Wilhelm Schmeisser, Hermann Mohnkopf (Hrsg.): Ausgewählte Beiträge zum Innovationsmanagement, zur empirischen Mittelstan...
22 downloads
1333 Views
2MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Wilhelm Schmeisser, Hermann Mohnkopf (Hrsg.): Ausgewählte Beiträge zum Innovationsmanagement, zur empirischen Mittelstandsforschung und zum Patentschutz Gesundheits- und Innovationsmanagement, hrsg. von Wilhelm Schmeisser ⋅ Ricarda B. Bouncken ⋅ Ulrich Demmig ⋅ Alexander Kantner ⋅ Dieter Krimphove ⋅ Oliver Schöffski ⋅ Thorsten Teichert, Band 6 ISBN 978-3-86618-210-3, Rainer Hampp Verlag, München u. Mering 2008, 210 S., € 22.80
Das Buch folgt der These, dass der Unternehmenserfolg internationaler, mittelständischer Unternehmen in zunehmenden Maß von dem Wettbewerbserfolg ihrer innovativen Produkte, Verfahren und Dienstleistungen sowie deren Patentschutz abhängt. Empirisch wird die These anhand der regionalen Strukturen in ausgewählten ostdeutschen Bundesländern im Spiegel relevanter Wirtschaftsund Mittelstandsdaten analysiert, aber auch an wesentlichen Indikatoren der Innovations- und FuE-Tätigkeit dieser Unternehmen sowie deren regionale Kooperations- und Innovationstätigkeiten. Außerdem wird der Einsatz förderpolitischer Instrumente der Regional-, FuE- und Mittelstandspolitik für einzelne Bundesländer beschrieben, analysiert und kritisch kommentiert. Ein zweiter Teil des Buches setzt sich mit dem Gewerblichen Rechtsschutz, dem Patentgesetz sowie dem Patentmanagement im Unternehmen auseinander. Dieser Teil zeigt, wie ein ganzheitlicher Innovationsprozess als Unternehmensstrategie, von der Idee bis zur Marktreife, nur mit Hilfe des Intellectual Property-Managements international abgesichert und gesteuert werden kann. Schlüsselwörter:
Innovationsmanagement, Arbeitnehmerfinderrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Innovationsforschung, Mittelstandsforschung, Intellectual Property-Management, Patentschutz, Patentmanagement, Forschungs- und Innovationsaktivitäten von mittelständischen Unternehmen in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt
Prof. Dr. habil. Wilhelm Schmeisser ist Professor an der FHTW Berlin für Betriebswirtschaft und an der Universität Duisburg tätig. Direktor des Kompetenzzentrums „Internationale Innovations- und Mittelstandsforschung“, Berlin. Direktor der Forschungsstelle „Europäisches Personalmanagement und Arbeitsrecht (EPAR)“ an der Universität Paderborn. / Dipl.-Ing. Hermann Mohnkopf ist in Berlin-Dahlewitz bei Rolls-Royce Deutschland für das Intellectual Property Management verantwortlich. Er ist Lehrbeauftragter für Innovationsmanagement mit Schwerpunkt Gewerblicher Rechtsschutz an der FHTW Berlin, Mitglied im Vorstand des Kompetenzzentrums für Internationale Innovations- und Mittelstandsforschung (IMF) an der FHTW Berlin. Hermann Mohnkopf ist Mitinitiator der F&E Vertragsbausteine, dem sog. Berliner Vertrag. Seine Arbeit ist schwerpunktmäßig auf die Aspekte Erfindungen, Erfindervergütungsberechnung und Nutzungsrechte ausgerichtet.
Gesundheits- und Innovationsmanagement herausgegeben von Wilhelm Schmeisser ⋅ Ricarda B. Bouncken ⋅ Ulrich Demmig ⋅ Alexander Kantner ⋅ Dieter Krimphove ⋅ Oliver Schöffski ⋅ Thorsten Teichert
Band 6
Wilhelm Schmeisser Hermann Mohnkopf (Hrsg.)
Ausgewählte Beiträge zum Innovationsmanagement, zur empirischen Mittelstandsforschung und zum Patentschutz
Rainer Hampp Verlag
München und Mering 2008
Diese Publikation wurde gefördert durch den Europäischen Sozialfonds und Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen des Landes Berlin.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. DOI 10.1688/9783866182103 ISBN 978-3-86618-210-3 Gesundheits- und Innovationsmanagement: ISSN 1862-4855 1. Auflage, 2008 © 2008
Rainer Hampp Verlag München und Mering Marktplatz 5 D – 86415 Mering www.Hampp-Verlag.de Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen, Übersetzungen und die Einspeicherung in elektronische Systeme.
∞
Dieses Buch ist auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Liebe Leserinnen und Leser! Wir wollen Ihnen ein gutes Buch liefern. Wenn Sie aus irgendwelchen Gründen nicht zufrieden sind, wenden Sie sich bitte an uns.
Vorwort der Herausgeber In der Schriftenreihe Gesundheits- und Innovationsmanagement erscheinen Beiträge und Arbeiten, die im Wesentlichen aus eigenen Forschungsprojekten oder einer Auftragsforschung entstanden sind. Dies gilt für Qualifizierungsarbeiten aus dem Hochschulbereich, für die betriebswirtschaftlichen Forschungsergebnisse von Kompetenzzentren bzw. (An-)Instituten sowie für Ergebnisse aus internationalen Kooperationsprojekten. Eine betriebswirtschaftliche und/oder empirische Sichtweise wie sie von innovativen Unternehmen der Gesundheitswirtschaft, von Versicherungen und anderen gesundheitsnahen und technologieorientierten Dienstleistungsunternehmen, von Industrieunternehmen und mittelständischen Technologieunternehmen bevorzugt wird, soll das charakteristische Merkmal der Reihe sein. Anhand praktischer Problemstellungen der Betriebswirtschaftslehre werden mathematisch-statische Verfahren verstärkt angewandt. Die einzelnen Bände der Reihe folgen dabei bewusst keiner funktionalen, institutionellen oder paradigmen-orientierten Sichtweise der Betriebswirtschaftslehre. Die Schriftenreihe gibt aber auch interdisziplinären „Grenzthemen“ eine philosophische, wissenschaftstheoretische und theoretische Plattform, insofern damit zukunftsweisende, betriebswirtschaftliche Problemstellungen angesprochen werden, die neue, weitergehende wissenschaftliche Fragen in der betriebswirtschaftlichen Forschung aufwerfen. Die Schriftenreihe wendet ich an Fachhochschulen und Universitäten, an die Gesundheitswirtschaft mit ihren Krankenhäusern, Reha-Kliniken, Arztpraxen und Apotheken, die Pharmaindustrie, medizinische Forschungsinstitutionen, die Versicherungswirtschaft, an technologieorientierten Unternehmen und an alle fachinteressierte Studenten/Studentinnen sowie Manager/innen in Industrie, Verwaltung und Politik. Mit diesem sechsten Band „Ausgewählte Beiträge zum Innovationsmanagement, zur empirischen Mittelstandsforschung und zum Patentschutz“ werden drei neue Aspekte in der Reihe fokussiert, und zwar die empirische Mittelstandsforschung als gleichzeitige Forschungs- und Innovationsforschung bei gewerblichen und industriellen kleinen und mittleren Unternehmen, die wettbewerbsorientierte Absicherung einer technisch-unternehmerischen Innovationspolitik mittels des gewerblichen Rechtsschutzes und nicht zuletzt der Einfluss der staatlichen Förderpolitik auf das Innovationsverhalten von Unternehmen. Es wird von der Hypothese ausgegangen, dass der Unternehmenserfolg internationaler, forschungsorientierter, mittelständiger Unternehmen in zunehmenden Maß von den Wettbewerbserfolg ihrer innovativen Produkte, Verfahren und Dienstleistungen sowie deren Patentschutz abhängt.
In der Bundesrepublik Deutschland und den neuen Bundesländern spielt der Mittelstand eine zentrale Bedeutung. Er wird als Rückgrat der deutschen Wirtschaft angesehen. Quantitative und qualitative Kriterien des Mittelstandes belegen diese Aussagen. Vor allem der Aspekt der Anzahl der Unternehmen zeigt die Bedeutung der kleinen und mittleren Unternehmen auf. Das gesamte Bundesgebiet weist 99,7% klein- und mittelständische Unternehmen auf. Analoge Zahlen ergeben sich in der vorliegenden Untersuchung zu den Wirtschaftssektoren Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Thüringen, die auch einen durchschnittlichen Anteil von 99,7% kleine und mittlere Unternehmen aufweisen. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht besitzen mittelständische Unternehmen diverse Vorteile gegenüber Großunternehmen. Potentielle Charaktereigenschaften der Dynamik, Flexibilität, hohen und schnellen Anpassungsfähigkeit an Kundenund Marktbedürfnisse sowie kurze Entscheidungs- und Informationswege können gezielt und effektiv im Rahmen einer kontinuierlichen Forschungs- und Entwicklung- (FuE) als auch Innovationstätigkeit eingesetzt werden. Produkte vollziehen immer rasantere Lebenszyklen und weisen einen hohen Grad der Komplexität und Technologie auf. Vor allem für KMU zeigen diese Entwicklungen enorme Herausforderungen. Durch kooperatives Zusammenwirken, Netzwerkarbeit und gezielte Formierung in Clustern können die begrenzten Ressourcen der klein und mittelständischen Unternehmen und Nachteile gegenüber Großunternehmen in hohem Maße ausgeglichen sowie eigene Vorteile effektiv genutzt werden. FuE –und Innovationstätigkeit in KMU sind jedoch von vielen Rahmenfaktoren abhängig. Fördernde Impulse gehen unter anderen von staatlicher Seite im Rahmen wirtschaftspolitischer Aktivitäten aus. Der Einsatz förderungspolitischer Instrumente der Regional-, FuE- und Mittelstandspolitik für einzelne Bundesländer muss deshalb gesondert beschrieben, analysiert und kritisch kommentiert werden. Berlin, Hamburg, Nürnberg, Paderborn Die Herausgeber
Festschrift für Herrn Dipl.- Ing. Hermann Mohnkopf zum 60. Geburtstag am 28. November 2007 und gleichzeitig zum 5-jährigen Jubiläum als Dozent an der FHTW Berlin
Berlin 2007 Prof. Dr. habil. W. Schmeisser
Inhaltsverzeichnis Autorenverzeichnis....................................................................................................IX
I
Ausgewählte Beiträge zum Innovationsmanagement und Gewerblicher Rechtschutz ............................................................... 1
„Einsatz von Patentstrategien im Innovationsmanagement“ ................................. 1 1
Grundlagen zum Patentschutz............................................................................... 2
2
Patentportfolioanalyse als Basis der Ableitung von Patentstrategien.................. 4
3
Patentstrategische Stoßrichtungen der Prävention, Defensive, Offensive und Lizenzvergabe ....................................................................................................... 5
4
Fazit ..................................................................................................................... 10
„Organisatorische Implikationen von Open Innovation auf das Innovationssystem“ ................................................................................................... 14 1
2
3
4
5
Einleitung ........................................................................................................... 14 1.1
Open Innovation als Option bei hochdynamischem Technologieumfeld... 14
1.2
Problematik der Open Innovation ............................................................... 16
Das Innovationssystem...................................................................................... 16 2.1
Kunden und Märkte..................................................................................... 17
2.2
Entwicklungspartner.................................................................................... 17
2.3
Wettbewerber .............................................................................................. 18
2.4
Forschungseinrichtungen ............................................................................ 18
Organisatorische Anforderungen an das Innovationsmanagement............. 19 3.1
Aufbauorganisation ..................................................................................... 19
3.2
Ablauforganisation ...................................................................................... 20
3.3
Wissensorganisation.................................................................................... 20
Methoden und Leitlinien zur praktischen Umsetzung des OpenInnovation-Paradigma ...................................................................................... 21 4.1
Aufbauorganisation ..................................................................................... 21
4.2
Ablauforganisation ...................................................................................... 23
4.3
Wissensorganisation.................................................................................... 24
Fazit .................................................................................................................... 25
II
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis.................................................................................................. 27
II. Empirische Mittelstandsforschung................................................. 29 Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen in den Wirtschaftssektoren Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen als Resultat der länderspezifischen Regional-, FuE- sowie Mittelstandspolitik..................................................................................................... 29 1
2
Einleitung ........................................................................................................... 29 1.1
Problemstellung und Hypothese der Untersuchung.................................... 29
1.2
Ziel und Vorgehensweise der Untersuchung .............................................. 30
Theoretische Grundlagen ................................................................................. 30 2.1
Thematische Einführung ............................................................................. 30
2.2
Quantitative und qualitative Aspekte von kleinen und mittleren Unternehmen ............................................................................................... 31
2.3
Innovation.................................................................................................... 33
2.3.1
3
Terminologische Grundlagen.................................................................. 33
2.3.1.1
Innovation, Invention, Imitation ..................................................... 33
2.3.1.2
Technologie/ Technologischer Fortschritt ...................................... 35
2.3.1.3
Forschung und Entwicklung ........................................................... 35
2.3.2
Innovationsarten ...................................................................................... 36
2.3.3
Innovationsziele....................................................................................... 39
2.4
Interaktionsdeterminanten: „Netzwerke, Kooperationen und Cluster“ ...... 40
2.5
Förderungspolitische Aspekte bei mittelständischen FuE- und Innovationsaktivitäten ................................................................................. 47
2.6
Zusammenfassung ....................................................................................... 50
Wirtschafts- und Mittelstandsdaten: Eine regionale Strukturbetrachtung ......................................................................................... 51 3.1
Thematische Einführung: in die Bedeutung des Mittelstandes................... 51
3.2
Strukturbetrachtung des Freistaates Sachsen anhand ausgewählter Wirtschafts- und Mittelstandsdaten............................................................. 54
3.3
Strukturbetrachtung des BL Sachsen- Anhalt anhand ausgewählter Wirtschafts- und Mittelstandsdaten............................................................. 57
3.4
Strukturbetrachtung des Freistaates Thüringen anhand ausgewählter Wirtschafts- und Mittelstandsdaten............................................................. 59
III
3.5 4
5
Zusammenfassung ....................................................................................... 60
Indikatorenanalyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit ............................. 61 4.1
Thematische Einführung ............................................................................. 61
4.2
Bestand an FuE-betreibenden Unternehmen............................................... 62
4.3
Indikator: FuE-Personal .............................................................................. 65
4.4
Indikator: FuE-Aufwendungen ................................................................... 69
4.5
Indikator: FuE-Intensität ............................................................................. 72
4.6
Indikator: Umsatz ........................................................................................ 77
4.7
Indikator: Export ......................................................................................... 79
4.8
Zusammenfassung ....................................................................................... 81
Bestandsaufnahme der regionalen Kooperations- und Innovationstätigkeit .......................................................................................... 82 5.1
Thematische Einführung ............................................................................. 82
5.2
Analyse der Kooperationsbeziehungen....................................................... 82
5.3
Bestandsaufnahme der regionalen Innovationsfelder und innovativen Wachstumskerne ......................................................................................... 85
5.3.1
5.3.1.1
Region Chemnitz-Zwickau ............................................................. 86
5.3.1.2
Region Dresden ............................................................................... 87
5.3.1.3
Region Leipzig i.e.S. ....................................................................... 88
5.3.1.4
Zittau am Beispiel des Wachstumskerns „noa“ .............................. 88
5.3.2
Wirtschaftssektor Sachsen-Anhalt .......................................................... 90
5.3.2.1
Region Bitterfeld/ Wolfen............................................................... 91
5.3.2.2
Haldensleben am Beispiel des Wachstumskerns ALFA................. 92
5.3.2.3
Region Halle/ Merseburg (Leipzig) ................................................ 92
5.3.2.4
Harzgerode am Beispiel des Wachstumskerns AL-CAST ............. 93
5.3.2.5
Region Nordharz-Börde-Magdeburg-Gatersleben.......................... 94
5.3.3
5.4
Wirtschaftssektor Sachsen....................................................................... 85
Wirtschaftssektor Thüringen ................................................................... 94
5.3.3.1
Hermsdorf am Beispiel des Wachstumskerns „fanimat nano“ ....... 95
5.3.3.2
Region Jena- Erfurt- Ilmenau.......................................................... 96
Zusammenfassung ....................................................................................... 98
IV
6
Inhaltsverzeichnis
Analyse des Einsatzes förderpolitischer Instrumente der Regional-, FuE- und Mittelstandspolitik ........................................................................... 98 6.1
Thematische Einführung ............................................................................. 98
6.2
Einsatz von Förderinstrumenten in den nBL: ............................................. 98
6.3
Landesspezifischer Einsatz von Förderinstrumenten................................ 102
6.3.1
Einsatz von Förderinstrumenten im Wirtschaftssektor Sachsen........... 102
6.3.2
Einsatz von Förderinstrumenten im Wirtschaftssektor Sachsen-Anhalt...................................................................................... 104
6.3.3
Einsatz von Förderinstrumenten im Wirtschaftssektor Thüringen ....... 106
6.4 7
Zusammenfassung ..................................................................................... 108
Ergebnis der Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit von KMU in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen als Resultat der Regional-, FuEsowie Mittelstandspolitik ................................................................................ 108 7.1
Schlussbetrachtungen ................................................................................ 108
7.2
Zur Bedeutung der Regional-, FuE- und Mittelstandspolitik im Rahmen der Innovations- und FuE-Förderung von klein- und mittelständischen Unternehmen ................................................................ 117
7.3
Ausblick..................................................................................................... 117
Literaturverzeichnis ................................................................................................ 117 Anhang...................................................................................................................... 121
III. Gewerblicher Rechtsschutz und Patentbewertung ..................... 127 Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement......................................................................................... 127 1
Einführung ....................................................................................................... 127
2
Zum Patent....................................................................................................... 128
3
2.1
Rechte und Pflichten ................................................................................. 128
2.2
Voraussetzungen für eine Patenterteilung................................................. 130
Der Weg zum Patent aus Sicht des Unternehmens...................................... 131 3.1
Erfindungsmeldung ................................................................................... 131
3.2
Zum Stand der Technik ............................................................................. 131
3.3
Patentschrift............................................................................................... 132
3.4
Anmeldung des Patents ............................................................................. 132
V
4
3.4.1
Vorprüfung der Anmeldung .................................................................. 133
3.4.2
Patentprüfung ........................................................................................ 134
3.4.3
Offenlegung........................................................................................... 134
3.4.4
Patenterteilung....................................................................................... 135
Funktionen eines Patentes .............................................................................. 136 4.1
Grundlegende Funktionen ......................................................................... 136
4.1.1
Stand der Technik.................................................................................. 137
4.1.2
Ausschluss von Wettbewerbern ............................................................ 138
4.1.3
Lizenzierung mit dem Ziel, Lizenzeinnahmen zu generieren............... 138
4.1.4
Lizenzierung mit dem Ziel einer unternehmensübergreifenden Kooperation ........................................................................................... 139
4.1.5
Externe Reputationswirkung ................................................................. 139
4.1.6
Interne Reputationswirkung .................................................................. 139
4.1.7
Defensive Publikation ........................................................................... 139
4.1.8
Sicherheiten bei der Finanzierung......................................................... 139
4.1.9
Hilfsmittel bei Standardisierungsprozessen .......................................... 140
4.1.10 Technologietransfer und die Zusammenarbeit zwischen Industrie- und Wissenschaft .................................................................. 140 4.1.11 Strategische Wirkungen der Sonderschutzrechte.................................. 141
5
4.2
Strategischer Nutzen eines Patentes.......................................................... 141
4.3
Geheimhaltungsstrategie als Alternative................................................... 145
Zum eigenen Patent des Arbeitnehmers ....................................................... 145 5.1
Diensterfindung ......................................................................................... 146
5.1.1
Meldepflicht .......................................................................................... 146
5.1.2
Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber ............................................. 147
5.1.3
Vergütung bei Inanspruchnahme .......................................................... 148
5.2
Freie Erfindung.......................................................................................... 151
5.3
Technischer Verbesserungsvorschlag ....................................................... 152
5.4
Verfahrensweisen des Innovationsmanagements...................................... 152
5.5
Vorteile des eigenen Patentes.................................................................... 152
5.5.1
Arbeitserleichterung .............................................................................. 152
5.5.2
Sicherung des Arbeitsplatzes ................................................................ 153
VI
Inhaltsverzeichnis
5.5.3
Würdigung der eigenen Arbeit.............................................................. 154
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien ............................ 155 I.
Einleitung ......................................................................................................... 155
II. Grundlagen der Bewertung............................................................................ 155 II.1.
Überblick ................................................................................................... 155
II.2.
Grundlegende Bewertungskonzepte.......................................................... 155
II.2.a) Ausgangsüberlegung ............................................................................. 155 II.2.b) Income Approach .................................................................................. 157 II.2.c) Market Approach................................................................................... 158 II.2.d) Cost Approach....................................................................................... 159 II.2.e) Zusammenhang zwischen Income, Market und Cost Approach .......... 160 II.3.
Bewertungsobjekt...................................................................................... 161
II.4.
Anlass der Bewertung ............................................................................... 162
II.4.a) Transaktionsbezogene Bewertungen..................................................... 162 II.4.b) Portfolio Management........................................................................... 164 II.4.c) Bedeutung des Bewertungsanlasses...................................................... 164 III. Patente als Bewertungsobjekte ...................................................................... 165 III.1.
Überblick ................................................................................................... 165
III.2.
Einflussfaktoren des Patentwertes............................................................. 166
III.2.a)
Wertgenerierung durch Patente......................................................... 166
III.2.b)
Werttreiber von Patenten................................................................... 168
III.2.b)aa)
Rechtliche Absicherung............................................................ 168
III.2.b)aa)aaa)
Nutzungsformen von Patenten....................................... 168
III.2.b)aa)bbb)
Rechtliche Einflussfaktoren .......................................... 169
III.2.b)bb)
Technologie.............................................................................. 169
III.2.b)bb)aaa)
Nutzen von Technologien ............................................. 169
III.2.b)bb)bbb)
Technologiebezogene Einflussfaktoren........................ 170
III.2.b)cc)
Produkt bzw. Verfahren............................................................ 170
III.2.b)dd)
Bestimmung der Nutzungsdauer eines Patentes ...................... 171
III.3.
Abgrenzung von Patent und zugrunde liegender Technologie ................. 171
III.4.
Einbindung von Patenten in Patentportfolios............................................ 173
VII
IV. Bewertung patentgeschützter Technologien auf der Grundlage des Income Approach ............................................................................................ 175 IV.1. Überblick ................................................................................................... 175 IV.2. Analyse des Einkommensbeitrags patentgeschützter Technologien ........ 175 IV.3. Bewertungsansätze für patentgeschützte Technologien auf der Grundlage des Income Approach.............................................................. 177 IV.3.a)
Incremental Income Analysis............................................................ 177
IV.3.b)
Residual Value Approach.................................................................. 179
IV.3.c)
Royalty Analysis ............................................................................... 180
IV.3.c)aa)
Relief-from-Royalty-Methode.................................................. 180
IV.3.c)bb)
Profit Split-Analyse.................................................................. 182
IV.4. Diskontierungszinssatz.............................................................................. 183 IV.4.a)
Überblick ........................................................................................... 183
IV.4.b)
Ermittlung der laufzeitäquivalenten Kapitalkosten........................... 183
IV.4.c)
Berücksichtigung des vermögenswertspezifischen Risikos.............. 185
IV.4.d)
Praktikabilität der Bestimmung der vermögenswertspezifischen Verzinsung......................................................................................... 187
IV.5. Berücksichtigung der Besteuerung bei der Bewertung immaterieller Vermögenswerte........................................................................................ 188
V.
IV.5.a)
Steuerrelevante Fragestellungen ....................................................... 188
IV.5.b)
Einbeziehung der Besteuerung ins Bewertungskalkül...................... 188
IV.5.c)
Abschreibungsbedingter Steuervorteil (Tax Amortization Benefit). 188
Zusammenfassung ........................................................................................... 190
Autorenverzeichnis Arnold, M. Heinrich, Dr. oec. publ., leitet seit 2004 Innovation Development - angewandte Konzern F&E - an den Deutschen Telekom Laboratories und weiteren durchführenden Einheiten im Konzern als auch mit externen Partnern und Auftragnehmern. Dr. Arnold hat Technische Physik an der Technischen Universität München studiert, und schloss seine Studien mit dem Master of Science in Engineering an der Stanford University, den Master of Business Research an der Ludwig Maximilians Universität München und am MIT, Cambridge, Massachusetts sowie den Dr. oec. publ. in Technologiemanagement ab. Dr. Arnold ist Lehrbeauftragter im Fach Innovationsmanagement und Autor des wissenschaftlichen Buchs "Technology Shocks" über das Management radikalen technologischen Wandels. Er ist Mitglied des Feldafinger Kreises sowie des Innovation Leadership Advisory Boards der School of Engineering an der University of Illinois Urbana-Champaign. Zudem ist er im Forschungsausschuss des Münchner Kreises tätig, sowie für das Deutsche Ministerium für Bildung und Forschung als Gutachter, und vertritt die Deutsche Telekom in akademischen Berufungskommissionen der TU Berlin. Erner, Michael, Dipl.-Kfm., Dr. rer. soc. oec. studierte in Bonn, Köln und Paris Volks- und Betriebswirtschaftslehre und promovierte am Lehrstuhl für Strategische Unternehmensführung und Controlling in Klagenfurt. Während seiner Promotion arbeitete er als Berater der Kienbaum Management Consulting AG. Seit 1994 ist er bei der Deutschen Telekom durchgängig in Seniormanagementfunktionen, darunter als Vertriebscontroller und Key Account Manager sowie anschließend als Leiter Produktmanagement, Marketing Consultant sowie mehrfach als Leiter der Strategieabteilung, davon insgesamt mehr als 5 Jahre im Ausland tätig. Aktuell arbeitet er als Themenfeldleiter bei den "Deutsche Telekom Laboratories" in Berlin mit Forschungsschwerpunkt im Bereich des Innovationsmanagement und -marketing. Goddar, Heinz, Prof. Dr. Dipl.-Phys., Patentanwalt, European Patent Attorney, European Trademark Attorney, ist einer der Seniorpartner der auf Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes spezialisierten Anwaltssozietät Boehmert & Boehmert in München. Er lehrt als Honorarprofessor für Gewerblichen Rechtsschutz an der Universität Bremen insbesondere Patent-, Lizenz- und Arbeitnehmererfinderrecht. Daneben lehrt er in Deutschland im Rahmen eines Lehrauftrages Lizensrecht am Munich Intellectual Property Law Center (MIPLC). Weitere Lehraufträge führen ihn als Adjunct Professor regelmäßig nach Seattle (CASRIP), Santa Clara University, Taipei (national Chengchi University) und Tokio (Tokai University; University of Tokyo). Er ist PastPresident von LES International, Inc., und gehört als ehemaliger Präsident dem Beirat von LES Deutschland an. Mohnkopf, Hermann, Dipl.-Ing., ist in Berlin-Dahlewitz bei Rolls-Royce Deutschland für das Intellectual Property Management verantwortlich. Er ist Lehrbeauftragter für Innovationsmanagement mit Schwerpunkt Gewerblicher Rechtsschutz an der
X
Autorenverzeichnis
FHTW Berlin, Mitglied im Vorstand des Kompetenzzentrums für Internationale Innovations- und Mittelstandsforschung (IMF) an der FHTW Berlin. Hermann Mohnkopf ist Mitinitiator der F&E Vertragsbausteine, dem sog. erliner Vertrag. Seine Arbeit ist schwerpunktmäßig auf die Aspekte Erfindungen, Erfindervergütungsberechnung und Nutzungsrechte ausgerichtet. Moser, Ulrich, Prof. Dr., Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Certified Valuation Analyst, ist Professor für Accounting und Finance an der Fachhochschule Erfurt. Den Schwerpunkt seiner Lehr- und Forschungstätigkeit bilden Bewertung und Management von Intellectual Property, Unternehmenstransaktionen sowie Unternehmensbewertung. Daneben berät er namhafte Unternehmen bei Fragen der Unternehmensund Intellectual Property-Bewertung. Bis Juni 2006 war Ulrich Moser Partner bei einer der „Big Four“ Accounting Firms im Bereich Unternehmensbewertung. Seine Tätigkeitsschwerpunkte im Bereich Intellectual Property-Bewertung und Management betreffen – neben Purchase Price Allocations nach IFRS und US GAAP – insbesondere die Bewertung von Patenten und umfangreichen Patentportfolios, Marken, innovativen Technologien sowie von Human Capital im In- und Ausland. Er verfügt über umfangreiche Erfahrungen in einer Vielzahl von Branchen (insbesondere Biotechnologie, Medizintechnik, Pharma, Software, Medien, Telekommunikation, regenerative Energien, Maschinenbau, Automotive, Konsumgüter). Ulrich Moser ist regelmäßig Referent bei in- und ausländischen Intellectual Property- und Unternehmensbewertungskonferenzen. Er veröffentlicht Aufsätze zu verschiedenen Themen aus dem Bereich Corporate Finance. Weiterhin ist Ulrich Moser Gründungsmitglied der IACVAGermany e.V. (International Association of Certified Valuation Analysts), Frankfurt. Presse, Volker, Dipl.-Ing., ist seit 2005 im Bereich des Innovationsmanagements und -marketing der Deutschen Telekom Laboratories (An-Institut der Technischen Universität Berlin) tätig. Er studierte Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Informations- und Kommunikationssysteme an der Technischen Universität Berlin und der University of Queensland, Australien. Derzeit promoviert er am Lehrstuhl Innovations- und Technologiemanagement von Prof. Dr. Hans Georg Gemünden, Technische Universität Berlin. Schettler, Peggy, Dipl.-Kffr. (FH), ist freie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kompetenzzentrum Internationale Innovations- und Mittelstandsforschung, Berlin. Forschungsschwerpunkte: Mittelstandsforschung, Finanzierung und Investition. Schindler, Falko, Dipl.-Kfm. (FH), ist freier wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Kompetenzzentrum Internationale Innovations- und Mittelstandsforschung, Berlin. Forschungsschwerpunkte: Investition und Finanzierung, Rechnungswesen und Innovationsmanagement. www.mittelstandsforschung-berlin.de Schmeisser, Wilhelm, Prof. Dr. habil., ist Professor an der FHTW Berlin für Betriebswirtschaft und an der Universität Duisburg tätig. Direktor des Kompetenzzentrums „Internationale Innovations- und Mittelstandsforschung“, Berlin. Direktor der
XI
Forschungsstelle „Europäisches Personalmanagement und Arbeitsrecht (EPAR)“ an der Universität Paderborn. www.mittelstandsforschung-berlin.de Steinhoff, Fee, Dr. ist Projektfeldmanagerin im Innovationsmanagement der Deutschen Telekom Laboratories (An-Institut der Technischen Universität Berlin). Im Anschluss an ihr Studium (Betriebswirtschaftslehre und Master of Business & Engineering) promovierte sie am Lehrstuhl Marketing von Prof. Dr. Volker Trommsdorff zum Thema Kundenorientierung bei hochgradigen Innovationen. Fee Steinhoff ist Lehrbeauftragte an der Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) und der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Trommsdorff, Volker, Prof. Dr., ist Inhaber des Lehrstuhls Marketing der Technischen Universität Berlin. Arbeitsschwerpunkte sind Konsumentenverhalten und Werbung, Innovationsmarketing und zukunftsanalytische Marktforschungsmethoden. Beratung mit den Schwerpunkten Innovationsmarketing, Markenführung und Kommunikationsmanagement.
I
Ausgewählte Beiträge zum Innovationsmanagement und Gewerblicher Rechtschutz
„Einsatz von Patentstrategien im Innovationsmanagement“1 Fee Steinhoff / Volker Trommsdorff Innovationsmanagement umfasst die Analysen, die daraus folgenden Entscheidungen und Kommunikationsaktivitäten über das Innovationsvorhaben sowie ihre Durchsetzung und Kontrolle. Das Management von Innovationsprojekten ist als Integration aller am Innovationsprozess beteiligten Funktionen und Bereiche zu verstehen und ist damit eine typische Querfunktion eines arbeitsteilig organisierten Unternehmens. Teilkomponenten des Innovationsmanagement sind das Innovationsmarketing, das Forschungs- und Entwicklungs- (F&E-) Management und das Technologiemanagement. Unternehmerisches Technologiemanagement soll technologische Wettbewerbsvorteile aufbauen und sichern, unter anderem durch Patentpolitik. Das Patent ist das wichtigste gewerbliche Schutzrecht für Innovationen (im Überblick siehe Specht et al. 2002, S. 239 ff.). Für ein Patent ist eine Anmeldungsschrift beim Patentamt einzureichen. Dem schließt sich ein formaler Patenterteilungsprozess an (vgl. ausführlich Harhoff/ Reitzig 2001, S. 509 ff.). Die Entwicklung der Patentanmeldungen beim deutschen und europäischen Patentamt lässt in den 90er Jahren eine kontinuierliche Steigerung erkennen. Bei hochtechnologischen Erfindungen haben die Europäer jedoch Rückstände gegenüber japanischen und amerikanischen Patentanmeldern. Zwischen Europa, USA und Japan, die zusammen insgesamt 85 % der weltweiten Nachfrage nach Patentschutz ausmachen, lassen sich darüber hinaus auch strategische Unterschiede bei der Patentpolitik feststellen. Während die Japaner und Amerikaner sehr aktiv eine wirtschaftliche Nutzung von Patenten verfolgen, wird in Europa das Patent vorrangig als ein Rechtstitel betrachtet, dessen strategischer wirtschaftlicher Einsatz erst allmählich zum Tragen kommt (Schatz 1998, S. 179 ff.). Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick zum Einsatz von Patentstrategien im Innovationsmanagement, konzeptionell sowie anhand von Fallbeispielen aus der Praxis. Dazu werden zunächst Grundlagen zum Patentschutz dargestellt (1.). Anschließend erfolgt basierend auf einem Überblick zur Patentportfolioanalyse (2.) eine anschauliche Darstellung patentstrategischer Stoßrichtungen (3.). Der Beitrag endet mit einem Fazit (4.)
1
Für eine Darstellung der wichtigsten Werkzeuge des Patentmanagement sowie der Entwicklung und Vermarktung von Innovationen sei auch auf das praxisorientierte Lehrbuch Trommsdorff/ Steinhoff (2007) “Innovationsmarketing“, Verlag Franz Vahlen GmbH München, verwiesen.
2
Fee Steinhoff / Volker Trommsdorff
1 Grundlagen zum Patentschutz Patente gelten gemäß § 1 PatG (Patentgesetz) für Erfindungen, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. 1) „Neuheit“ verlangt, dass die Erfindung nicht zum Stand der Technik gehört, also zu den Kenntnissen, die der Öffentlichkeit bislang zugänglich sind. 2) „Erfinderische Tätigkeit“ zeigt sich durch eine gewisse Distanz zum bisherigen Stand der Technik. Darüber hinaus muss 3) das Produkt der Erfindung gewerblich genutzt werden können. Wegen der Komplexität (einschließlich Dynamik) technologischer Entwicklungen und Märkte ist die präzise Einstufung dieser drei „materiellen Schutzvoraussetzungen“ in der Regel nur durch Spezialisten auf dem Gebiet des Patentrechtes möglich (Specht et al. 2002, S. 242 f.). Nicht alle im Rahmen der Forschung und Entwicklung entstandenen Erfindungen sind also patentierfähig. Umgekehrt werden auch nicht alle patentfähigen Erfindungen beim Patentamt angemeldet. Darüber hinaus wird von den patentierten Erfindungen (Inventionen) wiederum nur ein relativer kleiner Anteil als Innovationen am Markt eingeführt (Ernst 1999 b, S. 1148 f.). Mit der Erteilung eines Patents kann der Inhaber ein rechtlich geschütztes, zeitlich begrenztes Monopol zur wirtschaftlichen Nutzung der Erfindung erlangen. Das Patent wirkt gegenüber Konkurrenten als Markteintrittsbarriere, denn der Innovator kann damit eigentlich Imitatoren vom Markteintritt fernhalten. Schewe (1993, S. 355) kommt jedoch auf der Basis einer empirischen Untersuchung von 88 Innovationsprojekten zu dem Ergebnis, dass bei deren Mehrzahl (58 %) trotz Patentanmeldung der Markteintritt eines Imitators nicht verhindert werden konnte. Er führt das darauf zurück, dass durch die im Patenterteilungsverfahren nötige Offenlegung technologischen Wissens Informationen bekannt werden, die den Markteintritt von Imitatoren unter Patentumgehung erst ermöglichen (siehe zu dieser Problematik auch Harhoff/ Reitzig 2001, S. 510 f.). Die durch die Patentierung erzwungene Offenlegung von Wissen unterstützt den technischen Fortschritt einer Volkswirtschaft. In der spieltheoretischen Erörterung von Patenten ist hierzu der Begriff „Patentrennen“ geläufig: Basis ist die Hoffnung patentierender Unternehmen auf eine temporäre Monopolstellung. Treten im Entwicklungsverlauf Konkurrenten auf, so kommt es zu einem Entwicklungswettlauf (Patentrennen). Dabei geht es um „alles oder nichts“: Der Gewinner, das innovierende Unternehmen, dem ein Patent erteilt wird, erhält „alles“ (den Monopolgewinn), der Verlierer nichts. Darin besteht der Anreiz, höhere Investitionen in technologischen Fortschritt zu tätigen als für den Entwicklungserfolg eigentlich nötig wäre. Bei der Erteilung des Patentes erfolgt jedoch eine Offenbarung des technischen Prinzips. Damit wird ein Teil des Wissens des patentierenden Unternehmens zum öffentlichen Gut. Konkurrenten können den Wissensvorsprung nunmehr leichter aufholen. Es folgen Patentrennen um Folgeinnovationen, die volkswirtschaftlich eine Steigerung des technischen Fortschrittes ermöglichen (u.a. Lim 1998, S. 163, Reinganum 1981, S. 37).
Einsatz von Patentstrategien im Innovationsmanagement
3
Die rechtlichen Wirkungen von Patenten sind im Patentgesetz geregelt. Der Inhaber eines Patentes hat einen Unterlassungsanspruch gegen die unbefugte Benutzung seiner Erfindung sowie bei einer Patentverletzung Anspruch auf Schadenersatz. Schutzrechte gelten nur in den Ländern, in denen sie angemeldet wurden (Territorialitätsprinzip). Bei der Anmeldung von Auslandsschutzrechten werden multinationale Schutzrechtanmeldungen vereinfacht – durch Vereinbarungen wie das europäische Patentübereinkommen und das Übereinkommen über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (Schatz 1998, S. 186). Aus den rechtlichen Wirkungen von Patenten ergeben sich wirtschaftliche Wirkungen, die als Patentfunktionen beschrieben werden. Man unterscheidet neben der primären Funktion, dem alleinigen Nutzungsrecht an der technischen Erfindung (Ausschließlichkeitsrecht), folgende sekundäre Patentfunktionen: Angriff, Absicherung, Motivierung, Reputation, Finanzierung und Information. Die Angriffsfunktion schließt konkurrierende Unternehmen aus und expandiert den eigenen Marktanteil. Die Absicherungsfunktion sichert die Erfindung vor Nachahmung und damit die (angestrebte) Marktposition. Patente können auch zur Motivation kreativer Mitarbeiter eingesetzt werden. Imageeffekte, insbesondere bei Zielkunden, Geschäftspartnern und Geldgebern gewähren eine Reputationsfunktion. Der Handel mit der Befugnis zur Nutzung des eigenen Patentes durch Dritte (Lizenzhandel), gewährt dem Lizenzgeber zusätzliche finanzielle Einnahmen. Durch die geforderte Offenlegung der Patentschriften erfüllen Patente schließlich eine Informationsfunktion. So können z.B. Doppelentwicklungen vermieden, Konfliktpatente lokalisiert sowie Umgehungsmöglichkeiten, Markttendenzen und technologische Strategien analysiert werden (Rahn 1996, S. 8 ff., Bulling 2002, S. 33 ff.). Diese Funktionen sind Grundlage der Patentstrategien. Darunter versteht man den gezielten Einsatz der aus dem Patentrecht resultierenden Instrumente zur Verbesserung der Wettbewerbsposition sowie zur Erreichung absatz- und wirtschaftspolitischer Ziele (Bulling 2002, S. 37, Ahlert/Schröder 1996, S. 136 f.). 1. Fallbeispiel: Polaroid Corporation Ein prominentes Beispiel für eine langfristig erfolgreiche Patentstrategie zeigt die Auseinandersetzung zwischen der Polaroid Corporation und Eastman Kodak. Polaroid hatte im schnell wachsenden Markt für Sofortbild-Filme und -kameras ca. 20 grundlegende Patente angemeldet. Kodak hatte unter Missachtung von Polaroid-Patenten eigene Sofortbildfilme und -kameras auf den Markt gebracht. Aufgrund einer Klage durch Polaroid kam es 1985 zu einem bis 1991 währenden Rechtsstreit zwischen den beiden Unternehmen. Das US-Bundesberufungsgericht für Patentsachen (CAFC) erkannte schließlich wichtige Patente von Polaroid an und bestätigte die Verurteilung. Kodak musste ca. 900 Mio. US $ Schadensersatz zahlen, alle einschlägigen Kameras vom Markt nehmen, was (ohne entgangene Gewinne) weitere ca. 500 Mio. US $ kostete, eine Produktionsanlage im Wert von
4
Fee Steinhoff / Volker Trommsdorff
1,5 Mrd. US $ schließen und die Prozesskosten von ca. 100 Mio. US $ zahlen (vgl. Rivette/ Kline 2000).
2 Patentportfolioanalyse als Basis der Ableitung von Patentstrategien Jede Strategie verlangt Planung, Realisation und Kontrolle. Voraussetzung für die Planung einer Patentstrategie ist eine fundierte Patentrecherche und die Nutzung der daraus resultierenden Patentinformationen. Eine weitere Analysemethode ist die Patentportfolio-Analyse. Patente sind das geschützte Ergebnis hoher F&E-Investitionen. Patentportfolios sollten folglich analog zum Geschäftsportfolio als Aktivposten systematisch geplant und optimiert werden, um den Patent-Gesamtbestand des Unternehmens zu überblicken und daraus patentstrategische Prioritäten abzuleiten (Hasler/ Hess 1996, S. 169). Die Idee des Patentportfolios wurde von Brockhoff (1992) entwickelt. Darauf aufbauend sind weitere Ansätze entstanden (einen Überblick zu verschiedenen PatentPortfolio-Ansätze gibt Ernst 1998, S. 279 ff.). Portfolio-Methoden legen allerdings stets nur grobe Normstrategien nahe. Ergebnisse der Patent-Portfolioanalyse können Basis einer Strategiediskussion sein, sie beinhalten jedoch keine direkt umsetzbaren, detaillierten Strategievorschläge (Faix 2001, S. 155, für eine Anwendungsfallstudie der Patent-Portfolioanalyse im Bereich der chemischen Industrie siehe Ernst 1999 a, S. 107 ff.). Exemplarisch wird hier die Patent-Portfolio-Analyse nach Faix (1998, 2001) vorgestellt. Dabei werden Patente über die Bewertung von Patentattraktivität und -stärke im Portfolio positioniert. Die Attraktivität eines Patents für ein Unternehmen bezieht sich sowohl auf die Attraktivität der Erfindung als auch auf die des Ausschließlichkeitsrechtes an sich, also der Rechtsposition des Patents. Die Attraktivität der Invention ergibt sich aus ihrer technischen Bedeutung (gemessen mit Indikatoren wie z.B. Ausmaß von F&E-Aufwand und Häufigkeit erhaltener Zitate) und ihrer ökonomischen Bedeutung (z.B. Gegenwartswert möglicher Erträge, Anzahl an Auslandsanmeldungen). Die Attraktivität des Ausschließlichkeitsrechtes an sich wird gemessen an der Fähigkeit des Patents zur Sicherung oder Steigerung der Erlöse einer Innovation und die strategische Rolle des Patents (etwa zur Verhinderung eines technologischen Vorstoßes eines Wettbewerbers; Faix 2001, S. 145 ff.). Die zweite Dimension des Patentportfolios, die Patentstärke, ergibt sich aus der Stärke des Patents in rechtlicher Hinsicht und aus der Stärke des Patentinhabers. In rechtlicher Hinsicht bestimmen der Status des Patents im Patenterteilungsverfahren (z.B. Anmeldung, offengelegte Anmeldung, erteiltes Patent) und die Qualität der Ansprüche in Abhängigkeit vom relevanten Patentrecht die Stärke des Patents. Die Stärke des Patentinhabers ergibt sich aus seinen Ressourcen (finanzielle Mittel, Qualität/
Einsatz von Patentstrategien im Innovationsmanagement
5
Quantität der Patentabteilung etc.) und Sicherungsmaßnahmen (z.B. Sperrpatent, siehe weiter unten; Faix 2001, S. 149 ff.). Durch die Ist- und Soll-Positionierung der Patente in der Portfolio-Matrix lassen sich neben grundsätzlichen Entscheidungen über die Anmeldung, den Fortbestand und die Elimination von Patenten auch Entscheidungen zum patentstrategischen Verhalten des Unternehmens ableiten. Bei Patenten, die sowohl nach Attraktivität, als auch nach Stärke niedrig eingestuft werden, liegt eine langfristige Elimination oder der Verkauf nahe, was Einnahmen bringt (Hasler/ Hess 1996, S. 169). Hier sollten auch möglichst wenige Ressourcen zur Abwehr von Angriffen Dritter eingesetzt werden. Umgekehrt kann aus einer Position mit hoher Patentattraktivität und -stärke aufgrund der guten Ausgangslage bei einem Angriff des Patents durch Dritte mit einer konfrontativen Strategie (siehe weiter unten) reagiert werden (Faix 2001, S. 153 ff.).
3 Patentstrategische Stoßrichtungen der Prävention, Defensive, Offensive und Lizenzvergabe Über portfoliobasierte Normstrategien hinaus werden in der Literatur vier grundlegende patentstrategische Stoßrichtungen unterschieden: Prävention, Defensive, Offensive und Lizenzvergabe (u.a. Ahlert/ Schröder 1996, S. 137, Bulling 2002, S. 38 f.). Die präventive Patentstrategie hat zum Ziel die Sicherung des künftigen Markterfolges durch die Vermeidung rechtlicher und wirtschaftlicher Störungen. Mit einer präventiven Strategie verbundene Aufgaben sind u.a. (Ahlert/ Schröder 1996, S. 138): • Prüfung und Überwachung der relevanten Schutzrechtslage für Produktstrategien, • Festlegung der zu schützenden Leistungen (zur Schätzung des Erwartungsnutzens aus der Patentierung siehe Harhoff/ Reitzig 2001, S. 509 ff.), • Prüfung und Sicherung der geforderten Schutzvoraussetzungen, • Bestimmung des optimalen Anmeldezeitpunktes sowie der räumlichen Erstreckung, • Ermittlung von Umgehungsmöglichkeiten für zu schützende Leistungen und • Anmeldung und Überwachung der Schutzrechte. Für die Umsetzung der präventiven Strategie bestehen verschiedene Alternativen. In einer einfachen Variante werden Patente vom Unternehmen angemeldet, um eine unmittelbar am Absatzmarkt verwertbare Erfindung vor Imitationen rechtlich zu schützen. In erweiterter Form, der Sperrpatentstrategie, werden Patente gezielt in den Produktions- und Absatzmärkten der Wettbewerber angemeldet, auch wenn dort keine konkrete Absatztätigkeit seitens des patentierenden Unternehmens geplant ist. Ziel ist hier vornehmlich die Sicherung bzw. der Ausbau der Marktmacht (Hermans 1991, S. 86).
6
Fee Steinhoff / Volker Trommsdorff
Darüber hinaus versucht man durch präventive Maßnahmen die Umgehung eigener Patente durch die Konkurrenz zu verhindern. Durch die Patentnetzstrategie wird mit einer Vielzahl von Anmeldungen ein engmaschiges Patentnetz im relevanten technischen Gebiet gespannt. So sollen zukünftige Anwendungsgebiete abgedeckt und die eigenen Erfindungen gegen Umgehungspatente durch die Konkurrenz geschützt werden. Der Umfang des Patentnetzes kann durch den Kauf relevanter Patente von Dritten vergrößert werden (Knight 2001, S. 45, Rahn 1996, S. 9 f.). Durch die Täuschungsstrategie werden Erfindungen in verschiedenen Entwicklungsrichtungen geschützt, um den angestrebten Entwicklungsweg zu verschleiern (Hermans 1991, S. 87). 2. Fallbeispiel: Monsanto Der US-amerikanische Biotechnik-Konzern Monsanto ist auf die gentechnische Optimierung von Nutzpflanzen spezialisiert. Ziel ist der Aufbau einer weltweit führenden Marktposition bei der Erzeugung und Vermarktung gentechnisch veränderter Pflanzen. Die Patentpolitik ist wesentlicher Strategiebestandteil. Von über 1500 Anmeldungen beim europäischen Patentamt bei Gentechnik und Pflanzenzüchtung entfallen im Jahr 2000 knapp 8 % auf Monsanto. Neben Patenten auf Gene aus Viren, Bakterien und Pflanzen, die sich zur Pflanzenzüchtung eignen (z.B. Gene, die Giftstoffe gegen Insekten bilden), stehen Verfahren zur genetischen Veränderung von Pflanzen (z.B. die Infektion von Pflanzen durch Bakterien und eine damit verbundene Übertragung von Genen) im Vordergrund der Patentbemühungen von Monsanto. In der Vergangenheit wurden darüber hinaus marktführende Pflanzenzuchtfirmen akquiriert, mit denen sich Monsanto Patente für Gene und den Zugriff auf Gendatenbanken sicherte. Unter anderem wurde die Firma Agracetus gekauft, weil ein Einspruch von Monsanto gegen ein wichtiges Patent der Firma nicht erfolgreich war. Über die Patentierung einzelner Gene hinaus wurden die Patentansprüche möglichst weit gefasst. Dadurch beansprucht Monsanto neben den Genen selbst auch die Rechte auf Pflanzen, Saaten, Ernten und Produkte, die durch neue Gene bestimmte Eigenschaften entwickeln. Durch die Patentierung von Inhaltsstoffen schützt sich Monsanto auch vor konventionell züchtenden Konkurrenten. Dabei werden z.B. Ansprüche auf Samen von Pflanzen erhoben, die einen bestimmten Prozentsatz eines bestimmten Öls aufweisen, unabhängig davon, ob das konventionell oder gentechnisch erreicht wurde. Die massive Patentpolitik von Monsanto ist wegen wahrgenommener Bedrohung von Landwirten und Verbrauchern insbesondere von Greenpeace stark kritisiert worden (Quelle: Leonard 2000). Auslöser defensiver Strategien sind häufig Angriffe auf eigene bestehende oder entstehende Schutzrechte durch Dritte. Die Angriffe können sowohl rechtlich in Form von Einsprüchen gegen Patente bzw. Patent-Nichtigkeitsklagen, als auch informell erfolgen. Im Rahmen einer reaktiven Defensivstrategie können auch Konfliktlösungsprozesse ablaufen (Ahlert/ Schröder 1996, S. 141 f.). Mögliche Angriffsbegrün-
Einsatz von Patentstrategien im Innovationsmanagement
7
dungen sind mangelnde Schutzfähigkeit der Erfindung, ein älteres Schutzrecht, unzulässige Erweiterung der Anmeldung oder ihres Schutzbereiches bzw. unzureichende Offenbarung. Eine Defensivstrategie soll die Schutzrechtlage prüfen, Abwehrchancen eruieren und entsprechende Maßnahmen planen (Dematteis 1999, S. 161). Zur Reaktion auf Angriffe Dritter gibt es ebenfalls unterschiedliche Optionen. Die Rücknahme der Patentanmeldung bzw. der Verzicht auf Elemente oder auf das bestehende Patent im Ganzen entspricht der Anpassungsstrategie. Eventuell ist es anschließend möglich, das Patent durch Anmeldung anderer Lösungen mit dem gleichen Erfindungsgedanken zu umgehen (Glazier 1997, S. 31 ff.). Im Gegensatz dazu wird der Konflikt bei der Konfrontationsstrategie rechtlich austragen. Wenn stattdessen dem angreifenden Dritten eine Lizenz gegeben oder ein kostenloses Mitbenutzungsrecht eingeräumt wird, ist das eine Kooperationsstrategie. Die Wahl der Strategie hängt vor allem von der Höhe der rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken ab, also von Bedeutung und Durchsetzbarkeit des Patentes. So empfiehlt sich tendenziell die Anpassungsstrategie, wenn die Verteidigung zu aufwändig oder zu riskant ist bzw. keine kooperative Lösung möglich ist. Die Kooperationsstrategie kommt in Frage, wenn beide Parteien an einer kooperativen Lösung interessiert sind und z.B. die Vernichtung des Schutzrechtes gegenüber anderen Unternehmen vermieden werden soll. Die Konfrontationsstrategie kann sinnvoll sein, wenn das betroffene Patent von existenzieller Wichtigkeit ist und die Chancen der Verteidigung hoch sind. Darüber hinaus kann auch die Einleitung von Offensivmaßnahmen (siehe folgender Absatz) als Reaktion auf einen Angriff in Betracht kommen (Harhoff/ Reitzig 2001, S. 513 f.; Ahlert/ Schröder 1996, S. 142 ff.). Offensive Strategien umfassen alle eigenen Angriffe auf patentrechtlich angreifbares Verhalten Dritter. Dazu gehören neben dem Vorgehen gegen Verletzungen eigener Schutzrechte durch Unterlassungs- und Schadensersatzklagen auch Angriffe gegen bestehende oder entstehende fremde Schutzrechte. Patentverletzungstatbestände sind im Patentgesetz geregelt. Grundsätzlich kommen neben der Einleitung eines patentrechtlichen Verfahrens auch informelle Konfliktlösungsstrategien in Betracht (zunächst durch Hinweis auf den möglichen Verletzungstatbestand). Die Wahl des Vorgehens verlangt sorgfältige Abwägung von Effizienz- und Risikoüberlegungen (Ahlert/Schröder 1996, S. 144 ff.). Eine Schutzrechtverletzung durch Dritte kann für das betroffene Unternehmen auch taktische Vorteile haben. Zum Beispiel kann es für ein junges Unternehmen durchaus ratsam sein, eine offensive Maßnahme aufzuschieben, da das patentverletzende Unternehmen zum Aufbau des Marktes beitragen kann. Darüber hinaus können eventuell später Lizenzeinnahmen realisiert bzw. strategische Partnerschaften begründet werden (Dematteis 1999, S. 158 ff.). Neben rechtlichen Optionen des Einspruches und der (riskanten und kostenintensiven) Nichtigkeitsklage können zum Angriff auf störende Patente Dritter noch andere Wege eingeschlagen werden. Neben Kauf oder Bekämpfung des betreffenden Unter-
8
Fee Steinhoff / Volker Trommsdorff
nehmens (siehe folgendes Beispiel) gibt es auch subtilere Formen des Angriffs. Im Rahmen einer „Ummauerungsstrategie“ versucht man, eine Serie von kleinen Verbesserungsinnovationen, die für die Vermarktung des Basispatentes des Wettbewerbers wichtig sind, patentieren zu lassen. Bei einer „Verfolgungsstrategie“ forciert man die Weiterentwicklung der Basistechnologie in eine Richtung, die später für die Vermarktung wichtig sein könnte. Durch Ummauerung und Verfolgung werden Kreuzlizenzierungen im Sinne eines gegenseitigen Lizenzaustausches angestrebt, die dem Unternehmen nachträglich Zugang zur Basistechnologie ermöglichen (Glazier 1997, S. 31 ff., Hermans 1991, S. 87). Kreuzlizenzierungen werden in der Automobilindustrie intensiv eingesetzt. Durch kooperative Vereinbarungen werden früh Standards gesetzt und die Diffusion von Innovationen im Markt wird beschleunigt (Hufker/ Alpert 1994, S. 49). Eine weitere offensive Alternative ist das Abwerben von Schlüsselerfindern, was die künftige technologische Leistungsfähigkeit eines Konkurrenten nachhaltig behindern kann (Ernst et al. 1999, S. 93 ff.). 3. Fallbeispiel: Rambus Der Hauptteil der Einnahmen der US-Entwicklerfirma Rambus basiert auf vielen Halbleiter-Patenten, die das Unternehmen an Hersteller von Speicherchips und Chipsätzen lizenziert. Viele Hersteller zahlten über Jahre. Im Jahr 2000 kam es jedoch zu einer Auseinandersetzung durch patentrechtliche Klagen und Gegenklagen zwischen Rambus und den Unternehmen Infineon, Hyundai, Micron und Samsung – ein regelrechter Patentkrieg. Während Samsung Ende 2000 nachgab und Lizenzgebühren für die Patente von Rambus zahlte, führten die anderen Hersteller den Kampf unvermindert fort. Rambus geriet wirtschaftlich unter Druck, da sich die immensen Kosten des Rechtsstreits im Frühjahr 2001 bereits auf über 40% der Gesamtausgaben beliefen. Rambus unterlag 2001 patentrechtlich zunächst gegen Infineon. Weitere Prozesse gegen Micron und Hyundai wurden vertagt, um die Entwicklung der gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Infineon abzuwarten. Nach einem langen Weg durch die Instanzen konnte Rambus im Herbst 2003 einen Erfolg gegen Infineon erzielen: Der US Supreme Court lehnte eine Anhörung zu einer Berufungsklage von Infineon ab. Bei der Berufung ging es den Infineon-Anwälten (außer um Formfehler) um die Anwendbarkeit der Patente auf die strittigen Produkte. Für Rambus erhöhten sich nun die Chancen. Ein wichtiges Verfahren wurde vor einem Bezirksgericht in Virginia weiter verhandelt. Der Ausgang des Patentkrieges war lange Zeit offen: Verlöre Rambus, so könnten Schlüsselpatente aberkannt werden, womit die rechtliche Grundlage für Gebühren auf SDRAM und DDR-SDRAM fehlen würde. Gewönne Rambus, so könnten massive Nachzahlungen für Speicherchip-Hersteller entstehen. Nach nunmehr fünf Jahren wurden die Rechtsstreitigkeiten per Lizenzvereinbarung beigelegt. Von November 2005 bis zum Jahr 2007 wird Infineon alle drei Monate 5,85 Mio. US $ Lizenzegbühren an Rambus zahlen. Damit sichert sich Infineon den Status eines „most-favored customers“ bei Rambus, der die weltweite
Einsatz von Patentstrategien im Innovationsmanagement
9
Nutzung aller Rambus Technologien und Patente einschließt, während Rambus im Gegenzug eine unbefristete Lizenz der Speicherschnittstellen-Patente von Infineon erhält. Mit diesem Abkommen wollen die beiden Unternehmen ihre laufenden Rechtsstreitigkeiten so schnell wie möglich beilegen und alle bestehenden Rechtsansprüche fallen lassen. Das Fallbeispiel zeigt, mit welcher Härte patentrechtlich gekämpft wird und was für die beteiligten Untenehmen auf dem Spiel stehen kann (Quellen: Ernst 2005, Heise Newsticker 2001 a,b, Heise Newsticker 2003). Bei der Lizenzstrategie werden für patentierte Erfindungen Nutzungsbefugnisse an Dritte vergeben. Die Lizenzierung kann unterschiedlichen Zielsetzungen folgen (Miele 2000, S. 46, Ahlert/ Schröder 1996, S. 146): • Überwindung eigener Kapazitätsengpässe für Produktion und Vermarktung • Überwindung von Handelsbarrieren zu ausländischen Märkten • Erwirtschaftung zusätzlicher Erlöse aus unternehmensfremden Tätigkeitsfeldern • Erhöhung der Durchsetzungskraft der Innovation am Markt (z.B. durch lizenzbasierte Etablierung eines Standards) • Defensive Abwehr eines Patentangriffes • Zugang zu fremden Patenten durch eine Lizenzaustausch (Kreuzlizenzierung). Im Rahmen einer Lizenzstrategie fallen lizenztaktische Entscheidungen an, besonders die Auswahl der Lizenznehmer und die Gestaltung des Lizenzvertrages. Ausreichende Finanzmittel, Kompetenz zur Vermarktung der Erfindung und nicht zuletzt Vertrauen sind wichtige Kriterien zur Auswahl von Lizenznehmern. Bei der Gestaltung des Lizenzvertrages kommt es sehr auf den Lizenzgegenstand an, also die Definition der übertragenen Rechte. Weitere Entscheidungsparameter des Lizenzvertrages sind räumliche, zeitliche und sachliche Beschränkungen der Nutzungs- und Verwendungsarten sowie Entgelthöhe und -konditionen. Der Marktwert einer Lizenz ergibt sich aus den strategischen Vorteilen für den Lizenznehmer, dem Vorhandensein von technologischen Substituten und dem zu erwartenden Markterfolg, der sich durch die Lizenz realisieren lässt (Miele 2000, S. 45 f., Dematteis 1999, S. 251 f., Ahlert/ Schröder 1996, S. 149 f.). 4. Fallbeispiel: IBM IBM ist mustergültig dafür, wie man durch die Lizenzierungsstrategie viel Geld verdienen kann. IBM begann 1990 aktiv Schutzrechte durch Lizenzierungen zu vermarkten. Die Lizenzeinnahmen stiegen von 30 Mio. US $ im Jahr 1990 innerhalb von zehn Jahren auf fast eine Milliarde US $ an. Da diesen Einnahmen kaum Kosten gegenüberstehen, handelt es sich größtenteils um Gewinn. IBM müsste seinen Jahresumsatz um rund 20 Mrd. US $ (oder 25%) steigern, um einen vergleichbaren Nettoerlös zu erzielen. Der US-Chemiekonzern Dow Chemical verfolgt eine ähnliche Strategie. 1993 etablierte Dow seine „Intellectual Asset Mana-
10
Fee Steinhoff / Volker Trommsdorff
gement Division“. Hier wurde der Patentbestand portfolioanalytisch optimiert und eine dezidierte Lizenzierungsstrategie entwickelt. Dow Chemical verfünffachte von 1994 bis 2000 seine Lizenzeinnahmen von ca. 25 Mio. US $ auf 125 Mio. US $ (Quellen: Rivette/ Kline 2000, Hasler/ Hess 1996).
