Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht
Beiträge zum ausländischen öffentlichen Rech...
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Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht
Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht
Begründet von Viktor Bruns
Herausgegeben von Armin von Bogdandy · Rüdiger Wolfrum
Band 204
Niels Petersen
Demokratie als teleologisches Prinzip Zur Legitimität von Staatsgewalt im Völkerrecht The Legitimacy of Governments under International Law (English Summary)
ISBN 978-3-540-92173-8
Springer Berlin · Heidelberg · New York
e-ISBN 978-3-540-92174-5
DOI 10.1007/978-3-540-92174-5
Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht ISSN 0172-4770 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © by Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., to be exercised by Max-PlanckInstitut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg 2009 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandgestaltung: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier 987654321 springer.de
Meinen Eltern
Vorwort Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Demokratie ist wahrscheinlich zeitlos. Der Gegensatz zwischen kollektiven Entscheidungen und individuellen Interessen oder – aus anderer Perspektive – zwischen Staat und Gesellschaft gehört zu den faszinierendsten Paradigmen des öffentlichen Rechts. Im Völkerrecht bekommt dieser Gegensatz sogar noch eine neue Dimension: Der Staat tritt seinen Bürgern nicht nur gegenüber, sondern vertritt diese auch noch nach außen. Daher sollte gerade das Völkerrecht ein besonderes Interesse an einer Legitimitätstheorie haben. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Bis zum Fall der Berliner Mauer war die innere Staatsorganisation nicht Gegenstand völkerrechtlicher Regelung. Dies änderte sich erst zu Beginn der 1990er Jahre, als einige Rechtswissenschaftler begannen, ein internationales Menschenrecht auf Demokratie zu propagieren. Diese Diskussion soll in dieser Arbeit noch einmal aufgegriffen werden, weil die bloß binäre Unterscheidung zwischen Demokratien und Nichtdemokratien, wie sie in der Wissenschaft weitgehend vorgeschlagen wird, der Komplexität des Themas meines Ermessens nicht gerecht wird. Die Arbeit wurde im Sommersemester 2008 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a.M. als Dissertation angenommen. In den vier Jahren, in denen ich an ihr gearbeitet habe, hat sich mein Blick auf das Thema grundlegend verändert. Die vorläufige These meines ursprünglichen Exposés unterscheidet sich deutlich von dem Ergebnis dieser Arbeit. Dies hängt nicht unwesentlich damit zusammen, dass Wissenschaft nicht, wie so oft beschrieben, im einsamen Elfenbeinturm stattfindet, sondern gerade von dem regen gedanklichen Austausch und der Diskussion lebt. Ich bin so vielen Menschen zum Dank dafür verpflichtet, dass sie mich während der Dissertationsphase gedanklich befruchtet und mir persönlich zur Seite gestanden haben. Mein Doktorvater, Stefan Kadelbach, hat mich schon in meiner Zeit als sein Mitarbeiter gelehrt, über den Tellerrand der eigenen Disziplin hinauszublicken und die dogmatische Diskussion durch theoretische Überlegungen zu befruchten. Während der Promotion hat er mir nicht nur die nötigen Freiräume gewährt, sondern mir zudem in inhaltlichen Fragen immer wieder wichtige Hilfestellung gegeben und mich mit sei-
VIII
Vorwort
nem Vertrauen bestärkt. Auf seinen Rat konnte ich auch bei vielen persönlichen Weichenstellungen immer zählen. Armin von Bogdandy hat in bemerkenswert kurzer Zeit ein anregendes Zweitgutachten angefertigt, das mir geholfen hat, so manches Argument zu schärfen. Er hat mich jedoch schon zuvor maßgeblich beeinflusst: In meiner Zeit als Mitarbeiter der Heidelberger Max-Planck-Instituts habe ich von seinem Ansatz, das Recht als Wissenschaft zu betrachten, in meinem Denken sehr profitiert. Eine ungemein anregende Zeit hatte ich während eines einjährigen Forschungsaufenthalts an der New York University School of Law. Benedict Kingsbury hat mir als Betreuer der Arbeit mit seinen kritischen Fragen und Anregungen immer wieder den richtigen Weg gewiesen. Mattias Kumm und Thomas Franck standen mir für manch fruchtbare Diskussion zur Verfügung, die mir geholfen haben, Inkonsistenzen zu erkennen und meine Argumentation zu schärfen. Schließlich hat Joseph Weiler mir intellektuelle Perspektiven eröffnet, die mein Denken noch weit stärker geprägt haben, als dies aus meiner Arbeit herauszulesen sein wird. Nicht zuletzt würde die Arbeit jedoch nicht in dieser Form existieren, wenn mir nicht so viele Freunde und Kollegen Hilfestellung gegeben, Thesen mit mir diskutiert oder mir ihre Expertise in bestimmten Spezialbereichen zur Verfügung gestellt hätten. Genannt seien an dieser Stelle nur Anne van Aaken, David Barthel, Philipp Dann, Sergio Dellavalle, Isabel Feichtner, Jürgen Friedrich, Matthias Goldmann, Leonie Guder, Benjamin Hartmann, Anna Isacson, Thomas Kleinlein, Jason MorganFoster, Ulf Petersen, Christian Vedder, Ingo Venzke und Silja Vöneky. Die Studienstiftung und die Zempelin-Stiftung haben mir durch ihre großzügige finanzielle Förderung die notwendigen Freiräume erst ermöglicht. Schließlich haben Armin von Bogdandy und Rüdiger Wolfrum meine Dissertation in die Schriftenreihe des Heidelberger MaxPlanck-Instituts aufgenommen. Ihnen allen gebührt großer Dank. Bonn, im Oktober 2008
Niels Petersen
Inhaltsübersicht Prolog – Die Rolle des Völkerrechts bei der Demokratisierung ................................................................................. 1 Kapitel 1 – Legitimität und die Rechtfertigung von Herrschaft ....................................................................................... 5 I. II. III. IV.
Eingrenzung des Legitimitätsbegriffs .............................................. 6 Konkretisierung des Legitimitätsmaßstabes ................................. 16 Legitimität und Demokratie ........................................................... 28 Schlussfolgerungen .......................................................................... 56
Kapitel 2 – Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik: Demokratie als teleologisches Prinzip .................... 59 I. II.
Die Quellen ungeschriebenen Völkerrechts .................................. 61 Die interne Stoßrichtung des Selbstbestimmungsrechts der Völker ............................................................................................... 83 III. Induktiver Ansatz: Demokratie als teleologisches Prinzip .......... 91 IV. Teleologische Prinzipien und die Binarität von Recht ............... 139
Kapitel 3 – Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung ............................................................... 143 I.
Demokratie und Idealismus: Staatliche Legitimität als Strukturprinzip im Völkerrecht ................................................... 144 II. Demokratie und Realismus: Die demokratische Intervention ................................................................................... 160 III. Demokratie und Konditionalität: Das Good GovernanceErfordernis der Weltbank ............................................................. 192 IV. Demokratie und Nation Building in Post Conflict Situationen ..................................................................................... 195
Epilog – Demokratie und die Konstitutionalisierung des Völkerrechts ................................... 215 Summary ............................................................................................. 219
X
Inhaltsübersicht
Literaturverzeichnis ......................................................................... 223 Sachregister ......................................................................................... 277
Inhaltsverzeichnis Prolog – Die Rolle des Völkerrechts bei der Demokratisierung ................................................................................. 1 Kapitel 1 – Legitimität und die Rechtfertigung von Herrschaft ....................................................................................... 5 I.
Eingrenzung des Legitimitätsbegriffs .............................................. 6 1. Soziologische vs. normative Legitimität .................................... 7 2. Prozedurale vs. materielle Legitimität ........................................ 8 3. Input vs. Output Legitimität .................................................... 10 a. Normative Defizite der Input-Perspektive ........................ 11 b. Faktische Defizite der Input-Perspektive .......................... 14 c. Folgerungen .......................................................................... 14 II. Konkretisierung des Legitimitätsmaßstabes ................................. 16 1. Verhinderung von Machtmissbrauch durch Verantwortlichkeit ..................................................................... 16 a. Verantwortlichkeit durch Legitimationsketten .................. 17 b. Flexibilisierung von Verantwortlichkeitsmechanismen .... 18 2. Qualität von Entscheidungen ................................................... 19 a. Diskurstheorie und deliberative Demokratie .................... 19 b. Theorie der Konkurrenzdemokratie .................................. 23 3. Legitimität als graduelles und situationsbezogenes Rahmenkonzept ......................................................................... 24 III. Legitimität und Demokratie ........................................................... 28 1. Demokratie: Versuch einer Definition ..................................... 28 2. Leistungsvergleich der Demokratie .......................................... 32 a. Ökonomische Leistungsfähigkeit ....................................... 34 b. Rechtsstaatliche Leistungsfähigkeit .................................... 37 c. Demokratie und Friedenssicherung ................................... 38 d. Schlussfolgerungen ............................................................... 41 3. Konstituierungsvoraussetzungen der Demokratie .................. 42 a. Kulturelle Bedingtheit der Demokratie .............................. 43 b. Modernisierungstheorie und sozioökonomische Voraussetzungen der Demokratie ....................................... 46 c. Ethnische und kulturelle Homogenität .............................. 50 d. Akteursbezogene Ansätze ................................................... 53 e. Fazit: Demokratisierung als teleologischer Prozess ........... 54
XII
Inhaltsverzeichnis
IV. Schlussfolgerungen .......................................................................... 56
Kapitel 2 – Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik: Demokratie als teleologisches Prinzip .................... 59 I.
Die Quellen ungeschriebenen Völkerrechts .................................. 61 1. Gewohnheitsrecht als zentrale Quelle des Völkerrechts ........ 61 2. Die Identifizierung ungeschriebenen Völkerrechts: Vom induktiven zum interpretativen Ansatz ................................... 63 a. Gewohnheitsrecht ohne Gewohnheit ................................ 64 b. Gewohnheitsrecht auf einer Gleitskala .............................. 65 c. Billigkeit statt Gewohnheit ................................................. 66 d. Allgemeine Rechtsgrundsätze anstelle von Gewohnheitsrecht ................................................................ 67 3. Regeln und Prinzipien im Völkerrecht .................................... 68 a. Die Unterscheidung zwischen Regeln und Prinzipien ..... 68 b. Einwände gegen die Unterscheidung ................................. 70 4. Die Entbehrlichkeit von Staatenpraxis für die Begründung von Rechtsprinzipien ................................................................. 72 a. Die Funktion von Staatenpraxis im Völkergewohnheitsrecht ...................................................... 73 aa. Gewohnheitsrecht als pactum tacitum ........................ 73 bb. Steuerungstheorien des Völkergewohnheitsrechts...... 74 cc. Positivistischer Ansatz ................................................. 77 b. Der qualitativ-strukturelle Unterschied von Regeln und Prinzipien ...................................................................... 78 c. Prinzipien als allgemeine Rechtsgrundsätze ...................... 80 5. Zusammenfassung ...................................................................... 82 II. Die interne Stoßrichtung des Selbstbestimmungsrechts der Völker ............................................................................................... 83 1. Systematische Auslegung des Selbstbestimmungsrechts ........ 86 2. Demokratieprinzip als notwendige Folge des Selbstbestimmungsrechts .......................................................... 87 3. Internes Selbstbestimmungsrecht als Repräsentationsprinzip ............................................................. 89 III. Induktiver Ansatz: Demokratie als teleologisches Prinzip .......... 91 1. Universelle Menschenrechtsinstrumente ................................. 92 2. Deklarationen und Resolutionen internationaler Organe ...... 94 a. Wahlbezogene Resolutionen ............................................... 94 aa. Allgemeine Menschenrechtserklärung ........................ 94 bb. Pro-Wahlen-Resolutionen ........................................... 95
Inhaltsverzeichnis
XIII
cc. Resolutionen zum Schutz der staatlichen Souveränität ................................................................... 99 b. Demokratiebezogene Resolutionen .................................. 101 aa. Die Weltmenschenrechtskonferenz in Wien ............. 101 bb. Demokratieresolutionen der Generalversammlung ............................................................... 102 cc. Millennium Declaration ............................................. 104 dd. World Summit 2005 .................................................... 104 c. Bewertung ........................................................................... 105 3. Praxis der internationalen Wahlbeobachtung ........................ 106 4. Regionale Organisationen und Demokratisierungsmechanismen ............................................................................ 107 a. Europa ................................................................................. 108 b. Afrika .................................................................................. 110 aa. Afrikanische Union .................................................... 110 bb. Afrikanische Regionalorganisationen ....................... 114 c. Amerika .............................................................................. 116 aa. Organisation of American States ............................... 116 bb. Amerikanische Regionalorganisationen .................... 120 d. Regionalorganisationen in Asien ...................................... 121 e. Zusammenschlüsse mit kolonialem Hintergrund ............ 122 aa. British Commonwealth .............................................. 122 bb. Organisation internationale de la Francophonie ...... 123 f. Bewertung ........................................................................... 124 5. Die Demokratisierungspolitik der Europäischen Union ..... 125 6. Militärische Interventionen im Namen der Demokratie ...... 127 a. Unilaterale Interventionen der USA in Grenada, Panama und im Irak ........................................................... 128 b. Kollektive Interventionen in Haiti und Sierra Leone ...... 131 7. Schlussfolgerungen .................................................................. 138 IV. Teleologische Prinzipien und die Binarität von Recht ............... 139
Kapitel 3 – Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung ............................................................... 143 I.
Demokratie und Idealismus: Staatliche Legitimität als Strukturprinzip im Völkerrecht ................................................... 144 1. Legitimität als konstitutives Merkmal des Staates – von Jellinek zur Vier-Elemente-Lehre? ......................................... 145 2. Legitimität als Anerkennungskriterium für Regierungen .... 148 3. Legitimität und Vertragsbindung – die odious debts Doktrin ..................................................................................... 151
XIV
Inhaltsverzeichnis
a. Die odious debts Doktrin in der völkerrechtlichen Literatur .............................................................................. 151 b. Die Analogie im Völkerrecht ............................................ 153 c. Odious debts und Missbrauch der Vertretungsmacht ..... 156 II. Demokratie und Realismus: Die demokratische Intervention ................................................................................... 160 1. Die unilaterale demokratische Intervention .......................... 161 a. Subjektiv-historische Interpretation der UN-Charta ..... 161 b. Subjektiv-dynamische Interpretation: Gewohnheitsrechtliche Ausnahme vom Gewaltverbot .. 164 c. Einschränkung des Gewaltverbots durch Güterabwägung .................................................................. 167 2. Die kollektive demokratische Intervention ........................... 169 a. Kompetenzen des Sicherheitsrates unter Kapitel VII der UN-Charta ................................................................... 169 b. Das Legitimitätsprinzip als Verpflichtung erga omnes .... 173 3. Nichtmilitärische Sanktionen ................................................. 177 a. Berechtigung zu Gegenmaßnahmen ................................. 177 b. Schranken der dezentralen Rechtsdurchsetzung ............. 180 aa. Self-contained regimes und lex specialis – Vorüberlegungen zur Koordination verschiedener Regime im Völkerrecht .............................................. 181 bb. Suspendierung völkerrechtlicher Verträge ................ 183 cc. Wirtschaftssanktionen und WTO ............................. 185 dd. Schranken der Draft Articles on State Responsibility ............................................................. 190 III. Demokratie und Konditionalität: Das Good GovernanceErfordernis der Weltbank ............................................................. 192 IV. Demokratie und Nation Building in Post Conflict Situationen ..................................................................................... 195 1. Das Legitimitätsdilemma der internationalen Übergangsverwaltungen .......................................................... 196 a. Treuhandverwaltung durch die UN: Ostslawonien, Kosovo und Osttimor ....................................................... 197 b. Komplementärverwaltung durch die UN: Kambodscha, Bosnien und Afghanistan .......................... 199 c. Nation-Building durch Besatzungsmächte: Irak ............. 202 d. Rechtliche Bewertung ........................................................ 204 2. Die „internationalisierte“ Verfassungsgebung ....................... 208 a. Der pouvoir constituant und der Prozess der Verfassungsgebung ............................................................. 209
Inhaltsverzeichnis
XV
b. Der pouvoir constitué und die völkerrechtlichen Vorgaben an den Verfassungsinhalt .................................. 212 3. Fazit .......................................................................................... 213
Epilog – Demokratie und die Konstitutionalisierung des Völkerrechts ................................... 215 Summary ............................................................................................. 219 Literaturverzeichnis ......................................................................... 223 Sachregister ......................................................................................... 277
Abkürzungsverzeichnis A.A.
Anderer Ansicht
Abs.
Absatz
AFDI
Annuaire français de droit international
Afr. Aff.
African Affairs
AfrCHPR
African Commission on Human and Peoples’ Rights
Afr. J. on Hum. Rts.
African Journal on Human Rights
Afr. Yb. Int’l L.
African Yearbook of International Law
AJP
Aktuelle Juristische Praxis
AKP-Staaten
Gruppe der afrikanischen, karabischen und pazifischen Staaten
Am. Econ. Rev.
American Economic Review
Am. J. Int’l L.
American Journal of International Law
Am. J. Pol. Sci.
American Journal of Political Science
Am. Pol. Sci. Rev.
American Political Science Review
ASIL Proceedings
Proceedings of the American Society of International Law
Am. Soc. Rev.
American Sociological Review
Am. U. Int’l L. Rev.
American University International Law Review
Am. U. J. Int’l L. & Pol’y
American University Journal of International Law and Policy
Annals Am. Acad. Pol. Soc. Sci.
Annals of the American Academy of Political and Social Sciences
Apr.
April
Arizona J. Int’l & Comp. L.
Arizona Journal of International and Comparative Law
ARSP
Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie
XVIII
Abkürzungsverzeichnis
Art.
Artikel
ASEAN
Association of Southeast Asian Nations
Asian Yb. Int’l L.
Asian Yearbook of International Law
AU
African Union
Aufl.
Auflage
Aug.
August
Austl. Yb. Int’l L.
Australian Yearbook of International Law
Austrian J. Publ. & Int’l L.
Austrian Journal of Public and International Law
AVR
Archiv des Völkerrechts
BBC
British Broadcasting Company
BDGVR
Berichte der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BIP
Bruttoinlandsprodukt
Brooklyn J. Int’l L.
Brooklyn Journal of International Law
bspw.
beispielsweise
BYIL
British Yearbook of International Law
Cal. L. Rev.
California Law Review
Cal. W. Int’l L.J.
California Western Law Journal
CAN
Comunidad Andina
Can. Hum. Rts. Yb.
Canadian Human Rights Yearbook
Can. Yb. Int’l L.
Canadian Yearbook of International Law
Cardozo L. Rev.
Cardozo Law Review
Chi. J. Int’l L.
Chicago Journal of International Law
Chi.-Kent L. Rev.
Chicago-Kent Law Review
CMLR
Common Market Law Review
International
Abkürzungsverzeichnis
Col. J. Transnat’l L.
XIX
Columbia Journal of Transnational Law
Col. L. Rev.
Columbia Law Review
Conf. on New Pol. Econ.
Conferences on New Political Economy
Conn. L. Rev.
Connecticut Law Review
Cornell Int’l L.J.
Cornell International Law Journal
CPA
Coalition Provisional Authority
Denver J. Int’l L. & Pol’y
Denver Journal of International Law and Policy
Dez.
Dezember
Dok.
Dokument
DSR
Dispute Settlement Reports
DSU
Understanding on rules and procedures governing the settlement of disputes, 1869 UNTS 401
Duke J. Comp. & Int’l L.
Duke Journal of Comparative and International Law
Duke L.J.
Duke Law Journal
DVBl.
Deutsches Verwaltungsblatt
EA
Europa-Archiv
ebd.
ebenda
ECOMOG
ECOWAS Monitoring Group
Econ. Dev. & Cult. Change
Economic Development and Cultural Change
ECOWAS
Economic Community of West African States
EG
Europäische Gemeinschaft
EJIL
European Journal of International Law
ELJ
European Law Journal
EPL
European Public Law
Erw.
Erwägung
Ethics & Int’l Aff.
Ethics and International Affairs
ETS
European Treaty Series
XX
Abkürzungsverzeichnis
EU
Europäische Union
EU
Vertrag über die Europäische Union vom 7. Februar 1992, konsolidierte Fassung in: BGBl. 2001 II 1666
EuGRZ
Europäische Grundrechte Zeitschrift
Eur. J. Int’l Rel.
European Journal of International Relations
Eur. J. Pol. Res.
European Journal of Political Research
Eur. Rev. Social Psychology
European Review of Social Psychology
f./ff.
folgende
Feb.
Februar
Finnish Yb. Int’l L.
Finnish Yearbook of International Law
Fn.
Fußnote
Fordham Int’l L.J.
Fordham International Law Journal
Foreign Aff.
Foreign Affairs
FPÖ
Freiheitliche Partei Österreichs
G77
Group of 77
Ga. J. Int’l & Comp. L.
Georgia Journal of International and Comparative Law
GAOR
General Assembly Official Records
GATS
General Agreement on Trade in Services vom 15. April 1994, ILM 33, 1167
GATT
General Agreement on Tariffs and Trade vom 30. Oktober 1947, 55 UNTS 194
Georgetown Publ. Pol’y Rev.
Georgetown Public Policy Review
German L.J.
German Law Journal
GV
Generalversammlung
GYIL
German Yearbook of International Law
Harv. Hum. Rts. J.
Harvard Human Rights Journal
Harv. Int’l L.J.
Harvard International Law Journal
Abkürzungsverzeichnis
Harv. J.L. & Publ. Pol’y
XXI
Harvard Journal of Law and Public Policy
Harv. L. Rev.
Harvard Law Review
Hastings Int’l & Comp. L. Rev.
Hastings International and Comparative Law Review
Hg.
Herausgeber
Houston J. Int’l L.
Houston Journal of International Law
Hum. Rts. Brief
Human Rights Brief
Hum. Rts. L.J.
Human Rights Law Journal
Hum. Rts. Q.
Human Rights Quarterly
IBRD
International Bank for Reconstruction and Development
ICJ Rep.
ICJ Reports
I.CON
International Journal of Constitutional Law
IDA
International Development Association
i.E.
im Ergebnis/im Erscheinen
IGC
Iraqi Governing Council
IGH
Internationaler Gerichtshof
ILC
International Law Commission
ILM
International Legal Materials
IMF
International Monetary Fund
Indian J. Int’l L.
Indian Journal of International Law
Indiana Int’l & Comp. L. Rev.
Indiana International and Comparative Law Review
Indiana J. Global Legal Stud.
Indiana Journal of Global Legal Studies
Int’l Aff.
International Affairs
Int’l & Comp. L.Q.
International and Comparative Law Quarterly
Int’l L.
International Lawyer
Int’l Pol.
International Politics
XXII
Abkürzungsverzeichnis
Int’l Pol. Sci. Rev.
International Political Science Review
Int’l Sec.
International Security
IO
International Organisation
Iowa L. Rev.
Iowa Law Review
IPbpR
Internationaler Pakt für bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dez. 1966, 999 UNTS 171
ISSJ
International Social Science Journal
Jan.
Januar
Jb. f. Recht & Ethik
Jahrbuch für Recht und Ethik
J. Confl. Resolution
Journal of Conflict Resolution
J. Dem.
Journal of Democracy
J. Econ. Growth
Journal of Economic Growth
J. Econ. Persp.
Journal of Economic Perspectives
Jerusalem J. Int’l Rel.
Jerusalem Journal of International Relations
J. Int’l Econ. L.
Journal of International Economic Law
J. Mod. Afr. Stud.
Journal of Modern African Studies
JöR
Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart
J. Pol. Econ.
Journal of Political Economy
J. Polit. Phil.
Journal of Political Philosophie
J. Theoret. Pol.
Journal of Theoretical Politics
JWT
Journal of World Trade
JZ
Juristenzeitung
Kap.
Kapitel
KFOR
Kosovo Force
KJ
Kritische Justiz
KSZE
Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
Latin Am. Pol. & Soc’y
Latin American Politics and Society
Latin Am. Res. Rev.
Latin American Research Review
Law & Contemp. Probs.
Law and Contemporary Problems
Abkürzungsverzeichnis
Law & Pol’y Int’l Bus.
XXIII
Law and Policy in International Business
LDC
Least developed countries
lit.
litera
LJIL
Leiden Journal of International Law
LNTS
League of Nations Treaty Series
Max Planck UNYB
Max Planck Yearbook of United Nations Law
MERCOSUR
Mercado Común del Sur
Mich. J. Int’l L.
Michigan Journal of International Law
Mich. L. Rev.
Michigan Law Review
MLR
Modern Law Review
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
Nat’l Black L.J.
National Black Law Journal
NATO
North Atlantic Treaty Organization
NC
National Council
NCC
National Consultative Council
Neth. Q. Hum. Rts.
Netherlands Quarterly of Human Rights
NILR
Netherlands International Law Review
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
No.
Number
Nov.
November
Nr.
Nummer
NYIL
Netherlands Yearbook of International Law
N.Y. St. B.J.
New York State Bar Journal
N.Y.U. J. Int’l L. & Pol.
New York University Journal of International Law and Politics
OAS
Organization of American States
OAU
Organization of African Unity
OIF
Organisation internationale de la francophonie
XXIV
Abkürzungsverzeichnis
Okt.
Oktober
OSZE
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
Oxford J. Legal Stud.
Oxford Journal of Legal Studies
ÖZP
Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft
Pacific Rev.
Pacific Review
PCIJ
Permanent Court of International Justice
Phil. & Publ. Aff.
Philosophy and Public Affairs
PP.
Präambelparagraph
PVS
Politische Vierteljahresschrift
RBDI
Revue belge de droit international
RdC
Recueil des cours de l’académie de droit international de La Haye
Res.
Resolution
Res. Pol. Soc.
Research in Political Sociology
Rev. Int’l Stud.
Review of International Studies
RFSP
Revue française de science politique
RGDIP
Revue générale de droit international public
RITD
Revue internationale de la théorie de droit
Riv. dir. int.
Rivista di diritto internazionale
RIW
Recht der internationalen Wirtschaft
Rn.
Randnummer
ROW
Recht in Ost und West
RQDI
Revue québécoise de droit international
RTDH
Revue trimestrielle des droits de l’homme
S.
Seite
s.
siehe
SADC
South African Development Community
Abkürzungsverzeichnis
XXV
sect.
section
Sept.
September
Sess.
Session
SICA
Sistema de Integración Centroamericana
s.o.
siehe oben
sog.
sogenannt
SR
Sicherheitsrat
StIGH
Ständiger Internationaler Gerichtshof
Supp.
Supplement
Stud. Comp. Int’l Dev.
Studies in Comparative International Development
Suffolk Transnat’l L. Rev.
Suffolk Transnational Law Review
Syracuse J. Int’l L. & Com.
Syracuse Journal of International Law and Commerce
SZIER
Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht
Temple Int’l & Comp. L. Rev.
Temple International and Comparative Law Review
Tex. Int’l L.J.
Texas International Law Journal
Transnat’l L. & Contemp. Probs. Transational Law and Contemporary Problems T.S.
Treaty Series
Tulane J. Int’l & Comp. L.
Tulane Journal of International and Comparative Law
U. Chi. L. Rev.
The University of Chicago Law Review
U. Miami Inter-Am. L. Rev.
University of Miami Inter-American Law Review
UN
United Nations
UN-Charta
Charter of the United Nations vom 26. Juli 1945, T.S. 993
UNMIK
United Nations Interim Administration Mission in Kosovo
UNSG
United Nations Secretary General
XXVI
Abkürzungsverzeichnis
UNTAC
United Nations Transitional Authority in Cambodia
UNTAES
United Nations Transitional Administration in Eastern Slavonia
UNTAET
United Nations Transitional Administration in East Timor
UNTS
United Nations Treaty Series
U. Richmond L. Rev.
University of Richmond Law Review
Urt.
Urteil
US
United States
USA
United States of America
v.
vom/von
Va. J. Int’l L.
Virginia Journal of International Law
VerwArch
Verwaltungsarchiv
Vgl.
Vergleiche
VN
Vereinte Nationen
VR
Volksrepublik
VRÜ
Verfassung und Recht in Übersee
VVDStRL
Veröffentlichungen der Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer
W. Eur. Pol.
West European Politics
Wis. Int’l L.J.
Wisconsin International Law Journal
WM
Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht
World Pol’y J.
World Policy Journal
WTO
World Trade Organization
WVRK
Wiener Vertragsrechtskonvention vom 23. Mai 1969, 1155 UNTS 331
Yale J. Int’l L.
Yale Journal of International Law
Yale L.J.
Yale Law Journal
Yb.
Yearbook
ZaöRV
Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht
Abkürzungsverzeichnis
XXVII
z.B.
zum Beispiel
ZChinR
Zeitschrift für chinesisches Recht
ZIB
Zeitschrift für internationale Beziehungen
Prolog – Die Rolle des Völkerrechts bei der Demokratisierung Aus der Perspektive vieler Historiker war das 20. Jahrhundert ein kurzes Jahrhundert. Es begann mit dem ersten Weltkrieg und endete 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer. Mit dem Ende des kalten Krieges endete auch der Wettkampf der beiden bis dahin dominierenden politischen und gesellschaftlichen Systeme, des kommunistischen Totalitarismus und der marktwirtschaftlichen Demokratie westlicher Prägung. Die Demokratie war aus diesem Wettbewerb als Sieger hervorgegangen, was Francis Fukuyama zu der Provokation veranlasste, das Ende der Geschichte zu prophezeien.1 Seitdem sind fast zwei Jahrzehnte vergangen, die uns neue kulturelle Konfliktlinien aufgezeigt haben. Das westliche Gesellschaftsmodell stößt vielerorts auf Widerstand. Dennoch hat sich bisher zur Demokratie noch kein überzeugendes Gegenmodell kollektiver Entscheidungsfindung herausgebildet. Es erscheint daher nicht weiter überraschend, dass Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre viele Staaten begannen, ihre Regierungen durch allgemeine Wahlen zu legitimieren – eine Entwicklung, die in der Politikwissenschaft gemeinhin als dritte Welle der Demokratisierung bezeichnet wird.2 Gegenstand dieser Arbeit soll die Rolle des Völkerrechts in diesem Prozess der Demokratisierung sein. Der Fokus soll dabei insbesondere auf die Existenz und den Inhalt rechtlicher Standards gerichtet sein. Für Immanuel Kant war schon im Jahre 1795 die Frage der Regierungsart integraler Bestandteil nicht nur des Staats- sondern auch des Völkerrechts. In dem vielzitierten ersten Definitivartikel seiner Schrift Zum ewigen Frieden stellte er das Postulat auf, dass „[d]ie bürgerliche Verfassung in jedem Staate [...] republikanisch sein [solle].“3 Damit fordert er, dass an die Legitimität der Staatsgewalt auch aus völkerrechtlicher Sicht gewisse Mindestanforderungen zu stellen seien. Diese normative 1
Fukuyama, End of History (1992).
2
Huntington, The Third Wave (1991). Die Zählung ist nicht ganz unumstritten. Einige Politikwissenschaftler sprechen auch von der vierten Welle. Die Mehrheit schließt sich jedoch der von Huntington vorgeschlagenen Terminologie an. 3
I. Kant, Zum ewigen Frieden (1977), 204.
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Prolog
Forderung Kants hat in der Völkerrechtswissenschaft jedoch bis in die 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein so gut wie keinen Widerhall gefunden. Noch im Jahre 1986 führte der Internationale Gerichtshof aus: „However the régime in Nicaragua be defined, adherence by a State to any particular doctrine does not constitute a violation of customary international law; to hold otherwise would make nonsense of the fundamental principle of State sovereignty, on which the whole of international law rests, and the freedom of choice of the political, social and cultural system of a State.“4 Mit dieser apodiktischen Zurückweisung jeglichen völkerrechtlichen Legitimitätsprinzips stand der IGH trotz vereinzelter Kritik5 auf dem sicheren Boden der herrschenden Doktrin.6 Diese Situation änderte sich erst mit dem Ende des kalten Krieges und der angesprochenen dritten Welle der Demokratisierung. Angestoßen durch zwei grundlegende Aufsätze von Thomas Franck7 und Gregory Fox8 entfaltete sich in den 1990er Jahren eine Diskussion über die Existenz eines Menschenrechts auf Demokratie. Begleitet wurde diese Entwicklung in der rechtswissenschaftlichen Doktrin durch eine zunehmende Aufmerksamkeit von internationalen Institutionen gegenüber dem Thema der Demokratisierung. So brachten die Vereinten Nationen in zentralen Statements und Resolutionen ihre Unterstützung für das Konzept der Demokratie zum Ausdruck. So betonte der UN-Generalsekretär 1992 in seiner Agenda for Peace, dass „[t]here is an obvious connection between democratic practices – such as the rule of law and transparency in decision-making – and
4
IGH, Urt. v. 27. Juni 1986, Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), ICJ Rep. 1986, S. 14, § 263. 5
Etwa Crawford, Democracy (1993), 13.
6
Sicilianos, Démocratisation de l’Etat (2000), 30.
7
Franck, Am. J. Int’l L. 86 (1992), 46-91.
8
Fox, Yale J. Int’l L. 17 (1992), 539-607.
Völkerrecht und Demokratisierung
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the achievement of true peace and security in any new and stable political order“.9 Nur ein Jahr später hob die Wiener Menschenrechtserklärung den positiven Zusammenhang zwischen Demokratie und wirtschaftlicher Entwicklung hervor: „Democracy, development and respect for human rights and fundamental freedoms are interdependent and mutually reinforcing.“10 Schließlich wurde im Jahr 2000 in der Millenniumsdeklaration bekräftigt, dass die internationale Gemeinschaft „will spare no effort to promote democracy and strengthen the rule of law“.11 Bei der Lektüre dieser Resolutionen und vieler rechtswissenschaftlicher Beiträge zu dem Thema erscheint Demokratie als Allheilmittel für alle Übel dieser Welt. Sie ist Friedensbringer und Entwicklungshelfer und wird von einigen Kommentatoren sogar als Medizin gegen den „weltwieten Terrorismus“12 empfohlen. Den nachdenklichen Beobachter mögen diese Aussagen überraschen, sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Zusammenhang von Demokratie, Frieden und Entwicklung weniger eindeutig, als durch diese Statements der Anschein erweckt wird.13 Gleichzeitig gehen viele Beiträge, die ein Menschenrecht auf Demokratie im Völkerrecht erkennen wollen, implizit davon aus, dass es sich bei der Frage der Staatsform um eine bloße Statusfrage handelt und es möglich ist, einen Staat innerhalb kurzer Zeit zu einer Demokratie zu transformieren. Genau an dieser Stelle soll diese Untersuchung ansetzen. Sie wird sich mit der Frage auseinandersetzen, unter welchen Voraussetzungen Demokratie überhaupt funktionieren kann – ob dabei tatsächlich nur geschicktes verfassungsrechtliches Design von Nöten ist oder doch komplexere gesellschaftliche Prozesse dahinterstehen. Des Weiteren soll 9
UNSG, An Agenda for Peace, Preventive Diplomacy, Peacemaking and Peace-keeping, UN-Dok. A/47/277-S/24111 (17. Juni 1992), § 59 [im Folgenden: Agenda for Peace]. 10
Vienna Declaration and Programme of Action, UN-Dok. A/CONF. 157/23 (25. Juni 1993), Erw. 8 [im Folgenden: Vienna Declaration]. 11
GV-Res. 55/2, United Nations Millennium Declaration, UN-Dok. A/RES/55/2 (8. Sept. 2000) [im Folgenden: Millennium Declaration]. 12
So Pearson, Va. J. Int’l L. 45 (2005), 1017-28.
13
Leftwich, States of Development (2000), 129.
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Prolog
analysiert werden, ob Demokratisierung zu anderen Zielen, wie etwa der Friedenssicherung oder wirtschaftlicher Entwicklung eher in einem Komplementär- oder einem Spannungsverhältnis steht. Im Zentrum der Arbeit steht jedoch die Frage, ob und inwieweit sich diese sozialwissenschaftlichen Zusammenhänge auf die völkerrechtliche Dogmatik und insbesondere das propagierte Menschenrecht auf Demokratie auswirken. Der zentrale Begriff, der dieser Arbeit zugrunde gelegt werden soll, ist daher nicht der der Demokratie, sondern der der Legitimität. Dieser erlaubt es uns, den Blick zu öffnen und über die dichotome Frage nach der Existenz eines Menschenrechts auf Demokratie hinauszublicken. Die Untersuchung soll dabei in drei Schritten verwirklicht werden. Im ersten Kapitel gilt es, die theoretischen Grundlagen zu klären, insbesondere die Begriffe von Legitimität und Demokratie, die Auswirkung von Demokratie auf wirtschaftliche Entwicklung, Schutz der Menschenrechte und Weltfrieden sowie die Konstituierungsvoraussetzungen von Demokratie. Im zweiten Kapitel wird die zentrale These dieser Untersuchung entwickelt. Dort werden zunächst die beiden wesentlichen Ansätze zur Begründung eines völkerrechtlichen Demokratieprinzips diskutiert. Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse des ersten Kapitels soll dann die relevante völkerrechtliche Praxis analysiert und eine theoretisch fundierte Interpretation dieser Praxis vorgeschlagen werden. Im dritten Kapitel geht es schließlich um die Auswirkungen des Legitimitätsprinzips auf das sonstige Völkerrecht. Dabei soll zum einen die Frage möglicher Wirkungen und Durchsetzungsmöglichkeiten angesprochen, zum anderen aber auch auf den Einfluss des Legitimitätsprinzips auf zwei aktuelle Debatten eingegangen werden: die Berücksichtigung nichtwirtschaftlicher Faktoren bei der Kreditvergabe durch internationale Finanzinstitutionen und die Legitimität internationaler Übergangsverwaltungen nach bewaffneten Konflikten.
Kapitel 1 – Legitimität und die Rechtfertigung von Herrschaft Der Begriff der Legitimität ist äußerst schillernd. Sein Verständnis wird dadurch erschwert, dass er in unterschiedlichen Kontexten gebraucht wird. Seit Carl Schmitt14 wird er gerade in der deutschen Rechtswissenschaft gern als Gegenstück zur Legalität verstanden. Wenn man eine Rechtsordnung in positivistischer Tradition als rein formale Ordnung begreift, wird die Legitimität zum externen Maßstab für die moralische Bewertung von Rechtsnormen oder gar einer gesamten Rechtsordnung. Teilweise wird der Begriff als corrigendum benutzt, um von der Rechtsordnung formal nicht gedeckte, aber als moralisch notwendig empfundene Maßnahmen zu rechtfertigen. So wurde etwa die Intervention der NATO im Kosovo von vielen rechtswissenschaftlichen Kommentatoren als illegal, aber legitim eingestuft.15 Im Folgenden soll jedoch ein anderer Legitimitätsbegriff zugrunde gelegt werden. Es geht um die Legitimität von Staatsgewalt, also um die Rechtfertigung von Herrschaft.16 Dieser Legitimitätsstandard steht nicht außerhalb der Rechtsordnung. Vielmehr soll untersucht werden, ob er nicht gar Teil dieser ist, ob das Völkerrecht also verlangt, dass staatliche Herrschaft einem Rechtfertigungszwang unterliegt. Bevor wir uns jedoch im zweiten Kapitel dem Völkerrecht zuwenden, soll im Folgenden zunächst näher auf den Legitimitätsbegriff und dessen Verhältnis zur Demokratie eingegangen werden. Im ersten Abschnitt soll eine Annäherung an den Legitimitätsbegriff versucht werden, die sich an drei in diesem Zusammenhang häufig getroffenen gegensätzlichen Unterscheidungen orientiert (I.). Anschließend wird dieser Legitimitäts14
Schmitt, Legalität und Legitimität (1932).
15
Exemplarisch Simma, EJIL 10 (1999), 1-22; Franck, in: Holzgrefe/Keohane (Hg.), Humanitarian Intervention (2003), 204, 226; Neuhold, in: Wolfrum/ Röben (Hg.), Legitimacy (2008), 335, 338. 16
Zu dieser Gleichsetzung s. Rammstedt, in: Kielmansegg (Hg.), Legitimationsprobleme (1976), 108; Würtenberger, in: Görres-Gesellschaft (Hg.), Staatslexikon (1987), 873, 874; Peters, Theorie der Verfassung Europas (2001), 499; Schliesky, Souveränität und Legitimität (2004), 149; Bodansky, in: Wolfrum/ Röben (Hg.), Legitimacy (2008), 309, 312.
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Kapitel 1
begriff konkretisiert (II.) und auf sein Verhältnis zur Demokratie eingegangen (III.), ehe im letzten Abschnitt eine zusammenfassende Definition versucht wird (IV.).
I. Eingrenzung des Legitimitätsbegriffs In der aristotelischen Philosophie stellte sich das Problem der Rechtfertigung von Herrschaft nicht. Aristoteles rechtfertigte die Notwendigkeit des Staates und damit staatlicher Gewalt mit der Natur des Menschen als zoon politikon, eines auf die Gemeinschaft hin angelegten Wesens.17 Von diesem Ansatz kehrte die Philosophie der Aufklärung ab, indem sie den Menschen als grundsätzlich freies Wesen begreift.18 Unter dieser Prämisse bedürfen Eingriffe in diese individuelle Freiheit der Rechtfertigung. Insbesondere staatliche Gewalt, die in vielfältigster Form in die Freiheitssphäre des Individuums eingreift, ist legitimationsbedürftig.19 Wann Herrschaft rechtfertigungsfähig, also legitim, ist, lässt sich in abstracto allerdings schwer bestimmen. Daher soll im Folgenden versucht werden, sich dem Begriff der Legitimität durch drei gegensätzli17
Aristoteles, Politik (1971), a 2 ff.
18
Kersting, Gesellschaftsvertrag (1994), 11.
19
Ich möchte in diesem Zusammenhang auf eine Diskussion kommunitaristischer und liberaler Positionen verzichten, da diese Debatte von berufeneren Autoren bereits ausführlich geführt worden ist. Selbst wenn man ein kommunitaristisches Konzept zugrunde legt, ist staatliche Herrschaft rechtfertigungsbedürftig. Differenzen ergeben sich jedoch bei der genauen Ausgestaltung des Legitimitätsbegriffs, v. Bogdandy, ZaöRV 63 (2003), 853, 858-59. Zu der Debatte sei hier nur auf einen Gedanken hingewiesen: Soweit Kommunitaristen die Belange der Gemeinschaft über die des Individuums stellen, kollektive Interessen also individuellen Rechten vorziehen, wird dies in der Regel aus der Natur des Selbst hergeleitet. Erst die Gemeinschaft konstituiere die Identität des Individuums (s. etwa Sandel, Political Theory 12 (1984), 81-96; Taylor, in: Avineri/ De-Shalit (Hg.), Communitarianism and Individualism (1992), 29-48). Selbst wenn man dies anerkennt, ist jedoch schwer erkennbar, wie daraus die Pflicht zur Zugehörigkeit zu einer bestimmten politischen Gemeinschaft begründet werden soll. So formuliert Shapiro, Democratic Theory (2006), 100 plastisch, dass „political associations are not families“. Vgl. zudem die Ausführungen unten in Kap. 1, III 3 a.
Legitimität und die Rechtfertigung von Herrschaft
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che Unterscheidungen anzunähern.20 So soll zunächst zwischen soziologischer und normativer Legitimität unterschieden werden (1.). Anschließend wird auf den Gegensatz zwischen substantieller und prozeduraler Legitimität eingegangen (2.), ehe schließlich die Unterscheidung Input- und Output-Legitimität analysiert werden soll (3.).
1. Soziologische vs. normative Legitimität Die erste dieser Unterscheidungen betrifft die Natur des Legitimitätsbegriffs. Man kann Legitimität zum einen faktisch beschreibend verstehen, zum anderen normativ ausfüllen. Der soziologische Legitimitätsbegriff stellt auf die tatsächliche Anerkennung von Herrschaft ab.21 So beschreibt Niklas Luhmann den Legitimitätsbegriff als den „faktische[n] Glaube[n] an die Richtigkeit und Werthaftigkeit bestimmten Sollens“.22 Dagegen nimmt die normative Dimension die Anerkennungswürdigkeit von Herrschaft in den Blick.23 Es kommt nicht darauf an, ob die Legitimität des Sollens geglaubt wird, sondern es wird eine zweite Kategorie des Sollens eingeführt, nämlich die, ob die normativen Standards akzeptiert werden sollen. Auf den ersten Blick erscheint der soziologische Legitimitätsbegriff bestechend, scheint er doch einfach zu handhaben zu sein und zudem der individuellen oder kollektiven Selbstbestimmung am ehesten gerecht werden zu können. Möchte man ihn jedoch als rechtlichen Maßstab gebrauchen, ergeben sich in mehrfacher Hinsicht Probleme. Praktisch erscheint es unmöglich, die Zustimmung zu einem System zu messen. Selbst in einer Demokratie können hierüber keine sicheren Aussagen getroffen werden, stellen Wahlen schließlich nie das System selbst, son20
Für eine andere Systematisierung des Legitimitätskonzepts s. etwa Wolfrum, in: Wolfrum/Röben (Hg.), Legitimacy (2008), 1, 6, der Ursprung, Verfahren und Inhalt als mögliche Gründe für die Legitimität von Normen ansieht. 21
Grundlegend Weber, Wirtschaft und Gesellschaft (1922), 122. Im juristischen Kontext s. etwa Tietje, DVBl. 118 (2003), 1081, 1095; Buergenthal, in: Nolte/Schreiber (Hg.), Der Mensch und seine Rechte (2004), 192-202. 22
Luhmann, Legitimation durch Verfahren (1983), 239 (Hervorhebung im Original). 23
Habermas, in: Kielmansegg (Hg.), Legitimationsprobleme (1976), 39-61; Höffe, Demokratie im Zeitalter der Globalisierung (1999), 47.
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Kapitel 1
dern immer nur die Zusammensetzung der politischen Eliten in Frage. Noch schwieriger kann die Zustimmung in autokratischen Staaten festgestellt werden. Allein die Abwesenheit offener Opposition kann gerade in diesen Staaten ganz andere Gründe haben, als die stillschweigende Akzeptanz des bestehenden Systems. Sie mag zum einen in der Furcht vor Repression begründet liegen,24 zum anderen in einer apolitischen Einstellung weiter Kreise der Bevölkerung. Gewichtiger sind jedoch die normativen Einwände. Der soziologische Legitimitätsbegriff beruht allein auf faktischer Anerkennung, ohne die dieser zugrunde liegenden Gründe zu berücksichtigen. Es wird keine Unterscheidung zwischen Motiven im weberschen Sinne25 und Gründen der Anerkennung getroffen. Zustimmung zu einem Herrschaftsregime kann daher auch auf kognitiven Fehleinschätzungen beruhen.26 So ist der Nationalsozialismus durch breite Bevölkerungsschichten gestützt worden, ohne dass seine Herrschaft deswegen schon legitim gewesen wäre. Des Weiteren versagt das Anerkennungskriterium, wenn man davon ausgeht, dass Staatsgewalt einem jeden Individuum gegenüber rechtfertigungsbedürftig ist. In diesem Fall setzt Legitimität nämlich die Anerkennung durch alle, also das Bestehen eines Konsenses voraus.27 Ein solcher wird jedoch praktisch nicht zu erzielen sein. Aus diesem Grund ist es vorzugswürdig, für den Zweck dieser Untersuchung einen normativen Legitimitätsbegriff zugrunde zu legen, der auf die Anerkennungswürdigkeit von Herrschaft abstellt.
2. Prozedurale vs. materielle Legitimität Eine zweite Unterscheidung stellt darauf ab, ob Legitimität prozedural oder substantiell begründet wird. Die prozedurale Legitimität stellt allein auf das Verfahren ab und ist daher ein rein formaler Maßstab. Sie bemisst sich danach, ob die Entscheidungsprozesse in einem politischen System bestimmten Zielen genügen, wobei diese Ziele jedoch durchaus 24
Held, Models of Democracy (2006), 198.
25
Weber, Wirtschaft und Gesellschaft (1922), 124 unterscheidet drei Motive für die Anerkennung von Herrschaft: Tradition, Charisma und Legalität (bzw. Rationalität). 26
Habermas, in: Kielmansegg (Hg.), Legitimationsprobleme (1976), 39, 55.
27
Kersting, Gesellschaftsvertrag (1994), 12.
Legitimität und die Rechtfertigung von Herrschaft
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verschieden sein können. So können Verfahren etwa unterschiedlich auszugestalten sein, je nach dem, ob sie darauf abzielen sollen, möglichst effiziente Ergebnisse zu erzielen oder ein hohes Maß an Selbstbestimmung zu verwirklichen.28 Die substantielle Legitimität stellt dagegen auf die Ergebnisse des Entscheidungsprozesses ab. Sie bemisst sich danach, ob bestimmte vorher definierte Ziele oder Werte erfüllt werden. Ob man Legitimität substantiell oder prozedural bestimmt, hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab. Substantielle Legitimität setzt zunächst voraus, dass es überhaupt möglich ist, objektive, von individuellen Wertvorstellungen unabhängige Werte zu identifizieren. Diese Werte müssen jedoch nicht zwingend universell, sondern nur für eine bestimmte politische Gemeinschaft generell bestimmbar sein. So werden Autoren, die eine kommunitaristische Position vertreten und ein politisches System eher an einer Vorstellung des gemeinschaftlich Guten als an einer Konzeption individueller Rechte orientieren, in der Regel ein substantielles Legitimitätskonzept bevorzugen. Das Problem, dem jedes substantielle Legitimitätskonzept begegnet, ist das der Entscheidungskompetenz über den Inhalt. Besteht über diesen – wie dies zumeist der Fall sein wird – kein gesellschaftlicher Konsens, muss es eine Instanz geben, die darüber entscheidet. Diese Entscheidungskompetenz kann man dabei nicht der Regierung eines Staates überlassen. Denn dann wäre das Legitimitätskonzept inhaltsleer, soll Legitimität doch gerade externe Standards zur Bewertung von Regierungsgewalt bereitstellen. Als Jurist könnte man versucht sein, substantielle Werte aus rechtlichen Normen abzuleiten, da diese ja den Anspruch haben, objektive Standards aufzustellen. So könnte man etwa ein Regime, das Menschenrechte verletzt, für illegitim halten. Allerdings würden wir damit die Trennung von Legitimität und Legalität aufgeben. Soll ein Legitimitätsprinzip im Völkerrecht einen rechtlich eigenständigen Wert haben, so muss dieses in seinem normativen Gehalt über die bereits bestehenden rechtlichen Normen hinausgehen. Dem Problem der Bestimmung substantieller Standards versuchen prozedurale Legitimitätskonzepte dadurch zu entgehen, dass nicht mehr bestimmte substantielle Werte, sondern stattdessen die Regeln zur Entscheidungsfindung über diese Werte oder andere kollektive Belange im
28
Auf diesen Zielkonflikt wird gleich unter I 3 noch einmal zurückzukommen sein.
10
Kapitel 1
Mittelpunkt stehen.29 Das Problem an einem prozeduralen Ansatz ist, dass Verfahren ohne bestimmte substantielle Rechte der Beteiligten nicht denkbar sind. Schon die Abhaltung von Abstimmungen oder Wahlen setzt gewisse Vorstellungen über Gleichheit und Beteiligungsrechte der betroffenen Bürger voraus.30 Zudem sind sich viele Kommentatoren heute einig, dass selbst prozedurale Legitimität sich nicht in Wahlen und Abstimmungen erschöpfen kann.31 Vielmehr bedarf es verschiedener Gegengewichte, um Minderheitenpositionen zu schützen. Insofern kann Legitimität nie allein substantiell oder prozedural bestimmt werden, sondern muss immer über eine Mischung aus beiden Elementen vermittelt werden.
3. Input vs. Output Legitimität Eine dritte Unterscheidung ist schließlich die Differenzierung zwischen Input- und Output-Legitimität, die auf Fritz Scharpf zurückgeht.32 Wichtig ist, diese Unterscheidung nicht mit der zwischen prozeduraler und substantieller Legitimität zu verwechseln, auch wenn zwischen beiden Überschneidungen bestehen.33 Während letztere auf die Frage Verfahren oder Ergebnis, Bewertung ex ante oder ex post34 abstellt, geht es dem Gegensatz Input/Output um den Maßstab der Bewertung. Da29
Nida-Rümelin, Demokratie und Wahrheit (2006), 47.
30
Noch weitergehend die Kritik von Walzer, Thick and Thin (1994), 12, der moralische Minimalkonzepte bereits für verschleierte „dicke“ Moralkonzepte hält, da sie bereits ein bestimmtes Gesellschaftsbild vorschrieben. 31
S. nur Kersting, Wohlgeordnete Freiheit (1993), 453-54. Vgl. auch Engel, Rechtstheorie 32 (2001), 23, 34, der rein prozedurale Standards für unterkomplex hält, da sie Existenz und psychologische Macht moralischer Werte leugneten. 32
Grundlegend Scharpf, Demokratietheorie zwischen Utopie und Anpassung (1970), 21. 33
Eine Gleichsetzung von output-Legitimität und substantieller Legitimität findet sich etwa bei Greven, in: Kohler-Koch (Hg.), Entgrenzte Räume (1998), 249, 255; Brunkhorst, in: Wingert/Günther (Hg.), FS Habermas (2001), 605, 621. 34
Zu dieser Unterscheidung s. Peters, Theorie der Verfassung Europas (2001), 517-24.
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bei ist substantielle Legitimität in der Regel ergebnis-, also outputorientiert. Anders ist dies jedoch bei verfahrensbasierter Legitimität. Verfahren können sich nämlich unterscheiden, je nach dem, ob es ihr Ziel ist, ein möglichst hohes Maß an Selbstbestimmung zu verwirklichen (Input-Orientierung) oder ob sie eher darauf angelegt sind, eine vorher definierte Qualität politischer Leistungen sicherzustellen (Output-Orientierung). Bei der Unterscheidung handelt es sich somit nicht, wie etwa bei der zwischen prozeduralen oder substantiellen Elementen, um zwei gegensätzliche Arten von Legitimität, sondern nur um eine Unterscheidung in dem Blickwinkel, aus dem die Legitimität gemessen wird.35 Maßstab einer prozeduralen Output-Legitimität ist dabei, inwieweit die Ausgestaltung des Verfahrens am Wohlergehen der Betroffenen orientierte Entscheidungen, also ein Höchstmaß an politischer Rationalität,36 erwarten lassen.37 Die Input-Legitimität geht auf die Idee der Selbstbestimmung des Staatsvolkes zurück. Sie stellt darauf ab, dass Kollektiventscheidungen möglichst unverfälscht der gleichen Partizipation aller entspringen.38 Soweit jedoch die Selbstbestimmung vom Individuum abgekoppelt und auf die kollektive Ebene übertragen wird, begegnet das Modell sowohl normativen als auch faktischen Problemen.
a. Normative Defizite der Input-Perspektive Die normativen Bedenken beziehen sich auf die Regeln über den Entscheidungsprozess. Kollektiventscheidungen werden in Demokratien regelmäßig nach dem Mehrheitsprinzip vorgenommen.39 Die Rechtfertigung der Mehrheitsregel kann sich aus zwei Erwägungen heraus ergeben. Zum einen kann sie als Fairnessregel verstanden werden. Sind die individuelle Selbstbestimmung und das Gleichheitsgebot Prämissen des Legitimitätskonzepts, dann sei die Mehrheitsregel, so das Argument, diejenige, die dem Fairnessgebot am ehesten entspricht, da nur sie allen
35
Scharpf, Demokratietheorie zwischen Utopie und Anpassung (1970), 21.
36
Ebd., 22.
37
Petersen, ZaöRV 64 (2004), 429, 456.
38
Scharpf, Demokratietheorie zwischen Utopie und Anpassung (1970), 25.
39
Offe, in: Guggenberger/Offe (Hg.), Mehrheitsdemokratie (1984), 150,
157.
12
Kapitel 1
Bürgern die gleichen politischen Einflussmöglichkeiten gewähre.40 Zum anderen kann die Mehrheitsregel aus rationalistischen Erwägungen gerechtfertigt werden. Gegen die Rechtfertigung durch Fairnesserwägungen spricht, dass allein die größere Zahl noch kein Ausdruck von Fairness ist. Denn damit wird der Mehrheit die Möglichkeit der Herrschaft über die Minderheit gegeben, die normativ nicht ohne Weiteres zu rechtfertigen ist.41 Es gibt keinen moralischen Grund, warum die Mehrheit sich ihrer bloßen zahlenmäßigen Überlegenheit wegen gegen die Minderheit durchsetzen sollte.42 Dies gilt insbesondere dann, wenn sich Nutzen und Kosten von Entscheidungen auf unterschiedliche Gruppen verteilen.43 Bildlich gesprochen: Entscheiden zwei Wölfe und ein Schaf darüber, was es zum Abendessen geben soll,44 ist es intuitiv nicht einsichtig, warum die bloße Mehrheit der Stimmen ausschlaggebend sein soll. Dieses Beispiel lässt sich problemlos auch auf den modernen Staat und dessen Sozial- und Infrastrukturmaßnahmen übertragen. Ist Fairness zudem das oberste Ziel einer Entscheidungsregel, dann könnte dieses auch durch andere Methoden erreicht werden – etwa durch den Zufall, zum Beispiel den Münzwurf oder Los.45 Dass uns letzteres kontraintuitiv erscheint, hängt wohl damit zusammen, dass der Mehrheitsregel auch eine gewisse Rationalitätserwartung entgegengebracht wird. Worin liegt jedoch diese Rationalitätserwartung begründet? Die Annahme, dass die Mehrheit grundsätzlich klügere
40
Hillgruber, AöR 127 (2002), 460, 462; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg.), Hdb StR II (2004), § 24, Rn. 52; Möllers, Gewaltengliederung (2005), 53. 41
Sartori, Demokratietheorie (2006), 143-48.
42
Prominent ist die Warnung vor der Tyrannei der Mehrheit. S. dazu de Tocqueville, Démocratie en Amérique (1835); Mill, On Liberty (1859). 43
Offe, in: Guggenberger/Offe (Hg.), Mehrheitsdemokratie (1984), 150, 169; Schweinsberg, Demokratiereform (2003), 120. 44
Dieses Beispiel verdanke ich einem Diskussionsbeitrag von Anthony d’Amato bei der Konferenz zu Legitimacy in International Law, die am 13./14. Juni 2006 in Heidelberg abgehalten wurde. Die Diskussion ist abgedruckt in: Wolfrum/Röben (Hg.), Legitimacy in International Law (2008), 93, 106. 45
176.
Estlund, in: Bohman/Rehg (Hg.), Deliberative Democracy (1997), 173,
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13
Entscheidungen treffe als die Minderheit, ist rein spekulativ.46 Das bedeutet nicht, dass auf die Mehrheitsregel verzichtet werden sollte. Als pragmatische Verfahrensregel zur Konfliktlösung und Entscheidungsfindung hat sie durchaus ihren Wert.47 Zur Rechtfertigung eines partizipationsorientierten Legitimationsmodells taugt sie jedoch nicht. Die Alternative zur Mehrheitsentscheidung wären konsensbasierte Entscheidungen. Diese lassen allerdings die Entscheidungskosten ins unendliche steigen und machen Kollektiventscheidungen faktisch unmöglich.48 Selbst ein Minimalstaat kommt jedoch ohne Kollektiventscheidungen, in denen konkurrierende individuelle Freiheitssphären gegeneinander abgegrenzt werden, nicht aus. Ein weiteres Problem kollektiver Entscheidungen sind externe Effekte, die diese Entscheidungsprozesse verursachen. Solche entstehen, wenn nicht alle von einer Entscheidung Betroffenen auch in den Entscheidungsprozess miteinbezogen werden. Sie können sowohl zeitlicher als auch räumlicher Natur sein. Zeitliche externe Effekte treten etwa dann auf, wenn die negativen Auswirkungen einer Entscheidung erst zukünftige Generationen treffen, die an jener noch nicht beteiligt sind.49 In räumlicher Hinsicht können sich Beschlüsse der Bevölkerung eines bestimmten Gebietes auch auf benachbarte Gebiete auswirken.50 Vor allem der Umweltschutz bietet für beide Arten externer Effekte zahlreiche Beispiele. Der Bau eines Kohlekraftwerks in einer Grenzregion kommt etwa allein den Bewohnern des Staates zugute, den das Kraftwerk mit Strom versorgt. Die durch das Kraftwerk verursachten Umweltbelastungen wirken sich jedoch auch in den Grenzregionen benachbarter Staaten aus, ohne dass deren Bewohner von den Vorteilen
46
S. aber den Versuch von Adam Przeworski, die Rationalitätsvermutung der Mehrheitsregel unter Bezugnahme auf Condorcets Jury-Theorem zu stützen, Przeworski, in: Shapiro/Hacker-Cordón (Hg.), Democracy’s Value (1999), 23, 25-31. Zutr. jedoch die Kritik von Estlund, in: Copp/Hampton/Roemer (Hg.), Democracy (1993), 71, 93, der die Annahmen des Modells für spekulativ hält. 47
Sartori, Demokratietheorie (2006), 145-56.
48
Shapiro, Democratic Theory (2006), 16-19.
49
Petersen, ZaöRV 64 (2004), 851, 853.
50
Held, in: Held/Archibugi (Hg.), Cosmopolitan Democracy (1995), 96, 99; Peters, CMLR 41 (2004), 37, 40.
14
Kapitel 1
des Kraftwerks profitieren würden, geschweige denn an der Entscheidung über dessen Bau beteiligt gewesen wären.
b. Faktische Defizite der Input-Perspektive Neben diesen normativen Problemen sieht sich eine partizipationsbasierte Legitimitätstheorie jedoch auch faktischen Schwierigkeiten ausgesetzt, die vor allem dann ins Spiel kommen, wenn die Herrschaft in einem Gemeinwesen durch Repräsentanten ausgeübt wird. Denn in den Entscheidungen der Repräsentanten spiegeln sich die Präferenzen der repräsentierten Bürger nur sehr bedingt wider. Vielmehr haben die Vertreter Eigeninteressen, die sie in den politischen Prozess einfließen lassen und die die Interessen der Wählerschaft oft überformen.51 Des Weiteren kann sich eine Wahlentscheidung immer nur auf ganz bestimmte Punkte in einem Wahlprogramm beziehen. Ein Wähler wird sich in den seltensten Fällen von der Partei, der er seine Stimme gibt, in allen Punkten inhaltlich repräsentiert sehen. Dies kann in bestimmten Fällen zu paradoxen Ergebnissen führen. So zeigt das sog. Ostrogorski-Paradox, dass eine en bloc-Abstimmung über ein bestimmtes Bündel an Sachthemen, wie sie Wahlen in repräsentativen Systemen notwendigerweise darstellen, genau entgegengesetzte Ergebnisse zeitigen kann, wie wenn über alle Themen einzeln abgestimmt worden wäre.52
c. Folgerungen Die Konzeptionen der Input- und der Output-Legitimität schließen einander nicht aus. Vielmehr bestehen vielfältige Überschneidungen. Rückt man bei der Ausgestaltung der Entscheidungsprozesse eher das Ergebnis als die Partizipation in den Blickpunkt, bedeutet dies jedoch gleichfalls nicht, dass auf letztere vollkommen verzichtet werden kann. 51
Riker, Am. Pol. Sci. Rev. 74 (1980), 432, 433; Persson/Tabellini, Economic Effects of Consitutions (2003), 14. 52
Grundlegend Rae/Daudt, Eur. J. Pol. Res. 4 (1976), 391-98. Es handelt sich dabei um eine Weiterentwicklung des Arrow-Theorems. Arrow hatte gezeigt, dass es bei feststehenden Präferenzen und mindestens drei Entscheidungsalternativen nicht immer möglich ist, indivduelle Präferenzen konsistent in Kollektiventscheidungen umzusetzen, deren Ergebnis vielmehr von der Art der Abstimmung abhängt, Arrow, J. Pol. Econ. 58 (1950), 328-46.
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15
Am Wohle der Betroffenen orientierte Entscheidungen setzen bestimmte Beteiligungs- und Kontrollmechanismen voraus. Beteiligung ist allerdings nicht mehr Zweck an sich, sondern nur noch ein Mittel zur Steigerung der Entscheidungsqualität. Diese Flexibilität, ergebnisorientierte Elemente in die Legitimitätskonzeption zu integrieren, besitzt die Input-Perspektive dagegen nicht. Legitimitätskonzeptionen, die rein partizipationsorientiert sind, leiden aber an einer Reihe von normativen und faktischen Defiziten. Sie beruhen auf utopischen Prämissen, die nicht den realen politischen Verhältnissen entsprechen, und sind theoretisch nicht vollständig kohärent. Zum einen verspricht indirekte Beteiligung allein nicht notwendigerweise Kollektiventscheidungen im Interesse der Staatsbürger, zum anderen sind zentrale Aspekte des InputModells, wie die Entscheidungsregel oder die Inklusion der Betroffenen, theoretisch nicht abschließend geklärt. Die Orientierung am Output des politischen Prozesses ist im Übrigen keineswegs revolutionär, sondern lässt sich auch in verschiedenen politischen Modellen und Theorien wieder finden. So wird etwa die repräsentative Demokratie gerade mit einer Steigerung der Rationalität politischer Prozesse begründet.53 Die Bürger sind nicht ausreichend informiert, ja können angesichts der Komplexität politischer Prozesse gar nicht ausreichend informiert sein, um alle politischen Entscheidungen selbst sinnvoll vornehmen zu können. Vielmehr wird durch Wahlen die Rationalitätserwartung kollektiver Entscheidungen auf die Repräsentanten übertragen.54 Dieses Beispiel zeigt, dass die oft vorgenommene Gleichsetzung von Output-Modellen mit Expertokratien55 unzutreffend ist. Expertenwissen kann unter bestimmten Umständen die Rationalität politischer Diskurse steigern, ist jedoch keinesfalls der vorherrschende Maßstab. In dieser Arbeit wird damit ein normativer, ergebnisorientierter Legitimitätsmaßstab zugrunde gelegt, der im Folgenden näher bestimmt werden soll.
53
Scharpf, Demokratietheorie zwischen Utopie und Anpassung (1970), 22.
54
Sartori, Demokratietheorie (2006), 121.
55
S. etwa Höreth, Legitimationstrilemma (1999), 279.
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Kapitel 1
II. Konkretisierung des Legitimitätsmaßstabes Das Problem eines ergebnisorientierten Maßstabes ist dessen Konkretisierung. Es gilt, Bedingungen festzusetzen, unter denen Entscheidungsprozesse möglichst am Gemeinwohl orientierte Ergebnisse erwarten lassen, ohne dass wir vorher genauere Aussagen darüber treffen können, was das Gemeinwohl überhaupt ist. In diesem Zusammenhang erscheint es sinnvoll, den Legitimitätsmaßstab in zwei Elemente zu untergliedern.56 Zum einen besteht bei Entscheidungen von Trägern öffentlicher Gewalt immer das Problem, dass diese ihre Macht missbrauchen, also bewusst in eigenem und nicht in allgemeinem Interesse handeln. Dieses Problem wird in modernen politischen Systemen gemeinhin unter dem Stichwort der Verantwortlichkeit (accountability) diskutiert (1.). Zum anderen müssen wir jedoch auch die Qualität von Entscheidungen in den Blick nehmen. Selbst wenn Amtsträger meinen, im besten Interesse der Allgemeinheit zu handeln, können ihre Entscheidungen qualitativ unzureichend sein, etwa weil sie nicht genügend fachliche Kompetenz besitzen oder nicht genügend Informationen in ihrer Entscheidung berücksichtigt haben. Auf dieses zweite Problem versuchen unterschiedliche Demokratietheorien sehr differenzierte Antworten zu geben (2.).
1. Verhinderung von Machtmissbrauch durch Verantwortlichkeit Öffentliche Akteure missbrauchen ihre Macht, wenn sie in eigenem Interesse handeln, anstatt die Interessen der Staatsbürger zu verfolgen, die sie repräsentieren. In modernen politischen Systemen wird dieser Gefahr mit dem Mechanismus der Verantwortlichkeit entgegengewirkt.57 Unter diesem Mechanismus muss der Repräsentant für jede seiner Handlungen und Entscheidungen rechtfertigen, dass diese im Interesse der Repräsentierten liegt.58 Verantwortlichkeit besteht dabei aus zwei Elementen: zum einen unterliegt der öffentliche Akteur einem Rechtfertigungszwang, zum anderen kann er mit Sanktionen belegt werden, wenn seine Entscheidungen (vermeintlich) nicht im öffentlichen Inte56
Scharpf, Regieren in Europa (1999), 168.
57
Mulgan, Holding Power to Account (2003), 10.
58
Dowdle, in: ders. (Hg.), Public Accountability (2006), 1, 3.
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17
resse liegen.59 Allerdings ist es nicht notwendig, dass beide Faktoren gleich stark ausgeprägt sind.60 Vielmehr ist Verantwortlichkeit ein graduelles Konzept, bei dem sowohl der Rechtfertigungszwang als auch die Sanktionen mal stärker und mal schwächer sein können. Letztere etwa reichen von formalen Disziplinarmaßnahmen und strafrechtlichen Sanktionen über den Verlust des bekleideten Amtes bis zur bloßen öffentlichen Nennung von Verfehlungen und damit verbundenem Tadel.
a. Verantwortlichkeit durch Legitimationsketten Die bekannteste Figur zur Sicherstellung von Verantwortlichkeit ist – zumindest im juristischen Kontext – wohl die Legitimationskette. Sie besagt, dass jede Ausübung öffentlicher Gewalt durch eine lückenlose Verantwortlichkeitskette an die Wahlbürger rückgebunden sein muss.61 Politische Verantwortlichkeit ist damit an formale Prozesse gebunden. In politikwissenschaftlichen Kategorien werden dabei zwei unterschiedliche Formen von Verantwortlichkeit miteinander verbunden.62 Parlament und Spitze der Exekutive unterliegen – entweder direkt oder indirekt – einer elektoralen Verantwortlichkeit. Die Leistung der politischen Eliten wird durch das Wahlvolk kontrolliert und gegebenenfalls durch Abwahl sanktioniert.63 Demgegenüber ist die Verantwortlichkeit in der öffentlichen Verwaltung hierarchisch strukturiert. Beamte sind jeweils ihren Vorgesetzten gegenüber verantwortlich. Ein infiniter Verantwortlichkeitsregress64 wird dadurch vermieden, dass die Exekutivspitze zumindest indirekt einer elektoralen Verantwortlichkeit unterliegt.
59
Schedler, in: Schedler/Diamond/Plattner (Hg.), Self-Restraining State (1999), 13, 14; Scott, in: Dowdle (Hg.), Public Accountability (2006), 174, 186. 60
Schedler, in: Schedler/Diamond/Plattner (Hg.), Self-Restraining State (1999), 13, 17-18. 61
Böckenförde, in: ders., Staat, Verfassung, Demokratie (1991), 289, 302-8.
62
Für eine Typologie unterschiedlicher Verantwortlichkeitsformen s. Grant/Keohane, Am. Pol. Sci. Rev. 99 (2005), 29, 35-37. 63 64
Mashaw, Issues in Legal Scholarship 6 (2005), 1, 20.
Zu diesem Problem s. Schedler, in: Schedler/Diamond/Plattner (Hg.), Self-Restraining State (1999), 13, 26.
18
Kapitel 1
b. Flexibilisierung von Verantwortlichkeitsmechanismen Durch das Modell der Legitimationskette kann nach wie vor wohl der größte Teil der Staatstätigkeit einer öffentlichen Kontrolle und Verantwortlichkeit unterworfen werden. Es hat den Vorzug, dass es sehr formal und damit juristisch einfach zu handhaben ist. Ob eine Staatsstruktur dem hierarchischen Legitimationskettenmodell entspricht, ist relativ leicht festzustellen und Abweichungen lassen sich demnach problemlos sanktionieren. Die Formalität des Modells bringt allerdings den Nachteil mit sich, dass es gleichzeitig unflexibel ist. Selbst in demokratischen Staaten breiten sich zunehmend Staatstätigkeiten aus, die mit dem hierarchisch-elektoralen Verantwortlichkeitsmodell nicht erklärt werden können, ohne dass ihre grundsätzliche Notwendigkeit bestritten wird. Klassisches und vieldiskutiertes Beispiel ist etwa die Justiztätigkeit, aber auch viele regulatorische Behörden üben Tätigkeiten aus, die kaum parlamentarischen Kontrollen unterliegen. Allerdings setzt die Verhinderung von Machtmissbrauch durch öffentliche Amtsträger nicht zwingend eine formale Rückbindung an die Wahlbürger voraus. Vielmehr gibt es alternative Mechanismen. So werden in der politikwissenschaftlichen Literatur marktbasierte und soziale Verantwortlichkeit als mögliche Alternativen zur formalen politischen Verantwortlichkeit vorgeschlagen.65 Insbesondere letztere macht sich die Einsicht zu Nutze, dass zwischen politischen Akteuren nicht nur formale Beziehungen bestehen, sondern diese auch sozial miteinander interagieren. Selbst in funktionierenden Demokratien zeichnet die formale Institutionenordnung nie das komplette Bild. Vielmehr gibt es eine Vielzahl von informalen Beziehungen und Netzwerken, die für eine Flexibilisierung der Entscheidungsmechanismen sorgen.66 Gerade aus diesem Grund erscheint es jedoch unangebracht, Verantwortlichkeit allein durch formale Instrumente sicherstellen zu wollen. Vielmehr können bereits Maßnahmen mit indirekter Wirkung, wie die Auferlegung eines Rechtfertigungszwangs und die Offenlegung und Veröffentlichung von Fehlern und Verfehlungen wirksame Kontrollmittel darstellen.67 65
S. nur Mashaw, Issues in Legal Scholarship 6 (2005), 1, 21-29; Mashaw, in: Dowdle (Hg.), Public Accountability (2006), 115, 122-26; Scott, in: Dowdle (Hg.), Public Accountability (2006), 174, 178-81. 66
Merkel/Croissant, PVS 41 (2000), 3, 16.
67
Offe, in: Kornai/Rose-Ackerman (Hg.), Trustworthy State (2004), 77, 96.
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19
So ist etwa selbst in einem Staat wie China, in dem eindeutig keine formale Kontrolle der öffentlichen Gewalt durch die Staatsbürger besteht, die Herausbildung gewisser Verantwortlichkeitsmechanismen zu beobachten.68 Die Gesetzgebung erfolgt durch ein Zusammenspiel unterschiedlicher Organe, dem Volkskongress, der kommunistischen Partei und dem jeweiligen Fachministerium, teilweise sogar unter Einbeziehung der Öffentlichkeit.69 Das bedeutet nicht, dass soziale Verantwortlichkeit elektoraler Verantwortlichkeit an Effektivität gleichkäme oder diese gar ersetzen könnte. Je stärker jedoch der Grad der Institutionalisierung in einem autokratischen Staat ist, desto eher bilden sich in diesem auch Strukturen politischer Verantwortlichkeit heraus.
2. Qualität von Entscheidungen Der zweite Aspekt zur Bewertung ergebnisorientierter Legitimität ist die Qualität politischer Entscheidungen. Maßstab ist dabei, inwieweit bestimmte Entscheidungsverfahren möglichst rationale Ergebnisse erwarten lassen. In diesem Zusammenhang sollen zwei theoretische Ansätze untersucht werden, die in der politikwissenschaftlichen Debatte zurzeit am intensivsten diskutiert werden. Auf der einen Seite werden wir uns mit der deliberativen Demokratie beschäftigen, deren Ziel es ist, die Entscheidungsqualität mittels eines rationalen Diskurses zu steigern (a.). Am anderen Ende der Skala befindet sich die Theorie der Konkurrenzdemokratie, der es im Wesentlichen darum geht, politische Dominanz zu verhindern (b.).
a. Diskurstheorie und deliberative Demokratie Ein demokratietheoretischer Ansatz, der in den letzten beiden Jahrzehnten sehr populär geworden ist, ist das diskurstheoretisch inspirierte Konzept der deliberativen Demokratie.70 Im Zentrum der deliberativen 68
Dowdle, in: ders. (Hg.), Public Accountability (2006), 329, 347-57.
