Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht Zweite Auflage
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Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht Zweite Auflage
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Peter Derleder · Kai-Oliver Knops Heinz Georg Bamberger Herausgeber
Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht Zweite Auflage
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Professor Dr. Peter Derleder Universität Bremen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht, Wirtschafts- und Arbeitsrecht Bibliothekstraße 1 28359 Bremen
Professor Dr. Kai-Oliver Knops Universität Hamburg Lehrstuhl für Zivil- und Wirtschaftsrecht, insbes. Bank-, Kapitalmarktund Verbraucherrecht Von-Melle-Park 9 20146 Hamburg
Dr. Heinz Georg Bamberger Justizminister des Landes Rheinland-Pfalz Ernst-Ludwig-Str. 3 55116 Mainz
ISBN 978-3-540-76644-5
e-ISBN 978-3-540-76645-2
DOI 10.1007/978-3-540-76645-2 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. c 2009, 2004 Springer-Verlag Berlin Heidelberg Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Herstellung: le-tex publishing services oHG, Leipzig Einbandgestaltung: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier 987654321 springer.de
Vorwort zur 2. Auflage
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Vorwort zur 2. Auflage
Das Bankvertragsrecht ist ein Rechtsgebiet voller Singularitäten. Im Zeitpunkt der großen Kodifikation des Zivilrechts in Deutschland vollzog sich gerade der Übergang von einer Agrar- in eine Industriegesellschaft. Das Finanzkapital wurde erst gut zwei Jahrzehnte später zum Zentrum der gesellschaftstheoretischen Reflexion (Rudolf Hilferding). Der kleine Mann, wie der Konsument noch lange Zeit hieß, genoss um 1900 Kredit nur beim Anschreibenlassen und konnte, wenn er es bis zum Hausbau schaffte, allenfalls unter das Regiment eines (oft lebenslangen) Grundpfandkredits gelangen. Mittelstand und Großunternehmen kämpften dagegen um Kredite mit individuellem Zuschnitt. Auch der Spekulant war weitgehend auf die Aktie verwiesen, deren Statut immerhin die großen Krisen der Gründungs- und Blasenschwindel des 18. und 19. Jahrhunderts widerspiegelte und vermeiden half. Das äußerst lakonische Normangebot des Bürgerlichen Gesetzbuches für den Kredit in den §§ 607 ff. machte exemplarisch deutlich, dass es praktisch weitgehend der Bankwirtschaft überlassen wurde, ihr eigenes Recht zu schaffen. Selbst ein strengeres öffentlichrechtliches Beleihungssystem (wie zu dem gesamtgesellschaftlich als besonders gewichtig angesehenen Bodenkredit), hatte keine spezifische privatrechtliche Flankierung. Das Bankrecht hat sich somit weithin in den AGB der Bankwirtschaft entfaltet und ausdifferenziert, weil dies der unterentwickelte Konditionenwettbewerb zuließ. Der Rationalisierungsgewinn war beträchtlich. Grenzziehungen waren äußerst mühsam. Das erste Verbraucherschutzgesetz, das Abzahlungsgesetz, noch aus dem 19. Jahrhundert, wurde in jahrzehntelanger strapaziöser Auslegung auf finanzierte Käufe erstreckt. Die AGB gerieten nach einer frühen Grundlagenbetrachtung von 1936 (Ludwig Raiser) erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter eine stärkere Einseitigkeitskontrolle. Aber auch insoweit war die Bankwirtschaft verhältnismäßig wenig berührt, da das als Maßstab dienende dispositive Recht weitgehend fehlte. Häufig waren es denn auch Abfälle vom Schreibtisch der Inhaltskontrolle von Produzenten- und Händlerbedingungen, die zu Korrekturen nötigten. Paradigmatisch für die so entstandene Bankenkonditionsmacht ist das System der Grundpfandkreditvergabe, in dem praktisch alle denkbaren Gläubigerschutzinstrumente verschweißt sind (Darlehen, abstraktes Schuldanerkenntnis, nichtakzessorische abstrakte Sicherheit, Höchstzinsen der Sicherheit für alle denkbaren wirtschaftlichen Eventualitäten, vollstreckbare Urkunden, auch für die Verwertung des gesamten sonstigen Vermögens, Fälligkeits- und Nachweisverzichtsklauseln, die von allen Zinsund Tilgungszahlungen des Schuldners abzusehen erlauben). In den bankvertraglichen Dauerschuldverhältnissen bestanden auch sonst beträchtliche Preisgestaltungsspielräume, die notfalls zum Ausgleich verlustreicher Investitionen großer Institute in fernen Weltgegenden genutzt werden konnten. Der gesamtgesellschaftliche Wille, aus Bankkrisen zu lernen, war jedoch in den westlichen Industriestaaten stets präsent. Eine Katastrophe wie den Schwarzen Freitag gab es glücklicherweise in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht. Der Weg vom HerstattKonkurs bis zu Basel II umfasst jedoch in Deutschland eine Vielzahl von Auffanginstrumenten und Elementen der Verdichtung öffentlichrechtlicher Kontrolle. Die zunehmende weltwirtschaftliche Verflechtung, die Europäisierung und Internationalisierung des Kapitalverkehrs und eine immer weiterreichende Internalisierung aller Arten von Einkommensbeziehern in den Bankenverkehr sowie die damit verbundene Verbraucherbewegung prägen die Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Die Herausbildung des Neuen Marktes mit
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Vorwort zur 2. Auflage
seinen Gründungsschwächen und Spekulationsblüten stellte eine besondere Herausforderung dar. In den letzten Jahren hat die Bankwirtschaft zudem in zunehmendem Umfang immer raffiniertere Produkte entwickelt, von den Derivaten bis zu den Kreditverbriefungen, bei denen die Kreditinstitute am Ende selbst nicht mehr die Risiken ohne weiteres überschauen konnten, die sie eingegangen waren. Die deutschen Banken gerieten teilweise unter unrealistische Wachstumsimperative. Zudem hatten sie die informationsgesellschaftliche Entwicklung zu verkraften, die ihnen die kaum restlos überschaubaren Risiken digitalen Kapitalverkehrs aufzwingt. Das Vertrauen in die für die Plastikkartennutzung herangezogenen Wahrscheinlichkeitsmathematiker wird durch die Möglichkeiten hochdifferenzierter Ausspähungs- und Entschlüsselungstechniken geschmälert. Immer mehr Menschen sind auch zur Sicherung vor sozialen Risiken auf privat organisierte Finanzdienstleistungen angewiesen, so dass Vertragsungleichgewichte leicht zu Existenzverlusten führen können. Die Rentnerscharen, deren Versorgung teilweise einer Aktienbaisse zum Opfer fallen wird, sind schon vorauszusehen. Desgleichen steigt der Anteil der Personen, die über Finanzdienstleistungsprodukte eine arbeitsunabhängige Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum versuchen. Die Nachfrage nach immer komplexeren aleatorischen Produkten steigt. Die Verstrickung der Banken in diese Prozesse, insbesondere unter Übernahme von Gestaltungsformen des USMarkts, vollzieht sich gerade über eine erfolgreiche internationale Geschäftstätigkeit. Der rechtliche Rahmen ist in doppelter Weise durch Fragmentarismus, Inkonsistenz und Departementalisierung geprägt. Der Einfluss des europäischen Rechts nimmt ständig zu, auch wenn sein Wachstum nur schwer zu übersehen ist und es weithin in punktuelle Regelungen zerfällt. Die Mitgliedstaaten der EU gleichen sich zwar einander zusehends an, haben aber doch eine Unzahl unterschiedlicher Rechtsquellen und Problemlösungen. Ob etwa die kleineren Beitrittsländer das Maß der europäischen Verrechtlichung überhaupt zu übernehmen in der Lage sind, ist äußerst zweifelhaft, auch wenn die Beitrittsverträge dies vorsehen. Aber auch im deutschen Recht sind die Bestandteile des öffentlichen und privaten Bankrechts kaum mehr überschaubar. Die Vielzahl der – oft verstreuten – gesetzlichen Bestimmungen legt den Gedanken an eine Bankrechtskodifikation nahe. Der Privatrechtsverkehr mit Finanzdienstleistungen für Unternehmen und Verbraucher bedarf der Systematisierung. Auch für das öffentliche Bankrecht wäre ein Grundlagengesetz kohärenzbildend. Da es jedoch am politischen Impuls dazu fehlt, sind Bankrechtshandbücher praktisch ein notwendiges Surrogat. Die juristischen Stäbe zur Entwicklung und Konkretisierung des deutschen Bankrechts ergeben bislang eine Präponderanz der Bankjuristen, die die Diskussionen zumeist schon zahlenmäßig beherrschen. Die erforderliche Transzendierung der Parteiinteressen ist ohne Bankpraktiker jedoch undenkbar, da sonst die Sachzwänge der verschiedenen Märkte nicht konkret genug rekonstruiert werden könnten. Der Verwissenschaftlichungsschub, der sich auch in der Gründung einer wissenschaftlichen Vereinigung zum Bankrecht niedergeschlagen hat, muss jedoch auch die Interessenkonstellationen der Industrie, des Handels und der Verbraucher einbegreifen. Der deutsche Bankkunde, der meist nicht einmal die Zinsrechnung beherrscht, ist trotz Verbraucherzentralen und Verbandsklagen schon immer ein Pisa-Subjekt und bedarf eher stärkerer Hilfen als beim Kauf von Waren. Insoweit fungierte die Justiz sehr oft als einziger Kontrollpartner der Bankwirtschaft und war daher nicht selten überfordert. Sie hat zwar etwa die sittenwidrigen Höchstzinsen der Teilzahlungsbanken seit Mitte der 70er Jahre in einem quälerischen Mäßigungsprozess in den Griff bekommen. Eine elegantere Lösung gelang ihr demgegenüber zu den Übersicherungen der Bankwirtschaft beim Mobiliarkredit für Industrie und Handel. Die Ausnutzung familiärer Motive für Bürgschaften, die auch zur Millionenverschuldung gerade volljährig
Vorwort zur 2. Auflage
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Gewordener geführt hat, zu verhindern, gelang der ordentlichen Justiz nicht ohne fremde Hilfe (seitens des Bundesverfassungsgerichts). Bei der Abwicklung maroder Bauträgerund Steuersparmodelle hat sich der Bankrechtssenat des BGH zeitweise einen rechtsdogmatischen Bunker gegraben, aus dem Unrechtsfolgen aufoktroyierter Verträge nicht mehr wahrgenommen wurden. Aufgrund der Interventionen anderer Senate, des Europäischen Gerichtshofs und auf der Basis eines außergewöhnlichen Senatskompromisses hat er dann aber doch noch die Kurve zu einer ausgewogeneren Gesamtlösung genommen. Die Krise durch die Kreditverkäufe, durch die auch die Kreditnehmer mit ungestörten Vertragsbeziehungen, also Mittelständler und Häuslebauer, an verwertungswütige Finanzinvestoren aus Steueroasen und deren Inkassounternehmen geraten können und zu der die Rechtsprechung keinen Lösungsbeitrag erbracht hat, ist dem Gesetzgeber überantwortet worden, der jedoch mit dem Risikobegrenzungsgesetz vom 27.06.2008 nur eine unzureichende Lösung gefunden hat. Im Hinblick auf die erhebliche gesamtwirtschaftliche Bedeutung solcher finanzwirtschaftlicher und rechtlicher Krisen ist in Zukunft der Dialog von Bankwirtschaft, Verbrauchern und Justiz in stärkerem Maße geboten, wie dies zwischen Interessenträgern in anderen Bereichen ungeschriebener Kodex ist. Das vorliegende Handbuch macht den Pluralismus der Interessen für die wissenschaftliche Vertiefung zu seiner Botschaft, die auf der deutschen und europäischen Ebene verfolgt wird. Ein ausgewogenes Autorenteam, bei dem paritätisch auch Interessenvertreter von Bank- und Verbraucherseite zu Wort kommen, soll eine interessenübergreifende Rechtsinterpretation gewährleisten. Das Handbuch hat schon in der 1. Auflage die Schuldrechtsreform in das private Bankrecht eingearbeitet, das an ihren Modernisierungswirkungen für den Schuldrechtsverkehr teilhat, auch wenn dem Gesetzgeber ein spezifisches Konzept außerhalb von spezialgesetzlichen Regelungen im Bank- und Kapitalmarktrecht fehlte. Die 2. Auflage erfasst die gesetzlichen Änderungen bis zur Mitte des Jahres 2008, also einschließlich des Risikobegrenzungsgesetzes. Es bringt für die europäischen Länder in jedem Fall einen Überblick mit der Möglichkeit zum Einstieg in die jeweiligen Rechtsquellen. Dem Leser soll es auch ermöglicht werden, sich in die europäische Rechtsentwicklung hineinzudenken. Die Vielseitigkeit der Beiträge zum deutschen Recht, die die Herausgeber von mehr als 110 Wissenschaftlern, Richtern, Rechtsanwälten, Verwaltungsfachleuten, Bankjuristen, Verbraucherrechtspraktikern und engagierten sonstigen Fachpublizisten eingeworben haben, reicht von der akribischen oder auch schwungvollen Übersicht bis zur quasimonografischen rechtsdogmatischen Systematisierung. Der kritische Impuls zielt, wo er notwendig ist, bei aller Erforderlichkeit marktwirtschaftlicher Bewährung auf Fairness gegenüber dem Bankkunden. Bei einem Handbuch dieses Umfangs ist es unvermeidlich, dass auch Bearbeiterwechsel stattfinden. Die Herausgeber sprechen deswegen auch insbesondere den Autoren ihren Dank aus, die in der 1. Auflage einen Beitrag für die Etablierung des Handbuchs geleistet haben. Bremen/Hamburg/Mainz im September 2008 Peter Derleder Kai-Oliver Knops
Heinz Georg Bamberger
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Verzeichnis der Bearbeiter
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Verzeichnis der Bearbeiter Dr. Markus Artz
Dr. Lars Brocker
Privatdozent an der Universität Trier
Landtagsdirektor, Mainz
Roland Bäumler
Dr. Eckart Brödermann
Team-Bank AG, Nürnberg
Rechtsanwalt, Hamburg
Dr. Peter Balzer
Dr. Dr. h. c. Peter Bülow
Rechtsanwalt, Bonn
Professor an der Universität Trier
Dr. Heinz Georg Bamberger
Dr. Pedro-José Bueso-Guillén, LL.M. Eur.
Justizminister des Landes Rheinland-Pfalz
Professor an der Universität Zaragoza
Ralf Bartz
Dr. Peter Bydlinski
Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz
Professor an der Universität Graz
Dr. Lutz Batereau
Dr. Matthias Casper
Rechtsanwalt u. Notar, Hamm
Professor an der Universität Münster
Dr. Jochen Bauerreis
Dr. Florin Ciutacu
Rechtsanwalt, Straßburg
Professor an der Universität Bukarest
Gerhart R. Baum
Dr. Wolfgang Däubler
Bundesminister a.D., Rechtsanwalt, Köln
Professor an der Universität Bremen
Dr. Michael Beckhusen
Dr. Peter Derleder
Rechtsanwalt, Bremen
Professor an der Universität Bremen
Heiner Beckmann
Dr. Luca Di Nella
Vors. Richter am Oberlandesgericht Hamm
Professor an der Universität Parma
Ilka Beckmann, LL.M. (Queensland)
Dr. Bernd Eckardt
Rechtsanwältin u. Mediatorin, Münster
Professor an der Fachhochschule Köln
Timo Bernau
Dr. Jens Ekkenga
Rechtsanwalt, München
Professor an der Universität Gießen
Dr. Klaus Bette
Michael Findeisen
Deutscher Factoring Verband e.V., Berlin
Ministerialrat, Berlin
Dr. Uwe Blaurock
Dr. Rudolf Fischer
Professor an der Universität Freiburg
Vors. Richter am Landgericht Trier
Heinrich Bockholt
Dr. Robert Freitag
Professor an der Fachhochschule Koblenz
Professor an der Universität Hamburg
Anja Böhnlein
Stefan Frisch
Rechtsanwältin, Bamberg
Rechtsanwalt, Frankfurt/M.
Dr. Georg Borges
Dr. Stefan J. Geibel
Professor an der Universität Bochum
Privatdozent an der Universität Tübingen
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Verzeichnis der Bearbeiter
Dr. Paul J. Glauben Ministerialdirigent, Mainz
Halldór Eiríkur S. Jónhildarson, LL.M. (Hamburg)
Dr. Franz Häuser
magister iuris (Universität Island) M.C.L. (CWSL), Island
Professor an der Universität Leipzig
Sören Friis Hansen Professor an der Süddänischen Universität Odense
Christof Harbeke Sparkasse Frankfurt
Dr. Dirk Harders Notar in Birkenfeld/Nahe
Frank Heemann, LL.M. Rechtsanwalt, Vilnius
Dr. Ronald Kandelhard Rechtsanwalt, Bremen
Dr. Eva O’Kelly Solicitor, Bank of Ireland, Dublin
Dr. Antonín Kerner em. Professor an der Universität Prag
Theis Klauberg, LL.M. Rechtsanwalt, Riga
Dr. Ulrike Klingner-Schmidt Rechtsanwältin, Bremen
Lars Heidbrink Rechtsanwalt, Pfäffikon
Dr. Oliver L. Knöfel wiss. Ass. an der Universität Hamburg
Dr. Tobias Heinrich, LL.M. (London) Rechtsanwalt, Frankfurt/M.
