden Fällen sind die Befunde uncharakteristisch und eine definitive Diagnose am Ausstrich nicht zu stellen. Zur genauen Einordnung ist daher die Biopsie indiziert.
Endometriose Die Endometriose ist im Bereich der Vulva selten. Sie imponiert als bläulich-livides Knötchen variabler Größe, das zeitgleich mit der Menstruation schmerzhaft an schwillt. Die Feinnadelpunktion ergibt eine eingedickte hämorrhagische Flüssigkeit. Zytologie. Zytologisch findet man Blutbestandteile und hämosiderinspeichernde Makrophagen sowie einzeln und in Verbänden liegende endometriumzellähnliche Epithelien und Stromabestandteile [15].
Intraepidermale Neoplasie ICD-O-C 51.9 M-8077/1
Grundsätzlich werden zwei Arten der VIN unterschieden: Die klassische VIN (Synonyme: „basaloide“ oder „common type“, selten auch als „warty type“ bezeichnet) und die differenzierte VIN (Synonym: „differentiated“ oder „simplex type“).
165
Die häufigste Form ist die klassische VIN, die vor allem bei jüngeren Frauen (mittleres Erkrankungsalter ca. 30–40 Jahre) vorkommt. Sie ist meist mit HPV vom Hochrisikotyp assoziiert. In 20–50% der Patientinnen tritt sie multifokal in Erscheinung. Die differenzierte VIN ist mit 2–5% aller VIN dagegen selten. Sie tritt meist bei älteren Patientinnen auf und ist nicht mit einer HPV-Infektion assoziiert. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 65 Jahren [13]. Klinik. Die Symptome sind uncharakteristisch. Etwa die Hälfte der Patientinnen klagt über Juckreiz. Die VIN tritt einzeln oder multipel auf. Meist stellt sie sich als weiße, graue oder rosa-rote fleckförmige oder papulöse Effloreszenz dar. In etwa einem Drittel der Fälle erscheint sie als brauner hyperpigmentierter Fleck. Umgekehrt verbirgt sich hinter der Hälfte der hyperpigmentierten Flecken der Vulva eine VIN. Einen ersten Hinweis gibt die Vitalfärbung. Die Bepinselung mit 1% Toluidinblau (CollinsTest) färbt das parakeratotische Epithel der VIN blau. Bei Erstfeststellung empfiehlt sich wegen der schwierigen zytologischen Beurteilung (s. unten) die Biopsie. Die zytologische Untersuchung ist indiziert wenn einer durch Narben und Bestrahlung vorbelasteten Hautregion weitere Biopsien erspart werden sollen. Histologie. Die im Vergleich zum Portio- und Vaginal epithel physiologischerweise viel ausgeprägtere Verhornungsneigung der Epidermis spiegelt sich auch im Erscheinungsbild der VIN wider. Definitionsgemäß ist die Basalmembran intakt. Die klassische VIN wird je nach Ausprägung der Atypien gemäß ISSVD in drei Dysplasie grade eingeteilt [17, 22, 23]: • VIN 1: Die zellulären Atypien sind gering. • VIN 2: Die Atypien sind ausgeprägter. Keratinisierte Zellen und suprabasale, darunter atypische Mitosen gehören zum Bild. • VIN 3 (ICD-O-M-8077/2): Die Zellatypien sind noch ausgeprägter. Kennzeichnend sind vermehrte Zelldichte, Dyskeratose und Einzelzellverhornung („Corps ronds“), mehrkernige Riesenzellen, Verschiebung der Kern-Plasma-Relation zugunsten der Kerne sowie suprabasale und atypische Mitosen. Die differenzierte VIN gilt immer als high-grade Läsion! Zytologie. Der ausgeprägten Verhornungsneigung der Epidermis entsprechend findet man bei allen VIN-Graden hauptsächlich dys- und parakeratotische Zellen mit unterschiedlich ausgeprägten, oft relativ diskreten Kern atypien. Von der Läsion spontan abgeschilferte Koilozyten findet man gelegentlich im Urin [1]. Bei der VIN 1 (Abb. 9.1) sind die Kerne gering vergrößert, die KernPlasma-Relation praktisch unverändert. Bei VIN 2 (Abb. 9.2) sind die Kernveränderungen im Vergleich zu VIN 3 wenig stärker ausgeprägt. Bei der VIN 3 (Abb. 9.3
166
Kapitel 9
Vulva
Abb. 9.1 VIN1. Minimale Form- und Größenabweichungen der Zellkerne, Zytoplasma ausgereift (PapF, 525×)
Abb. 9.3 VIN3. Deutliche Zunahme der Kernatypie bei noch immer weitgehend ausgereiftem Zytoplasma (PapF, 525×)
Abb. 9.2 VIN2. Im Vergleich zu VIN1 (s. Abb. 9.1) leichte Zunahme der Kernatypie (PapF, 525×)
Abb. 9.4 VIN 3. Die Atypien bei stärkerer Vergrößerung (PapF, 525×)
9
und 9.4) sind die Kerne noch größer, die Kern-PlasmaRelation ist deutlich zugunsten der Kerne verschoben. Da die Zellen im Abstrich aus der obersten Schicht des Epithels stammen, erscheinen die Veränderungen um einen Grad harmloser als im histologischen Schnitt. Daraus folgt für die Befundwiedergabe, dass man den Dysplasiegrad eine Stufe höher ansetzt als man dies bei gleichem Befund im Portioabstrich tun würde. Im Übrigen gelten die gleichen Prinzipien wie bei der Beurteilung des zer vikalen Abstrichs: Der zytologische Bericht sollte eine Textdiagnose und die Beurteilung des VIN-Grades nach ISSVD enthalten [20]. Zusatzmethoden. DNA-Zytophotometrie: Der Nachweis aneuploider DNA-Verteilungen ist für die VIN charakteristisch [3, 7, 8]. In der Praxis spielt die DNA-Analyse allerdings keine Rolle. In-situ-Hybridisierung zum Nachweis von HPV siehe S. 124.
Vulvazytologie intraepidermale Neoplasie Vulva
Gutartige Tumoren ICD-O-C 51.9 M-8000/0
An der Vulva kommen Hidradenome, Syringome und Talgdrüsenadenome vor (s. Kap. 23 „Haut“).
Bösartige Tumoren ICD-O-C 51.9 M-8000/3
Bösartige Tumoren der Vulva sind mit 4–5% aller malignen Tumoren des weiblichen Genitale selten. Zu 95% handelt es sich um Primärtumoren, 5% sind Metastasen. Häufigster Primärtumor ist das Plattenepithelkarzinom (85%), gefolgt von Melanom (5%), Sarkom (2%) und Basalzellkarzinom (1%).
Bösartige Tumoren
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Plattenepithelkarzinom ICD-O-M-8070/3
Das Plattenepithelkarzinom der Vulva gilt als Tumor der älteren Frau. Das Durchschnittsalter liegt bei 60 Jahren, 15% der Frauen sind aber jünger als 40 Jahre. Prädisponierende Faktoren sind weitgehend dieselben wie bei CIN und VIN: chronische Entzündungen, venerische Erkrankungen sowie die HPV-Infektion. Klinik. Die Symptome sind unspezifisch. Je ein Drittel der Patientinnen entdeckt den Tumor durch Selbstpalpation oder berichtet über Pruritus. Vulvakarzinome sind meist im Bereich der großen Labien, seltener in kleinen Labien, Klitoris und Perineum lokalisiert und oft mit VIN II–III assoziiert [18]. Die Prognose hängt vom Stadium, Lymphknotenbefall und Alter der Patientin ab. Die Heilungsrate beträgt etwa 30–60%. Die wichtigste Untersuchung ist die Inspektion, ggf. mit Vergrößerung (Lupe, Kolposkop). Der Toluidin-blauTest (Collins-Test, s. oben) deckt parakeratotische Areale auf, ist aber für das Karzinom nicht spezifisch, weil er auch bei entzündlichen Veränderungen und Dystrophien positiv ausfällt. Er ist jedoch hilfreich bei der Beurteilung der Ausdehnung der Läsion und bei der Wahl der Entnahmestellen für Zytologie und Histologie. Histologie. Histologisch handelt es sich überwiegend um gut differenzierte verhornende, an der Oberfläche von einer unterschiedlich breiten Schicht dyskeratotischer Zellen bedeckte Plattenepithelkarzinome. Nach WHOKlassifikation werden verschiedene morphologische Varianten – verhornend, nicht verhornend, basaloid, kondylomatös, verrukös, keratoakanthomähnlich, Variante mit Tumorriesenzellen – beschrieben [22]. Zytologie. Die Schicht dyskeratotischer Zellen behindert den Zugang zu den tiefer gelegenen, für die zytologische Diagnose ausschlaggebenden unreifen atypischen Zellen. Deshalb gelingt der Nachweis von Tumorzellen im Abstrich nur in 60% der Karzinome. Typischerweise findet man hoch ausgereifte, mitunter bizarr geformte keratotische Plattenepithelien als einzigen Hinweis auf das Vorliegen eines Karzinoms (Abb. 9.5 und 9.6). Differentialdiagnose. Enthält der Abstrich ausschließlich atypische dyskeratotische Zellen, ist eine sichere Unterscheidung von entzündlich-reaktiven Veränderungen (Mykosen, Ekzemen, bakteriellen und viralen Infektionen) oder einer VIN nicht möglich. Die Diagnose eines nichtverhornenden Plattenepithelkarzinoms ist dagegen einfach.
Abb. 9.5 Hoch differenziertes verhornendes Plattenepithelkarzinom der Vulva. Gering atypische hoch ausgereifte Plattenepithelien (PapF, 100×)
Abb. 9.6 Hoch differenziertes Plattenepithelkarzinom der Vulva. Hoch ausgereifte bizarr geformte atypische Plattenepithelzelle (PapF, 840×)
Morbus Paget ICD-O-M-8542/3
Die intraepidermale Ausbreitung einer großzelligen Neoplasie mit apokrinen oder ekkrinen Eigenschaften wird als primärer vulvärer M. Paget bezeichnet. Bei 10–20% der Patientinnen ist gleichzeitig ein invasives Karzinom im Bereich von Bartholin-Drüse, Zervix, Rektum oder Urothel nachweisbar [5]. Oft breitet sich der Tumor gleichzeitig auch im zervikalen und perianalen Epithel aus [12]. Die Veränderung macht 2% aller Tumoren der Vulva aus. Betroffen sind ältere Frauen in der Postmenopause. In 14% der Fälle besteht eine Assoziation mit einem Mammakarzinom [2]. Klinik. Die Hälfte der Patientinnen leidet an Juckreiz. Makroskopisch erscheint das tumorbefallene Areal meist als unscharf begrenzter, weißer, inhomogen geröteter bis violetter, zuweilen ekzemartiger Bezirk.
168
Kapitel 9
Histologie. Histologisch ist das befallene Areal meist größer als mit bloßem Auge erkennbar, so dass die Exzision oft nicht im Gesunden erfolgt. Der Tumor bildet wie beim M. Paget der Mamille (s. S. 193) von kleinen basaloiden Zellen umgebene Nester aus großen vakuolisierten Zellen („Paget-Zellen“). Zytologie. Die Tumorzellen liegen einzeln verstreut und besitzen große, hyperchromatische und grob strukturierte Kerne mit prominenten Nukleolen. Ihr Zytoplasma ist meist breit. Pseudokannibalismus und Tumorriesenzellen kommen vor. Das Zytoplasma enthält neutrale und saure Mukopolysaccharide. Diese sind diastaseresistent PAS-positiv sowie Mucicarmin-, Aldehydfuchsin- und Alcianblau-positiv.
9
Differentialdiagnose. Die Malignitätsdiagnose bereitet zytologisch in der Regel keine Schwierigkeiten. Dagegen sind Aussagen über den Primärtumor ohne Kenntnis des klinischen Hintergrundes nicht möglich.
Malignes Melanom ICD-O-M 8720/3
Von allen malignen Melanomen der Frau kommen 3–7% an der Vulva vor, die aber nur von 1–2% der gesamten Hautfläche bedeckt wird. Die Vulva gehört deshalb zu den Prädilektionsstellen der Melanome. Im Unterschied zu den übrigen Hautmelanomen sind Frauen vorgerückten Alters betroffen. Auch die Prognose ist noch ungünstiger als bei malignen Melanomen anderer Lokalisation. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt unter 50%. Die Kom bination von Ulzeration, Größe und amelanotischem Aspekt ist prognostisch besonders ungünstig [19]. Häufigstes Symptom ist Pruritus vulvae. Ein Drittel der Frauen entdeckt den Tumor selbst. Eine zytologische Untersuchung ist in der Regel nicht indiziert. Zytologie. Die zytologischen Kriterien entsprechen denen von Melanomen anderer Körperregionen (s. S. 474).
Seltene Tumoren Sarkome der Vulva (ICD-O-M 8800/3) sind extrem selten. Beschrieben wurden Einzelfälle von myogenem [11, 14], myeloidem [4] und epithelioidem Sarkom [10]. Ähnliches gilt für maligne Mischtumoren [21]. Weitere seltene maligne Tumoren der Vulva sind das Basalzellkarzinom (ICD-O-8090/3), von den ortständigen Drüsen ausgehende Tumoren und Metastasen. Es handelt sich im Wesentlichen um Tumoren, die auch in der übrigen Haut vorkommen (s. Kapitel 23).
Vulva
Treffsicherheit Das Zahlenmaterial ist spärlich. In den Untersuchungen von Nauth [16] beträgt der Anteil richtig-negativer Befunde 63% und falsch-positiver 37%. Von den Präkanzerosen waren richtig-positiv 100%, von den Karzinomen richtig-positiv 95%, falsch-negativ nur 5%. Eine ausreichende Treffsicherheit wird offenbar nur über eine erhöhte Zahl falsch-positiver Befunde erreicht.
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Kapitel 10
Brustdrüse
10
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
Nichtentzündliche, nichtneoplastische Veränderungen 179
Anatomie und Histologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
Akzessorisches Mammagewebe . . . . . . . . . . . . . 179
Zytologie der ruhenden Brustdrüse . . . . . . . . . . . . 173
Hamartom der Mamma . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
Funktionelle Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Galaktorrhö . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
Klinische Untersuchungsmethoden . . . . . . . . . . . . 174
Sekretstau/Mikroverkalkung . . . . . . . . . . . . . . 180
Mammographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
Fibrozystische Veränderung . . . . . . . . . . . . . . . 180
Sonographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
Gynäkomastie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
Thermographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
Kollagene Sphärulose . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
Kernspintomographie (MR-Mammographie) . . . . . 175
Amyloidose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
Galaktographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
Therapiefolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
Morphologische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
Benigne Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
Feinnadelaspiration (FNA) . . . . . . . . . . . . . . . 175
Milchgangspapillom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
Untersuchung von Mamillensekret . . . . . . . . . . . 177
Adenom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
Duktale Lavage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
Fibrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
Intraoperative Zytologie . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
Fibroadenom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
Befundwiedergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
Phylloider Tumor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
Stanzbiopsie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
Lipom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
Entzündliche Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . 178
Granularzelltumor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
Puerperale Mastitis/puerperaler Abszess . . . . . . . 178
Nichtinvasive neoplastische Veränderungen . . . . . . . 187
Komedomastitis (Plasmazellmastitis) . . . . . . . . . 178
Duktales Carcinoma in situ . . . . . . . . . . . . . . . 187
Fettgewebsnekrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
Lobuläre Neoplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
Entzündlicher Pseudotumor . . . . . . . . . . . . . . 179
Invasive Karzinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Andere Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
Invasives duktales Karzinom . . . . . . . . . . . . . . 189
172
10
Kapitel 10
Brustdrüse
Invasives lobuläres Karzinom . . . . . . . . . . . . . . 189
Adenoid-zystisches Karzinom . . . . . . . . . . . . . 195
Medulläres Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
Karzinome mit mesenchymaler Metaplasie . . . . . . 195
Muzinöses Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
Brustkrebs beim Mann . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
Tubuläres Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
Zusatzuntersuchungen beim Mammakarzinom . . . . . 196
Sekretorisches Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . 192
Bestimmung der Steroidhormonrezeptoren . . . . . . 196
Karzinom mit Siegelringzellen . . . . . . . . . . . . . 192
Bildanalytische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 196
Klarzellkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
DNA-Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
Morbus Paget der Mamille . . . . . . . . . . . . . . . 193
Analyse der Zellproliferation . . . . . . . . . . . . . . 196
Inflammatorisches Mammakarzinom . . . . . . . . . 193
Molekularbiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
Apokrines Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
Sarkome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
Plattenepithelkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
Lymphom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
Mikropapilläres Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . 194
Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
Intraduktales papilläres Karzinom . . . . . . . . . . . 195
Treffsicherheit der FNA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
Intrazystisches Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . 195
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
Einleitung Ähnlich wie auf anderen Gebieten der Zytologie hat sich während der letzten anderthalb Jahrzehnte die Diagnostik der Brustdrüsenerkrankungen gewandelt. Noch vor wenigen Jahren war die Mamma das am häufigsten mittels FNA untersuchte Organ. Heute werden vor allem Mamillensekrete und Zystenpunktate, auch Frisch gewebsabstriche von Sentinellymphknoten [21] und resezierten Mammakarzinomen zytologisch untersucht, während vielerorts die Stanzbiopsie die FNA verdrängt hat. Die Gründe dieser Entwicklung sind vielfältig. Ein wichtiger Grund ist der Mangel an erfahrenen Zytopathologen. Es ist anzunehmen, dass durch den Rückgang der FNA der Mamma auch an etablierten zytologischen Zentren wichtige Erfahrung verlorengeht und das, obwohl keineswegs feststeht, dass dieser Trend tatsächlich anhält. Denn es ist damit zu rechnen, dass die Indikationen zu molekularbiologischen Untersuchungen z. B. auf Her2-Überexpression, die am zuverlässigsten an zytologischen Präparaten gelingen, in den nächsten Jahren zunehmen. Außerdem wird die FNA ihre Bedeutung in der Metastasendiagnostik behalten. Daher er-
scheint es uns nach wie vor notwendig, sich ausführlich mit den Möglichkeiten der Mammazytologie zu beschäftigen.
Anatomie und Histologie Die in Fettgewebe eingebettete Brustdrüse gliedert sich in 15 bis 20 Segmente (Abb. 10.1). Die segmentale Gliederung ist durch die reich verzweigten Milchgänge vorgegeben, die gemeinsam in der Mamille enden. Die peripheren Endstücke der Milchgänge nehmen das in den Azini eines Drüsenläppchens (Lobulus) gebildete Sekret auf. Die Azini stellen die kleinste morphologische Einheit der Brustdrüse dar. Die Auskleidung der Milchgänge besteht aus zwei Zelltypen: Das Drüsenepithel ist basalmembranwärts von einem Saum aus kontraktilen Myoepithelien umgeben. Azini und terminale Endstücke werden von kubischem, die größeren Milchgänge von hoch prismatischem Drüsenepithel ausgekleidet. In Mamillennähe geht das Milchgangsepithel in mehrschichtiges Platten epithel über.
Funktionelle Veränderungen
173
Abb. 10.2 Duktale Epithelien der Mamma (FNA, PapF, 525×)
•
Abb. 10.1a–c Anatomie der Brustdrüse. a Milchgänge mit Drüsensegmenten, b Milchgang mit Läppchen, c histologischer Bau des Epithels von Milchgängen und Azini
Zytologie der ruhenden Brustdrüse In Feinnadelaspiraten der Brustdrüse kommen duktale und lobuläre Epithelien, Myoepithelien, Schaumzellen und Fettgewebszellen vor. • Duktale Epithelien sind gleichförmig und kubisch. Ihre Kerne sind rund, nur wenig größer als Lymphozyten. Das Chromatin ist fein gekörnt und regelmäßig verteilt. Das schmale Zytoplasma ist homogen zyanophil. Duktale Epithelien bilden meist flache, regelmäßige Verbände. Diese weisen manchmal lumenähnliche Aussparungen auf, die den Abgängen abgerissener duktaler Seitenäste entsprechen (Abb. 10.2). • Azinuszellen kommen in der FNP zwar auch einzeln, meist aber in azinären Verbänden vor. Die vollständig
•
• •
aspirierten Azini sind schon bei schwacher Vergrößerung zu erkennen. Nicht selten bilden sie traubenförmige Verbände. Manchmal sind noch Ansätze der terminalen Milchgänge als kleine Ausläufer vorhanden. Zytologische Details sind in den dreidimensionalen Verbänden wegen Überlagerungen oft schwer zu beurteilen. Azinuszellen sind kleiner als duktale Epithelien. Einzeln liegend erscheinen sie abgerundet. Der Kern liegt zentral und ist von dem der Gangepithelien nicht zu unterscheiden. Das Zytoplasma ist außerhalb der Laktation schmal, hell und allenfalls fein vakuolisiert oder granuliert. Intakte Myoepithelien kommen in Punktaten aus normalem Mammagewebe selten vor. Sie liegen zwischen den Drüsenepithelien verstreut. In der Regel sind nur ihre bipolaren spindeligen oder an beiden Enden abgerundeten Kerne zu sehen (s. Abb. 10.8). Nackte Epithelien von degenerativ veränderten duktalen Epithelien sind etwas größer, können aber ähnlich geformt sein. Hormonal stimulierte Myoepithelien besitzen einen vakuolären Zytoplasmaleib, der ihnen ein siegelringzellähnliches Aussehen verleiht. Immunzytochemisch sind Myoepithelien SMA-, Desmin-, S100- und Calponin-positiv [92]. Drüsen- und myoepitheliale Zellen entwickeln sich aus einer gemeinsamen, Zytokeratin 5 exprimierenden Stammzelle, die allerdings in der zytologischen Diagnostik keine Rolle spielt. Makrophagen kommen in Form von Schaumzellen vor. Fettgewebszellen werden meist als Gewebepartikel aspiriert.
Funktionelle Veränderungen Menstruationszyklus: Das Drüsenepithel der Mamma unterliegt zyklusabhängigen Veränderungen. Insbesondere fällt in der zweiten Zyklushälfte eine Ballonierung und
174
10
Kapitel 10
Vakuolisierung der Myoepithelien infolge vermehrter Glykogeneinlagerung auf. In der postovulatorischen Phase finden sich Zeichen der Proliferation wie Kernvergrößerung, grob granuläres Chromatin, Hyperchromasie, vergrößerte Nukleolen, die im Feinnadelaspirat zu Verwechslungen mit Karzinomen führen können. Die FNA der Mamma sollte deshalb bei prämenopausalen Frauen möglichst in der präovulatorischen Phase durchgeführt werden. Schwangerschaft: Mit Beginn der Schwangerschaft proliferiert das Mammaepithel unter dem Einfluss von Östrogen und Progesteron. Die Milchgänge wachsen in das Fettgewebe vor, neue terminale Milchgänge und Azini werden gebildet. Die Milchgänge werden von einem zweireihigen Epithel ausgekleidet. Die Zellen der basalen Schicht enthalten große, helle, runde bis ovale Kerne mit granulärem Chromatin und vergrößerte Nukleolen. Über einer basalen kubischen Zellschicht liegt lumenseitig eine zweite Schicht von sezernierenden kubischen bis zylindrischen Zellen. Die sekretorischen Zellen sezernieren ab der 4. Schwangerschaftswoche bis etwas zwei Tage nach der Geburt das Kolostrum. Dies enthält Proteine, Milchfett und abgeschilferte Epithelien, Kolostrumkörperchen, Histiozyten, Schaumzellen, Lymphozyten und Plasmazellen. Laktation: Während der Stillzeit wird das Drüsengewebe der Brust unter starkem Einfluss von Prolaktin zur Milchsekretion angeregt. Die Azinuszellen enthalten apikale Fettvakuolen, die durch apokrine Sekretion abgegeben werden. Die Kerne sind groß, vesikulär, hell und enthalten prominente Nukleolen. Das duktale Epithel ist ähnlich wie in der Gravidität aufgebaut. Die Sekretion ist jetzt apokrin und nicht mehr holokrin wie am Ende der Schwangerschaft. Dadurch wird der Zellumsatz bei gleichbleibend reger metabolischer Aktivität geringer. Die FNA der Brust ist während der Laktation nur bei Verdacht auf eine Mastitis angebracht.
Klinische Untersuchungsmethoden Mammographie Ziel der im Rahmen der Krebsfrüherkennung durchgeführten Mammographie ist es, nicht tastbare Tumoren zu erkennen. Die früher befürchtete Strahlenexposition durch die Mammographie führt nach heutiger Auffassung nicht zu einem erhöhten Krebsrisiko [37]. Karzinomverdächtig sind atypische Verschattungen, neu aufgetretene, unspezifische Verschattungen, besonders wenn sie neu auftreten, sowie gruppierte Mikrokalkablagerungen. Die Treffsicherheit der Mammographie hängt von der Tumorgröße und vom histologischen Aufbau des Tumorgewebes ab (Tabelle 10.1). Bindegewebsreiche Karzinome sind mammographisch besonders gut zu er-
Brustdrüse Tabelle 10.1 Treffsicherheit klinischer Untersuchungsmethoden. (Nach [14]) Methode
Treffsicherheit [%]
Mammographie
60
Palpation
70
Zytologie
80
Palpation + Mammographie
75
Palpation + Zytologie
85
Tripeldiagnostik (Palpation + Mammographie + Zytologie)
95
kennen, während die FNP-Zytologie in diesen Fällen oft nicht zur Diagnose führt, weil zu wenig Zellen aspiriert werden [19].
Sonographie Die Ultraschalluntersuchung ist eine wertvolle ergänzende Untersuchungsmethode der Brust. Meist ist sie bei alleiniger Anwendung nicht in der Lage, einen Tumor sicher nachzuweisen. Sie dient als „Lesehilfe“ der Mammographie, indem es die mammographisch nachweisbaren Veränderungen verstärkt darstellt und eine gezielte Punktion verdächtiger Knoten, insbesondere auch nichtpalpabler Verdichtungen ermöglicht. Die Ultraschalluntersuchung ist besonders sinnvoll bei der Abklärung von • juvenilen, mammographisch wenig transparenten Brüsten, • fibrozystischen, mammographisch intransparenten Brüsten älterer Frauen und • unklaren palpatorischen und/oder mammographischen Befunden. Sonographische Kriterien. In der gesunden Brust stellen sich Bindegewebsstränge und Blutgefäße als echodichte Stränge dar. Das gut schallleitende Fett- und Drüsengewe be ist dagegen echoarm. Kutis, Subkutis und retromammäres Fettgewebe sind gut voneinander zu unterscheiden. Zysten stellen sich als echofreie Räume mit dorsal verstärkter Schalleitung dar. Sie sind im Ultraschallbild zuverlässig zu diagnostizieren (Tabelle 10.2). Fibroade nome erscheinen als glatt begrenzte Herde mit homogener, echoarmer Binnenstruktur. Wichtigstes Indiz ist die ventrale und dorsale echodichte Zone, die als Kompressionseffekt des Fibroadenoms auf das angrenzende Gewebe entsteht und beim Karzinom fehlt. Karzinome zeigen infolge ihres unterschiedlichen feingeweblichen Aufbaus ein uneinheitliches Bild. Als wichtigste Kriterien gelten unscharfe Begrenzung, unregelmäßige Ausläufer,
Morphologische Methoden
175
Tabelle 10.2 Wichtigste Diagnosekriterien der Mammasonographie Läsion
Rand
Binnenstruktur
Dorsales Echo
Zyste
Glatt
Fehlt
Verstärkt
Fibroadenom
Glatt
Homogen, echoarm
Ventrale und dorsale echodichte Randzone
Karzinom
Unscharf
Unregelmäßige Ausläufer
Dorsaler Schallschatten, fehlende echodichte Randzone
dorsale Schallschatten und fehlende echodichte Randzone. Die Sensitivität der Ultraschalluntersuchung ist bei benignen und malignen Veränderungen etwa gleich gut [82].
die Beurteilung von Innenkontur, Dilatationen und Abbrüchen der Milchgänge.
Morphologische Methoden Thermographie Karzinome strahlen infolge ihrer verstärkten Durchblutung mehr Wärme ab als nichtneoplastisches Gewebe. Temperaturdifferenzen zwischen beiden Brüsten und im Vergleich zur Norm können zur Entdeckung von Karzinomen verwendet werden. Die ursprünglich in die Thermographie gesetzten Erwartungen haben sich allerdings nicht erfüllt. Heute spielt sie in der Mammadiagnostik keine Rolle.
Kernspintomographie (MR-Mammographie) Die kernspintomographische Untersuchung der Brustdrüse ist eine Ergänzung zu den üblichen Untersuchungsverfahren wie Mammographie und Ultraschall. Dabei wird die Brust in einem starken Magnetfeld untersucht. Durch den hohen Gewebekontrast in der MRT und die Darstellung und Messung der Gewebedurchblutung durch intravenöse Gabe eines Kontrastmittels ist es in vielen Fällen möglich, Veränderungen überhaupt erst zu erkennen oder noch genauer zu charakterisieren. Indikationen für eine Kernspintomographie sind insbesondere: • Differenzierung einer Narbe von einem Rezidiv nach brusterhaltender Therapie eines Karzinoms, • bei einer Lymphknotenmetastase, um in der Brust einen möglichen Ursprungstumor zu suchen (sog. „cancer of unknown primary“ = CUP-Syndrom), • bei lobulären Karzinomen zur Bestimmung der Tumorausdehnung,
Galaktographie Die Sondierung und Füllung eines Milchgangs mit Kontrastmittel und anschließender Röntgenaufnahme erlaubt
Feinnadelaspiration (FNA) Palpation und Mammographie allein erlauben zwar keine sichere Tumordiagnose, sind aber für die Erkennung tumorverdächtiger Läsionen ausschlaggebend. Zur definitiven Diagnose ist zusätzlich eine morphologische Abklärung mittels FNA (s. Übersicht S. 176) oder Stanzbiopsie erforderlich. Dieses als Tripeldiagnostik bezeichnete Vorgehen ist eine zumutbare, zuverlässige und relativ kostengünstige Maßnahme zur Früherkennung des Mammakarzinoms. Sie führt in nahezu 100% der Fälle zur Diagnose. Karzinome lassen sich mittels FNA oder Stanzbiopsie 80% eindeutig diagnostizieren. Doch reicht bei tumorverdächtigem palpatorischem und mammographischem Befund ein tumornegativer Befund nicht aus, ein Karzinom auszuschließen. Bei inkongruenten Befunden müssen daher weitere Untersuchungen bis hin zur Probeexzision angeschlossen werden, um die Diagnose zu erzwingen. Eine primäre chirurgische Therapie eines zytologisch karzinomverdächtigen Knotens sollte nur durchgeführt werden, wenn auch die beiden anderen Methoden für ein Karzinom sprechen. Die Kombination der drei Methoden, die ihre Nachteile gegenseitig ausgleichen, hat einen entscheidenden Fortschritt in der Diagnose des Mammakarzinoms gebracht. Die morphologische Abklärung mittels chirurgischer Probeexzision der Mamma ist gemäß amerikanischen und europäischen Leitlinien im Rahmen der Krebsfrüherkennung nicht anzuwenden. Obwohl die FNA als die einfachste und billigste Methode in der Diagnose palpabler Mammatumoren gilt, die rasch zum Ergebnis führt und daher weltweit breite Anwendung findet [1, 4, 103, 129], wird sie gemäß S3Leitlinien (http://www.dgvs.de/1508.php) nicht empfohlen. Als Hauptgrund wird die fehlende Korrelationsmöglichkeit mit der Bildgebung („Blockröntgen“) angeführt. Ein weiterer Grund dürfte der Mangel an kompetenten Zytopathologen und an in der Sonographie ausgebildeten Radiologen sein.
176
10
Kapitel 10
Indikationen zur Mammazytologie (nach [84]) I. Vor Operationen • Bestätigung eines klinisch vermuteten Karzinoms – im Falle der Operabilität zur Vermeidung einer zusätzlichen diagnostischen Biopsie – in inoperablen Fällen als Voraussetzung für die Einleitung einer medikamentösen oder radioonkologischen Behandlung • Abklärung einer klinisch unklaren Veränderung – Unterscheidung zwischen einer diffusen Entzündung und einem malignen Tumor – Operationsplanung bei unklaren, zu biopsierenden Veränderungen, um zu klären, ob der Eingriff dringend oder verschiebbar, mit oder ohne Schnellschnittuntersuchung durchgeführt werden soll • Erhärtung des klinischen Eindrucks der Gutartigkeit bei – weniger verdächtigen Befunden mit Bestätigung der Absicht, auf eine Biopsie zu verzichten – Entleerung einer Zyste II. Nach Operationen • Abklärung knotenförmiger Läsionen im ehemaligen Operationsgebiet (während und nach der Wundheilung) – Rezidive und kutane Metastasen – Umschriebene entzündliche Veränderungen – Fremdkörperreaktionen – Narbenknötchen – Entleerung eines Seroms – Axilläre Lymphknotenmetastasen – Reaktive Lymphknotenveränderungen der Axilla Die wichtigsten die Treffsicherheit negativ beeinflussen den Faktoren sind mangelhafte Aspirationstechnik sowie kleine, nichtpalpable und nur mammographisch nachweisbare Tumoren. Ob solche Läsionen punktiert werden sollen, ist allerdings umstritten. Dazu wurden spezielle stereotaktische Methoden entwickelt [52, 76, 124, 136], die aber die offene Biopsie nicht ersetzen. Zudem sind Schwierigkeiten bei der Beurteilung von FNA der Mamma nicht zu leugnen: Die Atypie der Zellen vieler Mammakarzinome ist wenig augenfällig und viel weniger ausgeprägt als beispielsweise die zellulären Atypien von Zervixkarzinomen. Die Unterscheidung zwischen neoplastischen und nichtneoplastischen Mammaveränderungen ist daher meist schwierig und bedarf langer Erfahrung und gründlicher Einarbeitung in die Mammazytologie. Invasive Karzinome und Carcinomata in situ sind zytolo-
Brustdrüse
gisch schwierig zu differenzieren. Zusätzlich stößt die FNA bei manchen Radiologen und Klinikern auf geringe Akzeptanz. Dies sind die wichtigsten Gründe, weshalb heute vielerorts die Stanzbiopsie der FNA vorgezogen wird [71]. Zusätzlich spielen politische, finanzielle, aber auch zuweilen nicht ganz stichhaltige fachliche Gründe eine Rolle. So bevorzugen manche Pathologen die immunzytochemische Bestimmung der Hormonrezeptoren und den Nachweis einer Her-2-Überexpression (s. unten) an formalinfixierten Stanzbiopsien, obwohl die Rezeptoren mittels Immunzytochemie ebenso gut und Her-2 mittels FISH besser und einfacher an zytologischen Präparaten bestimmt werden können (s. S. 630) [83, 91, 113]. Grundsätzlich sind aber FNA und Stanzbiopsie hinsichtlich Sensitivität und Spezifität gleichwertig. Qualitätssicherung. Obwohl der Anteil falsch-negativer zytologischer Befunde weniger als 5% beträgt, sofern die Punktion von einem erfahrenen Untersucher durchgeführt wurde, beschäftigen sich zahlreiche Arbeiten mit der Frage nach den Ursachen unzureichender Präparate und wie falsch-negative Befunde vermieden werden können (Literatur s. [2, 63]). Die Ursachen zellarmer Aspirate sind in erster Linie technische Punktionsfehler und erst in zweiter Linie andere Faktoren wie Trefferfehler, Punktion einer nichtpalpablen Veränderung und hochgradige Fibrose des Mammagewebes. Daher wurde vorgeschlagen, die Anzahl von duktalen Zellen pro Aspirat zu bestimmen. Der Aufwand hierfür ist jedoch relativ groß. Dagegen erscheinen die folgenden Vorschläge von Stanley et al. plausibel [125]: Ein Aspirat ist qualitativ ausreichend, wenn • es zur Lösung eines diagnostischen Problems beiträgt, • die Beurteilung des punktierenden Untersuchers mit den klinischen Befunden übereinstimmt, • die Punktion lege artis erfolgte, • die Beurteilung des Zytopathologen vor dem Hintergrund der klinischen Befunde plausibel erscheint. Im zytologischen Bericht (Befundkategorien s. folgende Übersicht und Tabelle 10.3) genügt dann ein semiquantitativer Hinweis auf die Zellularität der Probe (gering, mittel, hoch). Zur Beurteilung eines Zystenpunktats gehört zusätzlich die Beschreibung des makroskopischen Befundes. Bedeutung der zytologischen Befunde. Grundsätzlich gibt es folgende Möglichkeiten [2]: • Ergibt der zytologische Befund einen Tumor, erfolgt die weitere Therapie ohne weitere histologische Untersuchung. • Bei „suspektem Befund“ erfolgt ohne Rücksicht auf den klinischen Befund eine histologische Abklärung. • Steht ein unverdächtiger zytologischer Befund im Widerspruch zu den radiologischen und palpatorischen Be funden, erfolgt ebenfalls eine histologische Abklärung.
Befundwiedergabe
• Sind zytologischer und radiologischer Befund trotz palpatorischem Nachweis eines Knotens tumornegativ, werden klinische Kontrollen in 3- bis 6-monatigem Abstand empfohlen. Der Anteil „suspekter“ Befunde liegt nach Literatur zwischen 2 und 19% [63], sollte aber unseres Erachtens bei Punktion palpabler Veränderungen möglichst 5% nicht überschreiten. Für die morphologische Absicherung mittels FNA von Veränderungen, die palpatorisch und radiologisch gutartig erscheinen, gibt es dennoch bedenkenswerte Gründe: Die FNA ist billiger und patientenschonend [126, 136].
Untersuchung von Mamillensekret Indikation zur Untersuchung von Mamillensekret ist jede Sekretabsonderung außerhalb der Laktation. Bilaterale Sekretion deutet meist auf funktionelle Störungen im Regelkreis der Laktation oder auf organische Veränderungen der Hypophyse hin, während die unilaterale Sekretion für einen lokalen Prozess der Brust spricht. Hämorrhagisches Mamillensekret (sog. „blutende Mamille“) ist stets tumorverdächtig [102]. Das Sekret wird von der Mamille direkt auf den Objektträger gebracht und mit einem zweiten Objektträger ausgestrichen. Wenn keine spontane Sekretion besteht, aber die Anamnese auf Mamillensekretion oder andere klinische Befunde auf Veränderungen in den Milchgängen hinweisen, kann die Sekretion durch Gabe von Prolaktin ausgelöst werden (Provokationsgalaktorrhö). Der Austritt des Sekrets lässt sich durch vorsichtiges Massieren in Richtung der Mamille beschleunigen. Das Sekret enthält bei Provokationsgalaktorrhö im Gegensatz zur spontanen Galaktorrhö neben feinvakuolisierten histiozytären Schaumzellen gröber vakuolisierte epitheliale Zellen.
Duktale Lavage Ausgehend von der Hypothese, dass sämtliche Mammakarzinome ein Vorläuferstadium durchlaufen und sich aus einem duktalen Carcinoma in situ heraus entwickeln [17], wurde insbesondere für erblich belastete Frauen ohne manifesten Karzinomverdacht die Auswaschung der Milchgänge vorgeschlagen [49]. Bei manifesten Karzinomen ist die duktale Lavage der FNA unterlegen [20]. Technik. Nach Einlage eines Mikrokatheters werden 15– 20 ml physiologische Kochsalzlösung in die von der Mamille her zugänglichen 8–10 Milchgänge instilliert. Der Auswaschungsvorgang beginnt danach mit einer kräftigen 5- bis 10-minütigen Massage der Brust, um die instil-
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lierte Flüssigkeit Richtung Mamillenorificium auszupressen. Der Erfolg der Lavage hängt wesentlich von der Effizienz der Massage ab [39]. Mag die Methode im Einzelfall indiziert und erfolgreich sein, so stehen ihrer regelmäßigen Anwendung als Screening-Methode in der Krebsfrüherkennung eine Reihe von Argumenten entgegen (Literatur bei [10]), so dass sich die Methodik auch nicht durchsetzen konnte.
Intraoperative Zytologie Ergänzend zum intraoperativen Gewebsschnellschnitt werden Ausstriche mittels Abdruck, besser durch Abkratzen der frischen Tumorschnittfläche mit dem Skalpell oder durch Zerquetschen eines kleinen Tumorpartikels hergestellt. Vor allem bei der intraoperativen Untersu chung des Sentinellymphknotens bei Resektion von Mammakarzinomen werden zusätzlich zum Gefrierschnitt der artige Präparate zur zytologischen plus immunzytochemischen Untersuchung mittels epithelialem Marker empfohlen, um schneller entscheiden zu können, ob eine axilläre Lymphknotendissektion notwendig ist [48, 93, 94]. Dasselbe wird zur Beurteilung der Schnittränder des Lumpektomiepräparats empfohlen [11].
Befundwiedergabe Die zytologische Diagnose sollte in Anlehnung an die histopathologische Nomenklatur formuliert werden (Beispiele s. nachfolgende Übersicht). Außerdem werden von europäischen wie von amerikanischen GesellZytologische Diagnosen in der Mammazytologie nach Bell [14] • Technisch unbrauchbar • Unauffälliger Befund • Zyste • Mastopathie • Fibroadenom • Befund mit Lipom vereinbar • Entzündung • Zellatypien ohne Karzinomverdacht • Zellatypien mit Karzinomverdacht, Karzinom nicht beweisbar • Karzinom (mit Angabe des vermuteten Karzinomtyps) • Sonstiges* *Fremdkörperreaktion, Lymphom, seltene Tumoren etc.
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Kapitel 10 Tabelle 10.3 Diagnosekategorien gemäß europäischen [103] und amerikanischen [30] Leitlinien. (Nach [71])
10
Europäische Leitlinien
NIH-Empfehlung
C1: Material unzureichend
Material unzureichend
C2: Gutartig
Gutartig
C3: Verdächtig, wahrscheinlich gutartig
Atypisch, unklar
C4: Verdächtig, wahrscheinlich bösartig
Verdächtig, wahrscheinlich bösartig
C5: Bösartig
Bösartig
schaften zur Herstellung der Eindeutigkeit zytologischer Befunde ähnlich wie in der Zervixzytologie fünf Befundkategorien vorgeschlagen (Tabelle 10.3), die sich aber bislang nicht allgemein durchgesetzt haben. Der Anteil „suspekter“ Befunde liegt nach Literatur zwischen 2 und 19% [63], sollte aber unseres Erachtens bei Punktion palpabler Veränderungen möglichst 5% nicht überschreiten.