69
Ein Beispiel ist etwa die Kodifikation des chinesischen Sachenrechts; s. zu dieser Julius/Petersen, ZChinR 13 (2006), 151. 70
Grundlegend Habermas, Faktizität und Geltung (1992), 349-98; Habermas, in: ders., Die Einbeziehung des Anderen (1996), 277-92. Vgl. auch die verschiedenen Ausgestaltungen dieses Konzepts bei Fishkin, Democracy and De-
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Kapitel 1
Demokratie steht der rationale Diskurs als Quelle politischer Entscheidungen. Die politischen Präferenzen der Bürger werden dabei nicht als feststehend oder exogen, sondern vielmehr als endogene, durch den politischen Prozess beeinflussbare Größen begriffen. Entscheidend ist daher nicht die bloß numerische Mehrheit der Köpfe, sondern vielmehr die Rationalität der im Diskurs verwandten Argumente. Die Abstimmung steht nicht im Zentrum des politischen Prozesses, sondern ist nur ein Mittel, um diesen abzukürzen und die Entscheidungskosten nicht ins Unendliche steigen zu lassen.71 Bei der deliberativen Demokratie handelt es sich jedoch nicht um eine kohärente theoretische Schule. Vielmehr kann zwischen einer partizipativen und einer rationalistischen Variante unterschieden werden.72 Den Autoren der partizipativen Richtung geht es in erster Linie darum, eine möglichst inklusive Beteiligung an den politischen Entscheidungsprozessen zu erreichen.73 Dem Diskurs kommt dabei vor allem eine emanzipatorische Funktion zu. Eine Institution zur Förderung des öffentlichen Diskurses ist etwa die Organisation eines Debattiertages vor Wahlen, um die zur Diskussion stehenden politischen Themen ausführlich zu erörtern und die Wähler für diese zu sensibilisieren.74 Demgegenüber geht es der rationalistischen Variante nicht in erster Linie um eine umfassende Bürgerbeteiligung. Im Mittelpunkt steht vielmehr die Steigerung der Rationalität politischer Entscheidungen:
liberation (1991); Schmalz-Bruns, Reflexive Demokratie (1995); Gutman/ Thompson, Democracy and Disagreement (1996); Cohen/Sabel, ELJ 3 (1997), 313-42; Ferejohn, in: Shapiro/Macedo (Hg.), Democratic Institutions (2000), 75-104; Sunstein, Designing Democracy (2001). 71
Habermas, in: Calhoun (Hg.), Public Sphere (1992), 421, 450. Vgl. auch Besson, Morality of Conflict (2005), 240, die die Abstimmung für den unausweichlichen Abschluss eines deliberativen Prozesses hält, sollte dieser nicht zu einem Konsens geführt haben. 72
Eriksen, in: Niesen/Herborth (Hg.), Kommunikative Freiheit (2007), 294, 296. Teilweise werden in der Literatur auch andere Kategorisierungen vorgenommen. Vgl. etwa Forst, Ratio Juris 14 (2001), 345-78, der drei Modelle deliberativer Demokratie unterscheidet – das liberale, das kommunitaristische und das der „rule of reasons“. 73
Gutman/Thompson, Democracy and Disagreement (1996); Cohen/Sabel, ELJ 3 (1997), 313-42. 74
Ackerman/Fishkin, Deliberation Day (2004).
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„Die deliberative Politik gewinnt ihre legitimierende Kraft aus der diskursiven Struktur einer Meinungs- und Willensbildung, die ihre sozialintegrative Kraft nur dank der Erwartung einer vernünftigen Qualität ihrer Ergebnisse erfüllen kann.“75 Partizipation ist nicht Selbstzweck, sondern nur ein Mittel zur Steigerung der Entscheidungsqualität. Habermas betont, dass jeder Diskursteilnehmer in der Lage sein müsse, sich auch in die Situation aller anderen von der Entscheidung betroffenen Personen zu versetzen und deren Belange mit zu berücksichtigen.76 Ideal des Diskurses ist damit die Unparteilichkeit, um Standpunkte zu erreichen, die allgemein geteilt werden können. Auch wenn die deliberative Demokratietheorie als theoretisches Konzept sehr ansprechend erscheint, bereitet ihre praktische Umsetzung Probleme. Unterwirft man alle politischen Entscheidungen einer allgemeinen und umfassenden Diskussion, so die Kritik, verursache dies zu hohe Entscheidungskosten77 und überschätze die Kompetenzen und Ressourcen des Durchschnittsbürgers.78 Es setze vor allem voraus, dass sich der Bürger bei kollektiven Entscheidungen tatsächlich an sachlichrationalen Erwägungen orientiere. Diese Prämisse sei jedoch nicht immer zwingend erfüllt. Gerade in stark segmentierten Gesellschaften spielt oft die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe eine so starke Rolle, dass sie sachliche Erwägungen in den Hintergrund treten lässt.79 Schließlich wird darauf verwiesen, dass es in politischen Entscheidungen oft divergierende Interessen gebe, die man nicht mittels Deliberation zusammenführen könne:80 Derjenige, zu dessen Lasten eine Kollektiventscheidung gehe, werde sich selten durch das bessere Argument der Gegenseite überzeugen lassen. Diese Kritik betrifft jedoch in erster Linie die partizipatorische Variante der deliberativen Demokratietheorie. Bei der rationalistischen Ausprägung läuft sie weitgehend ins Leere, da sie deliberative mit direkter 75
Habermas, Faktizität und Geltung (1992), 369 (Hervorhebung hier).
76
Habermas, Diskursethik (1991), 60-61.
77
Naschold, PVS 9 (1968), 494, 502.
78
Bell, in: Macedo (Hg.), Deliberative Politics (1999), 70, 74.
79
S. dazu noch ausführlicher unten Kap. 1, III 3 c.
80
Shapiro, in: Macedo (Hg.), Deliberative Politics (1999), 28-38; Przeworski, in: Shapiro/Hacker-Cordón (Hg.), Democracy’s Value (1999), 23, 30.
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Kapitel 1
Demokratie verwechselt.81 Nicht jeder Bürger muss sich zu jeder Frage umfassend äußern. Vielmehr können politische Fragen in unterschiedlichen Foren diskutiert werden. Diese bedürfen zwar einer Rückbindung an die Öffentlichkeit,82 doch kann diese Rückbindung auch mittels informaler Prozesse erfolgen, so dass die Entscheidungskosten in Grenzen gehalten werden und die Bürger sich entsprechend ihren Kompetenzen beteiligen können. Auch der Verweis auf gegenläufige Interessen vermag nicht zu überzeugen, da er eine statische Konzeption von Präferenzen voraussetzt. Ist jedoch gerade Unparteilichkeit das Ideal von Deliberationsprozessen, dann ist der Ausgleich gegenläufiger Interessen eine bloße Abwägungsfrage und kein grundsätzlicher Gegensatz der Entscheidungsträger. In diesem Punkt ähnelt die deliberative Demokratie Rawls’ Schleier des Nichtwissens.83 Während es sich bei dem letzteren jedoch nur um ein gedankliches Experiment handelt, ist die Diskurstheorie praktischer orientiert. Es ist gerade der Prozess der Deliberation, der diese Unparteilichkeit herzustellen hilft. Er zwingt die Entscheidungsträger von ihren eigenen Interessen zu abstrahieren und nach allgemein akzeptablen Lösungen zu suchen.84 Allerdings wird es in der Praxis schwierig sein, Unparteilichkeit vollständig zu verwirklichen. Insofern kann deliberative Demokratie nicht als holistisches Konzept begriffen werden.85 Seine Stärken entfaltet das Konzept vielmehr dann, wenn man es nicht als Ersatz, sondern vielmehr als Ergänzung bestehender politischer Institutionen, gewissermaßen als Richtlinie für die Ausgestaltung des politischen und institutionellen Prozesses ansieht.86 Die Theorie kann damit als normatives Leitbild dienen, die Entscheidungsprozesse innerhalb eines Staates so auszugestalten, dass die politischen Akteure einen möglichst großen Anreiz zu interessenunabhängiger Deliberation haben.
81
Bohman, J. Polit. Phil. 6 (1998), 400, 418.
82
Shapiro, Who Guards the Guardians? (1988), 34.
83
Rawls, Theory of Justice (1999), 10-15.
84
Forst, Ratio Juris 14 (2001), 345, 362; Nida-Rümelin, Demokratie und Wahrheit (2006), 102. 85 86
Held, Models of Democracy (2006), 246.
In diese Richtung Habermas, in: Calhoun (Hg.), Public Sphere (1992), 421, 452.
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b. Theorie der Konkurrenzdemokratie Gewissermaßen am anderen Ende der Skala befindet sich das Konzept der Konkurrenzdemokratie (competitive democracy). Während bei der deliberativen Demokratie die Qualität der politischen Entscheidungen im Zentrum des Interesses steht, konzentriert sich die Theorie der Konkurrenzdemokratie ausschließlich auf das Element des Machtmissbrauchs.87 Vertreter der kompetitiven Demokratietheorie argumentieren, dass es nicht möglich sei, ex ante Aussagen über die Qualität politischer Entscheidungen zu treffen. Ziel politischer Prozesse müsse daher nicht die Förderung des Gemeinwohls, sondern die Verhinderung von politischer Dominanz und Machtmissbrauch sein.88 Sie vergleichen den politischen Prozess mit ökonomischen Märkten. Anders als Unternehmen konkurrieren politische Parteien jedoch nicht um das Geld von Konsumenten, sondern um die Stimmen ihrer Wähler. Dieser Wettbewerb um Wählerstimmen soll den politischen Eliten dabei den Anreiz geben, Entscheidungen möglichst im öffentlichen Interesse zu treffen. Die Theorie der Konkurrenzdemokratie basiert damit auf der Prämisse, dass die Verantwortlichkeit politischer Akteure sich auf die Qualität politischer Entscheidungen zumindest nicht negativ auswirkt. Allerdings gibt es in bestimmten Situationen Spannungen zwischen elektoraler Verantwortlichkeit und der Effizienz politischer Entscheidungen. Die Optimierung des einen Faktors erfolgt hier auf Kosten des anderen.89 Dies ist zum einen dann der Fall, wenn die kurz- und langfristigen Effekte von Kollektiventscheidungen auseinanderfallen.90 Hat eine Strategie kurzfristig negative Auswirkungen, verspricht sie jedoch langfristige Erfolge, so ist es unwahrscheinlich, dass sie in politischen Systemen, in denen die Entscheidungsträger alle vier oder fünf Jahre politisch zur Verantwortung gezogen werden, umgesetzt werden. Hoch ist 87
Grundlegend Schumpeter, Capitalism, Socialism, and Democracy (1942), 269-83. Modifizierte und modernisierte Ausgestaltungen des Konzepts finden sich etwa bei Schmitter/Karl, J. Dem. 2.3 (1991), 75-88; Przeworski, in: Shapiro/ Hacker-Cordón (Hg.), Democracy’s Value (1999), 23-55; Shapiro, Democratic Theory (2006). Das Konzept der Konkurrenzdemokratie liegt implizit auch einigen amerikanischen Beiträgen zum right to democratic governance zugrunde, s. bspw. Beutz, Harv. Int’l L.J. 44 (2003), 387-431. 88
Shapiro, Democratic Theory (2006), 3.
89
Vgl. Teubner, in: ders. (Hg.), Juridification (1987), 1, 19-22.
90
Zakaria, Future of Freedom (2003), 168-69.
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Kapitel 1
dagegen die Erfolgsaussicht von Strategien, die kurzfristig Erfolge zeitigen, langfristig jedoch negative Effekte haben, wie etwa das Bestreiten öffentlicher Ausgaben mit Krediten oder die Verursachung von Umweltbelastungen, die erst mit Verzögerung spürbar werden. Hier sind die politischen Entscheidungsträger meist nicht mehr im Amt, wenn die negativen Folgen allgemein sichtbar werden. Gerade wenn langfristige Strategien erforderlich sind, kann Demokratie somit die Planungssicherheit unterminieren.91 Weiterhin neigen politische Prozesse in repräsentativen Demokratien in bestimmten Bereichen zu klientelistischer Politik.92 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es zu einer Interessenkollision kommt, bei der eine kleine Gruppe ein starkes Interesse am Ausgang einer Entscheidung hat, das einem schwachen, diffusen Interesse der Allgemeinheit gegenübersteht. Dies kann etwa bei der Einführung von Umweltstandards für bestimmte Industriezweige der Fall sein, der einer kleinen Gruppe hohe Kosten auferlegt, denen ein vergleichsweise geringer Individualnutzen gegenübersteht, auch wenn die Gruppe der Betroffenen wesentlich größer ist. Hier haben die individuell stark betroffenen Gruppen einen sehr viel höheren Anreiz zu politischer Lobbyarbeit als die breite Bevölkerung, so dass eine politische Entscheidung zu ihren Gunsten letztlich wahrscheinlicher ist.
3. Legitimität als graduelles und situationsbezogenes Rahmenkonzept Die Arithmetik guter kollektiver Entscheidungen bewegt sich immer in einem Spannungsfeld zwischen Entscheidungsqualität und Verantwortlichkeit. Eine zu starke elektorale Verantwortlichkeit der politischen Akteure kann falsche Anreize setzen, weil sie kurzfristig orientiert ist
91
Das ist der Grund, warum in einigen repräsentativen Demokratien bestimmte Entscheidungen an unabhängige Agenturen ausgelagert werden, die gerade keiner politischen, sondern allein rechtlicher Verantwortlichkeit unterliegen: Majone, in: Hesse/Toonen (Hg.), Eur. Yb. Publ. Administration (1994), 117-40; Majone, in: ders. (Hg.), Regulating Europe (1996), 28-46. 92
Olson, Collective Action (1965), 127-28; Majone, in: Jachtenfuchs/Kohler-Koch (Hg.), Europäische Integration (1996), 225, 242-44; Zakaria, Future of Freedom (2003), 169-77.
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und bestimmte, besonders ausgeprägte Partikularinteressen bevorzugt. Eine zu starke Unabhängigkeit kann auf der anderen Seite dazu führen, dass die Regierenden diese ausnutzen, um Entscheidungen im eigenen Interesse zu treffen. Einen Ausweg aus diesem Dilemma mag die Diskurstheorie weisen, gründet sich ihre Legitimität doch nicht auf die bloße Mehrheit der Stimmen, sondern auf die Vernunft der einer Kollektiventscheidung zugrunde liegenden Argumente. Gerade wenn Entscheidungen Kollektivorganen übertragen werden können, erlauben die Einsichten der Diskurstheorie eine Steigerung der politischen Verantwortlichkeit, da die Deliberation gleichzeitig als Entscheidungs- und als Kontrollinstrument fungiert. Allerdings haben wir gesehen, dass die deliberative Demokratie nur eine Ergänzung zu anderen Institutionen und Entscheidungsmechanismen sein kann. Deliberation macht Wahlen und Abstimmungen nicht obsolet. Insofern wird man die Spannung zwischen Entscheidungsqualität und Verantwortlichkeit im Zweifel zwar zugunsten einer stärkeren Verantwortlichkeit politischer Akteure auflösen. Ein politisches System, in dem die politischen Eliten den Bürgern gegenüber verantwortlich sind, wird im Allgemeinen bessere Ergebnisse erzielen. Es ermöglicht eine formale Kontrolle der Entscheidungsträger und gibt den Bürgern die Möglichkeit, Regierungen gewaltlos aus ihrem Amt zu entfernen, wenn deren Leistung nicht den Vorstellungen der Bevölkerung entspricht. Allerdings ist dies nur eine allgemeine, keine absolute Regel. Aufgrund des Spannungsverhältnisses zwischen politischer Verantwortlichkeit und Entscheidungsqualität muss eine starke elektorale Verantwortlichkeit nicht immer wünschenswert sein, da sie teilweise zu einer Abhängigkeit der Politiker von Partikularinteressen führen kann. So können in bestimmten Situationen die schwächere Verantwortlichkeitsstrukturen Vorteile haben. Legitimität ist daher in erster Linie kein Idealkonzept, das ein bestimmtes Ideal politischer Entscheidungsfindung aufstellt und jegliche Abweichungen von diesem Ideal als illegitim qualifiziert. Es zeichnet sich vielmehr durch drei Charakteristika aus. Zunächst hat Legitimität einen graduellen Charakter.93 Sie ist keine bloße ja/nein-Frage, sondern kann vielmehr auf einer Skala gemessen werden. Zwar gibt es ein normatives Leitbild, doch werden nicht alle Abweichungen von diesem gleich behandelt, sondern aufgrund ihrer Entfernung von diesem bewertet. Das
93
Barnett, ARSP 90 (2004), 197, 208.
26
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Ideal hat damit keinen definierenden Charakter, sondern es dient nur als Instrument, um unterschiedliche Regierungsformen zu bewerten und auf der Legitimitätsskala zueinander in Verhältnis zu setzen. Zweitens ist das Legitimitätskonzept situationsbezogen. Die Situationsbezogenheit dient dazu, die normativen Modelle auf die Realität abzustimmen. Sollen normative Modelle kollektiver Entscheidungsfindung nämlich eine praktische Relevanz haben, stehen sie immer in einem Spannungsverhältnis zwischen Sein und Sollen.94 Berühmt ist in diesem Zusammenhang ein Ausspruch Rousseaus, demzufolge „[s]’il y avait un peuple de Dieux, il se gouvernerait démocratiquement. Un gouvernement si parfait ne convient pas à des hommes.“95 Ein politisches System mag in der Theorie also noch so schön sein; wenn es jedoch nur für Götter und nicht für Menschen gemacht ist, ist es in der Praxis unbrauchbar. Jedes normative Modell beruht auf bestimmten tatsächlichen Prämissen. So kann die Frage des optimalen Modells politischer Entscheidungsfindung stark von den in einem Gemeinwesen vorgefundenen Umweltbedingungen abhängen. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Stellen wir uns vor, wir sind der Überzeugung, dass eine stabile Demokratie nur dann verwirklicht werden kann, wenn ein Staat einen gewissen Grad wirtschaftlicher Entwicklung erreicht hat.96 Dann werden wir die Einführung einer Demokratie selbst dann nicht empfehlen, wenn wir eigentlich von ihrem grundsätzlichen Wert überzeugt sind, solange der betreffende Staat den identifizierten Entwicklungsstand noch nicht erreicht hat. Wir müssen also zwischen dem normativen Leitbild und dem faktisch erreichbaren Ideal differenzieren. Für die Bewertung einer konkreten Regierung kann nur letzteres ausschlaggebend sein. Drittens schließlich ist Legitimität ein Rahmenkonzept. Anders als es die Skalenmetapher suggerieren mag, ist es nicht möglich, für eine bestimmte sozioökonomische Situation eine feste Rangordnung von Regierungsformen aufzustellen. Vielmehr liegen allen normativen Modellen bestimmte tatsächliche Annahmen über menschliches Verhalten zugrunde. Diese betreffen beispielsweise die Motive der Entscheidungsfindung oder die ausschlaggebenden Faktoren bei bestimmten sozialen 94
Sartori, Demokratietheorie (2006), 16.
95
Rousseau, Contrat social (1762), III. Buch, 4. Kap.
96
Zu möglichen Konstituierungsvoraussetzungen der Demokratie s. noch unten Kap. 1, III 3.
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Entwicklungen. Über diese Prämissen der normativen Modelle können wir nur Thesen aufstellen, derer wir uns nie absolut sicher sein können. Zudem kann bei der Wahl eines politischen Systems ein Zielkonflikt bestehen, der abstrakt nicht aufzulösen ist.97 Insofern besteht bei der Wahl des „besten“ politischen Modells ein gewisser Einschätzungsspielraum. Möchten wir unser Legitimitätskonzept für die Rechtswissenschaft fruchtbar machen, hilft uns ein graduelles Legitimitätskonzept jedoch nur bedingt weiter. Das Charakteristikum von Recht ist die dichotome Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht. Jede juristische Entscheidung ist daher am Ende binärer Natur.98 Insofern müssen wir der graduellen Einteilung eine kategorielle an die Seite stellen, bei der wir eine binäre Differenzierung zwischen legitim und illegitim treffen. Orientierungspunkt bei dieser Unterscheidung muss immer das bestmögliche politische System sein. Sieht man in der Errichtung hoheitlicher Gewalt einen Eingriff in die Freiheit eines Individuums, ist es ein Gebot der Verhältnismäßigkeit, die staatlichen Institutionen optimal auszugestalten. Aus dem Charakter des Legitimitätskonzeptes ergeben sich hier jedoch in doppelter Hinsicht Einschränkungen. Zum einen folgt aus dessen flexibler Natur, dass die Unterscheidung situationsabhängig sein muss. Das optimale politische System hängt von den sozialen und gesellschaftlichen Gegebenheiten ab. Zum anderen besteht ein Einschätzungsspielraum, der uns zwingt, das Legitimitätskonzept von den Rändern (seinem Rahmen) her zu bestimmen. Wir können nicht mit Sicherheit sagen, welches politische System für eine bestimmte Situation optimal ist. Wir können nur diejenigen ausschließen, die es mit Sicherheit nicht sind.
97
Buchanan/Keohane, in: Wolfrum/Röben (Hg.), Legitimacy (2008), 25, 42 sprechen in diesem Zusammenhang von „normative uncertainty“ (Hervorhebung im Original). 98
Luhmann, Ausdifferenzierung des Rechts (1981), 35: „Das Rechtssystem [...] hat seine Identität in der Orientierung an dieser Differenz [zwischen Recht und Unrecht].“
28
Kapitel 1
III. Legitimität und Demokratie Im vorherigen Abschnitt haben wir die deliberative Demokratie als normatives Leitbild des Legitimitätsbegriffs ausgemacht. Jedoch haben wir auch gesehen, dass Legitimität zum einen ein flexibles Konzept ist, das auf die tatsächlichen Umstände abzustimmen ist, und es sich zum anderen um ein Rahmenkonzept handelt. Um näher zu untersuchen, inwieweit Abweichungen vom normativen Leitbild rechtfertigungsfähig sind, soll in diesem Abschnitt das Verhältnis zwischen Legitimität und Demokratie näher beleuchtet werden. Damit soll unser Blick für die dogmatische Analyse des völkerrechtlichen Legitimitätskonzeptes im zweiten Kapitel dieser Untersuchung geschärft werden. Nach einer kurzen Definition des Demokratiebegriffs, der dieser Arbeit zugrunde liegen soll (1.), möchte ich in einem zweiten Schritt die Leistungsfähigkeit der Demokratie mit der anderer Staatsformen vergleichen (2.). Schließlich möchte ich gewissermaßen den umgekehrten Weg gehen und fragen, ob Demokratie bestimmten sozialen, kulturellen oder ökonomischen Voraussetzungen unterliegt, um funktionsfähig zu sein (3.).
1. Demokratie: Versuch einer Definition Der Begriff der Demokratie ist viel diskutiert und umstritten. Obwohl Demokratie gerade in der westlichen Welt als Staatsform alternativlos ist, gibt es kaum Konsens, was unter dem Begriff konkret zu verstehen ist.99 Verschiedene Autoren füllen das Konzept mit unterschiedlichen Inhalten. Manche schlagen „dünne“ oder minimalistische Konzepte vor, die sich allein auf die Legitimierung von Staatsgewalt durch Wahlen konzentrieren,100 während andere Autoren „dicke“ oder anspruchsvolle Konzeptionen befürworten.101 Die Definition des Demokratiebegriffs wird dadurch erschwert, dass keine Einigkeit darüber besteht, ob es sich bei Demokratie um ein graduelles oder ein klassifikatorisches Kon99
Shapiro, Democratic Theory (2006), 1; Whitehead, Democratization (2002), 14. 100
S. z.B. Przeworski, in: Shapiro/Hacker-Cordón (Hg.), Democracy’s Value (1999), 23-55. 101
Walzer, Thick and Thin (1994), 21-39; Marks, Collected Courses of the Academy of European Law 8 (1997), 51-89.
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zept handelt.102 Der letztgenannte Definitionsversuch ist ein dichotomer, der alle politischen Systeme in zwei Gruppen einteilt. Ein Staat ist entweder demokratisch oder er ist es nicht. Für die graduelle Konzeption ist die Qualifizierung eines politischen Systems als Demokratie dagegen eine Frage des Grades. Demokratie ist keine entweder/oderFrage; vielmehr kann ein Staat mehr oder weniger demokratisch sein. Allerdings schließen beide Konzepte sich nicht gegenseitig aus. Vielmehr setzt die graduelle Demokratiekonzeption eine klassifikatorische voraus.103 Es ist nämlich nur von begrenztem heuristischem Wert, alle existierenden politischen Systeme als Demokratien zu einem gewissen Grade zu bezeichnen. Zwar ist es theoretisch sicherlich möglich, Tyranneien oder totalitäre Staaten als Demokratien zum Grade null zu bezeichnen, allerdings würde der Begriff dann jede Schärfe und Unterscheidungskraft verlieren. Haben wir eine grundsätzliche Klassifikation jedoch erst einmal vorgenommen, kann es durchaus sinnvoll sein, Demokratien nach Graden abzustufen. Solange Demokratie nicht allein als Idealkonzept verstanden wird, kann durch die Abstufung eine weitere qualitative Unterscheidung vorgenommen werden. Der hier zugrunde gelegte Demokratiebegriff ähnelt in seiner Struktur damit dem Konzept der Legitimität. Er hat zwei Dimensionen: zum einen eine klassifikatorische, mit der Demokratien von Nicht-Demokratien unterschieden werden, zum anderen eine graduelle, durch die Demokratien unterschiedlicher Qualität voneinander abgestuft werden. Wenn wir uns der klassifikatorischen Definition zuwenden, gibt es zwei Wege, nach einer Bestimmung der völkerrechtlichen Demokratiekonzeption zu suchen. Auf der einen Seite können wir die völkerrechtlichen Rechtsquellen analysieren und auswerten, ob und in welcher Form der Begriff der Demokratie in diesen verwendet wird. Auf der anderen Seite können wir einen eigenen Begriff von Demokratie definieren und untersuchen, ob eine solche Institution im Völkerrecht existiert, ungeachtet dessen, ob sie dort auch tatsächlich Demokratie genannt wird.
102 103
Sartori, Demokratietheorie (2006), 184.
Ebd., 185-86; v. Bogdandy, in: Bohnert et al. (Hg.), FS Hollerbach (2001), 364, 367.
30
Kapitel 1
Eine explizite Definition der Demokratie enthält das Völkerrecht nicht.104 Das Konzept müsste also induktiv aus einer Zusammenschau der relevanten völkerrechtlichen Dokumente hergeleitet werden, eine Analyse, die im Rahmen einer Definition a priori nicht geleistet werden kann und darf. Daher soll hier der zweite Weg beschritten werden und eine Definition versucht werden, die eine sinnvolle Grundlage für die nachfolgende Analyse und wirksame Kontrolle möglicher völkerrechtlicher Konzepte bietet. Wenn wir uns der politikwissenschaftlichen Literatur zuwenden, finden wir eine Reihe unterschiedlicher Definitionen von Demokratie. Einige Konzepte sind minimalistisch und konzentrieren sich auf die Legitimierung von Staatsgewalt durch Wahlen.105 Andere fügen weitere Elemente wie die Gewährleistung von Rechtsstaatlichkeit106 oder bestimmter politischer Grundrechte hinzu. So hat Robert Dahl in seinem einflussreichen Werk über politische Polyarchien neben der Legitimierung von Staatsgewalt durch Wahlen den Schutz bestimmter politischer Menschenrechte, wie etwa der Meinungs-, Informations- und Vereinigungsfreiheit, und das Bestehen eines inklusiven Bürgerschaftsstatus als konstituierend für eine Polyarchie erachtet.107 Andere Autoren fügen dieser Demokratiedefinition noch weitere Kriterien hinzu, etwa den Schutz von Minderheiten108 oder die Gewährleistung sozialer Rechte.109 Diese große Bandbreite an verschiedenen Definitionsversuchen ist darauf zurückzuführen, dass die Fragen, was Demokratie ist und was sie sein soll, oft miteinander vermischt werden. Die meisten Autoren, die ein anspruchsvolles Demokratiekonzept vertreten, das über die bloße Legitimierung von Staatsgewalt durch Wahlen hinausgeht, versuchen 104
Vgl. aber auchWheatley, Democracy & Minorities (2005), 128, demzufolge Demokratie im Völkerrecht immer auf den freien Willen des Volkes gestützt sein müsse. Allerdings hilft uns diese Konkretisierung nur bedingt weiter, da der Begriff des freien Willens des Volkes nicht eindeutig ist und durchaus auf unterschiedliche Art konkretisiert werden kann. S. dazu die hier getroffenen Kategorisierungen bei der Bestimmung des Legitimitätsbegriffes in Kap. 1, I. 105
Przeworski, in: Shapiro/Hacker-Cordón (Hg.), Democracy’s Value (1999), 23-55. 106
So v. Bogdandy, ZaöRV 63 (2003), 853, 858.
107
Dahl, Polyarchy (1971), 3.
108
Wheatley, Int’l & Comp. L.Q. 51 (2002), 225-48.
109
Beetham, Democracy and Human Rights (1999).
Legitimität und die Rechtfertigung von Herrschaft
31
ein Konzept eines idealen politischen Systems zu entwerfen. Ein solches ideales Demokratiekonzept wird sich jedoch in der Völkerrechtsordnung angesichts der Vielfalt der Traditionen und kulturellen Hintergründe nicht finden lassen. Aus diesem Grund möchte ich im Folgenden einen anderen Weg gehen. Da der Demokratiebegriff an den Rändern unklar und veränderbar über Zeit ist,110 möchte ich mich auf den Kern des Begriffs konzentrieren, die Legitimierung von Staatsgewalt durch Wahlen. Danach kann ein politisches System Demokratie genannt werden, wenn seine Regierung durch regelmäßige und einem Wettbewerb unterliegende Wahlen bestimmt wird.111 Wahlen unterliegen dem Wettbewerb, wenn ihr Ausgang im Voraus unsicher und im Nachhinein irreversibel ist.112 Diese Definition ist deskriptiv zu verstehen. Sie soll kein normatives Argument enthalten und schließt nicht aus, dass es gute Gründe für anspruchsvollere Demokratiekonzepte gibt. Allerdings sind die Rechtsstaatlichkeit und der Schutz von Menschenrechten selbständige Institutionen, die nicht notwendigerweise mit Demokratie in Zusammenhang stehen und unabhängig von dieser untersucht werden können.113 Es ist möglich, sich ein autokratisches System vorzustellen, das rechtsstaatlichen Grundsätzen folgt und Menschenrechte schützt. Eine Autokratie jedoch, deren Regierung durch dem Wettbewerb unterliegende Wahlen bestimmt wird, ist eine contradictio in adjecto. Haben wir die klassifikatorische Seite unseres Demokratiebegriffs bestimmt, so dürfen wir die zweite Dimension nicht aus den Augen verlieren. Vor kurzem hat Susan Marks davor gewarnt, im Völkerrecht eine minimalistische Demokratiekonzeption zu propagieren.114 Denn gegenwärtig gebe es in der internationalen Diplomatie eine Tendenz, Demokratie zu idealisieren. Vor diesem Hintergrund sei es gefährlich minimalistische Konzepte als rechtliche Standards zu etablieren. Wenn Staaten nämlich diese Minimalstandards erfüllten, dann immunisierten sie sich gegen jegliche weitere Kritik an ihrer Regierungsform, da sie das Label 110
Whitehead, Democratization (2002), 15.
111
Mit dieser Definition folge ich Przeworski et al., Democracy and Development (2000), 14-18. 112
Ebd., 16.
113
Schmidt, ÖZP 28 (1999), 187, 191-92.
114
Marks, ASIL Proceedings 91 (1997), 372-76; Marks, Collected Courses of the Academy of European Law 8 (1997), 51, 78-88.
32
Kapitel 1
der Demokratie bereits erlangt haben. Ein demokratisches Minimalkonzept werde zur generellen Regel.115 Marks schlägt daher vor, ein graduelles Demokratiekonzept zu verwenden.116 Allerdings haben wir gesehen, dass ein graduelles Demokratiekonzept ohne eine vorherige binäre Klassifizierung heuristisch wenig sinnvoll ist. Insofern soll der Kritik im Folgenden Rechnung getragen werden, indem der minimalistischen klassifikatorischen Definition, die hier verwendet wird, eine zweite, graduelle Dimension hinzugefügt wird. Für den Maßstab, nach dem diese Abstufung zu erfolgen hat, können wir auf die Überlegungen, die wir im Zusammenhang mit dem Legitimitätsbegriff angestellt haben, zurückgreifen.117
2. Leistungsvergleich der Demokratie Bei der Bestimmung des Legitimitätsbegriffs haben wir die These aufgestellt, dass das Legitimitätskonzept notwendigerweise eine gewisse Flexibilität haben müsse, um sich den tatsächlichen Gegebenheiten eines bestimmten Gemeinwesens anpassen zu können. In den nächsten beiden Abschnitten soll diese These näher untersucht werden. Dabei wird im Folgenden zunächst auf die Rechtfertigung der Demokratie eingegangen. Intention der Analyse ist dabei nicht, die Demokratie als legitime Staatsform grundsätzlich in Frage zu stellen. Vielmehr soll auf mögliche Stärken und Schwächen eingegangen werden, um zu sehen, ob und wieweit Abweichungen vom demokratischen Ideal rechtfertigungsfähig sind. Gehen wir davon aus, dass jede hoheitliche Struktur vor der Freiheit des Individuums rechtfertigungsbedürftig ist, dann bedarf auch die Demokratie einer entsprechenden Rechtfertigung. Wir haben gesehen, dass Demokratie keine zwingende Folge individueller Selbstbestimmung ist, da individuelle und kollektive Selbstbestimmung nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden können. Daher kann Demokratie nicht als Zweck an sich betrachtet werden. Sie ist vielmehr nur ein Instrument der Rechtfertigung staatlicher Herrschaft. Akzeptiert man die hier vorge115
Marks, The Riddle of All Constitutions (2000), 63.
116
Marks, Collected Courses of the Academy of European Law 8 (1997), 51, 81-82. 117
S.o. Kap. 1, II 3.
Legitimität und die Rechtfertigung von Herrschaft
33
nommene ergebnisbezogene Bestimmung von Legitimität, dann erlangt eine Regierungsform ihre Legitimität aufgrund ihres Leistungsvermögens.118 Abweichungen vom demokratischen Ideal sind also dann gerechtfertigt, wenn alternative Staatsformen unter bestimmten Bedingungen leistungsfähiger sind als die Demokratie. Das Problem bei der Untersuchung dieser Frage liegt darin, Faktoren für die Leistungsfähigkeit von Staatsformen zu bestimmen. Die Bestimmung dieser Faktoren bedarf letztlich immer einer subjektiven Entscheidung. Ist etwa wirtschaftliches Wachstum ein wünschenswertes Ziel oder sollte die Förderung sozialen Zusammenhalts die Priorität besitzen? Wie gehen wir damit um, wenn die Erreichung unterschiedlicher Ziele nicht miteinander in Einklang steht? Hat der Schutz der Menschenrechte Vorrang vor wirtschaftlicher Entwicklung, sollte zwischen beiden ein Zielkonflikt bestehen? Eine Möglichkeit, diesem Dilemma zu entkommen, ist, eine normative Perspektive einzunehmen und danach zu fragen, warum bestimmte institutionelle Strukturen einen möglichst hohen Output erwarten lassen. Diesen Weg sind wir bereits bei der Konkretisierung der Legitimitätsstandards gegangen und haben dabei festgestellt, dass die Demokratie normatives Leitbild, jedoch kein absoluter Maßstab ist.119 Die Plausibilität dieses Befundes soll im Folgenden empirisch getestet werden. Auch wenn wir keine absoluten Vergleichsfaktoren heranziehen können, so können wir doch relative Indikatoren festlegen, die die Leistung auf einem bestimmten Gebiet vergleicht. Der empirische Vergleich kann zwar keine absolute Geltung beanspruchen; er kann uns aber auf Stärken und Schwächen unserer normativen Theorie hinweisen und uns möglicherweise zu Modifikationen anregen. Dabei sollen drei Bereiche analysiert werden, die in der Politikwissenschaft besonders intensiv diskutiert werden. Zunächst soll auf die ökonomische Leistungsfähigkeit von Demokratien eingegangen (a.), danach deren Menschenrechtsbilanz in den Blick genommen (b.) und schließlich das Theorem von Demokratien als Garanten des Weltfriedens diskutiert werden (c.).
118
S.o. Kap. 1, I 3.
119
S.o. Kap. 1, II 3.
34
Kapitel 1
a. Ökonomische Leistungsfähigkeit Die Frage, ob Demokratien wirtschaftlich mehr oder weniger leistungsfähig sind als Autokratien, wird in der Politikwissenschaft seit langem umfassend debattiert. Die Tatsache, dass sich Wirtschaftswunder mit stabilem, über mehrere Jahre anhaltendem zweistelligen Wirtschaftswachstum hauptsächlich unter autokratischen Regierungen entwickelten, legt die These nahe, dass Demokratie wachstumshemmend wirkt.120 So waren etwa in den 1980er Jahren mit Singapur, Südkorea und Taiwan sowie in den 1990er Jahren und Anfang dieses Jahrhunderts mit China autokratisch geführte Staaten die am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Die Begründungen dieser Theorie sind vielfältig. So wird etwa angeführt, dass Demokratie Anreiz zu sofortigem Konsum gebe und daher investitionshemmend sei.121 Zudem seien Autokratien weniger dem Druck von Partikularinteressen und den Zwängen kurzfristiger Erfolge ausgesetzt,122 was ihnen die Fokussierung auf eine langfristige ökonomische Entwicklung ermögliche.123 Die Gegenposition, die der Demokratie entwicklungsfördernden Charakter attestiert,124 verweist in ihrer Argumentation dagegen auf die Gefahren des starken Staates. Es gebe nämlich keine Garantie, dass ein autokratischer Herrscher gerade im Interesse der Bevölkerung handelt.125 Dies könnten allein demokratische Mechanismen wie die Verantwort-
120
So etwa Schweinitz, Econ. Dev. & Cult. Change 7 (1959), 385-404; Huntington/Dominguez, in: Greenstein/Polsby (Hg.), Political Science (1975), 1, 5966; Weede, Kyklos 36 (1983), 21-39; Landau, Econ. Dev. & Cult. Change 35 (1986), 35, 64. 121
Huntington, Political Order (1968); Huntington/Dominguez, in: Greenstein/Polsby (Hg.), Political Science (1975), 1, 60; Rao, Stud. Comp. Int’l Dev. 19 (1984), 67, 75. 122
Bardhan, in: Shapiro/Hacker-Cordón (Hg.), Democracy’s Values (1999), 93, 96. 123
Haggard, Pathways from the Periphery (1990), 262; Schmidt, ÖZP 28 (1999), 187, 193. 124
Dick, J. Pol. Econ. 82 (1974), 817-27; Pourgerami, J. Theoret. Pol. 3 (1991), 189-211; Przeworski et al., Democracy and Development (2000), 14286. 125
Carothers, J. Dem. 18 (2007), 12-27.
Legitimität und die Rechtfertigung von Herrschaft
35
lichkeit von Politikern durch Wahlen sicherstellen.126 Zudem seien Demokratien aufgrund ihrer Anreizstruktur und ihrer dezentralen Informationsbeschaffung effizienter in der Verteilung von Mitteln als notwendigerweise zentralisierte Autokratien.127 Die umfangreichste empirische Studie zu dieser Frage haben Adam Przeworski und Kollegen in einem Vergleich von 141 Ländern über 40 Jahre erarbeitet.128 In ihrer Studie unterscheiden sie zwischen armen und reichen Ländern, solchen mit einem Pro-Kopf-Einkommen von maximal 3000 USD im Jahr und solchen mit einem Pro-Kopf-Einkommen von mehr als 3000 USD. Dabei deuten die Daten darauf hin, dass bei den Volkswirtschaften mit geringem Pro-Kopf Einkommen kein signifikanter Unterschied im Wachstum zwischen Demokratien und Autokratien besteht.129 Die Autoren erklären dies damit, dass die Regierungen in diesen Staaten zu wenige finanzielle Ressourcen haben, als dass ihre Politik wirklich einen Unterschied machen könne.130 Bei Staaten, die in der so genannten Armutsfalle gefangen sind, ist der Bewegungsspielraum zu klein, als dass eine bestimmte Regierungsform einen positiven Effekt haben könnte.131 Die Situation ändert sich, sobald Staaten ein Pro-Kopf-Einkommen von – mehr oder weniger – mindestens 3000 USD haben. In reichen Staaten scheint Demokratie empirisch einen positiven Einfluss auf die Volkswirtschaft zu haben: Die Wirtschaft wächst im Durchschnitt schneller, wirtschaftlicher Erfolg ist mehr technologie- und weniger arbeitsintensiv, Arbeitnehmer sind effizienter und sie nehmen mehr von dem, was sie erwirtschaften als Lohn mit nach Hause.132 In diesen Staaten scheint es also Bürgern einer Demokratie wirtschaftlich im Durchschnitt besser zu gehen als Bürgern einer vergleichbaren Autokratie.
126
North, Institutions and Economic Performance (1990); Olson, Power and Prosperity (2000), 99. 127
Barro, J. Pol. Econ. 98 (1990), 103-25; Findlay, Economics & Politics 2 (1990), 193-221. 128
Przeworski et al., Democracy and Development (2000), 142-86.
129
Ebd., 161.
130
Ebd., 166.
131
Zur Armutsfalle s. Sachs, End of Poverty (2005), 245-50.
132
Przeworski et al., Democracy and Development (2000), 166-76.
36
Kapitel 1
Dennoch kann dies nicht zu der Schlussfolgerung verleiten, dass Demokratien generell ökonomisch erfolgreicher sind als Autokratien. Zum einen ist der wirtschaftliche Erfolg zum Teil auf andere Faktoren zurückzuführen als die Regierungsform.133 Eine Steigerung der ökonomischen Effizienz und die Dezentralisierung der Informationsgewinnung hängt nicht so sehr von der Staatsform als vielmehr von der Existenz bestimmter wirtschaftlicher Institutionen ab, die von ersterer weitgehend unabhängig sind.134 Der Erfolg der Demokratien könnte daher eher den oft mit ihnen einhergehenden Institutionen der Marktwirtschaft und der Garantie von Eigentumsrechten als der Demokratie selbst zuzuschreiben sein.135 Zum anderen ist es allein die durchschnittliche Leistungsfähigkeit von Demokratien, die der von Autokratien überlegen ist. Daraus kann jedoch noch keine allgemeine Regel abgeleitet werden. Vielmehr ist die statistische Varianz bei Autokratien wesentlich höher als bei Demokratien.136 Sieht man sich die Liste mit Staaten an, deren Wirtschaft im Zeitraum von 1950-1990 für wenigstens zehn Jahre im Durchschnitt um mindestens 7% pro Jahr gewachsen sind, so findet man mit den Bahamas nur eine Demokratie unter 13 Staaten.137 Doch Diktaturen zieren nicht nur die Spitze, sondern auch das Ende des Feldes. Unter den 10 Staaten, die in demselben Zeitraum für zehn Jahre im Durchschnitt um weniger als 1% gewachsen sind, finden sich acht Auto- und nur zwei Demokratien.138 Allerdings gibt es auch bei den erfolgreichen Autokratien ein caveat: Schnelles wirtschaftliches Wachstum ist in vielen dieser Autokratien sicherlich nicht nur auf das Fehlen demokratischer Entscheidungsstrukturen zurückzuführen, sondern auch auf mangelnde rechtsstaatliche Elemente. Gerade wenn es keine Vetorechte in Form 133
Schmidt, ÖZP 28 (1999), 187, 191.
134
Obinger, in: Obinger/Wagschal/Kittel (Hg.), Politische Ökonomie (2003), 113, 141. 135
Barro, J. Econ. Growth 1 (1996), 1-27.
136
Przeworski et al., Democracy and Development (2000), 178; Obinger, in: Obinger/Wagschal/Kittel (Hg.), Politische Ökonomie (2003), 113, 140. 137
Przeworski et al., Democracy and Development (2000), 176-77. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass das Verhältnis von Diktaturen zu Demokratien in der Studie ca. 2:1 betrug. Die Autoren zählten in ihrer Studie 3007 Regimejahre für Diktaturen und 1723 für Demokratien, ebd., 30. 138
Ebd., 176-177.
Legitimität und die Rechtfertigung von Herrschaft
37
rechtsstaatlicher Verfahren für Individuen oder die Vertreter von Umweltrechten gibt, lassen sich viele Investitionen schneller verwirklichen.
b. Rechtsstaatliche Leistungsfähigkeit Es bestehen keine großen Zweifel, dass Demokratien im Allgemeinen eine bessere Menschenrechtsbilanz haben als autokratische Staaten.139 Wenn wir uns Studien über die systematische Befolgung von Menschenrechtsstandards ansehen, bekommen demokratische Staaten durchgehend bessere Noten als ihre autokratischen Counterparts.140 Allerdings wird der Vorteil von Demokratien in dieser Hinsicht oft überschätzt. Denn es spielen noch andere Faktoren als die Staatsform eine wichtige Rolle, zum Beispiel das höhere Level sozioökonomischer Entwicklung oder ein höheres Bildungsniveau. Zudem ist der Schutz von Freiheit und Menschenrechten zum Teil anderen Institutionen als der Demokratie zuzurechnen. So ist etwa die Existenz eines Rechtsstaats ein wichtiger Faktor bei der effektiven Gewährleistung individueller Rechte.141 Obwohl Rechtsstaatlichkeit in vielen Demokratien verwirklicht und dort zu einem Großteil für die gute Menschenrechtsbilanz verantwortlich ist, besteht zwischen beiden kein notwendiger Zusammenhang. Auch autokratische Staaten können rechtsstaatlichen Grundsätzen folgen, während solche gleichzeitig in Demokratien fehlen können. So hat Fareed Zakaria in einer Studie beobachtet, dass die zunehmende Demokratisierung auf der Welt nicht mit einem gleichläufigen Anstieg von rechtsstaatlichen Verfassungen einhergeht.142 In vielen Staaten, in denen Regierungen und Gesetzgeber durch Wahlen bestimmt werden, werden Menschenrechte systematisch verletzt und Minderheiten unterdrückt. Insofern können wir folgern, dass Demokratie, obwohl sicherlich för-
139
Berg-Schlosser/Kersting, in: Hanisch (Hg.), Demokratieexport (1996), 93, 118; Sørensen, Democracy and Democratization (1998), 91; Schmidt, in: Saage/ Berg (Hg.), Triumph und Krise (1998), 243, 247. Beetham, Democracy and Human Rights (1999), 114 versucht gar, argumentativ zu begründen, dass die bessere Menschenrechtsbilanz von Demokratien eine zwingende Notwendigkeit ist. 140
S. etwa Humana, Human Rights (1986); Piano/Puddington/Rosenberg, Freedom in the World 2006 (2006). 141
Schmidt, in: Greven (Hg.), Demokratie (1998), 181, 185.
142
Zakaria, Foreign Aff. 76 (1997), 22-43.
38
Kapitel 1
derlich für den Schutz von Menschenrechten, weder eine notwendige Voraussetzung noch eine hinreichende Garantie für deren Beachtung ist.
c. Demokratie und Friedenssicherung Ein drittes Argument, das gerne als Rechtfertigung für eine weltweite Demokratisierung ins Feld geführt wird, ist die vermeintlich positive Auswirkung von Demokratien auf die Friedenssicherung.143 Dieser Zusammenhang zwischen dem Demokratisierungsgrad eines Staates und dessen Bereitschaft zur Anwendung militärischer Gewalt ist in der Wissenschaft von den internationalen Beziehungen bereits seit langem ein beliebtes Diskussionsthema, das Gegenstand mehrerer empirischer und normativer Untersuchungen geworden ist.144 Die Verknüpfung von Friedenssicherung und Demokratisierung geht auf Kants Friedensschrift zurück. Dort postuliert er in seinem ersten Definitivartikel als Grundbedingung des ewigen Friedens, dass „[d]ie bürgerliche Verfassung in jedem Staate [...] republikanisch sein [soll]“,145 da der ewige Friede nur möglich sei, wenn die Regierungsform repräsentativ ist.146 In die internationale Diplomatie wurde diese Verknüpfung von UNGeneralsekretär Boutros Boutros-Ghali eingeführt.147 Da die Demokratisierung nicht zu den ausdrücklich in der Charta genannten Zielen der UN zählt, brauchte dieser einen anderen normativen Anknüpfungspunkt für seine Demokratisierungsagenda. Diesen fand er in der Friedenssicherungsfunktion der Vereinten Nationen. Sieht man die Demokratisierung als Werkzeug der Friedenssicherung, dann ist die Förde143
So z.B. Franck, Am. J. Int’l L. 86 (1992), 46, 87-90; Slaughter, EJIL 6 (1995), 503, 538; White, in: Burnell (Hg.), Democracy Assistance (2000), 67, 70; Burchill, in: Burchill/White/Morris (Hg.), FS McCoubrey (2005), 209, 210. 144
S. etwa Doyle, Phil. & Publ. Aff. 12 (1983), 205-35; Lake, Am. Pol. Sci. Rev. 86 (1992), 24-37; Moore, Va. J. Int’l L. 44 (2004), 341-429. 145
I. Kant, Zum ewigen Frieden (1977), 204.
146
Kant wendet sich in der Friedensschrift noch ausdrücklich gegen die demokratische Regierungsform, da in dieser die Gewaltenteilung nicht realisiert werden könne, ebd., 206 f. Eine Neuorientierung Kants zugunsten einer repräsentativen Demokratie erfolgt erst in der Metaphysik der Sitten, Herb/Ludwig, Jb. f. Recht & Ethik 2 (1994), 431, 462. 147
Boutros-Ghali, in: Makarczyk (Hg.), FS Skubiszewski (1996), 99, 100.
Legitimität und die Rechtfertigung von Herrschaft
39
rung der Demokratie auch eine Maßnahme zur Erreichung dieses in Art. 1 (1) der UN-Charta normierten Zieles.148 Besonders deutlich wurde dieser Zusammenhang in der Agenda for Peace des Generalsekretärs zum Ausdruck gebracht: „There is an obvious connection between democratic practices […] and the achievement of true peace and security in any new and stable political order.“149 Normativ ist das grundlegende Argument schon bei Kant angedeutet150 und durch die Institutionenökonomik näher ausgearbeitet worden: Regierungen, die den Staatsbürgern gegenüber nicht verantwortlich sind, können die Kosten des Krieges auf dieses abwälzen, da sie keine Sanktionen in Form einer Abwahl zu befürchten haben.151 Dieses normative Argument wird durch empirische Studien unterstützt, die zu zeigen versuchen, dass eine Demokratie noch nie einen Krieg gegen eine andere Demokratie begonnen hat.152 Allerdings korrespondieren diese empirischen Ergebnisse nicht mit dem normativen Argument.153 Wenn demokratische Verantwortlichkeit politische Eliten davon abhält, Kriege zu führen, dann müsste dieses Argument für jede Art von Krieg gelten und nicht nur für Kriege gegen an-
148
Ben Achour, in: FS Boutros-Ghali (1998), 909, 911-12; Burnell, in: Burnell (Hg.), Democracy Assistance (2000), 3, 12. 149
Agenda for Peace (Fn. 9).
150
I. Kant, Zum ewigen Frieden (1977), 205: „Wenn [...] die Bestimmung der Staatsbürger dazu erfordert wird, um zu beschließen, ‚ob Krieg sein solle, oder nicht‘, so ist nichts natürlicher, als dass, da sie alle Drangsale des Krieges über sich selbst beschließen müssten [...], sie sich sehr bedenken werden, ein so schlimmes Spiel anzufangen.“ 151
Lake, Am. Pol. Sci. Rev. 86 (1992), 24-37; Farer, Hum. Rts. Q. 15 (1993), 716, 725; Moore, Va. J. Int’l L. 44 (2004), 341, 356. 152
Doyle, Phil. & Publ. Aff. 12 (1983), 205-35; Russett, Grasping the Democratic Peace (1993). Vgl. auch die empirische Studie von Rummel, Eur. J. Int’l Rel. 1 (1995), 457-79, der zu zeigen versucht, dass die Kriege, die von Demokratien geführt werden, weniger starke negative Auswirkungen haben als solche von Nicht-Demokratien. 153
Ähnlich Slaughter, in: Damrosch/Scheffer (Hg.), Law and Force (1991), 177, 179.
40
Kapitel 1
dere Demokratien.154 Allerdings führen Demokratien durchaus Krieg gegen Autokratien und auch interne Konflikte sind in demokratisch organisierten Gemeinwesen keine Seltenheit.155 Edward Mansfield und Jack Snyder haben in einer empirischen Studie sogar Anzeichen gefunden, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Staat in einen Krieg verwickelt wird, in der Phase nach einem Regimeübergang zur Demokratie überdurchschnittlich hoch ist.156 Sie erklären dies damit, dass die Abhängigkeit politischer Akteure von Wahlen nationalistische Anspielungen fördere.157 Zudem haben auch demokratische Eliten die Möglichkeit, die Kosten für Kriege zu externalisieren. Je weiter die Kriege vom Heimatland entfernt sind und je weniger Staatsbürger durch diese persönlich betroffen sind, desto geringer ist das Risiko für politische Eliten, einen Krieg zu beginnen, so lange sie denn einen medial vermarktbaren Zweck vorweisen können. Der Irak-Krieg etwa stand der Wiederwahl George Bushs nicht im Wege, obwohl Legitimität and Legalität desselben höchst zweifelhaft waren. Kriege werden so weitgehend externalisiert und die Kosten auf weniger entwickelte Staaten abgewälzt.158 Der überzeugend154
Czempiel, ZIB 3 (1996), 79, 82, der im Übrigen Kants Theorem jedoch nach wie vor für wirksam hält. Dass Demokratien dennoch Krieg führen sei damit zu erklären, dass selbst die westlichen Demokratien auf dem Pfad der Demokratisierung noch nicht weit genug vorangeschritten seien. Interessant ist Czempiels Erklärtung für den empirischen Befund, dass Demokratien untereinander keinen Krieg führen. Er führt dies auf die institutionalisierten, hohen wechselseitigen Abhängigkeiten zurück, ebd., 93-97. 155
Small/Singer, Jerusalem J. Int’l Rel. 1.4 (1976), 50-69; Chan, J. Confl. Resolution 28 (1984), 617-48; Weede, J. Confl. Resolution 28 (1984), 649-64. Diese „Janusköpfigkeit“ der Demokratien wird von einigen Autoren mit einer kulturtheoretischen Perspektive zu erklären versucht. Demokratien bekämpften sich deswegen nicht untereinander, weil sie gemeinsame Werte teilten und das Verhalten von anderen Demokratien in internationalen Beziehungen daher berechenbarer sei (s. etwa Risse-Kappen, Eur. J. Int’l Rel. 1 (1995), 491-517). Problematisch ist dieses Verständnis dann, wenn man Demokratie rein prozedural begreift und unterschiedliche inhaltliche Ausgestaltungen zulässt, da es sich dann bei den geteilten Werten um „dünne“ prozedurale, nicht um „dicke“ substantielle Werte handelt, und fraglich erscheint, ob dies ausreicht, um eine Berechenbarkeit in internationalen Beziehungen zu gewährleisten. 156
Mansfield/Snyder, Int’l Sec. 20 (1995), 5, 12-18.
157
Ebd., 7.
158
Koskenniemi, Harv. Int’l L.J. 37 (1996), 231, 234.
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41
ste Erklärungsansatz für die Tatsache, dass demokratische Staaten dennoch seltener Kriege führen als despotische Staaten, führt diese darauf zurück, dass Demokratien grundsätzlich risikoscheuer sind. Allerdings ist dies kein spezifisches Charakteristikum der demokratischen Staatsform. Vielmehr nimmt die Risikobereitschaft von Regimes grundsätzlich ab, je höher der Grad an Institutionalisierung ist.159 Mit zunehmender Institutionalisierung gibt es im politischen Prozess mehr checks and balances, die verhindern, dass die Politik auf die Interessen einer herrschenden Person zugeschnitten wird.160 Die demokratische Staatsform steht daher einem Krieg nicht unbedingt im Wege, sie macht ihn, angesichts des hohen Institutionalisierungsgrades der meisten Demokratien allerdings unwahrscheinlicher.
d. Schlussfolgerungen Die Untersuchung der Leistungsfähigkeit der Demokratie gibt uns ein uneinheitliches Bild. Aus einer ex ante Perspektive scheint die Demokratie die eindeutig vorzugswürdige Staatsform zu sein. Die empirischen Studien zeigen uns, dass es Bürgern in Demokratien mit Blick auf ökonomischen Wohlstand und den Schutz individueller Freiheiten im Durchschnitt besser geht als in Autokratien. Diese Ergebnisse werden durch die normative Betrachtung unterstützt, der zufolge die Verantwortlichkeit politischer Akteure der Hauptverdienst von Demokratien ist. Kein politisches System kann eine derart starke Kontrolle von Entscheidungsträgern gewährleisten wie die Demokratie. Auch wenn es möglich ist, dass ein Staat von einem wohlgesinnten autokratischen Regime geführt wird, so gibt es doch keine Garantie und erst recht keine institutionelle Kontrolle, dass eine Regierung wohl gesinnt ist – in der Realität ist dies eher unwahrscheinlich.161 Was in der ex ante Perspektive so eindeutig erscheint, ändert sich ein wenig, wenn wir die ex post Perspektive einnehmen. Auch wenn es uns nicht möglich ist, die Leistung einer autokratischen Regierung vorherzusagen, können wir sie doch beurteilen, wenn sie einmal eine gewisse Zeit im Amt ist. Und hier haben einige Autokratien in bestimmten As159
Milton/O’Neil, Int’l Pol. 37 (2000), 121, 127-29.
160
S. schon oben Kap. 1, II 1 b.
161
Przeworski/Limongi, J. Econ. Persp. 7 (1993), 51, 55; Obinger, ZIB 8 (2001), 321, 323; Carothers, J. Dem. 18 (2007), 12, 14.
42
Kapitel 1
pekten Vorteile. Die schlechtere wirtschaftliche Entwicklung betrifft nur den Durchschnitt. Wenn wir uns dagegen die Spitze des Feldes ansehen, finden wir fast ausschließlich autokratische Regimes. Wir haben gesehen, dass es Fälle geben kann, in denen ein Spannungsverhältnis zwischen starker politischer Verantwortlichkeit und der Qualität politischer Entscheidungen bestehen kann.162 Daher kann eine eher schwach ausgeprägte politische Verantwortlichkeit in bestimmten Entwicklungsphasen ein Vorteil sein, da sie zu einer langfristigeren Perspektive bei der politischen Entscheidungsfindung beitragen kann.163 Das bedeutet nicht, dass autokratische Regierungen keiner Kontrolle unterliegen. Das gemeinsame Charakteristikum der wirtschaftlich erfolgreichen Staaten ist vielmehr die Herausbildung stabiler Institutionen und das Bestehen interner Kontrollen und schwacher Formen politischer Verantwortlichkeit. Diese fördern, dass die Politik eines Staates nicht auf eine bestimmte Person oder Gruppe zugeschnitten ist, sondern der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung dient.
3. Konstituierungsvoraussetzungen der Demokratie Nachdem wir uns soeben mit der Leistungsfähigkeit der Demokratie auseinandergesetzt haben, soll in diesem Abschnitt die umgekehrte Perspektive eingenommen werden. Im Folgenden soll analysiert werden, ob Demokratisierung von kulturellen, sozialen oder ökonomischen Faktoren abhängt. Als die Demokratisierungsdebatte Ende der 1950er Jahre aufkam, stand der Begriff der Demokratievoraussetzungen im Zentrum der Diskussion.164 Eng verstanden legt der Ausdruck nahe, dass Demokratie bestimmten notwendigen Voraussetzungen unterliegt, bei deren Fehlen sie nicht funktionsfähig ist. In diesem Sinne wird er auch heute noch von einigen Autoren verstanden, die argumentieren,
162
S.o. Kap. 1, II 2 b.
163
Dies wird durch eine Beobachtung von Olson, Power and Prosperity (2000), 100 unterstützt, der herausstreicht, dass autokratische Regierungen umso besser regieren je länger sie im Amt bleiben. Wenn sie davon ausgehen, nur kurze Zeit an der Macht zu bleiben, dann versuchen sie diese Zeit zu nutzen, um sich größtmöglich zu bereichern. Bleiben sie dagegen länger an der Macht, wird ihre Politik in der Regel entwicklungsorientierter. 164
S. nur Lipset, Am. Pol. Sci. Rev. 53 (1959), 69-105.
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43
dass bestimmte kulturelle Prägungen Demokratisierung von vornherein ausschlössen (a.). Die Mehrheit der Politikwissenschaftler folgt dagegen einem moderateren Ansatz und analysiert sozioökonomische Faktoren, die für eine Demokratisierung förderlich sind. Der prominenteste Erklärungsversuch ist die so genannte Modernisierungstheorie, die einen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Grad der Demokratisierung zu begründen versucht (b.). Weiterhin untersuchen einige Autoren den Einfluss gesellschaftlicher Heterogenität auf die Aussichten eines Staates zur Demokratisierung (c.). Während diese drei Strömungen sich auf die gesellschaftliche Makroebene konzentrieren, nehmen andere Autoren die Mikroebene in den Blick und versuchen Demokratisierungsprozesse auf das Verhalten der politischen und gesellschaftlichen Eliten zurückzuführen (d.).
a. Kulturelle Bedingtheit der Demokratie Ein im Wesentlichen von Samuel Huntington vertretener Ansatz geht davon aus, dass die Demokratisierungsfähigkeit eines Staates hauptsächlich von bestimmten kulturellen Voraussetzungen abhängt.165 Huntington teilt die Welt in acht große Zivilisationen ein: die westliche, die konfuzianische, die japanische, die islamische, die buddhistische, die slawisch-orthodoxe, die lateinamerikanische und die afrikanische Kultur.166 Von diesen seien nur die westliche, die lateinamerikanische und die japanische Kultur demokratiefreundlich. Drei weitere stünden der Demokratie neutral gegenüber, während der Konfuzianismus und der Islam demokratiefeindlich seien.167 Empirisch spricht für Huntingtons These auf den ersten Blick, dass von den dreißig Staaten mit einem BIP von mehr als 20.000 USD pro Kopf168 nur Staaten aus den beiden „de-
165
Huntington, The Third Wave (1991). Dieser Ansatz wurde von Simpson, Austl. Yb. Int’l L. 15 (1994), 103, 124 in die Rechtswissenschaft überführt. Simpson hält die Demokratie mit der politischen Kultur einiger Weltregionen für unvereinbar und wendet sich daher gegen die Postulierung eines right to democratic governance. 166
Huntington, Foreign Aff. 72 (1993), 22, 25.
167
Huntington, The Third Wave (1991), 300.
168
Die zugrunde gelegten BIP-Daten stammen von 2004. Quelle: IMF, World Economic Outlook Database, April 2007, http://www.imf.org/external/ pubs/ft/weo/2007/01/data/index.aspx.
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mokratiefeindlichen“ Kulturkreisen Huntingtons nicht als Demokratien zu qualifizieren sind – namentlich Brunei, Hongkong, Katar, Kuwait, Singapur und die Vereinigten Arabischen Emirate.169 Huntingtons These, dass Islam oder Konfuzianismus per se demokratiefeindlich seien, ist bei genauerem Hinsehen jedoch schon empirisch nicht haltbar. So sind etwa die konfuzianisch geprägten Staaten Taiwan und Südkorea heute demokratisch organisiert. Zudem ist mit Indonesien der Staat mit der größten muslimischen Bevölkerung demokratisch. Zuzugeben ist, dass tief verankerte antiliberale, religiöse und kulturelle Wertvorstellungen ein Hindernis bei der Entwicklung einer demokratischen Gesellschaftsordnung sein können. So steht es etwa in diametralem Widerspruch zu einer liberalen Gesellschaftsordnung, wenn Bezugspunkt staatlicher Legitimität – wie etwa in vielen islamischen Staaten – nicht das Individuum sondern Gott ist.170 Zudem ist die Trennung zwischen dem Religiösen und dem Politischen eine Grundvoraussetzung moderner Demokratien. Beide Punkte sind jedoch kein Spezifikum des Islam, sondern vielmehr ein Ausdruck der sozioökonomischen Entwicklung.171 Religiöse Kulturmuster können sich im Laufe der sozioökonomischen Modernisierung verändern und so bessere Voraussetzungen für die Etablierung einer Demokratie schaffen.172 Ein Blick in die Geschichte politikwissenschaftlicher Studien mag dies verdeutlichen: Mitte des 20. Jahrhunderts qualifizierte eine Reihe von Autoren den Katholizismus als demokratiefeindlich.173 Mittlerweile hat sich jedoch eine Reihe von Staaten mit mehrheitlich katholischer Bevölkerung zu stabilen Demokratien entwickelt. Insofern erscheint es nicht plausibel, anzunehmen, dass die Demokratisierungsfähigkeit vom kulturellen Hintergrund abhängt. Hindernisse, die der Kultur oder Religion zuge-
169
Die Einordnung als (elektorale) Demokratie bezieht sich auf den Annual Global Survey of Political Rights and Civil Liberties (2007) von Freedom House, http://www.freedomhouse.org/uploads/press_release/fiw07_charts.pdf. 170
Nagel, in: Nolte/Schreiber (Hg.), Der Mensch und seine Rechte (2004), 121, 123. 171
Norris/Inglehart, Comparative Sociology 1 (2002), 235, 239-41.
172
Lipset, Am. Soc. Rev. 59 (1994), 1, 7; Merkel/Puhle, Von der Diktatur zur Demokratie (1999), 40. 173
Vgl. z.B. Trudeau, in: Wade/Falardeau (Hg.), Canadian Dualism (1960), 241, 245; Bollen, Am. Soc. Rev. 44 (1979), 572, 584.
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schrieben werden, haben oft andere Ursachen. Zumindest ist Kultur keine absolutes, sondern allenfalls ein überwindbares Hindernis. Die Frage der kulturellen Demokratievoraussetzungen hat neben dieser empirischen jedoch auch eine normative Dimension. Das Verhältnis von Kultur und Demokratie ist nämlich nicht das zweier unabhängig nebeneinander stehender Kreise; vielmehr überlappen sich beide. Werden in einer Gesellschaft die Voraussetzungen für Demokratie geschaffen, so verändert sich zwangsläufig deren Kultur. Dies ist aus normativer Perspektive allerdings nicht unproblematisch. Zur Illustration dieses Problems hat Martin Walzer das hypothetische Beispiel algerischer Fundamentalisten zur Diskussion gestellt, die eine repressive Militärdiktatur und eine religiöse „Republik“ ohne individuelle Grundfreiheiten errichten.174 Walzer nimmt dabei an, dass dieses Regime tief in der politischen und religiösen Kultur Algeriens verwurzelt sei. Geht man nun davon aus, dass die schwedische Regierung in Besitz einer chemischen Waffe sei, die, mische man sie in die Wasserversorgung Algeriens, alle Algerier in schwedische Sozialdemokraten verwandele, argumentiert Walzer, dass diese Waffe nicht benutzt werden dürfe, da wir ansonsten unsere Wertvorstellungen unzulässigerweise über dasjenige kulturelle und religiöse Verständnis stellten, das tief in der algerischen Kultur verankert sei.175 Diese Frage betrifft dabei nicht nur den islamischen Kulturkreis. Exemplarisch ist in diesem Zusammenhang vielmehr eine Debatte, die in den 1990er Jahren von einigen asiatischen Staatsführern, wie Mahathir bin Mohamad, dem ehemaligen Ministerpräsidenten Malaysias, und Lee Kuan Yew, dem ehemaligen Staatsoberhaupt Singapurs, angestoßen wurde. Diese behaupteten, dass die westliche Demokratie nicht einfach auf asiatische Gesellschaften übertragen werden könne, da sie mit asiatischen philosophischen Traditionen nicht vereinbar sei. Asiatische Gesellschaften verstehen politische Gemeinschaften als ein System von Pflichten anstelle eines Systems von Rechten und haben stärker an der Gemeinschaft orientierte Wertvorstellungen.176 Hinter diesem Argument können zwei verschiedene Motivationen stehen. Die erste ist strategischer Natur. Soweit das Argument von Personen vorgebracht wird, die gerade an der Macht sind und sich selbst die Definitionshoheit des174
Walzer, Phil. & Publ. Aff. 9.3 (1980), 209, 225.
175
Ebd., 226.
176
Mauzy, Pacific Rev. 10 (1997), 210, 215.
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sen, was asiatische Werte sind, anmaßen, liegt die Vermutung nahe, dass es lediglich apologetische Funktion hat.177 Dient es jedoch nicht dazu, nur die bestehende Herrschaft zu rechtfertigen, hat es eher funktionalen als normativen Charakter.178 Der Hauptzweck ist es, bestimmte kollektive Wertvorstellungen zu betonen. Versteht man allerdings Demokratie im Wesentlichen als einen prozeduralen Rahmen, dann ist das Konzept flexibel genug, unterschiedliche Wertvorstellungen und Wertehierarchien einzufangen. Führt man kulturelle Traditionen nämlich normativ als Argument gegen eine demokratische Organisation der Gesellschaft an, dann begegnet man denselben Problemen, die auch gegen ein rein substantielles Legitimitätskonzept sprechen.179 Wer hat die Definitionshoheit darüber, was kulturelle Tradition ist? Wer bestimmt die Zusammensetzung der Gemeinschaft, deren kulturelle Tradition ausschlaggebend sein soll? Schließlich ist es hier nicht zwingend, das Staatsvolk als Referenzpunkt zu nehmen, kann dieses doch durchaus stark heterogen sein.180 Vor diesem Hintergrund sehen wir auch das Problem an Walzers Parabel, das in deren Überspitzung liegt. Sicherlich gibt es keine Rechtfertigung dafür, den algerischen Fundamentalisten „schwedische“ oder „sozial“demokratische Überzeugungen einzuimpfen. Das diskreditiert jedoch noch nicht das allgemeine Werben für demokratische Spielregeln.
b. Modernisierungstheorie und sozioökonomische Voraussetzungen der Demokratie Der älteste und einflussreichste Ansatz, der sich mit den sozioökonomischen Voraussetzungen der Demokratie beschäftigt, ist die sog. Modernisierungstheorie, die einen Zusammenhang zwischen dem ökonomischen Entwicklungsstand eines Staates und seines Demokratisierungsgrades herzustellen versucht.181 Wegweisend war hier eine These weiß
177
Merkel, Demokratie in Asien (2003), 91.
178
Habermas, in: ders., Postnationale Konstellation (1998), 170, 186.
179
S. dazu oben Kap. 1, I 2.
180
Dworkin, Cal. L. Rev. 77 (1989), 479, 488-89.
181
Grundlegend Lipset, Am. Pol. Sci. Rev. 53 (1959), 69-105; Lipset, Political Man (1960), 45-76; Lerner, The Passing of Traditional Society (1958), 63-64.
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Seymour Martin Lipsets, der 1959 postulierte, dass „the more well-todo a nation, the greater the chances that it will sustain democracy“.182 Für diesen Zusammenhang führt Lipset mehrere Gründe an. Zuvorderst führe ökonomische Entwicklung zu einem gesteigerten Grad an Urbanisierung183 und einem höheren Bildungsstand.184 Des Weiteren bewirke wirtschaftliche Prosperität die Herausbildung einer breiteren Mittelschicht und eine erhöhte vertikale Mobilität. Diese gesteigerte Klassendurchlässigkeit nehme der Unterschicht das revolutionäre Potential und trage damit zu einer Stabilisierung des demokratischen Systems bei.185 Schließlich hätten politische Gruppen in einem reichen Land bei einer Wahlniederlage weniger Nachteile zu befürchten, da der relative Effekt eines Politikwechsels in armen Ländern stärker zu spüren sei als in reichen.186 Seit dem Erscheinen von Lipsets These sind mehrere empirische Studien über den Zusammenhang zwischen ökonomischer Entwicklung und Demokratisierung gemacht worden. Diese haben das Bestehen eines engen Zusammenhangs bestätigt: Je größer die wirtschaftliche Prosperität, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass in einem Staat eine stabile Demokratie besteht.187 Allerdings handelt es sich hierbei lediglich um eine signifikante Tendenz, nicht um einen deterministischen Zusammenhang.188 Ökonomische Entwicklung ist weder eine notwendige, noch eine hinreichende Bedingung für Demokratie. Vielmehr gibt es wichtige Ausnahmen, die der Formulierung einer zwingenden Regel entgegenstehen. So ist Indien seit Jahrzehnten eine relativ stabile Demokratie, auch wenn das BIP pro Kopf bei weniger als 1.000 USD liegt.
182
Lipset, Am. Pol. Sci. Rev. 53 (1959), 69, 75.
183
Ebd., 78.
184
Ebd., 78-82; Lipset/Seong/Torres, ISSJ 45 (1993), 155, 167.
185
Lipset, Am. Pol. Sci. Rev. 53 (1959), 69, 83.
186
Ebd., 84.
187
Coulter, Social Mobilization (1975); Bollen/Jackman, Res. Pol. Soc. 1 (1985), 27, 42; Diamond, in: Marks/Diamond (Hg.), Reexamining Democracy (1992), 93-139; Lipset/Seong/Torres, ISSJ 45 (1993), 155-75. 188
Dahl, Polyarchy (1971), 71; Arat, Democracy in Developing Countries (1991), 33-54; Merkel/Puhle, Von der Diktatur zur Demokratie (1999), 33; Schmidt, Demokratietheorien (2000), 441; Bueno de Mesquita/Downs, Foreign Aff. 84 (2005), 77-86.
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Auf der anderen Seite hat sich in einigen arabischen Staaten trotz eines hohen Pro-Kopf-Einkommens bis heute keine Demokratie entwickelt. Des Weiteren legen die empirischen Daten nahe, dass ökonomische Entwicklung keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Demokratisierung hat. Der Übergang zur Demokratie erfolgt in unterschiedlichen Entwicklungsstadien.189 Die Korrelation zwischen Entwicklung und Demokratie ist vielmehr darauf zurückzuführen, dass der wirtschaftliche Entwicklungsstand eine einmal entstandene Demokratie stabilisiert.190 Demokratien sind gerade in wirtschaftlichen Krisen sehr anfällig. Ihr Kollaps ist in Zeiten der Rezession besonders wahrscheinlich.191 Je höher der allgemeine Entwicklungsstand jedoch ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Demokratie in einer Rezessionsphase zusammenbricht. Allerdings ist die wirtschaftliche Entwicklung dabei nicht der einzige Faktor. In jedem politischen System gibt es neben den formalen, in der Verfassung normierten Institutionen auch informale Arrangements und Regeln des politischen Spiels.192 Im Idealfall ergänzen diese informalen Mechanismen die formalen Institutionen und verleihen dem politischen Prozess dadurch die notwendige Flexibilität.193 In instabilen oder defekten Demokratien werden diese informalen Netzwerke genutzt, um die demokratischen Regeln zu pervertieren.194 Die politischen Akteure versuchen, ihre Macht durch klientelistische Netzwerke außerhalb der verfassungsmäßigen Institutionen zu stützen. Gerade diese Art der defekten Demokratien ist sehr anfällig, in politischen oder wirtschaftlichen Krisen zusammenzubrechen oder in offene Autokratien abzugleiten.195 Wie unterscheiden sich nun jedoch defekte von funktionierenden Demokratien? Ein auf Robert Dahl196 zurückgehender und von Tatu Vanhanen ausgearbeiteter Ansatz nimmt einen eher rationalistischen Stand189
Przeworski et al., Democracy and Development (2000), 137.
190
Przeworski/Limongi, World Politics 49 (1997), 155, 177.
191
Ebd., 170.
192
Merkel/Croissant, PVS 41 (2000), 3, 16; Tilly, Democracy (2007), 88.
193
Mayntz, in: Görlitz/Burth (Hg.), Informale Verfassung (1998), 55, 56.
194
Merkel et al., Defekte Demokratie (2003), 28.
195
Merkel/Croissant, PVS 41 (2000), 3, 25.
196
Dahl, Polyarchy (1971), 48-61.