4 Fazit Patentstrategien basieren auf einem gezielten Einsatz patentrechtlicher Instrumente zur Verbesserung der Wettbewerbsposition und Erreichung absatz- und wirtschaftspolitischer Ziele (Bulling 2002, S. 37, Ahlert/Schröder 1996, S. 136 f.). Welchen Einfluss haben Patentanmeldungen auf den Erfolg eines Unternehmens? Diese Frage untersucht Ernst (1999 b, S. 1146 ff.) mittels kritischer Analyse vorliegender empirischer Studien. Durch eine Panelstudie in der Werkzeugmaschinenindustrie kommt er zum Ergebnis, dass Patentanmeldungen mit einer Zeitverzögerung von zwei bis drei Jahren einen positiven Einfluss auf den nachfolgenden Umsatz haben. Wird das Patent nicht nur national, sondern auch im Ausland angemeldet, so kommt es zu noch stärkeren Umsatzzuwächsen (ebenda, S. 1162 f.). Fleischer (1998, S. 15) findet dem entsprechend (ebenfalls für die Werkzeugmaschinenindustrie) einen positiven Einfluss des Patentierverhaltens auf den Marktwert der Unternehmen. Sattler et al. (2002) untersucht die Effektivität verschiedener Mechanismen zum Schutz des komparativen Wettbewerbvorteils neuer Produkte. Er findet auf Basis einer großzahligen empirischen Untersuchung, dass langjährige Mitarbeiterbeziehungen, Zeitführerschaft, Komplexität des Designs und Geheimhaltung den Wettbewerbsvorteil effektiver schützen als Patentierungen. Allerdings ist für etwa 20 % der Befragten die Patentierung doch der effektivste Mechanismus zum Schutz des Wettbewerbsvorteils. Aber nur scheinbar, denn hinter diesem Befragungsbefund wird eine verzerrende Antworttendenz vermutet (over-reporting bias): Nach hohen Patentierungsinvestitionen überschätzen die befragten Manager den Patentierungsschutz. Insgesamt scheinen Patente den Wettbewerbsvorteil weniger effektiv zu schützen als andere Maßnahmen. Patente können nach alledem eine temporäre Monopolstellung im Markt ermöglichen und dadurch hohe F&E-Investitionen abzusichern helfen. Diese Chance hat jedoch ihren Preis. Zum einen sind Patenterteilungsverfahren kostspielig und teilweise sehr langwierig. Darüber hinaus birgt die geforderte Offenlegung des technischen Prinzips die Gefahr eines Wissensabflusses an die Konkurrenz. Dem halten aber Hasler und Hess (1996, S. 169) entgegen, dass in sehr dynamischen Innovationsmärkten das neue Wissen dann oft schon wieder veraltet ist. Die Bedeutung der Geschwindigkeit (time-to-market) konkurriert also mit der Bedeutung von Patenten zum Schutz des Wettbewerbsvorteils. Unzweifelhaft ist die strategische Bedeutung von Patenten: Der reine Besitz von Patentrechten ist für den Schutz der Wettbewerbsvorteile noch nicht hinreichend, viel-
Einsatz von Patentstrategien im Innovationsmanagement
11
mehr muss eine fundierte und intelligente Patentstrategie erarbeitet werden. Hier können Europäer von Amerikanern und Japanern lernen (Schatz 1998, S. 184 f.), was auch durch das folgende Zitat von Shimura (zitiert nach Rahn 1996, S. 12) zum Ausdruck kommt: „Das Fundament der japanischen Wirtschaft ist die High-TechIndustrie, und diese ist von ,geistigem Eigentum’ abhängig. Wenn Japan weiterhin beabsichtigt, ein High-Tech-Industriestaat zu bleiben, ist es für seine Zukunft außerordentlich wichtig, im ,Krieg um das geistige Eigentum’ zu siegen, ihn aber zumindest nicht zu verlieren.“
Literaturverzeichnis Ahlert, D. und H. Schröder (1996): Rechtliche Grundlagen des Marketing, Stuttgart. Brockhoff, K. (1992): Instruments for patent data analyses in business firms, in: Technovation, Vol. 12, Issue 1, S. 41-58. Bulling, A. (2002): Patentausschlussrechte in der Werbung. Eine Untersuchung am Beispiel Deutschlands und der USA, Berlin. Dematteis, B. (1999): From Patent to Profit: Secrets & Strategies for the Successful Inventor, 3. Auflage, New York. Ernst, H. (1998): Patent Portfolios for Strategic R&D Planning, in: Journal of Engineering and Technology Management, Vol. 15, Issue 4, S. 279-308. Ernst, H. (1999 a): Evaluation of dynamic technological developments by means of patent data, in Brockhoff, K./ A. K. Chakrabarti und J. Hauschildt (Hrsg.): The Dynamics of Innovation: Strategic and Managerial Implications, Berlin u. a., S. 107-132. Ernst, H. (1999 b): Führen Patentanmeldungen zu einem nachfolgenden Anstieg des Unternehmenserfolges? Eine Panelanalyse, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 51. Jahrgang, Heft 12, S. 1146-1168. Ernst, H./ C. Leptien und J. Vitt (1999): Schlüsselerfinder in F&E: Implikationen für das F&E-Personalmanagement, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Ergänzungsheft 1, S. 91-118. Ernst, N. (2005): Infineon zahlt Millionen an Rambus, 21.3.2005, online im Internet: www.golem.de/0503/37066.html, [Zugriff 14.11.2005]. Faix, A. (1998): Patente im strategischen Marketing. Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit durch systematische Patentanalyse und Nutzung, Berlin. Faix, A. (2001): Die Patentportfolio-Analyse – Methodische Konzeption und Anwendung im Rahmen der strategischen Patentpolitik, in: Zeitschrift für Planung, 12. Jahrgang, Heft 2, S. 141-157. Fleischer, M. (1998): Patenting and Industrial Performance: The Case of the Machine Tool Industry, Wissenschaftszentrum Berlin.
12
Fee Steinhoff / Volker Trommsdorff
Glazier, S. C. (1997): Patent Strategies for Business, Washington. Harhoff, D. und M. Reitzig (2001): Strategien zur Gewinnmaximierung bei der Anmeldung von Patenten, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 71. Jahrgang, Heft 5, S. 509-529. Hasler, R. und F. Hess (1996): Management der intellektuellen Ressourcen zur Steigerung der Innovationsfähigkeit, in Gassmann, O. und M. von Zedtwitz (Hrsg.): Internationales Innovationsmanagement: Gestaltung von Innovationsprozessen im globalen Wettbewerb, München,. Heise Newsticker (2001 a): Der Rambus-Umsatz sinkt, 13.7.2001, online im Internet: www.heise.de/newsticker/data/ciw-13.7.01-000, [Zugriff 21.3.2006]. Heise Newsticker (2001 b): Wieder Schlappe für Rambus, 27.11.2001, online im Internet: www.heise.de/newsticker/data/ciw-27.11.01-000/, [Zugriff 21.3.2006]. Heise Newsticker (2003): Erfolg für Rambus im Streit mit Infineon, 7.10.2003, online im Internet: www.heise.de/newsticker/result.xhtml?url=/newsticker/data/boi7.10.03-000, [Zugriff 21.3.2006]. Hermans, J.-P. (1991): Patinnova ’90 – Strategies for protection of innovations – the case of a research – intensive multinational corporation, in Täger, U. und A. von Witzleben (Hrsg.): Strategies for the Protection of Innovation, Brussels/ Luxembourg,. Hufker, T. und F. Alpert (1994): Patents: A Managerial Perspective, in: Journal of Product & Brand Management, Vol. 3, No. 4, S. 44-54. Knight, H. J. (2001): Patent strategy for researchers and research managers, Chichester. Leonard, C. (2000): Biotechnology Soybean-Seed Lawsuits Pit Farmers against Biotechnology Companies, 5.4.2000, online im Internet: www.greenpeace.de/GP_DOK_3P/HINTERGR/C05HI69.HTM, [Zugriff 30. 10. 2003]. Lim, W. S. (1998): Multistage R&D Competition and Patent Policy, in: Journal of Economics, Vol. 68, Issue 2, S. 153-173. Miele, A. L. (2000): Patent strategy: the manager’s guide to profiting from patent portfolios, New York. Rahn, G. (1996): Patentstrategien japanischer Unternehmen, in (Hrsg.): EPA Jahresbericht 1995, München, S. 8-12. Reinganum, J. (1981): Dynamic Games of Innovation, in: Journal of Economic Theory, Vol. 25, 21-41. Rivette, K. G. und D. Kline (2000): Wie sich aus Patenten mehr herausholen lässt, in: Harvard Business Manager, Nr. 4, S. 28-40.
Einsatz von Patentstrategien im Innovationsmanagement
13
Sattler, H./ F. Völckner und G. Zatloukal (2002): Erfolgsfaktoren von Markentransfers, in: Research Papers on Marketing and Retailing, University of Hamburg, No. 02, S. 1-31. Schatz, U. (1998): Patentschutz als Rahmenbedingung für technische Innovation, in Renker, C. (Hrsg.): Produktive Kreativität und Innovation, Stuttgart, 178-190. Schewe, G. (1993): Kein Schutz vor Imitation – Eine empirische Untersuchung zum Paradigma des Markteintrittsbarrieren-Konzeptes unter besonderer Beachtung des Patentschutzes, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 45. Jahrgang, Heft 4, S. 344-360. Specht, G./ C. Beckmann und J. Amelingmeyer (2002): F&E-Management. Kompetenz im Innovationsmanagement, 2. Auflage, Stuttgart.
„Organisatorische Implikationen von Open Innovation auf das Innovationssystem“ Michael Erner / Heinrich Arnold / Volker Presse
1 Einleitung Innovationen sind der entscheidende Treiber für werthaltiges Wachstum in heutigen Wissensgesellschaften. Analysen der National Science Foundation belegen, dass zum Beispiel knapp 50 % des wirtschaftlichen Wachstums der Vereinigten Staaten (USA) auf Technologieanwendungen und Innovationen beruhen (Albers/Gassmann 2005). 66 % der Führungskräfte verschiedenster Branchen weltweit sehen Innovationen unter den Top-Drei ihrer strategischen Prioritäten, 23 % sogar als Top-Priorität (Boston Consulting Group 2007). Gleichwohl werden die Rahmenbedingungen für Innovation in Unternehmen zunehmend dynamischer, komplexer und schwieriger zu überschauen. Die drastische Verkürzung von Produktlebenszyklen (Nieschlag et al. 2002; Simon 1989), die Globalisierung des Wettbewerbs die damit einhergehende Vervielfachung der Anzahl der möglichen Innovatoren, die wechselseitige Beeinflussung von Produkten, Technologien und Märkten, die zunehmende Schwierigkeit, intellektuelles Eigentum und Expertise zu schützen und zu kontrollieren, sowie die Zunahme an verfügbarem Venture Capital, das junge Unternehmen in die Lage versetzt, etablierte Angebote zu kannibalisieren (Chesbrough 2003) um nur einige Kontextfaktoren zu nennen, führen zu einer steigenden Komplexität und Dynamik des Umfelds. Demgegenüber steht die daraus resultierende Notwendigkeit der Reduzierung der Entwicklungszeiten und -kosten sowie eine Verkürzung der time to market-Spannen. 1.1 Open Innovation als Option bei hochdynamischem Technologieumfeld Ein aktueller Ansatz, den gestiegenen Anforderungen an das Innovationsmanagement gerecht zu werden, ist das in letzter Zeit zunehmend diskutierte Konzept der „Open Innovation“. Dieses beschreibt im Wesentlichen die Öffnung der Unternehmensgrenzen mit dem Ziel, in Kooperation mit externen Partnern neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln (siehe Abbildung 1). Dabei wird vor allem die Orientierung an externen Wissensquellen (Akquisition und Kooperation) zur Generierung von Wissen betont (Chesbrough 2003). Das Open Innovation Paradigma soll dabei durch die Nutzbarmachung unternehmensexterner Entwicklungskapazitäten insbesondere das Wissen- und Kreativitätspotenzial steigern und so u.a. einen Beitrag zu einer schnelleren, kostengünstigeren und kundenfreundlicheren Innovationsentwicklung auf der Basis eines intensiven Informationsaustausches der am Innovationsprozess beteiligten Akteure leisten. Dabei werden im Detail folgende Argumente angeführt:
Organisatorische Implikationen von Open Innovation auf das Innovationssystem
15
Time to market: Durch die Nutzung von existierenden Technologien und die frühzeitige Integration der Kundenwünsche in den Entwicklungsprozess können die Time-to-market-Spannen reduziert werden (von Hippel/ Katz 2002). Cost to market: Forschungs- und Entwicklungskosten können durch Akquise von externen Technologien oder durch Kooperationen gesenkt werden. Unternehmen können vor allem bei „blue-sky-investigations“ mit gemeinsamen Entwicklungsprojekten die Kosten in der frühen Phase der Technologie- und Produktentwicklung reduzieren (Chesbrough 2003). Fit to market: Insbesondere in der Zusammenarbeit mit dem Kunden wird durch den Abbau der Informationsasymmetrien (Hersteller erhält Zugang zu dem impliziten Wissen des Kunden) die Unsicherheit abgebaut und ein höherer Fit to market erreicht (Reichwald/ Piller 2006). Dies drückt sich auch in einem höheren Umsatzpotential der Produkte aus (Lilien et al. 2002). New to market: Nutzer entwickeln häufig funktionelle Innovationen, als Reaktion auf ein unbefriedigtes Bedürfnis, während Unternehmen häufig inkrementelle Innovationen generieren, die auf vorhandenem technischem Know-How beruhen (Riggs/ von Hippel 1994).
Abbildung 1: Öffnung der Unternehmensgrenze nach Chesbrough 2003
16
Michael Erner / Heinrich Arnold / Volker Presse
1.2 Problematik der Open Innovation Die Öffnung der Unternehmensgrenzen und die offene Zusammenarbeit mit anderen Partnern verringert auf der einen Seite durch die bessere Informationsgewinnung die Unsicherheit bezüglich der technologischen Entwicklung und leistet einen Beitrag zur Beherrschung zunehmend komplexer und dynamischer werdender Technologie- und Umweltbedingungen. Im Gegenzug steigern die hinzugekommenen Informations-, Abstimmungs- und Managementprozesse die Komplexität der Organisation. Aus dem Open Innovation Paradigma lassen sich also seinerseits besondere organisatorische Anforderungen an das Innovationsmanagement ableiten. Dabei stellt insbesondere die Koordination der Vielzahl der am Innovationsprozess beteiligten Akteure eine besondere Herausforderung dar, der in zuvor geschlossenen Innovationssystemen eine untergeordnete Bedeutung zukam. Im folgenden Beitrag werden verschiedene organisatorische Mittel in ihrem Zusammenspiel dargestellt, die die Umsetzung des Open Innovation Ansatzes unterstützen. Dazu werden zunächst die sich aus dem Open Innovation Paradigma ergebenen Anforderungen an die Akteure des Innovationsprozesses noch einmal näher beleuchtet, um schließlich die Anforderungen an die Organisationsmaßnamen abzuleiten, auf deren Basis der Open Innovation Ansatz umgesetzt werden kann. Vor diesem Hintergrund werden die unterschiedlichen organisatorischen Methoden dargestellt.
2 Das Innovationssystem Im Rahmen des „Open Innovation Paradigmas“ interagiert eine Vielzahl von Akteuren miteinander. In den folgenden Kapiteln werden zunächst die Akteure der „Open Innovation“ sowie die aus dem Kontext des Open Innovation Paradigmas ableitbaren Anforderungen an letztere dargestellt. Dabei werden sowohl die allgemeinen Kontextfaktoren als auch die spezifischen Bedingungen der Telekommunikationsindustrie näher beleuchtet. Abschließend werden die Anforderungen an die organisatorische Umsetzung des Open Innovation Paradigmas dargestellt. Zu den zentralen Akteuren im Open Innovation-Kontext werden insbesondere die Kunden und Nutzer von Innovationen, Entwicklungspartner, Wettbewerber sowie öffentliche und teils private Forschungseinrichtungen gezählt (siehe Abbildung 2).
Organisatorische Implikationen von Open Innovation auf das Innovationssystem
17
Abbildung 2: Akteure im Innovationssystem
2.1 Kunden und Märkte Zur bedarfsgerechten Innovationsentwicklung ist neben der kontinuierlichen Erfassung von Kundenbedürfnissen auch die frühzeitige Integration von Kunden in den Innovationsprozess bzw. die frühzeitige Orientierung der Innovationsaktivitäten an Kundenbedürfnissen notwendig (Cooper 1979; Cooper/ Kleinschmidt 1987). Hierbei sollen nicht nur die Kundenbedürfnisse des „Durchschnittskunden“ ermittelt werden. Vielmehr soll auch mit besonders innovativen Kunden zusammengearbeitet werden, um deren implizites Wissen bei der Produktentwicklung zu nutzen (von Hippel 2005). Dabei ist Kundenorientierung in der Telekommunikation besonders kritisch und hat zwei Hauptausprägungen; Zum einen die Entwicklung von Diensten basierend auf der Prognose von Kundenbedürfnissen und deren experimenteller Überprüfung. So genannte User Clinics werden in der Telekommunikationsindustrie mehr und mehr zu einem wichtigen Instrument. Zum anderen die stärkere Gewichtung der Usability im Sinne einer kundenfreundlichen Nutzungsoberfläche und der intuitiven Bedienbarkeit (Dörflinger et al. 2008; Herrmann et al. 2007). 2.2 Entwicklungspartner Aufgrund der Komplexität und Dynamik des technologischen Fortschritts und der zunehmenden Komplexität und gegenseitigen Abhängigkeit der Technologien ist es für einzelne Unternehmen kaum noch möglich, Innovationen innerhalb der eigenen Unternehmensgrenzen ganzheitlich und erfolgreich zu entwickeln. Stattdessen wird
18
Michael Erner / Heinrich Arnold / Volker Presse
es zunehmend notwendig, unternehmensexterne Quellen nutzbar zu machen und gemeinsame Entwicklungspartnerschaften einzugehen. Dieser Trend ist in der Telekommunikationsindustrie besonders drastisch. Hier führte die Absenkung bzw. der Wegfall von Exploitationsbarrieren durch die Modularisierung der Technologie und Standardisierung der Schnittstellen in der Vergangenheit zu einem dramatischen Anstieg der Zahl der Innovatoren (Schläffer/ Arnold 2007). Zum Beispiel wird es für etablierte Unternehmen auf der „Applikationsebene“ durch die hohe Eigendynamik und abnehmende Zahl technischer Kontrollpunkte von Internetdiensten zunehmend schwieriger, mit der wachsenden „Online-Community“ von Entwicklern mitzuhalten. Durch das Eingehen von unterschiedlich gearteten Entwicklungspartnerschaften können die etablierten Unternehmen an der Entwicklung teilnehmen. Dabei gilt grundsätzlich, dass ein Großteil des Know-hows bereits im Markt vorhanden ist. 2.3 Wettbewerber Die oben dargestellten Rahmenbedingungen für Innovationen erfordern ebenfalls die Haltung gegenüber Wettbewerbern zu überdenken. Wettbewerber können gleichermaßen Entwicklungspartner sein. Im Bereich der vormarktlichen/ vorwettbewerblichen Innovationsentwicklung existiert bereits eine Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbern (Barnes et al. 2006; Hagedoorn et al. 2000). Wettbewerber können dabei insbesondere die Bereiche zusammen entwickeln, die quasi Plattformcharakter haben und sich dagegen gezielt auf einzelne kundenrelevante Bereiche konzentrieren, um dort Alleinstellungs- und Differenzierungsvorteile zu erreichen. Ein Beispiel ist das Unternehmen IBM welches in den sechziger Jahren durch Einführung einer Computerarchitektur den damaligen Markt revolutionierte und die Innovationsfähigkeit der gesamten Branche verbesserte (Baldwin/ Clark 1997). Ebenso wird in der Automobilindustrie regelmäßig auf die Entwicklung gemeinsamer Plattformen zurückgegriffen (Nevins/ Whitney 1989; Tully 1993). Ein solches Vorgehen hat den Vorteil, dass schneller Technikstandards etabliert und zu Marktstandards transferiert werden können, was i.S. aller Wettbewerber die Markterschließung erleichtert. JVC konnte durch die Offenlegung des VHS Standards beispielsweise das konkurrierende und technisch überlegende BETACAM Format von Sony vom Markt verdrängen und somit sein Wissen über den selbstentwickelten Standard zum eigenen Wettbewerbsvorteil nutzen (Cusumano et al. 1992). 2.4 Forschungseinrichtungen Öffentliche und private Forschungseinrichtungen agieren mittlerweile auch verstärkt im Bereich der Vermarktung von Technologien (Shane 2002). Die geforderte schnellere Produkteinführung verlangt von Universitäten daher ebenfalls einen effizienteren Technologietransfer. Deswegen suchen Unternehmen und Universitäten durch eine engere Zusammenarbeit, die Forschungsresultate frühzeitig in den Innovationsprozess zu integrieren.
Organisatorische Implikationen von Open Innovation auf das Innovationssystem
19
Die Umsetzung der „Open Innovation“ im Innovationsmanagement stellt hohe Anforderungen an die existierenden Organisationen. Im folgenden Abschnitt sollen die organisatorischen Anforderungen, die durch die Öffnung und Einbindung externer Akteure in das Innovationssystem der Organisation entstehen, aufgezeigt werden.
3 Organisatorische Anforderungen an das Innovationsmanagement Das Innovationsmanagement muss neben den geeigneten Tools und Methoden auch über die organisatorischen Strukturen und Prozesse verfügen, um die gewünschte Offenheit und Kundenorientierung in der Organisation zu verankern. Darüber hinaus ist die Wissensorganisation ein kritischer Erfolgsfaktor um markt- und kundenorientiertes sowie technologisches Wissen zu integrieren (Cohen/ Levinthal 1990). Die Umsetzung des „Open Innovation Paradigmas stellt besondere Anforderungen an Strukturen, Prozesse sowie die zu entwickelnden Wissensinhalte von Innovationsorganisationen. Im Folgenden werden zunächst die organisatorischen Anforderungen für die Aufbau-, Ablauf- und Wissensorganisation aufgezeigt, um anschließend Methoden und Leitlinien für die Erfüllung der Anforderungen vorzustellen. 3.1 Aufbauorganisation Die Öffnung des Innovationssystems und damit der Organisation ist schwierig zentral zu steuern, da diese i.d.R. nur ein geringes Maß an Flexibilität besitzt. Dies gilt insbesondere, da Struktur und Größe der Innovationsvorhaben sich kontinuierlich verändern und damit nur schwer in die Gesamtorganisation zu integrieren sind. Organisationsstrukturen und -formen müssen sich an die sich ständig ändernde organisationsund unternehmensübergreifende Zusammenarbeit anpassen, Dabei können jedoch zentrale Mechanismen das Management der Vielzahl und Dynamik der involvierten Partner, die darüber hinaus häufig nur temporär auf Basis von Projektverträgen gebunden werden, nur unzureichend gewährleisten. Gleichzeitig ist die Existenz von belastbaren Organisationsstrukturen für die nachhaltige Steuerung und Kontrolle unverzichtbar. Die Einbeziehung externer Entwicklungspartner lässt sich dabei am leichtesten abbilden, wenn organisatorische Voraussetzungen vorliegen, die ergebnisorientiertes Denken und Handeln fördern, das nicht von statischen Bereichen und Abteilungen ausgeht, sondern Ressourcen in Abhängigkeit von der Aufgabe variabel einsetzt. Diese Arbeitsweise erleichtert zwar die Kooperation mit externen Entwicklungspartnern, stellt aber gleichzeitig erhöhte Ansprüche an die Wissensorganisation. So müssen die Ergebnisse der Partner nachhaltig in die Organisation transferiert und eingebunden werden. Es bleibt also festzuhalten, dass Organisationsstrukturen und -formen sich an die flexible organisations- und unternehmensübergreifende Zusammenarbeit anpassen müssen. Die Aufbauorganisation erlaubt dabei keine eindeutige Ab- und Eingrenzung, da
20
Michael Erner / Heinrich Arnold / Volker Presse
dynamische Strukturen sich in Größe und Form im Zeitverlauf kontinuierlich verändern. 3.2 Ablauforganisation Auf der Prozessebene stellt die Integration der verschiedenen Partner in den Innovationsprozess der Unternehmung eine enorme Herausforderung dar. Prozesse und Entscheidungswege von ehemals geschlossenen Innovationsorganisationen müssen transparent gestaltet werden, damit auch externe Beteiligte Innovationsbestrebungen initiieren und somit den Prozess starten können. Dabei ist die Bereitstellung passender Andockpunkte und (informeller) Kooperationsgelegenheiten kritisch für die Zusammenarbeit. Neben der Öffnung des Innovationsprozesses müssen zusätzlich die Unterschiedlichkeit der Zusammenarbeit aufgrund der Verschiedenartigkeit der potentiellen Innovationspartner sowie verschiedene Intensivierungsgrade gewährleistet werden können. Gleichzeitig muss die Zusammenarbeit entlang des gesamten Prozesses sichergestellt werden. Ergänzend zum Innovationsprozess müssen diverse Unterstützungsprozesse bereitgestellt werden, um den verantwortlichen Managern die Freiheit der Ressourcenauswahl zu gewähren und diese nicht durch komplexe und langwierige Prozesse zu erschweren. 3.3 Wissensorganisation Auf der Inhaltsebene, d.h. der Ebene der Projektresultate, ist es erforderlich, dass die Ergebnisse aus Unternehmenssicht derart strukturiert werden, dass eine flexible organisations- und themenübergreifende Verwertung sichergestellt und damit eine nachhaltige Nutzung von Innovationen gewährleistet werden kann. Dabei müssen insbesondere personelle, sachliche und zeitliche Aspekte berücksichtigt werden. Die Umsetzung des Open Innovation Paradigmas führt, wie dargestellt, zu einer verstärkten Einbeziehung Externer. Dabei werden nicht nur mehr, sondern auch zunehmend unterschiedliche Akteure in den Innovationsprozess einbezogen. Dies führt zum einen zur Forderung nach einer fachbereichsübergreifenden, intersubjektiven und allgemeinverständlichen Darstellungsweise der Projektergebnisse bzw. des generierten Wissens. Weiterhin müssen Innovationsaufgaben in viele kleine Teilaufgaben zerlegt werden, deren Bearbeitung ein unterschiedliches Maß an Zeit, Kenntnis und Motivation bei der Bearbeitung erlaubt. Dabei ist auf Modularität und Granularität der Teilaufgaben zu achten. Zum einen müssen die Projekte in Teilbereiche zerlegt werden, die eine unabhängige Bearbeitung erlauben (Modularität), zum anderen müssen die Bereiche fein gegliedert und klein im Umfang sein (Granularität), so dass eine heterogene Kunden- oder Nutzergruppe eine ihren Vorlieben und Fähigkeiten entsprechende Auswahl treffen kann (Reichwald/ Piller 2006).
Organisatorische Implikationen von Open Innovation auf das Innovationssystem
21
Darüber hinaus gibt es auch eine Vielzahl sachlicher Interdependenzen, die bei der Erfassung, Speicherung und Präsentation der Projektergebnisse berücksichtigt werden müssen. Dabei müssen insbesondere drei Beziehungszusammenhänge berücksichtigt werden. Da Telekommunikationslösungen meist Verbundprodukte sind, die aus mehreren Komponenten bestehen, gilt selbst für das Management der Innovationen innerhalb eines Projektes, dass die Lösungen modular aufgebaut sein müssen, um in die verschiedenen Plattformen integriert werden zu können. Weiterhin ergibt sich die Modularitätsforderung aus der Anforderung Interdependenzen zwischen verschiedenen Innovationsprojekten zu managen sowie schließlich auch aus der Notwendigkeit des Ergebnistransfers der gesamten oder Teilen der Lösung zu den unterschiedlichen internen Kunden. Die Umsetzung der Modularitätsforderung führt direkt zu der Anforderung die Projektergebnisse von der Projektebene zu lösen und für die gesamte Organisation zur Verfügung zu stellen. Hinsichtlich der zeitlichen Verfügbarkeit von Wissen ist folgendes anzumerken. Während der Projektlaufzeit ist es i.d.R. vergleichsweise einfach an die Projektergebnisse und das erworbene Wissen (z.B. durch Dokumentationen, Interviews, Workshops, …) zu gelangen. Nach Ablauf des Projektes stellt dies dagegen eine besondere Herausforderung dar, da die ursprünglichen Projektmitarbeiter schon wieder in anderen Projekten beschäftigt sind. Diese Tendenz wird durch die vermehrte Einbeziehung Externer im Open Innovation Paradigma verstärkt und verlangt zusätzlich nach einer allgemein verständlichen und projektübergreifenden Codierung der einzelnen Teilergebnisse um die organisationsweite Verwertung zu ermöglichen.
4 Methoden und Leitlinien zur praktischen Umsetzung des Open-Innovation-Paradigma 4.1 Aufbauorganisation Das Spannungsfeld zwischen einer flexiblen, dynamischen aber auch konstanten und nachhaltigen Organisationsstruktur ist in den Deutschen Telekom Laboratories durch die Etablierung von Projektfeldern gelöst (siehe Abbildung 3). Durch ein Projektfeld wird ein jeweils wichtiges Innovationsthemenfeld wie „Multimedia Dienste“ oder „Security“ abgedeckt. Jedem Projektfeld steht ein Projektfeldmanager vor, der als „Corporate Entrepreneur“ und damit im Sinne eines selbstständigen Unternehmers innerhalb der Gesamtorganisation agiert (Burgelman 1983; Stopford/ Baden-Fuller 1994; Thornberry 2001). Als solcher ist der Projektfeldmanager für die Entwicklung, Innen- und Außendarstellung sowie den Erfolg seines Projektfeldes und die darin befindlichen Projekte verantwortlich. Dabei muss er das Themenfeld umfassend in allen Belangen sowohl in kommerzieller, marktlicher als auch technischer Sicht vertreten.
22
Michael Erner / Heinrich Arnold / Volker Presse
Somit trägt das Konstrukt des „Projektfeldmanagements“ in besonderer Weise dem Gedanken der Integration der Technik- und Marktseite Rechnung.
Abbildung 3: Sicht auf die organisationale Struktur
Entsprechend dem unternehmerischen Gedanken stehen dem Projektfeldmanager Budgets zur Verfügung, die er „meistbringend“ investieren soll, wobei die unterschiedlichen Projektfeldmanager ebenfalls um die Zuteilung knapper Budgets konkurrieren. Ausschlaggebend ist dafür nicht zuletzt der wirtschaftliche Erfolg bzw. prognostizierte Wertbeitrag sowie die Nachfrage der internen Kunden. Neben unternehmensinternen Mitteln stehen dem Entrepreneur auch öffentliche und andere private Drittmittel zur Verfügung. Der Wettbewerb zwischen den Projektfeldmanagern um die unternehmensinternen finanziellen Ressourcen hat ferner die Verbesserung der Mittelallokation zur Folge. Das Sourcing und Staffing der Projekte ist dem Projektfeldleiter ebenfalls freigestellt. Er kann – wie ein richtiger Unternehmer – frei die Auswahl der Innovations- und Entwicklungspartner vornehmen. Dadurch ist eine temporäre Zusammenarbeit mit den jeweiligen fachbezogenen Spezialisten möglich. Gegenüber der Gesamtorganisation ist der Projektfeldmanager als Knotenpunkt an der Organisationsgrenze zu verstehen, der eigenverantwortlich sein Netzwerk an Partnern pflegt und unterhält. Zusätzlich zu den Freiheiten die dem Corporate Entrepreneur gegeben werden, hat er die Verpflichtung, das Projektfeld thematisch weiterzuentwickeln und die erarbeiteten Ergebnisse innerhalb (durch Transfer der Ergebnisse in die Organisation) und außerhalb des Konzerns (als Spin-Offs) zu vermarkten. Somit deckt der Projektfeldmanager schließlich den gesamten Innovationsprozess von der Initiierung über die
Organisatorische Implikationen von Open Innovation auf das Innovationssystem
23
Durchführung bis hin zur Vermarktung in allen technischen und marktlichen Belangen ab, worauf im Folgenden näher eingegangen wird. 4.2 Ablauforganisation Die Deutsche Telekom Laboratories verfolgen i.S. der Open Innovation die Richtlinie, dass jeder potentielle Partner neue Innovationsideen vorstellen kann und haben damit den Innovationsprozess über die Unternehmensgrenzen hinweg geöffnet. Innovationsvorschläge brauchen am Anfang keine formalen Bedingungen zu erfüllen, um die Einstiegsbarriere möglichst gering zu halten. In der Phase der Ideengenerierung werden daher verstärkt Forschungspartner, sowie interne und externe Kunden, staatliche Einrichtungen (z.B. BMBF, BMWi, …) aber auch Wettbewerber angeregt, Vorschläge zu unterbreiten. In der zweiten Phase des Innovationsprozesses – der Selektionsphase – werden Forschungseinrichtungen zur State-of-the-Art Bewertung hinzugezogen und mit Hilfe von Marktstudien erste Aussagen über Markttrends für die Auswahl der Innovationsvorschläge gemacht. Bevor die nächste Phase, die Ausführungsphase (ExecutionPhase) beginnt, werden Angebote von potenziellen Entwicklungspartnern eingeholt, um neben der Erfolgsprognose auch eine Machbarkeitsanalyse vorzunehmen. Innerhalb der Projektdurchführungsphase werden basierend auf den Angeboten „Make or Buy“ Entscheidungen getroffen und bei Bedarf die Entwicklungseinrichtungen beauftragt. Grundsätzlich können auch bei der Entwicklung Kooperationen mit Wettbewerbern eingegangen werden. In der Kommerzialisierungsphase werden die Innovationen vermarktet. Dies erfordert die Implementierung bei den Nutzern bzw. in den jeweiligen Wirksystemen. Neben dem Innovationsprozess werden auch Unterstützungsprozesse durch Shared Service Center vor Ort für den Entrepreneur angeboten. So können zentrale Unternehmensprozesse einfach und für den Projektfeldmanager handhabbar als Dienstleistung genutzt werden. Dies erleichtert zum einen die Arbeit des Entrepreneur und zum anderen verstärkt es die Integration in den Gesamtkonzern. 4.3 Wissensorganisation Entscheidend für die erfolgreiche Verwertung der Inhalte ist die Anpassung an die Gegebenheiten der Open Innovation. Dementsprechend müssen die Inhalte ebenfalls flexibel und dynamisch auf die jeweiligen Anforderungen und Bedingungen angepasst werden. Die oben ausgeführten, aus der personellen, sachlichen und zeitlichen Dimension abgeleiteten Forderungen, werden bei den Deutschen Telekom Laboratories im Wesentlichen durch die geforderte Modularisierung erfüllt. Bei der Modularisierung (siehe Abbildung 4) werden zunächst die relevanten Projektergebnisse identifiziert, in einzelne Module eingeteilt und der jeweilige Innovationsgrad bewertet. Somit können Projektergebnisse aus ihrem ursprünglichen Projekt-
24
Michael Erner / Heinrich Arnold / Volker Presse
umfeld herausgelöst und in einzelne kleinteilige Module zusammengefasst werden (Erner/ Presse 2007).
Abbildung 4: Modularisierung der Projektergebnisse
Hinsichtlich der Abbildung der personellen Dimension leistet der Modularisierungsansatz einen wesentlichen Beitrag. Die steigende Anzahl und die Unterschiedlichkeit der Akteure im Innovationssystem führen zu einer steigenden Zahl an Kommunikationsprozessen. Um diese effizient zu bewältigen werden die Projektergebnisse zunächst in Module zerlegt und anschließend in eine generische projektunspezifische Struktur überführt. Dies ist notwendig, da die Projekte häufig nach technischen Schwerpunkten organisiert sind, die weitere Verwendung oder Verwertung sich jedoch an nutzungsspezifischen Kriterien orientiert. Auf der sachlichen Ebene müssen die Ergebnisse zum einen innerhalb eines Projektes mit verschiedenen anderen Systeme und Ergebnissen integriert, zum anderen auch mit Systemen aus anderen Projekte verknüpft, sowie im Falle des Ergebnistransfers mit den Architekturen und Schnittstellen des Zielsystems harmonisiert werden. Durch die Modularisierung ist es möglich spezifische Teillösungen (Module) aus dem Projektkontext zu lösen und diese für andere Projekte sowie für den Transfer und die Integration in andere Systeme zu verwenden. Diese Vereinfachung des Austauschs von Ergebnissen zwischen den Projekten wirkt sich gleichzeitig positiv auf die Erfüllung der zeitlichen Anforderungen aus. Die Lebensdauer der Module (und damit der Projektergebnisse) kann durch die erfolgreiche Weiterverwendung in anderen Projekten oder Produkten verlängert werden. Die Modularisierung und damit die flexible und projektunabhängige Gestaltung von Projektergebnissen erfüllen die organisatorischen Anforderungen, die das Open Innovation Paradigma an das Innovationsmanagement stellen. Dadurch ist es möglich,
Organisatorische Implikationen von Open Innovation auf das Innovationssystem
25
Innovationen einfach und transparent darzustellen, gezielt für die verschiedenen Nutzer und Adressaten aufzubereiten und eine Verwertung über die Projektlaufzeit und über die Projektfelder hinaus zu verbessern.
5 Fazit Der Notwendigkeit zu immer schnelleren, kostengünstigeren und kundenfreundlicheren Innovationsentwicklung stehen zunehmend anspruchsvoller werdende Umweltbedingungen gegenüber. Der Open Innovation Ansatz wird dabei als ein Ausweg aus dem skizzierten Innovationsdilemma gesehen. Häufig unbeachtet dabei bleibt allerdings die Tatsache, dass das Open Innovation Paradigma seinerseits wiederum bestimmte Probleme, insbesondere die Koordinationsproblematik von Managementprozessen nach sich zieht und somit hohe Anforderungen an die unternehmerische Umsetzung stellt. Ausgehend vom Begriff des Open Innovation Paradigmas leitet der vorliegende Beitrag bestimmte Anforderungen an seine organisatorische Implementierung ab und stellt schließlich verschiedene organisatorische Aspekte der erfolgreichen Umsetzung am Beispiel der Deutschen Telekom Laboratories dar. Dazu wird zunächst der Begriff der Open Innovation konkretisiert, indem die Anforderungen an die verschiedenen Akteure im System der Open Innovation dargestellt werden. Aus der Analyse dieser Kontextbedingungen ergeben sich schließlich die konkreten Anforderungen an die organisatorische Umsetzung der Open Innovation. Die Integration der Akteure und das effiziente Management von Partnern, Ressourcen und Wissensinhalten sind dabei für das Innovationsmanagement erfolgskritisch. Flexibilisierung und Dynamisierung der Aufbau-, Ablauf- und Wissensorganisation stellen die bei den Deutsche Telekom Laboratories maßgeblichen Richtlinien zur Umsetzung der abgeleiteten Anforderungen dar. Dies führt schließlich zur Projektfeldorganisation als Rahmenstruktur, einem offenen Stage-Gate-Prozess sowie der modularen Wissenserfassung, -aufbereitung und -verarbeitung. Die Kombination aus diesen drei Elementen stellt die Basis für eine robuste und zugleich hinreichend flexible Organisation von Menschen und Wissen im Kontext des Open Innovation Paradigmas dar.
26
Michael Erner / Heinrich Arnold / Volker Presse
Literaturverzeichnis Albers, S.; Gassmann, O. (2005): Technologie- und Innovationsmanagement. In: Albers, S.; Gassmann, O. (Hg.): Handbuch Technologie- und Innovationsmanagement. Strategie - Umsetzung - Controlling. Wiesbaden. Baldwin, C. Y.; Clark, B. (1997): Managing in the age of modularity. In: Harvard Business Review, Jg. 5. Barnes, T.A.; Pashby, I.R.; Gibbons, A.M. (2006): Managing collaborative R&D projects development of a practical management tool. In: International Journal of Project Management, Jg. 24, H. 5, S. 395-404. Boston Consulting Group (2007): Innovation 2007. BCG Senior Management Survey. Burgelman, R. A. (1983): Corporate Entrepreneurship and Strategic Management: Insights from a Process Study. In: Management Science, Jg. 29, H. 12, S. 13491364. Chesbrough, H. W. (2003): Open innovation. The new imperative for creating and profiting from technology. Boston, Massachusetts. Cohen, W. M.; Levinthal, D. A. (1990): Absorptive capacity. A new perspective on learning on innovation. In: Administrative Science Quarterly, Jg. 35, S. 128-152. Cooper, R. G. (1979): Identifying industrial new product success: Project NewProd, In: Industrial Marketing Management, Jg. 8, S. 124-135. Cooper, R. G.; Kleinschmidt, E. J. (1987): Success factors in product innovation. In: Industrial Marketing Management. Jg. 16, H. 1, S. 215-223. Cusumano, M. A.; Mylonadis, Y.; Rosenbloom, R. S. (1992): Strategic Maneuvering and Mass-Market Dynamics: The Triumph of VHS over Beta. In: The Business History Review, Jg. 66, H. 1, S. 51-94. Dörflinger, T.; Steinhoff, F.; Naumann, A.; Henke, K. (2008): The relevance of usability-enhanced segmentations for new ICT product development. In: Proceedings of Anzmac (Australian and New Zealand Marketing Academy) 2007 Conference: “3Rs: Reputation, Responsibility & Relevance”, H. im Druck. Erner, M.; Presse, V. (2007): Ein Beitrag zur Produktentwicklung in der Telekommunikationsindustrie aus der Perspektive des Innovationsmarketing; In: Heger, G., Schmeisser, W. (Hg.): Beiträge zum Innovationsmarketing, Hampp Verlag, München und Mering, S. 149-164. Hagedoorn, J; Link, A. N.; Vonortas, N. S. (2000): Research partnerships. In: Research Policy. Jg. 29, H. 4-5, S. 567-586.
Organisatorische Implikationen von Open Innovation auf das Innovationssystem
27
Heger, G., Schmeisser, W. (Hg.) (2007): Beiträge zum Innovationsmarketing, Hampp Verlag, München und Mering, 1. Auflage. Herrmann, F.; Niedermann, I.; Peissner, M.; Henke, K.; Naumann, A. (2007): Users Interact Differently: Towards a Usability- Oriented User Taxonomy. In: Jacko, J. A. (Hg.): Human-Computer Interaction. Interaction design and usability. Berlin: Springer (Lecture notes in computer science, 4550), S. 812-817. Hippel, E. v. (2005): Democratizing innovation. Cambridge, Massachusetts. Hippel, E. v.; Katz, R. (2002): Shifting innovation to users via toolkits. In: Management Science, Jg. 48, H. 7, S. 821-833. Jacko, J. A. (Hg.) (2007): Human-Computer Interaction. Interaction design and usability. Berlin: Springer (Lecture notes in computer science, 4550). Lilien, G. L.; Morrison, P. D.; Searls, K.; Sonnack, M.; Hippel, E. v. (2002): Performance assessment of the lead user idea-generation process for new product development. In: Management Science, Jg. 48, H. 8, S. 1042-1059. Nevins, J. L.; Whitney, D. E. (Hg.) (1989): Concurrent Design of Products and Processes: A Strategy for the Next Generation in Manufacturing. McGraw-Hill, New York. Nieschlag, R.; Dichtl, E.; Hörschgen, H. (2002): Marketing. Berlin. Reichwald, R; Piller, F. (2006): Interaktive Wertschöpfung. Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung. Wiesbaden. Riggs, W.; Hippel E. v. (1994): The impact of scientific and commercial values on the sources of scientific instrument innovation. In: Research Policy, Jg. 23, H. 4, S. 459-469. Schläffer, Ch.; Arnold, H. (2007): Media and networks innovation - technological paths, customer needs and business logic. In: Elektrotechnik & Informationstechnik, Jg. 124, H. 10, S. 317-322. Shane, S. (2002): Selling University Technology: Patterns from MIT. In: Management Science. Jg. 48, H.1, S. 122-137. Simon, H. (1989): Die Zeit als strategischer Erfolgsfaktor. In: Zeitschrift für Betriebswirtschaftslehre, Jg. 59, S. 70-93. Stopford, J. M.; Baden-Fuller, C. W.F. (1994): Creating Corporate Entrepreneurship. In: Strategic Management Journal, Jg. 15, H. 7, S. 521-536. Thornberry, N. (2001): Corporate entrepreneurship: antidote or oxymoron? In: European Management Journal, Jg. 19, H. 5, S. 526-533. Tully, S. (1993): The modular corporation. In: Fortune, S. 106-114.
II.
Empirische Mittelstandsforschung
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen in den Wirtschaftssektoren Sachsen, SachsenAnhalt, Thüringen als Resultat der länderspezifischen Regional-, FuEsowie Mittelstandspolitik Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
1 Einleitung 1.1 Problemstellung und Hypothese der Untersuchung Es wird von der Hypothese ausgegangen, dass der Unternehmenserfolg internationaler, forschungsorientierter, mittelständischer Unternehmen in zunehmendem Maß vom Wettbewerbserfolg ihrer innovativen Produkte, Verfahren und Dienstleistungen sowie deren Patentschutz abhängt. In der Bundesrepublik Deutschland hat der Mittelstand eine zentrale Bedeutung. Er bildet das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Quantitative und qualitative Kriterien des Mittelstandes belegen diese Aussagen. Vor allem der Aspekt der Anzahl der Unternehmen zeigt die Bedeutung der kleinen und mittleren Unternehmen. Das gesamte Bundesgebiet weist 99,7% klein- und mittelständische Unternehmen auf. Analoge Zahlen ergeben sich in der vorliegenden Untersuchung zu den Wirtschaftssektoren Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Thüringen, die auch einen durchschnittlichen Anteil von 99,7% kleine und mittlere Unternehmen aufweisen. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht besitzen mittelständische Unternehmen diverse Vorteile gegenüber Großunternehmen. Unternehmerische Stärken wie Dynamik, Flexibilität, schnelle Anpassungsfähigkeit an Kunden- und Marktbedürfnisse sowie kurze Entscheidungs- und Informationswege können gezielt im Rahmen einer kontinuierlichen Forschungs- und Entwicklungs- (FuE) als auch Innovationstätigkeit eingesetzt werden. Produkte vollziehen immer rasantere Lebenszyklen und weisen einen hohen Grad der Komplexität und Technologie auf. Vor allem für KMU zeigen diese Entwicklungen enorme Herausforderungen. Durch kooperatives Zusammenwirken, Netzwerkarbeit und gezielte Formierung in Clustern können die begrenzten Ressourcen der klein und mittelständischen Unternehmen und Nachteile gegenüber Großunternehmen in hohem Maße ausgeglichen sowie eigene Vorteile effektiv genutzt werden. FuE- und Innovationstätigkeit in KMU sind jedoch von vielen Rahmenfaktoren abhängig. Fördernde Impulse gehen unter anderen von staatlicher Seite im Rahmen wirtschaftspolitischer Aktivitäten aus. Der Einsatz förderungspolitischer Instrumente
30
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
der Regional-, FuE- und Mittelstandspolitik für einzelne Bundesländer muss deshalb gesondert beschrieben, analysiert und kritisch kommentiert werden. 1.2 Ziel und Vorgehensweise der Untersuchung Ziel der Untersuchung ist es, die gegenwärtige Innovations- und FuE-Tätigkeit von klein- und mittelständischen Unternehmen in den neuen Bundesländern, speziell in den Wirtschaftssektoren Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen als Resultat der Regional-, FuE- sowie Mittelstandspolitik zu analysieren. Hierzu wird zunächst im zweiten Kapitel eine theoretische Literaturrecherche des relevanten Forschungsgegenstandes durchgeführt. Eine praxisorientierte Analyse erfolgt im Anschluss in vier Teilabschnitten, die sich in die Bereiche der: • regionalen Strukturbetrachtung im Spiegel relevanter Wirtschafts- und Mittelstandsdaten, • Bestandsaufnahme wesentlicher Indikatoren der Innovations- und FuETätigkeit, • Bestandsaufnahme der regionalen Kooperations- und Innovationstätigkeit sowie • Analyse des Einsatzes förderpolitischer Instrumente der Regional-, FuE- und Mittelstandspolitik, aufgliedert. Ziel der Untersuchung ist es, die bundesrepublikanischen Teiluntersuchungsgebiete im Rahmen der folgenden Fragestellungen zu analysieren und im siebenten Kapitel zusammenfassend zu bewerten: 1.
Welche charakteristischen Merkmale zeigen die einzelnen Bundesländer im Hinblick auf ihre Innovations- und FuE-Tätigkeiten?
2.
In welchen Regionen und Innovationsfeldern liegen ihre jeweiligen Innovationsund FuE-Potenziale?
3.
Welche Rolle nimmt die Regional-, FuE- und Mittelstandspolitik im Spiegel der Innovations- und FuE-Förderung der einzelnen Bundesländer von klein- und mittelständischen Unternehmen ein?
2 Theoretische Grundlagen 2.1 Thematische Einführung Um einen theoretischen Zugang sowie eine terminologische Grundlage für den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit „Analyse der Innovations- und FuETätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen in den Wirtschaftssektoren Sach-
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
31
sen, Sachsen-Anhalt, Thüringen als Resultat der Regional-, FuE- sowie Mittelstandspolitik„ zu erlangen, erfolgt ein kritischer Überblick in die Grundlagenliteratur: • KMU und Mittelstand, • Innovation, • Netzwerke/Kooperationen/Cluster und • Förderpolitik mittelständischer FuE/Innovationsaktivitäten. Zunächst erfolgt eine literarische Analyse der Begrifflichkeit von KMU/Mittelstand in der Literatur um der Bestimmung der Betriebsgröße näher zu kommen. Darauf folgt das Hauptaugenmerk auf den engeren und weiteren Innovationsbegriff mit einer terminologischen und modelltheoretischen Grundlagenbetrachtung. Des Weiteren werden überblicksartig Ausführungen zu Innovationsarten und -zielen erfolgen. Im Fokus des dritten Unterpunktes stehen die Aspekte und Phänomene: Netzwerke, Kooperationen und Cluster. Das Ziel besteht ebenfalls in der Disputation charakteristischer Merkmale der KMU in Verbindung mit organisationsbezogenen Innovationsaspekten. Abschließend wird als weiterer relevanter Faktor die staatliche Förderpolitik im Rahmen mittelständischer FuE- und Innovationsaktivitäten im Überblick dargestellt. 2.2 Quantitative und qualitative Aspekte von kleinen und mittleren Unternehmen Sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch in der wirtschaftlichen Diskussion werden Organisationen entsprechend dem Faktor „Betriebsgröße“ in der Regel in Klein-, Mittel- und Großbetriebe kategorisiert. Meist erfolgt eine Verknüpfung von Klein- und Mittelunternehmen (KMU). Bei der Klassifizierung der Unternehmen steht jedoch die Problematik der konkreten Beschreibung des Faktors Betriebsgröße. Da bis zum heutigen Zeitpunkt keine einheitliche Klassifizierung in der Literatur zu finden ist, muss mit Gebrauch der Betriebsgröße eine Festlegung des gewählten Kriteriums bestimmt werden, an dem eine Unternehmensgröße definiert wird. Busse von Colbe differenziert nach quantitativen und qualitativen Merkmalen, um eine Beschreibung der Betriebsgröße zu erzielen. Er segmentiert dabei die Betriebe in folgende fünf Bereiche: • Einsatzmengen elementarer Produktionsfaktoren, • Einsatzwerte elementarer Produktionsfaktoren, • Kapitaleinsatz, • Leistungsmengen und • Leistungswerte.
32
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Im Fokus der qualitativen Merkmale stehen bei ihm z.B. die Arbeitsintensität, der Führungsstil oder die Organisationsstruktur.1 Pfohl unterscheidet aussage- und erhebungsbezogenen Kriterien zur Auswahl betriebsgrößenrelevanter Merkmale. Durch erstgenannte werden die jeweiligen Größenmerkmale danach beurteilt, inwiefern sie „dem Inhalt der betriebswirtschaftlichen Aussage angemessen sind“2. Erhebungsbezogene Kriterien dienen dagegen vorwiegend empirischen Zwecken.3 Erhebungsbezogene Kriterien
Aussagebezogene Kriterien
Problembereich
Erhebungsmöglichkeit
Grundgesamtheit der Betriebe
Erhebungsaufwand
betriebsgrößenbezogene Differenziertheit
Erhebungsgenauigkeit
Abbildung 1: Kriterien zur Auswahl betriebsgrößenrelevanter Merkmale Quelle: In Anlehnung an Pfohl 2006, S. 6.
Weitere folgende Definitionsversuche und Empfehlungen sind in der betriebswirtschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Literatur zu finden. Auf internationaler Ebene erfolgt seitens der Europäischen Kommission eine erweiterte Klassifizierung von KMU in Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen. Auswahlkriterien zur Größenbestimmung sind zum einen die Zahl der Beschäftigten und der Jahresumsatz oder die Jahresbilanzsumme. Zum anderen wird der Beteiligungsfaktor angesprochen, wonach ein mittelständisches Unternehmen nur bis zu maximal 25 % des Eigenkapitals im Besitz eines anderen Unternehmens sein darf.4 Größenklasse
Mitarbeiterzahl
Jahresumsatz
Jahresbilanzsumme
kleinst klein mittel groß
bis 9 bis 49 bis 249 250 u. mehr
bis 2 Millionen bis 10 Millionen bis 50 Millionen 50 Millionen u. mehr
bis 2 Millionen bis 10 Millionen bis 43 Millionen 43 Millionen u. mehr
Tabelle 1: Empfehlung der EU vom 1. Januar 2005 zur Definition von KMU Quelle: In Anlehnung an Europäische Kommission 2006, Die neue KMU-Definition, S. 14.
1 2 3 4
Vgl. Busse von Colbe 1964, S. 35 ff. Vgl. Pfohl 2006, S. 6. Vgl. Pfohl 2006, S. 5 f. Vgl. Europäische Kommission 2006, S. 12 ff .
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
33
Die Bundesregierung nutzt keine eingrenzende und schematische Definition bzgl. kleiner und mittlerer Unternehmen.5 Ihre diesbezügliche Interpretation impliziert „Unternehmen in Handwerk, Industrie, Handel, Hotel- und Gaststättengewerbe, Verkehrsgewerbe und sonstige Gewerbe, die sich in der Regel nicht über den Kapitalmarkt finanzieren und von selbständigen, mitarbeitenden Inhabern geleitet werden, die das unternehmerische Risiko selbst tragen“ 6. Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn spricht nicht von „KMU“ sondern „Mittelstand“. Der Bergriff Mittelstand wird eng mit dem zu definierenden Bereich KMU verknüpft, ist jedoch inhaltlich weiter gefasst. „Er betrifft sowohl ökonomische als auch gesellschaftliche und psychologische Aspekte …“7. Die Bezeichnung Mittelstand wird vorrangig auf nationaler Ebene genutzt. Auf internationaler Ebene ist die Bezeichnung MKU gebräuchlich, in Bezug zur Bundesrepublik Deutschland wird in Ausnahme hierzu zunehmend der Begriff des Mittelstandes verwendet.8 Unternehmensgröße klein mittel groß
Zahl der Beschäftigten bis 9 10 – 499 500 und mehr
Umsatz €/Jahr bis unter 1 Million 1 – 50 Millionen 50 Millionen u. mehr
Tabelle 2: Mittelstandsdefinition des IfM Bonn Quelle: Unternehmensgrößenstatistik 2001/2001–Daten und Fakten, IfM Bonn S. 21.
Der zu definierende Bereich kennzeichnet sich durch eine enorme Heterogenität aus und unterliegt im Zeitablauf zum Teil starken Veränderungen (bspw. bedingt durch Deflation, neue Technologien). Diesen wird durch entsprechende Definitionsmodifizierungen oder durch einen grundsätzlichen Verzicht auf starre Festlegungen Rechnung getragen. 2.3 Innovation 2.3.1
Terminologische Grundlagen
2.3.1.1 Innovation, Invention, Imitation In der wissenschaftlichen Literatur werden keine allgemeingültigen und homogenen Definitionsansätze der o.g. Begrifflichkeiten aufgezeigt, sondern nur zweckmäßige je nach Untersuchungsziel. Es erfolgen demnach zweckbezogene Definitionen über entsprechende Abgrenzungsversuche. 5 6
7 8
Vgl. Günterberg, Wolter 2002, S. 4 f. Vgl. Günterberg, Wolter 2002, S. 5 (aus Deutscher Bundestag 1970 - Grundsätze einer Strukturpolitik für kleine und mittlere Unternehmen, Drucksache VI/1666, 29.12.1970). Vgl. Günterberg, Wolter 2002, S. 1. Vgl. Günterberg, Wolter 2002, S. 1 ff.