Dr. Kai-Oliver Knops Professor an der Universität Hamburg
Dr. Mika Hemmo Professor an der Universität Helsinki
Katja Kötterheinrich Regierungsdirektorin, Mainz
Brigitta Henkel, LL.M. Eur. Referentin an der Universität Erlangen-Nürnberg
Dr. Wolfhard Kohte Professor an der Universität Halle-Wittenberg
Dr. Felix Herzog Professor an der Universität Bremen
Anna Kozlova Dipl.-iur., Minsk
Dr. Heribert Hirte, LL.M. (Berkeley) Professor an der Universität Hamburg
Dr. Götz-Sebastian Hök Rechtsanwalt, Berlin
Dr. Jochen Hoffmann Professor an der Universität Hamburg
Dr. Dr. h.c. Ewoud H. Hondius Professor an der Universität Utrecht
Dr. Rolf Kronenburg Rechtsanwalt, Leverkusen
Ulrich Kulke Ass.-iur., Würzburg
Dr. Markus Lenenbach, LL.M. Lehrstuhlvertreter an der Universität Bayreuth
Richard Lindner Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe
Dr. Anja Hucke
Dr. Nikolaos Lyberis
Professorin an der Universität Rostock
Rechtsanwalt, Athen
Dr. Peter Itzel
Dr. Peter Mankowski
Vors. Richter am Oberlandesgericht Koblenz
Professor an der Universität Hamburg
Dr. Florian Jacoby
Dr. Annemarie Matusche-Beckmann
Professor an der Universität Bielefeld
Professorin an der Universität des Saarlandes
Verzeichnis der Bearbeiter
Dr. Stephan Meder
Dr. Udo Reifner
Professor an der Universität Hannover
Professor an der Universität Hamburg
Olaf Methner
Dr. Julius F. Reiter
Rechtsanwalt, Düsseldorf
Rechtsanwalt, Düsseldorf
Dr. Rainer Metz
Dr. Fabian Reuschle
Unterabteilungsleiter, Berlin
Richter am Landgericht Stuttgart
Dr. Hans-W. Micklitz
Dr. Walter Rudolf
Professor an der Universität Bamberg, Europäisches Hochschulinstitut, Florenz
Professor an der Universität Mainz
XI
Dr. Christian Rumpf Professor an der Universität Augsburg
Rechtsanwalt, Stuttgart Honorarprofessor an der Universität Bamberg
Dr. Hans-Friedrich Müller
Dr. Dietmar Schanbacher
Dr. Thomas M. J. Möllers
Professor an der Universität Erfurt
Dr. Dr. h.c. Peter-Christian Müller-Graff Professor an der Universität Heidelberg
Dr. Sybille Neumann Professorin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, Saarbrücken
Professor an der Universität Dresden
Dr. Thorsten Schlüter Rechtsanwalt u. Solicitor, Bayreuth
Dr. Klaus Schrameyer Botschafter a. D, Bornheim
Dr. Hans-Joachim Schramm
Dr. Zangar Nogaibay
Universität Bremen
Staatliche Unternehmensholding der Republik Kasachstan
Dr. Hans-Peter Schwintowski
Dr. Jürgen Oechsler Professor an der Universität Mainz
Dr. Christoph Ohler Professor an der Universität Jena
Dr. Wilco Oostwouder Professor an der Universität Utrecht
Dr. Maike Otten Richterin am Landgericht Bremen
Professor an der Humboldt-Universität Berlin
Dr. Norbert Seeger Rechtsanwalt, Vaduz
Dr. Reinhard Singer Professor an der Humboldt-Universität Berlin
Hartmut Strube Rechtsanwalt, Düsseldorf
Dr. Evgenij Suchanov Professor an der Lomonossov-Universität Moskau
Evelin Pärn-Lee
Dr. Ünal Tekinalp
Vandeadvokaat, Tallinn
em. Professor an der Universität Istanbul
Dr. Alexander Pallas
Dr. Martin Tonner
Rechtsanwalt, Bremen
Richter am Landgericht Hamburg
Dr. Rüdiger Philipowski
Dr. Matjaž Tratnik
Rechtsanwalt u. Steuerberater in Alfter (Bonn) Professor an der Universität Würzburg
Professor an der Universität Maribor
Dr. Heinz Vallender Dr. Thomas von Plehwe Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe
Richter am Amtsgericht Honorarprofessor an der Universität Köln
XII
Verzeichnis der Bearbeiter
Tina de Vries
Dr. Peter von Wilmowsky
wiss. Referentin am Institut für Ostrecht u. Rechtsanwältin, München
Professor an der Universität Frankfurt/M.
Dr. Leif Zänker Dr. Rolf H. Weber Professor an der Universität Zürich
Dr. Marcus Willamowski Rechtsanwalt, Hamburg
Rechtsanwalt, Bremen
Inhaltsübersicht
XIII
Inhaltsübersicht
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Verzeichnis der Bearbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Allgemeine Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII
Kapitel I Bankvertragliche Grundlagen A. Grundlagen der Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde § 1 Grundlagen (Begriff, Geschichte, Rechtsquellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 – Peter Bülow § 2 Geschäftsbeziehung und Bankvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 – Franz Häuser § 3 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB-Banken/AGB-Sparkassen) . . . 41 – Matthias Casper B. Besondere Verhaltenspflichten § 4 Auskunfts- und Beratungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Martin Tonner § 5 Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Walter Rudolf/Katja Kötterheinrich § 6 Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Michael Beckhusen § 7 Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Stefan Frisch
113 141 153 179
C. Bankvertragliche Distanzgeschäfte § 8 Fernabsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 – Wolfhard Kohte D. Elektronischer Geschäftsverkehr § 9 Electronic Banking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 – Georg Borges
Kapitel II Kredit und Kreditsicherheiten A. Kreditformen § 10 Darlehensvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Peter Derleder § 11 Zinsrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Kai-Oliver Knops § 12 Zinsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Heinrich Bockholt § 13 Vergütungen und Entgeltklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Alexander Pallas/Kai-Oliver Knops
327 367 377 395
XIV
Inhaltsübersicht
§ 14 Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Kai-Oliver Knops § 15 Verbraucherdarlehensvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Udo Reifner § 16 Immobiliarkredit und kreditfinanzierte Fondsbeteiligungen . . . . . . . . . . . – Peter Derleder § 17 Bauspardarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Rolf Kronenburg § 18 Sanierungskredit und Überbrückungsdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Kai-Oliver Knops § 19 Dispositionskredit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Thomas von Plehwe § 20 Teilzahlungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Heiner Beckmann/Ilka Beckmann § 21 Finanzierungsleasing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Peter Mankowski/Oliver Knöfel § 22 Mezzanine und andere Finanzierungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Jochen Hoffmann B. Kreditsicherheiten § 23 Sicherungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Maike Otten § 24 Sicherungsgrundschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Florian Jacoby § 25 Bürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Kai-Oliver Knops § 26 Bürgschaft auf erstes Anfordern und Baubürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . – Richard Lindner § 27 Pfandrechte an beweglichen Sachen und an Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . – Annemarie Matusche-Beckmann § 28 Sicherungszession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Dietmar Schanbacher § 29 Factoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Klaus Bette § 30 Sicherungsübereignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Peter Derleder § 31 Sonstige Kreditsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Ulrich Kulke
417 453 543 573 601 621 639 653 683
721 751 779 831 857 887 909 935 957
C. Kreditabwicklung § 32 Nichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1015 – Markus Artz § 33 Umschuldung und Ersatzkreditnehmerstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1027 – Bernd Eckardt § 34 Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1041 – Gerhart R. Baum/Julius Reiter/Olaf Methner § 35 Kredit und Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1077 – Heinz Vallender D. Kreditrating § 36 Kreditrating . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1107 – Roland Bäumler
Inhaltsübersicht
XV
Kapitel III Konto und Zahlungsverkehr A. Konto § 37 Girogeschäft allgemein und Kontoeröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Reinhard Singer § 38 Kontokorrent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Ronald Kandelhard § 39 Sparkonto und Sparkassenbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Christof Harbeke § 40 Termingeldkonto (Fest- und Kündigungsgeld) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Lutz Batereau § 41 Treuhand- und Anderkonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Dirk Harders § 42 Gemeinschafts- und Sperrkonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Anja Hucke B. Zahlungsverkehr § 43 Überweisungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Jürgen Oechsler § 44 Gutschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Stephan Meder § 45 Lastschriftverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Hartmut Strube § 46 Scheckgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Hans-Peter Schwintowski § 47 Wechselgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Rudolf Fischer § 48 EC-Karte/Bankkarte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Rainer Metz § 49 Kreditkartengeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Uwe Blaurock
1123 1149 1171 1185 1203 1233
1243 1267 1285 1307 1333 1357 1381
Kapitel IV Kapitalmarkt und Auslandsgeschäfte A. Vermögensbetreuung § 50 Anlageberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Heinz Georg Bamberger § 51 Vermögensverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Peter Balzer § 52 Wertpapierhandelsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Stefan Frisch § 53 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Markus Lenenbach
1407 1475 1505 1585
B. Einzelne Geschäfte § 54 Finanztermingeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1617 – Hans-Friedrich Müller § 55 Außerbörsliche Finanztermingeschäfte (OTC-Derivate) . . . . . . . . . . . . . 1639 – Ulrike Klingner-Schmidt
XVI
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§ 56 Hedgefonds und ähnliche Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1661 – Leif Zänker § 57 Effektengeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1679 – Jens Ekkenga/Timo Bernau § 58 Emmisionsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1725 – Ralf Bartz § 59 Investmentgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1759 – Stefan Geibel § 60 Verwahrungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1809 – Peter Itzel C. Auslandsgeschäfte § 61 Fremdwährungs- und Devisengeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1833 – Marcus Willamowski § 62 Einzelne Auslandsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1853 – Robert Freitag D. Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz § 63 Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1887 – Fabian Reuschle
Kapitel V Öffentliches Bankrecht § 64 Zentralbanksystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1923 – Paul J. Glauben § 65 Bankenaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1933 – Lars Brocker § 66 Institutionelle Schlichtungsverfahren (Ombudsmannverfahren) . . . . . . . . 1953 – Eckart Brödermann § 67 Bankgeschäfte und Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2011 – Rüdiger Philipowski
Kapitel VI Bankarbeitsrecht § 68 Bankarbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2063 – Wolfgang Däubler
Kapitel VII Haftung und strafrechtliche Sanktionen § 69 Organhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2099 – Thomas M. J. Möllers § 70 Geldwäschegesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2121 – Michael Findeisen § 71 Kapitalanlagebetrug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2143 – Felix Herzog
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Kapitel VIII Europäisches Bankrecht mit Länderabschnitten § 72 Europäisches Bankvertragsrecht – Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Udo Reifner § 73 Bankrechtskoordinierung und -integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Heribert Hirte/Tobias Heinrich § 74 Länderübergreifende Bankgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Peter-Christian Müller-Graff § 75 Europäisches Kreditsicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Peter von Wilmowsky § 76 Europäisches Bankenaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Christoph Ohler § 77 Europarechtlicher Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Hans-W. Micklitz/Anja Böhnlein § 78 Länderteil 1. Belarus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Theis Klauberg/Anna Kozlova 2. Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Götz-Sebastian Hök 3. Bulgarien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Klaus Schrameyer 4. Dänemark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Sören Friis Hansen 5. Estland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Theis Klauberg/Evelin Pärn-Lee 6. Finnland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Mika Hemmo 7. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Jochen Bauerreis/Sybille Neumann 8. Griechenland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Nikolaos Lyberis 9. Großbritannien/Nordirland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Thorsten Schlüter 10. Irland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Eva O’Kelly 11. Island . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Halldór Eiríkur S. Jonhildarson 12. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Luca Di Nella 13. Kasachstan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Hans-Joachim Schramm/Zangar Nogaibay 14. Lettland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Theis Klauberg 15. Liechtenstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Norbert Seeger/Lars Heidbrink 16. Litauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Theis Klauberg/Frank Heemann 17. Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Hans-W. Micklitz/Anja Böhnlein
2163 2181 2201 2221 2243 2273
2289 2297 2337 2357 2369 2379 2389 2425 2441 2467 2499 2523 2547 2563 2571 2589 2597
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18. Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2631 – Ewoud H. Hondius/Wilco Oostwouder 19. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2639 – Peter Bydlinski 20. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2661 – Tina de Vries 21. Rumänien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2675 – Florin Ciutacu 22. Russland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2701 – Evgenij Suchanov 23. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2711 – Rolf H. Weber 24. Slowenien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2729 – Matjaž Tratnik 25. Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2749 – Pedro-José Bueso-Guillén 26. Tschechien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2783 – Antonín Kerner/Brigitta Henkel 27. Türkei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2797 – Ünal Tekinalp/Christian Rumpf 28. Ukraine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2823 – Hans-Joachim Schramm Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2835
Allgemeines Literaturverzeichnis
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Allgemeines Literaturverzeichnis Assmann, Heinz-Dieter Prospekthaftung als Haftung für die Verletzung kapitalmarktbezogener Informationspflichten nach deutschem und US-amerikanischem Recht, Köln, Berlin, Bonn, München 1985 Assmann, Heinz-Dieter/Pötzsch, Thorsten/Schneider, Uwe H. (Hrsg.) Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Kommentar, Köln 2005 Assmann, Heinz-Dieter/Schneider, Uwe H. (Hrsg.) Wertpapierhandelsgesetz Kommentar, 4. Aufl. Köln 2006 zitiert: Assmann/Schneider (-Bearbeiter) Assmann Heinz-Dieter/Schütze, Rolf A. (Hrsg.) Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl., München 1997/2001 zitiert: Assmann/Schütze (-Bearbeiter) Bamberger, Heinz-Georg/Roth, Herbert Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl. München 2008 zitiert: Bamberger/Roth (-Bearbeiter) Bankrecht und Bankpraxis Bankrecht und Bankpraxis, hrsg. v. Thorwald Hellner u. Stephan Steuer, Loseblattsammlung, Bd. I-IV, Köln 2008
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Soergel, Hans-Theodor (Begr.) Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Kommentar, hrsg. v. W. Siebert, 13. Aufl. Stuttgart 2000 ff. zitiert: Soergel (-Bearbeiter) Staudinger, Julius v. Bürgerliches Gesetzbuch Kommentar, hrsg. v. Herrmann Amann und Günther Beitzke, 13. Aufl. Berlin 1994 ff. zitiert: Staudinger (-Bearbeiter) Stein, Friedrich/Jonas, Martin Zivilprozessordnung Kommentar, 22. Aufl. Tübingen 2002 ff. zitiert: Stein/Jonas (-Bearbeiter) Steinmeyer, Roland/Häger, Michael Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Kommentar, 2. Aufl. Berlin, 2007 Streinz, Rudolf (Hrsg.) EUV/EGV-Kommentar, 3. Aufl. München 2002 zitiert: Streinz (-Bearbeiter) Stöber, Kurt Zwangsversteigerungsgesetz, 18. Aufl. München 2006 Thomas, Heinz/Putzo, Hans/Reichold, Klaus/Hüßtege, Rainer Zivilprozessordnung, 29. Aufl. München 2008 zitiert: Thomas/Putzo Uhlenbruck, Wilhelm Insolvenzordnung, 12. Aufl. München 2003 Ulmer, Peter/Brandner, Hans-Erich/Hensen, Horst Diether AGB-Recht Kommentar, 10. Aufl. Köln 2006 zitiert: Ulmer/Brandner/Hensen (-Bearbeiter) Vortmann, Jürgen Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, 7. Aufl. Köln 2002 Wassermann, Rudolf (Hrsg.) Alternativkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neuwied, Darmstadt 1979 ff. zitiert: AK-BGB (-Bearbeiter) Weber, Hansjörg Kreditsicherheiten, 7. Aufl. München 2002 Welter, Reinhard/Lang, Volker (Hrsg.) Handbuch der bankrechtlichen Informationspflichten, Köln 2004 Westermann, Harm Peter Sachenrecht, 11. Aufl. Heidelberg 2005 Westermann, Harm Peter/Gursky, Karl-Heinz,/Eickmann, Dieter Sachenrecht, 7. Aufl. 1998 zitiert: Westermann/Gursky Westphalen, Friedrich Graf v./Emmerich, Volker/v. Rottenburg, Franz Verbraucherkreditgesetz, 2. Aufl. Köln 1996 zitiert: Westphalen/Emmerich/Rottenburg (-Bearbeiter) Westphalen, Friedrich Graf v. (Hrsg.) Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Loseblattsammlung, München, Stand: Mai 2002 zitiert: Westphalen (-Bearbeiter) Wieling, Hans Josef Sachenrecht, 5. Aufl. Berlin, Heidelberg 2007 zitiert: Wieling, SachR Wieling, Hans Josef Sachenrecht Bd. I: Sachen, Besitz u. Rechte an beweglichen Sachen, 2. Aufl. Berlin, Heidelberg 2006 zitiert: Wieling, SachR I
XXVI
Allgemeines Literaturverzeichnis
Wilhelm, Jan Sachenrecht, 2. Aufl. Berlin 2002 Wilmowsky, Peter von Europäisches Kreditsicherungsrecht, Tübingen 1996 Wimmer, Klaus (Hrsg.) Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Aufl. Neuwied, Kriftel 2006 zitiert: Wimmer (-Bearbeiter) Wolf, Manfred/Horn, Norbert/Lindacher, Walter F. (Hrsg.) AGB-Gesetz Kommentar, 4. Aufl. München 1999 (Nachtrag 2000) zitiert: Wolf/Horn/Lindacher (-Bearbeiter) Zöller, Richard (Hrsg.) Zivilprozessordnung mit GVG und EG, 27. Aufl. Köln 2007 zitiert: Zöller (-Bearbeiter) Zöllner, Wolfgang Wertpapierrecht, 14. Aufl. München 1987
Abkürzungsverzeichnis
XXVII
Abkürzungsverzeichnis ABB ADSp AEWRB AIBD AJP AMR AnSVG BaFin BAKred BAWe BBankG BCCI BDSG BIZ BKR BMAS BMF BMWI BOEGA BOSS BSE-Abkommen BTX CESR CpD DAX DKV DRV DZWIR E.v.-Gutschrift EBLR ECU EGV ELV EMA ERA ErbbauVO ERI ESZB EuGVO EuGVÜ EURIBOR EuZW EVÜ EWS EZB EZL-Abkommen EZÜ-Abkommen
Allgemeine Bedingungen für Bausparverträge Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden Association of International Bond Dealers Aktuelle Juristische Praxis Anweisungen der Deutschen Bundesbank über Mindestreserven Anlegerschutzverbesserungsgesetz Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel Gesetz über die Deutsche Bundesbank Bank of Credit and Commerce International Bundesdatenschutzgesetz Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium für Arbeit und Soziales Bundesministerium für Finanzen Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Börsengeschäftsabwicklung Börsen-Order-Service-System Abkommen über das beleglose Scheckeinzugsverfahren Bildschirmtext The Committee of European Securities Regulators Conto pro Diverse Deutscher Aktienindex Deutscher Kassenverein AG Deutscher Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Eingang-vorbehalten-Gutschrift European Business Law Review European Currency Unit EG-Vertrag – Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Elektronisches Lastschriftverfahren European Master Agreement Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive Verordnung über das Erbbaurecht v. 15. Januar 1919 (RGBl. 72) Einheitliche Richtlinien für Inkassi Europäisches System der Zentralbanken Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Euro Interbank Offered Rate Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift) Europäische Zentralbank Abkommen über die Umwandlung beleghaft erteilter Lastschriftaufträge in Datensätze und deren Bearbeitung Abkommen über die Umwandlung beleghaft erteilter Überweisungsaufträge in Datensätze und deren Bearbeitung
XXVIII
FATF FESCO FFG FIBOR FIN-NET FRA FS GA GAA GATT GK-AktG GroMIKV GS I
Abkürzungsverzeichnis
Financial Action Task Force On Money Laundering Forum of European Commissions Finanzmarktförderungsgesetz Frankfurt Interbank Offered Rate Cross-border Out-of-Court Complaints Network for Financial Services Forward Rate Agreement Festschrift Generalanwalt, Generalanwältin Geldausgabeautomat General Agreement on Tarifs and Trade Großkommentar zum AktG Groß- und Millionenkreditverordnung Grundsatz I (Grundsatz über die Eigenmittel und die Liquidität der Kreditinstitute) GSB Gesetz über die Sicherung von Bauforderungen GS-Gutschrift Girosammeldepotgutschrift GwG Geldwäschegesetz GZS Gesellschaft für Zahlungssysteme HBCI Homebanking Computer Interface ICC International Chamber of Commerce InvG Investmentgesetz IOSCO International Organisation of Securities Commissions IRB Internal Rating Based ISDA International Swaps and Derivatives Association ISMA International Securities Market Association (Vereinigung der internationalen Rentenpapierhändler) ISP International Standby Practices IWF Internationaler Währungsfonds KMRK Kapitalmarktrechtskommentar KölnKommAktG Kölner Kommentar zum AktG KölnKommWpHG Kölner Kommentar zum WpHG KWG Gesetz über das Kreditwesen LSA Lastschriftabkommen LugÜ Luganer Übereinkommen LV Lebensversicherung LZB Landeszentralbank MaBV Makler- und Bauträgerverordnung MaRisk Mindestanforderungen an das Risikomanagement MR-VO Mindestreserveverordnung MTF Multilaterale Handelssysteme NASDAQ National Association of Securities Dealers Automated Quotation NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht NZI Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung OECD Organisation for Economic Cooperation and Development OGAW Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren OLGVertrÄndG Gesetz zur Änderung der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten v. 23.7.2002 (BGBl. I 2850) OrgKG Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität OTC over the counter PAngV Preisangabenverordnung PfandBG Pfandbriefgesetz PIN Personal identification number p.M. pro Monat
Abkürzungsverzeichnis
POS POZ PRIMA RBerG RechKredV Rev. dr. unif. Rpfleger RSA-Verfahren SBW SCHUFA SET SigG SigV SLIM TAEG TAN TDDSG TDG TRIMs TUG U-Schätze UNCITRAL UNCTAD UNIDROIT Unif. L. Rev. URDG VOFI VuR WiB WM WpHG WpÜG Xetra Z+T-V ZBB ZEuP ZfIR ZInsO ZIP
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Point of Sale Point of Sale ohne Zahlungsgarantie place of the relevant intermediary approach Rechtsberatungsgesetz Rechnungslegungsverordnung Revue de droit uniforme Der Deutsche Rechtspfleger Rivert-Shamir-Adlemann-Verfahren (Verschlüsselungsverfahren) Sonderbedingungen für Wertapiergeschäfte Schutzgemeinschaft für Allgemeine Kreditsicherung GmbH Secure Electronic Transaction Signaturgesetz Verordnung zur elektronischen Signatur Simpler Legislation for the Internal Market Taux Annuel Effectif Global Transaktionsnummer Teledienstedatenschutzgesetz Teledienstegesetz Trade Related Investment Measures Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz unverzinsliche Schatzanweisungen United Nations Commission on International Trade Law United Nations Commission on Trade and Development International Institute for the Unification of Private Law Uniform Law Review Uniform Rules for Demand Guarantees Rendite des vollständigen Finanzplans Verbraucher und Recht, Zeitschrift für Wirtschaft- und Verbraucherrecht Wirtschaftsrechtliche Beratung (Zeitschrift) Wertpapier-Mitteilungen Wertpapierhandelsgesetz Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Exchange electronic trading (elektronisches Handelssystem der Frankfurter Wertpapierbörse) Zins-und Tilgungsverrechnung Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
Für hier nicht aufgeführte Abkürzungen wird auf Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 6. Aufl. Berlin 2008, verwiesen.