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punkt ein und geht davon aus, dass erfolgreiche Demokratisierung von der Streuung ökonomischer und gesellschaftlicher Machtressourcen abhängig ist.197 Je breiter die Machtressourcen in der Gesellschaft gestreut sind, desto schwieriger ist es für eine Gruppe, andere Gruppen zu unterdrücken und hegemoniale Strukturen zu unterhalten.198 Die Ressourcenstreuung ist dabei von weiteren sozioökonomischen Faktoren, wie etwa dem Grad der ökonomischen Entwicklung und dem Bildungsniveau, abhängig.199 Die Theorie der Machtressourcenstreuung steht daher nicht im Gegensatz zur Modernisierungstheorie, sondern ist eher eine Ergänzung und Fortentwicklung letzterer. Auf den ersten Blick eher in die entgegengesetzte Richtung scheint ein Ansatz von Charles Tilly zu deuten. Tilly zufolge ist die Funktionsfähigkeit des Staates ein entscheidender Faktor bei der Demokratisierung.200 Je stärker die staatlichen Institutionen sind, desto höher sind die Erfolgsaussichten für eine stabile Demokratie.201 Die Bildung autonomer Machtzentren gehört dagegen zu den größten Hindernissen.202 Natürlich gibt es Grenzen: Wird der Staat zu stark, haben Regierende die Möglichkeit, die Macht exklusiv zu beanspruchen und Demokratisierung zu unterminieren.203 Daher müssen die informalen Netzwerke in den Raum der öffentlichen Politik integriert werden.204 Machtdispersion hat somit weiterhin eine entscheidende Funktion. Sie muss jedoch innerhalb der staatlichen Institutionen erfolgen und darf nicht in Opposition zu dieser stehen. Wenden wir uns der kulturtheoretischen Literatur zu, sehen wir, dass die Stabilität einer Demokratie in hohem Maße von der Internalisierung demokratischer Werte durch Bevölkerung und Eliten abhängt.205 Je 197
Vanhanen, Democratization (1990); ders., in: ders. (Hg.), Strategies (1992), 19-35; ders., Prospects of Democracy (1997). 198
Ebd., 24; Merkel et al., Defekte Demokratie (2003), 205.
199
Vanhanen, Prospects of Democracy (1997), 25.
200
Tilly, Democracy (2007), 161-85.
201
Ebd., 175.
202
Ebd., 164.
203
Ebd., 184.
204
Ebd., 80-105. Tilly spricht von „trust networks“.
205
Almond/Verba, Civic Culture (1963), 498; Diamond/Linz, in: Diamond/ Linz/Lipset (Hg.), Democracy in Developing Countries (1989), 1, 10.
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stärker die Internalisierung, desto größer ist die Scheu, sich zur Machterhaltung auf extralegale informale Netzwerke zu stützen. Es liegt auf der Hand, dass sich demokratische Wertvorstellungen nicht über Nacht entwerfen lassen. Vielmehr müssen sie gelernt, internalisiert und als soziales Kapital akkumuliert werden.206 Sie erfordern daher Erfahrung mit demokratischen Institutionen und vor allem eine entsprechende Bildung.207 Zudem kann sozioökonomischer Wandel zu einer Veränderung der Wertvorstellungen führen.208 Daraus können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden: Funktion und Stabilität von Demokratie hängt von verschiedenen Faktoren ab – einer demokratischen Kultur, sozioökonomischer Entwicklung, einer stabilen Institutionenordnung, der Integration informaler Netzwerke in den öffentlichen Raum und der Verteilung von Machtressourcen. Diese Faktoren stehen nicht unabhängig nebeneinander, sondern bedingen einander teilweise gegenseitig. Für die Einführung einer Demokratie bedarf es damit mehr als bloß eines geschickten institutionellen Designs. Demokratisierung ist vielmehr selten ein abrupter Übergang, sondern vielmehr langwieriger, gradueller Prozess.209
c. Ethnische und kulturelle Homogenität Ebenfalls umstritten ist in der sozialwissenschaftlichen Literatur, inwieweit Demokratie eine gewisse soziale, religiöse, ethnische oder kulturelle Homogenität voraussetzt. Von einigen Autoren wird die Demo-
206
Putnam, Making Democracy Work (1993), 99-116.
207
Almond/Verba, Civic Culture (1963), 501. Interessanterweise ist daher der Erfolg von Staaten mit britischer Kolonialvergangenheit im Prozess der Demokratisierung weit höher als bei denen mit französischer, belgischer, niederländischer, spanischer oder portugiesischer Kolonialvergangenheit, s. Bollen/ Jackman, Res. Pol. Soc. 1 (1985), 27-48; Weiner, in: Weiner/Özbudun (Hg.), Elections (1987), 3, 19. Dies ist wohl unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass in britischen Kolonien im Gegensatz zu Kolonien anderer europäischer Mächte demokratische Institutionen eingeführt worden waren, s. Lipset, Am. Soc. Rev. 59 (1994), 1, 5. 208
Diamond/Linz, in: Diamond/Linz/Lipset (Hg.), Democracy in Developing Countries (1989), 1, 12. 209
Lipset, Am. Soc. Rev. 59 (1994), 1, 4; Leftwich, States of Development (2000), 195.
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kratiefähigkeit stark segmentierter Gesellschaften bezweifelt.210 Die Argumentation geht dabei im Wesentlichen auf John Stuart Mill zurück, demzufolge „[f]ree institutions are next to impossible in a country made up of different nationalities. Among a people without fellow-feeling, especially if they read and speak different languages, the united public opinion, necessary to the working of representative government, cannot exist.“211 Kern des Problems ist, dass in ethnisch oder religiös gespaltenen Gesellschaften politische Entscheidungen oft eher an gesellschaftlicher Zugehörigkeit als an sachlichen Erwägungen orientiert sind.212 Es ist daher nicht überraschend, dass empirische Studien zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, eine funktionierende Demokratie zu etablieren, in gesellschaftlich homogenen Staaten doppelt so hoch ist wie in pluralistischen Staaten.213 In der sozialwissenschaftlichen Literatur werden unterschiedliche Vorschläge gemacht, diesem Problem durch geschicktes verfassungsrechtliches Design beizukommen. Der am meisten debattierte Vorschlag ist Martin Lijpharts Modell der Konsensusdemokratie (consociationalist democracy). Lijphart schlägt ein System vor, in dem jede relevante gesellschaftliche Gruppe am politischen Prozess beteiligt wird.214 Zu diesem Zweck zeichnet sich die Konsensusdemokratie durch vier Merkmale aus: Regierung durch eine große Koalition, gegenseitige Vetorechte, um Minderheitenrechte zu schützen, repräsentative Vertretung der gesellschaftlichen Gruppen in Regierung und Verwaltung sowie eine entsprechende Verteilung öffentlicher Gelder und schließlich ein föderales System mit großer Autonomie für die einzelnen Teilgebiete.215 Allerdings ist die Errichtung einer Konsensusdemokratie nicht unproblematisch. Insbesondere geht die Theorie implizit von der Annahme 210
Rabushka/Shepsle, Democratic Instability (1972), 74-92.
211
Mill, Representative Government (1861), 230.
212
Vgl. Berg-Schlosser, in: Berg-Schlosser/Giegel (Hg.), Perspektiven der Demokratie (1999), 57, 64. 213
Karatnycki, J. Dem. 10.1 (1999), 112, 117.
214
Lijphart, Democracy in Plural Societies (1977); Lijphart, Democracies (1984), 21-36. 215
Lijphart, Democracy in Plural Societies (1977), 25.
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aus, dass menschliche Identität eine Konstante ist, die sich nicht verändern lässt. Dabei ist Identität keine natürliche, biologische menschliche Eigenschaft. Vielmehr ist sie ein soziales Konstrukt, das durch Erziehung und Umweltbedingungen geformt wird.216 Insofern kann Identität sich im Laufe der Zeit – wenn auch in Maßen – entwickeln und verändern.217 So zeigt die sozialpsychologische Forschung, dass die Interaktion zwischen unterschiedlichen Gruppen verbessert werden kann, wenn es gelingt, eine gemeinsame, übergeordnete Identität zu bilden.218 Ein Konsensusmodell bringt daher die Gefahr mit sich, gesellschaftliche Segmentierungen eher zu vertiefen als sie zu überwinden.219 So zeigt insbesondere das Beispiel Bosniens nach dem Ende des Bürgerkrieges, wie ein konsensusdemokratisches Modell ethnische Konflikte eher vergrößern als lösen kann. Bei den Wahlen in den Jahren 1996, 1999 und 2002 versuchten alle größeren Parteien mit ethnisch-polarisierenden und nationalistischen Tönen und Anspielungen Stimmen zu gewinnen, was die Spaltung zwischen Bosniern und Serben bisher nur verstärkt hat.220 Das bedeutet nicht, dass Demokratie in pluralistischen Gesellschaften nicht möglich ist. Vielmehr können demokratische Entscheidungsprozesse zur Herausbildung einer gemeinsamen bürgerschaftlichen Identität beitragen.221 Das setzt jedoch voraus, dass durch Abstimmungs- und Wahlmechanismen aktiv Anreize gegeben werden, Entscheidungen nicht entlang ethnischer oder kultureller Differenzen zu treffen.222 Entsprechende Mechanismen können etwa vorsehen, dass Parteien auf Stimmen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen angewiesen sind. Eine Möglichkeit dies umzusetzen, wäre zum Beispiel die Einführung von gruppenabhängigen Minimalquoten. Eine Partei bekommt danach nur dann Sitze im Parlament, wenn sie ihre Stimmen zu einem gewissen Grade von verschiedenen ethnischen und kulturellen Gruppen bezieht. 216
Horowitz, Ethnic Groups in Conflict (1985), 684.
217
Shapiro, Democratic Theory (2006), 95.
218
Gaertner et al., Eur. Rev. Social Psychology 4 (1993), 1-26.
219
Reynolds, J. Dem. 16 (2005), 54, 57.
220
Ebd., 60.
221
Isacson, Building Democracy (2005).
222
S. etwa die Vorschläge von Horowitz, Ethnic Groups in Conflict (1985), 628-52.
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Jedoch ist auch diese Form der Demokratisierung nicht frei von Nebenwirkungen. Ohne einen minimalen Grundkonsens innerhalb der Gesellschaft über bestimmte fundamentale politische Spielregeln können auch anreizbezogene Wahlen starke Spaltungen nicht überwinden.223 Das Rezept sieht in diesen Fällen kaum anders aus als das bei der sozioökonomischen Entwicklung. Bei Staaten mit stark segmentierten Gesellschaften wird es sich meist um Staaten mit einer schwachen Institutionenstruktur handeln.224 In diesen Staaten müssen also die formalen Institutionen gestärkt und muss Vertrauen in diese Institutionen aufgebaut werden. Damit einher geht die Bildung einer gemeinsamen Identität. In solchen Situationen gehen also nation und capacity building der Demokratisierung idealerweise voraus.225
d. Akteursbezogene Ansätze Im Gegensatz zu den bisher dargestellten Ansätzen, die sich auf die ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Demokratie beziehen, untersuchen die akteursbezogenen Ansätze das Handeln der politischen Eliten in Demokratisierungsprozessen. Sie verfolgen dabei im Wesentlichen einen Rational Choice Ansatz, der darauf abstellt, ob für die handelnden Akteure Anreize bestehen, ihr Handeln demokratischen Spielregeln zu unterwerfen.226 Wenn ein autoritäres Regime kollabiert, folgt daraus nämlich nicht automatisch ein Übergang zur Demokratie. Vielmehr sind Transitionsphasen Phasen großer Unsicherheit über die bestehenden Machtverhältnisse. Die Einführung einer demokratischen Staatsform erfolgt in der Regel dann, wenn die der De-
223
Oeter, in: Fischer et al. (Hg.), FS Dieter Fleck (2004), 427, 438; Reynolds, J. Dem. 16 (2005), 54, 57. 224
Tilly, Democracy (2007), 176-77.
225
Schmitter/Santiso, Int’l Pol. Sci. Rev. 19 (1998), 69, 81. Vgl. auch v. Bogdandy et al., Max Planck UNYB 9 (2005), 579, 592, denen zufolge der Prozess des nation building eine Demokratie nicht unbedingt voraussetzt. 226
Przeworski, in: O’Donnell/Schmitter/Whitehead (Hg.), Transitions from Authoritarian Rule (1986), 47-63; Przeworski, Democracy and the Market (1991); O’Donnell/Schmitter, Uncertain Democracies (1986); Burton/Gunther/ Higley, in: Higley/Gunther (Hg.), Elites and Democratic Consolidation (1992), 1-37; Sørensen, Democracy and Democratization (1998), 28.
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mokratie innewohnende Unsicherheit über die zu verfolgende Politik227 den politischen Eliten als die beste Lösung erscheint,228 weil keine Gruppe eindeutig die Oberhand besitzt. Wie wir bereits gesehen haben, ist die Einführung demokratischer Wahlen noch nicht das Ende des Spiels. Vielmehr folgt die lange Phase demokratischer Konsolidierung. In dieser überlebt eine Demokratie nur dann, wenn der jeweiligen Regierung die freiwillige Machtübergabe nach einer möglichen Wahlniederlage gegenüber einer Verteidigung durch Gewalt im Nachhinein oder durch entsprechende Manipulationen im Vorfeld vorzugswürdig erscheint.229 In etablierten Demokratien ist dabei Vertrauen, die Macht in zukünftigen Wahlen wiedergewinnen zu können ein wichtiger Faktor. Solange sich ein solches Vertrauen noch nicht entwickelt hat, ist es wichtig, dass die Opportunitätskosten der Regierung für ihr Ausscheiden aus dem Amt so gering wie möglich gehalten werden. Dazu gehört auch, dass den Mitgliedern der Regierung angemessene wirtschaftliche und berufliche Alternativen zur Verfügung stehen.230 Gerade diese Frage ist jedoch wieder von den ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen abhängig. Zudem spielen erneut solche Faktoren wie die Internalisierung demokratischer Werte durch die Eliten,231 Bildung und Machtverteilung eine entscheidende Rolle.232
e. Fazit: Demokratisierung als teleologischer Prozess Die dargestellten Demokratisierungstheorien vermitteln ein vielschichtiges Bild. Sie schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern beleuchten vielmehr unterschiedliche Aspekte und Voraussetzungen des Demokratisierungsprozesses. Demokratisierung lässt sich nicht monokausal erklären, sondern ist immer ein Zusammenspiel verschiedener Fakto227
Dazu Przeworski, in: O’Donnell/Schmitter/Whitehead (Hg.), Transitions from Authoritarian Rule (1986), 47, 59. 228
Sørensen, Democracy and Democratization (1998), 28.
229
Przeworski, Democracy and the Market (1991), 10-34.
230
Diese Anregung verdanke ich Thomas Franck.
231
Burton/Gunther/Higley, in: Higley/Gunther (Hg.), Elites and Democratic Consolidation (1992), 1, 30. 232
Shapiro, Democratic Theory (2006), 90.
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ren.233 Gleichzeitig wird deutlich, dass es für Demokratie keine notwendigen oder gar hinreichenden Bedingungen gibt: ein geringer wirtschaftlicher Entwicklungsstand schließt eine stabile Demokratie genauso wenig aus wie eine starke ethnische oder kulturelle Heterogenität. Gleichermaßen führt wirtschaftlicher Wohlstand nicht automatisch zur Demokratisierung. Auch wenn keine kausalen Gesetzmäßigkeiten bestehen, so können doch signifikante Zusammenhänge nachgewiesen werden. Geringe wirtschaftliche Entwicklung, kultureller Hintergrund oder identitätsbezogene Heterogenität können Hindernisse bei der Entwicklung einer Demokratie sein. Diese Hindernisse sind nicht konstant, sondern veränderbar.234 Allerdings sind diese Veränderungen Gegenstand langfristiger, nicht notwendigerweise geradliniger Prozesse.235 Oft ist es notwendig, sich langfristigen Erfolg mit kurzfristigen Einschnitten oder Rückschritten zu erkaufen.236 So können etwa der längerfristige Zeithorizont nicht demokratisch legitimierter Regime und deren Unabhängigkeit gegenüber Partikularinteressen bei der wirtschaftlichen Entwicklung helfen, auch wenn diese natürlich keinesfalls garantiert ist.237 Auch kann es unter Umständen ratsam sein, der Einführung von Wahlen eine Institutionen- und Identitätsbildung vorangehen zu lassen. Insofern betonen viele Wissenschaftler die Prozesshaftigkeit und Unberechenbarkeit von Demokratisierung. Demokratisierung erschöpft sich nicht in der Etablierung partizipativer Institutionen, sondern ist vielmehr ein „komplexer, langfristiger, dynamischer und ergebnisoffener Prozess“.238 Auch wenn die Legitimierung von Staatsgewalt durch Wahlen sicherlich ein Schritt eines Demokratisierungsprozesses sein muss, ist sie nicht notwendigerweise der erste.239 Demokratisierung ist vielmehr als teleologi233
Merkel/Puhle, Von der Diktatur zur Demokratie (1999), 62; Shapiro, Democratic Theory (2006), 80. 234
Linz/Stephan, J. Dem. 7.2 (1996), 14, 23.
235
Schmitter/Santiso, Int’l Pol. Sci. Rev. 19 (1998), 69, 82-84; Dahrendorf, Revolution in Europe (2005), 99-100. 236
Santiso, RFSP 44 (1994), 1079, 1082.
237
S. dazu Kap. 1, III 2 d.
238
Whitehead, Democratization (2002), 27.
239
Schmitter/Santiso, Int’l Pol. Sci. Rev. 19 (1998), 69, 81; Marks, Collected Courses of the Academy of European Law 8 (1997), 51, 87. Anders dagegen viele Stimmen in der Rechtswissenschaft, etwa Fox, Am. Soc. Int’l L. Proc. 86
56
Kapitel 1
sches Konzept zu verstehen,240 ein Prozess der durch seine normative Zielsetzung charakterisiert wird. Die Etablierung demokratischer Herrschaftsgewalt ist in diesem Zusammenhang zwar ein notwendiges Element des Prozesses. Dieser muss allerdings selbst nicht unbedingt demokratisch ablaufen.241
IV. Schlussfolgerungen Die Konzepte von Legitimität und Demokratie sind sich in ihrer Struktur sehr ähnlich. Beide sind in erster Linie gradueller Natur. Sowohl Legitimität als auch Demokratie erlauben keine bloß dichotomen Unterscheidungen. Vielmehr gibt es Abstufungen. Herrschaft kann mehr oder weniger legitim, mehr oder weniger demokratisch sein. Beide erschöpfen sich jedoch nicht in dieser graduellen Differenzierung. Sie haben vielmehr auch eine zweite, kategorielle Dimension. Damit eine Staatsform als Demokratie bezeichnet werden kann, müssen Regierung und Gesetzgeber durch regelmäßige, dem Wettbewerb unterliegende Wahlen bestimmt werden. Schwieriger fällt die Abgrenzung beim Legitimitätskonzept. Dieses ist weiter und setzt begrifflich keine Wahlen voraus. Bezugspunkt ist allein die Rechtfertigung von Herrschaft, und diese kann in bestimmten Situationen auch dann gerechtfertigt sein, wenn hoheitliche Entscheidungen nicht formal auf eine Willensäußerung des Kollektivs der Staatsbürger zurückzuführen ist. Leitbild beider Konzepte ist das einer deliberativen Demokratie, da diese versucht, einen angemessenen Ausgleich zwischen der politischen Verantwortlichkeit der Akteure und der Qualität von Entscheidungsprozessen zu finden. Allerdings handelt es sich hierbei nur um ein normatives Leitbild, keinen absoluten Standard. Von diesem sind Abwei(1992), 270, 271: „Elections, in other words, must not end the push to a democratic society, but they are an essential first step.“ 240
Schedler, J. Dem. 9.2 (1998), 91, 95. Die Betonung der Ergebnisoffenheit bei Whitehead dient nicht dazu, diese teleologische Komponente zu bestreiten. Vielmehr soll sie zum Ausdruck bringen, dass Demokratie selbst ein in gewissem Maße unbestimmtes Konzept ist, das auf unterschiedliche Art und Weise verwirklicht werden kann, Whitehead, Democratization (2002), 28. 241
Zum undemokratischen Verlauf vieler Demokratisierungsprozesse s. Schmitter/Santiso, Int’l Pol. Sci. Rev. 19 (1998), 69, 79.
Legitimität und die Rechtfertigung von Herrschaft
57
chungen möglich, soweit sie gerechtfertigt werden können. Ansätze zur Rechtfertigung ergeben sich insbesondere aus der Theorie der Demokratisierung. Eine deliberative Demokratie ist in sozioökonomischer Hinsicht sehr voraussetzungsvoll. Sie lebt nicht nur von formalen Institutionen, sondern auch von der Fähigkeit und Bereitschaft der politischen Akteure, diesem normativen Leitbild gerecht zu werden. Betrachtet man die existierenden Demokratien, so handelt es sich dabei nur bei einer Minderheit um funktionierende demokratische Systeme. Viele Staaten haben dagegen sog. „defekte“ Demokratien,242 in denen informale Arrangements die formalen Institutionen untergraben. Demokratie ist damit nicht nur eine Frage ausgeklügelten institutionellen Designs. Vielmehr ist ihre Erfolgswahrscheinlichkeit von der Internalisierung demokratischer Werte und einem gewissen Grade sozioökonomischer Entwicklung abhängig. Wie diese Voraussetzungen geschaffen werden können, ist bisher eine von der Wissenschaft kaum beantwortete Frage. Sicher erscheint lediglich, dass eine erfolgreiche Demokratisierung nicht unbedingt demokratisch ablaufen muss. So haben wir gesehen, dass es vorteilhaft sein kann, vor der Einführung von Wahlen zunächst die staatlichen Institutionen zu stärken und informale Netzwerke in diese zu integrieren. Zudem wäre die verfrühte Einführung von kompetitiven Wahlen in Staaten, in denen es aufgrund sozialer oder ethnischer Segmentierung nicht einmal einen Konsens über die grundlegenden Regeln menschlichen Zusammenlebens gibt, in hohem Maße stabilitätsgefährdend. Die Schwelle zur Unterscheidung zwischen legitimer und illegitimer Herrschaft lässt sich anders als bei der Demokratie nicht an einer bestimmten Institution festmachen. Bewertungsmaßstab ist vielmehr, inwieweit Abweichungen vom Leitbild gerechtfertigt werden können. Dies hängt wiederum von den tatsächlichen Umständen ab. Möchte man zumindest eine untere Grenze definieren und Merkmale identifizieren, bei deren Vorliegen Herrschaft unter keinen Umständen legitim sein kann, bieten sich zwei Indikatoren an. Zum einen mag eine von Georg Sørensen vorgeschlagene Typologie autokratischer Systeme hilfreich sein. Sørensen unterscheidet zwischen entwicklungsorientierten Regimen, deren Ziel die Förderung sowohl gesamtwirtschaftlichen Wachstums als auch individuellen Wohlergehens ist, wachstumsorien-
242
Die Terminologie der „defekten Demokratien“ stammt von Merkel et al., Defekte Demokratie (2003).
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Kapitel 1
tierten Regimen, die allein ökonomisches Wachstum im Blick haben, und sich selbst bereichernden Regimen.243 Nur der erste dieser drei Typen kann als im Interesse der Staatsbürger und somit als legitim betrachtet werden. Ein zweiter Indikator ist die Menschenrechtsbilanz einer Regierung. Nicht jede Menschenrechtsverletzung begründet die Illegitimität eines Regierungssystems, da es wohl keinen Staat gibt, in dem Menschenrechtsverletzungen absolut inexistent sind.244 Sollte die staatliche Gewalt jedoch systematisch grundlegende Menschenrechte verletzen, dann kann die Politik einer Regierung nicht mehr als im Interesse der Staatsbürger liegend qualifiziert werden und muss damit als illegitim angesehen werden.
243 244
Sørensen, Democracy and Democratization (1998), 76-81.
Das bedeutet natürlich nicht, dass der Staat nicht für die jeweilige Menschenrechtsverletzung verantwortlich ist. Bei dieser handelt es sich um einen Akt illegitimer Ausübung öffentlicher Gewalt, doch begründet dieser noch nicht automatisch die Illegitimität des gesamten politischen Systems.
Kapitel 2 – Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik: Demokratie als teleologisches Prinzip Haben wir im vorhergehenden Kapitel festgestellt, dass Herrschaft aus philosophisch-normativer Perspektive rechtfertigungsbedürftig ist, bedeutet dies noch nicht automatisch, dass eine korrespondierende Pflicht zur Rechtfertigung von Herrschaft auch im Völkerrecht besteht. Vielmehr herrschte in der klassischen völkerrechtlichen Doktrin lange Zeit Konsens, dass die interne Staatsform Teil des domaine réservé ist und keinen völkerrechtlichen Vorgaben unterliegt.245 Erst im Jahr 1992 stießen Thomas Franck246 und Gregory Fox247 mit zwei viel beachteten Aufsätzen eine Diskussion über das Bestehen eines „rights to democratic governance“, eines Menschenrechts auf Demokratie an. In der Folgezeit haben sich dabei im Wesentlichen zwei, sich teilweise überschneidende Begründungsansätze herauskristallisiert.248 Ein induktiver Ansatz orientiert sich an der traditionellen Definition des Völkergewohnheitsrechts und versucht Kernelemente der Demokratie in der Staatenpraxis und in internationalen Dokumenten zu iden245
Vgl. nur die Darstellung bei Sicilianos, Démocratisation de l’Etat (2000), 28-30 und die dortigen Nachweise. 246
Franck, Am. J. Int’l L. 86 (1992), 46-91. Leicht überarbeitet findet sich das Argument auch in späteren Schriften, s. etwa Franck, U. Richmond L. Rev. 29 (1994), 1-39; Franck, Fairness (1995), 83-139; Franck, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 25-47; Franck, in: Henkin/Hargrove (Hg.), Human Rights (2004), 73-101. 247 248
Fox, Yale J. Int’l L. 17 (1992), 539-607.
Die Vorschläge zum Demokratieprinzip im Völkerrecht beschränken sich jedoch nicht auf die beiden hier vorgestellten Ansätze. So schlägt etwa Susan Marks ein Prinzip demokratischer Inklusion vor, dem die Funktion einer Zielbestimmung zukommen soll, indem es Ausarbeitung und Auslegung von sowie die Berufung auf völkerrechtliche Normen lenken soll, Marks, The Riddle of All Constitutions (2000), 111. In seinem Charakter als Zielbestimmung ähnelt das Prinzip dem hier vorgestellten Vorschlag. Allerdings bezieht sich Marks in ihrer Diskussion nicht auf konkrete völkerrechtliche Quellen, aus denen sie dieses Prinzip gewinnen möchte, so dass ihr Ansatz wohl eher als ein Vorschlag de lege ferenda und nicht als eine Analyse der lex lata zu verstehen ist.
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Kapitel 2
tifizieren (dazu III.). Dem steht ein deduktiver Ansatz gegenüber, der die Demokratieverpflichtung als zwingende Folge aus dem Selbstbestimmungsrecht der Völker ableitet (dazu II.). Dass sich die beschriebenen Vorgehensweisen keineswegs gegenseitig ausschließen, zeigt der bereits zitierte Beitrag von Franck, der sich auf beide Ansätze stützt.249 Dies ist seiner zwei Jahre zuvor entwickelten Theorie des Völkergewohnheitsrechts geschuldet, nach der nur solche Regeln völkergewohnheitsrechtliche Normen bilden, die für die Völkerrechtsgemeinschaft akzeptierbar sind.250 Zur Identifizierung der Akzeptanzfähigkeit entwickelt er vier Kriterien, Tradition (pedigree), Bestimmtheit (determinacy) sowie innere (coherence) und äußere Kohärenz (adherence).251 Die verschiedenen Ansätze zur Herleitung des Demokratieprinzips ordnet er dabei unterschiedlichen Kriterien zu. So sieht er das Selbstbestimmungsrecht der Völker als traditionelle Wurzel des Demokratieprinzips,252 während die internationale Praxis Ausdruck der Bestimmtheit ist.253 Allerdings zieht er das Selbstbestimmungsrecht nur als unterstützenden Faktor in seinem grundsätzlich induktiven Ansatz heran. Da andere Autoren sich jedoch hauptsächlich auf das Prinzip der Selbstbestimmung stützen und aus diesem ein deduktives Argument herleiten, sollen die beiden Ansätze im Folgenden getrennt behandelt werden. Bevor wir uns aber der Analyse des Legitimitätsprinzips zuwenden, erscheint mir ein kleiner Abstecher in die Theorie der Völkerrechtsquellen unabdingbar. Versucht man einen ungeschriebenen Legitimitätsoder Demokratiegrundsatz im Völkerrecht zu begründen, kommt man um eine Beschäftigung mit der Theorie des Völkergewohnheitsrechts nicht umhin. Dieses wird traditionell durch zwei Elemente identifiziert: Das Bestehen einer Staatenpraxis und einer damit einhergehenden Rechtsüberzeugung (opinio iuris).254 Nimmt man das Erfordernis der
249
Franck, Am. J. Int’l L. 86 (1992), 46-91.
250
Franck, Power of Legitimacy (1990), 27-40. Zur Aktualisierung dieses Ansatzes siehe auch Franck, Am. J. Int’l L. 100 (2006), 88-106. 251
Franck, Power of Legitimacy (1990), 49.
252
Franck, Am. J. Int’l L. 86 (1992), 46, 52-56.
253
Ebd., 63-77.
254
So die inzwischen wohl ganz überwiegende Ansicht. Stellvertretend: Bernhardt, Customary International Law, in: ders. (Hg.), EPIL I (1992), 898,
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
61
Staatenpraxis ernst, ist ein Versuch der Begründung eines völkergewohnheitsrechtlichen Demokratieprinzips von vornherein zum Scheitern verurteilt. Dafür gibt es zu viele Staaten, bei denen Zweifel an der demokratischen Verfasstheit bestehen.255 Daher soll im Folgenden zunächst untersucht werden, inwieweit Staatenpraxis überhaupt als konstituierendes Element ungeschriebenen Völkerrechts angesehen werden muss und in welchen Fällen eine Normbildung möglicherweise auch ohne das Bestehen einer kohärenten Staatenpraxis möglich ist.
I. Die Quellen ungeschriebenen Völkerrechts 1. Gewohnheitsrecht als zentrale Quelle des Völkerrechts Wahrscheinlich kaum ein Gebiet des Völkerrechts ist derart umstritten wie die Theorie der Völkerrechtsquellen. Das Thema ist ein theoretisches Minenfeld:256 Welche Quellen als Grundlage bindender völkerrechtlicher Normen anerkannt werden, hängt unmittelbar damit zusammen, welche theoretische Konzeption des Völkerrechts man zugrunde legt. Sehr viel stärker noch als im nationalen Recht, wo man sich über die Rechtsquellen weitgehend einig ist, wirken sich im Völkerrecht die theoretischen Grundannahmen unmittelbar auf die Rechtsdogmatik aus.257 Diese Diskrepanz zwischen nationalem und internationalem 899; Pellet, in: Zimmermann/Tomuschat/Oellers-Frahm (Hg.), ICJ Statute (2006), Art. 38, Rn. 209. 255
Crawford/Marks, in: Archibugi/Held/Köhler (Hg.), Cosmopolitan Democracy (1998), 72, 78; Fox/Roth, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance and International Law (2000), 1, 13; Carothers, ASIL Proceedings 86 (1992), 261, 263. Mit dem Argument der fehlenden Staatenpraxis wird die Existenz eines Demokratieprinzips daher auch von vielen Autoren abgelehnt: Grado, Guerre civili (1998), 260; Schindler, in: Hafner et al. (Hg.), FS Seidl-Hohenveldern (1998), 611, 622; Brownlie, Rule of Law (1998), 60; Roth, Governmental Illegitimacy (1999), 417; Talmon, in: Goodwin-Gill/Talmon (Hg.), FS Ian Brownlie (1999), 499, 534; Zambelli, AJP 10 (2001), 667, 673; Wheatley, Int’l & Comp. L.Q. 51 (2002), 225, 233; Varayudej, Ann. Surv. Int’l & Comp. L. 12 (2006), 1, 17. 256 257
Koskenniemi, Mich. L. Rev. 88 (1990), 1946, 1947.
Kadelbach, in: Gröschner/Morlok (Hg.), Rechtsphilosophie und Rechtsdogmatik (1997), 178, 190.
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Kapitel 2
Recht hängt damit zusammen, dass es letzterem an einer zentralen anerkannten Normgebungsinstanz fehlt. Insofern spielt das ungeschriebene Recht eine sehr viel größere Rolle als im nationalen Kontext. Bei diesem ist jedoch, um sich an die Hart’sche Terminologie258 anzulehnen, die rule of recognition sehr viel vager und unbestimmter als im Rahmen einer zentralen Rechtssetzung. Einigkeit besteht immerhin dahingehend, dass zumindest die in Art. 38 (1) lit. a-c des IGH-Statuts259 aufgeführten Quellen Rechtsquellen des Völkerrechts sind. Umstritten ist allerdings insbesondere die Reichweite der Quellen des ungeschriebenen Rechts (lit. b und c). Traditionell ist das Völkergewohnheitsrecht dessen zentrale Rechtsquelle. Trotz der großen Bedeutung des Völkergewohnheitsrechts sind die Kriterien für seine Identifizierung jedoch hoch umstritten. Zwar bestimmt Art. 38 (1) lit. b des IGH-Statuts, dass Gewohnheitsrecht eine einheitliche Staatenpraxis und eine mit dieser einhergehende Rechtsüberzeugung voraussetzt. Über die Konkretisierung dieser beiden Elemente besteht jedoch keine Einigkeit. Insbesondere die Staatenpraxis ist Gegenstand vieler Kontroversen. Völkerrechtler diskutieren, welche Art staatlichen Handelns als Praxis anzusehen ist und ob diese eine gewisse Dauer oder Häufigkeit voraussetzt. Zudem scheint es praktisch unmöglich, die Praxis von fast 200 Staaten zu beobachten, die mittlerweile zur internationalen Staatengemeinschaft gehören. Daher sind entsprechende Untersuchungen oft hoch selektiv. Sie nehmen nur die mächtigsten oder die am meisten betroffenen Staaten in den Blick.260 Doch selbst unter diesem eingeschränkten Blickwinkel fehlt es an einer einheitlichen systematischen Methode, Staatenpraxis wahrzunehmen und zu bewerten. Daher beinhaltet ein auf Gewohnheitsrecht gestütztes Argument immer ein beträchtliches Maß an Beliebigkeit.261
258
Hart, Concept of Law (1994).
259
Statute of the International Court of Justice, 26. Juni 1945, 30 UN Yb.
1052. 260
Wolfke, Custom (1993), 78; Byers, Duke J. Comp. & Int’l L. 11 (2001), 81,
84. 261
Hestermeyer, Max Planck UNYB 8 (2004), 101, 158.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
63
2. Die Identifizierung ungeschriebenen Völkerrechts: Vom induktiven zum interpretativen Ansatz Traditionell war die Identifizierung von Völkergewohnheitsrecht durch ein stark induktives Vorgehen gekennzeichnet. Gerichte und Völkerrechtswissenschaft versuchten staatliche Verhaltensmuster zu erkennen und zu systematisieren.262 Die opinio iuris spielte in diesem Prozess keine große Rolle, so dass es nicht weiter überrascht, dass etwa Guggenheim oder Kelsen die Rechtsüberzeugung als konstitutives Element für vollkommen entbehrlich hielten.263 Dieser faktenbasierte, induktive Ansatz ist jedoch in den letzten Jahrzehnten einem eher interpretativen Ansatz gewichen. Nicht nur hat die Rechtsüberzeugung als konstitutives Element erheblich an Gewicht gewonnen; auch die Bandbreite dessen, was als Staatenpraxis anerkannt wird, hat erheblich zugenommen. So wird heutzutage oft auf die so genannte paper practice Bezug genommen, die auf staatliche Stellungnahmen und Resolutionen internationaler Institutionen rekurriert.264 In theoretischer Hinsicht problematisch wird dies dann, wenn unter Bezugnahme auf die genannte paper practice Rechtssätze postuliert werden, die nicht mit dem tatsächlichen Verhalten der Staatengemeinschaft in Einklang stehen. Dieses Problem ist insbesondere im Bereich der gewohnheitsrechtlichen Menschenrechtsgarantien virulent. So werden etwa die Verbote des Völkermords, der Sklaverei, der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlungen, willkürliche Haft und systematische rassische Diskriminierung weithin als Bestandteile des Völkergewohnheitsrechts anerkannt.265 Allerdings sind diese Verbote weit davon entfernt, überall auf der Welt einheitlich 262
Simma, Collected Courses of the Academy of European Law 4 (1995), 153, 216. 263
Guggenheim, in: Rousseau (Hg.), FS Scelle (1950), 275-84; Kelsen, RITD 1 (1939), 253-74. Beide haben diese Auffassung jedoch in späteren Beiträgen revidiert: Kelsen, Principles of International Law (1967), 440; Guggenheim, Droit international public (1967), 101. 264
Bernhardt, Customary International Law, in: ders. (Hg.), EPIL I (1992), 898, 900; Virally, in: Faculté de droit de l’université de Genève (Hg.), FS Guggenheim (1968), 531, 550; Akehurst, BYIL 47 (1974), 1, 4. 265
Simma, Collected Courses of the Academy of European Law 4 (1995), 153, 219, der sich auf das Restatement (Third) Foreign Relations Law of the United States (1987), § 702 des American Law Institute bezieht.
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durchgesetzt zu werden. Es genügt, sich Berichte der UN Human Rights Commission oder von Amnesty International durchzulesen, um sich vom Gegenteil zu überzeugen. Um dieser Problematik zu begegnen, haben sich in der Völkerrechtstheorie in den letzten Jahren unterschiedliche Ansätze herausgebildet. Diese Ansätze sollen im Folgenden zunächst diskutiert werden, ehe eine von Bruno Simma und Philip Alston entwickelte Idee, bestimmte Völkerrechtssätze als allgemeine Rechtsgrundsätze zu qualifizieren, weiter verfolgt werden soll.
a. Gewohnheitsrecht ohne Gewohnheit Der wohl naheliegendste Ansatz, dem Problem entgegenstehender Staatenpraxis zu entgehen, ist, letzterer die konstitutive Bedeutung abzusprechen. Diesen Versuch hat als erster Bin Cheng in den 60er Jahren anhand der Weltraumresolutionen der UN-Generalversammlung266 unternommen.267 Staatenpraxis ist danach nur noch Indikator für die Existenz einer Rechtsüberzeugung. Cheng stellt dabei ein logisches Argument auf: Wenn die Staaten sich implizit auf eine Regel geeinigt – und diese Einigung durch eine Resolution der Generalversammlung zum Ausdruck gebracht – haben, dann seien keine weiteren Erfordernisse denkbar, um dieser Regel normative Kraft zu verleihen.268 Aus ähnlichen Gründen verzichten auch einige Vertreter der Schule, die Völkerrecht mit Rational Choice-Modellen erklären wollen, auf den Nachweis von Staatenpraxis.269 Geltungsgrund von Normen ist für sie deren Effektivität. Diese ist jedoch nicht von vergangenem Verhalten, sondern allein von der Einstellung von Staaten zu diesen Normen abhängig. Daher bestimmt sich die Geltung von Regeln nur nach deren subjektiver Bewertung durch die Staatengemeinschaft, nicht nach der tatsächlichen Praxis. Letztere kann allein ein Indikator für die Existenz dieses subjektiven Elements sein.270 Schließlich gibt es Autoren, die
266
GV-Resolutionen 1721 (XVI), UN GAOR 16th Sess., Supp. No. 17, UNDok. A/5026 (20. Dez. 1961); 1962 (XVIII), UN GAOR 18th Sess., Supp. No. 15 (13. Dez. 1963). 267
Cheng, Indian J. Int’l L. 5 (1965), 23-48.
268
Cheng, in: Cheng (Hg.), International Law (1982), 203, 224.
269
Guzman, Mich. J. Int’l L. 27 (2005), 115, 122.
270
Ebd.
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65
zwar nicht generell, aber doch in einigen Bereichen auf das Erfordernis einer konsistenten Staatenpraxis verzichten wollen. Dies soll etwa für solche Resolutionen der UN-Generalversammlung gelten, die einen Konsens der internationalen Staatengemeinschaft repräsentieren,271 oder für ethische im Gegensatz zu koordinierenden völkerrechtlichen Normen.272 Der Verzicht auf Staatenpraxis bei der Identifizierung von Völkergewohnheitsrecht hat viel Kritik erfahren. Berühmt ist ein Kommentar von Sir Robert Jennings, demzufolge „most of what we perversely persist in calling customary international law is not only not customary law: it does not even faintly resemble a customary law.“273 Schon begrifflich setzt Gewohnheitsrecht den Rekurs auf Staatenpraxis voraus. Gewohnheitsrecht ohne die Herausbildung einer Gewohnheit ist sprachlich nur schwer vorstellbar. Zudem definiert Art. 38 (1) lit. b des IGH-Statuts das Gewohnheitsrecht als „general practice accepted as law“. Die Staatenpraxis wird man als Element des Gewohnheitsrechts daher nicht hinwegdefinieren können.
b. Gewohnheitsrecht auf einer Gleitskala Ein weiterer Ansatz versucht die beiden konstitutiven Elemente des Gewohnheitsrechts auf einer Gleitskala zueinander in Verhältnis zu setzen.274 Je dichter die Anzeichen für die Herausbildung von Gewohnheitsrecht in einem der beiden Elemente sind, desto weniger braucht man von dem anderen.275 Können wir also eine sehr dichte und konsistente Staatenpraxis feststellen, brauchen wir keine opinio iuris mehr nachzuweisen. Können wir dagegen eine eindeutige opinio iuris identifizieren, besteht keine Notwendigkeit, ein hohes Maß an konsistenter Staatenpraxis darzulegen. Dieser Ansatz wird teilweise zusätzlich normativ aufgeladen, indem die Gleitskala mit substantiellen Kriterien an-
271
So Sohn, Tex. Int’l L.J. 12 (1977), 129, 133.
272
Tesón, ASIL Proceedings 92 (1998), 126, 127.
273
Jennings, in: Cheng (Hg.), International Law (1982), 3, 5 (Hervorhebung im Original). 274
Kirgis, Am. J. Int’l L. 81 (1987), 146, 146-51; Tasioulas, Oxford J. Legal Stud. 16 (1996), 85, 109-15; Roberts, Am. J. Int’l L. 95 (2001), 757, 774-91. 275
Kirgis, Am. J. Int’l L. 81 (1987), 146, 149.
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gereichert wird. So soll das Fehlen der Staatenpraxis bei gleichzeitiger Existenz einer Rechtsüberzeugung dann unschädlich sein, wenn es sich um Normen mit ethischem Gehalt handelt.276 Dieser Ansatz setzt sich jedoch derselben Kritik aus, wie der soeben behandelte, der auf den Nachweis von Staatenpraxis vollständig verzichtet. Der Verzicht auf consuetudo ist bei Gewohnheitsrecht nur schwer vorstellbar.
c. Billigkeit statt Gewohnheit Wenn wir die Staatenpraxis also nicht aus dem Gewohnheitsrecht herausdefinieren können, gilt es, alternative Konzepte zu suchen. Eines hat Martti Koskenniemi angeboten. Nachdem er in seiner Dissertation From Apology to Utopia277 die Theorie des bestehenden Völkergewohnheitsrechts zunächst zu dekonstruieren versucht, bietet er uns eine mehr auf Billigkeit denn auf Recht abzielende Alternative an: „But it is also, and more fundamentally, useless because we do not wish to condone anything that states may do or say, and because it is really our certainty that genocide or torture is illegal that allows us to understand state behaviour and to accept or reject its legal message, not state behaviour itself that allows us to understand that these practices are prohibited by law. It seems to me that if we are uncertain of the latter fact, then there is really little in this world we can feel confident about.“278 Koskenniemi schlägt also vor, die Menschenrechte aus dem positiven Rechtsdiskurs auszuklammern, um ihnen nicht ihr kritisches Potential zu nehmen. Dies klingt jedoch wie eine Kapitulation vor den Herausforderungen moderner völkerrechtlicher Dogmatik. Will man erreichen, dass Menschenrechte ernst genommen werden, muss man ihnen den naturrechtlichen Beigeschmack nehmen, der ihnen immer noch anhaftet, und eine dogmatisch fundierte Konzeption anbieten.
276
Tasioulas, Oxford J. Legal Stud. 16 (1996), 85, 113; Roberts, Am. J. Int’l L. 95 (2001), 757, 774-91. 277 278
Koskenniemi, From Apology to Utopia (1989).
Koskenniemi, Mich. L. Rev. 88 (1990), 1946, 1952 (Hervorhebung hinzugefügt).
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
67
d. Allgemeine Rechtsgrundsätze anstelle von Gewohnheitsrecht Den vielversprechendsten Ansatz haben Bruno Simma und Philip Alston in einem grundlegenden Beitrag zu den Quellen von Menschenrechten angeboten.279 Sie schlagen vor, Menschenrechte nicht als Völkergewohnheitsrecht, sondern als allgemeine Rechtsgrundsätze aufzufassen.280 Diese unterscheiden sich in ihrer Entstehung von Gewohnheitsrecht dadurch, dass die Geltung nur einen impliziten Konsens der Staatengemeinschaft voraussetzt, nicht jedoch auch eine konforme Praxis.281 Dieser implizite Konsens soll vor allem aus Resolutionen der UN-Generalversammlung gewonnen werden können. Konstitutiv ist also nur das subjektive Element des Gewohnheitsrechts. Obwohl dieser Vorschlag das Problem der Normativität der Menschenrechte bei fehlender Staatenpraxis überzeugend löst, verbleiben einige Probleme. Wenn allgemeine Rechtsgrundsätze durch die bloße Akzeptanz durch die Staatengemeinschaft begründet werden können, dann liegt der Unterschied zum Gewohnheitsrecht darin, dass der Staatenpraxis keine konstituierende Bedeutung zukommt. Simma und Alston begründen diese Privilegierung menschenrechtlicher Normen mit deren nach innen gerichtetem Charakter.282 Staatenpraxis beziehe sich auf die Interaktion von Staaten, während Menschenrechtsstandards nicht mittels grenzübergreifenden Handelns von Staaten beschrieben werden könnten. Dies ist zwar ein struktureller Unterschied, jedoch ist allein dieser strukturelle Unterschied noch kein normativer Grund für eine Unterscheidung zwischen Gewohnheitsrecht und allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Im Folgenden soll daher ein anderer Weg gegangen werden. Die Differenzierung zwischen Gewohnheitsrecht und allgemeinen Rechtsgrundsätzen soll nicht auf den externen oder internen Charakter einer Norm zurückgeführt, sondern ihr soll eine normtheoretische Unterscheidung zugrunde gelegt werden.283 Mit Robert Alexy soll zwischen 279
Simma/Alston, Austl. Yb. Int’l L. 12 (1992), 82-108.
280
Ebd., 102-6. Zustimmend: Schachter, in: Makarczyk (Hg.), FS Krzysztof Skubiszewski (1996), 531, 539; Bleckmann, in: Klein (Hg.), Menschenrechtsschutz (2002), 29, 42-43. Für eine Kritik dieses Ansatzes s. Lillich, Ga. J. Int’l & Comp. L. 25 (1995), 1-30. 281
Simma/Alston, Austl. Yb. Int’l L. 12 (1992), 82, 102.
282
Ebd., 99.
283
Im Ansatz ähnlich Kadelbach/Kleinlein, AVR 44 (2006), 235, 262-65.
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Kapitel 2
Regeln und Prinzipien unterschieden und gezeigt werden, dass diese Klassifizierung auch für die Trennung von Gewohnheitsrecht und allgemeinen Rechtsgrundsätzen fruchtbar gemacht werden kann. Diese These soll im Folgenden in zwei Schritten näher ausgeführt werden. Zunächst wird die rechtstheoretische Unterscheidung zwischen Regeln und Prinzipien erläutert und deren Verhältnis zueinander geklärt (3.). Anschließend soll auf die Funktion der Staatenpraxis bei der Identifizierung von Völkergewohnheitsrecht eingegangen und gezeigt werden, dass Praxis diese Funktion bei Rechtsprinzipien nicht erfüllen und für deren Konstituierung daher entbehrlich ist (4.).
3. Regeln und Prinzipien im Völkerrecht a. Die Unterscheidung zwischen Regeln und Prinzipien Die rechtstheoretische Unterscheidung zwischen Regeln und Prinzipien ist auch im Völkerrecht sehr geläufig.284 Allerdings werden beide Begriffe nicht einheitlich verwendet.285 Der Begriff „Prinzipien“ wird oft zur Bezeichnung der grundlegenden, generelleren Normen einer Rechtsordnung verwendet, während die konkreteren Vorschriften als Regeln bezeichnet werden.286 Eine solche Unterscheidung hat jedoch einen geringen heuristischen Wert, da sie nur graduellen, keinen qualitativen Charakter hat. Für die folgende Untersuchung soll daher die Unterscheidung, die Robert Alexy in seiner Habilitationsschrift vorgeschlagen hat, zugrunde gelegt werden.287 Danach unterscheiden sich die beiden Konzepte vor allem in ihrem Verhalten bei Normenkollisionen. Wenn zwei Regeln kollidieren, dann ist diese Normkollision durch spezielle Kollisionsregeln, wie etwa den
284
Greig, Austl. Yb. Int’l L. 9 (1985), 46, 65; Lowe, in: Byers (Hg.), Role of Law (2000), 207, 213-19; Kolb, NILR 53 (2006), 1-36. 285
Vgl. Alexy, Theorie der Grundrechte (1994), 72-75.
286
S. nur Christie, Duke L.J. 1968 (1968), 649, 669; Raz, The Yale Law Journal 81 (1972), 823, 838. 287
Alexy, Theorie der Grundrechte (1994), 75-99. Ähnlich auch eine entsprechende Unterscheidung von Dworkin, Taking Rights Seriously (1977), 22-28. Zu den Problemen von Dworkins Konzeption s. jedoch noch unten Kap. 2, I 3 b.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
69
lex specialis oder den lex posterior Grundsatz, aufzulösen.288 Prinzipienkollisionen werden dagegen nicht durch Kollisionsregeln, sondern durch eine Güterabwägung gelöst.289 Während das Verhältnis zweier Regeln daher immer statisch ist, ist das zwischen Prinzipien dynamisch. Es ist unmöglich, unabhängig von den tatsächlichen Umständen zu entscheiden, welches Prinzip die Oberhand behält. Aus dieser Unterscheidung können wir weitere Schlussfolgerungen über das Verhältnis von Regeln und Prinzipien ziehen. Da Prinzipien sich im Konfliktfall durch eine Güterabwägung auszeichnen, dienen sie immer dem Schutz eines Gemeinschafts- oder eines Individualgutes. Im Gegensatz dazu sind Regeln grundsätzlich verhaltensbezogen. Zwar gibt es in dieser Hinsicht Ausnahmen. So ist es vorstellbar, dass ein Rechtsgut absolut geschützt ist, also sein Schutz gegenüber jedweden konkurrierenden Rechtsgütern Vorrang genießt.290 Dann hat die Schutznorm Regelcharakter. Regeln dieser Art werden jedoch die Ausnahme sein. In einer Welt konkurrierender Ziele und Schutzgüter können letztere nur dann alle durch Regeln geschützt werden, wenn im Voraus eine Hierarchie zwischen diesen Gütern etabliert wird, die die Auflösung eines potentiellen Spannungsverhältnisses im Konfliktfall erlaubt. Obwohl dies theoretisch denkbar ist, würde solchen Rechtssystemen die notwendige Flexibilität fehlen, so dass ihre Existenz in der Praxis unwahrscheinlich ist.291 Regeln können weiterhin bestimmte Verhaltensweisen verbieten, um ein Rechtsgut zu schützen. So intendiert das Folterverbot den Schutz der Menschenwürde. In diesem Fall ist der Schutz des Rechtsgutes jedoch nur indirekt und zudem nicht vollständig – schließlich sind auch andere Verletzungshandlungen vorstellbar. Regeln dienen in diesem Fall der Durchsetzung von Prinzipien, während letztere der normative Grund für die Existenz einer schützenden Regel sind.292 288
Alexy, Theorie der Grundrechte (1994), 78.
289
Alexy, in: Krawietz et al. (Hg.), Argumentation und Hermeneutik (1979), 59, 64. 290
Ein Beispiel ist etwa der Schutz der Menschenwürde im deutschen Grundgesetz. 291
Kumm, in: Alexy (Hg.), Juristische Grundlagenforschung (2005), 218,
220. 292
MacCormick, Juridical Review 19 (1974), 217, 222; ders., Legal Reasoning (1994), 156.
70
Kapitel 2
Kommt es zu einer Kollision zwischen einer Regel und einem Prinzip, dann genießt die Regel logisch den Vorrang, da sie die speziellere Norm ist und keiner Abwägung zugänglich ist.293 Regeln können somit nicht durch kollidierende Prinzipien in ihrem Anwendungsbereich eingeschränkt werden. Prinzipien kommen in einer solchen Kollision nur dann zum Tragen, wenn Ausnahmen von der kollidierenden Regel entweder explizit oder implizit auf bestimmte Prinzipien zurückgreifen. Als Beispiel sei hier auf das Welthandelsrecht verwiesen, in dem Art. XX GATT294 und Art. XIV GATS295 diese Funktion wahrnehmen. Diese beiden Normen lassen Ausnahmen von den Regeln des GATT bzw. des GATS zu, wenn diese die in den Ausnahmenormen aufgezählten Prinzipien verfolgen. Prinzipien werden somit in der rechtlichen Argumentation in drei Konstellationen relevant: zum einen in Fällen, die durch Regeln überhaupt nicht erfasst werden, zum zweiten in Situationen, in denen Ausnahmeregeln explizit oder implizit auf Prinzipien verweisen, und schließlich in solchen Konstellationen, in denen eine Regel interpretationsoffen ist und im Lichte von Prinzipien konkretisiert werden muss.296
b. Einwände gegen die Unterscheidung Sowohl Prinzipien im rechtstheoretischen Sinne als auch allgemeine Rechtsgrundsätze im Sinne von Art. 38 (1) lit. c IGH-Statut sind, nicht ohne Grund, oft dafür kritisiert worden, ein Einfallstor für naturrechtliche Maximen in den völkerrechtlichen Diskurs zu sein. Ausweislich der Entstehungsgeschichte wurden die allgemeinen Rechtsgrundsätze im Sinne von Art. 38 (1) lit. c des IGH-Statuts ursprünglich als Gegengewicht zu einem übertriebenen Rechtspositivismus angesehen.297 Um den Rechtsdiskurs zu rationalisieren wurde jedoch das Erfordernis der Anerkennung durch die „zivilisierten“ Nationen hinzugefügt. Nur solche Prinzipien, die von der internationalen Gemeinschaft als solche an293
Alexy, Theorie der Grundrechte (1994), 121.
294
General Agreement on Tariffs and Trade (30. Okt. 1947), 55 UNTS 194.
295
Agreement Establishing the World Trade Organization, Annex 1 B, General Agreement on Trade in Services (15. Apr. 1994), ILM 33 (1994), 1167. 296
Sieckmann, Regelmodelle und Prinzipienmodelle des Rechtssystems (1990), 141. 297
Vgl. Hoof, Sources (1983), 138.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
71
erkannt werden, sollen Teil des rechtlichen Diskurses werden können. Das Anerkennungserfordernis macht bereits deutlich, dass es sich bei den allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht unbedingt um naturrechtliche Prinzipien handeln muss. Sie beziehen sich vielmehr auf das Bestehen eines impliziten Konsenses der Staatengemeinschaft.298 Sie unterscheiden sich von Völkergewohnheitsrecht dadurch, dass Staatenpraxis zu ihrer Begründung keine konstituierende Funktion hat. Vielmehr ist die Existenz einer entsprechenden Rechtsüberzeugung bereits konstitutiv.299 Der angesprochene implizite Konsens kann durch Rückgriff auf nicht unmittelbar bindende Willensäußerungen eines beträchtlichen Teils der internationalen Staatengemeinschaft identifiziert werden. Dies können Resolutionen der UN-Generalversammlung oder anderer repräsentativer internationaler Organisationen oder Organe sein. Weiterhin können auch Präambeln multilateraler Verträge oder Generalisierungen und Abstraktionen aus dem Vertragsrecht als Indikatoren für die Identifizierung von allgemeinen Rechtsgrundsätzen dienen. Auch die Staatenpraxis kann eine Rolle spielen.300 Sie ist jedoch bei Prinzipien nicht konstituierendes Element, sondern vielmehr nur Indiz für das Bestehen einer Rechtsüberzeugung. Dabei kommt es auch nicht in erster Linie auf die tatsächliche Praxis, sondern vielmehr auf die Bewertung von Präzedenzfällen durch die internationale Gemeinschaft an. Ein zweiter Kritikpunkt richtet sich gegen das rechtstheoretische Konzept der Prinzipien. Alexys Konzeption ist sehr von der Prinzipientheorie Ronald Dworkins beeinflusst worden. Für Dworkin selbst war das Prinzipienmodell ein Instrument, um Harts Rechtspositivismus301 anzugreifen.302 Dworkin kritisierte Harts Theorie, indem er zu zeigen versuchte, dass moderne Rechtssysteme nicht als reine Regelsysteme konzipiert werden könnten. Gerichte argumentierten vielmehr immer auch mit Prinzipien, die sie aus moralischen Erwägungen herleiteten und die sich nicht auf eine rule of recognition zurückführen ließen.303 Allerdings 298
Verdross, Die Quellen des universellen Völkerrechts (1973), 128.
299
Simma/Alston, Austl. Yb. Int’l L. 12 (1992), 82, 104.
300
Weiß, AVR 39 (2001), 394, 410.
301
Hart, Concept of Law (1994).
302
Dworkin, Taking Rights Seriously (1977), 28-45.
303
Ebd., 22-28.
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Kapitel 2
ist der von Dworkin hervorgehobene naturrechtliche Ursprung von Prinzipien nicht zwingend. Nach der hier vertretenen Konzeption kann für die Herleitung für Prinzipien gerade nicht allein auf moralische Erwägungen zurückgegriffen werden. Vielmehr bedarf es, wie gezeigt, durch die Rückbindung an die allgemeinen Rechtsgrundsätze i.S.v. Art. 38 (1) lit. c IGH-Statut formaler Kriterien, an denen sich die Herleitung von Prinzipien messen lassen muss. Ein weiterer theoretischer Einwand gegen das Prinzipienmodell wendet sich gegen den qualitativen Charakter der Unterscheidung von Regeln und Prinzipien.304 Prinzipien seien nichts anderes als unbestimmte Regeln, deren Abgrenzung sich allein durch Auslegung vornehmen lasse. Die Aufgabe der Normkonkretisierung und damit der Abgrenzung im Einzelfall falle dabei der Rechtsprechung zu. Allerdings vermischt diese Kritik unterschiedliche Ebenen. Da juristische Entscheidungen notwendig binären Charakter haben, müssen Prinzipienkollisionen für einen konkreten Fall durch Abwägung immer zu definitiven Regeln konkretisiert werden.305 Schauen wir also allein auf das Ergebnis juristischer Auslegung und Normkonkretisierung, lässt sich ein Unterschied zwischen Regeln und Prinzipien nicht festmachen. Die Prinzipientheorie will jedoch gerade den Prozess der Normkonkretisierung beschreiben. In diesem Zusammenhang unterscheidet sich eine konkrete Abwägung konkurrierender Rechtsgüter durchaus qualitativ von der abstrakten Auflösung eines Normenwiderspruchs durch Kollisionsregeln.
4. Die Entbehrlichkeit von Staatenpraxis für die Begründung von Rechtsprinzipien Diente der vorherige Abschnitt dazu, die quellentheoretische These zu erläutern, soll diese im Folgenden begründet werden. Dabei soll gezeigt werden, dass es die Funktion von Staatenpraxis ist, ungeschriebene Rechtsnormen zu stabilisieren (a.). Diese Funktion kann sie jedoch nur bei Regeln erfüllen. Rechtsprinzipien unterscheiden sich von Regeln dagegen in struktureller Hinsicht, so dass das Erfordernis der Staatenpraxis bei ihnen keine stabilisierende Funktion ausüben kann und daher 304 305
Jakab, Rechtstheorie 37 (2006), 49, 55-56.
Sieckmann, Regelmodelle und Prinzipienmodelle des Rechtssystems (1990), 250.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
73
entbehrlich ist (b.). Schließlich soll gezeigt werden, dass Prinzipien als allgemeine Rechtsgrundsätze im Sinne von Art. 38 (1) lit. c IGH-Statut qualifiziert werden können (c.).
a. Die Funktion von Staatenpraxis im Völkergewohnheitsrecht Die Funktion von Staatenpraxis hängt von der Theorie ab, mit der wir versuchen, die Normativität von Völkergewohnheitsrecht zu begründen. Im Folgenden sollen die gängigsten Ansätze diskutiert und auf die Rolle, die sie der Staatenpraxis zugestehen, hin untersucht werden.306
aa. Gewohnheitsrecht als pactum tacitum Die ersten Versuche, das Völkergewohnheitsrechts theoretisch zu beschreiben, betrachteten dieses als pactum tacitum, als konkludenten Vertrag. Diese Ansicht wird etwa in den Werken von Francisco Suarez,307 Hugo Grotius,308 Christian Wolff309 und Emer de Vattel310 zum Ausdruck gebracht. Nach dieser Theorie ist Völkergewohnheitsrecht nichts anderes als ein konkludenter Vertrag zwischen Staaten. Konkludente Verträge beruhen jedoch allein auf dem Willen der Parteien, ohne dass eine entsprechende affirmative Staatenpraxis erforderlich wäre. Letztere ist ein Indiz für das Bestehen eines entsprechenden Willens. Staatenpraxis ist damit nach dieser klassischen Auffassung nur ein Hilfsmittel zur Ergründung der opinio iuris, jedoch kein konstituierendes Element des Völkergewohnheitsrechts.
306
Für einen ausführlichen Überblick über die verschiedenen klassischen Theorien des Völkergewohnheitsrechts s. Verdross, ZaöRV 29 (1969), 635-53. 307
Suarez, Tractatus de legibus ac Deo legislatore (1612), VII, Kap. 13, 6.
308
Grotius, De iure belli ac pacis (1625), Prolegomena, § 17.
309
Wolff, Ius gentium methodo scientifica pertractatum (1749), Prolegomena, § 24. 310
Vattel, Le droit des gens, ou principes de la loi naturelle appliqués à la conduite et aux affaires des nations et des souverains (1758), Introduction, § 25.
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bb. Steuerungstheorien des Völkergewohnheitsrechts Neuere, vor allem aus der US-amerikanischen Völkerrechtswissenschaft kommende Ansätze versuchen die Geltung von gewohnheitsrechtlichen Normen auf ihre Fähigkeit zur Verhaltenssteuerung zu gründen. Der erste entsprechende Ansatz wurde von Thomas Franck in seinem Werk zu The Power of Legitimacy among Nations311 entwickelt. In diesem schlägt Franck vor, die Geltung von ungeschriebenen Normen des Völkerrechts von ihrer Legitimität abhängig zu machen. Nur legitime Normen üben seiner Ansicht nach einen hinreichenden Anreiz zur Normbefolgung aus.312 Zu diesem Zweck identifiziert Franck – wie bereits angedeutet – vier Kriterien zur Bestimmung völkerrechtlicher Normen: Tradition, Bestimmtheit sowie innere und äußere Kohärenz.313 In diesem Konzept spielt Staatenpraxis keine konstitutive Rolle. Sie ist allenfalls Hilfsmittel, um eines dieser vier Elemente zu bestimmen. Andere Völkerrechtler, die die Rechtsbefolgung als Geltungskriterium in den Blick nehmen, stützen sich auf rational choice Modelle und benutzen ein spieltheoretisches Instrumentarium, um vorherzusagen, ob Staaten bestimmte Normen befolgen werden und diese daher Geltung beanspruchen können.314 Sie schlagen vor, Gewohnheitsrecht durch die Identifizierung des Gleichgewichts staatlicher Verhaltensmuster zu identifizieren. Die rational choice Ansätze unterscheiden sich jedoch stark hinsichtlich der Konsequenzen, die sie aus ihren Analysen ziehen. Der Beitrag, der für das meiste Aufsehen gesorgt hat, ist die normative Kritik des Völkerrechts von Jack Goldsmith und Eric Posner.315 Die Autoren versuchen, staatliche Verhaltensmuster in internationalen Beziehungen durch spieltheoretische Modelle zu erklären. Ihnen zufolge können kohärente Verhaltensmuster in multilateralen Situationen nur dann beobachtet werden, wenn entweder Zwang ausgeübt wird oder
311
Franck, Power of Legitimacy (1990).
312
Ebd., 25.
313
S.o. Fn. 251.
314
Swaine, Duke L.J. 52 (2002), 559-627; Guzman, Mich. J. Int’l L. 27 (2005), 115-76; Norman/Trachtman, Am. J. Int’l L. 99 (2005), 541-80; Goldsmith/Posner, Limits (2005), 21-78. 315
Ebd. Die Kritik am Völkergewohnheitsrecht wurde zuerst ausgearbeitet in Goldsmith/Posner, U. Chi. L. Rev. 66 (1999), 1113-77.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
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die Staaten übereinstimmende Interessen haben.316 In beiden Fällen bedarf es jedoch nicht des Rechts, um Verhalten zu koordinieren. Daher müsse jedes Völkergewohnheitsrecht notwendigerweise ineffektiv sein.317 Andere rational choice Ansätze bestreiten demgegenüber nicht die grundsätzliche rechtliche Qualität von Völkergewohnheitsrecht. Allerdings unterscheiden sich die Ansätze darin, welche Bedeutung sie der Staatenpraxis bei der Bestimmung des Gewohnheitsrechts zumessen. Einige Autoren stellen auf beobachtete staatliche Verhaltensmuster ab, so dass Staatenpraxis zentrales Instrument der Rechtsbestimmung ist.318 Dagegen konzentriert sich Andrew Guzman für die Bestimmung von Gewohnheitsrecht auf die subjektive Bewertung von rechtlichen Regeln durch Staaten. Staatenpraxis ist dabei ein Hilfsmittel zur Bestimmung einer Rechtsüberzeugung, jedoch kein konstitutives Element.319 Wenn die Geltung von Rechtsnormen von ihrer Fähigkeit, Rechtsbefolgung zu gewährleisten, abhängen soll, dann wird vorausgesetzt, dass die primäre Funktion von Recht die Steuerung menschlichen Verhaltens ist. Diese Charakterisierung ist jedoch nicht zwingend. So spricht viel dafür, die Haupteigenschaft von Recht in seiner Kontrafaktizität zu sehen.320 Recht stabilisiert und rechtfertigt Verhaltenserwartungen.321 Ob es jedoch faktisch gelingt, das Recht zu verwirklichen, hängt von Voraussetzungen ab, die das Recht selbst nicht sicherstellen kann.322 Selbst wenn man jedoch die Verhaltenssteuerung als konstitutives Merkmal von Recht ansieht, dann ist die Fähigkeit einer Norm, aufgrund ihres Inhalts Rechtsbefolgung zu gewährleisten, kein taugliches Identifikationskriterium. Recht ist nämlich nur dann effektiv, Verhalten zu beein316
Ebd., 1131.
317
Ebd., 1132.
318
Swaine, Duke L.J. 52 (2002), 559-627; Norman/Trachtman, Am. J. Int’l L. 99 (2005), 541-80. 319
Guzman, Mich. J. Int’l L. 27 (2005), 115, 122.
320
Luhmann, Ausdifferenzierung des Rechts (1981), 84. S. auch Oeter, GYIL 44 (2001), 72, 88; Solte, ARSP 89 (2003), 519; Fischer-Lescano/Liste, ZIB 12 (2005), 209, 212; Byers, Power of Rules (1999), 6. 321
Verhaltenssteuerung und Erwartungsstabilisierung schließen sich als Funktionen von Recht jedoch nicht gegenseitig aus, Luhmann, Ausdifferenzierung des Rechts (1981), 74. 322
Ebd., 84.
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flussen, wenn Staaten Rechtsnormen aus inhaltsfremden Gründen befolgen.323 Wenn ein entsprechendes Staatenverhalten also auch ohne die Existenz von Rechtsnormen erwartet werden könnte, etwa weil es ohnehin im Interesse aller beteiligten Staaten liegt, dann würde Recht keinen sozialen Zweck erfüllen, sondern wäre nur eine Beschreibung ohnehin bestehender faktischer Zustände. Spieltheoretisch motivierte oder legitimitätsbezogene Ansätze mögen hilfreiche Erklärungsmodelle sein, warum bestimmte gewohnheitsrechtliche Normen entstehen.324 Sie geben jedoch keine Gründe, warum Staaten Normen befolgen. Völkergewohnheitsrecht ist nur dann effektiv, wenn die Verletzung seiner Normen Staaten zusätzliche Kosten auferlegt. Dies müssen keine formalen Sanktionen sein – Reziprozitätsüberlegungen oder Befürchtungen, den eigenen Ruf zu beschädigen, wären ausreichend.325 Diese Frage ist allerdings eine empirische und kann weder durch rational choice Modelle noch durch Legitimitätserwägungen beantwortet werden. Anschaulich ist in dieser Hinsicht die zirkuläre Argumentation von Goldsmith und Posner. Beide schließen ohne detailliertere Begründung a priori aus, dass Völkerrecht das Potential habe, Staatenverhalten aus inhaltsfremden Gründen zu beeinflussen.326 Dann ist es allerdings auch keine große Überraschung, wenn sie im Ergebnis zu dem Schluss kommen, dass gewohnheitsrechtlichen Normen jegliche Effektivität fehle.
323
Zu der Unterscheidung zwischen Rechtsbefolgung und Effektivität s. v. Aaken, Conf. on New Pol. Econ. 23 (2006), 29, 30-32; Guzman, How International Law Works (2008), 22-23. Der Begriff der Rechtsbefolgung beschreibt die Simultaneität von beobachtetem Verhalten und Norminhalt, ohne auf deren Gründe einzugehen. Demgegenüber setzt sich das Konzept der Effektivität gerade mit diesen auseinander. Selbst wenn Staaten Normen befolgen, sind diese nur dann effektiv, wenn sie dies aus inhaltsfremden Gründen tun. 324
v. Aaken, EJIL 17 (2006), 289, 292.
325
Guzman (Fn. 323), 33-48 identifiziert drei Faktoren, die Staaten zur Rechtsbefolgung anhalten: Reziprozität, die Furcht vor Gegenmaßnahmen, sowie die Angst um ihren guten Ruf als zuverlässiger Kooperationspartner. 326
Goldsmith/Posner, U. Chi. L. Rev. 66 (1999), 1113, 1132.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
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cc. Positivistischer Ansatz Nach heute herrschendem Verständnis setzt sich das Völkergewohnheitsrecht deswegen aus den beiden Elementen der Staatenpraxis und der Rechtsüberzeugung zusammen, weil es in dieser Form als Recht von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannt wird.327 Diese Theorie des Völkergewohnheitsrechts legt ein Hart’sches Rechtsverständnis zugrunde.328 Hart unterscheidet in seiner Rechtstheorie zwischen den primären Verhaltensregeln und den sekundären rules of recognition.329 Letztere haben die Funktion, die primären Regeln zu bestimmen und damit zu determinieren, was Recht ist. Die rules of recognition können jedoch normativ nicht mehr begründet werden. Vielmehr werden sie dadurch identifiziert, dass sie von den Gerichten und Beamten in der Praxis anerkannt werden.330 In diesem Sinne ist Völkergewohnheitsrecht deswegen als Rechtsquelle anzusehen, weil sie als solche von der Staatengemeinschaft anerkannt wird. Die Begründung des Völkergewohnheitsrechts sagt uns allerdings noch nichts über die Funktion der Staatenpraxis als deren konstitutivem Element. Wenn wir die Unterscheidungsmerkmale von Gewohnheitsrecht und allgemeinen Rechtsgrundsätzen herausarbeiten wollen, müssen wir allerdings den Grund für die konstitutive Funktion der Staatenpraxis analysieren. Ursprünglich hat die Staatenpraxis keine konstitutive Rolle gespielt. Wie wir gesehen haben, haben die klassischen Theoretiker des Völkerrechts das Gewohnheitsrecht noch als einen stillschweigenden Vertrag verstanden. Die heute vorherrschende induktive Methode geht auf den soziologischen Positivismus von Auguste Comte331 zurück.332 Diesem zufolge beruht Erkenntnis allein auf Erfahrung und wird durch Abstraktion aus der Beobachtung von Verhaltensmustern gewonnen. Allerdings hat Recht immer einen normativen, nie nur einen deskriptiven Charakter. Eine allein empirische Bestimmung von
327
Statt vieler Bernhardt, Customary International Law, in: ders. (Hg.), EPIL I (1992), 898, 901. 328
Petersen, Am. U. Int’l L. Rev. 23 (2008), 275, 299.
329
Hart, Concept of Law (1994), 100-10.
330
Ebd., 105-10.
331
Comte, Esprit positif (1844).
332
Schachter, RdC 178 (1982), 9, 60.
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Rechtsnormen würde diesen gerade ihren normativen Charakter nehmen.333 Der Grund für die Einführung von Staatenpraxis als konstitutivem Element ist daher ein bescheidenerer: Recht sollte nicht aus abstrakten, utopischen Normen bestehen, sondern vielmehr einen Bezug zur Realität haben. Das Praxiserfordernis ist daher nicht selbst ein normativer Grund, sondern nur ein Mittel, um Recht und Wirklichkeit miteinander in Einklang zu bringen. Dies hat insbesondere bei den gewohnheitsrechtlichen Normen eine große Bedeutung, die eine bilateral-koordinierende Struktur haben. Das Erfordernis der Staatenpraxis hat in diesem Zusammenhang gleichzeitig eine koordinierende und vertrauensbildende Funktion. Staaten befolgen die Normen, weil sie selbiges auch von den übrigen Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft erwarten. Die Normen haben damit in der Regel einen direkt reziproken Charakter; d.h. Staaten, denen gegenüber eine entsprechende Regel gebrochen wird, reagieren ihrerseits mit einer Nichtbefolgung dieser Regel. Würden diese koordinierenden Normen daher nicht von einer weitgehend konsistenten Staatenpraxis getragen, verlören sie ihre verhaltenssteuernde Funktion. Staatenpraxis soll dem Recht damit eine gewisse Stabilität verleihen.
b. Der qualitativ-strukturelle Unterschied von Regeln und Prinzipien In diesem Punkt unterscheiden sich Regeln und Prinzipien jedoch qualitativ. Während Regeln zumeist verhaltensbezogen sind, müssen Prinzipien notwendigerweise rechtsgutsbezogen sein. Insofern können Prinzipien auch nicht durch bloßes Verhalten beschrieben werden, da sie abstrakter sind als verhaltensbezogene Regeln. Sicherlich ist es möglich, auch Prinzipien im Wege einer induktiven Abstraktion aus der Analyse von Verhaltensmustern zu gewinnen. Allerdings ist eine solche Art der Begründung immer indirekt. Staatenpraxis ist in diesem Fall keine formale Bestätigung eines bestehenden Konsenses mehr, sondern nur noch ein Indiz für die Existenz eines abstrakteren Prinzips. Daher gibt es bei Prinzipien keinen normativen Grund, Staatenpraxis bei der weiß
333
Ähnlich Koskenniemi, EJIL 1 (1990), 4, 11.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
79
Identifizierung von ungeschriebenen Rechtsnormen anders zu behandeln als andere Indikatoren für die Existenz einer Rechtsüberzeugung. Des Weiteren würde der Verzicht auf den Nachweis von Staatenpraxis bei Prinzipien die Rationalität des juristischen Diskurses nicht schwächen, sondern eher steigern. Wie wir gesehen haben,334 können Prinzipien nie dazu verwendet werden, den Anwendungsbereich von Regeln einzuschränken. Sie kommen immer dann ins Spiel, wenn Regeln entweder auf Prinzipien verweisen, oder wenn eine bestimmte Situation nicht durch Regeln gedeckt ist. Im ungeschriebenen Völkerrecht wird dabei insbesondere letztere Konstellation relevant sein. Prinzipien dienen in diesem Zusammenhang zwei Zielen: zum einen dem Schutz öffentlicher Güter, zum anderen dem individueller Menschenrechte. Für eine Rechtsordnung ist es unmöglich, für jede denkbare Situation eine Regel parat zu haben. Da das Völkerrecht durch eine dezentralisierte Rechtssetzung charakterisiert wird, ist das Fehlen detaillierter Regeln noch häufiger als in nationalen Rechtsordnungen. Ein non liquet kann jedoch nie das Ergebnis juristischer Entscheidungen sein.335 Daher müssen Juristen alternative Lösungen für solche Probleme finden, die nicht durch Regeln gedeckt werden. Der klassische Ansatz der Völkerrechtswissenschaft und der völkerrechtlichen Judikatur, mit diesem Problem umzugehen, ist das Lotus-Prinzip.336 Diesem zufolge folgt aus dem Prinzip der staatlichen Souveränität, dass der Staat eine allgemeine Handlungsfreiheit hat, die nur durch ein ausdrückliches rechtliches Verbot (in Form einer Regel) beschränkt werden kann. Allerdings sind Fälle vorstellbar, in denen sich beide Staaten auf ihre Souveränität berufen. In diesem vermag das Lotus-Prinzip keine Lösung zu vermitteln, da eine klare Abgrenzung konkurrierender Freiheiten abstrakt nicht 334
S.o. Kap. 2, I 3 a.