Stanzbiopsie Die Biopsie mit dicker Nadel („core needle biopsy“, Nadeldurchmesser ≥1 mm) erlaubt die histologische Untersuchung kleiner Gewebszylinder. Obwohl gemäß Leit linien S3 die Stanzbiopsie hauptsächlich im Falle von Mikroverkalkungen angewendet werden soll, hat sie vielerorts die FNA weitgehend verdrängt. Doch ist nicht zu vergessen, dass auch die Stanzbiopsie diagnostische Schwierigkeiten bietet, so in der Beurteilung lobulärer und duktaler Proliferationen, sklerosierender und papillärer Veränderungen, bei manchen fibroepithelialen Tumoren sowie minimal oder mikroinvasiven Karzinomen [61]. Zur morphologischen Absicherung von Veränderungen, die radiologisch von vornherein gutartig erscheinen, ist die FNA der Stanzbiopsie vorzuziehen [126, 136].
Entzündliche Veränderungen Die meisten Entzündungen der Brust sind infektiöser Natur. Aufgrund der geringen Durchblutung des Drüsenkörpers sind indolente und protrahierte Verläufe nicht selten. Die Entzündungen verlaufen akut, subakut oder chronisch. Nicht nur in tropischen Ländern ist mit Parasiten [Dirofilaria (Nochtiella) repens] zu rechnen, die tumorähnliche Erscheinungen hervorrufen, aber mittels FNA diagnostiziert werden können.
Brustdrüse
Besondere Schwierigkeiten bereitet gelegentlich die Unterscheidung zwischen Entzündung und Karzinom, weil Entzündungen oft mit abnormen reaktiven Kern veränderungen und Karzinome mit ausgeprägten entzündlichen Veränderungen einhergehen können. Um Verwechslungen mit Karzinomen zu vermeiden, ist bei Mammapunktaten mit entzündlichen Veränderungen besondere Vorsicht geboten.
Puerperale Mastitis/puerperaler Abszess Entzündungen der Brust entwickeln sich häufig infolge Keimaszension (meist Staphylococcus aureus) im Wochenbett oder nach Spätaborten, wenn der Milcheinschuss nicht durch vorheriges „Abstillen“ medikamentös verhindert wurde. Die puerperale Mastitis kann zum puerperalen Abszess führen. Zytologie. In der Akutphase verbietet sich wegen der Gefahr der Keimverschleppung die FNA. Der Nachweis von Entzündungszellen im Mamillensekret (neutrophile Granulozyten, Histiozyten, Schaumzellen, weniger Lymphozyten) unterstützt die klinische Diagnose. Beim Abszess zeigt das Feinnadelaspirat das typische Bild einer abszedierenden Entzündung mit Granulozyten, Histiozyten und Detritus. In späteren Stadien erscheinen Zellen des Granulationsgewebes aus der Abszessmembran im Aspirat. Aktivierte Histiozyten, Fibroblasten, Gefäßendothelien und Drüsenepithelien können mit abnormen Zellveränderungen einhergehen. Differentialdiagnose. Klinisch können Talgdrüsenabszesse und entzündlich veränderte Atherome einen puerperalen Abszess vortäuschen. Atherome enthalten im Unterschied zum puerperalen Abszess immer kernlose Plattenepithelien.
Komedomastitis (Plasmazellmastitis) Die Komedomastitis (Milchgangektasie, Plasmazellmastitis) ist eine chronische, nichtinfektiöse Entzündung. Sie geht von umschriebenen Ektasien der Milchgänge aus. Übertritt des Ganginhaltes in das angrenzende Stroma löst eine plasmazellreiche Entzündung aus. Die Komedomastitis tritt jenseits des 40. Lebensjahres auf und ist meist in der Nähe der Mamille lokalisiert. Der dilatierte Milchgang enthält eingedicktes Sekret, Detritus und mehrkernige Schaumzellen. In der Umgebung der extraduktalen, lipidhaltigen Sekretablagerungen bilden sich epitheloidzellhaltige Fremdkörper- und Cholesteringranulome. In späteren Stadien entwickelt sich eine Fibrose, die klinisch ein Karzinom vortäuschen kann.
Nichtentzündliche, nichtneoplastische Veränderungen
Zytologie. Das Feinnadelaspirat enthält Plasmazellen, Epitheloidzellen und Riesenzellen. Im Mamillensekret fällt der Reichtum an mehrkernigen Schaumzellen auf.
Fettgewebsnekrose Nekrosen des mammären Fettgewebes sind fast immer traumatisch bedingt. Das Durchschnittsalter der Patientinnen liegt bei 52 Jahren. Wichtig ist, dass Fettgewebsnekrosen nach brusterhaltenden Operationen eines Mammakarzinoms vorkommen können und somit von einem Karzinomrezidiv abgegrenzt werden müssen.
179
phisch ein Karzinom vortäuschen. Der zytologische Ausstrich enthält Epithelien mit deutlichen Kernunregelmäßigkeiten, die von einem Karzinom kaum zu unterscheiden sind. Einen Hinweis auf die benigne Natur der Läsion gibt das ungewöhnlich bunte Zellbild und das Neben einander von Epithelien, Entzündungszellen und Fibroblasten.
Andere Entzündungen
Fremdkörperentzündungen: Mammaprothesen und chirurgisches Nahtmaterial induzieren eine chronisch-granulierende Entzündung mit Fremdkörperriesenzellen. Klinik. Die Palpation ergibt einen derben, schwer oder Eine ausgeprägte Kernpolymorphie mit prominenten nicht verschieblichen, manchmal schmerzhaften Knoten. Nukleolen kann ein Karzinom vortäuschen. Fakultative Befunde sind Hauteinziehungen, livide HautUnspezifische Begleitentzündungen treten vor allem bei färbung und vergrößerte axilläre Lymphknoten. In etwa Zysten, fibrozystischen Veränderungen und Karzinomen einem Drittel der Fälle wird deshalb klinisch ein Kar auf und überdecken manchmal die zugrunde liegende zinom vermutet. Die zytologische Diagnose entkräftet Läsion. den klinischen Verdacht auf ein Karzinom. Die Therapie Seltene Entzündungsformen sind in der Mamma Tu besteht in der Exzision. Mit Rezidiven muss gerechnet berkulose und Sarkoidose. Beide zeigen in der FNA das werden. von anderen Lokalisationen bekannte Zellbild. Bei der Tuberkulose enthält das purulente Punktat Detritus, Histologie. Die Nekrose führt zu einem lipophagen Granulozyten, Epitheloidzellen und Langerhans-RiesenGranulom, d. h. zu einer resorptiven Entzündung vom zellen. Das Epithel ist entzündlich verändert. Extrem selFremdkörpertyp. Etwa 4 Wochen nach dem Trauma ten sind die Wegener-Granulomatose sowie Infektionen, bildet sich eine nach außen bindegewebig abgegrenzte, wie die Syphilis, hydatide Zyste, Zystizerkose, Kokzidiomit eingedickter öliger Flüssigkeit gefüllte Pseudozyste. mykose, Blastomykose, Sporotrichose, Lepra, AktinoDurch Einblutung entsteht eine „Schokoladenzyste“. mykose und in der Mamille das Molluscum contagioDer Zysteninhalt kann verkalken. Die Wand der Pseudo- sum. zyste besteht aus fibroblastenreichem Organisationsgewebe und enthält fettspeichernde Histiozyten, histiozytäre Riesenzellen sowie Hämosiderinablagerungen. Nichtentzündliche, nichtneoplastische Im Endstadium entsteht ein harter, bis zu mehreren Veränderungen Zentimetern im Durchmesser messender Knoten, der klinisch nicht mehr von einem Karzinom zu unterscheiAkzessorisches Mammagewebe den ist. Zytologie. Im Ausstrich bildet das nekrotische Fettgewebe einen schmutzigen Hintergrund. Davor befinden sich Entzündungszellen, wie Histiozyten, Schaumzellen, Riesenzellen, Epitheloidzellen, Fibroblasten und maulbeerförmige, mit Fetttröpfchen beladene Lipophagen. Reaktiv veränderte Histiozyten mit bizarren Kernen, wie sie besonders nach Röntgenbestrahlung vorkommen, sind leicht mit Karzinomzellen zu verwechseln [104].
Entzündlicher Pseudotumor Protrahiert verlaufende Entzündungen mit Bildung von Granulationsgewebe, reaktiven und regenerativen Ver änderungen können palpatorisch, mammo- und sonogra-
Aberrierendes Mammagewebe kommt in unmittelbarer Nähe des Drüsenkörpers im Bereich der vorderen Axillarlinie oder in der Axilla vor. Klinisch imponiert es meist als Lymphknotenschwellung oder Lipom. Oft fällt es erst während der Laktation durch seine Größenzunahme auf. Das zytologische Bild entspricht dem der ruhenden oder laktierenden Brust. Die zytologische Diagnose beruht auf dem Nachweis von Mammaepithelien an unerwarteter Stelle. Die Lokalisation kann auch wichtig sein bei der Differentialdiagnose zwischen apokriner Metaplasie im Rahmen einer fibrozystischen Veränderung und einer apokrinen Metaplasie der axillären Schweißdrüsen.
Pilze
180
Kapitel 10
Hamartom der Mamma Diese seltene fokale Proliferation von Mammagewebe ohne Kapselbegrenzung gleicht einem Tumor und wird als Missbildung aufgefasst. Zytologisch sind keine Unterschiede zum normalen Zellbild zu erwarten [60].
Brustdrüse
Zytologie. Bei Punktion oder nach Beseitigung des Hindernisses durch Sondierung des Ganges entleert sich eingedicktes Sekret. Der Ausstrich enthält feinkörnigen De tritus und viele mehrkernige Schaumzellen. Mikrokalk kommt in zwei Formen vor: Am häufigsten sind Kalziumphosphatkristalle, die nicht doppelt brechen und in der PapF basophil erscheinen. Die in Galaktozelen vorkommenden Kalziumoxalatkristalle sind dagegen doppelt brechend [109].
Galaktorrhö
10
Als Galaktorrhö bezeichnet man den Austritt milchigen Sekrets aus der Mamille. Sie beruht außerhalb der Laktationsperiode in der Regel auf einer hormonellen Störung ohne fassbare morphologische Ursache. Während der Schwangerschaft produziert die Adenohypophyse unter dem zunehmenden Einfluss von Östrogenen und Gestagenen Prolaktin in großen Mengen. Während die Serumspiegel der Östrogene und Gestagene der Plazenta nach der Geburt dramatisch fallen, bleibt der Prolaktinspiegel als Voraussetzung für die Laktation unverändert hoch. Außerhalb der Schwangerschaft werden nur minimale Mengen von Prolaktin ausgeschüttet. Der Prolaktinspiegel kann aber infolge eines prolaktinproduzierenden Hypo physenadenoms (Prolaktinom) ansteigen. Andere Ursachen eines unerwarteten Prolaktinanstiegs sind die Kompression der Adenohypophyse durch einen Nicht-Prolaktin-produzierenden Tumor, eine chronische Entzündung, Medikamente wie Östrogenpräparate, Phenothiazine, Reserpin, Opiate, Schilddrüsenpräparate (TRH), Butyrophenone, körperliche Arbeit, Stress und Schlaflosigkeit. Zytologie. Zytologisch enthält das Mamillensekret zahlreiche Schaumzellen. Epithelien sind bei spontaner Galaktorrhö nicht zu erwarten.
Sekretstau/Mikroverkalkung Die Verlegung von Mamille oder Milchgängen durch Entzündung, Narben, intraduktale Epithelhyperplasie, Milchgangspapillome oder Karzinome führt zu charakteristischen Veränderungen. Das Sekret staut sich hinter der Stenose, es wird durch Wasserresorption eingedickt und verkalkt. Makrophagen dringen aus der Umgebung in die Gänge ein, phagozytieren Detritus und Sekretbestandteile und werden zu Schaumzellen. Die Verkalkungen sind als Mikrokalk im Mammogramm erkennbar. Sie stellen bei nichtpalpablem mammographischem Befund eine Indikation zur histologischen Abklärung dar, da in einem großen Teil der Fälle Karzinome oder Carcinomata in situ Ursache des Sekretstaus und der Mikroverkalkung sind.
Fibrozystische Veränderung Die fibrozystische Veränderung ist eine hormonabhängige proliferative Veränderung der Brustdrüse. Sie ist gekennzeichnet durch Zysten, Hyperplasie und apokrine Metaplasie des Epithels von Milchgängen und Drüsen azini sowie Fibrose des die Drüsen umgebenden Stromas. Sie ist die häufigste Veränderung der weiblichen Brust. Der Häufigkeitsgipfel liegt im 3. und 4. Dezennium. Das Risiko der malignen Entartung nimmt mit dem Atypiegrad der epithelialen Komponente zu, bei fibrozystischen Veränderungen mit intraduktaler Epithelproliferation ohne Atypie um das Doppelte, bei Mastopathie mit Epithelatypie um das 4- bis 5fache [40]. Die Mastopathie ist jedoch keine obligate Präneoplasie. Klinik. Die fibrozystische Veränderung führt zu Verhärtungen und Verdichtungen des Mammagewebes. Knoten sind palpatorisch kaum von Karzinomknoten zu unterscheiden. Auch mammographisch können diese fibrozystischen Veränderungen ein Karzinom imitieren. Die diffuse Form der fibrozystischen Veränderung vermag ein Karzinom zu maskieren, so dass es über längere Zeit der Palpation und der mammographischen Darstellung entgeht. Die FNA dient hauptsächlich dem Ausschluss einer neoplastischen Veränderung. Makroskopie. Werden Zysten punktiert, hängt die Dringlichkeit einer zytologischen Untersuchung vom makroskopischen Aspekt der Zystenflüssigkeit ab. Klare Punktatflüssigkeiten stammen in der Regel aus blanden Zysten. Sie müssen nicht unbedingt zytologisch untersucht werden. Dagegen spricht eine grau-grüne Flüssigkeit mindestens für eine Entzündung, eine blutige für ein Karzinom und erfordert daher eine zytologische Untersuchung. Besonders wichtig ist es, nach Flüssigkeitspunktion mammographisch nachweisbare Restverdichtungen zu punktieren. Histologie. Jede fibrozystische Veränderung geht mit proliferativen und regressiven Veränderungen der Brustdrüse einher. Im Vordergrund steht die Epithelhyper plasie. Sie führt zur Verlegung der größeren und kleinen Gänge. Die Folge sind Sekretstau, Zystenbildung, sekun-
Nichtentzündliche, nichtneoplastische Veränderungen
däre Entzündung, Narbenbildung, Verziehungen der Gänge und Mikroverkalkungen. So entsteht mit der Zeit ein komplexes histologisches Bild. Im Unterschied zu invasiven neoplastischen Epithelproliferationen bleibt die Myoepithelschicht bei der fibrozystischen Veränderung erhalten. Das Epithel wird aber mehrschichtig oder springt papillär in die Ganglichtung vor. Das Ausmaß der apokrinen Metaplasie (von Saar’sche Epithelmetaplasie, onkozytäre Umwandlung) variiert innerhalb der fibrozystischen Veränderungen. Die Gänge werden im Bereich der Metaplasie von zwei Schichten eines hochprismatischen, intensiv eosinophilen Epithels ausgekleidet. Der apikale Zellpol ist abgerundet. Die runden bis ovalen Kerne liegen knapp suprabasal. Die Nukleolen sind deutlich entwickelt. Die metaplastischen Zellen sind zytoplasmareich und eosinophil granuliert. Elektronenmikroskopisch entsprechen die Granula Lysosomen, Lipidtropfen und vergrößerten Mitochondrien. Je nach Art der Epithelproliferation und der daraus resultierenden sekundären Veränderungen werden histologisch verschiedene Formen unterschieden [106]. Zysten mit einem Durchmesser von wenigen Millimetern sind bei nahezu jeder fibrozystischen Veränderung anzutreffen. Große Zysten präsentieren sich klinisch als solitäre Knoten. Das Zystenepithel ist kubisch oder abgeflacht und zeigt oft eine apokrine Metaplasie. Unter verstärktem Östrogeneinfluss bilden sich papilläre Epithelknospen. Die Häufigkeit intrazystischer Papillome soll in der Prämenopause 0,03%, in der Postmenopause 2,7% betragen. Nur in 0,2–1,3% aller Zysten finden sich Karzinome [28]. Als Varianten der fibrozystischen Veränderung sind Läsionen aufzufassen, die sich zwar radiologisch und morphologisch, nicht aber in ihrem biologischen Verhalten von ihr unterscheiden. Hierzu zählen radiäre Narben, die sklerosierende Adenose, bei denen die Bindegewebsbildung im Vordergrund steht, und die apokrine Adenose, die sich durch eine ausgedehnte apokrine Metaplasie des duktalen und Zystenepithels auszeichnet. Zytologie. Abgesehen von der fibrozystischen Veränderung mit Atypie zeigen die verschiedenen Typen der Epithelhyperplasie im Feinnadelaspirat die gleichen Zellbilder. Dem heterogenen histologischen Bild entsprechend sind auch die zytologischen Befunde sehr variabel. Überwiegt die Fibrose, sind die Ausstriche zellarm, überwiegt die duktale und duktuläre Epithelhyperplasie, ist der Zellgehalt der Ausstriche hoch. Tritt die Epithelproliferation in den Vordergrund („proliferative Mastopathie“), enthalten die Ausstriche regelmäßige, zuweilen verzweigte Verbände von duktalen Epithelien (Abb. 10.2), Azinuszellen, Zellen der apokrinen Metaplasie (Abb. 10.3) und bipolare Nacktkerne der Myoepithelien. Die Kerne der apokrin-metaplastischen (onkozytären) Zellen sind deutlich größer als die Kerne der duktalen und azinären Epithelien, rund, auffallend grob strukturiert und enthalten einen gut sichtbaren zen-
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Abb. 10.3 Apokrine Metaplasie bei fibrozystischer Veränderung (FNA, PapF, 525×)
tralen Nukleolus. Auch das Zytoplasma ist breiter als das der duktalen Epithelien und eosinophil bis zyanophil granuliert. Die Zellen der apokrinen Metaplasie können nach Degeneration zu homogenen, strukturlosen, rundlichen, blau-grauen Körperchen verschmelzen („bluish blobs“). Ist die Fibrose besonders ausgeprägt wie bei komplexer sklerosierender Läsion/radiärer Narbe und sklerosierender Adenose, sind die Ausstriche zellarm und diagnostisch nicht auswertbar [54]. Bei der seltenen atypischen duktalen Hyperplasie sind die Kerne der duktalen Epithelien nur wenig vergrößert, doch deutlich entrundet. Das Chromatin ist nur leicht vergröbert, die Nukleolen sind sichtbar. Die metaplastischen Epithelien der atypischen apokrinen Adenose sollen dreifach größere Kerne, einen plumpen oder multiple kleine Nukleolen aufweisen [99, 132]. Im Gegensatz zum Karzinom ist bei allen Formen der atypischen duktalen Hyperplasie die Kohäsivität im Zellverband gewahrt. Trotzdem sollte wegen der Atypien eine biopti sche Abklärung erfolgen. Zystenpunktate enthalten Schaumzellen, histiozytäre Riesenzellen, sog. Zystenwandzellen (pseudoepitheliale Makrophagenverbände), kernlose Zellschatten von Makrophagen und Detritus. Bei sekundärer Entzündung können reichlich neutrophile Granulozyten beigemischt sein. Der Befund ähnelt dann einer Mastitis, besonders wenn das Sekret eingedickt und mit Fibrin vermischt ist. Bei Einblutungen sind hämosiderinspeichernde Makrophagen vorhanden. Differentialdiagnose. Schaumzellen werden auch bei zystischem Karzinomen beobachtet und dürfen daher nur in Kenntnis des radiologischen Befundes als Zeichen einer gutartigen Veränderung gewertet werden [80]. Sonst gelingt die Diagnose eines invasiven Karzinoms in >90%, und auch die tumornegative Diagnose ist ebenso zuverlässig. Dagegen erscheint die Übereinstimmung
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Kapitel 10
zwischen zytologischer und histologischer Diagnose bei der Differenzierung gutartiger Veränderungen untereinander von kaum über 50% mehr oder minder zufällig [78, 118]. Unter Einbeziehung des Röntgenbefundes bereitet die Unterscheidung zwischen fibrozystischer Veränderung und Fibroadenom die geringste Schwierigkeit. Die Abgrenzung der apokrinen Adenose vom invasiven apokrinen Karzinom erfordert dagegen wie der Nachweis von nicht einzuordnenden Atypien eine histologische Abklärung.
10
Zusatzuntersuchungen. Die morphometrische und bild analytische Bestimmung von Kernfläche, Kernumfang und Formfaktoren mögen bei der Typisierung der epithelialen Hyperplasie hilfreich sein. Der bildanalytische Nachweis einer aneuploiden Zellpopulation beweist den präkanzerösen Charakter einer epithelialen Hyperplasie [45]. Zellkinetik: Die Einbaurate radioaktiv markierten Thymidins (Labeling Index) ist bei verschiedenen Hyperplasieformen mit 0,6–0,8% deutlich niedriger als bei invasiven Karzinomen (6,82%) [89]. Die durchflusszytometrisch bestimmte S-Phasen-Fraktion nimmt mit dem Grad der fibrozystischen Veränderung zu und beträgt 1,5–2,5%.
Gynäkomastie Ursachen der hormonell induzierten gutartigen Proliferation der Brustdrüse beim Mann sind Leberzirrhose, Östrogentherapie bei Prostatakarzinom und juvenile hormonelle Störungen. Die Gynäkomastie gilt nicht als Risikofaktor für die Entstehung eines Karzinoms. Doch ist bei einseitiger Brustvergrößerung der seltene Fall eines Mammakarzinoms der männlichen Brustdrüse in Betracht zu ziehen. Histologie. Histologisch erkennt man ähnlich wie bei fibrozystischer Veränderung der weiblichen Brust verzweigte, von kollagenen Fasern zirkulär umsponnene Milchgänge. Zytologie. Die Ausstriche sind meist hypozellulär. Typisch sind regelmäßige, größere, dichte Epithelzellverbände mit fingerförmigen Ausläufern. Daneben findet man bipolare nackte Myoepithelzellkerne und Stromafragmente. Der Befund ähnelt dem eines Fibroadenoms. Auch Zellen aus einer apokrinen Metaplasie wie bei fibrozystischer Veränderung kommen vor [119]. Differentialdiagnose. Unter zytostatischer Behandlung treten in der Gynäkomastie karzinomähnliche Zellatypien auf. Siehe auch unter „Mammakarzinom des Mannes“ (S. 195).
Bildanalyse
Brustdrüse
Kollagene Sphärulose Die Veränderung wird meist zufällig entdeckt, oft in Verbindung mit gutartigen oder prämalignen Veränderungen wie sklerosierender Adenose, radiärer Narbe, intraduktalem Papillom, Fibroadenom, atypischer duktaler Hyperplasie sowie duktalem oder lobulärem Carcinoma in situ. Die Sphärulose ist selten und wird nur in 1% der Mammaexzisionen und nur in 0,2% in zytologischen Proben der Mamma gefunden [29, 50, 110]. Zytologie. Kennzeichnend sind azelluläre eosinophile kugelige Gebilde mit einem Durchmesser von 20–100 µm. Diese sind reich an Kollagen IV und basalmembranähnlichen Proteoglykanen. Oft werden sie von einer einschichtigen Schicht myoepithelialer Zellen bedeckt. Der Ausstrichhintergrund enthält je nach Grunderkrankung duktale Epithelien und bipolare nackte Kerne von Myo epithelien [50]. Differentialdiagnose. Die Abgrenzung gegenüber einem adenoidzystischen Karzinom ist schwierig. Immun zytochemisch sind die hyalinen Kügelchen der Sphäru lose wie die Matrixkugeln, denen die Zellen des adenoidzystischen Karzinoms aufsitzen, Kollagen-IV-positiv. Die der Matrix aufsitzenden Zellen sind jedoch im Falle der Sphärulose S100-, Calponin-, alpha-SMA- und CK8-positiv und CEA- sowie EMA-negativ, die Zellen des adenoidzystischen Karzinoms sind dagegen EMApositiv.
Amyloidose In der Brustdrüse kommen Amyloidablagerungen isoliert oder im Rahmen einer allgemeinen Amyloidose vor. Zytologie. Zytologisch stellt es sich als zellfreie, amorphe Masse dar, die in der PapF eosinophil, in MGG violett erscheint. Beweisend ist die grünliche Doppelbrechung in der Kongo-Rot-Färbung.
Therapiefolgen Im Rahmen der brusterhaltenden Therapie des Mammakarzinoms wird auch das angrenzende nichtneoplastische Drüsengewebe mitbestrahlt. Radiogene Epithelatypien und Fettgewebsnekrosen persistieren über mehrere Jahre. Das Auftreten von Zellatypien lässt zunächst an ein Rezidiv denken. Ferner kommen Zweitkarzinome sowie seltene radiogen induzierte Sarkome in Betracht.
Benigne Tumoren
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Zytologie. Die Punktate sind im Allgemeinen zellarm. Man findet ausgeprägte Kernatypien mit großen, pleomorphen, hyperchromatischen Kernen und gelegentlich großen Nukleolen. Die Kernveränderungen sind schwer von neoplastischen Kernveränderungen zu unterscheiden. Für Gutartigkeit sprechen eine unveränderte KernPlasma-Relation, fehlender Detritus und das gleichzeitige Vorhandensein von Myoepithelien. Dennoch ist oft eine histologische Abklärung unumgänglich [18, 104].
Benigne Tumoren ICD-O-M-8010/0
Auch gutartige Tumoren können durch schnelles Wachstum und derbe Konsistenz alarmierend wirken (Einteilung s. folgende Übersicht). Die Zytologie trägt in vielen Fällen zur raschen Klärung bei. Wichtigste benigne Tumoren der Mamma nach WHO-Klassifikation • Intraduktale papilläre Neoplasien – Zentrales Papillom – Peripheres Papillom • Adenom – Tubulär – Laktierend • Gemischt epithelial/mesenchymal – Fibroadenom – Benigner phylloider Tumor • Mesenchymal – Fibrom – Lipom • Tumoren der Mamille – Adenom der Mamille
Milchgangspapillom ICD-O-M-8503/0
Bei den gutartigen papillären Neoplasien unterscheidet man zwischen zentralen und peripheren Papillomen. Besonders erstere werden klinisch durch ihre Größe und durch blutige Sekretion auffällig, während die peripheren meist zufällig im Rahmen einer anderweitig indizierten Gewebeentnahme entdeckt werden. Der Altersgipfel der papillär gebauten Milchgangspapillome liegt bei 40–50 Jahren. Die Tumoren bilden bis mehrere Zentimeter große Knoten. Klinisch besteht eine einseitige, hämorrhagische Mamillensekretion. Wichtigste diagnostische Methode ist die Galaktographie.
Mamma Therapiefolgen
Abb. 10.4 Milchgangspapillom. Verzweigte papilläre Verbände (FNA, PapF, 50×)
Abb. 10.5 Milchgangspapillom. Verzweigter Epithelverband. Am Rand teilweise spindelkernige Myoepithelien zu erkennen (Mamillensekret, PapF, 330×)
Histologie. Das Papillom besteht aus einem verzweigten, vaskularisierten Bindegewebsgerüst, dem eine zweireihige, aus Epithelien und Myoepithelien bestehende Zellschicht aufsitzt. Herdförmige Proliferation von Myoepithelien und Onkozyten kommt vor. Das rein onkozytäre Papillom ist selten. Zytologie. Das Punktat enthält zahlreiche einzeln und in papilliformen, papillären oder flachen Verbänden liegende Epithelien (Abb. 10.4). Die meisten Zellen sind isomorph. Kerne sind rund bis oval, das Kernchromatin fein granulär. Form und Größe der insgesamt unscheinbaren Nukleolen können variieren. Im Ausstrichhintergrund finden sich kleine Mengen von Detritus, Entzündungszellen, Schaumzellen und hämosiderinbeladene Makrophagen. Im Mamillensekret findet man charakteristische papilliforme Epithelverbände (Abb. 10.5). Diese sind oft erst nach längerem Suchen nachweisbar und erlauben oft keine eindeutige Diagnose, sind aber stets eine Indikation zu weiteren Abklärungsuntersuchungen (Mammographie, Galaktographie, Duktoskopie, FNA) [55, 95].
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Kapitel 10
Brustdrüse
Differentialdiagnose. Das papilläre Milchgangskarzinom ist zytologisch kaum vom Milchgangspapillom zu unterscheiden, da auch in der gutartigen Variante nicht selten Kernatypien vorkommen.
Adenom ICD-O-M-8140/0
Adenome machen nur 1% der gutartigen Mammatumoren aus. Sie treten im Alter von 20–30 Jahren auf.
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Histologie. Es handelt sich um solide, organoid gebaute Tumoren. Man unterscheidet eine tubuläre und eine laktierende Form. Tubuläre Adenome sind gut begrenzte, grau-weiße Knoten mit einem Durchmesser von 3–4 cm. Mikroskopisch bestehen sie aus unterschiedlich weiten Tubuli, die von einem einschichtigen Epithel ausgekleidet sind. Das laktierende Adenom manifestiert sich während der Laktation und geht mit Epithelproliferation und Milchsekretion einher. Zytologie. Punktate aus Adenomen sind ausgesprochen zellreich. Das Zellbild wird von unterschiedlich großen, lockeren Epithelverbänden bestimmt. Die Verbände sind teils verzweigt, teils läppchenförmig aufgebaut dreidimensional. Einzeln liegende Zellen und auch Nacktkerne kommen vor. Die Kerne sind isomorph, rund bis oval und enthalten je einen Nukleolus. Das schmale Zytoplasma ist vakuolisiert. Beim laktierenden Adenom findet man im Ausstrichhintergrund reichlich Schaumzellen und Detritus. Die Epithelien sind kaum von den schaumzelligen Makrophagen zu unterscheiden [116] (Abb. 10.6). Differentialdiagnose. Punktate aus Adenomen der Mamma sind sehr schwer von duktalen Karzinomen mit pseudoazinär angeordneten Kernen und geringer Kern atypie zu unterscheiden.
Fibrom ICD-O-M-8810/0
Fibrome der Mamma sind selten. Die Punktion ist wegen des hohen Kollagenfasergehalts in der Regel unergiebig.
Fibroadenom ICD-O-M-9010/0
Das Fibroadenom ist der häufigste gutartige Mamma tumor. Es ist der häufigste Mammatumor überhaupt bei Frauen unter 20 Jahren. Bei Frauen über 50 Jahren ist das
a
b Abb. 10.6 Laktierendes Adenom. 22-jährige stillende Frau, Knoten in der rechten Brust. Zahlreiche scheinbar atypische duktale Epithelien mit wolkig aufgelockertem Zytoplasma in Mammasekret (FNA, PapF, Obj. 40×, Prof. Golam Mostafa, National Cancer Institute and Research Hospital Dhaka, Bangladesh)
Fibroadenom dagegen selten. Sehr selten (in 0,02% der Fälle) entwickelt sich aus einem Fibroadenom ein Karzinom [36]. Bei Größenzunahme, Symptomatik oder Deformation der Brust wird eine operative Entfernung empfohlen. Klinik. Die Palpation ergibt einen derben bis prall-elastischen, gegen die Umgebung gut abgrenzbaren Knoten. Schon der typische Tastbefund führt meist zur korrekten klinischen Diagnose. Allerdings erweisen sich 2–4% der klinisch als Fibroadenom eingestuften Mammatumoren histologisch als Karzinome. Mammographisch stellt sich der Tumor als runder Schatten mit homogener oder inhomogener Binnenstruktur dar. Sonographisch erscheint das Fibroadenom als gut abgrenzbarer, homogen schalldichter Bezirk.
Benigne Tumoren
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Histologie. Fibroadenome bestehen aus Bindegewebe, in das tiefe von Epithel ausgekleidete Spalten und Gänge eingelassen sind. Das Epithel ist wie in den Milchgängen von Myoepithelien gesäumt. Apokrine und plattenepitheliale Metaplasie sowie papilläre Proliferate kommen gelegentlich vor. Zellreichtum und Dichte des Fasergerüsts sind altersabhängig. Bei jüngeren Frauen ist das Gerüst locker, manchmal myxoid. Gleichzeitig ist der Zellreichtum erhöht. Form- und Größenabweichungen der Kerne, grob gekörntes Chromatin und Mitosen werden in dieser Altersgruppe ebenfalls häufiger angetroffen. Zytologie. Durch die Aspiration wird die epitheliale Innenauskleidung mit ihren Verzweigungen aus dem Gangsystem gelöst. Die Epithelverbände sind beim intrakanalikulären Fibroadenom flach und erscheinen beim perikanalikulären Finger-, T-, Y- oder hirschgeweihförmig (Abb. 10.7 und 10.8). Die Kerne der duktalen Epithelien sind manchmal leicht vergrößert. Besonders beim proliferierenden, hormonal stimulierten Fibroadenom junger Frauen sind Chromozentren und Nukleolen deutlich ausgebildet und in Einzelfällen auch Mitosen nachweisbar. Das Zytoplasma ist homogen und schmal. Am Rand der Epithelverbände haften gelegentlich Myoepithelien. Eine große Zahl von bipolaren Nacktkernen ist geradezu pathognomonisch. Einige dieser Kerne stammen von Myoepithelien, andere von Fibrozyten und Fibroblasten. Im Hintergrund des Ausstrichs sind gelegentlich auch Schaumzellen, Onkozyten und Entzündungszellen zu sehen. Bindegewebsfragmente sind im Gegensatz zur Mastopathie scharfrandig begrenzt. Einseitig von Epithel bedeckte Bindegewebsfragmente sprechen für ein Fibroadenom. Differentialdiagnose. Die Kombination von regelmäßigen Verbänden duktaler Epithelien und reichlich Myoepithelzellkernen sprechen gegen ein Karzinom [122]. Dieselben Elemente findet man beim Hamartom der Mamma, bei der fibrozystischen Veränderung und bei phylloiden Tumoren (s. unten). Beim Hamartom findet man zusätzlich azinäre Zellen der Lobulusperipherie [60]. Für die fibrozystische Veränderung sprechen ein ausgesprochen zystischer Hintergrund mit vielen schaum zelligen Makrophagen sowie Zellen aus apokiner Metaplasie, obwohl beides auch in Einzelfällen beim Fibroadenom vorkommt [34].
Phylloider Tumor ICD-O-M-9020/1
Die phylloiden Tumoren sind umschriebene, blättrig gebaute fibroepitheliale Tumoren mit stark proliferierendem, benignem oder malignem Stroma und stets benigner, wenig proliferierender epithelialer Komponente. Man unterscheidet benigne und maligne phylloide Tu-
a
b Abb. 10.7 Fibroadenom. a In Form eines „chinesischen Buchstabens“ verzweigter Zellverband, b bipolare Kerne von Myoepithelien (FNA, PapF, a 50×, b 525×)
Abb. 10.8 Fibroadenom mit abnorm aktivierten Kernen und Zelldissoziation wie bei Karzinom; Inlay: Kerne des selben Tumors vergrößert, vgl. Abb. 10.14; daneben spindelförmige Kerne von Myoepithelien (FNA, PapF, 525×)
moren. Die Grenze zwischen beiden ist unscharf. Ein erster Altersgipfel liegt in der Adoleszenz, ein zweiter im 5.–6. Dezennium. Die Häufigkeit liegt unter 0,5% aller Mammatumoren. Die grobknotigen, knolligen Tumoren können riesige Ausmaße erreichen. Sie neigen zu Rezidiven, metastasieren aber selten [66].
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Kapitel 10
Histologie. Der Aufbau entspricht dem Fibroadenom, zu dem fließende Übergänge bestehen. Benigne phylloide Tumoren sind von einer Kapsel umgeben. Das zellreiche, oft myxoide Stroma besteht aus gebündelten spindelförmigen Fibroblasten und Myofibroblasten. Das Epithel entspricht dem der Fibroadenome. Die malignen phylloiden Tumoren sind unscharf begrenzt und wachsen mit langen Ausläufern ins angrenzende Gewebe. Sie unterscheiden sich außerdem von den benignen durch Sarkomzellen, die die Spalten und Kanäle umschließen. Die Sarkomzellen sind durch Zellpolymorphie, Kernatypie und Mitosen gekennzeichnet. Das Stroma kann heterogene Differenzierungen wie die eines Angio-, Lipo- oder Myosarkoms sowie ossäres und chondroides Gewebe aufweisen. Der epitheliale Anteil kann metaplastischem Plattenepithel entsprechen und Hornzysten bilden.
10
Zytologie. Charakteristisch ist die große Zahl der Stroma zellen. Sie liegen einzeln oder in zelldichten Gewebepartikeln (Abb. 10.9). Die Kerne sind rundlich, oval oder spindelförmig und sind von einem länglich ausgezogenen, spitz zulaufenden Zytoplasma umgeben. Die Stromazellkerne der malignen phylloiden Tumoren sind groß, polymorph und zeigen ein grobkörniges Chromatin sowie vergrößerte Nukleolen. In größeren Gewebsfragmenten können Mitosen vorhanden sein. Die Epithelien der gutartigen wie der bösartigen phylloiden Tu moren sind weniger auffällig. Sie werden als Zelltapeten aspiriert und zeigen nur ausnahmsweise Atypien unterschiedlichen Ausmaßes. Apokrine, kartilaginöse- und ossäre Metaplasien sind selten. Differentialdiagnose. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Fibroadenom, gutartigem phylloidem Tumor und dem malignem phylloidem Tumor. Generell enthalten Aspirate aus phylloiden Tumoren deutlich mehr Stromazellen als solche aus Fibroadenomen. Fehlen
Brustdrüse
Stromafragmente und überwiegt der epitheliale Anteil, ist die Unterscheidung zwischen gutartigem phylloidem Tumor und Fibroadenom schwierig. Sobald Stromazellen Atypien aufweisen, ist ein Fibroadenom unwahrscheinlich. Wichtig ist auch das Mengenverhältnis zwischen Stroma- und Epithelzellen, indem Erstere gewöhnlich beim malignen phylloiden Tumor bei weitem überwiegen. Auch der Nachweis vereinzelter Mitosen spricht für einen malignen phylloiden Tumor. Verwechslungsmöglichkeiten bestehen weiterhin zwischen benignem phylloidem Tumor und Myoepitheliom sowie zwischen malignem phylloidem Tumor und anderen Sarkomen, insbesondere Fibrosarkomen und Leiomyosarkomen, bei denen allerdings epitheliale Elemente vollständig fehlen [66, 121]. Zusatzuntersuchungen. Da sowohl gutartige als auch bösartige phylloide Tumoren aneuploid sein können, eignet sich die DNA-Analyse nicht zur Bestimmung der Dignität. Östrogen- und Progesteronrezeptoren werden von den duktalen Epithelien der Fibroadenome wie auch der phylloiden Tumoren exprimiert. Immunzytochemisch exprimieren die Stromazellen Vimentin, in malignen phylloiden Tumoren in einzelnen Fällen auch Desmin, Keratin und S100-Protein. Die ICC trägt nicht zur Unterscheidung zwischen Fibroadenom und phylloidem Tumor bei. Prognose. Bisher ist der Nachweis von Tumorgewebe im Resektionsrand das einzige Kriterium für die Vorhersage eines Rezidivs.
Lipom ICD-O-M-8850/0
Palpatorisch findet man gut begrenzte Knoten von mittlerer Konsistenz. Die FNA enthält Fettgewebsfragmente. Eine Unterscheidung von regelrechtem Fettgewebe der Mamma ist nicht möglich (s. S. 54).
Granularzelltumor ICD-O-M-9580/0 Synonyme: Granularzellmyoblastom, Abrikosoff-Tumor
Der meist gutartige, wahrscheinlich von Schwann-Zellen ausgehende Tumor kommt an verschiedenen Orten, selten auch in der Mamma vor (s. S. 593).
Abb. 10.9 Phylloider Tumor. Scharfrandiges Stromapartikel (FNA, PapF, 100×)
Nichtinvasive neoplastische Veränderungen
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Nichtinvasive neoplastische Veränderungen Duktales Carcinoma in situ ICD-O-M-8500/2 Synonyme: Intraduktales Karzinom, DCIS
Häufig führen Mikroverkalkungen im Mammogramm zur Entdeckung des DCIS. DCIS machen 2% der neoplastischen Mammaveränderungen aus. Sie treten in etwa 35% multizentrisch auf. In bis zu 20% der mammographisch entdeckten DCIS findet sich jedoch nach Resektion ein invavives Karzinom. Zytologisch weisen DCIS alle Kriterien der Malignität auf. Das DCIS bildet in der Regel keinen umschriebenen Knoten und führt nicht zu Metastasen. Bei Verdacht auf ein DCIS ist die Biopsie indiziert. Von einer Schnellschnittuntersuchung des DCIS ist generell Abstand zu nehmen. Die Überlebensrate liegt bei >95%. Rezidive nach alleiniger Operation sind allerdings häufig, was dazu führte, dass die Bestrahlung mittlerweile zur postoperativen Standardtherapie zählt. Histologie. Ein DCIS ist eine Proliferation neoplastischer duktaler Epithelien ohne Durchbruch durch die Basalmembran. Es entwickelt sich wahrscheinlich aus einer atypischen Hyperplasie des Gangepithels und gilt als Vorstadium eines invasiven Mammakarzinoms [133]. Man unterscheidet beim DCIS je nach Wachstumsmuster verschiedene histologische Typen (mikropapillär, kribriform, solide, flach, Komedotyp), je nach Kernatypien unterschiedliche Malignitätsgrade nach WHO sowie Formen mit und ohne Nekrosen. Zytologie. Der Zellgehalt der Ausstriche ist variabel, aber meist eher niedrig. Die Tumorzellen sind einzeln und in kleinen lockeren Verbänden angeordnet. Sie unterscheiden sich meist nicht von Zellen eines invasiven duktalen Karzinoms. Der Grad der Zellatypie wechselt von Fall zu Fall. Das Vorstadium der atypischen Hyperplasie ist nicht diagnostizierbar. Für ein DCIS sprechen Detritus (Abb. 10.10), nekrotische Zellen, Mikrokalk (Abb. 10.11) und Schaumzellen. Ein invasives Karzinom ist nie mit Sicherheit auszuschließen. Nach Lamb werden knapp 30% als tumorpositiv und weitere 30% als verdächtig, 19% als unverdächtig diagnostiziert; rund 22% der Präparate waren nicht auswertbar [75]. Manche Autoren empfehlen daher bei radiologischem Nachweis von Mikrokalk die stereotaktische Stanzbiopsie, die jedoch das Problem, ein DCIS von einem invasiven Karzinom zu unterscheiden nicht immer beseitigt (Literatur siehe [82]). Differentialdiagnose. Siehe invasives duktales Karzinom (S. 189).