34
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Pleschak/ Sabisch fokussieren einen betriebswirtschaftlich orientierten Definitionsansatz, nach der Innovation „…die Durchsetzung neuer technischer, wirtschaftlicher, organisatorischer und sozialer Problemlösungen im Unternehmen…“9 ist. Pfeiffer/ Staudt differenziert wie folgt: Invention ist die „Erfindung bzw. Entdeckung neuer Problemlösungspotentiale“, Innovation beinhaltet hingegen „…auch neue Verwendungen und Anwendungen von Problemlösungspotentialen“10. Invention i.e.S. kann konkreter als „…erstmalige technische Realisierung einer neuen Problemlösung“, „Innovation als erstmalige wirtschaftliche Anwendung einer neuen Problemlösung“11 interpretiert werden. In Abgrenzung zu Innovation und Invention kann Imitation als Nachahmung, demnach als „…wiederholte Anwendung einer neuen Problemlösung in anderen Unternehmen“12 bzw. allgemeiner betrachtet als die Übernahme oder Anwendung von Verfahren und Produkten13 charakterisiert werden. F&E
Markteinführung
Invention
Marktbewährung
Innovation (i.e.S)
Diffusion
Konkurrenz durch Nachahmung
Imitation
Innovationsprozess im weiteren Sinne
Abbildung 2: Innovation im engeren und weiteren Sinne Quelle: In Anlehnung an Brockhoff, 1994, S. 30.
Invention und somit auch Innovation i.e.S. sind das Ergebnis der Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Beide Komponenten werden nach Brockhoff in zeitlicher Hinsicht durch die Markteinführung differenziert. Durch eine Akzeptanz der Innovation i.e.S. am Markt kommt es zur sogenannten Adaption, der „Annahme der Innovation bei weiteren Anwendern“14. Diffusion ist nach Pleschak/ Sabisch die „Ausbreitung am Markt“15 und damit das Resultat der Marktbewährung. Nach Brockhoff impliziert Konkurrenz durch Nachahmung die Imitation.
9 10 11 12 13 14 15
Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 1. Vgl. Pfeiffer/ Staudt 1975, Sp. 1943 und 1946. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 6. Vgl. Pfohl 2006, S. 5 f. Vgl. Specht/ Möhrle 2002, S. 79, Sp.1. Vgl. Pfohl 2006, S. 5 f. Vgl. Pfohl 2006, S. 5 f.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
35
2.3.1.2 Technologie/ Technologischer Fortschritt Technologie und Innovation werden in der einschlägigen Literatur stets als zwei miteinander verbundene, nicht jedoch gleichbedeutende Begrifflichkeiten verwendet. Technologie im weiteren Sinne beinhaltet die Realisierung bestimmter Prozesse sowie die Gesamtheit des hierfür notwendigen Fachwissens.16 Bullinger definiert Technologie als die „Wissenschaft von der Technik oder Wissenschaft von den technologischen Produktionsprozessen“17. Technologie wird nicht mit dem Begriff „Technik“ gleichgesetzt. Technik ist die „konkrete Anwendung von Technologien“ in Form von Produkten, Prozessen sowie weiteren Resultaten menschlichen Handelns.18 Der Begriff Fortschritt wird im Allgemeinen als eine zielgerichtete Entwicklung in diversen Segmenten, bspw. Wissenschaft, Technik, Wirtschaft und Gesellschaft beschrieben.19 Nach Blohm kann Fortschritt als „Annäherung an (betriebliche oder gesellschaftliche, d. Verf.) Ziele“20 verstanden werden. Nach Pfeiffer/ Staudt kann Innovation als „Erfindung bzw. Entdeckung neuer Problemlösungspotentiale“21 definiert werden, die neuartige Umsetzungen oder Realisierungsvorgehen beinhaltet. Innovationen stellen in Bezug zum technischen Fortschritt lediglich einen Ansatz dar. Sie werden dementsprechend „als einen Faktor des tatsächlichen technologischen Fortschritts“22 gesehen. 2.3.1.3 Forschung und Entwicklung In engem Bezug zur Innovation steht die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit. Innovationen gelten als Ergebnis von FuE, im Umkehrschluss wird FuE als ein Kernprozess der Innovationstätigkeit von Organisationen betrachtet .23 Nach Pleschak/ Sabisch umfasst FuE „…spezifische Prozesse zur Gewinnung neuer Erkenntnisse und zur Hervorbringung neuer technischer Problemlösungen“.24 Zündorf/ Grunt definieren sie als „…systematische, schöpferische Arbeit zur Erweiterung wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse und deren Verwendung mit dem Ziel, neue Anwendungsmöglichkeiten zu finden“25. 16 17 18 19 20 21 22 23 24
Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 7. Vgl. Bullinger 1994, S. 32. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 1. Vgl. Schmeisser et al. 2006, S. 10. Vgl. Blohm 1971, S. 12. Vgl. Pfohl 2006, S. 6. Vgl. Europäische Kommission 2006, S. 12 ff. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 6 f. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 6.
36
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Grundsätzlich erfolgt eine Differenzierung in folgenden drei Segmenten: • Grundlagenforschung. • Angewandte Forschung und 26 • Experimentelle Entwicklung. Aus organisatorischer Sicht kann Innovation i.w.S. als Querschnittsaufgabe im Urund Fremdunternehmen definiert werden, während dessen FuE in der Regel eine Funktion bzw. einen Geschäftsbereich darstellt. Abbildung 3 verdeutlicht dieses. Unternehmensbereiche / Funktionen Planung
FuE
Beschaffung
Produktion
Marketing Vertrieb
andere Bereiche
Anwendung in anderen Unternehmen (Kunden/ Lieferanten)
Innovation als Querschnittsaufgabe
Abbildung 3: Innovation als Querschnittsaufgabe des Unternehmens Quelle: In Anlehnung an Pleschak/ Sabisch 1996, S. 7.
2.3.2
Innovationsarten
In der wissenschaftlichen Diskussion erfolgt eine sehr heterogene Differenzierung von Innovation in verschiedene Innovationsarten. Specht/ Möhrle beziehen sich auf eine Potenzial-, Prozess- und Ergebnisdimension. Erstere impliziert diverse Leistungspotenziale, wie bspw. die der Technologien. Im Fokus der Prozessdimension steht der Realisierungsprozess von Produkten und Dienstleistungen. In der Ergebnisdimension steht die Art des Produktionsergebnisses in materieller oder immaterieller Hinsicht im Vordergrund.27
25 26 27
Vgl. Schmeisser et al. 2006, S. 12. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 6. Vgl. Specht/ Möhrle 2002, S. 99, Sp.1.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
37
Innovationsarten
Potenzialdimension
Prozessdimension
Ergebnisdimension
Technologien
Sachleistungen
materiell
Mitarbeiter
Dienstleistungen
immateriell
Abbildung 4: Innovationsarten Quelle: Specht/ Möhrle 2002, S. 97
Eine andere Möglichkeit der Differenzierung von Innovation spiegelt sich in der Unterteilung hinsichtlich der technologischen und sozialen Dimension wider. Soziale Innovationen beziehen sich nach Thom „…auf geplante Änderungen im Humanbereich von soziotechnischen Systemen“28. Weniger eindeutig ist die Begriffsabgrenzung der technologischen Innovation. Nach Schumpeter ist die Innovation die „Durchsetzung neuer Kombinationen von Produktionsmitteln“29. Pleschak/ Sabisch differenzieren im Wesentlichen in Anlehnung an Schumpeter folgende Innovationsarten: • Produktinnovation, • Prozessinnovation, • Organisatorische Innovation und • Soziale Innovation. Produktinnovation bezieht sich auf die Schaffung neuer oder Veränderung bereits vorhandener Produkte mit dem Ziel der Befriedigung der Kundenbedürfnisse.30 Prozessinnovationen können als Veränderungen oder Neugestaltungen von materiellen und informationellen Unternehmens- und Produktionsprozessen zum Zweck der Leistungserbringung betrachtet werden.31Im Fokus der organisatorischen Innovation steht die Neuerung der Ablauf- und Aufbauorganisation in Unternehmen, oft verknüpft mit (Geschäfts-)Prozess- sowie Produktinnovationen.32 Schmeisser et al. klassifizieren grundsätzlich in eine objekt- und prozess-bezogene Sichtweise von Innovationen. In letztgenannter steht eine phasenbezogene Beschrei28 29 30 31 32
Vgl. Thom 1980, S. 37 f. Vgl. Schumpeter 1964, S. 100 ff. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 14 f. Vgl. Thom 1980, S. 35. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 22.
38
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
bung des Innovationsprozesses, welche durch diverse Parallelen und Wechselwirkungen charakterisiert wird, im Mittelpunkt. In Abbildung 5 erfolgt diese Darstellung nach Schmeisser et al.: Technischer Fortschritt Innovationsprozesse
Imitatoren
25% Innovatoren
Produkteinführung
Produktprüfung
Wirtschaftlichkeitsanalyse
Ideensuche
Vorauswahl
Entscheidung & Realisation
Verifizierung
Bewertung
Inkubation
Invention
Vorbereitung
- prognose
Umweltanalyse und
Unternehmens- und
O – Phase
Diffusion
Abbildung 5: Prozesscharakter der Innovation Quelle: In Anlehnung an Schmeisser et al. 2006, S. 20.
Weitere Klassifizierungen erfolgen nach dem Neuigkeitsgrad/der Radikalität von Innovationen.
Schrittmachertechnologie
Schlüsseltechnologie
Radikalinnovation
Inkrementalinnovation
Basistechnologie
Heutiger Markt
Erweiterter Markt
ganz neuer Markt
Abbildung 6: Unterscheidung inkrementaler und radikaler Innovation Quelle: In Anlehnung an Kroy 1995, S. 59.
Inkrementale Innovationen realisieren sich an bestehenden Märkten mit bekannten Anwendungsfeldern meist ohne grundlegend neue Technologien. Radikale Innovati-
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
39
onen definieren sich an neuen Märkten mit völlig neuen Technologien und zeichnen sich durch einen hohen Neuigkeitsgrad aus. Hinsichtlich des Impulses von Innovationen, einer anderen Differenzierungsart, wird zwischen einer zweckinduzierten (Auslöser: Nachfrage oder Kundenbedürfnisse) und mittelinduzierten (Auslöser: neue Technologien, Organisationsformen, usw.) Dimension unterschieden. 2.3.3
Innovationsziele
Innovationsziele ergeben sich in direkter Weise aus den jeweiligen mittel- und langfristigen Unternehmenszielen sowie den Anforderungen des Umfeldes. Grundsätzlich steht für jedes innovierende Unternehmen das Erzielen von Wettbewerbsvorteilen gegenüber den Konkurrenten im Fokus der Bemühungen. Grundsätzlich kann zwischen wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Zielen unterschieden werden. Ergebnis
Kostensenkung
Erhöhung der Flexibilität
Zeitverkürzung
Stärkung Kompetenz
Soziale und gesellschaftliche Ziele
Abbildung 7: Erweitertes Magisches Zieldreieck Quelle: In Anlehnung an Pleschak/ Sabisch 1996, S. 9
Wirtschaftliche Ziele fokussieren die Ergebnisse der Produktion (Kundennutzen, Qualität), den Aufwand (Kosten) und die Zeit (Zeitdauer, Zeitpunkt) sowie die zwischen ihnen zustandekommenden Relationen. Qualitätsverbesserung Dem Ziel der kontinuierlichen Qualitätsverbesserung und Steigerung des Kundennutzens wird in erster Linie durch Realisierung von Produktinnovation Rechnung getragen. Der Qualitätsaspekt wird zunehmend nicht mehr nur am eigentlichen Produkt, sondern vielmehr in der ganzheitlich-organisatorischen Betrachtung (Unternehmenskultur, Mitarbeiterführung etc.) ausgerichtet.
40
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Kostenreduktion Aus ökonomischer Sicht sind Innovationen ein Schlüssel zur Kostensenkung der erzeugten Produkte und angewandten Prozesse. Somit werden sowohl Produkt- als auch Prozessinnovationen angesprochen. Zeitverkürzung Resultierend aus der zunehmend beschleunigten technologischen Entwicklungsarbeit manifestiert sich die eigentliche Innovationsdauer zu einem elementaren Einflussfaktor auf den unternehmerischen Erfolg. Relevant sind der Zeitpunkt des Markteintritts und die gesamte Dauer des Innovationsprozesses. Je kürzer sich die Innovationszeiten gestalten, desto höher charakterisieren sich die Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz. Erhöhung der Flexibilität Bedingt durch permanente Technologieveränderungen sowie Kunden- und Marktanforderungen müssen Unternehmen in der Lage sein, sich Umweltänderungen flexibel anpassen zu können. Stärkung der Kompetenz Die Stärkung der Kompetenz und des Know-hows sind wesentliche Bausteine für die Gewinnung und den Erhalt des Kundenvertrauens, aber auch für die Weiterverfolgung der eigentlichen internen Innovationstätigkeit. Soziale und gesellschaftliche Ziele Jegliche Innovationsarbeit hat einen Einfluss auf soziale und gesellschaftliche Aspekte. Diese werden in direkter oder indirekter Weise, bspw. in Folge technischer, organisatorischer und/oder sozialer Innovationen bewirkt.33 2.4 Interaktionsdeterminanten: „Netzwerke, Kooperationen und Cluster“ Netzwerke/ Kooperationen – Innovationskooperation Pleschak/ Sabisch definieren externe Netzwerke als eine konkrete Form der interbetrieblichen Kooperation, welche sich durch mindestens zwei miteinander in langfristiger Beziehung stehenden Unternehmen auszeichnet.34 Auch Weissenberger-Eibl/ Koch arbeiten mit den Begriffen der langfristigen kooperativen Beziehung in Unternehmensnetzwerken, welche v.a. im Spiegel von KMU als zukunftsweisendes Wachstum-, Neuorientierungs- sowie Internationalisierungsmodell agieren“35. Im Fokus ihrer Sichtweise handeln Organisationen „…im Verbund
33 34 35
Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 8 ff. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 270. Vgl. Weissenberger- Eibl Koch in Meyer 2006, S. 149 ff.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
41
mit anderen Unternehmen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg als integriertes Netzwerk“36. Kooperative Beziehungen implizieren gemeinsame Arbeitsteilungen im Fokus einer übereinstimmenden Zielstellung. Nach Hausmann lassen sich folgende charakteristische Merkmale von Unternehmenskooperationen aufzeigen: • rechtliche sowie wirtschaftliche Selbständigkeit der Beteiligten, • Freiwilligkeit, • spezielle Vereinbarungen, • gemeinsame ex-ante Koordination, • gemeinsame Zielstellung und • langfristige/ kontinuierliche Zusammenarbeit.37 Jede Unternehmenskooperation durchläuft i.d.R. entsprechend ihrer Organisationsform und Zielsetzung verschiedene Phasen, die sich nach Hertz und Eggers/ Engelbrecht in der folgenden idealtypischen Form eines Lebenszyklus widerspiegeln. Anbahnung Kompetenzdefinition Partnersuche Partnerauswahl Definition Idee Kundennutzen Kooperationsbedarf
Verbesserung Leistungsbewertung/ kontinuierliche bzw. sprunghafte Verbesserung
Aufbau Strukturgebung Prozessdefinition Vernetzung
Auflösung
Betrieb
Entnetzung Ressourcenausgleich Erfahrungsfortschreibung
Partnerkoordination SCM Controlling
Abbildung 8: Kooperationslebenszyklus
Quelle: In Anlehnung an Hertz 1996, S. 106 ff.; Eggers/ Engelbrecht, 2005, S. 10 in Meyer 2006, S. 152.
Pick/ Teusler/ Baier entwickeln den Netzwerkgedanken mit Blick auf die Innovationstätigkeit von KMU weiter.
36 37
Vgl. Weissenberger- Eibl/ Koch in Meyer 2006, S. 149. Vgl. Hausmann in Meyer, 2006, S. 151.
42
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Innovationstätigkeit kann generell in verschieden Optionen ausgeführt werden. Dieses steht in Abhängigkeit diverser Faktoren, wie Unternehmensgröße, Technologiekompetenz und Innovationsstrategie. Dabei werden folgende Klassifizierungen unterschieden: • Interne, eigene Innovationstätigkeit, • Übernahme der Innovation anderer Organisationen, • Kooperierende, arbeitsteilige Innovationstätigkeit und • Kombination der einzelnen Möglichkeiten.38 Meyer macht deutlich, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt gerade bei KMU ein hoher Bedarf der Zuarbeit hinsichtlich einer Innovations- und Kooperationsmanagementkompetenz im Rahmen von Kooperationen besteht.39 Innovationsnetzwerke und -kooperationen sollen zum Ausgleich der bestehenden Wissens- und Technologiedefizite, der Förderung der Innovationsbereitschaft sowie dem Ausbau der Innovationsfähigkeit des Mittelstandes beitragen.40 Es besteht eine enorme Möglichkeit zur Wahrnehmung der Innovationsfunktion von KMU in der gemeinsamen und arbeitsteiligen Innovationstätigkeit mit anderen Unternehmen oder Forschungsinstitutionen mittels einer adäquaten Kooperation oder durch Gemeinschaftsforschung. Der Aspekt der Innovationskooperation wird im weiteren Verkauf intensiviert. Im Fokus dieser speziellen Form der Unternehmenskooperation steht noch die FuEKooperation, die durch nachfolgende Vor- und Nachteile charakterisiert werden kann.
38 39
40
Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 271. Vgl. Meyer (Innovationsmanagement) 2006, S. 229 f. in Pfohl, Betriebswirtschaftslehre der Mittel- und Kleinbetriebe. Vgl. Pick/ Teusler/ Baier in Meyer 2006, S. 175.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
Vorteile - Reduktion der Entwicklungszeiten - Synergieeffekte - Aneignung von externem Wissen u. Stimulierung von Lerneffekten - Know-how- u. Kompetenzgewinn - Besserer Zugang zu neuen Technologien -
Risikoteilung und -reduktion Erarbeitung von Standards/ Normen Größen- u. Spezialisierungsvorteile Erweiterung der Innovationsressourcen Kapazitätsmäßige Erweiterung
43
Nachteile - Abhängigkeiten zwischen Partnern - Hohe Verhandlungs- und Transaktionskosten - Probleme bei der Auf- u. Zuteilung von Beiträgen und Ergebnissen - Probleme der Technologieadaption - Kostensteigerung und Zeitverzögerung durch erhöhten Aufwand - Hemmung von Eigenentwicklungen - Verlust der Eigenständigkeit u. Flexibilität - Gefahr der organisatorischen Aufblähung - Verlust des eigenen Wissensvorsprunges
- Marktzugangserleichterung - Kontinuitätssteigerung der FuE
Tabelle 3: Vor- und Nachteile der FuE-Kooperation Quelle: In Anlehnung an Pleschak/ Sabisch 1996, S. 274 f.
Innovationskooperationen werden generell in Abhängigkeit der Position der beteiligten Partner im Marktprozess in horizontale, vertikale, diagonale und konglomerate Beziehungen klassifiziert. Die Beteiligten der horizontalen Kooperation stehen in direktem Wettbewerb auf ihrem jeweiligen Absatzmarkt.41 Eine konkretere Beschreibung der vertikalen Kooperation (Wertschöpfungsnetzwerk) zeigen Baier/ Queitsch/ Freund auf. Hierbei handelt es sich um „Unternehmensnetzwerke aus Herstellern, Lieferanten, Absatzmittlern, Serviceanbietern und Forschungseinrichtungen, die versuchen, gemeinsam künftige Marktbedürfnisse zu ermitteln, komplexe oder interdisziplinäre FuE-Aufgaben durchzuführen, entwickelte Ideen und Konzepte in marktfähige Produkte umzusetzen und diese dann am Markt abzusetzen“42. Während Akteure diagonaler Kooperationen auf verschiedenen, jedoch einander angrenzenden Märkten tätig sind, vollziehen sich konglomerate Zusammenarbeiten auf einem Markt, der in keiner Beziehung zu den Basismärkten der Partner steht. Pleschak/ Sabisch differenzieren des Weiteren nach dem Zeitpunkt der FuEAktivitäten in ex-ante sowie ex-post-Kooperationen. Während erstgenannte vor und während des FuE-Prozesses stattfindet, bezieht sich letztgenannte auf die Zeit nach den FuE-Aktivitäten und wird nicht als engere arbeitsteilige Innovationstätigkeit interpretiert.43 41 42 43
Vgl. Boutellier/ Gassmann 2002, S. 35 ff. Vgl. Baier/ Queitsch/ Freund in Meyer 2006, S. 198. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 284 f.
44
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Innovationskooperationen können in verschieden Formen erfolgen. Hierbei lassen sich folgende Organisationsformen unterscheiden: • nach dem Gegenstand der Zusammenarbeit, • nach der Richtung in der Wertschöpfungskette, • nach der Intensität und Verbindlichkeit und • nach dem Zeithorizont. Organisationsformen nach dem Gegenstand der Zusammenarbeit Grundsätzlich können alle Aufgabensegmente des Innovationsprozesses Objekte der Zusammenarbeit sein, von der Vorbereitung über die Vorauswahl bis hin zur Produktprüfung. In der Praxis findet jedoch der Großteil der Kooperationsbeziehungen im Rahmen der Entwicklungstätigkeiten statt. Demgegenüber erfolgen in den Phasen der Erprobung und angewandten Forschung deutlich geringere Kooperationen.44 Organisationsformen nach der Richtung in der Wertschöpfungskette Entsprechend der Richtung der Wertschöpfungskette differenzieren Pleschak/ Sabisch horizontale (Branchenhomogenität), vertikale (Stufenheterogenität) und diagonale (Branchen- und Stufenheterogenität) Kooperationsformen.45 Organisationsformen nach der Intensität und Verbindlichkeit Hierbei wird zwischen folgenden Kooperationsformen unterschieden: • Erfahrungs- und Ergebnisaustausch, • Koordinierte Einzel- FuE inkl. Ergebnisaustausch, • Zusammenarbeit von FuE- Abteilungen und • FuE-Gemeinschaftsunternehmen.46 Organisationsformen nach dem Zeithorizont Hinsichtlich des Zeithorizontes werden temporär begrenzte/ kurzfristige und langfristige/ i.d.R. unbegrenzte Klassifikationen getätigt. Letztgenannte nehmen in der Praxis einen höheren Stellenwert ein, tendenziell erfolgen hier Zusammenschlüsse in Form Strategischer Allianzen.47 Phänomen und Konzept: Cluster Der aus dem Angelsächsischen stammende Begriff Cluster, kann im Deutschen im Sinne von Gruppenbildung oder Häufung48 übersetzt werden. Cluster implizieren 44 45 46 47 48
Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 288. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 289. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 273 ff. u. 289 f. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 290. Vgl. Langenscheidt 1990, S. 116, Sp. 2.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
45
dementsprechend eine „Zusammenfügung verschiedener Elemente zu einer Gruppe“49. Es handelt sich nach Dybe/ Kujath ganz allgemein um eine brachenspezifische oder branchenübergreifende Austauschbeziehung zwischen mehreren Organisationen.50 Porter interpretiert Cluster als Branchenhäufungen mit engmaschigen vertikalen und horizontalen Beziehungen und optionalen Verbundvorteilen, durch welche ein Transport von Güter-, Dienstleistungen und Informationsströmen erfolgt.51 Nach Zschiedrich sind Cluster „Zusammenballungen von Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftsbereiches in einer Region, die eine höhere Produktivität und mehr Innovation generieren als räumlich weiter aufgefächerte Strukturen“52. Der Clustergedanke ist kein neues Phänomen, vielmehr wurde er in der Vergangenheit primär auf das Nutzen der hieraus resultierenden positiven Effekte für die Unternehmen (Ko-Lokation) beschränkt; heute stehen vorrangig diverse Formen der interbetrieblichen Zusammenarbeit (Ko-Operation) im Fokus der Betrachtungen.53 In der theoretischen und wirtschaftspraktischen Diskussion werden nachfolgende Ebenen der Clusterbildung beobachtet: • Clusterbildung entlang der Wertschöpfungskette • Clusterbildung auf der gleichen Wertschöpfungsstufe • Cluster im Spiegel von Exportbeziehungen • Teilökonomien als System von Clustern.54 Empirische Untersuchungen zeigen einen wechselseitigen Kausalzusammenhang zwischen räumlichen Wirtschaftsstrukturen und regionalen Entwicklungen von FuE sowie Innovationen.55
49 50 51 52 53 54 55
Vgl. Dybe/ Kujath 2000, S. 15. Ebenda. Vgl. Dybe/ Kujath 2000, S. 15. Vgl. Zschiedrich 2006, S. 146. Vgl. Dybe/ Kujath 2000, S. 15 f. Vgl. Dybe/ Kujath 2000, S. 19 ff. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 309 ff.
46
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Abbildung 9 verdeutlicht, dass das regionale Innovationspotenzial ein elementarer Faktor für die Entwicklung einer Region darstellt.
Politik
Innovationsdienstleistungen
Technologieangebot
Hochschulen Ingenieurplanung
Forschungsinstitute
Wirtschaftliche Dienste
Technologietransfereinrichtungen
Finanztransfer
Technikorientierte Information/ Ausbildung
Regionalpolitik
Beratung Beteiligungskapital
Nationale Politik Elemente
Internationale Politik Technologiezentren Technische Infrastruktur
Kunden
regionaler
Zulieferer
Innovation
Wettbewerber
Ausbildungsniveau der Arbeitskräfte
Vertragspartner
Lebensbedingungen
Kooperationspartner
„Milieu“/ Innovationskultur
FuE-Investitionen
Branche/ Betriebsgröße
Betriebliche FuE-Aktivitäten
Beschäftigungsqualifikation
Zwischenbetriebliche Beziehungen
Regionales Umfeld
Abbildung 9: Regionale Innovationsdeterminanten Quelle: In Anlehnung an Pleschak/ Sabisch 1996, 2006, S. 312.
Ein weiteres Instrument zur Bündelung des Innovationspotenzials eines spezifischen Wirtschaftsraumes sind Technologie- und Gründerzentren. Primäres Ziel ist das Schaffen von günstigen Rahmenbedingungen für das Entwickeln und Vermarkten von Innovationen. Weitere Zielstellungen bestehen in der: • Förderung von Unternehmensgründungen, • schnellen Etablierung zukunftsweisender Technologien, • Erschließung, Stärkung, Nutzung der Ressourcen des Arbeitsmarktes, • regionalen Wirtschaftsentwicklung und • zweckentsprechende Unternehmensberatung.56 56
Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 317 ff.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
47
2.5 Förderungspolitische Aspekte bei mittelständischen FuE- und Innovationsaktivitäten Staatliche Instrumente zur Förderung der nationalen FuE- sowie der Innovationstätigkeiten spiegeln sich primär in den Segmenten der Forschungs- und Technologiepolitik (FuT-Politik), Innovationspolitik und sekundär in der Industrie-, Standort-, Mittelstandspolitik sowie regionalen Wirtschaftspolitik wider. Kennzeichnen sich die zwei erstgenannten Bereiche durch eine enge Nähe und zahlreiche Schnittstellen, weisen sie doch verschiedene Merkmalsausprägungen aus. In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur erfolgen deshalb heterogene und zum Teil kontroverse terminologische Ein- und Abgrenzungsversuche dieser Begrifflichkeiten. Grundsätzlich kann konstatiert werden, dass sich die FuT-Politik äußerst komplex gestaltet, und darum diverse Zielstellungen und somit auch vielgestaltige Förderinstrumentarien umfasst. Sie fokussiert sich einerseits auf den Aufbau sowie die Strukturierung der nationalen Forschungslandschaft und einer adäquaten Infrastruktur, andererseits legt sie ihr Schwergewicht auf die Schaffung innovationsorientierter Rahmenbedingungen und gezielte Einflussnahme auf die Technologieentwicklung.57 Aus historischer Sicht kann die FuE-Förderpolitik als eine Weiterentwicklung und Anpassung an der ursprünglichen engen Bezeichnung der FuE-Politik interpretiert werden, da heute neben dem klassischen Förderaspekt der FuE auch Innovation, Diffusion und Technologietransfer angesprochen werden.58 Die staatliche FuT-Politik zielt in erster Linie auf die anwendungsorientierte Forschung in den naturwissenschaftlich-technischen Bereichen. Akteure lassen sich wie folgt segmentieren: • Wissenschaftliche Akteure, • Politische Akteure, • Regionale Akteure und • Supranationale Akteure. Das Spektrum reicht somit von der Industrie über die EU und Bundesrepublik Deutschland (Bund, Länder, Kommunen) bis hin zu semistaatlichen und privaten Organisationen (bspw. Kammern, Banken).59 Durch eine Vielzahl staatlichtechnologiepolitischer Instrumente werden diverse Effekte in der in der FuE sowie im Innovationsprozess erreicht; sie wirken in diverse Richtungen und setzen in verschieden Phasen des FuE- und Innovationsprozesses an. In Tabelle 4 werden die verschiedenen Instrumentarien ersichtlich.
57 58 59
Vgl. Staudt 1980, Schmeisser 1997. Vgl. Brösse 1996, S. 297. Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 299 f.
48
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Förderinstrument
Beispiel
Institutionelle Förderung
Fraunhofer-Gesellschaft, Fachhochschulen, Universitäten
Finanzielle Förderung
FuE-Projekte, Innovationsgutscheine
Innovationsorientierte Infrastruktur u. Technologietransfer
Netzwerke, Kooperationen
Korporatistische Maßnahmen
Technikfolgeabschätzung
Aus- und Fortbildung
Anpassungsfortbildungen
Ordnungspolitik
Wettbewerbspolitik
Tabelle 4: Instrumente staatlicher Forschungs- und Technologiepolitik Quelle: In Anlehnung an Pleschak/ Sabisch 1996, S. 302.
Unter Innovationspolitik wird i.d.R. die „Schnittmenge von Industriepolitik und Forschungs- und Technologiepolitik verstanden“60. Im Fokus stehen einzel- und gesamtwirtschaftliche Ziele, welche durch die Realisierung der Ergebnisse der FuETätigkeiten und Innovationen in markt- und wettbewerbsfähige Produkte und Dienstleistungen erreicht werden. Gegenstände der Innovationspolitik sind bspw. technische und nichttechnische Innovationen sowie innovative Unternehmensgründungen und kooperationen. Im Kontext der FuE- und Innovationspolitik wird häufig der Begriff der Industriepolitik verwendet. Auch hierzu lassen sich zahlreiche Definitionsversuche in der einschlägigen Literatur aufzeigen, die an dieser Stelle nicht zentral disputiert werden. Vielmehr geht es um die Zielbetrachtung dieses Politikfeldes. Im Weiteren wird auf die Definitionen von Brösse zurückgegriffen, der die Industriepolitik als „…jedes staatliche Handeln, durch das auf die Verhaltensweisen und Entscheidungen in Industrieunternehmen bewusst und gezielt eingewirkt wird“61, interpretiert. Es lassen sich ordnungspolitische und prozess- oder ablaufpolitische Ziele aufzeigen. Erstgenannte beziehen sich vorrangig auf das Schaffen und Sichern von (Rahmen)Bedingungen im Blickfeld einer marktorientierten Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit eines Fördergegenstandes und -gebietes. Ablaufpolitische Ziele enthalten in erster Linie Instrumente zum Aufbau, der Stärkung, optimalen Verteilung industrieller Sektoren sowie zur Gestaltung einer adäquaten Industriestruktur.62 Sowohl die Standortpolitik als auch die regionale Wirtschaftspolitik weisen weitere Schnittstellen zur FuE sowie Innovationspolitik auf. Auch sie beinhalten direkte und indirekte wirtschaftspolitische Instrumentarien mit dem Ziel der Innovationsförderung, hier jedoch primär aus regionaler und geographischer Sicht. Im Fokus stehen 60 61 62
Vgl. Pleschak/ Sabisch 1996, S. 299. Vgl. Brösse 1996, S. 14. Vgl. Brösse 1996, S. 53 ff.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
49
u.a. die Förderung schwacher Wirtschaftsregionen, Stärkung der Wirtschaft einer Region und des Arbeitsmarktes oder Branche und Erleichterung von Strukturwandlungen. Ebenso kommt der Mittelstandspolitik eine gewichtige Rolle zu, impliziert sie doch primär eine adäquate Förderung aus dem Blickwinkel der Klassifizierung von Betriebsgrößen. Die Mittelstandspolitik richtet sich an KMU aus diversen Wirtschaftszweigen (bspw. Industrie, Handwerk, Dienstleistung) mit dem vorrangigen Ziel der Erhaltung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Adressaten. 2.6 Zusammenfassung Hinsichtlich der Begriffsbestimmung von KMU erfolgt in der vorliegenden Untersuchung eine Anlehnung an die dargelegte Definition seitens der Europäischen Kommission. Es werden die Bezeichnungen „Mittelstand“ und „KMU“ im Verständnis und entsprechend der aufgezeigten Auswahlkriterien von KMU zur Größenbestimmung wie folgt genutzt: • bis 249 Beschäftigte und • einem Jahresumsatz bis 50 Millionen € oder • einer Jahresbilanzsumme bis 43 Millionen €. Vorrangig sind hier Institutionen und Organisationen aus dem industriellen Sektor angesprochen, welche mit der Betrachtung ökonomisch/ betriebswirtschaftlicher sowie innovativer Aspekte einhergehen. Werden punktuell weitere Definitionen herangezogen, erfolgt ein gesonderter Ausweis. Des Weiteren kann zusammenfassend festgestellt werden, dass in der rein literarischterminologischen Diskussion der Begriff der Innovation im engeren und im weiteren Sinn genutzt wird. Enthält erstgenannte die erstmalige wirtschaftliche Realisierung eines neuartigen Problemlösungspotenzials, impliziert letztgenannte den ganzheitlichen Innovationsprozess, von der Entwicklung bis zur Imitation eines Innovationsobjektes. Im engeren theoretischen und praktischen Innovationsbezug stehen die Aspekte Technologie und Technologischer Fortschritt sowie FuE. Impliziert Technologie die Realisierung technologischer Produktionsprozesse, stellt Fortschritt ganz allgemein betrachtet eine zielgerichtete Entwicklung dar. FuE meint aus unternehmensorganisatorischer Sicht i.d.R. einen spezifischen Funktionsbereich, während dessen Innovation i.w.S. eine Querschnittsaufgabe wiedergibt. In der Betrachtung der Differenzierungsmöglichkeiten von Innovation sind vielfältige Sichtweisen und somit diverse Klassifizierungsdimensionen gegeben. So werden In-
50
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
novationsarten primär nach Faktoren wie Objekt, Prozess, Technologie, Neuigkeitsgrad und Auslöser segmentiert. Innovationsziele werden aus organisatorischer Sicht in interne und externe, aus übergreifender Sicht in wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Ziele differenziert. Als ein weiterer relevanter Aspekt neben den Gesichtspunkten der Begriffsabgrenzung KMU/ Mittelstand und Innovation werden die Begriffe „Netzwerke/ Kooperationen/ Cluster“ betrachtet. Es erfolgte eine diesbezügliche Darstellung der charakteristischen Merkmale, Zusammenhänge und Unterschiede sowie die Beleuchtung der Innovations- und FuE-Kooperation, als ein wesentliches Element für Erfolg versprechende Innovationstätigkeit. Als ein weiterer relevanter Faktor bei der Bearbeitung des Untersuchungsgegenstandes wurde die Förderpolitik im Rahmen mittelständischer FuE- und Innovationsaktivitäten in die Überlegungen einbezogen. Es wurde ersichtlich, dass sich adäquate staatliche Förderinstrumentarien direkter oder indirekter Art in den Segmenten der FuT-, Innovations-, Industrie-, Standort-, Mittelstands- und regionalen Wirtschaftspolitik als Impulse betrachten lassen. Innovationsorientierte Unternehmen können neben der Übernahme von Innovationen aus Forschungseinrichtungen auch auf eigene FuE-Ergebnisse setzen. Vor allem KMU profitieren von Innovations- und FuE-Kooperationen, um ihre größenspezifischen Nachteile gegenüber Großunternehmen zu kompensieren. Der Netzwerk- und Clustergedanke lässt einen deutlichen Zusammenhang zwischen räumlichen Wirtschaftsstrukturen und regionalorganisatorischen FuE- und Innovationsentwicklungen vermuten.
3 Wirtschafts- und Mittelstandsdaten: Eine regionale Strukturbetrachtung 3.1 Thematische Einführung: in die Bedeutung des Mittelstandes Im Fokus dieses Kapitels befindet sich die Analyse ausgewählter und relevanter Wirtschafts- und Mittelstandsdaten. Zunächst erfolgt im Rahmen einer thematischen Einführung ein Überblick über spezifische Wirtschafts- und Strukturdaten der neuen Bundesländer. Im Anschluss daran werden die zu untersuchenden Wirtschaftssektoren Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beschrieben. Klein- und mittelständische Unternehmen haben in Deutschland eine zentrale Stellung. Sie gelten als das Rückgrat der nationalen Wirtschaft. Nach Analysen des IfM Bonn stellen die rund 3,4 Millionen KMU ca. 99,7% der gesamten deutschen Unternehmen dar. Sie tätigen etwa 39% der steuerpflichtigen Umsätze, stellen ca. 71% der Arbeitsplätze zur Verfügung und bilden 82,9% aller Lehrlinge aus. In 2004 betrug der Anteil der mittelständischen Unternehmen an der Bruttowertschöpfung der Unternehmen 46,7%. Analog hierzu lag der Anteil der Bruttoinvestitionen in 2003 bei
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
51
51,5%.63 Bei diesen Schlüsselzahlen bleibt anzumerken, dass sich Ihre Erhebungen auf die KMU-Definition des IfM Bonn beziehen, wonach es sich um Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten bzw. mit weniger als 50 Mio. € Jahresumsatz handelt. Einen informativen Einblick in die Wirtschafts- und Strukturdaten der neuen Bundesländer mit den drei Untersuchungsschwerpunkten Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen erlaubt Tabelle 5. Es ist ersichtlich, dass Sachsen im Vergleich zu SachsenAnhalt und Thüringen 2006 das höchste BIP mit 88,7 Milliarden € erwirtschaftete. Analog hierzu weist Sachsen mit 17,2 Milliarden € im produzierenden Gewerbe (ohne Baugewerbe) die höchste Bruttowertschöpfung auf. Im Dreiervergleich der Industrieumsätze von 2005 ist ebenfalls Sachsen mit 44,6 Milliarden € an der Spitzenposition, gefolgt von Sachsen-Anhalt mit 29,7 und Thüringen mit 24,6 Milliarden Euro. Interessant erscheint auch die Regionalförderung der gewerblichen Wirtschaft. Auch hier besetzt Sachsen mit 9.377 Millionen € den ersten Platz.
63
Vgl. IfM Bonn, http://www.ifm-bonn.org/ 18.06.2007.
52
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
SachsenAnhalt
Sachsen
Thüringen
Berlin
Brandenburg
Meckl.Vorp.
20.446
18.415
16.172
892
29.478
23.179
2.470
4.274
2.335
3.395
2.559
1.707
preisbereinigt, verkettet (Veränderung ggü. Vorjahr in %)
2,8
4,0
2,6
1,5
1,9
1,5
in jeweiligen Preisen in Mrd. Euro
50,0
88,7
45,8
80,3
49,5
32,3
20.400
20.800
19.700
23.600
19.400
19.000
43,5
76,8
40,1
71,2
43,4
28,6
9,8
17,2
10,0
10,8
8,5
3,8
8,2 9,2
14,7 12,7
8,9 6,7
8,7 11,7
6,7 8,2
3,1 6,0
9,0
20,9
9,3
24,0
11,1
7,1
12,3
20,8
11,3
22,3
12,3
9,3
75,6
77,3
75,2
72,7
76,5
77,2
17,8
16,7
15,2
16,6
16,6
19,2
21.615
45.386
22.224
44.015
26.310
7.200
18.913
35.776
18.550
32.833
20.755
14.185
29,7
44,6
24,6
30,4
18,7
9,6
14,2
9,6
5,5
-0,5
4,7
7,8
Exportquote 2005 in %
23,4
30,6
29,2
30,4
21,8
19,8
Investitionsquote 2005 in %
19,9
23,7
17,6
13,4
18,2
18,6
8.185
13.211
9.143
1.867
8.137
8.137
7.453
9.377
5.600
1.553
6.363
3.435
Fläche (km²) Einwohner (in 1000) 1) Bruttoinlandsprodukt 2006
2)
je Einwohner (in jeweiligen Preisen) in € 3) Bruttowertschöpfung 2005 unbereinigt in jeweiligen Preisen in Mrd. € Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe darunter verarbeitendes Gewerbe Handel, Gastgewerbe, Verkehr Finanzierung., Vermietung, Unternehmensdienstleistung öffentliche und private Dienstleister Erwerbsquote 2005 in %
4)
Arbeitslosenquote 01/2007 in % Gewerbeanmeldungen Jan. - Dez. 2005 6) Gewerbeabmeldungen Jan. - Dez. 2005 6) Industrieumsätze 2005 7) in Mrd. € Veränderung 2005/2004 in % 7)
5)
3)
Förderprogramme ERP-/EKH- Kredite
8)
- Zusatzbetrag (in Mio. €) Regionalförderung 9) (gewerbliche Wirtschaft) - Zusatzbetrag (in Mio. €)
1) Statistisches Bundesamt (Stand 31.12.2005, Berlin: Gesamtstadt) 2) Statistisches Landesamt Baden - Württemberg; Arbeitskreis "VGR der Länder", Berechnungsstand Februar 2007. Berlin: Gesamtstadt 3) Statistisches Landesamt Baden - Württemberg; Arbeitskreis "VGR der Länder", Berechnungsstand August 2006. Berlin: Gesamtstadt 4) Statistisches Bundesamt, Mikrozensuserhebung 2005, Anteil der Erwerbspersonen an der Wohnbevölkerung in Alter von 15- 65 Jahren 5) Bundesagentur für Arbeit, Arbeitslosenquote bezogen auf alle Erwerbspersonen. Berlin: Gesamtstadt 6) Statistisches Bundesamt (Stand Juli 2006, Berlin: Gesamtstadt) 7) in Betrieben des verarbeitenden Gewerbes mit mehr als 20 Beschäftigten 8) BMWi, Stand 31.12.2006, ERP- und EKH- Zusagen seit 1990, ab 2004 Berlin: Gesamtstadt 9) Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, Zeitraum Jan. 1991 - Dez. 2006 inkl. EFRE - Kofinanzierung (Berlin: Gesamtstadt)
Tabelle 5: Ausgewählte Wirtschafts- und Strukturdaten der neuen Bundesländer Quelle: In Anlehnung an BMWi, Wirtschaftsdaten nBL 2007, S. 1.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
53
3.2 Strukturbetrachtung des Freistaates Sachsen anhand ausgewählter Wirtschafts- und Mittelstandsdaten Der Freistaat Sachsen definiert sich als einer der leistungsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsstandorte nicht nur innerhalb der neuen Bundesländer, sondern auch auf nationaler und sogar internationaler Ebene. Ein deutliches Indiz hierfür ist das enorme Wirtschaftswachstum, das seit 2000 um 11,9% die höchste Steigungsrate aller Bundesländer aufweist. Das preisbereinigte BIP stieg in 2006 gegenüber dem Vorjahr um 4% (vgl. auch Tabelle 5). Der Freistaat verfügt in 2006 hinter Thüringen über die zweithöchste Industriedichte in den nBL mit 65 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe/ 1.000 Einwohner (Diagramm 1). Industriedichte der nBL (30.06.2006) Berlin Mechklenb.-Vorp. Brandenburg Sachsen Sachsen-Anhalt Thüringen Deutschland 20
0 SV-pfl. Beschäftigte im verarb. Gewerbe /1000 Einw.
Deutschland Thüringen
80
73
40
60
80
SachsenAnhalt
Sachsen
Brandenburg
Mechklenb.Vorp.
51
65
41
37
100 Berlin
34
Diagramm 1: Industriedichte der nBL Quelle: In Anlehnung an SMWA /http://www.smwa.sachsen.de: Zahlen und Fakten 2007.
Die Handwerksdichte lag im entsprechenden Betrachtungszeitraum mit 13,5 Betrieben/1000 EW höher als der Bundesdurchschnitt mit 11,5. Seit 1990 siedelten sich mehr als 5780 Unternehmen in Sachsen an. Sie investierten dabei mehr als 26 Mrd. €. Mit 19,6 Mrd. € wurde 2006 bei den Ausfuhren das beste Ergebnis seit 1991 erzielt.64. Dieser Wert entspricht einem Zuwachs von rund 11% gegenüber 2005 und platziert Sachsen mit großem Abstand an die Spitze der neuen Bundesländer. Auch im Außenhandel zeigt sich Sachsen im Vergleich mit den nBL mit 19,6 Mrd. € in 2006 bei den Ausfuhren und einer Zuwachsrate von 11,9% gegenüber dem Vorjahr als Spitzenreiter. Die Exportquote erfährt seit 1991 eine enorme Steigerung von 12,8% in 1991 auf 34,1% in 2006. (Diagramm 2).
64
Vgl. http://www.smwa.sachsen.de/ 10.06.2007
54
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Exportquoten der sächsischen Industrie 40 35 30 25 20 15 10 5 0
1991
1992
1993 1994
1995 1996
1997
1998
1999 2000 2001
2002
2003
2004 2005 2006
Anteil des Auslandsumsatzes am Ges.-umsatz in % 12,8
13,7
14,2
12,9
17,7
22,3
24,4
31,1
28,8
30,2
12,8
13,2
25,6
28,1
30,7
34,1
Diagramm 2: Exportquoten der sächsischen Industrie Quelle: In Anlehnung an SMWA: http://www.smwa.sachsen.de: Zahlen und Fakten 2007.
Der Wirtschaftsstandort Sachsen basiert primär auf den drei großen geografischen Ballungszentren Leipzig-Halle, Chemnitz-Zwickau und Dresden. Charakteristisch ist das Zusammenspiel von klein- und mittelständischen Unternehmen sowie global agierenden Konzerne wie Infineon, BMW, Volkswagen, DHL und Dow Chemical. Sachsen agiert als starker und innovativer Industriestandort mit den Schwerpunkten in der Automobilindustrie, der Mikroelektronik und dem Maschinenbau. Klein- und mittelständische Unternehmen prägen das Bild des Industriestandortes Sachsen. 99,9% der entsprechenden Unternehmen gehört dieser Größenklassenordnung an. In Tabelle 6 wird Sachsens Unternehmensbestand per 31.12.2006 nach Wirtschaftszweigen sowie Betriebsgrößenklassen ersichtlich. Der traditionelle Industriestandort umfasst die Bereiche „Bergbau + Gewinnung von Steinen/ Erden“ sowie das verarbeitende Gewerbe. Letztgenanntes inkludiert bspw. die Bereiche Maschinen- und Fahrzeugbau, Elektrotechnik, Feinmechanik, Optik sowie die Herstellung von chemischen Erzeugnissen.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
Wirtschaftszweig
55
Betriebsgröße nach Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 0..9
10..49
50..249
>= 250
Gesamt
70
42
11
0
123
10.023
2.945
895
105
13.968
347
50
30
14
441
Baugewerbe
20.501
1.819
195
11
22.526
Handel; Instandhaltung + Reparatur v. Kfz/ Gebrauchsgüter
29.695
2.082
255
24
32.056
Gastgewerbe
9.273
536
53
4
9.866
Verkehr + Nachrichtenübermittlung
5.766
728
99
13
6.606
Kredit- u. Versicherungsgewerbe
2.614
18
29
17
2.678
Vermietung bewegl. Sachen, Erbringen wirtschaftl. Dienstleistungen, anderweitig nicht genannt
29.926
1.582
265
42
31.815
Erziehung und Unterricht
2.205
871
227
57
3.360
Gesundheits-, Veterinär- u. Sozialwesen
11.2324
812
274
113
12.431
Erbringung von sonstigen öffentl. + persönl. Dienstl.
14.524
819
195
34
15.572
Bergbau + Gewinnung von Steinen/ Erden Verarbeitendes Gewerbe Energie- u. Wasserversorgung
151.442
Tabelle 6: Unternehmen in Sachsen nach Betriebsgröße und Wirtschaftszweig Quelle: In Anlehnung an http://www.statistik.sachsen.de/21/15_01/15_01_011_tabelle.asp
Per 31.12.2006 gruppieren sich ca. 99,3% aller gemeldeten Industrieunternehmen und -betriebe in die Größenklasse der KMU mit 0-249 Beschäftigten. Etwa 67% der beschäftigten Personen sind nach Diagramm 3 in dieser Größenklasse beschäftigt und erwirtschaften knapp 50% des Industrieumsatzes.
56
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Industriebetriebe in Sachsen in 2005 (in Prozent) >=1000 500-999 250-499 100-249 50-99 0..50 20%
0%
40%
60%
80%
100%
0..50
50-99
100249
250499
500999
>=1000
Gesamtumsatz
11,2
14,9
23,7
18,3
13,4
18,5
Tätige Personen
20,5
19,4
27,4
13,4
9,9
9,4
Betriebe
58,4
22,3
14,5
3,2
1,2
0,3
Diagramm 3: Industriebetriebe in Sachsen 2005 Quelle: Statistik in Sachsen 3- 4/2006.
Auch im Innovations- und Forschungssektor zeigt Sachsen Höchstleistungen. So resultierten 2005 insgesamt 30% der Patentanmeldungen der nBL aus Sachsen. Mit 45% ist nahezu die Hälfte des FuE-Personals der nBL im Freistaat beschäftigt. Sachsen ist es gelungen, die Sektoren Industrie sowie FuE mit einer effektiven Förderpolitik im Fokus von Innovation, Fortschritt und Wachstum gewinnbringend zu vernetzen. Vor allem mit Hilfe der regionalen Technologieförderung werden klein- und mittelständische Unternehmen unterstützt. Detaillierte weitere Informationen sind Kapitel 6.3. zu entnehmen. 3.3 Strukturbetrachtung des BL Sachsen- Anhalt anhand ausgewählter Wirtschafts- und Mittelstandsdaten Sachsen-Anhalts Wirtschaftsbranchen manifestieren sich einerseits in den traditionellen Segmenten der chemischen Industrie, dem Maschinenbau und der Nahrungsgüterindustrie; andererseits in jungen Zweigen wie dem Dienstleistungssektor, der Automotive Technology, Biotechnologie, Informations-/ Kommunikationstechnologien/ Medien sowie Holz als nachwachsenden Rohstoff. Das Bundesland konnte 2006, mit einer Steigerung von ca. 4% gegenüber dem Vorjahr, ein BIP von etwa 50 Mrd. € erreichen. Mit einer preisbereinigten Wachstumsrate von 3,0% erzielte der Wirtschaftsstandort den fünften Platz auf nationaler Ebene und den dritten Platz im Vergleich der neuen Bundesländer.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
57
Analog zu Sachsen kommt auch in Sachsen-Anhalt dem industriellen Sektor eine entscheidende Rolle zu. In 2006 wurde hier die höchste nominale Wachstumsrate aller Bundesländer erzielt. Die nominale Bruttowertschöpfung stieg im verarbeitenden Gewerbe um 11,7%, real um +12,1%. Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der gesamten Wirtschaft erreicht 2006 mit einer Steigung von 1,4% gegenüber dem Vorjahr ca. 20,4% des BIP von Sachsen-Anhalt. Die als nominales Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen gemessene Wirtschaftsleistung betrug in 2006 insgesamt 50.431 €. Das waren 3,3% mehr als noch im Vorjahr. Somit konnte der Wirtschaftsstandort 85% der gesamtdeutschen Arbeitsproduktivität und 106% der nBL erreichen. Das preisbereinigte BIP Sachsen-Anhalt stieg in 2006 gegenüber dem Vorjahr um 4%. Das Bundesland verfügt in 2006 hinter Thüringen und Sachsen über die dritthöchste Industriedichte in den nBL mit 51 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe/1.000 EW (Diagramm 1). Mit einer Steigerung um 23,6 % betrug die Exportleistung in Sachsen-Anhalt in 2005 ca. 7,6 Mrd. €. Die Exportquote lag in 2006 bei 25,6%.65 In Tabelle 7 wird der Unternehmensbestand der Wirtschaftsregion per 31.12.2006 nach Wirtschaftszweigen sowie Betriebsgrößenklassen ersichtlich. Betriebsgröße nach Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
Wirtschaftszweig 0..9
10..49
50..249
>= 250
Gesamt
68
15
7
1
91
4.106
1.315
394
54
5.869
211
32
36
6
285
Baugewerbe
8.987
1.024
102
4
10.108
Handel; Instandhaltung + Reparatur v. Kfz/Gebrauchsgüter
15.134
1.117
150
11
16.412
Gastgewerbe
5.844
305
22
0
6.171
Verkehr + Nachrichtenübermittlung
2.847
425
77
9
3.358
Kredit- u. Versicherungsgewerbe
1.277
22
34
6
1.339
Grundstücks- u. Wohnungswesen, Vermietung bewegl. Sachen, Erbringen wirtschaftl. Dienstl., anderweitig nicht genannt
12.438
793
164
25
13.420
Erziehung und Unterricht
1.356
452
134
30
1.972
Gesundheits-, Veterinär- u. Sozialwesen
6.289
554
235
48
7.126
Erbringung von sonstigen öffentl. + persönl. Dienstl.
6.396
423
141
14
6.974
Bergbau + Gewinnung von Steinen/Erden Verarbeitendes Gewerbe Energie- u. Wasserversorgung
73.125
Tabelle 7: Unternehmen in Sachsen-Anhalt nach Betriebsgröße und Wirtschaftszweig Quelle: In Anlehnung an http://www.sachsen-anhalt.de
65
http://www.sachsen-anhalt.de/ 20.05.2007
58
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Die Standortstruktur in Sachsen-Anhalt charakterisiert sich durch folgende fünf Wirtschaftsregionen, welche zugleich das Fundament für eine übergreifende Zusammenarbeit bzgl. der Standort- und Infrastrukturentwicklung sowie der Unterstützung innovationsorientierter Netzwerke bilden die: Region Halle, Region Harz, Region Magdeburg, Region Altmark und Region Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg. Auch Sachsen-Anhalts Unternehmerlandschaft definiert sich in erster Linie durch klein- und mittelständische Unternehmen. So gehörten Ende 2006 von den insgesamt 73.125 Unternehmen nur rund 0,3% den Großbetrieben mit 250 und mehr Beschäftigten an. Auf klein- und mittelständische Unternehmen entfallen somit 99,7%. 3.4 Strukturbetrachtung des Freistaates Thüringen anhand ausgewählter Wirtschafts- und Mittelstandsdaten Ebenso wie Sachsen und Sachsen-Anhalt ist es auch Thüringen gelungen, eine Verzahnung von traditionellen und neuen Wirtschaftsbrachen im Fokus von Innovation und Wachstum zu erreichen. Namhafte Unternehmen wie Adam-Opel-AG, Robert Bosch GmbH, Fujitsu-Siemens, Jenapharm, Jenoptik AG und Carl Zeiss Meditec AG stehen für den innovativen Wirtschaftsstandort und die Kernbranchen Automobilherstellung/ Zulieferung in Eisenach, Mikroelektronik und Mikrosystemtechnik in Erfurt, Informationstechnik in Sömmerda/ Jena, Optik und Optoelektronik in Jena/ Ostthüringen und Pharmazie, Medizintechnik sowie Biotechnologie in Jena. Auch in Thüringen zählt das Verarbeitende Gewerbe zu den wachstumsstärksten Wirtschaftszweigen. Die fünf umsatzstärksten Branchen in 2005 sind hier das Ernährungsgewerbe, die Herstellung von Kraftwagen/ Kraftwagenteilen, Metallerzeugnissen, Geräten der Elektrizitätserzeugung, -verteilung sowie die Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren. Der Freistaat Thüringen erzielte in 2006 mit einer Steigung von 2,6% gegenüber dem Vorjahr ein BIP von ein 45,8 Mrd. €. Der Hauptwachstumsträger mit einer Bruttowertschöpfung um 10,2% gegenüber dem Vorjahr war das verarbeitende Gewerbe. Diese Steigerung konnte nur von Sachsen (15,7%) und Sachsen-Anhalt (10,5%) übertroffen werden. 2006 erzielte der Bergbau und das verarbeitende Gewerbe einen Umsatz von 27,0Mrd. € und somit 2,4 Mrd. € bzw. 9,7% mehr als im Vorjahr. Thüringen verfügte per 31.12.2006 über die höchste Industriedichte in den nBL mit 73 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe/ 1000 EW (Diagramm 1). Die Exportquote des Freistaates lag in 2006 bei 29,6% und belegte somit den zweiten Platz hinter Sachsen und vor Sachsen-Anhalt.66
66
Vgl. http://www.thueringen.de/de/tmwta/ 13.06.2007.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
59
In Tabelle 8 wird der Unternehmensbestand der Wirtschaftsregion per 31.12.2006 nach Wirtschaftszweigen sowie Betriebsgrößenklassen seitens des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Arbeit Thüringen ersichtlich. Wirtschaftszweig
Betriebsgröße nach Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 0..9
10..49
50..249
>= 250
Gesamt
70
42
11
0
123
10.023
2.945
895
105
13.968
347
50
30
14
441
Baugewerbe
20.501
1.819
195
11
22.526
Handel; Instandhaltung + Reparatur von Kfz/ Gebrauchsgüter
26.695
2.082
255
24
32.056
Gastgewerbe
9.273
536
53
4
9.866
Verkehr + Nachrichtenübermittlung
5.766
728
99
13
6.606
Kredit- und Versicherungsgewerbe
2.614
18
29
17
2.678
Grundstücks- u. Wohnungswesen, Vermietung bewegl. Sachen, Erbringen wirtschaftlicher Dienstl., anderweitig nicht genannt
29.926
1.582
265
42
31.815
Erziehung und Unterricht
2.205
871
227
57
3.360
Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen
11.232
812
274
113
12.431
Erbringung von sonstigen öffentl. + persönl. Dienstl.
14.524
819
195
34
15.572
Bergbau + Gewinnung von Steinen/ Erden Verarbeitendes Gewerbe Energie- u. Wasserversorgung
151.442
Tabelle 8: Unternehmen in Thüringen nach Betriebsgröße und Wirtschaftszweig Quelle: In Anlehnung an http://www.thueringen.de.
Entsprechend dem Thüringer Mittelstands- und Jahreswirtschaftsbericht 2005 haben rund 80.000 Unternehmen ihren Sitz in Thüringen. Hiervon haben 99,7% eine Beschäftigtengrößenzahl unter 250 und 99,9% einen Jahresumsatz von weniger als 50 Mill. €. Somit sind laut europäischer KMU-Definition über 99 % der Unternehmen im Mittelstand angesiedelt. Ca. 81% des erwirtschafteten Umsatzes entfallen auf diese Zielgruppe.67 3.5 Zusammenfassung Im dritten Kapitel „Wirtschafts- und Mittelstandsdaten: Eine regionale Strukturbetrachtung“ stand auf informativer Ebene die Analyse der speziellen Wirtschafts- und Mittelstansdaten der zu untersuchenden Wirtschaftssektoren im Vordergrund.
67
Vgl. TMWTA Mittelstands- und Jahreswirtschaftsbericht 2005, S. 9.
60
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Es ist herausgearbeitet worden, dass die KMU sowohl auf nationaler Ebene, als auch im Kontext der neuen Bundesländer und der Sektoren Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Thüringen, mit einem Anteil von durchschnittlich 99,7% das Standbein der Wirtschaft aus Sicht der Betriebsgrößenklassifizierung darstellen. Des Weiteren wurden für die drei Untersuchungsobjekte relevante Daten im Hinblick auf die konjunkturelle Situation und Wirtschafts- sowie Betriebsgrößenstruktur beschrieben. Es bleibt festzuhalten, dass sowohl Sachsen, Sachsen-Anhalt als auch Thüringen von einer enormen Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit sowie Wirtschafts- und Innovationsdynamik geprägt sind.