335
Stellvertretend für die ganz herrschende Lehre Lauterpacht, in: van Asbeck et al. (Hg.), FS Verzijl (1958), 196-221; Weil, Col. J. Transnat’l L. 36 (1998), 109-19. Anders lediglich Fastenrath, Lücken (1990), 272-84, der davon ausgeht, dass es im Völkerrecht kein Verbot des non liquet gebe, da sich weder eine entsprechende Praxis mit einhergehender Rechtsüberzeugung finde, noch ein entsprechendes Prinzip als allgemeiner Rechtsgrundsatz aus den staatlichen Rechtsordnungen hergeleitet werden könne. Allerdings handelt es sich bei der Frage der Vollständigkeit einer Rechtsordnung um eine konzeptionelle Frage, die der Rechtsordnung selbst vorausgeht und sich daher nicht durch den Rekurs auf Staatenpraxis und allgemeine Rechtsgrundsätze beantworten lässt. 336
StIGH, Urt. v. 7. Sept. 1927, Lotus, Serie A, Nr. 10, S. 18.
80
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möglich ist.337 Vielmehr wird in der internationalen Spruchpraxis zur Auflösung dieser Konflikte oft auf allgemeine Gerechtigkeitsprinzipien zurückgegriffen.338 In dieser Hinsicht können Prinzipien für einen Rationalitätsgewinn in der juristischen Argumentation sorgen. Zwar kann die Verwendung von Prinzipien juristische Entscheidungen nicht vollständig determinieren.339 Indem jedoch eine formale Herleitung der Prinzipien erfordert wird,340 bilden diese einen Rahmen, mit Hilfe dessen bestimmte Argumente, die sich nicht mit formal hergeleiteten Prinzipien in Einklang bringen lassen, im juristischen Diskurs als unzulässig erkannt werden können.341 Prinzipien stellen damit Leitlinien für die Auflösung von Freiheitskonflikten bereit und dienen so als Orientierungsmaßstab in der juristischen Diskussion. Der für die vorliegende Untersuchung interessantere Fall ist der Schutz der Menschenrechte. Menschenrechte sind nach innen gerichtet. Ihre Befolgung hängt also nicht davon ab, ob auch andere Staaten Menschenrechte beachten. Da bei der Befolgung von Menschenrechten Reziprozität insofern keine Rolle spielt, sind Prinzipien im schlimmsten Fall utopisch. Die Stabilität der internationalen Ordnung hängt von ihnen jedoch nicht ab, und insofern ist auch der Nachweis von Staatenpraxis als stabilisierendem Element nicht erforderlich.
c. Prinzipien als allgemeine Rechtsgrundsätze Haben wir soeben gesehen, dass Prinzipien sinnvollerweise nicht unter die Kategorie des Gewohnheitsrechts einzuordnen sind, ist im Folgenden zu zeigen, dass sie als allgemeine Rechtsgrundsätze qualifiziert werden können. Einige Völkerrechtswissenschaftler nehmen an, dass weiß
337
Koskenniemi, From Apology to Utopia (2005), 257.
338
Ebd., 258-68.
339
Kumm, I.CON 2 (2004), 574, 582.
340
S.o. II 2.
341
S. Koskenniemi, Oikeustiede-Jurisprudentia 18 (1985), 120, 142, demzufolge Prinzipienabwägung immer von einer bestimmten Hintergrundtheorie geleitet wird, wobei der Konstruktion der Hintergrundtheorie allerdings durch Prinzipien Grenzen gesetzt werden.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
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allgemeine Rechtsgrundsätze nur aus einer Analogie zum forum domesticum gewonnen werden können.342 Begründet wird dies mit der Entstehungsgeschichte des Statuts des Ständigen Internationalen Gerichtshofes (StIGH), dem Vorläufer zum heutigen IGH-Statut.343 Allerdings ist dieser Schluss aus der Entstehungsgeschichte nicht zwingend. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Entstehungsgeschichte gem. Art. 32 der Wiener Vertragsrechtskonvention (WVRK)344 bei der Interpretation von Verträgen nur eine subsidiäre Bedeutung zukommt. Allgemeinen Rechtsgrundsätzen war ursprünglich die Rolle zugedacht worden, Lücken zu füllen, wenn weder Verträge noch Gewohnheitsrecht eingreifen.345 Um ein non liquet zu vermeiden, führten die Urheber des Statuts für den StIGH die „general principles of law recognized by civilized nations“ ein.346 Dieses Erfordernis der Anerkennung durch alle zivilisierten Nationen sollte verhindern, dass die allgemeinen Rechtsgrundsätze zu einem Einfallstor für naturrechtliche Maximen werden. Anders als Gewohnheitsrecht, das den Ausdruck eines Konsenses durch eine explizite Staatenpraxis verlangt, zielen die allgemeinen Rechtsgrundsätze auf den impliziten Konsens der Staatengemeinschaft ab. Als das Statut des StIGH ausgearbeitet wurde, gab es keine anderen Mittel, einen impliziten Konsens zu ermitteln, als auf die internen Rechtsordnungen der Staaten zurückzugreifen.347 Solche Analogien zum nationalen Zivilrecht entsprachen dem koordinierenden Charakter des Völkerrechts der damaligen Zeit.348 Heute hat sich die Struktur der Völkerrechtsordnung jedoch grundlegend gewandelt; es gibt mittlerweiß 342
S. die Nachweise bei Vitanyi, RGDIP 86 (1982), 48, 96-102.
343
Hoof, Sources (1983), 139.
344
Vienna Convention on the Law of Treaties (23. Mai 1969), 1155 UNTS
331. 345
Lammers, in: Kalshoven/Kuyper/Lammers (Hg.), International Legal Order (1981), 53, 64; Bassiouni, Mich. J. Int’l L. 11 (1990), 768, 776-78; Pellet, in: Zimmermann/Tomuschat/Oellers-Frahm (Hg.), ICJ Statute (2006), Art. 38, Rn. 245. 346
Art. 38 (3) des Statute of the Permanent Court of International Justice (16. Dez. 1920), 6 LNTS 389. 347
Simma/Alston, Austl. Yb. Int’l L. 12 (1992), 82, 102.
348
Bleckmann, in: Klein (Hg.), Menschenrechtsschutz (2002), 29, 39.
82
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weile andere Methoden, das Bestehen eines Konsenses zu identifizieren, namentlich den Rückgriff auf Resolutionen der UN-Generalversammlung und anderer repräsentativer Organe. Folglich ist letztere neben der Analogie zu den nationalen Rechtsordnungen als zweite Methode zur Identifikation allgemeiner Rechtsgrundsätze anzuerkennen.349
5. Zusammenfassung In diesem Abschnitt haben wir gesehen, dass ungeschriebene Rechtsnormen nicht unbedingt den Nachweis einer konsistenten Staatenpraxis voraussetzen. Vielmehr ist zwischen Normen mit Regel- und solchen mit Prinzipienwirkung zu unterscheiden. Nur erstere benötigen zur Begründung den Nachweis von Staatenpraxis. Rechtsprinzipien unterscheiden sich dagegen von Regeln in struktureller Hinsicht. Sie sind, anders als Regeln, nicht verhaltens-, sondern rechtsgutbezogen, so dass Staatenpraxis bei ihnen nicht dieselbe stabilisierende Funktion übernehmen kann wie dies bei Regeln der Fall ist. Prinzipien sind als allgemeine Rechtsgrundsätze im Sinne von Art. 38 (1) lit. c des IGH-Statuts zu qualifizieren und können daher durch den bloßen Nachweis einer opinio iuris identifiziert werden. Da der Nachweis einer konsistenten Staatenpraxis zugunsten eines Legitimitätsgrundsatzes nicht möglich ist, werde ich im Folgenden nicht die Existenz einer unabdingbaren Legitimitätsregel, sondern vielmehr das Vorhandensein eines Legitimitätsprinzips untersuchen und mich dabei auf den Nachweis einer opinio iuris beschränken.
349
Lammers, in: Kalshoven/Kuyper/Lammers (Hg.), International Legal Order (1981), 53, 59; Bassiouni, Mich. J. Int’l L. 11 (1990), 768, 772; Weiß, AVR 39 (2001), 394, 399-403. Vgl. auch Mosler, General Principles of Law, in: Bernhardt (Hg.), EPIL II (1995), 511, 519-25; Kadelbach/Kleinlein, AVR 44 (2006), 235, 255, die jeweils drei Kategorien von allgemeinen Rechtsgrundsätzen unterscheiden: (1) solche, die aus den nationalen Rechtsordnungen hergeleitet werden können; (2) solche, die auf einem impliziten Konsens auf internationaler Ebene beruhen; und schließlich (3) solche, die jeder Rechtsordnung inhärent sind. Letztere Gruppe kann jedoch auch als eine Untergruppe einer der ersten beiden Kategorien verstanden werden.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
83
II. Die interne Stoßrichtung des Selbstbestimmungsrechts der Völker Wenden wir uns den dogmatischen Ansätzen zur Begründung eines völkerrechtlichen Legitimitätsprinzips zu, soll in diesem Abschnitt zunächst auf den deduktiven Ansatz eingegangen werden. Dieser versucht, ein Demokratieprinzip aus dem Selbstbestimmungsrecht der Völker abzuleiten. Zwar wird ungeschriebenes Völkerrecht in der Regel induktiv, durch eine Abstraktion von Verhaltensmustern und Indikatoren für das Bestehen eines entsprechenden Rechtsverständnisses bestimmt. Allerdings ist zumindest in der kontinentaleuropäischen Literatur weitgehend anerkannt, dass ungeschriebene Völkerrechtssätze auch im Wege der Deduktion gewonnen werden können. Geht man davon aus, dass die Völkerrechtsordnung einheitlich und widerspruchsfrei ist,350 können bestimmte ungeschriebene Prinzipien aus abstrakteren bereits anerkannten Prinzipien abgeleitet werden, wenn erstere zwingend aus letzteren folgen.351 Eine solche Operation ist notwendig, um logische Widersprüche innerhalb der Rechtsordnung zu vermeiden. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist intellektuell ein Kind der Aufklärung.352 Während es im 19. Jahrhundert praktisch eine eher stiefmütterliche Rolle spielte, tauchte es an prominenter Stelle erstmals im Vierzehn-Punkte-Plan Wilsons nach dem ersten Weltkrieg auf.353 Nach 1945 wurde es zunächst in Art. 2 (1) der UN-Charta354 und später in Art. 1 der beiden Menschenrechtspakte über bürgerliche und politische355 sowie über soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte356 ga350
Was die Herausbildung eigenständiger Teilsysteme, die zum Teil speziellen Regeln gehorchen, aber natürlich nicht ausschließt; s. dazu noch unten Kap. 3, I 3 b. Zum Topos der Einheit der Rechtsordnung im Völkerrecht s. Kadelbach, ZaöRV 64 (2004), 1, 18. 351
Bleckmann, ZaöRV 36 (1976), 374, 390; Tomuschat, RdC 241 (1993), 195, 293-300. 352
Thürer, AVR 22 (1984), 113, 115.
353
Oeter, Law and State 49/50 (1994), 147, 150-51.
354
Charter of the United Nations (26. Juni 1945), T.S. 993 [im Folgenden: UN-Charta]. 355
International Covenant on Civil and Political Rights (19. Dez. 1966), 999 UNTS 171 [im Folgenden: Internationaler Pakt für bürgerliche und politische Rechte, IPbpR].
84
Kapitel 2
rantiert. Zudem ist es inzwischen als Bestandteil des Völkergewohnheitsrechts anerkannt.357 Das Selbstbestimmungsrecht war historisch zunächst rechtliche Grundlage des Entkolonialisierungsprozesses.358 In diesem hatte es eine externe Stoßrichtung. Dies wird insbesondere an Art. 1 (2) UN-Charta deutlich, demgemäß es Ziel der Vereinten Nationen ist, „[to] develop friendly relations among nations based on the respect for the principle of equal rights and self-determination of peoples“.359 Durch die Verbindung von equal rights and self-determination wird deutlich, dass es sich bei dem Selbstbestimmungsrecht um ein Gegenstück zu der in Art. 2 (1) UN-Charta normierten souveränen Gleichheit aller Staaten handeln soll. Während letztere nur Staaten zuteil wird und auch nur diese vor äußerem Einfluss schützt, gewährt Art. 1 (2) allen Völkern ein abgeschwächtes Recht auf Gleichbehandlung und löst damit dessen Genuss von der formalen Verstaatlichung einer Gesellschaft. Insofern hatte das Selbstbestimmungsrecht im Ursprung eine eindeutig externe Stoßrichtung und hat zunächst vor allem im Prozess der Entkolonialisierung seine stärkste Wirkung entfaltet.360 Dies sollte sich jedoch schon relativ früh ändern. Bereits 1960 wurde in Resolution 1514 der Generalversammlung zum Ausdruck gebracht, dass „[a]ll people have the right to self-determination; by virtue of that right they freely determine their political status and freely pursue their economic, social and cultural development“.361 Bestätigt wurde diese Konkretisierung des Selbstbestimmungsrechts durch den gemeinsamen Art. 1 der beiden Menschenrechtspakte,362 der 356
International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (16. Dez. 1966), 993 UNTS 3. 357
IGH, Gutachten v. 16. Okt. 1975, Western Sahara, ICJ Rep. 1975, 12, §§ 54-58. 358
Thierry, RdC 222 (1990), 9, 160-66.
359
Hervorhebung hier.
360
Crawford, in: Crawford (Hg.), Right of Peoples (1988), 55, 58.
361
GV-Res. 1514 (XV), Declaration on the Granting of Independence to Colonial Countries and Peoples, UN GAOR 15th Sess., Supp. No. 16 (14. Dez. 1960) (Hervorhebung hier).
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die entsprechende Passage aus Resolution 1514 wortgleich übernimmt. Die Betonung der freien Wahl des eigenen politischen Status bringt zum Ausdruck, dass das Selbstbestimmungsrecht sich nicht nur auf die formale äußere Unabhängigkeit, sondern auch die interne Staatsorganisation bezieht. Damit wird das Selbstbestimmungsrecht gleichzeitig aus dem Kontext des Entkolonialisierungsprozesses herausgelöst. Die Versuche einiger Staaten, das Selbstbestimmungsrecht auf Kolonialherrschaft zu beschränken, fanden in dem Wortlaut der Menschenrechtspakte keinen Niederschlag.363 In der friendly relations declaration364 wird das Recht auf freie Bestimmung des politischen Status bekräftigt und neben das schon in der UN-Charta normierte Recht der Gleichbehandlung aller Völker gestellt. Neben der ursprünglich externen bekommt das Selbstbestimmungsrecht der Völker damit auch eine interne Stoßrichtung.365 Aus dieser internen Stoßrichtung versuchen verschiedene Autoren nun ein kollektives Recht auf demokratische Staatsorganisation abzuleiten.366
362
IPbpR (Fn. 355) und International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (Fn. 356). 363
Cassese, in: Henkin (Hg.), International Bill of Rights (1981), 92, 92-93; Humphrey, in: Meron (Hg.), Human Rights (1984), 171, 196. Vgl. auch Bossuyt, Guide to the „Travaux Préparatoires“ of the International Covenant on Civil and Political Rights (1987), 32-38. 364
GV-Res. 2625 (XXV), Declaration on Principles of International Law Concerning Friendly Relations and Co-operation among States in accordance with the Charter of the United Nations (24. Okt. 1970), UN-Dok. A/5217, 121. 365
Gusy, AVR 30 (1992), 385, 405; Cassese, Self-Determination (1995), 302-
12. 366
Die Terminologie ist in diesem Zusammenhang nicht immer eindeutig. Einige Autoren verstehen unter dem internen Selbstbestimmungsrecht auch ein Recht von ethnischen Gruppen auf weitgehende politische Autonomie innerhalb eines bestimmten Staates, so etwa Oeter, Law and State 49/50 (1994), 147, 157-63; Cottier, SZIER 9 (1999), 403, 419. Die rechtliche Folge eines derart verstandenen inneren Selbstbestimmungsrechts ist dann nicht die Demokratisierung des Gesamtstaates, sondern die Gewährung politischer Selbstorganisation auf regionaler Ebene, Oeter, Law and State 49/50 (1994), 147, 165.
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1. Systematische Auslegung des Selbstbestimmungsrechts Die Argumentation stützt sich dabei insbesondere auf die Systematik des Paktes für bürgerliche und politische Rechte.367 Art. 1 IPbpR könne nicht isoliert gelesen werden, sondern müsse mit den anderen politischen Rechten und insbesondere dem Wahlrecht in Art. 25 IPbpR in Zusammenhang gesetzt werden.368 Das Wahlrecht in Art. 25 IPbpR präzisiere, wie das Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich des politischen Status auszuüben sei. Allerdings ist dieser systematische Zusammenhang nicht zwingend. Vielmehr gibt es gute Gründe, sowohl das Selbstbestimmungsrecht als auch das Wahlrecht als jeweils separate Gewährleistung mit eigenständigem normativem Gehalt wahrzunehmen.369 Wenn das durch Art. 25 IPbpR normativ aufgeladene Selbstbestimmungsrecht über die Gewährleistungen von Art. 25 nicht hinausgeht, dann braucht man dafür nicht das Vehikel des Selbstbestimmungsrechts. Zur Garantie eines Wahlrechts reicht letztere Bestimmung aus. Möchte man jedoch weitergehende Schlussfolgerungen ziehen, kann man dies nicht durch die bloße Verbindung von und Abstrahierung aus eigentlich selbständigen Prinzipien machen. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn man das Selbstbestimmungsrecht aus dem Kontext des Paktes für bürgerliche und politische Rechte löst. Interpretiert man nämlich das gewohnheitsrechtliche Selbstbestimmungsrecht ebenfalls im Lichte von Art. 25 IPbpR, dann erweitert man den Anwendungsbereich des Wahlrechts durch die Hintertür über die Grenzen der Kon367
IPbpR (Fn. 355).
368
Cassese, in: Henkin (Hg.), International Bill of Rights (1981), 92, 97; Kiss, Hum. Rts. L.J. 7 (1986), 165, 171; Stöcker, EuGRZ 14 (1987), 473, 477; Hillgruber/Kempen, ROW 33 (1989), 323, 325-26; Rosas, in: Tomuschat (Hg.), SelfDetermination (1993), 225, 244; Thornbury, in: Tomuschat (Hg.), Self-Determination (1993), 101, 136-37; Brühl-Moser, Selbstbestimmungsrecht der Völker (1994), 110; Escudero Espinosa, Anuario de derecho internacional 12 (1996), 297, 344-56; Fink, JZ 1998, 330, 337; Thürer, Self-Determination, in: Bernhardt (Hg.), EPIL IV (2000), 364, 372. Gestützt wird dies auch auf den General Comment der Human Rights Commission zu Art. 1 IPbpR (UN-Dok. CCPR/ C/21/Add.3), in dem es heißt, dass dieses Recht „[is] interrelated with other provisions of the Covenant and rules of international law“. Allerdings handelt es sich hierbei wohl eher um ein truism, aus dem keine weitergehenden Schlussfolgerungen gezogen werden können. 369
Tomuschat, in: Rosas/Helgesen (Hg.), Human Rights and Pluralist Democracy (1992), 27, 40; Higgins, Problems and Process (1994), 121.
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vention hinaus.370 Die Systematik des IPbpR kann somit die normative Reichweite des gewohnheitsrechtlichen Prinzips der Selbstbestimmung der Völker nicht beeinflussen.
2. Demokratieprinzip als notwendige Folge des Selbstbestimmungsrechts Ein zweites Argument zielt daher auf grundsätzlichere Überlegungen ab. Nimmt man ernst, dass das Selbstbestimmungsrecht dem Volk ein Recht gibt, sein politisches System zu bestimmen, dann müsse diese Entscheidung auch notwendigerweise von dem Staatsvolk selbst ausgehen und nicht von der Regierung. Eine solche Entscheidung setze jedoch notwendigerweise demokratische Mechanismen voraus, da eine von dem Volk ausgehende Systementscheidung anders gar nicht denkbar sei.371 Diese auf den ersten Blick einleuchtende Verbindung beruht jedoch auf problematischen Prämissen.372 Man wird nämlich gedanklich zwischen dem Akt der Bestimmung über das politische System und dem politischen System selbst, also dem pouvoir constituant and dem pouvoir constitué,373 trennen müssen. Das Selbstbestimmungsrecht des Volkes bezieht sich nur auf ersteren, nicht dagegen zwingend auch auf letzteres.374 Es gibt in der Geschichte genügend Beispiele, in denen die Staatsbürger sich in Wahlen oder Abstimmung für autoritäre Lösungen entschieden haben. So haben sich gerade in der Zwischenkriegszeit viele faschistische und autoritäre Regime auf ihre plebiszitäre Legitimität be370
Das schließt natürlich nicht aus, dass Art. 25 IPbpR möglicherweise selbst Eingang in das Völkergewohnheitsrecht gefunden hat. Zu dieser Frage s.u. Kap. 2, III. 371
Hillgruber/Kempen, ROW 33 (1989), 323, 325; Rosas, in: Tomuschat (Hg.), Self-Determination (1993), 225, 229; Sicilianos, in: Mehdi (Hg.), Démocratisation de l’Etat (2002), 13, 24. 372
Gegen die logische Verknüpfung von Demokratie und Selbstbestimmung argumentiert auch Miller, Col. J. Transnat’l L. 41 (2003), 601-48, der sein Argument jedoch historisch begründet. 373
Zu dieser Unterscheidung s. Böckenförde, in: ders., Staat, Verfassung, Demokratie (1991), 90, 98-107. 374
Ebenso Pippan, in: Riefler (Hg.), Popper und die Menschenrechte (2007), 119, 136.
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rufen.375 Auch in der jüngeren Geschichte finden sich Beispiele, in denen Bürger der Beschränkung demokratischer Rechte per Referendum ausdrücklich zugestimmt haben: Weißrussland unter Lukashenko, Venezuela unter Chávez oder Peru unter Fujimori sind nur einige von ihnen.376 Diesem Problem wird in der Literatur teilweise dadurch zu begegnen versucht, dass formal zwischen beiden Akten unterschieden wird.377 Wenn sich die Staatsbürger bei der Abstimmung über das politische System gegen die Demokratie entscheiden, haben sie damit ihr Recht auf Selbstbestimmung verbraucht. Doch kann diese Auffassung nicht erklären, warum die einmalige Ausübung des Rechts auf Selbstbestimmung irreversibel sein soll. Zum einen bleibt das betroffene Staatsvolk nicht unverändert. Daher würde es dem Gedanken der Selbstbestimmung widersprechen, wenn eine Abstimmung zu einem willkürlichen Zeitpunkt auch zukünftige Generationen binden könnte, die nie die Möglichkeit hatten, an der Ausübung des Selbstbestimmungsrechts teilzuhaben. Zum anderen hängt der Ausgang von Abstimmungen oft von historischen Zufälligkeiten ab.378 Umstände können sich ändern und mit ihnen auch die Präferenzen der Staatsbürger. Schließlich werden demokratische Parlamente auch nur auf Zeit und nicht für die Ewigkeit gewählt. Einen anderen Weg schlagen daher Gregory Fox und Georg Nolte in ihrem Beitrag zu intoleranten Demokratien vor.379 In diesem diskutieren die beiden Autoren die Frage, ob Demokratien politische Strömungen bekämpfen dürfen, die sich gegen das System als solches wenden. Sie schlagen als Lösung ein substantielles Demokratiekonzept vor, in dem Wahlergebnisse missachtet werden dürfen, um zu verhindern, dass eine undemokratische Partei an die Macht kommt, und Demokratie als solche zu schützen. Durch diesen Vorschlag machen sie Demokratie380 375
Gebhardt, in: Kaiser/Leidhold (Hg.), Demokratie im 21. Jahrhundert (2005), 19, 28. 376
Merkel et al., Defekte Demokratie (2003), 29-30.
377
Doehring, in: Cremer/Giegerich/Richter (Hg.), FS Steinberger (2002), 127, 129. 378
Roth, Governmental Illegitimacy (1999), 343.
379
Fox/Nolte, Harv. Int’l L.J. 36 (1995), 1-70.
380
Oder vielmehr sogar ein bestimmtes Demokratiekonzept, s. Koskenniemi, Harv. Int’l L.J. 37 (1996), 231, 232-33.
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implizit zu einem absoluten Wert, der jede alternative Staatsform a priori ausschließt. Das setzt jedoch voraus, dass Demokratie jeder anderen Staatsform normativ zwingend überlegen ist. Dies ist, wie wir gesehen haben, zumindest zweifelhaft. Zum einen ist eine Partizipation im demokratischen Prozess keine zwingende Folge individueller Selbstbestimmung,381 zum anderen hängt die Wahl der optimalen Staatsform oft von der spezifischen Situationen eines entsprechenden Staates ab.382 Insofern ist Alberto Asor Rosa beizupflichten, der schon vor mehr als 25 Jahren feststellte, dass „la democrazia, proprio in quanto sistema delle mediocrità, che non si assolutizza e non si erige esso stesso a fine [...], è quel tale gioco che accetta di rimettere in disucssione le proprie regole. Se non lo fa, è già un’altra cosa.“383
3. Internes Selbstbestimmungsrecht als Repräsentationsprinzip Das bedeutet jedoch nicht, dass das Selbstbestimmungsrecht sich jeglicher Vorgaben enthält. Zuzugeben ist dem hier diskutierten Begründungansatz, dass es sich um ein Selbstbestimmungsrecht des Volkes und nicht um einen Persilschein für die jeweilige Regierung handelt. Dies zeigt sich insbesondere in der friendly relations declaration,384 in der es in Bezug auf das Selbstbestimmungsrecht heißt: „Nothing in the foregoing paragraphs shall be construed as authorizing or encouraging any action which would dismember or impair, totally or in part, the territorial integrity or political unity of sovereign and independent States conducting themselves in compliance with the principle of equal rights and self-determination of peoples as described above and thus possessed of a government representing
381
S.o. Kap. 1, I 3.
382
S.o. Kap. 1, III 2.
383
Asor Rosa, Laboratorio Politico 1.2 (1981), 10, 30-31: „[D]ie Demokratie ist, gerade als System des Mittelmaßes, das sich selbst nicht zum absoluten Maßstab oder zum Selbstzweck erhebt [...], ein Spiel, das bewusst die eigenen Regeln zur Diskussion stellt. Tut sie das nicht, ist sie bereits etwas anderes.“ (Übersetzung durch den Verfasser). Hervorhebungen im Original. 384
S.o. Fn. 364.
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the whole people belonging to the territory without distinction as to race, creed or colour.“385 In dieser Passage wird das Selbstbestimmungsrecht mit einer Regierung, die das ganze Volk repräsentiert, gleichgesetzt. Nicht jede Regierungsform wird damit den Vorgaben des Selbstbestimmungsrechts gerecht, sondern nur eine repräsentative Regierung, was autoritäre, Partikularinteressen vertretende Regierungen ausschließt.386 Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der friendly relations declaration, sondern schon aus systematischen Erwägungen. Richteten sich Rechte des Volkes nicht auch gegen die eigene Regierung, gingen sie über die Souveränitätsrechte des Staates nicht hinaus und besäßen damit keinen eigenständigen Wert.387 Das Repräsentationsprinzip ist dabei, wie festgestellt, jedoch nicht mit einem Demokratieprinzip gleichzusetzen.388 Vielmehr bietet sich ein etwas flexiblerer Ansatz an, der sich an der bereits vorgestellten Unterscheidung zwischen partizipations- und ergebnisorientierter Legitimität orientiert.389 Danach garantiert das Selbstbestimmungsrecht zwar keine Regierung durch das Volk, aber zumindest eine Regierung für das Volk. Staatsgewalt muss im Interesse der Staatsbürger ausgeübt werden und unterliegt damit einem ständigen Rechtfertigungszwang; sie darf nicht willkürlich sein und allein den Interessen der Regierenden dienen. 390 Damit folgt aus dem Selbstbestimmungsrecht zwar kein Demokratie-, aber doch immerhin ein Legitimitätsprinzip. Zu dessen Konkretisierung bietet es sich an, auf die Standards zurückzugreifen, die wir im theoretischen Teil entwickelt haben.391 Legitimität ist in diesem Zusammenhang ein Rahmenkonzept und unterliegt zwei Mindestvoraus385
Hervorhebung hinzugefügt.
386
Wheatley, Int’l & Comp. L.Q. 51 (2002), 225, 230.
387
Crawford, in: Crawford (Hg.), Right of Peoples (1988), 55, 56.
388
Anders wohl Pippan, in: Riefler (Hg.), Popper und die Menschenrechte (2007), 119, 135, der im Hinblick auf den pouvoir constituant vertritt, dass ein Staat, der seiner Bevölkerung „gegen deren Willen [...] grundlegende Partizipationsrechte vorenthält“, ein wesentliches Element des Rechts auf Selbstbestimmung missachtet. Gerade die Bestimmung dieses „Willens“ stellt uns jedoch vor unüberwindbare normative wie tatsächliche Probleme. 389
S. dazu oben Kap. 1, I 3.
390
I.E. ebenso Thürer, AVR 22 (1984), 113, 127.
391
S.o. Kap. 1, IV.
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setzungen. Eine Regierung erfüllt danach dann die Anforderung der internen Seite des Selbstbestimmungsrechts, wenn sie eine entwicklungsbezogene, im Interesse der Staatsbürger liegende Politik betreibt und nicht systematisch grundlegende Menschenrechte missachtet.
III. Induktiver Ansatz: Demokratie als teleologisches Prinzip Der induktive Ansatz stützt sich auf die klassische Bestimmung ungeschriebenen Völkerrechts. Er versucht verschiedene Kernelemente der Demokratie zu bestimmen, in der internationalen Praxis zu identifizieren und aus diesen ein abstraktes Demokratieprinzip abzuleiten.392 Das Kernelement dieses Demokratieprinzips ist die Legitimierung von Herrschaftsgewalt durch Wahlen.393 Dazu werden oft noch politische Menschenrechte, wie etwa die Meinungs-, die Versammlungs- und die Vereinigungsfreiheit genannt.394 Im Folgenden soll diese These geprüft werden. Zu diesem Zweck werden die relevanten internationalen Do392
S. etwa Franck, Am. J. Int’l L. 86 (1992), 46-91; Fox, Yale J. Int’l L. 17 (1992), 539-607; ders., in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 48, 90; Wippman, Houston J. Int’l L. 19 (1997), 659, 665-68; Ben Achour, in: FS Boutros-Ghali (1998), 909, 917; Rich, J. Dem. 12.3 (2001), 20-34; Fulda, Demokratie (2002); Sicilianos, in: Mehdi (Hg.), Démocratisation de l’Etat (2002), 1347; Tomuschat, in: Mehdi (Hg.), Démocratisation de l’Etat (2002), 101-18; Ibegbu, Right to Democracy (2003), 141-205; Kokoroko, RQDI 16 (2003), 37-59; Wouters/De Meester/Ryngaert, NYIL 34 (2003), 137-98; Farer, in: Newman/ Rich (Hg.), Promoting Democracy (2004), 32-61; Kokott, ZaöRV 64 (2004), 517, 526-27; Wheatley, Democracy & Minorities (2005), 135-36; Tesón, Humanitarian Intervention (2005), 179-86; Tanzi, La Comunità internazionale 61 (2006), 289-309; Pippan, in: Riefler (Hg.), Popper und die Menschenrechte (2007), 119, 137-60. Einige Autoren benutzen dabei aber eine etwas vorsichtigere Terminologie, indem sie etwa von einem „im Entstehen begriffenen Recht“ (Franck) oder einer „demokratischen Tendenz“ (Rich) sprechen. Allein aus dem in den Menschenrechtspakten und der Allgemeinen Menschenrechtserklärung verbürgten Wahlrecht möchte Lang, VN 46 (1998), 195, 196 ein Menschenrecht auf Demokratie herleiten. 393 394
Franck, in: Henkin/Hargrove (Hg.), Human Rights (2004), 75-76.
S. nur Franck, Am. J. Int’l L. 86 (1992), 46, 61; Fulda, Demokratie (2002), 22; Sicilianos, in: Mehdi (Hg.), Démocratisation de l’Etat (2002), 13, 30.
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kumente und Präzedenzfälle auf die Herausbildung eines Legitimitätsprinzips untersucht und interpretiert.
1. Universelle Menschenrechtsinstrumente Stärkstes Indiz für das Bestehen einer Rechtsüberzeugung sind Bestimmungen in internationalen Menschenrechtsinstrumenten.395 Gehen Staaten vertragliche Verpflichtungen ein, bringen sie damit ihre Überzeugung zum Ausdruck, dass eine bestimmte Norm rechtlich gelten soll, und manifestieren so eine entsprechende opinio iuris.396 Die wichtigste Vertragsnorm in diesem Zusammenhang ist Art. 25 IPbpR. Die Norm garantiert die Abhaltung freier und regelmäßiger Wahlen, durch die der Wille der Wähler wirksam zum Ausdruck gebracht werden soll. Nachdem ausweislich der travaux préparatoire wohl auch Einparteiensysteme für mit Art. 25 IPbpR vereinbar gehalten wurden,397 ist inzwischen gesichert, dass dem Wähler zumindest eine Wahl zwischen mehreren ernstzunehmenden Alternativen zur Verfügung stehen muss.398 Eine „freie Äußerung des Wählerwillens“ (lit. b) und die „[Teilnahme] in der Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten“ (lit. a) ist nur möglich, wenn die Wähler eine substantielle Wahl nicht nur zwischen unterschiedlichen Personen, sondern auch zwischen unterschiedlichen Programmen haben. Folgerichtig hat das Human Rights Committee in Bwalya v. Zambia entschieden, dass Beschränkungen politischer Aktivitäten außerhalb einer einzig anerkannten politischen Partei eine willkürliche Beschränkung des Rechts auf Teilnahme an den öffentlichen
395
Cerna, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 27 (1995), 289, 294.
396
IGH, Urt. v. 20. Feb. 1969, North Sea Continental Shelf (Germany v. Denmark & the Netherlands), I.C.J. Rep. 1969, 4, § 71. Zu völkerrechtlichen Verträgen als Indizien für Völkergewohnheitsrecht s. generell Baxter, RdC 129 (1970), 25-105. 397
S. Partsch, in: Henkin (Hg.), International Bill of Rights (1981), 209, 240 mit Nachweisen. 398
Ebd., 240; Fox, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 48, 57-59; Nowak, CCPR Commentary (2005), Art. 25, Rn. 20; Joseph/Schultz/ Castan, ICCPR (2004), Rn. 22.31; Petersen, Elections, Right to Participate in, International Protection, in: Wolfrum (Hg.), EPIL (2008), Rn. 4.
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Angelegenheiten darstellt.399 Den IPbpR haben derzeit 160 Staaten ratifiziert.400 Damit haben sich mehr als drei Viertel der Mitglieder der internationalen Gemeinschaft zur Abhaltung freier Wahlen verpflichtet. Dennoch kann daraus nicht automatisch der Schluss auf das Bestehen einer entsprechenden Rechtsüberzeugung gezogen werden. Denn es gibt gewichtige Ausnahmen. Zum einen gehören mit China und Pakistan zwei der zehn bevölkerungsreichsten Staaten der Erde zu den Abstinenten. Zum anderen zeigt die Liste der Staaten, die sich der Konvention fernhalten, auffallende regionale Konzentrationen. So sind insbesondere Staaten im arabischen Raum sowie im südlichen, südöstlichen und östlichen Asien bisher keine ihr politisches System betreffenden Verpflichtungen eingegangen. Zudem schreibt das Wahlrecht ein bestimmtes Verhalten vor, ist also als Regel formuliert. Für die Annahme einer gewohnheitsrechtlichen Regel, fehlt jedoch die entsprechende Unterstützung durch die Staatenpraxis.401 Die Geltung eines ungeschriebenen Rechtssatzes aufgrund einer entsprechenden Rechtsüberzeugung, die aus dem Pakt für bürgerliche und politische Rechte gewonnen wird, kann also nur dann angenommen werden, wenn man die Norm in ein Prinzip umdeutet. Interpretiert man das Wahlrecht jedoch als Prinzip, gilt es nicht mehr absolut, sondern muss mit konkurrierenden Zielen in Ausgleich gebracht werden. In diesem Zusammenhang werden die Erwägungen der Demokratisierungstheorie relevant, die – wie wir gesehen haben – Wahlen im Demokratisierungsprozess nicht unbedingt an die erste Stelle stellen.402 Damit sind Abweichungen vom Standard grundsätzlich möglich, unterliegen jedoch einer Rechtfertigungspflicht.
399
HRC, Bwalya v. Zambia, No. 314/1988, § 6.6.
400
Stand: 8. Nov. 2007. Die Staaten, die den IPbpR nicht ratifiziert haben, sind: Antigua and Berbuda, Bahamas, Bhutan, Brunei, China, die Komoren, Kuba, die Fidschi-Inseln, Guinea-Bissau, Kiribati, Laos, Malaysia, die Marshall Inseln, Mikronesien, Moldawien, Myanmar, Oman, Pakistan, Palau, Papua Neu Guinea, Saint Kitts and Nevis, Saint Lucia, Samoa, Sao Tome and Principe, Saudi Arabien, Singapur, die Salomon Inseln, Tongo, Tuvalu, die Vereinigten Arabischen Emirate und Vanatu. 401
S.o. Fn. 255 mit begleitendem Text.
402
S.o. Kap. 1, III 3 e.
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2. Deklarationen und Resolutionen internationaler Organe Verlässt man das Feld der unmittelbar verbindlichen völkerrechtlichen Instrumente, so findet man auch im Bereich des sog. Soft Law viele Dokumente, die auf ein Demokratieprinzip im Völkerrecht hindeuten könnten. Zu nennen sind hier vor allem die Resolutionen der UN-Generalversammlung, die sich in zwei Gruppen einteilen lassen: zum einen in solche Resolutionen, die ein Recht auf Wahlen proklamieren oder sich zumindest mit solchen beschäftigen, ohne jedoch den Begriff der Demokratie im allgemeinen zu erwähnen (a.); zum anderen Resolutionen, die sich direkt auf die Demokratie als übergreifendes Konzept beziehen (b.).
a. Wahlbezogene Resolutionen aa. Allgemeine Menschenrechtserklärung Die erste Generalversammlungsresolution, die ein Recht auf Wahlen proklamiert hat, war die Allgemeine Menschenrechtserklärung403 von 1948. In Artikel 21 heißt es dort: „(1) Everyone has the right to take part in the government of his country, directly or through freely chosen representatives [...] (3) The will of the people shall be the basis of the authority of government; this shall be expressed in periodic and genuine elections which shall be by universal and equal suffrage and shall be held by secret vote or by equivalent free voting procedures.“ Die allgemeine Menschenrechtserklärung statuiert damit ein Recht auf zumindest indirekte Beteiligung an der Regierung des eigenen Staates durch regelmäßige und unverfälschte Wahlen. Allerdings gelten auch hier die Erwägungen, die im Zusammenhang mit Art. 25 IPbpR angestellt wurden.
403
GV-Res. 217 A (III), Universal Declaration of Human Rights (10. Dez. 1948), UN GAOR 3rd Sess., UN-Dok. A/810.
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bb. Pro-Wahlen-Resolutionen Von 1988 an hat die UN-Generalversammlung eine Serie von Pro-Wahlen-Resolutionen unter dem Titel „Enhancing the Effectiveness of the Principle of Periodic and Genuine Elections“ verabschiedet. Die erste dieser Resolutionen wurde ohne Abstimmung auf der 43. Sitzung verabschiedet.404 Im operativen Teil der Resolution heißt es: „1. Emphasizes the significance of the Universal Declaration of Human Rights and the International Covenant on Civil and Political Rights, which establish that the authority to govern shall be based on the will of the people, as expressed in periodic and genuine elections; 2. Stresses its conviction that periodic and genuine elections are a necessary and indispensable element of sustained efforts to protect the rights and interests of the governed and that, as a matter of practical experience, the right of everyone to take part in the government of his or her country is a crucial factor in the effective enjoyment by all of a wide range of other human rights and fundamental freedoms, including political, economic, social, and cultural rights; 3. Declares that determining the will of the people requires an electoral process which accommodates distinct alternatives, and this process should provide an equal opportunity for all citizens to become candidates and put forward their political views, individually and in co-operation with others; […].“405 Die Resolution enthält keine ausdrückliche Bekräftigung eines Rechts auf Wahlen, sondern auf den ersten Blick nur eine Herausstellung von Kausalitäten und Korrelationen. Erwägung 2 versucht empirisch („as a matter of practical experience“) zu begründen, dass Wahlen notwendiges Element zur Begründung von Output-Legitimität („to protect the rights and interests of the governed“) sind, da sie den Genuss jeglicher Menschenrechte förderten. Demgegenüber ist Erwägung 3 normativ und input-orientiert,406 in dem auf den Volkswillen Bezug genommen und dessen notwendige Verwirklichung durch Wahlen postuliert wird. 404
GV-Res. 43/157, Enhancing the Effectiveness of the Principle of Periodic and Genuine Elections, UN-Dok. A/RES/43/157 (8. Dez. 1988). 405
Die hinzugefügten Hervorhebungen stellen bestimmte Aspekte heraus, auf die im Folgenden eingegangen werden soll. 406
Zur Unterscheidung von Input- und Output-Legitimitär s.o. Kap. 1, I 3.
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Gegenüber der Allgemeinen Menschenrechtserklärung bringt dieser Absatz jedoch eine Innovation, indem klar gestellt wird, dass Wahlen eindeutige Alternativen („distinct alternatives“) voraussetzen, womit der Auffassung, dass dem Recht auf Wahlen auch in einem Einparteiensystem Rechnung getragen werden könne,407 eine klare Absage erteilt wird. Ein Jahr später wurde die Resolution unter demselben Titel erneut ohne Abstimmung verabschiedet.408 Während die soeben dargestellten ersten drei Erwägungen des operativen Teils unverändert blieben, enthielten die folgenden beiden Erwägungen nun eine gewisse Einschränkung: „4. Recognizes that the efforts of the international community to enhance the effectiveness of the principle of periodic and genuine elections should not call into question each State’s sovereign right freely to choose and develop its political, social, economic and cultural systems, whether or not they conform to the preferences of other states; 5. Underscores the duty of each member of the international community to respect the decisions taken by other states in freely choosing and developing their electoral institutions; […].“409 Eine Abschwächung dieser Einschränkung folgte bei der zwei Jahre später mit der Resolution 46/137, die mit 134-4-13 Stimmen verabschiedet wurde.410 Zum einen wurde die bisherige vierte Erwägung aus dem operativen Teil in die Präambel verschoben.411 Zum anderen wurde hin-
407
S.o. Fn. 397 und den begleitenden Text.
408
GV-Res. 44/146, Enhancing the Effectiveness of the Principle of Periodic and Genuine Elections, UN-Dok. A/RES/44/146 (15. Dez. 1989). Diese Resolution wurde im Wesentlichen unverändert mit 129-8 Stimmen bei 9 Enthaltungen auch in der folgenden Sitzung der Generalversammlung verabschiedet: GV-Res. 45/150, UN-Dok. A/RES/45/150 (18. Dez. 1990). 409
Hervorhebungen hier.
410
GV-Res. 46/137, Enhancing the Effectiveness of the Principle of Periodic and Genuine Elections, UN-Dok. A/RES/46/137 (17. Dez. 1991). 411
Ebd., PP 8: „Recognizing that there is no single political system or electoral method that is equally suited to all nations and their people and that the efforts of the international community to enhance the effectiveness of the principle of periodic and genuine elections should not call into question each State’s sovereign right, in accordance with the will of its people, freely to choose and
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zugefügt, dass das Recht auf die freie Wahl des politischen Systems in Präambelparagraph 8 sowie das Recht auf selbstständige Einrichtung und Entwicklung von Wahlmechanismen und -institutionen in Erwägung 5412 in Übereinstimmung mit dem Willen des Volkes erfolgen müsse. Trotzdem scheinen die verschiedenen Postulate der Pro-Wahlen-Resolution in Widerspruch zueinander zu stehen.413 Was durch die Postulierung des Wahlrechts mit der einen Hand gegeben wird, wird durch die Betonung der nationalen Autonomie bei der Entwicklung des politischen Systems mit der anderen wieder genommen. Der Widerspruch ist allerdings nur ein scheinbarer: Das Spannungsverhältnis ist ein ähnliches wie das, was wir bereits bei der internen Seite des Selbstbestimmungsrechts der Völker beobachten konnten.414 Dort haben wir gesehen, dass die Wahl der Regierungsform nicht im Belieben der herrschenden Eliten steht, den Bürgern vielmehr zurechenbar sein muss. Dies wird insbesondere in den späteren Pro-Wahlen-Resolutionen durch die Betonung des Volkswillens („in accordance with the will of its people“) deutlich zum Ausdruck gebracht. Resolution 46/137 geht jedoch über die Etablierung eines bloßen Zurechenbarkeitsprinzips hinaus. Zwar statuiert sie keine ausdrückliche Pflicht, die Herrschaftsgewalt durch Wahlen zu legitimieren, preist aber doch die Vorzüge dieser Staatsform. Damit wird Demokratie als teleologische Komponente eingeführt. Die Pflicht bezieht sich nicht auf einen Status (Demokratie), sondern auf einen Prozess, die Demokratisiedevelop its political, social, economic and cultural systems, whether or not they conform to the preferences of other states.“ (Hervorhebung hinzugefügt). 412
Ebd., Erw. 5: „Underscores the duty of each Member State, in accordance with the provisions of the Charter of the United Nations, to respect the decisions taken by other states, in accordance with the will of their people, in freely choosing and developing their electoral institutions.“ (Hervorhebung hinzugefügt). 413
Betont insbesondere bei Laghmani, in: Ben Achour/Laghmani (Hg.), Nouveaux aspects du droit international (1994), 249, 269: „exacte négation“. Ebenso Salmon, in: Tomuschat (Hg.), Self-Determination (1993), 253, 275-77; Ben Achour, in: Vasak et al. (Hg.), FS Frederico Mayor (1995), 785, 793. Ähnlich auch Varayudej, Ann. Surv. Int’l & Comp. L. 12 (2006), 1, 10, der den Präzedenzcharakter der Resolutionen für die Herausbildung eines Rechts auf Demokratie ablehnt, da sie nach wie vor die staatliche Souveränität betonen. 414
S.o. Kap. 2, II.
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Kapitel 2
rung, in dem die Einführung von Wahlen einer unter mehreren Schritten ist. Die Prozesshaftigkeit der Pflicht wird auch die Verwendung entsprechender Verben wie „develop“ oder „enhance“ im Zusammenhang mit „political system“ und „electoral institutions“ verdeutlicht. Die ab der 47. Sitzung folgenden Pro-Wahlen-Resolutionen nehmen eine grundlegende inhaltliche Wende. Sie beziehen sich nicht mehr auf den innerstaatlichen Wahlprozess, sondern vielmehr auf die konkrete Tätigkeit der UN bei der Förderung von Wahlen (electoral assistance).415 Kern dieser Resolutionen war jeweils die Empfehlung an die UN, den Mitgliedstaaten auf Anfrage Hilfe bei der Durchführung von Wahlen416 zu leisten.417 Diese Resolutionen, die – bis auf eine Ausnahme – jeweils ohne Gegenstimme angenommen wurden, sind als Indikatoren für die Herausbildung eines Demokratieprinzips jedoch wenig fruchtbar.
415
GV-Res. 47/138, UN-Dok. A/RES/47/138 (18. Dez. 1992) (Abstimunng: 141-0-20); GV-Res. 48/131, UN-Dok. A/RES/48/131 (20. Dez. 1993) (153-013); GV-Res. 49/190, UN-Dok. A/RES/49/190 (23. Dez. 1994) (155-1-12); GVRes. 50/185, UN-Dok. A/RES/50/185 (15. Dez. 1995) (156-0-15); GV-Res. 52/129, UN-Dok. A/RES/52/129 (12. Dez. 1997) (157-0-15); GV-Res. 54/173, UN-Dok. A/RES/54/173 (17. Dez. 1999) (153-0-11); GV-Res. 56/159, UNDok. A/RES/56/159 (19. Dez. 2001) (162-0-8); GV-Res. 58/180, UN-Dok. A/RES/58/180 (22. Dez. 2003) (169-0-8); GV-Res. 60/162, UN-Dok. A/RES/ 60/162 (16. Dez. 2005) (173-0-1); GV-Res. 62/150, UN-Dok. A/RES/62/150 (18. Dez. 2007) (182-0-2). 416
Z.B. GV-Res. 47/138 (Fn. 415), Erw. 4: „Commends the electoral assistance provided to Member States at their request by the Organization, requests that such assistance continue on a case-by-case basis in accordance with the proposed guidelines on electoral assistance, recognizing that the fundamental responsibility for ensuring free and fair elections lies with Governments, and also requests the Electoral Assistance Unit to inform Member States on a regular basis about the requests received, the responses given to those requests and the nature of the assistance provided.“ 417
Ab GV-Res. 49/190 trugen die Resolutionen daher auch den leicht modifizierten Titel „Strengthening the Role of the United Nations in Enhancing the Effectiveness of the Principle of Periodic and Genuine Elections and the Promotion of democratization.“ (Änderungen gegenüber vorherigen Versionen hier hervorgehoben).
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cc. Resolutionen zum Schutz der staatlichen Souveränität Im Jahr 1989 wurde die Pro-Wahlen-Resolution nicht nur in ihrem eigenen Text durch die Betonung des Rechts auf die Wahl des eigenen politischen Systems eingeschränkt. Vielmehr wurde ab diesem Jahr jeweils auch eine Gegenresolution zum Schutz der nationalen Souveränität und des Prinzips der Nichteinmischung in interne Angelegenheiten verabschiedet.418 Diese Resolutionen hatten bis 1999 fast denselben Wortlaut im operativen Teil: „1. Reiterates that, by virtue of the principle of equal rights and selfdetermination of peoples enshrined in the Charter of the United Nations, all peoples have the right, freely and without external interference, to determine their political status and to pursue their economic, social and cultural development, and that every State has the duty to respect that right in accordance with the provisions of the Charter; 2. Affirms that it is the concern solely of peoples to determine methods and to establish institutions regarding the electoral process, as well as to determine the ways for its implementation according to their constitution and national legislation; […] 4. Urges all States to respect the principle of non-interference in the internal affairs of States and the sovereign right of peoples to determine their political, economic and social system.“419 Auch hier ist der Widerspruch zu den Pro-Wahlen-Resolutionen geringer als er auf den ersten Blick scheinen mag. Die erste Erwägung wiederholt nur, was mittels der internen Dimension des Selbstbestim418
GV-Res. 44/147, Respect for the Principles of National Sovereignty and Non-interference in the Internal Affairs of States in their Electoral Processes, UN-Dok. A/RES/44/147 (15. Dez. 1989) (Abstimmung 113-23-11). Darauf folgend mit demselben Titel: GV-Res. 45/151, UN-Dok. A/RES/45/151 (18. Dez. 1990) (111-29-11); GV-Res. 46/130, UN-Dok. A/RES/46/130 (17. Dez. 1991) (102-40-13); GV-Res. 47/130, UN-Dok. A/RES/47/130 (18. Dez. 1992) (99-45-16); GV-Res. 48/124, UN-Dok. A/RES/48/124 (20. Dez. 1993) (101-51-17); GV-Res. 49/180, UN-Dok. A/RES/49/180 (23. Dez. 1994) (97-5714); GV-Res. 50/172, UN-Dok. A/RES/50/172 (22. Dez. 1995) (91-57-21); GVRes. 52/119, UN-Dok. A/RES/52/119 (12. Dez. 1997) (96-58-12); GV-Res. 54/168, UN-Dok. A/RES/54/168 (17. Dez. 1999) (91-59-10). 419
GV Res. 44/147 (Fn. 418), Erw. 1-4.
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Kapitel 2
mungsrechts der Völker ohnehin schon Gegenstand des Völkergewohnheitsrechts ist. Die zweite Erwägung verwendet mit den Verben „determine“ und „establish“ erneut ein sehr prozessbezogenes Vokabular. Das in der vierten Erwägung erwähnte Nichteinmischungsprinzip ist schließlich nur eine leere Hülle, da das Recht auf Nichteinmischung nur soweit reicht, wie keine anderweitige rechtliche Verpflichtung besteht.420 Es kann damit nicht zur Einschränkung einer anderweitig bestehenden rechtlichen Norm herangezogen werden.421 Im Jahr 2001 wurde die Gegenresolution in ihrem Wortlaut und damit auch in ihrer Aussage grundlegend verändert.422 Die erste Erwägung bekräftigt unverändert die interne Seite des Selbstbestimmungsrechts. In den beiden folgenden Erwägungen heißt es jetzt jedoch: „2. Reiterates that periodic, fair and free elections are important elements for the promotion and protection of human rights; 3. Reaffirms the right of peoples to determine methods and to establish institutions regarding electoral processes and that, consequently, States should establish the necessary mechanisms and means to facilitate full and effective popular participation in those processes.“423 Durch diese beiden Erwägungen wird allerdings kein Wahlrecht statuiert. Die zweite Erwägung hebt die Korrelation zwischen Wahlen und Menschenrechten hervor und macht damit in ähnlicher Weise ein output-orientiertes Argument, wie wir es bereits in den Pro-Wahlen-Resolutionen vorgefunden haben, ohne jedoch eine entsprechende Verpflichtung zu etablieren. Einer solchen Verpflichtung scheint die dritte Erwägung näher zu kommen, indem sie Staaten dazu anhält die Bürgerbetei420
Zumindest soweit man dieses als rechtliches Konzept versteht, s. bereits Kelsen, Souveränität (1928), 317. 421
Diese Erwägung wurde daher in Res. 50/172 (Fn. 418) und ihren Nachfolgern gestrichen. 422
GV-Res. 56/154, Respect for the Principle of National Sovereignty and Non-interference in the Internal Affairs of States in Electoral Processes as an Important Element for the Promotion and Protection of Human Rights, UNDok. A/RES/56/154 (19. Dez. 2001) (Abstimmung: 99-10-59). Dieser Resolution folgend mit demselben Titel und fast unverändertem Text: GV-Res. 58/189, UN-Dok. A/RES/58/189 (22. Dez. 2003) (111-10-55); GV-Res. 60/164, UNDok. A/RES/60/164 (16. Dez. 2005) (110-6-61). Im Jahr 2007 stand die Resolution nicht mehr auf der Agenda. 423
GV-Res. 56/154 (Fn. 422), Erw. 2-3.
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ligung im Wahlprozess zu erleichtern. Allerdings wird im ersten Halbsatz lediglich ein Recht von Völkern – keine Pflicht, Wahlen abzuhalten, statuiert. Die im zweiten Halbsatz enthaltene Pflicht ist dagegen allgemein von der Etablierung von Wahlinstitutionen abhängig.
b. Demokratiebezogene Resolutionen Während bei den wahlbezogenen Resolutionen der Begriff der Demokratie gänzlich ausgespart worden ist, gab es seit Beginn der 1990er Jahre eine Reihe von Generalversammlungsresolutionen und sonstigen universellen Deklarationen, die sich direkt auf den Begriff der Demokratie beziehen.
aa. Die Weltmenschenrechtskonferenz in Wien Das erste grundlegende Dokument in dieser Hinsicht ist die Erklärung der Weltmenschenrechtskonferenz von Wien.424 In dieser wurde festgestellt, dass „[d]emocracy, development and respect for human rights and fundamental freedoms are interdependent and mutually reinforcing. Democracy is based on the freely expressed will of the people to determine their own political, economic, social and cultural systems and their full participation in all aspects of their lives.“425 Allerdings wird damit nur eine Korrelation zwischen Demokratie, Menschenrechten und ökonomischer Entwicklung aufgezeigt, ohne dass daraus eine rechtliche Verpflichtung zur Demokratisierung gefolgert werden könnte.426 Dafür wird im folgenden Absatz ein Anspruch von LDCs auf Unterstützung im Demokratisierungsprozess gegen die internationale Gemeinschaft postuliert, soweit diese sich der Demokratisierung verschreiben: „The World Conference on Human Rights reaffirms that least developed countries committed to the process of democratization and economic reforms, many of which are in Africa, should be sup424
Vienna Declaration (Fn. 10).
425
Ebd., Erw. 8.
426
Wolfrum, EA 23 (1993), 681, 687; Bauer, Der völkerrechtliche Anspruch auf Demokratie (1998), 238.
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Kapitel 2
ported by the international community in order to succeed in their transition to democracy and economic development.“427 Dieser Anspruch wird im weiteren Verlauf der Erklärung noch einmal bekräftigt, wenn die Weltkonferenz empfiehlt, internationalen Maßnahmen zur Förderung von Demokratie, Entwicklung und Menschenrechten eine besondere Priorität einzuräumen.428 Dies zeigt jedoch erneut, dass in dieser Resolution der Prozess der Demokratisierung Vorrang vor dem strikten Status der Demokratie eingeräumt wird.
bb. Demokratieresolutionen der Generalversammlung Seit 1996 hat die UN-Generalversammlung vier demokratiebezogene Resolutionen verabschiedet. Drei dieser vier bezogen sich dabei im Wesentlichen auf die von der UN im Demokratisierungsprozess geleistete Unterstützung.429 In diesen Resolutionen werden die Aktivitäten der UN bei der Förderung der Demokratisierung in Mitgliedstaaten, die um eine entsprechende Unterstützung bitten, begrüßt. Die Mitgliedstaaten werden lediglich „ermutigt“, Demokratisierung zu fördern, ohne dass Ihnen eine entsprechende Verpflichtung auferlegt wird.430 Im Jahr 1999 verabschiedete die Menschenrechtskommission eine Resolution mit dem Titel „Förderung des Rechts auf Demokratie“,431 die mit 51-0 Stimmen bei zwei Enthaltungen angenommen wurde.432 In dieser finden sich zwar eine Berufung auf die Interdependenz von Menschen-
427
Vienna Declaration (Fn. 10), Erw. 9.
428
Ebd., Erw. 66 ff.
429
GV-Res. 51/31, Support by the United Nations System of the Efforts of Governments to Promote and Consolidate New or Restored Democracies UNDok. A/RES/51/31 (6. Dez. 1996); mit demselben Titel: GV-Res. 53/31, UNDok. A/RES/53/31 (23. Nov. 1998); GV-Res. 61/226, UN-Dok. A/RES/61/226 (22. Dez. 2006) (alle ohne Abstimmung). 430
GV-Res. 51/31 (Fn. 429), Erw. 6: „Encourages Member States to promote democratization and to make additional efforts to identify possible steps to support the efforts of Governments to promote and consolidate new or restored democracies.“ (Hervorhebung im Original). 431
UNHCR Res. 1999/57, Promotion of the Right to Democracy, UN-Dok. E/CN.4/RES/1999/57. 432
UN-Dok. E/CN.4/1999/SR.57, Nr. 46.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
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rechten und Demokratie433 und eine Liste mit Kernelementen demokratischer Regierung.434 Ein Recht auf Demokratie wird dabei nur im Titel postuliert. Über diesen war bei der Sitzung gesondert abgestimmt worden, wobei 12 Staaten gegen den Titel gestimmt und 13 Staaten sich enthalten hatten.435 Die weitestgehenden Forderungen enthält die Resolution 55/96 der UN-Generalversammlung436 aus dem Jahre 2000, die mit 157-0 Stimmen bei 16 Enthaltungen angenommen wurde. Unter dem Titel „Förderung und Konsolidierung der Demokratie“ werden die Staaten aufgefordert, Demokratie zu fördern und zu stärken.437 Dabei werden sechs Faktoren identifiziert, deren Förderung zur Stärkung der Demokratie beitragen soll: der Schutz der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit (rule of law), freie und faire Wahlen, die Beteiligung der Zivilgesellschaft am Willensbildungsprozess, nachhaltige Entwicklung und good governance. Ein „Recht auf Demokratie“ wird dagegen nicht ausdrücklich anerkannt.438 Vielmehr wird durch die Terminologie („Förderung und Konsolidierung“) – wie schon in den Pro-Wahlen-Resolutionen – nicht eine absolute Verpflichtung, sondern vielmehr die Prozesshaftigkeit der Demokratisierungspflicht zum Ausdruck gebracht. Gerade der Begriff der Konsolidierung wird in der Politikwissenschaft vielfach gebraucht, um den teleologischen Charakter des Demokratisierungsprozesses zu unterstreichen.439 Gleichzeitig wird damit aber auch zum Ausdruck gebracht, dass Demokratisierung nicht mit der Etablierung von Wahlinstitutionen endet. Das Konzept bezeichnet zwar den Prozess der bis zum Übergang zur Demokratie führt, endet aber nicht dort. Vielmehr kommt hier die zweite, graduelle Dimension unseres Demokratiebe-
433
UN-Dok. E/CN.4/RES/1999/57, Erw. 1.
434
Ebd., Erw. 2.
435
UN-Dok. E/CN.4/1999/SR.57, Nr. 32.
436
GV-Res. 55/96, Promoting and Consolidating Democracy, UN-Dok. A/RES/55/96 (4. Dez. 2000). 437
Ebd., Erw. 1: „Calls upon States to promote and consolidate democracy“; (Hervorhebung im Original). 438
Rich, J. Dem. 12.3 (2001), 20, 24.
439
Schedler, J. Dem. 9.2 (1998), 91, 95.
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griffs440 ins Spiel, die auch nach dem Übergang zur Demokratie eine weitere Verbesserung des politischen Systems fordert.
cc. Millennium Declaration Schließlich wird die Förderung der Demokratie auch in der Millennium Declaration der UN-Generalversammlung angesprochen.441 Dort heißt es in Erw. 6: „We consider certain fundamental values to be essential to international relations in the twenty-first century. These include: - Freedom. […] Democratic and participatory governance based on the will of the people best assures these rights. […].“442 Auch hier wird kein Recht auf Demokratie postuliert, sondern lediglich eine Korrelation zum Ausdruck gebracht: Demokratie ist die Staatsform, die am besten mit Freiheitssicherung vereinbar ist – im Gegenzug bedeutet das jedoch auch, dass sie nicht notwendigerweise die einzige ist. Weiterhin finden sich im Abschnitt V., der mit „Human Rights, Democracy and Good Governance“ betitelt ist, verschiedene Absichtserklärungen, die Demokratie zu fördern443 und die Kapazität der UNMitgliedstaaten zur Demokratisierung zu stärken.444 Auch hier werden jedoch keine konkreten Pflichten für die Mitgliedstaaten zum Ausdruck gebracht.
dd. World Summit 2005 Auch in der Abschlusserklärung des UN Weltgipfels von 2005 wurde die Demokratie erneut erwähnt, ohne dass gegenüber den Vorgängerresolutionen inhaltliche Änderungen zu verzeichnen wären: 440
S.o. Kap. 1, III 1.
441
Millennium Declaration (Fn. 11) – ohne Abstimmung.
442
Fettdruck im Original; Kursivdruck hinzugefügt.
443
Millennium Declaration (Fn. 11), Erw. 24: „We will spare no effort to promote democracy and strengthen the rule of law […].“ 444
Ebd., Erw. 25: „We resolve therefore: […] To strengthen the capacity of all our countries to implement the principles and practices of democracy […].“
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„We reaffirm that democracy is a universal value based on the freely expressed will of people to determine their own political, economic, social and cultural systems and their full participation in all aspects of their lives. We also reaffirm that while democracies share common features, there is no single model of democracy, that it does not belong to any country or region, and reaffirm the necessity of due respect for sovereignty and the right of self-determination. We stress that democracy, development and respect for all human rights and fundamental freedoms are interdependent and mutually reinforcing.“445 Auch in diesem Text wird kein Recht auf Demokratie postuliert. Wir finden vielmehr den Hinweis auf die Interdependenz zwischen Demokratie, Entwicklung und Menschenrechten, die bereits in der Vienna Declaration hervorgehoben worden war. Die Betonung von Souveränität und Selbstbestimmung stellen dagegen eher Rückschritte gegenüber früheren Texten dar.
c. Bewertung Versuchen wir, diesen bunten Strauß an Resolutionen zu bewerten, so stellen wir fest, dass sich an keiner Stelle die Postulierung eines strikten Rechts auf Demokratie findet. Die verwendete Terminologie ist im Gegenteil fast durchgehend entwicklungsbezogen. In den Blick genommen wird nicht die Demokratie als politischer Status, sondern die Demokratisierung als teleologischer Prozess. Die Resolutionen deuten daher darauf hin, dass Legitimität im Völkerrecht nicht mit einem „right to democratic governance“, einem Menschenrecht auf Demokratie gleichzusetzen ist. Legitimität setzt vielmehr voraus, dass ein Staat Anstrengungen unternimmt, sich zu einer Demokratie zu entwickeln – Demokratie wird als teleologisches Prinzip verstanden. Im Folgenden soll daher untersucht werden, inwieweit andere Indizien in der internationalen Praxis mit diesem Befund übereinstimmen.
445
GV-Res. 60/1, 2005 World Summit Outcome, UN-Dok. A/RES/60/1, Erw. 135 (24. Okt. 2005).
106
Kapitel 2
3. Praxis der internationalen Wahlbeobachtung In den beiden oft als Referenzbeiträge zum Demokratieprinzip angeführten Aufsätzen von Thomas Franck446 und Gregory Fox447 spielen internationale Wahlbeobachtungsmissionen eine zentrale Rolle.448 Diese haben nach dem Ende des kalten Krieges eine immer wichtigere Funktion eingenommen und gehören heutzutage zur routinemäßigen Praxis insbesondere von UN und OSZE.449 Weder Franck noch Fox führen die Wahlbeobachtungen als direktes Indiz für die Herausbildung eines Demokratieprinzips an. Vielmehr sehen beide die Monitoring-Missionen als konkretisierende Praxis des Rechts auf freie Wahlen an und versuchen, aus diesen Standards für die Bewertung von Wahlen unter Art. 25 IPbpR abzuleiten. Während Franck die Wahlbeobachtungen im Rahmen seiner Akzeptanztheorie450 als Ausdruck von Normbestimmtheit ansieht,451 zieht Fox diese als Norminterpretationsinstrumente i.S.v. Art. 31 (1) WVRK heran, um Art. 25 IPbpR im Lichte nachträglicher Rechtsüberzeugung näher zu konkretisieren.452 Die Wahlbeobachtungsmissionen setzen grundsätzlich eine Einladung durch den betroffenen Staat voraus, beruhen also auf Freiwilligkeit. Daher können die einzelnen Beobachtungsmissionen für sich genommen kein Ausdruck einer kohärenten Rechtsüberzeugung sein, so lange es eine beträchtliche Anzahl von Staaten gibt, in denen keine Missionen durchgeführt werden. Der fehlende Bezug der einzelnen Beobachtungsmissionen zur Rechtsüberzeugung der internationalen Gemeinschaft wird allerdings durch die ab 1992 verabschiedeten Pro-Wahlen-Reso-
446
Franck, Am. J. Int’l L. 86 (1992), 46, 70-77.
447
Fox, Yale J. Int’l L. 17 (1992), 539, 570-90.
448
Als Zeichen für die Herausbildung eines Demokratieprinzips werden sie weiterhin angesehen von El-Ayouty, N.Y. St. B.J. 67-APR (1995), 58-62. 449
Detailliertere Analysen einzelner Missionen findet sich bei Beigbeder, International Monitoring (1994), 148-218; Bauer, Der völkerrechtliche Anspruch auf Demokratie (1998), 116-32. Eine umfassende Auflistung der Missionen findet sich jeweils im Anhang der zweijährigen Berichte des Generalsekretärs zur Stärkung der Effektivität des Prinzips regelmäßiger und unverfälschter Wahlen. 450
S.o. Fn. 250 und begleitenden Text.
451
Franck, Am. J. Int’l L. 86 (1992), 46, 76.
452
Fox, Yale J. Int’l L. 17 (1992), 539, 588.
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107
lution der Generalversammlung453 hergestellt.454 In diesen Resolutionen, die – mit einer Ausnahme – immer ohne Gegenstimme angenommen wurden,455 wird ausdrücklich auf einen Bericht des UN-Generalsekretärs zu den Wahlbeobachtungsmissionen Bezug genommen. Dieser wird begrüßt und eine Fortführung der Monitoring-Missionen wird empfohlen. Durch diese Resolution wird damit eine Rechtsüberzeugung hinsichtlich der in den Beobachtungsmissionen angewandten Standards zum Ausdruck gebracht.456 Sie setzen allerdings die Durchführung von Wahlen voraus und sagen nichts darüber aus, ob eine Verpflichtung zu deren Durchführung besteht.
4. Regionale Organisationen und Demokratisierungsmechanismen Noch wesentlich stärkere Anzeichen für die Herausbildung eines Legitimitätsprinzips als auf universeller Ebene sind auf regionaler Ebene zu beobachten. Zwar ist ein Schluss von der regionalen Praxis auf das Bestehen eines universellen Prinzips nicht unproblematisch, da wir diese nicht ohne weiteres universalisieren dürfen. Genauso wie wir jedoch das Verhalten einzelner Staaten als Indiz für das Bestehen eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes werten dürfen, können wir a maiore ad minus auch mit der Praxis regionaler Institutionen verfahren. Diese ist damit ein Indiz für das Bestehen eines Rechtsprinzips – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Betrachten wir nun die regionale Praxis, fallen zunächst die regionalen Menschenrechtsinstrumente, wie etwa die Europäische Menschenrechtskonvention,457 die Amerikanische Menschenrechtskonvention458 oder die African Charter on Human and Peoples’
453
S.o. Fn. 415.
454
Dies übersieht die Kritik von Fulda, Demokratie (2002), 80.
455
Zu den Abstimmungsverhältnissen s. Fn. 415.
456
Ebenso Fox, Yale J. Int’l L. 17 (1992), 539, 590.
457
Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms (4. Nov. 1950), 213 UNTS 222 [im Folgenden: Europäische Menschenrechtskonvention]. 458
American Convention on Human Rights (22. Nov. 1969), 1144 UNTS 123 [im Folgenden: Amerikanische Menschenrechtskonvention].
108
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Rights,459 ins Auge. Auf der anderen Seite haben gerade Regionalorganisationen auch Durchsetzungsmechanismen entwickelt, die Verletzungen des Demokratieprinzips mit Sanktionen, etwa dem Entzug von Mitgliedschaftsrechten, belegen. Diese sollen im Folgenden getrennt nach Regionen untersucht werden.
a. Europa In Europa normiert Art. 3 des Ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention460 das Recht auf Teilnahme an Wahlen zur Legislative.461 Dagegen ist das Demokratieprinzip im Gründungsstatut des Europarates462 nicht ausdrücklich als Mitgliedschaftsvoraussetzung festgeschrieben. In Art. 3 heißt es lediglich, dass die Mitgliedstaaten „must accept the principles of the rule of law and of the enjoyment by all persons within its jurisdiction of human rights and fundamental freedoms, and collaborate sincerely and effectively in the realisation of the aim of the Council as specified in Chapter I“. Allerdings kommen wir auf indirektem Wege zu einer entsprechenden Mitgliedschaftsvoraussetzung. In der Präambel wird die Demokratie als Wert bezeichnet, der dem gemeinsamen Erbe der europäischen Völker entspringe. Dessen Schutz gehört wiederum zu den Zielen von Kapitel I des Statuts,463 die anzustreben von Art. 3 ja gerade gefordert wird. In der Praxis hat die Demokratisierung eines Staates durchaus Einfluss auf seine Mitgliedschaft im Europarat gehabt.464 Als in Griechenland 459
African (Banjul) Charter of Human and Peoples’ Rights (27. Juni 1981), ILM 21 (1982), 58. 460
Protocol to the Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms (20. März 1952), ETS No. 9. 461
Zu diesem s. De Meyer, in: Macdonald/Matscher/Petzold (Hg.), European Human Rights System (1993), 553-69; Herndl, in: Benedek/Isak/Kicker (Hg.), FS Konrad Ginther (1999), 557-75; Cremona, in: Mahoney et al. (Hg.), FS Rolv Ryssdal (2000), 309-23; Kaiser, in: Fontbressin et al. (Hg.), FS Pierre Lambert (2000), 435-65. 462
Statute of the Council of Europe (5. Mai 1949), ETS No. 1.
463
Vgl. Art. 1 lit. a des Statuts.
464
Winkler, Austrian J. Publ. & Int’l L. 47 (1995), 147, 155.
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1967 die parlamentarische Demokratie durch eine Militärdiktatur abgelöst wurde, empfahl die parlamentarische Versammlung dem Ministerkomitee den Ausschluss Griechenlands. Griechenland kam diesem Schritt durch eigenen Austritt am 12. Dezember 1969 zuvor. Ebenso wurden auch Portugal und Spanien erst nach Wiedereinführung der Demokratie als Mitglieder in den Europarat aufgenommen.465 Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde die Aufnahme Russlands in den Europarat um mehrere Jahre verzögert. Grund für diese Verzögerung war u.a. ein Expertenbericht, der Russland bescheinigte, dass es zwar auf die Reise in Richtung Demokratie aufgebrochen sei, dieses Ziel aber noch nicht erreicht habe.466 Im Rahmen der KSZE erklärten die Staats- und Regierungschefs in der Charta von Paris,467 dass sie sich verpflichten, die Demokratie als einzige zulässige Staatsform zu propagieren. Konkretisiert wird das Demokratieprinzip im Wesentlichen als Durchsetzung des Volkswillens in freien und fairen Wahlen sowie als Respektierung der Rule of Law. Zwar handelt es sich bei diesem Dokument nicht um einen unmittelbar verpflichtenden völkerrechtlichen Vertrag. Es kann jedoch gem. Art. 31 WVRK als Interpretationshilfe zur Konkretisierung bestehender Verpflichtungen herangezogen werden.468 Am stärksten ausgebildet – und wahrscheinlich wissenschaftlich auch am meisten diskutiert – ist das Demokratieprinzip in der Europäischen Union.469 Gem. Art. 6 (1) des EU-Vertrages470 gehört die Demokratie zu den fundamentalen Grundsätzen der EU. Sie ist damit Bestandteil des acquis communautaire, den jeder Beitrittskandidat beachten muss, 465
Beigbeder, International Monitoring (1994), 249.
466
Macdonald, ASIL Proceedings 91 (1997), 523.
467
Charter of Paris for a New Europe (21. Nov. 1990), ILM 30 (1991), 193.
468
Frowein, in: Ginther et al. (Hg.), FS Zemanek (1994), 365, 368.
469
Zur Konzeptualisierung des Demokratieprinzips in der Europäischen Union s. z.B. Weiler/Haltern/Mayer, W. Eur. Pol. 18 (1995), 4-39; Dehousse, in: Wieler/Wind (Hg.), European Constitutionalism (2003), 135-56; Peters, CMLR 41 (2004), 37-85; Menéndez, Eur. Publ. L. 11 (2005), 105-44; Gerkrath, EuGRZ 33 (2006), 371-84; Kadelbach, EuGRZ 33 (2006), 384-88; Petersen, in: Dann/ Rynkowski (Hg.), European Constitution (2006), 97-118. 470
Vertrag über die Europäische Union vom 7. Februar 1992, zuletzt geändert durch den Vertrag von Nizza vom 26. Februar 2001, konsolidierte Fassung in: BGBl. 2001 II 1666.