Abb. 10.10 Duktales Carcinoma in situ. Atypische Epithelien plus Detritus wie bei invasivem Karzinom (FNA, PapF, 330×)
Abb. 10.11 Duktales Carcinoma in situ mit Mikrokalk (FNA, PapF, 840×)
Lobuläre Neoplasie Synonym: Lobuläres Carcinoma in situ
ICD-O-M-8520/2
Die lobuläre Neoplasie bildet keinen umschriebenen Tumor und wird deshalb meist zufällig im Rahmen der Abklärung palpabler Mammaläsionen entdeckt. Etwa 70% sind multizentrisch. Das Durchschnittsalter der Patientinnen beträgt 44–53 Jahre. Das Risiko, dass sich ein invasives Karzinom ipsi- oder kontralateral entwickelt, beträgt nach 10 Jahren 15%, nach 15 Jahren 30% [7]. Die lobuläre Neoplasie gilt als nichtobligate Präkanzerose sowohl für das lobuläre als auch für das invasiv-duktale Karzinom sowie als „Indikatorläsion“ für ein gleichzeitiges Vorhandensein eines invasiven Karzinoms. Eine Sonderform der lobulären Neoplasie ist die pleomorphe lobuläre Neoplasie, die analog zum DCIS gewertet und behandelt wird.
188
Kapitel 10
Histologie. Die lobuläre Neoplasie besteht aus runden, hellen Zellen, die die Azini eines oder mehrerer Läppchen ausfüllen. Die Tumorzellen sind uniform und etwas größer als regelrechte Azinuszellen, und die befallenen Läppchen sind 2- bis 3-mal größer als normale Läppchen. Kern atypie und Polymorphie sind nur gering ausgeprägt.
10
Zytologie. Der Zellgehalt der Ausstriche ist meist niedrig. Typisch sind kugelige azinäre Verbände. Die Zellen sind weniger fest gefügt als unveränderte Azinuszellen. Das Phänomen wurde mit einer umgestürzten Ziegelmauer („cracked wall“) verglichen: Obwohl die Fugen gelockert sind, ist die Mauer noch als solche zu erkennen. Die Zellen der lobulären Neoplasie sind uniform und unterscheiden sich wenig von normalen Azinuszellen. Die Kernatypie ist gering. Die Nukleolen sind nur manchmal vergrößert. Das Zytoplasma ist mittelbreit und enthält hie und da dickwandige Vakuolen, manchmal mit einem zentralen, leicht eosinophilen Punkt, der Muzin entspricht. Derartige Vakuolen findet man auch in hyperplastischem und normalem Mammaepithel, häufiger beim lobulär-invasiven Karzinom. Nur in einer Minderzahl der Fälle ist die lobuläre Neoplasie zytologisch eindeutig zu diagnostizieren [7]. Differentialdiagnose. Siehe invasives duktales Karzinom (S. 189).
Invasive Karzinome Maligne Tumoren der Brust sind zu 95% Karzinome. Der Rest sind Sarkome, maligne Lymphome und Metastasen. Das Mammakarzinom ist der häufigste maligne Tumor der Frau. In den westlichen Ländern erkranken schätzungs weise 540.000 Frauen pro Jahr an Brustkrebs; rund 300.000 sterben daran. Die Rate der jährlichen Neuerkrankungen liegt bei 250 auf eine Million Frauen. In Deutschland erkrankten im Jahr 2004 57.230 Frauen an Brustkrebs (laut Angabe der Deutschen Krebsgesellschaft). In der Schweiz beträgt die rohe Inzidenz 110/100.000/ Jahr (1983–1987), die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen 3500, bei einer Gesamtzahl von 1000–15.000 mit Brustkrebs lebenden Frauen. Im regionalen Krebsregister beider Basel ist die altersstandardisierte Inzidenz in den Jahren 1978–1987 nahezu unverändert geblieben. Obwohl die Inzidenz des Mammakarzinoms in der gesamten Weltbevölkerung zunimmt, ist die Mortalität zumindest bei Europäerinnen und weißen Amerikanerinnen leicht rückläufig, was den Früherkennungsmaßnahmen und sozioökonomischen Faktoren zugeschrieben wird [65]. Das Mammakarzinom ist dennoch in der westlichen Welt die häufigste Todesursache bei Frauen im Alter zwischen 40 und 45 Jahren und in der Schweiz neben Kolon- und Bronchialkarzinom die häufigste
Brustdrüse
Krebstodesursache. Zu den Risikofaktoren gehören „westlicher Lebensstil“, Adipositas, geringe Geburtenzahl, exogene Hormonzufuhr, immunologische Störungen und genetische Faktoren [62]. In 5% der Fälle besteht eine erbliche Disposition, vorwiegend durch Mutationen des BRCA1- und BRCA2-Gens. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt bei nodal negativen (NO) Patientinnen 85%. Sobald Lymphknotenmetastasen auftreten, sinkt die 5-Jahres-Überlebensrate auf 50% und weniger. Früherkennungsuntersuchung. Etwa 90% der Mammakarzinome werden durch Selbstuntersuchung entdeckt. Frauen, die ihre Brüste regelmäßig selbst untersuchen, haben eine signifikant höhere 5-Jahres-Überlebensrate als diejenigen, die dies nicht tun. Screening-Programme sollen zur Entdeckung der Karzinome in einem früheren Stadium und dadurch zu einer besseren Prognose führen. Doch nur die Hälfte der Mammakarzinome wird im Frühstadium entdeckt. Von einer Früherkennungsuntersuchung der Brust dürften allerdings nur die über 50-jährigen Frauen profitieren. Die American Cancer Society, das „American College of Radiology“, die „American Academy of Family Physicians“ und der „Europäische Kodex gegen Krebs“ empfehlen zur Früherkennung des Mammakarzinoms altersgestaffelte regelmäßige mammographische Untersuchungen. Pathologie. Histologisch lassen sich mehrere Subtypen des Mammakarzinoms unterscheiden, die sich allerdings vielfach überlappen [128]. Dennoch liefert die morphologische Untersuchung wichtige Hinweise für die klinische Verlaufsbeurteilung: An erster Stelle steht die Sta dieneinteilung (Staging) nach dem TNM-System. Der axilläre Lymphknotenbefall gilt dabei als wichtigster Prognoseparameter. Bei jeder Operation eines Mammakarzinoms wird daher der dem Tumor am nächsten gelegene axilläre Lymphknoten („Sentinellymphknoten“ = Wächterlymphknoten) untersucht, sofern dieser nicht bereits in der klinischen Untersuchung metastasenverdächtig ist. Der Befall dieses Lymphknotens gilt als wesentlicher Schritt des Tumors zur Metastasierung hin. Weitere wichtige Informationen für die Verlaufsbeurteilung liefert das histologische Malignitätsgrading. Die meisten Untersucher wenden das von Elston und Ellis [43] modifizierte Gradingsystem von Bloom und Richardson an. Die Kriterien sind: Mitosenzahl, Kernpolymorphie und tubuläre sowie glanduläre Differenzierung. Jedes Merkmal erhält eine Punktzahl zwischen 1 und 3. Die Summe der erzielten Punkte ergibt den Malignitätsgrad (Tabelle 10.4). Das zytologische Malignitätsgrading findet eine weniger verbreitete Anwendung, kommt aber zu ähnlichen Ergebnissen. Am zytologischen Präparat lässt sich die tubuläre Differenzierung nicht eindeutig bestimmen, da die Kohäsivität der Tumorzellen nicht besonders eng mit
Invasive Karzinome Tabelle 10.4 Bloom-Richardson-Elston-Score. Punktezahlen zu Gradingkategorien Punktzahl
B.R.E.-Grad
3–5
I
6–7
I
8–9
III
Zuordnung
189
der
der Tubulusbildung des Tumors korreliert. Sie korreliert als Einzelkriterium auch nicht mit der Neigung zur Metastasierung in die regionalen Lymphknoten [114]. Der Mitoseindex ist in den zytologischen Ausstrichen wegen des beschränkten Zellgehalts oft nicht zuverlässig bestimmbar. Somit beruht die zytologische Bestimmung des Malignitätsgrads hauptsächlich auf dem Kerngrading. Die Kriterien sind: Größe, Größenvariabilität, Polymorphie, Atypiegrad der Chromatinstruktur, Nukleolengröße und – mit Einschränkung – der Ki-67-Index. Das zytologische Kerngrading ist wie das histologische auf alle Typen des Mammakarzinoms anwendbar [22, 32].
Invasives duktales Karzinom ICD-O-M-8500/3
Das invasive duktale Karzinom ist mit 70% das häufigste aller Mammakarzinome. Histologisch handelt es sich um eine morphologisch wie prognostisch heterogene Gruppe von Tumoren. Die Diagnose wird ausschließlich per exclusionem gestellt, d. h. nur dann, wenn keiner der anderen in der WHO-Klassifikation aufgeführten Tumoren in Frage kommt. Histologie. Das Spektrum reicht von relativ hoch differenzierten, überwiegend tubulären oder kribrösen Adenokarzinomen bis zu rein soliden oder dissolut wachsenden Tumoren. Etwa ein Drittel sind stromareiche solide Karzinome (früher als szirrhöse Karzinome bezeichnet), die zytologisch oft schwer zu diagnostizieren sind, weil sich nur wenige Tumorzellen aspirieren lassen. Zytologie. Der Zellgehalt der Ausstriche ist bei stromaarmen Tumoren höher als bei stromareichen. Die Tumorzellen sind meist im Vergleich zu regelrechten duktalen Epithelien deutlich größer, doch insgesamt eher monomorph. Die Polymorphie kann aber in Einzelfällen erhebliche Ausmaße annehmen (Abb. 10.12). Die Kerne sind überwiegend rundlich. Fast immer sind vereinzelt Kerbungen der Kernmembran nachweisbar. Das Kernchromatin ist im Vergleich zu anderen Adenokarzinomen fein granulär und gleichmäßig im Kern verteilt. Die Nukleolen sind von Fall zu Fall unterschiedlich entwickelt,
Abb. 10.12 Invasives duktales Karzinom (G3). Ausgeprägte Kern atypie (FNA, PapF, 525×)
meist aber unscheinbar. Die Kerne liegen exzentrisch im mittelbreiten Zytoplasma. Der Zellleib isoliert liegender Tumorzellen ist abgerundet. Vakuolen fehlen meist. Wichtigstes zytologisches Kriterium zur Feststellung des Differenzierungsgrades ist die Kohäsivität der Tumorzellen. Bei hoch differenzierten Karzinomen finden sich Verbände, bei wenig differenzierten liegen die Zellen einzeln. Im Übrigen zeigen wenig differenzierte invasive duktale Karzinome eine gesteigerte Kernatypie. Da die Tumoren meist groß sind und nekrotisch zerfallen, enthält der Ausstrichhintergrund reichlich Detritus. Differentialdiagnose. Die rein zytologische Abgrenzung von einem duktalen Carcinoma in situ von invasiven Karzinomen ist schwierig bis unmöglich. Auch die enge Assoziation von epithelialen Zellen und Fettgewebszellen ist als Artefakt zu betrachten und diagnostisch nicht als Hinweis auf ein invasives Karzinom zu werten [88]. Sobald Atypien vorhanden sind, ist eine histologische Abklärung erforderlich [7, 123]. Treffsicherheit. Punktate von duktal invasiven Karzinomen sind in 73,2% positiv, 10,7% suspekt, 5,9% falschnegativ und 10,2% zellarm [75].
Invasives lobuläres Karzinom ICD-O-M-8520/3
Zwischen 10 und 14% der Mammakarzinome sind in vasive lobuläre Karzinome. Die Grenzen zwischen invasiven lobulären und duktalen Karzinomen sind mitunter nur immunzytochemisch (E-Cadherin-Expression) zu ziehen. Histologie. Das invasive lobuläre Karzinom ist durch kleine Tumorzellen, starke Zelldissoziation, und Bildung von Zellreihen („Indian files“) in einem stark fibrosierten
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Kapitel 10
Brustdrüse
Differentialdiagnose. Besonders lobuläre Karzinome mit hochgradiger Kernatypie sind kaum von einem dissolut wachsenden duktalen Karzinom abzugrenzen. Wichtigste Unterscheidungsmerkmale sind die Zellularität der Ausstriche sowie Lagerung und Größe der Tumorzellen. Die Zellen des lobulären Karzinoms ähneln zwar hinsichtlich Größe und Zytoplasmavakuolen den Zellen einer lobulären Neoplasie, doch fehlen die azinären Verbände.
Medulläres Karzinom ICD-O-M-8510/3 Abb. 10.13 Invasives lobuläres Karzinom. Gruppe atypischer Epithelien, vereinzelt mit eosinophilen paranukleären Zytoplasmaeinschlüssen (FNA, PapF, 330×)
10
Abb. 10.14 Invasives lobuläres Karzinom. Tumorzellen in gänsemarschartiger Reihe („Indian file“) angeordnet (FNA, PapF, 525×)
Stroma charakterisiert. In 50% der Fälle liegt gleichzeitig eine lobuläre Neoplasie vor. Zytologie. Die Ausstriche sind meist zellarm. Die Tumorzellen liegen einzeln oder in losen Gruppen (Abb. 10.13) oder sind zeilenförmig angeordnet („Indian files“; Abb. 10.14). Sie sind kaum größer als regelrechte duktale Epithelien. Ihre Kerne sind rundlich und nur wenig atypisch. Nukleolen sind selten zu sehen. Das Zytoplasma ist schmal und zyanophil. Manchmal enthält es eine kleine Vakuole, die sich eng an den Kern schmiegt und diesen einbuchtet. Elektronenmikroskopisch handelt es sich bei diesen für das lobuläre Karzinom charakteristischen Zell einschlüssen um intrazytoplasmatische Zisternen und nicht um Schleimvakuolen [3]. Treffsicherheit. Die zytologische Diagnose ist in der Mehrzahl der Fälle wegen der gering ausgeprägten Zellatypie und wegen des geringen Zellgehaltes der Ausstriche nur schwer zu stellen. Die Punktate sind positiv in 30– 60%, suspekt in 1–25%, falsch-negativ in 10–15%, zu zell arm in 10–25% [46, 75].
Etwa 4–7% der Mammakarzinome sind medulläre Karzinome. Im Mammogramm erscheinen sie als relativ scharf begrenzte Knoten. Ob sie eine bessere Prognose haben, wie oft behauptet, ist zweifelhaft [25]. Frauen mit einer hereditären Mutation des Tumorsuppressorgens BRCA1 haben häufiger ein medulläres Karzinom als Frauen mit sporadischem Mammakarzinom. Außerdem scheint die Mikrosatelliteninstabilität bei medullären Karzinomen der Mamma weniger ausgeprägt zu sein als bei morphologisch ähnlichen medullären Karzinomen des Kolon und des Pankreas, die eine schlechtere Prog nose haben. Histologie. Meist sind die knolligen Tumoren von einer kapselartigen Lamelle komprimierten Bindegewebes und von einem wechselnd dichten Lymphozyteninfiltrat umgeben. Die Tumoren sind zellreich und stromaarm und wachsen in bis zu 10 Zellen breiten „medullären“ (mark ähnlichen) Strängen. Die Tumorzellen sind groß und zyto plasmareich. Ihre Kerne sind deutlich polymorph, die Nukleolen auffallend groß. Zytologie. Die Ausstriche sind gewöhnlich zellreich. Die großen Tumorzellen bilden selten Verbände. Ihre auffallend bizarren Kerne enthalten einen oder mehrere prominente, polymorphe und oft deutlich eosinophile Nukleolen. Das Kernchromatin ist grobkörnig. Das Zytoplasma ist breit, aber fragil, so dass die Kerne oft frei liegen. Die Beimengung von Lymphozyten und Plasmazellen im Ausstrichhintergrund und das charakteristische Erscheinungsbild der Tumorzellen ermöglicht die Diagnose [108] (Abb. 10.15). Differentialdiagnose. Die Abgrenzung gegenüber einem invasiven duktalen Karzinom ist weder zytologisch noch mittels Zusatzmethoden [90], noch aufgrund seines Verhaltens immer eindeutig möglich, so dass das medulläre Karzinom als eigenständige Entität infrage zu stellen ist [100]. Treffsicherheit. Der Anteil richtig-positiver (75%) und suspekter Befunde (25%) ist hoch, falsch-negative und zellarme Präparate sind die Ausnahme [75].
Invasive Karzinome
Abb. 10.15 Medulläres Mammakarzinom. Tumorzellen umgeben von zahlreichen Lymphozyten, reichlich Detritus (FNA, PapF, 330×)
Muzinöses Karzinom
191
Abb. 10.16 Schleimbildendes Mammakarzinom („Gallertkarzinom“). Tumorzellverband und reichlich rosafarbener extrazellulärer Schleim (FNA, PapF, 840×)
Tubuläres Karzinom
ICD-O-M-8480/3
ICD-O-M-8211/3
Synonyme: Gallertkarzinom, Kolloidkarzinom
Tubuläre Karzinome sind hoch differenzierte Adenokarzinome. Sie machen nur 1% der Mammakarzinome aus, neigen wenig zur Metastasierung in die regionären Lymphknoten und haben dementsprechend eine günstige Prognose. Im eigenen Untersuchungsgut sind sie immer DNA-diploid. Das durchschnittliche Manifestationsalter beträgt 50 Jahre.
Histologie. Einige Mammakarzinome sind durch ausgeprägte Schleimbildung gekennzeichnet. Die Tumorzellen bilden kleine, im Schleim schwimmende Knospen. Verkalkungen sind häufig. Nekrosen, Begleitentzündung, desmoplastische Reaktion fehlen weitgehend. Eine Sonderform ist das Siegelringzellkarzinom mit ausschließlich intrazellulärer Verschleimung. Zytologie. Die Diagnose bereitet anhand der charakteristischen extrazellulären Schleimmassen keine Schwierigkeiten. Den Hintergrund bilden homogene oder schlierenförmige Schleimmassen, die in der PapF blau-grau bis rötlich erscheinen (Abb. 10.16). Die Zellzahl ist unterschiedlich, aber selten extrem hoch. Die Zellen sind klein bis mittelgroß und eher gleichförmig. Sie liegen einzeln oder in kleinen kugeligen oder papilliformen Verbänden. Die Kerne gleichen denen des invasiven duktalen Karzinoms, die Kernatypie ist aber in den meisten Fällen gering. Das Zytoplasma ist schmal und färbt sich homogen grünlich oder angedeutet granulär rosa. Größere Schleimvakuolen werden nur beim Siegelringzellkarzinom angetroffen. Differentialdiagnose. Myxoide Fibroadenome und mukozelenartige Veränderungen können mit muzinösen Karzinomen verwechselt werden [130]. Muzinöses Mammakarzinom und andere schleimbildende Karzinome können mittels Immunzytochemie unterschieden werden. Sinnvolle Marker sind: ER und PR, CDX2 und TTF1 [31, 87].
Histologie. Die Tumoren bilden ausschließlich tubuläre Strukturen und keine soliden Verbände. Die atypischen Drüsenschläuche sind unregelmäßg angeordnet und in faserreiches Stroma eingebettet. Sie werden meist von einem einreihigen kubischen Epithel ausgekleidet. Die Atypie ist gering. Manchmal sind daher tubuläre Karzinome nur durch die Invasion des Fettgewebes von einer sklerosierenden Adenose zu unterscheiden. Zytologie. Im Ausstrich bilden die Tumorzellen regelmäßige, scharf begrenzte, oft winkelförmige Zelltapeten. Dreidimensionale Verbände können vollständig fehlen. Dagegen sind meist auch gering atypische einzeln liegende Zellen vorhanden. Zwar sind die Tumorzellen etwas größer als regelrechte duktale Epithelien, doch ist die Atypie oft so gering, dass eine sichere Unterscheidung von hormonal stimulierten duktalen Epithelien nur bei optimaler Fixation des Ausstrichs gelingt. Hinweise auf den Tumor sind neben einer diskreten Vergröberung des Kernchromatins vereinzelte Kerbungen der Kernmem bran. Im Ausstrichhintergrund können Myoepithelien bzw. bipolaren Kernen fehlen, was dann als zusätzlicher Hinweis auf ein Karzinom zu werten ist (Abb. 10.17). Differentialdiagnose. Verbände von duktalen Epithelien kommen auch bei Fibroadenomen, fibrozystischer
192
Kapitel 10
Brustdrüse
dreidimensionalen Verbänden. Die Zellen enthalten eine große zentrale oder mehrere kleine Vakuolen. Die meist peripher gelegenen Kerne sind nur wenig atypisch. Das Chromatin ist feingranulär, der Kernhintergrund leicht hyperchromatisch. Die Nukleolen sind klein, aber gut erkennbar. Der Hintergrund enthält ähnlich wie bei laktierender Mamma Lipidtropfen, Schaumzellen, Detritus und Erythrozyten [70, 131].
Abb. 10.17 Tubuläres Mammakarzinom. Zweidimensionaler Verband von wenig atypischen Tumorzellen (FNA, PapF, 840×)
10
Veränderung, radiärer Narbe und tubulärem Adenom vor. Doch bei allen diesen Veränderungen ist eine mehr oder minder große Anzahl von Myoepithelien zu er warten. Bei radiären Narben sind die Ausstriche typischerweise zellarm. Entscheidend ist in allen diesen Fällen das Fehlen von Kernatypien. Im Zweifel hilft auch der radiologische Befund weiter, da sich das tubuläre Karzinom im Unterschied zum Fibroadenom als unscharf begrenzter Knoten darstellt. Die Zellverbände beim DCIS zeichnen sich meist durch eine deutliche Kernatypie aus [23]. Treffsicherheit. Die Sensitivität der zytologischen Untersuchung, bezogen auf das tubuläre Karzinom, beträgt zwischen 33 und 86% [23]. In vielen Fällen ist nur eine Verdachtsdiagnose möglich.
Sekretorisches Karzinom ICD-O-M-8502/3 Synonym: Juveniles Karzinom
Dieser seltene Karzinomtyp wurde ursprünglich bei Kindern und Jugendlichen als „juveniles Karzinom“, später indes auch bei älteren Frauen und bei Männern beschrieben. Sie entwickeln sich über viele Jahre hin. Die Prognose ist bei Kindern und Jugendlichen im Allgemeinen so gut, dass die Exzision im Gesunden ausreicht, während die Behandlung im Erwachsenenalter dieselbe ist wie bei anderen invasiven Karzinomen.
Differentialdiagnose. Die Zytoplasmavakuolen sind ein wichtiges differentialdiagnostisches Kriterium des sekretorischen Karzinoms. Im Gegensatz zu lobulären, duktalen und Siegelringzellkarzinomen sind nicht nur Einzelzellen vakuolisiert. Schwieriger kann die Unterscheidung von einem laktierenden Adenom sein, bei dem allerdings die Kernatypie fehlt [70, 131].
Karzinom mit Siegelringzellen ICD-O-M-8490/3
Schleimbildende Zellen können in allen Typen des Mammakarzinoms vorkommen, am häufigsten jedoch in invasiven duktalen (70%), seltener in invasiven lobulären Karzinomen (20%) [67]. Zytologie. Die Zellen ähneln Plasmazellen. Ihr Zytoplasma enthält Muzingranula oder eine große schleimgefüllte Vakuole. Die Siegelringzellen liegen meist einzeln und sind oft zwischen nichtschleimbildenden Zellen versteckt und nicht einfach zu finden, manchmal sind sie aber das vorherrschende Element [67]. Differentialdiagnose. Nur wenn die Tumorzellen nachweislich Schleim bilden, sollte man ein Siegelringzellkarzinom diagnostizieren. Der Nachweis von Vakuolen reicht für die Diagnose nicht aus, da auch Zellen nichtschleimbildender, insbesondere lobulärer Karzinome vakuolisiert sein können. Überwiegend aus Siegelringzellen bestehende Tumoren lassen sich zytologisch nicht von Siegelringzellkarzinomen des Magens und des Kolon unterscheiden. Dies ist nur immunzytochemisch möglich (s. Tabelle 10.5) [27, 74].
Klarzellkarzinom ICD-O-M-8310/3
Histologie. Der mitunter zystische Tumor besteht aus soliden oder papillär gebauten Anteilen. Die Zellen besitzen ein breites, amphophiles, vakuolisiertes Zytoplasma. Die Atypie ist minimal, Mitosen sind selten.
Der solide oder drüsig-papillär wachsende Tumor ist eine weitere Variante des duktalen Karzinoms. Die Tumorzellen speichern exzessiv Glykogen und Lipide. Beim lipidrei chen Karzinom überwiegt der Gehalt an neutralen Fetten.
Zytologie. Die Feinnadelspirate sind ausgesprochen zellreich. Die Zellen liegen einzeln und in papilliformen oder
Zytologie. Das Zytoplasma erscheint nur nach präparationsbedingter Herauslösung der gespeicherten Stoffe op-
Invasive Karzinome Tabelle 10.5 Immunzytochemische Differentialdiagnose der Siegelringzellkarzinome. (Nach [27]) Ca
ER +
CDX2+
Mamma
81%
0%
Magen
0%
90%
Kolon
0%
89%
193
Die Zellzahl ist meist gering, so dass man die zytologische Diagnose an wenigen charakteristischen Zellen stellen muss [56]. Differentialdiagnose. Aus Melanozyten der Epidermis stammende Melaningranula können zur Verwechslung mit einem malignen Melanom führen.
Inflammatorisches Mammakarzinom tisch leer. In der PapF erscheint das Zytoplasma gewöhnlich wolkig aufgelockert oder eosinophil granuliert. Die Diagnose gelingt nur mittels Glykogenfärbung [33].
Morbus Paget der Mamille ICD-O-M-8540/3
Beim M. Paget der Mamille finden sich Karzinomzellen im Plattenepithel der Mamille, die fast immer von einem intraduktalen Karzinom des darunter liegenden Brustdrüsengewebes stammen. In etwa 1–3% der Mammakarzinome breiten sich die Zellen eines mamillennahen duktalen Karzinoms in der Epidermis der Mamille aus. Klinik. Der M. Paget manifestiert sich durch Jucken, Brennen und Rötung der Mamille. Später kommen Verdickung und Erosionen der Haut hinzu. Aus der Erosion austretendes Serum täuscht häufig eine Mamillensekretion vor. Das Zeitintervall zwischen Auftreten der ersten Symptome und Diagnosestellung beträgt durchschnittlich 13 Monate (übrige Mammakarzinome 8,4 Monate). Bei verdächtigem oder positivem zytologischen Befund ist die Probeexzision in Lokalanästhesie angezeigt. Sobald die Diagnose des M. Paget feststeht, setzt die Suche nach dem zugehörigen invasiven Mammakarzinom ein. Histologie. Der Mamillenbefall stellt fast immer nur „die Spitze des Eisberges“ dar. Die Haupttumormasse ist ein invasives duktales Karzinom im mamillennahen Mammagewebe. Die Tumorzellen liegen einzeln oder in kleinen Nestern zwischen den Basal- und Parabasalzellen der Epidermis. Erst wenn sie die Oberfläche der Epidermis durchbrechen, sind sie im zytologischen Abstrich nachweisbar. Zytologie. Der zytologische Nachweis eines M. Paget erfolgt am besten durch Abschaben (Scraping) der Mamille. Subareoläre Verdichtungen werden mit der FNA erfasst. Typisch sind große, rundliche Zellen mit breitem, hellem Zytoplasma und großen atypischen Kernen (Paget-Zellen). Im zytologischen Ausstrichpräparat sind Hintergrund, Zellzahl und Lagerung uncharakteristisch.
ICD-O-M-8530/3 Synonym: Carcinoma erysipeloides
Etwa 1–4% aller invasiven Mammakarzinome täuschen infolge ausgedehnter Lymphangiosis carcinomatosa klinisch das Bild einer schweren diffusen Entzündung der gesamten Brust vor. Es handelt sich hierbei um eine klinische Präsentationsform, nicht um eine histopathologische Entität im engeren Sinn. Klinik. Die befallene Brust ist diffus gerötet, geschwollen und ödematös. Die Haut zeigt das „Peau-d’orange-Phänomen“ (Apfelsinenhaut). Die axillären Lymphknoten sind vergrößert. Wegen des interstitiellen Ödems und der Induration der Brust kann der Primärherd nicht getastet und in vielen Fällen auch nicht mammographisch lokalisiert werden. Nach antiphlogistischer Behandlung tritt keine Besserung ein. Der Verlauf ist foudroyant. Die klinische Abgrenzung zwischen inflammatorischem Karzinom und Mastitis ist oft schwierig. Histologie. Mikroskopisch besteht eine ausgedehnte Lymphangiosis carcinomatosa der kutanen und subkutanen Lymphgefäße, die prall mit Karzinomzellen gefüllt sind. Der Lymphstau verursacht ein kutanes und interstitielle Ödem. Ein Entzündungsinfiltrat fehlt! Der Primärtumor ist meist ein wenig differenziertes invasives duktales Karzinom. Zytologie. Die FNA ist oft unergiebig, weil der Tumor schwer zu lokalisieren ist und die karzinomatös infiltrierten Lymphspalten nicht eng genug nebeneinander liegen, um von der Punktionskanüle getroffen zu werden. Mehrere tiefe, gefächert durchgeführte Punktionen verbessern die Tumorzellgewinnung. Wenn Tumorzellen aspiriert werden, zeigen sie eine sehr ausgeprägte Kernatypie. Der krasse Gegensatz zwischen fehlenden Entzündungszellen und klinischem Bild sollte stets an ein inflammatorisches Karzinom denken lassen [38]. Differentialdiagnose. Mastitis und Lymphome sind Veränderungen, die klinisch ebenfalls mit Schwellung und Rötung der Brust einhergehen können. Der zytologische Nachweis von Entzündungszellen bzw. von lymphoiden Zellen ermöglicht eine eindeutige Diagnose.
194
Kapitel 10
Zusatzuntersuchungen. Proliferationsrate, Tumorverdoppelungszeit und der Anteil rezeptornegativer Fälle sind beim inflammatorischen Karzinom überdurchschnittlich hoch.
Apokrines Karzinom ICD-O-M-8401/3
Unter Anlegung strenger Kriterien machen invasive apokrine Karzinome rund 3% aller Mammakarzinome aus. Sie gleichen morphologisch dem Karzinom der kutanen Schweißdrüsen. Entgegen früheren Annahmen haben sie keine günstigere Prognose als invasive duktale Karzinome [127].
10
Histologie. Apokrine Karzinome zeigen ähnliche Wachstumsmuster wie die gewöhnlichen invasiven duktalen Karzinome. Sie unterscheiden sich nur hinsichtlich des zytologischen Erscheinungsbildes. Die Zellen besitzen ein breites, eosinophil granuliertes Zytoplasma und im Vergleich zu normalen duktalen Epithelien bis zu dreifach größere Kerne und oft multiple atypische Nukleolen [99]. Zytologie. Der Ausstrich enthält ausschließlich oder ganz überwiegend apokrine Zellen. Die Kernatypie ist gering [57]. Differentialdiagnose. Da auch invasive duktale Karzinome apokrine Zellen enthalten können, sollte die Diagnose nur gestellt werden, wenn nahezu alle Tumorzellen apokrine Eigenschaften besitzen. Weiter ist vor allem eine fibrozystische Veränderung auszuschließen. In typischen Fällen eines apokrinen Karzinoms fehlen Myoepithelien und die Elemente einer Zyste. Sehr viel schwieriger ist die Abgrenzung gegenüber der seltenen apokrinen Adenose [132]. Hier ist die histologische Untersuchung entscheidend. Zusatzuntersuchungen. In auffallendem Gegensatz zu gut differenzierten duktalen Karzinomen sind apokrine Karzinome überwiegend östrogen- und progesteronrezeptornegativ, aber androgenrezeptorpositiv [99, 127].
Plattenepithelkarzinom ICD-O-M-8070/3
Während Plattenepithelmetaplasien bei verschiedenen Typen des Mammakarzinoms gelegentlich vorkommen, sind reine Plattenepithelkarzinome der Mamma selten [26, 86]. Es handelt sich meist um solide bis zystische, gut begrenzte Tumoren. Makroskopie und Verlauf unterscheiden sich nicht von den übrigen Mammakarzinomen.
Brustdrüse
Der feingewebliche Aufbau unterscheidet sich nicht von Plattenepithelkarzinomen anderer Lokalisation. Zytologie. Zytologisch unterscheidet sich der Tumor nicht von Plattenepithelkarzinomen anderer Organe. Die Diagnose eines Plattenepithelkarzinoms ist mit Vorsicht zu stellen, wenn Lumpektomie und Röntgenbestrahlungen vorausgingen, da dann atypische Plattenepithelien in operativ bedingten traumatischen Epidermiszysten vorkommen können [112]. Differentialdiagnose. Eine Variante des Plattenepithelkarzinoms ist das Spindelzellkarzinom. Die spindelige Zellform täuscht einen mesenchymalen Tumor vor. Die epitheliale Natur ist immunzytochemisch (BerEP4, CK22) leicht zu beweisen.
Mikropapilläres Karzinom ICD-O-M-8507/3
Diese Variante des invasiven duktalen Karzinoms hat die gleiche Altersverteilung wie andere Mammakarzinome, verhält sich jedoch besonders aggressiv. Histologie. Der Tumor zeichnet sich durch ein tubuloalveoläres und pseudopapilläres Wachstum aus. Die stroma freien Papillen ragen frei in die tubulären Lichtungen hinein. Diese Strukturen sind auch in den Metastasen nachweisbar. In etwa der Hälfte der Fälle sind Psammomkörperchen nachweisbar. Das Tumorgewebe ist in vielen Fällen herdförmig massiv von Lymphozyten durchsetzt. In 9 von 10 Fällen bestehen bei Entdeckung bereits Metastasen in den axillären Lymphknoten sowie meist eine Überexpression von Her-2/neu und p53 [105]. Zytologie. Zytologisch findet man einzeln liegende deutlich atypische, selten auch einmal zylindrische Zellen, die sich nicht von Zellen eines invasiven duktalen Karzinoms unterscheiden. Daneben trifft man auf zahlreiche fest gefügte, papilliforme, in sich leicht gebogene und teils ausknospende Zellverbände. Die Zellen überlagern sich innerhalb der Verbände. Die Verbände besitzen keine Bindegewebsachse. Auch zytologisch sind Psammomkörperchen nachweisbar. Der Ausstrichhintergrund ist unauffällig [12, 69, 73, 85]. Differentialdiagnose. Die Form der atypischen Zellverbände und die Psammomkörper passen ebenso gut zu einem serösen Ovarialkarzinom. Die Diagnose eines mikropapillären Mammakarzinoms ist daher nur zu stellen, wenn die Metastase eines Ovarialkarzinoms ausgeschlossen werden kann. Im Unterschied zum mikropapillären Karzinom findet man beim papillären Milchgangskarzi nom im Ausstrichhintergrund Detritus und Makropha-
Invasive Karzinome
gen, und die Karzinomzellen sitzen einem verzweigten fibrovaskulären Gerüst auf.
Intraduktales papilläres Karzinom ICD-O-M-8503/2
Weniger als 20% der papillären Mammatumoren sind maligne. Rund 3% aller Mammakarzinome sind intraduktale papilläre Karzinome. Trotz der Bezeichnung „Karzinom“ handelt es sich um eine nichtinvasive Neoplasie entsprtechend einem DCIS. Zytologie. Kennzeichnend für die maligne Variante des Milchgangspapilloms sind ebenfalls papilläre Zellverbände. Die teils zylindrischen Zellen sitzen palisadenförmig dem fibrovaskulären Bindegewebsgerüst auf. Daneben findet man in lockeren Haufen oder einzeln liegende, wenig bis mäßig atypische Zellen. Die Abgrenzung vom Papillom ist schwierig, wenn Kernkerben und Nukleolenvergrößerung fehlen. Der Ausstrichhintergrund enthält bei beiden Veränderungen Detritus und Schaumzellen [57, 72].
Intrazystisches Karzinom
195
schen 50 und 64 (25–81) Jahren. Hinweise auf eine fami liäre Häufung von Mammakarzinomen bestehen gewöhn lich nicht. Meist ist er in der subareolären Region lokalisiert, eine Sekretion aus der Mamille fehlt jedoch [107]. Histologie. Histologischer Aufbau und zytologisches Bild der Tumoren entsprechen dem der adenoid-zystischen Karzinome der Speicheldrüsen (s. S. 388). Differentialdiagnose. Siehe unter kollagene Sphärulose (s. S. 182). Auch andere, meist von den Speicheldrüsen ausgehende Tumoren wie das mukoepidermoide Karzi nom und das Myoepitheliom kommen gelegentlich in der Mamma vor (s. Kap. 15).
Karzinome mit mesenchymaler Metaplasie In invasiven duktalen Karzinomen wird selten eine chondroide oder osteoide Metaplasie der Stromazellen beobachtet. Die Aspirate enthalten beim Karzinom mit osteo klastenartigen Riesenzellen außer atypischen Epithelien zahlreiche Riesenzellen mit bis zu 50 ovalen, vorwiegend in der Zellmitte liegenden Kernen [115].
Brustkrebs beim Mann
ICD-O-M-8504/2
In nur 0,2–1,3% der Mammazysten werden neoplastische Zellen gefunden. Sie unterscheiden sich hinsichtlich Typenvielfalt und zytologischem Bild bis auf den zystischen Hintergrund nicht von anderen Mammakarzinomen. Da unter Umständen nur Zysteninhalt, aber keine Tumorzellen aspiriert werden, liegt die Rate der Falsch-Negativen nach Literatur zwischen 20 und nahezu 40% [80]. Bei Restverdichtung nach Abpunktion des Zysteninhalts führt die gezielte Repunktion doch noch zur Diagnose. Grobe Chromatinstruktur und Kernvergrößerung von nichtneoplastischen Zystenwandepithelien erschweren die Diagnose. Differentialdiagnose. Ein zystischer Hintergrund findet sich auch beim intraduktalen papillären Karzinom, das nur bei Vorliegen eindeutiger papillärer Verbände mit zentraler Bindegewebsachse diagnostiziert werden sollte.
Adenoid-zystisches Karzinom ICD-O-M-8200/3
Der sonst vorwiegend in den Speicheldrüsen vorkommende Tumor wird selten auch in der Mamma beobachtet. Sein Anteil an allen malignen Mammatumoren liegt bei 0,1%. Das Alter der Patientinnen liegt im Mittel zwi
Mammakarzinome machen nur 1% aller malignen Tumoren des Mannes aus. Man rechnet mit einem Fall auf 100 Mammakarzinome der Frau. Bhagat et al. [15] fanden während 19 Jahren unter 14.000 FNA beider Geschlechter nur 14 Fälle von Brustkrebs bei Männern. Ein möglicher Risikofaktor ist die Östrogentherapie des Prostatakar zinoms. Ein erhöhtes Risiko besteht bei Mutation des BRCA-Gens. Klinik. Das Durchschnittsalter der Patienten liegt bei 65 Jahren. Die Patienten kommen oft mit einem fortgeschrittenen Tumor zur Erstuntersuchung. Die Zeitverzögerung ab Manifestation bis zur Diagnose ist länger, die Prognose entsprechend schlechter als bei Frauen. Histologie. Wesentliche Unterschiede zum Mammakarzinom der Frau bestehen nicht. Eine auch beim Mann seltene Variante ist das papilläre Karzinom [68]. Zytologie. Es gelten dieselben Kriterien wie beim Brustkrebs der Frau. Im Gegensatz zur Gynäkomastie sind die Ausstriche meist zellreich. Die Zellen liegen einzeln oder in diskohäsiven Verbänden. Die Kern-Plasma-Relation ist erhöht. Gelegentlich enthält das Zytoplasma Schleimvakuolen [119]. Beim papillären Karzinom findet man dreidimensionale Zellhaufen, teils mit einer feinen fibro-
196
Kapitel 10
Brustdrüse
vaskulären Bindegewebsachse. Die Zellen sind teils zylindrisch. Kern- und Nukleolenatypie entsprechen denjenigen anderer Mammakarzinome [68]. Differentialdiagnose. Ein nicht unerheblicher Anteil von Karzinomen in der männlichen Brust sind allerdings Metastasen von Karzinomen der Lunge, malignen Melanomen und Prostatakarzinomen [128]. Für die Therapie ist insbesondere die Unterscheidung zwischen Primärtumor der Brustdrüse und der Metastase wichtig [51, 79]. Sie gelingt immunzytochemisch durch den Nachweis von saurer Prostataphosphatase und von prostataspezifischem Antigen (PSA). Abb. 10.18 Östrogenrezeptorpositive Zellekerne eines invasiven duktalen Karzinoms (FNA, ABC, 330×)
Zusatzuntersuchungen beim Mammakarzinom Bestimmung der Steroidhormonrezeptoren
10
Karzinome weisen bei prämenopausalen Frauen in 50– 60% Östrogenrezeptoren (ER) auf, bei postmenopausalen in 70–80%. Der mittlere Rezeptorgehalt ist bei postmenopausalen mehr als 3-mal höher als bei prämenopausalen Frauen. Die Bestimmung des Rezeptorstatus liefert bei Karzinomen die Grundlage für eine endokrine Therapie. Außerdem ist der Rezeptorstatus ein wichtiger Prognoseparameter. Rezeptorpositive Tumoren sind meist gut differenziert und weisen eine niedrigere Proliferationsrate auf (Ki-67, S-Phasen-Fraktion). So sind tubuläre, papilläre und muzinöse Karzinome meist rezeptorpositiv, medulläre und intraduktale vom Komedotyp meist rezeptornegativ. ER-negative Karzinome haben größere Zellkerne mit einem höheren DNA-Gehalt und ein deutlich stärker kondensiertes Chromatin als ER-positive. Hohes Tumorgrading ist häufig mit negativem Rezeptorstatus assoziiert. Die immunzytochemische Bestimmung des ER und PR auf Abklatsch- oder FNA-Präparaten ist methodisch ausgereift (Abb. 10.18). Die Immunreaktion wird licht mikroskopisch ausgewertet. Analog zur Histologie sollte der Prozentsatz positiver Tumorzellen an allen Zellen angegeben werden [5, 9, 24, 59, 96].