4 Indikatorenanalyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit 4.1 Thematische Einführung Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht die Bestandsaufnahme wesentlicher Indikatoren, welche sowohl grundlegende als auch spezifische Aussagen bzgl. der Innovationsund FuE-Tätigkeit zulassen. Zunächst erfolgt die Darstellung und Erläuterung der Bestände an FuE-betreibenden Unternehmen in den neuen Bundesländern, spezifiziert nach Zeitdauer der FuETätigkeit (kontinuierlich/zeitweilig), Betriebsgrößenklassen sowie Bundesländern. Im Anschluss daran werden die zu betrachtenden Indikatoren FuE-Personal, FuEAufwendungen, FuE-Intensität, Umsatz und Export, im Detail untersucht. Hierbei wird der Fokus auf die Kategorieklassen: • Betriebsgröße bzw. KMU und Großunternehmen sowie • (ausgewählte) neue Bundesländer gelegt. Infolge dessen werden jeweilige Aussagen bzgl. der Innovations- und FuE-Tätigkeit von KMU in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen getroffen. Es ist anzumerken, dass die Bezeichnung nBL die Wirtschaftssektoren Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin-Ost und Brandenburg enthält. Das verwendete Datenmaterial zur Erstellung der folgenden Diagramme bezieht sich auf den in 08/2006 veröffentlichten Zwischenbericht zur Studie „Wachstumsdynamik und strukturelle Veränderungen der FuE-Potenziale im Wirtschaftssektor der neuen Bundesländer“, welche durch die EuroNorm Gesellschaft für Qualitätssicherung und Innovationsmanagement GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie erstellt wurde.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
61
4.2 Bestand an FuE-betreibenden Unternehmen FuE-betreibende Unternehmen der nBL 3000 2900 2800 2700 2600 2500 gesamt
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2873
2944
2947
2951
2821
2652
2005
Diagramm 4: FuE-betreibende Unternehmen der nBl Verhältnis zeitweilig und kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen der nBL 3000 2000 1000 0 zeitweilig kontinuierlich
2000
2001
2002
2003
2004
808
915
943
966
825
712
2065
2029
2007
1985
1996
1940
Diagramm 5: Verhältnis zwischen zeitweilig u. kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL
Das Diagramm 4 zeigt eine Übersicht bzgl. der Gesamtanzahl FuE-betreibender Unternehmen in den neuen Bundesländern. Es wird deutlich, dass nach dem Aufwärtstrend der Jahre 2000 bis 2003 ein Rückgang bis auf 2652 Unternehmen in 2005 zu verzeichnen ist. Das Verhältnis zeitweilig und kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen in den nBL wird in Diagramm 5 ersichtlich. Im Jahre 2005 standen 1940 kontinuierlich FuE-betreibende Unternehmen 712 zeitweilig FuE-betreibende Unternehmen gegenüber.
62
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Kontinuierlich FuE- betreibende Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen 700 600 500 400 300 200 100 0
1..9
2000
2001
2002
2003
2004
2005
538
523
545
568
579
519
10..19
450
451
440
429
457
454
20..49
483
492
474
455
449
464
50..99 100..249
289
281
263
245
232
232
196
188
189
191
184
180
250..499 >=500
63
50
51
53
53
49
46
44
45
44
42
43
Diagramm 6: Kontinuierlich FuE-betreibende Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen
Zeitweilig FuE-betreibende Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen 350 300 250 200 150 100 50 0
2000
2001
2002
2003
2004
2005
1..9
255
317
325
331
310
272
10..19
176
194
209
221
178
157
20..49
193
236
238
240
209
157
50..99
102
106
109
112
75
77
100..249
60
50
48
46
41
44
250..499
14
8
9
10
4
5
>=500
9
4
5
6
8
0
Diagramm 7: Zeitweilig FuE-betreibende Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
63
Die Diagramme 6 und 7 skizzieren die Anzahl kontinuierlich und zeitweilig FuEbetreibender Unternehmen in den neuen Bundesländern nach Betriebsgrößenklassen. In 2005 betrieben insgesamt 707 klein- und mittelständische Unternehmen mit 1.249 Beschäftigten zeitweilig Forschung und Entwicklung. Gegenüber 5 Großunternehmen mit 250 und mehr Mitarbeitern ist dies ein Anteil von 99,3%. Auch in der Kategorie der Betriebsklassen wird der Abwärtstrend in 2004 und 2005 ersichtlich. Jedoch ist der prozentuale Anteil zeitweilig FuE-betreibender KMU im Verhältnis zu Großunternehmen seit 2000 am höchsten. Nahezu adäquate Beobachtungen sind bei kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen zu beobachten. Hier stehen mit einem Anteil von 95,3% insgesamt 1.848 KMU 923 Großunternehmen (4,7%) gegenüber. Kontinuierlich FuE- betreibende Unternehmen der nBL nach Bundesländern 1000 800 600 400 200 0
2000
2001
2002
2003
2004
2005
Berlin Ost
210
208
207
206
203
203
Brandenburg
286
277
271
265
275
282
Meckl.-Vorp.
111
116
119
121
137
132
Sachsen-Anhalt
249
244
258
272
269
264
Sachsen
778
755
739
722
726
679
Thüringen
431
429
414
398
386
380
Diagramm 8: Kontinuierlich FuE-betreibende Unternehmen der nBL nach Bundesländern
64
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Zeitweilig FuE- betreibende Unternehmen der nBL nach Bundesländern 400 350 300 250 200 150 100 50 0
2000
2001
2002
2003
2004
2005
Berlin Ost
55
61
63
64
55
48
Brandenburg
145
141
143
145
98
103
Meckl.-Vorp.
53
57
60
61
60
46
Sachsen-Anhalt
98
102
120
137
119
98
Sachsen
293
367
364
361
313
268
Thüringen
164
187
193
197
180
149
Diagramm 9: Zeitweilig FuE-betreibende Unternehmen der nBL nach Bundesländern
Die mengenmäßige Verteilung der kontinuierlich und zeitweilig FuE-betreibenden Unternehmen in den nBL nach Bundesländern zeigen die Diagramme 8 und 9. Es geht daraus hervor, dass mehr als ein Drittel der kontinuierlich und zeitweilig FuEbetreibenden Unternehmen in Sachsen angesiedelt sind. In 2005 betrieben hier 679 Unternehmen kontinuierlich (35,0%) und 268 zeitweilig (37,7%) FuE. Im Ranking kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen stehen Thüringen mit 19,6% (380 U.) und Sachsen-Anhalt mit 13,6% (264 U.) an zweiter und vierter Stelle. Die gleiche Situation wird in der Kategorie zeitweilig FuE-betreibender Unternehmen deutlich. Mit 149 Unternehmen und 21,0% sowie 98 Institutionen und 13,7% stehen auch hier Thüringen und Sachsen-Anhalt an zweiter und vierter Stelle. 4.3 Indikator: FuE-Personal Im Jahr 2005 wurden in den neuen Bundesländern in FuE-betreibenden Unternehmen insgesamt 23.168 Personen beschäftigt. Gegenüber dem Vorjahr konnte eine Stabilisierung mit einem Wachstum von ca. 1,0 % erreicht werden. Die absolute Mehrheit mit 91,9% und 21.293 Mitarbeitern gehört der Gruppe der kontinuierlich FuEbetreibenden Unternehmen an, welche trotz der in Diagramm 10 aufgezeigten Senkung des Unternehmensbestandes ihre FuE-Beschäftigten-Anzahl gegenüber 2004 von 20.273 auf 21.293 ausbauen konnten.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
65
FuE-Beschäftigte in FuE-betreibdenden Unternehmen der nBL 30.000 20.000 10.000 0
2001
2002
2003
2004
2005
Gesamt
24.599
22.493
22.459
22.970
23.168
davon kontinuierlich
21.877
20.851
20.685
20.723
21.293
2.732
1.642
1.794
2.246
1.875
davon zeitweilig
Diagramm 10: FuE-Beschäftigte in FuE-betreibenden Unternehmen der nBL
Hinsichtlich der Segmentierung in Betriebsgrößenklassen der kontinuierlich FuEbetreibenden Unternehmen lässt sich für den Wirtschaftsraum der nBL feststellen, dass in 2005 insgesamt 15.006 FuE-Beschäftigte in KMU tätig waren. In Großunternehmen wurden im gleichen Betrachtungszeitraum 6.286 Personen beschäftigt. Gesamt betrachtet konnte eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 2,7% erzielt werden. Diese Wachstumsraten wurden primär durch KMU mit 20...49 Beschäftigten (Zuwachs:11,4%) und Großunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern (Zuwachs: 6,8%) erreicht.
66
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
FuE-Beschäftigte kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0
2003
2004
2005
Plan 2006
1..9
1.718
1.680
1.582
1.818
10..19
2.292
2.534
2.452
2.588
20..49
3.575
3.644
4.061
4.259
50..99
3.312
3.030
3.083
3.222
100..249
3.459
3.760
3.826
3.886
250..499
1.501
1.533
1.435
1.410
>=500
4.808
4.542
4.851
5.388
Diagramm 11: FuE-Beschäftigte kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen
Prozentuales Verhältnis FuE-Beschäftigter kontinuierlich FuEbetreibender KMU und Großunternehmen der nBL 80 60 40 20 0
2003
2004
2005
Plan 2006
KMU (1..249)
69,5
70,7
70,5
69,7
Großunternehmen (ab 250)
30,5
29,3
29,5
30,3
Diagramm 12: Prozentuales Verhältnis FuE-Beschäftigter kontinuierlich FuE-betreibender KMU und Großunternehmen der nBL
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
67
Wie in Diagramm 12 zum Ausdruck kommt, liegt der prozentuale Anteil der FuEBeschäftigten kontinuierlich FuE-betreibender KMU in den Jahren 2003 bis 2006 bei durchschnittlich rund 70,1% gegenüber den Großunternehmen von 29,9%. FuE-Beschäftigte kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern 10.000 9.000 8.000 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0
2003
2004
2005
Plan 2006
Berlin Ost
2.262
2.159
2.118
2.252
Brandenburg
2.488
2.398
2.691
3.023
Meckl.-Vorp.
968
1.192
1.164
1.231
Sachsen-Anhalt
2.184
2.187
2.249
2.354
Sachsen
8.380
8.583
8.653
9.023
Thüringen
4.382
4.204
4.418
4.587
Diagramm 13: FuE-Beschäftigte kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern
Auch hinsichtlich der FuE-Beschäftigtenzahl der kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen nach Bundesländern lässt sich feststellen, dass Sachsen mit 9.023 Mitarbeitern und ca. 40% die Spitzenposition einnimmt. An zweiter Stelle befindet sich mit rund 20%, jedoch nur knapp der Hälfte der FuE-Beschäftigten, Thüringen. Sachsen-Anhalt belegt hinter Brandenburg und knapp vor Berlin-Ost Rang 4 mit 2.354 Mitarbeitern und ca. 10%.
68
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Prozentualer Anteil an Gesamt: FuE-Beschäftigte kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen ausgewählter Bundesländern 60 40 20 0
2003
2004
2005
Plan 2006
Sachsen-Anhalt
10,6
10,6
10,6
10,5
Sachsen
40,6
41,4
40,6
40,2
Thüringen
21,2
20,3
20,7
20,4
Diagramm 14: Prozentualer Anteil an Gesamt: FuE-Beschäftigte kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen ausgewählter Bundesländer
4.4 Indikator: FuE-Aufwendungen FuE-Aufwendungen bezeichnen jegliche Art von finanziellen Ausgaben und nichtfinanziellen Aufwendungen eines Unternehmens für Forschung und Entwicklung. FuEAufwendungen implizieren sowohl interne als auch externe Aufwendungen.68 Im Wirtschaftssektor der nBL wurden im Jahr 2005 ca. 2 Mrd. € für FuE genutzt. Mit rund 96% wurde diese Summe nahezu vollständig durch kontinuierlich FuEbetreibende Unternehmen aufgebracht.
68
Vgl. EuroNorm 2006, S. 61.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
69
FuE-Aufwendungen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen (Mio. €) 1.000,00 900,00 800,00 700,00 600,00 500,00 400,00 300,00 200,00 100,00 0,00
2003
2004
2005
Plan 2006
1..9
72,61
71,67
83,44
86,05
10..19
121,34
136,03
133,19
134,78
20..49
215,01
207,33
254,33
272,45
50..99
214,95
185,12
177,07
185,01
100..249
239,71
280,13
297,62
302,65
250..499
167,93
174,46
172,31
183,14
851,18
>=500
737,59
787,85
942,42
Diagramm 15: FuE-Aufwendungen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen
Prozentuales Verhältnis FuE-Aufwendungen kontinuierlich FuE-betreibender KMU und Großunternehmen der nBL 55 50 45 40
2003
2004
2005
Plan 2006
KMU (1..249)
51,3
49,1
49,6
46,6
Großunternehmen (ab 250)
48,7
50,9
50,4
53,4
Diagramm 16: Prozentuales Verhältnis FuE-Aufwendungen kontinuierlich FuE-betreibender KMU und Großunternehmen der nBL
Wie aus der Ableitung der Diagramme 15 und 16 deutlich zum Ausdruck kommt, konzentrieren sich die FuE-Aufwendungen zu jeweils ca. 50% auf KMU und Großunternehmen. So wurden durch die Gesamtheit der KMU in den nBL im Jahre 2005
70
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
insgesamt 945,62 Mio. €, durch Großunternehmen im gleichen Betrachtungszeitraum 960,16 Mio. € verwendet. Beachtlich ist, dass letztgenannte Summe nur durch das ca. 5% starke Großunternehmenssegment der kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen in den nBL zustande kommt. FuE-Aufwendungen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern (Mio. €) 1.200,00 1.000,00 800,00 600,00 400,00 200,00 0,00
2003
2004
2005
Plan 2006
Berlin Ost
165,60
176,31
162,31
183,92
Brandenburg
215,11
200,66
249,48
313,13
Meckl.-Vorp.
71,47
80,01
90,03
96,33
Sachsen-Anhalt
138,20
148,08
149,80
158,63
Sachsen
758,95
849,67
901,52
970,76
Thüringen
333,40
337,60
352,85
383,71
Diagramm 17: FuE-Aufwendungen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern
Hinsichtlich der FuE-Aufwendungen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen nach Bundesländern ist der Freistaat Sachsen mit 901,52 Mio. €. führend. Dies ist ein Anteil von 47,3%. Thüringen folgt mit 18,5% und rund 353 Mio. € an zweiter Stelle. Sachsen-Anhalt liegt mit 149,80 Mio. € vor Mecklenburg-Vorpommern an nahezu letzter Stelle. Insgesamt ist festzustellen, dass mit Ausnahme von Berlin-Ost in 2005 in allen neuen Bundesländern ein Wachstum gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen ist.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
71
Prozentualer Anteil an Gesamt FuE-Aufwendungen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen ausgewählter Bundesländer 60 40 20 0
2003
2004
2005
8,2
8,3
7,9
7,5
Sachsen
45,1
47,4
47,3
46,1
Thüringen
19,8
18,8
18,5
18,2
Sachsen-Anhalt
Plan 2006
Diagramm 18: Prozentualer Anteil an Gesamt FuE-Aufwendungen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen ausgewählter Bundesländer
4.5 Indikator: FuE-Intensität Der Anteil des FuE-Personals an den Gesamtbeschäftigten des Unternehmens (personalbezogene FuE-Intensität) in den nBL nimmt entsprechend Diagramm 19 mit zunehmender Unternehmensgröße ab. Lag der entsprechende Anteil bei Kleinstunternehmen (1..9 Mitarbeiter) in 2005 bei 50,1%, weisen Großunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten nur noch 5,4% auf. Adäquate Beobachtungen sind bei der aufwandsbezogenen FuE-Intensität (Anteil des FuE-Aufwandes am Umsatz) zu verzeichnen. Beide Kennziffern weisen im Durchschnitt gegenüber den Vorjahren keine grundlegenden Änderungen auf.
72
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Personalbez. FuE-Intensitäten kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen 60,0% 50,0% 40,0% 30,0% 20,0% 10,0% 0,0% 2003
2004
2005
1..9
52,1%
49,2%
50,1%
10..19
36,5%
37,1%
35,4%
20..49
23,4%
23,5%
25,7%
50..99
18,5%
17,8%
17,4%
100..249
10,8%
12,2%
12,6%
250..499
7,5% 5,7%
>=500
7,3% 5,3%
7,2% 5,4%
Diagramm 19: Personalbezogene FuE-Intensität kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen Aufwandsbez. FuE-Intensitäten kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen 35,0% 30,0% 25,0% 20,0% 15,0% 10,0% 5,0% 0,0%
2003
2004
2005
1..9
30,1%
23,9%
29,6%
10..19
23,3%
23,3%
21,1%
20..49
16,5%
13,7%
17,0%
50..99
12,2%
10,4%
9,2%
100..249
6,6%
7,2%
7,3%
250..499
4,6%
4,0%
4,2%
>=500
4,1%
4,3%
4,0%
Diagramm 20: Aufwandsbezogene FuE-Intensität kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
73
Die Ausstattung der kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen in den neuen Bundesländern mit Forschungsmitteln zeigt Diagramm 21. Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten weisen den größten Ausstattungsanteil mit Forschungsmittel auf. Sachsen verfügt über den höchsten Ausstattungsanteil mit 104,2 T€; Thüringen liegt mit 79,9 T€ an dritter Stelle. Im Vergleich der neuen Bundesländern geht Sachsen-Anhalt mit 66,5 T€ als Schlusslicht hervor. Die Produktivität wuchs in allen Betriebsgrößenklassen in 2005 gegenüber dem Vorjahr (Ausnahme KMU 20..49). Grund hierfür ist das schnellere Wachstum des Umsatzes gegenüber der Beschäftigtenzahl. Anzumerken ist, das die Produktivität Sachsen-Anhalts mit 215,5 T€ weit über dem Durchschnitt der nBL mit rund 175 T€ liegt. Hier nehmen Sachsen und Thüringen nur Platz 5 und 6 ein. FuE-Intensitäten kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen: Ausstattung in T€ 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0
2003
2004
2005
1..9
42,3
42,7
52,7
10..19
52,9
53,7
54,3
20..49
60,1
56,9
62,6
50..99
64,9
61,1
57,4
100..249
69,3
74,5
77,7
250..499
111,9
113,8
120,1
>=500
135,4
162,4
162,4
Diagramm 21: FuE-Intensität kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen: Ausstattung
74
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
FuE-Intensitätenkontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen: Produktivität in T€ 250,0 200,0 150,0 100,0 50,0 0,0
2003
2004
2005
1..9
73,3
87,7
89,1
10..19
82,8
85,8
91,1
84,9
97,8
94,5
20..49 50..99
98,3
104,2
108,7
100..249
114,2
126,8
133,7
250..499
161,0
206,8
207,1
>=500
189,1
201,0
218,1
Diagramm 22: FuE-Intensität kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen: Produktivität Personalbezogene FuE-Intensitäten kontinuierlich FuEbetreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern 16,0% 14,0% 12,0% 10,0% 8,0% 6,0% 4,0% 2,0% 0,0%
2003
2004
2005
9,4%
8,7%
8,2%
11,2%
10,2%
11,0%
Meckl.-Vorp.
10,5%
12,3%
13,4%
Sachsen-Anhalt
12,7%
11,2%
10,3%
Sachsen
10,8%
11,5%
12,0%
Thüringen
14,9%
14,8%
14,5%
Berlin Ost Brandenburg
Diagramm 23: Personalbezogene FuE-Intensität kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
Aufwandsbezogene FuE-Intensitäten kontinuierlich FuEbetreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern 12,0% 10,0% 8,0% 6,0% 4,0% 2,0% 0,0%
2003
2004
2005
Berlin Ost
3,8%
3,7%
3,0%
Brandenburg
6,9%
5,5%
5,5%
Meckl.-Vorp.
3,9%
4,1%
5,4%
Sachsen-Anhalt
4,2%
3,6%
3,2%
Sachsen
6,8%
7,5%
7,7%
Thüringen
9,9%
9,0%
8,7%
Diagramm 24: Aufwandsbezogene FuE-Intensität kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern FuE-Intensitäten kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern: Ausstattung in T€ 120,0 100,0 80,0 60,0 40,0 20,0 0,0
2003
2004
2005
Berlin Ost
73,2
81,6
76,5
Brandenburg
86,5
83,7
92,7
Meckl.-Vorp.
73,8
67,2
77,3
Sachsen-Anhalt
63,3
67,7
66,5
Sachsen
90,6
99,0
104,2
80,3
79,9
Thüringen
Diagramm 25: FuE-Intensität kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern: Ausstattung
75
76
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
FuE-Intensitäten kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern: Produktivität in T€ 250,0 200,0 150,0 100,0 50,0 0,0
2003
2004
2005
Berlin Ost
182,3
194,0
208,1
Brandenburg
141,1
155,7
184,2
Meckl.-Vorp.
198,2
200,9
190,2
Sachsen-Anhalt
190,2
213,2
215,5
Sachsen
143,7
152,1
162,9
Thüringen
114,7
132,5
132,6
Diagramm 26: FuE-Intensität kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern: Produktivität
4.6 Indikator: Umsatz Das Umsatzvolumen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen in den nBL liegt bei rund 36 Mrd. €. Mit ca. 25 Mrd. € werden 73,8% des Umsatzes durch Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten erwirtschaftet, davon erwirtschaften wiederum rund 60% Großunternehmen ab 500 Mitarbeitern. Gegenüber dem Vorjahr ist in 2005 in allen Betriebsgrößenklassen ein Wachstum zu verzeichnen. Das Umsatzwachstum liegt bei allen KMU bei ca. 4%, in Großunternehmen ab 500 Beschäftigten 13,5%.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
77
Umsatzvolumen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen (Mio. €) 25.000,00
20.000,00
15.000,00
10.000,00
5.000,00
0,00
1
2
3
4
1..9
241,50
299,50
281,52
345,77
10..19
520,51
586,22
630,93
715,34
20..49
1.295,12
1.514,16
1.495,90
1.726,67
50..99
1.763,65
1.778,06
1.930,94
2.100,25
100..249
3.650,78
3.907,02
4.070,64
4.432,32
250..499
3.621,44
4.366,30
4.117,69
4.321,15
16.014,16
17.192,22
19.511,06
20.920,49
>=500
Diagramm 27: Umsatzvolumen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen Prozentuales Verhältnis: Umsatzvolumen kontinuierlich FuE-betreibender KMU und Großunternehmen der nBL 80 60 40 20 0
2003
2004
2005
Plan 2006
KMU (1..249)
27,6
27,3
26,2
27
Großunternehmen (ab 250)
72,4
72,7
73,8
73
Diagramm 28: Prozentuales Verhältnis: Umsatzvolumen kontinuierlich FuE-betreibender KMU und Großunternehmen der nBL
Mit einem Umsatzvolumen von 12.184,16 Mio. € erwirtschaftet der Freistaat Sachsen 35,3% des Umsatzes der nBL in 2005. Sachsen-Anhalt belegt mit 5.131,17 Mio. €
78
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Umsatz und somit 14,8 % Platz 3. Thüringen ist mit 12,2% an Stelle 5 knapp hinter Brandenburg. Umsatzvolumen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach 14.000,00 12.000,00 10.000,00 8.000,00 6.000,00 4.000,00 2.000,00 0,00
2003
2004
2005
Plan 2006 6.443,44
Berlin Ost
4.393,60
4.815,28
5.389,92
Brandenburg
3.126,26
3.653,21
4.523,96
4.614,04
Meckl.-Vorp.
1.835,32
1.948,56
1.654,22
1.967,22
Sachsen-Anhalt
3.266,84
4.153,97
4.692,55
Sachsen
11.120,65
11.311,99
11.732,09
Thüringen
3.364,50
3.760,49
4.045,95
5.131,17 12.184,16 4.221,96
Diagramm 29: Umsatzvolumen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern Prozentualer Anteil an Gesamt: Umsatzvolumen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen ausgewählter Bundesländern 60 40 20 0 Sachsen-Anhalt Sachsen Thüringen
2003
2004
2005
Plan 2006
12,1
14
14,6
14,8
41
38,2
36,6
35,3
12,4
12,7
12,6
12,2
Diagramm 30: Prozentuales Anteil an Gesamt: Umsatzvolumen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen ausgewählter Bundesländer
4.7 Indikator: Export Ein charakteristisches Merkmal kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen ist die hohe Exportaktivität. Mit steigender Betriebsgröße wächst dabei die Exportaktivität. Von den in 2005 zu betrachtenden 1.848 KMU wiesen 1.089 Exportaktivitäten mit
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
79
einem Exportvolumen von 2.447 Mio. € auf. Im Vergleich der neuen Bundesländer zeigen Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt entsprechend Diagramm 33 überdurchschnittlich hohe Exportaktivitäten. Exportaktivität und -volumen kontinuierlich FuE-betreibender KMU der nBL 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0
2003
2004
2005
KMU (1..249)
1.888
1.901
1.848
davon Unternehmen mit Export
1.049
1.123
1.089
Exportvolumen (Mio €)
1.761
2.002
2.447
Diagramm 31: Exportaktivität und -volumen kontinuierlich FuE-betreibender KMU der nBL Gesamtzahl der kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen der nBL nach Bundesländern 800 700 600 500 400 300 200 100 0
2003
2004
2005
Berlin Ost
207
203
203
Brandenburg
264
275
282
Meckl.-Vorp.
121
137
132
Sachsen-Anhalt
272
269
264
Sachsen
722
726
679
Thüringen
398
386
380
Diagramm 32: Gesamtzahl der kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen der nBL nach Bundesländern
80
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Exportaktivität kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern 600 500 400 300 200 100 0
2003
2004
2005
Berlin Ost
114
124
121
Brandenburg
118
123
131
Meckl.-Vorp.
54
86
85
Sachsen-Anhalt
142
162
167
Sachsen
435
478
437
Thüringen
256
244
244
Diagramm 33: Exportaktivitäten kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern
4.8 Zusammenfassung Es bleibt grundsätzlich zu konstatieren, dass sich die betrachteten Indikatorenkennziffern aller kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen in den nBL in 2005 gegenüber dem Vorjahr verbessert haben (Ausnahme: Unternehmensbestand -2,8%, FuEIntensität 0%). Es lassen sich Zuwächse beim FuE-Personal (2,7%), FuE-Aufwand (6,3%), Umsatz (8,1%) und Exportvolumen (23,1%) verzeichnen. Hinsichtlich des Unternehmensbestandes in den nBL ist ersichtlich geworden, dass mit 95,3% bei kontinuierlich und 99,3% bei zeitweilig FuE-betreibenden Unternehmen die absolute Mehrheit der Unternehmen der Kategorie der klein- und mittelständischen Unternehmen angehört. In der Segmentierung des Unternehmensbestandes nach Bundesländern zeigt sich Sachsen, gefolgt von Thüringen und Sachsen-Anhalt an erster Stelle. Es ist außerdem ersichtlich geworden, dass im Zeitraum 2003 bis 2006 durchschnittlich ca. 70% der FuE-Beschäftigten in kontinuierlich FuE-betreibenden KMU integriert sind. In gleicher Kategorie nimmt Sachsen mit rund 40% der FuE-Beschäftigten in den nBL Platz 1 ein, gefolgt von Thüringen und Sachsen-Anhalt (Platz 4). Die in den nBL zur Verfügung stehenden FuE-Aufwendungen wurden jeweils ca. zur Hälfte durch KMU und Großunternehmen aufgebracht.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
81
Im Wirtschaftssektorenranking belegt wieder Sachsen den 1. Rang, gefolgt von Thüringen, Sachsen-Anhalt belegt den vorletzten Platz. Sowohl die personal- als auch die aufwandbezogene FuE-Intensität nimmt in den nBL mit zunehmender Unternehmensgröße ab. Sachsen verfügt über den höchsten Ausstattungsanteil mit Forschungsmitteln mit knapp 104 T€ vor Thüringen mit rund 80 T€. Mit knapp 67 T€ ist Sachsen-Anhalt an letzter Stelle. Hinsichtlich der Umsatzkennziffer ist ersichtlich geworden, dass ca. 74% des Umsatzes in den nBL durch Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten erzielt wurde. Sachsen erwirtschaftete den höchsten Umsatzanteil, vor Sachsen- Anhalt auf Platz 3 und Thüringen auf Platz 5. Bezüglich der Exportaktivitäten wurde festgestellt, dass sowohl Sachsen als auch Thüringen und Sachsen-Anhalt im Vergleich mit den anderen nBL überdurchschnittlich hohe Zahlen aufweisen.
5 Bestandsaufnahme der regionalen Kooperations- und Innovationstätigkeit 5.1 Thematische Einführung Im fünften Kapitel wird eine Bestandsaufnahme der Kooperations- und Innovationstätigkeiten der zu betrachtenden Wirtschaftssektoren Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen stehen. Zunächst erfolgt eine Analyse der Kooperationsbeziehungen im Rahmen der Darstellung der Kooperationsbereitschaft und des Kooperationsverhaltens kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen in den nBL. In Folge dessen steht die Analyse der Kooperationsaktivitäten nach Betriebsgrößenklassen und Bundesländern im Mittelpunkt der Betrachtungen. In Abschnitt 5.3. steht die Bestandsaufnahme der regionalen Innovationsfelder und innovativen Wachstumszentren im Fokus der Betrachtungen. Anhand ausgewählter innovativer Wachstumskerne werden staatlich geförderte FuE-Projekte genauer beschrieben. Es erfolgt eine Unterteilung in die jeweiligen Wirtschaftssektoren unter Berücksichtigung spezifischer Regionen. 5.2 Analyse der Kooperationsbeziehungen Entsprechend Diagramm 34 zeigten 84% der kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen in den neuen Bundesländern im Jahr 2005 entsprechende Kooperationsbeziehungen, nur 16% gestalten ihre FuE-Aktivitäten ohne Kooperationen. Damit ist die Kooperationsbereitschaft bei KMU äußerst hoch.
82
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Diagramm 35 skizziert das Kooperationsverhalten in 2005 nach Betriebsgrößenklassen. Dementsprechend weisen klein- und mittelständische Unternehmen eine Kooperationsaktivität von durchschnittlich 83,2% auf. Großunternehmen ab 250 Beschäftigten kooperieren mit durchschnittlich 94,5% noch höher. Verteilung kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Kooperationsbeziehungen 2005 16%
84% Unternehmen mit Kooperation Unternehmen ohne Kooperation
Diagramm 34: Verteilung kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Kooperationsbeziehungen Kooperationsverhalten kontinuierlich FuE- betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen 600 500 400 300 200 100 0 Unternehmen Gesamt Unternehmen mit Kooperation Unternehmen ohne Kooperation
1..9
10..19
20..49
50..99 100.249 250.499 >=500
503
439
449
224
173
47
43
419
358
374
186
150
44
41
84
81
75
38
23
3
2
Diagramm 35: Kooperationsverhalten kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Betriebsgrößenklassen
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
83
Kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Mitgliedschaft in Kooperationen/ Netzwerken nach Bundesländern 2005 800 700 600 500 400 300 200 100 0
Berlin Ost
Branden- Meckl.- SachsenSachsen burg Vorp. Anhalt
Thüringen
Unternehmen Gesamt
203
282
132
264
679
380
darunter Unternehmen mit Kooperation
160
224
103
222
563
300
darunter Unternehmen in Netzwerken
83
107
67
114
279
138
Diagramm 36: Kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Mitgliedschaft in Kooperationen/ Netzwerken nach Bundesländern Art der Netzwerkzugehörigkeit kontinuierlich FuE- betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern 2005 800 700 600 500 400 300 200 100 0 Berlin Ost
Branden- Meckl.- SachsenSachsen burg Anhalt Vorp.
Thüringen
Unternehmen Gesamt
203
282
132
264
679
380
davon Unternehmen in Netzwerken
83
107
67
114
279
138
davon region. Netzwerke
60
71
49
90
197
99
davon überregionale Netzwerke
34
48
29
45
109
67
davon internat. Netzwerke
12
9
7
9
24
22
Diagramm 37: Art der Netzwerkzugehörigkeit kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen der nBL nach Bundesländern
Sachsen-Anhalt weist mit 84,1% den höchsten Kooperationsanteil ausgehend von der Anzahl der gesamten Unternehmen in diesem Bundesland auf. Mit 83% folgt der Feistaat Sachsen. Thüringen befindet sich mit 300 von 380 Unternehmen und somit 79% auf Platz 4 innerhalb der neuen Bundsländer.
84
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Annähernd 40% der kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen in den neuen Bundesländern agierten im Jahr 2005 in entsprechenden Wirtschafts- und Innovationsnetzwerken. Davon sind 71,8% in regionalen, 42,1% in überregionalen und 10,5% in internationalen Netzwerken tätig. 5.3 Bestandsaufnahme der regionalen Innovationsfelder und innovativen Wachstumskerne Die Bestandsaufnahme der regionalen Innovationsfelder und innovativen Wachstumskerne wird entsprechend der nachfolgenden Darstellung strukturiert: Wirtschaftssektor Sachsen: • Region Chemnitz/ Zwickau, • Region: Dresden, • Region: Leipzig i.e.S. und • Zittau: am Beispiel des Wachstumskerns „noa“ Wirtschaftssektor Sachsen-Anhalt: • Region Bitterfeld/ Wolfen, • Haldensleben: am Beispiel des Wachstumskerns „ALFA“, • Region: Halle/ Merseburg (Leipzig), • Harzgerode: am Beispiel des Wachstumskerns „AL-CAST“ und • Region: Nordharz-Börde-Magdeburg-Gatersleben Wirtschaftssektor Thüringen: • Hermsdorf: am Beispiel des Wachstumskerns „fanimat nano“ und • Region: Erfurt-Jena-Ilmenau 5.3.1
Wirtschaftssektor Sachsen
Mit dem Ziel der Stärkung und Unterstützung der regionalen Kooperations- und Innovationstätigkeit verfügt Sachsen über eine gut strukturierte sowie ausgebaute Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur. Diese besteht neben zahlreichen Verbundinitiativen auch aus diversen Kompetenzzentren und universitären sowie außeruniversitären Forschungs- und Bildungseinrichtungen. Insgesamt agieren 21 Technologiegründerzentren mit ca. 660 Firmen und etwa 3.820 Beschäftigten in Sachsen. Über 6000 Mitarbeiter unterstützen an zahlreichen Universitäten und universitäre Einrichtungen die Forschungs- und Entwicklungsarbeit des Landes. Folgenden Einrichtungen des Technologietransfers können definiert werden: • Patentinformationszentren, • Technologieberatungszentren, • Technologietransferzentren und • Technologie- und Gründerzentren. Gesonderte und detaillierte Informationen finden sich im Anhang.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
85
5.3.1.1 Region Chemnitz-Zwickau Die Region Chemnitz-Zwickau definiert sich in erster Linie als das größte Zentrum des Anlagen- und Maschinenbaus in den neuen Bundesländern, resultierend aus seiner ca. 150-jährigen traditionellen Geschichte. Die absolute Mehrheit der regionalen Automobilzulieferer konzentrieren sich in der Wirtschaftsregion Chemnitz-Zwickau. Namhafte Auftraggeber und sind die umliegenden Produktionsstandorte der Großunternehmen Porsche, BMW und VW. Andererseits entwickelt sich Chemnitz zu einem exzellenten nationalen Forschungsund Entwicklungsstandort. Weitere Wachstumsbrachen entstehen und entwickeln sich rasant. FuE- und Innovationen- betreibende KMU agieren vorrangig in den Innovationsfeldern: • des Maschinen- und Anlagenbaus, • der Automobil- und Zulieferindustrie, • der Informationstechnologie, • der Mikrosystemtechnik und RFID- Anwendungen und • der Nanotechnologie. Es lassen sich vielschichtige und erfolgreiche regionale Praxisbeispiele aufzeigen (Auszug): • Wachstumskern „printronics-Chemnitz“ (2006-2009/ BMBF- Innovationsinitiative Neue Länder) in Chemnitz und Südwestsachsen mit vier grundlagenorientierten sowie fünf anwendungsorientierten Projekten • Wachstumskern „MaliTec-Nähwirk- und Vlieswirkstoffe für Technische Textilien“ (2005-2008/ BMBF-Innovationsinitiative Neue Länder) in Chemnitz und Sachsen mit Projekten in den Bereichen Fahrzeugbau, Industrie, Luft-/ Wasserreinhaltung, Verpackung, Tiefbau, Gebäudereinigung, Heim und Haus, • Wachstumskern „M TeMaK-Serienfähige Bauteile aus MagnesiumKnetlegierungen“ (2007-2010/ BMBF-Innovationsinitiative Neue Länder) in Chemnitz mit Projekten in den Bereichen Material, Entwicklung/ Konstruktion, Umformen/ Zerteilen, Fügen, Oberfläche, Recycling • Maschinen- und Anlagenbau: Kompetenzzentrum Maschinenbau Chemnitz/ Sachsen e.V. und Verbundinitiative Maschinenbau Sachsen • Wachstumskern „high STICK-Stickereitechnologie für Zukunftsmärkte“ (2007-2010/ BMBF-Innovationsinitiative Neue Länder) in Plauen • Wachstumskern „intonato“ („Soundline Erzgebirge“), (2003-2006/ BMBF- Innovationsinitiative Neue Länder) in Annaberg-Buchholz/ Chemnitz/ Mittweida 5.3.1.2 Region Dresden Die Innovationsregion Dresden zeichnet sich durch seine vielfältige Branchenstruktur mit technologischem Fokus aus. Bekannt sind v.a. die Mikroelektronik und der Anla-
86
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
gen- und Maschinenbau. Die Region impliziert ein äußerst hohes Maß an Forschungs- und Entwicklungskonzentration im Wirtschaftsbereich der neuen Bundesländer. Charakteristisch ist die Verzahnung von Grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung, der zukunftsorientierten Industrieforschung und der Investitionen namhafter Unternehmen, wie das Greenfield Investment der Advanced Mask Technology Center GmbH & Co. KG, dem Gemeinschaftsprojekt von AMD, Infineon und DuPont. FuE- und Innovationen- betreibende KMU agieren gegenwärtig primär in den Innovationsfeldern: • Mikroelektronik, • Informations- und Kommunikationstechnologie, • Biotechnologie, • Neue Werkstoffe/ Nanotechnologie, • Maschinen- und Anlagenbau und • Fahrzeug-, Luft- und Raumfahrttechnik. Praxisbeispiele (Auszug): • Wachstumskern „inno.zellmet - Zellulare metallische Werkstoffe für strukturelle und funktionelle Anwendungen“ (2005-2008/ BMBF- Innovationsinitiative Neue Länder) in Dresden mit vier Einzelprojekten • Wachstumskern „IKON - Schonende Verfahren zur Inaktivierung mikrobieller Kontaminanten“ (2003-2006/ BMBF-Innovationsinitiative Neue Länder) in Dresden mit fünf Projekten (zwei Grundlagenprojekte als Technologieplattform der Druckwechseltechnologie/ drei Aufbauprojekte) • Mikroelektronik: Netzwerk Silicon Saxony e.V.: Unternehmen der Halbleiter-, Elektronik-, und Mikrosystemindustrie sowie Zulieferer, Dienstleister, Vertreter aus Bildung/ Forschung • und der Landesregierung Dresden • Nanotechnologie-Kompetenzzentrum "Ultradünne funktionale Schichten": bundesweiter Zusammenschluss unter Koordination des Fraunhofer Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik Dresden • Verbundinitiative "AutoMobilZulieferer Sachsen": Entwicklung der GesamtFahrzeug-Kompetenz im sächsischen Zulieferbereich in Förderung des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit • Kompetenzzentrum Luft- und Raumfahrttechnik Sachsen/ Thüringen e.V.: Zusammenschluss in den Bereichen CAD-Konstruktion, Kunststoffteile, Elektronik, Photovoltaik, Oberflächen- oder Zerspanungstechnik. 5.3.1.3 Region Leipzig i.e.S. Die Region Leipzig weist eine stark wechselseitige Verknüpfung mit dem Wirtschaftszentrum Halle-Merseburg auf. Nachfolgend wird der innovative Wirtschaftsraum Leipzig im engeren Sinn dargestellt. Der traditionelle Industriestandort ist mit
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
87
der Wende zu großen Teilen zusammengebrochen. Heute ist es der Stadt gelungen, eine heterogene Wirtschaftsstruktur zu entwickeln, welche durch die Automobil- und Zulieferindustrie sowie die weiße Biotechnologie angeführt wird. Die Ansiedlung namhafter Unternehmer wie BMW und Porsche aber auch Siemens, Amazon und DHL stehen für den Standort Leipzig. FuE- und Innovationen- betreibende KMU agieren vorrangig in den Innovationsfeldern: • Automobil- und Zulieferindustrie, • Medien/ Kommunikationstechnik/ IT und • Gesundheit/ Biotechnologie/ Medizintechnik Auch hier lassen sich exemplarisch regionale Praxisbeispiele aufzeigen (Auszug): • Wachstumskern „Precision Cast-Komplettlösungen für extrem gewichtsreduzierte, hochintegrative und stark beanspruchte Gusskomponenten, die den gesamten Gießereiprozess abbilden“ (2007-2010/ BMBF-Innovationsinitiative Neue Länder) in Leipzig mit fünf Verbundprojekten • BIOCITY LEIPZIG: Plattform in enger Verzahnung von Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung mit diversen Beratungs-, Informations- und Kommunikationsangeboten (BIO-START, BIO-COACH, BIO-TALK) und dem Biotechnologisch-Biomedizinischen Zentrum • Mittelosteuropa-Zentrum Leipzig: Förderung durch das BMBF in den Jahren 2006 bis 2008 mit dem Ziel der Förderung der Zusammenarbeit mit innovativen mittel- und osteuropäischen Staaten und Unternehmen 5.3.1.4 Zittau am Beispiel des Wachstumskerns „noa“ Kurzportrait Der Wachstumskern noa wird in 2 Projekten seitens der BMBF- Innovationsinitiative- Neue Länder-, im Rahmen der innovativen Oberflächenveredlung in der Region Zittau gefördert. Das erste Projekt definierte sich in den Jahren 2001 bis 2003 als Netzwerk für moderne Oberflächentechnik und innovativen Anlagenbau. Die zweite Phase wurde im Zeitraum 2005 bis 2007 mit Fokus auf relevante PVDOberflächentechnologien für Schütt- und Stückgüter unterstützt. Beide Projekte konzentrieren sich in fachlicher Hinsicht auf die plasmagestützte Vakuumbeschichtung im PVD-Verfahren, primär in den Bereichen Automobil-, Maschinen- u. Anlagenbau, Medizin-, Kommunikations, Textil- und Umwelttechnik. Ziel ist es, mit dem Fokus der PVD-Oberflächentechnologien europaweiter Komplettanbieter für Entwicklung und Fertigung mit einem Marktanteil von 20% bei Schütt- und 5% bei Stückgütern im Jahr 2015 zu werden.
88
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Projekte und Themenfelder Die gegenwärtige Förderung wird in drei Teilprojekten realisiert: • TRAEKAT: plasmagestützte Oberflächentechnik • ALMAPLAS: plasmagestützte Vakuumverfahren • BEDABILD: Wissensvermittlung und Know-how-Transfer im "Internationalen Zentrum für innovative Oberflächentechnik" Partner und Netzwerke (Auszug) • • • • • • • • • •
5.3.2
Techno-Coat Oberflächentechnik GmbH, Zittau FhG FEP, Dresden Hochschule Zittau/Görlitz (FH) SSL Maschinenbau GmbH, Eibau ULT Umwelt-Lufttechnik, Kittlitz Firmengruppe Drochow GmbH, ReMetall Drochow innotas Elektronik GmbH Böllhoff Produktion GmbH & Co.KG Eichler Pulverbeschichtung GmbH Galvanowerk Seifhennersdorf GmbH Wirtschaftssektor Sachsen-Anhalt
Auch Sachsen- Anhalt weist eine stabile und differenzierte Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur auf. So verzeichnet das Bundesland elementare Bausteine in der aktiven Kooperations- und Innovationstätigkeit in den Segmenten der: • Forschungszentren • Wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen und • Technologie- und Gründerzentren. Weiterführende Informationen werden im Anhang zur Verfügung gestellt. Charakteristisch sind die Innovationsnetze des Landes, welche eine Verknüpfung von Wirtschaft und Wissenschaft v.a. für die Zielgruppe der regionalen KMU darstellen. Folgende Innovationsnetze und innovative regionale Wachstumskerne prägen die Innovationslandschaft: • InnoPlanta - Pflanzenbiotechnologie, Nordharz/ Börde • REPHYNA - Phytopharmaka/ Nahrungsergänzungsmittel, Börde • NinA. - Naturstoff Innovationsnetzwerk, Altmark • MAHREG Automotive - Automobilzulieferer Magdeburg Altmark Harz • INNOMED - Regionales Netzwerk für Neuromedizintechnik Sachsen Anhalt, Magdeburg • PharmaMD, Pharmaka aus Magdeburg - Tradition und Zukunft • Industrielle Produktion therapeutisch rekombinanter Proteine, Halle • Reactive WetCoating-funktionelle Nassbeschichtung, Bitterfeld/ Wolfen
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
89
• AL-CAST, Aluminium in Perfektion aus der Harzregion • ALFA- Allianz Faserverbunde, Haldensleben • Maßgeschneiderte Composites-Produkte für Massenmärkte aus dem Ohrekreis 5.3.2.1 Region Bitterfeld/ Wolfen Die Region Bitterfeld/ Wolfen definiert sich im Wesentlichen durch das Chemiedreieck Bitterfeld/ Wolfen-Schkopau-Leuna und den MicroTechPark Wolfen/ Thalheim. Charakteristisch ist die Existenz und Verknüpfung diverser Wirtschaftsbranchen. Sowohl traditionelle als auch junge und neuartige Wirtschaftsbereiche treten in harmonischer und synergetischer Weise in den Fokus des Betrachters. Die Region charakterisiert sich durch eine hohe Wandlungsdynamik, welche aus der Restrukturierung der traditionellen Chemie und Neustrukturierung junger und neuer Wirtschaftszweige sowie intensiver förderpolitischer Aspekte resultiert. Ansässige innovative Unternehmensgruppen sind z.B. Bayer, Sauter-Gruppe (Verbio) und die Q-CellsGruppe mit ihren verbundenen Unternehmen. FuE- und Innovationen- betreibende KMU agieren vorrangig in den Innovationsfeldern: Traditionelle Wirtschaftsbranchen: • Chemie und Pharmazie, • Beschichtungstechnologie/Oberflächentechniken, • Spezialmaschinenbau/Metallzulieferer und • Kunststofftechnik. Junge und neue Innovationsfelder: • Solarzellentechnologie, • Glasproduktion/Lichtleitertechnologie und • Logistik Es lassen sich diverse Praxisbeispiele und Kooperationspartner aufzeigen (Auszug): • Oberflächenbeschichtung/ Nanotechnologie: Wachstumskern „Reactive Wet Coating“ (2004-2007/ BMBF - Innovationsinitiative Neue Länder) in Bitterfeld/ Wolfen mit 10 Einzelforschungs- und Entwicklungsprojekten sowie „Reactive Wet Coating 2 - Kapillarbegießtechnologie zur nanoskaligen funktionellen Nassbeschichtung von ebenen und dreidimensional gekrümmten Flächen“ (2007- 2010) • Solarzellentechnologie: Q-Cells AG in Wolfen/ Thalheim • Logistik: DHL in Schkeuditz • Technologieinteressengemeinschaft e.V. TIG • Innovative Chemie Mitteldeutschlands (NEMO-Netzwerk) • MIT-NET der Technologie- und Gründerzentren (Mitteldeutsches Technologie-Netzwerk)
90
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
5.3.2.2 Haldensleben am Beispiel des Wachstumskerns ALFA Kurzportrait Der Wachstumskern ALFA-Allianz faserverbundene maßgeschneiderte CompositeProdukte für Massenmärkte in Haldensleben (2006-2009/ Ohrekreis, Magdeburg) setzt sich zum Ziel, durch bestehende Hochleistungstechnologien eine weltweit einzigartige technologische Plattform zur Herstellung innovativer Massenprodukte aus Verbundwerkstoffen für diverse Konsumentenbereiche zu etablieren. Durch die BMBF- Innovationsinitiative Neue Länder „Wachstumskerne- Unternehmen Region“ wird die Bildung eines Produktentwicklungs- und Innovationszentrums für Faserverbunde intensiviert. Projekte und Themenfelder Projektthemen: Material-, Technologie- und Produktentwicklung Projektbereiche: Maschinenbau, Telekommunikation, Bauindustrie Projektschwerpunkte: Verfahrens-, Produkt- und Materialentwicklung Partner und Netzwerke (Auszug) • • • • • • • •
H&B OMEGA Europa GmbH, Osterweddingen Polystal Composites GmbH, Haldensleben SYMACON Engineering GmbH, Barleben Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) Magdeburg Institut für Mechanik (IFME), Universität Magdeburg Institut für Fördertechnik und Logistik der Universität Stuttgart (IFT) SYSTEM-DATA AG, Haldensleben Technologietransfer und Innovationsförderung Magdeburg GmbH
5.3.2.3 Region Halle/ Merseburg (Leipzig) Die Region Halle/ Merseburg umfasst den Großraum Dessau - Wittenberg, Halle und Merseburg. Eine starke wechselseitige Verknüpfung besteht mit den Wirtschaftszentren Bitterfeld/ Wolfen sowie Leipzig. Traditionell basiert die Region auf einer starken Industrialisierung mit den Chemiestandorten Leuna und Buna. Die Region Halle/ Merseburg hat einen enormen Strukturwandel durchlaufen, sodass heute neben der klassischen Chemie auch neuartige Wirtschafts- und Innovationsbranchen angesiedelt sind. So wurde bspw. durch die europäische Kommission das Modellprojekt Regionalen Innovationsstrategie Halle-Leipzig-Dessau (RIS) gefördert. Primär liegt der wirtschaftliche Schwerpunkt jedoch in den Segmenten Dienstleistung und Handel. Folgende aktive Innovationsfelder lassen sich gegenwärtig aufzeigen: • Information und Kommunikation, • Maschinen- und Fahrzeugbau, • Lebensmittelindustrie und • Chemische Industrie.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
91
Praxisbeispiele (Auszug): • Regionale Innovationsstrategie Halle-Leipzig-Dessau (RIS): Innovationsfelder: Bio-Technologie, Informationsgesellschaft, Medizintechnik, Biomaterialien und Arzneimittel • Netzwerke: Netzwerk Mitteldeutsche Kunststofftechnik, Medizintechnik-, Biomaterial- und Arzneimittelnetzwerk, Mitteldeutsches Telematiknetzwerk, Demonstrationszentrum Kreislauffähigkeit von Werkstoffen • Wachstumskern „Therapeutische Proteine-Technologien zur industriellen Produktion therapeutischer rekombinanter Proteine“ in Halle (2001-2003/ BMBFInnovationsinitiative Neue Länder) 5.3.2.4 Harzgerode am Beispiel des Wachstumskerns AL-CAST Kurzportrait Der Wachstumskern AL-CAST-Entwicklung und Herstellung von AluminiumGussteilen- Harzgerode (2005-2008/ Unterharz, Quedlinburg) definiert sich aus Unternehmen des Automobilzuliefernetzwerk MAHREG Automotive und impliziert die Werkstoffkompetenz für Aluminium mit der Technologie des Gießens in seiner gesamten Forschungs- und Entwicklungskette. Ziel des Zusammenschlusses ist es, bis zum Jahre 2015 eine herausragende europäische Position der AluminiumGusszulieferer für die Automobilindustrie einzunehmen. Zielmärkte sind neben der Primärbranche Automobilindustrie, in der Luftfahrt, dem Schienenfahrzeugbau und qualitativ hochwertigen Konsumgütergeräten angesiedelt, die Koordinierung erfolgt durch die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Quedlinburg. Projekte und Themenfelder • Verfahrensentwicklung (Druck- und Kokillenguss) • Kennwertsimulation • Fertigung von Prototypen und Werkzeugen mit generativen Verfahren • Prüfung und Automatisierbarkeit Partner und Netzwerke (Auszug) • Rautenbach AG • H&B Omega GmbH • InKraft GmbH • ENA GmbH • IHTE e.V. • CastTech GmbH • INB Vision AG • NetCo GmbH • GfW LK Quedlinburg GmbH • Universität Magdeburg - IFQ/IWW • FhG - IFF Magdeburg
92
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
5.3.2.5 Region Nordharz-Börde-Magdeburg-Gatersleben Die Region Nordharz-Börde-Magdeburg-Gatersleben spiegelt durch ihre Bandbreite an verschiedenen Innovationsfeldern ein hohes Maß an Wirtschaftskompetenz wieder. Ausgehend von den traditionellen Industrien und der Landwirtschaft ist es der Region gelungen, neue und innovative Wachstumsmärkte zu etablieren. Nicht zuletzt durch vielfältige förderpolitische Maßnahmen und Impulse konnte dieser Entwicklung beigetragen werden. FuE- und Innovationen- betreibende KMU agieren vorrangig in den Innovationsfeldern: • Agrar- und Ernährungswirtschaft, • Pflanzenbiotechnologie, • Medizin- und Pharmaindustrie, • Kunststoffverarbeitung, • Vliesstoffproduktion, • Chemische Industrie, • Maschinen- und Anlagenbau, • Automobilzulieferindustrie und • Pulver- und Sintermetallurgie Praxisbeispiele (Auszug): • Pflanzenbiotechnologie: InnoPlanta e.V. - Nordharz/ Börde • Pharmazie: Wachstumskern „Pharma MD - Pharmaka aus Magdeburg“ (20012003/ BMBF-Innovationsinitiative Neue Länder) • Automobilindustrie: MAHREG - Automotive/ Kompetenznetz der Automobilzulieferer Sachsen-Anhalts (BMBF - InnoRegio- Initiative) mit 6 Projekten (z.B. Multimedia im Auto, Innovativer Leichtbau) 5.3.3
Wirtschaftssektor Thüringen
Auch der Freistaat Thüringen stellt sich in besonderem Maße den Anforderungen einer leistungsstarken und wettbewerbsfähigen Wirtschaftskultur, die den Fokus auf innovations- und somit zukunftsversprechende Schlüsseltechnologien setzt. Gegenwärtig werden Entwicklungen in folgenden Technologiefeldern vorangetrieben: • Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, • Informations- und Kommunikationstechnik/ Medien, • Neue Werkstoffe, • Optik und Optoelektronik, • Produktionstechnik/Verfahrenstechnik, • Mikrosystemtechnik und • Biotechnologie. • Umwelttechnik und
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
93
• Medizintechnik. Im Sinn einer kontinuierlichen Weiterentwicklung und des gezielten Ausbaus der FuE- und Innovationstätigkeit fördert der Freistaat in diesem Rahmen und mit Hilfe seiner Technologiepolitik sogenannte Technologie-Cluster, welche die Verknüpfung regionaler Technologie-Kompetenzen inkludieren. Aktuell bestehende Cluster- Initiativen können dem Anhang entnommen werden. Die Forschungs- und Technologieinfrastruktur des Landes bildet v.a. für die Zielgruppe der klein- und mittelständischen Unternehmen einen dienstleistungsorientierten und kompetenten Ansprechpartner im Blickfeld ihrer Innovationstätigkeit. Folgende Institutionsbereiche haben sich in den letzten Jahren herausgebildet: • Technologie- und Gründerzentren sowie Applikationszentren • Wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen • Technologietransfer- bzw. Beratungseinrichtungen • Fördereinrichtungen im Technologiebereich. Detaillierte Informationen hierzu werden im Anhang zur Verfügung gestellt. Die regionale Innovations- und v.a. Kooperationstätigkeit Thüringens wird des Weiteren durch Plattformen, wie das Wirtschafts- und Innovationsportal Thüringen (WIP) sowie das Wirtschaftsnetz Thüringen (WNT) unterstützt. Ebenso kommt der „Stiftung für Technologie, Innovation und Forschung Thüringen“ (STIFT) als primäre Kompetenzstelle für KMU eine tragende Rolle zu. 5.3.3.1 Hermsdorf am Beispiel des Wachstumskerns „fanimat nano“ Kurzportrait Der Wachstumskern „fanimat nano - Nanotechnologie zur Funktionalisierung keramischer Materialien für neue Systemprodukte“ in Hermsdorf/ Thüringen wird im Rahmen der BMBF- Innovationsinitiative - Neue Ländern im Zeitraum 2005 bis 2008 gefördert. Aufgabe des Innovationszentrums ist es, die Segmente Elektrotechnik/ Elektronik, Optik/ Optoelektronik sowie Medizintechnik im Fokus der Nanopartikeltechnologie zur Forschung und Entwicklung qualitativ hochwertiger Komponenten und Systemprodukte zu verknüpfen. Ziel ist die Etablierung eines internationalen Anwendungszentrums von nanotechnologischen Material- und Beschichtungskonzepten für keramische Komponenten und Systeme in der Region des Hermsdorfer Kreuzes. Projekte und Themenfelder Projekte: Der primäre Innovationsgedanke charakterisiert sich dadurch, dass die nanotechnologischen Eigenschaften in einer durchgängigen Fertigungstechnologie über die vollständige Wertschöpfungskette realisiert werden. Die Tätigkeiten des Wachstumskerns werden in drei Komplexprojekten umgesetzt: • Projekt 1: Material- und Schichtentwicklung • Projekt 2: Pulverherstellung und -formgebung
94
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
• Projekt 3: Gradierte Oberflächen Themenfelder: • Ceramic Commodities • Elektronische Bauelemente • Sensor-/ Aktorbaugruppen • Endoprothetik • Bio-, Chemie-, Energie- und Umwelttechnik • Luft- und Raumfahrt • Maschinen- und Anlagenbau/ Automatisierungstechnik • Consumer Partner und Netzwerke (Auszug) Der Wachstumskern besteht aus acht Unternehmen aus dem Segment der KMU sowie fünf Forschungs- und Bildungseinrichtungen. • Micro-Hybrid Electronic GmbH • Siegert TFT GmbH • VIA electronic GmbH • Lust Hybrid-Technik GmbH • Rauschert Keramische Bauelemente GmbH • Hermsdorfer Institut für Technische Keramik e.V. Fachhochschule Jena 5.3.3.2 Region Jena- Erfurt- Ilmenau Die Region Jena, Erfurt, Ilmenau zeigt ein sehr heterogenes und vor allem dynamisch- innovatives Wirtschaftsleben. Traditioneller Inbegriff sind die sich ständig weiterentwickelten und spezialisierten Technologiefelder Optoelektronik/ Optik mit namhaften Unternehmen wie Zeiss Jena, SCHOTT Jenaer Glas sowie Jenoptik. Auf dieser Grundlage wird in der Großregion eine innovative Plattform für junge Unternehmen und neue Technologiemärkte geschaffen. Mannigfaltige Innovationsfelder sind in der Region zu finden; z.B. werden höchste Erfolge in der Branche der Biotechnologie erreicht. Wissenschaftlich fundierte Innovationszentren, zahlreiche Kompetenznetze, regionale und bundesweite Förderprojekte, Global- PlayerInvestments sowie ein Exportanteil von über 40% in der Industrie charakterisieren das Wirtschaftspotenzial als Hochtechnologieregion. FuE- und Innovationen- betreibende KMU agieren vorrangig in den Innovationsfeldern: • Optoelektronik, Optik • Bildverarbeitung • Mechatronik/ Mikrotechnik • Neue Werkstoffe • Umwelttechnik
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
• • • • • • •
95
Kraftfahrzeugtechnik Mikroelektronik Biotechnologie, Pharmazeutik, Organische Chemie Produktions- und Fertigungstechnik Nachrichten-, Informations- und Kommunikationssysteme Energietechnik, Photovoltaik Nanotechnologie
Praxisbeispiele (Auszug): • Wachstumskern „Customer Bautronic System (CBS)®- Nutzerintegrierte Gebäudeautomationssysteme“ (2007-2010/ BMBF- Innovationsinitiative Neue Länder) in Erfurt und Mittelthüringen mit 4 grundlagenorientierten sowie 6 anwendungsorientierten Projekten • Rudolstadt: Entwicklung von innovativen Funktionswerkstoffen in den Feldern Informations- und Kommunikationstechnik, Medizintechnik, Fahrzeugbau, Werkstoffverstärkung und Umweltverfahrenstechnik mit dem Wachstumskern „ALCERU HIGHTECH-Cellulosewerkstoffe“ (2004-2007 BMBF- Innovationsinitiative Neue Länder) • Wachstumskern „GLASING Südthüringen- Energieeffiziente Veredlung dünner Glasscheiben mit besonderen technischen Eigenschaften“ (2007-2010/ BMBF- Innovationsinitiative Neue Länder) mit neun Partnern und drei Projektbereichen • Kompetennetz „BioInstrumenta Jena“: Innovationsfeld: Biotechnologie/ Chemie in den Technologiefeldern Individualorientierte Medizin, Target-orientierte Wirkstoffsuche, Nano-Biotechnologie/ BioInformatik • Kompetenznetz „Bildverarbeitung Thüringen“: Innovationsfeld Optische Technologie/ Lasertechnik mit ca. 50 Unternehmen und vier Leitprojekten in den Bereichen 3D-Oberflächenerfassung u. -analyse, Flexible Inspektions- und Diagnosesysteme zur Qualitätssicherung, Bildgebung und -verarbeitung in der Medizin, Komplexe Überwachungs- und Servicesysteme mit multimedialer Mensch-Technik-Interaktion • Kompetenznetz „Ophtthalinnovation Thüringen“: Innovationsfeld Medizintechnik mit der Kompetenzkette der medizinischen und medizintechnischen Forschung, der Erprobung und Realisierung von Systemen zur objektiven Funktionsdiagnostik des Sehens sowie der Augenheilkunde - Lasertherapie • InnoRegio Projekt: inprosys – Produktions- und Fertigungstechnik im attraktiven Umfeld“ (BMBF-Innovationsinitiative Neue Länder) in Schmalkalden mit ca. 50 Partnern
96
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
5.4 Zusammenfassung Im fünften Kapital ist das hohe Kooperationsverhalten der untersuchten Bundesländer ersichtlich geworden. Es wurde deutlich, dass Sachsen-Anhalt mit rund 84% die höchste Kooperationsrate in den nBL aufweist, gefolgt von Sachsen mit 83% und Thüringen mit 79% auf Platz 4. Die Gesamtheit der KMU weisen durchschnittliche Kooperationsaktivitäten von ca. 83% auf. Des Weiteren erfolgte die Bestandaufnahme aller wesentlichen regionalen Innovationsfelder und herausragender innovativer Wachstumskerne der drei zu untersuchenden Wirtschaftssektoren. Zusammenfassend wird festgestellt, dass die drei Bundesländer ein sehr hohes Maß an Kooperations-, Innovations- sowie Netzwerkaktivitäten aufzeigen.