110
Kapitel 2
will er in die EU aufgenommen werden. Weiterhin stellt Art. 7 EU einen einschneidenden Sanktionsmechanismus zur Verfügung, demzufolge bei einem Verstoß gegen Art. 6 (1) EU bestimmte Mitgliedschaftsrechte ausgesetzt werden können.471
b. Afrika aa. Afrikanische Union Im Rahmen der Afrikanischen Union erwähnt Art. 13 der African Charter on Human and Peoples’ Rights472 das Wahlrecht nicht ausdrücklich. Die Norm gewährt jedoch jedem Bürger ein zumindest indirektes Beteiligungsrecht an der staatlichen Herrschaft, was wohl kaum anders als durch Wahlen zum Ausdruck gebracht werden kann.473 Zwar ist im afrikanischen Kontext die Ansicht, dass ein Einparteiensystem, in dem keine wirkliche Wahlalternative existiert, mit der Charta vereinbar sei, noch verbreitet.474 Jedoch wird das Wahlrecht mittlerweile durch eine Deklaration der Generalversammlung der OAU/AU475 konkretisiert, die ausdrücklich auch ein umfassendes passives Wahlrecht vorsieht.476 Ein Einparteiensystem ist somit mit dem in der Banjul Charta normierten Partizipationsrecht nicht vereinbar.477
471
Zu Art. 7 EU s. Verhoeven, EU and Democratic Theory (2002), 349-54. Eine Diskussion der Sanktionen gegen Österreich nach der Regierungsbeteiligung der FPÖ findet sich bei Burchill, Eur. Publ. L. 7 (2001), 79-102. 472
Fn. 459.
473
AfrCHPR, Communication 102/93, Constitutional Projects and Civil Liberties Organisation v. Nigeria, in: Twelth Annual Activity Report of the African Commission on Human and Peoples’ Rights – 1998-1999, 45, § 50. 474
So Ouguergouz, African Charter on Human and Peoples’ Rights (2003),
177. 475
OAU Assembly of Heads of State and Government, African Union Declaration on the Principles Governing Democratic Elections in Africa (8. Juli 2002), OAU-Dok. AHG/Decl.1 (XXXVIII). 476 477
Ebd., Erw. IV.2 ff.
Vgl. auch die in eine ähnliche Richtung gehende Rechtsprechungsanalyse bei Fox, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 48, 67; Udombana, Mich. J. Int’l L. 24 (2003), 1209, 1253.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
111
Zudem sind in den Art. 3 lit. g und 4 lit. m des Gründungsvertrages der Afrikanischen Union478 die Förderung bzw. der Respekt demokratischer Prinzipien und Institutionen als Ziel und Grundprinzip der AU erwähnt. Daneben haben sich in der Afrikanischen Union und ihrer Vorgängerorganisation, der OAU, Mechanismen zum Schutz gegen gewaltsame Regierungsumstürze herausgebildet. Den Auftakt bildete eine Resolution der Afrikanischen Menschenrechtskommission von 1994, in der militärische Umstürze verurteilt und Militärregimes dazu aufgerufen wurden, die politische Macht an demokratisch gewählte Regierungen zu übergeben,479 was gerade auf einem Kontinent wie Afrika, der seit 1956 fast 200 Putschversuche gesehen hat, von denen etwas mehr als 40% von Erfolg gekrönt waren,480 eine kleine Revolution darstellte. In der Praxis der OAU kam der Wendepunkt mit dem Putsch gegen Ahmed Kabbah in Sierra Leone im Jahr 1997.481 Die OAU unterstützte in diesem Zusammenhang die militärische Intervention der ECOWAS482 und forderte die internationale Gemeinschaft auf, die Junta von Paul Koroma nicht anzuerkennen.483 Ähnlich reagierte die OAU auch nach Militärputschen auf den Komoren, in der Elfenbeinküste und im Niger, indem sie auch in diesen Fällen die Anerkennung der durch den Putsch an die Macht gekommenen Regierungen verweigerte.484 Rechtlich umgesetzt wurde diese Position bei der Gründung der Afrikanischen Union. In deren Gründungsstatut findet sich, neben der Berufung auf das Demokratieprinzip in Art. 4 lit. p eine Verurteilung von verfassungswidrigen Regierungsumstürzen. Implementiert wird dieses Prinzip durch Art. 30 des Gründungsstatuts, dem gemäß die Mitgliedschaftsrechte von Staaten, in denen die Regierung nicht verfassungsgemäß an die Macht gekommen ist, suspendiert werden können. Liest man diese Norm in Zusammenhang mit der Verbürgung des Demokratieprinzips in Art. 4 lit. m des Gründungsstatuts, bietet sich eine Inter478
Constitutive Act of the African Union (11. Juli 2000), 2158 UNTS 3.
479
AfrCHPR, Res. 10(XVI)94: Resolution on the Military (1994).
480
S. dazu die ausführliche empirische Studie von McGowan, J. Mod. Afr. Stud. 41 (2003), 339-70. 481
Williams, Afr. Aff. 106 (2007), 253, 272.
482
S. dazu noch ausführlich unten Kap. 2, III 6 b.
483
OAU Council of Ministers, CM/Dec. 356 (LXVI).
484
Maluwa, LJIL 16 (2003), 157, 165.
112
Kapitel 2
pretation von Art. 30 an, die den verfassungswidrigen Sturz demokratisch gewählter Regierungen sanktionieren soll.485 Der Sanktionsmechanismus für gewaltsame Regierungsumstürze wird in einer Deklaration der Staats- und Regierungschefs der AU/OAU näher spezifiziert.486 Die Deklaration sieht einen Zeitraum von sechs Monaten vor, in dem der betreffenden Regierung die Möglichkeit gegeben werden soll, die verfassungsmäßige Ordnung wieder herzustellen. Während dieser Zeit wird sie von den politischen Organen der AU/OAU suspendiert. Nach fruchtlosem Ablauf der Sechs-Monats-Frist können weitergehende Sanktionen auferlegt werden. Die Deklaration enthält eine nicht abschließende Liste, die von der Verweigerung von Visa für die Unterstützer des Umsturzes über die Einschränkung von diplomatischen Kontakten mit der Regierung bis hin zu Handelsbeschränkungen reicht. Dieser Mechanismus fand in mehreren Fällen Anwendung. So wurde die Teilnahme der Zentralafrikanischen Republik von der AU suspendiert, nachdem dort der gewählte Präsident Ange-Felix Patasse durch einen Militärputsch gestürzt wurde.487 Als im Jahr 2005 Parlamentsund Präsidentschaftswahlen abgehalten wurden, wurde die Suspendierung von der AU wieder aufgehoben.488 Im Februar 2005 ergriff in Togo Faure Gnassingbé nach dem Tod seines Vaters gewaltsam die Macht. Dieser Coup wurde von der AU ebenfalls verurteilt. Gleichzeitig wurden die Mitgliedschaftsrechte suspendiert und die von der ECOWAS gegen Togo verhängten Sanktionen befürwortet.489 Unter diesem Druck trat Gnassingbé zurück und ließ im April 2005 Wahlen veranstalten, die
485
Kufuor, Am. U. Int’l L. Rev. 17 (2002), 369, 395.
486
OAU, Declaration on the Framework for an OAU Response to Unconstitutional Changes of Government, AHG/Decl.5 (XXXVI) (2000). 487
African Union, Ninetieth Ordinary Session of the Central Organ of the Mechanism for Conflict Prevention, Dok.-Nr. Central Organ/MEC/AMB/ Comm.(XC), Erw. 4 (17. März 2003). 488
African Union, Peace and Security Council, 33rd Meeting, Dok.-Nr. PSC/PR/Comm. (XXXIII) – (ii), Erw. 2 (24. Juni 2005). 489
African Union, Peace and Security Council, 25th Meeting, Dok.-Nr. PSC/PR/Comm. (XXV), Erw. 3 und 4 (25. Feb. 2005).
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
113
er gewann. Daraufhin ließ der Peace and Security Council die Beteiligung von Togos Regierung in der AU wieder zu.490 Die gegenwärtige Praxis ist jedoch in doppelter Hinsicht noch problematisch: auf der einen Seite ist sie zu weitgehend, auf der anderen nicht weitgehend genug.491 So werden militärische Umstürze bisher ausnahmslos verurteilt, ungeachtet der Legitimität des gestürzten Regimes, womit das Instrument Gefahr läuft, eher zu einem Mittel zur Verteidigung des status quo zu verkommen, als als Motor der Demokratisierung in Afrika zu dienen.492 So wurde der mauretanische Präsident Taya, dessen Legitimität eher zweifelhaft war, im August 2005 unblutig gestürzt. Obwohl die Militärregierung ankündigte, innerhalb von zwei Jahren Wahlen zu veranstalten und selbst an diesen nicht teilzunehmen, wurde der Coup von der Afrikanischen Union verurteilt und mit Sanktionen belegt.493 Allerdings wurde in diesem Zusammenhang von einigen afrikanischen Politikern auch Kritik geäußert, etwa vom südafrikanischen Botschafter, der die Ansicht vertrat: „[Although] the principle of the AU is not to agree with coups, [...] we believe we shall not have one policy to fit every situation.“494 Allerdings wurden die Maßnahmen gegen Mauretanien erst nach der Abhaltung von Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2007 wieder aufgehoben.495 In zwei anderen Fällen, in denen sich ein Putsch gegen eine Regierung von zweifelhafter Legitimität richtete, beließ die AU es dagegen bei einer formalen Verurteilung, ohne weitergehende Maßnahmen zu ergreifen. So wurde ein Militärputsch gegen ein korruptes Regime in der Côte d’Ivoire im Dezember 1999 von der OAU zwar verurteilt. Dennoch wurde die Übergangsregierung relativ schnell aner-
490
African Union, Peace and Security Council, 30th Meeting, Dok.-Nr. PSC/PR/Comm. (XXX), Erw. 3 (27. Mai 2005). 491
Williams, Afr. Aff. 106 (2007), 253, 274.
492
Tehindrazanarivelo, Afr. Yb. Int’l L. 12 (2004), 255, 280.
493
African Union, Peace and Security Council, 36th Meeting, Dok.-Nr. PSC/PR/Stat.(XXXVI)-(ii) (4. Aug. 2005). 494
BBC News Online, http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/africa/4135350.stm (9. Aug. 2005). 495
African Union, Peace and Security Council, 76th Meeting, Dok.-Nr. PSC/PR/Comm(LXXVI), Erw. 7 (10. Apr. 2007).
114
Kapitel 2
kannt.496 Im Jahr 2003 wurde in Guinea-Bissau Präsident Kumba Yalla gestürzt, nachdem er im November 2002 das Parlament aufgelöst und zunehmend diktatorische Maßnahmen ergriffen hatte.497 Auch dieser Umsturz wurde vom Organ für Konfliktprävention zwar verurteilt, nicht jedoch mit Sanktionen belegt.498 Dagegen ist die AU sehr zurückhaltend, wenn es um andere Verfassungsverstöße geht, wie etwa die Fälschung von Wahlen oder die Änderung der Verfassung, die Staatsoberhäuptern eine zusätzliche, ursprünglich nicht vorgesehene Amtszeit erlaubt.499 Hier ist es in der Praxis bisher noch nicht zu Sanktionen gekommen.
bb. Afrikanische Regionalorganisationen Ähnliche auf die interne Regierungsform bezogene Mechanismen wie in der AU bestehen auch in einigen afrikanischen Regionalorganisationen. So haben die Staats- und Regierungschefs der ECOWAS schon 1991 in Abuja in der Declaration of Political Principles of the ECOWAS500 erklärt: „We believe in the liberty of the individual and in his inalienable right to participate by means of free and democratic processes in the framing of the society in which he lives. We will therefore strive to encourage and promote in each our countries, political pluralism and those representative institutions and guarantees for personal safety and freedom under the law that are our common heritage.“501 Diese Erklärung wurde 1993 im ECOWAS-Vertrag aufgegriffen, wo Partizipation an der Regierungsführung und die Förderung der demo-
496
Hartmann, VRÜ 38 (2005), 201, 218.
497
BBC News Online, http://news.bbc.co.uk/2/hi/africa/3107960.stm (14. Sept. 2003). 498
African Union, Ninety-Fifth Ordinary Session of the Central Organ of the Mechanism for Conflict Prevention, Dok.-Nr. Central Organ/MEC/AMB/ Comm.(XCV), Erw. 4 (18. Sept. 2003). 499
Williams, Afr. Aff. 106 (2007), 253, 275; Hartmann, VRÜ 38 (2005), 201, 219-20. 500
Declaration of Political Principles of the ECOWAS, A/DCL.1/7/91 (6. Juli 1991). 501
Ebd., Erw. 6.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
115
kratischen Staatsform unter Art. 4 lit. h und j zu den fundamentalen Grundsätzen der Organisation gezählt werden.502 Weiterhin wird in Art. 58 (2) lit. g auf Anfrage eines Mitgliedstaates Unterstützung bei der Abhaltung demokratischer Wahlen angeboten. Bekräftigt werden diese Prinzipien noch einmal im Dezember 2001 durch die Staats- und Regierungschefs der ECOWAS im Protocol on Democracy and Good Governance,503 in dem die Pflicht zur Abhaltung freier, fairer und transparenter Wahlen ausdrücklich betont wird: „The following shall be declared as constitutional principles shared by all Member States: […] b) Every accession to power must be made through free, fair and transparent elections. c) Zero tolerance for power obtained or maintained by unconstitutional means. d) Popular participation in decision-making, strict adherence to democratic principles and decentralization of power at all levels of governance. […].“504 Die Förderung der Demokratie ist als Prinzip gleichermaßen in Art. 4 lit. c des Gründungsstatuts der South African Development Community (SADC)505 festgeschrieben. Bei den Zielen der Gemeinschaft werden in Art. 5 des Gründungsstatuts die Förderung von Werten, die durch demokratisch legitimierte Institutionen vermittelt werden (lit. b) und die Konsolidierung und Sicherung der Demokratie (lit. c) aufgeführt.
502
Treaty of ECOWAS (24. Juli 1993), ILM 35 (1996), 663.
503
ECOWAS, Protocol on Democracy and Good Governance, A/SP1/12/01 (22. Dez. 2001). 504 505
Ebd., Erw. 1.
Treaty of the Southern African Development Community (17. Aug. 1992), ILM 32 (1993), 116.
116
Kapitel 2
c. Amerika aa. Organisation of American States Die umfangreichsten demokratischen Garantien außerhalb der europäischen Union finden sich im System der OAS. Zum einen ist in Art. 23 der Amerikanischen Menschenrechtskonvention506 das Recht normiert, sich durch Wahlen an der Regierung zu beteiligen. Des Weiteren zählt die Förderung der Demokratie gem. Art. 2 lit. b der OAS-Charta507 zu den Zielen der Organisation. Anfang der 1990er Jahre begann die OAS einen Mechanismus zur Umsetzung dieser Ziele zu installieren. Im Juni 1991 verabschiedete die Generalversammlung der OAS Resolution 1080, die vorsieht, dass der ständige Rat der OAS einberufen werden soll, wenn die Demokratie in einem Mitgliedstaat gefährdet wird, um die Situation zu untersuchen und angemessene Maßnahmen zu beschließen.508 Nur ein Jahr später erfuhr die OAS Charta durch das Protokoll von Washington eine entsprechende Änderung.509 Nach Art. 9 der OASCharta können seitdem bestimmte Mitgliedschaftsrechte eines Staates suspendiert werden, wenn eine demokratisch gewählte Regierung gewaltsam gestürzt wurde. Diese Bestimmung ist am 11. September 2001 durch die Inter-amerikanische Demokratische Charta510 weiter konkretisiert worden.511 In dieser wird den amerikanischen Völkern ein Recht auf Demokratie zugestanden und in den Art. 17-22 ein Durchsetzungsmechanismus etabliert. Zudem ermöglicht die Charta Gegenmaßnahmen auch in Fällen, in denen demokratische Institutionen geschwächt werden, ohne dass es zu einem gewaltsamen Regierungssturz 506
Fn. 458.
507
Charter of the Organisation of American States, konsolidierte Fassung in: ILM 33 (1994), 1009. 508
OAS, Representative Democracy, AG/RES 1080 (XXI-O/91) (5. Juni 1991). 509
Protocol of Amendments to the Charter of the Organisation of American States „Protocol of Washington“ (14. Dez. 1992), ILM 33 (1994), 1005. 510
OAS, Inter-American Democratic (XXVIII-E/01) (11. Sept. 2001). 511
Charter,
OEA/Ser.P/AG/Res.1
Zu dieser s. Lagos/Rudy, Am. J. Int’l L. 96 (2002), 173-81; Lagos/Rudy, U. Miami Inter-Am. L. Rev. 35 (2004), 283-308; Picado, Hum. Rts. Brief 11 (2004), 28-31.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
117
kommt.512 Der demokratischen Charta kommt als Generalversammlungsresolution zwar kein unmittelbar verbindlicher Charakter zu. Allerdings wird gerade der in ihr normierte Durchsetzungsmechanismus unter Berufung auf Art. 31 WVRK als Präzisierung von Art. 9 OASCharter angesehen.513 Dieser Sanktionsmechanismus hat in der Praxis mehrfach Anwendung gefunden. Die Feuertaufe kam bereits kurz nach Verabschiedung der Resolution 1080, als im September 1991 Haitis Präsident Jean-Bertrand Aristide gewaltsam gestürzt wurde. Der ständige Rat traf sich unmittelbar nach dem Putsch, verurteilte diesen und verlangte die Wiedereinsetzung Aristides.514 Zwei Tage später setzte die OAS die Handelsbeziehungen sowie jegliche nichthumanitäre Hilfe für Haiti aus.515 Danach nahmen sich die Vereinten Nationen des Falles an, die am Ende die USA zu einem militärischen Eingreifen ermächtigten und unter diesem Druck die Putschisten zum Rücktritt bewegten.516 Der Sanktionsmechanismus der OAS greift nicht nur in Fällen gewaltsamer Umstürze. Als der peruanische Präsident Alberto Fujimori im April 1992 bei seinem sog. autogolpe den Kongress auflöste und die Führer der Opposition verhaften ließ, wurde dies durch den Permanent Council der OAS ausdrücklich verurteilt.517 Mehrere Kredite, die zur Unterstützung Perus vorgesehen waren, wurden von der internationalen Gemeinschaft ausgesetzt, darunter ein 420 Millionen US-DollarDarlehen der Interamerikanischen Entwicklungsbank. Dieser Druck bewegte Fujimori dazu, die Wahl zu einer verfassungsgebenden Versammlung im November 1992 zuzugestehen. Die Effektivität der Maßnahmen blieb letztendlich jedoch beschränkt, da Fujimori aus diesen Wahlen als Sieger hervorging.518 Nur ein gutes Jahr später initiierte Guatemalas Präsident Serrano Elías ebenfalls einen Selbstputsch, bei dem er das Parlament auflöste, verschiedene Verfassungsrechte einschränkte und die Richter des Verfassungsgerichts entließ. Die Sanktio512
Arceneaux/Pion-Berlin, Latin Am. Pol. & Soc’y 49.2 (2007), 1, 5.
513
Lagos/Rudy, U. Miami Inter-Am. L. Rev. 35 (2004), 283, 304.
514
OAS, CP/RES. 567 (870/91) (30 Sept. 1991).
515
OAS, MRE/RES. 1/91, Ser.F/V.1 (3. Okt. 1991).
516
S. dazu noch ausführlicher Kap. 2, III 6 b.
517
OAS, MRE/RES. 1/92, Ser. G (13. Apr. 1992).
518
Farer, in: Farer (Hg.), Beyond Sovereignty (1996), 1, 19-20.
118
Kapitel 2
nen der OAS waren in diesem Fall ungleich schärfer als im Falle Perus.519 Der ständige Rat verurteilte die Aktion Serranos einstimmig und bewegte diesen in einer Reihe informeller Verhandlungen dazu, letztlich zurückzutreten und nach El Salvador zu fliehen. Im Jahr 2000 stand Peru erneut im Blickpunkt. Aufgrund bevorstehender Präsidentschaftswahlen entsandte die OAS im März 2000 eine Beobachtungsmission nach Peru. Bereits der erste Wahlgang war von großen Unregelmäßigkeiten begleitet. Da die Beobachtermission sich für den zweiten Wahlgang, bei dem in einer Stichwahl zwischen Fujimori und Alejandro Toledo entschieden werden sollte, nicht einmal im Stande sah, die minimalen technischen Standards der Stimmenauswertung zu garantieren und sie keine Verschiebung der Wahlen erreichen konnte, brach die OAS die Mission ab. In einem Bericht gegenüber der Generalversammlung bewertete die Delegation die Wahlen als internationalen Standards nicht genügend und als weder frei noch fair.520 Trotz des Berichts konnten sich die Mitgliedstaaten der OAS im ständigen Rat nicht auf eine Verurteilung Perus auf Grundlage von Resolution 1080 einigen. Angenommen wurde schließlich ein Kompromissvorschlag Kanadas, eine Mission nach Peru zu schicken und mit einer näheren Untersuchung des Falles zu betrauen. Die Mission kam jedoch nicht zum Abschluss, da Fujimori Ende 2000 bereits über einen Bestechungsskandal stürzte und sich der Untersuchungsgegenstand damit erledigte. Im April 2002 kam es in Venezuela zu einem Putschversuch gegen Präsident Hugo Chávez, nachdem dieser bei einer Anti-Chávez-Demonstration auf Demonstranten hatte schießen lassen, wobei 17 Menschen ums Leben kamen und über 100 verletzt wurden. Am 12. April wurde verkündet, dass Chávez zurückgetreten sei, und Pedro Carmona wurde zum Kopf einer Übergangsregierung ernannt. Insbesondere durch Personalentscheidungen ohne Konsultationen des Militärs und die Auflösung der Nationalversammlung verspielte Carmona jedoch schnell die Sympathien vieler Unterstützer. Am 13. April sickerte durch, dass Chávez nicht formal zurückgetreten war. Viele Militärs drängten daraufhin auf eine Rückkehr Chávez’. Um die Kritiker zu besänftigen,
519
Dies lag möglicherweise daran, dass Fujimoris Maßnahmen im Volk auf weit mehr Zustimmung stießen als die Serranos, Levitt, Latin Am. Pol. & Soc’y 48.3 (2006), 93, 116. 520
OAS, CP/ACTA 1241/00, Ser. G (31. Mai 2000).
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
119
reinstallierte Carmona die Nationalversammlung, die ihn daraufhin absetzte und damit Chávez’ Rückkehr ins Präsidentenamt am Abend des 13. April vorbereitete. Aufgrund des schnellen Ablaufs der Ereignisse kam es zu keiner formalen Entscheidung der OAS. Jedoch kann inzwischen nachvollzogen werden, dass die Mitgliedstaaten über die Bewertung der Situation gespalten waren.521 Argentinien, Mexiko, Brasilien und Kanada hielten die Regierung Carmonas für illegitim, während vor allem die Vereinigten Staaten und Kolumbien die Absetzung Chávez’ begrüßten. Die Vereinigten Staaten argumentierten, dass die Regierung von Chávez selbst keine ausreichende Legitimitätsbasis gehabt habe und ihre Absetzung daher legitim gewesen sei. Im Februar 2004 kam es in Haiti zu einem erneuten Putsch gegen Präsident Jean-Bertrand Aristide. Eine dreiwöchige Rebellion zwang Aristide am 29. Februar 2004 zum Rücktritt und zur Flucht aus dem Land. Der Präsident des obersten Gerichtshofes, Boniface Alexandre, folgte Aristide als Übergangspräsident. Die Reaktion der internationalen Gemeinschaft war sehr viel zurückhaltender als dreizehn Jahre zuvor. Die OAS reagierte erst vier Monate später und erließ am 8. Juni eine Generalversammlungsresolution, in der sie zur Rückkehr zur Demokratie in Haiti aufrief und die in Haiti verübten Gewalttaten verurteilte.522 Jedoch wurden weder formale Sanktionen verhängt, noch Mitgliedschaftsrechte suspendiert.523 Der UN-Sicherheitsrat legitimierte den Regierungswechsel sogar indirekt durch Resolution 1529, indem er einer Anfrage von Alexandre nachkam und eine multinationale Eingreiftruppe nach Haiti schickte und gleichzeitig die Mitgliedstaaten aufrief, den politischen Prozess in Haiti zu unterstützen.524 Der Grund für diese internationale Reaktion liegt wohl in der schwachen Legitimität, die Aristide noch genoss.525 Er war 2000 zwar gewählt worden, doch waren diese Wahlen von großen Unregelmäßigkeiten begleitet gewesen. Zudem wurde zunehmend Kritik an der Menschenrechtssituation in Haiti laut und viele Menschenrechtsorganisationen verurteilten Aristide für die
521
Levitt, Latin Am. Pol. & Soc’y 48.3 (2006), 93, 112-13.
522
OAS, Situation in Haiti: Strengthening of Democracy, AG/RES. 2058 (XXXIV-O/04) (8. Juni 2004). 523
Berry, Syracuse J. Int’l L. & Com. 33 (2005), 249, 256.
524
SR-Res. 1529, UN-Dok. S/RES/1529 (29. Feb. 2004).
525
S. dazu Wucker, World Pol’y J. 21.1 (2004), 41-49.
120
Kapitel 2
politische Gewalt in seinem Land.526 Der Fall Haitis zeigt damit, dass im Bereich der OAS durchaus differenziert mit Staatsstreichen umgegangen wird. Nicht jeder Coup wird automatisch verurteilt und mit Sanktionen belegt. Vielmehr spielt die wahrgenommene Legitimität des gestürzten Regierungschefs eine nicht unerhebliche Rolle.
bb. Amerikanische Regionalorganisationen Rechtliche Dokumente mit Bezug auf die Demokratie finden sich nicht nur im Rahmen der OAS, sondern auch in dem einiger lateinamerikanischer Regionalorganisationen. So haben die Mitgliedstaaten der Andengemeinschaft (Comunidad andina, CAN) im Jahr 1998 das Andean Community Commitment to Democracy527 als Zusatzprotokoll zum Gründungsvertrag, dem Abkommen von Cartagena,528 verabschiedet. Neben einer Verpflichtung zur Demokratie in Art. 1 findet sich in dem Protokoll in Art. 4 auch ein Sanktionsmechanismus, der von der Suspendierung von Mitgliedschaftsrechten (lit. a) bis hin zur Verweigerung von Darlehen durch die Finanzinstitutionen der CAN (lit. c) reicht, wenn die demokratische Ordnung gestört worden ist. Zudem wird in Art. 13 der Menschenrechtscharta der CAN529 ausdrücklich ein Recht der Andenvölker auf Demokratie festgeschrieben, das in den Art. 14-18 näher präzisiert wird. Ein ähnliches Instrumentarium wurde auch im Rahmen des MERCOSUR etabliert. Im Jahr 1996 verabschiedeten die Präsidenten der vier Mitgliedstaaten eine Deklaration zum Bekenntnis zur Demokratie,530 in dem die Errichtung und Erhaltung demokratischer Institutionen als 526
Ebd., 47.
527
Additional Protocol to the Cartagena Agreement: „Andean Community Commitment to Democracy“ (7. Aug. 1998), http://www.sice.oas.org/CAN/ Protdemc_e.asp. 528
Andean Subregional Integration Agreement (Cartagena Agreement) (26. Mai 1969), konsolidierte Fassung in: ILM 28 (1989), 1165. 529
Andean Charter for the Promotion and Protection of Human Rights, (26. Juli 2002), http://www.comunidadandina.org/ingles/documentos/documents/andean_charter.htm. 530
Declaración Presidencial sobre Compromiso Democrático en el MERCOSUR (25. Juni 1996), http://www.mercosur.int/msweb/portal%20 intermediario/es/index.htm.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
121
wesentliche Voraussetzung für die Kooperation im Rahmen des MERCOSUR angesehen (Erw. 1) und die Suspendierung von Mitgliedschaftsrechten als Sanktion vorgesehen wird (Erw. 4). Durch das Protokoll von Ushuaia531 wurde dieser Mechanismus in die Form eines völkerrechtlichen Vertrages gegossen und zudem – neben den Mitgliedstaaten des MERCOSUR – auch noch auf Bolivien und Chile erstreckt. Das Sistema de Integración Centroamericana (SICA) hat die Förderung und Stärkung der Demokratie als eines der grundlegenden Ziele der Organisation in Art. 3 des Protokolls von Tegucigalpa, seines Gründungsstatuts, aufgenommen.532 Bestätigt wurde dies 1995 durch den Abschluss des Vertrages über Demokratiesicherheit in Mittelamerika,533 in dem bekräftigt wird, dass das SICA auf den Prinzipien der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit basiert, was dadurch zum Ausdruck kommt, dass Regierungen in universellen, freien und geheimen Wahlen gewählt werden (Art. 1 (1)).
d. Regionalorganisationen in Asien Der Kontinent, der der Förderung von Menschenrechten bisher am zurückhaltendsten gegenübersteht, ist Asien. Es gibt weder eine den Kontinent überspannende Regionalorganisation noch eine entsprechende Menschenrechtscharta. Zwar gibt es einige subregionale Organisationen und vertragliche Institutionen. Diese zeigen jedoch gegenüber den Ideen von Demokratie und Legitimierung von Staatsgewalt wenig Enthusiasmus. Ein Beispiel für diesen mangelnden Aktivismus ist etwa die Arabische Liga. Zwar hat der Rat der Arabischen Liga 1994 die Arabische Menschenrechtscharta verabschiedet.534 Ein Recht auf Wahlen oder gar auf Demokratie findet in dieser jedoch keine Erwähnung.
531
Protocolo de Ushuaia sobre Compromiso Democrático en el MERCOSUR, la Republica de Bolivia y la Republica de Chile (24. Juli 1998), 2177 UNTS 373. 532
Protocolo de Tegucigalpa a la Carta de la Organización de Estados Centroamericanos (ODECA) (13. Dez. 1991), 1695 UNTS 382. 533
Tratado Marco de Seguridad Democrática in Centroamérica (15. Dez. 1995), 2007 UNTS 191. 534
Arab Charter on Human Rights (15. Sept. 1994), Hum. Rts. L.J. 18 (1997), 151.
122
Kapitel 2
Sicherlich eine der aktivsten politischen Organisationen Asiens ist die Association of South East Asian Nations (ASEAN).535 Obwohl ASEAN ursprünglich sehr informell organisiert war und die Souveränität der Mitgliedstaaten stark in den Vordergrund gerückt hat,536 ist neuerdings ein bescheidener Trend zu einer größeren Hinwendung zur Demokratie zu beobachten.537 Während die Gründungsdokumente zur Frage der internen Organisation der Mitgliedstaaten schweigen, wurde Demokratie zum ersten Mal im Vientiane Action Program der ASEAN Staats- und Regierungschefs erwähnt.538 Unter Titel II wird die Förderung der Demokratie als eines der Ziele von ASEAN aufgeführt. Eine weitere Spezifizierung des Demokratieprinzips fehlt jedoch. Dieser Umstand lässt darauf schließen, dass es sich bei der Einbeziehung des Demokratiebegriffs in das Dokument hauptsächlich um Rhetorik gehandelt hat.539 Augenfällig ist allerdings der teleologische Charakter der verwendeten Terminologie: es ist nicht von einem Recht auf Demokratie die Rede, sondern Demokratie wird gefördert. Zudem ist diese Förderung ein Ziel, keine strikte Verpflichtung.
e. Zusammenschlüsse mit kolonialem Hintergrund aa. British Commonwealth Mechanismen zur Förderung des Demokratieprinzips existieren auch im britischen Commonwealth. In der Singapore Declaration of Commonwealth Principles von 1971 bekannten sich die Regierungschefs der Commonwealth-Staaten erstmals zum Demokratieprinzip: „We believe in the liberty of the individual, in equal rights for all citizens regardless of race, colour, creed or political belief, and in
535
Öjendal, Int’l Aff. 80 (2004), 519, 520.
536
Ferguson, Contemporary Southeast Asia 26 (2004), 393, 396; Acharya, Third World Quarterly 24 (2003), 375, 378. 537
Ebd.; Burchill, Asian Yb. Int’l L. 13 (2007), i.E.
538
Vientiane Action Program (30. Nov. 2004), http://www.aseansec.org/ VAP-10th%20ASEAN%20Summit.pdf. 539
i.E.
Optimistischer in dieser Hinsicht ist Burchill, Asian Yb. Int’l L. 13 (2007),
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
123
their inalienable right to participate by means of free and democratic political processes in framing the society in which they live.“540 Dieses Bekenntnis wurde in der Harare Commonwealth Declaration von 1991 bekräftigt.541 Im Edinburgh Communiqué von 1997 machten die Staats- und Regierungschefs das Demokratieprinzip zur Mitgliedschaftsvoraussetzung: „[Heads of government] agreed that in order to become a member of the Commonwealth, an applicant country should, as a rule, have had a constitutional association with an existing Commonwealth member; that it should comply with Commonwealth values, principles and priorities as set out in the Harare Declaration.“542 Die Praxis der Organisation ab den 1990er Jahren zeigt denn auch Tendenzen in diese Richtung – zum einen bei der Aufnahme neuer Mitglieder, zum anderen bei der Suspendierung von Mitgliedschaftsrechten. So wurde Kamerun 1995 nach der Abhaltung von Wahlen in den Kreis der Commonwealth-Staaten aufgenommen.543 Gleiches gilt für die Wiederaufnahme Südafrikas im Jahr 1994 nach dem Ende der Apartheid und der Fidschi-Inseln im Jahr 1997. Des Weiteren wurden die Mitgliedschaftsrechte von Nigeria, Pakistan und den Fidschi-Inseln nach militärischen Umstürzen zeitweilig suspendiert.544 Schließlich trat Zimbabwe aus dem Commonwealth aus, nachdem gegen den Staat wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen und der Unterdrückung freier Wahlen Sanktionen verhängt worden waren.545
bb. Organisation internationale de la Francophonie Der Demokratie hat sich schließlich die Organisation internationale de la francophonie (OIF) verpflichtet. Die Staats- und Regierungschefs der 540
Singapore Declaration of Commonwealth Principles (22. Jan. 1971), Erw. 6. Dieses sowie die folgenden Dokumente des Commonwealth sind unter http://www.thecommonwealth.org abrufbar [27. Okt. 2007]. 541
Harare Commonwealth Declaration (20. Okt. 1991), Erw. 9.
542
1997 Commonwealth Heads of Government Meeting: The Edinburgh Communiqué (Okt. 1997), Erw. 20. 543
Duxbury, Afr. J. on Hum. Rts. 19 (2003), 636, 652.
544
S. den Überblick ebd., 655-58.
545
Duxbury, The Round Table 95 (2006), 425, 436.
124
Kapitel 2
Mitgliedstaaten haben am 3. November 2000 die Déclaration de Bamako546 verabschiedet, in der die Demokratie als System universeller Werte bezeichnet wird, das sich auf der Menschenwürde gründet.547 Für den Fall des Zusammenbruchs der Demokratie kann der Conseil permanent de la francophonie die Suspendierung verschiedener Mitgliedschaftsrechte als Sanktion vorsehen.548 Für den Fall eines Militärputsches gegen eine demokratisch gewählte Regierung ist der Ausschluss aus der OIF sogar die automatische Rechtsfolge.
f. Bewertung Die Untersuchung der regionalen Mechanismen zur Verpflichtung auf demokratische Grundsätze und zum Schutz der Demokratie gibt uns ein inkohärentes Bild. In Europa und auf den beiden amerikanischen Kontinenten kann man die Demokratie als im regionalen Gewohnheitsrecht etabliertes Rechtsprinzip ansehen.549 Sowohl die Menschenrechtsverträge als auch die Gründungsverträge der Regionalinstitutionen garantieren ein Wahlrecht und sind demokratischen Prinzipien verpflichtet. Zudem werden Sanktionsmechanismen zur Verfügung gestellt, wenn Staaten demokratische Standards nicht einhalten. Insbesondere in Europa konzentrieren sich diese Sanktionen nicht nur auf die Existenz von Wahlen, sondern versuchen vielmehr ein substantielleres Demokratiekonzept durchzusetzen. Dies zeigen sowohl die Sanktionen der EU gegen Österreich nach der Regierungsbeteiligung von Jörg Haiders FPÖ als auch die Widerstände im Europarat gegen die Aufnahme Russlands in den 1990er Jahren. Schauen wir nach Afrika, ist die Bewertung schwieriger. Zwar haben sowohl die AU als auch Regionalorganisationen, wie die ECOWAS oder die SADC Demokratie als grundlegendes Strukturprinzip in ihre 546
Déclaration de Bamako (3. Nov. 2000), http://www.francophonie.org/ doc/txt-reference/decl_bamako_2000.pdf. 547
Ebd., Erw. 2.1.
548
Ebd., Erw. 5.3.
549
So für Europa Frowein, in: Ginther et al. (Hg.), FS Zemanek (1994), 36575; Pellet, in: Rama-Montaldo (Hg.), FS Eduarda Jiménez de Aréchaga (1994), 255, 275; Heintze, VRÜ 29 (1996), 6, 27; Tomuschat, RdC 281 (1999), 13, 260; Sicilianos, Démocratisation de l’Etat (2000), 47-69; für Amerika Shelton, Hum. Rts. L.J. 12 (1991), 353-59; Boniface, Global Governance 8 (2002), 365-81.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
125
Gründungsverträge aufgenommen. Zudem gewährt die Banjul Charta ein Recht auf Teilhabe in öffentlichen Angelegenheiten. Allerdings gibt es, obwohl viele afrikanische Staaten heute noch nicht die Schwelle zur Demokratie überschritten haben, keine aktiven Bemühungen, Demokratisierung zu fördern. Die etablierten Sanktionsmechanismen beziehen sich nur auf Rückschritte im Demokratisierungsprozess, was eher eine teleologische denn eine strikte Lesart des Demokratieprinzips nahelegt. Die am wenigsten weitgehenden Verpflichtungen zur Demokratie finden sich in Asien. Es gibt nur bescheidene Anklänge an demokratische Grundsätze in einem Aktionsplan der ASEAN Staats- und Regierungschefs, die nicht ausreichen, um ein entsprechendes Demokratieprinzip zu begründen. Diese mangelnde Verpflichtung zur Demokratie passt allerdings zu der Zurückhaltung südost- und ostasiatischer Staaten bei der Ratifizierung des Menschenrechtspaktes für bürgerliche und politische Rechte.
5. Die Demokratisierungspolitik der Europäischen Union Die Europäische Union hat die Demokratie nicht nur als Strukturgrundsatz und Verpflichtung ihrer Mitglieder in Art. 6 EU festgeschrieben; sie betreibt auch nach außen eine aktive Demokratisierungspolitik. Auffälligstes Beispiel sind die Menschenrechts- und Demokratieklauseln in Handels-, Wirtschafts- und Entwicklungskooperationsverträgen mit Drittstaaten.550 So findet sich etwa in Art. 9 (2) des Cotonou Abkommens von 2005 zwischen der EU und den AKP-Staaten die folgende Bestimmung:551 „[…] The Parties reaffirm that democratisation, development and the protection of fundamental freedoms and human rights are inter550
S. zu diesen ausführlich Hoffmeister, Menschenrechts- und Demokratieklauseln (1998); Pippan, in: Benedek/Isak/Kicker (Hg.), FS Ginther (1999), 473500; Pippan, Menschenrechte und Demokratie (2002); Arts, Human Rights in Development Cooperation (2000); dies., CMLR 40 (2003), 95, 102-04. 551
Partnership Agreement between the Members of the African, Caribbean and Pacific Group of States of the one Part, and the European Community and its Member States, of the other Part (Cotonou Agreement) (23. Juni 2000), BGBl. 2002 II 327.
126
Kapitel 2
related and mutually reinforcing. Democratic principles are universally recognised principles underpinning the organisation of the State to ensure the legitimacy of its authority, the legality of its actions reflected in its constitutional, legislative and regulatory system, and the existence of participatory mechanisms. On the basis of universally recognised principles, each country develops its democratic culture. […] Respect for human rights, democratic principles and the rule of law, which underpin the ACP-EU Partnership, shall underpin the domestic and international policies of the Parties and constitute the essential elements of this Agreement.“ Damit verpflichten sich die Signatarstaaten ausdrücklich demokratischen Grundsätzen. Dadurch, dass der Respekt des Demokratieprinzips zu den wesentlichen Bestimmungen des Abkommens gezählt wird, eröffnet diese Klausel der EU die Möglichkeit den Vertrag bei ihrer Nichtbeachtung zu suspendieren.552 Davon hat die EU bisher auch in mehreren Fällen Gebrauch gemacht, etwa gegenüber Nigeria, dem Sudan, dem Niger und Sierra Leone.553 Ähnliche Klauseln finden sich auch in Kooperationsverträgen mit Staaten Südamerikas und Zentralasiens. In Ostasien und im arabischen Raum ließen sie sich dagegen bisher nicht durchsetzen.554 Doch selbst wenn man von der Selektivität der Integration von Demokratieklauseln in die Kooperationsverträge absieht, haben diese keine Indizwirkung für das Bestehen einer entsprechenden Rechtsüberzeugung der Empfängerländer. Sie sind nämlich Bedingung für die Gewährung von finanzieller Hilfe, ihr Zugeständnis beruht also auf einer Gegenleistung. Insofern ist der Inhalt der Demokratieklauseln nicht über den Kontext des Kooperationsvertrages hinaus universalisierbar. Ein weiteres Beispiel für die Demokratisierungspolitik der Europäischen Gemeinschaft ist die Anerkennungspraxis im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch Jugoslawiens und der Sowjetrepublik zu Beginn der 1990er Jahre. Ende 1991 verabschiedeten die Außenminister der EG die Richtlinien zur Anerkennung neuer Staaten in Osteuropa und der 552
Arts, CMLR 40 (2003), 95, 102.
553
Pippan, in: Benedek/Isak/Kicker (Hg.), FS Ginther (1999), 473, 495.
554
S. dazu den Überblick bei Hoffmeister, Menschenrechts- und Demokratieklauseln (1998), 484-95.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
127
Sowjetunion, in denen sie „respect for the [...] commitments in the Final Act of Helsinki and the Charter of Paris, especially with regard to the rule of law, democracy and human rights“ zur Voraussetzung für die Anerkennung neuer Staaten machten.555 Allerdings war die Anerkennungspraxis der EG-Mitgliedstaaten im Folgenden sehr uneinheitlich:556 So wurde etwa Bosnien-Herzegowina als Staat anerkannt, obwohl nicht einmal die klassischen Voraussetzungen erfüllt waren, während Mazedonien auf den Widerstand Griechenlands hin nicht anerkannt wurde, obwohl die in den Richtlinien postulierten Bedingungen vorlagen. Zudem handelt es sich um eine Praxis ohnehin dem Demokratieprinzip verschriebener Staaten, die nicht über den europäischen Kontext hinaus verallgemeinerbar ist.557 Gerade auf globaler Ebene wird auf die demokratische Legitimität von Regierungen keine Rücksicht genommen.558
6. Militärische Interventionen im Namen der Demokratie Militärische Interventionen im Namen der Demokratie haben in der Literatur wahrscheinlich die meiste Aufmerksamkeit erlangt. Welchen Schluss die diesbezügliche Praxis auf die Herausbildung eines Legitimitätsprinzips zulässt, soll im Folgenden anhand von fünf Präzedenzfällen einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Auf der einen Seite bewerten wir die unilateralen Interventionen der Vereinigten Staaten in Grenada, Panama und im Irak; auf der anderen sollen die kollektiven Interventionen auf Grundlage von Beschlüssen internationaler Organisationen in Haiti und Sierra Leone untersucht werden.
555
Declaration on the „Guidelines on the Recognition of New States in Eastern Europe and in the Soviet Union“ (16. Dez. 1991), EJIL 4 (1993), 72. Hervorhebung hier. 556
Rich, EJIL 4 (1993), 36, 56; Murphy, Int’l & Comp. L.Q. 48 (1999), 545,
566. 557 558
Wouters/De Meester/Ryngaert, NYIL 34 (2003), 137, 158.
Murphy, Int’l & Comp. L.Q. 48 (1999), 545-81; Crawford, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 114, 118.
128
Kapitel 2
a. Unilaterale Interventionen der USA in Grenada, Panama und im Irak Als Reaktion auf einen gewaltsamen Putsch in Grenada, landeten dort am 25. Oktober 1983 Truppen der US-Armee, unterstützt durch Einheiten benachbarter karibischer Staaten. Nach dreitägigen Kämpfen wurde der neu eingesetzte Militärrat entmachtet.559 In der anschließenden rechtswissenschaftlichen Diskussion um die Rechtmäßigkeit der US-Intervention wurde von einigen Kommentatoren die Wiederherstellung der Demokratie als Interventionsgrund angeführt.560 Dagegen sprechen zwei Gründe: Zum einen wurde die Wiederherstellung der Demokratie von der US-Administration nicht als offizieller Grund für die Intervention genannt.561 Allein eine entsprechende nachträgliche Bewertung der Intervention durch wissenschaftliche Kommentatoren reicht wohl kaum aus, um einen Präzedenzfall zu begründen.562 Zum anderen hat die UN-Generalversammlung die Intervention in einer Resolution mit großer Mehrheit563 verurteilt.564 Zwar kommt der Resolution der Generalversammlung kein unmittelbar rechtlich bindender Charakter zu. Doch bringt sie eine Rechtsüberzeugung der internationalen Staatengemeinschaft zum Ausdruck, dass diese Intervention keinesfalls als Präzedenzfall gewertet werden kann.565 Als weiterer Präzedenzfall für Demokratie als Interventionstitel wird von einigen Kommentatoren die US-Intervention in Panama angese559
Eine ausführliche Darstellung der Ereignisse findet sich bei DoswaldBeck, Indian J. Int’l L. 24 (1984), 200, 200-4. 560
Reisman, Am. J. Int’l L. 78 (1984), 642-45; Tesón, Humanitarian Intervention (2005), 258. Zumindest als positiver Präzedenzfall wird die Grenada-Intervention bei Roth, Governmental Illegitimacy (1999), 309 bewertet. 561
Schachter, Am. J. Int’l L. 78 (1984), 645, 648; Byers/Chesterman, in: Fox/ Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 259, 273. 562
Forsythe, in: Farer (Hg.), Beyond Sovereignty (1996), 107, 115; Wouters/ De Meester/Ryngaert, NYIL 34 (2003), 137, 169. 563
Das Abstimmungsverhältnis war 108-9-27.
564
GV-Res. 38/7, The Situation in Grenada, 2. November 1983, UN-Dok. A/RES/38/7: „Deeply deplores the armed intervention in Grenada, which constitutes a flagrant violation of international law and of the independence, sovereignty and territorial integrity of that state.“ (Hervorhebung im Original). 565
Davidson, Grenada (1987), 147; Byers/Chesterman, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 259, 274.
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129
hen.566 Am 20. Dezember 1989 marschierten US-Truppen in Panama ein, um die Regierung Manuel Noriegas zu stürzen und diesen gefangen zu nehmen. Neben dem Schutz amerikanischer Staatsbürger, der Bekämpfung des Drogenhandels und dem Schutz der Integrität des Vertrages über den Panama-Kanal wurde die Verteidigung der Demokratie in Panama dieses Mal von Präsident George Bush immerhin als Interventionsgrund angeführt.567 Doch auch diese Intervention wurde durch die UN-Generalversammlung mit deutlicher Mehrheit568 als illegal verurteilt.569 Insofern wird man auch sie nicht als Präzedenzfall für die Herausbildung eines Menschenrechts auf Demokratie als militärischen Interventionstitel heranziehen können.570 Der jüngste Fall, bei dem Regime Change als Kriegsgrund zur Debatte stand, ist die Invasion der USA und der Koalition der Willigen im Irak
566
Sofaer, Col. J. Transnat’l L. 29 (1991), 281, 288-90; Reisman, Fordham Int’l L.J. 19 (1995), 794, 800; Tesón, Humanitarian Intervention (2005), 269. Anders D’Amato, Am. J. Int’l L. 84 (1990), 516, 519, der sich auf die Menschenrechtsverletzungen des Noriega-Regimes bezieht und die Errichtung einer Demokratie ausdrücklich ablehnt. Als „tolerably unlawful“ wird der Interventionstitel des Regime Change von Alberts, Transnat’l L. & Contemp. Probs. 1 (1991), 261, 305 angesehen. Recht ist jedoch ein binäres System, in dem es für solche Zwischenkategorien wie die von Alberts vorgeschlagene keinen Platz geben kann. 567
Präsident George Bush, Address to the Nation Announcing United States Military Action in Panama (20. Dez. 1989), para. 2, abrufbar unter http://www. presidency.ucsb.edu/ws/print.php?pid=17965. 568
Stimmverhältnis: 75-20-40.
569
GA-Res. 44/240, Effects of the Military Intervention by the United States of America in Panama on the Situation in Central America (29. Dez. 1989), UN-Dok. A/RES/44/240: „Strongly deplores the intervention in Panama by the armed forces of the United States of America, which constitutes a flagrant violation of international law and of the independence, sovereignty and territorial integrity of states.“ (Hervorhebung im Original). 570
Nanda, Am. J. Int’l L. 84 (1990), 494, 500; Quigley, Yale J. Int’l L. 15 (1990), 276, 303-6; Schachter, in: Boulouis/Dupuy (Hg.), FS Virally (1991), 423, 428; Henkin, Col. J. Transnat’l L. 29 (1991), 293, 298; Rumage, Arizona J. Int’l & Comp. L. 10 (1993), 1, 54-57; Brownlie, Rule of Law (1998), 59-62; Byers/ Chesterman, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 259, 275.
130
Kapitel 2
im März 2003.571 In seiner Rede zur Lage der Nation am 28. Januar 2003 formulierte Präsident George Bush: „And tonight I have a message for the brave and oppressed people of Iraq: Your enemy is not surrounding your country – your enemy is ruling your country. And the day he and his regime are removed from power will be the day of your liberation.“572 Bei den politischen Erwägungen, die zum Irak-Krieg führten, war die Demokratisierung des Irak tatsächlich ein tragender Grund. Sie wurde als wichtiger Baustein im Rahmen einer umfassenderen Strategie zur Demokratisierung und wirtschaftlichen Liberalisierung des Nahen Ostens angesehen.573 Bezeichnend ist allerdings, dass sowohl die USA als auch Großbritannien bei der völkerrechtlichen Rechtfertigung des IrakKrieges nicht auf Regime Change als Interventionstitel abstellten.574 Vielmehr wurde die Intervention im Wesentlichen auf eine entsprechende Interpretation der Resolutionen 678,575 687576 und 1441577 des UN-Sicherheitsrates gestützt.578 Zudem wurde die Intervention von weiten Teilen der internationalen Staatengemeinschaft verurteilt. Zu den 571
Die US-amerikanische Intervention sehen aus diesem Grund als gerechtfertigt an: Brown, Hastings Int’l & Comp. L. Rev. 28 (2004), 1-24; Turner, Harv. J.L. & Publ. Pol’y 27 (2004), 765, 778; Tesón, Humanitarian Intervention (2005), 392. Allerdings legen alle Autoren dabei besonderen Wert auf die von Saddam Hussein begangenen Menschenrechtsverletzungen. Die totalitäre Staatsform allein wird damit implizit nicht als ausreichender Interventionsgrund angesehen. 572
President Delivers „State of the Union“, abrufbar unter http://www. whitehouse.gov/news/releases/2003/01/print/20030128-19.html. 573
Rudolf, in: Kubbig (Hg.), Irak (2003), 144, 148-50; Kurth, Orbis 50 (2006), 87, 97. 574
Kritsiotis, EJIL 15 (2004), 233, 273-74.
575
SR-Res. 678, UN-Dok. S/RES/678 (29. Nov. 1990).
576
SR-Res. 687, UN-Dok. S/RES/687 (3. Apr. 1991).
577
SR-Res. 1441, UN-Dok. S/RES/1441 (8. Nov. 2002).
578
S. zum einen Letter dated 20 March 2003 from the Permanent Representative of the United States of America to the United Nations addressed to the President of the Security Council, UN-Dok. S/2003/351, und zum anderen Statement by the Attorney General, Lord Goldsmith, in Answer to a Parliamentary Question (18. März 2003), abrufbar unter http://www.fco.gov.uk/servlet/Front?pagename=OpenMarket/Xcelerate/ShowPage&c=Page&cid=1007029 391629&a=KArticle&aid=1047661460790.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
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Opponenten gehörten Staaten wie Belgien, Kanada, die VR China, Deutschland, Frankreich, Neuseeland, Russland, Schweden und die Schweiz. Insofern kann auch sie nicht als Indiz für die Herausbildung eines völkerrechtlichen Demokratieprinzips angesehen werden.579
b. Kollektive Interventionen in Haiti und Sierra Leone Sucht man nach Präzedenzfällen für die Herausbildung eines völkerrechtlichen Demokratieprinzips durch militärische Intervention, scheinen die kollektiven Interventionen mit dem Ziel, ein bestimmtes Regime zu stürzen, vielversprechendere Indizien zu sein. Eine entscheidende Bedeutung kommt in dieser Hinsicht insbesondere der auf Sicherheitsratsresolution 940580 gestützten Intervention in Haiti zu, die von vielen rechtswissenschaftlichen Kommentatoren als paradigmatischer Präzedenzfall für eine kollektive, pro-demokratische Intervention angesehen wird.581 In Haiti wurde 1990 Jean-Bertrand Aristide mit 67% der Stimmen zum Präsidenten gewählt. Diese Wahlen wurden auf Anfrage Haitis sowohl von den Vereinten Nationen582 als auch von der OAS583 überwacht.584 Am 30. September 1991 wurde Aristide durch einen Militärputsch gewaltsam seines Amtes enthoben. Nachdem der UN-Sicherheitsrat zunächst passiv blieb, erließ er im Juni 1993 Resolution 841, die Haiti wirtschaftliche Sanktionen auferlegte.585 Diese mün579
Gegen Regime Change als Rechtfertigungsgrund für den Irakkrieg wenden sich daher auch O’Connell, AFDI 49 (2003), 3, 12-14; Bothe, AVR 41 (2003), 255, 258; Falk, Am. J. Int’l L. 97 (2003), 590, 597; Nguyen-Rouault, RGDIP 107 (2003), 835, 837; Kunig, AVR 41 (2003), 327, 330; Paulus, Mich. J. Int’l L. 25 (2004), 691, 711; Pedigo, Ga. J. Int’l & Comp. L. 32 (2004), 199, 223. 580
SR-Res. 940, S/RES/940 (31. Juli 1994).
581
Escudero Espinosa, Anuario de derecho internacional 12 (1996), 297, 375; Halperin/Lomasney, J. Dem. 9.2 (1998), 134, 138; Reisman, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 239, 248; Kokoroko, RQDI 16 (2003), 37, 52; Tesón, Humanitarian Intervention (2005), 307-17. 582
GV-Res. 45/2, Electoral Assistance to Haiti, UN-Dok. A/RES/45/2 (10. Okt. 1990). 583
OEA/Ser.G/CP/RES.537, Dok. 805 (23. Feb. 1990).
584
Eine ausführliche Darstellung der Vorgeschichte findet sich bei Cerna, Am. Soc. Int’l L. Proc. 86 (1992), 378-83. 585
SR-Res. 841, UN-Dok. S/RES/841 (16. Juni 1993).
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Kapitel 2
deten zunächst im Abschluss des sog. Governors Island Agreement, in dem die Militärjunta zugestand, Aristide die Regierungsgewalt zurückzugeben. Die Umsetzung des Abkommens scheiterte jedoch, als im September und Oktober 1993 wieder Gewalt gegen Anhänger Aristides verübt wurde. Der Sicherheitsrat erließ zunächst erneut Sanktionen, 586 ordnete eine Seeblockade an587 und verabschiedete am 31. Juli 1994 schließlich Resolution 940, die die UN-Mitgliedstaaten ermächtigte, militärische Gewalt anzuwenden.588 Am 18. September überzeugte der frühere US-Präsident Jimmy Carter, unterstützt durch Senator Sam Nunn und General Colin Powell, die Junta, die Macht an Aristide abzugeben und das Land zu verlassen – wenige Stunden, bevor eine multinationale Truppe unter Führung der USA in Haiti landete. Gegen die Qualifizierung der Intervention in Haiti als pro-demokratische Intervention wird insbesondere vorgebracht, dass der Sicherheitsrat in seiner Resolution vornehmlich auf den Schutz des Friedens und der internationalen Sicherheit Bezug nimmt.589 Diese Bezugnahme ist allerdings in einem größeren Zusammenhang zu sehen. In einer Reihe von Resolutionen in den 90er Jahren hat der Sicherheitsrat begonnen, den Friedensbegriff in Kapitel VII extensiv auszulegen und ihn substantiell aufzuladen, insbesondere um auch interne humanitäre Krisen, wie etwa in Somalia oder Ruanda erfassen zu können.590 Er hat damit, unter formaler Wahrung des Wortlauts der Charta, unter breiter Zustimmung der völkerrechtlichen Literatur591 seine Kompetenzen erweitert, um den geänderten Herausforderungen Ende des 20. Jahrhunderts gerecht werden zu können. Trotz der Bezugnahme auf Sicherheit und Frieden stand
586
SR-Res. 873, UN-Dok. S/RES/873 (13. Okt. 1993).
587
SR-Res. 875, UN-Dok. S/RES/875 (15. Okt. 1993).
588
SR-Res. 940 (Fn. 580).
589
Fassbender, Security Council Reform (1998), 218; Byers/Chesterman, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 259, 287. 590 591
S. dazu Blanke, AVR 36 (1998), 257, 278-80.
S. nur Randelzhofer, in: Badura/Scholz (Hg.), FS Peter Lerche (1993), 51, 57; Kunig, in: Betz/Brüne (Hg.), JDW 1994 (1993), 47, 63; Lillich, Tulane J. Int’l & Comp. L. 3 (1995), 1-17; Blanke, AVR 36 (1998), 257-84; Cassese, EJIL 10 (1999), 23, 26; Tesón, Humanitarian Intervention (2005). Vgl. aber auch die vorsichtige Kritik bei Kimminich, AVR 33 (1995), 430-58.
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133
damit die Wiederherstellung der Ordnung in Haiti eindeutig im Vordergrund.592 Dennoch werden in der völkerrechtlichen Literatur Zweifel am Präzedenzcharakter der Intervention in Haiti geäußert: Einige Autoren haben normative Bedenken hinsichtlich der Kompetenz des Sicherheitsrates.593 Andere stellen auf den speziellen regionalen Kontext ab594 und verweisen darauf, dass die Herausbildung eines Demokratieprinzips im Einflussbereich der OAS im Gegensatz zur globalen Ebene als gesichert gelten kann.595 Teilweise wird auch die Menschenrechtssituation in Haiti als Hauptgrund angesehen596 oder die Verletzung des Governors Island Agreements als Rechtfertigungsgrund herangezogen.597 Diese Einwände ändern allerdings nichts daran, dass die Wiederherstellung der Demokratie erklärtermaßen erstes Ziel der Resolution war. Dies kommt zum einen in der Präambel zum Ausdruck, in der es heißt: „Reaffirming that the goal of the international community remains the restoration of democracy in Haiti and the prompt return of the legitimately elected President, Jean-Bertrand Aristide, within the framework of the Governors Island Agreement.“598 Zum anderen spielt die Unterstützung der „legitimen Regierung“ Haitis auch im operativen Teil eine dominante Rolle, wenn es heißt:
592
Fielding, Duke J. Comp. & Int’l L. 5 (1995), 329, 366-69; Donoho, Cornell Int’l L.J. 29 (1996), 329, 362-64; O’Connell, Col. J. Transnat’l L. 36 (1997), 473, 487; Blanke, AVR 36 (1998), 257, 277; Tesón, Humanitarian Intervention (2005), 312. 593
Glennon, Am. J. Int’l L. 89 (1995), 70-74; Donoho, Cornell Int’l L.J. 29 (1996), 329-82; Byers/Chesterman, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 259, 290-92. 594
Corten, EJIL 6 (1995), 116, 129; Leininger, Max Planck UNYB 10 (2006), 465, 489. 595
Zur Demokratie in Amerika s. Kap. 2, III 4 c.
596
Lillich, Tulane J. Int’l & Comp. L. 3 (1995), 1, 10. Zu den Menschenrechtsverletzungen des Regimes Cedras s. v. Hippel, Democracy by Force (2000), 98. 597
Corten, EJIL 6 (1995), 116, 126; Pippan, in: Riefler (Hg.), Popper und die Menschenrechte (2007), 119, 157. 598
SR-Res. 940 (Fn. 580).
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Kapitel 2
„1. Welcomes the report of the Secretary-General of 15 July 1994 (S/1994/828) and takes note of his support for action under Chapter VII of the Charter of the United Nations in order to assist the legitimate Government of Haiti in the maintenance of public order; […] 4. Acting under Chapter VII of the Charter of the United Nations, authorizes Member States to form a multinational force under unified command and control and, in this framework, to use all necessary means to facilitate the departure from Haiti of the military leadership, consistent with the Governors Island Agreement, the prompt return of the legitimately elected President and the restoration of the legitimate authorities of the Government of Haiti, and to establish and maintain a secure and stable environment that will permit implementation of the Governors Island Agreement, on the understanding that the cost of implementing this temporary operation will be borne by the participating Member States.“599 Zwar wird in der Präambel auch auf die Menschenrechtssituation abgestellt,600 diese erscheint jedoch, wie der operative Teil deutlich macht, im Vergleich zur Wiederherstellung der legitimen Ordnung als zweitrangig.601 Ebenso wird auf das Governors Island Agreement nur unterstützend Bezug genommen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass dieses die Wiederherstellung der ursprünglichen Ordnung zum hauptsächlichen Ziel hatte. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, warum der Sicherheitsrat die Kompetenz haben sollte, ein Abkommen zwischen einer de facto- und einer de jure-Regierung innerhalb eines Staates unabhängig 599
Ebd. (Hervorhebung hier).
600
Ebd.: „Gravely concerned by the significant further deterioration of the humanitarian situation in Haiti, in particular the continuing escalation by the illegal de facto regime of systematic violations of civil liberties, the desperate plight of Haitian refugees and the recent expulsion of the staff of the International Civilian Mission (MICIVIH), which was condemned in its Presidential statement of 12 July 1994 (S/PRST/1994/32).“ 601
So auch Corten, EJIL 6 (1995), 116, 127, der darauf hinweist, dass die Situation in Haiti mit der in den Präzedenzfällen in Bosnien, Somalia und Ruanda bei weitem nicht vergleichbar ist. Auffällig ist jedoch, dass die politische Illegitimität eines Regimes schon bei den unilateralen Interventionen der USA nie alleiniger Rechtfertigungsgrund war, sondern – insbesondere im Irak-Fall – immer auch auf die schweren Menschenrechtsverletzungen des jeweiligen Regimes Bezug genommen wurde.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
135
von seinem Inhalt durchzusetzen. Insofern ist bei der Bezugnahme auf das Governors Island Abkommen entscheidend, dass dieses gerade auf die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung abzielte. Die normativen Bedenken hinsichtlich der Kompetenz des Sicherheitsrates sind schließlich für die Beurteilung, ob die Resolution Anzeichen für die Herausbildung einer Rechtsüberzeugung für ein Demokratieprinzip bietet, ebenso wenig relevant wie Kritik an der demokratischen Intention der Intervenienten.602 Entscheidend ist allein die Aufnahme und Bewertung eines Falles durch die internationale Gemeinschaft. Dennoch ist die Präzedenzwirkung der Intervention in Haiti beschränkt:603 Die Intervention bezog sich nur auf die Wiederherstellung einer gewaltsam gestörten, vorher aber schon bestehenden konstitutionellen Ordnung. Sie lässt sich also im Sinne eines völkerrechtlichen Verbotes interpretieren, gegen eine gewählte Regierung einen gewaltsamen Umsturz zu verüben, nicht jedoch als Präzedenzfall für die Herausbildung eines universellen Demokratieprinzips. Bestätigt wird dieser Befund durch einen zweiten Präzedenzfall – die Intervention Nigerias bzw. der ECOWAS in Sierra Leone. In dem von einem Bürgerkrieg geschüttelten Land einigten sich die Kriegsparteien 1996, Präsidentschaftswahlen abzuhalten, in denen Ahmad Tejan Kabbah zum Präsidenten gewählt wurde. Da die unterliegende Rebel Unity Front (RUF) anschließend auch militärisch geschwächt wurde, kam es am 30. November 1996 auf Vermittlung der Elfenbeinküste, der OAU, des Commonwealth und der Vereinten Nationen zum Abschluss des Abidjan Accord, in dem ein sofortiger Waffenstillstand und eine Entwaffnung der Kombattanten vereinbart wurde. Diese Vereinbarung führte jedoch nicht zu einer Entspannung. Vielmehr kam es am 25. Mai 1997 zu einem Putsch gegen den Präsidenten. Dieser veranlasste nigerianische Truppen der ECOWAS Monitoring Group (ECOMOG) im Juni 1997 zu einer Intervention, die im März 1998 zu einer Wiedereinsetzung Kabbahs zum Präsidenten Sierra Leones führte. Eine Unterstützung durch den UN-Sicherheitsrat erfolgte erst nachträglich. Am 8. 602
Solche Kritik wird eindrucksvoll geäußert etwa von Falk, Harv. Int’l L.J. 36 (1995), 314, 353; Orford, EJIL 10 (1999), 679, 701. 603
So Roth, Governmental Illegitimacy (1999), 386; Crawford, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 114, 117. Vgl. aber auch die Beiträge von Pierce und Tesón, die Haiti als Präzedenzfall für die Herausbildung eines umfassenden Demokratieprinzips auffassen, Pierce, Law & Pol’y Int’l Bus. 27 (1996), 477-512; Tesón, Mich. J. Int’l L. 17 (1996), 323, 355.
136
Kapitel 2
Oktober 1997 brachte der Sicherheitsrat seine Unterstützung für die ECOWAS-Aktion zum Ausdruck,604 am 16. März 1998 begrüßte er die Rückkehr von Präsident Kabbah ins Amt.605 In der völkerrechtlichen Literatur werden für die ECOMOG-Intervention unterschiedliche Rechtfertigungsgründe diskutiert: Die vorgeschlagenen Rechtsgrundlagen reichen von der pro-demokratischen606 über die humanitäre Intervention607 bis hin zur Einladung durch die de jureRegierung.608 Man mag Zweifel an der demokratischen Intention der Intervenienten haben, wurde Nigeria als Anführer der Intervention schließlich von einem autokratischen Regime regiert.609 Wichtiger jedoch als die Intention der intervenierenden Staaten ist die Aufnahme und Bewertung der Intervention durch die internationale Gemeinschaft, ist diese doch Indiz für das Bestehen einer opinio iuris. Dabei kommt den Sicherheitsratsresolutionen eine wichtige Rolle zu. Zwar wird man diese nicht als formale Ermächtigungsgrundlage werten können, da sie nachträglich erfolgte.610 Dennoch ist sie gewichtiges Indiz für die Reaktion der Staatengemeinschaft und damit das Bestehen
604
SR-Res. 1132, UN-Dok. S/RES/1132 (8. Okt. 1997): „Expresses its strong support for the efforts of the ECOWAS Committee to resolve the crisis in Sierra Leone and encourages it to continue to work for the peaceful restoration of the constitutional order, including through the resumption of negotiations.“ (Hervorhebung im Original). 605
SR-Res. 1156, UN-Dok. S/RES/1156 (16. März 1998): „Welcomes the return to Sierra Leone of its democratically elected president on 10 March 1998.“ (Hervorhebung im Original). 606
Levitt, Temple Int’l & Comp. L.J. 12 (1998), 333, 370; Kreß, NJW 1999, 3077, 3082; Grado, Riv. dir. int. 83 (2000), 361, 395. Letztere stützt sich dabei mehr auf die Verteidigung des internen Rechts der Völker auf Selbstbestimmung. 607
Berger, Indiana Int’l & Comp. L. Rev. 11 (2001), 605, 626-32; Gestri, in: Bothe/O’Connell/Ronzitti (Hg.), Redefining Sovereignty (2005), 211, 247. 608
Nowrot/Schabacker, Am. U. Int’l L. Rev. 14 (1998), 321, 400-2; Lange, EuGRZ 26 (1999), 313, 314; Goldmann, Max Planck UNYB 9 (2005), 457, 47172. 609
Byers/Chesterman, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 259, 290; Goldmann, Max Planck UNYB 9 (2005), 457, 473. 610
Ress/Bröhmer, in: Simma (Hg.), UN Charter (2002), Art. 53, Rn. 17.
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137
einer entsprechenden Rechtsüberzeugung.611 Die Resolutionen rücken die Wiederherstellung der demokratischen Ordnung ganz in den Vordergrund. In Resolution 1132 wird die Militärjunta unter Erwägung 1 zur Wiederherstellung der demokratischen Ordnung aufgefordert,612 in Resolution 1156 wird die Rückkehr zur Demokratie begrüßt.613 Damit zeigt sich auch im Fall von Sierra Leone, dass die internationale Staatengemeinschaft – ungeachtet der Rechtsgrundlage der militärischen Intervention614 – den gewaltsamen Sturz einer legitimen Regierung als Verstoß gegen das Völkerrecht ansieht. Diese Praxis des UN-Sicherheitsrates unterstreicht damit die Existenz des teleologischen Demokratieprinzips. Wenn eine Verpflichtung zur Demokratisierung besteht, dann sind gerade Rückschritte in diesem Demokratisierungsprozess Verstöße gegen diese Norm. Die angeführten Beispiele zeigen, dass einer legitimen Regierung ein gewisser völkerrechtlicher Schutz zukommt: ein gewaltsamer Umsturz wird nicht mehr als innerstaatliche Angelegenheit angesehen, sondern als Völkerrechtsverstoß. Die Praxis des UN-Sicherheitsrates lässt jedoch keine Schlussfolgerungen auf die Herausbildung eines weitergehenden Demokratieprinzips zu, erfolgten Interventionen der UN doch nur in Fällen eines Umsturzes. Die alleinige Tatsache, dass ein Staat nicht demokratisch ist, war dagegen nie Anlass für ein Eingreifen des Sicherheitsrates.
611
Nolte, in: Byers (Hg.), Role of Law (2000), 315, 316-17.
612
SR-Res. 1132 (Fn. 604): „Demands that the military junta take immediate steps to relinquish power in Sierra Leone and make way for the restoration of the democratically-elected Government and a return to constitutional order.“ (Hervorhebung im Original). 613 614
S.o. Fn. 605.
Hier spricht tatsächlich viel dafür, eine Intervention auf Einladung der de jure-Regierung anzunehmen, s. Nachweise in Fn. 608. Dass bei dieser Konstruktion auf die durch Wahlen legitimierte und nicht die de facto-Regierung abgestellt wird, bestätigt eher den aufgezeigten Trend, als dass sie ihn widerlegt.
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Kapitel 2
7. Schlussfolgerungen Das ungeschriebene Völkerrecht kennt, folgt man der vorstehenden Analyse, kein striktes Menschenrecht auf Demokratie. Allerdings lässt sich die Herausbildung eines Legitimitätsprinzips erkennen. Die relevanten internationalen Dokumente und die korrespondierende Praxis betonen den prozesshaften Charakter von Demokratisierung. Demokratie wird damit als teleologisches Prinzip verstanden. Das teleologische Demokratieprinzip ist dabei ein Legitimitätskonzept, das zwei Stoßrichtungen hat.615 Auf der einen Seite richtet es sich gegen Rückschritte im Demokratisierungsprozess. Dies können eindeutige Fälle sein, wie bspw. Militärputsche gegen legitime Regierungen. Das wird etwa durch die Praxis des UN-Sicherheitsrates unterstrichen, der in Haiti und Sierra Leone militärische Maßnahmen begrüßt hatte, nachdem gewählte Regierungen gewaltsam gestürzt worden waren. Dagegen ist die bloße Tatsache, dass eine Regierung nicht gewählt worden ist, bisher noch nicht Gegenstand von Sanktionen des Sicherheitsrates gewesen. Entsprechende unilaterale Interventionen wurden innerhalb der Staatengemeinschaft mit großer Mehrheit verurteilt. Doch Rückschritte im Demokratisierungsprozess beschränken sich nicht nur auf gewaltsame Umstürze. Sie beinhalten vielmehr auch andere Rückschläge im Prozess der Demokratisierung und demokratischen Konsolidierung, insbesondere den Abbau rechtsstaatlicher Elemente. Dieser findet in der Regel in einer zunehmenden Konzentration politischer Macht in der Exekutive und einer gleichzeitigen Entmachtung parlamentarischer Entscheidungsprozesse seinen Ausdruck.616 Beispiele sind etwa der autogolpe von Alberto Fujimori in Peru oder das „Verfassungsreferendum“ von Alexander Lukashenko in Weißrussland im Jahre 1995.617 Dies wird vor allem durch die Sanktionsmechanismen zum Ausdruck gebracht, die sowohl in der OAS als auch in der Afrikanischen Union installiert sind. Beide geben die Möglichkeit, Sanktionen auch dann zu verhängen, wenn die Demokratie nicht durch militärische Coups, sondern durch andere Maßnahmen untergraben wird. Etwas
615
Vgl. aus politikwissenschaftlicher Sicht Schedler, J. Dem. 9.2 (1998), 91,
98. 616 617
Merkel/Croissant, PVS 41 (2000), 3, 24.
Weitere Beispiele, insbesondere aus Südamerika, finden sich bei Whitehead, in: Pastor (Hg.), Democracy in the Americas (1989), 76-95.
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zurückhaltender ist die regionale Praxis bisher noch in den Fällen, in denen zwar formal Wahlen abgehalten wurden, diese aber entweder durch vorherige oder nachträgliche Einflussnahme unzulässigerweise verfälscht worden sind. Konzeptionell handelt es sich jedoch auch hierbei um Rückschritte im Demokratisierungsprozess, die dem völkerrechtlichen Legitimitätsprinzip zuwiderlaufen. Das Konzept der Teleologie hat jedoch noch eine zweite Seite. Es beschäftigt sich nicht nur mit der Verhinderung von Rückschritten, sondern ist auch positiv auf die Erzielung von Fortschritten ausgelegt. Diese betreffen zum einen die aktive Entwicklung zur Demokratie und, wenn die Transition erreicht ist, die demokratische Konsolidierung. Da wir jedoch keinen idealen Weg der Demokratisierung identifizieren können, kann aus diesem zweiten Aspekt keine konkrete Handlungspflicht folgen. Regierungen haben vielmehr einen Handlungs- und Ermessensspielraum. Das Völkerrecht kann nur solche Strategien als illegal qualifizieren, die entweder eindeutig irregeleitet sind oder allein dem Schein dienen. Um diese Unterscheidung zu treffen, bietet sich die Klassifizierung an, die ich bereits bei der theoretischen Konturierung des Legitimitätsprinzips vorgeschlagen habe.618 Danach können solche Regimes, die eine entwicklungsorientierte Politik betreiben und einen gewissen Kern an Menschenrechten beachten, als legitim und damit auch als mit dem teleologischen Demokratieprinzip vereinbar angesehen werden. Das völkerrechtliche Legitimitätsprinzip setzt damit nicht unbedingt voraus, dass Regierungen auch demokratisch sind.
IV. Teleologische Prinzipien und die Binarität von Recht In diesem Kapitel haben wir gesehen, dass das völkerrechtliche Legitimitätsprinzip kein strikter Standard, sondern ein Entwicklungstelos, also eine Norm, die notwendigerweise zeitgebunden ist. Wie jedoch verhält sich der prozesshafte Charakter eines teleologischen Prinzips zu der Binarität von Recht? Niklas Luhmann hat herausgestellt, dass gerade diese Binarität das Charakteristikum von Recht ist.619 Das Recht sorgt für eine Komplexitätsreduktion, indem es alle Lebenssachverhalte in das kategorische Schema von Recht und Unrecht einordnet. Gradu618
S.o. Kap. 1, IV.
619
Luhmann, Das Recht der Gesellschaft (1995), 166.