Bildanalytische Verfahren Die für die zytologische Diagnose ausschlaggebende Kern atypie ist bei manchen Mammakarzinomen so wenig ausgeprägt, dass auch der Erfahrene nicht über eine Verdachtsdiagnose hinaus gelangt. In derartigen Fällen sind Kohäsivität und Struktur der Zellverbände wichtige Zusatzkriterien. Die wichtigsten Indikationen für morpho metrische Untersuchungen sind: • Differenzierung zwischen benignen und malignen Läsionen: Dazu werden Kerngröße, Kernform und Kern-
Progesteronrezeptor Bruchuskarzinom
dichte in Kombination mit einer densitometrischen DNA-Messung bestimmt [46]. Die Zellverbände lassen sich als zweidimensionale Fraktale darstellen und ihre strukturellen Eigenschaften mittels computerge stützter Bildanalyse objektivieren [137]. • Bestimmung prognostischer Parameter: Neben Tumorgröße, Lymphknotenstatus und Mitoseindex sind auch die Größe und integrierte optische Dichte der Tumorzellkerne sowie die Nukleolenfläche prognoserelevant [8].
DNA-Messungen Die mittels statischer Zytophotometrie an zytologischen Präparaten bestimmte DNA-Ploidie gilt als wichtiger Prognoseparameter des Mammakarzinoms (Übersicht s. [44]). Der Anteil diploider Mammakarzinome liegt in unselektierten Kollektiven zwischen 20–40%, jener der aneuploiden bei 60–80%. Eine verfeinerte Aussage ist durch eine Einteilung in Ploidiegruppen [6] oder durch ein DNA-Grading [16] möglich. Diploide Mammakarzinome haben eine niedrige Rezidivrate, ein längeres rezidivfreies Intervall und eine längere Überlebenszeit als aneuploide. Aneuploide Tumoren sind meist weniger gut differenziert, häufiger rezeptornegativ und gehören in die hochmaligne Gruppe nach Bloom und Richardson. Dagegen ist der DNA-Gehalt nicht mit dem klinischen Tumorstadium korreliert [47].
Analyse der Zellproliferation S-Phasen-Fraktion und Ki-67-Index gehören neben dem TNM-Stadium zu den wichtigsten unabhängigen Prognosefaktoren des Mammakarzinoms [44]). Die Ki-67Fraktion ist mit hohem histologischem Grading, hoher
Sarkome
S-Phasen-Fraktion, Thymidin-Einbaurate und fehlender Rezeptorexpression korreliert. Der epidermale Wachstumsfaktor („epidermal growth factor“, EGF) ist ein Polypeptid, dessen Aktivierung die Proliferation epithelialer und mesenchymaler Gewebe anregt. Seine Wirkung wird durch einen Membranrezeptor (EGFR) vermittelt. Der EGFR wird an Zellmembranpräparaten aus Gewebehomogenaten mit einem RIA oder mit Hilfe eines monoklonalen Antikörpers gegen EGFR bestimmt. Etwa 30–50% der Mammakarzinome sind EGFR-positiv. Der Einsatz für die Voraussage der Prognose wird aber noch diskutiert. Nucleolar Organizer Regions (NOR): Die Zahl der NOR ist im Karzinomgewebe signifikant höher als in benignen Läsionen der Brust.
Molekularbiologie Der für die Behandlung fortgeschrittener Mammakarzinome wichtige Nachweis einer Her-2/neu-Amplifikation lässt sich an Feinnadelpunktaten zwar auch immunzytochemisch führen [98], einfacher und aussagekräftiger ist jedoch die Untersuchung mittels FISH [13, 71].
197
Lymphom ICD-O-M-9590/3
Primäre (extranodale) maligne Lymphome machen nur 0,05–0,5% aller malignen Tumoren der Brust aus (Abb. 10.19). Ein Lymphom gilt nur dann als primäres malignes Lymphom der Mamma, wenn es sich ausschließlich oder hauptsächlich in der Brust manifestiert und anamnestische Hinweise auf ein primär nodales Lymphom vergleichbaren histologischen Typs fehlen. Zwei Manifestationstypen werden unterschieden: • Bilateraler Typ: Der Tumor entspricht histologisch einem lymphoblastischen oder Burkitt-Lymphom und infiltriert diffus beide Brüste. Er scheint nur in Südeuropa und Afrika vorzukommen und befällt schwan gere oder laktierende Frauen. Der Verlauf ist rasch tödlich. • Unilateraler Typ: Einseitige Lymphome treten im Unterschied zu den bilateralen bei älteren Frauen auf. Der Verlauf ist variabel und hängt vom Stadium und histologischen Grad ab. Es handelt sich um B-ZellLymphome, die von dem MALT („mucosa-associated lymphatic tissue“) ausgehen. Oft handelt es sich um großzellige Marginalzonen- und Keimzentrums-BZell-Lymphome. Die Lymphome werden einer primä ren Chemotherapie zugeführt.
Sarkome ICD-O-M-8800/3
Von mesenchymalem Gewebe ausgehende Mammatumoren machen nur 0,2–1% aller Tumoren der Brust aus. Am häufigsten ist das pleomorphe Sarkom (früher „malignes fibröses Histiozytom, MFH), gefolgt vom Liposarkom und Fibrosarkom. Das pleomorphe Sarkom stellt in der Mamma mitunter eine Spätkomplikation der Strahlentherapie dar. Extrem selten sind Angiosarkome, Myxosarkome, Stromasarkome, Leiomyosarkome, hellzellige („clear cell“), neurogene und alveolarzellige Sarkome [105, 111]. Die Sarkome haben im Vergleich zu Karzinomen eine besonders schlechte Prognose.
a
Klinik. Mammasarkome imponieren als ungewöhnlich große Knoten. Im Gegensatz zum Karzinom ist die Haut über dem Tumor selten eingezogen oder mit dem Tumor verbacken. „Peau d‘orange“ oder Ödeme fehlen. Der mammographische Befund ist uncharakteristisch. Meist stellen sie sich als große, polyzyklische, glattrandige Knoten mit bizarrer Innenstruktur und Verkalkungen dar. Histologie. Histologisch wird das gesamte Spektrum der von anderen Lokalisationen bekannten Weichteilsarkome angetroffen. Zytologie. Siehe Kapitel Weichteilsarkome (Kapitel 27).
b Abb. 10.19 Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom. a In FNA (PapF, 330×); b CD45- und CD20-positiv (ABC, 330×)
198
Kapitel 10
Maligne Lymphome werden im Gegensatz zu Mammakarzinomen einer primären Chemotherapie zugeführt. Um zur Diagnose zu kommen, ist daher eine histologische Untersuchung nicht notwendig, sofern es gelingt, das Lymphom mittels FNA plus Durchflusszytometrie (FACS) zu typisieren [81] (s. Kap. 24). Die korrekte zytologische Diagnose des Lymphoms hilft, eine unnötige Brustamputation zu vermeiden. Differentialdiagnose. Manche Lymphome können ein invasives lobuläres oder auch ein medulläres Karzinom vortäuschen. Zu bedenken ist, dass Lymphome selten einmal östrogenrezeptorpositiv sein können [64].
Metastasen
10
Nach klinischen Studien sind 0,4–2,0% aller malignen Mammatumoren Metastasen, in Autopsieserien ca. 5%. Zu etwa 70% sind Frauen unter 50 Jahren und nur in 5% Männer betroffen, möglicherweise weil die Brust prämenopausaler Frauen stärker vaskularisiert ist. Die Prognose ist besonders ungünstig. Die Überlebenszeit beträgt nach Feststellung der Metastase durchschnittlich nur zwei Jahre. Bei jungen Patienten unter 20 Jahren sind maligne Tumoren meist Metastasen, vorwiegend eines Rhabdomyosarkoms oder eines hämatologischen Tumors. Bei Erwachsenen handelt es sich hauptsächlich um Metastasen eines kontralateralen Mammakarzinoms. Die häufigsten extramammären Primärtumoren sind ebenfalls hämatologische Tumoren, gefolgt vom malignen Melanom, kleinzelligem Bronchuskarzinom, Siegelrinzellkarzinom des Magens und Nierenzellkarzinom. Extrem selten metastasiert ein Leiomyosarkom, Plasmozytom, hepatozelluläres Karzinom oder Chorionkarzinom in die Mamma. Bei hochmalignen kleinzelligen Karzinomen ist zu bedenken, dass sie wie Karzinoide selten einmal primär von der Mamma ausgehen können. Beim Mann ist die Prostata der häufigste Sitz des Primärtumors [35, 53, 117]. Klinik. Metastasen der Mamma sind gut beweglich und abgegrenzt, fest und rund, ohne Beziehung zur Haut. In der Mammographie erscheinen sie als runde, umschriebene Knoten, die leicht mit gutartigen Zysten und Fibroadenomen verwechselt werden. Größere Metastasen präsentieren sich klinisch wie medulläre Karzinome. Bei Mammaverdichtungen von Leukämiepatientinnen ist an ein leukämisches Infiltrat zu denken. Metastasen werden lediglich exzidiert und eine Chemotherapie angeschlossen. Die zytologische Diagnose des möglichen Primärsitzes trägt zur Vermeidung unnötiger Mammaamputa tionen bei.
Brustdrüse
Zytologie. Die Metastasen zeigen die zytologischen Merkmale des Primärtumors. An eine Metastase muss bei einem für Mammakarzinome ungewöhnlichen Zellbild gedacht werden, so bei hellem Zytoplasma, intrazytoplasmatischem Pigment, undifferenzierten kleinen Zellen oder atypischen Zellen des hämatopoietischen Systems. Bei bekanntem Primärtumor ist zu prüfen, ob das zytologische Bild zu dem angegebenen Tumor passt. Immunzytochemische Untersuchungen helfen differen tialdiagnostisch oft weiter.
Treffsicherheit der FNA Die Treffsicherheit der zytologischen Mammadiagnostik ist hoch (Tabelle 10.6). Falsch-positive Diagnosen sind selten (0,01%). Die Rate falsch-negativer Fälle liegt je nach Studie zwischen 1,9 und 19% (durchschnittlich 15%), von denen bei Karzinomen etwa 5% durch Interpretationsfehler entstehen. Die Treffsicherheit hängt von der Punktionstechnik, dem feingeweblichen Aufbau sowie der Größe der Läsion ab: Auf die Bedeutung der korrekten Punktionstechnik wurde bereits hingewiesen. Der Anteil technisch unbefriedigender Punktate beträgt bei erfahrenen Untersuchern 10% und kann bei weniger erfahrenen bis zu 45% betragen [77]. Umstritten ist, wann ein Punktat als technisch unzureichend zu bewerten ist. Denn der Zellgehalt eines Aspirats hängt nicht nur vom technischen Können des Untersuchers ab, sondern auch von der Zusammensetzung der punktierten Läsion. So ist man gut beraten, nur dann eine definitive Diagnose zu stellen, wenn eine bestimmte Anzahl von Zellen nicht unterschritten wird [2, 41]. In einer retrospektiven Untersuchung waren 1204 (91%) von 1318 Feinnadelaspiraten aus primären MamTabelle 10.6 Sensitivität und Spezifität der FNA in der Mamma zytologie Autor
Fallzahl [n]
Sensitivität [%]
Spezifität [%]
Wollenberg [135]
315
65,0
100
Eisenberg [42]
1874
84,0
97,0
Hammond [58]
678
94,0
98,0
Silvermann [120]
215
82,2
98,8
Palombini [101]
1956
95,7
89,6
Wilkinson [134]
240
79,4
100
Feichter [46]
1472
89,9
99,3
Siddiqui [119]
14026
95,3
100
Literatur
199
Tabelle 10.7 Ergebnisse der FNA-Zytologie in Abhängigkeit vom histologischen Typ des Karzinoms. (Nach [75]) Histologischer Typ
Positiv
Suspekt
Benigne
Zellarm
n
%
n
%
n
%
n
%
Invasiv duktal
820
73,2
120
10,7
66
5,9
11
10,2
Muzinös
24
92,4
1
3,8
1
3,8
0
–
Medullär
9
75,0
3
25,0
0
–
0
–
Tubulär
21
42,9
13
26,5
9
18,4
6
12,2
Invasiv lobulär
21
34,4
16
26,3
7
11,5
17
27,8
Intraduktal
11
29,7
11
29,7
7
19,0
8
21,6
makarzinomen auswertbar, von diesen wurde in 76% eine sichere Karzinomdiagnose und in 14% eine Verdachtsdiagnose und in 9% eine falsch-negative Diagnose gestellt. Mit 92% wurden muzinöse Karzinome am häufigsten zutreffend klassifiziert, medulläre Karzinome in 75%, tubuläre dagegen in 43% und invasive lobuläre nur in 34%. Der höchste Anteil an falsch negativen Befunden ergab sich bei den tubulären (18%), der höchste Anteil „supekter“ Befunde bei den invasiven lobulären Karzinomen (26%). Bei Letzteren waren mit 28% die Aspirate am häufigsten azellulär [75]. Etwa 10% aller Mammakarzinome haben histologische Eigenschaften, die einer erfolgreichen Zytodiagnostik entgegenstehen. Zu den wichtigsten Ursachen gehören eine gering ausgeprägte Kernatypie bei gut differenzierten Karzinomen und eine Sklerose des Stromas. Aus bindegewebsreichen, sklerosierten Tumorknoten lassen sich weniger Zellen gewinnen als aus stromaarmen. Die Zellausbeute und die Rate korrekter zytologischer Diagnosen wird folglich auch vom histologischen Typ des Tumors wesentlich beeinflusst [42, 46, 75] (s. Tabelle 10.7). Muzinöse und medulläre Karzinome ergeben häufig zellreiche Aspirate und werden deshalb zytologisch meistens richtig diagnostiziert, die gut differenzierten tubulären und die stromareichen invasiven lobularen und duktalen Karzinome dagegen nur in 30–40% [75]. Treffsicherheit der Sekretzytologie: Von allen Fällen mit pathologischer Milchsekretion sind 5% Karzinome. Von ihnen werden aber nur 60% durch die Sekretzytologie entdeckt. Die niedrige Zahl der im Mamillensekret nachgewiesenen Mammakarzinome wird damit erklärt, dass die Tumoren keinen Anschluss an einen größeren Milchgang haben.
Literatur 1.
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Kapitel 11
Männliches Genitale
11
Inhalt Prostata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
Unspezifische chronische Prostatitis . . . . . . . . .
211
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
Granulomatöse Prostatitis . . . . . . . . . . . . . . .
211
Anatomie und Histologie . . . . . . . . . . . . . . . . 206
Benigne Prostatahyperplasie (BPH) . . . . . . . . .
212
Klinische Untersuchungsmethoden . . . . . . . . . . 207
Neoplastische Vorläuferläsionen . . . . . . . . . . . . 213
Palpation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
207
Intraepitheliale Neoplasie der Prostata (PIN) . . . .
213
Prostataspezifisches Antigen (PSA) . . . . . . . . . .
207
Atypische Adenomatöse Hyperplasie (AAH, Adenose) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
213
Ultraschall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
207
Transrektale Stanzbiopsie . . . . . . . . . . . . . . .
207
Transurethrale Resektion (TUR) . . . . . . . . . . .
208
Prostatamassage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
208
Feinnadelaspiration (FNA) . . . . . . . . . . . . . .
208
Zytologischer Normalbefund . . . . . . . . . . . . . . 209 Prostataepithelien . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
209
Andere Epithelien . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
209
Reaktive und degenerative Veränderungen . . . . . . 210
Maligne Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Karzinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
214
Sarkome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
217
Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
217
Therapiefolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Stellenwert der Prostatazytologie . . . . . . . . . . . . 218 Hoden und Nebenhoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Anatomie und Histologie . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Physiologische Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
Atrophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
210
Lipofuszinose und Melanose . . . . . . . . . . . . .
210
Störung der Spermiogenese . . . . . . . . . . . . . .
219
Plattenepithelmetaplasie . . . . . . . . . . . . . . .
210
Hämatospermie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
220
Basalzellhyperplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
210
Spermatozele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
220
Prostatainfarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
210
Hydrocele testis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
220
Malakoplakie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
210
Dysontogenetische Zysten . . . . . . . . . . . . . . .
221
Entzündliche Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . 210 Akute Prostatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
211
Nichtneoplastische Veränderungen . . . . . . . . . . 219
Neoplastische Veränderungen . . . . . . . . . . . . . 221 Sertoli-Zell-Tumor . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
221
0
Kapitel 11
Männliches Genitale
Leydig-Zell-Tumor (ICD-O-M 8631/0) . . . . . . . 222
Penis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
Seminom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
Kondylome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
Embryonales Karzinom (ICD-O-M-9070/3) . . . . 223
Maligne Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
Chorionkarzinom (ICD-O-M-9100/3) . . . . . . . . 223
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
Dottersacktumor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
Prostata Einleitung
11
Das Interesse an Erkrankungen der Prostata hat in den letzten beiden Jahrzehnten stark zugenommen. Die Verbesserung der bildgebenden Verfahren und, Hand in Hand damit, die Verfeinerung der Biopsietechnik trugen dazu bei. Gegenwärtig sieht es so aus, als habe die „Spring-gun-Biopsie“, mit der es gelingt, ohne wesentliche Beeinträchtigung des Patienten in der gleichen Sitzung mehrere Biopsiezylinder zu gewinnen, die Feinnadelaspiration verdrängt [57]. Doch erlauben die neuen Techniken auch eine Gewinnung zytologischen Untersuchungsmaterials, das maximal innerhalb von ein bis zwei Stunden diagnostisch ausgewertet werden kann. Bei der gegenwärtigen Tendenz, die medizinischen Abklärungsuntersuchungen immer mehr zu beschleunigen, ist es nicht ausgeschlossen, dass die zytologische Untersuchung von Prostataaspiraten wieder an Boden gewinnt. In der Metastasendiagnostik wird die Zytologie weiter ihren Platz behalten [5, 72, 105]. Daher ist es nach wie vor wichtig, die Zytologie des Prostatakarzinoms zu kennen.
Anatomie. Die Prostata des 20- bis 40-jährigen Mannes ist etwa kastaniengroß und wiegt 18–20 g. Sie befindet sich vor dem Rektum am Blasengrund, wo sie den Blasenhals und die Harnröhre (Pars prostatica urethrae) umschließt. Vom Rektum ist sie nur durch eine dünne Weichteillamelle (Denonvilliers-Faszie) getrennt und daher bei rektaler Untersuchung gut zu tasten. Die Gänge der Prostatadrüsen und die Ductus ejaculatorii münden in die Pars prostatica der Urethra. Der größte Teil der Prostataoberfläche ist von einer kapselartigen fibromuskulären Gewebsschicht eingeschlossen. Unter funktionellen Gesichtspunkten wird die Prostata in drei Zonen unterteilt: • die periphere Zone, die etwa 70% der Drüsenmasse umfasst; sie ist am häufigsten von allen Zonen von Entzündungen befallen, und hier entstehen die meisten Karzinome; • die zentrale Zone, die etwa 25% der Drüsenmasse ausmacht; sie ist weitgehend resistent gegen die Entwicklung von Entzündungen und Karzinomen; • die Übergangszone; diese kleinste der drei Zonen besteht aus Drüsen, die aus periurethralen Divertikeln hervorgegangen sind, und ist hauptsächlich Ursprungsort der myoglandulären Prostatahyperplasie (Abb. 11.1).
Anatomie und Histologie Die Prostata ist eine exokrine Drüse. Das Drüsengewebe ist in ein fibromuskuläres Stroma eingebettet. Epitheliale und nichtepitheliale Gewebskomponenten bilden eine funktionelle Einheit. Das Sekret akkumuliert allmählich und wird bei der Ejakulation durch Stromakontraktion rasch freigegeben und dem Sperma beigemischt. Sekretionstätigkeit und Zellersatz der Drüse sind strikt androgenabhängig. Wachstum und Funktion werden durch Östrogen und insbesondere Dihydrotachysteron (DHT) stimuliert. DHT wird unter dem Einfluss von 5-α-Reduktase aus Testosteron gebildet. Die Reduktase ihrerseits wird durch Östrogen aktiviert und durch Rückkopplung an den Testosteronspiegel gehemmt.
Abb. 11.1 Anatomie der Prostata von vorn und seitlich (nach McNeal). CZ zentrale Zone; PZ periphere Zone; TZ transitionale (Übergangs-)Zone
Prostata
Von McNeal wird als 4. Zone noch das anteriore fibromuskuläre Stroma im proximalen Bereich der Pars prostatica der Urethra unterschieden [59, 60]. Histologie. Die Prostata besteht aus 30–50 verzweigten tubuloalveolären Drüsen, die in ein dichtes faseriges, an glatten Muskelfasern reiches Stroma eingebettet sind. Mit Ausnahme der urethranahen Abschnitte sind die Drüsengänge von gleichförmigen kubischen bis zylindrischen Zellen ausgekleidet. Zwischen diesen liegen ganz vereinzelt neuroendokrine Zellen. An der Basis des sekretorischen Epithels befinden sich die Basal- oder Reservezellen, die basalzellspezifische hochmolekulare Zytokeratine (34βE12) exprimieren [103]. Die sekretorischen Hauptzellen steuern eine Vielzahl von Stoffen zur Samenflüssigkeit bei. Sie unterscheiden sich von anderen Drüsenepithelien durch die Produktion von prostataspezifischem Antigen (PSA) und saurer Prostataphosphatase (SPP). Das Stroma besteht aus einem dichten Geflecht von glatten Muskelfasern und enthält Kapillaren, Bindegewebszellen und Nervenfasern. Die Lymphbahnen begleiten im Kapselbereich u. a. die peripheren Nerven und drainieren überwiegend in die iliakalen und paraaortalen, teilweise auch in die inguinalen Lymphknoten.
Klinische Untersuchungsmethoden Palpation Die wichtigste Untersuchungsmethode ist die rektale Tastuntersuchung. Sie ist bei gesunder Prostata nicht schmerzhaft. Die Prostata erscheint fest, aber nicht hart, ihre Oberfläche glatt. Bei Karzinomen tastet man dagegen derbe Knoten. Fortgeschrittene Karzinome lassen sich sehr zuverlässig, Frühkarzinome aber nur in 25% mittels Palpation erkennen [19, 62]. Auch wird das Stadium der Karzinome oft zu niedrig eingestuft.
Prostataspezifisches Antigen (PSA) Das PSA im Serum ist der wichtigste biochemische Marker des Prostatakarzinoms. Die Normalwerte liegen unter 4 μg/l (ng/ml). Doch führt jede Art der Zellschädigung zu erhöhten Werten. Erhöhte PSA-Spiegel werden daher auch bei Prostatitis, Prostatainfarkt, benigner Hyperplasie und vorübergehend nach Biopsien beobachtet. Trotzdem werden regelmäßige Bestimmungen des PSA als Suchtest bei über 40-Jährigen mit erhöhtem familiärem Prostatakarzinomrisiko und bei Männern über 50 Jahren empfohlen [62, 68, 104]. Bei Karzinomen besteht ein statistischer Zusammenhang zwischen klinischem Befund, histologischem Gra-
207
ding und Höhe der PSA-Werte. Die sog. Partin-Tabelle [71] ermöglicht dem Urologen durch Kombination dieser Parameter eine präoperative Voraussage des pathologischen Tumorstadiums (pTN). PSA im Serum ist außerdem ein wertvoller Frühparameter zum Nachweis von Rezidiven oder Metastasen des Prostatakarzinoms nach operativer oder antiandrogener Behandlung.
Ultraschall Die Ultraschalluntersuchung erfolgt bevorzugt transrektal, manchmal suprapubisch. Sie ermöglicht eine Beurteilung von Prostata, Blasenhals und Samenblasen und ist auch zur Bestimmung von Restharnmengen geeignet. Das Ultraschallbild der normalen Prostata ist in der Jugend dreieckig, im Alter halbmondförmig, bei Adenomen eher rund. Das Prostatagewebe erscheint je nach Überwiegen der drüsigen oder der fibromuskulären Komponente echoreicher oder echoärmer. Durch die Kombination der Schnittbilder werden Volumen und Gewicht des Organs berechnet. Doch sind die sonographischen Bilder bei den verschiedenen Prostataerkrankungen oft uncharakteristisch, so dass sie nie allein für sich, sondern nur in Zusammenhang mit dem Pal pationsbefund interpretiert werden. Bei jeder Unregel mäßigkeit im Ultraschallbild ist eine Wiederholung der Untersuchung oder eine zytologische oder bioptische Untersuchung angezeigt. Andere bildgebende Verfahren sind in der Prostatadiagnostik von untergeordneter Bedeutung. Die CT-gesteuerte FNA eignet sich zur Punk tion kleiner oder palpatorisch unklarer Läsionen.
Transrektale Stanzbiopsie Die Biopsieentnahme erfolgt heute meist transrektal und ultraschallkontrolliert mit einer automatischen Biopsiepistole („spring-loaded biopsy gun“, „Biopsy Gun“), die dünne Biopsiezylinder liefert (Durchmesser 1,2 mm, Gauge 18). Dabei können in einer Sitzung mehrere Biopsien aus unterschiedlichen Arealen entnommen werden. Im Gegensatz zu der früher angewendeten Biopsie mit der TruCut-Nadel (Gauge 14) ist die transrektale Stanzbiopsie mittels „Biopsy Gun“ ähnlich komplikationsarm wie die FNA und für den Patienten wenig belastend [47, 79]. Komplikationen wie Infektionen und Blutungen hängen vor allem von der Dicke der Kanüle ab. Mit einer Verschleppung von Tumorzellen in den Stichkanal war bei Tru-Cut-Nadeln in 0,3%, mit Metastasen im Stichkanal in 0,1% der Fälle zu rechnen [81]. Auch die „Biopsy-GunBiopsie“ birgt diese Gefahr [9]. Nach der Spring-gun-Biopsie tritt bei 25% der Patienten PSA kontinuierlich über
208
Kapitel 11
einen längeren Zeitraum in die Blutbahn über, wo es beträchtliche Spitzenwerte erreicht [108].
Transurethrale Resektion (TUR) Über ein Spezialgerät (Resektoskop) wird Prostatagewebe entweder mit einer erhitzten Drahtschlinge (Elektroresektion) oder mit einem ringförmigen Messer (Stanz resektion, „cold punch“) durch die Harnröhre stückweise abgetragen. Sie wird hauptsächlich zur Therapie der benignen Hyperplasie eingesetzt. Die Gewebeschnitzel werden zum Ausschluss eines Karzinoms histologisch untersucht. Nach der TUR kommt es zu einer reparativen Entzündung, die bis zum Abschluss der Epithelialisierung der Prostataloge zu einer ständigen Leukozyturie führt, aber nicht als behandlungsbedürftige Komplikation aufzufassen ist.
11
Prostatamassage Die Methode wird in der Entzündungsdiagnostik zur Gewinnung von Prostatasekret angewendet. Prostata und Samenblasen werden von rektal mit dem palpie renden Finger von peripher harnröhrenwärts massiert und ausgepresst. Der Flüssigkeitsgewinn wird gesteigert, wenn sich die Patienten einige Tage vor der Untersuchung sexueller Aktivität enthalten. Die Flüssigkeit lässt man von der Urethralmündung direkt auf einen Objektträger tropfen. Sie wird in üblicher Weise mit einem zweiten Objektträger ausgestrichen und je nach bevorzugter Färbemethode feucht oder durch Trocknung fixiert.
Feinnadelaspiration (FNA) Die FNA der Prostata wurde zuerst von Ferguson [34] beschrieben, fand aber erst durch die Arbeiten von Franzén [35] und seiner Mitarbeiter [109] größere Verbreitung. Vor der Einführung der automatischen Biopsiepistole wurde sie über Skandinavien hinaus in der Praxis vieler Urologen regelmäßig eingesetzt. Doch scheiterte ihre Anwendung häufig am Mangel von qualifiziertem Personal [2]. FNA und Stanzbiopsie werden vielerorts als gleichwertige diagnostische Verfahren angesehen [57, 70]. Welche Methode gewählt wird, hängt weitgehend von der Ausbildung und Übung des Urologen ab. Ein Urologe liefert erst nach etwa 100 Punktionen Proben hoher Qualität. Dies dürfte der Hauptgrund sein, weshalb die meisten Urologen die Spring-gun-Biopsie der FNA vorziehen, ob-
Männliches Genitale
wohl die Aussagekraft beider Untersuchungen gleichwertig ist und die Kosten der ultraschallgesteuerten Biopsie hoch sind [74]. Damit soll nicht verkannt werden, dass sich die neueren Einsichten in das biologische Verhalten des Prostatakarzinoms im Wesentlichen an histologischem Untersuchungsmaterial gewonnen wurden [20]. Doch aus Kostengründen betrachten noch immer einige Urologen die FNA wegen der geringen Belastung des Patienten und der Möglichkeit, sie jederzeit zu wiederholen, als die Methode der Wahl in Diagnose und Nachsorge des Prostatakarzinoms [32, 74]. Möglicherweise lässt sich durch kombinierte Anwendung von FNA und Stanzbiopsie die Trefferrate des Prostatakarzinoms verbessern [40, 50, 54]. Indikation. In erster Linie werden alle auffälligen Tastbefunde wie Knoten und Verhärtungen der Prostata punktiert. Kontraindikationen sind Blutgerinnungsstörungen und akute Entzündungen. Technik. Das Instrumentarium besteht aus Punktionskanüle, Nadelführer, Spritze und Spritzenhalter. Der Nadelführer ist ein langes, schmales Rohr, das an dem Zeigefinger der palpierenden Hand durch eine Schlaufe befestigt ist und durch das die Punktionskanüle geschoben wird, während der Zeigefinger auf die zu punktierende Stelle der Prostata deutet. Das als Schiene wirkende Führungsrohr stellt sicher, dass die vorgeschobene Kanüle den Knoten unter dem tastenden Finger trifft (Abb. 11.2). Die Kanüle ist besonders lang und dünn (Gauge 22). Der Spritzenhalter ist so konstruiert, dass der Kolben mit einer Hand allein zurückgezogen werden kann. Die Punktion wird in folgenden Schritten durchgeführt: Das Führungsrohr wird in die linke Hand genommen und der dafür vorgesehenen Ring auf den rechten Zeigefinger aufgesetzt. Die Kanüle wird mit aufgesetzter Spritze durch das Führungsrohr in die Prostata vorgeschoben. Die linke Hand zieht den Spritzenkolben zurück, um Zellen zu aspirieren. Die Punktionskanüle wird nach vorheriger Entlastung des Soges entfernt. Die weiteren Schritte sind ansonsten dieselben wie bei allen anderen Feinnadelaspirationen. Eine Anästhesie ist nicht notwendig. Besonders zu beachten ist, dass der aspirierte Nadelinhalt innerhalb von Sekunden ausgestrichen und fixiert werden muss, wenn anschließend nach Papanicolaou gefärbt werden soll. Komplikationen. Selten kommt es durch die Punktion zu kleinen, lokal begrenzten Hämatomen, Epididymitis, Hämatospermie und Fieber. In wenigen Einzelfällen wurden lebensbedrohliche septische Zustände nach Punktion einer entzündlich veränderten Prostata beobachtet [109]. Deshalb ist die Punktion der akut entzündlich erkrankten Prostata auf jeden Fall zu vermeiden. Implantationsmetastasen nach der FNA von Prostatakarzinomen sind extrem selten [46, 55].
Prostata
209
Abb. 11.2 Darstellung der transrektalen Feinnadelaspiration. (Nach Franzén [24])
Zytologischer Normalbefund Prostataepithelien Die Epithelien der Prostatadrüsen sind kubisch bis angedeutet zylindrisch, nie hoch prismatisch. Durch den Aspirationssog werden sie in ganzen Fetzen von der Basalmembran losgelöst. Dank ihrer ausgeprägten Kohäsivität liegen sie in mäßig großen plattenförmigen Verbänden und nur selten einzeln im Ausstrich (Abb. 11.3). In den Verbänden erscheinen sie wabenähnlich angeordnet. Die Kernabstände sind innerhalb der Verbände völlig regelmäßig, die Zellgrenzen meist gut zu erkennen. Die Kerne zeigen ein feines Chromatinmuster, die Nukleolen sind klein und in der Regel nicht erkennbar. Das Zytoplasma ist feingranulär bis feinvakuolär und fast transparent. In der MGG-Färbung gelangen die kleinen eosinophilen Granula besonders gut zur Darstellung.
Andere Epithelien In der FNA kommen hin und wieder zylindrische und urothelähnliche Zellen vor, die Epithelien aus den Paraurethraldrüsen entsprechen. Sie sind selten, weil in der Regel nur die Außendrüse punktiert wird. Häufiger sind schleimbildende Zylinderzellen der Rektumschleimhaut. Sie liegen meist in kleinen Rosetten und sind leicht an der apikalen Schleimbildung zu erkennen (s. Abb. 16.6). Im Ausstrichhintergrund finden sich oft gleichzeitig Plat-
Abb. 11.3 Unveränderte Prostataepithelien. Zellen wabenartig im Zellverband angeordnet, Zellgrenzen der unregelmäßig fünf- oder sechseckigen Zellen gut zu erkennen (PapF, 525×)
tenepithelien, Bakterien und Kotbestandteile. Schließlich trifft man nicht selten auf Corpora amylacea, rundliche oder ovoide, geschichtete Körperchen mit einem Durchmesser von 100–200 µm; sie ähneln den in der Lunge vorkommenden (s. Abb. 13.16). Sie stellen Kondensate des Prostatasekrets dar, können verkalken (Prostatasteine) und kommen möglicherweise als Folge eines Sekretstaus vor allem bei benigner Prostatahyperplasie und Prostatitis vor. Neuroendokrine Zellen lassen sich zytologisch ohne Spezialfärbung nicht nachweisen. Häufig werden Samenblasenepithelien aspiriert. Sie liegen einzeln oder in kleinen Gruppen und besitzen polymorphe und unterschiedlich große Kerne mit manchmal erkennbaren
210
Kapitel 11
Männliches Genitale
plastischen Epithelien des Bronchialsystems. Ihre Kerne sind feingranulär, das Zytoplasma kann deutlich keratinisiert sein.
Basalzellhyperplasie
Abb. 11.4 Samenblasenepithelien. M, 65 J., Mehrkernigkeit, abnorme Riesenkerne (Tupfpräparat von Autopsiematerial, Aufnahme: Prof. Dr. H.A. Müller/Würzburg, HE, 1500×)
11
Nukleolen. Im Unterschied zu neoplastischen Zellen enthält ihr Zytoplasma meist Lipofuszingranula [66] (Abb. 11.4).
Reaktive und degenerative Veränderungen Atrophie Bei über 70-jährigen Männern und bei jüngeren Männern, die an einer konsumierenden Krankheit leiden, atrophiert das Prostatagewebe infolge verminderter Androgensynthese. Die atrophischen Drüsen sind zystisch erweitert und werden von einem abgeflachten Epithel ausgekleidet. Da die atrophische Prostata nicht punktiert wird, fehlen entsprechende zytologische Beschreibungen.
Lipofuszinose und Melanose Pigmentbeladene Zellen kommen sowohl im Prostatastroma als auch im Drüsenepithel vor. In den Epithelien handelt es sich um Lipofuszin. Im Stroma der Prostata findet man selten auch Melanin [18]. Zytologisch sind die lipofuszinhaltigen Epithelien oft auffallend klein und in regelmäßigen Verbänden angeordnet.
Plattenepithelmetaplasie Infolge von Entzündungen, Prostatainfarkt und Östrogenbehandlung kann sich das Epithel der Prostatadrüsen plattenepithelial umwandeln [109]. Zytologisch ähneln die metaplastischen Plattenepithelien den kleinen meta-
Hyperplastische Basalzellen sollen besonders am Rand von ischämischen Läsionen vorkommen. Die Basalzellen sind kleiner als die sekretorischen Prostataepithelien und besitzen ovale bis zigarrenförmige Kerne. Sie sind im Gegensatz zu den Drüsenepithelien negativ für SPP und PSA und lassen sich mit dem basalzellspezifischen Antikörper 34βE12 gegen hochmolekulare Zytokeratine darstellen. Zytologisch sind sie im Aspirat nicht zu erkennen [53].
Prostatainfarkt Infarzierungen der Prostata sind häufig. Meist entstehen sie in benignen Hyperplasien. Wie sie entstehen, ist unklar; diskutiert werden Traumen. Histologisch werden in der Umgebung der Infarkte plattenepitheliale und urotheliale Metaplasien sowie Epithelien in Mitose angetroffen. Zytologie. Neben nekrotischen Epithelien und Blutbestandteilen trifft man auf Elemente des entzündlichen Abräuminfiltrats. Auffallend sind die Zellen aus regeneratorisch aktiven Arealen, die eine erhebliche Kernvergrößerung, Hyperchromasie, Störungen des Chromatins und vergrößerte Nukleolen aufweisen. Differentialdiagnose. Die den Prostatainfarkt begleitenden regeneratorischen Zellveränderungen führen häufig zu Verwechslungen mit Karzinomzellen. Zuverlässige Kriterien zur zytologischen Abgrenzung von Infarkt und Karzinom der Prostata fehlen. Viele Schaumzellen im Hintergrund mahnen zur Vorsicht.
Malakoplakie Die Veränderung kommt auch in der Prostata vor [56]. Für die Diagnose ist der Nachweis der Michaelis-Gutman-Körperchen ausschlaggebend.
Entzündliche Veränderungen Entzündungen der Prostata entwickeln sich vorwiegend in der peripheren Zone. Zur Prostatitisdiagnose wird die Untersuchung von Prostataexprimat oder Ejakulat, bei
Prostata
der chronischen Prostatitis auch die FNA empfohlen. Die verschiedenen Prostatitisformen lassen sich aber nur mittels FNA einigermaßen sicher differenzieren.
Akute Prostatitis Die akute granulozytäre Entzündung der Prostata wird durch Bakterien und Pilze verursacht. Sie ruft heftige Schmerzen und Fieber hervor. Meist entsteht sie in Zusammenhang mit chirurgischen Eingriffen. Wegen der Gefahr einer Sepsis sollte die akut entzündlich erkrankte Prostata möglichst nicht punktiert werden. Sonographisch erscheint die Prostata vergrößert und echoarm. Abszesse sind als inhomogene Aussparungen zu erkennen. Zytologisch enthalten die Ausstriche Granulozyten, Makrophagen, einige degenerativ veränderte Epithelien und Detritus.
Unspezifische chronische Prostatitis Entzündliche Veränderungen der Prostata sind eine häufige Ursache der Infertilität bei Männern. Nicht nur die klassischen Infektionen wie Gonorrhö und die inzwischen selten gewordene Tuberkulose spielen dabei eine Rolle, sondern auch Chlamydien, Trichomonaden, Ureoplasma urealyticum und verschiedene Bakterien. Infek tionen der Prostata beeinträchtigen die Qualität des Samens entscheidend. Sie führen zu einem raschen Absinken der Motilität der Spermien auf weniger als 40% lebende bewegliche Spermien. Chronische bakterielle und abakterielle Entzündungen der Prostata treten im Gefolge der benignen Hyperplasie der Prostata besonders häufig im höheren Alter auf. Klinik. Die Symptome sind uncharakteristisch. Die meist fieberfreien Patienten leiden an Dysurie und Rückenschmerzen. Die zur Infertilität führende Prostatitis kann asymptomatisch verlaufen. Bei der Palpation ist die Prostata unterschiedlich stark vergrößert, fest, manchmal unregelmäßig begrenzt und deshalb mit einem Karzinom zu verwechseln. Charakteristisch ist im Ultraschall das bunte Echomuster mit unregelmäßig verteilten dichten und flauen Zonen sowie die intakte Kapsel. Gehäuft werden verkalkte Corpora amylacea („Prostatasteine“) nachgewiesen. Das bunte Echomuster und die intakte Kapsel sprechen gegen ein Karzinom. Zytologie. Im Ausstrich dominieren Lymphozyten und Granulozyten. Hin und wieder kommen auch Histiozyten vor. Die Epithelien liegen meist einzeln und sind oft degenerativ verändert. Infolge der lebhaften Regeneration werden Zellknospen mit regenerativen Verände-
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rungen angetroffen. Kernvergrößerung und gut sichtbare Nukleolen sollten angesichts des entzündlichen Hintergrundes nicht zur Verwechslung mit einem Karzinom verleiten. Bei Infertilität wird außer dem Ejakulat auch Prostataexprimat untersucht. Mehr als 10 Granulozyten pro Hochauflösungsgesichtsfeld im Prostatasekret rechtfertigen eine Therapie mit Antibiotika über 1–2 Monate und zytologischer Kontrolle nach 3 Monaten. Differentialdiagnose. Gegen ein Karzinom und für die Entzündung sprechen ausgeprägte entzündliche Ver änderungen sowie das Fehlen schwerer Zellatypien. Im Zweifelsfall ist eine Wiederholung der FNA ratsam. Zusatzmethoden. Selbst mittels Morphometrie und Bildanalyse können entzündlich-reaktiv veränderte Epithelien nicht zuverlässig von Karzinomzellen unterschieden werden [89].