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Kapitel I Bankvertragliche Grundlagen
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§ 1 Grundlagen (Begriff, Geschichte, Rechtsquellen)
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§ 1 Grundlagen (Begriff, Geschichte, Rechtsquellen)
Schrifttum Bachmann, Der Grundsatz der Gleichbehandlung im Kapitalmarktrecht, ZHR 170 (2006), 144; Bazinas, UN-Übereinkommen über Forderungsabtretungen, ZEuP 2002, 782; Bollweg/Kreuzer, Entwürfe einer UNIDROIT/ICAO-Konvention über Internationale Sicherungsrechte an beweglicher Ausrüstung und eines Protokolls über Luftfahrtausrüstung, ZIP 2000, 1361; Bülow, Harmonisierung des europäischen Binnenzahlungsverkehrs und des Weltzahlungsverkehrs, IStR 1993, 527; ders., Die UNCITRAL-Konvention über internationale Wechsel und Genfer Wechselabkommen, österr. Bankarchiv 1993, 591; Bülow/Artz, Verbraucherprivatrecht, 2. Aufl. 2008; Burgard, Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, WM 2006, 2065; Canaris, Verlängerter Eigentumsvorbehalt und Forderungseinzug durch Banken, NJW 1981, 249; ders., Befremdliches zum Barvorschusstheorie!, NJW 1981, 1347; Derleder, „Schrottimmobilien“–Aufarbeitung in Karlsruhe – Das Ende eines Schismas, NZM 2006, 449; Duwendag, Das Geld und seine Aufgabe, in: Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, 38. Aufl. 1988, S. 3; Geschwandtner/Bach, Bezeichnungsschutz für Sparkassen – quo vadis?, NJW 2007, 129; Ehrlicher, Geldtheorie, in: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft (HdWW), Band 3, 1981; Fleischer, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und das Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, BKR 2006, 398; Flume, Der verlängerte und erweiterte Eigentumsvorbehalt, NJW 1950, 841; Haltern, Geld und Recht, in: FS Reiner Schmidt 2006, S. 693; Hammen, Der Maßstab des Doppelten bei der Sittenwidrigkeit von Zinsvereinbarungen, ZBB 1991, 87; ders., Wandlungen des Geschäftsbesorgungsrechts von der Antike bis zur Gegenwart, in: FS Kümpel 2003, S. 205; Heiderhoff, Die Berücksichtigung des Art. 3 Klauselrichtlinie bei der AGB-Kontrolle, WM 2003, 509; Holtfrerich, Finanzplatz Frankfurt, 1999; Hopt, Funktion, Dogmatik und Reichweite der Aufklärungs-, Warn- und Beratungspflichten der Kreditinstitute, in: Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung (BrV), Band 3, 1993, S. 1; Joost, Die Verteilung des Risikos von Scheckfälschungen, ZHR 151 (1989) 237; Joswig, Die weite Zweckerklärung bei der Sicherungsgrundschuld, ZfIR 1998, 185; Kieninger, Nationale, europäische und weltweite Reformen des Mobiliarsicherungsrechts, WM 2005, 2305, 2353; Kiesgen, Ein Binnenmarkt für den Hypothekarkredit, 2004; Kind, Börsen- und Finanztermingeschäfte – zur Neuregelung des Rechts der Termingeschäfte in den §§ 37d ff. WpHG, 2004; Kümpel, Verbraucherschutz im Bank- und Kapitalmarktrecht, WM 2005, 1; Liebelt-Westphal, Die gesetzliche Deckungsgrenze bei der Gewährung von Sicherheiten, ZIP 1997, 230; Knops, Darlehensgewährung und Grundpfandrechtsbestellung, ZfIR 1998, 577; Merkt/Rossbach, Zur Einführung: Kapitalmarktrecht, JuS 2003, 217; Müller-Graff, Rechtliche Auswirkungen einer laufenden Geschäftsverbindung im amerikanischen und deutschen Recht, 1974, S. 217 ff.; Ohler, Die hoheitlichen Grundlagen der Geldordnung, JZ 2008, 317; M. Reinhardt, Die Umkehr der Beweislast aus verfassungsrechtlicher Sicht, NJW 1994, 93; Roth, Der allgemeine Bankvertrag, WM 2003, 480; F. A. Schäfer, Vermögensverwaltung nach der MiFID, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 27, 2007, S. 31; U. H. Schneider, Die einheitliche Regelung des internationalen Überweisungsverkehrs durch das UNCITRAL-Modellgesetz, in: Rechtsprobleme der Auslandsüberweisung, 1992, S. 491; Schneider/Assmann, Wertpapierhandelsgesetz, 4. Aufl. 2006; Schütz, Die UNCITRALKonvention über Internationale gezogene Wechsel und Internationale Eigenwechsel vom 9.12.1988, 1992; Serick, Befremdliches zur Barvorschusstheorie?, NJW 1981, 794; ders., Nochmals: Befremdliches zur Barvorschusstheorie, NJW 1981, 1715; Seuß, Alles über Geld, 1993; Seyfried, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) – Neuordnung der Wohlverhaltensregeln, WM 2006, 1375; Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749 und 1797; Staudinger, Ausstrahlungen der Verbraucherschutzrichtlinien in das nationale Prozessrecht, in: Entwicklungen im Verbraucherprivatrecht – Deutschland und Europa, Festgabe Symposion Bülow, 2007, S. 11; Teuber, Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID) – Auswirkungen auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung, BKR 2006, 429; Veil, Der Schutz des Anlegers durch Publizität und Haftung im europäischen und deutschen Kapitalmarktrecht, ZBB 2006, 162; ders., Anlageberatung im Zeitalter der MiFID, WM 2007, 1821; Zimmer/Cloppenburg, Haftung für falsche Informationen des Sekundärmarktes auch bei Kapitalanlagen des nicht geregelten Marktes?; ZHR 171 (2007), 519.
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen Inhaltsübersicht
A. Zum Begriff Bankrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I. Prüfstein Sonderprivatrecht. . . . . . . . . . . . . 2 II. Begriff der Bank und der Bankgeschäfte . . 5 III. Funktionaler Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1. Die Geldidee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2. Zum Geldbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3. Geld als Handlungsobjekt der Banken. 11 4. Märkte für Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 B. Rechtsquellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 I. Privatrechtliche Normen . . . . . . . . . . . . . . 15 1. Kredit und Kreditsicherheiten . . . . . . . 15 2. Zahlungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3. Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 4. Generalklausel: § 138 BGB . . . . . . . . . 21 5. Generalklausel: § 826 BGB . . . . . . . . 26 6. Generalklausel: § 307 BGB . . . . . . . . . 27
7. Wertpapierrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Kapitalmarkt-(Finanzmarkt-)recht. . . . II. Öffentliches Bankrecht . . . . . . . . . . . . . . . III. Europäisches, supranationales Bankrecht . 1. EGV und Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . 2. Konventionen und Modelle . . . . . . . . . C. Einige historische Aspekte und zukünftige Entwicklungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Von Babylon bis UNCITRAL. . . . . . . . . . II. Kodifikatorische Vorhaben . . . . . . . . . . . . 1. Einheitlicher europäischer Zahlungsverkehrsraum (SEPA) . . . . . . 2. MiFID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. REITs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Basel II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28 29 30 31 31 34 35 35 37 41 43 46 48
Stichwortverzeichnis Allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . 2, 27 Anlageberatung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14, 20, 43, 44 ATS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 BAFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5, 29, 38, 46 Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2, 5 Bankgeschäft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2, 6 Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12, 36, 46 Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15, 26, 27 Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 elektronisches Geld. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10, 41 ESZB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30, 33 Finanzdienstleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 31 Finanzierungsleasing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Finanzmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12, 14, 29, 32, 36 Finanzsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Finanztermingeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13, 44 FRUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12, 37 funktionaler Begriff des Bankrechts . . . . . . . . . . . . . 7 Geld. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 ff. Geldmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Geldsubstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9, 11 Geschäftsbesorgung . . . . . . . . . . . . . . . 18, 20, 29, 44 Hedge-Fonds. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 institutioneller Begriff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
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Investmentgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . 29, 30, 32, 43 IPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 a.E. Kredit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2, 12, 15 MTF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12, 43 Rating . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40, 48 revolvierende Globalsicherheit. . . . . . . . . . . . . . . . 24 „Schrottimmobilien“. . . . . . . . . . . . . . . 16, 20, 21, 31 Schuldversprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19, 28 SEPA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18, 37, 41 Sicherungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17, 27, 34 Sicherungszweckerklärung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Sonderprivatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Strukturelle Unterlegenheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Terminmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13, 29 Transparenz. . . . . . . . . . 13, 20, 26, 32, 36, 40, 43, 45 UNCITRAL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34, 35 Verbraucher. . . . . . . . . . . . . . . . . 2, 15, 22, 23, 32, 44 Verbraucherdarlehen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2, 15 Vertragsbruchslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Warenderivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14, 43 Wechsel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28, 34, 35 Wohlverhaltensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13, 44 Zahlungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7, 18, 41
A. Zum Begriff Bankrecht Was ist Bankrecht?
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I. Prüfstein Sonderprivatrecht. Die Frage mag auf die Suche nach den Rechtsnormen gehen, die anwendbar sind, wenn ein Rechtsverhältnis mit Bezug zu einer Bank zu klären ist; der sich anschließenden Frage, was unter einer Bank zu verstehen ist, wird sogleich nachzugehen sein (Rn. 5). Was gefunden werden könnte, sind Normen als Teil des objektiven Rechts, die allein und besonders für das zu klärende Rechtsverhältnis gelten, sodass ein Sonderrecht festzustellen wäre, das als Bankrecht im institutionell-personalen Sinne bezeichnet werden könnte. Ein solches Sonderrecht kann in der Tat für das öffentliche Bankrecht ausgemacht werden, nämlich in Gestalt von Währungsrecht und Aufsichtsrecht (unten §§ 64 und 65), verbunden mit ihren europäischen primär- und sekundärrechtlichen Bezügen (unten §§ 72, 73, 76 sowie Rn. 30). Problematisch ist dagegen, ob privates Bankrecht, verstanden als die Summe der privatrechtlichen Normen, die Rechtsverhält-
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§ 1 Grundlagen (Begriff, Geschichte, Rechtsquellen)
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nisse mit Bezug zu einer Bank regeln, ein Sonderprivatrecht darstellt. Naheliegender Anhaltspunkt für bankbezogene Rechtsverhältnisse ist der Begriff des Bankgeschäfts nach § 1 I KWG; solche Bankgeschäfte betreiben – an dieser Stelle einmal noch so bezeichnete – Banken, so dass daran zu denken wäre, Bankrecht als Sonderprivatrecht der von Banken betriebenen Geschäfte zu begreifen, während der Begriff der Bank dem öffentlichen Bankaufsichtsrecht zu entnehmen wäre. Aber bereits das klassische Bankgeschäft, nämlich das Kreditgeschäft in Gestalt des Gelddarlehens (§ 1 I Nr. 2 KWG), bestimmt sich nach privatrechtlichen Normen, die bar jedes sonderprivatrechtlichen Charakters sind, nämlich nach den Vorschriften über das Gelddarlehen nach §§ 488 ff. BGB, die für jeden Darlehensvertrag, sei eine Bank beteiligt oder nicht, auch unter Privatpersonen, vielleicht als Verwandten- oder Ehegattendarlehen, gelten. Auch das Verbraucherdarlehen, das gem. § 491 BGB einen Unternehmer als Darlehensgeber voraussetzt, ist nicht bankspezifisch, weil Unternehmer nach § 14 BGB jeder ist, der bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständig beruflichen Tätigkeit handelt und nicht notwendig eine Bank ist; gleichwohl stellt niemand in Zweifel, dass das Darlehensrecht zum privaten Bankrecht gehört. Die Bank als Kaufmann wird allerdings sonderprivatrechtlicher Normadressat, nämlich des Handelsrechts; aber die Suche gilt anderem, nämlich sonderprivatrechtlichem Bankrecht. Von Bankrecht ist auch nicht allein deshalb zu sprechen, weil ein Geschäft von einer Bank betrieben wird, etwa im Rahmen von Allfinanzkonzepten Versicherungsgeschäfte (Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 3) oder auch das Maklergeschäft für Immobilien. Auf der anderen Seite bezeichnet der privatrechtliche Begriff des Kredits auch Teilzahlungs- resp. Abzahlungsgeschäfte (unten § 20), die für sich allein nicht dem privaten Bankrecht zugehörig erscheinen. Bankgeschäft ist nach § 1 I Nr. 8 KWG wiederum die Übernahme von Bürgschaften, das Bürgschaftsrecht nach §§ 765 ff. BGB (unten § 20) ist auch durchaus Teil von Bankrecht, aber keineswegs ein Sonderprivatrecht, sondern potentiell allen zugänglich. Gleiches gilt beispielsweise für Wechsel- (unten § 47) und Scheckrecht (unten § 46). An Bankrecht mag man auch denken bei dem filigranen Bereich der bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnisse, die aufgrund fehlerhafter Anweisung entstehen, weil tatsächliche Grundlage fast immer eine Anweisung im Überweisungs- und anderem Zahlungsverkehr ist; doch dieser Bereich bleibt natürlich allgemeines Zivilrecht. Es gibt aber durchaus auch bankbezogenes Sonderprivatrecht, man denke an den Überweisungsvertrag nach § 676a BGB, den Zahlungsvertrag nach § 676d BGB und den Girovertrag nach § 676f BGB, welche ein Kreditinstitut als Vertragspartei voraussetzen. Wo über allgemein anwendbare privatrechtliche Normen von Bankrecht gesprochen wird, wie etwa beim Darlehensrecht, mag der Grund hierfür auch darin zu suchen sein, dass es gerade Banken sind, die kraft ihres Gewerbes am häufigsten die Adressaten solcher Normen sind und im Zuge dessen das dispositive Recht mit einem filigranen Netz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Interbankverträgen unterbaut haben. Dieser Unterbau ist bankspezifisch, macht das objektive Recht aber trotzdem nicht zu einem Sonderprivatrecht, weil dieser Begriff, so vielgestaltig er auch ist, an das Gesetz, aber nicht an privatautonome Modifikationen anknüpft. Betrachtet man also diejenigen Teile des objektiven Rechts, die als privates Bankrecht bezeichnet zu werden pflegen, erkennt man Rechtsmaterien, die dem allgemeinen Privatrecht angehören, also gerade keinen sonderprivatrechtlichen Charakter haben, und vereinzelt solche, die so zu apostrophieren sind. Andererseits gibt es Geschäfte, die auch Banken betreiben, ohne dass sich in deren rechtlichen Regelungen Bankrecht verwirklichen würde.