140
Kapitel 2
elle Unterscheidungen im Sinne von mehr oder weniger Legalität gibt es dagegen nicht. Insofern scheint es bei der juristischen Bewertung der internen Organisation eines Staates zunächst nicht weiterzuhelfen, auf die Prozesshaftigkeit des Demokratieprinzips zu verweisen, da die rechtliche Bewertung notwendigerweise auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogen ist. Allerdings sind bei der Bewertung der Norm zwei unterschiedliche Ebenen auseinanderzuhalten: zum einen die abstrakte Ebene der Norm, zum anderen die konkrete Ebene der Rechtsanwendung. Die Notwendigkeit der Binarität gilt nur für die letztere, nicht dagegen für die abstrakte Normebene. Es ist praktisch unmöglich, alle denkbaren Lebenssachverhalte vorherzusehen, abstrakt zu bewerten und zu regeln. Vielmehr obliegt es dem Rechtsanwender, im Einzelfall aus graduellen rechtlichen Prinzipien die konkreten Regeln für die Entscheidung des jeweiligen juristischen Problems zu gewinnen. Genau dies wird durch die bereits angesprochene Prinzipienlehre Robert Alexys zum Ausdruck gebracht,620 die daher hier zur Beschreibung und Einordnung des teleologischen Demokratieprinzips herangezogen werden soll. Alexy versteht Prinzipien als Optimierungsgebote, die ein „ideales Sollen“ ausdrücken.621 Sie sind in ihrer Realisierung sowohl von den rechtlichen als auch von tatsächlichen Möglichkeiten abhängig.622 Rechtliche Schranken setzen der Realisierung eines Prinzips dabei kollidierende Prinzipien, wobei die Prinzipienkollision im Wege der Abwägung zu lösen ist.623 Im Rahmen des Demokratieprinzips interessanter sind jedoch die tatsächlichen Hindernisse der Realisierung. Wie wir gesehen haben, ist der Übergang von einer autoritären zu einer demokratischen Regierungsform Gegenstand eines komplexen, langfristigen Prozesses, der bestimmten ökonomischen und sozialen Voraussetzungen unterliegt.624 Demokratisierung unterliegt somit einem inhärenten Spannungsverhältnis. Sie verfolgt ein Ziel, die Etablierung von Demokratie, kann dieses aber nicht zwingend mit demokratischen Mitteln am besten erreichen. Vielmehr kann die sofortige Etablierung von Institutionen, 620
Zu dieser s.o. Kap. 2, I 3.
621
Alexy, in: Krawietz et al. (Hg.), Argumentation und Hermeneutik (1979), 59, 80. 622
Ebd., 81.
623
Alexy, Theorie der Grundrechte (1994), 79.
624
S.o. Kap. 1, III 3 e.
Legitimität in der völkerrechtlichen Dogmatik
141
die wir als Konstituierungselement einer Demokratie begreifen, langfristig gesehen eher kontraproduktiv wirken.625 Der konkrete normative Inhalt des demokratischen Teleologieprinzips kann sich daher mit der Zeit und mit den Umständen ändern und auch an unterschiedliche Akteure richten. So sind neben Regierungen alle Akteure Normadressaten, die Einfluss auf die politische Zukunft des Landes nehmen können. Am offensichtlichsten ist dies im Fall einer Gruppe, die im Begriff ist, eine legitime Regierung zu stürzen, liegt gerade hierin doch ein Verstoß gegen das Legitimitätsprinzip begründet. Fassen wir zusammen: In diesem Kapitel haben wir gesehen, dass das Völkerrecht keine Regel kennt, dass jeder Staat demokratisch organisiert sein muss. Nachzeichnen lässt sich allein ein Legitimitätsprinzip, das jedoch einen bescheideneren Anspruch hat. Staaten sind lediglich verpflichtet, sich zu einer Demokratie zu entwickeln und diese, ist der Übergang einmal erfolgt, zu konsolidieren. Bei diesem teleologischen Demokratieprinzip handelt es sich um ein Prinzip im Alexy’schen Sinne, also um ein Optimierungsgebot, dessen konkreter Inhalt von den tatsächlichen Umständen abhängt. Auch lässt sich aus diesem Optimierungsgebot nicht immer eine konkrete Handlungspflicht ableiten. Vielmehr steht den Staaten ein gewisser Ermessensspielrum zu, dem das Legitimitätsprinzip Grenzen setzt.
625
S.o. Kap. 1, III 3.
Kapitel 3 – Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung Das völkerrechtliche Legitimitätsprinzip ist kein Rechtssatz wie jeder andere. Traditionell hat sich das Völkerrecht nur mit Beziehungen zwischen Staaten beschäftigt. Was innerhalb eines Staates passierte war aus Sicht des Völkerrechts eine black box, nicht Gegenstand seines Regelungsbereiches. Dies änderte sich nach dem zweiten Weltkrieg, als die Menschenrechte begannen, erste Standards für das Verhältnis des Staates zu seinen eigenen Staatsbürgern aufzustellen. Das Prinzip der demokratischen Teleologie hat in dieser Hinsicht noch einmal eine neue Qualität.626 Es betrifft die interne Organisation des Staates, den Kernbereich des traditionellen domaine réservé. Es erlegt Regierungen nicht nur Pflichten auf, sondern entscheidet über deren rechtlichen Status. Das Legitimitätsprinzip könnte daher nicht nur Rechtssatz, sondern völkerrechtliches Strukturprinzip sein, das die Subjektsqualität von Staaten determiniert. Insofern sollen in diesem Kapitel die Folgen des Legitimitätsprinzips für das Völkerrecht in den Blick genommen werden. Dabei sollen aktuelle Debatten, die im Zusammenhang mit dem Legitimitätsprinzip stehen, aufgegriffen und anhand der Erkenntnisse aus den vorherigen beiden Kapiteln bewertet werden. Zunächst wird die grundlegende Frage nach der Qualität des Legitimitätsprinzips als Strukturprinzip des Völkerrechts gestellt (I.): Ist die Legitimität von Staatsgewalt Voraussetzung der Staatsqualität oder zumindest konstitutives Anerkennungskriterium für Regierungen? Sind Verpflichtungen, die ein illegitimes Regime eingegangen ist, auch für Nachfolgeregierungen noch bindend? In einem zweiten Schritt sollen die Durchsetzungsmechanismen für ein Legitimitätsprinzip in einem dezentralen Rechtssystem analysiert werden (II.). Dabei stellt sich zunächst die jüngst im Irak-Krieg wieder aktuell gewordene Frage nach der Rechtmäßigkeit eines unilateralen Regime Change oder zumindest von kollektiven Maßnahmen auf Ermächtigung des UN-Sicherheitsrates. Doch auch nichtmilitärische Sanktionen werfen eine Reihe rechtlicher Probleme auf, sind die Staaten, die 626
Fox/Roth, in: dies. (Hg.), Democratic Governance and International Law (2000), 18.
144
Kapitel 3
das Legitimitätsprinzip durchsetzen wollen, von dessen Verletzung doch in keinem Fall unmittelbar betroffen. Zudem können bestimmte Gegenmaßnahmen, wie etwa die Suspendierung von Verträgen oder die Aussetzung von Handelsbeziehungen, mit speziellen völkerrechtlichen Regimen kollidieren. In den beiden letzten Teilen dieses Kapitels soll schließlich auf relativ moderne Phänomene eingegangen werden. Zum einen gibt es im Zusammenhang mit den internationalen Finanzinstitutionen seit Anfang der 1990er Jahre eine Debatte, inwieweit diese möglicherweise nichtwirtschaftliche Kriterien, insbesondere good governance, bei ihrer Kreditvergabe berücksichtigen können. Hier soll dabei der Frage nachgegangen werden, ob Legitimitätserwägungen bei dieser Entscheidung eine Rolle spielen dürfen und der good governance Begriff entsprechend ausgefüllt werden kann (III.). Zum anderen wird ebenfalls seit Anfang der 1990er Jahre die Einbeziehung der internationalen Gemeinschaft in post conflict Situationen immer häufiger. Diese ist sowohl an der vorübergehenden Verwaltung dieser Gebiete als auch an der Ausarbeitung einer anschließenden Verfassung oft beteiligt. Daher soll hier untersucht werden, ob sich aus dem Legitimitätsprinzip Vorgaben oder Standards für diese Tätigkeiten entnehmen lassen (IV.).
I. Demokratie und Idealismus: Staatliche Legitimität als Strukturprinzip im Völkerrecht Die Staatsdefinition des Völkerrechts folgt klassischerweise der DreiElemente-Lehre von Georg Jellinek.627 Danach besteht ein Staat dann, wenn Hoheitsgewalt auf einem abgegrenzten Staatsgebiet über ein bestimmtes Staatsvolk ausgeübt wird.628 Die Ausübung von Hoheitsge627
Jellinek, Staatslehre (1976), 183: „[D]er Staat [ist] die mit ursprünglicher Herrschermacht ausgerüstete Körperschaft eines seßhaften Volkes.“ Eine nähere Aufgliederung dieser Definition in die Elemente Staatsgebiet, Staatsvolk, Staatsgewalt findet sich ebd., 394-434. 628
Lauterpacht, International Law (1955), § 64; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht I/1 (1989), 127-31; Bleckmann, Völkerrecht (2001), Rn. 118; Brownlie, Principles (2003), 70-71; Epping, in: Ipsen (Hg.), Völkerrecht (2004), § 5, Rn. 2. Teilweise wird von Autoren auch die Unabhängigkeit von Staaten als selbständiges Kriterium angesehen; allerdings kann man dies auch als Unterpunkt der Effektivität von Hoheitsgewalt auffassen. Die Montevideo Conven-
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
145
walt ist dabei ein rein formales Kriterium. Es reicht aus, wenn diese Gewalt effektiv ausgeübt wird.629 Dies ist vor dem Hintergrund des traditionellen Verständnisses des Völkerrechts als Koordinationsordnung zu verstehen.630 Sieht das Völkerrecht interne Angelegenheit, wie die Organisation des Staates und die Ausübung der Hoheitsgewalt, als Teil des domaine réservé an, erscheint es widersprüchlich, an die Ausübung der Hoheitsgewalt über das Effektivitätserfordernis hinausgehende Forderungen zu stellen. Diese klassische Sicht des Völkerrechts hat sich jedoch grundlegend gewandelt. Wie wir im vorhergehenden Kapitel gesehen haben, kennt das Völkerrecht mittlerweile sogar ein Legitimitätsprinzip im Hinblick auf die Ausübung von Hoheitsgewalt. Daher erscheint es berechtigt, das Effektivitätsprinzip noch einmal einer kritischen Untersuchung zu unterziehen. Dabei soll im Folgenden zunächst untersucht werden, ob die Legitimität der Hoheitsgewalt ein konstitutiver Faktor für die Anerkennung von Staaten (1.) oder zumindest von Regierungen (2.) ist.631 Schließlich soll darauf eingegangen werden, ob sich das Legitimitätskriterium auf die Zurechenbarkeit von vertraglichen Verpflichtungen auswirkt (3.).
1. Legitimität als konstitutives Merkmal des Staates – von Jellinek zur Vier-Elemente-Lehre? Bei der Bestimmung der Staatsqualität einer territorialen Einheit ist das Bestehen von Staatsgewalt das zentrale Element.632 Dabei stellt das klastion on Rights and Duties of States (26. Dez. 1933), Treaty Series 881, nennt zudem in ihrem Art. I die Kapazität, mit anderen Staaten Rechtsbeziehungen eingehen zu können. Dabei handelt es sich jedoch richtigerweise um eine Folge und nicht um eine Voraussetzung von Staatlichkeit, Crawford, BYIL 48 (1976), 93, 119. 629
Jennings/Watts, Irak (1992), § 40; Bleckmann, Völkerrecht (2001), Rn. 119; Brownlie, Principles (2003), 71. 630
Fox, Yale J. Int’l L. 17 (1992), 539, 545.
631
Wenn im Folgenden der Begriff der „Anerkennung“ gebraucht wird, soll damit keine Aussage zu der Frage, ob dieser konstitutive oder bloß deklaratorische Bedeutung zukommt. Die Anerkennung wird allein als Ausdruck einer entsprechenden Rechtsüberzeugung der internationalen Gemeinschaft gesehen, s. dazu Talmon, Recognition of Governments (1998), 30. 632
Crawford, BYIL 48 (1976), 93, 116.
146
Kapitel 3
sische Völkerrecht auf die Effektivität der Staatsgewalt ab. Deren Legitimität spielt in dieser Hinsicht keine Rolle. In einem Koordinationsvölkerrecht, das sich nur auf die äußeren Beziehungen der Staaten beschränkt, wäre sie ein Fremdkörper gewesen. Auftrieb hat die Idee der Legitimität als konstitutivem Kriterium nach dem Ende des kalten Krieges bekommen. Im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch Jugoslawiens und der Sowjetunion zu Beginn der 1990er Jahre verabschiedeten die Außenminister der EG die von der so genannten Badinter Kommission ausgearbeiteten Richtlinien zur Anerkennung neuer Staaten in Osteuropa und der Sowjetunion. In diesen wird die demokratische Staatsform ausdrücklich als konstitutives Anerkennungskriterium genannt.633 Auch in der völkerrechtlichen Literatur gibt es Unterstützung für eine Fortentwicklung der Drei- zu einer Vier-ElementeLehre.634 Diese Auffassung hat sich jedoch weder in der bisherigen Staatspraxis durchsetzen können, noch wäre sie normativ wünschenswert. Selbst die Praxis der EG-Mitgliedstaaten war nach Verabschiedung der BadinterPrinzipien sehr uneinheitlich. Teilweise haben die Staaten der EG bewusst gegen die gutachterlichen Empfehlungen verstoßen und Staaten anerkannt, die die vorher festgelegten Grundsätze (noch) nicht erfüllen konnten.635 Sieht man zudem über die europäischen Grenzen, lässt sich keine vergleichbare Praxis feststellen. Auf globaler Ebene ist das Effektivitätskriterium für die Anerkennung von Staaten immer noch der entscheidende Maßstab.636 Obwohl bei einem beträchtlichen Teil der Staatengemeinschaft die Regierungsgewalt sicherlich nicht legitim ausgeübt wird, wird ihnen weder die Anerkennung noch die grundsätzliche Mitwirkung in internationalen Organisationen verweigert. Teilweise wird vertreten, dass eine Modifizierung der Definition des Staates eine notwendige Folge der Anerkennung eines völkerrechtlichen Legitimitätsprinzips sei.637 Allerdings handelt es sich bei beiden Fragen um analytisch zu trennende Kategorien. Völkerrechtliche Verpflichtungen zwingen Staaten in der Regel zu einem bestimmten Verhalten, ohne 633
S.o. Fn. 555 und begleitenden Text.
634
S. etwa Slaughter, Am. J. Int’l L. 87 (1993), 205, 236.
635
Murphy, Int’l & Comp. L.Q. 48 (1999), 545, 562-63.
636
Ebd., 556; Crawford, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 114, 118. 637
Slaughter, Am. J. Int’l L. 87 (1993), 205, 236.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
147
dass die Qualität als Rechtssubjekt durch die Nichtbefolgung der Verpflichtung in Frage gestellt wäre.638 Die Folgen von Völkerrechtsverstößen bestimmen sich nach dem Regime der Staatenverantwortlichkeit. Die Folge von Rechtsverletzungen, die dort vorgesehen ist, sind Sanktionen, die Staaten zu völkerrechtskonformen Verhalten anhalten sollen, nicht jedoch der Verlust von Völkerrechtssubjektivität. Es gibt zunächst auch keinen Grund, das Legitimitätsprinzip anders zu behandeln als andere Regeln und Prinzipien des Völkerrechts. Sähe man in der Legitimität der Staatsgewalt eine Konstituierungsbedingung, führte dies in der Praxis zu einem Zwei-Klassen-Völkerrecht. Mangels Subjektsqualität wären „Staaten“ ohne legitime Herrschaft nicht mehr Adressaten von völkerrechtlichen Normen. Sie wären etwa nicht weitergehend an menschenrechtliche Standards gebunden als Private und unterlägen nicht der deliktischen Staatenverantwortlichkeit.639 Man verlöre damit die Möglichkeit, durch das Völkerrecht auf Staaten mit illegitimen Regierungen einzuwirken und sie zur Einhaltung bestimmter rechtlicher Standards zu bewegen.640 Sicherlich könnte man daran denken, Zwischenkategorien in Form einer Teilrechtssubjektivität einzuführen, doch ist dies im gegenwärtigen Völkerrecht für staatliche oder staatsähnliche Einheiten nicht einmal im Ansatz angelegt. Somit wirkt sich die Herausbildung eines völkerrechtlichen Legitimitätsprinzips nicht auf die Konstituierungsmerkmale des Staates aus. Das entscheidende Kriterium für Staatlichkeit ist weiterhin die Effektivität und nicht die Legitimität von Staatsgewalt.
638
So – allerdings für die vergleichbare Frage der Anerkennung von Regierungen – auch Rosas, in: Alfredsson/Macalister-Smith (Hg.), FS Atle GrahlMadsen (1996), 201, 204. Anders stellt sich die Situation möglicherweise allein dann dar, wenn der Staat durch einen Völkerrechtsverstoß zur Entstehung kommt, dazu Crawford, Creation of States (2006), 107-55. Die Regierungsform ist jedoch unabhängig von den Entstehungsbedingungen. Crawford spricht in diesem Zusammenhang von „democracy as a continuing condition for statehood“, die er jedoch im Ergebnis ablehnt, ebd., 150-55. 639
Crawford, Democracy (1993), 22.
640
Wolfrum, in: Wolfrum/Röben (Hg.), Legitimacy (2008), 1, 8.
148
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2. Legitimität als Anerkennungskriterium für Regierungen Während die Forderung, das Legitimitätsprinzip als Anerkennungskriterium für Staaten anzusehen, relativ vereinzelt ist, gibt es einen nicht zu unterschätzenden Trend, die Legitimität zumindest als Anerkennungskriterium für Regierungen zu akzeptieren. Regierungen, die nicht durch Wahlen legitimiert sind, soll entweder vollständig die Anerkennung versagt bleiben, oder ihnen sollen zumindest bestimmte Rechte verwehrt werden.641 So schlägt etwa Gregory Fox vor, die Legitimität einer Regierung zur Voraussetzung ihrer Akkreditierung in der UNGeneralversammlung zu machen.642 Die Idee, gewisse Legitimitätserwägungen bei den Anerkennungskriterien für Regierungen einfließen zu lassen, ist nicht ganz neu: Schon 1907 forderte der ecuadorianische Außenminister Carlos Tobar, Regierungen, die durch einen Verfassungsbruch an die Macht kommen, die Anerkennung zu verweigern. Diese Forderung ließ sich jedoch zunächst nicht durchsetzen und spiegelte sich auch nicht in der Staatenpraxis wider.643 Dass die Legitimität von Regierungen als Voraussetzung ihrer Anerkennung nun wieder in den Blickpunkt der Debatte rückt, hängt mit den beschriebenen demokratischen Tendenzen zusammen, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten im Völkerrecht beobachten lassen.644 Eine uneingeschränkte Praxis, die Legitimität einer Regierung zum Anerkennungskriterium zu machen, lässt sich bisher aber eindeutig nicht erkennen. Die internationale Gemeinschaft versagt Regierungen die Anerkennung nicht allein deshalb, weil sie illegitim sind.645 Allerdings wird man in dieser Frage analytisch differenzieren müssen: rechtlich relativ eindeutig zu beurteilen
641
Mit unterschiedlicher Akzentuierung kommen Vorschläge in diese Richtung etwa von Tesón, Col. L. Rev. 92 (1992), 53, 89; Fox, Yale J. Int’l L. 17 (1992), 539, 597-606; Rosas, in: Alfredsson/Macalister-Smith (Hg.), FS Atle Grahl-Madsen (1996), 201, 215. 642
Fox, Yale J. Int’l L. 17 (1992), 539, 597-606. Mit Einschränkungen auch Griffin, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 32 (2000), 725, 782, der eine Versagung der Akkreditierung jedoch nur für bestimmte, besonders hervorstechende Fälle vorsehen möchte. 643
Murphy, Int’l & Comp. L.Q. 48 (1999), 545, 569.
644
S. dazu Kap. 2, III.
645
Murphy, Int’l & Comp. L.Q. 48 (1999), 545, 571; Chesterman, Just War (2001), 98.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
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sind die Situationen, in denen eine Regierung effektive Macht ausübt, allerdings illegitim ist. Die zwischenstaatliche Praxis verfährt in diesen Fällen nach dem Motto, dass eine – wenn auch illegitime – Regierung besser ist als gar keine Regierung.646 Diese ist Ansprechpartner in diplomatischen Beziehungen, repräsentiert den von ihr vertretenen Staat und ermöglicht eine Verhaltenszurechnung.647 Anders stellt sich die Situation dann dar, wenn zwei Regierungen miteinander um die Macht in einem Staat konkurrieren und die eine die größere Effektivität bei der Ausübung der Staatsgewalt für sich beanspruchen kann, die andere jedoch die größere Legitimität. Dies ist etwa der Fall, wenn eine gewählte Regierung durch einen Staatsstreich von der Macht abgelöst worden ist. Die neue Regierung übt dann zwar die effektive Gewalt aus, die gestürzte (Exil-) Regierung kann allerdings aufgrund der Tatsache, dass sie durch Wahlen an die Macht gekommen ist, zumeist einen höheren Grad an Legitimität für sich beanspruchen. Das Problem konkurrierender Regierungen beschäftigte die Praxis der Vereinten Nationen erstmals bei der Frage nach der legitimen Repräsentation Chinas, die die Regierungen der Volksrepublik und Taiwans jeweils für sich beanspruchten. In diesem Zusammenhang verabschiedete die Generalversammlung Resolution 396 (V), in der es hieß: „that, whenever more than one authority claims to be the government entitled to represent a Member State in the United Nations and this question becomes the subject of controversy in the United Nations, the question should be considered in the light of the Purposes and Principles of the Charter and the circumstances of each case“.648 Der Verweis auf die Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen ist auf den ersten Blick nicht weiter hilfreich, da er nur ausspricht, was sich
646
Talmon, in: Goodwin-Gill/Talmon (Hg.), FS Ian Brownlie (1999), 499, 513, der jedoch de lege ferenda dann eine Ausnahme von diesem Grundsatz vorschlägt, wenn eine Regierung massive Menschenrechtsverletzungen oder gar einen Genozid zu verantworten hat. Vgl. auch Kelsen, Principles of International Law (1967), 400, der die Anerkennung einer Regierung für eine notwendige Voraussetzung des Staatscharakters hält, ist die Existenz effektiver Staatsgewalt doch konstitutives Element eines jeden Staates. 647 648
Crawford, BYIL 64 (1993), 113, 129.
GV-Res. 396 (V), Recognition by the United Nations of the representation of a Member State (14. Dez. 1950).
150
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ohnehin aus der Charta ergibt. Konkretisiert wird dieses Erfordernis allerdings in einem Rechtsgutachten des Generalsekretärs.649 Dieses Gutachten bezieht sich auf Art. 4 der UN-Charta, demzufolge die Staaten fähig und willens sein müssen, die sich aus der Charta ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen. Dies sei jedoch nur möglich, wenn die Regierung dazu auch die Fähigkeit besitze und setze somit die Effektivität der Regierungsgewalt voraus.650 Allerdings gilt das Effektivitätsprinzip bei der Anerkennung zweier rivalisierender Regierungen nicht ohne Ausnahme. So vertrat Hans Kelsen, dass eine Exilregierung ohne effektive Kontrolle dann anerkannt bleiben müsse, wenn der Kontrollverlust nur zeitweilig sei. Davon könne ausgegangen werden, wenn die Regierung weiterhin versuche, die Macht mit gewaltsamen Mitteln zurück zu gewinnen.651 Diesem Kriterium fügt die heutige Staatenpraxis jedoch noch ein weiteres hinzu. Allein der Wille, die Macht zurück zu gewinnen, ist nicht ausreichend, um die Exilregierung als wirksamen Vertreter eines Staates anzusehen. Vielmehr muss sie auch einen höheren Grad an Legitimität für sich beanspruchen können. Die überwiegende Auffassung in der Literatur geht davon aus, dass dies in der Regel dann der Fall ist, wenn die Regierung ihre Macht aufgrund einer Willensäußerung des Staatesvolkes ursprünglich erlangt und dann gewaltsam wieder verloren hat.652 Allerdings erscheint es vorzugswürdig, sich auf die im vorherigen Kapitel entwickelten Kriterien zu stützen.653 Insbesondere kann auch eine gewählte Regierung illegitim sein, etwa weil sie nach der Wahl ihre Machtposition missbraucht. Sollte der Putsch eine Reaktion auf diesen Missbrauch der Machtposition sein, kann die alte Regierung nicht mehr als Repräsentant des Staates angesehen werde. Kann die Exilregierung jedoch auch nach dem gewaltsamen Sturz weiterhin als legitimer Vertreter ihres Staates angesehen werden, hat sie die Kompetenz, Maßnahmen zu ergreifen, um die Regierungsgewalt zurück zu erlangen. Relevant wird dies insbesondere in den Fällen, in denen eine gestürzte Re649
UNSG, Memorandum on the Legal Aspects of the Problem of Representation in the United Nations, UN-Dok. S/1466 (8. März 1950), in: IO 4 (1950), 356-360. 650
Ebd., 359.
651
Kelsen, Principles of International Law (1967), 410-11.
652
Roth, Governmental Illegitimacy (1999), 320.
653
S. dazu oben Kap. 2, III 7.
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gierung andere Staaten zu einer gewaltsamen Intervention einlädt. Auf diesen Punkt wird jedoch noch zurückzukommen sein.654
3. Legitimität und Vertragsbindung – die odious debts Doktrin Dass Legitimität kein konstitutives Kriterium für die Anerkennung einer Regierung ist, sondern die Effektivität insoweit ausreicht, hat noch nicht automatisch zur Folge, dass die Regierung auch uneingeschränkt bindende Verpflichtungen für ihren Staat eingehen kann. Die Situation gleicht vielmehr der eines Missbrauchs der Vertretungsmacht. Die Repräsentanten eines Staates haben nach außen eine grundsätzlich unbeschränkte Vertretungsmacht, sind jedoch im Innenverhältnis den eigenen Staatsbürgern gegenüber völkerrechtlich verpflichtet, diese Vertretungsmacht auch in deren Interesse auszuüben.
a. Die odious debts Doktrin in der völkerrechtlichen Literatur Die Diskussion dieser Fallkonstellationen ist nicht neu. Vielmehr wurde schon lange vor der Debatte um die Legitimität von Staatsgewalt diskutiert, ob es nicht bestimmte odious debts gibt, an die ein Staat nach Abtritt der Regierung, die diese Verpflichtungen eingegangen ist, nicht mehr gebunden ist. Die Figur der odious debts geht auf den russischfranzösischen Völkerrechtler Alexandre N. Sack zurück: „Si un pouvoir despotique contracte une dette non pas pour les besoins et dans les intérêts de l’Etat, mais pour fortifier son régime despotique, pour réprimer la population qui le combat, etc., cette dette est odieuse pour la population de l’Etat entier. Cette dette n’est pas obligatoire pour la nation; c’est une dette de régime, dette personnelle du pouvoir qui l’a contractée, par conséquent elle tombe avec la chute de ce pouvoir.“655 Sack sieht also Schulden, die aufgenommen wurden, um ein despotisches Regime zu stützen als persönliche Regimeschuld an, die den Staat nach Abtritt der entsprechenden Regierung nicht mehr bindet. Aus rechtspolitischer Sicht liegen die Vorteile dieser Doktrin auf der Hand: 654
S. dazu ausführlicher unten Kap. 3, II 1 b.
655
Sack, Dettes publiques (1927), 157. Hervorhebung im Original.
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Sie befriedigt nicht nur ein fundamentales Gerechtigkeitsbedürfnis, dass ein Staatsvolk, das unter einem Diktator gelitten hat, nicht auch noch dessen Rechnungen bezahlen muss, sondern sie schreckt auch potentielle Investoren ab, mit illegitimen Regimen zusammenzuarbeiten, und hat somit eine, wenn auch indirekte, wirtschaftliche Sanktionswirkung.656 Der Nachweis der Doktrin im Völkerrecht gestaltet sich dagegen als schwierig. Gegen die Rechtsfigur der odious debts wird oft eingewandt, dass keine ausreichende Staatenpraxis bestehe, um eine gewohnheitsrechtliche Regel begründen zu können.657 Auch wenn es einige positive Präzedenzfälle gibt,658 ist dieser Kritik zuzugestehen, dass sich die odious debts Doktrin in der Staatenpraxis sicherlich noch nicht allgemein durchgesetzt hat.659 Damit ist ihre Existenz jedoch nicht widerlegt. Gerade in einem internationalen Rechtssystem, das ungeschriebene Rechtsnormen immer häufiger nicht allein über die empirisch-induktive Methode identifiziert, sondern sich zunehmend interpretativer Argumentationsmuster bedient,660 gibt es möglicherweise alternative Begründungswege. So versucht etwa Andreas Fischer-Lescano die Rechtsfigur unter Rückgriff auf ius cogens zu rechtfertigen.661 Mit dieser Argumentation wird man jedoch zumindest nicht die Schulden illegitimer Regime per se als
656
Jayachandran/Kremer, Am. Econ. Rev. 96 (2006), 82-92. Für rechtspolitisch eher zweifelhaft halten die odious debts Doktrin Choi/Posner, Odious Debts (2007). Sie bewirke, dass Investoren für Kredite höhere Zinsen verlangten und gäben somit Diktatoren weniger Anreize, auch in Infrastrukturprojekte zu investieren (ebd., 6). Diesem Problem kann jedoch möglicherweise mit einer entsprechenden Differenzierung innerhalb der Doktrin, die ja voraussetzt, dass die Investition nicht im Interesse der Bevölkerung lag, teilweise Rechnung getragen werden. Nicht befriedigt werden mit dieser Differenzierung natürlich solche Kritiker, die, wie Choi und Posner, selbst Militärausgaben und Unterstützungszahlungen für politisch loyale Stützen des Regimes als wohlfahrtsfördernd ansehen (ebd., 11). 657
Paulus, WM 59 (2005), 53, 56; Kleinlein, AVR 44 (2006), 405, 408.
658
Khalfan/King/Thomas, Odious Debt Doctrine (2003), 22-30.
659
Vgl. aber auch Frankenberg/Knieper, RIW 29 (1983), 569, 577, die die odious debts Doktrin – ohne nähere Begründung – für „im Völkerrecht [...] grundsätzlich anerkannt“ halten. 660
S. dazu Kap. 2, I 2.
661
Fischer-Lescano, KJ 36 (2003), 225, 234-35.
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odious debts deklarieren können. Denn selbst wenn man das Legitimitätsprinzip als zwingendes Völkerrecht qualifiziert, dann ist analytisch immer noch zwischen der Illegitimität des Regimes und dessen Berechtigung zum Vertragsschluss zu unterschieden. Ähnlich wie bei der allgemeinen Völkerrechtssubjektivität führt erstere noch nicht automatisch zum Ausschluss der letzteren. Man mag diskutieren, ob bei Darlehen, die zur Finanzierung eines bestimmten durch zwingendes Völkerrecht geächteten Zwecks dienen, nicht der illegale Zweck auch auf das Deckungsgeschäft durchschlägt.662 Dass der illegale Zweck beiden Vertragspartnern bekannt ist, wird sich in der Praxis jedoch selten nachweisen lassen.663 Aussichtsreicher mag es dagegen sein, die Rechtsfigur der odious debts im Wege der Analogie zu gewinnen, weil sie mit anderen Wertungen der Völkerrechtsordnung konsistent ist. Allerdings ist die methodische Figur der Analogie im Völkerrecht nicht unproblematisch.664 Daher soll im Folgenden zunächst auf deren Voraussetzungen eingegangen werden (b.), bevor eine Begründung der odious debts Doktrin im Wege der Analogie versucht wird (c.).
b. Die Analogie im Völkerrecht Die Analogie entspricht einem grundlegenden Bedürfnis rechtlicher Argumentation – dem Streben nach Konsistenz und Widerspruchsfreiheit. Mit Hilfe dieses methodischen Instruments soll sichergestellt werden, dass Widersprüche und Wertungsgegensätze innerhalb der Rechtsordnung vermieden werden.665 Die Herausbildung eines einheitlichen Ordnungssystems und die damit verbundene Vermeidung von Inkonsistenzen liegt einer Reihe von Entwicklungen zugrunde, die von vielen wissenschaftlichen Autoren als Konstitutionalisierung des Völkerrechts beschrieben wird.666 Dies gilt insbesondere für die Herausbildung von 662
So implizit ebd., 235.
663
Kleinlein, AVR 44 (2006), 405, 409; ähnlich auch Kämmerer, ZaöRV 65 (2005), 651, 655. 664
Für eine ausführliche Aufarbeitung des Diskussionsstandes s. Vöneky, Analogy, in: Wolfrum (Hg.), EPIL (2008), i.E. 665 666
Canaris, Systemdenken (1969), 16.
Grundlegend Verdross, Verfassung der Völkerrechtsgemeinschaft (1926); Scelle, in: Strasbourg (Hg.), FS Carré de Malberg (1933), 501-16. Zur aktuellen
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Normenhierarchien. Doch selbst wenn man die derzeitige Entwicklung des Völkerrechts aus einem anderen Blickwinkel betrachtet und vielmehr die Herausbildung spezialisierter Teilsysteme und damit die Fragmentierung der Gesamtordnung in den Vordergrund stellt,667 stellt man damit noch nicht die Kohärenz der Völkerrechtsordnung insgesamt und damit die Möglichkeit der Analogiebildung in Frage. Vielmehr setzt die Analogie nur eine Kohärenz der jeweiligen Teilsysteme voraus, innerhalb derer die Analogie gebildet werden soll. Schwierigkeiten bereitet dann nur die Übertragung von Sätzen eines Teilsystems in ein anderes, nicht jedoch die Analogie innerhalb eines speziellen Regimes. Gleichsam ist eine Analogiebildung innerhalb des allgemeinen Völkerrechts möglich, begreift man dieses als einheitliches System. Dass daneben möglicherweise spezielle Regime mit eigenen Wertungen existieren, ist dafür unschädlich. Die mögliche Fragmentierung, wenn man sie denn so bezeichnen möchte, setzt der Analogiebildung damit Grenzen, stellt sie jedoch nicht grundsätzlich in Frage. Gegen die Analogie könnte man jedoch einwenden, dass das Völkerrecht überall dort, wo aus den klassischen drei Quellen des Völkerrechts keine Regeln hergeleitet werden können, die Staaten grundsätzlich über Handlungsfreiheit verfügen.668 Eine solche Denkweise mag für hoheitliche Ordnungssysteme passend sein, die den Rechtssubjekten entweder Ge- oder Verbote auferlegen.669 So gibt es etwa in vielen nationalen Strafrechtsordnungen Analogieverbote. Ist ein Verhalten dort nicht geregelt, dann ist es auch nicht strafbar. Allerdings passt es nicht für Koordinationsordnungen wie das Völkerrecht,670 in denen unDebatte um die Konstitutionalisierungsthese, bei der es sich keineswegs um eine einheitliche Schule handelt, s. etwa die unterschiedlichen Beiträge von Fassbender, Security Council Reform (1998); Tomuschat, RdC 281 (1999), 13-438; Walter, GYIL 44 (2001), 170-201; Dupuy, RdC 297 (2002), 9-489; v. Bogdandy, Harv. Int’l L.J. 47 (2006), 223-42; Peters, LJIL 19 (2006), 579-610; Kadelbach/ Kleinlein, AVR 44 (2006), 235-66; dies., GYIL 50 (2007), 303-47. 667
So etwa Koskenniemi/Leino, LJIL 15 (2002), 553-79; Fischer-Lescano/ Teubner, Mich. J. Int’l L. 25 (2004), 999-1046. 668
Dieses Argument liegt dem Lotus-Prinzip zugrunde, s. nur StIGH, Urt. v. 7. Sept. 1927, Lotus, Serie A, Nr. 10, S. 18. 669 670
Vgl. Verdross, Verfassung der Völkerrechtsgemeinschaft (1926), 71.
Das Völkerrecht ist über den Status einer reinen Koordinationsordnung mittlerweile weit hinaus. Allerdings bleibt es deswegen immer noch auch eine Koordinationsordnung, selbst wenn es nicht mehr nur eine solche ist.
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terschiedliche Freiheitssphären von Rechtssubjekten gegeneinander abgegrenzt werden müssen.671 Für die Abgrenzung dieser Freiheitssphären muss zwingend auf externe Wertungen zurückgegriffen werden.672 Bestätigt werden diese Überlegungen durch die Wertungen der völkerrechtlichen Quellenlehre. Werden nämlich die allgemeinen Rechtsgrundsätze von Art. 38 lit. c des IGH-Statuts673 zumindest teilweise im Wege des Analogieschlusses zu innerstaatlichen Normen gewonnen,674 dann muss eine solche Analogie erst recht zulässig sein, wenn bereits das Völkerrecht entsprechende, für diese Situation relevante Wertungen enthält.675 Eine Einschränkung ist in dieser Hinsicht allerdings zu machen: Ein aus einer Analogie gewonnener Rechtssatz kann nur diejenigen Staaten binden, die auch an die Regel oder das Prinzip gebunden waren, zu der die Analogie gezogen wurde. Mittels Analogie zu einer vertraglichen Bestimmung, die nicht universelles Gewohnheitsrecht widerspiegelt, kann also kein universeller Rechtssatz gewonnen werden, wohl aber einer, der die entsprechenden Vertragsparteien bindet. Die Analogie setzt die Existenz einer Regelungslücke voraus und muss mit einer bereits anerkannten Norm vergleichbar sein.676 Bereits das Aufspüren der Regelungslücke ist jedoch keine rein tatsächliche Angelegenheit, sondern ist von Wertungen abhängig.677 Gegen die Herleitung der odious debts Doktrin im Wege der Analogie könnte etwa eingewandt werden, dass in diesem Fall überhaupt keine Lücke bestehe, da die Situation bereits durch den Grundsatz pacta sunt servanda geregelt werde. Allerdings sind rechtliche Regeln selten auf alle potentiell auftretenden Lebenssachverhalte exakt zugeschnitten.678 Vielmehr umfassen sie oft Sachverhalte, die sie – nach dem Willen der Regelsetzer oder den Wertungen der Rechtsordnung – nicht umfassen sollen, während sie andere Fälle, die sie umfassen sollen, nicht umfassen. So ergibt sich etwa aus der Wiener Vertragsrechtskonvention, dass der Grundsatz 671
Fastenrath, Lücken (1990), 247-48.
672
S. dazu auch oben Kap. 2, I 4 b.
673
S.o. Fn. 259.
674
S. dazu Kap. 2, I 4 c.
675
Bleckmann, AVR 17 (1977), 161, 168.
676
Vöneky, Analogy, in: Wolfrum (Hg.), EPIL (2008), i.E.
677
Vgl. Canaris, Lücken im Gesetz (1964), 71-73.
678
Koskenniemi, From Apology to Utopia (2005), 591.
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pacta sunt servanda nicht absolut gilt. Vielmehr sehen die Art. 42-64 WVRK verschiedene Ausnahmen vor. Eine Lücke würde, will man Wertungswidersprüche innerhalb der Rechtsordnung vermeiden, schon dann bestehen, wenn diese Ausnahmen nicht vollständig sind, es also Situationen gibt, die wertungsmäßig mit den ausdrücklich aufgeführten Situationen vergleichbar sind, die in den speziellen Vorschriften aber nicht geregelt sind. Der wertende Vergleich des Analogieschlusses dient damit nicht nur dem Ausfüllen, sondern bereits dem Aufspüren einer Lücke.679
c. Odious debts und Missbrauch der Vertretungsmacht Es gibt zwei Arten des Analogieschlusses, die Einzelanalogie und die Gesamtanalogie.680 Bei ersterer wird eine Analogie zu einer konkreten Regel gezogen. Diese Regel bzw. ihre Rechtsfolge wird über ihren ursprünglichen Anwendungsbereich hinaus auf einen weiteren Anwendungsfall erstreckt. Einen solchen spezifischen Rechtssatz, der geeignet wäre, die odious debts Doktrin mittels eines Analogieschlusses zu begründen, wird man im Völkerrecht jedoch nicht finden. Im Folgenden soll vielmehr eine Gesamtanalogie versucht werden. Bei dieser wird zunächst aus der Zusammenschau mehrerer Rechtssätze induktiv ein gemeinsames Prinzip erschlossen, aus dem dann für den zu untersuchenden Fall eine konkrete Regel im Wege der Analogie begründet wird. Übertragen wird damit ein Rechtsgedanke, der sich aus anderen Sätzen der Rechtsordnung herauskristallisieren lässt. Wie eingangs ausgeführt, gleicht die Frage der odious debts den Situationen des Missbrauchs der Vertretungsmacht, in denen der Repräsentant eine überschießende Außenvollmacht nutzt, um Geschäfte abzuschlie-
679 680
Canaris, Lücken im Gesetz (1964), 72.
In der juristischen Methodenlehre der deutschen Rechtswissenschaft werden diese beiden Formen des Analogieschlusses oft mit den Begriffen der Gesetzes- und der Rechtsanalogie bezeichnet. Die hier verwendete Terminologie erscheint mir jedoch präziser, da Einzelanalogien, wie das Beispiel des Völkerrechts plastisch zeigt, nicht zwingend zu Gesetzen gezogen werden müssen, Larenz, Methodenlehre (1991), 383.
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ßen, zu denen er im Innenverhältnis nicht berechtigt ist.681 Diese Rechtsfigur geht auf das Verbot des allgemeinen Rechtsmissbrauchs zurück,682 das auch im Völkerrecht anerkannt ist.683 In den Fällen des Missbrauchs der Vertretungsmacht geht es immer um eine Interessenabwägung zwischen der Wahrung des Interesses des Vertretenen und dem Vertrauensschutz des Vertragspartners bzw. der allgemeinen Rechtssicherheit.684 Ein Ausgleich zwischen diesen beiden konkurrierenden Interessen wird auch in der Wiener Vertragsrechtskonvention685 vorgenommen. Die zentrale Norm für den Missbrauch der Vertretungsmacht ist Art. 47 WVRK. Diese Norm sieht vor, dass eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Repräsentanten den Vertragspartnern nur dann entgegengehalten werden kann, wenn diese Beschränkung letzteren zuvor ausdrücklich notifiziert worden ist. Sie stellt die Rechtssicherheit und den Vertrauensschutz der Vertragspartner ganz in den Vordergrund.686 Allerdings passt sie aus zwei Gründen nicht auf die Konstellation der odious debts. Zum einen geht sie davon aus, dass der Repräsentant die Interessen nicht nur des Staates, sondern auch der Regierung verletzt. Wird nämlich ein Ratifikationsverfahren nachgeschaltet, bei dem die Regierung oder das Gesetzgebungsorgan eine Kontrollmöglichkeit hat, soll Art. 47 WVRK nach überwiegender Ansicht nicht gelten.687 Zum anderen betrifft die Norm eine Konstellation, in der eine interne Restriktion der Vertretungsmacht verletzt wird. In den Fällen der odious debts geht es jedoch um die Verletzung einer völkerrechtlichen Verpflichtung. Während Art. 47 WVRK eine relativ formale Lösung wählt, bei der der Vertrauensschutz der Vertragspartner der entscheidende Gesichtspunkt ist, trifft die Konvention an anderen Stellen durchaus eine Abwägung 681
Ein ähnlicher, auf den Gedanken des Missbrauchs der Vertretungsmacht zurückgehender Begründungsansatz findet sich auch bei Khalfan/King/Thomas, Odious Debt Doctrine (2003), 36-39. 682
Vedder, Missbrauch der Vertretungsmacht (2007), 48.
683
Grundlegend Politis, RdC 6 (1925), 86-109. S. im Übrigen stellvertretend Kiss, L’abus de droit (1953); Bleckmann, Methoden (1982), 253. 684
Vgl. Paulus, WM 59 (2005), 53, 55.
685
S.o. Fn. 344.
686
Martin-Bidou, in: Corten/Klein (Hg.), Conventions sur le droit des traités (2006), Art. 47, Rn. 2. 687
Aust, Treaty Law (2000), 254.
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zwischen Vertrauensschutz und Interessenverletzung. Dabei erkennt sie an, dass es Situationen gibt, in denen ein Staat nicht an einen Vertrag gebunden ist, obwohl der Repräsentant formal zur Vertretung berechtigt war. Ein völkerrechtlicher Vertrag ist ungültig, wenn ein Repräsentant getäuscht,688 bestochen689 oder gezwungen690 worden ist.691 In diesen Fällen wird ein Staat nicht an einen Vertrag gebunden, der mutmaßlich gegen seine Interessen verstößt. Sicherlich spielt in den meisten dieser Fälle der Vertrauensschutz des Vertragspartners keine überragende Rolle. Ist er Urheber der Täuschungs-, Bestechungs- oder Zwangshandlung, verdient er keinen Schutz. Jedoch können auch Vertragspartner betroffen sein, die an den Handlungen, die die Unwirksamkeit begründen, nicht beteiligt gewesen sind. Dies können in einem multilateralen Vertrag etwa die nicht für die Täuschung oder Drohung verantwortlichen Vertragsparteien sein. In bilateralen Verträgen verlangt Art. 51 WVRK – im Gegensatz zu Art. 49 und 50 WVRK – auch nicht, dass die Zwangsausübung durch den Vertragspartner erfolgen musste. Sie kann auch durch einen Dritten vorgenommen werden. In diesen Fällen wird der Vertrauensschutz durch Art. 69 WVRK gewährleistet. Handelte ein Staat in gutem Glauben, wird das Vertragsverhältnis nicht rückabgewickelt.692 Vielmehr behalten die unter dem Vertrag ausgeführten Akte ihre Gültigkeit. Diesen Regelungen lässt sich demnach der allgemeine Rechtsgedanke entnehmen, dass Repräsentanten, die nicht im Interesse ihres Staates handeln, diesen nicht wirksam binden können, wenn dem Vertrauensschutz des Vertragspartners ausreichend Rechnung getragen ist. Überträgt man den Rechtsgedanken dieser Bestimmungen auf die Fälle der odious debts, dann sind Staaten nach einem Regierungswechsel zumindest dann nicht mehr an Verträge gebunden, die nicht im Interesse des Staates lagen, wenn der Vertragspartner von diesem Umstand Kenntnis hatte. Rechtspraktisch ergibt sich in diesen Fällen das Problem, dass das Interesse der Bevölkerung an bestimmten völkerrechtlichen Verträgen 688
Art. 49 WVRK.
689
Art. 50 WVRK.
690
Art. 51 WVRK.
691
Zur Vergleichbarkeit der Fälle der Täuschung und Drohung mit denen des Missbrauchs der Vertretungsmacht s. ausführlich Vedder, Missbrauch der Vertretungsmacht (2007), 47-51. 692
Art. 69 (2) lit. b WVRK.
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im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein wird. Insbesondere Darlehensverträge sind in dieser Hinsicht grundsätzlich neutral. Es kommt vielmehr auf die konkrete Verwendung der Mittel an. Daher würde eine Einzelfallbetrachtung zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Die Alternative ist eine abstrakte Unterscheidung, die sich am Legitimitätsprinzip orientiert. Wie wir gesehen haben, ist die Repräsentativität, das Handeln im Interesse der Staatsbürger, ein entscheidendes Kriterium für die Legitimität einer Regierung.693 Da der Legitimitätsstandard ein genereller ist, der sich auf das Regierungssystem und nicht auf einzelne Regierungshandlungen bezieht, bedeutet dies nicht, dass jegliche Akte einer legitimen Regierung per definitionem zwingend im Interesse der Bevölkerung liegen. Ist eine Regierung jedoch nach den hier ausgearbeiteten Standards als legitim anzusehen, dann besteht eine Vermutung, dass die von ihr abgeschlossenen Verträge auch dem Interesse der von ihr vertretenen Bevölkerung dienen. Diese Vermutung ist unwiderleglich, da eine widerlegliche Vermutung die Rechtssicherheit zu sehr gefährden würde. Ist eine Regierung dagegen illegitim, wird diese Vermutungsregel umgekehrt. In diesem Fall allerdings ist sie eine widerlegliche. Da der Vertragspartner grundsätzlich ein Interesse am Bestand des Vertrages hat, treten Erwägungen der Rechtssicherheit in den Hintergrund, so dass ein Vertrag dann Bestand hat, wenn er nachweislich der gesamten Bevölkerung und nicht nur der Regierung zugute kommt. Gerade bei Kreditverträgen wird ein solcher Beweis jedoch schwer fallen. In diesen Fällen verliert der Kreditgeber nicht nur seinen Zins-, sondern auch seinen Rückzahlungsanspruch.694 Da die Regierung den Staat nicht wirksam verpflichten konnte, werden aus den Staatsschulden Regimeschulden, so dass sich der Rückzahlungsanspruch gegen die illegitime Regierung und nicht gegen den von ihr vertretenen Staat richtet.
693 694
S.o. Kap. 2, II 3 und III 7.
Dies geht auf einen römisch-rechtlichen Grundsatz zurück, demzufolge derjenige, der wissentlich eine Leistung zu einem beiderseits sittenwidrigen Vertrag erbringt, diese nicht zurückfordern kann, s. dazu Honsell, Sittenwidrige und verbotene Geschäfte (1974), 85; Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 14 (in Fn. 20). Dieser Grundsatz kann als allgemeiner Rechtsgrundsatz de foro domestico i.S.v. Art. 38 (1) lit. c des IGH-Statuts auch als Teil des Völkerrechts angesehen werden.
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II. Demokratie und Realismus: Die demokratische Intervention Eine Untersuchung zu dem Bestehen eines völkerrechtlichen Prinzips ist unvollständig, wenn man sich nicht Gedanken über dessen Durchsetzung macht. In diesem Zusammenhang springt in erster Linie die Möglichkeit einer gewaltsamen Intervention zur Sanktionierung von Verletzungen des Legitimitätsprinzips ins Auge. Diese Frage ist in dieser Abhandlung bereits bei der Untersuchung der internationalen Praxis zur Herausbildung eines Demokratieprinzips angerissen worden.695 Allerdings war dort ein anderer Gesichtspunkt ausschlaggebend. Dort haben wir einzelne Fälle demokratischer Interventionen untersucht und anhand der Reaktionen der internationalen Gemeinschaft auf die Herausbildung einer entsprechenden Rechtsüberzeugung hin analysiert. In diesem Abschnitt soll dagegen die dogmatische Rechtfertigung einer demokratischen Intervention Gegenstand der Untersuchung sein. Dabei wird es auch nicht um die demokratische Intervention im strengen Sinne gehen, haben wir doch im vorhergehenden Kapitel festgestellt, dass das Völkergewohnheitsrecht kein striktes Demokratieprinzip kennt. Vielmehr geht es im Folgenden um Fälle, in denen ein Regime das Prinzip der demokratischen Teleologie verletzt. Für die Frage der militärischen Intervention sind dabei zwei Konstellationen von besonderem Interesse. Zum einen der Fall des Rückschritts im Demokratisierungsprozess, also das Eingreifen der UN oder von Staaten auf unilateraler Basis zur Unterstützung einer gewählten Regierung, wenn diese gewaltsam gestürzt worden ist. Zum anderen der Fall einer Intervention gegen ein sich selbst bereicherndes oder systematisch gegen grundlegende Menschenrechte verstoßenden Regimes, der eher der Konstellation einer klassischen humanitären Intervention entspricht. In diesem Zusammenhang sollen im Folgenden drei Punkte näher ins Auge gefasst werden. Zunächst betrachten wir die Rechtfertigung unilateraler Interventionen (1.). Anschließend soll die kollektive, durch den UN-Sicherheitsrat ermächtigte Intervention in den Blick genommen werden (2.). In einem letzten Teil wird schließlich die Zulässigkeit nichtmilitärischer Sanktionen analysiert (3.).
695
S.o. Kap. 2, III 6.
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1. Die unilaterale demokratische Intervention Die zentrale Norm bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer demokratischen Intervention ist das völkerrechtliche Gewaltverbot, Art. 2 (4) der UN-Charta.696 Ausdrücklich sind in der UN-Charta nur zwei Ausnahmen zu diesem vorgesehen: zum einen das Recht auf Selbstverteidigung in Art. 51 der UN-Charta und eine Ermächtigung durch den Sicherheitsrat in Art. 42 der UN-Charta. Eine unilaterale demokratische Intervention fällt prima facie weder unter die eine noch unter die andere Ausnahme. Daneben werden jedoch in der völkerrechtlichen Literatur noch verschiedene ungeschriebene Ausnahmen vom Gewaltverbot diskutiert. Deren wichtigste ist die humanitäre Intervention, als deren Unterfall die demokratische Intervention zu qualifizieren wäre. Die in der völkerrechtlichen Debatte vertretenen Positionen hängen dabei nicht unerheblich von den methodischen Prämissen ab, die den rechtlichen Argumenten zugrunde liegen.697 Im Wesentlichen kann man dabei zwischen drei Argumentationsstrategien unterscheiden. Ein subjektiv-historischer Ansatz orientiert sich eng am Wortlaut der UN-Charta und der ursprünglichen Intention der Vertragsparteien (a.). Der subjektivdynamische Ansatz hält an der subjektiven Perspektive fest und versucht für die rechtliche Argumentation ebenfalls auf den „Willen“ der Staaten abzustellen. Maßstab für diesen ist jedoch nicht mehr der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern vielmehr die gegenwärtige Praxis (b.). Der objektiv-dynamische Ansatz schließlich löst sich vollkommen von der subjektiven, auf den Willen der Staaten abstellenden Sichtweise. Vielmehr werden über das Instrument der Güterabwägung moralische Gesichtspunkte in die rechtliche Argumentation einbezogen (c.).
a. Subjektiv-historische Interpretation der UN-Charta Die lange Zeit eindeutig überwiegende Ansicht in der Völkerrechtswissenschaft ging von der absoluten Unzulässigkeit der Anwendung von militärischer Gewalt aus, die nicht entweder durch den Sicherheitsrat nach Art. 42 der Charta ermächtigt worden oder als Selbstverteidigung
696 697
S.o. Fn. 354.
Holzgrefe, in: Holzgrefe/Keohane (Hg.), Humanitarian Intervention (2003), 15, 38, differenziert etwa zwischen dem „classicist view“ und „legal realism“.
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Kapitel 3
nach Art. 51 der Charta gerechtfertigt ist.698 Die Befürworter dieser Sichtweise stützen sich dabei vor allem auf den Wortlaut von Art. 2 (4) der UN-Charta, indem sie die Norm als absolutes Gewaltverbot interpretieren. Allerdings ist diese Wortlautauslegung nicht unbestritten geblieben. So wird darauf verwiesen, dass in Art. 2 (4) UN-Charta „[the] use of force against the territorial integrity or political independence, or in any other manner inconsistent with the Purposes of the United Nations“ verboten wird. Ausgehend von diesem Wortlaut wird argumentiert, dass die Norm militärische Gewalt nicht per se verbiete, sondern nur soweit sie gegen die aufgezählten Schutzgüter gerichtet sei.699 Dabei werden die Begriffe der territorialen Integrität und der politischen Unabhängigkeit eng ausgelegt.700 Selbst wenn man dieser einschränkenden Auslegung folgte, ist nur schwer einzusehen, wie eine Intervention, die auf den Sturz der Regierung zur Installierung einer neuen Staatsform abzielt, nicht gegen die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtet sein soll.701 Vielmehr zeigt die Entstehungsgeschichte der Norm, dass die Verwendung der Begriffe der territorialen Integrität und der 698
Brownlie, in: Moore (Hg.), Civil War (1974), 217-28; Westerdiek, AVR 21 (1983), 383, 394; Verdross/Simma, Völkerrecht (1984), § 473; Verwey, NILR 32 (1985), 357-418; Beyerlin, Humanitarian Intervention, in: Bernhardt (Hg.), EPIL II (1995), 926, 928; Kimminich, AVR 33 (1995), 430, 455; Charney, Am. J. Int’l L. 93 (1999), 834-41; Bothe/Martenczuk, VN 47 (1999), 125-32; Krisch, Max Planck UNYB 3 (1999), 59-103; Simma, EJIL 10 (1999), 1-22; Kohen, RBDI 32 (1999), 122-48; Byers/Chesterman, in: Holzgrefe/Keohane (Hg.), Humanitarian Intervention (2003), 177-203. 699
Reisman, in: Lillich (Hg.), Humanitarian Intervention (1973), 167, 177; Lillich, in: Moore (Hg.), Civil War (1974), 229, 237; Ermacora, in: Kipp/Mayer/ Steinkamm (Hg.), FS von der Heydte (1977), 147, 163-71; D’Amato, Am. J. Int’l L. 84 (1990), 516, 520; Halberstam, Harv. Int’l L.J. 34 (1993), 163, 167; Doehring, Völkerrecht (2004), Rn. 1012-14. Weitergehend sogar noch Reisman, Am. J. Int’l L. 78 (1984), 642, 643-44, der sich gegen eine „mechanische Interpretation“ von Art. 2 (4) der UN-Charta wendet. 700 701
D’Amato, Am. J. Int’l L. 84 (1990), 516, 520.
D’Amato beschränkt den Begriff der politischen Unabhängigkeit auf Kolonialisierung, Annexion und Einverleibung, führt jedoch keine nähere Begründung an, ebd. Dagegen zu Recht Schachter, International Law (1991), 118, der dies eine „Orwellian interpretation“ nennt. Kohen, RBDI 32 (1999), 122, 134, lehnt die Interpretation d’Amatos mit dem Argument ab, dass es bei der Bewertung, ob die territoriale Integrität eines Staates verletzt sei, nicht auf die Intention des Intervenienten ankommen könne.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
163
politischen Unabhängigkeit nicht dazu dienen sollte, das Gewaltverbot in irgendeiner Weise einzuschränken.702 Die Termini wurden vielmehr auf Wunsch mehrerer kleinerer Staaten hinzugefügt, um diese beiden Aspekte besonders zu betonen. Zudem ist ein Vorschlag Frankreichs, eine ausdrückliche Ausnahme zugunsten der humanitären Intervention in die Charta aufzunehmen, in der Konferenz von San Francisco als zu vage und unbestimmt abgelehnt worden.703 Bei den Schutzgütern in Art. 2 (4) handelt es sich somit allein um eine beispielhafte Aufzählung. Einen anderen Ansatz schlägt Felix Ermacora vor. Er begründet eine einschränkende Auslegung von Art. 2 (4) der UN-Charta mit einer entsprechenden Interpretation der Aggressionsdefinition704 der UN-Generalversammlung.705 Diese enthält in Art. 7 eine Bestimmung, derzufolge „nothing in this definition [...] could in any way prejudice the right to self-determination, freedom and independence, as derived from the Charter, of peoples forcibly deprived of that right and referred to in the Declaration on Principles of International Law concerning Friendly Relations [...], particularly colonial and racist régimes or other forms of alien domination; nor the right of these peoples to struggle to that end and to seek and receive support, in accordance with the principles of the Charter and in conformity with the above mentioned Declaration“. Die Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts der Völker sei damit als Ausnahme vom Gewaltverbot durch Resolution 3314 (XXIX) aus-
702
Brownlie, in: Moore (Hg.), Civil War (1974), 217, 222-23; Verdross/Simma, Völkerrecht (1984), § 469; Verwey, NILR 32 (1985), 357, 380; Corten/ Klein, Droit d’ingérence (1996), 186; Kimminich, AVR 33 (1995), 430, 440; Charney, Am. J. Int’l L. 93 (1999), 834, 835; Bothe/Martenczuk, VN 47 (1999), 125, 129; Krisch, Max Planck UNYB 3 (1999), 59, 87; Randelzhofer, in: Simma (Hg.), UN Charter (2002), Art. 2 (4), Rn. 35-36. 703
Franck, in: Holzgrefe/Keohane (Hg.), Humanitarian Intervention (2003), 204, 207. 704
GV-Res. 3314 (XXIX), Definition of Aggression (14. Dez. 1974), UN GAOR 29th Sess., Supp. No. 31 (1974). 705
Ermacora, in: Kipp/Mayer/Steinkamm (Hg.), FS von der Heydte (1977), 147, 163-64.
164
Kapitel 3
drücklich vorgesehen.706 Dieser Schluss kann jedoch aus mehreren Gründen nicht überzeugen. Zum einen zeigt die Aufzählung, die Kolonialherrschaft, Apartheid und andere Formen von Fremdherrschaft in den Vordergrund rückt, dass Art. 7 offensichtlich auf die externe und nicht die interne Seite des Selbstbestimmungsrechts abzielt. Selbst wenn man dieser Interpretation aufgrund des nicht abschließenden Charakters der Aufzählung („particularly“) jedoch nicht folgt, gilt es zu begründen, warum Art. 7 eine Ausnahme zum Gewaltverbot darstellen könnte. Die Bestimmung verweist lediglich darauf, dass die Aggressionsdefinition das Recht auf Selbstbestimmung nicht einschränke. Über die Reichweite und die Mittel der Durchsetzung sagt sie positiv jedoch nichts aus. Vielmehr wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts „in accordance with the provisions of the Charter“ erfolgen müsse, die jedoch gerade Gegenstand unserer Diskussion sind. Insofern kann man sie nicht zur einschränkenden Interpretation von Art. 2 (4) der UN-Charta heranziehen, ohne sich dem Vorwurf der zirkulären Argumentation auszusetzen.
b. Subjektiv-dynamische Interpretation: Gewohnheitsrechtliche Ausnahme vom Gewaltverbot Teilweise wird in der völkerrechtlichen Literatur angenommen, dass sich für die humanitäre Intervention eine gewohnheitsrechtliche Ausnahme neben der UN-Charta gebildet habe.707 Legt man jedoch eine textbezogene, historische Methode der völkerrechtlichen Rechtsfindung zugrunde, begegnet diese Auffassung dogmatischen Schwierigkeiten. Jedoch gibt es verschiedene Ansätze, einer dynamischen Entwicklung des Völkerrechts Rechnung zu tragen. Teilweise wird vertreten, dass die nachträgliche Herausbildung von Gewohnheitsrecht Vertrags706
Ermacora erweitert diese Ausnahme auch noch auf den Schutz der Menschenrechte, indem er auf den in Art. 7 enthaltenen Verweis auf die Friendly Relations Declaration abstellt, ebd., 164. 707
Lillich, Iowa L. Rev. 53 (1967), 325-51; ders., in: Moore (Hg.), Civil War (1974), 229, 231-44; Kadelbach, Zwingendes Völkerrecht (1992), 233-34; Currie, Can. Y.B. Int’l L. 36 (1998), 303, 330; Abiew, Humanitarian Intervention (1999), 132; Wedgwood, Am. J. Int’l L. 93 (1999), 828, 833. Ein im Entstehen begriffenes Gewohnheitsrecht erkennt Cassese, EJIL 10 (1999), 791-99. Gegen die Herausbildung einer entsprechenden opinio iuris wenden sich dagegen etwa Nolte, ZaöRV 59 (1999), 941-60; Corten, RTDH 11 (2000), 695, 696-700.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
165
recht überlagern könne,708 da das Völkerrecht keine actus contrarius Doktrin kenne, die Abänderung einer Norm also nicht auf demselben Wege erfolgen müsse wie ihre Etablierung.709 Andere Autoren stützen sich auf Art. 31 (3) lit. b WVRK und sehen die internationale Praxis nicht nur als Indikator für die Herausbildung von Völkergewohnheitsrecht, sondern auch als Instrument der dynamischen Vertragsauslegung.710 Beide Ansätze beziehen sich, wie die klassische, historische Auslegung, auch auf den Staatenwillen, stellen jedoch auf einen anderen Zeitpunkt ab. Entscheidend ist nicht mehr der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern die gegenwärtige Interpretation der Normen durch die Vertragsparteien, die durch die nachträgliche Vertragspraxis und die Reaktion der anderen Parteien auf diese zum Ausdruck gebracht wird. Selbst wenn man jedoch einen dynamischen Ansatz verfolgt und auf die entsprechende Staatenpraxis abstellt, lässt sich, zumindest für die demokratische Intervention, keine Herausbildung einer entsprechenden Gewohnheit feststellen.711 Wir haben bereits gesehen, dass die möglichen Präzedenzfälle in dieser Hinsicht, die Interventionen der USA in Grenada, Panama und im Irak von der internationalen Gemeinschaft mit großer Mehrheit verurteilt worden sind.712 Dem könnte man entgegenhalten, dass diese Aktionen sich auf die klassische demokratische Intervention bezogen, die Zwangsdemokratisierung eines Landes, nicht jedoch auf die dem teleologischen Demokratieprinzip entsprechende Verhinderung von Rückschritten im Demokratisierungsprozess. In der Tat lässt sich dazu ein potentieller Präzedenzfall ausfindig machen, nämlich die Interventionen Nigerias in Sierra Leone. Zwar gibt es für die Intervention in Sierra Leone eine Autorisierung durch den Sicherheitsrat. Allerdings erfolgte diese erst nachträglich. Die Legalisierungswirkung nachträglicher Sicherheitsratsresolutionen ist je-
708
Kontou, Termination of Treaties (1994); Villiger, Customary Law & Treaties (1997), 206-8. 709
Pauwelyn, Conflict of Norms (2003), 133.
710
S. dazu Farer, in: Damrosch/Scheffer (Hg.), Law and Force (1992), 184-
201. 711
Ebenso Wippman, Houston J. Int’l L. 19 (1997), 659, 677; Bothe, Friedenssicherung und Kriegsrecht, in: Vitzthum (Hg.), Völkerrecht (2004), Rn. 22. 712
S.o. Kap. 2, III 6 a.
166
Kapitel 3
doch sehr zweifelhaft.713 Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass die Intervention keine Ermächtigung durch den Sicherheitsrat besaß, handelt es sich nicht um einen Präzedenzfall für eine demokratische Intervention, sondern vielmehr um einen Fall einer Intervention auf Einladung.714 Nigeria ist durch den gestürzten Präsidenten Kabbah ausdrücklich zum militärischen Eingreifen ermächtigt worden. Der Fall zeigt vielmehr, dass bei der Rechtsfigur der Intervention auf Einladung das Effektivitätsprinzip nicht mehr das allein ausschlaggebende Kriterium für die Kompetenz einer Regierung, eine solche Einladung auszusprechen, ist. Vielmehr stellt das heutige Völkerrecht auf die Repräsentativität der Regierung ab.715 Für letztere besteht dann eine Vermutung, wenn die gestürzte Regierung einen höheren Grad an Legitimität hat als die durch den Umsturz an die Macht gekommene716 – selbst dann, wenn letztere die alleinige effektive Kontrolle besitzt.717 Eine Intervention zur Wiederherstellung der Demokratie ist demnach nur zulässig, wenn sie auf Einladung der legitimen, durch einen Putsch gestürzten Regierung erfolgte.718 Im Übrigen ist der Sturz einer illegitimen Regierung mittels einer unilateralen Intervention dagegen grundsätzlich unzulässig. Es mag hier dahingestellt bleiben, ob sich in der Staatenpraxis ein Recht zur unilateralen humanitären Intervention in
713
Ress/Bröhmer, in: Simma (Hg.), UN Charter (2002), Art. 53, Rn. 13-19 m.w.N. 714
Nowrot/Schabacker, Am. U. Int’l L. Rev. 14 (1998), 321, 400-2; Nolte, Eingreifen auf Einladung (1999), 406-8; Lange, EuGRZ 26 (1999), 313, 314; Goldmann, Max Planck UNYB 9 (2005), 457, 471-72. 715
Nolte, Eingreifen auf Einladung (1999), 600.
716
S. dazu auch die Ausführungen oben in Kap. 3, I 2.
717
Hargrove, in: Damrosch/Scheffer (Hg.), Law and Force (1991), 113, 121; Nolte, Eingreifen auf Einladung (1999), 600; Wippman, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 293, 300. 718
Zwar wendet Halberstam, Harv. Int’l L.J. 34 (1993), 163, 167, ein, dass es keinen Unterschied machen könne, ob eine Einladung vorliege oder nicht. Jedoch erscheint die Konstruktion einer „Befreiung“ wider Willen schon normativ seltsam, mag der zu Befreiende gute Gründe haben, bestimmte potentielle Intervenienten aus der Sache herauszuhalten. Zudem wird sie auch – wie dargestellt – nicht durch die Staatenpraxis gestützt.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
167
Fällen extremer Notwendigkeit herausgebildet hat,719 oder die Illegalität dieser Intervention zumindest stillschweigend als legitim geduldet werden kann.720 Die bloße Illegitimität einer Regierung begründet eine solche extreme Notwendigkeit jedenfalls nicht.
c. Einschränkung des Gewaltverbots durch Güterabwägung Ein dritter Ansatz begreift das Völkerrecht mehr als objektive Wertordnung denn als Ausdruck eines kollektiven Willens der Staaten.721 Autoren, die dieser Denkrichtung anhängen, versuchen die humanitäre Intervention oft mittels einer Güterabwägung zu rechtfertigen. Dogmatischer Ausgangspunkt ist die Rechtsfigur der erga omnes Verpflichtungen. Sieht man die Menschenrechte und das Recht auf Demokratie als Verpflichtungen erga omnes, dann ist nach wohl herrschender Auffassung jeder Staat berechtigt deren Einhaltung durchzusetzen.722 Die Gegenmaßnahmen unterliegen allerdings dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.723 Einige Autoren betonen in diesem Zusammenhang, dass das Gewaltverbot kein absoluter Wert, sondern lediglich ein Instrument zum Schutz der staatlichen Souveränität sei.724 Daher sei auch dieses der Abwägung mit konkurrierenden Zielen zugänglich, so dass in Fällen
719
So Lillich, Iowa L. Rev. 53 (1967), 325-51; Kadelbach, Zwingendes Völkerrecht (1992), 234; Cassese, EJIL 10 (1999), 23, 26-27; Thürer, AVR 38 (2000), 1, 7-8. 720
In diese Richtung Simma, EJIL 10 (1999), 1-22; Franck, in: Holzgrefe/ Keohane (Hg.), Humanitarian Intervention (2003), 204, 226. 721
Dies ist der Kern der Debatte um die sogenannte Konstitutionalisierung des Völkerrechts. Zu dieser s. die Nachweise in Fn. 666. Zum Paradigmenwechsel von formaler, textgebundener zur wertebezogenen Auslegung s. auch Koskenniemi, MLR 65 (2002), 159, 163-64. 722
S. zu dieser Debatte ausführlich unten Kap. 3, II 3 a.
723
Art. 54 i.V.m. 51 der Articles on State Responsibility, GV-Res. 56/83, 28. Jan. 2002, UN Dok. A/RES/56/83. 724
Fonteyne, Cal. W. Int’l L.J. 4 (1974), 203, 256. Richtiger erscheint es wohl, die humanitäre Intervention nicht im Spannungsfeld zwischen staatlicher Souveränität und Menschenrechtsschutz, sondern vielmehr zwischen Menschenrechtsschutz und Friedenssicherung zu sehen, Krisch, EJIL 13 (2002), 323, 33132.
168
Kapitel 3
schwerer Menschenrechtsverletzungen eine humanitäre Intervention unter engen Voraussetzungen725 zulässig sein müsse.726 Es erscheint schon zweifelhaft, ob die Wiederherstellung der demokratischen Ordnung diesen strengen Voraussetzungen genügt und einer Abwägung mit dem Gewaltverbot standhält. Doch selbst wenn man dies annähme, missachtet diese These die in dieser Untersuchung bereits angesprochene Unterscheidung zwischen Regeln und Prinzipien.727 Eine Abwägung konkurrierender Rechtsgüter ist danach nur im Rahmen einer Prinzipienkollision möglich.728 Von Regeln kann dagegen nur abgewichen werden, wenn eine entsprechende Ausnahme besteht. Eine Kollision mit Prinzipien und eine entsprechende Güterabwägung sind dagegen nicht möglich. Das Gewaltverbot dient zwar dem Schutz eines Rechtsgutes, der Friedenssicherung. Es bezeichnet jedoch ein konkretes Verhalten und ist daher als Regel einzuordnen.729 Zwar ist es grundsätzlich auch möglich, Regeln im Lichte von Prinzipien zu inter-
725
Entsprechende Zulässigkeitskataloge finden sich etwa bei Lillich, Iowa L. Rev. 53 (1967), 325, 347-51; ders., ZaöRV 53 (1993), 557, 572; Moore, Va. J. Int’l L. 9 (1969), 205, 264; Ermacora, in: Kipp/Mayer/Steinkamm (Hg.), FS von der Heydte (1977), 147, 169; Cassese, EJIL 10 (1999), 23, 27. 726
So etwa Ryan, Denver J. Int’l L. & Pol’y 55 (1991), 55, 59-60; Cassese, EJIL 10 (1999), 23, 26-27; Tomuschat, RdC 281 (1999), 13, 223-26; Thürer, AVR 38 (2000), 1, 6-7; Doehring, Völkerrecht (2004), Rn. 1014. Ähnlich wohl auch Goodman, Am. U. J. Int’l L. & Pol’y 9 (1993), 27, 31, der sich explizit auf die demokratische Intervention bezieht und eine solche immer für zulässig hält, da die Förderung der Demokratie dem Schutz der staatlichen Souveränität vorzuziehen sei. Einen etwas anderen Schwerpunkt setzt Reisman, EJIL 11 (2000), 3, 14-17, der das Hauptproblem der humanitären Intervention nicht in der Verletzung des Gewaltverbots, sondern in deren Missbrauchsanfälligkeit sieht. Die Missbrauchsgefahr ist seiner Ansicht nach jedoch bei der heutigen Struktur der internationalen Gemeinschaft so gut wie ausgeschlossen, ebd., 16-17. 727
Zu dieser s.o. Kap. 2, I 3.
728
Ausdrücklich von einer „Prinzipienkollision“ spricht Hailbronner, Der Staat und der Einzelne als Völkerrechtssubjekte, in: Vitzthum (Hg.), Völkerrecht (2004), Rn. 233, der in Ahnlehnung an die deutsche Verwaltungsrechtsdogmatik letztlich jedoch zu dem Ergebnis kommt, dass die unilaterale humanitäre Intervention mangels Ermächtigung durch den Sicherheitsrat „formell rechtswidrig sei“, ebd., Rn. 240. 729
Petersen, Am. U. Int’l L. Rev. 23 (2008), 275, 290.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
169
pretieren.730 Allerdings setzt dies voraus, dass eine Regel entsprechend interpretationsoffen ist. Damit wären wir jedoch wieder bei der Frage angekommen, die wir in den beiden vorhergehenden Abschnitten bereits negativ beantwortet haben.731
2. Die kollektive demokratische Intervention a. Kompetenzen des Sicherheitsrates unter Kapitel VII der UN-Charta Die kollektive Intervention auf Ermächtigung des Sicherheitsrates zur Wiederherstellung der demokratischen Ordnung hat einen positiven Präzedenzfall, die Intervention in Haiti. Dogmatisch ist die demokratische Intervention jedoch selbst dann nicht unproblematisch, wenn sie durch den Sicherheitsrat angeordnet wird. Ermächtigungsgrundlage einer solchen Intervention wäre Art. 42 der UN-Charta. Die Norm ermächtigt ihrem Wortlaut nach jedoch nur zu Maßnahmen zur Wiederherstellung des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit. Unproblematisch sind solche Fälle von der Ermächtigungsnorm umfasst, in denen ein illegitimes Regime zugleich auch den internationalen Frieden im engen Sinne gefährdet,732 also ein bewaffneter Konflikt droht. Beispiele aus der Praxis des Sicherheitsrates sind etwa die Wirtschaftssanktionen gegen Südrhodesien733 und das Waffenembargo gegen das Apartheidsregime Südafrikas734 in den 1960er und 1970er Jahren. Diese Fälle werden jedoch die Ausnahme sein. Ein illegitimes Regime stellt nicht per se eine konkrete Gefahr für den internationalen Frieden dar. Einige Autoren wollen jedoch unter Verweis auf die These vom
730
Sieckmann, Regelmodelle und Prinzipienmodelle des Rechtssystems (1990), 141. 731
S. Kap. 3, II 1 a und b.
732
Byers/Chesterman, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 259, 282. 733
SR-Res. 232 (16. Dez. 1966); 253 (29. Mai 1968); 277 (18. März 1970); 386 (17. März 1976); 403 (14. Jan. 1977). 734
SR-Res. 181 (7. Aug. 1963); 182 (4. Dez. 1963); 191 (18. Juni 1964); 282 (23. Juli 1970); 311 (4. Feb. 1972).