6 Analyse des Einsatzes förderpolitischer Instrumente der Regional-, FuE- und Mittelstandspolitik 6.1 Thematische Einführung Im Zentrum der nachfolgenden Betrachtungen werden die relevanten förderpolitischen Instrumente öffentlicher Akteure im Spiegel: • der Mittelstands-, • Technologie- und Innovations- sowie • Regionalpolitik stehen. Es erfolgt zunächst eine Betrachtung des Einsatzes von Förderinstrumenten in den nBL, sodass grundlegende Aussagen bzgl. der Inanspruchnahme von FuE-Förderung nach Mittelherkunft und Programmart getroffen werden können. Im Anschluss daran erfolgt die Analyse des Einsatzes von Förderinstrumenten in den einzelnen Wirtschaftssektoren von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. 6.2 Einsatz von Förderinstrumenten in den nBL: In den Jahren 2003 bis 2005 nahmen durchschnittlich ca. 82,5% der kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen in den neuen Bundesländern FuE-Förderung in Anspruch. Dies zeigt Diagramm 38. Ungefähr 4,6% haben in diesem Zeitraum eine entsprechende Förderung beantragt, jedoch nicht bewilligt bekommen. 6% der befragten Unternehmen fokussieren die Beantragung von FuE-Förderung, ca. 7% lehnen dies ab. Entsprechend Diagramm 39 wird ersichtlich, dass die Mehrheit der FuE-Fördermittel aus EU- und Bundesprogrammen resultiert. Durchschnittlich 66% der kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen in den neuen Bundesländern erhielten im Zeitraum von 2003 bis 2005 Förderung aus EU- Programmen. Analog hierzu erhielten knapp
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
97
40% Förderung aus Bundesprogrammen und ca. 10% aus Landesprogrammen. Anzumerken ist hierbei, dass die befragten Unternehmen Mehrfachnennungen tätigten. Inanspruchnahme der FuE-Förderung kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen in den nBL
2005
2004
2003
0%
20%
40%
60%
80%
2003
2004
2005
124
145
127
nein, aber geplant
98
120
121
beantragt u. bisher nicht bewilligt
83
76
83
1.458
1.451
1.507
nein u. nicht geplant
beantragt u. bewilligt
100%
Diagramm 38: Inanspruchnahme der FuE-Förderung kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen in den nBL Inanspruchnahme der FuE-Förderung kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen in den nBL nach Mittelherkunft
2005
2004
2003
0%
Landes-Programme
20%
40%
60%
80%
2003
2004
2005
202
220
187
Bundes-Programme
562
833
585
EU-Programme
950
995
971
100%
Diagramm 39: Inanspruchnahme der FuE-Förderung kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen in den nBL nach Mittelherkunft
98
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Inanspruchnahme der FuE-Förderung kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen in den nBL nach Programmarten
2005
2004
2003
0%
20% 2003
40%
60% 2004
80% 2005
sonstige Programme
102
21
50
Kooperationen/ Netzwerke
353
365
338
1.005
1.104
1.073
200
187
160
FuE-Projektförderung Förderung von Beratung
100%
Diagramm 40: Inanspruchnahme der FuE-Förderung kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen in den nBL nach Programmarten
In Diagramm 40 wird die Inanspruchnahme der FuE-Förderung nach Programmarten deutlich. Dabei steht die FuE-Projektförderung deutlich im Zentrum der Betrachtungen. So nahmen in 2004 ca. 76% und in 2005 ca.71% der befragten Unternehmen diese Programmart in Anspruch. An zweiter Stelle steht die Kooperations- und Netzwerkförderung mit durchschnittlich 23,9% in den Jahren 2003 bis 2005. Die vorwiegend durch Landesprogramme abgedeckte Förderung von Beratung wird mit durchschnittlich 12,4% genutzt. Der zentrale Akteur auf Bundesebene spiegelt sich im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) wieder. Hier werden in den Segmenten der Wirtschaftsförderung für die neuen Bundesländer, der Mittelstands- und Technologiepolitik diverse Förderangebote offeriert. Im Rahmen der Förderung für die nBL besteht das Ziel, einen Beitrag zum Ausgleich der strukturellen Nachteile der Wirtschaftsregion zu leisten sowie die Verbreiterung der wirtschaftlichen Basis mit wettbewerbsfähigen Unternehmen zu schaffen. Hierfür erfolgen differenzierte Angebote der • regionalen Wirtschaftsförderung als Teil der bundesweiten Wirtschafts- und Wachstumspolitik, • der finanziellen/ steuerlichen Förderung von Unternehmen (Investitionszulagen/ 1999-2006 und Umsatzbesteuerung/1999-2004) und • spezielle Instrumente der Innovations- und Absatzförderung (inkl. Vermarktungshilfeprogramm).
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
99
2007 wurden bspw. 25 Projekte von klein- und mittelständischen Unternehmen der nBL im Rahmen ihrer außenwirtschaftlichen Aktivitäten zur Erschließung neuer Ansatzmärkte in 23 primär EU-Zielregionen gefördert. Das direkte Förderangebot des BMWi für die Adressatengruppe KMU basiert im Wesentlichen auf den drei Säulen der: • „Gründungen und junge Technologieunternehmen“ (Förderart: Zuschüsse/ Beteiligungskapital) • „Forschungskooperation“ (Förderart: Zuschüsse/ zinsgünstige Darlehen) und • Technologieorientierte Serviceleistungen“ (Förderart: kostengünstige Beratungsleistungen/Instrumentente zur Stärkung des Technologietransfers) Ziel ist es, das hohe Innovationspotenzial durch die gezielte Stärkung und Belebung der Investitionsfähigkeit zu fördern. In der gegenwärtigen Legislaturperiode werden die Fördermittel für den bundesweiten Mittelstand von ca. 450 Mio. € in 2005 bis auf ca. 670 Mio. € in 2009 ansteigen. Im Fokus der Technologiepolitik des BMWi steht die Unterstützung und Förderung der Rahmenbedingungen für Innovation sowie technischen Fortschritt vor allem für die Zielgruppe KMU. Vor diesem Hintergrund soll primär die Stärkung bzw. der Ausbau • von technologieorientierten Unternehmensgründungen/innovativen Unternehmen, • industrieller Schlüssel- und Querschnittstechnologien sowie • die Vernetzung/ Kooperation von Wirtschaft und Forschung erfolgen. Für die vielfältigen Förderprogramme der Bundesregierung im Spiegel der Förderung von Innovationen für KMU lassen sich auszugsweise nachfolgende Programme nennen: • Förderung INNOVATIVER WACHSTUMSTRÄGER- INNO-WATT, • PRO INNO II, • ERP-Innovationsprogramm-Kreditvariante, • EU- Förderprogramm „Forschung und Innovation“ • InnoNet und • BMWi- Förderwettbewerb „Netzwerkmanagement Ost (NEMO)“.69 71 6.3 Landesspezifischer Einsatz von Förderinstrumenten 6.3.1
Einsatz von Förderinstrumenten im Wirtschaftssektor Sachsen
Sachsens Förderinstrumentarien für die Zielgruppe der innovativen und FuEbetreibenden Unternehmen spiegeln sich in der Mittelstands-, Forschungs- und Technologiepolitik wieder. 69
Vgl. http://www.bmwi.de/ 21.05.2007
100
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Im Bereich der Mittelstandsförderung erfolgen relevante Unterstützungen primär in den Segmenten: • Intensivberatung/ Coaching • Krisenbewältigung und Neustart • Produktdesignförderung, • Außenwirtschaft und • Kooperation. Die Diagramme 41 und 42 und zeigen einen Überblick über die Anzahl der bewilligten Förderanträge und die Höhe des bewilligten Fördervolumens in den Jahren 2005 und 2006. Übersicht bewilligter Förderanträge im Freistaat Sachsen für den Zeitraum 2005 und 2006 1000 800 600 400 200 0 Beratung
Kooperation
Außenwirtschaftsberatung
FuE-Verbundförderung
Einzelbetr. FuEFörderung
2005
907
21
95
145
34
2006
952
49
134
282
61
Diagramm 41: Übersicht bewilligter Förderanträge im Freistaat Sachsen für den Zeitraum 2005 und 2006 Quelle: Interne Unterlagen Ref.: 51 Grundsatzfragen der Mittelstandspolitik, Handel, Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit
Es wird ersichtlich, dass hinsichtlich der Anzahl der bewilligten Förderanträge in beiden Betrachtungszeiträumen die Beratungsförderung im Mittelpunkt stand. So wurden in 2005 insgesamt 907 Förderungen im Segment der Beratung getätigt. Im Folgejahr konnte hier sogar ein Zuwachs auf 952 verzeichnet werden. An zweiter und dritter Stelle stehen die FuE-Verbundförderung und die Außenwirtschaftsberatung. Zahlenmäßig geringere Bedeutung nehmen die Bereiche der einzelbetrieblichenFuE-Förderung sowie der Kooperation ein. In allen Segmenten wurde in 2006 gegenüber dem Vorjahr zum Teil erhebliche Steigerung erreicht. Die Kooperationsförderungen wuchsen von 21 auf 49 bewilligte Anträge. Dies entspricht einem Zuwachs von ca. 233%.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
101
Übersicht des bewilligten Fördervolumens in T€ im Freistaat Sachsen für den Zeitraum 2005 und 2006 100.000,0 80.000,0 60.000,0 40.000,0 20.000,0 0,0 Beratung
Kooperation
Außenwirtschaftsberatung
FuE-Verbundförderung
Einzelbetr. FuEFörderung
2005
5.794,4
1.021,5
408,5
41.819,0
21.440,0
2006
6.721,9
3.543,1
587,8
86.770,0
19.227,0
Diagramm 42: Übersicht des bewilligten Fördervolumens in T€ im Freistaat Sachsen für den Zeitraum 2005 und 2006 Quelle: Interne Unterlagen Ref.: 51 Grundsatzfragen der Mittelstandspolitik, Handel, Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit
Hinsichtlich der Höhe des bewilligten Fördervolumens zeigt sich im Vergleich zu Diagramm 41 ein anderes Bild. Im Hauptaugenmerk steht die FuE- Verbundförderung. In 2005 wurden hier rund 41.819 T€ gefördert, in 2006 86.770 T€. Beachtlich ist der überdurchschnittlich hohe Zuwachs von 208%. An zweiter Stelle befindet sich mit 21.440 T€ die einzelbetriebliche FuE-Förderung, welche in 2006 eine Reduzierung auf 19.227 T€ erfahren hat. Anzumerken ist auch hier der enorme Anstieg der Kooperationsförderung von 2005 auf 2006 um ca. 347%. Die Technologieförderung setzt in FuE-Projekten der angewandten Forschung und experimentellen Entwicklung an. Wesentliche Gegenstände sind: • die FuE-Verbundprojektförderung, • die einzelbetriebliche FuE-Projektförderung und • das Innovationsassistentenprogramm. Im Zentrum der Betrachtungen stehen Aspekte wie innovative Produkt- und Verfahrensentwicklungen in KMU, der Forschungsinfrastruktur und des Technologietransfers. 6.3.2
Einsatz von Förderinstrumenten im Wirtschaftssektor Sachsen- Anhalt
Die einzelbetriebliche Förderung von klein- und mittelständischen Unternehmen in Sachsen-Anhalt basiert im Wesentlichen auf folgenden Segmenten: • Finanzhilfen • Beratungsförderung und Qualifizierung sowie
102
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
• Technologieförderung. Finanzhilfen beinhalten primär die Aspekte der • Mittelstands- und Technologiedarlehen, • Bürgschaften u. Beteiligungen sowie • Auftrags- und Durchleitungsprodukte der Investitionsbank. Im Betrachtungszeitraum 1.1.2005 bis 30.06.2006 wurden 97 Mittelstands- und Technologiedarlehen mit einer Darlehenssumme von 17,1 Mio. € bewilligt. Die Investitionsbank konnte in Ergänzung bestehender Kreditinstitute Darlehensprogramme mit dem Ziel des Wachstums und der Innovation im Mittelstand unterstützen. Bis zum 30.06.2006 wurden insgesamt 85 Gründerdarlehen in Höhe von gesamt 11,25 Mio. € sowie 88 Mezzaninedarlehen mit einem Fördervolumen von 37,8 Mio. € gewährt. Investitionsvorhaben und Betriebsmittelfinanzierungen können auch durch die Übernahme von Kreditausfallbürgschaften und stille Beteiligungen unterstützt werden. In der Zeit vom 1.1.2005 bis 30.06.2006 wurden durch die Bürgschaftsbank SachsenAnhalts 521 Anträge mit einem Volumen von 135,3 Mio. € gefördert. Außerdem konnten 26 Landesbürgschaften mit 59,1 Mio. € bewilligt werden. Die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft von Sachsen-Anhalt stellte für 22 Anträge ca. 12,4 Mio. € Beteiligungskapital zur Verfügung. Auch im Rahmen der Beratungsförderung und Qualifizierung stehen für Unternehmen in Sachsen-Anhalt diverse Angebote zur Verfügung. Durch das Beratungshilfeprogramm besteht für Unternehmen durch eine Kostenbezuschussung die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Beratungsleistungen externer Dritter. Im Zeitraum 1.1.2005 bis 30.06.2006 wurden 562 Anträge mit insgesamt ca. 3,5 Mio. € gefördert. Im selben Zeitraum nahmen 3.142 Personen an der geförderten Existenzgründerqualifizierung teil. Analog hierzu absolvierten 5.812 Beschäftigte Qualifizierungsmaßnahmen in kleinund mittelständischen Unternehmen; mit einem Fördervolumen von rund 21 Mio. €. Die Technologieförderung dient der Stärkung und Erweiterung einer gefestigten Innovationsbasis des anhaltinischen Mittelstandes. Im Zeitraum 2002 bis Ende 2005 wurden Fördermittel mit einem Volumen von ca. 118 Mio. € für 520 FuE-Projekte bewilligt. Es wurden insgesamt 321 Adressaten (Unternehmen/ andere Forschungseinrichtungen) mit 16.610 Beschäftigten, davon 2.463 FuE-Beschäftigte, unterstützt. Die Schwerpunkte der Förderungen lagen in den Wirtschaftsbereichen Life Science (30,3%), Maschinen- und Anlagenbau/ Automotive (28,2%) und Informations- und Kommunikationstechnologien (12,4%). In Sachsen-Anhalt existierten zum 30. Juni 2006 27 Technologie- und Gründerzentren (TGZ) sowie Technologietransfer- und Gründerzentren (TTZ), welche als wesentliches Bindeglied zwischen den Unternehmen und Forschungseinrichtungen, wie
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
103
Universitäten, dienen. In diesem Fokus wurden von 1991 bis 2005 insgesamt 38 Investitionen mit 272 Mio. € gefördert.70 6.3.3
Einsatz von Förderinstrumenten im Wirtschaftssektor Thüringen
Thüringens Instrumente der Mittelstandspolitik sind primär in den Förderbereichen der: • Innovations- und Technologieförderung, • Investitionen und Finanzierung sowie • Beratungsförderung, Markterschließung, Außenwirtschaftsförderung zu finden. Die Innovations- und Technologieförderung setzt sich im Wesentlichen aus den Segmenten der einzelbetrieblichen Technologieförderung, Netzwerke und FuEVerbundprojekte sowie anderer Förderinstrumentarien zusammen. Tabelle 9 zeigt einen statistischen Überblick über die einzelbetrieblichen Technologieförderung, Tabelle 10 die Förderung von Verbundvorhaben. 2001
2002
2003
2004
Summe
Anzahl der Projekte in Mio. €
161,00
176,00
115,00
143,00
595,00
für KMU
125,0
127,0
78,0
98,0
428,0
Anteil für KMU in %
77,6
72,2
67,8
68,5
71,9
Öffentliche Mittel gesamt in Mio. €
26,6
37,3
33,1
32,5
129,6
für KMU
17,6
16,7
14,6
18,9
67,7
Anteil für KMU in %
66,0
44,6
44,1
58,0
52,2
Gesamtausgaben
92,0
80,6
72,6
74,7
319,9
für KMU
42,4
34,9
28,9
36,6
142,8
Anteil für KMU in %
46,1
43,4
37,9
49,0
44,6
Anzahl der Projekte in Mio. €
227,0
303,0
318,0
298,0
1.146,0
für KMU
171,0
226,0
225,0
205,0
827,0
Anteil für KMU in %
75,3
74,6
70,8
68,8
72,2
Öffentliche Mittel gesamt in Mio. €
19,4
25,1
31,5
25,2
101,2
für KMU
10,6
14,4
13,5
14,7
53,2
Anteil für KMU in %
54,7
57,4
43,0
58,3
52,6
Gesamtausgaben
67,7
68,8
67,1
56,6
260,2
für KMU
25,6
32,3
28,6
33,2
119,7
Anteil für KMU in %
37,8
46,9
42,6
58,7
46,0
Neubewilligungen für Projekte gesamt
Auszahlungen für Projekte gesamt
Tabelle 9: Einzelbetrieblichen Technologieförderung Thüringen Quelle: In Anlehnung an TMWT, Mittelstands- und Jahreswirtschaftsbericht 2005, S. 113. 70
Vgl. Ministerium für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt, Mittelstandsbericht S. 34 ff.
104
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Im Zeitraum 2001 bis 2004 wurden von den 595 Neubewilligungen für Projekte 428 für klein- und mittelständische Unternehmen getätigt. Das entspricht einem prozentualen Anteil von fast 72%. Ca. 52% der rund 130 Mio. € öffentlicher Mittel wurden für KMU in Thüringen ausgegeben. 2001
2002
2003
2004
Summe
Anzahl der geförderten Verbundvorhaben
130,00
85,00
59,00
31,00
305,00
Anzahl der geförderten Verbundpartner
361,0
245,0
167,0
85,0
858,0
davon KMU
195,0
136,0
89,0
42,0
462,0
Anteil für KMU in %
54,0
55,5
53,3
49,4
53,8
ausgezahlte Fördermittel in T€
17.239,0
14.567,0
6.827,0
5.474,0
44.107,0
davon KMU
7.646,0
6.715,0
2.906,0
2.210,0
19.478,0
44,4
46,1
42,6
40,4
44,2
26.784,0
24.270,0
10.678,0
8.229,0
69.961,0
15.413,0
14.883,0
5.785,0
4.376,0
40.458,0
57,5
61,3
54,2
53,2
57,8
Kennziffer pro Haushaltsjahr
Anteil für KMU in % Förderfähige Gesamtausgaben (Kosten der Maßnahme in T€) davon KMU Anteil für KMU in %
Tabelle 10: Förderung von Verbundvorhaben Thüringen Quelle: In Anlehnung an TMWT, Mittelstands- und Jahreswirtschaftsbericht 2005, S. 115.
Im Betrachtungszeitraum 2001 bis 2004 wurden für die Finanzierung von Netzwerken oder Clustern ca. 1,5 Mio. € zur Verfügung gestellt. Die Adressatengruppe ist vorrangig in den Innovationsfeldern der Photonik, Biotechnologie, Kunststoffverarbeitung und Automobiltechnik angesiedelt. Verbundprojekte zwischen Unternehmen, Hochschulen und sonstigen Forschungseinrichtungen beliefen sich im Zeitraum 2001 bis 2004 auf rund 44 Mio. €. Insgesamt wurden 858 Bewilligungen getätigt, davon entfielen mit 53,8 % 462 auf KMU. Andere Förderinstrumentarien sind bspw. in den Segmenten: • des Beteiligungskapitals (Thüringer Innovationsfonds), • der Existenzgründung und -sicherung im Technologiebereich, • der Förderung von Beratung und Schutzrechten, • der Förderung von wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen und • der Unterstützung des Wissenstransfers in die Wirtschaft angesiedelt. Zahlreiche Instrumentarien standen auch im Sektor der Investitionen und Finanzierung in der Zeit 2001 bis 2004 im Freistaat zur Verfügung. So wurden Investitionszulagen in Höhe von 705 Mio. € sowie Bürgschaften und Garantien mit einem Fördervolumen von 322 Mio. € getätigt. Des Weiteren konnten knapp 2000 Darlehen in Höhe von 205 Mio. € gewährt werden. Auch Thüringen fördert für KMU betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen und Beratungen für Existenzgründer. Im Untersuchungszeitraum 2001 bis 2004 wurden 9720 Beratungen gefördert. Im Spiegel der Markterschließungs- und Außenwirt-
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
105
schaftsförderung wurden KMU mit Aktivitäten in wachsenden Zielmärkten der Regionen Mittel- und Osteuropa, Nordamerika sowie im asiatisch-pazifischen Raum mit ca. 14,75 Mio. € (2001-2004) unterstützt.71 6.4 Zusammenfassung In Kapitel sechs bestand das Ziel darin, die Existenz und den entsprechenden Einsatz diverser förderpolitischer Instrumente der Regional-, FuE- und Mittelstandspolitik aufzuzeigen. Zunächst wurde für den Sektor den nBL die Inanspruchnahme der FuE-Förderung im Spiegel verschiedenster Aspekte aufgezeigt. Es konnte gezeigt werden, dass mit durchschnittlich rund 83% der kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen in den nBL eine sehr hohe Inanspruchnahme der FuE-Förderung besteht. Außerdem ist ersichtlich geworden, dass das BMWi als Hauptakteur auf Bundesebene differenzierte Förderangebote in den Segmenten der Wirtschaftsförderung für die nBL, der Mittelstands- und Technologiepolitik für KMU unterbreitet. Im Anschluss daran war es das Ziel, den landesspezifischen Einsatz förderpolitischer Instrumente in den zu untersuchenden Bundesländern aufzuzeigen.
7 Ergebnis der Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit von KMU in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen als Resultat der Regional-, FuE- sowie Mittelstandspolitik 7.1 Schlussbetrachtungen Im siebenten Kapitel werden die wesentlichen Ergebnisse der bisherigen Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit von KMU in den Wirtschaftssektoren Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen als Resultat der Regional-, FuE- sowie Mittelstandspolitik zusammengefasst und interpretiert. Primär werden die praxisorientierten Aspekte der Kapitel drei bis sechs mit den nachfolgenden Schwerpunkten im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen: • Auswertung der regionalen Wirtschafts- und Mittelstandsdaten, • Auswertung der relevanten Innovations- und FuE- Indikatoren, • Auswertung der Kooperations- und Innovationsaktivitäten sowie • Auswertung der aufgezeigten förderpolitischen Instrumente der • Regional-, FuE- und Mittelstandspolitik. Die zu Beginn der Untersuchung aufgestellten zentralen Fragestellungen werden an dieser Stelle konkret beantwortet:
71
Vgl. TMWTA, Mittelstandsbericht S. 99 ff.
106
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
• Welche charakteristischen Merkmale zeigen die einzelnen Bundesländer im Hinblick auf ihre Innovations- und FuE-Tätigkeiten? • In welchen Regionen und Innovationsfeldern liegen ihre jeweiligen Innovations- und FuE-Potenziale? • Welche Rolle nimmt die Regional-, FuE- und Mittelstandspolitik im Spiegel der Innovations- und FuE-Förderung von klein- und mittelständischen Unternehmen ein? • Welche charakteristischen Merkmale zeigen die einzelnen Bundesländer im Hinblick auf ihre Innovations- und FuE-Tätigkeiten? Sachsen kennzeichnet sich im Vergleich zu den drei zu betrachtenden Wirtschaftssektoren in konjunktureller Hinsicht als das Bundesland mit dem höchsten BIP in 2006 (ca. 89 Mrd. €/ 4% Steigung gegenüber Vorjahr) und der mit Abstand höchsten Bruttowertschöpfung in 2005 mit ca. 17 Mrd.€ im produzierenden Gewerbe. Im statistischen Vergleich 2005 ragten die Industrieumsätze mit ca. 45 Mrd. €, die Exportquote mit 31% sowie die Investitionsquote mit rund 24% überdimensional hervor (vgl. Tabelle 5). Die Wirtschaftsregion besticht durch ihre enorme Dynamik und Leistungsfähigkeit. Dies zeigt sich auch deutlich in den aufgezeigten Innovationsund FuE-Indikatoren sowie den existenten Kooperations- und Forschungsaktivitäten. Nahezu die Gesamtheit der gemeldeten Industrieunternehmen gehören den klein- und mittelständischen Unternehmen mit 0..249 Beschäftigten an, wobei dieser Anteil ca. 70% der Arbeitskräfte beschäftigt und rund 50% des Industrieumsatzes beschäftigt. Beachtlich ist zudem, dass 45%, also nahezu die Hälfte des FuE-Personals der nBL im Freistaat wirksam ist. Ca. 1/3 Drittel der getätigten Patentanmeldungen der nBL resultieren aus Sachsen. Der Freistaat agiert nach den vorliegenden Erkenntnissen und Kennzahlen als stärkster und innovativster Industriestandort im Vergleich der drei Bundesländer. Dies wird auch durch die nachfolgenden Aussagen unterstützt. So ist im prozentualen Vergleich die höchste Anzahl der FuE-betreibenden Unternehmen in 2005 im Freistaat angesiedelt. Dies belegen die Diagramme 8 und 9. Im großen Abstand stehen die in 2005 existenten 679 kontinuierlich und 268 zeitweilig FuE-betreibenden Unternehmen an erster Stelle. Auch der Anteil der FuE-Aufwendungen von kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen bestätigt die Aussage. Mit ca. 901 Mio. € (2005) erzielte Sachsen die absolute Mehrheit (64%) der FuE-Aufwendungen im sog. Dreiervergleich. Ausnahmen in der Spitzenposition nehmen lediglich die Indikatoren der personal- und aufwandsbezogenen FuE-Intensität (je an zweiter Stelle hinter Thüringen) sowie der Produktivität im Rahmen der FuE-Intensität der FuE-betreibenden Unternehmen (zweiter Platz hinter Sachsen-Anhalt). Das Umsatzvolumen aller kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen im Freistaat ist sowohl im Dreiervergleich als auch im Vergleich aller nBL mit 11.732 Mio. € (ca.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
107
30%) außergewöhnlich hoch; ebenso wie die Exportaktivität mit 437 Unternehmen (fast doppelt so hoch als Thüringen auf dem zweiten Platz). Vorbild- und zum großen Teil Spitzenreitercharakter zeigen auch die Aspekte der Kooperations-, FuE- und Förderaktivitäten. Mit 83% agieren 679 kontinuierlich FuEbetreibenden Unternehmen in Sachsen in Kooperationen und Netzwerken, wobei 563 in Kooperationen und 279 in Netzwerken tätig sind. In den Clusterregionen Chemnitz-Zwickau, Dresden, Leipzig (Halle-Merseburg) und Zittau zentrieren sich die entsprechenden FuE- und Kooperationsaktivitäten der sächsischen KMU. Kernbereiche sind die Automobilindustrie, Mikroelektronik und der Maschinenbau. Die Innovationsfelder der Kommunikations-, Bio- und Nanotechnologie gewinnen rasant an Bedeutung. Diese Entwicklungen basieren in nicht unerheblichen Maß auf einer gezielten und effektiven Förderpolitik. Sachsen ist es gelungen, die dargestellten förderpolitischen Instrumente der öffentlichen Hand geschickt und gewinnbringend einzusetzen. Sachsen-Anhalts und Thüringens konjunkturelle Wirtschaftsdaten lagen in den Jahren 2005 und 2006 im Vergleich zueinander annähernd im gleichen Bereich. Sie liegen mit wenigen Ausnahmen grundsätzlich hinter Sachsen, wobei festgehalten werden muss, dass eine enorm hohe Konkurrenzfähigkeit mit den drei verbleibenden neuen Bundesländern besteht. So lag Sachsen-Anhalts und Thüringens BIP in 2006 mit 50 Mrd. € bzw. 45,8 Mrd. € im Vergleich der BL an dritter und fünfter Stelle. Betrachtet man die Veränderungen gegenüber dem Vorjahr kann mit 2,8% bzw. 2,6% eine Steigerung auf den zweiten und dritten Platz beobachtet werden. Adäquate Parallelen ergeben sich des Weiteren in der Bruttowertschöpfung, der Gewerbeanmeldungen und -abmeldungen sowie der Industrieumsätze. Sachsen-Anhalt verzeichnete mit 29,7 Mrd. € und Thüringen mit 24 Mrd. € den dritten und vierten Platz hinter Sachsen und Berlin. Werden wiederum die Veränderungen 2005/2004 analysiert, ergibt sich ein anderes Bild. Hier liegt Sachsen-Anhalt mit 14,2% und großem Abstand an erster Stelle vor Sachsen (9,6%) und Thüringen (5,5%). Sachsen-Anhalts Bruttowertschöpfung speziell im verarbeitenden Gewerbe stieg nominal um 11,7%, real um 12,1%. Dies entspricht der höchsten nominalen Wachstumsrate aller Bundesländer. Positiv hervorzuheben ist des Weiteren die Arbeitsproduktivität Sachsen- Anhalts, welche 85% der nationalen Arbeitsproduktivität und 106% der nBL erreichte. Die Unternehmensstruktur Sachsen-Anhalts und Thüringens definiert sich primär durch klein- und mittelständische Unternehmen. 2005 lag der Anteil von KMU in Sachsen-Anhalt und Thüringen bei 99,7%. Beide Wirtschaftsregionen haben weiterhin gemein, dass der forschende industrielle Sektor eine wichtige Rolle einnimmt. In Sachsen-Anhalt und Thüringen existierten in 2005 insgesamt 362 bzw. 529 Unternehmen FuE, wobei 264/ 380 kontinuierlich so-
108
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
wie 98/ 149 zeitweilig in den FuE agierten. Damit stehen die zwei Wirtschaftssektoren im Vergleich zu den nBL an vierter und zweiter Stelle. 2.249 bzw. 4.418 FuEBeschäftigte waren in 2006 für kontinuierlich FuE-betreibende Unternehmen in Sachsen-Anhalt bzw. Thüringen tätig. Diese Zahlen entsprechen dem vierten und zweiten Platz (jedoch nur 50% im Vergleich zu Platz 1: Sachsen) in den nBL. Im Vergleich der FuE-Aufwendungen aller kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen in den nBL liegen Sachsen-Anhalt bzw. Thüringen weit abgeschlagen hinter Sachsen, jedoch mit ca. 150 Mio. € und ca. 353 Mio. € an fünfter und zweiter Stelle. Sachsen-Anhalt liegt demnach nur an vorletzter Stelle mit 8% der FuE- Aufwendungen der nBL. Hinsichtlich der personal- und aufwandsbezogenen FuE-Intensität zeigte sich in 2005 folgendes Bild. In beiden Kategorien verzeichnete Thüringen die höchsten Kennziffern der nBL, Sachsen-Anhalt belegte nur den vorletzten Platz. Ein anderes Bild ergibt sich im Rahmen der Produktivität der nBL. Wie bereits dargestellt, geht Sachsen-Anhalt mit überdurchschnittlicher hoher Arbeitsproduktivität als Spitzenreiter voran. Das Umsatzvolumen kontinuierlich FuE-betreibender Unternehmen in den nBL wurde zu ca. 74% durch Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern erwirtschaftet. Auf KMU gehen demzufolge ca. 26% zurück. Sachsen-Anhalt und Thüringen belegten im Vergleich der nBL den dritten und fünften Platz. Die Exportaktivitäten beider Bundesländer liegen weit abgeschlagen vom Spitzenreiter Sachsen, aber dennoch im sehr guten und guten Bereich (Thüringen: 244 Unternehmen und Sachsen-Anhalt: 167 Unternehmen). Bezüglich der Gesamtzahl der kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen in Sachsen-Anhalt und Thüringen bekräftigt sich die Aussage, dass beide Wirtschaftssektoren aktive Kooperations- und FuE-Aktivitäten realisieren, jedoch die Vorreiterstellung Sachsens nicht in Frage stellen können. So existierten 2005 insgesamt 222 bzw. 300 Unternehmen mit Kooperationen und 114 bzw. 138 Unternehmen in Netzwerken (im Vergleich zu Sachsen 563 und 279). Zieht man jedoch den prozentualen Anteil an Unternehmen mit Kooperationen im Vergleich zu Gesamtzahl der kontinuierlich FuE-betreibenden Unternehmen heran, zeigt sich, dass Sachsen-Anhalt in Spitzenposition geht (84,1%). Sachsen-Anhalts innovative FuE- sowie Kooperationsbeziehungen siedeln sich ebenso wie in Sachsen und Thüringen in klassischen Clusterregionen an. Hervorzuheben sind die gegenwärtigen regionalen Innovationsfelder der Regionen Bitterfeld/ Wolfen, Halle/ Merseburg (Leipzig), Nordharz/ Börde/ Magdeburg/ Gatersleben sowie den Wachstumskernen in Haldensleben und Harzgerode. Kernbranchen traditioneller Natur sind die Chemie/Pharmazie sowie der Maschinen u. Anlagenbau. Aber auch Sachsen-Anhalt setzt sehr stark auf neue Wissenschaftsbereiche wie die Solarzellen-, Bio- und Nanotechnologie.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
109
Ein analoges Bild zeigt sich auch in Thüringen. Hier finden vorrangig in den Regionen und Wachstumskernen in Hermsdorf, Jena/ Erfurt/ Ilmenau innovative FuE sowie Kooperationen in den Bereichen der Optoelektronik/ Optik, der Mechatronik/ Mikrotechnik, Produktions- und Energietechnik, Kraftfahrzeugtechnik, Nanotechnologie und Biotechnologie statt. Ebenso wie Sachsens FuE- und Innovationstätigkeit, ist entsprechende in den Wirtschaftssektoren Sachsen-Anhalts und Thüringens in nicht unerheblichen Maße in finanzieller und unterstützender Hinsicht auf die öffentlichen förderpolitischen Instrumente zurückzuführen. Eine detaillierte thematische Auseinandersetzung wird im Rahmen der dritten zu beantwortenden Fragestellung erfolgen. In welchen Regionen und Innovationsfeldern liegen ihre jeweiligen Innovations- und FuE- Potenziale?
110
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Haldensleben
Magdeburg
Region Nordharz/ Börde/ Magdeburg/Gatersleben Region Bitterfeld/ Wolfen Harzgerode
Region Halle/ Merseburg/ Leipzig
Halle
Region Jena/ Erfurt/Ilmenau
Erfurt
Dresden Jena
Ilmenau
Region Dresden
Leipzig
Hermsdorf
Zwickau
Chemnitz
Region Chemnitz/ Zwickau
Stadtbezeichnungen regionale Innovationsfelder Innovative Wachstumskerne
Abbildung 10: Regionale FuE- und Innovationszentren der Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
Die Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt weisen in quantitativer Hinsicht jeweils drei große regionale Innovationsfelder auf. Diese definieren sich, wie in Abbildung 10 zum Ausdruck kommt, im Freistaat Sachsen durch die Regionen Dresden und Chemnitz/ Zwickau, in Sachsen-Anhalt durch den Großraum Nordharz/ Börde/ Magdeburg/ Gatersleben sowie die Region Bitterfeld/ Wolfen. Das regionale Innova-
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
111
tionsfeld Halle/ Merseburg/ Leipzig erstreckt sich über beide Landesgrenzen. Die Innovations- und FuE- Potenziale Thüringens zentrieren sich in der Region Jena/ Erfurt/ Ilmenau. Die nachfolgenden Abbildungen 11 bis 13 verdeutlichen in grafischer Hinsicht ein zusammenfassendes Ergebnis der aktiven Innovationsfelder in Zuordnung zu den dargestellten Regionen und Bundesländern zum Zeitpunkt der Untersuchung.
Region Leipzig (Halle/Merseburg)
Region Dresden Leipzig Region Chemnitz/ Zwickau
Dresden Zittau
Chemnitz
Zwickau
Gesundheit/ Medizintechnik Beschichtungtechnologie/ Nanotechnologie
Solarzellentechnologie
Lebensmittelindustrie
Luft- u. Raumfahrttechnik
Biotechnologie
Maschinenbau/ Anlagenbau
Mikroelektronik
Automobil - und Zulieferindustrie
Kunststofftechnik
Information/ Kommunikation
Abbildung 11: Regionale Innovationsfelder in Sachsen
112
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Haldensleben Magdeburg
Region Nordharz/Börde/Magdeburg /Gatersleben
Region Bitterfeld/ Wolfen
Halle
Region Halle/ Merseburg
Chemie und Pharmazie
Solarzellentechnologie
Beschichtungstechnologie/ Oberflächentechnik Spezialmaschinenbau/ Fahrzeugbau
Glasproduktion/ LichtleitertechnoloLogistik
Kunststofftechnik
Information /Kommunikation
Lebensmittelindustrie Biotechnologie Automobilzulieferindustrie
Abbildung 12: regionale Innovationsfelder in Sachsen-Anhalt
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
113
Region Jena/ Erfurt/Ilmenau Erfurt Jena Hermsdorf Ilmenau
Chemie und PharmaBeschichtungstechnologie/ Nanotechnologie Spezialmaschinenbau/ Fahrzeugbau Optoelektronik/ Optik
Rudolstadt
Solarzellentechnologie
Neue Werkstoffe
Bildverarbeitung
Biotechnologie
Umwelttechnik
Mikroelektronik
Information/ Kommunikation
Abbildung 13: regionale Innovationsfelder in Thüringen
Die drei Wirtschaftssektoren weisen parallele, z.T. gemeinschaftliche Aktivitäten in homogenen Innovationsfeldern auf. Diese Beobachtungen konzentrieren sich vorrangig auf folgende Bereiche: • Pharmazie/ Medizin/ Gesundheit, • Biotechnologie, • Nanotechnologie/ Beschichtungstechnologie/ Oberflächentechnik, • Solarzellentechnologie, • Information/ Kommunikation sowie • Maschinen- und Fahrzeugbau. Im Gegenzug ist jedes Bundesland in der Lage, sich durch spezifische Innovationsfelder zu charakterisieren. Diesbezügliche Ursprünge können zum Großteil aus historischer Sicht abgeleitet werden. Sachsen besticht im Sektor der Automobil-/ Zulieferindustrie; Thüringen in der Optik/ Optoelektronik. Sachsen-Anhalt besticht durch seine Aktivitäten in den Segmenten der Agrar- u. Ernährungswirtschaft, Biotechnologie, Chemie/ Pharmazie sowie Solarzellentechnologie
114
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
7.2 Zur Bedeutung der Regional-, FuE- und Mittelstandspolitik im Rahmen der Innovations- und FuE-Förderung von klein- und mittelständischen Unternehmen In Kapitel 2.5. ist deutlich geworden, dass allen relevanten Politikbereichen, die die Förderung von FuE sowie Innovation zur Aufgabe haben, eine tragende, z.T. elementare Rolle für bestehende FuE-betreibende Unternehmen in den nBL zukommt. Insbesondere die Mittelstands-, Technologie- und Innovationspolitik sprechen die Adressatengruppe der in dieser Untersuchung betrachteten KMU in Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen an. Oberstes Ziel aller eingesetzten und genutzten förderpolitischen Instrumente ist die Erhaltung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Die hohe Relevanz der Förderung durch die Regional-, FuE- und Mittelstandspolitik wird in den Analysen und Aussagen der Kapitel 6.2. bis 6.5. hervorgehoben. So nahmen in den Jahren 2003 bis 2005 durchschnittlich ca. 83% aller kontinuierlich FuEbetreibenden Unternehmen in den neuen Bundesländern FuE-Förderung in Anspruch. Hinzu kommen rund 11% der Unternehmen, welche eine adäquate Beantragung bereits realisiert haben bzw. in Zukunft diese in Erwägung ziehen. Demzufolge stehen für ca. 94% der Unternehmen förderpolitische Aspekte als ein wesentlicher Baustein für eine erfolgreiche FuE- und Innovationstätigkeit im Fokus. Ausgehend von der hohen Inanspruchnahmebereitschaft der FuE-Förderung steht die Relevanz der Mittelstands- und Regionalpolitik nicht in Frage. Im Rahmen der Innovations- und FuE-Politik der Sektoren Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist die zusätzliche Förderung speziell für die nBL positiv zu erwähnen; stehen doch hier der Ausgleich der strukturellen Nachteile der Wirtschaftsregionen sowie das Schaffen der Wirtschafts- und Wettbewerbsfähigkeit der angesiedelten Unternehmen, vor allem im Bereich der FuE, im Mittelpunkt. Betrachtet man zusammenfassend die Vielfalt und das Volumen der zur Verfügung stehenden Förderinstrumente, kann man von einer enorm hohen Bedeutung, speziell für die Zielgruppe der klein- und mittelständischen Unternehmen sogar von höchster Relevanz ausgehen. Mit Ausrichtung auf die geplante Höhe von 3,0% der FuE-Aufwendungen des BIP bis 2010 ist in perspektivischer Hinsicht der weitere gezielte Einsatz diverser und vor allem auch neuer förderpolitischer Instrumente unabdingbar. 7.3 Ausblick Aufgrund der vielfältigen Besonderheiten der Wirtschaftsstrukturen der hier betrachteten nBL bei der FuE- und Innovationstätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen, muss sowohl aus betriebswirtschaftlicher als auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ein entsprechender organisatorischer Bezugsrahmen für weitere Innovationsentwicklungen geschaffen werden. Eine Möglichkeit bieten Innovationsportale und -
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
115
netzwerke, in dem intensive Kooperationen und Netzwerkarbeit entlang der horizontalen und vertikalen Wertschöpfungskette stattfinden können. Ziel muss es sein, diese und ähnliche „Medien“ für ein langfristig ausgerichtetes und zielgerichtetes innovatives Vorgehen in KMU auszubauen und entsprechend den spezifischen Bedürfnissen der Zielgruppe zu gestalten. Wie aufgezeigt wurde, existieren vielfältige direkte und indirekte Förderinstrumentarien auf verschiedenen politischen Ebenen. Auch diese müssen den speziellen Problemfelder von KMU in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kontinuierlich noch besser angepasst und modifiziert werden. Wie in Diagramm 40 deutlich wurde, greift die Innovationspolitik primär die direkte Förderung der FuE-Projekte in den FuE-betreibenden Unternehmen. Diskussionswürdig ist einerseits die damit verknüpfte Selektion und Auswahl der Förderung spezifischer Technologien. Möglich wäre die Förderung einer offenen und flexiblen Auswahl von FuE-Ausgaben im Spiegel einer primär steuerlich ausgerichteten FuEFörderung. Andererseits muss auch der Aspekt der ungenügenden Berücksichtigung der Förderung von Industrieforschungsaktivitäten speziell für KMU an dieser Stelle kritisch beleuchtet werden. So liegt nach dem Verband Innovativer Unternehmen e.V. das Hauptproblem in der Realisierung der innovativen FuE-Ergebnisse in marktgerechten Produkten, Verfahren und Dienstleistungen vor allem in den ausbaufähigen FuE-Potenzialen von KMU.72 Auch im Blick auf Basel II und der damit einhergehenden höheren Risikooptimierung bei Darlehensvergaben stehen vor allem klein- und mittelständische Unternehmen im Brennpunkt. Bei Ratingnachteilen und damit verbundenen Kreditablehnungen steht diese Zielgruppe vor dem Problem der alternativen Finanzbeschaffung für geplante FuE- und Innovationsaktivitäten. Hier müssen neben den bereits bestehenden Förderinstrumenten weitere bzw. Mittelaufstockungen zur Kompensation geschaffen werden. Andere Diskussionen und Vorschläge finden zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch bei anderen direkten und indirekten FuE-, Innovation- und KMU-Akteuren statt. Hier setzt beispielsweise das gegenwärtige Mittelsstandskonzept des BMWi an. Zentrale Gedanken bzgl. diverser Neuinstallierungen sind: • Forschungsprämien für Universitäten/Hochschulen für die Zusammenarbeit mit KMU („Wirtschaft trifft Wissenschaft“), • Bildung eines Rates für Innovation und Wachstum, • Kleinkreditprogramm der KfW für Firmengründer, • steuerliche Vergünstigungen, • weiterer Abbau von Bürokratie und
72
Vgl. Verband Innovativer Unternehmen e.V - 01/2007, S. 2.
116
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
• Modifizierungen und somit Erleichterungen im Rahmen des Außenwirtschaftsgesetzes.73 Von hoher Relevanz sind neben den bestehenden auch innovative Finanzierungsmöglichkeiten für FuE und Innovation in der angesprochenen Adressatengruppe. Neben den erwähnten modifizierten Innovationsförderungen muss es in langfristiger Hinsicht das Ziel sein, FuE-betreibende KMU in den drei Wirtschaftssektoren in eine ausreichende Eigenkapitalausstattung zu versetzen. KMU sollten grundsätzlich in die Lage versetzt werden, aus eigener finanzieller Kraft und einem reduzierten Förderkatalog innovativ und wettbewerbsfähig zu sein. Ein besonderes Augenmerk spielt dabei die Internationalisierung und Globalisierung bei der Gruppe der klein- und mittelständischen Unternehmen. Die Erschließung neuer oder bekannter Märkte mit neuen innovativen Produkten und Technologien muss dringend durch operative und strategische Unterstützungsangebote begleitet sowie gefördert werden. Auch hierfür bieten Innovationsnetzwerke eine gute Plattform. „Nichts ist beständiger als die Veränderung“
73
Vgl. Wissenschaftsmanagement 4 - 07/08 2006, S. 5.
Literaturverzeichnis Blohm, H. (1971): Innovation als betriebswirtschaftliche Aufgabe. in: Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft (Hrsg.) Innovation. 1971. Boutellier R./Gassmann O. (2002 ): Innovationsnetzwerke auf dem Internet. in: Milberg, J./ Schuh, G.: Erfolg in Netzwerken. 2002. Brockhoff, K. (1994): Forschung und Entwicklung - Planung und Kontrolle. 4. Auflage, München/ Wien 1994. Brösse, U. (1996): Industriepolitik. München/Wien 1996. Bullinger, H.-J. (1994): Einführung in das Technologiemanagement. Stuttgart 1994. Bundesministerium für Bildung und Forschung (2006): Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands 2006. Bonn 2006. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2006). EuroNorm Gesellschaft für Qualitätssicherung und Innovationsmanagement GmbH: Wachstumsdynamik und strukturelle Veränderungen der FuE-Potenziale im Wirtschaftssektor der neuen Bundesländer. Berlin, Bonn 2006. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2007). Wirtschaftsdaten neue Bundesländer. Berlin, Bonn 2007. Burr, Wolfgang (2004): Innovationen in Organisationen. Stuttgart 2004. Burr, Wolfgang (2006): Staatliche Innovationsförderung und innovative Unternehmen in Ostdeutschland- Thüringer Unternehmen im globalen Wettbewerb in Wissenschaftsmanagement: Zeitschrift für Innovation.06/2006. Busse von Colbe, W. (1964): Die Planung der Betriebsgröße. Wiesbaden 1964. Durth, Rüdiger K. (2006): Wirtschaft trifft Wissenschaft in Wissenschaftsmanagement: Zeitschrift für Innovation.07-08/2006. Dybe, G./Kujath, H.J. (2000): Hoffnungsträger Wirtschaftscluster. In: Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (Hrsg.) Berlin 2000. Europäische Kommission (2006): Die neue KMU-Definition – Benutzerhandbuch und Mustererklärung. Europäische Gemeinschaften (Hrsg.) 2006. Friedrich Ebert Stiftung (2004): KMU und Innovation. Stärkung kleiner und mittlerer Unternehmen durch Innovationsnetzwerke. Bonn 2004. Görtz, H. (2001): Eignung von sektoral und regional orientierter Technologiepolitik zur Entwicklung strukturschwacher Regionen in Ostdeutschland. Aachen 2001. Großkopf, W./ Herdzina,K./ Blessin, B./ Würtner, M. (1997): Innovationen im Mittelstand – Strategisches Management, Finanzierung, Kooperation. Stuttgart 1997.
118
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Günterberg B., Wolter H.-J. (2002): Mittelstand in der Gesamtwirtschaft – Anstelle einer Definition. in: Unternehmensgrößenstatistik 2001/2001 - Daten und Fakten. in: IfM Bonn (Hrsg) 2002. Heger, G./ Schmeisser, W. (Hrsg.) (2007): Beiträge zum Innovationsmarketing. München und Mering 2007 Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH (2006): Forschungsförderung in Deutschland (Endbericht): Stimmen Angebots- und Nachfragebedingungen für den Mittelstand? Köln 2006. KfW Bankengruppe (2007): Mittelstandsmonitor 2007. Den Aufschwung festigen, Beschäftigung und Investition weiter vorantreiben. Frankfurt am Main 2007. Kroy , W. (1995): Technologiemanagement für grundlegende Innovationen. in: Zahn, E.(Hrsg.): Handbuch Technologiemanagement. Stuttgart. 1995. Krüger, W./ Klippstein, G./ Merk, R./ Wittberg, V. (2006): Praxishandbuch des Mittelstandes – Leitfaden für das Management mittelständischer Unternehmen. Wiesbaden 2006. Maaß, F./ Suprinovic, O./ Werner, A. (2006): FuE-Kooperationen von KMU – Interne und externe Erfolgsfaktoren aus organisationsökonomischer Sicht. Wiesbaden 2006. Messinger, H./ Türck, G./ Willmann,H. (1990): Langenscheidts Taschenwörterbuch Englisch. Berlin, München 1990 Meyer, J.-A. (2006): Kleine und mittlere Unternehmen in neuen Märkten - Aufbruch und Wachstum. Lohmar- Köln 2006. Ministerium für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt (2006): Mittelstandsbericht des Landes Sachsen-Anhalt für den Zeitraum 2002 bis 2005. Magdeburg 2006. Pfeiffer, W./ Staudt, E. (1975): Innovation. in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft. 4. Auflage. 1975. Pfohl, H.-C. (2006): Betriebswirtschaftslehre der Mittel- und Kleinbetriebe - Größenspezifische Probleme und Möglichkeiten zu ihrer Lösung. 4. Auflage. Berlin 2006. Pleschak, F./ Sabisch, H. (1996): Innovationsmanagement. Stuttgart 1996. Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit (2006). ifo Institut für Wirtschaftsforschung Dresden: Mittelstandsbericht 2005/2006. Dresden 2006. Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit (2007): Referat 51 Grundsatzfragen der Mittelstandspolitik, Handel. interne Unterlagen. 2007. Schmeisser, W. (1997): Zur Genese neuer Geschäfte in der Industrieunternehmung. Ein multikontextualer Erklärungsansatz für technische Innovationen. Aachen 1997
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
119
Schmeisser, W./ Krimphove, D (Hrsg.) (2001): Vom Gründungsmanagement zum Neuen Markt. Strategien für technologieorientierte kleine und mittlere Unternehmen. Wiesbaden 2001. Schmeisser, W./ Kantner, A./ Geburting, A./ Schindler, F. (2006): Forschungs- und Technologiecontrolling - Wie Unternehmen Innovationen operativ und strategisch steuern. Stuttgart 2006. Schmeisser, W./ Mohnkopf, H./ Hartmann, M./ Metze, G. (Hrsg.) (2008): Innovationserfolgsrechnung. Berlin 2008. Scholz, L. (1995): Innovationsökonomie und -politik für die neuen Bundesländer – Beispiel Mikroelektronik und Innovation. in: ifo Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.) Dresden 1995. Schumpeter, J. (1964): Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. 6.Auflage. Berlin 1964. Specht, D./Möhrle M. (2002): Gabler Lexikon Technologie Management - Management von Innovationen und neuen Technologien im Unternehmen. Wiesbaden 2002. Staudt, E. u.a. (1980): Innovationsförderung und Technologietransfer. Berlin 1980 Staudt, E. (Hrsg.) (1986) Das Management von Innovationen. Frankfurt a. M. 1986 Thom, N. (1980): Grundlagen des betrieblichen Innovationsmanagements. Hanstein 1980. Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit (2006): IfM Bonn. Mittelstands- und Jahreswirtschaftsbericht 2005. Erfurt 2006. Verband innovativer Unternehmen e.V. (2007): Industrieforschung für den Mittelstand - Forderungen an die Bundesregierung. 2007. Zschiedrich, H. (2006): Ausländische Direktinvestitionen und Regionale Industriecluster in Mittel- und Osteuropa. München und Mering 2006. Weitere Quellen: Bundesministerium für Bildung und Forschung: Innovation durch Kooperation. Innovationsinitiative Neue Länder: Unternehmen Region http://www.unternehmenregion.de/_media/Unternehmen_Region_Hiepe.pdf (23.04.2007). Bundesministerium für Bildung und Forschung: Unternehmen Region – die Initiativenhttp://www.unternehmen-region.de/de/67.php (22.05.2007). Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: http://www.bmwi.de (21.05.2007). IfM Bonn, http://www.ifm-bonn.org/ (18.06.2007).
120
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Innovationskonzept für den Landkreis Bitterfeld im Kontext der Gebietesreform: http://www.ewg-bitterfeld-wolfen.de/Innokonzept_Kurzfassung_02.02.07.pdf (05.06.2007). Kompetenznetze, Innovationsfelder, Innovationsregionen in Deutschland: http://www.kompetenznetze.de/navi/de/kompetenznetze.html (28.06.2007). Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit Thüringen: Wirtschaft Thüringen: http://www.thueringen.de/de/tmwta/ (10.05.2007). http://www.thueringen.de/de/tmwta/wirtschaft/wirtschaftspolitik/ (10.05.2007). Ministerium für Wirtschaft und Arbeit Sachsen- Anhalt: Wirtschaft und Arbeit: http://www.sachsen-anhalt.de/LPSA/index.php?id=6059 (13.05.2007). Sächsisches Ministerium für Wirtschaft und Arbeit: Wirtschaftsstandort Sachsen. Zahlen und Fakten: http://www.smwa.sachsen.de/de/Wirtschaft/Wirtschaftsstandort_Sachsen/Zahlen_und _Fakten /19159.html (08.05.2007).
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
121
Anhang Freistaat Sachsen Patentinformationszentren Patentinformationszentren Patentinformationszentrum Technische Universität Chemnitz Patentinformationszentrum Technische Universität Dresden
Technologieberatungszentren Technologieberatungszentren TAC Technologieagentur Chemnitz GmbH BTI Technologieagentur Dresden GmbH Eurotransfer- und Beratungsring Neiße e.V.Görlitz AGIL GmbH Leipzig (inkl. Patentinformationsberatungsstelle)
Technologietransferzentren (Auswahl) Technologietransferzentren FOTEC Forschungs- und Technologiezentrum für Industrie- und Energietechnik GmbH Chemnitz Transferzentrum Textiltechnologie im Sächsischen Textilforschungsinstitut e.V. Forschungs- und Transferzentrum an der Westsächsischen Hochschule Zwickau Gesellschaft für Wissens- und Technologietransfer an der Technischen Universität Dresden mbH Technologiedemonstrations- und Transferzentrum für Faserverbundkunststoffe in der IMA Dresden Materialforschung und Anwendungstechnik GmbH, Dresden Technologietransferzentrum für Oberflächen- und Schichttechnologie der Fördergemeinschaft "Dünne Schichten" e.V. Technologie Transfer Zentrum im ILK Institut für Luft- und Kältetechnik gGmbH Dresden Transferstelle Drucktechnik in der SID Sächsisches Institut für die Druckindustrie GmbH Institut des Vereins Polygraph e.V., Leipzig Transferstelle für Kunststofftechnik in der Kunststoffzentrum Leipzig gGmbH
122
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Technologie- und Gründerzentren (Auswahl) Technologie- und Gründerzentren Business and Innovation Centre Zwickau GmbH GIZeF Gründer- und Innovationszentrum Freiberg/Brand-Erbisdorf GmbH Innovationszentrum Plauen/Vogtland GmbH Technologieorientiertes Dienstleistungszentrum Lichtenstein GmbH Innovationszentrum Plauen/Vogtland GmbH Technologieorientiertes Gründer- und Dienstleistungszentrum Annaberg der WFA GmbH TechnologiePark Mittweida GmbH Gründer-, Entwicklungs- und Beratungszentrum Oberlausitz GmbH Ebersbach Technologie- und Gewerbezentrum Sebnitz GmbH Technologie- und Gründerzentrum Bautzen GmbH Technologiebetreuungs- und Gründerzentrum Oberlausitz/Niederschlesien GmbH, Niesky Zentrum für Technologiestrukturentwicklung der Region Riesa-Großenhain GmbH, Glaubitz Business & Innovation Centre Leipzig GmbH (BIC) Technologie- und Gründerzentrum Torgau GmbH Technologieorientiertes Gründer- und Entwicklungszentrum Leisnig/Döbeln GmbH
Bundesland Sachsen- Anhalt Forschungszentren Forschungszentren Zentrum für Neurowissenschaftliche Innovation und Technologie (ZENIT) Biozentrum Halle Zentrum für Produkt-, Verfahrens- und Prozessinnovation GmbH (Experimentelle Fabrik Magdeburg) Zentrums für angewandte Medizin Halle (ZAMED) Institut für Lebensmittel-Technik und Qualitätssicherung e.V. in Köthen
Wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen Wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen FEW Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH Wolfen FER Ingenieurgesellschaft für Automatisierung GmbH Barleben Institut für Automation und Kommunikation e.V. Magdeburg Institut für Lacke und Farben e. V. Magdeburg ÖHMI Forschungs- und Ingenieurtechnik GmbH Magdeburg SLV Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt Halle GmbH CHEMTEC Leuna Gesellschaft für Chemie und Technologie mbH
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
WTZ für Motoren- und Maschinenforschung gGmbH Roßlau SynTec Gesellschaft für Chemie und Technologie der Informationsaufzeichnung GmbH Wolfen
Technologie- und Gründerzentren (Auswahl) Technologie- und Gründerzentren Innovations- und Gründerzentrum Magdeburg GmbH Gründungs- und Technologietransferzentrum Handwerk mbH Innovations- und Gründerzentrum BIC Altmark GmbH Technologie- und Gründerzentrum Halle GmbH Technologie- und Gründerzentrum Jerichower Land GmbH Technologie- und Gründerzentrum Mansfelder Land GmbH mitz Merseburger Innovations- und Technologiezentrum GmbH Gesellschaft für Innovation und Förderung der Wirtschaft im Landkreis Wernigerode mbH Technologie- und Gründerzentrum Bitterfeld-Wolfen GmbH Bio-Zentrum Halle GmbH Biotech-Gründerzentrum Gatersleben GmbH Creativitäts- und Competenz-Centrum Harzgerode Innovations- und Gründerzentrum Kompetenzzentrum Fügetechnik Forschungs- und Entwicklungszentrum (FEZ) Magdeburg
Freistaat Thüringen Cluster-Initiativen Cluster- Initiative
Technologiefeld
OptoNet e.V.