Granulomatöse Prostatitis Die granulomatöse Prostatitis kann sich aus einer akuten oder einer chronisch rezidivierenden Prostatitis entwickeln. Sekretstau und Übertritt von Sekret aus zerstörten Drüsen führen zur Bildung von produktiven epitheloidzelligen Granulomen. Klinik. Wie beim Karzinom ist die Prostata palpatorisch unregelmäßig vergrößert und induriert. Das PSA ist erhöht. Oft wird ein Karzinom vermutet. Zytologie. Die Ausstriche enthalten Histiozyten, Epi theloidzellen und Riesenzellen (Abb. 11.5 und 11.6). Daneben findet man Lymphozyten, Plasmazellen, neutrophile und je nach Entzündungsstadium auch eosinophile Granulozyten. Die Epithelien kommen meist einzeln, manchmal in kleinen papilliformen Verbänden vor. Infolge reaktiver Veränderungen sind die Kerne ver größert und hyperchromatisch und enthalten wie bei der unspezifischen Prostatitis vergrößerte Nukleolen [36]. Differentialdiagnose. Für die Diagnose der granulomatösen Prostatitis ist der Nachweis von Granulomzellen entscheidend. Andere granulomatöse Entzündungen der Prostata wie Vaskulitis, Sarkoidose, Tuberkulose und Pilzinfekte sind selten [86]. Ein ähnliches oder gleiches Bild ist nach BCG-Therapie (Bacterium Calmette-Guerin) von oberflächlichen Harnblasenkarzinomen und nach transurethralen Resektionen zu erwarten [40]. Bei tuberkulöser Prostatitis enthält der Ausstrichhintergrund eosinophilen Detritus; der Erregernachweis ist bei den infektiösen Formen entscheidend [64, 86]. Die reaktiven Kernveränderungen sind manchmal schwierig von Kar-
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Abb. 11.5 Granulomatöse Prostatitis. Riesenzellen, Lymphozyten, Granulozyten und einige Epithelien (PapF, 525×)
Abb. 11.6 Granulomatöse Prostatitis. kleine Gruppe von Epitheloidzellen (PapF, 330×)
zinomzellen abzugrenzen. Beides kann auch nebeneinander vorkommen.
Histologie. Die BPH entwickelt sich ausschließlich in der Übergangszone. Die grobknotig strukturierte Prostata ist vergrößert, von multiplen, kleinen und großen Knoten und Zysten durchsetzt. Bei der mikroskopischen Betrachtung erkennt man zwischen wirbelförmig strukturierten Muskelknoten herdförmig proliferierte Drüsengänge und Azini, die von einem einschichtigen Epithel ausgekleidet werden. In den regressiv veränderten, zystischen Arealen ist das Epithel abgeflacht. Der fein gewebliche Aufbau der BPH ist im Einzelfall großen Schwankungen unterworfen, so dass die nebeneinander liegenden, unterschiedlichen Muskel- und Epithel proliferate ein sehr buntes Bild ergeben können. Wichtig für die Bestätigung der Gutartigkeit sind aber der einschichtige Epithelaufbau und das Fehlen von Kern atypien.
Benigne Prostatahyperplasie (BPH) Die BPH ist durch Vergrößerung und knotige Um wandlung der Prostata gekennzeichnet. Die Knoten entstehen durch Proliferation von Drüsenepithel und Stroma. Sie sind meist so groß, dass die knotige Struktur in transurethral resezierten Gewebsstücken von weniger als 50 g und erst recht in Stanzbiopsien nicht wahr nehmbar ist. Die BPH ist eine der häufigsten Krankheiten überhaupt. Sie kommt zwischen dem 51. und 60. Lebensjahr in 40%, zwischen dem 81. und 90. Lebensjahr bei mehr als 90% aller Männer vor [10]. Die altersbedingte Abnahme der Testosteronproduktion spielt bei ihrer Entstehung eine wichtige Rolle. Wegen der größeren Dichte an Östrogenrezeptoren in den zentralen Prostataabschnitten findet dort eine östrogenbedingte Wachstumsbeschleunigung statt. Klinik. Die BPH bleibt klinisch oft stumm. Typisch sind Miktionsstörungen durch Einengung der Urethra. Die Harnblase kann nicht mehr ganz entleert werden (Restharnbildung). Später kommt es zur vollständigen Harnverhaltung oder zur „Überlaufblase“ (Nachträufeln). Die Restharnbildung disponiert zu Harnwegsinfekten. Im Ultraschallbild ist die Prostata je nach Überwiegen der drüsigen oder der fibromuskulären Komponente echoärmer oder echoreicher. Die Diagnose der BPH wird aufgrund des Palpationsbefundes klinisch gestellt, wenn die FNA keine Hinweise auf Malignität liefert. Für die Indikation zur Behandlung, die meist in der transurethralen Resektion besteht, sind Miktionsstörungen, Restharn bildung und chronische Harnwegsinfekte ausschlaggebend.
Zytologie. Meist wird viel Zellmaterial und eiweißhaltige Flüssigkeit gewonnen. Entsprechend der Größe der hyperplastischen Drüsen bilden die Prostataepithelien große Verbände. Kleine azinäre Verbände kommen seltener vor. Das Zytoplasma enthält feine Granula. Die Kerne sehen wie die des normalen Prostataepithels aus. Oft trifft man auf Corpora amylacea, Plattenepithelien, wenige Lymphozyten und Granulozyten, gelegentlich auch auf Zellen aus Samenblasen und Rektumschleimhaut. Differentialdiagnose. Siehe unter Prostatakarzinomen. Zusatzmethoden. Sie werden eingesetzt, um die Fälle mit einem besonders hohen Risiko der malignen Entartung zu identifizieren und/oder um die zytologische Differentialdiagnose der BPH zu verfeinern. DNA-Messungen können am zytologischen FNA-Material mittels statischer Zytophotometrie und Zytomorphometrie am Feulgen-gefärbten Ausstrich oder, wenn das Zellmaterial ausreicht, mit Durchflusszytometrie durchgeführt wer-
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den. Bildanalytische Untersuchungen an Paraffinschnitten ergaben bei BPH-Patienten in 19% und bei Patienten, die später an einem klinisch manifesten Karzinom erkrankten, in 40% DNA-aneuploide Zellen [12]. Dies passt zu autoptischen Befunden, wonach bei Männern ≥70 Jahren in 35% ein Prostatakarzinom nachweisbar ist. Mittels AgNOR-Methode soll eine zuverlässige Abgrenzung der BPH von Adenokarzinomen der Prostata möglich sein [39, 83].
Neoplastische Vorläuferläsionen Mit der Entwicklung der transurethralen Sonographie, die eine Früherkennung des Prostatakarzinoms ermög licht, hat das Interesse an den neoplastischen Vorläuferläsionen zugenommen. Eine pathogenetische Beziehung der intraepithelialen Neoplasie („prostatic intraepithelial neoplasia“, PIN) zum Prostatakarzinom der Außenzone gilt heute als weitgehend gesichert. Die postulierte Rolle der atypischen adenomatösen Hyperplasie als Vorläuferläsion von Prostatakarzinomen der Transitionalzone ist derzeit dagegen noch unklar.
Intraepitheliale Neoplasie der Prostata (PIN) ICD-O-C61.9 M-8000/2
Als PIN werden intraduktale oder intraglanduläre Epithelproliferationen mit Zellatypien bezeichnet. Sie soll multifokal in der Umgebung von 80% der Prostatakarzinome vorkommen, wie diese in der peripheren Zone in Erscheinung treten und mit dem Alter häufiger werden. Übergänge zum Karzinom wurden beschrieben. Die Bedeutung von PIN als Präneoplasie zeigt sich in der graduellen Vermehrung aberranter Biomarkerexpression und genetischer Aberrationen von normaler Prostata zu PIN und invasivem Karzinom [16]. Histologie. Bei schwacher Vergrößerung erscheint das präneoplastische Epithel verdickt und basophil. Es hebt sich dadurch deutlich von dem helleren Epithel der normalen Drüsen ab. Bei stärkerer Vergrößerung erkennt man mehrere Schichten von dicht gelagerten Zellen. Die Basalzellschicht ist unterbrochen, die Kerne sind vergrößert, hyperchromatisch und ungleich groß. Die Nukleolen treten deutlicher hervor. Je nach Ausmaß der Kern atypie werden 3 Grade unterschieden. PIN1 wird als „low grade PIN“ bezeichnet und PIN2–3 als „high grade PIN“ zusammengefasst: • PIN 1: Die Epithelarchitektur ist geringgradig ge stört. Die Zellen sind leicht polymorph, die Kern abstände variieren, die Kerne sind etwas vergrößert und erscheinen unregelmäßig übereinandergeschoben
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(„nuclear crowding“). Prominente Nukleolen fehlen weitgehend. • PIN 2: Die Epithelzellen sind noch unregelmäßiger angeordnet, die Kerne deutlicher vergrößert und stärker hyperchromatisch als bei der PIN1. Die Chromatinstruktur ist abnorm, die Nukleolen treten in manchen, aber nicht in allen Zellen stärker hervor. • PIN 3: Die Läsion wurde früher auch als Carcinoma in situ bezeichnet. Die duktalen bzw. glandulären Epithelien sind deutlich proliferiert. Die Proliferate können ein büschelförmiges, papilläres oder ein kribriformes und selten auch ein flaches, einschichtiges Muster aufweisen. Die Basalzellschicht ist diskontinuierlich unterbrochen. Die Kerne sind durchwegs vergrößert, entrundet, hyperchromatisch und enthalten häufig Makronukleolen. Die fehlende Invasion unterscheidet die Veränderung vom Karzinom. Zytologie. Bisher ist nicht bekannt, ob sich präneoplastische Veränderungen der Prostataepithelien zytologisch von Karzinomen unterscheiden lassen. Die Zellularität scheint geringer und die atypischen Zellen weniger dissoziiert zu sein als bei Karzinomen [98]. Theoretisch könnten sie Ursache falsch-positiver Diagnosen sein. Allerdings scheint keine allzu große Verunsicherung angebracht, wenn im Ausstrich eine große Zahl von atypischen Zellen vorhanden ist. Nur bei geringem Anteil maligner Zellen im zytologischen Präparat sollte auf die Möglichkeit einer PIN hingewiesen werden.
Atypische Adenomatöse Hyperplasie (AAH, Adenose) ICD-O-SNOMED M-72005
Als AAH wird eine benigne Proliferation kleiner Prostatadrüsen bezeichnet. Sie kann histologisch ein kleindrüsiges Prostatakarzinom vortäuschen [17]. Die kleinen Azini, die dichter gelagert sind als bei der BPH (ICD-M7244/0), werden von einem kuboiden bis zylindrischen hellzelligen Epithel ausgekleidet. Die runden Kerne lassen manchmal kleine Nukleolen erkennen. Unter dem sekretorischen Epithel befindet sich immer eine zumindest partiell erhaltene Basalzellschicht. Zytologisch ist die AAH nicht von anderen gutartigen Veränderungen zu unterscheiden. Das gilt auch für verschiedene andere pseudoneoplastische Läsionen, wie die postatrophische Hyperplasie, die histologisch ein Prostatakarzinom vortäuschen können.
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Maligne Tumoren Karzinome
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Das Prostatakarzinom (ICD-O-C61.9 M-8010/3) ist mit ca. 11% die dritthäufigste, bei Männern über 55 Jahren ist es sogar die führende Krebstodesursache. Die Schweiz ist mit 22,5/100.000 das Land mit der höchsten Mortalitätsrate des Prostatakarzinoms [62]. Weltweit sind bei ca. 30% der über 50-jährigen Männer in der Prostata mikroskopisch Karzinome nachweisbar. Die Inzidenzrate der klinisch manifesten Karzinome ist in den verschiedenen Ländern dagegen sehr unterschiedlich (USA 61, Japan 4,3/100.000) [26], was auf die Bedeutung von bisher noch weitgehend unbekannten äußeren Faktoren für Progression zum klinisch aggressiven Prostatakarzinom hinweist [63]. In rund 10% der Prostatakarzinome besteht eine genetische Disposition (z. B. eine Mutation des BRCA-Gens). Weniger als 1% aller Prostatakarzinome manifestieren sich klinisch vor dem 50. Lebensjahr. In Einzelfällen kommen sie aber auch bei unter 20-Jährigen vor. Prostatakarzinome verhalten sich bei jüngeren Patienten nicht grundsätzlich aggressiver als bei älteren, erfordern aber aufgrund der höheren Lebenserwartung und entsprechend erhöhtem Progressionsrisiko möglicherweise eine aggressivere Therapie [45]. Gut 70% der Prostatakarzinome entstehen, oft multizentrisch, in der peripheren Zone. Weitere 20% entwickeln sich in der Übergangszone und nur 10% in der zentralen Zone. Die Karzinome der zentralen Zone entstehen nicht selten in den Knoten einer BPH. Das Prostatakarzinom metastasiert hauptsächlich in die obturatorischen, iliakalen und paraaortalen Lymphknoten sowie in das Skelettsystem. Bei mehr als der Hälfte der prostatektomierten Patienten werden in den Lymphknoten Mikrometastasen gefunden. Lymphknotenmetastasen werden im Allgemeinen erst beobachtet, wenn der Tumor mindestens 50% der Prostata infiltriert und ihre Kapsel durchbrochen hat. Besonders ungünstig ist der Befall der Samenblasen. Klinik. Das Prostatakarzinom verursacht keine Frühsymptome. Erst relativ spät stellen sich Miktionsbeschwerden und Hämaturie ein. Rückenschmerzen treten infolge von Knochenmetastasen in der Wirbelsäule so häufig auf, dass das Prostatakarzinom bei der Differentialdiagnose von Schmerzen der Lendenwirbelsäule bei über 45-jährigen Männern stets mitberücksichtigt werden muss. Etwa 5% der Prostatakarzinome gelangen aufgrund von metastasenbedingten Knochenschmerzen zur Diagnose. Palpatorisch ist die Prostata derb, höckerig und vergrößert. Doch die aufgrund des Tastbefundes gestellte Diagnose ist nur in 80% zutreffend, da bei BPH und chro-
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nischer Prostatitis oft der gleiche Palpationsbefund erhoben wird. Obwohl mit der Einführung der transrektalen Sonographie der Prostata große diagnostische Fortschritte erzielt wurden, sind die Ultraschallbefunde noch immer nicht tumorspezifisch. Gut differenzierte Karzinome gleichen in ihrer sonographischen Struktur dem übrigen Prostatagewebe, wenig differenzierte sind manchmal echoärmer. Fortgeschrittene Tumoren erkennt man im Ultraschallbild an der beträchtlichen Größenzunahme und Deformation der Prostata, an der Verdrängung der Nachbarorgane und an Kapselunterbrüchen. Gut differenzierte, seitlich oder ventral gelegene, sehr frühe Karzinome werden in der Sonographie leicht übersehen. Die Therapiechancen dieser Fälle verschlechtern sich aber wegen des langsamen Wachstums selbst bei einer Verzögerung der Diagnose bis zu einem Jahr nicht substantiell. Man übersieht aber auch die frühen, multifokalen, rasch wachsenden undifferenzierten Karzinome, bei denen eine weitere Verzögerung der Therapie nicht vertretbar ist. Die Prostatasonographie ist deshalb für sich genommen keine effektive Früherkennungsmethode. Sie hilft aber Läsionen aufzufinden, die weiter zytologisch oder histologisch abgeklärt werden müssen und erhöht die Trefferquote der US-gesteuerten FNA. Histologie. Das morphologische Spektrum der Prostatakarzinome ist umfangreich und umfasst azinäre Adenokarzinome (90%), Übergangsepithelkarzinome (3–5%), kleinzellige neuroendokrine und duktale Adenokarzinome (je 1% [28, 30a, 60], (s. folgende Übersicht). Reine schleimbildende Adenokarzinome sind selten, doch ist eine diskrete Muzinbildung in vielen Prostatakarzinomen zu beobachten. Von einem schleimbildenden Karzinom sollte erst gesprochen werden, wenn mindestens 25% der Tumormasse extrazellulären Schleim enthält. Sehr selten sind primäre plattenepitheliale oder adenosquamöse Karzinome, doch differenzieren Adenokarzinome unter der früher gebräuchlichen Östrogentherapie gelegentlich plattenepithelial aus. Karzinome der Übergangszone sollen typischerweise hell- und zylinderzellig und besonders häufig multifokal angelegt sein. Prostatakarzinome können selten einmal adenoidzystischen Karzinomen der Speicheldrüsen ähneln [107]. Schleimbildende Karzinome sind nicht von Adenokarzinomen der Harnblase oder des Rektums zu unterscheiden. Mischungen der verschiedenen Karzinomtypen sind sehr häufig. Besonders azinäre und duktale Strukturen sind oft gemischt. In typischen Adenokarzinomen können neuroendokrin differenzierte Anteile vorkommen. Das Spektrum der neuroendokrinen Differenzierung reicht von der fokalen neuroendokrinen Differenzierung in typischen Adenokarzinomen über Karzinoide bis zu den hochaggressiven kleinzelligen Prostatakarzinomen [29]. Gelegentlich lassen sich in typischen Adenokarzinomen auch Panethzell-ähnliche neuroendokrine Tumor-
Prostata
Histologische Einteilung der malignen Prostatatumoren (verkürzt nach [30a]) 1. Azinäres Adenokarzinom (Varianten: atrophisch/pseudohyperplastisch/ siegelringzellig/onkozytisch/ colloid/mit spindelzelligen Anteilen) 2. Duktales Adenokarzinom (Varianten: kribriform/papillär/solid) 3. Urotheliales Karzinom 4. Plattenepithelkarzinom (Variante: adenosquamöses) 5. Basalzellkarzinom 6. Neuroendokrine Neoplasien (kleinzelliges Karzinom u.a.) 7. Stromatumoren und mensenchymale Tumoren zellen mit auffälligen neurosekretorischen Granula im Zytoplasma erkennen [102]. Neuroendokrine Tumorzellen in typischen Adenokarzinomen enthalten Chromogranine, Serotonin, ACTH, ADH, Kalzitonin, HCG oder neuronspezifische Enolase. Ihre prognostische Bedeutung ist derzeit noch unklar. Das Fehlen von Androgenrezeptoren in neuroendokrinen Tumorzellen könnte aber auf einen Zusammenhang mit der Entwicklung einer Hormonresistenz unter antiandrogener Therapie hinweisen [15]. Histologisches Malignitätsgrading. Zur Bestimmung des Malignitätsgrades des Prostatakarzinoms wurden mehrere Systeme vorgeschlagen. Die meisten Untersucher wenden heute das kürzlich aktualisierte GleasonGradingsystem an [33a, 38]. Es basiert auf 5 histologischen Wachstumsmustern (1–5). Durch Addition der beiden vorherrschenden Wachstumsmuster errechnet sich der Gleason Score (2–10). Die prognostische Relevanz dieses Grading-Systems gilt als erwiesen, auch wenn die Übereinstimmung des Grading an Biopsien mit dem am Gesamttumor nicht sehr hoch ist. Es hilft aber in jedem Fall beim Therapieentscheid. Zytologie. Die zytologische Diagnose des Prostatakarzinoms bereitet im Allgemeinen keine großen Schwierigkeiten, sofern das zytologische Präparat genügend und adäquat fixiertes Zellmaterial enthält. Die Zellen des Prostatakarzinoms sind generell etwas größer als regelrechte Prostataepithelien. Ihre Kerne sind wenig grob strukturiert, meist auch ziemlich gleichförmig und lassen die sonst bei Tumorzellen zu beobachtende grobe „Pfeffer-und-Salz-Struktur“ vermissen. Deshalb gelten prominente Nukleolen als das wichtigste Malignitätskriterium. Die Nukleolen sind schon bei 100facher Vergrößerung (Objektiv 10×/Okular 10×) zu sehen. Es gibt aber auch Karzinome, bei denen die Nukleolen weniger deutlich hervortreten und die Zellkerne denen eines Urothelkarzi-
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noms ähneln. Das Zytoplasma erscheint auch bei den histologisch hellzelligen Karzinomen blass zyanophil und höchstens feinwabig aufgelockert. Darüber hinaus hängt das zytologische Bild von der histologischen Differenzierung des Karzinoms ab. Bei neuroendokriner Differenzierung kann das Zytoplasma wie bei Onkozyten grob zyanophil oder eosinophil gekörnt sein. Schleimbildende Karzinome sind nicht von Adenokarzinomen der Harnblase oder des Rektum zu unterscheiden. Bei den gewöhnlichen Adenokarzinomen ist die Differenzierung im Wesentlichen an der Kohäsivität der Zellen ablesbar: • Hoch differenziertes Adenokarzinom (Differenzierungsgrad 1; ICD-O-M-8140/31): Die Zellen bilden mehrschichtige Verbände und Haufen. Häufig werden mikroglanduläre Strukturen angetroffen. Der Zellzusammenhalt ist gut. Einzelzellen kommen nur gelegentlich vor. Die Zellgrenzen sind noch einigermaßen zu erkennen. Die Kernpolymorphie ist nur gering ausgeprägt, das Chromatinmuster unauffällig. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal gegenüber gutartigen Läsionen sind die vergrößerten Nukleolen. • Mittelgradig differenziertes Adenokarzinom (Differenzierungsgrad 2; ICD-O-M-8140/32): Die Zellen bilden flache und dreidimensionale Verbände, während mikroglanduläre Verbände kaum noch vorkommen. Der Zellzusammenhalt ist vermindert, so dass die Zellen auch einzeln liegend. Die Kernpolymorphie ist ausgeprägter. Während das Kernchromatin wenig Auffälligkeiten erkennen lässt, enthalten die meisten Kerne vergrößerte Nukleolen. • Wenig differenziertes Adenokarzinom (Differenzierungsgrad 3; ICD-O-M-8140/33). Die charakteristischen Merkmale, ausgeprägte Zelldispersion, Kernpolymorphie und zahlreiche Makronukleolen, ermög lichen eine zuverlässige zytologische Blickdiagnose (Abb. 11.7 bis 11.9). Zytologisches Malignitätsgrading. Bei den Adenokarzinomen, die die überwiegende Mehrzahl der Prostatakarzinome darstellen, ist der Differenzierungsgrad zugleich ein Maß für den Malignitätsgrad. Das zuerst von Esposti [33] vorgeschlagene System unterscheidet 3 zytologische Grade aufgrund durchschnittlicher Kerngröße, Variabilität der Kerngröße, durchschnittlicher Größe der Nukleolen, Variabilität der Größe der Nukleolen sowie der Dissoziation der Zellen und der Kerne. Pro Kriterium werden bis zu 3 Punkte, pro Fall maximal 18 Punkte vergeben. Dem entsprechend bedeuten 0–5 Punkte keine Malignität; 6– 10 Punkte gut differenziertes Karzinom (Grad 1); 11– 14 Punkte mäßig differenziertes Karzinom (Grad 2) und 15–18 Punkte wenig differenziertes Karzinom (Grad 3). Dieses zytologische Grading stimmt in etwa 80% aller Fälle mit dem histologischen Grading überein und korreliert auch mit der Überlebenszeit. Die Übereinstimmung zwischen einem nach Böcking [14] modifizierten zytologischen Grading (Abb. 11.10) und dem histologischen
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Abb. 11.7 Prostatakarzinom. Mäßig differenziert in der rechten, Verband regelrechter Prostataepithelien in der linken Bildhälfte (PapF, 330×)
11 Abb. 11.10 Zytologisches Grading des Prostatakarzinoms nach Böcking [9]. Jedes Kriterium wird mit einer Ziffer zwischen 1 bis 3 bewertet; durch Addition der Bewertungsziffern ergibt sich der Atypiegrad: Bewertungsziffersumme 1–10 = G1, 11–14 = G2, 15– 18 = G3
Abb. 11.8 Prostatakarzinom, mäßig bis wenig differenziert. Tumorzellen liegen teils im Verband, teils einzeln (PapF, 525×)
Grading an Prostatektomiepräparaten beträgt zwischen 55 und 75% [65].
Abb. 11.9 Mäßig differenziertes Prostatakarzinom, Ausschnitt aus einem in Aszites nachgewiesenen Zellverbandes: minimale Kern unregelmäßigkeit, feine Chromatinstruktur, aber ein plumper zentraler Nukleolus (PapF, Obj. 63, leicht nachvergrößert)
Differentialdiagnose. Mäßig und wenig differenzierte Adenokarzinome (Grad 2 und 3) lassen sich leicht von der BPH abgrenzen. Schwierig ist manchmal die Unterscheidung zwischen hoch differenziertem Adenokarzinom (Grad 1) und entzündlichen Veränderungen, bei denen die Nukleolen ebenfalls sichtbar sein können. Sofern nicht schwere Störungen der Chromatinstruktur nachweisbar sind, sollte ein Karzinom niemals diagnostiziert werden, wenn die Nukleolen nicht bereits bei der schwachen Vergrößerung zu sehen sind. Grundsätzlich mahnt ein entzündlicher Ausstrichhintergrund zur Vorsicht mit der Karzinomdiagnose. Samenblasenepithelien werden wegen ihrer außergewöhnlichen großen und poly morphen Kerne leicht als Karzinomzellen fehlgedeutet. Davor schützt die Suche nach Lipofuszingranula im Zyto plasma der Zellen und nach Spermien in der Umgebung. Atrophische Prostataepithelien und Plattenepithelmetaplasie sowie schleimbildende, urothelial oder platten epithelial differenzierte, kleinzellige Karzinome und Sarkome können differentialdiagnostische Schwierigkeiten bereiten [73].
Prostata
Zusatzuntersuchungen. Die Diagnose des Prostatakarzinoms in der FNA gelingt in den meisten Fällen ohne zusätzliche Hilfsmittel. Der immunzytochemische Nachweis von PSA (prostataspezifisches Antigen) und SPP (saure Prostataphosphatase) ist hilfreich bei der Differentialdiagnose zwischen primärem Prostatakarzinom und einem aus der Nachbarschaft (Harnblase, Rektum) in die Prostata einwachsenden Karzinom oder einer Metastase. Die zytologischen Merkmale des Prostatakarzinoms sind so hoch charakteristisch, dass Metastasen in Lymphknoten oder anderen Organen oft ohne weiteres zu diagnostizieren sind. Nur in wenigen Fällen muss die Diagnose durch den immunzytochemischen Nachweis von PSA oder PAP in den Tumorzellen bestätigt werden. Dies trifft auch für die FNA der retroperitonealen Lymphknotenmetastasen des Prostatakarzinoms zu, die im Rahmen des präoperativen Staging nach Lymphographie unter radiologischer Kontrolle punktiert werden. Prognose. Das Prostatakarzinom zeigt einen variablen klinischen Verlauf. Wie bei den meisten anderen Tumoren sind auch beim Prostatakarzinom Tumorstadium und histologischer Differenzierungsgrad bei Diagnose ausschlaggebend [44]. Patienten mit nicht palpablen, inzidenten Karzinomen (T1a/bG1) haben eine normale Lebenserwartung. Bei T1c- und T2-Tumoren liegt die 5-Jahres-Überlebensrate zwischen 70 und 85%, bei T3-Tumoren bei 50%, bei weiter fortgeschrittenen Prostatakarzinomen nur noch bei 20%. Dass die Mortalität nach längerer Nachbeobachtungszeit auch bei initial nicht metastasierten Tumoren bis auf über 60% ansteigt, zeigt, dass das Prostatakarzinom oft eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellt [7]. Da sich das Aggressionspotential des Prostatakarzinoms im Einzelfall histopathologisch und zytologisch nur ungenügend abschätzen lässt, besteht Bedarf an zusätzlichen Prognosefaktoren. DNA-Messungen wurden am zytologischen Material mittels statischer Zytometrie und Durchflusszytometrie durchgeführt [12, 88, 89, 92, 100]. Unabhängig von der angewandten Methode beträgt der Anteil der diploiden Karzinome bis zu 80%. Die aneuploiden Prostatakarzinome haben eine deutlich schlechtere Prognose als die diploiden, die offenbar über lange Zeiträume langsam wachsen und ihren Karyotyp weitgehend beibehalten. Die Messung des DNA-Gehalts liefert bei klinisch auf die Prostata begrenzten und auch bei nodal positiven Karzinomen zusätzlich zum histologischen Grad prognostische Informationen [44]. Über den Wert der S-Phasen-Fraktion als Prognoseparameter sind die Meinungen geteilt. Andere Arbeiten [100] konnten zeigen, dass die SPF ein unabhängiger Prognosefaktor des Prostatakarzinoms ist. Als unabhängiger Prognoseparameter des Prostatakarzinoms wurde der Ki67 Labeling Index (MIB-1-Antikörper) vorgeschlagen, mit dem sich auf einfache Weise die Tumorwachstumsfraktion erfassen lässt [22, 55a, 87, 109a]. Daneben scheint auch die
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Abb. 11.11 Leiomyosarkom der Prostata. (FNA, Aufnahme: Prof. Dr. H.A. Müller/Würzburg, HE, 840×)
Deregulation von Apoptoseregulatoren wie Bcl-2 bei der Entstehung und Progression des Prostatakarzinoms eine Rolle zu spielen [21, 58]. Eine abnorme Expression des Tumorsuppressorgens p53 findet sich bei einer kleinen Gruppe hochaggressiver Prostatakarzinome und könnte zudem als Marker für Strahlen- und Hormonresistenz dienen [49, 77, 100]. Da die Prognose des Prostatakarzinoms weitgehend von dessen Metastasierungspotential abhängt, erscheint in Zukunft vor allem die Analyse metastasierungsassoziierter Genprodukte erfolgversprechend [51].
Sarkome ICD-O-M-8800/3
Von den bösartigen mesenchymalen Tumoren der Prostata sind das embryonale Rhabdomyosarkom und das Leiomyosarkom zu nennen [67] (Abb. 11.11, s. auch Kap. 27). Die Prognose der Rhabdomyosarkome ist infaust, während Leiomyosarkome mit einer längeren Überlebenszeit, aber mit häufigen Rezidiven einhergehen. In seltenen Fällen kann die Prostata im Rahmen eines Lymphoms (NHL) mitbetroffen sein. Zytologie und Zusatzuntersuchungen sind dieselben wie bei den nodalen Lymphomen (s. Kap. 24).
Metastasen Hämatogene Metastasen in die Prostata werden selten bei kleinzelligen Bronchuskarzinomen und anderen hochmalignen Tumoren beobachtet. Hingegen wachsen gelegentlich Tumoren aus der Nachbarschaft in die Prostata ein.
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Therapiefolgen
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Unter Behandlung des Prostatakarzinoms mit Östrogenpräparaten kommt es innerhalb 3 bis 4 Wochen in den Drüsen des unveränderten Prostatagewebes zur Bildung von metaplastischen Plattenepithelien. Die Tumorzellen machen selten eine Plattenepithelmetaplasie durch. Sie sind hydropisch aufgequollen, ihr Zytoplasma enthält zahlreiche degenerative Vakuolen. Die Kerne sind degenerativ verändert, das Kernchromatin netzartig aufgelockert, später vakuolisiert. Schließlich werden die Kerne pyknotisch und zerfallen. Heute ist die Östrogenbehandlung aber zugunsten einer antiandrogenen Therapie verlassen. Nach antiandrogener Therapie ist vor allem mit Basalzellhyperplasie, Plattenepithelmetaplasie, Atrophie und Kernpyknose des nichtneoplastischen Prostataepithels und einer Abnahme des Atypiegrades der neoplastischen Zellen zu rechnen [80]. Nach Strahlenbehandlung enthalten Feinnadelpunktate weniger Zellen als vor der Bestrahlung. Die Differentialdiagnose zwischen radiogenen und neoplastischen Zellveränderungen ist sehr schwierig. Einzelne Zellen mit abnormen Kernen dürfen nicht als Tumorzellen gewertet werden. Werden nur wenige atypische Zellen oder Zellkerne aspiriert, spricht dies für eine Tumorregression. Bei Rezidiven werden die Ausstriche wieder zellreicher und das Karzinom kann an den üblichen Kriterien diagnostiziert werden.
Stellenwert der Prostatazytologie Sensitivität und Spezifität der zytologischen Untersuchung: Die Sensitivität der Prostata-FNA hängt von der Erfahrung sowohl des Zytologen wie auch des punktierenden Urologen ab. Etwa 10% der Karzinome werden bei der ersten Aspiration verfehlt. Umgekehrt werden gelegentlich inzidente Karzinome entdeckt, die klinisch keinerlei Relevanz besitzen. Die Ergebnisse der Feinnadelbiopsie wurden schon häufig mit histologischen Befunden verglichen. Trotzdem wurde die tatsächliche Treffsicherheit der zytologischen Diagnose im Vergleich zur Stanzbiopsie noch nicht eindeutig bestimmt, weil dies nur möglich ist, wenn die Ergebnisse von FNA und Stanzbiopsie untereinander und mit histologischen Befunden in vollständig histologisch aufgearbeiteten Prostatae (Prostatektomiepräparat, Autopsie) verglichen werden. Nur vereinzelt wurden zytologische Befunde mit den Befunden an Prostatektomiepräparaten verglichen; die stärksten Diskrepanzen ergeben sich hinsichtlich des Malignitätsgrading [14, 65]. Dennoch darf man davon ausgehen, dass die definitive zytologische Diagnose eines Karzinoms die gleiche Zuverlässigkeit wie die histologische Diagnose hat. Die Rate
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der Falsch-Positiven wurde mit 0–2% angegeben, die Sensitivität beträgt 66–90%, die der Histologie durch Tru-Cut-Biopsie 61,6% [11]. Eine erhebliche Steigerung der Sensitivität auf nahezu 100% wird durch die Kombination von FNA und Stanzbiopsie erreicht, die nacheinander während derselben Untersuchung durchgeführt werden können [30]. In bis zu 25% der FNA finden sich zytologisch Atypien, die keine sichere Karzinomdiagnose zulassen. Zur weiteren Abklärung werden je nach klinischen Umständen weitere Punktionen oder auch Stanzbiopsien empfohlen.
Hoden und Nebenhoden Anatomie und Histologie Das Hodenparenchym besteht aus einem verzweigten, vielfach in sich verschlungenen Kanälchensystem. Die Schlingen bilden ganze Bogensysteme und netzartige Strukturen. Die Tubulusschlingen werden von einer Stützzellschicht (Sertoli-Zellen) gegenüber den Blutkapillaren abgeschirmt und von Spermatogonien (Reservezellen des Keimepithels) ausgekleidet, aus denen über viele Zwischenstufen die reifen Spermien entstehen (Abb. 11.12). Die Tubuli münden an beiden Enden über das Rete testis in die Ductuli efferentes. Diese stellen die Verbindung mit dem Nebenhoden her, der in den Samenleiter übergeht. Die Spermatogenese, d. h. die Entwicklung von der Spermatogonie bis zum reifen Spermium dauert etwa 86 Tage. Aus den diploiden Spermatogonien entwickeln sich primäre Spermatozyten, aus diesen nach einer ersten meiotischen Teilung sekundäre Spermatozyten, daraus
a
b
c
Abb. 11.12 Anatomie des Hodens. a Hodenkanälchen und Leydig-Zwischenzellen in der Übersicht, b Querschnitt durch Hoden kanälchen, c Zellelemente der Spermiogenese
Sertolizelle Spermatogonie Spermatozyt Spermatid Spermium, reifes
Hoden und Nebenhoden
nach einer zweiten Meiose haploide unbegeißelte Spermatide, die sich schließlich zu funktionsfähigen begeißelten Spermien (Spermatozoen) differenzieren.
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in einer dunkleren Becherhülse, die über einen bei gewöhnlicher mikroskopischer Vergrößerung nicht erkennbaren Hals in den Schwanz (Flagellum) übergeht. Der Schwanz stellt sich besonders gut in der PapF dar [43, 70, 82].
Physiologische Zellen Die Zelldifferenzierung gelingt ebenso gut an Papanicolau- wie an MGG-gefärbten Ausstrichen. Das Zytoplasma der Sertoli-Zellen ist breit, teils zipflig ausgezogen, unscharf begrenzt und fein gekörnt. Ihre zentral im Zytoplasma gelegenen Kerne sind gleichförmig rund, vesikulär, feingranulär strukturiert und enthalten einen relativ plumpen Nukleolus. Gut erhaltene Sertoli-Zellen erscheinen gelegentlich in Verbänden. Isoliert betrachtet sind sie nicht ohne weiteres von Leydig-Zellen zu unterscheiden. Letztere sind aber in Feinnadelaspiraten des Hodens nur selten nachweisbar. Im Gegensatz zu Sertoli-Zellen sind die Zellen der Spermatogenese häufig doppel- oder mehrkernig. Die Kerne der Spermatogonien sind größer als die Kerne der Sertoli-Zellen, liegen exzentrisch und enthalten entsprechend ihrer hohen Teilungsaktivität wie die übrigen Zellen der Spermiogenese keine sichtbaren Nukleolen. Sie erscheinen in MGG je nach Chromatingehalt hell mit einer Chromatinverdichtung entlang der Kernmembran oder insgesamt hyperchromatisch („dunkel“) bei sonst feiner Chromatinstruktur. Ihr Zytoplasma ist schmal und im Gegensatz zum Zytoplasma der Sertoli-Zellen in MGG basophil; es ist ähnlich wie das anderer Zellen der Spermio genese fragil, so dass die Kerne oft frei liegen. Spermatogonien kommen in zwei zytologisch schwierig zu unterscheidenden Subtypen vor. Während sich die „dunklen“ als die eigentlichen Reservezellen des Samenepithels nicht weiter entwickeln, entstehen aus den teilungsaktiven „blassen“ Spermatogonien primäre Spermatozyten. Im Ausstrich findet man überwiegend primäre Spermatozyten. Sie sind kaum kleiner als Spermatogonien und liegen isoliert oder in Gruppen zwischen den anderen Elementen der Spermatogenese. Ihre Kerne sind rund bis angedeutet oval, teilweise auch entrundet; charakteristisch ist das besonders in MGG grob fadenförmig strukturierte Chromatin. Ihr Zytoplasma ist ebenfalls schmal und basophil. Die Unterscheidung zwischen primären und sekundären Spermatozyten sowie zwischen sekundären Spermatozyten und Spermatiden gilt als schwierig. Die rundlichen bis länglichen Spermatiden sind deutlich kleiner und besitzen wesentlich kleinere Kerne als die Spermatozyten. Oft umlagern sie in Gruppen einen Spermatozyten. Zwischen ihnen finden sich außerdem häufig kernlose, fein vakuolisierte Zytoplasmafragmente. Die reifen geschwänzten Spermien (Spermatozoen) finden sich oft in engem Kontakt zu Sertoli-Zellen oder in deren Zytoplasma. Sie sind ihrer typischen Form wegen am leichtesten zu identifizieren: Ihre ovalen Kerne stecken
Nichtneoplastische Veränderungen Störung der Spermiogenese Männliche Fertilitätsstörungen infolge Azoospermie beruhen etwa zur Hälfte auf einer Reifungsstörung der Spermien und zur anderen Hälfte auf einer mechanischen Obstruktion der ableitenden Samenwege oder auf einer genetisch bedingten Dysfunktion der Spermien [61]. Seit Einführung der künstlichen Fertilisation, insbesondere seit die Möglichkeit besteht, mittels mikroassistierter Fertilisation gezielt ein einzelnes Spermium durch die äußere Eihülle hindurch in eine Eizelle zu injizieren und damit bislang kinderlosen Ehepaaren den Kinderwunsch zu erfüllen, ist die FNA des Hodens an einigen reproduktionsmedizinischen Zentren fester Bestandteil der Diagnostik. Klinische Zusatzuntersuchungen. Ein niedriger Spiegel des follikelstimulierenden Hormons (FSH) im Serum und Testikelgröße liefern bereits erste Anhaltspunkte für eine gestörte Spermiogenese, reichen allein aber nicht aus, ein vollständiges Erliegen der Spermiogenese und damit eine absolute Infertilität zu beweisen. Pathologie. Vier sich teilweise überlappende Formen der Reifungsstörung werden unterschieden: 1. die Hypospermatogenese ist durch eine Verminderung aller Zelltypen der Spermatogenese gekennzeichnet; 2. das Sertoli-Zell-Syndrom („Sertoli cell only syndrome“), die schwerste Form der Reifungsstörung, bei der die Proliferationshemmung bereits auf dem Niveau der Reservezellen des Keimepithels liegt; 3. die frühe Reifungsstörung als Folge einer prämeiotischen Proliferationshemmung, d. h., Spermatogonien können sich nicht zu primären Spermatozyten weiterentwickeln; 4. die späte Reifungsstörung infolge postmeiotischer Entwicklungshemmung von Spermatozyten zu haploiden Spermatiden und Spermien. Zytologie. Ausgewertet werden semiquantitativ möglichst viele Gesichtsfelder bei 400facher Vergrößerung. Wegen der genannten Schwierigkeiten, die einzelnen Zelltypen der Spermatogenese zu unterscheiden, sind die Zellularität des Aspirats und die Zahl der Spermien die wichtigsten Beurteilungskriterien [61]. Bei ungestörter Spermiogenese findet man ein Gemisch der verschiedenen Vorstufen der Spermiogenese und mindestens 10 bis 20 ausgereifte Sper-
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Kapitel 11
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mien pro HPF. Dagegen erscheint der Ausstrich bei Hypospermatogenese insgesamt zellarm, doch sind alle Keimzelltypen vorhanden. Beim Sertoli-Zell-Syndrom enthält der Ausstrich ausschließlich Sertoli-Zellen. Bei der frühen Reifungsstörung sind Spermatogonien und Spermatozyten vorhanden, aber Spermatide und reife Spermien fehlen, bei der späten Reifungsstörung fehlen lediglich reife Spermien.