170
Kapitel 3
demokratischen Frieden735 eine abstrakte Gefahr nicht-demokratischer Regime für die internationale Sicherheit begründen, die für eine Ermächtigung durch den Sicherheitsrat ausreichen soll.736 Wenn demokratische Staaten gegeneinander keinen Krieg führen, dann helfe jede Zwangsdemokratisierung gleichzeitig auch der internationalen Friedenssicherung. Dies kann jedoch in doppelter Hinsicht nicht überzeugen. Zum einen haben wir gesehen, dass die These vom demokratischen Frieden höchst zweifelhaft ist.737 Auch demokratische Staaten führen Krieg, so dass allein die Illegitimität einer Regierung zur Begründung einer Friedensbedrohung noch nicht ausreicht. Zum anderen wird man eine rein abstrakte Gefahr als Grundlage für eine Ermächtigung nach Art. 42 der UN-Charta nicht ausreichen lassen können. Ansonsten könnte man auch etwa den bloßen Besitz von Massenvernichtungswaffen als abstrakte Friedensgefährdung ansehen, was einem willkürlichen Gebrauch der Ermächtigungsnorm Tür und Tor öffnen würde.738 Ein dritter Ansatz schließlich nimmt eine dynamische Interpretation von Kapitel VII der UN-Charta vor. Während im Zusammenhang mit der unilateralen humanitären Intervention – zumindest außerhalb der US-amerikanischen Rechtswissenschaft – eine textbezogen-historische Auslegung vorherrscht, ist eine dynamische Interpretation im Zusammenhang mit Art. 39 und 42 der UN-Charta weitgehend anerkannt, die das Konzept des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit weit über bloße bewaffnete zwischenstaatliche Konflikte ausdehnt.739 Die überwältigende Mehrheit der rechtswissenschaftlichen Kommentatoren gesteht dem Sicherheitsrat bei der Auslegung von Kapitel VII der Charta einen weiten Ermessensspielraum zu.740 Unterstüt-
735
Zu dieser s.o. Kap. 1, III 2 c.
736
Farer, Hum. Rts. Q. 15 (1993), 716, 726; Pierce, Law & Pol’y Int’l Bus. 27 (1996), 477, 508; Murphy, Humanitarian Intervention (1996), 292; Owen, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 343, 382; Tesón, Humanitarian Intervention (2005), 315-16. 737
S.o. Kap. 1, III 2 c.
738
Ähnlich Byers/Chesterman, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 259, 282-83. 739 740
Gowlland-Debbas, in: Byers (Hg.), Role of Law (2000), 277, 289.
Conforti, in: Dupuy (Hg.), Rôle du Conseil de Sécurité (1993), 51, 52; Murphy, Humanitarian Intervention (1996), 283; Nolte, in: Byers (Hg.), Role of
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
171
zung findet diese Auffassung in der Entstehungsgeschichte der UNCharta, aus der hervorgeht, dass die meisten an der Gründungskonferenz beteiligten Staaten der politischen Handlungsfähigkeit des Sicherheitsrates keine allzu strengen rechtlichen Schranken auferlegen wollten.741 Der Grund für diesen großen Ermessensspielraum liegt in den hohen Verfahrensanforderungen, die an eine Sicherheitsratsresolution gestellt werden.742 Während bei einer unilateralen humanitären Intervention das Erfüllen substantieller Anforderungen die einzige Legitimationsgrundlage wäre, setzt eine Sicherheitsresolution einen Konsens der fünf ständigen Mitglieder voraus. Zwar garantiert auch dies kein alleiniges Handeln im allgemeinen Interesse der internationalen Gemeinschaft, macht es jedoch wesentlich wahrscheinlicher, als wenn ein Staat sich unilateral für ein Eingreifen entscheidet. Insofern treten die substantiellen Schranken bei Entscheidungen des Sicherheitsrates in den Hintergrund.743 Allerdings ist dessen Ermessensspielraum nicht unbegrenzt.744 Verschiedene Autoren schlagen unterschiedliche substantielle Schranken der Entscheidungsgewalt des Sicherheitsrates vor,745 und auch die Einordnung von gewaltsamen Umstürzen demokratischer Regierungen wird in der Literatur unterschiedlich bewertet.746 Sucht man nach einer LöLaw (2000), 315, 316; Frowein/Krisch, in: Simma (Hg.), UN Charter (2002), Art. 39, Rn. 4. 741
Bedjaoui, New World Order (1995), 19-20.
742
Walter, VN und Regionalorganisationen (1996), 253.
743
Frowein/Krisch, in: Simma (Hg.), UN Charter (2002), Art. 39, Rn. 4.
744
Diese Ansicht ist allerdings nicht unbestritten. Von einer rechtlich unbegrenzten Ermächtigungsbefugnis gehen aus: Reisman, Am. J. Int’l L. 87 (1993), 83, 93-94; Gill, NYIL 26 (1995), 33, 42; Dinstein, War, Agresssion & SelfDefence (2005), 283. 745
S. dazu die unterschiedlichen Ansätze bei Franck, Am. J. Int’l L. 86 (1992), 519-23; Martenczuk, Rechtsbindung (1996), 213-53; Lamb, in: Goodwin-Gill/Talmon (Hg.), FS Ian Brownlie (1999), 361, 375-87; Nolte, in: Byers (Hg.), Role of Law (2000), 315, 316-17; Schweigman, Authority of the Security Council (2001), 184-89; Frowein/Krisch, in: Simma (Hg.), UN Charter (2002), Art. 39, Rn. 5-8. 746
Zustimmend: Franck, in: Damrosch/Scheffer (Hg.), Law and Force (1991), 159-76; ders., Am. J. Int’l L. 86 (1992), 46, 85; Fielding, Duke J. Comp. & Int’l L. 5 (1995), 329, 355-58; El-Ayouty, N.Y. St. B.J. 67-APR (1995), 58-62. Kritisch: Mani, Indian J. Int’l L. 33 (1993), 1, 19-24; Corten, EJIL 6 (1995), 116,
172
Kapitel 3
sung dieses Problems, erscheint eine strikt am Wortlaut orientierte Interpretation der UN-Charta wenig hilfreich. Seit Gründung der Vereinten Nationen hat sich die Völkerrechtsordnung stark weiterentwickelt. Vor dem Hintergrund eines Völkerrechts als reiner Koordinationsordnung lag die Schaffung kollektiver Handlungsmöglichkeiten zur Lösung innerstaatlicher Konflikte während der Gründungskonferenz von San Francisco außerhalb des Vorstellungsvermögens.747 Dies hat sich inzwischen grundlegend gewandelt. Völkerrechtliche Normen erstrecken sich nicht nur auf grundlegende Menschenrechte, sondern, folgt man der Argumentation dieser Arbeit, auch auf die interne Staatsorganisation, also einen Bereich, der früher dem Kern des domaine réservé zugerechnet worden wäre. Mit dieser Entwicklung konnte die UNCharta mit ihrem schwerfälligen Änderungsverfahren zumindest formal nicht Schritt halten. Um dem Rechnung zu tragen, bietet sich eine dynamische Interpretation der Charta und damit eine weite Auslegung und materielle Anreicherung des Friedensbegriffs an. Anhaltspunkte für die Konkretisierung eines materiell aufgeladenen Friedensbegriffs lassen sich aus dem Konzept der völkerrechtlichen Gemeinschaftsinteressen gewinnen.748 Qualifiziert man bestimmte völkerrechtliche Verpflichtungen als Pflichten erga omnes, also als Rechtsnormen, deren Befolgung oder Verletzung nicht nur die Sache einzelner Staaten, sondern der internationalen Gemeinschaft als solcher ist, dann gibt es Bedarf für Institutionen und Verfahren, die sich mit der Verletzung von Gemeinschaftsinteressen beschäftigen und diese damit gewis-
128-32; Fassbender, Security Council Reform (1998), 218; Byers/Chesterman, in: Fox/Roth (Hg.), Democratic Governance (2000), 259, 281-83. Vermittelnd Herdegen, Befugnisse des UN-Sicherheitsrates (1998), 16, demzufolge ein gewaltsamer Umsturz allein noch keine Eingriffskompetenz begründet. Entscheidend sei vielmehr eine Bewertung der Gesamtumstände, ebd., 19. Ähnlich wie letzterer auch Frowein/Krisch, in: Simma (Hg.), UN Charter (2002), Art. 39, Rn. 22, denen zufolge der Sicherheitsrat nicht die Kompetenz hat, demokratische Standards durchzusetzen. In Verbindung mit anderen Faktoren kann jedoch ein Umsturz der Regierung als Friedensgefährdung qualifiziert werden. 747
Villalpando, Communauté internationale et responsabilité des Etats (2005), 437. 748
Simma, RdC 250 (1994), 217, 311-12; Picone, in: ders. (Hg.), Interventi delle nazioni unite (1995), 517, 550-51; Cannizzaro, EJIL 12 (2001), 889, 91415; Villalpando, Communauté internationale et responsabilité des Etats (2005), 447.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
173
sermaßen repräsentieren.749 Zwar ist es gerade in einem dezentralen Rechtssystem wie dem Völkerrecht durchaus denkbar, auch die Durchsetzung von Gemeinschaftsinteressen dezentral den Staaten zu übertragen. Soweit es jedoch Institutionen mit repräsentativer Funktion gibt, die sich mit diesen Fragen befassen können, ist eine solche Befassung vorzugswürdig.750 Allerdings ist eine wichtige Einschränkung zu machen. Der Sicherheitsrat ist nicht für die Durchsetzung jeglicher Gemeinschaftsinteressen zuständig, sondern vielmehr nur für solche, die in den Aufgabenbereich der Vereinten Nationen fallen. Entscheidungen über umweltvölkerrechtliche Sachverhalte fallen zum Beispiel nicht mehr in die Kompetenz des Sicherheitsrates, selbst wenn diese Verpflichtungen erga omnes betreffen. Die Frage der Legitimität von Regierungen fällt jedoch noch in den Zuständigkeitsbereich der UN. Da auch die Legitimität das Verhältnis von Staat zu Staatsbürger betrifft, handelt es sich um einen den Menschenrechten vergleichbaren Standard. Das Legitimitätsprinzip kann demnach dann durch Maßnahmen auf Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta durchgesetzt werden, wenn es sich um eine Verpflichtung erga omnes handelt.
b. Das Legitimitätsprinzip als Verpflichtung erga omnes Ausgangspunkt der Bestimmung, welche Normen des Völkerrechts als Verpflichtungen gegenüber der gesamten internationalen Gemeinschaft bestehen, ist die Barcelona Traction Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes: „In particular, an essential distinction should be drawn between the obligations of a state towards the international community as a whole, and those arising vis-à-vis another state in the field of diplomatic protection. By their very nature the former are the concern of all States. In view of the importance of the rights involved, all states can be held to have a legal interest in their protection; they are obligations erga omnes.“751 749
Tomuschat, RdC 241 (1993), 195, 368.
750
Gowlland-Debbas, in: Byers (Hg.), Role of Law (2000), 277, 301.
751
IGH, Urt. v. 5. Feb. 1970, Case Concerning the Barcelona Traction, Light and Power Company, Limited (Belgium v. Spain), ICJ Rep. 1970, S. 3, § 33 (Hervorhebungen hinzugefügt).
174
Kapitel 3
Ausgehend von diesem dictum des IGH werden in der völkerrechtlichen Literatur im Wesentlichen zwei Vorschläge zur Bestimmung des Konzepts der erga omnes Normen gemacht.752 Ein struktureller Ansatz verweist darauf, dass der IGH die Unterscheidung zwischen Normen erga omnes und solchen, die es nicht sind, als eine „grundlegende“, qualitative qualifiziere. Normen seien dann als Verpflichtungen gegenüber der gesamten internationalen Gemeinschaft anzusehen, wenn sie nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis stünden, also nicht reziprok seien.753 Ein materieller Ansatz stellt dagegen den Verweis des IGH auf die Wichtigkeit der betroffenen Rechte in den Vordergrund und möchte Normen von besonderer Bedeutung als Normen erga omnes bezeichnen.754 Welche Normen in diese Kategorie fallen, soll im Wesentlichen anhand der Staatenpraxis und damit durch ein induktives Vorgehen entschieden werden.755 Teilweise werden auch vermittelnde Auffassungen vertreten, die entweder kumulativ756 oder alternativ757 sowohl auf die Reziprozität als auch die Wichtigkeit einer Norm abstellen. Sowohl der materielle als auch der strukturelle Ansatz begegnen jedoch dogmatischen Bedenken. Mit dem materiellen Ansatz auf die Wichtigkeit einer Norm abzustellen, ist problematisch, weil damit versucht wird, mit einem graduellen Unterscheidungskriterium eine kategorielle
752
Diese Klassifizierung findet sich bei Tams, Obligations Erga Omnes (2005), 128-30. 753
Annacker, Austrian J. Publ. & Int’l L. 46 (1994), 131, 135; Lopes Pegna, EJIL 9 (1998), 724, 732. 754
Oellers-Frahm, AVR 30 (1992), 28, 35; Tams, Obligations Erga Omnes (2005), 136-57. Ähnlich Delbrück, in: Götz/Selmer/Wolfrum (Hg.), FS Günther Jaenicke (1998), 17, 29-35, der auf den „Public Interest“-Charakter der Normen abstellt und damit ebenfalls ein materielles Kriterium wählt. 755
Tams, Obligations Erga Omnes (2005), 157.
756
Simma, in: Delbrück (Hg.), International Law Enforcement (1993), 125, 132-33; Günther, Klagebefugnis (1999), 99-101 und 109-15. Eine Verbindung von materiellen und normstrukturellen Elementen findet sich auch bei Ragazzi, Obligations Erga Omnes (1997), 132-34, der eine ganze Liste unterschiedlicher Kriterien aufstellt. Ragazzis Kriterien umfassen jedoch weder alle vom IGH anerkannten Fälle der Verpflichtungen erga omnes (s. Tams, Obligations Erga Omnes (2005), 128, in Fn. 56), noch hilft die Aufstellung bei der Kategorisierung nicht explizit anerkannter Fälle (ebenso Paulus, EJIL 10 (1999), 810, 811). 757
Paulus, Internationale Gemeinschaft (2001), 381-82.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
175
Unterscheidung vorzunehmen.758 Die Unterscheidung steht damit der Beliebigkeit des urteilenden Juristen anheim. Ein rein strukturelles Unterscheidungskriterium versagt andererseits in den Fällen, in denen eine Verpflichtung bilateral ist, deren Verletzung gleichzeitig jedoch auch Gemeinschaftsinteressen verletzt.759 Anerkanntes Beispiel in diesem Zusammenhang ist etwa das Gewaltverbot, das sowohl die Integrität des betroffenen Staates als staatliches Rechtsgut als auch die internationale Sicherheit als Gemeinschaftsrechtsgut betrifft.760 Daher soll im Folgenden ein funktionaler Ansatz vorgeschlagen werden. Die Kategorie der Verpflichtungen erga omnes ist in erster Linie für die Bestimmung der Rechtssubjekte, die eine Rechtsverletzung im Rahmen der Staatenverantwortlichkeit geltend machen können, relevant.761 Die Figur wäre nicht notwendig, wenn jedes verletzte Rechtsgut einem bestimmten Staat zuzuordnen wäre, der dieses geltend machen kann. Rechtsgüter, bei denen dies der Fall ist, sind zum einen Rechtsgüter von Einheiten, die keine volle Völkerrechtssubjektivität besitzen, insbesondere ihr Recht nicht im Rahmen der Staatenverantwortlichkeit oder vor einem internationalen Gericht durchsetzen können, etwa Individuen oder (Staats-)Völker;762 zum anderen Gemeinschaftsgüter, bei deren Verbrauch oder Verletzung die gesamte internationale Gemeinschaft betroffen ist, etwa saubere Luft oder die internationale Sicherheit.763 758
Ähnlich Klabbers, in: Tupamäki (Hg.), FS Bengt Broms (1999), 149, 171.
759
Tams, Obligations Erga Omnes (2005), 134.
760
IGH, Barcelona Traction (Fn. 751), § 34. Tams, Obligations Erga Omnes (2005), 135, bringt zudem den Genozid gegen die Bevölkerung eines fremden Staates als Beispiel für Normen erga omnes, die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Das Beispiel ist jedoch unzutreffend, da in diesem Fall der verletzte Rechtsträger nicht der Staat ist, in dem die betreffende Bevölkerungsgruppe lebt, sondern die Bevölkerungsgruppe selbst. Lässt der Staat auf dessen Gebiet der Genozid stattfindet, diesen zu, macht er sich möglicherweise vielmehr selbst eines Genozids durch Unterlassen schuldig. 761
Kadelbach, in: Tomuschat/Thouvenin (Hg.), Fundamental Rules (2006), 21, 26. 762
Ähnlich Bryde, BDGVR 33 (1994), 165, 169, der Menschenrechte als Verpflichtungen erga omnes charakterisiert, weil für deren Durchsetzung kein anderer Rechtsträger als die internationale Gemeinschaft zur Verfügung steht. 763
Für die Gleichsetzung von Verpflichtungen erga omnes mit dem Schutz von Gemeinschaftsgütern plädiert Villalpando, Communauté internationale et responsabilité des Etats (2005), 247.
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Kapitel 3
Diese funktionalen Kriterien erfüllen sowohl das vom IGH aufgestellte Erfordernis der qualitativen Unterscheidung als auch das der Wichtigkeit. Die Rechte nichthoheitlicher Einheiten werden oft als das moralische Gerüst der Völkerrechtsordnung bezeichnet und sind ein entscheidender Baustein der Konstitutionalisierungsdebatte.764 Die Wichtigkeit der Gemeinschaftsgüter ergibt sich demgegenüber schon allein aus der Vielzahl der betroffenen Staaten. Unterstützt wird diese Kategorisierung nicht zuletzt durch die Rechtsprechung des IGH. Dieser hat das Aggressionsverbot, die Verbote von Sklaverei, Rassendiskriminierung, Genozid,765 das Selbstbestimmungsrecht766 und die grundlegenden Prinzipien des humanitären Völkerrechts767 als Normen erga omnes qualifiziert.768 Akzeptiert man diese funktionale Unterscheidung, dann ist das Legitimitätsprinzip als nicht dem Staat zuzuordnendes Rechtsgut als Verpflichtung erga omnes einzuordnen, eine Durchsetzung im Rahmen von Kapitel VII der UN-Charta mithin zulässig.
764
S. nur Fassbender, EuGRZ 30 (2003), 1-16; Kadelbach, ZaöRV 64 (2004), 1, 15-17. 765
IGH, Barcelona Traction (Fn. 751), § 34. Zweifel könnte man an der entsprechenden Einordnung des Aggressionsverbotes haben. Dieses hat jedoch eine doppelte Funktion. Es schützt zum einen die Integrität des betreffenden Staates, zum anderen jedoch auch das kollektive Rechtsgut der internationalen Sicherheit, zu dieser Doppelfunktion s. Simma, RdC 250 (1994), 217, 236-37. I.E. ähnlich wie hier wohl Annacker, Austrian J. Publ. & Int’l L. 46 (1994), 131, 149-50. 766
IGH, Urt. v. 30. Juni 1995, Case Concerning East Timor (Portugal v. Australia), ICJ Rep. 1995, S. 89, § 29: „In the Court’s view, Portugal’s assertion that the right of peoples to self-determination [...] has an erga omnes character, is irreproachable.“ 767
IGH, Advisory Opinion v. 9. Jul. 2004, Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, ICJ Rep. 2004, S. 136, §§ 155, 157. 768
Weitere Normen, deren erga omnes Charakter derzeit diskutiert wird, sind vor allem die Prinzipien des Umweltvölkerrechts, die ebenfalls dem Schutz von Gemeinschaftsgütern dienen. S. dazu Delbrück, in: Götz/Selmer/Wolfrum (Hg.), FS Günther Jaenicke (1998), 17, 27-28.
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3. Nichtmilitärische Sanktionen Militärische Interventionen sind nicht die einzigen dezentralen Zwangsmaßnahmen in den internationalen Beziehungen. Vielmehr gibt es ein breites Spektrum an nichtmilitärischen Gegenmaßnahmen, von Handelssanktionen über die Aussetzung von Verträgen bis hin zu konsularischen Maßnahmen. Entscheidender Maßstab für die Zulässigkeit solcher Gegenmaßnahmen sind die Art. 49-54 der Articles on State Responsibility.769 Wir haben soeben gesehen, dass das Legitimitätsprinzip als Verpflichtung erga omnes anzusehen ist, so dass gem. Art. 48 der Articles on State Responsibility grundsätzlich jeder Staat der internationalen Gemeinschaft berechtigt ist, eine Verletzung dieses Prinzips geltend zu machen.
a. Berechtigung zu Gegenmaßnahmen Allein die Berechtigung zur Geltendmachung der Rechtsverletzung impliziert jedoch noch nicht automatisch auch die Ermächtigung zu Gegenmaßnahmen. Art. 54 der Articles on State Responsibility hat diese Frage ausdrücklich offen gelassen.770 Die Norm verwendet den Begriff der „lawful measures“ anstelle des Terminus der „countermeasures“ und verweist damit die Frage zurück an das allgemeine Gewohnheitsrecht. Bevor wir uns die Staatenpraxis zu dieser Frage ansehen, seien einige strukturelle Überlegungen vorweggenommen. Die Durchsetzung von Gemeinschaftsinteressen liegt grundsätzlich in der Kompetenz der gesamten internationalen Gemeinschaft und nicht jedes einzelnen Staates. Teilweise sind solche kollektiven Durchsetzungsmechanismen vorhanden. Beispiele sind etwa regionale Systeme des Menschenrechtsschutzes, wie zum Beispiel der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Bereich der Europäischen Menschenrechtskonvention oder der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte im Rahmen der Amerikanischen Menschenrechtskonvention. In diesen Fällen sind unilaterale Gegenmaßnahmen nicht zulässig. In den meisten Fällen, insbesondere im gewohnheitsrechtlichen Menschenrechts- und Umweltschutz fehlt es jedoch an entsprechenden Me-
769
S. Fn. 722.
770
Crawford, State Responsibility (2002), 305.
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Kapitel 3
chanismen.771 Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der UNSicherheitsrat sich mit Fällen schwerer Menschenrechtsverletzungen und auch mit Verstößen gegen das Legitimitätsprinzip befassen kann. Eine Befassung durch den Sicherheitsrat erschien uns deswegen vorzugswürdig, weil positive Entscheidungen des Sicherheitsrates aufgrund der hohen prozeduralen Hürden die Vermutung nahelegen, dass die Entscheidung für die internationale Gemeinschaft repräsentativ ist. Diese Vermutung lässt sich jedoch nicht umkehren, genügt doch bereits das Veto eines ständigen Mitgliedes, um eine im Übrigen von einer großen Mehrheit getragene Entscheidung zu verhindern. Die Maßnahmen im Rahmen von Kapitel VII der UN-Charta sind somit zur alleinigen Durchsetzung von Verpflichtungen erga omnes nicht effektiv genug,772 so dass den Staaten zumindest eine subsidiäre Kompetenz zustehen muss, falls der Sicherheitsrat nicht handelt.773 Akzeptiert man diese Argumentation, wäre es jedoch widersprüchlich, eine Betroffenheit der gesamten internationalen Gemeinschaft anzunehmen, dieser jedoch letztlich Möglichkeiten der effektiven Durchset-
771
S. Zemanek, Max Planck UNYB 4 (2000), 1, 12-25, der als Alternativen auch die Berichtspflichten im Rahmen des IPbpR und das internationale Strafrecht diskutiert, letztlich jedoch verwirft. 772
Eine ähnliche Argumentation wird oft auch im Zusammenhang mit militärischen Gegenmaßnahmen vorgebracht, um unilaterale Interventionen zu rechtfertigen (s. nur Falk, Am. J. Int’l L. 63 (1969), 415, 430; McDougal/Reisman, Int’l L. 3 (1969), 438, 444; Lillich, in: Moore (Hg.), Civil War (1974), 229, 239-40). Gegen diese spricht jedoch die Systematik der Charta, die in Art. 2 (4) die Anwendung von militärischer Gewalt ausdrücklich verbietet, s. dazu ausführlich oben Kap. 3, II 1. Ein ähnliches Verbot, das dem Sicherheitsrat die exklusive Entscheidungskompetenz gäbe, findet sich dagegen für nichtmilitärische Gegenmaßnahmen nicht. 773
Picone, in: ders. (Hg.), Interventi delle nazioni unite (1995), 517, 573; Villalpando, Communauté internationale et responsabilité des Etats (2005), 448. Cannizzaro, EJIL 12 (2001), 889, 913-15, unterscheidet zwischen zwingenden und vollziehenden Gegenmaßnahmen. Erstere zwingen den Verletzerstaat seine Verpflichtung einzuhalten, während letztere diese direkt vollziehen. Cannizzaro möchte dem Sicherheitsrat allein für letztere eine exklusive Kompetenz zukommen lassen, ansonsten den Staaten das Recht zur Gegenmaßnahme belassen. Vollziehende Gegenmaßnahmen unterhalb der Schwelle militärischer Gewalt sind in unserem Zusammenhang allerdings nur schwer vorstellbar, so dass auf diese Unterscheidung hier nicht weiter einzugehen ist.
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zung von Verpflichtungen erga omnes zu verwehren.774 Dagegen wird oft eingewandt, dass die Missbrauchsgefahr einer dezentralen Durchsetzung von Gemeinschaftsinteressen zu groß sei,775 und diese daher die Stabilität der Völkerrechtsordnung gefährde.776 Allerdings wird diese Missbrauchsgefahr dadurch einzugrenzen versucht, dass Gegenmaßnahmen bestimmten rechtlichen Voraussetzungen unterliegen. Sicherlich ist es immer möglich, dass sich bestimmte Staaten faktisch über die rechtlichen Grenzen hinwegsetzen. Diese Gefahr besteht jedoch nicht nur bei der Durchsetzung von Verpflichtungen erga omnes, sondern ist eine Gefahr, die einem dezentralen System der Rechtsdurchsetzung immanent ist. Auch in klassischen Fällen der Staatenverantwortlichkeit können reagierende Staaten sich auf bloß vermeintliche Rechtsverletzungen berufen oder das Verhältnismäßigkeitsprinzip missachten. Insofern besteht zwischen den Verpflichtungen erga omnes und der bilateralen Staatenverantwortlichkeit in dieser Hinsicht kein qualitativer Unterschied. Wenden wir uns nun der Staatenpraxis zu, werden diese konzeptionellen Überlegungen weitgehend bestätigt. In einer sorgfältigen Analyse der einschlägigen Praxis hat Christian Tams jüngst gezeigt, dass es eine Vielzahl von Präzedenzfällen gibt, in denen Staaten Gegenmaßnahmen ergriffen haben, obwohl die Rechtsverletzung nicht unmittelbar sie selbst, sondern nur die internationale Gemeinschaft betraf.777 Entgegen 774
Annacker, Austrian J. Publ. & Int’l L. 46 (1994), 131, 160; Klein, BDGVR 37 (1998), 39, 51; Villalpando, Communauté internationale et responsabilité des Etats (2005), 371. Etwas vorsichtiger, aber in dieselbe Richtung gehend Kadelbach, in: Klein (Hg.), Menschenrechtsschutz (2003), 198, 218; Hillgruber, in: Tomuschat/Thouvenin (Hg.), Fundamental Rules (2006), 265, 287. 775
Akehurst, BYIL 44 (1970), 1, 15; Sachariew, NILR 35 (1988), 273, 284; Oellers-Frahm, AVR 30 (1992), 28, 35. 776
Tomuschat, RdC 241 (1993), 195, 366. Gegen die dezentralisierte Durchsetzung von Verpflichtungen erga omnes auch Graefrath, in: Weiler/Cassese/ Spinedi (Hg.), International Crimes of State (1989), 161, 167 und Alland, Justice privée (1994), 370. Während ersterer meint, der UN-Charta entnehmen zu können, dass sich das „Gewaltmonopol“ des Sicherheitsrates nicht nur auf militärische Gewalt, sondern jede Art von Gegenmaßnahme erstreckt, sieht letzterer in der „subjektiven“ Durchsetzung „objektiver“ Fundamentalnormen einen logischen Widerspruch. 777
Tams, Obligations Erga Omnes (2005), 209-31. Etwas vorsichtiger, aber dennoch positiv auch die Bewertung von Frowein, RdC 248 (1994), 345, 422.
180
Kapitel 3
der Kritik einiger Kommentatoren778 umfasst die Gruppe der handelnden Akteure auch nicht nur eine kleine Fraktion westlicher Staaten.779 Prominentestes Beispiel sind die Sanktionen gegen das Apartheidsregime in Südafrika, denen sich auch sozialistische Staaten und die Mitglieder der G77 angeschlossen haben. Andere Präzedenzfälle sind die Suspendierung Nigerias durch den Commonwealth aufgrund der Menschenrechtsverletzungen des Militärregimes und Sanktionen ostafrikanischer Staaten gegen Burundi nach einem Militärputsch. Trotz dieser Praxis möchte Tams, insbesondere aufgrund kritischer Kommentare verschiedener Regierungen zum ILC Entwurf zur Staatenverantwortlichkeit, die Befugnis zu Gegenmaßnahmen im Ergebnis jedoch auf systematische und großflächige Verletzungen von Verpflichtungen erga omnes beschränken.780 Allerdings erscheint es systematisch unsauber, die Kategorie der Verpflichtungen erga omnes noch einmal kategoriell zu unterteilen. Bei dem Kriterium der systematischen und großflächigen Verletzung handelt es sich um ein graduelles Kriterium, das aus diesem Grund viel besser in der Schranke der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden kann, als bei der Frage der grundsätzlichen Berechtigung. Dies gilt umso mehr, als das Kriterium nicht bei allen Verstößen gegen Verpflichtungen erga omnes passt. Beim Legitimitätsprinzip oder dem Selbstbestimmungsrecht der Völker erscheint die Unterscheidung nicht zielführend. Insofern wird man unilaterale, nichtmilitärische Sanktionen bei einer Verletzung des Legitimitätsprinzips für rechtmäßig erachten können.
b. Schranken der dezentralen Rechtsdurchsetzung Die wirkungsvollsten Sanktionen nichtmilitärischer Art sind zumeist solche, die wirtschaftlichen Druck auf den betreffenden Staat oder seine Regierung ausüben. Dies kann etwa die Suspendierung von Entwicklungshilfeverträgen sein, aber auch der Abbruch oder die Einschränkung von Handelsbeziehungen. Gerade diese Beziehungen sind jedoch 778
Sachariew, NILR 35 (1988), 273, 284; Crawford, State Responsibility (2002), 305. 779 780
Tams, Obligations Erga Omnes (2005), 236-37.
Ebd., 249-50; i.E. ebenso Kadelbach, in: Klein (Hg.), Menschenrechtsschutz (2003), 198, 218. Ähnlich Frowein, in: Bernhardt et al. (Hg.), FS Hermann Mosler (1983), 241, 259, der ein hohes Maß an Eindeutigkeit verlangt.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
181
oft Gegenstand spezieller völkerrechtlicher Regime (aa.), wie etwa der Wiener Vertragsrechtskonvention (bb.) oder der Welthandelsorganisation (cc.), was Konkurrenzprobleme aufwerfen kann. Weiterhin sind die speziellen Voraussetzungen der Gegenmaßnahmen im Rahmen der Staatenverantwortlichkeit zu beachten (dd.).
aa. Self-contained regimes und lex specialis – Vorüberlegungen zur Koordination verschiedener Regime im Völkerrecht In einer Rechtsordnung wie dem Völkerrecht, in der die Normsetzung dezentralisiert und ohne feste Hierarchien erfolgt, sind Konflikte zwischen verschiedenen Normkomplexen unvermeidbar.781 Problematisch ist dies dann, wenn keine allgemeingültigen Regeln zur Lösung von Konflikten zwischen unterschiedlichen Rechtsregimen bestehen. Auch wenn die Frage der Koordination verschiedener Teilrechtsordnungen im Völkerrecht in letzter Zeit zunehmend Gegenstand rechtswissenschaftlicher Forschung geworden ist,782 sind viele Fragen immer noch kaum geklärt.783 Zu den besonders leidenschaftlich diskutierten Problemen gehört das Verhältnis der allgemeinen Regeln der Staatenverantwortlichkeit zu Sanktions- und Streitbeilegungsmechanismen in speziellen Vertragsregimen. Zu diesem bestimmt Art. 55 der Articles on State Responsibility,784 dass die allgemeinen Regelungen von spezielleren Regeln einzelner Normenkomplexe verdrängt werden können. Teilweise wird gar vertreten, dass bestimmte Teilrechtssysteme, sog. selfcontained regimes, jegliche Regeln des allgemeinen Völkerrechts ausschlössen.785 Allerdings handelt es sich bei dieser Figur wohl lediglich 781
Koskenniemi, Fragmentation of International Law (2006), 207.
782
S. nur Neumann, Koordination des WTO-Rechts (2002); Matz, Koordinierung völkerrechtlicher Verträge (2005). 783
Koskenniemi, Fragmentation of International Law (2006), 214: „The whole complex of inter-regime relations is presently a legal black hole.“ 784
Articles on State Responsibility (Fn. 723).
785
Das Konzept geht zurück auf Urteile des StIGH im Wimbledon-Fall und des IGH im Teheran Hostages-Fall: StIGH, Urt. v. 28. Juni 1923, The S.S. „Wimbledon“, PCIJ Series A, No. 1 (1923), 23-24: „A special section has been created at the end of the Part XII [...] and in this section rules exclusively designed for the Kiel Canal have been inserted; these rules differ on more than one point from those to which other in-
182
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um einen Sonderfall der lex specialis-Regelung. Selbst hoch spezialisierte völkerrechtliche Subsysteme lassen in der Praxis noch Raum für die Anwendung von Regeln des allgemeinen Völkerrechts.786 Daher bietet sich zur Beschreibung des Phänomens anstelle einer dichotomen Unterscheidung zwischen self-contained regimes und solchen, die es nicht sind, vielmehr eine graduelle Gleitskala an, die nach der Intensität der Spezialisierung abstuft.787 Allgemein anerkannt ist, dass die allgemeinen Regeln der Staatenverantwortlichkeit ausgeschlossen sind, soweit spezielle Verantwortlichkeitsregeln existieren. Diese Erkenntnis ist für die Frage der Zulässigkeit von unilateralen Gegenmaßnahmen bei Verletzungen des Legitimitätsprinzips jedoch weitgehend wertlos. Die lex specialis-Doktrin des Art. 55 der Articles on State Responsibility bezieht sich nämlich nur auf Pflichtverletzungen innerhalb des Regimes.788 Wenn ein Staat ihm unter dem GATT obliegende Verpflichtungen verletzt, dann soll der betroffeternal navigable waterways of the Empire are subjected [...]. The provisions of the Kiel Canal are therefore self-contained.“ (Hervorhebung hier). IGH, Urt. v. 24. Mai 1980, Case concerning the United States Diplomatic and Consular Staff in Tehran (United States of America v. Iran), ICJ Rep. 1980, 3, § 86: „The rules of diplomatic law, in short, constitute a self-contained regime which, on the one hand, lays down the receiving State’s obligations regarding the facilities, privileges and immunities to be accorded to diplomatic missions and, on the other, foresees their possible abuse by members of the mission and specifies the means at the disposal of the receiving States to counter any such abuse.“ (Hervorhebung hier). 786
Simma, NYIL 16 (1985), 111-36; Koskenniemi, Fragmentation of International Law (2006), 84; Aust, GYIL 49 (2006), 165, 185-89. Für die WTO s. etwa United States – Standards of Reformulated and Conventional Gasoline, WT/DS2/AB/R, DSR 1996:I, 3, 17 (29. Apr. 1996): „That general rule of interpretation has attained the status of a rule of customary or general international law. As such, it form spart of the ‘customary rules of interpretation of public international law’ which the Appelate Body has been directed, by Article 3(2) of the DSU, to apply in seeking to clarify the provisions of the General Agreement and the other ‘covered agreements’ of the Marrakesh Agreement Establishing the World Trade Organization […]. That direction reflects a measure of recognition that the General Agreement is not to be read in clinical isolation from public international law.“ S. dazu auch die Untersuchung von Canal-Forgues, RGDIP 105 (2001), 5-24. 787
Simma/Pulkowski, EJIL 17 (2006), 483, 490.
788
Vgl. Koskenniemi, Fragmentation of International Law (2006), 68.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
183
ne Handelspartner nicht unilateral zu Gegenmaßnahmen greifen, sondern den WTO-Mechanismus der Streitbeilegung nutzen.789 In unserem Fall geht es jedoch um die Verletzung von Pflichten, die außerhalb des Regimes liegen, namentlich Normen des Völkergewohnheitsrechts. Die Aussetzung einer eigentlich unter dem speziellen Regime bestehenden Pflicht, etwa die Suspendierung eines Vertrages oder von Handelsbeziehungen, soll erst als Gegenmaßnahme erfolgen. In diesem Fall ist die lex specialis-Regel nicht einschlägig, da die speziellen Streitbeilegungsmechanismen und Verantwortlichkeitsregeln sich auf die Verletzung externer Pflichten gerade nicht beziehen.790 Anwendbar sind vielmehr die allgemeinen Regeln der Staatenverantwortlichkeit, auch wenn diesen Schranken gesetzt sind. So erkennt Art. 50 der Articles on State Responsibility ausdrücklich an, dass Gegenmaßnahmen bestimmten absoluten Schranken unterliegen und nicht jede Primärpflicht ausgesetzt werden kann. Zwar ist die in dieser Bestimmung enthaltene Liste enumerativ, doch ist die Regelung des Art. 50 dispositiv. Insofern kann ein Vertragsregime Bestimmungen treffen, denen zufolge es nicht zulässig ist, Regimeverpflichtungen zum Gegenstand von Gegenmaßnahmen zu machen. Dies ist jedoch eine Frage, die hier nicht allgemein, sondern im Folgenden für jedes Rechtsregime selbständig zu beantworten ist.
bb. Suspendierung völkerrechtlicher Verträge Die einseitige Beendigung oder Aussetzung eines Vertrages kann gerade gegenüber wirtschaftlich schwächeren Staaten ein wirksames Druckmittel sein, diese zur Befolgung bestimmter völkerrechtlicher Standards zu bewegen. Allerdings ist bisher in der völkerrechtlichen Doktrin nur wenig geklärt, ob Verträge aus anderen als den ausdrücklich in der WVRK festgelegten Gründen beendet oder ausgesetzt werden können. Der In789
Art. 23 des Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes, 1869 UNTS 401 [im Folgenden: DSU]. 790
Vgl. für das Beispiel der WTO nur den Wortlaut von Art. 23 (1) DSU, der sich allein auf die Verletzung von Verpflichtungen aus den WTO-Abkommen bezieht: „When Members seek a redress of a violation of obligations [...] under the covered agreements [...], they shall have recourse to, and abide by, the rules and procedures of this Understanding.“ (Hervorhebung hier). Vielmehr wäre die Behandlung einer Pflichtverletzung außerhalb des WTO-Regimes mit den Streitbeilegungsmechanismen der WTO gar nicht zulässig, Art. 1 DSU i.V.m. Appendix 1 DSU.
184
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ternationale Gerichtshof hat sich bei der bisher einzigen Gelegenheit, zu dieser Problematik Stellung zu nehmen, sehr bedeckt gehalten. In seinem Urteil zum ungarisch-slowakischen Staudammprojekt Gabcíkovo-Nagymaros führte das Gericht aus: „The Court moreover observes that, when it invoked the state of necessity in an effort to justify [the suspension of the treaty], Hungary chose to place itself from the outset within the law of state responsibility, thereby implying that, in the absence of such a circumstance, its conduct would have been unlawful. The state of necessity claimed by Hungary – supposing it to have been established – thus could not permit of the conclusion that, in 1989, it had acted in accordance with its obligations under the 1977 Treaty or that those obligations had ceased to be binding upon it. It would only permit the affirmation that, under the circumstances, Hungary would not incur international responsibility by acting as it did.“791 Der Gerichtshof vermeidet jedoch eine eindeutige Stellungnahme zum Konkurrenzverhältnis, indem er im Fortgang der Entscheidung zu dem Schluss kommt, dass Ungarn sich aus tatsächlichen Gründen nicht auf die Ausnahme des Notstandes berufen durfte.792 Eine Bestimmung, die die Vertragsrechtskonvention nach außen hin abschließt, könnte Art. 42 WVRK sein. Der Wortlaut dieser Vorschrift, demzufolge die Beendigung oder Aussetzung eines Vertrages nur in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der WVRK erfolgen kann, scheint zunächst gegen die Möglichkeit der Aussetzung oder Beendigung eines Vertrages im Rahmen des allgemeinen Regimes der Staatenverantwortlichkeit zu sprechen. Allerdings beziehen sich die Regelungen der WVRK allein auf Unregelmäßigkeiten innerhalb des Vertragsverhältnisses. Es handelt sich um korrigierende Maßnahmen, deren Sinn es ist, das Gleichgewicht innerhalb des Vertragsverhältnisses wiederherzustellen.793 Pflichtverletzungen außerhalb des Vertragsverhältnisses nehmen sie dagegen nicht in den Blick.794 Insofern lässt sich vertreten, 791
IGH, Urt. v. 25. Sept. 1997, Case concerning the Gabcíkovo-Nagymaros Project (Hungary vs. Slovakia), ICJ Rep. 1997, 7, § 48. 792
Ebd., § 57.
793
S. dazu Sicilianos, EJIL 4 (1993), 341, 344-45.
794
Eine Ausnahme scheinen auf den ersten Blick die Art. 53, 64 WVRK zu sein, denen zufolge Vertragsbestimmungen, die gegen ius cogens verstoßen, nichtig sind. Wenn es jedoch Hauptaufgabe des zwingenden Völkerrechts ist,
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dass Art. 42 WVRK nur Gegenmaßnahmen innerhalb des Regimes der völkerrechtlichen Verträge umfasst, über allgemeine Gegenmaßnahmen jedoch keine Aussagen trifft. Diese Interpretation wird teilweise auch durch die Staatenpraxis bestätigt. So haben die Niederlande im Jahr 1982 einen Entwicklungshilfevertrag mit Surinam wegen Menschenrechtsverletzungen nach einem gewaltsamen Regierungswechsel ausgesetzt. Ebenso haben die EG-Mitgliedstaaten im Herbst 1991 einen Kooperationsvertrag mit Jugoslawien nach dem Ausbruch des dortigen Bürgerkrieges suspendiert. Sie begründeten dies mit der Gefahr für Frieden und Sicherheit in der Region. Auch wenn in beiden Fällen die Vertragsaussetzung von den betroffenen Staaten als Wegfall der Vertragsgrundlage gerechtfertigt wurde, zeigt sie das Bedürfnis, Verträge aufgrund von Umständen, die außerhalb des Vertragsverhältnisses liegen, suspendieren und beenden zu dürfen. Genau dies ist jedoch Gegenstand des Regimes der Gegenmaßnahmen. Insofern ist die Aussetzung eines Vertrages grundsätzlich eine taugliche Gegenmaßnahme.795
cc. Wirtschaftssanktionen und WTO Im Rahmen der WTO bieten sich zur Lösung des Konflikts zwischen den Regeln der WTO und denen der allgemeinen Staatenverantwortlichkeit zwei Wege an, ein interner und ein externer Lösungsweg. Ersterer nimmt eine dualistische Perspektive ein. Das Welthandelsregime wird als grundsätzlich abgeschlossenes, spezielles System betrachtet. Das bedeutet nicht, dass Normen des allgemeinen Völkerrechts keine Rolle spielten. Diese bedürfen jedoch einer „Transformation“ ins WTO-Recht, etwa als Prinzipien zur Auslegung von interpretationsoffenen Ausnahmeklauseln der Verträge des Welthandelsregimes.796 Der externe Lösungsweg behält dagegen einen monistischen Blickwinkel, demzufolge das WTO-Recht Teil des Völkerrechts bleibt, und Kollisio-
die elementaren Rechte der Völkerrechtssubjekte zu schützen (s. Kadelbach, Zwingendes Völkerrecht (1992), 174), dann bezieht sich diese beiden Normen in erster Linie auf das Gleichgewicht der Parteien innerhalb des Vertragsverhältnisses. 795 796
Crawford, State Responsibility (2002), 304.
So etwa die Vorschläge von Palmeter/Mavroidis, Am. J. Int’l L. 92 (1998), 398, 406-13; Neumann, Koordination des WTO-Rechts (2002), 65-68.
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nen mit Regeln anderer internationaler Rechtsregime nach den allgemeinen völkerrechtlichen Kollisionsnormen zu lösen sind. Die in der Literatur vorgeschlagenen Ansätze zur Vereinbarkeit von Welthandelsregeln mit Menschenrechten oder menschenrechtsähnlichen Normen nehmen weitgehend eine interne, dualistische Perspektive ein.797 Wirtschaftssanktionen sind danach nur gerechtfertigt, wenn eine entsprechende Ausnahmeregelung in den Art. XX, XXI GATT erfüllt ist. Deren Auslegung kann dabei von der Existenz und Reichweite externer Normen geleitet werden, allein die Verletzung externer Normen berechtigt jedoch noch nicht zur Aussetzung von Verpflichtungen unter den Welthandelsverträgen. Bei einer Verletzung des völkerrechtlichen Legitimitätsprinzips kommt wohl allein Art. XX lit. a GATT, die Gefährdung der öffentlichen Sittlichkeit in Betracht. Allerdings wird damit nicht jede Verletzung des Prinzips umfasst. Vielmehr setzt es eine nachweisliche öffentliche Empörung in der Bevölkerung desjenigen Staates voraus, der die Wirtschaftssanktionen verhängen möchte.798 Damit wird der praktische Anwendungsbereich dieser Ausnahmevorschrift eher klein bleiben. Zudem handelt es sich eher um eine faktische denn eine rechtliche Frage, da die Bewertung einer Situation durch die Bevölkerung nicht unbedingt mit der völkerrechtlichen Bewertung übereinstimmen muss. Das Zusammenfallen der Verletzung rechtlicher Standards und das Entstehen öffentlicher Empörung ist daher eher zufällig. Andere Autoren beziehen sich auf Ausnahmen, die in Art. XXI GATT normiert sind. So wird teilweise vertreten, dass Wirtschaftssanktionen auf Grundlage von Art. XXI lit. b GATT aufgrund nationaler Sicherheitsinteressen verhängt werden könnten.799 Allerdings scheint nur schwer einsichtig, wie die Verletzung des Legitimitätsprinzips allein nationale Sicherheitsinteressen eines anderen Staates verletzen kann. Denkbar erscheint dies, wenn weitere Faktoren – etwa ein aggressives Auftreten der durch einen Putsch an die Macht gekommen Regierung – hinzutreten. Doch auch hier ist die Erfüllung der Ausnahmenorm letztlich weitgehend unabhängig von der Verletzung des völkerrechtlichen 797
S. nur Howse/Mutua, Protecting Human Rights (2000); Neumann, Koordination des WTO-Rechts (2002), 288; Malloy, Chi. J. Int’l L. 4 (2003), 371, 379-83. 798 799
Neumann, Koordination des WTO-Rechts (2002), 288.
Farer, Hum. Rts. Q. 10 (1988), 157, 166; Malloy, Chi. J. Int’l L. 4 (2003), 371, 379.
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Legitimitätsprinzips. Auch ein Notstand in den internationalen Beziehungen i.S.v. Art. XXI lit. b (iii)800 wird allein durch die Verletzung des Legitimitätsprinzips sicherlich noch nicht begründet. Der zweite Lösungsweg ist ein monistischer. Konflikte zwischen Normen des Welthandelsrechts und solchen des allgemeinen Völkerrechts bedürfen auch dann einer Lösung, wenn diese durch eine bloße Interpretation von Ausnahmeklauseln der WTO nicht möglich ist. Diese monistische Lösung bei der Beurteilung von Handelssanktionen wird jedoch von Teilen der Literatur, soweit sie sich überhaupt mit dieser beschäftigt, abgelehnt. So wendet etwa Gabrielle Marceau ein, dass die Aussetzung von WTO-Verpflichtungen als Gegenmaßnahme nicht zulässig sei, da das WTO-Recht in dieser Hinsicht lex specialis sei.801 Dieses Argument greift jedoch, wie wir gesehen haben, zu kurz:802 Das WTO Streitentscheidungsverfahren ist nur hinsichtlich der Verletzung von Vorschriften des Welthandelsrecht spezieller, nicht jedoch bei der Verletzung anderer Normen des Völkerrechts, wenn die Aussetzung von Handelsbeziehungen lediglich die Gegenmaßnahme ist. Andere Autoren führen den Ausschluss von Rechtsnormen außerhalb des WTO-Regimes bei Entscheidungen innerhalb des Streitentscheidungsverfahrens auf den Wortlaut von Art. 3 (2) Satz 3 DSU zurück.803 Diesem zufolge können „[r]ecommendations and rulings of the DSB [...] not add to or diminish the rights and obligations provided in the covered agreements.“ Allerdings können diese Vorschriften auch lediglich als Verbot der legislativen Tätigkeit der Streitbeilegungsorgane verstanden werden.804 Für letzteres Verständnis spricht, dass Art. 3 (2) Satz 2 DSU bei den Auslegungsmethoden ausdrücklich auf die „customary rules of interpretation of public international law“ verweist und damit
800
Dies wird von Dolzer, Wirtschaft und Kultur im Völkerrecht, in: Vitzthum (Hg.), Völkerrecht (2004), Rn. 87, als Rechtfertigungsnorm für Menschenrechtsverletzungen vorgeschlagen, was etwa bei einem Genozid durchaus erwägenswert erscheint. 801
Marceau, EJIL 13 (2002), 753, 777-78.
802
S.o. Kap. 3, II 3 b aa.
803
Trachtman, Harv. Int’l L.J. 40 (1999), 333, 342: „This language [of Article 3 (2) DSU] would be absurd if rights and obligations arising from other international law could be applied by the DSB.“ 804
Pauwelyn, Am. J. Int’l L. 95 (2001), 535, 564; Stoll, in: Wolfrum/Stoll/ Kaiser (Hg.), World Trade Commentaries (2006), Art. 3 DSU, Rn. 54.
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auch auf Art. 31 (3) lit. c WVRK, demzufolge die Auslegung von Verträgen ausdrücklich auf rechtliche Regeln, die zwischen den Parteien außerhalb des konkreten Vertragsverhältnisses gelten, Bezug nehmen soll.805 Die Welthandelsorganisation und die ihr unterstehenden Vertragsregime sind nach den Regeln des allgemeinen Völkerrechts errichtet worden, haben in letzterem also ihren Geltungsgrund.806 Während es möglich ist, einzelne Regeln des allgemeinen Völkerrechts abzubedingen, ist es, wie Joost Pauwelyn festgestellt hat, nicht möglich, „[to] contract out of the system of international law“.807 Somit bietet sich eine grundsätzlich monistische Sichtweise an; daher sind Normkonflikte nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts zu lösen.808 Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass es grundsätzlich möglich ist, Normen des Handelsrechts als Gegenmaßnahme bei Verletzungen des Legitimitätsprinzips auszusetzen. Wie wir gesehen haben, können Vertragsregime ihre Primärverpflichtungen aus dem Gegenstandsbereich zulässiger Gegenmaßnahmen herausnehmen.809 Da dies jedoch zu einer Hierarchisierung innerhalb der Völkerrechtsordnung führt,810 bedarf es dafür klarer Indizien.811 Der bloße, nicht mit weiterer Begründung versehene Verweis darauf, dass „[t]he drafters of the WTO treaty never wanted to provide
805
Koskenniemi, Fragmentation of International Law (2006), 74-75. Auch aus Art. 1 (1) DSU lässt sich kein Argument gegen eine monistische Lösung herleiten, da zwischen der Jurisdiktion eines Streitentscheidungsorgans und dem anwendbaren Recht zu unterscheiden ist. Letzteres kann weiter sein als erstere, Pauwelyn, Conflict of Norms (2003), 460. 806
Koskenniemi, Fragmentation of International Law (2006), 85.
807
Pauwelyn, Conflict of Norms (2003), 37. (Hervorhebung im Original).
808
In diese Richtung wohl auch Koskenniemi, Fragmentation of International Law (2006), 75-76. 809
S.o. Kap. 3, II 3 b aa.
810
Zur Hierarchisierung zwischen unterschiedlichen völkerrechtlichen Regimes s. auch Shelton, in: Evans (Hg.), International Law (2006), 159, 178. 811
Lindroos/Mehling, EJIL 16 (2006), 857, 865; Aust, GYIL 49 (2006), 165, 197. Vgl. auch IGH, Urt. v. 20. Juli 1989, Elettronica Sicula S.p.A. (ELSI) (United States of America v. Italy), ICJ Rep. 1989, 15, § 50: „Yet the Chamber finds itself unable to accept that an important principle of customary international law should be held to have been tacitly dispensed with, in the absence of any words making clear an intention to do so.“
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non-WTO norms with direct effect in WTO law“812 ist sicherlich nicht ausreichend, ist es bei internationalen Verträgen doch kaum möglich, einen einheitlichen gesetzgeberischen Willen auszumachen.813 Anhaltspunkte für die Abgeschlossenheit des WTO-Normensystems findet man möglicherweise in Art. XX, XXI GATT und den korrespondierenden Vorschriften in anderen Abkommen. Diese enthalten bereits einen Katalog von Situationen, in denen WTO-Bestimmungen suspendiert werden können. Allerdings beziehen sich die dort aufgeführten Punkte allesamt nicht auf rechtliche Verpflichtungen, sondern nur auf unterschiedliche politische Erwägungen. Die einzige Ausnahme in dieser Hinsicht ist Art. XXI lit. c GATT, der eine explizite Abweichungsbefugnis vorsieht, um Verpflichtungen aus der UN-Charta erfüllen zu können. Allerdings hat diese Ausnahme nur deklaratorischen Charakter, da sich selbiges bereits direkt aus Art. 103 der UN-Charta ergibt. Ein gewichtiges Argument gegen die Anwendbarkeit der allgemeinen Regeln der Staatenverantwortlichkeit wird aus der Natur des WTOStreitbeilegungsverfahrens hergeleitet. Lässt man zu, dass Verpflichtungen unter den WTO-Regimen aus allgemeinen Erwägungen der Staatenverantwortlichkeit suspendiert werden können, dann müssen die WTO-Panels und der Appellate Body über die Existenz der nicht handelsrechtlichen Primärpflicht entscheiden, um urteilen zu können, ob die Suspendierung der Handelsbeziehungen gerechtfertigt war. Diese Frage zu entscheiden, sind die Streitbeilegungsorgane der WTO jedoch weder kompetent noch legitimiert.814 Das Problem dieser Argumentation ist jedoch, dass die Alternative nicht unbedingt besser ist. Lässt man externe Normen in der Entscheidung außer Betracht, bedeutet dies, dass die dem System immanenten Normen immer Vorrang haben. Durch den Abschluss eines Systems gegenüber externen Vorschriften wird damit eine automatische Hierarchisierung bewirkt.815 Insofern ist die Koordination der WTO-Vorschriften mit anderen substantiellen völkerrechtlichen Regeln Legitimi812
Marceau, EJIL 13 (2002), 753, 778.
813
Simma/Pulkowski, EJIL 17 (2006), 483, 489.
814
Lim, JWT 35 (2001), 275, 286; Marceau, EJIL 13 (2002), 753, 777.
815
Vgl. Kadelbach/Kleinlein, GYIL 50 (2007), 303-47, die eine prinzipiengeleitete Konstitutionalisierung des Völkerrechts strikten Normenhierarchien oder gar Hierarchien von Teilsystemen vorziehen.
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tätsvoraussetzung der WTO.816 Dogmatisch lässt sich das Problem daher wahrscheinlich eher lösen, indem man das WTO-Recht als prozesshaftes Koordinationsmodell konzipiert,817 und den Staaten bei der Beurteilung der Rechtslage einen gewissen Beurteilungsspielraum zugesteht. Die WTO-Panels bzw. der Appelate Body entscheiden damit nicht absolut darüber, ob die Beurteilung der Legitimität des durch eine Handelssanktion betroffenen Staates durch den Sanktionsstaat korrekt ist, sondern allein, ob die Sichtweise des letzteren vertretbar erscheint.
dd. Schranken der Draft Articles on State Responsibility Nichtmilitärische Sanktionen gegen illegitime Regime sind nicht schrankenlos möglich. Vielmehr legen die Art. 49-52 der Articles on State Responsibility den Gegenmaßnahmen verschiedene Restriktionen auf, deren wichtigste der Verhältnismäßigkeitgrundsatz ist.818 Die Gegenmaßnahmen müssen danach effektiv und angemessen sein, und es darf keine milderen Mittel der Rechtsdurchsetzung geben. Bei der Verhältnismäßigkeit ist dabei eine besondere Spannungslage zu beachten, die bei Wirtschaftssanktionen auftritt, wenn diese Rechtsverletzungen im Innenverhältnis zwischen Regierung und Staatsbürger betreffen. Die Ratio hinter Handelssanktionen ist es, wirtschaftlichen Druck auf die Bevölkerung des adressierten Staates auszuüben, damit diese wiederum Druck auf ihre Regierung ausübt, den in Rede stehenden internationalen Verpflichtungen Folge zu leisten.819 Problematisch an dieser Form der Sanktion ist, dass die Staatsbürger instrumentalisiert werden, obwohl sie – zumindest, wenn die Sanktionen darauf gerichtet sind, das Legitimitätsprinzip durchzusetzen – doch eigentlich Nutznießer der Gegenmaßnahmen sein sollen. Daher sind an die Angemessenheitsprüfung einer Gegenmaßnahme zur Durchsetzung des Legitimitätsprinzips strenge Anforderungen zu stellen.820 Angesichts der negativen Folgen für die Bevölkerung eines Staa-
816
Lindroos/Mehling, EJIL 16 (2006), 857, 866.
817
Zu einer solchen Konzeption s. v. Bogdandy, Max Planck UNYB 5 (2001), 609, 658-70. 818
Lowenfeld, Chi. J. Int’l L. 4 (2003), 355, 360.
819
Bossuyt, Economic Sanctions (2000), Rn. 48.
820
Cannizzaro, EJIL 12 (2001), 889, 910.
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tes, ist eine Gegenmaßmahme nur dann angemessen, wenn erwartet werden kann, dass sie effektiv ist. Dies ist jedoch bei vielen Wirtschaftssanktionen sehr zweifelhaft. Gerade in Staaten, in denen die Regierung keiner politischen Verantwortlichkeit gegenüber der Bevölkerung unterliegt, hat letztere wenig Möglichkeiten, Druck auf die Regierung auszuüben. Oft wird es sogar so sein, dass die Regierung die Notlage der Bevölkerung für propagandistische Zwecke wird ausnutzen können.821 So zeigen empirische Studien, dass Handelssanktionen, wenn überhaupt, nur einen sehr begrenzten Effekt zeitigen. Nach einer Untersuchung von Hufbauer, Scott und Elliott haben allenfalls 50% der Gegenmaßnahmen, die darauf abzielen, eine Regierung zu destabilisieren, zumindest bescheidenen Erfolg.822 Die Destabilisierung einer Regierung ist von der Errichtung einer Demokratie jedoch einen großen Schritt entfernt und kommt nie ohne Nebenwirkungen.823 Gerade das Erreichen konstruktiver Ziele mittels Sanktionen ist jedoch wesentlich weniger wahrscheinlich als die bloße Destabilisierung.824 Da diese Erkenntnisse nur den Durchschnitt aller Sanktionsfälle betreffen, bedeutet das noch nicht, dass Wirtschaftssanktionen generell unzulässig sind. Angesichts ihrer geringen Effektivität besteht jedoch eine Vermutung für ihre Unzulässigkeit. Die Rechtfertigungslast liegt bei den Staaten, die eine Sanktion verhängen wollen. Diese müssen durch eine Folgenabschätzung die Effektivität der Maßnahmen plausibel machen. Erfolgversprechender sind allerdings Gegenmaßnahmen, die direkt auf die Mitglieder der Regierung eines Staates abzielen. Zu diesen gehören etwa finanzielle Sanktionen, wie das Einfrieren von Guthaben von Regimeangehörigen auf ausländischen Konten, Reiserestriktionen für Regierungsmitglieder, militärische Sanktionen, wie zum Beispiel ein Waffenembargo, oder diplomatische Sanktionen, bei denen den Diplomaten des entsprechenden Staates verboten wird, in internationalen Entscheidungsgremien mitzuwirken.825 821
Bossuyt, Economic Sanctions (2000), Rn. 49.
822
Hufbauer/Schott/Elliott, Economic Sanctions (1985), 43-44. Vgl. jedoch auch die wesentlich pessimistischere Interpretation der Daten dieser Studie bei Pape, Int’l Sec. 23.1 (1998), 66-77. 823
Hufbauer/Schott/Elliott, Economic Sanctions (1985), 44.
824
Dashti-Gibson/Davis/Radcliff, Am. J. Pol. Sci. 41 (1997), 608-18.
825
Für einen Überblick über verschiedene Formen der sogenannten Smart Sanctions s. Bossuyt, Economic Sanctions (2000), Rn. 13-16.
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III. Demokratie und Konditionalität: Das Good Governance-Erfordernis der Weltbank Bei der Vergabe von Strukturanpassungskrediten macht die Weltbank826 den Adressaten oft sog. good governance Auflagen. Die genaue Bedeutung des Begriffs good governance ist bisher allerdings wenig geklärt. Daher soll im Folgenden untersucht werden, ob das völkerrechtliche Legitimitätsprinzip möglicherweise zu dessen Konturierung beitragen kann. Die Weltbank gebrauchte den Begriff des governance zum ersten Mal 1989 in einer Perspektivstudie zur Subsahararegion.827 Die Wurzeln des Konzepts von good governance reichen jedoch weiter zurück. Im Jahr 1980 haben die IBRD und die IDA Strukturanpassungskredite eingeführt. Diese waren eine Antwort auf akute Probleme vieler Kreditnehmerstaaten mit ihren Zahlungsbilanzen in den späten 1970er Jahren. Die Kredite sollten dazu dienen, die Makroökonomie der Nehmerstaaten anzupassen, um Zahlungsbilanzkrisen zu verhindern. Später kamen weitere sektorielle Strukturanpassungsprogramme hinzu. Allerdings wurde schnell festgestellt, dass der Erfolg der Strukturanpassungsprogramme weitergehende Reformen auch der politischen Institutionen voraussetzte.828 Daher wurden die Konditionen der Kreditvergabe auch auf politische Reformen sowie Reformen des öffentlichen Sektors ausgedehnt. Diese Good Governance-Konditionalität scheint jedoch auf den ersten Blick im Widerspruch zu den Gründungsstatuten von IBRD und IDA zu stehen. So heißt es in Art. III Sect. 5 lit. b der IBRD Articles of Agreement:829 „The Bank shall make arrangements to ensure that the proceeds of any loan are used only for the purposes for which the loan was granted, with due attention to considerations of economic efficiency and without regard to political or other non-economic influences or considerations.“830 826
Wenn im Folgenden von der Weltbank die Rede ist, dann sind damit, wenn nicht anders gekennzeichnet, die IBRD und die IDA gemeint. 827
World Bank, Sub-Saharan Africa. From Crisis to Sustainable Growth. A Long-Term Perspective Study (1989), 6 und 60. 828
Shihata, in: ders., The World Bank in a Changing World (1995), 33, 54-55.
829
Articles of Agreement of the International Bank for Reconstruction and Development (27. Dez. 1945), 2 UNTS 134. 830
Hervorhebung hier.
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Politische Gesichtspunkte sind bei der Vergabe von Weltbankkrediten also ausdrücklich verboten. Um die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Weltbank zu wahren, sollen allein wirtschaftliche Erwägungen bei der Kreditvergabe berücksichtigt werden.831 Allerdings können ökonomische und politische Erwägungen nicht scharf voneinander getrennt werden.832 So wirkt sich das institutionelle Umfeld auch auf die ökonomische Entwicklung eines Staates aus.833 In diesem Sinne hat Ibrahim Shihata, der langjähriges Chefjurist der Weltbank, auch versucht, den governance Begriff eng auszulegen und auf solche Aspekte zu beschränken, die sich direkt auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken.834 Die jeweilige Regierungsform soll für sich genommen dabei ausdrücklich kein entscheidender Gesichtspunkt sein.835 Diese Strategie der Weltbank ist von zwei Seiten kritisiert worden. Einigen Autoren ist sie nicht weitgehend genug. Sie fordern eine stärkere Berücksichtigung von Aspekten des Menschenrechtsschutzes und der internen politischen Organisation. So haben die USA im Mai 1993 angekündigt, die Weltbank dazu zu bewegen, Demokratie und Menschenrechte bei der Verteilung von Geldern und Krediten in Betracht zu ziehen.836 Unterstützt wurden diese Forderungen durch Beiträge in der Rechtswissenschaft, die einen weiten good governance Begriff rechtlich zu begründen versuchen.837 So wird mit einem weiten Begriff der wirtschaftlichen Entwicklung argumentiert, der die Demokratisierung explizit umfasst und daher erlaubt, die Förderung der Demokratie als legitimes Ziel der Weltbank anzusehen.838 Anderen Autoren sind die derzeitigen Konditionalitäten der Weltbank dagegen bereits zu weitrei-
831
S. World Bank, Governance & Development (1992), 51.
832
Darrow, Between Light and Shadow (2003), 192; Killinger, Non-Political Mandate (2003), 80-89. 833
Theobald, Ökonomik des Staates (2000), 131.
834
Shihata, in: ders., World Bank Legal Papers (2000), 245, 271.
835
Ebd., 270.
836
Nelson/Eglinton, in: Farer (Hg.), Beyond Sovereignty (1996), 169, 172.
837
Wadrzyk, Wis. Int’l L.J. 17 (1999), 553, 571-74; Killinger, Non-Political Mandate (2003), 150-55. Zumindest für den Bereich der Menschenrechte hat auch Theobald, Ökonomik des Staates (2000), 106, keine Bedenken gegen eine Einbeziehung entsprechender Aspekte in die Vergabeentscheidung. 838
Killinger, Non-Political Mandate (2003), 155.
194
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chend. Sie kritisieren, dass es zwischen politischen und ökonomischen Erwägungen keine klare Trennlinie gebe. Vielmehr beschränke sich Wirtschaftspolitik nie allein auf die Entwicklung der Wirtschaft, sondern wirke sich immer auch auf das Institutionengefüge des gesamten Staates aus.839 Indem diese Maßnahmen jedoch als unpolitisch und damit sachlich geboten hingestellt werden, werden sie gegen Kritik weitgehend immunisiert.840 Aufgrund der engen Verzahnung von Politik und Ökonomie setzt das im Gründungsstatut festgeschriebene unpolitische Mandat der Weltbank in der Praxis kaum Grenzen. Das Handeln der Weltbank steht dabei in einem besonderen Spannungsfeld. Zum einen ist die Verweigerung von Krediten eine wirksame Sanktionsmöglichkeit, die völkerrechtlichen Normen zu einer größeren Effektivität verhelfen kann. Auf der anderen Seite ist die Weltbank nicht die zuständige Autorität, um über solche Rechtsverletzungen zu entscheiden. Dies ist insofern problematisch, da die rechtlichen Befunde selten eindeutig, sondern oft Gegenstand intensiver Auseinandersetzungen sind. Ebenso wenig wie bestimmte mächtige Staaten kann die Weltbank in die Rolle der Weltpolizei gedrängt werden. Die in den ersten beiden Kapiteln dieses Buches vorgenommene Analyse völkerrechtlicher Legitimitätsstandards gibt jedoch möglicherweise Anhaltspunkte für die Lösung dieses Dilemmas. Nicht entscheidend sein kann die konkrete Staatsform eines Nehmerstaates. Allein die Tatsache, dass ein Staat eine Demokratie ist, kann für die Kreditvergabe nicht ausschlaggebend sein. Geht man davon aus, dass eine Demokratie umso stabiler ist, je höher der Grad der wirtschaftlichen Entwicklung ist,841 würde es arme Staaten in einen Teufelskreis stürzen, verweigerte man ihnen Entwicklungshilfe wegen fehlender Demokratisierung, wenn
839
Cahn, Harv. Hum. Rts. J. 6 (1993), 159-94; Alston, EJIL 8 (1997), 435, 443-44. So implizit sogar Shihata selbst: „But the most obvious impact in this direction [of democratization] results indirectly from three areas of the Bank’s intervention, which are typically considered to be of an economic or social, not political, nature.“, Shihata, Int’l & Comp. L.Q. 46 (1997), 635, 641. 840
Nelson, World Bank & NGOs (1995), 141. Ähnlich auch Leftwich, Third World Quarterly 14 (1993), 605, 611-12, der die Betonung des unpolitischen Charakters des good governance Programms für naiv hält. 841
S.o. Kap. 1, III 3 b.
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letztere gleichzeitig in hohem Maße von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig ist.842 Für die Standards für die Kreditvergabe der Weltbank können vielmehr die Wertungen fruchtbar gemacht werden, die wir im Zusammenhang mit der Diskussion um die odious debts getroffen haben.843 Dort hatten wir festgestellt, dass Kreditverträge für einen Staat dann nicht bindend sind, wenn die Regierung illegitim war und der Vertragsschluss nicht im Interesse der Bevölkerung lag. An diesen Wertungen des allgemeinen Völkerrechts muss sich auch die Weltbank festhalten lassen. Es muss daher gewährleistet sein, dass die Kredite der Bevölkerung und nicht lediglich der Regierung zugute kommen.844 Unproblematisch ist demnach eine Kreditvergabe an Staaten, die nach den hier beschriebenen Kriterien als legitim angesehen werden können.845 Ist eine Regierung dagegen illegitim, ist eine Kreditvergabe nur dann zulässig, wenn durch entsprechende Auflagen die Zweckbestimmung der Mittelvergabe nicht nur genau festgelegt, sondern auch effektiv durchgesetzt werden kann.
IV. Demokratie und Nation Building in Post Conflict Situationen Ein Phänomen, das die Völkerrechtswissenschaft erst seit relativ kurzer Zeit beschäftigt, ist die Legitimität von internationalen Übergangsverwaltungen in post conflict Situationen.846 Solche Übergangsverwaltun-
842
Santiso, Georgetown Publ. Pol’y Rev. 7 (2001), 1, 11.
843
S. dazu oben Kap. 3, I 3.
844
Sehr ähnlich ist in dieser Hinsicht der Vorschlag von Moller, Neth. Q. Hum. Rts. 15 (1997), 21, 35, demzufolge sichergestellt sein muss, dass es zu einer vernünftigen Verwendung der Gelder im Sinne der Bevölkerung kommen muss. 845
Das schließt grundsätzlich nicht aus, dass diesen aus politisch-wirtschaftlichen Gründen weitere Bedingungen auferlegt werden. 846
Vollkommen neu ist das Phänomen internationaler Territorialverwaltungen allerdings nicht. Solche gab es bereits in der Völkerbundszeit im Saarland, in der kolumbianischen Region Leticia und mit großen Einschränkungen in Danzig. Nach dem zweiten Weltkrieg stand Deutschland zunächst unter Verwaltung der Alliierten und einige Gebiete wurden von bestimmten Staaten treu-
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gen werden von den Vereinten Nationen oder siegreichen Kriegsparteien oft nach Friedensschlüssen in internen oder internationalen Konflikten eingerichtet, um den entsprechenden Staat auf eine demokratische Regierungsform vorzubereiten. In der völkerrechtlichen Literatur wird an diesen Entwicklungen teilweise Kritik geübt, die im Folgenden einer Bewertung unterzogen werden soll. Dabei sind zwei Fragen zu unterscheiden: zum einen die nach rechtlichen Standards für Fremdherrschaft durch Übergangsverwaltungen (1.), zum anderen die nach möglichen rechtlichen Kriterien für den Prozess der Ausarbeitung einer neuen Verfassung (2.).
1. Das Legitimitätsdilemma der internationalen Übergangsverwaltungen Bei den internationalen Übergangsverwaltungen der letzten anderthalb Jahrzehnte handelt es sich keineswegs um ein einheitliches Phänomen. Vielmehr lassen sie sich grob in drei Kategorien einteilen: die stärkste Form der Einflussnahme ist bei den Übergangsverwaltungen im Kosovo und in Osttimor zu beobachten, bei denen die Vereinten Nationen eine Treuhandverwaltung errichtet haben, deren Charakteristikum es ist, dass die UN die volle Regierungsgewalt übernommen haben.847 In anderen Situationen haben die Vereinten Nationen dagegen die Regierungsgewalt grundsätzlich bei Vertretern der Territorialbevölkerung belassen und lediglich komplementäre Verwaltungs- und Kontrollaufgaben übernommen. Diese haben jedoch unterschiedliche Intensitätsgrade erreicht. Ein dritter Fall sind schließlich Besatzungen, bei denen zwar die komplette Regierungsgewalt ebenfalls fremdbestimmt wird, jedoch nicht durch eine internationale Organisation, sondern durch eine Besatzungsmacht ausgeübt wird.
händerisch für die internationale Gemeinschaft verwaltet, s. dazu Wilde, Am. J. Int’l L. 95 (2001), 583, 586. 847
Bothe/Marauhn, International Peacekeeping 6 (2000), 152, 153; Stahn, Max Planck UNYB 5 (2001), 105, 144.
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a. Treuhandverwaltung durch die UN: Ostslawonien, Kosovo und Osttimor In jüngerer Vergangenheit haben die Vereinten Nationen in drei Regionen eine Treuhandverwaltung ausgeübt, in denen sie zunächst die gesamte Regierungsgewalt übernommen und graduell an zu etablierende lokale Institutionen zurück übertragen haben: die erste dieser Verwaltungen war die United Nations Transitional Administration in Eastern Slavonia (UNTAES). Aufgabe der UNTAES war es, eine Reintegration Ostslawoniens, das hauptsächlich von Serben bewohnt wurde, in Kroatien zu ermöglichen.848 Zu diesem Zweck wurde ihr die volle Regierungsgewalt über Ostslawonien übertragen.849 Die Verwaltung war allerdings auf zwei Jahre beschränkt – anschließend erlangte Kroatien die volle Kontrolle über das Gebiet. Dem Beispiel der UNTAES folgten zwei weitere UN-Übergangsverwaltungen: zum einen nach der NATO-Intervention im Kosovo, zum anderen nach dem Unabhängigkeitsreferendum in Osttimor. Die Übergangsverwaltung im Kosovo lässt sich in drei Phasen einteilen. In einer ersten Phase, von Juli 1999 bis Januar 2000, wurden alle legislativen und exekutivischen Aufgaben vom Sondergesandten des UN-Generalsekretärs und der UNMIK wahrgenommen. Die Staatsaufgaben waren damit vollständig einem internationalen Organ übertragen.850 In einer zweiten Phase, die bis Mai 2001 andauerte, wurden lokalen Repräsentanten beschränkte Partizipationsrechte in Verwaltungsangelegenheiten zugestanden. In dieser Phase wurde ein Interimverwaltungsrat (Interim Administrative Council) geschaffen, der zur Hälfte aus Kosovaren zusammengesetzt war und dem Sondergesandten als beratendes Gremium dienen sollte.851 Die dritte Phase begann im November 2001 mit der Wahl einer Nationalversammlung des Kosovo als neuem Legislativorgan und richtete sich im Wesentlichen nach dem „Constitutional Framework for provisional self-government in Kosovo“,852 der als Richtlinie durch den UN-Sondergesandten erlassen wurde. Allerdings wurden der Nationalversammlung nicht die vollen Parlamentskompe848
de Wet, Max Planck UNYB 8 (2004), 291, 301.
849
SR-Res. 1037, UN-Dok. S/RES/1037 (15. Jan. 1996).
850
Friedrich, Max Planck UNYB 9 (2005), 225, 255.
851
UNMIK/REG/2000/1, sect. 4 (14. Jan. 2000).
852
UNMIK/REG/2001/9 (15. Mai 2001).