Optik
OphthalmoInnovation Thüringen e.V.
Medizintechnik
Automotive Thüringen e.V.
Automotive/ Automobilzulieferer
BioInstrumenta Jena e.V.
Biotechnoligie
Medienluster Thüringen e.V.
Medien
Mikrotechnik Thüringen e.V.
Mikrotechnologie
PolymerMat e.V. – Kunststoffcluster Thüringen
Kunststoffe
SolarInput e.V.
Solarzuellentechnologie
123
124
Wilhelm Schmeisser / Peggy Schettler / Falko Schindler
Forschungs- und Technologieinfrastruktureinrichtungen TGZ und Applikationszentren TIP Technologie- und Innovationspark Jena BIC Nordthüringen TGZ Ilmenau TGZ Gera IGZ Rudolstadt TGF Schmalkalden/ Dermbach GIS Stedtfeld BIZ Jena APZ Ilmenau AZM Erfurt- Südost Technologie- und Medienzentrum Erfurt GmbH
Wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen (Auswahl) Wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen CiS Institut für Mikrosensorik gGmbH Fzmb GmbH, Forschungszentrum für Medizintechnik und Biotechnologie Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung e.V. Hermsdorfer Institut für Technische Keramik e.V. INNOVENT Technologienetwicklung e.V. Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e.V: Thüringisches Institut für Textil- u. Kunststoff-Forschung e.V.
Analyse der Innovations- und FuE-Tätigkeit klein- und mittelständischer Unternehmen
125
Technologietransfer- und Beratungseinrichtungen Technologietransfer- und Beratungseinrichtungen TZM Mikroelektronik in der CIS für Mikrosensorik gGmbH Transferzentrum Werkzeuge/Werkstoffe in der Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung e.V. Transferzentrum für Software, Informations- und Kommunikationstechnologie (tranSIT) Ilmenau WTS Waffentechnik Suhl GmbH EU- Verbindungsbüro bei der Thüringen INNOVATIV GmbH
Fördereinrichtungen im Technologiebereich Technologietransfer- und Beratungseinrichtungen Thüringer Aufbaubank IHK Erfurt IHK Ostthüringen zu Gera IHK Südthüringen
III.
Gewerblicher Rechtsschutz und Patentbewertung
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement Hermann Mohnkopf
1 Einführung Für Technologieunternehmen haben Patente im globalen Wettbewerb eine sehr wichtige Funktion. Patente gewähren einen Schutz für neue Produkte und Verfahren und bieten dem Inhaber aufgrund des Monopolanspruchs einen Wettbewerbsvorsprung. Da neue Technologien zunehmend wettbewerbsbestimmend sind, ist es erforderlich, dass Unternehmen eine gezielte Patentstrategie entwickeln. Patente nutzen aber nicht nur dem Unternehmen, sondern auch den Mitarbeitern/ -innen der technischen Bereiche, von der FuE bis zur Produktion. Patente stellen z.B. wichtige Dokumente dar, aus denen sich der Stand von Wissenschaft und Technik ableiten lässt. Insoweit wird durch systematische Patentrecherche die Arbeit der Ingenieure sehr erleichtert. Für erfinderische Leistungen können die Mitarbeiter zusätzlich eine gesonderte Erfindervergütung bekommen. Für das breite Feld des Schutzes von geistigem Eigentum gibt es verschiedene Sonderschutzrechte. Darunter fallen: • Patente und Gebrauchsmuster mit der technischen Lehre als wichtigstes Merkmal, • die Geschmacksmuster, deren Schwerpunkt die Ästhetische Formschöpfung ist, • die Marken als Herkunftshinweis bzw. Kennzeichnung und • das Urheberschutzgesetz, welches den Schöpfer von Werken, wie Computerprogramme, Kunst, Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art etc. schützt. Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen bilden das Patengesetz (PatG), das Gebrauchsmustergesetz (GebrMG) und das Arbeitnehmererfindergesetz (ArbEG). Die ersten beiden Gesetze regeln Charakter und Eigenschaften des jeweiligen zu schützenden Gegenstandes, die Wirkung der Schutzrechte und den Weg, um ein Schutzrecht zu bekommen und zu erhalten. Weiterhin werden Aufbau und Zuständigkeiten der einzelnen involvierten Institutionen (Patentamt, Bundespatentgericht und Bundesgerichtshof) festgelegt. Das Arbeitnehmererfindergesetz begründet seinen Ursprung darin, dass über 90% aller getätigten Erfindungen im Rahmen einer Arbeitnehmertätigkeit erfolgen. Es löst im angemessenen Rahmen den Interessenskonflikt zwischen Arbeitnehmererfinder und Arbeitgeber. Denn aus arbeitsrechtlicher Sicht stehen die Erfindungen während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber zu, wäh-
128
Hermann Mohnkopf
rend hingegen die Rechte an der Erfindung nach dem Patentrecht dem Arbeitnehmer zustehen.
2 Zum Patent Ein Patent ist ein vom Staat gewährtes Individualrecht, das dem Inhaber für einen bestimmten Zeitraum das alleinige Recht zur wirtschaftlichen Verwertung einer Erfindung einräumt. Das Wort Patent stammt von dem lateinischen Begriff litterae patentes ab, was soviel bedeutet wie offener Brief. Das deutsche Patentgesetz trat erstmalig 1877 in Kraft. Aber auch davor gab es bereits vergleichbare Regelungen. Die Idee, einen Erfinder mit einem monopolartigen Schutz auszustatten, ist deshalb nicht neu. Es ist bekannt, dass es ab dem 13. Jahrhundert in verschiedenen europäischen Ländern Strukturen gab, die einem Gewerblichen Rechtsschutz ähnlich waren. Allerdings bezogen sich diese häufig nicht auf die Erfindung im engeren Sinne, sondern auf das Privileg, besondere Waren oder Produkte ausschließlich selber herstellen und vertreiben zu dürfen. 2.1 Rechte und Pflichten Patente können Objekte, Methoden oder Verfahren zum Gegenstand haben. Durch ein Patent werden Innovationen ermöglicht und unterstützt, es dient dem technischen Fortschritt. Forschung und Entwicklung sollen sich für Unternehmen lohnen, indem sie für die Erfindungen ein alleiniges Verwertungsrecht vom Staat eingeräumt bekommen. Patente sind ein Ausdruck von Kreativität und können vor Nachahmungen schützen. Als Gegenleistung für das Schutz- und Verwertungsrecht erklärt sich der Erfinder bereit, dass der Gegenstand seiner Erfindung frühzeitig vom Patentamt veröffentlicht wird. Durch diese „Offenlegung“ will der Staat den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik dokumentieren. Dadurch können Forschung und Entwicklung weiter angeregt und Fehlinvestitionen in Forschung und Entwicklung vermieden werden. Der Inhaber eines Patents genießt alleiniges Nutzungsrecht (§9 PatG). Ohne Erlaubnis ist es Dritten verboten: • das patentierte Erzeugnis herzustellen, zu gebrauchen oder anzubieten, • ein patentiertes Verfahren anzuwenden oder anzubieten, • ein durch ein patentiertes Verfahren unmittelbar hergestelltes Erzeugnis zu gebrauchen oder anzubieten. Verboten ist ebenfalls die sogenannte mittelbare Nutzung, also unberechtigten Dritten Mittel anzubieten oder zu liefern, die offensichtlich dazu benutzt werden sollen, eine patentierte Erfindung zu verwenden (§10 PatG). Das erteilte Schutzrecht ist damit ein Monopolrecht, ein Verbietungsrecht, kein positives Benutzungsrecht und sichert das geistige Eigentum ab. Mit dem Schutzrecht gehen auch Verbietungsrechte und veräußerbare Rechte einher. Das heißt, dass man Anspruch auf Schadenersatz bei Ver-
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement
129
schulden und einen Auskunftsanspruch hat. Des Weiteren können die beanspruchten Immaterialgüter verkauft oder lizenziert werden. Der Wirkung von Schutzrechten sind aber auch Grenzen auferlegt. So wird die Herstellung und Verwendung von patentierten Erfindungen für nichtgewerbliche Vorhaben oder Versuchszwecke Dritter erlaubt. Weiterhin sind die Schutzrechte zeitlich limitiert. Sie können ab dem dritten Jahr durch Zahlung einer Gebühr verlängert werden. Ein vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) ausgestelltes Patent hat eine maximale Schutzdauer von 20 Jahren, bei einem Gebrauchsmuster sind es höchstens 10 Jahre. Das Schutzrecht für Patente, Gebrauchsmuster etc. ist nationales Recht, d.h. alle gewerblichen Schutzrechte gelten jeweils nur in dem Land, in dem das Schutzrecht erteilt wurde (Territorialprinzip). Aufgrund des Territorialprinzips existieren weltweit unterschiedliche nationale Anforderungen an die Erteilung von Schutzrechten. Das bedeutet, dass in jedem Land, in dem die Erfindung geschützt werden soll eine Patent-/ Gebrauchsmusteranmeldung vorgenommen werden muss. In der Bundesrepublik Deutschland definieren eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen die Regeln und Normen für den Gewerblichen Rechtsschutz. Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) in München ist die Zentralbehörde auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechschutzes und hat in Jena eine Außenstelle. Die Behörde ist dem Bundesministerium der Justiz untergeordnet. Folgende Gesetze und Verordnungen sind die wichtigsten rechtlichen Rahmenbedingungen des deutschen Patentwesens: • Das deutsche Patentgesetz definiert, was in Deutschland als Patent angemeldet werden kann. Außerdem regelt es Verfahren vor dem Patentamt und vor Patentgerichten. • Die Patentverordnung regelt formale Kriterien der Patentanmeldung. Es wird zum Beispiel erklärt, nach welchem Standard Zeichnungen angefertigt werden müssen und welche Angaben auf einem Patentantrag zu finden sein müssen. • Das Gesetz über internationale Patentübereinkommen regelt die Erteilung europäischer Patente und die entsprechenden Verfahren. • Im Patentkostengesetz finden sich Angaben zu Gebühren, die für den Prüfungsprozess oder die Aufrechterhaltung eines Patents anfallen. • Das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG) regelt die Rechte und Pflichten zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber hinsichtlich technischer Verbesserungen und Erfindungen im Unternehmen. • Für technische Verbesserungen und Erfindungen erhalten die Mitarbeiter/ -innen im Unternehmen eine zusätzliche Vergütung. Die Grundlagen hierzu sind in der Richtlinie für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen geregelt. Einzelheiten finden Sie in den Vergütungsrichtlinien für Arbeitnehmererfindungen.
130
Hermann Mohnkopf
2.2 Voraussetzungen für eine Patenterteilung Nach §1(1) PatG werden Patente für Erfindungen erteilt wenn sie: • neu sind, • auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und • gewerblich anwendbar sind. Dabei gilt nach §3(1) PatG eine Erfindung als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Wurde eine Erfindung an anderer Stelle bereits öffentlich erwähnt, z.B. in Form einer wissenschaftlichen Publikation oder einer anderen Patentanmeldung, kann sie nicht mehr zum Patent angemeldet werden. Es reicht auch eine nachweisbare mündliche Beschreibung, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde oder eine Präsentation des FuE-Ergebnisses auf einer Messe oder einem Kongress. Nach §4 PatG beruht eine Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn sie sich für den „Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt“. Die Erfindung muss eine gewisse „Erfindungshöhe“ haben, d.h. die erfinderische Leistung muss über das Können eines "Durchschnittsfachmanns“ hinausgehen, ehe sie für ein Patent zugänglich ist. Dies prüft das Patentamt im Rahmen des Prüfantrages. Die letzte Bedingung der gewerblichen Anwendbarkeit einer Erfindung ist gem. §5(1) PatG erfüllt, wenn die Möglichkeit besteht, die Erfindung in einem technischen Gewerbebetrieb oder der Landwirtschaft herzustellen oder zu benutzen. Nicht alle Erfindungen sind in Deutschland patentierfähig. So führt der §1(3) PatG aus, dass Erfindungen mit folgenden Eigenschaften von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind: • Entdeckungen, sowie wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden, • ästhetische Formschöpfungen (diese werden dem Geschmacksmuster zugeordnet), • Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, Spiele oder geschäftliche Tätigkeiten, sowie für Programme von Datenverarbeitungsanlagen (zählt zum Urherberrecht), • die Wiedergabe von Informationen. Weitere Ausnahmen finden sich im §1a PatG für den menschlichen Körper und seine Bestandteile und im §2 und §2a PatG für das Klonen von menschlichen Lebewesen und für Pflanzensorten und Tierrassen. Dadurch, dass Schutzrechte für Patente dem nationalen Recht zugeordnet sind gelten in anderen Ländern andere Regeln. Dies ist bei einer Patentanmeldung außerhalb Deutschlands zu beachten. Für ein Europäisches Patent, das in ganz Europa seine Gültigkeit hat, ist das Europäische Patentamt zuständig, welches sich, wie das DPMA, in München befindet.
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement
131
3 Der Weg zum Patent aus Sicht des Unternehmens Innerhalb eines Unternehmens existiert oft eine Patentabteilung, die sich um alle Belange rund um das Patent kümmert. Sie ist erster Ansprechpartner bei einer Erfindung, arbeitet die Merkmale und Ansprüche bzgl. einer Erfindungsmeldung heraus, reicht die Patentschrift zur Anmeldung ein, reagiert auf Fragen der Fachprüfer und überweist die Gebühren zur Erlangung und Aufrechterhaltung von Patenten. 3.1 Erfindungsmeldung Grundlage einer jeden Patentanmeldung ist die Erfindungsmeldung bzw. die vorläufige Erfindungsdefinition. Deren Inhalt bildet die Grundlage für die weitere Bearbeitung der Erfindung. In der Erfindungsmeldung muss das vertiefte Verständnis des Erfinders zu Papier gebracht werden. Bloßes Aufzählen der sichtbaren Merkmale durch Bild und Text reichen oft nicht aus, um den Kern der Erfindung offen zu legen. Es muss ein direkter Zusammenhang zwischen den erfindungswesentlichen Eigenschaften und den dafür unerlässlichen Merkmalen erkannt werden. Dies wird durch ein persönliches Gespräch zwischen dem Patentingenieur, der Patentabteilung und dem Erfinder erreicht. Ziel ist es, dem Patentingenieur eine tiefe Einsicht in die Erfindung und deren Charakteristika zu gewähren, damit er die notwendigen Kenntnisse bekommt um eine Erfindungsmeldung zu verfassen, die alle Merkmale der Erfindung widerspiegelt. 3.2 Zum Stand der Technik Der Erfinder hat oft eine gute Kenntnis über den Stand der Technik zum Zeitpunkt der Erfindung. Entscheidend dabei ist, dass für eine Patentanmeldung nur der Stand der Technik herangezogen wird, der öffentlich, also jedermann, zugänglich ist. Ein betriebsinterner Stand der Technik kann sich vom öffentlichen Stand der Technik unterscheiden und Betriebsgeheimnisse enthalten. Es ist somit wichtig, dass der, in der Patentanmeldung, aufgeführte Stand der Technik nicht betriebsinternes Wissen enthält. Als Quellen für die notwendige Recherche zum Stand der Technik sind hauptsächlich Druckschriften wie: • in- und ausländische Patent- und Offenlegungsschriften, Gebrauchsmuster, • Fachzeitschriften, Fachbücher und Tagungsberichte, • Studien- und Diplomarbeiten, Dissertationen und • veröffentlichte Referate. Auch mündliche Aussagen zum Stand der Technik werden herangezogen, besonders wenn diese von mehreren Personen bestätigt werden können.
132
Hermann Mohnkopf
3.3 Patentschrift Nachdem der Stand der Technik zusammengetragen wurde, werden die Dokumente herausgesucht, die einen direkten Bezug zur Erfindung herstellen und den eigentlichen Stand der Technik bezüglich der Erfindung darstellen. Nach Eingang einer Erfindungsmeldung kann eine Patentschrift verfasst werden, wenn der Patentingenieur den Kern der Erfindung verstanden hat und die Recherche zum Stand der Technik abgeschlossen ist. Die Patentschrift beinhaltet: • eine Einführung in das Problem, welches mit der Erfindung beseitigt werden soll • den, für die Erfindung maßgeblichen, Stand der Technik und dessen Nachteil • eine Beschreibung der Erfindung mit Text und, wenn notwendig, mit Bildern • die Patentansprüche, untergliedert in Haupt- und Unteransprüche und soll die folgenden Zwecke erfüllen: • die geltenden Bestimmung über die Gliederung der Patentschrift erfüllen, • die erfinderische Leistung gegenüber dem Prüfer zum Ausdruck bringen, • die Erfindung ausführlich beschreiben, • eine ausreichende Grundlage für Beschränkungen der Ansprüche bieten und • naheliegende Schlussfolgerungen aus der Erfindung zum Ausdruck bringen, die sonst von Dritten zum Gegenstand eigener Patentanmeldungen gemacht werden könnten. 3.4 Anmeldung des Patents Für eine Patentanmeldung muss die fertige Patentschrift verfasst und beim zuständigen Patentamt, für ein Deutsches Patent beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in München, eingereicht werden. Der Tag des Eingangs wird registriert. Das Eingangsdatum ist ausschlaggebend, wenn sehr ähnliche Patentschriften kurz nacheinander eingereicht werden. Die Schrift mit dem früheren Eingangsdatum wird zuerst berücksichtigt. Somit erhält derjenige das Patent, wer bei gleicher technischer Lehre zuerst da war. Mit Abgabe der Patentschrift können die dort formulierten Beschreibungen und Ansprüche nicht mehr erweitert werden. Daher ist es wichtig die Patentansprüche so abstrakt und breit wie möglich zu formulieren, damit der angestrebte Schutzbereich erreicht wird. Am Anmeldetag wird das Erteilungsverfahren in Gang gesetzt. In diesem Verfahren wird geprüft, ob die Erfindung patentwürdig ist. Ab dem Anmeldetag bleiben maximal 12 Monate Zeit um Auslandsanmeldungen zu tätigen, unabhängig davon ob man in Europa, Japan, USA oder weltweit anmelden möchte. Wird sie innerhalb der 12 Monate durchgeführt, gilt das Prioritätsrecht, d.h. der Anmeldetag der weiteren Anmeldungen ist mit dem Tag der deutschen Erstanmeldung identisch.
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement
133
Achtzehn Monate nach Abgabe der Patentschrift wird diese offengelegt. Innerhalb dieser Zeit kann der Anmelder die Anmeldung unschädlich zurückziehen. Das bedeutet, dass die mit der Anmeldungsschrift vorgestellte Erfindung als nicht veröffentlicht angesehen wird und somit nach Veränderungen nochmals eingereicht werden könnte. Am Ende des Verfahrens wird das Patent erteilt, wenn der Prüfer der Meinung ist, dass die Erfindung den Anforderungen einer Erfindung nach §1 PatG entspricht und damit schützenswert ist. Das Bild 1 gibt einen kurzen Überblick über den Verlauf des Erteilungsverfahrens.
Bild 1: Schematischer Überblick der Patentprüfung
3.4.1
Vorprüfung der Anmeldung
Nach Registrierung der Anmeldung durch das DMPA werden die Unterlagen an eine Vorprüfungsabteilung weiter gereicht. Dort wird die Schrift von erfahrenen Prüfern daraufhin analysiert, ob offensichtliche sachliche Fehler enthalten sind oder ob die angemeldete Erfindung überhaupt nicht dem Patentschutz zugänglich ist. Wie bereits erwähnt, können unter anderem Kunstwerke, mathematische Methoden und Entdeckungen nicht patentiert werden. Diese Vorprüfung dient dazu, bereits im Vorfeld der eigentlichen Patentprüfung den Anmelder auf augenfällige Fehler hinzuweisen. Darüber hinaus hat die Vorprüfung die wichtige Funktion, die Erfindung von ihrem sachlichen Gehalt her zu erfassen und in ein international geltendes, fein unterteiltes Klassifikationsschema einzuordnen. Dieses internationale Patentklassifikations-System „IPC" ermöglicht es, jede Erfindung einer definierten technischen Klasse zuzuordnen. Die eigentlichen Prüfungsabteilungen sind nach diesem Klassifikationsschema aufgeteilt, jeder Prüfer ist für eine oder mehrere dieser Klassen zuständig. Dieses Verfahren stellt sicher, dass jede Erfindung zu einem Prüfer kommt, der für den betreffen-
134
Hermann Mohnkopf
den Sachverhalt große Erfahrung und hohen Sachverstand hat. Dadurch kann jede Erfindung optimal geprüft werden. Dem Anmelder werden Formmängel und offensichtliche Patentierungshindernisse mitgeteilt, und er wird zur Beseitigung dieser Mängel oder zur Zurücknahme der Anmeldung innerhalb einer bestimmten Frist aufgefordert. Werden die Mängel nicht behoben, oder wird die Anmeldung nicht zurückgenommen, so ist bereits in diesem Verfahrensabschnitt mit der Zurückweisung der Anmeldung zu rechnen. 3.4.2
Patentprüfung
Damit die Erfindung nicht nur durch eine Anmeldung beim DPMA hinterlegt wird, sondern vom zuständigen Prüfer auch geprüft und zum Patent geführt werden kann, ist nach der Anmeldung der „Antrag auf Prüfung des Patents" erforderlich. Die Gebühr hierzu beträgt zurzeit 350,- EUR. Bei der Prüfung einer beim DPMA angemeldeten Erfindung im Hinblick auf ihre Patentierbarkeit, führt der zuständige Prüfer nach einer eingehenden Analyse des Sachverhalts eine Recherche zum Stand der Technik durch. Dazu stehen im DPMA über 35 Mio. internationale Patentdokumente, sowie eine Bibliothek mit über 1,1 Mio. Büchern zur Verfügung. Von zunehmender Bedeutung sind auch Recherchen in verschiedensten internen und externen elektronischen Datenbanken, die von den Prüfern mit Hilfe moderner Informationstechnik im DPMA durchgeführt werden. Anhand des Standes der Technik, der zu einer bestimmten Erfindung in der Recherche aufgefunden worden ist, beurteilt der Prüfer, ob eine Erfindung die durch das Patentgesetz vorgegebenen Kriterien erfüllt. In seinem Prüfbescheid vermerkt der Prüfer, neben dem Stand der Technik, welche Ansprüche in einer Patentmeldung geltend gemacht werden können und welche eventuell schon durch andere Patente vergeben sind. Nach der Prüfung erhält der Anmelder den Prüfbescheid mit Kopien aller wichtigen Schriften aus dem Stand der Technik und den Hinweisen des Prüfers. Basierend darauf kann die Anmeldung durch Änderung der Ansprüche, in der Regel der Hauptanspruch, modifiziert werden. Dabei ist zu beachten, dass nur die, in der Patentanmeldung, schriftlich fixierten Ansprüche herangezogen werden können. So kann ein Unter- bzw. Nebenanspruch zu einem Hauptanspruch erhoben oder ganz weggelassen werden. 3.4.3
Offenlegung
Unabhängig vom Verfahrensstand wird die Patentanmeldung in der Regel achtzehn Monate nach dem Anmelde- oder Prioritätstag offengelegt (§31 Abs. 2 Nr. 2 PatG). Dies geschieht durch Veröffentlichung des Offenlegungshinweises im Patentblatt (§32 Abs. 5 PatG) und Herausgabe der Anmeldungsunterlagen als "Offenlegungsschrift" (§32 Abs. 2 PatG). Diese Offenlegungsschrift beinhaltet die schriftliche Darlegung der Erfindung, wie sie am Anmeldetag beim DPMA eingereicht worden ist.
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement
135
Die Herausgabe der Offenlegungsschrift dient dazu, die Öffentlichkeit zu informieren, damit sie frühzeitig erfährt, was in nächster Zeit zum Stand der Technik zählt und an fremden Schutzrechten auf sie zukommt. Der Anmelder kann sich gegenüber dem DPMA auch schon vorzeitig mit der Offenlegung und den sich daraus ergebenden Rechtsfolgen einverstanden erklären (§31 Abs. 2 Nr. 1 PatG). Die Zeitspanne von 18 Monaten, in der die angemeldete Erfindung beim Patentamt der Öffentlichkeit gegenüber geheim gehalten wird, erlaubt es dem Anmelder, sich zu entscheiden, ob er seine Anmeldung weiterverfolgen möchte, oder ob er sie etwa aufgrund einer negativen Beurteilung im Prüfungsverfahren noch vor der Offenlegung zurückzieht, damit gewisse Details seiner Erfindung nicht an die Öffentlichkeit gelangen. 3.4.4
Patenterteilung
Genügt die Anmeldung den vorgeschriebenen Anforderungen, sind gerügte Mängel beseitigt und ist der Gegenstand der Anmeldung patentfähig, so wird die Erteilung des Patents beschlossen (§49 PatG). Mit der Veröffentlichung der Erteilung im Patentblatt treten die gesetzlichen Wirkungen des Patents ein. Gleichzeitig wird die komplette Patentschrift veröffentlicht. Sie enthält die Patentansprüche, die Beschreibung und die Zeichnungen, auf Grund derer das Patent erteilt worden ist, die Nummern sämtlicher Druckschriften, die im Erteilungsverfahren in Betracht gezogen worden sind. Es wird ebenfalls auf übrige Druckschriften hingewiesen, die im Fall eines vorangegangenen Rechercheantrages ermittelt und dem Anmelder bereits mitgeteilt worden sind. Eine Zusammenfassung wird in die Patentschrift aufgenommen, wenn sie nicht schon in der Offenlegungsschrift vorhanden ist. Das Patent kann von jedermann innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung der Erteilung durch Einspruch angegriffen werden (§59 PatG). Kann die einsprechende Person Gründe gegen das Patent vorbringen, die im Prüfungsverfahren bisher nicht bekannt waren, wird die Erfindung nochmals durch ein Prüfungsgremium geprüft. Das Prüfungsgremium setzt sich aus zwei Prüfern und dem Leiter der zuständigen Prüfungsabteilung des Patentamtes zusammen. Ist ein zulässiger Einspruch eingelegt, so wird das Patent insgesamt dahingehend überprüft, ob es zu recht erteilt worden und aufrechtzuerhalten oder zu widerrufen ist. Als Ergebnis dieser Prüfung wird von dem Prüfungsgremium beschlossen, das Patent aufgrund des Einspruchs zu widerrufen oder teilweise oder ganz aufrecht zu erhalten. Gegen die Entscheidung des Prüfgremiums kann jeder Beteiligte innerhalb eines Monats nach Zugang des neuen Prüfbescheides Beschwerde (§73 PatG) beim Bundspatentgericht (§§65-99 PatG) einlegen. Im äußersten Fall kann gegen den Beschluss des Patentgerichts (§79 PatG) ein Rechtsbeschwerdeverfahren eingeleitet werden, wenn die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder für eine einheitliche Rechtssprechung die Entscheidung vom Bundesgerichtshof erforderlich ist.
136
Hermann Mohnkopf
Wird der Erfindung endgültig das Patent zugesprochen, erhält der Patentinhaber das Schutzrecht für 20 Jahre, ab Datum der Einreichung. Wurde ein europäisches oder weltweites Patentes vergeben, muss entschieden werden, in welchen Ländern das Patent gelten soll. In diesen Ländern muss bei dem nationalen Patentamt eine Patentschrift in Landessprache durch einen dort ansässigen Vertreter eingereicht werden, was zusätzliche Kosten verursacht. Mit diesem Vorgang wird das Patent als nationales Schutzrecht ohne nochmalige Prüfung vergeben. In Bild 2 ist der zeitliche Verlauf eines Patentes von Anmeldung bis Ablauf der Schutzrechtzeit dargestellt. Veröffentlichung Anmeldetag
Erteilung
Ende des Schutzes
18 Monate
Ausarb
ErteilungsVerfahren
Einspruch
Erteiltes Patent
maximal 20 Jahre Ø 3 Jahre Ø 1 Monat
Bild 2: Zeitstrahl einer Patentanmeldung
4 Funktionen eines Patentes Das Patent hat verschiedene Funktionen. Insgesamt gesehen soll die eigene Erfindung vor Nachahmung geschützt werden. Zusätzlich ist die damit verbundene Publikumswirksamkeit ein wichtiges Brückenelement beim Übergang von der Forschungstätigkeit zur wirtschaftlichen Verwertung. Letztlich zielt eine Patentanmeldung immer auf einen wirtschaftlichen Erfolg ab, der in unterschiedlicher und vielschichtiger Form erfolgen kann. 4.1
Grundlegende Funktionen
Folgende grundlegende Funktionen werden mit dem Patentwesen verbunden, dies zeigt nachfolgendes Bild.
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement
137
Bild 3: Funktionen von Patenten
4.1.1
Stand der Technik
Da ein Patent stets veröffentlicht wird, ist es durch eine Recherche in Patentdatenbanken möglich, sich über den momentanen Stand der Technik in einem bestimmten Gebiet zu informieren. Ausgehend von der Recherche muss dann entschieden werden, ob das Patent eines Dritten lizenziert wird, oder ob man selber ein Produkt oder Verfahren entwickelt, welches noch nicht durch bestehende Patente geschützt ist. Die Patentrecherche ist ein komplexes Unterfangen, da neben Fachkenntnissen auch Kenntnisse über die Systematik von Patentklassifizierungen nötig sind. Durch die weitgehende Verbreitung des Internets ist die Durchführung einer Patentrecherche in den letzten Jahren einfacher geworden. Patentämter aller Industrienationen bieten Datenbanken zur Recherche an: • Deutsche Patente sind im Deutschen Patent Informationssystem auf der Homepage des Deutschen Marken- und Patentamt recherchierbar. • Europaweit kann in der Europäischen Patentdatenbank, erreichbar unter http://ep.espacenet.com/, gesucht werden. • In den USA bietet das U.S. Patent Office unter „http://www.uspto.gov/patft/index.html“ einen entsprechenden Service. Möchte man nach Patenten innerhalb eines spezifischen Technologiebereichs suchen, bietet sich eine Eingrenzung des Suchfelds anhand der International Patent Classification (IPC) an. Wird eine Erfindung patentiert, erhält sie eine entsprechende Identifikation nach IPC. Die IPC ist hierarchisch aufgebaut und in Sektionen, Untersektionen, Klassen, Unterklassen, Hauptgruppen, Gruppen und Untergruppen eingeteilt. Insgesamt gibt es etwa 60.000 Klassen, denen ein Patent zugeordnet werden kann. Eine detaillierte Auflistung aller Klassen erhält man durch eine Suche in der offiziel-
138
Hermann Mohnkopf
len IPC Datenbank. Sie wird von der World Intellectual Property Organization regelmäßig aktualisiert. Es gibt zurzeit folgende Bereiche: • Täglicher Bedarf • Arbeitsverfahren; Transportieren • Chemie; Hüttenwesen • Textil; Papier • Bauwesen; Bergbau • Maschinenbau; Beleuchtung; Heizung; Waffen, • Physik • Elektrotechnik Sucht man beispielsweise nach der IPC Klassifizierung von Strahltriebwerken, schlägt die IPC Datenbank die Kategorie F02K vor. Die Kennung setzt sich zusammen aus Sektion F, Untersektion 02 (Brennkraftmaschinen) und der Klasse K für Strahltriebwerke. Innerhalb der Klasse K folgen dann die Unterklassen, die jeweils bestimmte Teilbereiche und Funktionen eines Strahltriebwerks bezeichnen. Wichtig hierbei ist, dass sich beispielsweise Patente, die die Anordnung oder den Einbau von Triebwerken in Flugzeuge betreffen, in einer anderen Kategorie befinden, nämlich in diesem Fall in der Kategorie B64D. Die Zahl der in einem bestimmten Bereich angemeldeten Patente unterscheidet sich von Land zu Land und ändert sich im Laufe der Zeit. In Deutschland wurden 2004 die meisten Patente in den Kategorien B60 und F16 angemeldet. 4.1.2
Ausschluss von Wettbewerbern
Patente und Gebrauchsmuster sind Individualrechte, die ihren Inhaber befugen, für eine begrenzte Zeit allein über eine Erfindung zu verfügen und damit Wettbewerber von ihrer Nutzung auszuschließen. Inzwischen ist der Gewerbliche Rechtsschutz ein fester Bestandteil in der Strategieplanung von Technologieunternehmen. Insbesondere über die Patentabsicherung ist es in vielen Technologieunternehmen möglich, einen deutlichen Vorsprung vor den Wettbewerbern zu erhalten. Das gilt auch im zunehmenden globalen Wettbewerb. 4.1.3
Lizenzierung mit dem Ziel, Lizenzeinnahmen zu generieren
Der Inhaber eines Patentes kann Dritten gestatten, die patentierte Technologie oder das patentierte Verfahren zu nutzen. Hieraus lassen sich Lizenzeinnahmen generieren, die wiederum zur Finanzierung weiterer Forschung und Entwicklung genutzt werden kann.
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement
4.1.4
139
Lizenzierung mit dem Ziel einer unternehmensübergreifenden Kooperation
Unternehmen können sich gegenseitig Lizenzen für die Nutzung der jeweiligen Patente des anderen einräumen. Dies macht besonders dann Sinn, wenn ein Produkt zusammen entwickelt wird. Ein Beispiel für diese Nutzungsform ist die Kooperation von Ford und Volkswagen bei der Entwicklung einer Großraumlimousine, die von VW als „Sharan“ und von Ford als „Galaxy“ vermarktet wird. Bei Joint-Ventures, bei denen mehrere, zum Teil konkurrierende, Unternehmen beteiligt sind, ist diese Lizenzform anzustreben. 4.1.5
Externe Reputationswirkung
Die Anmeldung von Patenten und die Publikation von technischen Erfindungen signalisiert, dass auf einem bestimmten Gebiet Forschung und Entwicklung betrieben wird und so entsprechendes Know-how im Unternehmen vorhanden ist, sowie weiterentwickelt wird. Alle Patente eines Unternehmens dokumentieren dessen Innovationskraft und vergrößern die Reputation. Hiervon geht sowohl bei der Fremdmittelbeschaffung, etwa bei der Beantragung von Fördermitteln, als auch im Zuge der Personalrekrutierung eine wichtige Signalwirkung aus. Im internationalen Wettbewerb spielt diese Reputation bei den Kunden ebenfalls eine sehr große Rolle. 4.1.6
Interne Reputationswirkung
Für die MitarbeiterInnen im Unternehmen stellt die Patenterteilung eine wichtige interne Reputation dar. Im Patent werden die Erfinder namentlich erwähnt. Die Offenlegung stellt zudem eine wichtige Publikation dar. Die Erfinder können auf ihre Leistung stolz sein. Neben der immateriellen Anerkennung erfolgt auch eine finanzielle zusätzliche Honorierung für die Erfinder. Die Erfindervergütungen, die im Arbeitnehmererfindergesetz (ArbEG) geregelt sind, stellen im Zusammenhang mit technischen Entwicklungen Anreiz- und Motivationssysteme für die MitarbeiterInnen in Forschung und Entwicklung, sowie im Bereich der Anwendung dar. 4.1.7
Defensive Publikation
Wie bereits dargestellt, schafft die Veröffentlichung einer Erfindung jedweder Art den Stand der Technik. Nach dem Patentgesetz kann man damit auf diese Erfindung kein Patent mehr beantragen. Eine defensive Publikation durch ein Unternehmen verhindert folglich, dass eine andere Partei ein Ausschlussrecht gewährt bekommt und sichert so dem eigenen Unternehmen Handlungsfreiheit, d. h. das Recht die publizierte Erfindung zu nutzen. Des Weiteren macht der Erfinder damit eine Festlegung, selbst keine Ausschlussrechte zu erwerben und auszuüben. 4.1.8
Sicherheiten bei der Finanzierung
Unter finanziellen Zielsetzungen eines Unternehmens basiert der Wertbeitrag einer technischen Erfindung oder eines Patents auf dem (zukünftigen) ökonomischen Nut-
140
Hermann Mohnkopf
zen, der sich unter der bestmöglichen Verwertung der Erfindung oder des Patentes erzielen lässt. Damit stellen Patente einen immateriellen Wert dar. Dieser Wert kann auch materiell umgesetzt werden, z.B. durch die Vergabe von Lizenzen oder den Verkauf des Patentes. Insoweit können Patente auch als Sicherheit gegenüber der Bank genutzt werden und damit die Finanzierung über Kredite oder Risikokapital erleichtern. 4.1.9
Hilfsmittel bei Standardisierungsprozessen
Häufig ist es durch grundlegende Erfindungen möglich, dass ein Gegenstand der Erfindung zum Standard in einer Branche wird. Dieses ist ein wichtiges Mittel, um zukünftige Erträge nachhaltig zu sichern, da der neue technische Standard innerhalb der Branche von allen genutzt wird und für jeden lizenzpflichtig ist. Zur Durchsetzung von Standards ist allerdings nicht nur eine gute technische Lösung erforderlich, sondern auch eine hinreichende Marktmacht. Häufig schließen sich deshalb Unternehmen zusammen und entwickeln gemeinsam einen Standard unter Einräumung wechselseitiger Nutzungsrechte an der Erfindung. Dritte müssen jedoch zur Nutzung dieses Standards Lizenzgebühren entrichten. Diesen Standardisierungsprozess kann man zurzeit bei den Nachfolgeformaten HD DVD und BluRay beobachten, bei dem sich zwei Firmenverbünde im Wettbewerb befinden. Da die beiden konkurrierenden Standards noch recht neu auf dem Markt sind, kann noch nicht genau gesagt werden, welches Format sich am Ende durchsetzen wird. 4.1.10
Technologietransfer und die Zusammenarbeit zwischen Industrie- und Wissenschaft
Patente erleichtern den Technologietransfer. Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen arbeiten häufig eng zusammen. Meist sollen die sich daraus ergebenden Forschungsergebnisse auf die Unternehmen übertragen werden. Hierzu benötigt man eine vertragliche Grundlage und zugleich eine Absicherung des Know-hows, da das Unternehmen nur insoweit für die Technologienutzung etwas zahlen will, wenn es die FuE Ergebnisse alleine nutzen kann, d.h. ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt bekommt. Um die Zusammenarbeit zwischen Industrie und Hochschule vertraglich zu regeln, wurden durch einen Berliner Arbeitskreis, der sich aus Vertretern Berliner Hochschulen und verschiedenen Unternehmen aus Berlin-Brandenburg und der Bundesrepublik zusammensetzte, Mustervertragsbausteine unter dem Stichwort „Berliner Vertrag“ zusammengestellt. Die aktuellen Versionen auch in englischer Sprache findet man unter www.mohnkopf.eu und www.ipal.de. Der Vertrag gibt Anhaltspunkte über die Abgrenzung zwischen Dienst-/Werksvertrag, Auftragsforschung und Forschungskooperation und regelt speziell für Verträge von Auftragsforschung und Forschungskooperationen die Ansprüche und Vergütungen der Vertragspartner bei Patentanmel-
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement
141
dungen. Dabei werden die Belange der Hochschule (Vergütung, Publikationsrechte, erscheinen in Ranglisten für Patenterstanmeldungen) und der Industrie (Inanspruchnahme der Patente, ausschließliches Nutzungsrecht) beachtet und bei der Vertragsgestaltung umgesetzt. Der Vertrag regelt auch die Unterscheidung bei Auftragsforschung und Forschungskooperation. Während es bei der Auftragsforschung nur eine vertraglich geregelte Vergütung gibt, wird bei der Forschungskooperation grundsätzlich zwischen Industriepartner-Ergebnissen (Hochschule hat keinen Anteil an der Erfindung), Gemeinschaftsergebnissen (Erfindungsanteil der Hochschule liegt bis 50%) und Hochschul-Ergebnissen (Erfindungsanteil der Hochschule über 50%) unterschieden, was Auswirkungen auf Vergütungszahlungen und Ansprüche bzgl. einer Patentanmeldung hat. Aber auch in Unternehmen selber werden Erfindungen getätigt, die vom Unternehmen gar nicht verwertet werden können oder sollen, weil die Technologie nicht in das Produktportfolio oder zum Marktsegment passt. Wenn bei andern Unternehmen sehr wohl Interesse bestehen könnte, wird ein Patent angemeldet um dieses an einen Dritten zu veräußern oder eine Lizenz vergeben zu können. Über das Patent wird dadurch Know-how zum handelbaren immateriellen Gut, was in den Bilanzen des Unternehmens aufgeführt wird und so den Unternehmenswert steigert. 4.1.11
Strategische Wirkungen der Sonderschutzrechte
Zu den Sonderschutzrechten zählen Patente, Gebrauchsmuster, Urheberrechte, Geschmacksmuster, Halbleitererzeugnisse und Produkte mit geografischen Angaben. Durch die Sonderschutzrechte darf der Wettbewerber das geschützte Produkt nicht herstellen, zudem stehen sie möglichen Schutzrechten des Wettbewerbers entgegen. Das Patent kann als Werbemittel verwendet werden, um das Unternehmen bekannter zu machen und sich von den Wettbewerbern abzugrenzen. Zusätzlich können Wettbewerber von Entwicklungsfeldern durch sogenannte Sperrpatente ausgegrenzt werden. Weiterhin kann durch die Offenlegung der Patentschriften dem Wettbewerber bewusst eine Entwicklungsrichtung vorgemacht werden, indem Patente innerhalb eines bestimmten Entwicklungsfeldes angemeldet werden. Damit wird dem aufmerksamen Wettbewerber suggeriert, wohin die Entwicklung im eigenen Unternehmen tendiert. Folgt der Wettbewerber dieser Strategie und wird ebenfalls in dieser Entwicklungsrichtung aktiv, kann das Unternehmen selber ungestört in einer ganz anderen Richtung forschen und zu gegebener Zeit auf diesem Gebiet Patente anmelden. Die anderen Patente werden daraufhin nicht mehr verfolgt. 4.2 Strategischer Nutzen eines Patentes Das oberste Ziel eines Unternehmens ist es, Mehrwert für seine Anteilseigner zu schaffen. Besonders in Technologieunternehmen spielen Patente dabei eine wichtige Rolle. Mehrwert kann dabei auf direkte oder indirekte Weise realisiert werden.
142
Hermann Mohnkopf
Die direkte Nutzung beschreibt Handlungsspielräume, die eine Patentierung mit sich bringen kann. Die Art und Weise der direkten Nutzung beschreibt die Patentstrategie eines Unternehmens. Um den optimalen Nutzen aus der eigenen FuE Arbeit zu ziehen, entwickeln zahlreiche Unternehmen Patentstrategien. Die jeweilige Strategie wird durch die Stellung im Markt, der Konkurrenzsituation und den verfügbaren Ressourcen des Unternehmens beeinflusst. Häufig werden diese Strategien auch "Intellectual Property (IP) Strategien" genannt. Zu den direkten Nutzungsmöglichkeiten der Patente gehören u.a. • die eigene Verwertung des Patentes, • gezielter Ausschluss von Wettbewerbern aus dem Marktsegment aufgrund des Monopolanspruchs, • freie und breite Produktentwicklung auf dem durch Patente rechtlich abgesichertem Gebiet (Freedom to Operate), • zusätzliche Einnahmen durch Lizenzen und • Verkauf des Patentes an andere Nutzer.
Marktanteile gewinnen freie Nutzung der Technik
Einnahmen aus Lizenzvergabe
Er
Patente
fol gs fak tor en
Patenthebel
Diese direkten Nutzungsmöglichkeiten stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Technologie- und Innovationspolitik des Unternehmens, wie in Bild 4 gezeigt.
Verhandlungsspielraum
F+E absichern
strateg. Bedeutung
Bild 4: Wirkung von Patenten
Die indirekte Nutzung eines Patents stellt ein Patent als immaterielles, einmaliges Wirtschaftsgut dar, welches ein Ergebnis der Arbeit des "Humankapitals" ist. Sobald der Wert eines Patents für das Unternehmen quantifiziert ist, kann es als Messgröße in verschiedenen Bereichen des Unternehmens eingesetzt werden. Ein indirekter Mehrwert aus Patenten ergibt sich z.B. durch: • Bilanzierung der immateriellen Werte der Patente, • Erleichterung externer Finanzierung durch Absicherung der Kredite über Patente,
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement
143
• positive steuerliche Effekte durch Patentaufwendungen • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Verhandlungserleichterung mit Lieferanten und Kunden. Patente sind Wertpotentiale, die den Unternehmenswert nachhaltig steigern können, wie in Bild 5 dargestellt. Sie können zum einen, wenn sie bereits in den Unternehmenswert eingeflossen sind und ihn dadurch gesteigert haben aktuell einen Beitrag zum Unternehmenswert leisten. Und zum anderen können sie dies durch deren strategische Wirkung, womit eine Wertsteigerung oder eine Wertvernichtung einhergehen kann, zum Beispiel Wertsteigerung durch geschickte Lizenzvergabe oder Wertvernichtung durch Auslizenzierung an direkte Wettbewerber unterstreichen. Der Wert eines Patentes leitet sich aus seinem Nutzen für den Eigentümer ab. Zur Messung dieses Nutzens kann grundsätzlich auf drei Bewertungskategorien zurückgegriffen werden: 1. Voraussichtliches, in Zukunft generiertes, Einkommen; 2. Marktpreis des Patentes oder eines ähnlichen Patentes; 3. Kosten zur Erlangung dieses Patentes. Der Wert einer patentgeschützten Technologie setzt sich zusammen aus dem Wert der nicht patentgeschützten Technologie plus dem Wert des Schutzrechtes, was aus der nichtpatentgeschützten Technologie (Betriebsgeheimnis) eine patentgeschützte Technologie macht. Dieser Wert kann für die Bildung von Preisuntergrenzen und Preisobergrenzen bzgl. eines Patentverkaufes oder einer Patenterwerbung herangezogen werden.
144
Hermann Mohnkopf
Wertsteigerung
Wert
Hebung des Wertepotenziales durch Patentwerte die Beitrag zum Unternehmenswert leisten.
Unternehmenswert
Hebung von Wertpotenzialen Wertvernichtung durch Patentwerte, die bereits einen Niederschlag im Unternehmenswert haben.
Verkauf, Auslizenzierung, Joint Venture, Strategische Allianz, Aufgabe von Schutzrechten.
Strategische Effekte
- Aufrechterhaltung des technologischen Vorsprungs gegenüber Wettbewerbern - Umsatzsteigerung bei den Produkten - Standardsetzung - Aufgabe der falschen Patente - Auslizenzierung an Wettbewerber - Übernahme durch Wettbewerber
Wertpotenziale
Bild 5: Beeinflussung des Unternehmenswertes durch Patente
Für eine Patentstrategie bildet die Firmenstrategie die Basis. Die Firmenstrategie beinhaltet eine Produktstrategie, eine Geschäftsbereichstrategie und eine TechnologieStrategie. Alle drei Strategien werden durch die Patentstrategie unterstützt. Ziel ist die Ausrichtung des eigenen Schutzrechtbestandes auf die Erfolgsfaktoren des Geschäftes. Die Patentstrategie unterliegt verschiedenen Einflussgrößen wie: • dem Unternehmen selber, • Technologien, • Produkte und Produktportfolio, • FuE-Tiefe, • Fertigungstiefe und Wertschöpfungskette, • Lebenszyklus des Produktes oder der Technologie, • mögliche und/oder bestehende Kooperationen, • Lizenzpolitik, • Schutzrechtsportfolio, • Drittschutzrechte, • Stand der Technik, • Normen, • Gesetze, • Marketing,
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement
145
• Wettbewerb und • Kunden. In Abhängigkeit dieser Einflussgrößen wird die Patentstrategie ausgerichtet und durchgeführt. In der folgenden Tabelle sind verschiedene Beispiele für Patentziele und zugehörige Strategien aufgeführt. Ziel
Situation
Strategie
Markteintritt eines Mitbewerbers behindern
großes Patentportfolio vorhanden; Patentportfolio des Mitbewerbers ist schwach
Verbietungsrecht ausüben
Lizenznahme vermeiden
FuE-Budget für Patente begrenzt
eigene Schutzrechte gezielt anmelden
Schutzrechtskosten reduzieren
großes Patentportfolio; breites Produktspektrum
selektives Anmelden der Patente
Lizenzverkauf steigern
großes Patentportfolio; breites Produktspektrum
Schutzrechte auf der „Technology Road Map“ der Wettbewerber platzieren
Tabelle 1: Beispiele für Patentziele und zugehörige Strategien
4.3 Geheimhaltungsstrategie als Alternative Eine alternative zur kostspieligen Anmeldung von Patenten und Gebrauchsmuster ist die Nichtanmeldung und die damit einhergehende Geheimhaltungsstrategie. Allerdings ist die Geheimhaltung aus mehreren Gründen sehr riskant: • Am Endprodukt ist für einen Käufer und/oder einen Fachmann häufig die Erfindung zu erkennen und diese risikolos nachzuahmen. Das gleiche gilt für Messen und Ausstellungen auf denen die Erfindung gezeigt wird. • Geheimhaltungsverpflichtungen schützen nur bedingt, da es praktisch kaum möglich ist, bewussten „Geheimnisverrat“ nachzuweisen, wenn Informationen nach außen gelangt sind. Denn nur bei nachgewiesenen bewussten widerrechtlichen „Geheimnisverrat“ kann Schadenersatz verlangt werden, da gegen die Geheimhaltungsverpflichtungen verstoßen wird. • Rechtswidrige Verletzungen bleiben größtenteils unerkannt. • Es besteht nur eine eingeschränkte Möglichkeit Kooperationen zu bilden bzw. einzugehen, da das Betriebsgeheimnis nur als Know-how eingebracht werden kann. • Durch die Geheimhaltung können keine Lizenzen vergeben werden.
5 Zum eigenen Patent des Arbeitnehmers Für Arbeitnehmer in Deutschland gilt bei Erfindungen zu jeder Zeit das Arbeitnehmererfindergesetz (ArbEG), welches die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer regelt. Die gesetzliche Regelung ist wichtig, da aus arbeitsrechtlicher Sicht die Erfin-
146
Hermann Mohnkopf
dungen dem Unternehmen gehören aber nach Patentrecht dem Erfinder, also dem Arbeitnehmer, die Rechte an der Erfindung zustehen. Das ArbEG gilt für alle Arbeitnehmer im privaten und öffentlichen Sektor, sowie Soldaten und Beamten. Nur Geschäftsführer und Vorstände sind davon ausgeschlossen. Es bezieht sich auf Erfindungen (§2 ArbEG) und technische Verbesserungsvorschläge. Letztere grenzen sich dadurch ab, dass sie nicht patent- oder gebrauchsmusterfähig sind. In dem Gesetz wird zwischen Diensterfindung und freier Erfindung unterschieden. Diensterfindungen sind während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemachte Erfindungen, die entweder aus der Tätigkeit im Unternehmen entstanden sind oder maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten des Unternehmens beruhen. Alle anderen Erfindungen des Arbeitnehmers sind freie Erfindungen, die aber auch dem Arbeitgeber zur Bewertung gemeldet werden müssen. Allgemein gilt, dass die Patentabteilung des Unternehmens der Partner des Erfinders ist, um seine Erfindung schützen zu lassen. Sie begleitet ihn, betreut ihn vor Ort, vermeidet oder vermindert durch ihre Erfahrung Risiken, sichert die schutzfähigen Ergebnisse ab und setzt Schutzrechte durch. Auch bei freien Erfindungen wird dem Erfinder geraten die Patentabteilung einzuschalten, um etwa einen Konflikt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, z.B. bei der Einschätzung ob es sich um eine Diensterfindung handelt oder nicht, zu verhindern. 5.1 Diensterfindung 5.1.1
Meldepflicht
Bei Diensterfindungen besteht eine Meldepflicht. Das bedeutet, dass die Erfindung unverzüglich dem Arbeitgeber schriftlich gemeldet werden muss. Dabei ist kenntlich zu machen, dass es sich um eine Erfindung handelt. Die Erfindungsmeldung muss enthalten: 1. Titel der Erfindung 2. Angaben zum Erfinder bzw. zu den Erfindern (Name, Anschrift, Erreichbarkeit im Unternehmen, jeweiliger Anteil an der Erfindung) 3. Stand der Technik, von dem ausgegangen wird 4. Nachteile dieses Standes der Technik 5. Vorschläge, um diese Nachteile zu beseitigen 6. Vorteile der Erfindung 7. zuordnen der Erfindung 8. Angaben über Fremdrechte (ob Erfindung bereits außerhalb des Unternehmens angesprochen wurde, ob fremde Firmen beteiligt waren oder ob das Projekt, in dessen Rahmen die Erfindung entstand, mit öffentlichen Geldern gefördert wurde)
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement
9.
147
Angaben über das Zustandekommen der Erfindung.
Sind an der Erfindung mehr als eine Person beteiligt, kommt im weiteren Verlauf die Regel der so genannten Bruchteilsgemeinschaft (§§741ff. BGB) zur Anwendung. Dafür sind unter anderem die Angaben wichtig, wer welchen Anteil an der Erfindung hat. Ist die Erfindungsmeldung unvollständig hat der Arbeitgeber das Recht zur Beanstandung und er kann Ergänzungen verlangen (§15 ArbEG), insbesondere diese, die zur Schutzrechtsanmeldung oder Vergütungsbemessung notwendig sind. Dafür gibt es zwei Gründe. Nur eine vollständige und ausführliche Beschreibung der Erfindung garantiert ein weitreichendes oder sogar nur ein einfaches Schutzrecht. Denn sobald eine Patentanmeldung, entstanden aus der Beschreibung des Erfinders, beim zuständigen Patentamt eingereicht wurde, kann nichts mehr hinzugefügt werden. Der Prüfer entscheidet nur aufgrund der Patentschrift, ob die Erfindung patentwürdig ist oder nicht. Deshalb sollte es immer ein persönliches Gespräch zwischen Erfinder und Verfasser bzw. Einreicher der Patentmeldung geben, um sämtliche Merkmale der Erfindung erfassen und in Worte umsetzen zu können. Weiterhin soll jeder Erfinder entsprechend seiner Leistung vergütet werden, weshalb der Anteil des einzelnen Erfinders an der Erfindung der Patentabteilung mitgeteilt werden muss. Ganz wichtig ist, dass für Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Geheimhaltungspflicht nach außen besteht. Das bedeutet: Bevor über eine mögliche Erfindung mit Dritten gesprochen wird, sollte vorab die Patentabteilung angesprochen werden um gemeinsam zu prüfen, ob eine Patentanmeldung in Frage kommt. Durch die Geheimhaltungspflicht kann der Erfinder sicher gehen, dass seine Erfindung, trotz der Prüfung, nicht öffentlich wird. Dies gilt für freie Erfindungen und im Besonderen für Diensterfindungen. 5.1.2
Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber
Der Arbeitgeber kann eine Diensterfindung unbeschränkt oder beschränkt in Anspruch nehmen, was er dem Arbeitnehmer spätestens vier Monate nach Erfindungsmeldung schriftlich erklären muss (§6 ArbEG). Bei einer unbeschränkten Inanspruchnahme gehen alle Rechte der Erfindung auf den Arbeitgeber über. Durch eine beschränkte Inanspruchnahme erwirbt der Arbeitgeber nur ein nichtausschließendes Recht, das heißt, dass der Erfinder weiterhin über die Erfindung verfügen kann. Wird der Arbeitnehmer durch die beschränkte Inanspruchnahme seiner Erfindung zu sehr eingeschränkt, kann er verlangen, dass der Arbeitgeber innerhalb von zwei Monaten die Erfindung entweder unbeschränkt in Anspruch nimmt oder sie ihm freigibt. Eine Diensterfindung wird frei, wenn der Arbeitgeber diese schriftlich frei gibt, sie nur beschränkt in Anspruch nimmt oder nach vier Monaten ab Eingangsdatum der Erfindungsmeldung keine Inanspruchnahme gegenüber dem Arbeitnehmer erklärt hat. Über frei gewordene Erfindungen kann der Arbeitnehmer ohne Beschränkungen verfügen.
148
Hermann Mohnkopf
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, und allein berechtigt, eine gemeldete Diensterfindung im Inland zur Erteilung eines Schutzrechtes anzumelden. Die Pflicht entfällt, wenn: 1. die Diensterfindung frei geworden ist, 2. der Arbeitnehmer der Nichtanmeldung zustimmt und/ oder 3. wenn Betriebsgeheimnisse durch die Anmeldung veröffentlicht werden. Die Anmeldungsverpflichtung führt dazu, dass der Arbeitnehmer bei unbeschränkter Inanspruchnahme seiner Diensterfindung eine Anmeldung auf Kosten des Arbeitgebers bewirken kann. Bei freigewordenen Diensterfindungen ist nur der Arbeitnehmer berechtigt die Anmeldung der Erfindung vorzunehmen. 5.1.3
Vergütung bei Inanspruchnahme
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung, wenn seine Erfindung in Anspruch genommen wird, unabhängig davon ob dies unbeschränkt oder beschränkt geschieht. Mit der Vergütung geht der Abkauf der Erfindungsrechte des Erfinders/Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber einher und wirkt motivierend. Für die Bemessung der Vergütung sind Dinge wie die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung, die Aufgaben und Stellung des Arbeitnehmers in dem Betrieb, sowie dessen Anteil am Zustandekommen der Erfindung zu berücksichtigen. Die Erfindervergütung ist ein gesetzlicher Anspruch der zwar belohnenden Charakter hat aber kein Arbeitsentgelt darstellt. Im Vergleich zum Arbeitsentgelt stellt die Erfindungsvergütung keine arbeitsvertraglich geschuldete Gegenleistung des Arbeitgebers dar. Die Art und Höhe der Vergütung soll nach §12 ArbEG in angemessener Frist nach Inanspruchnahme der Diensterfindung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber festgelegt werden. Sind mehrere Arbeitnehmer an der Erfindung beteiligt ist die Vergütung für jeden gesondert festzulegen. Die Vergütung lässt sich mittels des Erfindungswertes und des Anteilsfaktors folgendermaßen berechnen: Die zu zahlende Vergütung V V = E* A
(1)
ergibt sich aus dem Erfindungswert E multipliziert mit dem Anteilsfaktor A in Prozent. Der Anteilsfaktor wird mit Hilfe von drei Teilwerten ermittelt, deren Zustandekommen im ArbEG geregelt ist. Der erste Teilwert ist ein Maß für die Einflussnahme des Betriebes in Hinblick auf das Heranführen zur Erfindung, z.B. durch konkrete Aufgabenstellung. Die Wertzahl ist umso höher, je größer die Eigeninitiative des Erfinders bei der Aufgabenstellung und je größer dessen Beteiligung bei der Erkenntnis der Mängel war.