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Bankrecht als derjenige Teil des objektiven Privatrechts, der die Rechtsbeziehungen regelt, welche durch die von Banken in ihren typischen Bereichen getätigten Geschäfte ent-
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
stehen, also das institutionell-personal bestimmte Recht der Bankgeschäfte, ist demgemäß in seiner Gesamtheit ein nicht eindeutig abgrenzbarer Begriff, namentlich kein Sonderprivatrecht. Sonderprivatrechtlicher Natur sind nur vereinzelte Teile dessen, was als privates Bankrecht aufgefasst wird. Der große Teil der übrigen allgemein-privatrechtlichen Normen wird dadurch zu Bankrecht, dass Banken in prägender Weise Normadressaten sind, ohne andere Personen als Normadressaten auszuschließen. Bankrecht als Recht der Bankgeschäfte, also als rechtlicher Rahmen dessen, was typischerweise gerade Banken tun, ist mithin ein offener Bereich und die Diskussion darüber unergiebig, ob dieses oder jenes privatrechtliche Feld dazugehört oder nicht. 5
II. Begriff der Bank und der Bankgeschäfte. Der weithin fehlende Ausschlusscharakter privatrechtlicher und als dem Bankrecht zugehörig erachteter Normen kennzeichnet das objektive Recht. Ausschließlichkeit tritt dagegen ein, wenn die Frage zu beantworten ist, wer derartige Geschäfte gewerbsmäßig resp. kaufmännisch betreiben darf. Bankgeschäfte darf in dieser Weise bekanntlich nur betreiben, wer hierfür nach §§ 32 ff. KWG zugelassen ist (unten § 65). Aber die Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen ist als Verwaltungsakt öffentlich-rechtlicher Natur, die an den anzuwendenden privatrechtlichen Normen, etwa an denjenigen des Darlehensrechts, nichts ändert. Es bleibt also bei dem für das private Bankrecht ermittelten Befund.
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Der offene, an Bankgeschäften ausgerichtete Begriff des privaten Bankrechts erfährt jedoch noch eine weitergehende Öffnung, wenn man sich fragt, was unter Bankgeschäften verstanden werden soll. Der privatrechtliche Begriff des Bankgeschäfts dürfte sich nicht auf den aufsichtsrechtlichen nach § 1 I 1 KWG beschränken, sich vielmehr auch auf solche Geschäfte erstrecken, die Anlagen- und Abschlussvermittlung oder etwa das Kreditkartengeschäft betreffen. Demgemäß wären diejenigen Normen des objektiven privaten Rechts, die Finanzdienstleistungen oder auch die Geschäfte der Finanzunternehmen erfassen (unten Kap. IV), ebenfalls dem privaten Bankrecht zuzuordnen. Mit Bank wären demgemäß nicht nur die private Bank, Sparkasse oder Kreditgenossenschaft als Kreditinstitut (die drei Säulen des deutschen Bankwesens, Claussen, Bank- und Börsenrecht, 4. Aufl. 2008, § 2 Rn. 4, freilich ins Wanken geraten, unten Rn. 39), sondern auch das Finanzdienstleistungsunternehmen nach § 1 Ia KWG, Finanzunternehmen (§ 1 III KWG) und ähnliche Unternehmen für Zwecke des privaten Bankrechts zu bezeichnen. Hieraus wiederum folgen sonderprivatrechtliche Einzelmaterien innerhalb privaten Bankrechts, beispielsweise nach §§ 126, 127 InvG (Widerruf der Kauferklärung, Ansprüche wegen unrichtigen Verkaufsprospekts gegen Kapitalanlagegesellschaft) oder etwa nach der vormals geltenden (unten Rn. 44) Vorschrift von § 37d WpHG (Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen Informationspflicht). III. Funktionaler Begriff. 1. Die Geldidee. Das gemeinsame Ordnungsprinzip, das den Begriff des privaten Bankrechts als Teil des objektiven Rechts ausmacht und das sich weder am Bankgeschäft noch an der Bank als Normadressatin festmachen lässt, also durch einen institutionellen Bankrechtsbegriff nicht erschließbar ist, mag (mit Schwintowski/ Schäfer, § 1 Rn. 2) in der Funktion der betrachteten Normen zu erkennen sein. Das Gemeinsame liegt darin, dass der Kern des geregelten Gegenstands der Normen das Geld ist. Bankrecht verwirklicht danach die Idee des Geldes in den Funktionen, die diesem eigen sind und stellt die zur Sicherung und Durchführung dieser Idee erforderlichen Rechtsregelungen dar. Rechtsregeln sind notwendig zur Durchführung der Geldaufbewahrung und erfassen das Einlagengeschäft, zur Durchführung von Geldumlauf und Geldschöpfung in Gestalt von Krediten und deren Sicherung sowie des Zahlungsverkehrs, zur Durchführung der Geldanlage sowohl durch Einlagen wie durch das Betreten der Kapitalund Finanzmärkte, überlagert durch öffentliches Währungs- und Aufsichtsrecht.
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2. Zum Geldbegriff. Was ist Geld? In der Nationalökonomie gilt der Satz, „Geld ist, was gilt“, wobei sich sprachetymologisch Geld aus gelten ableitet und übrig bleibt: Geld ist, was Geld ist. Diese tautologische Befindlichkeit spiegelt die Schwierigkeit wider, das Selbstverständliche zu definieren. Ausgangspunkt ist die Entwicklung arbeitsteiliger Wirtschaften zu Tauschwirtschaften, in denen sich die Notwendigkeit von Tauschmitteln herausbildete, wofür sich namentlich Gold eignete. Der Wert des Goldes, sein Gewicht etwa in der Form einer Münze, entsprach dem Tauschwert. Geld definiert als Tauschmittel erlangt seine Anerkennung hiernach durch seinen Warenwert und dadurch von selbst seine Geltung. In realistischer, metallistischer Auffassung ist Geld Ware und diese Ware Bezugseinheit für die Tauschverhältnisse unter den angebotenen Gütern. Nach nominalistischer Auffassung bedarf es für die Etablierung als Bezugseinheit darüber hinaus einer Übereinkunft der Wirtschaftssubjekte, vor allem durch die Rechtsordnung (oder sogar mythologisch begründet, Haltern, FS Reiner Schmidt, S. 693, 715 ff.), welche proklamiert, was als Geld gilt. Aber auch nicht staatliche Konvention kann die Geltung begründen, etwa in Zeiten einer Hyperinflation Zigaretten (Duwendag, in: Obst/Hintner, S. 3) oder bei Münzengpässen Gasmarken, wie in Italien der vergangenen neunziger Jahre zu beobachten gewesen; der amerikanische Zukunftsforscher John Naisbitt prophezeit die Privatisierung der Währungen (Mind Set!, deutsche Ausgabe 2007). Wo statt des Tauschmittels selbst Schuldscheine emittiert werden, die den Anspruch auf Herausgabe des zuvor hinterlegten Tauschmittels verbriefen, bleibt es beim Warencharakter des als Geld verstandenen Tauschmittels. Die besondere Bedeutung von Geld als Mittel der Steuerung von Wirtschaftsabläufen entfaltet sich aber erst dadurch, dass der Warencharakter von Geld, also sein – zumindest auch – bestehender Gebrauchswert, durch seinen Tauschwert vollständig verdrängt wird, so dass Geld „der zum Selbstzweck gewordene Tauschwert“ dessen, was als Geld verwendet wird (in erster Linie: die Währung), ist (Simitis, AcP 159 – 1960 –, 404, 414). Nun stellt sich die nächste Frage, nämlich wie gerade Geld als seiner physischen Substanz entkleidetes Tauschmedium in der Lage sein kann, Wirtschaftsabläufe zu steuern. Es ist hierzu in der Lage, weil die Negation seiner Substanz (Simitis, a.a.O., S. 416) durch seine Funktionen aufgefüllt wird. Die Negation der Substanz findet ihren Sinn in der Zuweisung gewünschter Funktionen, mit denen Geld seine Aufgaben als Steuerungsmittel ausüben kann (Ohler, JZ 2008, 397 (318); es sind drei (Triade der Geldfunktionen, Duwendag, a.a.O., S. 3), nämlich die Funktionen als
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– Recheneinheit, – Zahlungsmittel, – Wertaufbewahrungsmittel. Diese Funktionen lassen Geld in unterschiedlichen Betrachtungsweisen erscheinen. Geld als Zahlungs- und als Wertaufbewahrungsmittel betrachtet eine konkrete Geldmenge, in welcher Substanz auch immer oder substanzlos etwa als Buchungsvorgang. Geld als Recheneinheit funktionalisiert Geld als Wertmesser, namentlich als Preis von Gütern, der in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen als Währungseinheit zum Ausdruck kommt (vgl. Seuß, Alles über Geld, S. 17). Er meint Geld im abstrakten oder institutionellen Sinn (Staudinger/K. Schmidt, 1997, vor §§ 244 ff. BGB Rn. A 15). Im gegenständlichen Sinn meint Geld diejenigen Gegenstände, die den verselbständigten Tauschwert verkörpern, also Münzen und Banknoten, anders gewendet das Sachgeld, wie es in zahlreichen zivilrechtlichen Vorschriften vorkommt: §§ 232, 235, 372, 698, 702, 935, 1006 BGB, 808, 815 ZPO (während § 270 BGB Geld im abstrakten Sinne, außerdem im konkret-funktionalen Sinn, gleich nachf., meint, K. Schmidt, a.a.O., Rn. A 16). Nicht Geld im gegenständlichen Sinn ist Buch- oder Giralgeld, das als Guthaben bei einem Kreditinstitut eine Forderung gegen dieses darstellt. Buchgeld ist aber auch und gerade geeignet, Geldfunk-
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tionen zu erfüllen und stellt eine genau bestimmte Geldmenge dar. Es kann neben anderen Medien als Geld im konkret-funktionellen Sinn bezeichnet werden (K. Schmidt, a.a.O., Rn. A 17) und wird in §§ 270, 1806, 2119 BGB miterfasst. Welche Medien es sind, die Geldfunktionen erfüllen und dadurch die Schlüsselfunktion bei der Steuerung von Wirtschaftsabläufen einnehmen (Ehrlicher, HdWW Bd. 3, S. 391), kann in monetaristischer Sicht auf diejenigen Vermögensobjekte beschränkt werden, die jederzeit Kaufbereitschaft sichern; hierzu zählen Geld im gegenständlichen Sinne und Buchgeld, nicht aber Geldsubstitute wie Schecks als Zahlungsanweisungen oder Wechsel als Zahlungsverpflichtungen und andere verbriefte Forderungen, auch nicht Kreditkarten, die auf eine Verrechnung hinführen (während ec-Karten zu Buchgeldbewegungen führen). In liquiditätstheoretischer Sicht werden demgegenüber Geldsubstitute als monetäre Forderungen ebenso wie Buchgeld in den Geldbegriff einbezogen, wenn und soweit sie Liquidität der Wirtschaftssubjekte herbeiführen und deshalb die Schlüsselfunktion bei der Steuerung von Wirtschaftsabläufen einnehmen können. Den Geldsubstituten liegt der institutionelle Geldbegriff zugrunde, durch den sie als Recheneinheit wirken können. 10
Zahlungsvorgänge können auch auf elektronischem Wege bewirkt werden, ohne dass eine Verbuchung auf den Konten von Zahlendem und Empfänger stattfände. Vielmehr wird die dem gegenständlichen Geld entsprechende Rechnungseinheit in Form digitaler Daten beim Zahlungswilligen gespeichert, und diese Daten werden auf den Empfänger übertragen, sei es durch die sog. GeldKarte oder durch das Internet. An dieser Datenübertragung ist ein Kreditinstitut nicht beteiligt. Die Kreditinstitute sind es jedoch, die ihren Kunden die Datensätze als elektronisches Geld (E-Geld, Netzgeld, Cyber-Geld, unten § 9) – gegen Belastung auf dem Girokonto – zur Verfügung stellen resp. das sog. Cyber-Cash-System unter Einschaltung einer Clearingstelle organisieren (Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 4.1111; Monatsbericht der Deutschen Bundesbank Dezember 2006, S. 93 (98); E-Geld-Richtlinie 2000/46/EG). Die Ausgabe und Verwendung von elektronischem Geld ist Bankgeschäft gem. § 1 Abs. 1 Nr. 11 KWG. Aber der Datenaustausch als Zahlungsvorgang findet ohne Beteiligung der Kreditinstitute statt, und er führt als solcher nicht zu einer Mehrung des Tauschmittelbestandes beim Empfänger. Elektronisches Geld stellt sich deshalb lediglich als Geldsubstitut dar.
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3. Geld als Handlungsobjekt der Banken. Ein funktionaler Begriff des Bankrechts, dessen Fundament die Geldidee ist (vorst. Rn. 7), meint Geld nicht nur im konkret-funktionellen oder gar nur im gegenständlichen Sinn – gerade Buchgeld ist ein wichtiger Bereich –, beschränkt sich nicht auf eine monetaristische Betrachtung und bleibt auch nicht bei der Liquiditätsbetrachtung stehen – auch Geldsubstitute, etwa Wechsel und Scheck oder das Kreditkartengeschäft sind wichtige Bereiche des Bankrechts –, sondern ein funktionaler Begriff erstreckt sich auf alles, was das Ziel hat, sogleich oder zu späterem Zeitpunkt Geldfunktionen zu erfüllen. Hierzu gehören deshalb beispielsweise viele Spielarten der Geldanlage, die etwa auch in liquiditätstheoretischer Sicht nicht mehr zum monetären, sondern zum realen Sektor gehören; plakativ benennt es die Zeitschrift „Der Spiegel“ im Bericht über die kommerzialisierte Anlage in bildende Kunst als „gemaltes Geld“ (Nr. 50/2006, S. 169: „art banking“; der erste geschlossene Kunstfonds wurde aufgelegt, Financial Times Deutschland vom 19.12.2006, S. 24). Daran zeigt sich zugleich, dass die Grenzen auch eines funktionalen Bankrechtsbegriffs fließend sind.