11
Stellenwert der Zytologie in der Fertilitätsabklärung. Während man anfangs versuchte, durch umständliches Differenzieren und Auszählen der verschiedenen Reifungsstufen zur Diagnose zu gelangen, kommt man mit einer semiquantitativen Methode [61] in grob 90% der Fälle zum gleichen Ergebnis wie mit der histologischen Stanzbiopsie. Wegen der oft von Abschnitt zu Abschnitt des Tubulussystems wechselnden Aktivität der Spermiogenese gewinnt man zytologisch in der Regel ein zuverlässigeres Bild der tatsächlichen Hodenfunktion als mit der histologischen Untersuchung. Denn mittels FNA ist es möglich, unter Lokalanästhesie beide Hoden je nach Größe mit dünner Nadel (23 Gauge) mehrmals, nötigenfalls an 10 und mehr Stellen zu punktieren, während mittels Stanze nur je eine Punktion aus jedem Hoden möglich ist [1, 23, 24, 43, 61, 78]. Dass sie sich bislang nicht allgemein durchgesetzt hat, dürfte an der – allerdings unbegründeten – Furcht vor einer Traumatisierung des Hodens, aber auch an mangelnder Vertrautheit mit der Zytologie der Spermatogenese liegen.
Hämatospermie
Abb. 11.13 Spermatozele. Reichlich Spermien, dazwischen vereinzelte Spermatozyten (FNA aus Bereich des Samenstrangs; PapF, Obj. 63×)
untersucht. Selten mag auch einmal ein Samenblasenpunktat zur zytologischen Untersuchung gelangen. Zytologie. In der Regel findet man mehr oder minder reichlich Spermien, vermischt mit hämosiderinspeichernden Makrophagen und vereinzelten Zellen der Samenwege.
Spermatozele Synonym: Spermagranulom
Frisches oder älteres Blut im Ejakulat ist eine häufige und den Patienten alarmierende, aber meist harmlose und passagere Erscheinung. Sie kommt bei erwachsenen Männern jeden Alters vor. Das Ursachenspektrum ist groß und umfasst Entzündungen und Infektionen (Tuberkulose, Bilharziose, HSV u. a.), Obstruktion der Samenwege durch Zysten, Gefäßanomalien und Tumoren im Bereich von Samenblasen, Prostata und Harnblase), systemische Erkrankungen (hämatologische Erkrankungen, Hypertonie, Leberzirrhose u. a.) sowie iatrogene Blutungsursachen (Operationen im Bereich von Prostata und Urethra, Antikoagulanzien, Aspirin). Tumoren sind nur in etwa 3/1000 Hämatospermifällen zu erwarten. In der übergroßen Mehrzahl der Fälle bleibt die Ursache unklar [3, 91]. Klinische Untersuchungen. Diese sind im Wesentlichen bei persistierender Hämatospermie angezeigt. Zysten, vaskuläre Anomalien und Tumoren lassen sich mittels transrektaler Ultraschalluntersuchung, MRI und intravenöser Urographie erfassen [93]. Wenn Zweifel über die Herkunft der Blutung bestehen, wird Ejakulat in einem Kondom aufgefangen („Kondom-Test“) und zytologisch
Strikturen infolge Entzündungen, operativer Unterbindung oder Verletzungen des Samenleiters führen öfter zu Retentionszysten im Bereich des Nebenhodens und Ductus spermaticus, die sich klinisch als tumorartige Knoten zu erkennen geben. Die Feinnadelaspiration ermöglicht die Abgrenzung von Tumoren und Nebenhodenentzündungen (Tuberkulose). Zytologie. Das Feinnadelaspirat enthält massenhaft teils degenerativ veränderte Spermien und Spermienköpfe, vermischt mit Detritus, Lymphozyten, und einigen neutrophilen Granulozyten, besonders aber mit Makrophagen, deren Zytoplasma mitunter Spermatozoenköpfe enthält (Abb. 11.13).
Hydrocele testis Die von den Hodenhüllen abgeleiteten Zysten s. Kap. 14.
Hoden und Nebenhoden
Dysontogenetische Zysten Die im Hodenbereich vorkommenden Zysten sind in der Regel von Plattenepithel ausgekleidet. Sie kommen in jedem Alter vor, am häufigsten in der zweiten bis vierten Lebensdekade. Wenn sie zur Beobachtung gelangen, sind sie durchschnittlich 2 cm groß. Die einfachen Epidermoidzysten enthalten keine weiteren Gewebselemente. Im Stroma der Dermoidzysten sind Hautanhangsgebilde wie Haare, Haarfollikel, Talg- und Schweißdrüsen vorhanden. Die teratoiden Zysten enthalten darüber hinaus Gewebselemente aller drei Keimblätter. Anders als bei den Keimzelltumoren ist die Orchidektomie nicht indiziert, da die Zysten mit Ausnahme der teratoiden so gut wie nie maligne entarten. Die präoperative Diagnose durch Feinnadelaspiration macht intraoperative Schnelluntersuchungen überflüssig [13, 75]. Zytologie. Die Ausstriche enthalten ausgereifte Platten epithelien, kernlose Hornschuppen und reichlich Detritus mit einer von Fall zu Fall wechselnden Beimischung von Schaumzellen, Entzündungszellen und Fremdkörperriesenzellen. Weitere Einzelheiten bzgl. Dermoidzyste.
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lässt und die Zellerhaltung und Repräsentativität des zytologischen Materials im Allgemeinen höher zu bewerten ist als die des meist gequetschten bioptisch gewonnenen Gewebes. Allerdings sind präneoplastische Veränderun gen nicht mittels FNA diagnostizierbar, da sich invasive und nichtinvasive maligne Tumoren sich nicht ausreichend unterscheiden und die Basalmembran in der FNA nicht beurteilbar ist. Eine präoperative morphologische Diagnose erübrigt sich in vielen Fällen, da die Ausdehnung des Tumors bereits mittels Ultraschalluntersuchung festgestellt wird und Keimzelltumoren oft Hormone und andere Marker produzieren, die sich im Serum oder im Urin nachweisen lassen. Die FNA spielt hingegen in der Abklärung von Metastasen dieser Tumoren eine wichtige Rolle. Da sich die Lebenserwartung der Patienten dank Fortschritten in der Behandlung der Tumoren verbessert hat, werden häufiger Spätmetastasen beobachtet. Auch die eigenen Erfahrungen mit der Zytologie von Keimzelltumoren stützen sich hauptsächlich auf Feinnadelaspirationen aus Metastasen. Die gutartigen Tumoren und tumorähnlichen Gebilde gehen gewöhnlich von den Hodenhüllen aus. Sie spielen in der Differentialdiagnose der Hodentumoren insofern eine Rolle, als im Gegensatz zu den meisten Keimzelltumoren eine Orchidektomie nicht erforderlich ist und die einfache Resektion genügt [94].
Neoplastische Veränderungen Man unterscheidet testikuläre und paratestikuläre Tumoren. Die paratestikulären sind in der Regel gutartig, die testikulären dagegen überwiegend maligne. Letztere werden eingeteilt in Keimzelltumoren und gonadale Stromatumoren. Die Gruppe der Keimstrangstromatumoren umfasst Geschwülste aus Zellabkömmlingen der primären Keimstränge und des sexuell determinierten Mesenchyms. Dazu gehören Sertoli- und Granulosazellen, Theka- und Thekaluteinzellen sowie Hilus- und LeydigZellen. Einteilung der Hodentumoren. Keimzell- und Stromatumoren entstehen nicht nur unmittelbar in den Keimdrüsen selbst, sondern relativ häufig retroperitoneal und mediastinal, gelegentlich auch in anderen Organen einschließlich der Mittellinie des Gehirns. Bei den primär extragonadalen kann es sich auch um Metastasen eines ursprünglich im Hoden entstandenen und spontan vernarbten Tumors („burned out tumor“) handeln. Die mediastinalen finden sich meist bei jungen Männern im vorderen Mediastinum. Grundsätzlich werden beim Mann mit geringen Abwandlungen dieselben Keimdrüsen- bzw. Keimstrangtumoren beobachtet wie bei der Frau. Sogar ein Granulosazelltumor kann selten auch einmal beim Mann vorkommen. Die Primärdiagnose der Hodentumoren wird selten durch FNA gestellt, obwohl sie sich leicht wiederholen
Sertoli-Zell-Tumor Der sehr seltene, mit wenigen Ausnahmen gutartige Keimstrangstromatumor tritt sporadisch beim männlichen und weiblichen Geschlecht (dort als Arrheno blastom) auf. Überwiegend wird er aber bei Knaben unter 2 Jahren beobachtet, zu einem kleineren Teil im Rahmen von genetisch bedingten Syndromen (PeutzJeghers-Syndrom, Pseudohermaphroditismus infolge kompletter Androgenresistenz, Carney-Syndrom) [99]. Kinder mit Peutz-Jeghers-Syndrom entwickeln eine Gynäkomastie infolge erhöhter Aromataseaktivität, wodurch in verstärktem Maße aus männlichen Steroid hormonen Östradiol und Östron synthetisiert werden. Verwechslungen mit dem juvenilen Granulosazelltumoren sind möglich. Zytologie. Zytologisch unterscheidet sich der Tumor unwesentlich vom Leydig-Zell-Tumor. Man findet einzeln, in Gruppen und trabekulärer Anordnung liegende große polygonale Zellen mit unterschiedlich breitem fein-granulärem oder vakuolisiertem Zytoplasma, exzentrischen, selten kaffeebohnenartig gekerbten Kernen und zuweilen deutlichen Nukleolen. Einzelne Zellen können der eosinophilen Granulierung wegen „rhabdoid“ erscheinen. Bei der großzelligen kalzifizierenden Variante findet man Kalkeinschlüsse im Zytoplasma. Auch sind globuläre
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Kapitel 11
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Strukturen von basalmembranartigem Kollagen beschrieben [101]. Immunzytochemie. Das immunzytochemische Reaktionsmuster ist unspezifisch: Sertoli-Zell-Tumoren sind zu 80% Zytokeratin- und zu 50% Inhibin-positiv und exprimieren Vimentin [6, 76].
Leydig-Zell-Tumor (ICD-O-M 8631/0) Synonym: Interstitieller Hodentumor
Die meisten der beim männlichen, aber auch vereinzelt beim weiblichen Geschlecht vorkommenden LeydigZell-Tumoren sind gutartig. Nur 10% führen zu Fernmetastasen. Die Tumoren können sowohl Androgene als auch Östrogene produzieren und die entsprechenden Rezeptoren exprimieren. Klinisch manifestiert sich die hormonale Aktivität in frühzeitiger Virilisierung oder durch Gynäkomastie.
11
Abb. 11.14 Leydig-Zell-Tumor. Gleichförmige Kerne, granuläres Zytoplasma, → vereinzelt mit Pigmenteinschlüssen (FGA, PapF, Obj. 63×)
Zytologie. Die Zellen liegen einzeln oder in Haufen. Sie sind ziemlich groß und besitzen einen zentral gelegenen runden oder ovalen Kern. Das Zytoplasma ist abgerundet, breit und fein granuliert. Hin und wieder findet man darin ein vereinzeltes gelbbräunliches Lipofuszinkörnchen (Abb. 11.14). Typisch sind die – allerdings besser in MGG als in der PapF nachzuweisenden ungefärbten, plump-stabförmigen, bisweilen hintereinander aufgereihten Reinke-Kristalle. Der Ausstrichhintergrund ist frei von Detritus. In den wenigen malignen Leydig-Zell-Tumoren kann Detritus vorhanden sein. Außerdem fehlen die Pigmenteinschlüsse im Zytoplasma [31, 90]. Immunzytochemisch sind die Tumorzellen nicht sicher von Sertoli- und Granulosazelltumoren zu unterscheiden. Im Un- Abb. 11.15 Seminom. Überwiegend runde atypische Kerne, meist terschied zu diesen sind jedoch einige Melan-A-positiv. ein plumper Nukleolus, transparenter schmaler Zytoplasmasaum (FGA, PapF, Obj. 63×)
Seminom Das Seminom ist mit 40% der häufigste aller Hodentumoren. Prädilektionsalter ist das 30. bis 50. Lebensjahr. Es ist damit deutlich häufiger als das Dysgerminom, der entsprechende Tumor der Frau, das wie das Seminom hormonal inaktiv ist. Die Tumoren sind bei beiden Geschlechtern ihrer Wachstumspotenz nach als hochmaligne einzustufen, jedoch strahlensensibel und sprechen gut auf Chemotherapie an, so dass die meisten Erkrankten geheilt werden. Histologie. Kennzeichnend sind bindegewebig abgegrenzte Nester runder Zellen mit großen Kernen und einem schmalen transparenten Zytoplasmasaum. Das Stroma enthält Herde von Lymphozyten und Plasmazellen. Neben dem typischen Seminom gibt es intermediäre Formen zwischen Seminom und embryonalem Karzi-
nom, die als atypische Seminome bezeichnet werden. Diese stehen auch prognostisch zwischen klassischem Seminom und embryonalem Karzinom. Das spermatozytische Seminom besteht teilweise aus kleineren Zellen als das klassische Seminom; die Kerne dieser Zellen sind gröber strukturiert, ihr Zytoplasma erscheint nicht transparent. Zytologie. Das Bild des klassischen Seminoms ist ziemlich charakteristisch (Abb. 11.15). Die Zellen liegen einzeln verstreut. Ihre Kerne sind, sofern gut erhalten, vesikulär, etwas unterschiedlich groß, überwiegend rund, teils leicht gebuchtet und grob strukturiert. Meist enthalten sie einen atypisch geformten plumpen Nukleolus. Das Zytoplasma ist zwischen den Kernen meist nur als schollig-wolkiger Detritus erkennbar. Im Ausstrichhintergrund sind stets auch Lymphozyten und Plasmazellen
Hoden und Nebenhoden
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Tabelle 11.1 Synopsis der wichtigsten differentialdiagnostischen Kriterien der verschiedenen Typen der gonadalen Tumoren. (Nach [69, 96, 110]) Kriterium
Sertoli- Tumor
Klinisch
Leydig-ZellTumor
Seminom
Chorion epitheliom
Embryonales Karzinom
Dottersacktumor
Knaben <2 Jahre Meist Knaben 30.–50. Lebens<10 Jahre, Puber- jahr tas praecox
Sehr selten bei Männern jeden Alters
Junges und mittleres Lebensalter
Vor 20. Lebensjahr AFP i. S.+++
Zytologie
Eosinophil granuliertes Zytoplasma ähnlich Leydig-ZellTumor
Abgerundetes, breites, fein granuliertes Zytoplasma. Inkonstant: Lipofuszinkörnchen und Reinke-Kristalle
Große isoliert liegende Tumorzellen, plumpe Nukleolen, Lymphozyten im Hintergrund
Trophoblastund synzytio tropho-blas tenähnliche Zellen
Zellverbände, Zytoplasma der Tumorzellen kompakt und weniger verletzlich
Pleomorphe Zellen mit Kern- und Zyzoplasmavakuolen, pseudopapillär oder mikroglandulär strukturierte Komplexe
ICC
PLAP-Inhibin ±
Melan A+, Testosteron++, S100+ Inhibin+
OCT3+++, AFP–, AE1/AE3± PLAP+++
CGT+++ Glypican 3++ OCT3–
AFP+++, AE1/AE3 +++ PLAP+ CD30+ beta-HCG–.
AFP+++ AE1/AE3+ Glypican 3+++
AFP: Alpha-Fetoprotein; CGT: Choriongonadotropin; Glyp 3: Glypican 3; OCT3: „Octamer binding transcription factor 4“; PLAP: plazentale alkalische Phosphatase
vorhanden. Immunzytochemisch sind die Zellen positiv für plazentale alkalische Phosphatase (PLAP). Differentialdiagnose. Siehe Tabelle 11.1.
Embryonales Karzinom (ICD-O-M-9070/3) Synonym: Unreifes Teratom
Histologie. Klassischerweise vereinigt das unreife Teratom in sich ekto- und entodermale sowie mesenchymale Differenzierungen. Es kann in unterschiedlichster Ausprägung Anteile eines jeden anderen Keimzelltumors einschließlich des Dottersacktumors enthalten. Am häufigsten sind Anteile eines embryonalen Karzinoms. Sie können das Bild des Tumors vollkommen beherrschen. Manchmal manifestieren sich in derartigen Fällen erst in den Metastasen die anderen Differenzierungen. Während das embryonale Karzinom gut auf Chemotherapie anspricht, erweisen sich die mesenchymalen Anteile als therapiertesistent und bleiben nach Chemotherapie erhalten. Zytologie. Es findet sich ein buntes Bild aus epithelialen Zellen unterschiedlicher, z. T. neuroendokriner Differenzierung und mehr oder weniger atypischen mesenchymalen Zellen. Die Zellen des embryonalen Karzinoms liegen einzeln, in lockeren Haufen oder azinären, papillären oder soliden, an den Rändern oft ausgefransten
Verbänden oder sitzen in mehreren Schichten verzweigten Kapillarrippen auf. Sie sind im Unterschied zu Seminomzellen deutlich polymorph und besitzen im Unterschied zu diesen einen weniger fragilen zyanophilen Zytoplasmasaum; die Kern-Plasma-Relation ist meist deutlich zugunsten der Kerne verschoben. Die Kerne sind polymorph, stark grob strukturiert und enthalten ähnlich wie beim Seminom einen oder mehrere plumpe Nukleolen. Der Ausstrichhintergrund enthält reichlich mit Entzündungszellen vermischten Detritus [8, 25]. Die Zellen sind positiv für CAM 5.2, AFP und PLAP, aber negativ für beta-HCG.
Chorionkarzinom (ICD-O-M-9100/3) Synonym: Chorionepitheliom
Der Tumor entwickelt sich hauptsächlich bei Frauen im Gefolge einer Schwangerschaft, kommt aber auch bei Männern in für Keimzelltumoren typischer Lokalisation vor. Der Tumor ist hormonal aktiv und klinisch durch quantitative Gonadotropinbestimmung im Urin zu diagnostizieren, so dass selten eine zytologische Untersuchung notwendig ist und sich dementsprechend nur wenige zytologische Arbeiten mit dem Tumor beschäftigen. Doch können andere Keimzelltumoren, besonders das Seminom und das maligne Teratom trophoblastisch differenzierte Anteile enthalten. Klinisch besteht typischerweise eine Erhöhung des beta-HCG im Serum.
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Kapitel 11
Zytologie. Man findet nebeneinander mono- und multinukleäre maligne Zellen, die Zytotrophoblasten und Synzytiotrophoblasten ähneln. Die Zytotrophoblasten sind mittelgroß, ihr Zytoplasma abgerundet, mitunter bizarr geformt, zyanophil bis eosinophil, die Kerne exzentrisch im Zytoplasma, die Nukleolen deutlich und eosinophil. Die Größe der Kerne variiert erheblich. Die Nukleolen sind auffallend plump. Immunzytochemisch sind die Tumorzellen beta-HCG-positiv [25, 27, 42]. Differentialdiagnose. Die ein- bis mehrkernigen Zellen des seltenen plazentalen trophoblastischen Tumors, der sich aus der Plazenta heraus in der Uteruswand ent wickelt, sollen durchschnittlich größer sein als die Zytotrophoblasten des Choriokarzinoms und häufiger spindel förmig oder polygonal, dabei aber insgesamt weniger polymorph. Sie sind immunzytochemisch positiv für humanes plazentales Laktogen (hPL = ein von Trophoblasten produziertes, dem Wachstumshormon und Prolaktin verwandtes Proteohormon) weniger für HCG und betaHCG. Der Ausstrichhintergrund ist „sauber“ [52].
11 Dottersacktumor
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an den histologischen Bau. Üblicherweise scheinen die Tumorzellen jedoch pseudopapillären Kapillarachsen aufzusitzen oder von diesen abzuschwärmen, was einem Artefakt entspricht, das beim Ausstreichen des Aspirats entsteht. Von den Kapillaren losgelöst, bilden die Tumorzellen unterschiedlich große pleomorphe Zusammenballungen oder mikroglanduläre Verbände. Die Zellen sind mäßig groß, ihre Kerne rundlich bis oval oder auch stärker polymorph, die Nukleolen mehr oder weniger prominent. Intranukleäre zytoplasmatische Vakuolen kommen vor. Das Zytoplasma ist fein granulär bis transparent, selten mit PAS-positiven Einschlüssen [4]. Die Kern-Plasma-Relation ist hoch. Im Ausstrichhintergrund findet man im Unterschied zu anderen Keimzelltumoren mukoides Material. In MGG, nicht in der PapF, sind im Zytoplasma und in den extrazellulären Matrixpartikeln gebogene Fibrillen zu erkennen [97]. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Kernprotein der Proteoglykane. Sie sind wahrscheinlich verantwortlich für die Glypican3-Positivität des Tumors (100% der Fälle). Glypica-3Positivität kommt auch bei anderen Tumoren wie hepa tozellulären Karzinomen, Hepatoblastom, Choriokarzi nomen (33%) und beim unreifen Teratom (20%) vor (s. Tabelle 11.1). Auch enthalten die breiten Stiele im Unterschied zu anderen Tumoren mit Ausnahme des Hepatoblastoms Zellen der Hämatopoese [6, 37, 106].
Synonyme: Entodermaler Sinustumor, ICD-O-M-9071/3
Etwa 20% der malignen Keimzelltumoren sind Dottersacktumoren. Sie treten im Kindes- und Erwachsenenalter auf, in 10% auch außerhalb der Gonaden in nahezu jedem anderen Organ. Sie sind sämtlich maligne und werden mehrere Zentimeter groß. Klinisch findet sich ein erhöhter AFP-Spiegel, was sonst nur noch beim embryonalen Karzinom, beim hepatozellulären Karzinom und beim Hepatoblastom vorkommt. Histologie. Der Tumor ahmt den Bau der Allantois nach, wie er sich in der siebten Woche der Embryonalentwicklung darstellt: Zu diesem Zeitpunkt sind Entoderm und vaskuläres Mesoderm noch durch das primitive Mesoderm miteinander verschmolzen und bilden vielfach gewundene und untereinander kommunizierende Kanäle. Im histologischen Schnitt erscheinen die Zwischenräume zwischen den Kanälen mit Zellen ausgefüllt, so dass glomerulumähnliche Strukturen entstehen („Schiller-Duval-Körperchen“). Bei parietalen Dottersacktumoren wurden dicke, die Kapillaren begleitende, aus Kollagen Typ 4 bestehende Längsbänder beschrieben [97]. Zytologie. Wo größere intakte Tumorkomplexe auf den Ausstrich gelangen, kann das gitterförmig verzweigte Kapillarsystem mit den dazwischen gelagerten Tumorzellen noch erhalten sein. Meist sind die Schiller-Duval-Körperchen jedoch zytologisch nicht zu erkennen. Auch blumenkohlartige Formationen mit einem plump verästelten Stiel, dem die Tumorzellen wie Blüten aufsitzen, erinnern
Differentialdiagnose der gonadalen Tumoren. Die für die Unterscheidung der Keimstrangtumoren wichtigen Kriterien sind in Tabelle 11.1 zusammenfassend dargestellt. Das Seminom lässt sich auf den ersten Blick mit einem großzelligen Lymphom verwechseln. Die Unterscheidung des Seminoms von einem anaplastischen Lymphom ist ohne weiteres mit der Antikörperkombination CD45 und PLAP möglich. Die Zellen des Sertoli-Zell-Tumors sind nicht sicher von den normalen Zellen des unreifen kindlichen oder des reifen, aber atrophischen Hodens zu unterscheiden.
Penis Kondylome Die kondylomatösen Veränderungen der Glans penis können sich zu einem großen, exulzerierten Tumor („Riesenkondylom“) entwickeln, das sich makroskopisch und sogar histologisch kaum von einem Plattenepithelkarzinom unterscheidet. Die Kondylome sind wie die entsprechenden Veränderungen der Portio uteri mit einem HPVInfekt assoziiert. HIV-Patienten sind zu einem deutlich höheren Prozentsatz betroffen als HIV-negative [41]. Zytologisch unterscheiden sich die kondylomatösen Lä sionen der Glans penis nicht von denen der Portio uteri.
Literatur
Maligne Tumoren Das Plattenepithelkarzinom des Penis, das zumindest teilweise wie das Portiokarzinom HPV-assoziiert ist [84], wird in der Regel mittels Biopsie diagnostiziert. Die FNA kommt in erster Linie bei metastasenverdächtigen Veränderungen im Bereich des Penisschafts zur Anwendung. Außer Urothelkarzinomen der Urethra ist mit Metastasen eines Karzinoms des Penis selbst sowie von Prostata, Harnblase, Kolon, Lunge etc. zu rechnen [48, 85, 95].
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Kapitel 12
Harntrakt
12
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
Erregerbedingte Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . 238
Aufbau des Harnwegsepithels . . . . . . . . . . . . . . . 231
Zystitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
Zytologischer Normalbefund . . . . . . . . . . . . . . . 231
Urophlegmone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
Epithelien der ableitenden Harnwege . . . . . . . . . 231
Tuberkulose/BCG-induzierte Veränderungen . . . . 238
Nierenepithelien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
Zytomegalie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
Zellen der Samenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
HPV-Infekt/kondylomatöse Läsion . . . . . . . . . . 239
Blutzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
Urogenitale Schistosomiasis . . . . . . . . . . . . . . 239
Anderes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
Renale Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
Zytologisches Untersuchungsmaterial . . . . . . . . . . . 234
Glomeruläre Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . 240
Spontanurin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
Pyelonephritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
Katheterurin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
Xanthogranulomatöse Pyelonephritis . . . . . . . . 240
Harnblasenspülung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
Urolithiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
Nierenbecken- und Harnleiterlavage . . . . . . . . . . 235
Nierentransplantatabstoßung . . . . . . . . . . . . . 241
Bürstenbiopsie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
Polyomavirusnephropathie . . . . . . . . . . . . . . 243
Nichtneoplastische Zellveränderungen . . . . . . . . . . 235
Urotheliale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
Erregerunabhängige Veränderungen . . . . . . . . . . 235
Histologische Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
„Reizblase“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
Biologisches Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
Glanduläre Metaplasie . . . . . . . . . . . . . . . . 235
Zytologische Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . 244
Plattenepithelmetaplasie . . . . . . . . . . . . . . . 236
Gutartige urotheliale Tumoren . . . . . . . . . . . . . 245
Interstitielle Zystitis (Hunner-Ulkus) . . . . . . . . . 236
Hyperplasie und Papillom . . . . . . . . . . . . . . . 245
Zytostatikainduzierte Veränderungen . . . . . . . . 236
Papilläre urotheliale Neoplasie mit niedrigem Malignitätspotential (PUNLMP) . . . . . . . . . . . 245
Strahlenschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Nichtinvasive urotheliale Neoplasien . . . . . . . . . 245 Ersatzblase/Ileum-Conduit . . . . . . . . . . . . . . 237
230
Kapitel 12
Harntrakt
Flache Dysplasie/Carcinoma in situ . . . . . . . . . 245
Kleinzelliges Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . 250
Nichtinvasive papilläre Urothelkarzinome (pTaG1–3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
Treffsicherheit der urozytologischen Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
Invasive Neoplasien des Harntrakts . . . . . . . . . . 247
Nierenzellkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
Urothelkarzinome (pT1–4) . . . . . . . . . . . . . . 247
Metastasen und seltene Tumoren . . . . . . . . . . . . 252
Plattenepithelkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . 249
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
Adenokarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
Einleitung
12
Zytologische Untersuchungen bilden heute einen festen Bestandteil der urologischen Praxis und werden in Früherkennung, Diagnostik und Nachsorge maligner Tumoren des Harntrakts angewendet. Während die Gewinnung von Spülflüssigkeiten besonders eingerichteten urologischen Kliniken und Fachpraxen vorbehalten ist, kann die Urinuntersuchung von jedem Arzt verlangt und beliebig oft wiederholt werden. Zytologische Früherkennungsuntersuchungen sind bei Risikogruppen (Arbeiter der chemischen Industrie, der Leder- und Gummiverarbeitung, Immunsupprimierte) zur Krebsfrüherkennung gerechtfertigt. In einer Studie zur Effizienz der Urinuntersuchung in der Krebsvorsorge fand sich bei 91 von 1800 Farbstoffarbeitern innerhalb von 5 Jahren ein tumorpositiver oder verdächtiger Befund; bei 62 (5%) der Arbeiter ließ sich der Tumor zystoskopisch bestätigen [20]. Bei Vorsorgeuntersuchungen von Chemie arbeitern in der Schweiz wurden auf 6000 Urinuntersuchungen an ca. 3000 Arbeitern zwischen 1980 und 1982 zwei Harnblasenkarzinome entdeckt [105]. Die Rate der neu entdeckten Karzinome scheint in dieser Risikogruppe mit 0,07% zwar höher zu liegen als im unausgelesenen Krankengut mit 0,02%, aber wesentlich geringer als die Rate der positiven Befunde in gynäkologischen Früherkennungsuntersuchungen für Dysplasien und Karzinome (0,25–1,3%) bzw. für das Portiokarzinom (0,09%) [59]. Unter 98 Patienten mit Papillennekrose bei Analgetikanephropathie wurde in 3 Fällen ein Urothelkarzinom nachgewiesen [51]. Urinzytologische Vorsorgeuntersuchungen an unselektionierten Populationen zur Früherkennung von Urotheltumoren sind dagegen problematisch. Da Urin zentrifugiert werden muss, steht der technische und personelle Aufwand im Vergleich zur gynäkozytologischen Vorsorge in keinem Verhältnis zur Anzahl der neu entdeckten Karzinome. Hinzu kommt, dass kleine Urotheltumoren,
die auch bei Fehlen von Epithelatypien als neoplastische Vorläuferläsionen anzusehen sind, zu wenig Zellen in den Urin abgeben und daher häufig nicht erfasst werden. In einer japanischen Studie [74] wurden an einem unausgelesenen klinischen Krankengut von über 16.000 nicht urologischen Patienten nur 3 Urothelkarzinome entdeckt; in einem weiteren Fall wurde zytologisch ein Urothelkarzinom diagnostiziert, ohne dass sich klinisch ein Karzinom im Harntrakt nachweisen ließ. Hinter solchen zunächst scheinbar falsch-positiven Urinbefunden verbirgt sich meist ein Carcinoma in situ [45]. Als diagnostische Maßnahme ist die zytologische Urinuntersuchung bei jeder Hämaturie im Erwachsenenalter indiziert. Sie ergänzt die mikroskopische Untersuchung des Nativurins. Oft liefert die Untersuchung von Urin oder Harnblasenspülflüssigkeit den ersten entscheiden den oder einzigen Hinweis auf einen Tumor [16, 22, 58, 82]. Auch Tumoren der oberen Harnwege können zytologisch im Harn diagnostiziert werden, bevor sie sich endoskopisch oder radiologisch zu erkennen geben. Obwohl bei fehlendem Harnfluss keine Zellen der hochsitzenden Tumoren in den Urin gelangen, führen selbst bei „stummer Niere“ an mehreren Tagen wiederholte Urinuntersuchungen gelegentlich doch noch zu einem positiven Ergebnis, wenn die Harnsekretion intermittierend doch noch in Gang kommt. Die Untersuchung von Spülflüssigkeit aus Harnblase und oberen Harnwegen erfolgt im zweiten Schritt. Spül flüssigkeit enthält mehr Tumorzellen als Urin. Gleich zeitige Untersuchung von vor der Endoskopie entnommenem Urin und von Spülflüssigkeit verbessert die diag nostische Ausbeute [71]. Zytologische Untersuchungen in der Nachsorge von Patienten, die wegen Urotheltumoren behandelt wurden, ermöglichen die Früherkennung von Rezidiven und intraepithelialen Neoplasien. Nach Resektion eines endoskopisch sichtbaren Urotheltumors sind die endoskopisch schwer identifizierbaren Dysplasien und Carcinomata in situ in dessen Nachbarschaft zytologisch oft besser zu er-
Zytologischer Normalbefund
fassen als histologisch mittels Knipsbiopsien aus der Tumorumgebung [41]. Etwa 3 Tage nach transurethraler Tumorresektion können Urin und Blasenspülflüssigkeit noch Tumorzellen enthalten. Deshalb wird empfohlen, mit zytologischen Nachsorgeuntersuchungen erst am dritten Tag nach der transurethralen Resektion zu beginnen. Werden dann noch Tumorzellen gefunden, spricht dies für inkomplette Resektion oder zusätzliche latente Tumorherde im Urothel [68]. Gemäß Leitlinien der EAU (European Association of Urology) [5] soll bei allen Patienten 3 Monate nach Resektion eines Urotheltumors die erste Kontrollzystoskopie erfolgen. Bei tumornegativem Befund gelten folgende Empfehlungen: • bei Patienten mit niedrigem Rezidivrisiko eine nächste zystoskopische Kontrolle nach 9 Monaten und danach 5 Jahre lang in jährlichem Abstand; • bei Patienten mit hohem Rezidivrisiko in den folgenden 2 Jahren eine zystoskopische Kontrolle in 3-monatigen, im dritten Jahr in 4-monatigen und danach 5 Jahre lang in 6-monatigen Abständen. Zytologische Untersuchungen werden vor allem dann zusätzlich eingesetzt, wenn sich makroskopisch kein eindeutiger Tumor nachweisen lässt und eine Chance besteht, den Tumor aufgrund hochgradiger Zellatypie zytologisch zu erfassen.
Aufbau des Harnwegsepithels Das unveränderte Epithel der ableitenden Harnwege besteht aus 2 bis 7 Zelllagen (Abb. 12.1). Es ist überwiegend mehrschichtig, ähnelt also in seinem Aufbau unverhorntem Plattenepithel und ist wie dieses polar differenziert. Die Epithelbreite hängt vom Dehnungszustand der Harnwege ab. Über den Basal- und Parabasalzellen liegen die Deckzellen (Schirmzellen, „umbrella cells“), die je nach Dehnungszustand kubisch bis plattenförmig er-
Abb. 12.1 Histologie des Urothels (HE, 525×)
231
scheinen. Sie können Sekret und kleine Mengen Muzin produzieren und enthalten unterhalb der Zellmembran zur Oberfläche hin dickere und dünnere Filament bündel, die zusammen mit der Zellmembran die lichtmikroskopisch erkennbare „Crusta“ bilden. In den Uretheren, aber auch an anderen Stellen, bildet die Urothelschleimhaut kleine Papillen. Sie werden von dicht stehenden zylindrischen Urothelien bedeckt. Diese bilden im darunterliegenden Stroma kleine Nester (von Brunn-Epithelnester). Die Epithelien der Zellnester sind oft doppelkernig und tetraploid und werden als Proliferationsreserve aufgefasst [106]. Die Rate der Zellerneuerung ist im Urothel trotz zellfeindlichem Milieu außer ordentlich niedrig. Die Lebensdauer einer Urothelzelle beträgt 200–500 Tage [38].
Zytologischer Normalbefund An der niedrigen Zellerneuerungsrate des Urothels ist abzulesen, dass normale Urothelien nur wenig zur Abschilferung neigen. Urin und Harnblasenspülflüssigkeit des Gesunden sind dementsprechend zellarm! Sie enthalten außer Urothelien wenige, meist degenerativ veränderte kubische Epithelien aus paraurethralen Drüsen, Samenwegen oder Nieren (Tabelle 12.1). Die Herkunft der kubischen Zellen ist meist nicht sicher zu bestimmen. Bei Frauen, weniger bei Männern, sind die Urinproben oft stark mit Plattenepithelien aus dem Genitalbereich kontaminiert. Hinzu kommen schleimartige Substanzen (Harnmukoid) und Ausfällungen von Harnsalzen.
Epithelien der ableitenden Harnwege Die Deckzellen des Urothels ähneln in Form und Größe Plattenepithelien (Abb. 10.2). Obwohl sie im Ausstrich oft polygonal erscheinen, sind sie stets keilförmig und besitzen einen peitschenförmigen Fuß, mit dem sie auf der Basalmembran befestigt waren. Ihr Zytoplasmaleib ist in der Papanicolaou-Färbung schwach zyanophil. Bei seitlicher Aufsicht erscheint der obere Zellrand seiner größeren Breite und der Crusta wegen oft schlussleistenartig verdichtet. Schirmzellen sind ein-, doppel- oder mehrkernig. Die in Zellmitte über dem Plasmafuß liegenden Kerne sind klein, bläschenförmig und ähneln Kernen der Intermediärzellen des Plattenepithels. Die Nukleolen sind unscheinbar. Die unter den Schirmzellen gelegenen Intermediärund Parabasalzellen sind kubisch, zylindrisch oder schmal keilförmig und besitzen rundliche bis ovale Kerne. Sie erscheinen im Ausstrich meist polygonal, manchmal keilförmig und besitzen zuweilen einen peitschenförmigen Fuß, mit dem sie auf der Basalmembran befestigt waren. Die Kerne der Basalzellen sind kleiner und dichter
232
Kapitel 12
Harntrakt
Tabelle 12.1 Zytologie der Harnzellen Zellart
Größe
Zytoplasma
Kerne
Nukleolen
Deckzellen
wie P*
Keilförmig
Vesikulär
Unscheinbar
Intermediärzellen
wie Z**
Geschwänzt
Vesikulär
Unscheinbar
Basalzellen
10–15 µ
Kubisch
Rund bis oval, dicht
Unscheinbar
Urethralzellen
wie Z**
Zylindrisch
Vesikulär
Unscheinbar
Sammelrohrzellen
10–40 µ
Kubisch
Rund oder eckig
Unscheinbar
Tubuluszellen
10–20 µ
Granulär, zerfallend, Proteintropfen
Pyknotisch
Unsichtbar
Samenwegsepithelien
10–20 µ
Granulär, zerfallend
Groß, pyknotisch
Unsichtbar
Urothelien
Nierenepithelien
*Plattenepithelien, **Zylinderzellen
Nierenepithelien
12
Abb. 12.2 Typen von Urothelzellen. a Deckzellen, b intermediäre Zellen, c Basalzellen (PapF, 525×)
als die der übrigen Urothelzellen und färben sich mit Hämatoxilin dunkler an. Nukleolen und Chromozentren sind kaum oder gar nicht zu erkennen. Die Epithelien der Urethra sind schmal zylindrisch. Sie können Schleim bilden. Ihre Proliferation ist bei postmenopausalen Frauen mit Östrogen stimulierbar [101]. Bei Frauen sind sie deshalb manchmal in großer Zahl im Urin anzutreffen. Papilliforme Verbände von nichtsezernierenden Zylinderzellen stammen aus den von Brunn-Zellnestern der Urethra oder aus dem Urothel einer Balkenblase [69]. Plattenepithelien kommen auch physiologischerweise beim Mann in der Urethra und bei der jüngeren Frau im Trigonum vesicae vor. Sie stammen also im urozytologischen Untersuchungsmaterial nicht immer aus dem Genitalbereich.
Die Sammelrohrzellen der Nierenpapillen kommen im Urin des Nierengesunden selten vor. Sie liegen einzeln oder in kleinen Zylindern. Sie sind kubisch bis angedeutet zylindrisch und haben einen Durchmesser von 10– 40 lm. Ihre Kerne sind leicht gebuchtet, ihr Zytoplasma fein granulär bis vakuolär (Abb. 12.3). Die Zellen der proximalen Tubulusabschnitte („convoluted cells“) sind mit 7–9 μm etwas kleiner als Sammelrohrzellen. Auch sie sind im Urin des Nierengesunden selten. Ihre Kerne sind klein und neigen zur Pyknose. Das kometenschweifartig geformte Zytoplasma ist oft grob granulär und in Auflösung begriffen. Manchmal enthält es tropfige Proteineinschlüsse.
Abb. 12.3 Sammelrohrzellen mit Proteintropfen im Zytoplasma (PapF, 857×)
Zytologischer Normalbefund
Zellen der Samenwege Bei Männern trifft man auf vereinzelte Zellen aus den Samenwegen, die nicht von renalen Tubuluszellen zu unterscheiden sind. Ihre Kerne neigen zur Pyknose und besitzen ebenfalls einen feingranulären unscharf begrenzten Zytoplasmaleib. Die Samenwegsepithelien werden oft zusammen mit Spermien beobachtet.
233 Tabelle 12.2 Häufigste Ursachen der Hämaturie. (Nach Mann u. Ritz [64]) Zystitis, Urethritis, Epididymitis
25%
Urolithiasis und Stenose der Harnwege
20%
Gut- und bösartige Tumoren
15%
Benigne Prostatahyperplasie
10%
Glomerulonephritis
10%
Andere
20%
Blutzellen Erythrozyten: Auch der Urin des Gesunden enthält ganz vereinzelte Erythrozyten. Von Hämaturie spricht man, wenn mikroskopisch bei 400facher Vergrößerung mehr als 3–5 Erythrozyten pro Gesichtsfeld oder mehr als 5000 Erythrozyten pro Milliliter Spontanurin nachgewiesen werden. Die häufigsten Ursachen der Hämaturie sind in Tabelle 12.2 aufgeführt. Nur in 15% sind Tumoren von Urothel oder Prostata Blutungsursache. Neutrophile Granulozyten: Der Gesunde scheidet nicht mehr als 10 Leukozyten/ml aus. In den zytologischen Ausstrichen sind Granulozyten deshalb nur vereinzelt nachweisbar. Mehr als 15 Granulozyten/HPF sind pathologisch. Auch die Ausscheidung von neutrophilen Granulozyten ist vieldeutig und kann auf Erkrankungen der Niere oder der ableitenden Harnwege hindeuten. Eosinophilie Granulozyten: Ihr Nachweis ist in Papanicolaou- wie MGG-gefärbten Urinsedimentausstrichen unsicher und nur an der bisegmentalen Kernform möglich. Empfohlen wird die Färbung nach Hansel [19, 78]. Eosinophile sind im Urin des Gesunden so selten, dass ihr Nachweis stets als Krankheitssymptom zu werten ist. Sie werden unter anderem bei Harnwegsinfekten, Pyelonephritis, chronischer Niereninsuffizienz, akuter interstitieller Nephritis, Transplantatabstoßung und nach Kontrastmitteldarstellung der Harnwege beobachtet. Bei interstitieller Nephritis und Pyelonephritis beträgt die Eosinophilurie
über 5% [19]. Bei Parasitenbefall der Harnwege (Bilharziose) sind die Eosinophilen extrem vermehrt.