198
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tenzen zuerkannt. Vielmehr verblieben dem Sondergesandten das Budgetrecht und die Kompetenz zur Ernennung von Richtern, sowie eine Letztentscheidungskompetenz, mit der der Sondergesandte die Nationalversammlung auflösen oder das Inkrafttreten von Gesetzen durch Nichtunterzeichnung verhindern konnte.853 Auch in Osttimor wurde nach der Unabhängigkeit zunächst eine internationale Übergangsverwaltung eingerichtet. Deren Kompetenzen werden im Wesentlichen in Sicherheitsratsresolution 1272 umrissen.854 Diese sieht vor, dass die UN Übergangsverwaltung in Osttimor (United Nations Transitional Administration in East Timor, UNTAET) mit der Verantwortung für die Verwaltung Osttimors betraut wird.855 Dies beinhaltet insbesondere auch die Kompetenz, neue Gesetze oder Verordnungen zu erlassen und bestehendes Recht zu ändern oder aufzuheben.856 Die Übergangsverwaltung sollte zunächst bis zum 31. Januar 2001 andauern, wurde jedoch durch den Sicherheitsrat zwei Mal, letztlich bis zum 20. Mai 2002, verlängert. Die externe Kontrolle der Übergangsverwaltung war dabei nur schwach ausgeprägt.857 Zwar musste der Generalsekretär dem Sicherheitsrat gegenüber alle sechs Monate in einem Bericht Rechenschaft ablegen.858 Doch wurden diese Berichte im Wesentlichen vom Sicherheitsrat ungeprüft akzeptiert, wenn nicht Budgetfragen oder große politische Richtungsentscheidungen zur Debatte standen.859 Die Beteiligung der Bevölkerung erfolgte in drei Schritten:860 Im Dezember 1999 installierte UNTAET den National Consultative Council (NCC), ein nicht gewähltes Organ, das sich aus 15 Mitgliedern zusammensetzte.861 Von diesen waren vier Mitglieder der UNTAET, darunter der Übergangsverwalter, der den Vorsitz übernahm. Elf Mitglieder 853
Friedrich, Max Planck UNYB 9 (2005), 225, 258.
854
SR-Res. 1272, UN-Dok. S/RES/1272 (25. Okt. 1999).
855
Ebd., Erw. 1.
856
Ebd., Erw. 6.
857
Benzing, Max Planck UNYB 9 (2005), 295, 337-43.
858
SR-Res. 1272 (Fn. 854), Erw. 18.
859
Chesterman, You, The People (2004), 151.
860
Morrow/White, Austl. Yb. Int’l L. 22 (2002), 1, 5.
861
UNTAET Regulation No. 1999/2, On the Establishment of a National Consultative Council, UNTAET/REG/1999/2 (2. Dez. 1999).
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
199
stammten aus Osttimor, wobei versucht wurde, die wesentlichen politischen Gruppen zu repräsentieren. Zu Beginn der zweiten Phase, am 14. Juli 2000, wurde der NCC aufgelöst und ein National Council (NC) sowie ein Kabinett installiert.862 Die Mitglieder des NC waren alle Osttimoresen, wurden jedoch durch den Übergangsverwalter ernannt. Das Kabinett bestand zur Hälfte aus internationalen Experten und zur Hälfte aus Vertretern aus Osttimor, wobei der Übergangsverwalter erneut als Vorsitzender agierte.863 NC und Kabinett wurden zu Beginn der dritten Phase, im September 2001, durch die zweite Übergangsregierung ersetzt. Diese bestand aus einem Ministerrat864 sowie einer gewählten konstituierenden Versammlung.865 Der Ministerrat hatte die Oberaufsicht über die Verwaltung Osttimors. Seine Mitglieder wurden jedoch vom Übergangsverwalter ernannt und waren diesem gegenüber auch verantwortlich. Die konstituierende Versammlung war das erste demokratisch gewählte Organ Osttimors. Seine Aufgabe war es im Wesentlichen, eine Verfassung für ein unabhängiges und demokratisches Osttimor auszuarbeiten.866 Im März 2002 verabschiedete die konstituierende Versammlung die neue Verfassung und ebnete damit den Weg für die endgültige Unabhängigkeit am 20. Mai 2002.
b. Komplementärverwaltung durch die UN: Kambodscha, Bosnien und Afghanistan In anderen post conflict Situationen – etwa in Bosnien, Afghanistan oder Kambodscha – haben die Vereinten Nationen nicht die komplette Regierungsgewalt, sondern nur komplementäre Verwaltungsaufgaben 862
UNTAET Regulation No. 2000/24, On the Establishment of a National Council, UNTAET/REG/2000/24 (14. Juli 2000). 863
Ingram, in: Azimi/Chang (Hg.), Transitional Administration in East Timor (2003), 85, 86-87. 864
UNTAET Regulation No. 2001/28, On the Establishment of the Council of Ministers, UNTAET/REG/2001/28 (19. Sept. 2001). 865
UNTAET Regulation No. 2001/2, On the Election of a Constituent Assembly to Prepare a Constitution for an Independent and Democratic East Timor, UNTAET/REG/2001/2 (16. März 2001). 866
Morrow/White, Austl. Yb. Int’l L. 22 (2002), 1, 33; Benzing, Max Planck UNYB 9 (2005), 295, 351.
200
Kapitel 3
übernommen. Jedoch haben diese internationalen Administrationen gleichwohl erheblichen Einfluss ausgeübt. Eindringlichstes Beispiel in dieser Hinsicht ist Bosnien-Herzegowina. Der rechtliche Rahmen für die Organisation Bosniens wurde im Dayton Peace Agreement867 festgelegt. Dieser Vertrag wurde formal zwischen Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Jugoslawien geschlossen, kam jedoch auf Vermittlung und Druck der internationalen Gemeinschaft, insbesondere der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union zustande. Während die Übergangsverwaltung in Osttimor lediglich die Voraussetzungen für den Verfassungsgebungsprozess geschaffen hat, wurde die fertige Verfassung im Falle Bosniens bereits im Anhang des Dayton Peace Agreements festgeschrieben. Gleichzeitig wurde im Vertrag von Dayton das Amt eines Hochkommissars eingerichtet. Dessen Funktionen wurde in Annex 10 des Friedensvertrages nur sehr vage umschrieben; zugleich wurde ihm auch die Kompetenz der autoritativen Interpretation des Friedensvertrages zugestanden,868 so dass er den Umfang seiner Kompetenzen weitgehend selbst bestimmen konnte. Von dieser Möglichkeit haben die entsprechenden Kommissare ausgiebig Gebrauch gemacht.869 Sie gingen so weit, ein Gesetz der parlamentarischen Versammlung für verfassungswidrig zu erklären,870 sowie mehrere Verwaltungsentscheidungen außer Kraft zu setzen und Beamte ihren Ämtern zu entheben. Auch nach der Friedenskonferenz in Bonn im Jahr 1997 setzte der Hochkommissar eine Reihe von Gesetzen in Kraft, die das Parlament aufgrund seiner ethnischen Diversität und des damit verbundenen destruktiven Verhaltens bestimmter Fraktionen nicht passieren konnten.871 Zudem entließen oder suspendierten die verschiedenen Hochkommissare von März 1998 bis Mitte 2003 über 100 gewählte Beamte auf allen Verwaltungs- und Regierungsebenen von ihren Ämtern.872 Die Verantwortlichkeit des Hochkommissars war nur 867
The General Framework Agreement for Peace in Bosnia and Herzegovina (14. Dez. 1995), ILM 35 (1996), 75 [im Folgenden: Dayton Peace Agreement]. 868
Dayton Peace Agreement, ebd., Annex 10, Art. V.
869
Oellers-Frahm, Max Planck UNYB 9 (2005), 179, 208.
870
Decision on Amending the Law on Filling a Vacant Position of the Member of the Presidency of Bosnia and Herzegovina (7. Aug. 2000), http://www. ohr.int/decisions/archive.asp?m=8&yr=2000. 871
Oellers-Frahm, Max Planck UNYB 9 (2005), 179, 209.
872
Chesterman, You, The People (2004), 130.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
201
sehr schwach ausgeprägt. Er war kein Organ der Vereinten Nationen und auch im Dayton Peace Agreement fehlen Bestimmungen zur Verantwortlichkeit. Nach 1997 war er formal zwar dem Steuerungskomitee der Bonner Friedenskonferenz verantwortlich, doch fehlten auch hier detaillierte Vorschriften. Einen zurückhaltenderen Ansatz wählten die Vereinten Nationen nach dem Militäreinsatz der NATO in Afghanistan. Das Bonner Abkommen,873 das zwischen Vertretern von vier afghanischen Volksgruppen geschlossen und vom UN-Sicherheitsrat in Resolution 1383 aufgenommen wurde,874 sieht eine Übergangsphase von mehreren Stufen vor.875 Zunächst wurde in dem Abkommen eine Übergangsverwaltung unter der Führung von Hamid Karzai eingesetzt. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um eine UN-Verwaltung, sondern um eine aus Afghanen bestehende Regierung. Um die Übergangsverwaltung zu legitimieren wurde im Juni 2002 ein außerordentlicher „Loya Jirga“876 einberufen. Dieser bestand aus über 1600 Delegierten, die zum Großteil als Repräsentanten ethnischer Gruppen gewählt, teilweise jedoch auch von lokalen Machthabern bestimmt worden waren. Ein Teil der Delegierten repräsentierte zudem Exilafghanen, die außerhalb des Landes lebten.877 Von den Delegierten stimmten 1295 für eine Wahl Karzais zum Kopf einer Übergangsregierung. Anschließend wurde ein weiterer „Loya Jirga“ eingesetzt, der die Funktion eines Verfassungskonvents hatte und die neue Verfassung für Afghanistan verabschieden sollte. Ausgearbeitet wurde der Text der Verfassung jedoch nicht von dem „Loya Jirga“, sondern von einer Constitutional Drafting Commission, die ihren Entwurf zur weiteren Bearbeitung an eine Constitutional Review Commission weitergab. In diesem Prozess waren Ausländer kaum beteiligt und hat-
873
Agreement on Provisional Arrangements in Afghanistan Pending the ReEstablishment of Permanent Government Institutions, UN-Dok. S/2001/1154 (5. Dez. 2001). 874
SR-Res. 1383, UN-Dok. S/RES/1383 (6. Dez. 2001).
875
S. dazu Saikal, in: Newman/Rich (Hg.), Promoting Democracy (2004), 320, 329-32; Marauhn, AVR 40 (2002), 480, 493-96; Afsah/Guhr, Max Planck UNYB 9 (2005), 373, 419-23. 876
„Loya Jirga“ bedeutet Große Ratsversammlung und ist eine traditionelle Zusammenkunft von Vertretern aller Volks- und Religionsgruppen Afghanistans. 877
Saikal, in: Newman/Rich (Hg.), Promoting Democracy (2004), 320, 331.
202
Kapitel 3
ten allenfalls beratende Funktion.878 Dieser Entwurf wurde dann an den Constitutional „Loya Jirga“ weitergegeben, der die Verfassung letztlich verabschiedete.879 Der politische Prozess wurde in Afghanistan also hauptsächlich Afghanen überlassen. Die Vereinten Nationen spielten dennoch eine nicht zu unterschätzende Rolle, da sie an der Ausarbeitung des Bonner Abkommens, der Auswahl der Vertragsparteien und der Nominierung Karzais entscheidend mitgewirkt hatten. Ebenfalls eine komplementäre Rolle kam den Vereinten Nationen beim Versuch der Demokratisierung Kambodschas zu. Nach einem langen Bürgerkrieg zwischen den marxistisch-maoistischen Khmer Rouge und einem von Vietnam unterstützten sozialistischen Regime sollten im Jahr 1993 allgemeine Wahlen abgehalten werden.880 In Vorbereitung dieser Wahlen wurden, um eine möglichst große Unparteilichkeit der Staatsorgane zu gewährleisten, alle Regierungsbereiche, die einen direkten Einfluss auf den Wahlausgang haben konnten, unter die Kontrolle der UN Transitional Authority in Cambodia (UNTAC) gestellt.881 Die UNTAC hat dabei jedoch keine konkreten Regierungs-, sondern im Wesentlichen nur Kontrollaufgaben wahrgenommen.882 Auch danach haben die Vereinten Nationen in Kambodscha noch eine wichtige Rolle gespielt, die Aufgaben verliefen jedoch eher in klassischen Bahnen. So haben die UN Wahlen beobachtet, Ausbildungsprogramme initiiert und allgemein eine Wächterfunktion für die Beachtung von Menschenrechten ausgeübt.883
c. Nation-Building durch Besatzungsmächte: Irak Einen Sonderfall bildet in gewisser Hinsicht der Wiederaufbau des Irak nach der von den USA geleiteten Invasion im Frühjahr 2003. Anders als
878
Afsah/Guhr, Max Planck UNYB 9 (2005), 373, 425.
879
Der „Loya Jirga“ bestand aus 502 größtenteils gewählten Delegierten. Nur 50 Delegierte wurden ernannt, ebd., 427. 880
Zum geschichtlichen Hintergrund s. Peou, in: Newman/Rich (Hg.), Promoting Democracy (2004), 258, 259-67. 881
de Wet, Max Planck UNYB 8 (2004), 291, 298.
882
Keller, Max Planck UNYB 9 (2005), 127, 163.
883
Peou, in: Newman/Rich (Hg.), Promoting Democracy (2004), 258, 268-
69.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
203
die bisher behandelten Fälle unterstand die nach der Invasion eingerichtete Verwaltung keiner internationalen Organisation, wie den Vereinten Nationen, sondern bestimmten Staaten, insbesondere den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Diese errichteten im Mai 2003 zunächst eine Interimsregierung, die Coalition Provisional Authority (CPA), unter der Leitung des amerikanischen Diplomaten Paul Bremer. Die CPA wurde zwar vom UN-Sicherheitsrat in Resolution 1483 anerkannt,884 blieb aber eine Institution unter der Verantwortung der USA und Großbritanniens.885 Der CPA wurde im Juli 2003 ein Iraqi Governing Council (IGC) zur Seite gestellt. Dessen Mitglieder wurden jedoch von der CPA ernannt, und letztlich hatte Bremer in allen Fragen ein Vetorecht.886 Zudem war der IGC im Wesentlichen aus Exil-Irakern zusammengesetzt und hatte daher für die Wünsche der Amerikaner immer ein offenes Ohr.887 Im Juni 2004 wurde die Regierungsgewalt an eine von den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten ernannte Interimsregierung übergeben. Im Januar 2005 wurde dann ein Transitional National Assembly gewählt, der eine Übergangsregierung eingesetzt hat. Weder die Interimsnoch die Übergangsregierung hatten jedoch die volle Entscheidungsfreiheit. Vielmehr haben sich die Besatzungsmächte in Sicherheitsfragen weiterhin das Letztentscheidungsrecht vorbehalten.888 Zudem waren beide Regierungen bis zum In-Kraft-Treten der endgültigen Verfassung de facto an die von der CPA erlassenen Richtlinien gebunden.889 Kurz nach der Einsetzung des Transnational Constitutional Assembly wählte dieser ein 25köpfiges Constitutional Committee, das einen Entwurf für eine permanente Verfassung erarbeiten sollte.890 Dieser Entwurf wurde im Oktober 2005 dem irakischen Volk zur Abstimmung vorgelegt und in diesem Referendum ratifiziert. Auf Grundlage dieser Verfassung wurde schließlich Ende 2005 eine reguläre irakische Regierung gewählt.
884
SR-Res. 1483, S/RES/1483 (22. Mai 2003).
885
Wolfrum, Max Planck UNYB 9 (2005), 1, 21.
886
Diamond, J. Dem. 16 (2005), 9, 10.
887
Tripp, Rev. Int’l Stud. 30 (2004), 545, 550.
888
Wolfrum, Max Planck UNYB 9 (2005), 1, 35.
889
Ebd., 41-42.
890
S. dazu Dann/Al-Ali, Max Planck UNYB 10 (2006), 423, 438-40.
204
Kapitel 3
d. Rechtliche Bewertung Bei der rechtlichen Bewertung dieser unterschiedlichen Formen internationaler Verwaltung wird man differenzieren müssen. Insbesondere die rechtliche Zulässigkeit der von den Vereinten Nationen treuhänderisch ausgeübten Übergangsverwaltungen wird von einigen völkerrechtlichen Kommentatoren in Zweifel gezogen. Diese weisen auf die Unvereinbarkeit mit einem angenommenen Recht auf Demokratie oder der internen Seite des Selbstbestimmungsrechts der Völker hin891 oder machen die Legitimität zumindest von der Geschwindigkeit abhängig, mit der die Regierungsgewalt auf den Konfliktstaat zurück übertragen wird.892 Folgt man der hier vertretenen Idee eines teleologischen Demokratieprinzips, sind die Bedenken zumindest in dieser grundlegenden Form jedoch nicht gerechtfertigt. Vielmehr ist es teilweise erforderlich, kurzfristige Einschnitte beim Grad der Demokratisierung in Kauf zu nehmen, um die Nachhaltigkeit des Demokratisierungsprozesses gewährleisten zu können. Dies gilt insbesondere in Situationen nach Bürgerkriegen. Bürgerkriegsgesellschaften sind in der Regel stark segmentiert. Die soziale Identifikation erfolgt stärker über bestimmte gesellschaftliche Teilsegmente als das gesamte Staatsvolk, so dass die überstürzte Abhaltung von Wahlen für eine hohe Instabilität des politischen Systems sorgen kann.893 Gerade in diesen Situationen kann eine internationale Übergangsverwaltung über einen gewissen Zeitraum für die nötige politische Stabilität sorgen, um die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Demokratisierung zu schaffen.894 Zudem kennt das allgemeine Völkerrecht keine rechtliche Regel, nach der die Staatsbürger zwingend an den Geschicken der Staatsführung beteiligt werden müssten. Das Legitimitätsprinzip verlangt allein, dass die Staatsgewalt zugunsten der Bevölkerung ausgeübt wird. Dieses Erfor891
Benzing, Max Planck UNYB 9 (2005), 295, 337.
892
Perritt, Chi.-Kent L. Rev. 80 (2005), 3, 10-11; Friedrich, Max Planck UNYB 9 (2005), 225, 270; Knoll, in: Eberhard/Lachmayer/Thallinger (Hg.), Transitional Constitutionalism (2007), 127, 142. 893
Chesterman, You, The People (2004), 143; Reilly, in: Newman/Rich (Hg.), Promoting Democracy (2004), 113, 115-19; Caplan, International Governance (2005), 121. Vgl. auch schon Kap. 1, III 3 c. 894
Vgl. auch Morrow/White, Austl. Yb. Int’l L. 22 (2002), 1, 41, die feststellen, dass UNTAET am besten funktioniert habe, wenn es sich selbst als Regierung und nicht als bloß verwaltende UN-Mission verstanden habe.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
205
dernis erfüllt jedoch auch eine Übergangsverwaltung, wenn sie mit einem entsprechenden Mandat ausgestattet ist und einer effektiven externen Kontrolle unterliegt. Die fehlende Verantwortlichkeit gegenüber den Staatsbürgern muss dabei durch eine Verantwortlichkeit gegenüber den politischen Organen der Vereinten Nationen ersetzt werden, um einem potentiellen Machtmissbrauch entgegenzuwirken.895 Gerade in diesem Punkt liegt jedoch die Schwäche der bisher etablierten Institutionen. Diese unterliegen kaum einer externen Kontrolle.896 Zwar haben die Übergangsverwaltungen oft Berichtspflichten gegenüber dem Sicherheitsrat. Diese sind jedoch wesentlich schwächer ausgestaltet, als sie es etwa unter dem Trusteeship-Council für Kolonialregierungen waren, und werden zudem meistens keiner ernsthaften Prüfung unterzogen.897 Zudem unterliegen die Übergangsverwaltungen, wenn sie auf externe Finanzierung angewiesen sind, notgedrungen auch einem erheblichen Druck der Geldgeber. Diese haben vor allem in Osttimor teilweise starken Einfluss auf bestimmte politische Entscheidungen ausgeübt.898 Außerdem haben die Bürger der betroffenen Gebiete keine Möglichkeit, unabhängigen Rechtsschutz gegen Akte der Übergangsverwaltung zu erlangen. Einige Verwaltungen haben eine interne Kontrolle durch einen Ombudsmann eingeführt, an den sich die Bürger wenden können.899 Allerdings steht deren Einrichtung im alleinigen Ermessen der jeweiligen Übergangsverwaltung, und der Rechtsschutz ist nur bedingt effektiv, da der Ombudsmann keine bindende Entscheidungskompetenz besitzt.900 Zudem sind oft wichtige Bereiche aus der Jurisdiktion des Ombudsmannes herausgenommen. So konnten etwa in BosnienHerzegowina nur Entscheidungen lokaler Institutionen, nicht jedoch 895
Wolfrum, Max Planck UNYB 9 (2005), 649, 685, hält eine solche Substitution von „demokratischer“ durch hierarchische Verantwortlichkeit gegenüber der UN für unmöglich. Geht man allerdings von einem graduellen und pluralistischen Konzept der Verantwortlichkeit aus, wie es dieser Arbeit zugrunde liegt, ist eine solche Substitution dagegen grundsätzlich möglich, s. dazu Kap. 1, II 1 b. 896
Chesterman, You, The People (2004), 146-47.
897
Ebd., 151-52.
898
Morrow/White, Austl. Yb. Int’l L. 22 (2002), 1, 30.
899
Wolfrum, Max Planck UNYB 9 (2005), 649, 686.
900
Caplan, International Governance (2005), 202.
206
Kapitel 3
die internationaler Entscheidungsträger überprüft werden. Die Entscheidungskompetenz im Kosovo und in Osttimor umfasste zwar auch die internationalen Übergangsverwaltungen, doch waren im Kosovo zum Beispiel die Akte der KFOR aus der Jurisdiktion ausgenommen.901 Schließlich waren die Institutionen des Ombudsmannes finanziell nur unzureichend ausgestattet, um alle Beschwerden einigermaßen zeitnah überprüfen zu können.902 Die Möglichkeit individuellen Rechtsschutzes ist jedoch ein wichtiger Baustein für die effektive Kontrolle der Ausübung von Regierungsgewalt. Rechtsschutz ist ein Mechanismus, um Machtmissbrauch nachträglich sanktionieren zu können. Bestätigung erfährt diese Überlegung auch durch die Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofes. Dieser hat bereits vor über 50 Jahren festgestellt, dass die Akte von Organen der Vereinten Nationen einer unabhängigen Kontrolle bedürfen. In einer Entscheidung zum Verwaltungstribunal der Vereinten Nationen führte er aus: „It would, in the opinion of the court, hardly be consistent with the expressed aim of the Charter to promote freedom and justice for individuals and with the constant preoccupation of the United Nations Organization to promote this aim that it should afford no judicial or arbitral remedy to its own staff for the settlement of any disputes which may arise between it and them.“903 Greift der Gerichtshof zur Begründung seiner Entscheidung jedoch auf die von der UN-Charta vorgesehene Förderung individueller Freiheit und Gerechtigkeit zurück, dann lässt sich deren Ratio auf alle Fälle übertragen, in denen die Vereinten Nationen oder deren Unterorgane direkt Hoheitsgewalt gegenüber Individuen ausüben. Insofern folgt aus dem Legitimitätsprinzip, dass unabhängige Kontrollinstanzen für UNÜbergangsverwaltungen eingerichtet werden müssen, die den Bürgern des betroffenen Staates effektiven Rechtsschutz gewähren. Abgesehen von der problematischen Ausgestaltung in der Praxis begegnen Übergangsverwaltungen jedoch auch grundlegenden konzeptionellen Bedenken. Oft fehlt den internationalen Experten einer Über901
Vgl. UNMIK Regulation No. 2000/38, On the Establishment of the Ombudsperson Institution in Kosovo, UNMIK/REG/2000/38 (30. Juni 2000). 902 903
Caplan, International Governance (2005), 203.
IGH, Gutachten v. 13. Juli 1954, Effect of Awards of Compensation Made by the United Nations Administrative Tribunal, ICJ Rep. 1954, 47, 57.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
207
gangsverwaltung die ausreichende Kenntnis der lokalen Kultur, was zum einen die Angemessenheit der von ihnen getroffenen Entscheidungen teilweise in Frage stellt und zum anderen deren Akzeptanz schaden kann.904 Zudem kann die möglichst frühe Beteiligung der Bevölkerung an politischen Entscheidungen die Chance der Schaffung nachhaltiger Institutionen und die Akzeptanz durch die Bevölkerung deutlich erhöhen. Ein Ausweg aus diesem Dilemma könnte in einer Modifizierung des von Stephen Krasner vorgeschlagenen Modells der „geteilten Souveränität“ liegen.905 In Anlehnung an Formen politischer Unterstützung der Europäischen Union für potentielle Beitrittskandidaten zur EU schlägt Krasner ein Vertragsmodell vor, bei dem Staaten bestimmte Funktionen freiwillig auf supranationale Institutionen übertragen. Eine solche freiwillige Übertragung setzt jedoch bestehende und zumindest im Grundsatz funktionierende Staaten voraus.906 Gerade daran fehlt es jedoch in post conflict Situationen meistens. Entnehmen kann man dem Modell jedoch die Idee der Aufgabenteilung. Wenig hilfreich ist es dabei, Staatsfunktionen grundsätzlich in vollem Umfang an lokale Institutionen zu übertragen und der Übergangsverwaltung – wie im Falle Bosnien-Herzegowinas – ein Letztentscheidungsrecht zu belassen, da es das Vertrauen der Bevölkerung in demokratische Institutionen eher schwächen als stärken wird, wenn die Entscheidungen der von ihr gewählten Vertreter oft von der internationalen „Über“regierung revidiert werden. Die bessere Lösung ist eine Aufgabenteilung zwischen nationaler und lokaler Ebene. Während auf nationaler Ebene eine Übergangsverwaltung so lange, wie es nötig ist, für die notwendige politische Stabilität sorgen kann, sollte auf lokaler Ebene eine Beteiligung der Bevölkerung an politischen Entscheidungen so schnell wie möglich angestrebt werden.907 Zweifelhaft ist dagegen die Legitimität von Übergangsregierungen, die von individuellen Staaten als Besatzungsmächten eingesetzt wurden. 904
Hohe, in: Newman/Rich (Hg.), Promoting Democracy (2004), 302, 313; Fukuyama, J. Dem. 16 (2005), 84, 87. 905
Krasner, J. Dem. 16 (2005), 69-83.
906
Ebd., 76.
907
Chesterman, You, The People (2004), 243; Reilly, in: Newman/Rich (Hg.), Promoting Democracy (2004), 113, 118; Diamond, J. Dem. 16 (2005), 9, 20.
208
Kapitel 3
Diese sind nämlich allein den Besatzungsmächten gegenüber verantwortlich, so dass die Gefahr, dass die politischen Entscheidungen von sachfremden Erwägungen geleitet werden, wesentlich höher ist als bei Administrationen von internationalen Organisationen. So waren bei der Restrukturierung des Iraks oft innenpolitische Erwägungen leitend, die insbesondere von dem 2004 anstehenden Präsidentschaftswahlkampf beeinflusst worden sind.908 Dies hat sich vor allem auf den Zeitplan ausgewirkt, der sehr viel enger war als für eine vernünftige Konsensfindung notwendig gewesen wäre.909 Die von einer einzelnen Besatzungsmacht geleiteten Übergangsregierungen befinden sich somit in einem Dilemma: Ist die Verantwortlichkeit zu stark, besteht eine zu große Abhängigkeit von den Interessen der Besatzungsmacht, ist sie zu schwach, unterliegt die Administration keiner externen Kontrolle. Das bedeutet nicht, dass Verwaltungen von Besatzern in jedem Fall unzulässig sind. Vielmehr kommt es auch hier auf die institutionelle Ausgestaltung und vor allem die möglichen Alternativen an. Allerdings wird ihre Rechtfertigung in den meisten Fällen schwer fallen.
2. Die „internationalisierte“ Verfassungsgebung Internationale Übergangsverwaltungen können, wie der Name schon andeutet, die Geschicke eines Staates nur für begrenzte Zeit leiten, auch wenn der Zeitraum sich stark unterscheiden kann. Wie soll jedoch der politische Rahmen aussehen, nachdem die Staatsgewalt an die nationale Eliten zurückgegeben worden ist? Die Spielregeln der Politik, der organisatorische Rahmen eines Staates, werden in der Regel von dessen Verfassung festgelegt. Die Frage nach den völkerrechtlichen Regeln, denen die Ausarbeitung dieser Verfassung unterliegt, hat in der Literatur bisher relativ wenig Beachtung gefunden.910 Daher soll im Folgenden un-
908
Tripp, Rev. Int’l Stud. 30 (2004), 545, 549.
909
S. nur Dann/Al-Ali, Max Planck UNYB 10 (2006), 423, 439-40.
910
Eine Ausnahme ist der Beitrag von Philipp Dann und Zaid Al-Ali, die jedoch zu dem Schluss kommen, dass das Völkerrecht für den Verfassungsgebungsprozess keine expliziten Regeln bereithält, Dann/Al-Ali, Max Planck UNYB 10 (2006), 423, 454. Stattdessen schlagen sie die Legitimität einer Verfassung und ihrer Entstehung als Maßstab für ihre Bewertung vor, ebd., 454-61.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
209
tersucht werden, inwieweit das völkerrechtliche Legitimitätsprinzip in dieser Hinsicht möglicherweise Vorgaben macht. Die Rechtmäßigkeit einer Verfassung kann dabei aus zwei Blickwinkeln betrachtet werden. Der Fokus kann sich zum einen auf den Prozess der Verfassungsgebung richten (a.), zum anderen auf deren Ergebnis, die konkrete inhaltliche Ausgestaltung der Verfassung (b.). Beide Faktoren stehen in umgekehrter Korrelation zueinander.911 Je höhere Anforderungen an den Inhalt einer Verfassung gestellt werden, desto unwichtiger wird das Verfahren der Verfassungsgebung, da dem pouvoir constituant dann nur noch wenig Einfluss verbleibt.912 Werden umgekehrt keine inhaltlichen Vorgaben gemacht, wird der Prozess der Ausarbeitung für die Legitimität einer Verfassung umso wichtiger.
a. Der pouvoir constituant und der Prozess der Verfassungsgebung Das Idealbild der Verfassungstheorie für den Prozess der Verfassungsgebung sieht einen selbstbestimmten pouvoir constituant vor, der sich eine von seinen Repräsentanten ausgearbeitete Verfassung entweder in direkter Abstimmung oder durch ein repräsentatives Organ selbst gibt.913 Dieses Idealbild wird bei der Verfassungsgebung in vielen post conflict Situationen jedoch empfindlich gestört. Auf all diese Verfassungsgebungsprozesse wird, wenn auch in unterschiedlichen Graden, zum Teil beträchtlicher internationaler Einfluss ausgeübt.914 Diese Tatsache wird von einigen Kommentatoren der Verfassungstheorie als entscheidender Makel der Legitimität einer Verfassung angesehen.915 Die Verfassungsgebung ist das große Dilemma rein prozeduraler Legitimitätskonzepte. Die Legitimität eines politischen Systems bestimmt sich bei diesen nämlich nach den Verfahren, in denen Kollektiventweißweiß
911
Petersen, ZaöRV 64 (2004), 429, 451.
912
Zum Problem der rechtlichen Bindung des pouvoir constituant s. Böckenförde, in: ders., Staat, Verfassung, Demokratie (1991), 90, 107-12. 913
S. zu verschiedenen Modi der Verfassungsgebung in dieser Hinsicht etwa Arato, Cardozo L. Rev. 17 (1995), 191-231. 914
Dann/Al-Ali, Max Planck UNYB 10 (2006), 423, 427-30.
915
S. etwa Feldman, Conn. L. Rev. 37 (2005), 857-89.
210
Kapitel 3
scheidungen getroffen werden. Je besser diese Regeln des politischen Spiels ausgestaltet sind, desto höher ist die Legitimität des Systems. Die Verfassung ist jedoch gerade das Regelwerk, das diesen prozeduralen Rahmen festlegt. Ein Regelwerk lässt sich jedoch nicht auf die eigene Ausarbeitung anwenden. Schreibt die Legitimitätskonzeption die Regeln unabhängig vom Ausarbeitungsprozess vor, dann bedarf es des letzteren nicht mehr. Tut sie es nicht, lassen sich aus ihr aber auch keine Leitlinien für den Prozess der Verfassungsgebung ableiten. Ein möglicher Ausweg liegt darin, einen Mittelweg zu wählen. Das Legitimitätskonzept setzt einen gewissen Rahmen, ist jedoch zu vage, um inhaltliche Vorgaben bis in alle Einzelheiten zu machen. Der Verfassungsgeber ist also in gewisser Hinsicht inhaltlich gebunden,916 kann die sich ihm ergebenden Spielräume aber ausnutzen. Legt man wie hier ein ergebnisorientiertes Legitimitätskonzept zugrunde,917 dann ist das Verfahren der Verfassungsgebung so auszugestalten, dass es möglichst rationale Ergebnisse erwarten lässt. Daher ist nicht so sehr darauf zu achten, ob die Verfassungsgebung formal – etwa durch ein Referendum – auf den Willen des hypothetischen pouvoir constituant zurückzuführen ist. Vielmehr ist in erster Linie die Qualität des Ergebnisses des Verfassungsgebungsprozesses in den Blick zu nehmen.918 Eine internationale Beteiligung an diesem ist somit rechtlich zumindest nicht per se problematisch. Allerdings steht der Verfassungsgebungsprozess unter internationaler Beteiligung in einem schwer aufzulösenden Spannungsverhältnis:919 auf der einen Seite fehlt lokalen Politikern oft die praktische Erfahrung mit unterschiedlichen potentiellen politischen Institutionen, so dass es für sie teilweise schwierig ist, die Auswirkungen zu beurteilen und zu vergleichen. Des Weiteren neigen gerade die zurzeit politisch starken Fraktionen dazu, in der Verfassung Partikularinteressen zu zementieren. Auf der anderen Seite fehlt den internationalen Experten oft eine hinreichende Kenntnis der lokalen Gegebenheiten und Kultur. Zudem ist die Akzeptanz der endgültigen Verfassung durch Bevölkerung und politi-
916
S. dazu gleich noch Kap. 3, IV 2 b.
917
S.o. Kap. 1, I 3.
918
Petersen, ZaöRV 64 (2004), 429, 453.
919
Fukuyama, J. Dem. 16 (2005), 84, 86.
Die Stellung des Legitimitätsprinzips in der Völkerrechtsordnung
211
sche Eliten Voraussetzung für ihren Erfolg.920 Die Akzeptanz wird jedoch durch eine Beteiligung der betroffenen Bevölkerung erheblich erleichtert. Insofern scheint eine Mischlösung den meisten Erfolg zu versprechen, bei der das Letztentscheidungsrecht zwar bei den lokalen Eliten verbleibt, der Verfassungsgebungsprozess jedoch durch internationale Berater begleitet wird. Ein Beispiel hierfür ist der Verfassungsgebungsprozess in Osttimor.921 Bei diesem lag nur die Ausarbeitung des Verfahrens der Verfassungsgebung in internationaler Hand.922 Die Verfassung selbst wurde dagegen von der Verfassungsgebenden Versammlung ausgearbeitet und verabschiedet, die ausschließlich aus Timoresen bestand. Von den 88 Mitgliedern wurden 75 in nationalen Wahlen und 13 durch Wahlen in regionalen Wahlkreisen bestimmt. Die Beteiligung internationaler Experten erfolgte dagegen nur im Wege von Konsultationen. Weit weniger glücklich verlief dagegen der Verfassungsgebungsprozess im Irak. Obwohl auch dieser formal irakischen Vertretern übertragen war, gab es mehrfach Interventionen von US-Politikern, die bestimmte Verfassungsbestimmungen durchzusetzen versuchten, dabei aber eher die heimische Wählerschaft als das Wohl des Irak im Blick hatten.923 Eine derartige internationale Einflussnahme aus externen Gründen verstößt jedoch gegen das völkerrechtliche Legitimitätsprinzip, da sie dem diesem innewohnenden Gebot, im Interesse der Staatsbürger zu regieren, zuwiderläuft.924
920
S. Arato, Cardozo L. Rev. 17 (1995), 191, 225-26; Feldman, Conn. L. Rev. 37 (2005), 857, 885. 921
Zu diesem s. Dann/Al-Ali, Max Planck UNYB 10 (2006), 423, 432-34.
922
Das Regelwerk enthält UNTAET/Reg/2001/2.
923
Dann/Al-Ali, Max Planck UNYB 10 (2006), 423, 439-42.
924
Ähnlich Dann und Al-Ali, die bei der Beurteilung der Legitimität internationaler Beteiligung im Verfassungsgebungsprozess vorschlagen, diese grundsätzlich multilateralen Institutionen vorzubehalten, da bei diesen die Missbrauchsanfälligkeit geringer sei (ebd., 456).
212
Kapitel 3
b. Der pouvoir constitué und die völkerrechtlichen Vorgaben an den Verfassungsinhalt Bei den inhaltlichen Vorgaben scheint hinsichtlich einer Tatsache sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis der internationalen Beziehungen weitgehend Konsens zu bestehen: Die Demokratie ist, wenn sie auch im Einzelnen unterschiedliche Formen annehmen mag, als Ziel des Verfassungsgebungsprozesses unangefochten.925 Dabei handelt es sich nicht nur um politische Erwägungen, sondern, akzeptiert man das hier vorgeschlagene Konzept der demokratischen Teleologie, um rechtliche Vorgaben. Auch wenn wir gesehen haben, dass Demokratien nicht in allen Situationen zwingend leistungsfähiger sind als Autokratien, so ist die Demokratie aus einer ex ante Perspektive dennoch überlegen.926 Eine Autokratie mag im Einzelfall besser abschneiden, doch gibt es dafür keine institutionelle Garantie. Bei der Verfassungsgebung geht es jedoch gerade um die Institutionalisierung einer Staatsform. Anders als bei bereits bestehenden Regimen, deren Leistung in der Vergangenheit bewertet werden kann, kann bei dem Entwurf einer neuen Verfassung allein die ex ante Perspektive ausschlaggebend sein. Zwar mag es Situationen geben, in denen die sofortige Einführung einer Demokratie, etwa wegen ethnischer Konflikte, destabilisierend wirken kann. Doch handelt es sich hierbei nicht um Probleme für die Ewigkeit, sondern um Situationen, die durch eine Übergangsphase des nation und capacity building überwunden werden können.927 In einer solchen Phase können insbesondere internationale Übergangsverwaltungen für die notwendige Stabilität sorgen.928 Im Übrigen sind die Vorgaben, die man dem Völkerrecht für die Ausgestaltung der Verfassung entnehmen kann, jedoch sehr vage. So wird keine Prädisposition für eine bestimmte Form der Demokratie gemacht. Dies ist auch notwendig, da gerade das institutionelle Design für den Erfolg einer Demokratie von entscheidender Bedeutung ist.929 Durch
925
Caplan, International Governance (2005), 129; Plattner, J. Dem. 16 (2005), 5, 8. 926
S.o. Kap. 1, III 2 d.
927
S.o. Kap. 1, III 3 c.
928
Reilly, in: Newman/Rich (Hg.), Promoting Democracy (2004), 113, 11819; s. auch Kap. 3, IV 1 d. 929
Reilly, in: Newman/Rich (Hg.), Promoting Democracy (2004), 113, 121.
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die Ausgestaltung von Wahlmechanismen kann man bestimmtes Verhalten, wie etwa das Wählen nach ethnischer Zugehörigkeit, fördern oder sanktionieren.930 Welches Design für ein Land das Beste ist, hängt immer von der konkreten Situation ab, so dass schon aus diesen Gründen keine näheren Vorgaben aus dem Legitimitätsprinzip abgeleitet werden können. Zudem muss die Verfassung nicht zwingend einen präzisen Katalog von Menschenrechten enthalten. Zwar wird von einigen Autoren vertreten, dass die in den Menschenrechtspakten enthaltenen Rechte innerstaatlich auf Verfassungsebene garantiert sein müssten.931 Allerdings handelt es sich bei den Menschenrechten um obligations de résultat.932 Entscheidend ist ihre Beachtung. Wie sie normativ im innerstaatlichen Bereich umzusetzen sind, wird von den völkerrechtlichen Vorschriften dagegen nicht determiniert.933 So wünschenswert ein Grundrechtskatalog in einer Verfassung de lege ferenda auch sein mag, enthält das Völkerrecht in dieser Hinsicht keine Vorgaben.
3. Fazit Die transitionale Verwaltung von Staatsgebieten nach Konflikten und der Prozess der Ausarbeitung einer neuen Verfassung stehen in engem Zusammenhang. Die Verabschiedung der neuen Verfassung ist meistens der Zeitpunkt, in dem die Regierungsgewalt von der internationalen Übergangsregierung an die lokalen Eliten übergeben wird. So wurde et-
930
Ebd., 122.
931
Seibert-Fohr, ZaöRV 62 (2002), 391, 393. Seibert-Fohr stützt sich dabei im Wesentlichen auf den Wortlaut von Art. 2 IPbpR. So bestimmt dessen Abs. 1, dass die Vertragsparteien verpflichtet sind, die Rechte des Paktes „zu achten und [...] zu gewährleisten“ (Hervorhebung hier). Allerdings etabliert das Verb „gewährleisten“ eine obligation de résultat und sagt nichts über die Mittel. Menschenrechte können etwa auch dadurch gewährleistet werden, dass die Handlungskompetenzen des Staates beschränkt werden, anstatt Individuen explizite subjektive Rechte zu geben, s. dazu Petersen, ZaöRV 64 (2004), 429, 46465. 932 933
Schachter, in: Henkin (Hg.), Bill of Rights (1981), 311.
Ebd., 313; Tomuschat, Can. Hum. Rts. Yb. 1984-1985 (1985), 31, 42; Jhabvala, NILR 32 (1985), 461, 466; Kadelbach, GYIL 42 (1999), 66, 81.
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Kapitel 3
wa in Bosnien-Herzegowina die endgültige Verfassung bereits im Friedensvertrag von Dayton festgelegt, weshalb die Regierungsgewalt sofort an die lokalen Machthaber übergeben wurde. Im Gegensatz dazu wurde in Osttimor die Regierungsgewalt zunächst durch eine internationale Übergangsverwaltung ausgeübt, während eine gewählte konstituierende Versammlung mit dem Verfassungsgebungsprozess betraut wurde. Die Regierungsgewalt wurde dann nach Verabschiedung dieser Verfassung an die lokalen Eliten abgegeben. In diesem Zusammenhang erscheint es wichtig, den Prozess des Übergangs nicht zu überstürzen, auch wenn dazu aufgrund der hohen Kosten von internationalen Engagements oft Anreize bestehen. Nation building und Demokratisierung sind aufwändige Prozesse und nehmen viel Zeit in Anspruch. Sie erfordern im Gegenzug entsprechende Geduld. Das Legitimitätsprinzip macht in dieser Hinsicht nur wenige Vorgaben. Es erfordert weder einen möglichst schnellen Machttransfer an lokale Eliten, noch steht es diesem entgegen. Gesichert sein muss lediglich, dass die internationale Verwaltung einer ausreichenden Verantwortung und Kontrolle unterliegt, um eine sachfremde Amtsführung zu verhindern. Problematisch ist in dieser Hinsicht eine Übergangsverwaltung, die von einzelnen Besatzungsmächten ausgeübt wird, da sie der Gefahr unterliegt, dass die Verwaltung eher an den Interessen der Besatzungsmächte als an denen der lokalen Bevölkerung orientiert ist.
Epilog – Demokratie und die Konstitutionalisierung des Völkerrechts Nach dem Ende des kalten Krieges hat die Welt eine neue Welle der Demokratisierung erfahren. Die Frage, die dieser Arbeit zugrunde lag, war die nach der Rolle des Völkerrechts in diesem Demokratisierungsprozess. Die Antwort fällt eher zurückhaltend aus. In Philosophie und politischen Wissenschaften herrscht inzwischen weitgehend Konsens, dass es zur Demokratie als Herrschaftsform langfristig keine angemessene Alternative geben kann. Demokratisierung ist jedoch keine einfache Änderung des politischen Status, kein bloß formaler Wechsel der Staatsform. Es handelt sich vielmehr um einen langfristigen und komplexen gesellschaftlichen Prozess, über dessen Voraussetzungen in der sozialwissenschaftlichen Forschung noch viel Uneinigkeit besteht. Dem versucht die vorliegende Untersuchung dadurch Rechnung zu tragen, dass sie eine prinzipienbasierte Lösung vorschlägt. Demokratie wird nicht als absolutes Recht oder eine strikte Pflicht verstanden. Vielmehr nimmt die identifizierte rechtliche Norm den Prozess der Demokratisierung in den Blick. Demokratie ist danach ein teleologisches Prinzip – das Völkerrecht legt den Staaten die Pflicht auf, sich zu einer Demokratie hin zu entwickeln. Dieses Verständnis des demokratischen Prinzips im Völkerrecht lässt sich besser mit den existierenden rechtlichen Dokumenten vereinbaren, die gerade keine strikt präskriptive, sondern vielmehr eine prozesshafte Sprache verwenden. Wie dieser Entwicklungsprozess aussieht, liegt zu einem großen Teil im Ermessen der Staaten. Das Recht überantwortet die Entscheidungen hauptsächlich dem politischen Prozess und setzt nur einen groben Rahmen, um die Fälle des Missbrauchs dieser Einschätzungsfreiheit einzudämmen. Regierungen verletzen das teleologische Demokratieprinzip insbesondere dann, wenn sie keine entwicklungsbezogene Politik im Interesse ihrer Staatsbürger betreiben, systematisch grundlegende Menschenrechte verletzen oder Rückschritte im Demokratisierungsprozess zu verantworten haben. Aufgrund des binären Schemas rechtlicher Normen haben Juristen das Bedürfnis nach klaren Standards. Karl-Heinz Ladeur hat das Recht metaphorisch mit einem Blinden verglichen, der einen Stock benutzt, um
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Epilog
den Boden, auf dem er sich fortbewegt, abzutasten.934 Dabei unterscheide er die Welt immer danach, ob sie stabil und damit begehbar sei oder nicht. Dadurch schaffe er sich ein System der Orientierung, könne seine Umwelt aber nie in ihrer gesamten Komplexität beurteilen. Ähnlich ergeht es Juristen, die Sachverhalte allein danach beurteilen, ob sie legal oder illegal sind. Bei diesem Prozess helfen ihnen eindeutige Standards, die eine klare dichotome Kategorisierung ermöglichen. Je strikter die rechtlichen Standards sind, desto höher ist die Determiniertheit des Rechts. Vor diesem Maßstab bekommt das Prinzip der demokratischen Teleologie keine guten Noten. Ob in einem Staat Wahlen abgehalten werden, ist eine faktische Frage, die relativ einfach zu beurteilen ist.935 Ob eine Regierung im Interesse der Bevölkerung handelt, ist dagegen eine Frage, die schwierige normative Wertungen erfordert. Allerdings werden strikte rechtliche Standards der Komplexität der Realität nicht immer gerecht. So hat Martti Koskenniemi in seiner Dissertation eindrucksvoll gezeigt, dass völkerrechtliche Normen in Bezug auf ihre Determiniertheit einem notwendigen strukturellen Defizit ausgesetzt sind.936 Gerade absolute Standards hätten das Problem, dass sie sich auf der einen Seite auf Fälle bezögen, die sie – nach externen Maßstäben – nicht umfassen sollten, und auf der anderen Seite solche nicht einbezögen, die sie eigentlich regeln sollten. Sie sind, in Koskenniemis Terminologie, „over-inclusive and under-inclusive“.937 Das Völkerrecht unterliegt damit einer inhärenten Spannung zwischen Determiniertheit und Gerechtigkeit. Je bestimmter rechtliche Standards sind, desto weniger können sie die Komplexität der Realität erfassen; je mehr sie Komplexität berücksichtigen, desto geringer ist ihre Bestimmtheit.938 Je we-
934
Ladeur, Theory of Autopoiesis (1999), 12.
935
Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum oft ein statischer, allein auf Wahlen fixierter Demokratiebegriff in der Diskussion um das right to democratic governance vertreten wird, O’Donnell, J. Dem. 7.2 (1996), 34, 45; Marks, Collected Courses of the Academy of European Law 8 (1997), 51, 87. Frei von normativen Wertungen ist allerdings auch diese Frage nicht, da bei der Beurteilung, ob Wahlen tatsächlich frei und fair gewesen sind, evaluativer Spielraum verbleibt. 936
Koskenniemi, From Apology to Utopia (2005), 590-96.
937
Ebd., 591.
938
Koskenniemi argumentiert, dass auch bei strikten Standards die Spannung immer zu Lasten der Determiniertheit aufgelöst werde, da auch scheinbar abso-
Demokratie und die Konstitutionalisierung des Völkerrechts
217
niger Zusammenhänge jedoch ex ante vorhergesehen und bewertet werden können, desto flexibler müssen die rechtlichen Standards sein. Gerade ein Rechtssystem, wie das Völkerrecht, das auf die weitgehend universale Akzeptanz seiner Adressaten angewiesen ist, kann es sich nicht erlauben, den handelnden Akteuren durch zu strikte rechtliche Standards politisch sinnvolle Optionen abzuschneiden. Versucht man das teleologische Demokratieprinzip rechtstheoretisch zu beschreiben, bietet sich Alexys Prinzipienmodell an.939 Stefan Kadelbach und Thomas Kleinlein haben kürzlich versucht, dieses Prinzipienmodell für die Debatte um die Konstitutionalisierung des Völkerrechts fruchtbar zu machen.940 Sie halten die Herausbildung von Prinzipien für das entscheidende Charakteristikum der Konstitutionalisierung. Prinzipien erlauben eine Vermeidung fester Wertehierarchien und damit eine Flexibilisierung rechtlicher Standards. Diese Flexibilisierung ist gerade bei einem rechtlichen Konzept wie dem der Demokratie auf internationaler Ebene unabdingbar. Anders als zum Beispiel bei den Grundund Menschenrechten ergeben sich nämlich Zielkonflikte nicht erst durch die Konkurrenz zu anderen Rechtsgütern. Vielmehr ist der Demokratisierung ein Zielkonflikt inhärent. Demokratie kann nicht zwingend am effektivsten mit demokratischen Mitteln erreicht werden. Das Recht kann somit sinnvollerweise nur flexible Vorgaben machen, von denen eine Abweichung möglich ist. Der Wert dieser rechtlichen Standards liegt darin, dass eine solche Abweichung nicht beliebig sein kann. Vielmehr unterwerfen sie diejenigen Akteure, die abweichen wollen, einem Rechtfertigungszwang, wobei der Möglichkeit der Rechtfertigung Grenzen gesetzt sind. Dieses diskursive Legitimitätsprinzip hat durchaus konkrete praktische Folgen für das Völkerrecht. Zwar wirkt es sich nicht als völkerrechtliches Strukturprinzip in dem Sinne aus, dass ein Staat mit einer illegitimen Regierung seinen Status als Völkerrechtssubjekt einbüßen oder die Regierung die internationale Vertretungsmacht verlieren würde. Wollen wir die Bildung eines Mehrklassenvölkerrechts vermeiden, ist selbst eine illegitime Regierung noch besser als keine Regierung. Allerdings ist es durchaus möglich, Zwang in Form von Sanktionen gegenüber einer lute Standards durch rechtliche Interpretation aufgeweicht werden könnten, ebd. 939
S. zu diesem bereits oben Kap. 2, I 3 und IV.
940
Kadelbach/Kleinlein, GYIL 50 (2007), 303, 337-47.
218
Epilog
illegitimen Regierung auszuüben. Unzulässig ist zwar die unilaterale demokratische Intervention mit militärischer Gewalt. Möglich ist eine solche Intervention dagegen mit Autorisierung des Sicherheitsrates. Zudem können, da es sich bei dem Legitimitätsprinzip um eine Norm erga omnes handelt, Sanktionen unterhalb der Schwelle militärischer Gewalt ergriffen werden. Eine indirekte Sanktionswirkung hat eine andere Folge des Legitimitätsprinzips. Ein illegitimes Regime kann die Nachfolgeregierung nur dann wirksam vertraglich verpflichten, wenn ein Vertrag nachweislich im Interesse der Bevölkerung eines Staates abgeschlossen worden ist. Odious debts sind dagegen lediglich Regimeschulden, die für den Staat im Übrigen nicht bindend sind. Das rechtliche Konzept der odious debts wirkt sich auch auf die Praxis der Kreditvergabe internationaler Finanzinstitutionen, wie dem IMF oder der Weltbank aus. Diese dürfen Kredite nicht an Staaten mit illegitimen Regimen vergeben, soweit sie nicht sicherstellen können, dass eine notwendige Zweckbestimmung auch effektiv durchgesetzt werden kann. Schließlich hat das Legitimitätsprinzip Implikationen für nation building und Verfassungsgebung in post conflict Situationen. Hier gewährt das teleologisch verstandene Legitimitätsprinzip den internationalen Übergangsverwaltungen die notwendige Flexibilität. Es erfordert nicht einen vorschnellen Machttransfer an lokale Eliten, sondern erlaubt, in Phasen der nationalen Konsolidierung, durch eine ethnisch und gesellschaftlich neutrale Regierung für die notwendige politische Stabilität zu sorgen. Letztlich entbindet also auch das Prinzipienmodell den Völkerrechtler nicht von seiner Aufgabe, am Ende des Tages eine binäre Entscheidung zu treffen. Es erlaubt ihm jedoch, die komplexen Strukturen der Umwelt wahrzunehmen und in seine Entscheidung miteinzubeziehen. Nur so kann er verhindern, dass er beim Voranschreiten nicht auf eine seltene Blume tritt, die er beim bloß tastenden Abmessen seiner Umgebung nicht bemerkt hätte.
Summary On the Legitimacy of Governments under International Law941 Democracy has for a long time been a non-issue in international law. In 1986, the International Court of Justice declared in his Nicaragua judgment that customary international law did not contain any norm concerning the internal form of government. In the terms of the court, everything else would make nonsense of the principle of State sovereignty. This predominant view in international law scholarship changed dramatically in the 1990ies, after the end of the ideological dichotomy of the Cold War. The new interventionism of the UN Security Council and a large number of newly emerging democracies in Latin America, Asia and Africa led to a widespread euphoria about democracy. Francis Fukuyama predicted the end of history, and legal scholars started to discuss the emergence of a right to democratic governance. Nearly two decades after the fall of the Berlin Wall, the democracy euphoria of scholars in international relations and international law has cooled down considerably. Democracy is not the cure-all it was widely considered to be. Moreover, the third wave of democratization was weaker in the end than many observers had foreseen in the beginning of the 1990s. Even though there is nearly a consensus in philosophy and political sciences that, in the long run, there can be no suitable alternative to democracy as a form of state, we have seen that democratization is not purely a simple change of the political status. Instead, it is a longterm and complex social process and its preconditions are still very much under discussion in social science research (Chap. 1). This contribution has attempted to meet these concerns by framing democracy as a teleological principle. In international law, democracy is neither an absolute right nor a strict obligation (Chap. 2). The identified norm rather focuses on the process-like character of democratization. 941
For a more extensive elaboration of the argument see N. Petersen, The Principle of Democratic Teleology in International Law, 34 Brooklyn Journal of International Law (forthcoming 2008)
220
Summary
In this respect, it has two dimensions: on the one hand, states have to enter into a progressive development towards democracy. Such an obligation can be deduced from declarations of the United Nations General Assembly. An analysis of different resolutions, such as those on the enhancement of elections or on the promotion and consolidation of democracy, shows that these rather use a process-oriented than a strictly prescriptive language. They stress democratization rather than democracy. However, as we are unable to identify ideal ways of democratization, this obligation does not lead to a concrete duty of action. Governments rather have a wide margin of appreciation. The bottom line is that only those governments have to be considered illegitimate, which’ policy is clearly directed against the interests of the own population. The principle of democratic teleology also has a second dimension: it is directed against regressions in the process of democratization. Such regressions may be coups d’état against legitimate governments. However, they may also concern setbacks, which are not accompanied by military force, such as the steady dismantling of the rule of law. This prohibition of regressions in the process of democratization is highlighted by several precedents. The most prominent are the UN Security Council backed interventions in Haiti and Sierra Leone in order to restore the constitutional order in these countries. Moreover, the OAS and the African Union have established sanction mechanisms, which are directed against unconstitutional changes of government within their member states. Because of the binary character of legal norms, lawyers like to have clear standards. Karl-Heinz Ladeur once offered a metaphor in which he compared the law to a blind man who uses a stick in order to scan the ground on which he is walking. In this process, he always makes the distinction between a stable and an unstable ground. In so doing, he creates a system of orientation without being able to evaluate the world in its whole complexity. Lawyers act in a similar fashion when they merely ask about the legality or the illegality of certain actions or conditions. In this context, they need standards that allow them to make clear binary distinctions. The stricter legal standards are, the higher the determinacy of legal norms is. Against this background, the proposed legitimacy principle does not deserve very good marks. Whether a state has held elections or not is a question of fact that can be answered quite easily. In contrast, the question whether a government acts in the interest of its population requires difficult normative valuations. However, strict normative standards do not always take into account the complexity of reality. Martti Koskenniemi has shown in his disser-
Summary
221
tation that the determinacy of international legal norms is always subject to a necessary structural deficit. According to Koskenniemi, absolute legal standards are always either over- or under-inclusive. International law thus suffers from an inherent tension between determinacy and justice. The more determinate legal standards are, the less apt they are to take into account the complexity of reality; and the more they adjust to complexity, the less determinate they are. International law, in particular, depending in its effectiveness on the acceptance of the actors it addresses, cannot afford to impose strict standards if the evaluation of different circumstances and strategies is as diverse as in the context of global democratization. The third and final chapter of this book is dedicated to the consequences of the legitimacy principle for the international legal order. The fact that governments have to be legitimate does not lead a change in the doctrine of state or government recognition. There are good reasons to separate these two issues and to keep effectiveness of governments as the key constituent element for sovereign power. However, the international community may impose sanctions against states with illegitimate governments. Although unilateral military interventions have to be considered illegal, the UN Security Council may authorize collective military interventions. Furthermore, states have the right to act individually on the basis of non-military sanctions. Another consequence of the legitimacy principle has an indirect effect. An illegitimate regime does not have the competence to enter into legal relationships which are not in the interest of the population. Debts resulting from such relationships are odious. They are obligations of the regime, not of the state. This concept has, furthermore, consequences for the practice of borrowing members of the World Bank or the IMF. The international financial institutions are not allowed to give loans to illegitimate regimes if they cannot ensure that the purpose of the loan can be implemented effectively. Finally, the legitimacy principle has implications for nation and constitution building in post conflict situations. In these circumstances, the principle of democratic teleology provides for the necessary flexibility. It does not stipulate that sovereign power has to be transferred to local elites as quickly as possible. Rather, it allows for an international transitional administration to ensure the essential stability in instable phases of national consolidation.
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Sachregister Abwägung: 22, 69 f., 72, 140, 157, 167 ff. Afghanistan: 201 f. Afrikanische Union: 110 ff., 124 f. Agenda for Peace: 2 f., 39 Alexy: 67 f., 71, 140 f., 217 Allgemeine Menschenrechtserklärung: 94, 96 Allgemeine Rechtsgrundsätze: 67 f., 70 ff., 77, 80 ff. Amerikanische Menschenrechtskonvention: 116 Analogie: 81 f., 153 ff. Anerkennung – ~ von Regierungen: 111, 148 ff. – ~ von Staaten: 126 f., 145 ff. Aristoteles: 6 ASEAN: 122, 125 Autokratie: 31, 34 ff., 40, 41, 48, 212 Banjul Charter: 110 Billigkeit: 66 Bosnien: 52, 127, 200 f., 205 f., 207, 214 Charta von Paris: 109 China: 19, 34, 93, 131, 149 Commonwealth: 122 f., 135, 180 Deduktive Methode: 60, 83 Demokratie – Begriff: 28 ff. – defekte ~: 48 f., 57 – deliberative ~: 19 ff., 25, 28, 56 f.
– direkte ~: 21 f. – Friedenssicherung und ~: 2 f., 38 ff. – graduelle Dimension der ~: 28 f., 31 f., 56, 103 f. – Konkurrenz~: 23 f. – Konsensus~: 51 f. – Konsolidierung der ~: 54, 103, 115, 138 f. – Menschenrecht auf ~: 3 f., 103, 105, 138 – ökonomische Leistungsfähigkeit und ~: 33 ff. – Schutz der Menschenrechte und ~: 37, 95, 100 ff. – sozioökonomische Voraussetzungen der ~: 3, 26, 37, 46 ff., 53, 57 – Übergang zur ~: 40, 48, 50, 53, 101 f., 103 f., 139, 140 f. Demokratisierung: 1 ff., 37, 38 f., 42 ff., 101 ff., 107 f., 113, 125, 130, 137, 138 f., 140, 193 f., 202, 204, 214, 215 ff. – ~spolitik der EU: 125 f. – ~sprozess: 43, 53, 54 ff., 93, 101 ff., 125, 137, 138 f., 160, 165, 204, 215 – ~theorie: 42 ff., 54 ff., 93 – Zwangs~: 165, 170 Diskurstheorie: 19, 21 f., 25 Drei-Elemente-Lehre: 146 Dworkin: 71 f. ECOWAS: 111, 112, 114 f., 124, 135 f.
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Effektivität – ~ von Hoheitsgewalt: 145 ff., 149 f., 166 – ~ von Normen: 64, 75 f., 194 Einschätzungsspielraum: 27, 139, 215 EMRK: 108, 177 erga omnes Verpflichtung: 167, 172 ff. Europarat: 108 f. Europäische Union: 109 f., 124, 125 ff., 207 Externe Effekte: 13 f., 40 Franck: 2, 59 ff., 74, 106 Gegenmaßnahmen: 76, 108, 113 f., 119 f., 123, 131 f., 138, 147, 169, 177 ff., 194 – Sanktionsmechanismus: 111 ff., 116 ff., 121, 124 f. – Verhältnismäßigkeit: 167 f., 179 f., 190 f. – Wirtschaftssanktionen: 131, 152, 169, 185 ff., 190 f. Gerechtigkeit: 80, 206, 216 Gewohnheitsrecht: 59 f., 61 ff., 71, 73 ff., 80 f., 84, 86 f., 93, 100, 124, 152, 155, 160, 164 f., 177, 183 – ~ auf einer Gleitskala: 65 f. – ~ ohne Gewohnheit: 64 f. good governance: 103, 104, 115, 192 ff. Grenada: 128, 165 Habermas: 21 Haiti: 117, 119 f., 131 ff., 138, 169 Hart: 77 Homogenität: 50 ff. Huntington: 43 f.
Sachregister
Identität: 6, 52 IGH: 2, 173 f., 176, 183 f., 206 Induktive Methode: 29, 59 f., 63, 77 f., 83, 91, 152, 156, 174 Institutionen – institutionelles Design: 3, 50, 51, 57, 212 f. – ~ordnung: 18, 50 Intervention: 5, 111, 127 ff., 151, 160 ff., 197, 218 IPbpR: 86 f., 92 f., 94, 106 Irak: 40, 129 ff., 143, 165, 202 f., 208, 211 ius cogens: 152 Kambodscha: 202 Kant: 1 f., 38 f. Kollektiventscheidung: 1, 11 ff., 21, 23, 24 ff., 209 f. Kommunitarismus: 6, 9, 20, 45 f. Konstitutionalisierung: 153 f., 167, 176, 217 Koskenniemi: 66, 216 f. Kosovo: 5, 196, 197 f., 206 Kulturelle Wertvorstellungen: 30, 43 ff., 49 f., 52 f. Legitimationskette: 17 f. Legitimität – Begriff: 5 ff., 24 ff. – Input-~: 10 ff. – Legalität und ~: 5 – ~ von Normen: 74, 76 – materielle ~: 8 ff., 46 – normative ~: 7 f. – Output-~: 10 f., 14 f., 16, 95 – prozedurale ~: 8 ff. – soziologische ~: 7 f., 87 f., 113, 119 – Verhältnis zur Demokratie: 28 ff., 56 ff.
Sachregister
– völkerrechtliches ~sprinzip: 2, 82, 83, 90 f., 105, 107, 138 ff., 143 f., 146 f., 148 ff., 159, 173, 176, 178, 180, 182, 186 ff., 190, 94, 204 f., 206, 211, 213 f., 217 f. Legitimitätsdilemma: 196 ff. lex specialis: 69, 181 ff., 187 Liberalismus: 6, 20 Luhmann: 7, 139 Macht – ~dispersion: 48 f. – ~konzentration: 49 Marktwirtschaft: 1, 36 Mehrheitsregel: 11 ff., 20, 25 Menschenrechte: 9, 30 f., 33, 58, 66 f., 79 f., 91, 139, 167, 172 f., 213, 215 Millenniumsdeklaration: 3, 104 Minderheitenschutz: 10, 12, 30, 37, 51 Missbrauch – Macht~: 16 ff., 23, 150, 179, 205 f. – ~ der Vertretungsmacht: 151, 156 ff. Modernisierungstheorie: 46 ff. nation building: 53, 195 ff., 218 Netzwerke: 18, 48 ff., 57 OAS: 116 ff., 131, 133, 138 Odious debts: 151 ff., 195, 218 Ostrogorski-Paradox: 14 Osttimor: 196, 198 ff., 205 f., 211, 214 pactum tacitum: 73 Panama: 128 f., 165 Peru: 88, 117 f., 138
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Positivismus: 5, 70 f., 77 f. pouvoir constituant: 87, 90, 209 ff. pouvoir constitué: 87, 212 f. Principal-/Agent-Problem: 14 Prinzip – Prinzipienabwägung, s. Abwägung – Rechts~: 68 ff., 78 ff., 83, 93, 107, 139 ff., 168 f., 215, 217 f. – teleologisches ~: 105, 125, 137, 138 ff., 165, 204, 215, 217 f. Przeworski: 13, 35 f. Rational Choice: 53, 64, 74 ff. Rationalität: 11 ff., 15, 20 f., 79 f. Rawls: 22 Recht – Binarität: 27, 139 f. – Normkonzept: 27, 61 ff., 139 ff., 215 ff. – ~squellen: 61 ff. Rechtsstaat: 2 f., 30 ff., 36, 37, 103, 108 f., 126 f., 138 Regel (als Normkonzept): 68 ff., 77 ff., 93, 140 f., 168 f. Regimekollision: 180 ff. Repräsentativität: 15, 89 f., 138 f., 159, 166 rule of law, s. Rechtsstaat Scharpf: 10 Schmitt: 5 Selbstbestimmungsrecht: 83 ff., 97, 99 f., 163 f., 176, 180, 204 self-contained régime: 181 f. Sierra Leone: 111, 126, 135 ff., 165 f.
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Staatenpraxis: 59 ff., 61 ff., 71, 72 ff., 93, 148, 150, 152, 165 f., 179 f., 185 Steuerung durch Recht: 74 f. Systemtheorie: 27, 75, 139 f., 215 f. Teleologischer Prozess: 54 ff., 105 Übergangsverwaltung: 195 ff., 212, 214 Venezuela: 88, 118 f. Verantwortlichkeit – politische ~: 16 ff., 23, 24 f., 34, 39, 41 f., 56, 191, 200 f., 205, 208 – soziale ~: 18 – Staaten~: 147, 175, 177 ff., 190 f. Verfassung: 37, 48, 114, 117, 138, 199 ff., 208 ff. Völkergewohnheitsrecht, s. Gewohnheitsrecht Wahlbeobachtung: 98, 106 f. Walzer: 45 f. Weber: 7 f. Weltbank: 192 ff. Wiener Menschenrechtserklärung: 3, 101 f., 105 WTO-Recht: 70, 181 ff., 185 ff.
Sachregister
Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht
Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht Hrsg.: A. von Bogdandy, R. Wolfrum Bde. 27–59 erschienen im Carl Heymanns Verlag KG Köln, Berlin (Bestellung an: Max-Planck-Institut für Völkerrecht, Im Neuenheimer Feld 535, 69120 Heidelberg); ab Band 60 im Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo, Hong Kong, Barcelona 204 Niels Petersen: Demokratie als teleologisches Prinzip. 2 0 09. XXVII, 280 Seiten. Geb. E 79, 95 203 Christiane Kamardi: Die Ausformung einer Prozessordnung sui generis durch das ICTY unter Berücksichtigung des Fair-Trial-Prinzips. 2009. XVI, 424 Seiten. Geb. E 89, 95 202 Leonie F. Guder : The Administration of Debt Relief by the International Financial Institutions. 2009. XVIII, 355 Seiten. Geb. E 84, 95 zzgl. landesüblicher MwSt. 201 Silja Vöneky, Cornelia Hagedorn, Miriam Clados, Jelena von Achenbach: Legitimation ethischer Entscheidungen im Recht. 2009. VIII, 351 Seiten. Geb. E 84,95 200 Anja Katarina Weilert : Grundlagen und Grenzen des Folterverbotes in verschiedenen Rechtskreisen. 2009. XXX, 474 Seiten. Geb. E 94,95 199 Suzette V. Suarez: The Outer Limits of the Continental Shelf. 2008. XVIII, 276 Seiten. Geb. E 79,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 198 Felix Hanschmann: Der Begriff der Homogenität in der Verfassungslehre und Europarechtswissenschaft. 2008. XIII, 370 Seiten. Geb. E 84,95 197 Angela Paul: Kritische Analyse und Reformvorschlag zu Art. II Genozidkonvention. 2008. XVI, 379 Seiten. Geb. E 84,95 196 Hans Fabian Kiderlen: Von Triest nach Osttimor. 2008. XXVI, 526 Seiten. Geb. E 94,95 195 Heiko Sauer: Jurisdiktionskonflikte in Mehrebenensystemen. 2008. XXXVIII, 605 Seiten. Geb. E 99,95 194 Rüdiger Wolfrum, Volker Röben (eds.): Legitimacy in International Law. 2008. VI, 420 Seiten. Geb. E 84,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 193 Doris König, Peter-Tobias Stoll, Volker Röben, Nele Matz-Lück (eds.): International Law Today: New Challenges and the Need for Reform? 2008. VIII, 260 Seiten. Geb. E 69,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 192 Ingo Niemann: Geistiges Eigentum in konkurrierenden völkerrechtlichen Vertragsordnungen. 2008. XXV, 463 Seiten. Geb. E 94,95 191 Nicola Wenzel: Das Spannungsverhältnis zwischen Gruppenschutz und Individualschutz im Völkerrecht. 2008. XXXI, 646 Seiten. Geb. E 99,95 190 Winfried Brugger, Michael Karayanni (eds.): Religion in the Public Sphere: A Comparative Analysis of German, Israeli, American and International Law. 2007. XVI, 467 Seiten. Geb. E 89,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 189 Eyal Benvenisti, Chaim Gans, Sari Hanafi (eds.): Israel and the Palestinian Refugees. 2007. VIII, 502 Seiten. Geb. E 94,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 188 Eibe Riedel, Rüdiger Wolfrum (eds.): Recent Trends in German and European Constitutional Law. 2006. VII, 289 Seiten. Geb. E 74,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 187 Marcel Kau: United States Supreme Court und Bundesverfassungsgericht. 2007. XXV, 538 Seiten. Geb. E 99,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 186 Philipp Dann, Michal Rynkowski (eds.): The Unity of the European Constitution. 2006. IX, 394 Seiten. Geb. E 79,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 185 Pál Sonnevend: Eigentumsschutz und Sozialversicherung. 2008. XVIII, 278 Seiten. Geb. E 74,95 184 Jürgen Bast: Grundbegriffe der Handlungsformen der EU. 2006. XXI, 485 Seiten. Geb. E 94,95
183 Uwe Säuberlich: Die außervertragliche Haftung im Gemeinschaftsrecht. 2005. XV, 314 Seiten. Geb. E 74,95 182 Florian von Alemann: Die Handlungsform der interinstitutionellen Vereinbarung. 2006. XVI, 518 Seiten. Geb. E 94,95 181 Susanne Förster: Internationale Haftungsregeln für schädliche Folgewirkungen gentechnisch veränderter Organismen. 2007. XXXVI, 421 Seiten. Geb. E 84,95 180 Jeanine Bucherer: Die Vereinbarkeit von Militärgerichten mit dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 8 Abs. 1 AMRK und Art. 14 Abs. 1 des UN Paktes über bürgerliche und politische Rechte. 2005. XVIII, 307 Seiten. Geb. E 74,95 179 Annette Simon: UN-Schutzzonen – Ein Schutzinstrument für verfolgte Personen? 2005. XXI, 322 Seiten. Geb. E 74,95 178 Petra Minnerop: Paria-Staaten im Völkerrecht? 2004. XXIII, 579 Seiten. Geb. E 99,95 177 Rüdiger Wolfrum, Volker Röben (eds.): Developments of International Law in Treaty Making. 2005. VIII, 632 Seiten. Geb. E 99,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 176 Christiane Höhn: Zwischen Menschenrechten und Konfliktprävention. Der Minderheitenschutz im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). 2005. XX, 418 Seiten. Geb. E 84,95 175 Nele Matz: Wege zur Koordinierung völkerrechtlicher Verträge. Völkervertragsrechtliche und institutionelle Ansätze. 2005. XXIV, 423 Seiten. Geb. E 84,95 174 Jochen Abr. Frowein: Völkerrecht – Menschenrechte – Verfassungsfragen Deutschlands und Europas. Ausgewählte Schriften. Hrsg. von Matthias Hartwig, Georg Nolte, Stefan Oeter, Christian Walter. 2004. VIII, 732 Seiten. Geb. E 119,95 173 Oliver Dörr (Hrsg.): Ein Rechtslehrer in Berlin. Symposium für Albrecht Randelzhofer. 2004. VII, 117 Seiten. Geb. E 54,95 172 Lars-Jörgen Geburtig: Konkurrentenrechtsschutz aus Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EGV. Am Beispiel von Steuervergünstigungen. 2004. XVII, 412 Seiten (4 Seiten English Summary). Geb. E 84,95 171 Markus Böckenförde: Grüne Gentechnik und Welthandel. Das Biosafety-Protokoll und seine Auswirkungen auf das Regime der WTO. 2004. XXIX, 620 Seiten. Geb. E 99,95 170 Anja v. Hahn: Traditionelles Wissen indigener und lokaler Gemeinschaften zwischen geistigen Eigentumsrechten und der public domain. 2004. XXV, 415 Seiten. Geb. 84,95 169 Christian Walter, Silja Vöneky, Volker Röben, Frank Schorkopf (eds.): Terrorism as a Challenge for National and International Law: Security versus Liberty? 2004. XI, 1484 Seiten. Geb. E 169,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 168 Kathrin Osteneck: Die Umsetzung von UN-Wirtschaftssanktionen durch die Europäische Gemeinschaft. 2004. XXXIX, 579 Seiten. Geb. E 99,95 167 Stephan Sina: Der völkerrechtliche Status des Westjordanlandes und des Gaza-Streifens nach den Osloer Verträgen. 2004. XXI, 410 Seiten. Geb. E 84,95 166 Philipp Dann: Parlamente im Exekutivföderalismus. 2004. XXIII, 474 Seiten. Geb. E 89,95 165 Rüdiger Wolfrum (Hrsg.): Gleichheit und Nichtdiskriminierung im nationalen und internationalen Menschenrechtsschutz. 2003. VIII, 299 Seiten. Geb. E 74,95 164 Rüdiger Wolfrum, Nele Matz: Conflicts in International Environmental Law. 2003. XI, 213 Seiten. Geb. E 64,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 163 Adam Bodnar, Michal Kowalski, Karen Raible, Frank Schorkopf (eds.): The Emerging Constitutional Law of the European Union. 2003. IX, 595 Seiten. Geb. E 99,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 162 Jochen Abr. Frowein, Klaus Scharioth, Ingo Winkelmann, Rüdiger Wolfrum (Hrsg.): Verhandeln für den Frieden/Negotiating for Peace. Liber Amicorum Tono Eitel. 2003. XIII, 866 Seiten. Geb. E 129,95 161 Michaela Fries: Die Bedeutung von Artikel 5 (f ) der Rassendiskriminierungskonvention im deutschen Recht. 2003. XIX, 429 Seiten. Geb. E 84,95 160 Helen Keller: Rezeption des Völkerrechts. 2003. XXXV, 855 Seiten. Geb. E 129,95