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement
149
Der Umfang der „geistigen und materiellen“ Hilfe des Betriebes wird in dem zweiten Teilwert berücksichtigt. Er bewertet, welchen Anteil das Unternehmen am Zustandekommen der Erfindung hatte. Ist diese maßgeblich durch eigene Leistungen des Mitarbeiters zustande gekommen, liegt die Wertzahl höher, als wenn der Betrieb selber maßgeblich zur Erfindung beigetragen hat, z.B. durch Stellung von Laboren und Geräten. Die „geniale“ Erfindung beim Wochenendspaziergang des Mitarbeiters und jenseits seines engeren Tätigkeitsgebietes wird insoweit höher bewertet, als der gute Einfall im Labor bei der üblichen Routinetätigkeit. Der letzte Teilwert befasst sich mit der berechtigten Leistungserwartung des Betriebes an den Erfinder/ Mitarbeiter, d.h. mit seiner Stellung im Betrieb. Grundsätzlich gilt, je forschungsnäher der Mitarbeiter arbeitet und je höher seine hierarchische Stellung ist, desto geringer wird die entsprechende dritte Wertzahl sein. Der Gesetzgeber geht bei dieser Regelung davon aus, dass Mitarbeiter, die in höherer hierarchischer Stellung tätig bzw. mit FuE Aufgaben beauftragt sind, bereits für ihre Kreativität und „das Erfinden“ bezahlt werden. Für den Anteilsfaktor werden die ermittelten drei Wertzahlen addiert. Die entstandene Summe entspricht einem Prozentsatz, der den Anteilsfaktor darstellt, wobei die Höhe des Prozentsatzes direkt von der Höhe der Wertzahlensumme abhängt (d.h. je höher die Wertzahlensumme ist, desto höher ist der Anteilsfaktor in Prozent). Der entsprechende Prozentsatz geht aus einer allgemeingültigen Tabelle nach dem ArbEG hervor. Der Erfindungswert selber ist das Produkt aus Bezugsgröße B und dem Lizenzsatz L E = B*L.
(2)
Wird der Erfindungswert in die Gleichung der zuzahlenden Vergütung eingesetzt ergibt sich V = B * L* A .
(3)
Die Bezugsgröße B kann ein Geldbetrag oder eine Stückzahl sein, wovon ebenfalls der Lizenzsatz abhängt. Ist die Bezugsgröße ein bestimmter Geldbetrag (zum Beispiel der Umsatz) so ist der Lizenzsatz ein Prozentsatz. Ist jedoch die Bezugsgröße eine Stückzahl oder eine Gewichtseinheit, ist der Lizenzsatz ein bestimmter Geldbetrag, der auf die Stückzahl (Geldeinheit je Stück) oder auf das Gewicht (Geldeinheit je Gewichtseinheit) bezogen ist. Der Erfindungswert kann mit drei verschiedenen Ansätzen berechnet werden: 1. Nach Lizenzanalogie: zugrunde gelegt wird ein Lizenzsatz, der für vergleichbare Fälle bei freien Erfindungen in der Praxis üblich ist 2. Nach betrieblich erfassbaren Nutzen: der Nutzen, der dem Betrieb aus der Benutzung der Erfindung erwächst, wird heran gezogen 3. Schätzen des Erfindungswertes.
150
Hermann Mohnkopf
Die Lizenzanalogie ist der einfachste und zuverlässigste Berechnungsansatz (aufgrund der sehr geringen Schätzungenauigkeiten), weshalb er von Unternehmen und seitens der Schiedsstellen und Gerichte am häufigsten angewendet wird. Die Ermittlung des Erfindungswertes soll an einem kleinen Beispiel näher erläutert werden: Eine Erfindung betrifft die Befestigung eines Autoaußenspiegels. Die Bezugsgröße B soll der Anteil der Befestigung am Gesamtpreis des Spiegels sein. Diese beträgt 5%. Das ergibt bei einer Produktionsmenge von 100.000 Stück und einem Preis von 200 EUR pro Stück eine Bezugsgröße von B = 100.000* 200 * 0,05 = 1.000.000 EUR .
Basierend darauf lässt sich der Erfindungswert nach (2) bestimmen. Der Lizenzsatz L wird mit 2% angesetzt. Damit beträgt der Erfindungswert E = 1.000.000 EUR * 0,02 = 20.000 EUR .
□
Wird das Schutzrecht durch den Arbeitgeber nicht genutzt, gibt es neben der Pauschalvergütung nach der Patenterteilung weitere Pauschalvergütungen nach 7 und 14 Jahren, falls das Patent aufrecht erhalten wird. Bei Benutzung des Patentes in Serie wird die Methode der Lizenzanalogie angewendet, wie in Folgendem weitergeführten Beispiel: Der Erfindungswert betrug 1.000.000 EUR. Bei einem ermittelten Anteilsfaktor A von 12% ergibt sich eine Vergütung von V = 20.000 EUR* 0,12 = 2.400 EUR .
Erhöht sich die Anzahl der verkauften Außenspiegel, wodurch die Bezugsgröße beeinflusst wird, erhält der Erfinder darauf basierend eine weitere Vergütung. □ Ab einem bestimmten erfindungsgemäßen Umsatz, gemessen am Gesamtumsatz des Produktes, wird eine Abstaffelung der Erfindungsvergütung vorgenommen, in dem der zugrunde gelegte erfindungsgemäße Umsatz nach der offiziellen Abstaffelungstabelle des ArbEG abgestaffelt wird. Hintergrund dafür ist, dass bei hohen erfindungsgemäßen Umsätzen der erfinderische Anteil daran immer geringer wird und dafür stärker von der Stellung des Lizenznehmers am Weltmarkt, seine Reputation, seinem Vertrieb, der Vermarktung und die Bemühungen in FuE etc. abhängen. Den Einfluss der Staffelung auf die Erfindervergütung soll an dem weitergeführten Beispiel näher erläutert werden. Bei einer Erhöhung des Absatzes von 100.000 auf 250.000 Außenspiegeln verändert sich der erfindungsgemäße Umsatz zu
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement
151
B = 250.000 * 200 * 0,05 = 2.500.000 EUR .
Basierend auf der Abstaffelungstabelle wird ab einer bestimmten Referenzumsatzsumme auf 1.994.038,34 EUR abgestaffelt. Die Differenz zwischen dem „wirklichen“ erfindungsgemäßen Umsatz und der Referenzumsatzsumme wird mit einem vorgeschriebenen, aus der Abstaffelungstabelle entnommenen, Multiplikator (hier 0,9) multipliziert und mit dem Abstaffelungsbetrag zu dem abgestaffelten erfindungsgemäßen Gesamtumsatz in Höhe von B* = 1.994.038, 34 EUR + 454.832,48 * 0,9 = 2.403.387, 57 EUR
addiert. Damit ändert sich der Erfindungswert zu E * = 2.403.387, 57 EUR * 0,02 = 48.067,75 EUR
und es ergibt sich bei einem Anteilsfaktor von 12% eine Erfindungsvergütung von V * = 48.067,75 EUR * 0,12 = 5.768,13 EUR
Abzüglich der bereits ausgezahlten Erfindungsvergütung in Höhe von 2.400EUR erhält der Erfinder V = 5.768,13 EUR - 2.400 EUR = 3.368,13 EUR
statt 3.600EUR, die sich ohne eine Abstaffelung des Gesamtumsatzes ergeben würden. ■ 5.2 Freie Erfindung Hat ein Arbeitnehmer während der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses eine freie Erfindung gemacht, so ist diese unverzüglich dem Arbeitgeber zu melden. Dabei muss über die Erfindung und deren Zustandekommen soviel berichtet werden, dass der Arbeitgeber beurteilen kann, ob sie frei ist. Bestreitet der Arbeitgeber innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Meldung, die mitgeteilte Erfindung nicht schriftlich, so kann er sie nicht mehr als Diensterfindung in Anspruch nehmen. Die Meldepflicht einer Freien Erfindung entfällt, wenn sie offensichtlich nicht in dem Arbeitsbereich des Betriebes verwendet werden kann (§18 ArbEG). Bei freien Erfindungen muss zuerst dem Arbeitgeber mindestens ein nichtausschließendes Recht zur Benutzung der Erfindung angeboten werden. Nimmt der Arbeitgeber dieses Angebot innerhalb von drei Monaten nicht an, so verfällt das Vorrecht (§19 ArbEG) und der Erfinder hat freie Verfügungsrechte über seine Erfindung.
152
Hermann Mohnkopf
5.3 Technischer Verbesserungsvorschlag Neben Diensterfindungen und freien Erfindungen gibt es die Gruppe der technischen Verbesserungsvorschläge. Diese grenzen sich zu den Erfindungen dadurch ab, dass sie nicht den Ansprüchen einer Erfindung genügen, dem Arbeitgeber aber eine ähnliche Vorzugsstellung wie ein gewerbliches Schutzrecht gewähren. Das heißt, dass durch den Verbesserungsvorschlag der Stand der Technik innerhalb des Betriebes erhöht wird. Verwertet der Arbeitgeber den Verbesserungsvorschlag, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Im Allgemeinen wird das Gebiet der Vergütung von Verbesserungsvorschlägen durch den Tarifvertrag oder durch die Betriebsvereinbarung geregelt. 5.4 Verfahrensweisen des Innovationsmanagements Wie bereits erläutert gibt es Erfindungen und Verbesserungsvorschläge. Zusätzlich kann es weitere unternehmensinterne Innovationssysteme geben, wie den „Ideenspeicher“. In diesem werden verschiedene Ideen gesammelt und auf deren Umsetzung geprüft. Kommt es zu einer Anwendung, so erhält der entsprechende Mitarbeiter als Motivation eine Vergütung. Der Ideenspeicher grenzt sich zu den Verbesserungsvorschlägen dadurch ab, dass die Prüfung und Umsetzung nur innerhalb einer Fachabteilung vorgenommen wird. Im Vergleich dazu, prüft ein Gremium, zusammengesetzt aus Betriebsangehörigen von verschiedenen Fachabteilungen, den Verbesserungsvorschlag und lässt ihn betriebsweit umsetzen, wenn er als dafür geeignet erscheint. Eine Übersicht über den Fortgang von Ideen, Verbesserungsvorschlägen und Erfindungen und den zuständigen Bewertungsorganen ist in Bild 5 zu sehen. 5.5 Vorteile des eigenen Patentes Neben einer angemessenen Vergütung bietet das eigene Patent eine Reihe weiterer Vorteile. Durch die Recherche für eine Patentmeldung bleibt der Erfinder auf dem Stand der Technik, wodurch seine Arbeit erleichtert werden kann. Mit Patenten wird das Unternehmen im internationalen Wettbewerb gestärkt, was sich auf die Sicherheit der Arbeitsplätze auswirkt, und durch eine erfolgreiche Patentanmeldung wird die Arbeit des Arbeitnehmers besonders gewürdigt, worauf jeder Erfinder stolz sein kann. 5.5.1
Arbeitserleichterung
Eine Erleichterung der Arbeit ist besonders durch die Möglichkeit einer Patentrecherche gegeben, wodurch der Erfinder bzw. der Entwicklungsingenieur, sich relativ schnell und zielführend einen Überblick über den Stand der Technik verschaffen kann. Damit können Patentverletzungen und Doppelentwicklungen vermieden werden. Denn innerhalb der Entwicklung existiert stets die Gefahr, dass eine mutmaßlich gute Idee ungeprüft in einer Entwicklung umgesetzt wird und so unwissentlich gegen ein bestehendes Patent oder gar gegen mehrere Patente verstößt. Wenn dies erst sehr spät, zum Beispiel im Rahmen der Markteinführung des Produktes, erkannt wird,
Patentschutz: Der Weg zum zeitlichen Wettbewerbs-Monopol des Innovationsmanagement
153
kann das erhebliche finanzielle Einbußen für das Unternehmen bedeuten. Sei es, weil Lizenzen erworben werden müssen oder weil das Produkt umgestaltet werden muss, wodurch es zu Verspätungen und/oder Vertragsstrafen kommen kann. 5.5.2
Sicherung des Arbeitsplatzes
Patente stärken das Unternehmen, verbessern dessen Wettbewerbsposition und tragen damit zum langfristigen Wachstum des Unternehmens bei. Gerade für ein technologieorientiertes Unternehmen dienen Patente der nachhaltigen Sicherung im Wettbewerb. Es ist anhand der internationalen Patentstatistik erkennbar, dass die Zahl der angemeldeten Patente in jüngster Zeit deutlich schneller gestiegen ist, als der Aufwand für FuE. Das weist darauf hin, dass den Patenten immer größere Bedeutung eingeräumt, und deshalb verstärkt auf Patente hingearbeitet und/oder neue Produkte, Methoden und Verfahren intern auf ihre Patentierfähigkeit überprüft und eventuell angemeldet werden. IDEE
Mitarbeiter
meldet an Ideenspeicher
meldet Verbesserungsvorschlag
meldet Erfindung
Bewertung Abteilung
Bewertung Werkskommission
Recherche durch Patentabteilung
nein
weitere Ergänzung nötig ja
• Umsetzung der Innovation • Einführung in das Produkt • Patentanmeldung
• Vergütung • Prämie • Bekanntmachung
Bild 5: Fortgang einer Ideen- und/oder Erfindungsmeldung
Informationen
Motivationsmittel
154
Hermann Mohnkopf
Die Unternehmen versuchen ihren technologischen Vorsprung auf dem Markt in Wettbewerbsvorteile umzusetzen. Dies geht nur, wenn das Unternehmen sein Wissen und Know-how in Form von Patenten absichert und sich damit gegenüber der Konkurrenz abgrenzt. Patentstrategien helfen dem Unternehmen auf dem Markt erfolgreich zu bestehen, sei es durch strategische Patente (Monopol-, Sperr- oder Vorratspatente), taktische Patente (Verfolgungs-, Offenbarungs-, oder Verwirrungspatente) und/oder Lizenzvergabe. Solche Strategien sind ein Ausdruck des Technologiewettbewerbs zwischen den Unternehmen, besonders im Hochtechnologiebereich. 5.5.3
Würdigung der eigenen Arbeit
Ein Großteil der Unternehmen würdigt seine Erfinder. Nicht nur durch die Erfindervergütung sondern auch durch weitere Maßnahmen, wie einem jährlichen Preis, der für die besten Erfindungen des Jahres vergeben wird. Daneben können den Erfindern der Respekt ihrer Kollegen und die Anerkennung durch Vorgesetzte gewiss sein. In einem Patent werden immer, neben dem Namen des Betriebs und dem Einreicher, auch die Erfinder namentlich und persönlich vermerkt. Die Patenturkunde ist für viele Ingenieure und Naturwissenschaftler die offizielle Anerkennung für besondere herausragende erfinderische Leistungen, denn sie ragen mit dem Patent über den Stand von Wissenschaft und Technik heraus. Viele Ingenieure sind auf die Erfindungen zu Recht stolz, zumal wenn sie in der Praxis Eingang gefunden haben und angewendet werden. Konrad Zuse, der Erfinder des Computers, hat - in seiner bekannten Zurückhaltung - immer wieder voller Stolz von seinen Erfindungen gesprochen. Auch Artur Fischer, Unternehmer und erfolgreicher Erfinder, ist mit seinen über 80 Jahren eher stolz auf seine Erfindungen als auf seine erfolgreiche Unternehmertätigkeit. Angefangen mit dem Fischerdübel, hat er zwischenzeitlich mehrere tausend Erfindungen angemeldet.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien Ulrich Moser / Heinz Goddar
I.
Einleitung
Der Jubilar dieses Buches, Hermann Mohnkopf, beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren sehr intensiv mit dem Management von Patentportfolios. Eine der damit verbundenen Fragestellungen stößt auf sein ganz besonderes Interesse: die Bewertung von Patenten und Patentportfolios. Die Autoren teilen dieses Interesse mit dem Jubilar und widmen ihm deswegen den vorliegenden Beitrag. Die folgenden Ausführungen beschreiben zunächst die wesentlichen Grundlagen der Bewertung insoweit, als sie für die Bewertung von Patenten erforderlich sind (II.). Anschließend erfolgt eine Analyse von Patenten - genauer: patentgeschützter Technologien - aus dem Blickwinkel der Bewertung (III.). Sodann werden die für die Bewertung von Patenten relevanten Ausprägungen des Income Approach dargestellt (IV.).
II.
Grundlagen der Bewertung
II.1.
Überblick
Voraussetzung einer jeden Bewertung ist - neben einem grundlegenden Verständnis der anzuwendenden Bewertungsmethodik - die eindeutige Abgrenzung des Gegenstands der Bewertung sowie die Kenntnis des Anlasses der Bewertung. Im Folgenden werden die hiermit in Zusammenhang stehenden Aspekte insoweit dargestellt, als dies für die Bewertung von Patenten erforderlich ist (II.2. - II.4.). II.2.
Grundlegende Bewertungskonzepte
II.2.a)
Ausgangsüberlegung
Der Wert eines Objektes, z.B. eines Patentes oder aber auch eines ganzen Unternehmens, leitet sich aus dem Nutzen ab, den dieses für dessen Eigentümer stiftet.1 Zur Messung dieses Nutzens kann grundsätzlich auf drei Kategorien zurückgegriffen werden: y Einkommen, das das zu bewertende Objekt in Zukunft voraussichtlich generieren wird y verfügbare Marktpreise für das betreffende oder vergleichbare Objekte
1
Siehe statt vieler z.B. Born, Unternehmensanalyse und Unternehmensbewertung, 2. Aufl., Stuttgart 2003, S. 21; Smith/ Parr, Valuation of Intellectual Property and Intangible Assets, 3. Aufl., New York u.a. 2000, S. 152, 163; WP Handbuch 2002, Band II, S. 1f.
156
Ulrich Moser / Heinz Goddar
y Kosten zur Erlangung eines vergleichbaren Objekts.2 Dementsprechend wird zwischen drei grundlegenden Bewertungsansätzen3 unterschieden (Abb. 1):4 y Income Approach (auch „kapitalwertorientierte oder erfolgsorientierte Verfahren“ genannt) y Market Approach (auch als „marktpreisorientierte oder marktorientierte Verfahren“ bezeichnet) y Cost Approach (auch „kostenorientierte Verfahren“ genannt). In der Bewertungspraxis, vor allem bei der Bewertung von Intellectual Assets, haben diese Ansätze unterschiedliche Ausgestaltungen erfahren. Dabei sind die “Hybrid Approaches” besonders hervorzuheben, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie Elemente von zwei der grundlegenden Bewertungsansätze, insbesondere des Market und des Income Approach, verbinden.5
2 3
4
5
Siehe z.B. Smith/Parr, a.a.O.(Fn 1), S. 164ff. Der Real Options Aproach wird im Rahmen dieses Beitrags nicht in die Betrachtung einbezogen. Vgl. zu diesem Ansatz z.B. Copeland/Antikarov, Real Options. A Practitioner`s Guide, New York 2001; Mum, Real Options Analysis, Hoboken/New Jersey 2002; Ernst/Moser, in: Ernst/Häcker/Moser/Auge-Dickhut (Hrsg.), Praxis der Unternehmensbewertung und Akquisitionsfinanzierung. Zur Anwendung des Ansatzes bei der Bewertung von Patenten bzw. von Technologien siehe insbesondere Khoury, Valuing Intangibles? Consider the Technology Factor Method, in: les Nouvelles 2001 S. 87 - 90; Kidder/Mody, Are Patents Really Options, in: les Nouvelles 2003 S. 190 - 192; Kossovsky/Arrow, TRRU Metrics: Measuring the Value and Risk of Intangible Assets, in: les Nouvelles 2002 S. 139 - 142; Pries/Astebro/Obeidi, Economic Analysis of R & D Projects: Real Options vs. NPV Valuation Revisited, in: les Nouvelles 2003 S. 184 - 186; Razgaitis, Valuation and Pricing of Technology-Based Intellectual Property, Hoboken/New Jersey 1999, S. 223ff. Siehe z.B. bei Born, a.a.O. (Fn. 1), S. 22ff.; Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, Wien 1997, S. 10f;, Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), 163f. sowie Seppelfricke, Handbuch Aktien- und Unternehmensbewertung, Stuttgart 2003, S. 15 - 17, der allerdings unzutreffend den Liquidationswert den kostenorientierten und nicht den erfolgsorientierten Verfahren zuordnet; IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Bewertung bei der Abbildung von Unternehmenserwerben und bei Werthaltigkeitsprüfungen nach IFRS (IDW RS HFA 16), in: FN 2005 S. 721 - 738, Tz. 18ff.; Entwurf IDW Standard: Grundsätze der Bewertung immaterieller Vermögenswerte (IDW ES 5), in: WPg 2006 S. 1306ff., Tz. 15ff. Im Zusammenhang mit der Patentbewertung vgl. auch Goddar, Die wirtschaftliche Bewertung gewerblicher Schutzrechte beim Erwerb technologieorientierter Unternehmen, in: Mitteilungen der deutschen Patentanwälte 1995 S. 357 - 366. Khoury/Lukeman, Valuation Of BioPharm Intellectual Property: Focus On Research Tools And Platform Technology, in: les Nouvelles 2002 S. 50, sowie neuerdings Drews, Patent Valuation Techniques, in: les Nouvelles 2007 S. 365ff. Vgl. Z.B. bei Khoury/Daniele/Germeraad, Selection and Application of Intellectual Property Valuation Methods in Portfolio Management and Value Extraction, in: les Nouvelles 2001 S. 81.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
157
Der zukünftige Nutzen eines Vermögensgegenstandes bestimmt dessen Wert Income Approach
Market Approach
Cost Approach
Erwartetes zukünftiges Einkommen
Nutzeneinschätzung der Marktteilnehmer
Investitionsbetrag
Grenzpreis DCF-Verfahren Ertragswertmethode
Marktpreis Vergleichsverfahren Multiplikatormethode
Reproduction Cost Replacement Cost
Real Options Approach Abb. 1: Grundlegende Bewertungskonzepte
Darüber hinaus finden sich im Schrifttum eine Reihe von Beiträgen, die den Anspruch erheben, neben den drei grundlegenden Konzepten weitere Bewertungsverfahren entwickelt zu haben.6 Die Analyse dieser Ansätze zeigt jedoch, dass diese nur Ausgestaltungen der Grundkonzepte, insbesondere des Income Approach, sind und dementsprechend keine eigenständige Bedeutung haben.7 Im Folgenden werden die drei grundlegenden Bewertungsansätze kurz erläutert. II.2.b) Income Approach Der Income Approach setzt, wie bereits ausgeführt, am Einkommen an, das in Zukunft voraussichtlich aus dem Bewertungsobjekt zu erwarten ist. Beispielsweise resultiert dieses bei einem auslizenzierten Patent aus den zukünftigen Lizenzzahlungen an dessen Eigentümer, bei einem Unternehmen aus den zukünftigen Ausschüttungen an die Anteilseigner bzw. den Zahlungen an alle Kapitalgeber. Ansatzpunkt des Bewertungsansatzes ist also die Fähigkeit des Bewertungsobjektes, künftig Einkommen zu erwirtschaften.8 „Einkommen“ im Sinne des Income Approach sind dabei auch Einsparungen fiktiver Lizenzgebührenzahlungen, die der Patentinhaber an einen Dritten in dem Fall zahlen müsste, dass nicht der Patentinhaber, sondern ein Dritter Inhaber des in Rede stehenden, vom tatsächlichen Patentinhaber wirtschaftlich genutzten Patentes wäre. 6
7 8
So etwa Anson/Martin, Accurate IP valuation in multiple environments, in: Intellectual Asset Management, Februar/March 2004 S. 7 - 10; Poredda/Wildschütz, Patent Valuation - A Controlled Market Share Approach, in: les Nouvelles 2004 S. 77 - 85. So auch Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1) S. 163f., Khoury/Daniele/Germeraad (Fn. 5), 79. Vgl. Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 164ff.; IDW RS HFA 16 (Fn.4), Tz. 24 - 34.
158
Ulrich Moser / Heinz Goddar
Zur Ableitung des Wertes wird beim Income Approach das aus dem Bewertungsobjekt zu erwartende zukünftige Einkommen mit dem Einkommen verglichen, das aus einer alternativen Anlagemöglichkeit zukünftig voraussichtlich erzielbar ist.9 Der Wert des Bewertungsobjekts entspricht dann dem Betrag, der zur Erlangung der Alternativanlage zu investieren ist. Dieser Alternativenvergleich wird durch Diskontierung des zukünftigen Einkommensstromes des Bewertungsobjektes vollzogen. Dabei verkörpert der Diskontierungszinssatz die alternative Anlagemöglichkeit. Demgemäß ergibt sich der Wert des Bewertungsobjektes als Barwert (Present Value) der zu erwartenden zukünftigen Einkommenszahlungen. Dem Income Approach sind als Bewertungsmethoden die Discounted Cash FlowVerfahren sowie die Ertragswertmethode zuzuordnen.10 II.2.c)
Market Approach
Der Market Approach11, der nach IFRS 3 bei der Bewertung immaterieller Vermögenswerte vorrangig anzuwenden ist,12 geht davon aus, dass zur Bewertung eines Objekts auf die Nutzeneinschätzung der Marktteilnehmer abzustellen ist. Dem Ansatz liegt der Gedanke zugrunde, dass sich auf kompetitiven Märkten - bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen - grundsätzlich für die dort gehandelten Objekte Marktpreise einstellen.13 Wird das Bewertungsobjekt selbst auf einem aktiven Markt14 gehandelt, ist auf dessen Marktpreis abzustellen. Ist dies nicht der Fall, sind vergleichbare Objekte heranzuziehen, deren Marktpreise auf das Bewertungsobjekt zu übertragen sind (Analogiemethode).15
9
10
11
12 13
14
15
Vgl. z.B. Gebhardt/Danske, Kapitalmarktorientierte Bestimmung von risikofreien Zinssätzen für die Unternehmensbewertung, in: WPg 2005 S. 649ff. (650). Zu diesen Ansätzen siehe statt vieler Praxis der Unternehmensbewertung und Akquisitionsfinanzierung (Fn. 3). Zum Market Approach siehe statt vieler Moser/Auge-Dickhut, Unternehmensbewertung: Marktpreisabschätzungen mit Vergleichsverfahren, in: FB 2003 S. 10ff.; dieselben, Unternehmensbewertung: Zusammenhang zwischen Vergleichs- und DCF-Verfahren, in: FB 2003 S. 213ff.; Krolle/Schmitt/Schwetzler (Hrsg.), Multiplikatorverfahren in der Unternehmensbewertung, Stuttgart, 2005. Vgl. IFRS 3.B 16, IDW RS HFA 16 (Fn.4), Tz 19. Vgl. hierzu z.B. Smith/Parr, a.a.O- (Fn. 1), S. 170 - 173, Reilly/Schweighs, Valuing Intangible Assets, New York u.a. 1998, S. 101f. Zu den engen Voraussetzungen eines aktiven Marktes: z.B. IAS 38.8, Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 170 – 173. Vgl. auch IDW HFA RS 16 (Fn.4), Tz. 22.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
159
Bei Anwendung der Analogiemethode ist zunächst ein Multiplikator als Relation zwischen dem Marktpreis des Vergleichsobjektes und einer Bezugsgröße abzuleiten. Zur Ermittlung des Wertes des Bewertungsobjektes ist dieser Multiplikator sodann auf die betreffende Bezugsgröße beim Bewertungsobjekt anzuwenden. Beispielsweise kann im Falle der Bewertung eines Patentes der bekannte Marktpreis eines vergleichbaren Patentes auf den aktuellen Jahresumsatz (Bezugsgröße) des durch das Vergleichspatent geschützten Produktes bezogen werden. Die Anwendung des so ermittelten Multiplikators auf den aktuellen Jahresumsatz des durch das zu bewertende Patent geschützten Produktes führt zum gesuchten Patentwert. Die Anwendung des Market Approaches in dem Falle, dass das Bewertungsobjekt nicht auf einem aktiven Markt gehandelt wird, setzt voraus, dass ein mit dem Bewertungsobjekt vergleichbares Objekt, dessen Marktpreis bekannt ist, verfügbar ist. Wird ein Vergleichsobjekt nicht auf einem aktiven Markt gehandelt, sind zur Ableitung von Marktpreisen Vergleichstransaktionen heranzuziehen. Lassen sich entsprechende Transaktionen identifizieren, bedarf es einer genauen Analyse insbesondere von deren detaillierten Konditionen sowie den Bedingungen von deren Zustandekommen (z.B. zwischenzeitliche Veränderungen der Marktgegebenheiten, Einflüsse käuferspezifischer Motive).16 Angesichts dieser Anwendungsvoraussetzungen ist unmittelbar erkennbar, dass der Anwendungsbereich des Market Approach zur Bewertung von Intellectual Assets, insbesondere von Patenten, sehr begrenzt ist.17 II.2.d) Cost Approach Der Wert des Bewertungsobjektes bestimmt sich beim Cost Approach18 durch den Betrag, der erforderlich ist, um ein Objekt zu erlangen, das dem Eigentümer erlaubt, den Nutzen zu ziehen, den ihm das zu bewertende Objekt vermittelt. Es handelt sich somit um den Betrag, den der Eigentümer aufwenden muss, um das zu bewertende Objekt durch ein entsprechendes zu substituieren. Das dem Ansatz zugrunde liegende Prinzip ist dasjenige der Substitution.19 Aus dem Prinzip der Substitution folgt, dass der Cost Approach eine Wertobergrenze determiniert: Ein rational handelnder Investor bezahlt für ein Objekt - auch wenn 16 17
18
19
Vgl. ebenda. So schon Khoury (Fn. 3) S. 88, Khoury/Daniele/Germeraad (Fn. 5) S. 77 – 86, Woodward, in: Wild (Hrsg.), Building and enforcing intellectual property value. An international guide for the boardroom 2003, London 2002, S. 49f.; ebenso Mackenstedt/Fladung/Himmel, Ausgewählte Aspekte bei der Bestimmung beizulegender Zeitwerte nach IFRS 3 - Anmerkungen zu IDW RS HFA 16, in: WPg 2006 S. 1038. Ausführlich zum Cost Approach siehe Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), insbes. S. 197ff., Reilly/Schweighs, a.a.O. (Fn. 13), insbes. S. 118ff. Vgl. hierzu und zum Folgenden z.B. Reilly/Schweighs, a.a.O- (Fn. 13), S. 96f., Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 164.
160
Ulrich Moser / Heinz Goddar
dessen mittels Income Approach ermittelter Wert höher ist - maximal den Betrag, den er zur Erlangung eines anderen Objektes, das ihm den entsprechenden Nutzen erlaubt, aufwenden muss. Den Cost Approach gibt es in verschiedenen Ausgestaltungen: Die eine grundlegende Form geht von der identischen Reproduktion des zu bewertenden Objekts - einem „exakten Duplikat“20 - aus; dies ist der Reproduktionskostenwert (reproduction cost). Die andere zentrale Variante stellt auf die Beschaffung bzw. Herstellung eines Objekts mit äquivalentem Nutzen ab; dies ist der Wiederbeschaffungskostenwert (replacement cost). 21 Beim Wiederbeschaffungskostenwert finden im Gegensatz zum Reproduktionskostenwert Bestandteile, die das zu bewertende Objekt zwar aufweist, zum Bewertungszeitpunkt jedoch keinen Nutzen stiften, keine Berücksichtigung. Entsprechendes gilt für technologische Weiterentwicklungen, die nur im Wiederbeschaffungskostenwert einen Niederschlag finden. Dementsprechend kann sich das der Ableitung des Wiederbeschaffungskostenwertes zugrunde liegende Objekt auch deutlich vom zu bewertenden Objekt unterscheiden. Bei der Ableitung des Wertes nach dem Cost Approach sind erforderlichenfalls zudem physische Abnutzung sowie technische und wirtschaftliche Veralterung zu berücksichtigen. Der Anwendungsbereich des Cost Approach ist allerdings eingeschränkt, da aus dem Anfall von Kosten für die Herstellung eines Objekts nicht zwingend auf einen hieraus resultierenden zukünftigen Nutzen geschlossen werden kann. Beispielsweise ist an die Entwicklung neuer Technologien zu denken, in die riesige Beträge fliesen können, deren Nutzen jedoch im konkreten Fall sehr gering sein kann.22 Zur Anwendung kommt der Cost Approach vor allem dann, wenn er - wie bereits ausgeführt - die Wertobergrenze bildet. In Deutschland sind dem Cost Approach die Substanzwertverfahren zugeordnet.23 II.2.e)
Zusammenhang zwischen Income, Market und Cost Approach
Income und Cost Approach gehen von dem Betrag aus, der zur Erlangung eines Objekts, das den gleichen Nutzen stiftet, erforderlich ist. Beim Income Approach ist die Messung dieses Nutzens durch das mit dem Bewertungsobjekt verbundene Einkom-
20 21
22
23
IDW RS HFA 16 (Fn.4), Tz 39. Den historischen Kosten, die bei Anschaffung bzw. Herstellung des zu bewertenden Objektes angefallen sind, kommt beim Cost Approach keine eigenständige Bedeutung zu. Vgl. z.B. Khoury/Daniele/Germeraad (Fn. 5) S. 80; Khoury (Fn. 3) S. 88; Woodward (Fn. 17) S. 50. Vgl. z.B. Born, a.a.O. (Fn 1), S. 139ff., Seppelfricke, a.a.O. (Fn. 4 ), S. 167ff.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
161
men spezifiziert. Der Bezug zum Market Approach ist dann gegeben, wenn bei der Bestimmung der „Kosten“ auf Marktpreise zurück gegriffen wird. II.3.
Bewertungsobjekt
Beim Bewertungsobjekt kann es sich um einzelne Objekte, z.B. Maschinen, Patente oder Marken, jedoch auch um Gesamtheiten, z.B. Patentportfolien oder ganze Unternehmen, handeln (Abb 2). Im vorliegenden Beitrag ist das Bewertungsobjekt durch die Themenstellung bereits vorgegeben. Insoweit bedarf es keiner weiteren Betrachtung anderer Bewertungsobjekte.24 1. Januar 200X – Fair Values Goodwill
E N T I T Y
Portfolio Schutzrechte Proprietäre Technologie
Patente Marken
Equity
Software Kundenstamm Kontrakte …
Sachanlagenvermögen
Debt
E N T I T Y
Working Capital
Abb. 2: Bewertungsobjekt
Die Abgrenzung des Bewertungsobjektes ist jedoch deswegen von grundlegender Bedeutung, weil dadurch wesentliche Parameter des Bewertungsansatzes bestimmt werden:25 Beim Income Approach wird das zukünftige Einkommen, das in das Diskontierungsmodell eingeht, bestimmt. Der Market Approach setzt zumindest ein mit dem zu bewertenden Objekt vergleichbares Objekt voraus, weswegen das Bewertungsobjekt für die Auswahl des Vergleichsobjektes entscheidend ist. Beim Cost Approach schließlich ist das nach zubauenden bzw. wiederzubeschaffenden Objekt am Bewertungsobjekt auszurichten.
24 25
Zu den verschiedenen Arten geistigen Eigentums siehe Goddar (Fn. 4) S. 357 – 360. Ähnlich auch Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 155, sowie - bezogen auf den Fall der Unternehmensbewertung – IDW Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1), FN 2005, S. 690 - 718, Tz. 18ff.
162
Ulrich Moser / Heinz Goddar
In die Bewertung - vor allem bei einzelnen Objekten - sind auch mögliche Beziehungen des Bewertungsobjektes zu anderen Objekten einzubeziehen. Insbesondere ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Bewertungsobjekt Bestandteil einer übergeordneten Einheit sein kann, also z.B. ein Patent einem Patentportfolio und letzteres einem Unternehmen zuzuordnen ist. Dies zeigt sich beispielsweise beim Income Approach ganz deutlich: Alle in Abb. 2 aufgeführten Objekte wirken zusammen, um den Einkommensstrom des Unternehmens oder Unternehmensbereichs zu erzielen. D.h. ein einzelnes Objekt ist regelmäßig nicht in der Lage, ohne die Unterstützung anderer Objekte einen Einkommensstrom zu generieren. Schützt - in einem einfachen Beispiel - ein Patent wesentliche Komponenten eines Produktes, so erfordert die Einkommenserzielung insbesondere Herstellung und Vertrieb des Produktes, also zumeist Produktionseinrichtungen, mehr oder weniger erfahrene Mitarbeiter, Working Capital, eine entsprechende Vertriebsmannschaft usw. Zur Bewertung des einzelnen Objektes, also im Beispiel des Patentes, ist dessen Beitrag zum Gesamteinkommensstrom zu isolieren, d.h. herauszuschneiden.26 II.4.
Anlass der Bewertung
Das Interesse des Jubilars an der Bewertung patentgeschützter Technologien steht zwar in engem Zusammenhang mit dem Management von Patentportfolios. Dennoch soll im Folgenden auch auf andere Anlässe der Patentbewertung eingegangen werden. II.4.a)
Transaktionsbezogene Bewertungen
Bewertungen von Patenten stehen häufig im Zusammenhang mit Transaktionen. Gegenstand derartiger Transaktionen können ganze Unternehmen, einzelne Vermögenswerte (also auch Patente), aber auch verschiedenste Zusammenstellungen mehrerer Vermögenswerte (beispielsweise Patent- oder Markenportfolios) sein. Darüber hinaus erfolgen Patentbewertungen im Zusammenhang mit Finanzierungstransaktionen, etwa bei der Bestimmung des Beleihungswertes eines Patentes (Abb. 3). Transaktionen können - abhängig vom Transaktionsgegenstand und der zugrunde liegenden Intention - in verschiedenen Ausgestaltungen durchgeführt werden: Beispielsweise in Form eines Kaufs bzw. Verkaufs des Transaktionsgegenstandes, des Eingehens strategischer Partnerschaften oder der Ein- bzw. Auslizenzierung von Intellectual Assets. Finanzierungstransaktionen umfassen die verschiedenen Formen der Eigen- und Fremdkapitalaufnahme.
26
Siehe hierzu z.B. Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 55ff., 333ff.; Kidder/Mody (Fn. 3), S. 190, sowie grundlegend Sullivan/Edvinsson, A Model for Managing Intellectual Capital, in: Parr/Sullivan (Hrsg.), Technology Licensing. Corporate Strategies for Maximizing Value, New York, 1996, S. 249ff.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
163
Unternehmensstrategie Portfolio Management Transaktionen Business
Kauf/ Verkauf
Intellectual Property
Lizenzierung
Transaktionspreis („Schadenersatz“)
strategische Partnerschaften
Finanzierung
Debt / Equity
gesellschaftsrechtliche und steuerrechtliche Angemessenheit
IAS/IFRS-/ US GAAPRechnungslegung (Purchase Price Allocation und Impairment Test)
…
Beleihungswert intern
Kommunikation
extern (Kapital markt)
Abb. 3: Anlass der Bewertung
Die Bewertung kann bei Unternehmens- und Intellectual Asset-Transaktionen auf die Ermittlung von Preisober- bzw. Preisuntergrenzen des Käufers bzw. Verkäufers (Grenzpreise) zur Vorbereitung der Kaufpreisverhandlungen abzielen. Im Falle von Unternehmenstransaktionen kommt zudem auch der Aufteilung des Kaufpreises auf die einzelnen erworbenen Vermögenswerte für Zwecke der Rechnungslegung - Purchase Price Allocation insbesondere nach IFRS 3 oder SFAS 141, jedoch auch nach § 301 HGB sowie DRS 12 - eine erhebliche Bedeutung zu. Intellectual Asset-Transaktionen werden oftmals auch mittels gesellschaftsrechtlicher Gestaltungen, etwa in Form von Sacheinlagen, durchgeführt. In derartigen Fällen erfordern verschiedene gesellschaftsrechtliche Vorschriften (z.B. §§ 33, 183 AktG) die Beurteilung der Werthaltigkeit des Transaktionsgegenstandes. Im Zusammenhang mit steuerrechtlichen Umstrukturierungen stehende Intellectual Asset-Transaktionen müssen üblicherweise zu at arm’s length Bedingungen erfolgen. Die Beurteilung dieser Anforderung baut wiederum auf dem Wert des Transaktionsgegenstandes auf. Ein Beispiel für Finanzierungstransaktionen ist die Besicherung von Kreditfinanzierungen durch Patente oder Marken. In derartigen Fällen ist der bereits oben angesprochene Beleihungswert zu ermitteln.
164
Ulrich Moser / Heinz Goddar
II.4.b) Portfolio Management Die dargestellten Bewertungsanlässe stehen in einem mehr oder weniger engen Zusammenhang zur Strategie des Unternehmens:27 Die strategische Planung eines Unternehmens bestimmt die Zusammensetzung von dessen Geschäftsfeld-Portfolio, die Entwicklung der einzelnen strategischen Geschäftsfelder sowie die Entwicklung und Nutzung der Potenziale zur Umsetzung der Strategien. Auf diese Weise leitet sich beispielsweise die Technologie-Strategie eines Unternehmens aus der Unternehmensstrategie ab.28 Diese kann, z.B. im Hinblick auf eine bestimmte, erforderliche Technologie, signalisieren, dass die Technologie nicht im Unternehmen entwickelt, sondern extern beschafft werden soll - etwa durch Übernahme eines anderen Unternehmens, den Erwerb der Technologie, z.B. eines Patentportfolios, oder das Eingehen einer strategischen Partnerschaft, also mittels einer Transaktionen. Strategische Planung in diesem Sinne stellt sich als komplexes Portfolio Management dar, das das Geschäftsfeld-Portfolio, aber auch die Portfolios der Vermögenswerte des Unternehmens, also z.B. das Patent-Portfolio, umfasst. Folgt das Unternehmen dem Leitbild der Unternehmenswertsteigerung, baut auch das Portfolio Management auf Wertüberlegungen auf. In diesen Fällen ist die Patentbewertung das adäquate Werkzeug zum Management des Patent-Portfolios. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Fälle hinzuweisen, in denen Patentbewertungen zu Kommunikationszwecken durchgeführt werden. Zum einen geht es um die Darstellung der Wertgenerierung innerhalb des Unternehmens, etwa des Forschungsund Entwicklungsbereichs an die Geschäftsleitung oder der Geschäftsleitung an ein Aufsichtsorgan. Zum anderen geht es jedoch auch um die Kommunikation der Wertschaffung an Adressaten außerhalb des Unternehmens, vor allem an den Kapitalmarkt.29 II.4.c)
Bedeutung des Bewertungsanlasses
Die Bedeutung des Bewertungsanlasses für das Ergebnis der Bewertung lässt sich anhand einfacher Beispiele verdeutlichen: Die Ermittlung der Preisobergrenze (Grenzpreis) eines potenziellen Erwerbers für anstehende Kaufpreisverhandlungen unter Berücksichtigung von dessen subjektiver 27
28
29
Siehe zum Folgenden auch Bea/Haas, Strategisches Management, 2. Aufl., Stuttgart 1997. 154ff. Zum Zusammenhang zwischen Unternehmens-, Forschungs- und Entwicklungs- sowie Patentstrategie siehe Wijk, Measuring the Effectiveness of a Company’s Patent Assets, in: les Nouvelles 2001, S. 25 - 33. Grundsätzliche Überlegungen hierzu finden sich bei Germeraad/Harrison/Lucas, IP Tactics In Support Of The Business Strategy, in: les Nouvelles 2003, S. 120 - 127. In diesem Zusammenhang ist auf das Value Reporting zu verweisen. Siehe hierzu z.B. bei Wolf, Value Reporting – Grundlagen und praktische Umsetzung, in: UM 2004, S. 420ff.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
165
Einschätzung der zugrunde liegenden Sachverhalte kann zu Werten führen, die vom beizulegenden Zeitwert, der im Falle einer Business Combination unter Zugrundelegung der Vorgaben von IFRS 3 und IAS 38 zu ermitteln ist, abweichen. Wird dieses Bewertungsobjekt im Wege einer Sachkapitalerhöhung in eine Kapitalgesellschaft nach deutschen Vorschriften eingebracht, ist im Rahmen der Ermittlung der Werthaltigkeit das Schuldendeckungspotenzial zu ermitteln. Der so berechnete Wert kann wiederum vom Grenzpreis und vom Fair Value im dargestellten Sinne abweichen. Ein Kreditinstitut, das über die Vergabe eines Kredits entscheidet, benötigt hierfür den Beleihungswert des Sicherungsobjekts. Dieser zielt auf den Fall, dass der Kreditnehmer nicht mehr in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen, und deswegen das Sicherungsobjekt zu verwerten ist. Der Zerschlagungswert des Bewertungsobjektes kann - insbesondere in Abhängigkeit der im Verwertungszeitpunkt gegebenen Marktverhältnisse - erheblich vom Fortführungswert (going concern) abweichen.
III.
Patente als Bewertungsobjekte
III.1. Überblick Eine Bewertung von Patenten erfordert die Untersuchung der grundlegenden Zusammenhänge, die dafür ausschlaggebend sind, dass Patente Werte generieren (III.2.). Dabei zeigt sich, dass eine Abgrenzung zwischen dem Schutzrecht einerseits und der zugrunde liegenden Technologie andererseits vorzunehmen ist (III.3.). Weiterhin ist zu klären, wie bei der Einbindung von Patenten in Portfolios zu verfahren ist (III.4.).
166
Ulrich Moser / Heinz Goddar
III.2. Einflussfaktoren des Patentwertes III.2.a) Wertgenerierung durch Patente Die bewertungsrelevanten Charakteristika eines Patentes sind in Abb. 4 zusammengefasst: Wert der ungeschützten Technologie
Realisierung Marktanteil Marge
Verwertungspotenzial
Wettbewerbsvorteile
Marktpotenzial
• • • •
Exklusivität Freedom-to-Operate
Branchenstruktur
Technologie
Produkt/Verfahren
Strategischer Bezug Entwicklungsstand Innovationsgrad Technologielebenszyklus
Wert der rechtlichen
Patentwert
• Strategischer Bezug • Produktlebenszyklus • Anteil am Produkt
Lösung
Absicherung Weitere Vermögensgegenstände Nutzung Verwertung Sperrpatente Vorratspatente
Rechtliche Absicherung • • • • •
Rechtsstand und Validität Schutzbereich Abhängig/unabhängig Territoriale Geltung Restliche Patentlaufzeit
Abb. 4: Einflussfaktoren des Patentwertes
Nach § 1 Abs. 1 PatG setzt die Erteilung eines Patents u.a. eine Erfindung, also die Lösung eines technischen Problems, voraus. Die Lösung kann insbesondere in einem Produkt bzw. einer Komponente eines Produkts oder in einem Verfahren, das bei der Herstellung von Produkten Anwendung findet, zum Ausdruck kommen.30 Sie weist einen technischen Bezug31 auf, der vor allem in den Fällen besonders deutlich wird, in denen sie eine Technologie32 oder einen Teil einer Technologie verkörpert. Zur Vereinfachung der Überlegungen wird im Folgenden davon ausgegangen, dass es sich bei der Lösung um eine Technologie handelt. 30
31
32
Aus Gründen der Vereinfachung der Formulierungen bleiben Verwendungen und Geschäftsprozesse außer Betracht. Die Ausführungen gelten selbstverständlich auch für derartige Ansprüche. Siehe hierzu auch die weiteren Erteilungsvoraussetzungen der Neuheit und der Erfindungshöhe (§§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 PatG) und deren Bezugnahme auf den Stand der Technik. Zur Definition des Ausdrucks „Technologie“siehe z.B. Boer, The Valuation of Technology, Business and Financial Issues in R & D, New York 1999, S. 4ff.: „Technology is the application of knowledge to useful objectives. It is usually built on previous technology by adding new technology input or new scientific knowledge”.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
167
Die Verwertung einer Technologie kann insbesondere über die Produkte erfolgen, in die sie eingeht bzw. die auf deren Grundlage hergestellt werden. Der Erfolg der Verwertung wird im Wesentlichen durch die Marktattraktivität, insbesondere das Marktpotenzial (Marktvolumen und Marktwachstum) und die Branchenstruktur33, sowie der Positionierung der Produkte im Vergleich zu denen der Wettbewerber bestimmt. Die Technologie kann die Positionierung der Produkte auf verschiedene Weise beeinflussen: Sie kann etwa deren Anwender in die Lage versetzen, sein Produkt von den Produkten der Wettbewerber zu differenzieren und dadurch im Vergleich zu seinen Konkurrenten höhere Preise bei den Abnehmern durchzusetzen. Die Vorteile einer Technologie können beispielsweise allerdings auch darin bestehen, dass deren Anwendung zu einer Senkung der Herstellungskosten führt, die dem Technologieanwender erlaubt, über Preissenkungen seinen Absatz zu Lasten der Wettbewerber zu erhöhen. Damit ist der Zusammenhang zwischen Technologien und den Wettbewerbsstrategien von Unternehmen34 ersichtlich: Der Nutzen einer Technologie resultiert grundsätzlich aus den Wettbewerbsvorteilen, die sie deren Anwender verschafft. Ein Wettbewerbsvorteil, der aus einer Technologie resultiert, ist jedoch insbesondere dann nicht mehr gegeben, wenn die Nutzung der Technologie auch Wettbewerbern möglich ist. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn deren Geheimhaltung nicht möglich ist, etwa weil ein Verständnis der Technologie im Wege der Produktanalyse erlangt werden kann. Hier greift sodann die Schutzwirkung des Patents: Gem. § 9 PatG ist es ein Verbietungsrecht, das Dritten untersagt, die patentierte Erfindung zu nutzen. Eine weitere Voraussetzung zur Verwertung einer Technologie ist - wie bereits unter II.3. ausgeführt - das Zusammenwirken mit anderen Vermögenswerten.
33 34
Hierzu z.B. Bea/Haas, a.a.O. (Fn 27) S. 79ff. Siehe zu den Wettbewerbsstrategien beispielsweise bei Bea/Haas, a.a.O. (Fn. 27) S. 167ff.
168
Ulrich Moser / Heinz Goddar
III.2.b) Werttreiber von Patenten III.2.b)aa)
Rechtliche Absicherung
III.2.b)aa)aaa)
Nutzungsformen von Patenten
Die rechtliche Absicherung ermöglicht bzw. begünstigt verschiedene Nutzungsformen von Technologien. Zunächst kommt die Verwertung über die Produkte in Betracht, in die die zugrunde liegende Technologie eingeht bzw. die auf dieser Grundlage hergestellt werden. Die Vergütungsrichtlinien für Arbeitnehmererfindungen sprechen von „betrieblich genutzten Erfindungen“.35 Den bisherigen Überlegungen liegt diese Vorstellung zugrunde. Diese Form der Nutzung kann auch durch einen oder mehrere Dritte erfolgen, insbesondere in der Weise, dass den Dritten eine Lizenz an der geschützten Technologie eingeräumt wird.36 Patente können deren Eigentümer jedoch auch dann einen Vorteil erbringen, wenn sie nicht in der vorstehend beschriebenen Weise in die Leistungserstellung und -verwertung eines Unternehmens eingehen. Ein Unternehmen stellt beispielsweise Produkte auf der Grundlage einer patentgeschützten Technologie her. Außerdem besitzt es Patente, die eine andere Technologie schützen, die alternativ der Herstellung der Produkte zugrunde gelegt werden könnte, vom Unternehmen hierfür jedoch nicht eingesetzt wird. Durch diese Patente ist das Unternehmen in der Lage, potenzielle Wettbewerber von Herstellung und Vertrieb derartiger Produkte auszuschließen, und sichert dadurch den eigenen Absatz (Umsatz) ab. „Patente, die nur deshalb angemeldet und aufrechterhalten werden, um zu verhindern, dass ein Wettbewerber die Erfindung verwertet und dadurch die eigene laufende oder bevorstehende Erzeugung beeinträchtigt“ bezeichnen die Vergütungsrichtlinien für Arbeitnehmererfindungen als Sperrpatente.37 Im Zusammenhang mit patentgeschützten Technologien, die vor der Kommerzialisierung stehen, sind „Vorratspatente“ angesprochen. Die Vergütungsrichtlinien für Arbeitnehmererfindungen38 verstehen hierunter „Patente für Erfindungen, die im Zeitpunkt der Erteilung des Patents nicht verwertet werden oder noch nicht verwertbar 35
36 37 38
Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst vom 20. Juli 1959, Beilage zum BAnz. Nr. 156 vom 18. August 1959, einschließlich der Änderungen durch die Richtlinie vom 1. September 1983, BAnz. Nr. 169, Rn. 3ff.. Der Zusammenhang zwischen der die Grundlage für die Berechnung von Erfindungsvergütungen bildenden Erfindungswertberechnung nach dem Arbeitnehmererfindergesetz und dem für Fragen der Patentbewertung maßgeblichen „Patentwert“ wurde bereits 1995 von Goddar (Fn. 4) S. 361 - 364, herausgearbeitet. Vgl. ebenda Rn. 14ff. Vgl. ebenda Rn 18. Vgl. ebenda Rn 21.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
169
sind, mit deren späterer Verwertung oder Verwertbarkeit aber zu rechnen ist“. Beziehen sich diese lediglich auf die Verbesserung bestehender Patente, so werden diese als „Ausbaupatente“ bezeichnet.39 III.2.b)aa)bbb)
Rechtliche Einflussfaktoren
Die rechtliche Absicherung umfasst insbesondere die folgenden, bewertungsrelevanten Parameter: y Rechtsstand (Existenz/Aufrechterhaltung der Patentanmeldung bzw. des erteilten Patentes) y Status (Stand der Patentanmeldung im Anmeldeverfahren; erteiltes Patent Gegenstand eines Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens, einschließlich Verfahrensstatus?) y Validität (Rechtsbeständigkeit des Patentes im Vergleich zum Stand der Technik) y Umfang des Schutzbereichs y Abhängigkeit der Patentausübung von Drittschutzrechten (Freedom-to-operate?) y Territorialer Geltungsbereich y Alter des Patents (verbleibende Laufzeit) y Prozessbefangenheit (Gegenstand von aktiven oder passiven Verletzungsprozessen? Status derselben?) y Patentgegenständliche Verträge mit Dritten (aktive/passive Lizenzverträge? Duldungsverträge? Nichtangriffsverträge?) III.2.b)bb) Technologie III.2.b)bb)aaa)
Nutzen von Technologien
Geschützte Technologien können - wie soeben ausgeführt - einem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, wenn sie eine Differenzierung der Produkte gegenüber den Konkurrenzprodukten erlauben bzw. zu Kostenvorteilen gegenüber den Wettbewerbern führen. Hieraus kann eine mehr oder weniger weit reichende Alleinstellung des Technologienanwenders gegenüber seinen Wettbewerbern (Exklusivität) resultieren. Geschützten Technologien kommt jedoch nicht nur in den genannten Fällen Bedeutung zu, in denen sie unmittelbar zu Wettbewerbsvorteilen führen. Der Patentschutz kann auch notwendig sein, um die Handlungsfreiheit des Unternehmens sicher zu stellen bzw. Schutz gegen die Monopolstellung Dritter zu geben (Freedom-tooperate). Eigene Patente stellen eine wichtige - manchmal die einzig akzeptierte! „Währung“ dar, durch deren Cross-Lizenzierung für Lizenzen an Patenten Dritter gezahlt werden kann, die bei der Nutzung eigener Technologien benutzt werden. 39
Vgl. ebenda Rn 21.
170
Ulrich Moser / Heinz Goddar
III.2.b)bb)bbb)
Technologiebezogene Einflussfaktoren
Die Bedeutung einer Technologie für ein Unternehmen wird nicht nur durch deren Nutzen, also ob sie deren Anwender Exklusivität oder lediglich Freedom-to-operate gewährt, bestimmt. Unter II.4. wurde bereits ausgeführt, dass die Technologiestrategie eines Unternehmens aus der Unternehmensstrategie abzuleiten ist. Dies kann beispielsweise - anknüpfend an den Kernkompetenzen eines Unternehmens die Festlegung von Kerntechnologifelder nach sich ziehen. Technologien, die Kerntechnologiefeldern zuzuordnen sind, kommt dann grundsätzlich eine andere Bedeutung als bloßen „Randtechnologien“ zu. Der strategische Bezug einer Technologie stellt dementsprechend einen grundlegenden Werttreiber dar. Weitere wichtige Charakteristika von Technologien sind deren Innovationsgrad, der zugrunde liegende Technologielebenszyklus bzw. Innovationszyklus sowie deren Entwicklungsstand. Der zuletzt genannte Aspekt betrifft u.a. die Frage, ob die Technologie sich bereits in der Vermarktungsphase befindet oder noch davor steht.40 Hieraus resultieren eine Reihe sehr spezifischer Fragestellung für die Bewertung von Patenten, die den Rahmen dieses Beitrags übersteigen. Im hier gegebenen Zusammenhang ist lediglich zu beachten, dass der Technologielebenszyklus (Innovationszyklus) einer Technologie eine absolute Begrenzung für deren Nutzungsmöglichkeiten darstellt. Endet dieser vor Ablauf der verbleibenden rechtlichen Patentlaufzeit, so bestimmt er die Nutzungsdauer der patentgeschützten Technologie, d.h. der längeren rechtlichen Patentlaufzeit kommt dann keine Bedeutung zu. III.2.b)cc)
Produkt bzw. Verfahren
Die Bedeutung eines Produkts für ein Unternehmen und damit auch von dessen Komponenten bzw. von Verfahren, auf deren Grundlage diese hergestellt werden, wird - ebenso wie diejenige von Technologien - durch die Unternehmensstrategie bestimmt (strategischer Bezug der Produkte). Hierbei ist auf die Produkt-MarktStrategie des Unternehmens abzustellen, „die von den Fragen ausgeht, was angeboten werden soll (Produkt) und wem angeboten werden soll (Markt)“.41 Weitere wichtige Einflussfaktoren des Patentwerts sind der: y Produktlebenszyklus sowie der y Anteil des Patents am Produkt bzw. einer Komponente des Produkts Empirische Untersuchungen zeigen, dass der Umsatz von Produkten zumeist einem typischen Verlauf, dem Produktlebenszyklus, folgt.42 Dieser wird durch Einfüh40
41 42
Letztere werden auch als Early-Stage-Technologien bezeichnet, vgl. z.B. Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 495ff. Bea/Hass 155. Vgl. zum Konzept des Produktlebenszyklus z.B. Bea/Haas, a.a.O. (Fn 27), S. 112ff.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
171
rungs-, Wachstums-, Reife- und Degenerationsphase beschrieben. Die Bedeutung dieses Konzepts resultiert vor allem aus der Erkenntnis, dass Produkte eine beschränkte Lebensdauer haben. Demgemäß kann der Produktlebenszyklus - ähnlich wie der Technologielebenszyklus - die Nutzungsdauer der patentgeschützten Technologie begrenzen. Grundsätzlich ist dies dann der Fall, wenn die Lebensdauer des Produktes vor Ablauf der verbleibenden rechtlichen Patentlaufzeit endet. Im Unterschied zum Technologielebenszyklus ist hierbei allerdings zu berücksichtigen, dass möglicherweise eine weitere Verwertung der patentgeschützten Technologie über Nachfolgeprodukte oder andere Produkte in Betracht kommt. Bei Produktpatenten kann die zugrunde liegende Technologie das Produkt vollständig oder auch nur teilweise umfassen. In anderen Fällen bezieht sich die Technologie auf eine Komponente des Produkts, die wiederum einen Teil des Produkts betrifft, oder lediglich auf einen Teil von Letzterem. Die Bedeutung des Anteils eines Patents am Produkt bzw. einer Produktkomponente zeigt sich beispielsweise bei Lizenzvereinbarungen besonders deutlich. Hierbei wird er oftmals als Grundlage für die Festlegung der Bemessungsgrundlage der Lizenzzahlungen herangezogen. III.2.b)dd) Bestimmung der Nutzungsdauer eines Patentes Die bisherigen Überlegungen haben aufgezeigt, dass die Nutzungsdauer eines Patents von der verbleibenden rechtlichen Patentlaufzeit, dem Technologielebenszyklus (Innovationszyklus) und den Produktlebenszyklen aller auf Basis bzw. mittels der Technologie hergestellter Produkte abhängig ist. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß die verbleibende durchschnittliche Aufrechterhaltungsdauer von Patenten ein guter Maßstab für die Bestimmung der voraussichtlichen Restnutzungsdauer eines Patentes im Zeitpunkt der Patentbewertung sein kann.43 Nach den vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) regelmäßig zu Beginn eines Jahres veröffentlichten Statistiken beträgt die durchschnittliche Aufrechterhaltungsdauer deutscher Patente derzeit ca. 14 Jahre. III.3. Abgrenzung von Patent und zugrunde liegender Technologie Patente zeichnen sich - wie unter III.2. herausgearbeitet - insbesondere durch die diesen zugrunde liegende Technologie und die durch sie vermittelte rechtliche Schutzwirkung aus. Hieraus ergeben sich grundsätzlich zwei verschiedene Betrachtungsweisen, die der Bewertung zugrunde gelegt werden können. In einer Reihe von Beiträgen im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass der Wert eines Patents aus der Ergebnisdifferenz zwischen dem Fall der Existenz und dem der Nichtexistenz des Patentschutzes resultiert.44 Diese Auffassung, die aller43 44
Vgl. zu diesem Problemkreis wiederum Goddar (Fn. 4). So z.B. Pitkethly, The Valuation of Patents, A review of patent valuation methods with consideration of option based methods and the potential for further research, Oxford 1997, S. 2; Poredda/Wildschütz (Fn. 6) S. 77.