Abb. 12.4 Reizblase. Mehrere urotheliale Riesenzellen (PapF, 525×)
Abb. 12.5 Die wichtigsten Harnkristalle. (Nach Harrison [40])
Anderes Bakterien: Für viele Keime ist der Urin ein überraschend gutes Kulturmedium. In Urinproben, die längere Zeit herumstehen, vermehren sie sich explosionsartig. Deshalb sollte der Urin innerhalb von höchstens einer Stunde verarbeitet oder zumindest unmittelbar nach Miktion mit 50%igem Alkohol versetzt werden (s. unten). Kristalle: Ausfällungen von Salzen im Urin sind mehr oder weniger physiologisch (Abb. 12.5). In alkalischem Urin fallen amorphe Kalziumphosphate aus, in saurem
234
Kapitel 12
Abb. 12.6 Harnmukoid (PapF, Obj. 20×)
12
Urin dagegen amorphe Natriumurate. Amorphe Urate können durch Adsorption eines Tripyrolfarbstoffs (Hämoglobinabbauprodukt) ziegelrot gefärbt sein (Ziegelmehl). Pathologische Bedeutung kommt u. a. den bei Leberinsuffizienz auftretenden Zystin- und Thyrosinkristallen zu. In den Papanicolaou-Präparaten schwer nachweisbar sind die für Gicht typischen wasserlöslichen nadelförmigen Harnsäurekristalle. Harnmukoid: Ein gesunder Erwachsener scheidet täglich bis zu 150 mg Eiweiß aus, das sich hauptsächlich aus dem im aufsteigenden Schenkel der Henle-Schleife gebildeten Tamm-Horsfall-Glykoprotein und Plasmaalbumin zusammensetzt. Schleimähnliches Material wird auch in geringer Menge in der Urothelschleimhaut produziert (Abb. 12.6).
Zytologisches Untersuchungsmaterial Spontanurin Die Gewinnung der urozytologischen Untersuchungsproben wurde seit der bahnbrechenden Arbeit von Papanicolaou und Marshall [81] beträchtlich verfeinert. Die Untersuchung von Urin nimmt aber immer noch einen wichtigen Platz ein. Meist reicht Spontanurin. Am besten geeignet ist der zweite Morgenurin, eventuell nach forcierter Diurese. Eine Verunreinigung durch Zellen aus dem Genitaltrakt lässt sich durch vorherige Reinigung (Wasser und Seife) von Vulva und Urethralostium bzw. Glans penis vermeiden. Mehrmalige Untersuchung kann die Treffsicherheit erhöhen [72]. Der erste Morgenurin eignet sich wegen stärkerer autolytischer Zellschädigung nicht zur zytologischen Untersuchung [5]. Die ganze Urinprobe wird sofort nach Miktion mit 50%igem Alkohol im Verhältnis 1:1 versetzt. Der Alkohol dient in dieser Konzentration der Konservierung und
Harntrakt
nicht der Zellfixation. Mit dieser einfachen Methode [81] sind nach drei Tagen noch 80% der Urinzellen beurteilbar. Verdünnungseffekt, Bakteriostase und Hemmung der autolytischen Vorgänge durch die Alkoholzugabe bewirken, dass die Zellen gut erhalten bleiben trotz unphysiologischem pH-Wert (Schwankungsbreite: 4,5–7,5) und anisotoner Salzkonzentration (40–1400 mosm/kg) des Urins. Wenn irgend möglich, sollte die ganze Urinprobe eingesandt werden. Denn bleibt die Probe einige Zeit stehen und wird dann ein Teil für die zytologische Untersuchung dekantiert, gelangt nur noch zellarmer Überstand ins Labor. In Ausnahmefällen und nach Absprache mit dem Zytologielabor ist es auch möglich, die Urinprobe sofort zu zentrifugieren und das Sediment unter Zusatz von 10 ml Überstand und 10 ml 50%igem Alkohol einzusenden. Der erste Morgenurin, längere Zeit ohne Konservierungsmittelzusatz herumstehende Urinproben oder gar „Sammelurine“ und kontinuierlich aus Dauerkathetern abtropfende Urine sind für die zytologische Untersuchung ungeeignet.
Katheterurin Die Entnahme von Katheterurin ist nur ausnahmsweise, z. B. bei Frauen, indiziert, wenn der Spontanurin sehr viele Epithelien aus dem Genitalbereich enthält, so dass die Herkunft von atypischen Zellen nicht eindeutig dem Harntrakt zugeordnet werden kann. Denn mit jeder Katheterisierung besteht die Gefahr der bakteriellen Kontamination der Harnblase.
Harnblasenspülung Die Spülung der Harnblase ist heute die wichtigste Methode der urologischen Zellgewinnung. Zunächst wird die Blase entleert und dann über einen Katheter durch Instillation und Aspiration von steriler isotoner Kochsalzlösung mit einer großen Blasenspritze kräftig gespült. Die Flüssigkeit dieser ersten Spülung, die den Zweck hat, Detritus, Bakterien und bereits abgeschilferte Zellen zu entfernen, wird verworfen. Nun wird die Spülung nochmals durch 10-maliges kräftiges Instillieren und Aspirieren mit 60 bis 100 ml Kochsalzlösung wiederholt. Erst die Flüssigkeit dieser zweiten Spülung gelangt zur zytologischen Untersuchung. Durch das Spülen unter Druck werden manchmal von papillären Tumoren ganze Gewebsfetzen einschließlich Stromaachse abgetragen, was im Ausnahmefall die zytologische Diagnose eines Papilloms ohne Atypien ermöglicht (s. unten).
Nichtneoplastische Zellveränderungen
235
Nierenbecken- und Harnleiterlavage An eine röntgenologisch nachgewiesene Kontrastmittelaussparung wird ein 5- oder 6-Charriere-Ureterkatheter herangeschoben. Nach retrograder Pyelographie und Absaugen des Kontrastmittels werden mit mäßigem Druck dreimal nacheinander je 5 ml isotoner Kochsalzlösung als Bolus durch den Katheter in das Nierenbecken bzw. in den Ureter injiziert. Dadurch wird das Zellmaterial von der Oberfläche des verdächtigen Bezirks und aus seiner Umgebung abgespült. Mehrmaliges Anstoßen der Läsion mit dem Katheter während der Spülung steigert die Zellausbeute. Über einen Ureterkatheter ohne aktive Spülung gewonnener Urin ist wesentlich zellärmer und für zytologische Untersuchungen weniger geeignet [7, 33].
Abb. 12.7 Pseudoglanduläre Veränderung der Urothelien (PapF, 525×)
Bürstenbiopsie Die Spitze eines Ureterkatheters wird unter Durchleuchtungskontrolle mithilfe eines Führungsdrahts an die tumorverdächtige Läsion herangebracht. Nach Spülen mit physiologischer Kochsalzlösung zur Entfernung störender Kontrastmittelreste wird durch den Katheter eine Nylonbürste von 2,5 mm Durchmesser mit biegsamen Borsten geschoben und mehrmals vor- und zurückbewegt und die Oberfläche der Läsion abgestrichen [7, 33].
Nichtneoplastische Zellveränderungen Erregerunabhängige Veränderungen „Reizblase“ Die schon normalerweise doppel- und sogar mehrkernigen Deckzellen werden wahrscheinlich durch chronischen Dehnungsreiz der Harnblase zur Synzytiumbildung angeregt. Dementsprechend kommen urotheliale Riesenzellen bei Entleerungsstörungen der Harnblase (Prostatatumoren, Urethrastrikturen, Descensus uteri, Sphinkterspasmen bei Apoplektikern) oft in großer Zahl vor (Abb. 12.4). Nur im Katheterurin aus dem Pyelon haben urotheliale Riesenzellen keine pathologische Bedeutung. Anscheinend entstehen sie hier infolge des physiologischen Harnstaus vor der Ureterpassage.
Glanduläre Metaplasie Unter chronischem Entzündungsreiz entwickeln sich drüsenartige Einsenkungen des Urothels in das Schleim-
Abb. 12.8 Glanduläre Metaplasie. Schleimbildende Zylinderzellen zwischen Urothelzellen (PapF, Obj. 40×)
hautstroma, die von einem zylindrischen, zuweilen schleimbildenden Epithel ausgekleidet werden. Diese „Cystitis glandularis“ ist meist herdförmig im Bereich des Trigonums, aber auch an anderen Stellen außerhalb des Blasendachs zu finden. Sie entwickelt sich vor allem im Bereich der von Brunn-Zellnester, wahrscheinlich auf dem Boden einer entzündungsbedingt gesteigerten Epithelproliferation. Vom Profil der produzierten Muzine entspricht sie teilweise einer intestinalen Metaplasie [52]. Gelegentlich findet man Urothelien mit siegelringartig vakuolär aufgetriebenem Zytoplasma. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Einlagerungen von Glykogen und zuckerähnliche Substanzen in das Zytoplasma (Abb. 12.7). Zytologie. Die sekretbildenden Urothelien erscheinen zylindrisch oder abgerundet, ihr Zytoplasma ist vakuolär aufgehellt oder schleimhaltig, die Kerne der größeren abgerundeten Zellen sind an den Rand gedrängt, so dass sie siegelringförmig erscheinen. Nur selten wird der Ausstrich von derartigen Zellen beherrscht (Abb. 12.8).
236
Kapitel 12
Harntrakt
Differentialdiagnose. Differentialdiagnostisch kann die Abgrenzung gegenüber einem Adenokarzinom schwierig sein [80].
Plattenepithelmetaplasie Eine Plattenepithelmetaplasie des Urothels wird im Obduktionsgut in rund 15% aller Harnblasen beobachtet [106]. Sie findet sich vorwiegend im Trigonum und am Blasenausgang. Bei Frauen wird sie als physiologisch und als Zeichen einer ausreichenden Östrogenstimulation angesehen. Manchmal kommt es zu einer Epidermisierung des Urothels mit Ausbildung eines breiten Stratum corneum. Die besonders bei Männern vorkommende keratinisierende Plattenepithelmetaplasie gilt als Präkanzerose. Sie ist häufig mit einer Urozystitis kombiniert, da sie bei größerer Ausdehnung zu einer Milieuveränderung in der Harnblase führt, so dass sich in der Blase Bakterien ansiedeln und stark vermehren.
12
Zytologie. Zytologisch ist die Plattenepithelmetaplasie nur in der Harnblasenspülflüssigkeit mit Sicherheit zu diagnostizieren, weil sich die metaplastischen Epithelien nicht von unverhornten Intermediärzellen des Platten epithels des Genitaltrakts unterscheiden. Bei der kera tinisierenden Form findet man in Urin und HBSF dichte Hornschuppenaggregate (Abb. 12.9). Sie können verkalken und Konkremente bilden. Der Urin enthält dann trotz sofortigem Alkoholzusatz Massen von Bakterien.
Interstitielle Zystitis (Hunner-Ulkus) Die interstitielle Zystitis tritt vorwiegend bei Frauen mittleren Lebensalters auf. Makroskopisch ist die Schleimhaut ödematös, fleckförmig gerötet und meist ulzeriert. Die Veränderung ist klinisch-endoskopisch nicht sicher von einem Carcinoma in situ oder von einem flachen invasiven Urothelkarzinom (s. unten) zu unterscheiden. Mikroskopisch kennzeichnend ist neben dem Schleimhautulkus ein aus Lymphozyten, Plasmazellen, Mastzellen und Eosinophilen bestehendes Entzündungsinfiltrat. Das Ulkus kann fehlen. Entscheidend für die Diagnose sind die Mastzellen im Infiltrat. Zytologie. Zytologisch ist die interstitielle Zystitis schwer zu erkennen. Die Lymphozytenvermehrung im auch sonst wenig auffälligen Ausstrich ist vieldeutig, diskret und leicht zu übersehen.
Abb. 12.9 Verhornende Plattenepithelmetaplasie bei einem männlichen Patienten. Viele Jahre zystitische Beschwerden, starke sekundäre bakterielle Besiedelung der Harnblase
Zytostatikainduzierte Veränderungen Zytostatika werden entweder lokal zur Behandlung von Oberflächentumoren der Harnblase instilliert (Mitomycin, Thiotepa, Adriamycin) oder parenteral zur systemischen Behandlung von malignen Tumoren außerhalb des Harntrakts (z. B. Cyclophosphamid, Busulfan) verabreicht. In beiden Fällen kommt es nicht selten zu Mikrohämaturie und Brennen beim Wasserlassen. Ursache sind zystitische Veränderungen aufgrund einer Resistenzminderung des Urothels gegenüber Infekten und Harnsubstanzen. Zytologie. In den ersten Tagen nach Mitomycin-Instillation findet man in Urin und Harnblasenspülflüssigkeit als Ausdruck des zytotoxischen Effekts Detritus und eine große Zahl von neutrophilen Granulozyten wie bei einer schweren erosiven Entzündung [71]. Die Tumorzellen verschwinden erst etwa eine Woche nach Behandlungsbeginn aus der Harnblasenspülflüssigkeit [47]. Mit dem späteren Rückgang der entzündlichen Veränderungen tauchen zunehmend ausgereifte Urothelien mit oft auffallend großen, sonst aber wenig atypischen Kernen auf. Charakteristisch ist die Diskrepanz zwischen Atypie des Zellkerns und hohem Ausreifungsgrad des Zytoplasmas. Die Kernatypie besteht in einer leichten Hyperchromasie und Vergröberung der Chromatinstruktur. Außerdem sind die Nukleolen verplumpt [77]. Kerbungen der Kernmembran können wie bei neoplastischen Zellen vorhanden sein. Auch kommen doppel- und mehrkernige Deckzellen vor mit zwei oder mehr unterschiedlich großen Kernen (Abb. 12.10 und 12.11). Nicht auszuschließen, dass es sich dabei teilweise um geschädigte neoplastische Zellen handelt [47]. Denn Mitomycin führt zu einer Schädigung der Kernspindel und dadurch zur Mitosehemmung. Der hohe Ausreifungsgrad der atypischen Zellen könnte darauf hinweisen, dass die Mitosehem-
Nichtneoplastische Zellveränderungen
237
a Abb. 12.11 Therapieeffekt unter Immunsuppression mit Imurek: basalzellähnliche Zellen mit abnormen Kernen (PapF, 525×)
b Abb. 12.10 Therapieeffekt. a Nach lokaler Behandlung mit Mitomycin: vergrößerte, leicht abnorme Zellkerne, ausgereiftes Zytoplasma (PapF, 525×), b nach lokaler BCG-Behandlung; neben Urothelien mit vergrößerten Kernen eine Riesenzelle vom Langhans-Typ (PapF, Obj. 63×)
mung den Zellumsatz des neoplastischen Epithels verlangsamt und damit eine Ausreifung des Zytoplasmas der Tumorzellen ermöglicht. Nach oraler oder parenteraler Behandlung extravesikaler Tumoren mit alkylierenden Substanzen (Cyclophosphamid, Busulfan) oder Bleomycin [96] und unter immunsuppressiver Behandlung mit Azathioprin (Imurek) kommt es zu einer abakteriellen hämorrhagischen Zystitis. Im Urin findet man außer einer Hämaturie Zellen mit abnorm vergrößerten, aber nicht entrundeten Kernen und homogenen eosinophilen Zytoplasmaeinschlüssen. Die Unterscheidung von Zellen eines Urothelkarzinoms kann schwierig sein. Auch degenerativ veränderte Zellen mit pyknotischen oder karyorrhektischen Kernen kommen vor. Da Zytostatika zur Immunsuppression führen, treten gelegentlich auch mit Polyomavirus infizierte Zellen („Decoy-Zellen“, s. unten) auf.
Abb. 12.12 Therapieeffekt nach Bestrahlung eines Portiokarzinoms: degenerative veränderte doppelkernige Urothelzellen, Kernatypie (PapF, 875×)
Strahlenschädigung Röntgenbestrahlung von Harnblasentumoren oder Tumoren der Nachbarorgane kann zu einer „Strahlen zystitis“ führen. Die zytologischen Veränderungen entsprechen den auch in anderen Organen beobachteten radiogenen Zellschäden: Die Kerne der Urothelien sind geschwollen oder wie das Zytoplasma vakuolisiert und degenerativ verändert (Abb. 12.12). Bei bestrahlten Harnblasenkarzinomen sind die strahlengeschädigten nichtneoplastischen Urothelien manchmal schwer von Karzinomzellen zu unterscheiden.
Ersatzblase/Ileum-Conduit Die Harnblase wird gelegentlich durch Einpflanzen der Ureteren in eine isolierte Ileum- oder Kolonschlinge ersetzt. Das Conduit (frz. für Leitung, Röhre) wird durch
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Kapitel 12
Abb. 12.13 Ileum-Conduit. Zahlreiche degenerative veränderte Darmepithelien (PapF, 525×)
12
die Bauchdecke in ein Urinal entleert. Urin aus einem Darmschlingen-Conduit ist leicht zu erkennen. Es enthält eine große Anzahl von meist stark degenerativ veränderten Zylinderepithelien (Abb. 10.13). Die Kerne der Epithelien sind pyknotisch, das Zytoplasma ist eosinophil bis zyanophil gekörnt, die Zellgrenzen lösen sich auf. Präparate von Conduit-Urin müssen besonders sorgfältig durchgemustert werden, da sie versteckt zwischen den degenerativ veränderten Darmepithelien Zellen von Rezidiv- oder Zweitkarzinomen der oberen Harnwege enthalten können [90].
Erregerbedingte Erkrankungen Zystitis Unspezifische Entzündungen der ableitenden Harnwege sind eine Begleiterscheinung vieler Erkrankungen und oft iatrogen bedingt (Katheter, chirurgische Eingriffe, lokale zytostatische Behandlung). Zystitiden ohne Vorerkrankungen kommen vor allem bei Frauen vor. Die Veränderungen verursachen krampfartige Schmerzen und Brennen beim Wasserlassen. Ursache der akuten Zystitis sind meist Kolibakterien, seltener anaerobe Keime, die offenbar eine besondere Fähigkeit zur Adhärenz an die Urothelien besitzen [65]. Histologie. Das Urothel ist geschädigt, abgeflacht oder abgehoben, die Schleimhautoberfläche mit Fibrin und neutrophilen Granulozyten bedeckt. Das Schleimhautstroma kann hämorrhagisch und von einem mehr oder weniger dichten lymphoplasmazellulären Infiltrat durchsetzt sein. Zytologie. Je nach Grad der Entzündung wechselt die Zahl der neutrophilen Granulozyten im Ausstrich bis hin zu rein purulenten Zellbildern. Gelegentlich finden sich auch Detritus, Erythrozyten und histiozytäre Schaumzel-
Harntrakt
len. Die mit der Entzündung verknüpften regeneratorischen Vorgänge geben sich in kleinen Basalzellverbänden zu erkennen, die nicht als Papillom- oder Karzinomzellen fehlgedeutet werden dürfen. Zellverbände sprechen in Urin und Harnblasenspülflüssigkeit für einen entzündlichen Prozess. Gerade die kompakte backsteinförmige Anordnung der Zellen spricht gegen einen Tumor, da die Lockerung der interzellulären Bindungen ein wichtiges Kennzeichen des neoplastischen Urothels ist. Je nach Schwere der Zystitis werden auch Bakterien im Urinsediment beobachtet. Eine Sonderform ist die SoorZystitis. Sie kann mit einer schweren granulozytären Entzündung einhergehen. Bei Patienten mit Immundefekten kommen gelegentlich, ohne dass eine Zystitis besteht, große Massen von Bakterien vor, obwohl die Probe sofort nach Miktion mit Alkohol versetzt wurde. Bei Frauen handelt es sich dabei meist um Keime der Scheidenflora: DöderleinBakterien (s. Abb. 7.9), Gardnerella mit typischen „clue cells“ (s. Abb. 7.25), Leptothrix vaginalis (s. Abb. 7.27).
Urophlegmone Synonyme: pseudosarkomatöse Veränderung, entzündlicher Pseudotumor
Dringt Urin in das suburotheliale Gewebe ein, kommt es zu einer schweren fibrosierenden Entzündung mit enormer Stimulation der Fibroblasten. Ursache sind iatrogene oder tumorbedingte Perforationen der Urothelschleimhaut. Histologisch entsteht ein sarkomähnliches Bild [48]. Zytologie. Zytologisch können im Feinnadelaspirat aus der auch klinisch einen Tumor vortäuschenden Läsion Fibroblasten mit bizarren Kernen nachweisbar sein. Die Chromatinstruktur ist aber im Verhältnis zu Vergrößerung und Polymorphie der Kerne gering. Meist haben sie einen prominenten, zentral gelegenen eosinophilen Nukleolus. Das Zytoplasma ist feinwabig aufgelockert oder fein granulär.
Tuberkulose/BCG-induzierte Veränderungen Die granulomatöse Urozystitis im Rahmen der Urogenitaltuberkulose ist bei uns selten geworden. Eine granulomatöse Entzündung findet man gelegentlich nach lokaler Bazillus Calmette-Guerin (BCG)-Therapie von nichtmuskelinvasiven urothelialen Neoplasien. Zytologie. Korrelat der granulomatösen Entzündung sind Epitheloid- und Langhans-Riesenzellen. Der Erfolg der Behandlung, d. h. ob es mit der Behandlung gelang, die neoplastischen Zellen auszurotten, ist jedoch wegen der damit verbundenen entzündlichen Veränderungen
Nichtneoplastische Zellveränderungen
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im konventionellen nach Papanicolaou gefärbten Präparat nicht immer eindeutig zu bestimmen. Im Allgemeinen führen konventionelle Zytologie und FISH-Untersuchung zu übereinstimmenden Ergebnissen. Bei eindeutigen zytologischem Befund liefert der Test keine zusätzliche Information, hilft aber in den Fällen weiter, in denen eine eindeutige zytologische Diagnose nicht möglich ist [94].
Zytomegalie Zytomegale Zellen werden selten im Urin von immunsupprimierten Patienten gefunden [107]. Sie sind im Urin oft etwas geschrumpft, aber dennoch ohne weiteres an den großen nukleären Einschlusskörpern zu erkennen. In Zweifelsfällen hilft die Immunzytochemie weiter.
Abb. 12.14 Hyaliner Zylinder (PapF, 330×)
HPV-Infekt/kondylomatöse Läsion Koilozyten (Plattenepithelien mit perinukleärer Zytoplasmaaufhellung) werden gelegentlich, besonders bei nierentransplantierten Patienten auch im Urin beobachtet. Sie stammen meist aus dem äußeren Genitalbereich und deuten auf einen Infekt mit dem menschlichen Pa pillomavirus hin [1]. Einzelheiten s. S. 122 ff.
Urogenitale Schistosomiasis Die urogenitale Bilharziose wird durch Schistosoma haematobium, selten auch durch S. mansoni hervorgerufen. Sie kommt hauptsächlich in Ägypten und anderen Ländern Afrikas vor. Die Trematoden legen ihre Eier in der Wand von Harnblase und Beckenorganen ab. Dies löst eine schwere diffuse, granulomatöse und eosinophilenreiche Entzündung im Stroma der Mukosa aus. Je nach Ausdehnung des Wurmbefalls erfasst die tumorförmige Entzündung die ganze Wand von ableitenden Harnwegen und Rektum. Die Folge ist ein Harnstau mit allen seinen renalen Komplikationen. Die Schistosomiasis der Harnblase erhöht das Risiko der Karzinomentstehung. Eine Besonderheit der Harnblasenkarzinome bei Schistosomiasis ist der hohe Anteil von Plattenepithelkarzinomen [73]. Zytologie. Gelegentlich sind Schistosomeneier im Urin zu finden (s. Abb. 5.29).
Renale Erkrankungen Onkologische Fragestellungen stehen zwar im Mittelpunkt der urozytologischen Untersuchungen. Doch stößt man immer wieder auf Befunde, die auf nichtneoplasti-
Urothel
Abb. 12.15 Erythrozytenezylinder (PapF, 330×)
Abb. 12.16 Epithelzylinder (PapF, 330×)
sche Erkrankungen, insbesondere auf Erkrankungen der Niere hinweisen. Harnzylinder sind ein häufiger Nebenbefund. Sie stellen Ausgüsse von Nierentubuli dar (Abb. 12.14–12.16). Ihre Matrix ist das Tamm-Horsfall-Protein. Einschlüsse von Erythrozyten, Epithelien, Zelltrümmern, Farbstoffen und anderen Substanzen in der proteinösen Matrix verleihen den Zylindern eine spezifische Morphologie und
240
12
Kapitel 12
erlauben Rückschlüsse auf die zugrunde liegende Nierenerkrankung. Hyaline Zylinder sind häufig und kommen bei verschiedenen Nierenerkrankungen, hohem Fieber, nach diuretischer Behandlung, nach körperlicher Anstrengung, aber auch beim Nierengesunden vor. Sie bestehen aus dehydratisiertem Tamm-Horsfall-Protein. Im Papanicolaou-Präparat erscheinen sie homogen blass-grau. Wachszylinder erscheinen im Terminalstadium chronischer Nierenerkrankungen. Sie sehen ähnlich aus wie hyaline Zylinder, sind aber dichter, schärfer konturiert und glänzen im Durchlicht wachsartig. Bei Plasmozytomnieren sind die Wachszylinder von reaktiven synzytialen Riesenzellen umlagert und enthalten mitunter Nierenepithelien [17]. Erythrozytenzylinder sind häufige Begleiter einer renalen Hämaturie. Ähnlich aussehende Erythrozytenaggregate werden manchmal bei nichtrenalen Blutungen gefunden. Sie stellen ein Artefakt dar. Sie sind weniger kompakt und wirken weniger gleichmäßig zylindrisch als die aus den Nierentubuli kommenden Erythrozytenzylinder. Epithelzylinder bestehen aus konglomerierten Tubuluszellen und treten bei schweren tubulären Nierenschäden, u. a. bei toxisch bedingeten Tubulusnekrosen und Transplantatabstoßung, auf. Granulozytenzylinder weisen auf eine akute eitrige Pyelonephritis hin. Fettkörnchenzylinder kommen bei nephrotischem Syn drom und diabetischer Nephropathie vor. Hämoglobin- und Myoglobinzylinder finden sich bei schwerer Hämo- bzw. Myolyse (Muskeltrauma). Granulierte Zylinder werden bei akuten und chronischen Nierenerkrankungen ausgeschieden. Die Granula entsprechen je nach zugrunde liegender Erkrankung Granulozyten-, Erythrozyten- und Epithelzelltrümmern.
Glomeruläre Erkrankungen Eine glomeruläre Erkrankung ist beim Nachweis von mehr als 10% dysmorpher Erythrozyten anzunehmen. Zeichen der Dysmorphie sind feine blasige Membranausstülpun gen, Membranrupturen mit Entleerung des Zytoplasmas, Halbmondformen und granuläre Ablagerungen entlang der Innenseite der Erythrozytenmembran. Die Erythrozyten erleiden diese Veränderungen bei der Passage des glomerulären Filters [29]. Die Veränderungen sind besonders gut mit dem Phasenkontrastmikroskop im nativen Urinsediment, aber auch in gefärbten Präparaten zu erkennen (Abb. 12.17). Inwieweit sie auch an fixierten und gefärbten Präparaten aussagekräftig sind, wurde bisher nicht ausreichend untersucht.
Harnzylinder
Harntrakt
Abb. 12.17 Dysmorphe Erythrozyten bei klinisch erwiesener Glomerulonephritis (PapF, 840×)
Pyelonephritis Infektiös-eitrige Entzündungen der Niere geben sich im Urin durch Leukozyturie und Granulozytenzylinder zu erkennen. Phasenweise können Eosinophile auftreten.
Xanthogranulomatöse Pyelonephritis Die xanthogranulomatöse Nephritis ist eine seltene Spielform der Pyelonephritis. In ihrer Pathogenese spielen E. coli, Proteus mirabilis, Staphylokokken und Steinleiden eine Rolle. Wahrscheinlich werden in pyelonephritischen Nieren bei Urinstase vermehrt Lipide aus zerfallenen Granulozyten freigesetzt und dann von Makrophagen aufgenommen. Radiologisch wird die Veränderung zunächst oft als Tumor fehlgedeutet und biopsiert. Histologisch sind größere Areale des Nierengewebes zerstört. Am Rand der Destruktion findet man überwiegend lipidhaltige Schaumzellen und Riesenzellen. Zytologie. Das Urinsediment ist oft stark hämorrhagisch und entzündlich verändert und enthält zuweilen Schaumzellen [6]. Im Feinnadelaspirat beherrschen die Schaumzellen das Bild. Daneben finden sich aber auch größere Aggregate von spindeligen Zellen mit locker strukturierten Kernen, einzelne histiozytäre Riesenzellen und eventuell Reste von Glomerula (Abb. 12.18).
Nichtneoplastische Zellveränderungen
Abb. 12.18 Xanthogranulomatöse Pyelonephritis. Tubulus- und Schaumzellen im Feinnadelaspirat (PapF, 525×)
Urolithiasis Harnsteine sind stets von einer Entzündung der Harnwege begleitet. Die entzündlichen Epithelveränderungen reichen von leichter chronischer Irritation bis zu schwe rer Destruktion und Ulzerationen der Urothelschleimhaut. Zytologie. Kennzeichnend sind Hämaturie, Kristalle, unterschiedlich starke Vermehrung von Entzündungszellen und gesteigerte Desquamation von von Urothelien mit Ablösung von glatt begrenzten oder papilliformen Zellverbänden. Darüber hinaus kommen Kernatypien vor, die zu einer falsch-positiven Diagnose verleiten können. In etwa der Hälfte der Fälle ist das Urinsediment unauffällig [46, 53]. Bei Nachweis von Kernatypien sind Wiederholungs- und/oder FISH-Untersuchungen angezeigt. Die durch Lithiasis bedingten reaktiven Atypien bilden sich nach Steinentfernung zurück.
Nierentransplantatabstoßung Die Nierentransplantation (NT) ist die Therapie der Wahl für Patienten mit einer chronischen terminalen Niereninsuffizienz, um eine hohe Lebensqualität zu erhalten. Früher wurden hauptsächlich Organe von Verstorbenen (z. B. Unfallopfern) übertragen. Mit dem Rückgang der Leichennierenspende und dem zunehmenden Organbedarf (Ausweitung der Indikation zur Transplantation) hat die Lebendnierenspende von verwandten und nichtverwandten Spendern an Bedeutung gewonnen. Jede Transplantation birgt das Risiko einer Abstoßung des transplantierten Organs. Auch wenn das Abstoßungs risiko bei eineiigen Zwillingen verschwindend gering ist, so sind doch Einzelfälle beschrieben. Das Abstoßungs risiko hängt von der Zahl nicht übereinstimmender
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HLA-Klasse-I- und –II-Antigene ab und vom Vorhandensein oder Fehlen von Antikörpern, die gegen diese Antigene gerichtet sind. Bei Leichennierentransplantaten kommen noch die ischämische Vorschädigung und das Grundleiden des Organspenders als Einflussgrößen für das Überleben des Transplantats hinzu. Vor kaum mehr als 50 Jahren wurde die erste erfolgreiche Transplantation bei eineiigen Zwillingsbrüdern vorgenommen. Bis 1980 betrug das 1-Jahres-Transplantat (Tx)-Überleben ca. 50%. Heute liegt das 1-JahresÜberleben des Tx bei über 90% und das 10-Jahres-Überleben bei über 50%. Dies ist nicht zuletzt durch die Einführung hoch wirksamer Immunsuppressiva zurückzuführen. Dazu gehören Calcineurin-Inhibitoren, mTOR Inhibitoren Eurolimus und Sirolimus, Mycophenolat Mofetil und diverse gegen Lymphozyten gerichtete Antikörperpräparate. Diese hoch wirksamen Immunsuppressiva bergen aber gleichzeitig die Gefahr von viralen Infektionen (Polyomavirusinfektion), die bei immunkompetenten Patienten selten oder gar nicht vorkommen. In ihrer zeitlichen Abfolge sind die wichtigsten Transplantatschäden: • akutes Nierenversagen oder Nichtfunktionieren des Transplantats bedingt durch eine ischämische Vorschädigung der Leichenniere, • abstoßungsbedingte Tx-Dysfunktion, • Medikamentenschäden und seltene Infekte. Klinik der Transplantatabstoßung. In allen Fällen besteht eine Transplantatdysfunktion mit einem Anstieg des Kreatinins im Serum. Beim primär nicht funktionierenden Transplantat kann die Urinausscheidung fehlen. Andere Symptome wie Fieber, Transplantatschmerzen, Blutdruckanstieg, die früher häufig eine Abstoßungsreaktion begleitet haben, kommen heute nur noch sehr selten vor. Oft wird die Tx-Dysfunktion auch in der Frühphase nach Tx zufällig durch den Kreatininanstieg entdeckt. Auch kann die Erhöhung des Kreatinins fehlen und die Abstoßung wird zufällig in einer Protokollbiopsie entdeckt (subklinische Abstoßung). Auch wenn die Urinzytologie im Rahmen der Abstoßungsdiagnostik heute keine Rolle mehr spielt, hat sie doch als Screeningmethode für die Diagnose der Polyomavirusinfektion eine Renaissance erfahren (s. dort). Da alle oben aufgeführten Nierenschäden einzeln oder in Kombination vorkommen können, ist die Kenntnis der Urinbefunde, die dabei beobachtet werden können, wichtig. Histologie. Bei einer primären, d. h. nicht durch Abstoßung bedingten Dysfunktion des Transplantats findet man histologisch wie bei einem akuten Nierenversagen variable Schäden, die hauptsächlich die Tubuli betreffen. In den proximalen Tubuli, den auf Sauerstoffmangel empfindlichsten Strukturen der Niere, kommt es zu Einzelzell- oder Gruppennekrosen, die in das Tubuluslumen abgestoßen werden.
242
12
Kapitel 12
Die abstoßungsbedingten Schäden können alle drei Kompartimente der Niere betreffen: Arterien, Glomerula und tubulointerstitiellen Raum. Die Kompartimente können einzeln oder in beliebiger Kombination mit anderen betroffen sein. Am häufigsten spielen sich die Veränderungen im tubulointerstitiellen Raum ab. Dabei besteht im typischen Fall ein variables Ödem begleitet von wechselnd dichten mononukleären Infiltraten (kleine und aktivierte Lymphozyten, hauptsächlich T-Zellen), eosinophile Leukozyten, Monozyten/Histiozyten/Makrophagen, später auch Plasmazellen. Diese Infiltratzellen wandern bei einer floriden Abstoßung in die Tubuli ein („Tubulitis“) und verursachen dort Tubulusschäden bis hin zur Apoptose der Epithelien. In der Erholungsphase kommen viele Mitosen im Tubulusepithel vor. Diese Form der Abstoßung ist der Prototyp der T-Zell-vermittelten Abstoßungs reaktion. Nur diese Form der Abstoßung lässt sich im Urin diagnostizieren. Die Abstoßungsvorgänge in Glomerula und Arterien kommen häufig in Kombination mit einer Abstoßung im tubulointerstitiellen Raum vor. Sie sind entweder ebenfalls durch T-Zellen (zelluläre Abstoßung) oder durch Antikörper verursacht, die vorbestanden oder sich nach der Transplantation gegen Transplantatantigene (humorale Abstoßung) entwickelt haben. Die Veränderungen an Arterien und Glomerula reichen von intravasaler Gerinnung (TMA, thrombotische Mikroangiopathie), über nekrotisierende Endovaskulitis bis hin zu infiltrativen Veränderungen der Intima (sog. „Endothelialitis“ bzw. Infiltrative Endovaskulitis/Endarteritis) und/oder der Glomerulumschlingen (Glomerulitis). In schwersten Fällen kann die TMA zur hämorrhagischen Nekrose des Tx führen, in leichten Fällen sind Endothelialitis oder Endovaskulitis und/oder Glomerulitis Zufallsbefunde in Protokollbiopsien. Die wichtigsten Medikamentenschäden sind auf Calcineurin-Inhibitoren (Cyclosporin, Tacrolimus) zurückzuführen. In den Tubulusepithelien kam es früher unter hohen Dosen zu einer sog. isometrischen Vakuolisierung des Epithels der proximalen Tubuli, zur Bildung von Megamitochondrien im Tubuluseepithel und zu Mikroverkalkungen von der Größe einzelner Tubulusepithelien. Wichtiger als diese schnell reversiblen Tubulusschäden, ist die nekrotisierende Arteriolopathie (CNI-Arteriolopathie = abortive TMA), die langfristig zu interstitieller Fibrose und Tubulsatrophie und somit zu einer irreversiblen Einschränkung der Nierenfunktion führen kann. In der Diagnostik der medikamentenbedingten Schäden hat die Urinzytologie heute keinen Platz mehr. Unter den Infektionen spielt heute praktisch nur die Polyomavirusnephropathie eine Rolle (s. unten). Zytologie. In den zytologischen Präparaten finden vor allem die ischämisch und toxisch bedingten tubulären sowie die entzündlichen interstitiellen Veränderungen ih-
Harntrakt
Abb. 12.19 Nierentransplantatabstoßung. Tubulusepithelien mit aktivierten Kernen im Urin 10 Tage nach Transplantation (PapF, 525×)
Abb. 12.20 Interstitielle Nierentransplantatabstoßung. Hämaturie und Lymphozyturie (PapF, 525×)
ren Niederschlag. In der unmittelbar der Transplantation folgenden Periode enthält das Urinsediment über 3– 5 Tage Detritus, Erythrozyten, Zylinder und Tubulusepithelien. Später sind Tubuluszellen der empfindlichste Indikator der Abstoßung (Abb. 12.19). Sie sind Ausdruck der ischämiebedingten Tubulusschädigung. Die Ausscheidung von Lymphozyten im Urin ist weniger spezifisch. Doch erscheinen besonders bei der interstitiellen Form der Abstoßung pyroninophile, ribosomenreiche Lymphozyten schon 5 bis 11 Tage vor der klinischen Manifestation. Man findet sie selten schon in der ersten Abstoßungsphase unmittelbar nach Transplantation (Abb. 12.20). Dennoch sind aktivierte Lymphozyten in dieser Periode das zuverlässigste Abstoßungszeichen. Sie können auch bei chronischer Abstoßung weitgehend fehlen. Auch in Feinnadelaspiraten sind die Vermehrung der Lymphozyten und nekrotische Tubuluszellen die wichtigsten Abstoßungszeichen. Eine Abstoßung wird vor allem dann angenommen, wenn die weißen Blutzellen im Vergleich zum peripheren Blut ansteigen [60].
Urotheliale Tumoren
243
Ein höchst empfindlicher Parameter der interstitiellen Abstoßung ist die Zunahme von zytotoxischen Suppressorzellen (CD8 pos., CD56 pos.) und aktivierten T-Lymphozyten (CD25 pos.) im Urin. Die glomeruläre Abstoßung führt dagegen nur zu Hämaturie und Proteinurie. Eine Aussage zur Frage nach einer Tx-Abstoßung sind folgende Parameter wichtig: Gesamtzellzahl im Urin und Zelldifferenzierung (Tubuluszellen, Lymphozyten) sowie die immunzytochemische Bestimmung des Anteils von aktivierten T-Lymphozyten (CD25 pos.), T-Suppressorund zytotoxischen Lymphozyten (CD8 pos.). Überwiegt der Ciclosporinschaden, finden sich hauptsächlich Tubuluszellen, während eine Abstoßung anzunehmen ist, wenn CD25 pos. 3,5×102/ml, CD8 pos. 2,5×10/ml und das Verhältnis zwischen HLA-DR pos./Lu5 pos.-Tubuluszellen 1,6 betragen [60].
Klinisches Vorgehen. In der Diagnose der BKN spielt der zytologische Nachweis von Decoy-Zellen eine herausragende Rolle. Empfohlen wird eine zytologische Urinuntersuchung mindestens alle 3 Monate während der ersten 2 Jahre nach Nierentransplantation, danach eine jährliche Kontrolle bis 5 Jahre nach Transplantation und darüber hinaus bei Nierenfunktionsstörung und zum Zeitpunkt einer Nierenbiopsie. Werden innerhalb 2–4 Wochen wiederholt Decoy-Zellen im Urin nachgewiesen, folgt der quantitative Nachweis von BKV-DNA im Blut mittels PCR. Bei Positivität der PCR (>10.000 Kopien/ml) folgt die Nierenbiopsie. Bei histologisch nachgewiesener BKN wird die immunsuppressive Therapie geändert und evtl. eine antivirale Therapie eingeleitet. Zur Verlaufskontrolle werden Serumkreatinin, die virale DNA im Blut und die Decoy-Zellen im Urin bestimmt [15].
Differentialdiagnose. Die Vermehrung der Tubuluszellen ist für die Abstoßungsreaktion so wenig spezifisch wie die Lymphozyturie. Tubuluszellen werden manchmal auch bei anderen Formen des Nierenversagens, so bei Durchblutungsstörungen in größerer Zahl beobachtet. Eine signifikante Vermehrung der Sammelrohrzellen kommt auch bei Exsikkose und prärenaler Ischämie vor. Lymphozyturie ohne pathologische Erhöhung der Sammelrohrzellen wird bei ZMV-Infektion, akutem toxi schem Nierenversagen, interstitieller Zystitis, Harnwegsinfekten und Nierenschäden durch Aminoglykoside und Tuberkulostatika beobachtet [27].
Histologie. Nukleäre Viruseinschlusskörper finden sich nicht nur im Epithel von Nierenbecken und Ureteren, sondern auch in den Zellen von Sammelrohren und anderen Tubulusabschnitten der Niere [76].
Bedeutung der Zytologie für die Diagnose der Abstoßung. Die Auswertung alle dieser Parameter im Urinsediment ist zeitaufwendig und methodisch nicht ganz einfach. Sie ersetzt auch nicht die Nierenbiopsie. Doch die Kenntnis der urinzytologischen Befunde erleichtert es, akute Abstoßung und Schädigungen durch die immunsuppressive Therapie und andere Faktoren zu diagnostizieren [60].