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4. Märkte für Geld. Privates Bankrecht als Summe der Rechtsnormen, welche die Geldidee verwirklichen, entfaltet sich dort, wo Bankgeschäfte geschlossen werden, also wo Anbieter und Nachfrager zusammentreffen und sich Preise für Leistungen bilden, die eine Bank erbringt oder entgegennimmt. Diese Märkte bilden zugleich Notwendigkeiten heraus, das Funktionieren der Märkte selbst und der dort zu schließenden Geschäfte rechtlich
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zu regeln, sodass der Blick auf die Märkte die Durchdringung des Rechtsgefüges fördert. Angebot und Nachfrage nach Geld treffen sich auf monetären Märkten, im weiteren Sinne hinsichtlich der Geldsubstitute und in Bezug auf alles, was Geldfunktionen einnehmen kann (vorst. Rn. 9), auf Finanzmärkten. In der Geldtheorie werden die monetären Märkte, in ihrer Gesamtheit als Kreditmarkt bezeichnet, in Teilmärkte unterteilt, nämlich den Geldmarkt, auf dem kurzfristige Geldanlagen und Kredite gehandelt werden, und den Kapitalmarkt für langfristige Geldanlagen und Kredite. Eine andere Unterteilung erkennt fünf Teilmärkte des monetären Marktes: den Geldmarkt als Ort des Zentralbankgeldes (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 1 BBankG), den Kapitalmarkt für längerfristige Wertpapiere, den Bankenkreditmarkt, den Bankeneinlagenmarkt, auf dem Banken als Nachfrager von Einlagen auftreten, und schließlich den Markt der Finanzintermediäre für Nicht-Kreditinstitute als Anbieter und Nachfrager. Diese Kategorisierungen dienen der Darstellung monetärer Probleme, führen die Darstellung rechtlicher Fragestellungen aber nur weiter in Bezug auf den Bankenkreditmarkt und den Bankeneinlagenmarkt, auch in Bezug auf den Markt des Zentralbankgeldes, welcher der Bundesbank und den Kreditinstituten vorbehalten ist. Hiervon abgesehen knüpft der Begriff „Kapitalmarkt“ an die Längerfristigkeit an, ohne dass es eine juristisch-sachliche Begründung gäbe, Geschäfte mit kurzfristigen Krediten dem Bankrecht zu entziehen, ganz zu schweigen von der Frage, wie die richtige Grenze zwischen Kurz-, Mittel- und Langfristigkeit zu ziehen ist. Der Begriff des Kapitalmarkts im rechtlichen Sinne erschließt sich vielmehr aus den Normen, die für bestimmte Märkte gelten. Den Kern des Kapitalmarktrechts bildet das Wertpapierhandelsgesetz zusammen mit dem – durch das FRUG (unten Rn. 37) neu gefassten – Börsengesetz als Organisationsrecht der Börsen sowie dem Depotgesetz und dem novellierten Investmentgesetz für seinen Bereich, das Wertpapierübernahmegesetz, Verkaufsprospektegesetz, Wertpapierprospektegesetz nebst Verordnungen. Ihr Ausgangspunkt sind Aktien und Schuldverschreibungen i.S.v. § 793 BGB als Anlagetitel (Kümpel, Rn. 8.126) und vergleichbare Wertpapiere i.S.v. § 2 Abs. 1 WpHG, die Grundlage des Wertpapiermarktes sind, der als Kapitalmarkt im engeren rechtlichen Sinne bezeichnet werden kann. Dieser ist Primärmarkt in der Folge einer Emission, z.B. von Pfandbriefen (vgl. §§ 4 ff. PfandbriefG), und Sekundärmarkt für den Handel mit bereits früher emittierten Wertpapieren. Die Sekundärmärkte weisen unterschiedliche Organisationsgrade auf und teilen sich in den Regulierten Markt als gesetzlichem Marktsegment (organisierte Märkte i.S.v. § 2 Abs. 5 WpHG) sowie den Freiverkehr (Open Market, § 48 BörsenG n.F.), die einerseits an Börsen stattfinden können und deren Organisation Gegenstand des Börsengesetzes ist und andererseits außerbörslich organisiert sein können, z.B. als Handelsplattformen von Banken. Diese können auch Primärmärkte sein und unterliegen Prospektierungspflichten nach dem WpPG. Elektronische Handelssysteme, die außerbörslich als alternative Handelssysteme (ATS, Alternative Trading Systems) oder börsenähnliche Einrichtungen organisiert sind (§§ 58 bis 60 BörsenG a.F.), gingen in den Multilateralen Handelssystemen (MTF) i.S.v. Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 der MiFID (unten Rn. 43) auf (§ 1 Abs. 1 Nr. 1b KWG/ §§ 2 Abs. 3 Nr. 8, 31f, 31g WpHG); den Eigenhandel außerhalb hiervon betreiben systematische Internalisierer i.S.v. §§ 2 Abs. 10, 32 ff. WpHG. Diese Kapitalmärkte als Wertpapiermärkte stehen den Kapitalmärkten gegenüber, auf denen nicht verbriefte Gesellschaftsanteile, z.B. Kommanditanteile an Publikumsgesellschaften, Anteile an geschlossenen Fonds und anderes gehandelt werden. Sie sind keine organisierten Märkte i.S.v. § 2 Abs. 5 WpHG; wenn sie Primärmärkte sind, werden Emittenten aber verkaufsprospektepflichtig, wobei die Bundesanstalt für Finanzaufsicht lediglich eine formelle Vollständigkeitsprüfung nach § 8g Abs. 1 VerkaufsprospekteG anstellt („BAFin-Siegel“, LG Hamburg WM 2007, 1738). Diese Märkte als Kapitalmärkte im weiteren Sinne stellen den sog. Grauen Kapitalmarkt dar. Fehlerhafte Prospektangaben können Schadensersatzansprüche
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der Kapitalanleger begründen (Zimmer/Coppenburg, ZHR 171 – 2007 –, 519) und zu Musterverfahren nach dem Kapitalmusterverfahrensgesetz (KapMuG) mit besonderem Gerichtsstand nach § 32b ZPO führen; dieser gilt nicht in Bezug auf den Grauen Kapitalmarkt (BGH NJW 2007, 1365 und OLG München NJW 2007, 163 gegen OLG Koblenz NJW 2006, 3723). 13
Nicht zum Kapitalmarkt werden die Terminmärkte gerechnet, bei denen es nicht um den Erwerb von Wertpapieren geht, sondern um Differenzgewinne aus Kursschwankungen resp. um den Schutz vor solchen (Hedging-Geschäfte, Kümpel, Rn. 8.143). Finanztermingeschäfte sind in § 37e Satz 2 WpHG (§ 2 Abs. 2a a.F.) definiert (Kind, Börsen- und Finanztermingeschäfte, S. 24) und begründeten früher besondere Verbraucherinformationspflichten nach § 37d WpHG (§ 13 BGB, Kümpel, WM 2005, 1 (6)), die allerdings anlässlich der MiFID-Umsetzung (unten Rn. 44) wegfielen. Die Termingeschäfte können börslich (Eurex in Frankfurt am Main) oder außerbörslich (Over the Counter, OTCGeschäfte) organisiert sein (Kümpel/Hammen/Ekkenga, Kapitalmarktrecht, 2003, 060/ Rn. 549). Nicht zum Kapitalmarkt werden auch die Geldmärkte gezählt, auf denen Kreditinstitute Zentralbankgeldbestände und Geldmarktpapiere (Schatzanweisungen) handeln, so dass Geldmarkt- und Finanzinstrumente (§ 2 Abs. 1a, Abs. 2b WpHG) entstehen und die Verhaltenspflichten nach §§ 31 ff. WpHG ausgelöst werden können. Nicht dem Kapitalmarkt werden auch Devisenmärkte zugerechnet, auf denen Fremdwährungsguthaben gehandelt werden, die an ausländischen Plätzen zahlbar sind (Schriften der Deutschen Bundesbank Nr. 7, Geldpolitische Aufgaben und Instrumente, 6. Aufl. 1993, S. 48). Auch hier können §§ 2 Abs. 1a, Abs. 2, 31 ff. WpHG anwendbar sein.
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Die geldbezogenen Märkte, die nicht den Kapitalmärkten zugerechnet zu werden pflegen, gehören wegen dieses Bezugs gleichermaßen zum Bereich des Bankrechts. Die EG-Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 2004/39 (MiFID, unten Rn. 32, 43) ist in ihrem Anwendungsbereich nicht auf Kapitalmärkte im herkömmlichen Sinn beschränkt, sondern erfasst auch Warenderivate, Anlageberatung und kann sich beispielsweise auf den Energiehandel erstrecken. Der rechtlich geregelte Rahmen ist deshalb statt mit Kapitalmarktrecht besser mit Finanzmarktrecht bezeichnet, wie dies auch europäischem und deutschem Gesetzgebungsvokabular entspricht (vgl. Rn. 43).
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B. Rechtsquellen I. Privatrechtliche Normen. 1. Kredit und Kreditsicherheiten. Objektives Privatrecht, das die Durchführung von Geldschöpfung und Geldumlauf erfasst, findet sich in Gestalt des Darlehensvertrags nach §§ 488 ff. BGB (unten § 9) mit Besonderheiten für Verbraucherdarlehen nach §§ 491 bis 498 BGB (unten § 15), das einen Verbraucher nach § 13 BGB resp. einen Existenzgründer nach § 507 BGB als Darlehensnehmer und einen Unternehmer nach § 14 BGB – also nicht notwendig ein Kreditinstitut, sondern z. B. auch einen Arbeitgeber, § 491 II Nr. 2 BGB – als Darlehensgeber voraussetzt. Verbraucherdarlehensrecht ist überlagert durch die allgemeinen verbraucherprivatrechtlichen Vorschriften über den Widerruf nach §§ 355 i.V.m. 495 BGB und über verbundene Geschäfte nebst Einwendungsdurchgriff nach §§ 358, 359 BGB für den Fall finanzierter Geschäfte (unten § 15). Teilzahlungsgeschäfte nach § 499 II BGB für sich allein als besondere Form der Stundung können zwar dem Bereich der Geldschöpfung zugerechnet werden, nämlich dem in der Stundung liegenden Kredit (so Art. 1 II lit. c Verbraucherkreditrichtlinie), aber ohne Beteiligung einer Bank (unten § 20). Die Finanzierung des Kaufpreises durch eine Bank, die zur Verbindung von Verbraucherdarlehensvertrag und Kaufvertrag nach § 358 III BGB führt, ist kein Fall eines Teilzahlungsgeschäfts nach § 499 II BGB, wo nur ein einziger Vertrag mit Stundungs-(Teilzahlungs-)abrede geschlossen wird (trotz des Ver-
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weises in § 501 auf §§ 358, 359 BGB, der gegenstandslos ist, zutr. MünchKommBGBHabersack, § 358 BGB Rn. 16). Eine Substitutionsform der Finanzierung durch Darlehen ist das Finanzierungsleasing, das wiederum im Verbraucherprivatrecht durch §§ 499 II, 500 BGB Erwähnung gefunden hat (unten § 21) und das die Beteiligung einer Bank nicht voraussetzt. Der Darlehensvertrag ist im Übrigen die rechtsgeschäftliche Grundlage für das Einlagengeschäft, wo die Bank Darlehensnehmer und ihr Kunde Darlehensgeber ist. Besondere Virulenz hatte das verbundene Geschäft – neben zahlreichen weiteren Problematiken verbraucherprivatrechtlicher Art – bei der Finanzierung von Kapitalanlagen, insbesondere von Immobilien, erlangt, wo Anleger im sogenannten Strukturvertrieb, d.h. auch: in Haustürsituationen, wenig werthaltige Immobilien erwarben, die als „Schrottimmobilien“ in den Sprachgebrauch eingingen. Die Prozesse der geprellten Anleger richteten sich – mangels Solvenz der Vertriebsunternehmen – gegen die finanzierenden Banken und gelangten in die Revisionszuständigkeit sowohl des II. Zivilsenats als Gesellschaftsrechtssenat wie des XI. Zivilsenats als Bankrechtssenat. Es entstanden Kontroversen zwischen den beiden Senaten, welche die juristische Fachwelt namentlich aufgrund einer Entscheidungsserie im Jahre 2004 in Atem hielt (BGH – II. ZS – NJW 2004, 2731, 2736, 2742, 3332 = BGHZ 280, 294; hierzu ausführlich Artz, in: Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rn. 371 bis 406); die Kontroversen galten u.a. namentlich einem Rückforderungsdurchgriff, der neben den Einwendungsdurchgriff nach § 359 BGB getreten wäre und die Anleger zur Liqudierung ihrer Schadensersatzansprüche bei der Bank berechtigt hätten. Die Kontroversen wurden im April 2006 beigelegt („Das Ende eines Schismas“, Derleder, NZM 2006, 449) und die alleinige Entscheidungskompetenz hierüber dem XI. Zivilsenat zugeführt, der seinerseits in einer Entscheidungsserie den endgültigen Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung festlegte und noch festlegen wird (BGH – XI. ZS – NJW 2006, 1952, 1955, 1957, 2099 sowie NJW 2007, 357, 361, 364). Danach findet ein Rückforderungsdurchgriff nicht statt (BGH NJW 2006, 1955 Rn. 28); anders als im Falle des Widerrufs nach § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB entsteht kein Abwicklungsverhältnis mit dem Darlehensgeber. Auch der EuGH wurde mit der Schrottimmobilienproblematik befasst, nicht nur mit der Heininger-Entscheidung (WM 2001, 2434, unten Rn. 31), nach welcher an der Haustür zustande gekommene Realkreditverträge widerruflich sind, sondern u.a. auch mit den Urteilen vom 25.10.2005 (Badenia, Crailsheimer Volksbank, WM 2005, 2079, 2086), bei denen es um die Folgen einer unterbliebenen haustürgeschäftlichen Widerrufsbelehrung ging. § 357 i.V.m. § 346 BGB enthält keine Regelung für den Fall, dass der Unternehmer keine Widerrufsbelehrung erteilt hatte und der Verbraucher aufgrund dessen Nachteile erleidet; die Schadensersatzregelung des § 346 Abs. 4 bezieht sich auf die Verletzung von Rückgewährspflichten, während die Widerrufsbelehrung in die Vertragsabschlussphase fällt. Jedoch bestimmt Art. 4 Satz 4 der Haustürgeschäfterichtlinie 85/577/EWG, dass die Mitgliedstaaten Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers bei unterbliebener Belehrung vorsehen. Daraus hat der EuGH die Folgerung gezogen, dass der Darlehensgeber als Unternehmer und nicht der Verbraucher die Risiken aus dem Geschäft trägt, das bei ordnungsgemäßer Belehrung widerrufen worden wäre. Der Unternehmer hat im Fall des Haustürgeschäfts (offen im Fall des Fernabsatzgeschäfts) die Rechtspflicht zur Belehrung, ihn trifft nicht nur eine Obliegenheit (BGH NJW 2007, 357 Rn. 41). Ein daraus abzuleitender Schadensersatzanspruch ist allerdings nicht nur verschuldensabhängig (§ 276 Abs. 1 BGB), sondern setzt auch Kausalität zwischen unterlassener Belehrung und Schaden voraus. Im Fall eines finanzierten Immobilienerwerbs ist der Immobilienkauf nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst (Art. 3 Abs. 2 lit. a), wohl aber der Darlehensvertrag. Meistens hat-
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ten Verbraucher jedoch zuerst das Immobiliengeschäft abgeschlossen und erst danach den Darlehensvertrag. Fehlt hier die Belehrung, ist dieser Mangel nicht kausal für Nachteile, die sich aus dem Immobilienerwerb ergeben (BGH NJW 2006, 2099 Rn. 38; 2007, 364; hierzu ausführlich und krit. Staudinger, in: Symposion Bülow, S. 11 (20)). Daran scheitert in solchen Fällen ein Schadensersatzanspruch. Ergänzende Hilfsgeschäfte zu den Kreditgeschäften sind die Sicherungsgeschäfte, die durch das Privatrecht umfänglich, aber doch nicht ausreichend erfasst sind. Gesetzlicher Typus einer Personalsicherheit ist die Bürgschaft nach §§ 765 bis 778 BGB (unten § 25; das Gesetz fasst die Bürgschaft als Sonderform des allgemeinen Garantievertrags auf, Motive II, S. 657/658, bei Mugdan S. 367). Realsicherheiten sind durch die Pfandrechte detailliert erfasst, nämlich als Grundpfandrechte, teils akzessorisch zur gesicherten Forderung mit der Hypothek (§§ 1113 bis 1190 BGB), teils nicht-akzessorisch mit Grundschuld (§§ 1191 bis 1198 BGB, unten § 24) und Rentenschuld (§§ 1199 bis 1203 BGB) und als akzessorisches Mobiliarpfandrecht an beweglichen Sachen (§§ 1204 bis 1259 BGB) oder an Rechten (§§ 1273 bis 1296 BGB), insbesondere an Forderungen (§§ 1279 bis 1290 BGB, unten § 27). Regelungsgegenstand ist das Verfügungsgeschäft. Dagegen wurde für die obligatorische Grundlage, den Sicherungsvertrag als causa (unten § 23), die Notwendigkeit einer Kodifikation im Gesetzgebungsverfahren verneint (Prot. II, S. 2553, bei Mugdan S. 1032). Während sich die Grundpfandrechte in der Praxis bewährten, machte das Faustpfandprinzip durch Übertragung des unmittelbaren Besitzes auf den Gläubiger nach § 1205 I 1 BGB die Kreditsicherungsform des Mobiliarpfandrechts für den Betriebsmittelkredit untauglich, bei der Forderungsverpfändung die Anzeigepflicht als Publizitätsmittel nach § 1280 BGB, so dass die Kautelarpraxis die Kreditsicherung durch Vollrechtsübertragung als – notwendigerweise nicht akzessorische – Sicherungen entwickelte (unten §§ 28 und 30). Rechte und Sachen werden treuhänderisch, nämlich an den Sicherungszweck gebunden und zu eigenem Nutzen des Kreditgebers als Sicherungsnehmer, durch Instrumentalisierung der Regelungen über Verfügungsgeschäfte nach §§ 929 ff. resp. 398 ff. BGB, übertragen, eine durch das Gesetz erkannte Sicherungsform, wie sie die Verjährungsvorschrift von § 216 II 1 BGB voraussetzt. Der Warenkredit kann durch den Eigentumsvorbehalt nach § 449 I BGB gesichert werden, überlagert durch eine Sicherungsabtretung als verlängerter Eigentumsvorbehalt oder durch eine Sicherungsübereignung als erweiterter Eigentumsvorbehalt (letzterer teilweise erfasst durch § 449 III BGB). Im Internationalen Privatrecht gilt die lex rei sitae nach Art. 43 I EGBGB. Allerdings bestimmt Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/35/EG zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, dass der wirksam begründete Eigentumsvorbehalt auch nach Grenzüberschreitung innerhalb des Binnenmarktes bestehen bleibt. Dem entspricht die Regelung des Art. 43 III EGBGB, wonach sachenrechtliche Vorgänge, die vor der Grenzüberschreitung stattfanden, zu berücksichtigen sind, also z.B. ein dort begründeter Eigentumsvorbehalt. Dagegen verwandelt sich ein USamerikanisches besitzloses Pfandrecht in Sicherungseigentum aufgrund Verbringung nach Deutschland (OLG Karlsruhe WM 2003, 384). Die Situs-Regel gilt auch und gerade für Grundpfandrechte. Aber Überlegungen zur Schaffung eines einheitlichen Grundpfandrechts in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten werden angestellt, welches die bestehenden nationalen Modelle nicht ablösen, sondern als zusätzlicher Typus für den grenzüberschreitenden Kreditsicherungsverkehr in die nationalen Sachenrechte aufgenommen werden und nicht akzessorisch sein soll; insoweit ist die hierfür verwendete Bezeichnung „Eurohypothek“ nicht ganz präzise (zu den dogmatischen Schwierigkeiten im Hinblick auf Abstraktions-, Kausal- oder Konsensprinzip in den europäischen Rechtsordnungen Kiesgen, Hypothekarkredit, S. 223 ff.).