172
Ulrich Moser / Heinz Goddar
dings nicht begründet wird, zielt somit auf den Wert der rechtlichen Schutzwirkung eines Patents ab. Andere Beiträge45, die allerdings ebenfalls keine Begründung ihrer Auffassung geben, knüpfen bei der Patentbewertung - ebenso wie etwa im Fall der Bewertung von Betriebsgeheimnissen - an der Technologie an, betrachten also diese als das Bewertungsobjekt. Dementsprechend setzen sie an dem der Technologie zu zurechnenden Einkommen an. Zur Klärung der Frage, welchem Ansatz zu folgen ist, ist auf den Bewertungsanlass abzustellen. Ganz überwiegend zielen die verschiedenen Bewertungsanlässe auf die Ermittlung von - möglicherweise auch nur hypothetischen - Transaktionspreisen i.S.v. Preisober- bzw. Preisuntergrenze (Grenzpreise) von Erwerber bzw. Veräußerer:46 Beispielsweise bewirkt die Veräußerung einer patentgeschützten Technologie, dass der Veräußerer die betreffenden Produkte in Zukunft nicht mehr herstellen und vertreiben darf. D.h. er gibt dadurch den mit Herstellung und Vertrieb der Produkte verbundenen zukünftigen Einkommensstrom auf.47 Hierdurch verschlechtert das Unternehmen die eigene Vermögensposition nur dann nicht - es tritt also keine Unternehmenswertreduktion ein -, wenn der erzielte Verkaufspreis für den Verlust dieses Einkommensstroms mindestens einen Ausgleich bietet (Preisuntergrenze des Veräußerers). Für die Bestimmung der Preisobergrenze des Erwerbers lassen sich entsprechende Überlegungen selbstverständlich anstellen. Zur Ermittlung der Preisuntergrenze bzw. Preisobergrenze (Grenzpreis) für die Veräußerung bzw. den Erwerb der zur Frage stehenden Patente ist somit auf die zugrunde liegende, patentgeschützte Technologie und nicht auf die rechtliche Schutzwirkung abzustellen. Der Wert der rechtlichen Schutzwirkung von Patenten ergibt sich als Differenz zwischen dem Wert der patentgeschützten und der nicht geschützten Technologie. Dieser Wert ist etwa dann relevant, wenn eine Entscheidung darüber zu treffen ist, ob die Patentierung einer Technologie erfolgt oder diese als Betriebsgeheimnis behandelt werden soll.
45
46 47
Siehe beispielsweise Reilly/Schweighs, a.a.O. (Fn. 13), S. 434ff., Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 215ff. Vgl. II.4.a) Bei der Bestimmung dieses Einkommensstroms sind selbstverständlich auch die Folgewirkungen für andere Vermögenswerte, die zur Verwertung der Technologie erforderlich sind („complementary business assets“), zu berücksichtigen.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
173
Damit ist der Zusammenhang zwischen beiden Betrachtungsweisen offensichtlich (Abb. 5): Der Wert der patentgeschützten Technologie ergibt sich aus dem Wert der ungeschützten Technologie zuzüglich des Werts der rechtlichen Absicherung. Demnach führen beide Ansätze dann zum gleichen Ergebnis, wenn entweder der Technologie oder der rechtlichen Absicherung kein eigenständiger Wert zukommt, d.h. deren Wert null beträgt. Wert des Geschäftsbereichs • mit Schutzrechten • ohne Schutzrechten
Keine Schutzrechte • Betriebsgeheimnis • Verfügbarkeit der Technologie
+
Wert des Schutzrechts
Wert der nicht patentgeschützten Technologie
= Patentwert = Wert der patentgeschützten Technologie Abb. 5: Wert der patentgeschützten Technologie
III.4. Einbindung von Patenten in Patentportfolios Die Ausführungen unter III.2. und III.3. machten bereits deutlich, dass selbst einfache Technologien regelmäßig nicht durch ein einzelnes Patent, sondern durch ein - wenn auch kleines - Patentportfolio geschützt sind (Abb. 6). Die Vergütungsrichtlinien für Arbeitnehmererfindungen bezeichnen in Rn. 19 derartige Portfolios als „Schutzrechtskomplexe“.48
48
Zur Bewertung umfangreicher Patentportfolios siehe insbesondere Brückner, VPP-Rundbrief 2005 S. 149ff.
174
Ulrich Moser / Heinz Goddar
Wettbewerber
Produktvarianten Patentportfolio
P1
Verbesserungen
P1
P2
P2
P3
Basispatent
Sperrpatente
Patente Pa 3
Pa 2
Pa 5
Pa 1
Pa 7
Pa 4
Pa 6
Bewertung des Patentportfolios oder der einzelnen Patente Abb. 6: Bewertung einer geschützten Technologie
Beispielsweise erzielt ein Unternehmen durch Herstellung und Vertrieb von Produkten auf der Grundlage ihrer Technologie, die durch ein Basispatent sowie weitere, Verbesserungen und Features betreffende Patente geschützt ist, Umsatzerlöse und Einkommen. Das erreichte Niveau der Umsätze und des Einkommens kann jedoch auch von Sperrpatenten abhängig sein: „Complementary Protection“-Patente49 verhindern bzw. begrenzen, dass Wettbewerber mit Konkurrenzprodukten Umsätze und Ergebnisse zu Lasten des Unternehmens realisieren können. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen ein einziges Patent eine Technologie bzw. ein Produkt absichert. Dies ist etwa in der pharmazeutischen Industrie bei Medikamenten zu beobachten. Demgemäß ist im Zusammenhang mit der Abgrenzung des Bewertungsobjektes zumeist auch die Frage zu klären, ob das einzelne Patent, ein Teil- oder das gesamte Portfolio zu bewerten ist. Zur Klärung dieser Frage ist wiederum der Anlass der Bewertung heranzuziehen.
49
Sullivan/Daniele, in: Parr/Sullivan (Fn. 26), S. 35; vgl. auch III. 2. b) aa) aaa).
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
IV.
175
Bewertung patentgeschützter Technologien auf der Grundlage des Income Approach
IV.1. Überblick Der Income Approach setzt - wie bereits ausgeführt - zur Bewertung an dem Einkommen an, das das Bewertungsobjekt in Zukunft voraussichtlich generieren wird. Handelt es sich beim Bewertungsobjekt um ein einzelnes Objekt, etwa um eine patentgeschützte Technologie, ist zu beachten, dass der zukünftige Einkommensstrom zumeist nur durch dessen Zusammenwirken mit anderen Vermögenswerten, z.B. Produktionseinrichtungen, Working Capital und einem Mitarbeiterstamm, erzielbar ist. Dementsprechend ist zur Bewertung eines derartigen Vermögenswertes regelmäßig dessen Beitrag zum Gesamteinkommen aller beteiligten Vermögenswerte zu bestimmen. Im Folgenden wird zunächst der Beitrag des zu bewertenden Vermögenswertes, hier also der patentgeschützten Technologie, zum zukünftigen Gesamteinkommen aller beteiligten Vermögenswerte analysiert (IV.2.). Auf dieser Grundlage wird sodann ein Überblick über die verschiedenen Bewertungsansätze gegeben, wobei deren zentrale Annahmen herausgearbeitet werden (IV.3.). Zur Ermittlung des Werts des Bewertungsobjekts ist der so bestimmte zukünftige Einkommensstrom des Bewertungsobjekts mit einer alternativen Anlagemöglichkeit zu vergleichen, die ihren Ausdruck im Diskontierungszinssatz findet. Die Grundlagen zu dessen Bestimmung werden anschließend aufgezeigt (IV.4.). Die Ableitung des Werts wird auch durch die Besteuerung beeinflusst, worauf abschließend eingegangen wird (IV.5.). IV.2. Analyse des Einkommensbeitrags patentgeschützter Technologien Die Untersuchung des Beitrags einer patentgeschützten Technologie auf das Einkommen des Unternehmens oder Unternehmensbereichs,50 dem diese zuzurechnen ist, setzt zunächst eine genaue Abgrenzung der Einkommensermittlung voraus. Hierzu bietet es sich an, auf den Free Cash Flow51 zurückzugreifen.52 Unter III.2.a) wurde bereits ausgeführt, dass der Nutzen von Technologien für deren Anwender insbesondere daraus resultiert, dass sie diesem Wettbewerbsvorteile - in Form von Differenzierungsvorteilen oder Kostenvorteilen - verschaffen. Dementsprechend wird im Folgenden der Einfluss von mit patentgeschützten Technologien 50
51
52
Zur Vereinfachung der Formulierungen wird im Folgenden lediglich von Unternehmensbereichen gesprochen. Die Ausführungen gelten jedoch uneingeschränkt auch für ganze Unternehmen. Zu dessen Definition siehe statt vieler Praxis der Unternehmensbewertung und Akquisitionsfinanzierung (Fn 3). Ebenso Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 356f., die allerdings vom „debt free net income“ sprechen.
176
Ulrich Moser / Heinz Goddar
verbundenen Differenzierungs- und Kostenvorteilen auf die Komponenten des Free Cash Flow - exemplarisch - aufgezeigt (Abb. 7). Einfluss eines Patents auf den Cash-flow
Basisbewertungsmodelle Incremental Income Analysis
Marktpotenzial Marktanteil Branchenstruktur Wettbewerbsvorteile
Umsatz ./. Cost of Sales ./. SG&A EBIT ./. Tax NOPLAT ./. Changes WC ./. CapEx Free Cash-flow
• Umsatzsteigerung • Kostensenkung
Royalty Rate / Profit Split Analysis • Royalty Income • Relief-from-Royalty • Profit split
Residual Value / Excess Earnings
Diskontierung
Weitere Ansätze Unternehmenswert
Abb. 7: Analyse der Cash-flows
Eine patentgeschützte Technologie kann eine Erhöhung der Umsatzerlöse des betrachteten Unternehmensbereichs bewirken, wenn sie c.p. die Durchsetzung höherer Absatzpreise erlaubt und/oder höhere Absatzmengen nach sich zieht: Höhere Absatzpreise können die Folge von Differenzierungsvorteilen sein. Beispielsweise lassen sich Preisprämien im Pharmabereich bei einem Vergleich der Preise von patentgeschützten Medikamenten mit jenen von Generika identifizieren. Gleiches gilt oftmals auch bei Produkten, die - von den Verwendern geschätzte - Funktionen aufweisen, die die Produkte der Wettbewerber nicht haben; dies ist z.B. bei Kameras zu beobachten. Eine Steigerung der Absatzmenge kann etwa dadurch zu realisieren sein, dass ein Produkt, das Differenzierungsvorteile aufweist, zum Preis der Wettbewerberprodukte angeboten wird. Auch technologieinduzierte Vorteile bei den Cost of Sales können Mengensteigerungen zur Folge haben, beispielsweise wenn diese durch Preissenkungen an die Abnehmer weitergegeben werden. Bei unveränderter Stückmarge führt dies zu einer proportionalen Erhöhung des Gross Profit. Derartige Kostenvorteile sind oftmals mit Verfahrenspatenten, die zu Material- und/oder Personaleinsparungen führen, verbunden. Erhöhungen des Free Cash Flow aufgrund patentgeschützter Technologien können außerdem aus Verminderungen der Selling General & Administrative Expenses (SG&A)), des erforderlichen Working Capitals sowie der zu tätigenden Investitionen
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
177
(CapEx) resultieren. Reduktionen der Selling General & Administrative Expenses sowie des Working Capitals werden häufig durch verbesserte Geschäftsprozesse realisiert, die über Business Process-Patente geschützt sein können. Wertsteigende Effekte bei den Investitionen beschränken sich nicht auf eine Reduktion von deren Umfang, sie können auch aus deren Verlagerung in spätere Geschäftsjahre resultieren. Diese Einflüsse patentgeschützter Technologien auf den Free Cash Flow des betrachteten Unternehmensbereichs können jedoch mit weiteren Wirkungen auf die Komponenten des Free Cash Flow verbunden sein: Beispielsweise führen zusätzliche Funktionen eines Produkts regelmäßig zu einer Erhöhung der Cost of Sales, die sich zudem über die Erhöhung der Herstellungskosten auch im Working Capital53 niederschlagen können. Möglicherweise erfordert die Herstellung des Produkts mit dieser zusätzlichen Funktion sogar weitere Investitionen. Weiterhin können differenzierungsbedingte Preisprämien etwa auch die Marketing-Ausgaben und damit die Selling Gerneral & Administrative Expenses berühren, wobei sowohl deren Erhöhung als auch deren Verminderung vorstellbar ist. Erhöhungen der Absatzmenge - um ein weiteres Beispiel zu nennen - sind selbstverständlich mit den durch die Herstellung der zusätzlichen Menge verursachten Cost of Sales verbunden. Regelmäßig werden Mehrmengen auch zu zusätzlichen Lager- und Debitorenbeständen mit der Folge einer Erhöhung des Working Capital führen. In Bezug auf die vorhandenen Kapazitäten ist sowohl an die Realisierung von Economies of Scale, als auch an die Notwendigkeit der Tätigung weiterer Investitionen zu denken. IV.3. Bewertungsansätze für patentgeschützte Technologien auf der Grundlage des Income Approach IV.3.a) Incremental Income Analysis Die Incremental Income Analysis54 setzt an der unter IV.2. dargestellten Analyse des Einflusses des Bewertungsobjekts, hier also der patentgeschützten Technologie, auf den zukünftigen Free Cash Flow55 des betreffenden Unternehmensbereichs an. Der Wert des Bewertungsobjekts ergibt sich – unter Berücksichtigung von Steuern - als 53
54
55
Eine Erhöhung des Working Capital kann außerdem Folge höheren Debitorenbeständen sein, die mit differenzierungsbedingt höheren Preisen verbunden sein können. So z.B. Reilly/Schweihs, a.a.O. (Fn. 13), S. 159ff. Die Terminologie ist im Schrifttum nicht einheitlich. Z.T. wird auch von Incremental Cash Flow Method (Mehrgewinnmethode) oder Incremental Revenue Analysis gesprochen, vgl. z.B. IDW RS HFA 16 (Fn.4) Tz. 59 – 62; IDW ES 5 (Fn. 4) Tz. 32 - 35. Entscheidend ist, dass das Einkommen i. S. d. des Free Cash Flow verstanden wird. Nicht eindeutig AICPA, Practice Aid Series: Assets Acquired in a Business Combination to Be Used in Research and Development Activities: A Focus on Software, electronic Devices, and Pharmaceutical Industries, 2001, 2.1.10.
178
Ulrich Moser / Heinz Goddar
Barwert der auf diese Weise isolierten Erhöhungen der zukünftigen Free Cash Flow. Da der Ansatzpunkt dieser Vorgehensweise die unmittelbar dem Bewertungsobjekt zurechenbaren Free Cash Flow-Veränderungen sind, wird der Ansatz auch als “direct technique” bezeichnet.56 Ein typischer Anwendungsfall dieses Bewertungsansatzes sind Technologien, die identifizierbare Kosteneinsparungen nach sich ziehen (Cost Savings Approach57). Dabei ist - wie soeben ausgeführt (IV.2.) - insbesondere an Verfahrenspatente zu denken, die zur Reduktion der Material- und/oder Personalkosten führen. Aufgrund des Erfordernisses der Isolierung des dem Bewertungsobjekt zurechenbaren Incremental Income ist der Anwendungsbereich dieses Ansatzes allerdings begrenzt. In einigen Fällen, etwa bei Produkten, die aufgrund einer besonderen Funktion zu einem höheren Preis als die Produkte der Wettbewerber verkauft werden können, ist die Preisprämie möglicherweise auch durch andere Vermögenswerte des betreffenden Unternehmensbereichs beeinflusst, z.B. durch eine Marke. Darüber hinausgehend ist es in vielen Fällen überhaupt nicht möglich, Aussagen über die Beeinflussung von Absatzpreisen und/oder -mengen durch die zu bewertende Technologie zu machen. Der Grund für den eingeschränkten Anwendungsbereichs liegt in der zentralen Anwendungsvoraussetzung des Ansatzes: Das „incremental income“ lässt sich nur dadurch isolieren, dass die Free Cash Flow-Komponenten und deren Bestimmungsgrößen, so wie sie sich unter Berücksichtigung der zu bewertenden patentgeschützten Technologie ergeben, mit denjenigen verglichen werden, die sich ohne Nutzung der betreffenden Technologie ergeben würden. D.h. es bedarf eines Vergleichsobjekts, das die Situation widerspiegelt, die gegeben wäre, wenn der betrachtete Unternehmensbereich c. p. nicht über die zu bewertende Technologie verfügen würde. Es ist offensichtlich, dass dieses Vergleichsobjekt nur in Ausnahmefällen verfügbar ist. Als Folge des begrenzten Anwendungsbereichs des Incremental Income Approach ist zur Bewertung patentgeschützter Technologien zumeist auf Bewertungsansätze zurückzugreifen, die den so genannten „indirect techniques“ zuzurechnen sind.58 Ein Überblick über derartige Ansätze wird in den folgenden beiden Abschnitten gegeben (IV.3.b) und IV.3.c)).
56 57
58
So insbesondere Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 215ff. Vgl. z. B. AICPA (Fn. 55), 2.2.10; Woodward (Fn. 17) S. 49; Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 218. Hierzu Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 222 ff.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
179
IV.3.b) Residual Value Approach Der Residual Value Approach59 ermittelt den Wert des zu bewertenden Vermögenswertes dadurch, dass vom Gesamtwert des betreffenden Unternehmensbereichs die Werte aller übrigen, ihm zuzurechnenden Vermögenswerte abgezogen werden. Demnach erfordert dessen Anwendung sowohl die Ermittlung des Gesamtwerts des Unternehmensbereichs, als auch die Bewertung der übrigen, ihm zugehörigen Vermögenswerte (Abb. 8). Dementsprechend weisen Mackenstedt/Fladung/Himmel60, darauf hin, dass „die Residualwertmethode eine Bündelung der Bewertungsprobleme aller anderer Verfahren dar(stellt)“. Residual Value Approach
Excess Earnings Approach
Einkommen der Geschäftseinheit
Einkommen der Geschäftseinheit
Diskontierung
./. Beitrag aller Vermögenswerte zum Einkommen der Geschäftseinheit
Entity-Wert der Geschäftseinheit
./. Werte aller Vermögenswerte, z.B. Sachanlagevermögen, Working Capital, Trademarks
Return on Assets Return of Assets
Excess Earnings Diskontierung
Residualwert IP-Value-Management
!
=
Residualwert
25.08.06
Abb. 8: Ansätze zur Bestimmung des Residualwertes
Technisch wird zumeist so verfahren, dass vom Einkommensstrom des betrachteten Unternehmensbereichs die Einkommensbeiträge aller Vermögenswerte mit Ausnahme des Bewertungsobjekts abgezogen werden. Die verbleibenden „Excess Earnings“ werden als dem Bewertungsobjekt zurechenbar betrachtet. Dessen Wert ergibt sich sodann - unter Berücksichtigung von Steuern - als deren Barwert. Aus diesem Grund
59
60
Vgl. z.B. Khoury/Daniele/Germaid (Fn. 5) S. 82ff.; IDW RS HFA 16 (Fn.4) Tz. 47, 53ff.; IDW ES 5 (Fn. 4) Tz. 36 - 39, sprechen von Residualwertmethode. Ausführlich zu diesem Ansatz auch Mackenstedt/Fladung/Himmel (Fn. 17) S. 1042 - 1046 (Fn. 17) S. 1042.
180
Ulrich Moser / Heinz Goddar
wird diese Vorgehensweise auch als Excess Earnings oder auch Multi Period Excess Earnings Method bezeichnet (Abb. 8). 61 DerAnsatz geht von der Grundüberlegung aus, dass der betrachtete Unternehmensbereich über die zu bewertende Technologie verfügt und diese auch anwendet. Allerdings muss er nicht über die anderen, an der Einkommenserzielung beteiligten Vermögenswerte verfügen. Diese können also anderweitig beschafft werden, z.B. im Wege des Leasing. Die zentralen Anwendungsvoraussetzungen dieses Vorgehens sind Folgende: y Es muss begründbar sein, dem Bewertungsobjekt die “Excess Earnings” zuzurechnen. Hiervon wird zumeist in den Fällen ausgegangen, in denen es sich beim Bewertungsobjekt um den zentralen Vermögenswert des betreffenden Unternehmensbereichs handelt.62 y Alle anderen Vermögenswerte müssen identifizierbar und bewertbar sein. Dementsprechend muss insbesondere deren Beitrag zum Gesamteinkommen des Unternehmensbereichs bestimmbar sein. Die detaillierte Diskussion insbesondere der ersten Anwendungsvoraussetzung geht über den Rahmen dieses Beitrags hinaus. Es soll lediglich darauf hingewiesen werden, dass mit dem Residual Value-Ansatz tendenziell die Gefahr der Überbewertung des Bewertungsobjekts verbunden ist:63 Zum einen werden mögliche PortfolioEffekte, die aus dem Zusammenwirken aller Vermögenswerte zur Erzielung des Einkommens des Unternehmensbereichs resultieren, in vollem Umfang dem hiernach bewerteten Vermögenswert zugeschlagen. D.h. dem Wert des Bewertungsobjekts wird eine wesentliche Goodwill-Komponente zugewiesen.64 Zum anderen gibt es auch Fälle, in denen nicht alle Vermögenswerte des Unternehmensbereichs identifiziert und bewertet werden können. Deren Wert schlägt sich dann ebenfalls in dem des Bewertungsobjekts nieder. IV.3.c) Royalty Analysis IV.3.c)aa)
Relief-from-Royalty-Methode
Eine weitere “indirect technique” zur Bestimmung des Werts von patentgeschützten Technologien ist der Relief-from-royalty-Ansatz.65 Diesem liegt der Gedanke 61 62 63
64
65
So z.B. AICPA (Fn. 55), 2.1.10 und 16. So IDW RS HFA 16 (Fn.4) Tz. 58 sowie IDW ES 5 (Fn. 4) Tz. 39. A.A. wohl Castedello/Klingbeil/Schröder, IDW RS HFA 16: Bewertungen bei der Abbildung von Unternehmenserwerben und bei Werthaltigkeitsprüfungen nach IFRS, in: WPg 2006, S. 1033. Zur Zurechnung dieses Portfolio-Effekts zum Goodwill siehe z.B. bei Reilly/Schweihs, a.a.O. (Fn. 13), S. 381f.; Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 24 – 27. Vgl. Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 215ff.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
181
zugrunde, dass ein Unternehmen, das Eigentümer des zu bewertenden Vermögenswerts, hier also der Technologie,66 ist, diesen nicht von einem Dritten einlizensieren muss. Im Falle der Einlizenzierung hätte es Lizenzzahlungen an den Dritten zu leisten, die jedoch - aufgrund der Eigentümerposition - nicht anfallen (von denen das Unternehmen somit “befreit” ist). Die in diesem Sinne ersparten Zahlungen werden dem Bewertungsobjekt als Einkommen zugerechnet; dessen Wert wird dementsprechend als deren Barwert - unter Berücksichtigung von Steuern - abgeleitet.67 Die Ermittlung der im dargestellten Sinne ersparten Lizenzzahlungen setzt die Bestimmung von Lizenzsätzen voraus. Hierfür wird auf Lizenzverträge für mit dem Bewertungsobjekt vergleichbare Vermögenswerte zurückgegriffen. Die Ableitung der Bemessungsgrundlagen erfolgt zumeist auf der Grundlage der Planungsrechnung des betreffenden Unternehmensbereichs, wobei die Konditionen der Vergleichstransaktionen zu berücksichtigen sind. Der Ansatz geht von der Grundannahme und dem damit verbundenen Vergleichsobjekt aus, dass der Unternehmensbereich c.p. die zu bewertende Technologie nutzt, jedoch nicht deren Eigentümer ist. Aus diesem Grunde muss die Technologie anderweitig - im Wege einer Einlizenzierung - beschafft werden. Damit sind auch die zentralen Anwendungsvoraussetzungen dieses Ansatzes ersichtlich: y Grundvoraussetzung einer Ableitung von Lizenzsätzen aus Markttransaktionen ist das Erfordernis, dass mit dem Bewertungsobjekt vergleichbare Vermögenswerte überhaupt Gegenstand von Lizenzverträgen sind. y Zur Beurteilung der Vergleichbarkeit möglicher Markttransaktionen, zur Bestimmung der Lizenzsätze sowie zur Festlegung der Bemessungsgrundlagen bedarf es zusätzlich der Kenntnis der detaillierten Vertragsinhalte, insbesondere der Konditionen, der Transaktionen. Ist die als erste genannte Voraussetzung gegeben, ist der Anwendungsbereich der Relief-from-Royalty-Methode zumeist relativ breit. Für die Identifikation von Vergleichstransaktionen sowie zur Bestimmung der Vertragsinhalte kommt - neben Rechtssprechung und Literatur68 - Datenbankanbietern69 eine immer größere Bedeutung zu.
66 67
68
69
Der Ansatz findet insbesondere auch bei der Bewertung von Marken Anwendung. Siehe z.B.Anson/Suchy, Intellectual Property Valuation. A Primer For identifying and Determing Value, Chicago 2005, S. 35f. Siehe hierzu z.B. Hellebrand/Kaube, Leitsätze für technische Erfindungen, 2. Aufl., Köln u.a. 2001; IPRA, Inc., Royalty Rates for Technology, 3. Aufl.; dieselb., Royalty Rates for Pharmaceuticals & Biotechnology, 5. Aufl.; Groß, z.B. Aktuelle Lizenzgebühren in Patentlizenz-, Know-how- und Computerprogrammlizenz-Verträgen: 1996/19997, BB 1998 S. 1321 – 1323. Z.B. Royalty Source (www.royaltysource.com).
182
Ulrich Moser / Heinz Goddar
Beim Relief-from-Royalty-Ansatz handelt es sich konzeptionell um einen Income Approach. Aufgrund des Bezugs zu Markttransaktionen ist er jedoch auch vom Market Approach geprägt. Dementsprechend wird der Relief-from-Royalty-Ansatz auch als hybrider Ansatz bezeichnet,70 z. T. sogar dem Market Approach zugerechnet.71 In diesem Zusammenhang ist auch der Fall der Auslizenzierung aus Sicht des Lizenzgebers zu betrachten. Er erzielt ein dem Vermögenswert zuzuordnendes Lizenzeinkommen (Royalty Income). Weicht dieses von dem ab, das sich unter Heranziehung von Marktkonditionen für vergleichbare Transaktionen ergeben würde, ist zu untersuchen, ob neben diesem Vermögenswert ein vorteilhafter oder nachteiliger Vertrag gegeben ist.72 IV.3.c)bb) Profit Split-Analyse In einer Reihe von Branchen finden „Praktikerregeln“73 Anwendung, die auf die Aufteilung des Einkommens eines betrachteten Unternehmensbereichs zwischen Lizenznehmer und Lizenzgeber abzielen (Profit Split). Insbesondere ist die „25%-Regel“74 zu nennen, die besagt, dass 25% des Einkommens dem Eigentümer der Intellectual Property, also dem Lizenzgeber, und 75% dem Produzenten, also dem Lizenznehmer, zukommen sollen. Zur Begründung wird auf die Risikoverteilung zwischen beiden Parteien verwiesen, wonach dem produzierenden Unternehmen aufgrund des Investitionsrisikos der größere Einkommensanteil zukommen soll. Die 25%-Regel findet beispielsweise in Bereichen des Maschinenbaus Anwendung. Bemerkenswert ist, dass in Branchen, in denen die 25%-Regel grundsätzlich Beachtung findet, regelmäßig festzustellen ist, dass auch in Lizenzverträgen vereinbarte Lizenzsätze, insbesondere auch Umsatzlizenzen, durch diese Regel geprägt sind.75 Demgemäß bietet sich die Profit Split-Analyse zur unmittelbaren Ableitung von Lizenzzahlungen, die in die Relief-from-Royalty-Analyse einfließen, an. Bedeutsamer ist jedoch deren Heranziehung zur Plausibilisierung von Bewertungsparametern und ergebnissen, beispielsweise von Lizenzsätzen, die entsprechend der unter 4.3.3.1 dargestellten Vorgehensweise bestimmt werden.76 70 71 72 73
74
75
76
So z.B. Khoury/Daniele/Germeraad (Fn. 5), S. 81; Anson/Suchy, a.a.O. (Fn 67 67), S. 35. Vgl. z.B. Reilly/Schweihs, a.a.O. (Fn. 13), S. 441f. So auch Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 339. Kritisch zu „Praktikerregeln“ Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 366 - 368, die ausführen: „Rules of thumb cannot dismissed summarily, but their use must be viewed with caution ...“ Ausführlich zu dieser Regel Goldscheider/Jarosz/Mulhern, Use of the 25 Per Cent Rule in Valuing IP, in: les Nouvelles 2002, S. 123ff.; kritisch Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 366 - 368. Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 366, sprechen in diesem Zusammenhang von „self-fulfilling prophecies“. In dem zuletzt genannten Aspekt sehen wohl auch Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 368, deren wesentlichen Anwendungsbereich.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
183
IV.4. Diskontierungszinssatz IV.4.a) Überblick Zur Ermittlung des Werts des Bewertungsobjekts ist sodann der diesem zugeordnete zukünftige Einkommensstrom mit einer alternativen Anlagemöglichkeit zu vergleichen. Technisch erfolgt dieser Vergleich im Wege der Diskontierung. Dementsprechend ist eine mit dem Bewertungsobjekt vergleichbare Alternativanlage festzulegen. Dabei ist insbesondere darauf abzustellen, dass sich deren Laufzeit und Risiko entsprechen, d.h. die Alternativanlage laufzeit- und risikoäquivalent zum Bewertungsobjekt ist. Der Diskontierungszinssatz, der diese Voraussetzung erfüllt, wird im Folgenden als vermögenswertspezifische Verzinsung bezeichnet. Bei Ableitung der vermögenswertspezifischen Verzinsung kann von den Kapitalkosten des Unternehmens ausgegangen werden.77 Deren Laufzeit ist allerdings unter Berücksichtigung der Nutzungsdauer des Bewertungsobjekts (Laufzeitäquivalenz) festzulegen (IV.4.b)). Außerdem sind sie entsprechend dem vermögenswertspezifischen Risikos des Bewertungsobjekts (Risikoäquivalenz) anzupassen (IV.4.c)). Abschließend soll kurz auf die Praktikabilität dieser Vorgehensweise eingegangen werden (IV.4.d)).78 IV.4.b) Ermittlung der laufzeitäquivalenten Kapitalkosten Die gewichteten Kapitalkosten eines Unternehmens (Weighted Average Cost of Capital oder kurz WACC)79 setzen sich aus den Kosten der Eigenkapitalgeber (rE) und denen der Fremdkapitalgeber (rF) zusammen, die entsprechend ihrem Anteil am Gesamtunternehmenswert gewichtet werden (Abb. 9). Der Gesamtunternehmenswert ergibt sich dabei als Summe aus dem Marktwert des Eigenkapitals (E) und dem Marktwert des Fremdkapitals (D). Bei den Fremdkapitalkosten ist zudem deren steuerliche Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe mittels des Tax Shields (1 - t) zu berücksichtigen.
77
78
79
Eine Zusammenstellung derzeit bestehender Probleme bei der Ermittlung der Kapitalkosten bei Unternehmensbewertungen aus deutscher Sicht findet sich bei Dörschell/Franken/Schulte, in: Bewertungspraktiker 3/2006, S. 2 - 7. Zur Bestimmung des Diskontierungssatzes bei der Bewertung immaterieller Vermögenswerte siehe auch IDW RS HFA 16 (Fn.4) Tz. 30ff., 35ff.; IDW ES 5 (Fn. 4) Tz. 40 – 43. Vgl. statt vieler Bäzner/Timmreck, Die DCF-Methode im Überblick, in: Richter/Timmreck (Hrsg.), Unternehmensbewertung - Moderne Instrumente und Lösungsansätze, Stuttgart, 2004, S. 12 - 17. Ausführlich hierzu auch Schmusch/Laas, Werthaltigkeitsprüfung nach IAS 36 in der Interpretation von IDW RS HFA 16, in: WPg 2006, S. 1054 - 1059.
184
Ulrich Moser / Heinz Goddar
Zur Bestimmung der Eigenkapitalkosten wird zumeist auf das Capital Asset Pricing Model (CAPM) zurückgegriffen.80 Danach setzten sich die Eigenkapitalkosten aus dem risikofreien Zinssatz (rf) und einer Risikoprämie zusammen. Dabei ist der risikofreie Zinssatz laufzeitäquivalent, d.h. entsprechend der Nutzungsdauer des Bewertungsobjekts, aus der aktuellen Zinsstrukturkurve abzuleiten.81 Die Risikoprämie ergibt sich aus der Multiplikation der Marktrisikoprämie (rM - rf) mit dem ß-Faktor (Abb. 9).82 Bei der Ermittlung der Fremdkapitalkosten ist in entsprechender Weise die Laufzeit- und Risikoäquivalenz zu berücksichtigen.83
Gewichtete Kapitalkosten (WACC)
rWACC = rE ⋅
E + rD ⋅ D ⋅ (1 − t) E +D E +D Eigenkapitalkosten
rE = rf + ß ⋅ ( rM - rf ) Abb. 9: Bestimmung der Kapitalkosten eines Unternehmens
80
81
82
83
Zu diesem Modell sowie dessen Anwendungsmöglichkeiten und -problemen im Rahmen der Unternehmensbewertung siehe z.B. Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 4. Aufl., Berlin u. a. 1999, S. 342 - 348, Timmreck, Bestimmung der Eigenkapitalkosten, in: Richter/Timmreck, (Fn. 79), S. 61 - 67; ein knapper Überblick findet sich auch bei Peemöller, Der Betafaktor als unternehmensindividuelle Risikovariable, in: UM 2005 S. 157 – 160; derselbe, Das Capital Asset Pricing Model, in: UM 2005 S. 222 – 224. Hierzu Gebhardt/Daske (Fn. 9) S. 649 - 655, sowie Kniest, Quasi-risikolose Zinssätze in der Unternehmensbewertung, in: Bewertungspraktiker 2005 S. 9 - 12. Der ß-Faktor eines Wertpapiers i ist definiert als die Kovarianz zwischen der Renditeerwartung dieses Wertpapiers und der des Marktportfolios dividiert durch die Varianz der Rendite des Marktportfolios. Siehe hierzu und zu dessen Ermittlung bereits die in Fn. 80 angeführte Fundstellen. Zur Bestimmung der Fremdkapitalkosten siehe z.B. Breitenbücher/Ernst, Der Einfluss von Basel II auf die Unternehmensbewertung, in: Richter/Timmreck (Fn 7979), S. 77 - 97; Behr/Güttler, Kapitalkosten, Basel II und interne Ratings, in: UM 2004 S. 7 - 12.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
185
Die dargestellten Parameter der Kapitalkosten können aus Sicht des Unternehmens, bei dem das Bewertungsobjekt zusammen mit anderen Vermögenswerten zur Erzielung von dessen Gesamteinkommen beiträgt, ermittelt werden. Sie können jedoch auch von diesem losgelöst unter Heranziehung von Vergleichsunternehmen (Peer Group) bestimmt werden.84 Letzteres bedeutet beispielsweise, dass für die Gewichtung der Eigenkapital- und Fremdkapitalkosten nicht der Anteil des Marktwerts des Eigenkapitals bzw. des Fremdkapitals am Gesamtunternehmenswert des betreffenden Unternehmens herangezogen, sondern auf die Kapitalstruktur der Peer Group abgestellt wird. Für die Anwendung des zweiten Ansatzes spricht, dass ein einzelner Vermögenswert als Bewertungsobjekt zumeist nur im Zusammenwirken mit anderen Vermögenswerten einen Einkommensstrom generieren kann und dementsprechend dessen Wert Teil des Werts der das Einkommen erzielenden Einheit ist. Die Bewertungen der einzelnen Vermögenswerte können damit als Partialkalküle betrachtet werden. Die anzuwendende Vorgehensweise bei der Bestimmung der Parameter der Kapitalkosten sollte jedoch entsprechend den im konkreten Fall gegeben Verhältnissen, insbesondere unter Berücksichtigung des Bewertungsanlasses, festgelegt werden. IV.4.c) Berücksichtigung des vermögenswertspezifischen Risikos Das Risiko von Vermögenswerten kann durch die Volatilität der diesen zuzurechnenden Einkommensströme gemessen werden.85 In einem Unternehmen oder Unternehmensbereich, der bzw. das als Portfolio von Vermögenswerten zu betrachten ist, wirken diese zur Erzielung von dessen Gesamteinkommensstroms zusammen. Jeder dieser Vermögenswerte ist nun dadurch gekennzeichnet, dass der ihm zugeordnete Beitrag zum Gesamteinkommensstrom seine individuelle Volatilität und damit sein individuelles, also vermögenswertspezifisches Risiko86 aufweisen kann.87 Beispielsweise kann die Entwicklung einer neuen Technologie eine bestehende gänzlich obsolet machen, wohingegen der bisherige Maschinenpark weiter genutzt werden kann, etwa für die Fertigung der auf der neuen Technologie beruhenden Produkte. In diesem Fall weist der der Technologie zugeordnete Beitrag zum Gesamteinkommensstrom c.p. eine höhere Volatilität und damit ein höheres vermögenswertspezifisches Risiko als der Maschinenpark auf. Grundgedanke der Bestimmung der vermögenswertspezifischen Anpassungsbeträge ist die Überlegung, dass die vom Portfolio aller Vermögenswerte generierte Verzin84
85
86 87
So ist bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts (Fair Value) vorzugehen. Vgl. etwa IDW RS HFA 16 (Fn.4) Tz. 35; Mackenstedt/Fladung/Himmel (Fn. 17) S. 1046. Siehe hierzu bereits bei Moser/Schieszl, Unternehmenswertanalysen auf der Basis von Simulationsrechnungen am Beispiel eines Biotech-Unternehmens, in: FB 2001 S. 530 – 541. Vgl. auch IDW RS HFA 16 (Fn.4) Tz. 33. Grundlegend hierzu Smith/Parr, a.a.O. (Fn. 1), S. 227 - 236, 356 - 362, 558 - 562.
186
Ulrich Moser / Heinz Goddar
sung jener Verzinsung entsprechen soll, die von allen Kapitalgebern des Unternehmens gefordert wird. D.h. die gewichtete Verzinsung aller Vermögenswerte soll gleich den gewichteten Kapitalkosten sein (Abb. 10).88 Januar 1, 200X hoch
Vermögenswertspezifisches Risiko niedrig
Goodwill Immaterielle Vermögenswerte Sachanlagevermögen Working Capital
Weighted Average Rate of Return on Asset
=
Marktwert des Eigenkapitals
X Eigenkapitalkosten
Schulden
X Fremdkapitalkosten
Weighted Average Cost of Capital
Abb. 10: Bestimmung der vermögenswertspezifischen Verzinsung
Abb. 11 enthält ein sehr vereinfachtes Beispiel zur Erläuterung dieses Zusammenhangs: Der betrachtete Unternehmensbereich nutzt eine Technologie, Sachanlagen, Working Capital sowie weitere, nicht spezifizierte Vermögenswerte, die ihren Niederschlag im Goodwill finden. Die Nutzungsdauer aller genannten Vermögenswerte soll identisch sein und 10 Jahre betragen. Die gewichteten Kapitalkosten wurden unter Zugrundelegung einer Laufzeit von 10 Jahren in Höhe von rund 6,08% ermittelt. Annahmen • Alle Vermögenswerte haben die gleiche Nutzungsdauer • Die gewichteten Kapitalkosten betragen 6,08%
Vermögenswert Goodwill Technologie Sachanlagen Working Capital
Wert 15 50 75 100 240
Risikozu-/ -abschlag 2,92% 2,42% -0,08% -1,58%
spezifische Verzinsung 9,00% 8,50% 6,00% 4,50%
gewichtete Verzinsung 0,56% 1,77% 1,88% 1,88% 6,08%
Abb. 11: Vereinfachtes Beispiel zur Bestimmung der vermögens-wertspezifischen Verzinsung
88
Siehe ebenda.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
187
Die vermögenswertspezifischen Anpassungen der laufzeitäquivalenten Kapitalkosten (Risikozu-/-abschläge) wurden iterativ so festgelegt, dass folgende Bedingungen erfüllt sind:89 y Die vermögenswertspezifische Verzinsung, die sich als Summe der Risikozu-/abschläge und der laufzeitäquivalenten Kapitalkosten ergeben, bringen das unterschiedliche Risiko der einzelnen Vermögenswerte in Relation zueinander zum Ausdruck. Im Beispiel bedeutet dies, dass das Risiko des Goodwills größer ist als das der Technologie, letzteres größer als das der Sachanlagen; das Working Capital weist das geringste Risiko auf. y Die Summe der gewichteten vermögenswertspezifischen Verzinsungen der einzelnen Vermögenswerte (gewichtete durchschnittliche Verzinsung aller Vermögenswerte) ist gleich den gewichteten Kapitalkosten. IV.4.d) Praktikabilität der Bestimmung der vermögenswertspezifischen Verzinsung Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass die Bestimmung der vermögenswertspezifischen Verzinsung sowohl eine Bewertung des gesamten Unternehmensbereichs, dessen Einkommensstrom unter Mitwirkung des Bewertungsobjekts generiert wird, als auch aller diesem zuzurechnenden Vermögenswerte erfordert. In den Fällen, in denen sowieso alle diese Bewertungen vorzunehmen sind - beispielsweise bei Durchführung einer Kaufpreisaufteilung nach IFRS 3 - führt diese Vorgehensweise regelmäßig zu keinem zusätzlichen Aufwand. In anderen Fällen, in denen - im Extremfall - lediglich ein einzelner Vermögenswert, etwa ein Patent, zu bewerten ist, erfordert die Ableitung der vermögenswertspezifischen Verzinsung jedoch zusätzlich die Bewertung des gesamten Unternehmensbereichs, dem das Bewertungsobjekt zuzurechnen ist, sowie die Bewertung aller anderen, diesem zugehörigen Vermögenswerte. Damit wird die Bewertung eines einzelnen Vermögenswertes zumeist einen verhältnismäßig hohen Aufwand nach sich ziehen. In derartigen Fällen ist in Erwägung zu ziehen, ob eine pauschale Schätzung des vermögenswertspezifischen Risikozuschlags auf die laufzeitäquivalenten Kapitalkosten ausreichend ist.90
89
90
Auf die Darstellung der Bestimmung des risikospezifischen Zinssatzes und deren Problematik wird im Rahmen des Fallbeispiels (V.5.c) dd)) eingegangen. Für den Fall der Kaufpreisaufteilung nach IFRS 3 sprechen sich Mackenstedt/Fladung/ Himmel (Fn. 17) S. 1046, dafür aus, dass „vereinfachend auch der Laufzeitäquivalenz mit einem pauschalen Zu- bzw. Abschlag auf den WACC ... Rechnung getragen werden (kann)“.
188
Ulrich Moser / Heinz Goddar
IV.5. Berücksichtigung der Besteuerung bei der Bewertung immaterieller Vermögenswerte IV.5.a) Steuerrelevante Fragestellungen Bei der Bewertung immaterieller Vermögenswerte nach dem Income Approach können steuerliche Wirkungen in zweifacher Weise von Bedeutung sein: y Einbeziehung der Besteuerung ins Bewertungskalkül y Berücksichtigung des steuerbedingten Abschreibungsvorteils (Tax Amortization Benefit) IV.5.b) Einbeziehung der Besteuerung ins Bewertungskalkül Bei Anwendung des Income Approach zur Bewertung von Vermögenswerten sind – in gleicher Weise wie bei der Unternehmensbewertung91 - Ertragsteuern zu berücksichtigen. Dementsprechend sind die dem Bewertungsobjekt zugeordneten Einkommensströme um Ertragsteuern zu kürzen. Beim Incremental Income- und beim Residual Value-Ansatz ist dies unmittelbar ersichtlich. Beim Relie-from-Royalty-Ansatz resultiert die Steuerberücksichtigung daraus, dass die ersparten Lizenzzahlungen steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben, die die Ertragsteuerzahlungen des Lizenznehmers reduzieren, sind. Deswegen entlastet der Wegfall der Lizenzzahlungen nur in Höhe ihres Betrags nach Abzug der Ertragsteuern. Das Erfordernis der Berücksichtigung von Ertragsteuern beim Diskontierungszinssatz hängt davon ab, ob es sich bei diesem um eine Vor- oder Nachsteuergröße handelt. In die Ermittlung der Ertragsteuern brauchen lediglich die Unternehmenssteuern einbezogen zu werden.92 Eine Berücksichtigung der persönlichen Ertragsteuern der Anteilseigner93 erübrigt sich dann, wenn dem oben bereits dargelegten Gedanken (IV.4.b)), die Bewertungen einzelner Vermögenswerte als Partialkalküle zu betrachten, gefolgt wird. In diesem Fall können die persönlichen Ertragsteuern der Anteilseigner erforderlichenfalls auf Unternehmensebene bei Ableitung des Unternehmenswerts ihren Niederschlag finden. IV.5.c) Abschreibungsbedingter Steuervorteil (Tax Amortization Benefit) Beim gesonderten Erwerb eines immateriellen Vermögenswertes, etwa eines Patentes, ist der Erwerber nach den Steuergesetzen der meisten Länder berechtigt, die Anschaffungskosten im Wege der Abschreibung mit steuerlicher Wirkung auf dessen Nutzungsdauer zu verteilen (z.B. §§ 5 Abs. 2, 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Hieraus resultiert eine Verminderung der jährlichen Steuerbelastung, die sich durch Anwendung des
91 92 93
Vgl. z.B. Moser FB 1999 S. 117ff. So auch IDW RS HFA 16 (Fn.4), Tz. 29, 36; IDW ES 5 (Fn. 4), 44f. Siehe hierzu z.B. bei Moser (Fn 91) S. 117ff.
Grundlagen der Bewertung patentgeschützter Technologien
189
Steuersatzes des Erwerbers auf den jährlichen Abschreibungsbetrag ergibt.94 Der abschreibungsbedingte Steuervorteil (Tax Amortization Benefit oder kurz TAB) ergibt sich dann als Summe der Barwerte dieser jährlichen Steuervorteile. Aus Sicht des Erwerbers ist der Grenzpreis95 der Betrag, den dieser für den Erwerb eines Vermögenswertes höchstens bezahlen darf, ohne eine Verschlechterung seiner Vermögensposition im Vergleich zur Unterlassung des Erwerbs zu erfahren (Preisobergrenze). Dementsprechend ist der abschreibungsbedingte Steuervorteil bei der Ermittlung des Grenzpreises des Erwerbers immer dann zu berücksichtigen, wenn die Voraussetzungen für dessen Realisierung vorliegen.
Grenzpreis = Barwert (FCF) + TAB TAB = t * Barwert (Abschreibung) Abschreibung = Grenzpreis / Nutzungsdauer TAB = t * Barwert (Grenzpreis / Nutzungsdauer)
Grenzpreis = Barwert (FCF) + t * Barwert (Grenzpreis / Nutzungsdauer) Abb. 12: Zirkularitätsproblem bei der Ermittlung des abschreibungsbedingten Steuervorteils (bei unterstellter linearer Abschreibung)
Bei der Berechnung des abschreibungsbedingten Steuervorteils tritt demnach ein Zirkularitätsproblem auf (Abb. 12): Einerseits schließt der Grenzpreis den abschreibungsbedingten Steuervorteil ein, andererseits stellt er zugleich die Bemessungsgrundlage für dessen Berechnung dar. In Abb. 13 ist die Auflösung dieses Zirkularitätsproblems dargestellt.
94
95
Dabei wird vereinfachend unterstellt, dass der Erwerber in jedem Jahr vor Berücksichtigung dieser Abschreibung mindestens einen Gewinn in Höhe dieses Betrags erzielt und über keine steuerlich relevanten Verlustvorträge verfügt. Diese Annahme kann auch bei Anwendung des bereits angeführten Gedankens des Partialkalküls (IV.4.b)) zugrunde gelegt werden. Vgl. bereits II.4.a).
190
Ulrich Moser / Heinz Goddar
Mit der Anwendung des abschreibungsbedingten Steuervorteils, insbesondere dessen Berücksichtigung bei der Ableitung des beizulegenden Zeitwerts, sind eine Reihe von (ungeklärten) Fragen verbunden, deren Diskussion im Rahmen dieses Beitrags nicht möglich ist.96 n
V V = NPV + ∑ ⋅ s ⋅ q −t (1) t =1 n n
mit
∑ q −t = t =1
qn −1 (3) q n ⋅ (q − 1)
StepUp =
V n −t V = NPV + s ⋅ ∑ q (2) n t =1
NPV V= s qn −1 1− ⋅ n n q ⋅ (q − 1)
(4)
1 s qn −1 1− ⋅ n n q ⋅ (q − 1)
Abb. 13: Berechnung des Tax Amortisation Benefit
V.
Zusammenfassung
Der Beitrag widmet sich den Grundlagen der Bewertung von Patenten. Zunächst werden die grundlegenden Bewertungskonzepte – Income, Market und Cost Approach –, das Erfordernis der Abgrenzung des Bewertungsobjekts sowie mögliche Anlässe der Bewertung immaterieller Vermögenswerte kurz skizziert. Sodann werden Patente als Bewertungsobjekte sowie deren wertbestimmenden Faktoren im Einzelnen untersucht. Abschließend wird die Bewertung patentgeschützter Technologien mittels der verschiedenen Ausprägungen des Income Approach – Incremental Income Analysis, Relief-from-Royalty-Methode sowie Residual Value-Methode – erläutert.
96
Siehe hierzu z.B. bei Kasperzak/Nestler DB 2007 S. 473 – 478.
Gesundheits- und Innovationsmanagement herausgegeben von: Wilhelm Schmeisser ⋅ Ricarda B. Bouncken ⋅ Ulrich Demmig ⋅ Alexander Kantner ⋅ Dieter Krimphove ⋅ Oliver Schöffski ⋅ Thorsten Teichert Band 1: Wilhelm Schmeisser, Gunnar Tröger: Balanced Scorecard als strategisches und operatives Management- und Controllinginstrument im Krankenhaus ISBN 3-86618-073-X / ISBN 978-3-86618-073-4, München und Mering 2006, 112 S., € 17.80
Die nähere Ausgestaltung des Gesundheitssystems wird wettbewerbs- und kostenorientierter durch die Gesundheitsreformen werden. Das technisch und medizinisch Mögliche und Machbare steht dabei im Spannungsverhältnis zu den einzelnen Wünschen und Bedürfnissen der Patienten und Angehörigen. Die Veränderungen im Gesundheitswesen lösen einen Wettbewerb zwischen Krankenhäusern aus. Eine Verbesserung der strategischen Position eines einzelnen Krankenhauses kann nur u.a. mit dem Einsatz passender betriebswirtschaftlicher Methoden erreicht werden. Gerade hier wirkt das Managementinstrument Balanced Scorecard prädestinierend und unterstützend. Anhand eines Fallbeispiels zeigt das Buch wie gesundheitsfördernde Strategien, Qualitätsmanagement und Balanced Scorecard im Krankenhaus rechenbar stimmig in ein Controllingkonzept integriert werden können.
Band 2: Wilhelm Schmeisser, Silvia Protze: Qualitätsmanagement in der stationären Rehabilitation ISBN 3-86618-074-8 / ISBN 978-3-86618-074-1, München und Mering 2006, 121 S., € 17.80
Angesichts der zunehmenden Anzahl chronischer Erkrankungen und einem immer größer werdenden Anteil älterer Versicherter kann von einem steigenden Bedarf an die Rehabilitationsleistungen ausgegangen werden. Andererseits ist die Rehabilitation wie die gesamte medizinische Versorgung in Deutschland zunehmend dem Kostendruck durch einen gesetzlich begrenzten Gesundheitsetat ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund wächst im Rahmen eines stärkeren und immer mehr geforderten Wettbewerbs das Interesse der Klinikbetreiber und Kostenträger an Maßnahmen der Qualitätssicherung als notwendige Vorstufe einer betriebswirtschaftlich geführten Reha-Klinik.
Band 3: Ricarda B. Bouncken, Andreas Golze: Management und Führung von Kooperationen. Theorie, Empirie und Gestaltung für Biotechnologieunternehmen ISBN 978-3-86618-113-7, Rainer Hampp Verlag, München und Mering 2007, 172 S., € 19.80
In vielen Branchen werden Kooperationen zunehmend genutzt, um Spezialisierungsvorteile zu realisieren, Risiken zu teilen, Kapazitäten zu vergrößern und dabei innovativer und wettbewerbsfähiger zu sein. Dennoch ist das Management von Kooperationen oft noch ein Mysterium. Dieses Buch erarbeitet Gestaltungsempfehlungen für unterschiedliche Ebenen des Kooperationsmanagements. Im Zentrum stehen die Grundlagen der Zusammenarbeit, Partnerwahl und Konstitution der Kooperation, Strategisches Management von Kooperationen, Projektmanagement bei Kooperationen, die Bewältigung von interkulturellen Aspekten, Management von Wissen und Lernen, Benchmarking, Kooperationscontrolling sowie letztlich die Reorganisation und der Wandel von Kooperationen. Die Empfehlungen basieren auf einer umfangreichen empirischen Studie in der Biotechnologiebranche. Diese innovative, kooperationsintensive und zudem sehr dynamische Branche eignet sich sehr gut Referenzbranche. Durch die empirische Untersuchung konnten unterschiedliche Formen des Kooperationsmanagement im Hinblick auf ihre Erfolgswirkung untersucht werden.
Gesundheits- und Innovationsmanagement herausgegeben von: Wilhelm Schmeisser ⋅ Ricarda B. Bouncken ⋅ Ulrich Demmig ⋅ Alexander Kantner ⋅ Dieter Krimphove ⋅ Oliver Schöffski ⋅ Thorsten Teichert Band 4: Günther Heger, Wilhelm Schmeisser (Hrsg.): Beiträge zum Innovationsmarketing ISBN 978-3-86618-156-4, Rainer Hampp Verlag, München und Mering 2007, 307 S., € 27.80
Das Innovationsmanagement lässt sich in Bezug auf das Marketing auf vier Leitideen reduzieren, die in diesem Buch exemplarisch behandelt werden: • Initiierung, Planung und Durchsetzung von Innovationen sind konsequent an den Kundenbedürfnissen auszurichten. • Der Verkauf neuer Technologien, insbesondere von Produkten und Verfahren, setzt eine besondere Interaktion zwischen Forschung und Entwicklung, Produktion, Marketing und innovativen Anwendern voraus. • Mittels einer Innovationsprozess- bzw. Wertschöpfungskettenanalyse im Rahmen eines Innovationsmarketingcontrollings soll das Unternehmen in der Lage sein zu überprüfen, ob sich eine technologische Innovation rechnet. Dabei sind alle Risikofaktoren zu berücksichtigen. • Innovationsmarketing beruht auf verhaltenswissenschaftlichen Überlegungen der Adoption und Diffusion von Innovationen. Schlüsselwörter: Innovationsmarketing, Kundenwertmanagement, Kundenperspektive im Rahmen des Berliner Balanced Scorecard-Ansatzes, Kundenbezogene Marktforschung für Innovationen, Produktentwicklung in der Telekommunikationsindustrie, Hochschulmarketing, Innovationsmarketing für Gesundheitsdienstleistungen, Messen als Instrument des Innovationsmarketings
Band 5: Wilhelm Schmeisser, Karin Wagner, Kerstin Schütz (Hrsg.): Betriebswirtschaftliche Ansätze und Instrumente des Gesundheitsmanagements ISBN 978-3-86618-179-3, Rainer Hampp Verlag, München und Mering 2007, 197 S., € 22.80
Politiker sind zur Zeit maßgebend mit der Einnahmenseite der Gesundheitsreform, der Zweiklassengesellschaft und der Zweiklassenmedizin beschäftigt. Dabei vergessen sie aber oft die Ausgaben- und Kostenseite der Gesundheitsreform zu erörtern, wegen des Konfliktpotenzials. Dass auf der Ausgabenseite jedoch sinnvolle betriebswirtschaftliche Ansätze und Instrumente existieren, wird in gesundheitspolitischen Diskussionen immer noch ausgeblendet. Um hier die gesundheitspolitische Diskussion voranzubringen, haben sich die Autoren vorgenommen, exemplarisch Instrumente der Betriebswirtschaft und deren Anwendung aufzuzeigen. Damit können Einsparpotenziale aufgedeckt werden, um organisatorische, personale und technisch-innovative und damit zweckmäßige betriebswirtschaftliche Lösungen im Gesundheitssektor anzugehen. Schlüsselwörter: Gesundheitsreform, Gesundheitswirtschaft, Branchenanalyse für das Gesundheitsmanagement, Pharmabranche, Benchmarking mit Hilfe der Jahresabschlussanalyse für Krankenhauskonzerne, Controlling im Krankenhaus und Reha-Bereich, Balanced Scorecard und Qualitätsmanagement im Krankenhaus, Strategien für das Gesundheitswesen, Social Marketing, Gesundheitsreformgesetz, Krankenhausentgeltmanagement, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Gesetzliche Krankenversicherung