Polyomavirusnephropathie Unter Immunsuppression kann es zu einer klinisch manifesten Infektion der Nieren kommen. Pathogen wirkt dabei fast ausschließlich das BK-Virus [11]. Drei Faktoren begünstigen die Reaktivierung des Polyomavirusinfekts: Immunsuppression, insbesondere mit Tacrolimus und/oder Mycophenolat Mofetil, Transplantatabstoßung und männliches Geschlecht der Patienten, sofern sie ihr Transplantat nicht von einem blutsverwandten Spender erhielten. Die Transplantatabstoßung allein genügt nicht für den Ausbruch der BK-Nephropathie (BKN) [9, 75, 86].
Nierentransplantatabstoßung
Zytologie. Als hochsignifikant für das Vorliegen einer BKN gilt der Nachweis von Decoy-Zell-Haufen im Urin. Es handelt sich dabei um Zylinder von Polyomavirus-infizierten Tubulusepithelien. Positiver und negativer Vorhersagewert dieses Phänomens sollen 97% und 100% betragen [99].
Urotheliale Tumoren Histologische Einteilung Wichtigste histologische Kriterien für die Einteilung der Urotheltumoren [26] sind der Grad der Epithelatypie und das Tiefenwachstum (Abb. 12.21). Daneben sind die Zahl der Zelllagen und der Verlust der Polarität des Epithel aufbaus von Bedeutung. Die Bestimmung des Atypie grades der Urothelkarzinome ist infolge hoher Inter observer-Variabilität eingeschränkt [89, 100].
Abb. 12.21 Definition der pT-Stadien des Urothelkarzinoms. S Schleimhaut, M Muscularis, A Adventitia
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Kapitel 12
Harntrakt
Biologisches Verhalten Über 70% aller nichtmuskelinvasiven Urothelkarzinome rezidivieren. Meist tritt das Rezidiv schon nach 6–12 Monaten auf [58, 103]. Zur Erklärung der Rezidivneigung gibt es zwei Hypothesen: 1. Das gesamte Urothel ist bei Karzinompatienten im Sinne der Feldläsion präkanzerös verändert. 2. Amöboide Bewegungen ermöglichen es den Karzinomzellen, sich intraepithelial auszubreiten.
12
Dass Letzteres eine viel wichtigere Rolle spielt als früher angenommen, belegen molekularbiologische Befunde [35]. Damit erklärt sich auch die zytologische Beobachtung, wonach Rezidive von Urotheltumoren in der Regel denselben zytologischen Aspekt aufweisen wie der Primärtumor. Infolge der intraepithelialen Tumorausbreitung sind in mehr als 20% der Fälle nach transurethraler Resektion eines Harnblasentumors noch Tumorzellen in Spülflüssigkeit und Urin vorhanden, obwohl zystoskopisch kein Tumor mehr nachweisbar ist [25, 37, 68]. Desgleichen besteht ein hohes Rezidivrisiko, wenn bei der Kontrollzystoskopie nach Tumorresektion die Harnblase tumorfrei erscheint, zytologisch jedoch neoplastische Zellen nachweisbar sind [110]. Für den klinischen Verlauf ist das pT-Stadium entscheidend. Die Invasion des Tumorepithels in das Stroma stellt den Wendepunkt von einem relativ harmlosen zu einem häufig rezidivierenden und prognostisch ungünstigen Tumor dar. Nur die noch auf das Schleimhautstroma beschränkten Karzinome (pT1) haben trotz deutlich höherer Progressionsneigung noch eine gute 5-JahresÜberlebenschance. Sie weisen aber im Vergleich zu den nichtinvasiven pTa-Tumoren eine viel höhere Zahl von genetischen Störungen auf. Die 5-Jahres-Überlebenszeit der Karzinome pT2–4 beträgt nur 30% (Abb. 12.22). Für die Abschätzung des Rezidiv- und Progressionsrisikos von nichtmuskelinvasiven Urothelkarzinomen wird von der Europäischen Gesellschaft für Urologie ein Beurteilungsschema empfohlen, das die Anzahl Tumoren, den Tumordurchmesser, Rezidive in der Vorgeschichte, das pT-Satdium (pTa versus pT1), ein gleichzeitig nachgewiesenes Carcinoma in situ und den histologischen Grad berücksichtigt [5]. Die resultierenden Risikogruppen (geringes, mittleres, hohes Risiko) erhalten eine unterschiedliche adjuvante Therapie.
Abb. 12.22 Tumorspezifisches Überleben der Urothelkarzinome in Abhängigkeit vom pT-Stadium
mit Polyploidisierung der Zellkerne zu reagieren, erschwert das Grading. Die mikroskopische Abgrenzung einer neoplastisch bedingten Atypie von degenerativen und entzündlichen Kernveränderungen ist daher oftmals unmöglich. Deshalb fehlt eine international anerkannte Klassifikation der urozytologischen Befunde [70, 87]. In Anbetracht dieser Schwierigkeiten sind wir von der von uns ursprünglich favorisierten Klassifikation von Esposti nach Atypiegraden abgekommen und klassifizieren die Befunde wie folgt (Abb. 12.23) [13]: • Zweifelhaft (unklare Kernveränderung): Die Kernveränderungen sind im Vergleich zu regelrechten Urothelien minimal. Der Zellkern liegt zentral im Zytoplasma, das Chromatin ist fein strukturiert, die Kernkontur regelmäßig, die Kernmembran gelegentlich gekerbt oder gebuchtet. Die Kern-Plasma-Relation ist höchstens gering gesteigert. Auf eine „low grade“ urotheliale Neoplasie weist allenfalls die Gleichförmigkeit der Zellpopulation hin. Sind der zystokopische Befund und der obere Harntrakt in der Bildgebung un-
a
b
c
d
Zytologische Klassifikation Der zytologische Atypiegrad ist zwar mit dem biologischen Verhalten einer neoplastischen Veränderung korreliert, aber die Vielgestaltigkeit normaler Urothelien und ihre große Neigung, auf entzündliche Irritationen
Abb. 12.23 Zytologische Befundkategorien. a unverdächtig, b zwei felhaft, c verdächtig, d wenig differenziertes Urothelkarzinom/urotheliales CIS
Urotheliale Tumoren
auffällig, erübrigen sich weitere diagnostische Maßnahmen. • Verdächtig auf Neoplasie: Die Zellen sind kleiner als regelrechte Urothelien, die Kern-Plasma-Rela tion deutlich gesteigert, die Kerne entrundet, ver mehrt grob strukturiert, aber nicht eindeutig von entzündlich-reaktiv veränderten Kernen zu unterscheiden. • Neoplastische Zellen (tumorpositiv): Die Zellen zeigen alle zytologischen Kriterien der Malignität. Sie sind unterschiedlich groß, ihre Kerne stark polymorph und hyperchromatisch. Das Kernchromatin deutlich vergröbert und verdichtet. Die Kerne ähneln manchmal den lavabrockenähnlichen Kernen des Plattenepithelkarzinoms. Die Diagnose gelingt meist auf den ersten Blick („Fünf-Sekunden-Diagnose“). Die zytologische Diagnose sollte immer auch den endoskopischen Befund mit einbeziehen. Wenn der zytologische Befund nicht eindeutig („zweifelhaft“ oder „suspekt“), endoskopisch aber ein Tumor nachweisbar ist, sollte der Kommentar etwa lauten: „Zytologischer Befund mit low-grade UC vereinbar“. Finden sich eindeutig neoplastische Zellen, sollte darauf hingewiesen werden, dass der zytologische Befund je nach endoskopischem Befund sowohl mit einem urothelialen Carcinoma in situ als auch mit einem invasiven high-grade Urothelkarzinom vereinbar ist.
Gutartige urotheliale Tumoren Hyperplasie und Papillom ICD-O-8120/21
Histologie. Eine flache Urothelhyperplasie entspricht meist entzündlichen Pseudopolypen im Rahmen einer Zystitis. Papillome ohne Epithelatypie sollen etwa 2–3% aller Urotheltumoren ausmachen. Das Epithel beider Läsionen entspricht normalem Urothel und soll nicht mehr als 7 Zelllagen breit sein, wobei die Beurteilung der Epithelbreite schwierig ist. Zu den Veränderungen ohne Atypie werden nach WHO auch die invertierten Papillome gerechnet. Zytologie. Da Kernatypien fehlen, sind beide Läsionen zytologisch nicht zu diagnostizieren. Das Papillom ohne Atypie lässt sich zytologisch nur vermuten, wenn ganze Gewebsfetzen mit der Stromaachse in die Harnblasenspülflüssigkeit oder in den Urin gelangen. Der Zellgehalt von Urin und Harnblasenspülflüssigkeit muss nicht erhöht sein. Zellbüschel ohne Kapillarachse sind nicht beweisend.
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Papilläre urotheliale Neoplasie mit niedrigem Malignitätspotential (PUNLMP) ICD-O-M-XXX
Histologie. Die papilläre Veränderung ist im Gegensatz zum Urothelpapillom durch einen Urothelbelag gekennzeichnet, der höher aufgebaut ist als regelrechtes Urothel, aber ebenfalls keine oder nur minimale zytologische Atypien aufweist. Zytologie. Das PUNLMP lässt sich allenfalls vermuten, aber nicht sicher diagnostizieren.
Nichtinvasive urotheliale Neoplasien Flache Dysplasie/Carcinoma in situ ICD-O-8120/2
Koss [58] beschrieb in einer Langzeitstudie an Arbeitern, die bei einem Arbeitsunfall dem Karzinogen Xenylamin ausgesetzt waren, und von denen etwa 7% innerhalb von 12 Jahren Urothelkarzinome entwickelten, vier Typen von Präkanzerosen des Urothels: primär „gutartige“ Papillome mit geringer Epithelatypie, flache Epithelhyperplasie/Epitheldysplasie, papilläres Carcinoma in situ (pTaG3) und flaches Carcinoma in situ. Die nichtinvasiven papillären Urotheltumoren (pTaG1–3) werden bei genügend langer Beobachtungszeit in 5–10% invasiv, die flachen Carcinomata in situ in ca. 50%. Präkanzerös verändertes Urothel kommt regelmäßig in der Umgebung von Urotheltumoren vor. Morphologisch sind Dysplasie und Carcinoma in situ noch ungenügend definiert, weil sie selten ohne vorangehende manifeste Tumorerkrankung entdeckt werden. Die Dysplasie geht erst nach einem langen Intervall in ein CIS über [47, 111]. Klinik. Die Präneoplasien verursachen bei genügend großer Ausdehnung dieselben zystitischen Symptome wie invasive Karzinome. Zystoskopisch erscheint die Urothelschleimhaut unauffällig oder samtartig verdickt und rötlich. Zum Zeitpunkt der zytologischen Entdeckung sind 25% der Carcinomata in situ noch symptomlos [58]. Histologie. Die histologische Diagnose der intraepithelialen Neoplasien beruht auf zytologischen und architektonischen Kriterien. Doch sind die verschiedenen Grade der intraepithelialen Neoplasie am Urothel viel schwieriger unterscheidbar als am Plattenepithel der Portio. Das neoplastische Epithel ist entweder verbreitert oder – besonders beim Carcinoma in situ – abgeflacht. Der polare Epithelaufbau ist gestört. Die Epithelbreite lässt sich nicht
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Kapitel 12
Harntrakt
zuverlässig bestimmen, da sie dehnungsabhängig ist. Form und Größe der Zellkerne wechseln. Die Kern-Plasma-Relation ist zugunsten der Kerne verschoben. Oft treten die Nukleolen deutlich hervor.
12
Zytologie. Bei Präkanzerosen jeder Art ist der Urin auffallend zellreich, sofern sich die Epithelveränderung auf ein größeres Schleimhautareal erstreckt. Kennzeichnend für die Urotheldysplasie sind hohe Kern-Plasma-Relation und Kernatypie trotz normaler Ausreifung des Zytoplasmas. Die Kerne mehrkerniger Zellen sind unterschiedlich groß. Das Kernchromatin ist mäßig bis deutlich vergröbert. Meist sind ein oder mehrere eosinophile Nukleolen erkennbar. Das urotheliale Carcinoma in situ (pTis) ist zytologisch relativ sicher zu diagnostizieren, seine Prognose ist aber ungünstig. Die Zellen des Carcinoma in situ sind hochgradig atypisch (G3, aneuploid) und liegen einzeln oder in lockeren Verbänden von 5 bis 15 Zellen. Der Kern hintergrund ist deutlich hyperchromatisch, das Chromatin stark vergröbert (Abb. 12.24). Der Atypiegrad ist derselbe wie bei einem Urothelkarzinom Grad 3 [31]. Typischerweise ist der Ausstrichhintergrund im Unterschied zum ulzerierten invasiven Karzinom frei von Detritus [47], kann aber auch reichlich Detritus enthalten, da die neoplastische Urothelveränderung zur Entzündung prädisponiert. Eine sichere Unterscheidung zwischen CIS und invasivem Urothelkarzinom ist zytologisch unmöglich.
Nichtinvasive papilläre Urothelkarzinome (pTaG1–3) ICD-O-8130/1
Die verschiedenen Grade der intraepithelialen Neoplasie (Dysplasie, Carcinoma in situ) sind bei papillären Tumoren ähnlich schwierig zu beurteilen wie bei den flachen Läsionen [49]. Die Grenzen zwischen papillären Karzinomen mit geringgradiger Atypie (Grad I) und solchen mit mittelgradiger Atypie (Grad II) sind fließend. Nichtinvasive papilläre Urothelkarzinome pTaG3 (WHO: „high grade“, ICD-O-M-8130/23) sind wesentlich seltener als pTaG1-2 (WHO: „low grade“, ICD-OM-8130/21). Histologie. Papilläre Urothelkarzinome (pTa) wachsen exophytisch auf einem verzweigten fibrovaskulären Gerüst. Sie weisen nur gering- bis mäßiggradige Urothelatypien auf. Das Epithel ist hyperplastisch und mehr als 7–10 Zellreihen breit. In manchen dieser Tumoren ist die Zahl der Mitosen deutlich erhöht. Die Kerne sind vergrößert und hyperchromatisch. Von den exophytisch wachsenden werden die sehr seltenen und meist gutartigen invertierten Papillome abgegrenzt, die sich in das Stroma der
urotheliale Neoplasie
Abb. 12.24 Urotheliales Carcinoma in situ. Mann, 65 Jahre, anamnestisch kein invasives Karzinom bekannt, endoskopisch kein Tumor sichtbar (PapF, 330×)
Abb. 12.25 Fragment eines pTa-Tumors (PapF, 210×)
Urothelscheimhaut entwickeln, ohne dass die epitheliale Basalmembran durchbrochen und das Stroma von Tumorzellen infiltriert wird. Sie rezidivieren selten. Zytologie. Der Zellgehalt der Ausstriche schwankt mit der Größe des papillären Urothelkarzinoms. Infolge Oberflächenerosion des Tumors kann der Ausstrichhintergrund wie bei einem invasiven Karzinom viele Granulozyten und Detritus enthalten. Bei den Papillomen finden sich gelegentlich kleine Büschel von kubischen oder zylindrischen bis spindeligen Urothelien (Abb. 12.25), die aber auch ohne Tumor vorkommen und ein sehr unzuverlässiges Kriterium darstellen, sofern nicht eindeutige Kernatypien G2–3 bestehen. Die kubischen Zellen ähneln Basalepithelien. Die Länge des peitschenförmigen Basalfortsatzes der schlanken zylindrischen Urothelien gibt manchmal einen Hinweis auf die Epithelbreite. Die Kerne sind nur leicht vergrößert, oft spindelig, wenig grob strukturiert, die Nukleolen meist unscheinbar. Bei niedrig malignen pTa-Tumoren werden gelegentlich Siegelringzellen als Zeichen einer glandulären Differenzierung beobachtet [98].
Urotheliale Tumoren
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Differentialdiagnose. Papillome, PUNLMP und nichtinvasive papilläre Urothelkarzinome mit niedriggradiger Epithelatypie sind in weniger als 50% zytologisch diag nostizierbar [12, 28, 56]. Bei den übrigen sind die Kerne von variabler Größe, überwiegend spindelig, manchmal aber auffallend polymorph und dann stark hyperchromatisch und grob strukturiert. Sie erscheinen oft wie die Miniaturausgabe der großen atypischen Zellkerne des klar invasiven Karzinoms (Abb. 12.26). Man muss nach ihnen suchen, besonders im Urin, wo sie leicht mit degenerativ veränderten Basalzellen verwechselt werden können.
Invasive Neoplasien des Harntrakts
Abb. 12.26 Papilläres Urothelkarzinom Atypiegrad G2 (PapF, 525×)
Urothelkarzinome (pT1–4) ICD-O-M-8120/3
Etwa 70% der invasiven Urothelkarzinome entstehen via Hyperplasie und Dysplasie unter Bildung von zunächst nichtinvasiven papillären Tumoren [72]. Der Rest sind nichtpapilläre, solide Karzinome. Beide Formen des Urothelkarzinoms unterscheiden sich kaum in ihrem biologischen Verhalten. Epidemiologie. Urothelkarzinome treten gehäuft in Agglomerationen mit petrochemischer Industrie auf. Risikofaktoren sind Rauchen, Schmerzmittelmissbrauch (Phenacetin), Aminobenzol-Farbstoffe (Anilin und Aristocholsäure [4]). In der Schweiz stellt das Urothelkarzinom bei den Männern ca. 4%, bei den Frauen 2% der jährlichen Krebstodesfälle. Das Verhältnis Männer zu Frauen beträgt etwa 3:2. Klinik. Die Patienten klagen über häufigen Harndrang (Pollakisurie), Brennen beim Wasserlassen (Dysurie) und blutigen Urin (Hämaturie). Der zystoskopische Nachweis der Harnblasentumoren ist meist einfach. Nierenbecken- und Uretertumoren sind oft erst radiologisch nachweisbar. Histologie. Besonders niedrig maligne pT1-, aber auch viele höhergradig maligne infiltrativen Urothelkarzinome pT2-4 lassen noch einen papillären Bau erkennen. Das Epithel ist meist auf deutlich mehr als 7 Zelllagen verbreitert. Die nur in die Lamina mucosae infiltrierenden pT1Tumoren unterscheiden sich von den pTa-Tumoren durch eine deutlich gesteigerte Progressionstendenz. Die wenig differenzierten Karzinome sind oft breit schüsselförmig zerfallen und infiltrieren mit soliden Strängen die Wand der Harnwege. Der Epithelaufbau ist hochgradig gestört, der urotheliale Charakter oft verwischt. Etwa 10% oder mehr sind herdförmig plattenepithelial und/ oder adenomatös differenziert [109]. Reine Plattenepithelkarzinome dürfen keine urothelial differenzierten
Urotheltumoren
Abb. 12.27 Papilläres Urothelkarzinom, histologisch pT1G2 (PapF, 525×)
Anteile enthalten. Ebenso sollte man von einem Adenokarzinom erst sprechen, wenn der gesamte Tumor glandulär differenziert ist. Andernfalls handelt es sich um Urothelkarzinome mit stark ausgeprägter plattenepithelialer oder glandulärer Differenzierung. Zytologie. Auch bei den invasiven Urothelkarzinomen ist das Sediment von Urin und Harnblasenspülflüssigkeit zellreich. Die Tumorzellen liegen meist einzeln und sind gewöhnlich deutlich größer als Basal- und Parabasalzellen, ja selbst als die Deckzellen des normalen Urothels. Kleine Büschel von hochgradig atypischen zylindrischen Urothelien können gelegentlich auf die papilläre Struktur des Tumors hinweisen (Abb. 12.27). Keine Mühe bereitet die Diagnose von Tumoren mit hochgradiger Zellatypie G3 (Abb. 12.28). Die Atypie ist meist auf den ersten Blick zu sehen. Die Zellkerne sind unterschiedlich groß, meist wesentlich größer als Basalzellkerne. Das Kernvolumen spiegelt die Zunahme der Aneuploidie wider [44]. Auch „Zellkannibalismus“ („Cell-in-cell-Phänomen“, s. S. 39) kommt bei besonders aggressiv wachsenden Tumoren vor [55].
248
Kapitel 12
Abb. 12.28 Invasives Urothelkarzinom, histologisch erwiesen (PapF, 525×)
12
Differentialdiagnose der urothelialen Neoplasien. Zellen aus dysplastischem Epithel sind manchmal schwer zu unterscheiden von Urothelien mit vergrößerten und infolge Zellschädigung pyknotischen Zellkernen, die bei Entzündungen der Urothelschleimhaut vorkommen. Auch von einem Mitomycineffekt ist die Dysplasie kaum abzugrenzen. Bei entzündlichem Hintergrund ist daher die Diagnose „Dysplasie“ mit Zurückhaltung zu stellen und eine Wiederholung der Untersuchung nach Abklingen der Entzündung zu verlangen. In Zweifelsfällen kann eine FISH-Untersuchung oder eine statische DNA-Zytometrie durch den Nachweis aneuploider Zellen weiterhelfen (s. unten). Selbst bei histologisch eindeutig invasiven Karzinomen, erst recht bei flacher Urotheldysplasie ist es oft schwierig, zytologisch die tumorbedingten Atypien von reaktiven Zellveränderungen zu unterscheiden. In diesen Zweifelsfällen können FISH oder die statische Zytometrie durch den Nachweis aneuploider Zellen weiterhelfen. Die Grenzen zwischen low-grade pTa- und mäßig differenzierten pT1-Tumoren sind zytologisch oft nicht scharf zu ziehen. Das urotheliale Carcinoma in situ ist zytologisch meist sicher zu diagnostizieren, da die neoplastischen Zellen hochatypisch sind (G3). Fallstricke der urologischen Zytologie sind degenerative und entzündlich veränderte Urothelien in Kombination mit detritischem Hintergrund bei Ileum-Conduit, Decoy-Zellen bei Polyomavirusinfekt [15], therapiebedingte Zellveränderungen (Zytostatika, Röntgenstrahlen, BCG-Behandlung) [62, 67] und plattenförmige („zweidimensionale“) Zellverbände und Büschel zylindrischer Epithelien mit reparativen Kernveränderungen bei Zystitis oder Urolithiasis. Man darf sich durch Unregelmäßigkeiten und Hyperchromasie der Kerne nicht täuschen lassen; sie sind Schrumpfungsartefakte und können Folge einer Epitheltraumatisierung durch das Endoskop sein [18]. Die zylindrischen Epithelien stammen aus dem Urethralepithel.
Urotheltumoren Urinyztologie
Harntrakt
Zusatzuntersuchungen. Da die zytologische Untersuchung gerade bei den erfolgreich behandelbaren Tumoren niedrigen Malignitätsgrades in einem großen Teil der Fälle versagt, wird eine Reihe von Zusatzmethoden diskutiert, die die Sensitivität der präendoskopischen Diagnostik verbessern sollen: Molekularbiologische Methoden: Molekulargenetische und konventionell zytogenetische Untersuchungen haben gezeigt, dass die „low grade“ pTa-Tumoren durch verhältnismäßig wenige Chromosomenveränderungen gekennzeichnet sind. Zu den Chromosomenanomalien, die in diesen genetisch stabilen Neoplasien gefunden werden, gehören insbesondere Verluste der Chromoso men 9 und Y. Dazu kommen unspezifische Polysomien von zahlreichen verschiedenen Chromosomen, die im Rahmen einer Tetraploidisierung auftreten. Die Bestimmung solcher unspezifischer Polysomien hat in pTa-Tumoren – analog zu den Ergebnissen der DNA-Zytometrie – prognostische Bedeutung [88, 91-93]. Im Gegensatz zu den pTa-Tumoren sind invasiv wachsende Karzinome (Stadien pT1–4) durch zahlreiche chromosomale Aberrationen gekennzeichnet. Besonders häufig kommen Deletionen von 5q, 6q, 8p, 9p, 9q, 11p, 11q, 13q, 17p und des Y-Chromosoms vor. Zugewinne von DNA-Sequenzen werden v. a. an 5p, 8q, 17q und 20q beobachtet. Zudem sind fast alle pT1- bis pT4-Karzinome aneuploid und weisen deshalb Polysomien von praktisch allen Chromosomen auf. Darüber hinaus kommt der Mikrosatelliten analyse eine gewisse Bedeutung zu [36, 104]. Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung: Unter den molekularbiologischen Tests kommt der FISH-Untersuchung eine herausragende Bedeutung zu [13, 39]. Mit dieser Technik lassen sich chromosomale Aberrationen unter gleichzeitiger Anwendung mehrer Sonden an Urinzellen mit einfachen Mitteln nachweisen. Der Test (UroVysion; Abbot Molecular Inc., Des Plaines, IL, USA) enthält die Zentromer-Proben für die Chromosomen 3, 7 und 17 sowie eine genortspezifische Probe für die Region 9p21. Die Sensitivität des Tests liegt bei 90–100%, die Spezifität bei >95%. Der Test erkennt praktisch alle Blasenkarzinome pT1–4 und mindestens 60–80% der pTa-Tumoren. Der Test ist nicht notwendig, wenn der zytologische Befund eindeutig ist, aber indiziert bei „zweifelhaften“ und „verdächtigen“ zytologischen Befunden sowie tumornegativer Zystoskopie und zytologischem Nachweis von atypischen Zellen [95]. Er bewährt sich besonders bei zytologisch unklaren Befunden in Ureter- und Nierenbeckenlavagen. DNA-Zytometrie: Eine große Zahl von Arbeiten untersuchte die Einsatzmöglichkeiten der DNA-Messung mittels Durchflusszytometrie oder statischer Zytometrie in der urologischen Tumordiagnostik. Während der Wert der durchflusszytometrischen DNA-Messungen zum Teil in Zweifel gezogen wird [32], steigert die direkte DNAMessung am Feulgen-gefärbten Ausstrich die Sensitivität des Tumorscreenings, verbessert die Vorhersage von Rezidiven in der Tumornachsorge und ist dadurch poten-
Urotheliale Tumoren
249
Tabelle 12.3 Sensitivität der DNA-Zytometrie in der Erkennung von Urotheltumoren Autor
n
Zyt
SCM/FCM
Amberson [2]
384
72%
84%
Billery [8]
400
99%
*78%
Koss [59]
71
74%
97%
de la Roza [24]
78
45%
56%
SCM statische Zytometrie, FCM Durchflusszytometrie, * Ergebnis mit FCM
tiell geeignet, die besonders rezidivgefährdeten Patienten zu selektionieren und damit einem Teil der Nachsorgepatienten zystoskopische Nachuntersuchungen zu ersparen (Tabelle 12.3) [23, 79]. Ein Tumorzeichen ist die 5c-exceeding-Rate (Zellen mit über dem Fünffachen) des DNA-Gehalts einer diploiden Zelle abzüglich der oktaploiden Zellen), ein noch zuverlässigeres die 9c-exceeding-Rate. Allerdings manifestieren sich die niedriggradigen pTa-Tumoren im Histogramm oft nur durch eine peridiploide Zellpopulation und eine tetraploide Zellfraktion von über 10%; eine scharfe Trennung von entzündlichen Histogrammveränderungen ist damit gerade bei diesen konventionell-zytologisch schwer diagnostizierbaren Tumoren nicht gegeben. Ob sich die DNAMessungen auch im reinen Dienstleistungslabor als praktikabel erweisen, muss angesichts der Überlegenheit der FISH-Untersuchungen gerade bei den diploiden Tumoren offen bleiben. Immunzytochemie: Einige der mit den genannten nichtzytologischen Methoden nachweisbaren tumorassoziierten Proteine lassen sich auch immunzytochemisch in Zellen nachweisen. Das Lewis-X-Antigen, bestimmte Tumormuzine, CEA und andere Proteine gelten als relativ tumorspezifisch [30, 50, 61, 85]. Ihre praktische Bedeutung ist jedoch gering. Unbestritten ist dagegen die Bedeutung der Immunzytochemie in der Differentialdiagnose seltener Harnblasentumoren (Metastasen von malignen Lymphomen, Melanomen, kleinzelligen Karzinomen). Nichtzytologische Methoden: Eine Vielzahl von urin basierten Tests wurden entwickelt. Als erfolgversprechendste Marker gelten BTA, NMP22, CYFRA21-1 [83, 104]. Mehrere dieser Tests beruhen auf dem Nachweis von tumorassoziierten Proteinabbauprodukten. Alle diese Produkte sind nicht streng tumorspezifisch, sondern erscheinen auch bei nichtneoplastischen Läsionen des Harntrakts im Urin. Es ist nicht auszuschließen, dass diese Methoden wegen ihrer eingeschränkten Spezifität von 70–80% zu einer Ausweitung der urozytologischen Untersuchungen führen werden. Trotzdem ist damit zu rechnen, dass sie sich als zusätzliche Suchmethode in der urologischen Tumordiagnostik etablieren, da sie zusammen mit der Zytologie die Sensitivität der nichtinvasiven klinischen Tumordiagnostik steigern.
Plattenepithelkarzinom ICD-O-M-8070/3
Während bis zu 60% der Urothelkarzinome eine herdförmige plattenepitheliale Differenzierung aufweisen [10], machen reine Plattenepithelkarzinome in Europa nur 5% der Blasenkarzinome aus. In Endemiegebieten der Bilharziose beträgt ihr Anteil bis zu 50%. Die Plattenepithelkarzinome sind häufig im Trigonum vesicae oder im Nierenbecken lokalisiert, treten aber auch an anderen Stellen der Urothelschleimhaut auf. Für Nierenbeckenkarzinome ist die plattenepitheliale Differenzierung geradezu typisch. Zytologie. Der zytologische Befund entspricht dem der Plattenepithelkarzinome an anderen Orten. Doch finden sich meist auffallend wenige Zellen, die überdies oft nur geringe Atypien aufweisen. Auch bei den Urothelkarzinomen mit herdförmiger plattenepithelialer Differenzierung sind die atypischen Plattenepithelien oft schwer zu entdecken. Der Atypiegrad der keratinisierten Karzinomzellen ist oft so gering, dass besonders bei Frauen (häufige Kontamination mit Vaginalsekret!) eine Fehlinterpretation als Plattenepitheldysplasie oder kondylomatöse Läsion möglich ist.
Adenokarzinom ICD-O-C67.9 M-8140/3
Rund 10% der Urothelkarzinome enthalten glandulär differenzierte Anteile. Nur 0,5–2% aller Harnblasenkarzinome sind reine Adenokarzinome. Diese entstehen zu etwa einem Drittel am Blasendach im Bereich von Urachusresten und zu zwei Dritteln an anderen Stellen der Harnblase [34, 109]. Die urachalen Karzinome treten meist um das 50. Lebensjahr, die nichturachalen 10 Jahre später in Erscheinung. Beide Formen sind bei Männern und Frauen gleich häufig. Histologie. Mindestens vier Subtypen werden unterschieden:
250
Kapitel 12
• intestinaler Subtyp (ICD-O-C67.9 M-8144/3), der von nichtschleimbildenden Zylinderzellen ausgekleidete Tubuli bildet, • muzinöser Subtyp (ICD-O-C67.9 M-8480/3), ein schleimbildendes zylinderzelliges und tubuläres Karzinom (vorwiegend im Urachusbereich), • siegelringzelliger Subtyp (ICD-O-M-8490/3), der gro ße Ähnlichkeit mit den Siegelringzellkarzinomen des Magens hat und meist außerhalb der Urachusregion vorkommt, • Mischtyp (ICD-O-C67.9 M-8323/3), der gleichzeitig Differenzierungen der drei anderen Typen exprimiert. • Als weitere seltene Variante ist das hellzellige („mesonephrogene“) Adenokarzinom aufzufassen. Es ist tubulopapillär gebaut und ähnelt histologisch dem hellzelligen Karzinom von Genitaltrakt und Niere [109].
12
Zytologie. Die hochdifferenzierten Adenokarzinome sind weniger aufgrund der Kernatypie als an schleimbildenden Zylinderzellen zu erkennen, die nicht in das normale Zystogramm von Urin oder Harnblasenspülflüssigkeit passen. Die übrigen Formen sind von Adenokarzinomen anderer Lokalisation, insbesondere des Kolon, nicht zu unterscheiden [69]. Die hellzelligen Karzinome ähneln zytologisch dem hellzelligen Nierenkarzinom [42].
Kleinzelliges Karzinom ICD-O-C67.9 M-8041/3
Etwa 0,5% der Harnblasenkarzinome sind kleinzellige neuroendokrine Karzinome. Sie unterscheiden sich nicht hinsichtlich Erkrankungsalter, Geschlechtsverteilung und Lokalisation von den gewöhnlichen Urothelkarzinomen, haben aber eine weitaus schlechtere Prognose. Die mittlere Überlebenszeit beträgt nur 7 Monate. Darin wie in ihren histologischen, immunzytochemischen und zytologischen Eigenschaften gleichen sie den kleinzelligen Bronchuskarzinomen. Kombinationsformen von kleinzelligem und gewöhnlichem Urothelkarzinom kommen in über 50% vor, was wiederum darauf hindeutet, dass sie von einer pluripotenten Vorläuferzelle abstammen. Einige bieten einen lymphoepithelialen Aspekt. Die Unterscheidung von Lymphomen ist manchmal nur immunzytochemisch möglich (CD45 plus Epithelmarker plus Chromogranin oder andere neuroendokrine Marker) [3].
Treffsicherheit der urozytologischen Untersuchungen Die Treffsicherheit der urozytologischen Untersuchung ist aus mehreren Gründen schwierig zu objektivieren:
Harntrakt
• Ein zuverlässiger Vergleichsparameter fehlt, denn die histologische Gewebsentnahme ist mit vielen Unsicherheitsfaktoren behaftet (Verkochungsartefakte, unsichere Beurteilung des Tiefenwachstums). • Eine sichere zytologische Diagnose von (flachen oder papillären) „low-grade“ urothelialen Neoplasien ist meistens unmöglich, was vor allem für Papillome, PUNLMP und das gut differenzierte Urothelkarzinom zutrifft (G1 gemäß WHO [73]). Die Diagnose dieser Läsionen besitzt nur eine geringe klinische Bedeutung, da es sich praktisch nie um lebensbedrohliche Veränderungen handelt. Deshalb wurde kürzlich auch vorgeschlagen, den Begriff „Karzinom“ für diese Veränderungen ganz zu vermeiden und sie in der Kategorie „low-grade“ urotheliale Neoplasien zusammenzufassen [102]. • In etwa 10–15% der Fälle mit positiver Urinzytologie gelingt es zunächst nicht, klinisch und histologisch den Karzinombefund zu bestätigen. In der Mehr zahl der Fälle wird der Tumor erst im weiteren Verlauf klinisch manifest. Die Harnblasenzytologie hat deshalb im Gegensatz zur Histologie eine zwar wichtige Funktion in der Frühdiagnose, die Bestätigung erfolgt aber erst durch den Verlauf. Die Latenzzeit zwischen erstem positivem zytologischem Befund bis zur zystoskopischen Tumormanifestation kann 20 Jahre betragen [66], ein für die Bestimmung der Sensitivität der Harnzytologie nicht eben günstiger Zeitabstand. • Nach Resektion und lokaler zytostatischer Behandlung invasiver Urothelkarzinome bleibt das Rezidiv in ca. 50% der Fälle zytologisch unerkannt, weil die in der Tiefe der Harnblasenwand liegenden Tumorreste von normaler Urothelschleimhaut bedeckt werden [77]. • Die Sensitivität der Harnwegszytologie wird durch methodische Fehler der Materialgewinnung beeinträchtigt: Der Zellgehalt einer Urinprobe nimmt bei längerem Herumstehen durch Niederschlag der Zellen an den Gefäßwänden rasch ab. Der Zellgehalt einer Spülflüssigkeit hängt vom Instillationsdruck ab; nur wenn mit genügend hohem Druck gespült wird, findet man ganze Gewebsfetzen von papillären Tumoren, was die Diagnose der Papillome mit geringen Epithelatypien erst erlaubt. Im Urin, der nicht sofort mit einem Konservierungsmittel versetzt wird, gehen die Zellen infolge des rasch einsetzenden Bakterienwachstums schnell zugrunde. Die Bedeutung einer korrekt durchgeführten Untersuchung von Urin wie von Spülflüssigkeiten aus dem Harntrakt darf nicht unterschätzt werden. Ihre Treffsicherheit steigt mit dem Atypiegrad und dem pT-Stadium der Tumoren, da beide miteinander korrelieren. Die aggressiv wachsenden Urothelkarzinome sind zytologisch gut zu erkennen (Tabelle 12.4). Sensitivität und Spezifität liegen
Urotheliale Tumoren
251
Tabelle 12.4 Sensitivität der Urinzytologie. Prozentzahlen beziehen sich auf die positiven Befunde. Suspekte wurden den negativen Befunden zugerechnet (n) Autor
G1
G2
G3
CIS
Gesamt
Shenoy [97]
73,3% (15)
88,5% (26)
85,2% (54)
87,5% (16)
85,4% (117)
Koss [57]
–
60,0%
94,2%
100%
–
Maier [63]
7,0% (114)
55,8% (104)
82,2% (79)
–
44,1% (297)
Esposti [28]
0,0% (52)
67,7% (99)
89,3% (140)
–
59,8% (326)
Kern [54]
29% (152)
42% (248)
71% (237)
65% (62)
51,2% (699)
beim invasiven Urothelkarzinom nahe bei 100% [14, 22, 43, 63, 97]. Auch Carcinomata in situ werden fast immer erkannt, und zwar schon bei der ersten Urinuntersuchung. Bei den nichtinvasiven Tumoren ist die Zytologie der Histologie in der Beurteilung der Dignität aus Gründen des Sampling überlegen. Patienten mit zunächst unbestätigt positiver Zytologie müssen sorgfältig kontrolliert werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Tumor in Ureteren oder Nierenbecken lokalisiert sein kann. In den älteren Erfahrungsberichten werden die Grenzen der konventionellen urozytologischen Untersuchun gen sichtbar. Dies hat dazu geführt, dass viele Urologen vollständig auf zytologische Untersuchungen verzichten und sich in der Diagnostik des Urothelkarzinoms ausschließlich auf die Endoskopie und histologische Untersuchungen stützen. Dies könnte sich ändern, da die molekularbiologischen Methoden, insbesondere der FISHTest die harnzytologische Diagnostik geradezu revolutioniert hat. Die Treffsicherheit der Harnblasenspülflüssigkeitszytologie ist bei Blasentumoren durchschnittlich höher als die Treffsicherheit der Spontanurinuntersuchung [63]. Auch die Sensitivität der Nierenbeckenspülung beträgt bei hochgradig malignen Tumoren um 100%, bei niedrigmalignen immerhin fast 80% [108]. Der Spontanurin bietet dafür die Möglichkeit, auch Tumoren der oberen Harnwege zu erkennen. Es gibt aber Situationen, in denen endoskopische und histologische Untersuchungen unerlässlich sind. Intramurale Karzinomrezidive lassen sich nur durch Probeexzision erfassen. Die Multiplizität von Urotheltumoren ist nur endoskopisch zu erkennen. Auch zwischen invasivem Karzinom und flachem Carcinoma in situ kann nur makroskopisch oder allenfalls histologisch unterschieden werden.
Nierenzellkarzinom ICD-O-M-8312/3
Die Möglichkeit, Zellen eines hellzelligen Nierenzellkarzinoms im Urin nachzuweisen, wird unterschiedlich beurteilt. Piscioli et al. [84] fanden unter 59 Patienten mit histologisch bestätigtem Nierenkarzinom nur in etwas mehr als einem Viertel Karzinomzellen im Urin, und zwar unabhängig davon, ob der Tumor in das Nierenbecken eingebrochen war oder nicht. Dabei waren durchschnittlich 7 Urinproben/Patient untersucht worden. Zytologie. Typisch sind relativ große ein- oder mehr kernige atypische Zellen mit exzentrisch gelegenem Zellkern, plumpen Nukleolen und vakuolisiertem Zyto plasma (Abb. 12.29). Der zytologische Nachweis wird dadurch erschwert, dass die Zellen auf ihrem langen Weg bis in die Harnblase degenerieren. Im Blasenurin an gelangt, ist der Kern oft bereits pyknotisch, das Zyto plasma in Auflösung und eosinophil granuliert. Dif ferentialdiagnostisch müssen die Zellen von Epithelien der Sammelröhren oder proximalen Tubuli abgegrenzt werden.
Abb. 12.29 Hellzelliges Nierenzellkarzinom. Gleichförmige atypische Zellen, mäßig grob strukturierte runde Kerne mit je einem deutlichen Nukleolus (Urin, PapF, 525×)
urotheliales
252
Kapitel 12
Metastasen und seltene Tumoren
Harntrakt
8.
ICD-O-C68.9
12
Die Harnwege sind selten Sitz von Metastasen [21]. Am ehesten ist mit Metastasen der häufigen Karzinome (Mamma und Bronchus) und bei besonders bösartigen Tumoren (Melanome) zu rechnen. Häufiger wachsen Tumoren aus der Nachbarschaft (Uterus, Ovarien, Rektum) in die Harnblase ein. Die einbrechenden Tumoren schilfern aber lange Zeit keine Zellen in den Urin ab, da sie sich unter der Urothelschleimhaut entwickeln und spät in die Harnblasenlichtung durchbrechen. Metastasen kleinzelliger Bronchuskarzinome sind in der Harnblase häufiger als die von ihnen nicht unterscheidbaren neuroendokrinen Primärtumoren des Urothels. Sie besitzen wie die Bronchuskarzinome neuroendokrine Eigenschaften. Der Urogenitaltrakt ist selten Primärsitz von Lymphomen. Dagegen wird vor allem die Niere oft sekundär von Lymphomen befallen. Zytologisch können in einem Viertel der Lymphompatienten Lymphomzellen im Urin nach gewiesen werden, auch dann, wenn die Nieren nicht von Lymphomzellen frei sind [17]. Die Autoren berichten, dass alle Patienten mit Lymphomzellen im Urin vom Lymphom unabhängige Nierenschäden wie Parenchymnekrosen und Tubulusschäden aufwiesen.
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