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2. Zahlungsverkehr. Privatrechtliche Grundlage des Zahlungsverkehrs ist der Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 I BGB, der als Girovertrag seine sonderprivatrechtliche Ausprägung durch § 676f BGB und den Überweisungsvertrag nach §§ 676a bis 676c BGB gefunden hat (unten § 37). Weit über diese Regelungen hinausgehend ist der Geschäftsbesorgungsvertrag rechtsgeschäftliche Grundlage der meisten Finanzdienstleistungen (Hammen, S. 205) wie etwa in Gestalt des Scheckvertrags (vgl. Art. 3 ScheckG) oder im Wechselinkasso (während dem Diskontgeschäft entweder ein Darlehensvertrag – bei Rückbelastungsrecht – oder ein Kaufvertrag – ohne ein solches – zu Grunde liegt, Bülow, WG, ScheckG, AGB, Art. 11 WG Rn. 25; die gleiche Unterscheidung gilt für die Abgrenzung von echtem und unechtem Factoring, BGHZ 82, 50 (61); Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1676 ff., unten § 29) oder auch der Effektenkommission, die in Gestalt von §§ 383 ff. HGB sonderprivatrechtlich geprägt ist (BGH NJW-RR 2002, 1344, vgl. auch unten Rn. 44 a.E.) und ihrerseits eine Sonderform der Geschäftsbesorgung darstellt. Dieser Vertrag und der Girovertrag sind zugleich Dienstverträge nach §§ 611 ff. BGB, die anderen dürften als Werkverträge nach §§ 631 ff. BGB einzuordnen sein (für Scheckvertrag Canaris, Rn. 681; Bülow, Art. 3 ScheckG Rn. 3; OLG Schleswig BB 1990, 736). Auch Interbankverträge sind häufig Geschäftsbesorgungsverträge wie z. B. der Zahlungsvertrag nach § 676d BGB oder etwa der Abrechnungsvertrag im Zuge der Skontration (vgl. §§ 19 Nr. 4 i.V.m. 3 BBankG, Art. 31 ScheckG, 38 II WG).
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Namentlich Kartensysteme funktionieren durch Nutzbarmachung eines klassischen privatrechtlichen Instruments, nämlich des abstrakten Schuldversprechens nach § 780 BGB (unten §§ 48, 49).
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3. Information. Die Problematik der Aufklärungs-, Auskunfts- und Beratungspflichten als Haupt- oder Nebenpflichten von Geschäftsbesorgungs- und anderen Verträgen oder auch aufgrund Bestehens einer Geschäftsverbindung (Müller-Graff, S. 217 ff.) ist im Bankvertragsrecht virulent (Hopt, Schriftenreihe BrV Bd. 3, S. 1, unten § 4; zum deliktsrechtlichen Aspekt unten Rn. 26), in besonderer Ausprägung durch die Informationspflichten von Kreditinstituten nach § 675a BGB, Art. 239 EGBGB und § 12 der BGB-InformationsVO (s. nur Lang/Rösler, in: Welter/Lang, Handbuch der Informationspflichten im Bankverkehr, 2005, Kap. 12). Banken und Vermögensverwalter müssen beispielsweise bei der Vermittlung von Finanzprodukten ihre Kunden über Provisionen aufklären, die vom Betreiber des vermittelten Produkts an die Bank zurückfließen (sog. Kickbacks, BGH WM 2007, 487 mit Rezension Brocker, BKR 2007, 365; OLG München ZIP 2008, 66; Rößler, NJW 2008, 554 sowie M. und S. d’Oleire, WM 2007, 2129). In der dogmatischen Kontroverse um den Standort solcher Pflichten – jenseits von Art. 26 MiFID-DVO 2006/73/EG/§ 31d WpHG (unten Rn. 43) – in einem allgemeinen Bankvertrag (bejahend Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1; verneinend Canaris, Rn 2, näher unten § 2) als Rahmenvertrag hat sich der BGH dem ablehnenden Lager angeschlossen (BGHZ 152, 114 = WM 2002, 2281; Roth, WM 2003, 480). Eine besondere Variante der Haftung für die Verletzung von Aufklärungspflichten einer Bank hat die Schrottimmobilienproblematik (vorst. Rn. 16) hervorgebracht. Nur ausnahmsweise ist die finanzierende Bank zur Aufklärung über besondere Risiken des finanzierten Objekts verpflichtet, u.a. dann, wenn sie hierüber einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Anleger als Darlehensnehmer hat. Die objektive Beweislast trägt nach der Normentheorie der Anleger, der Schadensersatz wegen Pflichtverletzung begehrt. Handelt die Bank jedoch in institutionellem Zusammenwirken mit dem Vertreiber oder Vermittler des finanzierten Objekts, wird dem Anleger die Beweisführung erleichtert. Täuscht nämlich der Vertreiber des Objekts den Anleger arglistig, ist außerdem die Unrichtigkeit seiner Angaben evident und veranlasst er die Finanzierung durch die Bank, wird das Wissen der Bank von der arglistigen
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Täuschung widerleglich vermutet. Der Anleger hat nur noch – vorbehaltlich des Gegenbeweises durch die Bank – diejenigen Tatsachen zu beweisen, welche die Vermutung begründen (BGH NJW 2006, 2099; 2007, 357 und 361; WM 2008, 1121). Es handelt sich um eine Umkehr der konkreten Beweisführungslast (subjektiven Beweislast). Die Tatbestandsvoraussetzungen markieren typische Geschehensabläufe, welche trotz des verfassungsrechtlichen Gewichts, das die Beweislast hat (Reinhardt, NJW 1994, 93), die widerlegliche Vermutung rechtfertigen. 21
4. Generalklausel: § 138 BGB. Große Bedeutung gerade auch für das private Bankrecht haben die Generalklauseln von §§ 138 und 307 BGB, auch § 134 BGB (z.B. wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz/Rechtsdienstleistungsgesetz, BGH NJW 1996, 1954, wiederum auch in Zusammenhang mit der Schrottimmobilienfrage, vorst. Rn. 16, bezüglich Geschäftsbesorgungsverträgen und Vollmachten, z.B. BGH NJW 2005, 786), gegen standesrechtliche Verschwiegenheitspflicht im Hinblick auf § 402 BGB (BGH NJW 1996, 795; BGHZ 122, 115), gewonnen; bereits der Wuchertatbestand nach § 138 II BGB lässt an ein Wucherdarlehen denken. Die Anwendung von § 138 BGB im privaten Bankrecht betrifft in der Tat das ausbeuterische Darlehen nach § 138 I BGB (den sittenwidrigen Konsumentenkredit, unten § 32), die sittenwidrige Bürgschaft (unten § 25) und die sittenwidrige Sicherungsübertragung (unten § 28).
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a) Verbraucher, Konsument, nahestehender Bürge. Die beiden erstgenannten Anwendungsfelder von § 138 setzen einen privaten Kontrahenten der Bank voraus, der sich auf ausbeuterische Vertragsbedingungen nur aufgrund seiner wirtschaftlich schwächeren Lage, Rechtsunkundigkeit und Geschäftsungewandtheit resp. aufgrund emotional bestimmter Handlungsnot eingelassen hatte. Dieser Kontrahent unterscheidet sich grundlegend von der Rechtsfigur des Verbrauchers nach § 13 BGB, die rollenbezogen und situativ bestimmt ist; der Verbraucher kann dem Unternehmer sozial und intellektuell durchaus überlegen sein (Bülow/Artz, Verbraucherprivatrecht, 1. Teil 1. Abschn. A.; zur Rechtsfigur des Kleinanlegers unten Rn. 44). Das wucherähnliche Darlehen (unten § 32) setzt als objektive Voraussetzung am Maßstab des Doppelten an (Hammen, ZBB 1991, 87), also einer relativen Überschreitung des Vertragszinses gegenüber dem Marktzins von 100 %, in Hochzinsphasen auch einer absoluten Überschreitung von 12 % (BGHZ 110, 336; 128, 255); der Sittenverstoß folgt aus einer Gesamtwürdigung. Hieraus hat die Rechtsprechung eines filigranes Rechtsgebäude errichtet, das wiederum Ausgangspunkt für die Mobilisierung einer anderen Generalklausel war, nämlich in Gestalt von § 826 BGB als zusätzlicher vollstreckungsrechtlicher Rechtsbehelf gegen Vollstreckungsbescheide über wucherähnliche und nichtige Darlehen (BGHZ 101, 380; im Übrigen unten Rn. 26).
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Privates Bankrecht ist Anlass grundlegender Methodenfragen gewesen, nämlich der verfassungskonformen Auslegung privatrechtlicher Generalklauseln, namentlich § 138 BGB, in Gestalt finanziell krass überforderter Bürgen, die sich für die Schuld einer nahestehenden Person einzustehen verpflichtet hatten (unten § 25). Die aufgrund der emotionalen Bindung ausgelöste so apostrophierte strukturelle Unterlegenheit (BVerfG 89, 214) ist in die Auslegung des Begriffs der guten Sitten einzubeziehen und hat erneut zu einem filigranen Rechtsgebäude geführt, das freilich seine Statik erst im Laufe der Zeit erlangte, weil zwei für Bürgschaftssachen zuständige Senate des BGH unterschiedliche Baupläne entwickelt hatten (im Einzelnen Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 868 ff.); dies ist bis auf Einzelheiten (§ 25) im Wesentlichen überwunden (BGHZ 146, 37). Gegen Alturteile der Zivilgerichtsbarkeit ist die Vollstreckungsabwehrklage nach §§ 767 ZPO, 79 Abs. 2 Satz 3 BVerfGG statthaft (BverfG WM 2006, 23 gegen BGHZ 151, 316), im Übrigen nach Lage des Einzelfalls wiederum der Rechtsbehelf nach § 826 BGB (vorst.
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Rn. 14 a.E.). Die Person des Bürgen, der aufgrund emotionaler Verbundenheit zum Hauptschuldner ruinöse Verpflichtungen eingeht, ist wiederum nicht konform mit der Person des Verbrauchers nach § 13 BGB. b) Sittenwidriges Verfügungsgeschäft. Die guten Sitten und das Kreditsicherungsrecht weisen eine dogmatische Besonderheit dadurch auf, dass Bezugsort der Gesamtwürdigung nicht nur das obligatorische Geschäft ist, sondern gerade auch das Verfügungsgeschäft, mit dem die Vollrechtsübertragung auf den Sicherungsnehmer, die Bank, vollzogen wird und durch welches sich der missbilligte Erfolg erst verwirklicht (BGH WM 1962, 818). Deshalb lässt der Sittenverstoß die dingliche Rechtslage unverändert und löst nicht nur Ansprüche aus Leistungskondiktion aus. Im wichtigsten Anwendungsfeld, nämlich der durch Vollrechtsübertragung eintretenden Übersicherung (hierzu und zu den weiteren Fallgruppen exemplarisch, ja lehrbuchhaft BGH NJW 1995, 1668), soweit sie nachträglich in Gestalt revolvierender Globalsicherheiten ausgelöst wird, ist dem Großen Zivilsenat freilich ein grandioses Lösungskonzept gelungen, das ohne Bemühung von Sittenverstößen auskommt, vielmehr vertragsimmanente Grundlagen des wirksamen Sicherungsgeschäfts entfaltet. Sie liegen im Freigabeanspruch, für den eine andere allgemeine Norm, nämlich die bis dahin eher ein Schattendasein führende Vorschrift von § 237 BGB (sie führte Liebelt-Westphal, ZIP 1997, 230, ans Licht), instrumentalisiert wurde (BGHZ 137, 212).
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Auf anderem kreditsicherungsrechtlichem Feld haben die guten Sitten spektakulär zur Konfliktlösung geführt, nämlich in Gestalt der Vertragsbruchslehre. Die Sicherungskollision durch Abtretung ein und derselben Forderung an die Bank als Globalzessionarin und an den Lieferanten im verlängerten Eigentumsvorbehalt (oben Rn. 17 a.E.) begründen an sich den Vorrang der Bank, weil die Globalzession in aller Regel zeitliche Priorität hat, aber, so sieht es der BGH (im Anschluss an Flume, NJW 1950, 841, BGHZ 30, 149, zuletzt bestätigt in WM 1999, 126), die Bank verleitet ihren Kunden, der zugleich Händler ist, zum Vertragsbruch gegenüber dem Lieferanten, dem der Händler die Abtretung der Forderung aus dem Weiterkauf der gelieferten Ware versprochen hatte, obwohl er die Forderung gar nicht mehr hat. Darin liege der Sittenverstoß, so dass die Globalabtretung nichtig ist und der Abtretung an den Lieferanten zur Wirkung verhilft. Noch spektakulärer ist die Anwendung der Vertragsbruchslehre auf die Globalzession, die in Vollzug eines Factoringgeschäfts an den Factor gerichtet ist und gleichfalls Priorität gegenüber der Abtretung im verlängerten Eigentumsvorbehalt hat. Aber ob der an den Factor-Kunden und Händler für die abgetretene Forderung gezahlte Barvorschuss den Sittenverstoß aufzuheben geeignet ist, ob die Vertragsbruchslehre also der Barvorschusslehre weicht, hat zu erbitterten Argumentationsschlachten geführt (einerseits Canaris, NJW 1981, 249 und 1347, andererseits Serick, NJW 1981, 794 und 1715). Der BGH hat sich der Ansicht angeschlossen, dass nach der Art des Factoringgeschäfts (echtes oder unechtes, vorst. Rn. 10) zur differenzieren sei und dort den Sittenverstoß verneint, hier die Vertragsbruchslehre angewandt (BGHZ 82, 50).
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5. Generalklausel: § 826 BGB. Schadensausgleich aufgrund sittenwidrigen Kredit- oder Kreditsicherungshandelns kann § 826 BGB bieten (vgl. bereits oben Rn. 22). Auch im Kapitalmarktrecht (unten Rn. 29) ist die Vorschrift mobilisierbar, nämlich im Falle gebotener, aber unterlassener oder falscher Informationen auf dem Sekundärmarkt (§ 15 WpHG, Ad-hoc-Publizität) bezüglich Insidersachverhalten, soweit Schadensersatzansprüche nicht bereits durch §§ 37b, 37c WpHG (Haftung des Emittenten für falsche und unterlassene Kapitalmarktinformationen) erfasst sind (BGHZ 160, 134 und 149 = NJW 2004, 2664 und 2971 -Infomatec-; BB 2005, 1644 -EM.TV- mit Rezensionen Teichmann, JuS 2006, 953, und Hutter/Stürwald NJW, 2005, 2428; Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171
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– 2007 –, 519). Im gegebenen Falle kann der Schadensersatzanspruch des Anlegers auch auf § 400 AktG (Strafbarkeit bestimmter unrichtiger Darstellungen) oder § 32 KWG (Erlaubnis für Finanzdienstleistungen, BGH WM 2006, 1898) i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB (differenzierend bei §§ 31 ff. WpHG, unten Rn. 44, BGH NJW 2008, 1734; F. A. Schäfer WM 2007, 1872) zu stützen sein, wobei dem Anleger der Beweis für die Kausalität zwischen unterbliebener oder falscher Information und seiner Kaufentscheidung obliegt (BGH NJW 2008, 76, und NZG 2007, 711 – Comroad IV & V; WM 2008, 395, 398, 790 – Comroad VI, VII, VIII). Dagegen verneinte der BGH eine allgemeine Aufklärungspflicht des Wertpapierdienstleisters über die Risiken einer Anlage, auch bei kreditfinanziertem Erwerb durch den Anleger (BGHZ 142, 345; BGH WM 2004, 24 mit Komm. Koller, EwiR § 31 WpHG 2/04, 95, und krit. Rezension Schwintowski/Nicodem, VuR 2004, 314; im Übrigen oben Rn. 20), so dass insoweit auch eine vertragliche Haftung ausschied; solche Sachverhalte werden unter dem Regime der MiFID (unten Rn. 43) neu zu bewerten sein. Der Plan für ein Kapitalinformationshaftungsgesetz, das den Kausalitätsbeweis entbehrlich gemacht und die Haftung nicht nur des Emittenten, sondern auch verantwortlicher Organmitglieder der Aktiengesellschaft bereits bei Fahrlässigkeit begründet hätte, wurde nicht weiter verfolgt. 27
6. Generalklausel: § 307 BGB. Kaum ein Bankvertrag kommt ohne Allgemeine Geschäftsbedingungen (unten § 3) aus. Die ubiquitäre Anwendung von Grund-AGB, Sonderbedingungen und Formularen der Banken hat das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wesentlich mitgeprägt, man denke nur an den jetzt durch § 307 I 2 BGB kodifizierten Transparenzgrundsatz, der anhand der nachschüssigen Tilgungsverrechnung entsprechend damaligem § 20 II HypBG von der Rechtsprechung entwickelt worden war (BGHZ 112, 115, jetzt Art. 5 der Klauselrichtlinie, nachf. Rn. 31 und EuGH NJW 2001, 2244 sowie Heiderhoff, WM 2003, 509). Das Schicksal der Unwirksamkeit wegen unangemessener Benachteiligung i.S.v. § 307 II Nr. 2 BGB hatte sogar AGB der Deutschen Bundesbank getroffen (Scheckinkasso, Abschn. I Nr. 13, II Nr. 37, III Nr. 6 AGBBundesbank a.F., BGH WM 1988, 246). Die geltenden Grund-AGB der Kreditinstitute sind von dem redlichen Bemühen geprägt, der Inhaltskontrolle standzuhalten. Es zeitigt an anderer Stelle bisweilen nicht den erhofften Erfolg: Man denke an die Verankerung der sog. Sphärenhaftung beim Scheckeinzug nach Nr. 3 III Scheckbedingungen, die den Bedenken des BGH (BGHZ 135,116; Joost, ZHR 151 (1989) 237 (250 f.)) nicht standhalten dürfte; man denke an die Problematik weiter Sicherungszweckerklärungen: Ein Interzessionar bestellt eine Grundschuld oder bürgt aus Anlass einer bestimmten Verbindlichkeit des Hauptschuldners, das Formular erstreckt die Haftung des Sicherungsgebers aber auf sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Verbindlichkeiten aus der Geschäftsverbindung unter Gläubiger und Hauptschuldner. Solche Klauseln werden, je nach Adressatenkreis, als überraschend nach § 305c I BGB (BGH NJW 2000, 1779; BGHZ 106, 19) und, für den Fall von Bürgschaften, nicht aber für den Fall von Zweckerklärungen für Grundschulden (BGH NJW 2002, 2633; a. A. Knops, ZfIR 1998, 577 (582 f.)), als treuwidrig nach §§ 307 II Nr. 1 i.V.m. 767 I 3 BGB angesehen (BGHZ 130, 19); zu denken ist auch an die Einbeziehung situativer Umstände zur Beurteilung der unangemessenen Benachteilung nach weiterer Maßgabe von § 310 III Nr. 3 BGB (Joswig, ZfIR 1998, 185).
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7. Wertpapierrecht. Soweit Geldumlauf und Geldschöpfung durch das Instrument des Wertpapiers ins Werk gesetzt werden, bilden vor allem Scheckgesetz und Wechselgesetz den Sitz der Materie (unten §§ 46, 47); die Brücke zur Geldaufbewahrung in Bezug auf Wertpapiere bildet das Depotgesetz mit seinen sachenrechtlichen Besonderheiten. Die wertpapierrechtliche Grundlage über die verbriefte Anweisung, die Wechsel und Scheck
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als Sonderformen darstellen, liegt in §§ 783 ff. BGB sowie § 363 HGB, Grundtypus eines Inhaberpapiers ist die Schuldverschreibung nach § 793 ff. BGB, während die sachenrechtliche Funktionsweise von Rektapapieren durch § 952 BGB ihren Ausdruck findet. Gegensatz zur Verbriefung geldbezogener Vermögenswerte ist deren Virtualisierung bis hin zum elektronischen Netzgeld (Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 4.996 sowie oben Rn. 10), privatrechtliche Anknüpfungsnormen sind neben tauglichen Formvorschriften (§§ 126a, 126b BGB) klassische Instrumente wie das abstrakte Schuldversprechen nach § 780 BGB (vorst. Rn. 11) und etwa unregelmäßige Verwahrung nach § 700 BGB (unten § 9). 8. Kapitalmarkt-(Finanzmarkt-)recht. Ein funktionaler Begriff des Bankrechts erfasst rechtliche Regelungen zur Durchführung und Sicherung der Geldanlage und damit auch diejenige Geldanlage, welche Kapitalmärkte zu Hilfe nimmt oder allgemeiner: die Finanzmärkte, wenn man an Derivate und Termingeschäfte denkt (Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217, oben Rn. 13). Kapitalmarktrecht ist zum Teil Aufsichtsrecht, das den Finanzdienstleistern – also Banken im weitverstandenen Sinne, oben Rn. 6 – Pflichten auferlegt, deren Einhaltung das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen (BAFin) überwacht. Privates Kapitalmarktrecht als Recht der kapitalmarktbezogenen Geschäfte (vgl. oben Rn. 12) hat seinen Ursprung wiederum und naturgemäß im allgemeinen Privatrecht, nämlich dem Vertrags-, namentlich Kaufrecht und Geschäftsbesorgungsrecht. Im Besonderen ist wichtigster Sitz der privatrechtlichen Materie das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG, oben Rn. 12 und unten § 52), das in §§ 31 ff. finanzmarkttypische Verhaltensregeln für den einzelnen Vertrag mit dem Anleger verbindlich macht, sodass der Verstoß eine Pflichtverletzung nach § 280 BGB darstellt. Besondere Schadensersatzansprüche entstehen nach §§ 37b und 37c WpHG (zu § 37d WpHG a.F. unten Rn. 44). Weitreichende Änderungen brachte die Umsetzung der MiFID hervor (unten Rn. 43). Das Feld der freundlichen oder feindlichen Übernahmen regelt das WpÜG mit überwiegend aufsichtsrechtlichen, aber auch privatrechtlichen Aspekten, z. B. bei insuffizienten Angebotsunterlagen nach § 12 WpÜG. Privatrechtliche Aspekte des Investmentgeschäfts (unten § 59) sind insbesondere der Übernahmeanspruch des Käufers nach § 127 InvG (LG Frankfurt am Main, EWiR § 20 KAGG 1/03, 173 – Siller – sowie NJW-RR 2003, 337) und das Widerrufsrecht nach § 126 InvG; der Plan einer Aufteilung offener Immobilienfonds in sicherheits- und renditeorientierte Fondskategorien im Zuge der Novellierung des InvG wurde nicht mehr verfolgt. Das Pfandbriefgesetz bestimmt nur, welche Geschäfte aufsichtsrechtlich betrieben werden dürfen, enthält aber keine privatrechtlichen Vorschriften, gleichermaßen das Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBGG). Das Börsengesetz ist von privatrechtlichen Vorschriften zur Börsentermingeschäftsfähigkeit (§ 53 BörsG a.F.) befreit worden und jetzt reines Börsenorganisationsrecht.
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II. Öffentliches Bankrecht. Das öffentliche Bankrecht ist geprägt durch Währungsrecht und Aufsichtsrecht als Staatsaufgaben, ersteres verfassungsrechtlich gestützt durch Art. 88 Satz 1 GG und Grundlage des Gesetzes über die deutsche Bundesbank (BBankG). Deren geld- und währungspolitische Befugnisse sind nach Maßgabe von Art. 88 Satz 2 GG auf die Europäische Zentralbank und das europäische System der Zentralbanken (ESZB) nach Art. 8, 105 ff. EGV übertragen worden, dessen integraler Bestandteil die Bundesbank nach § 3 Satz 1 BBankG, Art. 107 I EGV ist. Die durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BAFin) durchgeführte Aufsicht ist Solvenzaufsicht in Gestalt des Kreditwesengesetzes (KWG, mit Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz) und Marktaufsicht in Gestalt des WpHG. Die Organisation der Börsen als Markt ist durch das Börsengesetz erfasst, begleitet durch weitere Gesetze (oben Rn. 12). Aufsichtsgesetze für Sonderbereiche sind das PfandbriefG und das BausparkassenG, für das
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Investmentgeschäft das novellierte (vorst. Rn. 29) InvestmentG (hierzu BGHZ 149, 33), für die Eigenkapitalfinanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen das UBGG. Auch die freundliche und feindliche Übernahme von Aktien einer Zielgesellschaft unterliegen der Aufsicht durch die BAFin (§ 4 WpÜG). 31
III. Europäisches, supranationales Bankrecht. 1. EGV und Richtlinien. Ausstrahlungen auf das private Bankrecht haben die Grundfreiheiten des EGV, namentlich die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit nach Art. 59 ff. EGV. Zahlreiche Bestimmungen des privaten Bankrechts beruhen auf europäischen Richtlinien, hierbei wiederum zum großen Teil auf solchen, die das Ziel einer Verbesserung des Verbraucherschutzes haben (Art. 3 II lit. t, 153 EGV). Die Vorschriften über Verbraucherdarlehen und Finanzierungshilfen haben ihre sekundärrechtliche Grundlage in der Verbraucherkreditrichtlinie 87/102/ EWG, abgelöst durch die bis 2010 umzusetzende Richtlinie 2008/48/EG. Das bankrechtliche Fernabsatzgeschäft ist erfasst durch die Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher, integriert in die Vorschriften von §§ 312b Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, 312c Abs. 2, 312d Abs. 4 Nr. 6, Abs. 6 BGB sowie § 1 Abs. 2, Abs. 3 BGB-InfoVO. Der bankrechtliche Einfluss der Haustürgeschäftrichtlinie 85/577/ EWG und zugleich der Stellenwert richtlinienkonformer Auslegung (BGH NJW 2002, 1881) hat sich gezeigt durch die berühmte Heininger-Entscheidung des EuGH über Immobiliarkredite (WM 2001, 2434, oben Rn. 16), die seinerzeit zu einer erneuten Änderung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes führte (in Gestalt des OLGVertrÄndG vom 31.7.2002). Die allgegenwärtigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute haben die Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen im Auge. Den störungsfreien elektronischen Geschäftsverkehr für Bankgeschäfte gewährleistet an ihrer Stelle die Richtlinie 2000/31/EG (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr). Der Zahlungsverkehr ist Gegenstand der Richtlinie 2007/64/EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt sowie der Zahlungssicherungsrichtlinie 98/26/EG (im Übrigen näher unten Rn. 41). Grenzüberschreitende Sicherheiten, insbesondere durch Wertpapiere, finden in der Richtlinie 2002/47/EG (Finanzsicherheitenrichtlinie) einen Rechtsrahmen (Übersicht in BKR 2002, 601). Letzere führte zur Wiederbelebung von § 1259 BGB. Die Zahlungsverzugsrichtlinie 2000/35/EG berührt den Eigentumsvorbehalt (oben Rn. 17 a.E.).
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Im Kapitalmarktrecht, besser Finanzmarktrecht (oben Rn. 14), ist vor allem die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente 2004/39/EG (gebräuchlicher Weise bezeichnet mit MiFID, näher unten Rn. 43) zu nennen, welche die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 93/22 ablöst und deren Anwendungsbereich bedeutend erweitert ist. Das Investmentgeschäft ist Gegenstand der Investment-(OGAW-)Richtlinie 85/611/EWG (mit Änderungsrichtlinien 2001/107 und 108 und Umsetzung durch das novellierte, vorst. Rn. 29, InvG von 2003/2007, vorher KAGG und AuslInvG), die Geldwäsche-Problematik der Richtlinie 91/308/EWG, in Deutschland durch das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten von 25.10.1993 umgesetzt, gefolgt von der Insiderrichtlinie (Marktmissbrauchrichtlinie) 2003/6/EG, die sich in §§ 12 ff. WpHG wiederfindet (unten § 52 Rn. 45 ff.). Eine Regulierung auf dem Gebiet der Kapitalmarktinformationen enthält die Transparenzrichtlinie 2004/109/EG und ist durch §§ 21 ff., 37v bis 37z WpHG umgesetzt. Prospekte für öffentlich angebotene Wertpapiere oder solche, die zum Handel an einem organisierten Markt (oben Rn. 12) zugelassen werden sollen, sind Gegenstand der Wertpapierprospekterichtlinie 2003/71/EG und durch das WertpapierprospekteG umgesetzt; außerhalb der durch Wertpapiere verbrieften Anteile (z.B. Kommanditanteile, s. auch oben Rn. 12) gilt die Verkaufsprospekterichtlinie 89/298/EWG sowie das VerkaufsprospekteG. Die Übernahme einer Aktiengesellschaft durch den Erwerb ihrer Aktien im
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Wege öffentlichen Angebots regelt die Übernahmerichtlinie 2004/25/EG. Hat die Zielgesellschaft ihren Sitz in Deutschland resp. sind die Aktien (oder gleichgestellte Wertpapiere nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG) in Deutschland zugelassen, sind die Vorschriften des WpÜG anwendbar, das u.a. die Gleichbehandlung von Aktionären der Zielgesellschaft in den Tatbeständen von §§ 19, 31 Abs. 4, Abs. 5, § 32 aus marktrechtlichen Erwägungen vorschreibt (Bachmann, ZHR 170 (2006), 144, 168). Öffentliches Bankrecht als Währungsrecht ist durch europäisches Primärrecht in Artt. 105 ff. EGV gestützt. Die europäisch-föderative Struktur des Aufsichtsrechts ist in der Bankrechts- Koordinierungsrichtlinie 2000/12/EG zusammengefasst, ergänzt durch die Einlagensicherungsrichtlinie 94/19/EG (hierzu BuB-Weber, Rn. 1/613b).
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2. Konventionen und Modelle. Völkerrechtliche Impulse waren in Gestalt der Genfer Abkommen schon für das Wechselrecht und das Scheckrecht ausgegangen. Diese Abkommen werden ergänzt durch die UNCITRAL-Konvention über Internationale Gezogene Wechsel und Internationale Eigenwechsel vom 9.12.1988 (Schütz, UNCITRALKonvention; Bülow, ÖBA 1993, 591). UNCITRAL steht für United Nations Commission on International Trade Law und ist seit 1966 ein ständiger Ausschuss der Vereinten Nationen in Wien mit dem Ziel, die Harmonisierung und Rechtsvereinheitlichung des Internationalen Handelsrechts zu fördern. Das UNCITRAL-Modellgesetz über den internationalen Überweisungsverkehr (Schneider, S. 491; Bülow, IStR 1993, 527; Übersicht in WM 1993, 665) hatte die europäische Überweisungsrichtlinie beeinflusst (unten Rn. 35, 43). Zu denken ist an die UNCITRAL-Konvention über Garantien und Akkreditive aus dem Jahre 1965 sowie an die UNCITRAL-Vorhaben betreffend grenzüberschreitende Forderungsabtretungen (Bazinas, ZEuP 2002, 782), im Übrigen an die Unidroit-Konvention über internationale Sicherungsrechte an beweglicher Ausrüstung (Bollweg/Kreuzer, ZIP 2000, 1361). Überlegungen in Gestalt eines Gesetzgebungsführers über Sicherungsübertragungen (Legislative Guide on Secured Transactions) der UNCITRAL bewegen sich auf eine Registrierungspflicht hin, die auch die publizitätslose Sicherungstreuhand erfassen würde (Kieninger, WM 2005, 2305, 2353 (2358)). Hinzu kommen Arbeiten der Internationalen Handelskammer (ICC), etwa betreffend Einheitliche Richtlinien für Vertragsgarantien resp. für auf Erstes Anfordern zahlbare Garantien.
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C. Einige historische Aspekte und zukünftige Entwicklungen
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I. Von Babylon bis UNCITRAL. Wie uns historische Forschung unterrichtet, finden sich Rudimente von Regelungen, die sich mit Bankwesen und Geldverkehr befassen, bereits im alten Babylon (Schwintowski/Schäfer, § 2 Rn. 37 ff., S. 89 ff.), ohne dass Geld als abstrakter Wertmaßstab zugrunde gelegen hätte. Der Wechsel als immer noch gehandhabte Form der wertpapiergestützten Kreditschöpfung findet seinen Ursprung im mittelalterlichen Alpentransit, auf dem die Risiken des Bargeldtransports zu minimieren waren (Zöllner, Wertpapierrecht, § 10 I, S. 54 ff.), begründete an seiner Stelle bereits die Entwicklung und Bedeutung des Finanzplatzes Frankfurt (Holtfrerich, S. 57/58, 73 ff.) und führte in Gestalt der Wechselordnung zum ersten privatrechtlichen Gesetz, das gesamtdeutsch genannt werden kann; sein Einfluss auf die Genfer Abkommen ist im geltenden Wechselgesetz abzulesen. Der Wechsel ist zugleich Ausdruck für das Bedürfnis, Regelungen für grenzüberschreitende Geldgeschäfte zu finden, die nationales Recht überlagern oder sogar um- und neuformen. Dieser grenzüberschreitende Aspekt bezieht sich zuvörderst auf den europäischen Binnenmarkt, der in bankrechtlicher Sicht ein Bündel europäischen Sekundärrechts hervorgebracht hat und es ausdehnen wird (oben Rn. 31, unten Rn. 43). Augenfällig gibt das modernisierte BGB hierfür formalen Ausdruck. Von dem Plan eines europäischen Vertragsgesetzbuchs, der sich bislang mit Fra-
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gen eines Allgemeinen Teils und eines Allgemeinen Schuldrechts befasst (ZEuP 2002, 139, 365, nunmehr: Gemeinsamer Referenzrahmen zum Europäischen Vertragsrecht), bleibt Bankprivatrecht vorerst verschont. Aber das grenzüberschreitende Bankgeschäft reicht nicht nur bis zur Grenze des Binnenmarktes; ein Beispiel für die Berücksichtigung supranationaler Kodifikationen ist die Geld-Zurück-Garantie im Überweisungsverkehr nach § 676b BGB, Art. 8 Überweisungsrichtlinie (unten Rn. 41), die ihr Vorbild in Art. 14 des UNCITRAL-Modellgesetzes für den Überweisungsverkehr (Schneider, S. 491 (512 ff.); Bülow, IStR 1993, 527 (531), oben. Rn. 34) hat. Börsen als Keimzellen von Kapitalmarktrecht bildeten sich in Italien bereits im 14./ 15. Jahrhundert (Lucca, Florenz, Genua, Venedig), deutsche Börsen folgten im 16. Jahrhundert, namentlich die Frankfurter Börse im Jahre 1585, deren Ausgangspunkt die Festsetzung der Münzkurse war (Holtfrerich, S. 79). Der Ausgangspunkt eines modernen Kapitalmarktrechts kann im Börsengesetz von 1896 gesehen werden. In jüngster Zeit ist eine Dynamisierung vor allem auf europäischer Ebene eingetreten (oben Rn. 32), deren Umsetzung in vier Finanzmarktförderungsgesetzen von 1990, 1994, 1998 und 2002 als Artikelgesetzen zu finden ist, gefolgt vom Anlegerschutzverbesserungsgesetz von 2004, dem Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz von 2007 (vgl. insb. §§ 21 ff., 37v bis 37z WpHG), dem Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz von 2006 und dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (nachf. Rn. 44). II. Kodifikatorische Vorhaben. Grundlegende Neuerungen im Bank- und Kapitalmarktrecht stehen vor der Verwirklichung, andere Vorhaben setzten sich nicht durch. Verabschiedet wurde eine europäische Richtlinie, die den Rechtsrahmen für einen einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraum schafft (nachf. 1., Rn. 41). Ein neuer Rechtsrahmen über Märkte für Finanzinstrumente, der die bisherige Wertpapierdienstleistungsrichtlinie ablöst, wurde durch die Richtlinie 2004/39/EG (sog. MiFID) geschaffen und in deutsches Recht umgesetzt (Finanzmarktrichtlinie – Umsetzungsgesetz, FRUG, in Kraft seit 1.11.2007, Art. 14 Abs. 3, nachf. 2., Rn. 43). Der Handel mit Immobilien wurde börsenfähig gemacht durch die Einführung von Real Estate Investment Trusts (REITs, nachf. 3., Rn. 46). In der Bankenaufsicht stand die Einführung des weltweiten Regelwerks Basel II im Jahr 2007, in den USA wohl frühestens 2009, an (nachf. 4. Rn. 48). Ein Verhaltenskodex für die Wertpapierabwicklung, der sich an Banken, Wertpapierhändler, Abwicklungs- und Abrechnungsdienstler, Wertpapierzentralverwahrer richtet, wurde von EG-Kommission und Branche ausgearbeitet mit dem Ziel, Wettbewerb und Transparenz auf diesen Märkten zu fördern, verbunden mit dem – nicht unumstrittenen – Plan einer einheitlichen Abrechnungsplattform der europäischen Zentralbank („Target2 Securities, T2S“, Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für 2006, S. 104 f.). Nur bei Scheitern dieser Vorhaben ist eine europäische Richtlinie geplant. Für die nationale Aufsicht wurde eine Reform der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BAFin) verwirklicht, mit der die Führungsstruktur einem Direktoriumsmodell folgt und dadurch den politischen Einfluss auf die Behörde ausbaut. Höchst kontrovers sind die Vorstellungen zu einer europäischen Integration der Aufsicht über die Finanzmärkte. Angriffe auf das Dreisäulenmodell des deutschen Bankwesens (oben Rn. 6) durch die EUKommission (Binnenmarkt), aber auch den EZB-Präsidenten, welche die Öffnung des öffentlich-rechtlichen Segments des Bankensektors für private Investoren hätte ermöglichen sollen und die sich vor allem gegen die Sparkassen richten, konnten abgewendet werden, so dass § 40 KWG unverändert bleibt (Geschwandtner/Bach, NJW 2007, 129). Der Plan für ein Kapitalinformationshaftungsgesetz in Deutschland wurde aufgegeben (oben Rn. 26).
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Im globalen Interesse liegt die Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte, welche Wachsamkeit gegenüber Hedge-Fonds aus der Sicht der G7-Industriestaaten angezeigt erscheinen lässt. Hedge-Fonds, die sich durch hochspekulative Finanzierungsgeschäfte aller Art, z.B. Leerverkäufe (hierzu Martin Walser, Angstblüte, 2006, S. 153/154), bei starker Kreditunterlegung kennzeichnen (andererseits aber auch durch Kreditvergabe an bonitätsschwache Nehmer) und weitgehend unreguliert sind (s. für Deutschland §§ 112 bis 120 InvG), verwalten weltweit Vermögen von geschätzen 1.800 Mrd. $. Das Scheitern eines solchen Fonds könnte internationale Finanzkrisen auslösen. Die Wachsamkeit wendet sich auf Tranzparenz hin bei freiwilliger Grundlage (Code of Conduct), aber nicht durch staatliche Regulierung. Die Organisation Internationaler Wertpapieraufsichtsbehörden (International Organization of Securities Commissions, Iosco) unterbreitete Selbstregulierungsvorschläge in Gestalt von Prinzipien für die Bewertung von Fondsvermögen, wobei die Bewertungsverfahren unabhängiger Kontrolle unterliegen sollen. Überlegungen zu Transparenz und Regulierung gelten auch den Methoden, mit denen Rating-Agenturen ihre Analysen erstellen (vgl. hierzu Deutsche Bundesbank, Finanzstabilitätsbericht November 2007, S. 15, 94; Deipenbrock, WM 2007, 2217).
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1. Einheitlicher europäischer Zahlungsverkehrsraum (SEPA). Der Zahlungsverkehr im europäischen Binnenmarkt war geprägt durch Fragmentierung in unterschiedliche nationale Systeme (Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, Dezember 2006, S. 93 (98)), sodass ein grenzüberschreitender Zahlungsvorgang nur an den Eingang des Systems im Empfangsland gebracht und von dort übernommen, aber nicht durch ein einheitliches Verfahren erledigt werden konnte. Dies führte zu höheren Kosten und zu längeren Zeiten im Vergleich zu einem Binnenvorgang. Um die Fragmentierung aufzubrechen, wurde der Plan eines europäischen Zahlungsverkehrsraums (Single Euro Payments Area, SEPA) entwickelt, mit dem namentlich elektronische Zahlungsvorgänge wie Überweisungen, Lastschriften und Kartenzahlungen sowie Bargeldeinzahlungen und -abhebungen – nicht aber Scheckzahlungen – einem einheitlichen System zugeführt werden. Dies ist zunächst eine technische Frage, die für die Überweisung durch die Interbank Account Number (IBAN) und durch den Bank Identifier Code (BIC) beantwortet wurde. Die europäische Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt 2007/64/ EG wird es ermöglichen, dass ein einziger Zahlungsdienstleister den gesamten Vorgang durchführt, wobei außer Kreditinstituten (in Deutschland namentlich die Postbank und das Transaktionsinstitut der DZ-Bank) eine neue Kategorie von Zahlungsinstituten als Dienstleister zugelassen werden soll. Die Stärkung des Wettbewerbs unter Zahlungsdienstleistern ist Ziel der Richtlinie, außerdem Markttransparenz durch Informationspflichten und Rechtssicherheit durch Festlegung von Rechten und Pflichten für Anbieter und Nutzer und dem folgend eines Haftungsregimes, wie es durch die Überweisungsrichtlinie 97/5/EG beispielhaft bekannt ist. Diese und ebenso die Empfehlung der Kommission zu elektronischen Zahlungsinstrumenten 97/489/EG gehen in der neuen Richtlinie auf, während die Verordnung über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro 2560/ 2001 Bestand haben wird. Durch Schaffung des einheitlichen Zahlungsverkehrsraums werden die nationalen Systeme nicht verdrängt werden, sondern zunächst daneben weiter bestehen; in einer Schlussphase, geplant ab 2011, soll das SEPA-Verfahren aber auch für Inlandsvorgänge („SEPA-Domestic“) gelten (Burgard, WM 2006, 2065; Lohmann/ Koch, WM 2008, 57). Drängendes Anliegen auf nächste Sicht ist ein einheitliches Lastschriftverfahren, dessen Einführung zusammen mit dem SEPA-Start am 28.1.2008 nach zutreffender Einschätzung des European Payments Council (EPC) allerdings mangels rechtzeitiger Verabschiedung der SEPA-Richtlinie nicht zu bewerkstelligen war.
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2. MiFID. Als „ein neues Grundgesetz für den Wertpapierhandel“ (Bundesfinanzministerium, zitiert nach Financial Times Deutschland v. 14.9.2006, S. 18), als „kapitalmarktrechtliche Verfassung“ und „Grundpfeiler des europäischen Kapitalmarktrechts“ (Spindler/Kasten, WM 2006, 1749 (1804)) wird die Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente (Markets in Financial Instruments Directive, MiFID) nebst Durchführungsverordnung (1287/2006) und Durchführungsrichtlinie (2006/73/EG) apostrophiert. Ziel des Rechtsrahmens ist es, das volle Angebot der anlegerorientierten Tätigkeiten abzudecken und den Anlegern hierbei ein hohes Schutzniveau zu bieten, sowie faire, transparente, effiziente und integrierte Finanzmärkte zu fördern, namentlich durch Wettbewerb unter Wertpapierdienstleistern (Wertpapierfirmen, Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID/§ 2 Abs. 4 WpHG), die nach dem Herkunftslandprinzip im gesamten Binnenmarkt auftreten dürfen („EU-Pass“, vgl. 2. Erwägungsgrund, § 2 Abs. 8, 9 WpHG). Teil der anlegerorientierten Tätigkeiten ist insbesondere auch die Anlageberatung (Art. 4 Abs. 1 Nr. 4/§ 2 Abs. 3 Nr. 9 WpHG), für Investmentfonds bleibt es bei der – vor der Überarbeitung stehenden – OGAW-Richtlinie 85/611/EWG (15. Erwägungsgrund sowie oben Rn. 32), § 2a Abs. 1 Nr. 7 WpHG. Zu den Finanzinstrumenten gehören auch Warenderivate (Anhang I, Abschn. C Nr. 5, vgl. oben Rn. 14). Die erfassten Handelsplattformen sind nach Art. 1 Abs. 1 geregelte Märkte (oben Rn. 12), ergänzt um multilaterale Handelssysteme (Multilateral Trading Facilities, MTF), die auch von Wertpapierfirmen betrieben werden können; systematische Internalisierer (Art. 4 Abs. 1 Nr. 1/§§ 2 Abs. 10, 32 ff. WpHG), die außerhalb eines geregelten Marktes oder MTF Handel treiben, werden marginal einbezogen (s. Art. 27/§ 32a WpHG: Verpflichtung, verbindliche Kursofferten zu eröffentlichen).
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Kernvorschrift für das hohe Schutzniveau, das Anlegern geboten wird, ist die Wohlverhaltensregel nach Art. 19 Abs. 1 (ehrlich, redlich, professionell im bestmöglichen Interesse des Kunden), die im Fall der Anlageberatung die Verpflichtung begründen kann, Informationen über anlagerelevante Umstände beim Kunden, z.B. über dessen Kenntnisse und Erfahrungen, einzuholen (Art. 19 Abs. 4/§ 31 Abs. 4 WpHG, Schäfer, BrV Band 27, S. 31, 37). Die Anlageberatung ist nicht mehr lediglich Wertpapiernebendienstleistung (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 9 und Abs. 3a WpHG, Teuber, BKR 2006, 429) und erlaubnispflichtig (§ 32 KWG). Allerdings wird die Informationspflicht differenziert nach der Art des Kunden und nach der Art der Wertpapierdienstleistung (Veil, ZBB 2006, 162 (169) sowie WM 2007, 1821 (1824)), indem die MiFID nach professionellen Kunden gem. Anhang II/ § 31a Abs. 2 WpHG, Kleinanlegern (Art. 4 Abs. 1 Nr. 12 in negativer Definition: Kunde, der kein professioneller Kunde ist; Privatkunde nach § 31a Abs. 3 WpHG und nicht zu verwechseln mit einem Verbraucher nach § 13 BGB) und geeigneten Gegenparteien (Art. 24/§ 31a Abs. 4 WpHG, z.B. Kreditinstitute, Pensionsfonds) klassifiziert. Nichtprofessionelle Kunden können auf ihr Schutzniveau nach näherer Maßgabe von Anh. II Nr. II verzichten (§ 31a Abs. 7 WpHG, Seyfried, WM 2006, 1375), professionellen Kunden ist es andererseits möglich, eine Behandlung als nichtprofessioneller Kunde zu beantragen, § 31a Abs. 6 WpHG. Die Wohlverhaltensregel machte die besondere Informationspflicht gegenüber Verbrauchern bei Finanztermingeschäften nach § 37d WpHG a.F. obsolet. Im Wertpapierhandel begründet Art. 21/§ 33a WpHG die Pflicht zur kundengünstigsten (und nicht dienstleistergünstigsten) Ausführung (best execution), wiederum mit Ausnahme nach Art. 24 Abs. 1/§ 31b WpHG gegenüber geeigneten Gegenparteien. Im kaufmännischen Verkehr steht diese Ausnahme in Widerspruch zu den Geschäftsbesorgungspflichten nach § 384 Abs. 2 HGB, dürfte aber als lex specialis zu begreifen sein (zweifelnd Spindler/Kasten, WM 2006, 1749, 1797 (1798)).
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In Anbetracht des zweifachen Ziels, so vermerkt der 44. Erwägungsgrund, die Anleger zu schützen und zugleich ein reibungsloses Funktionieren der Wertpapiermärkte zu gewähr-
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leisten, enthalten Art. 25 ff./§§ 31f ff. WpHG differenzierte Transparenzvorschriften, Art. 44, 45/§§ 30, 31 BörsenG für geregelte Märkte (Fleischer, BKR 2006, 392 (393)); zu systematischen Internalisierern vorst. Rn. 43. Art. 33 ff./§ 19 BörsenG gewährleistet Wertpapierfirmen den Zugang zu geregelten Märkten und anderen Institutionen. 3. REITs. Eine neue Form des Immobilienhandels und der Vermögensanlage in Immobilien durch Grundstücks-Aktiengesellschaften, Real Estate Investment Trusts (REITs), wurde eingeführt. Der Erwerb von Aktien an der REIT-AG wird neben der Beteiligung an geschlossenen und offenen Immobilienfonds (nicht aber einer Investment-AG nach §§ 96, 66 ff. InvG) die indirekte Immobilienanlage ermöglichen. Die Besonderheit der REIT-AG liegt in der Besteuerung. Die REIT-AG ist mit ihren Einkünften von Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer befreit (vorausgesetzt, dass 75 % der Bruttoerträge aus Vermietung und Verpachtung oder aus Immobilien-Veräußerung entstehen und dass 75 % des Gesellschaftsvermögens in Immobilien liegen), die Besteuerung findet bei den Aktionären statt, an die als Mindestdividende 90 % des Gewinns ausgeschüttet werden müssen. Die Dividenden sind Einkünfte aus Kapitalvermögen und vom Halbeinkünfteverfahren ausgenommen. Die Höchstbeteiligungsquote am Grundkapital für einen Aktionär soll 10 % betragen, die Mindestbeteiligungsquote ist wie folgt ausgestaltet: Mindestens 15 % des Grundkapitals müssen von Gesellschaftern gehalten werden, die zusammen nicht mehr als 3 % des Kapitals darstellen; auf diese Weise wird eine gewisse Streuung gewährleistet. Die REIT-AG muss auf einem organisierten Markt (oben Rn. 12) notiert sein und unterliegt so der Aufsicht durch die BAFin. Die Deutsche Börse in Frankfurt am Main schafft für die REIT-AG ein Sondersegment außerhalb des deutschen Aktienindex (DAX). Inländische Wohnimmobilien werden nicht REIT-fähig sein, soweit sie vor dem 1.1.2007 fertiggestellt wurden. Noch ungeklärt ist die steuerliche Behandlung von Gewinnen deutscher REITs im Ausland. Immobilienübertragungen an eine REIT-AG werden steuerlich begünstigt („Exit-Tax“), für Immobilienfonds gilt dies nicht.
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4. Basel II. Kreditinstitute unterliegen hinsichtlich ihrer Eigenmittelausstattung der Aufsicht, in Deutschland nach § 10 KWG. Weltweite Standards liegen in einem Regelwerk, das durch den Ausschuss für Bankenaufsicht bei der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel erarbeitet worden war. Nach den seit 1988 angewandten Regeln ist eine Eigenkapitalunterlegung von Kreditrisiken in Höhe von 8 % ohne Differenzierung nach der Bonität der Schuldner, also nach dem Risiko, gefordert. Eine solche Differenzierung ermöglicht das neue Regelwerk Basel II, die zur Entlastung des Eigenkapitals beim einzelnen Kreditinstitut führen kann, also zu geringeren Kosten. Grundlage ist die interne Bewertung (Rating, s. auch oben Rn. 40 a.E.) der einzelnen Kreditschuldner, mit denen Kreditrisiken gemessen werden, wobei ein Basisansatz (IRBA) oder ein verfeinerter und entsprechend aufwendigerer Ansatz oder auch der Standardansatz nach Basel I (8 % Eigenkapitalunterlegung) gewählt werden können. Als Erste haben Postbank und Landesbank Rheinland-Pfalz die Genehmigung ihrer internen Systeme von der BAFin erhalten, der schwedische Finanzkonzern SEB von der Stockholmer Finanzaufsicht. In Deutschland gilt eine Übergangsfrist bis 2008, bis zu der die Marke von 8 % der Eigenmittel unterschritten werden kann. Als Folge der sog. Subprime-Krise auf dem USamerikanischen Hypothekenmarkt und Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten im Jahre 2007 wird bereits über eine Verschärfung der Eigenkapitalvorschriften für besonders riskante Geschäfte nachgedacht („Basel III“).
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§ 2 Geschäftsbeziehung und Bankvertrag
Schrifttum Altjohann, Der Bankvertrag, Diss. München 1962; Balzer, Anm. zu BGHZ 152, 114, BKR 2002, 1092; Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., 2008; Bunte, Besprechung von Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl., Bd. 1 1988, WM 1983, 430; Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl., Bd. 1 1988; Claussen (Hrsg.), Bankund Börsenrecht, 4. Aufl. 2008; Claussen, Gibt es einen allgemeinen Bankvertrag oder gibt es ihn nicht?, FS Peltzer, 2001, S. 55; ders., WuB I B 6.-1.03 Allgemeiner Bankvertrag; Emmerich, Erläuterung zu BGHZ 152, 114, JuS 2003, 293; Fuchs, Zur Lehre vom allgemeinen Bankvertrag, 1982; van Gelder, Schutzpflichten zugunsten Dritter im bargeldlosen Zahlungsverkehr, WM 1995, 1253; Guggenheim, Die Verträge der schweizerischen Bankpraxis, 1985; Häuser, Giroverhältnis, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. II. 1981, S. 1317; Haupt, Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der deutschen Banken, 1937; Hopt, Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975; ders., in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, Bd. I, § 1, 3. Aufl. 2007; Hopt/Mülbert, Kreditrecht, 1989; Immenga, Besprechung von Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl., Bd. 1 1988, ZBB 1990, 44; Kilgus, Anm. zu BGHZ 152, 144, BB 2002, 2576; Köndgen, Die Entwicklung des privaten Bankrechts in den Jahren 1990 – 1991, NJW 1992, 2263; ders., Die Entwicklung des privaten Bankrechts in den Jahren 1992 – 1995, NJW 1996, 558; ders., Die Entwicklung des privaten Bankrechts in den Jahren 1999 – 2003, NJW 2004, 1288; Kort, Kurzkommentar zu BGHZ 152, 144, EWiR § 675 BGB 4/03, 151; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2004; Lang, V., Das Aus für die Lehre vom „allgemeinen Bankvertrag“?, BKR 2003, 227; Lwowski/Roth, in: Hellner/Steuer, BuB Rn. 2/2; Mülbert, Der Kontovertrag als bankgeschäftlicher Vertragstyp, FS Kümpel, 2003, S. 395; Neustätter, Kontokorrent-Bedingungen der Banken, 1921; Ohlroggen, Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken (1993) und der allgemeine Bankvertrag, 1997; Petersen, Der Bankvertrag, JURA 2004, 627; Pikart, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Bankvertrag, WM 1957, 1238; Raiser, Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1935; Reichwein, Gedanken zu einigen Fragen des Bankrechts, SchwAG 1987, 18; Rohe, Netzverträge, 1998; Roth, Der allgemeine Bankvertrag, WM 2003, 480; Rümker, Vertrauenshaftung – Strukturprinzip des Bankvertragsrechts, ZHR 147 (1983), 27; ders., Besprechung von Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl., Bd. 1 1988, ZIP 1989, 199; Schwark, 100 Bände BGHZ: Bank- und Wertpapierrecht, ZHR 151 (1987), 325; ders., Anlegerschutz durch Wirtschaftsrecht, 1979; Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 2. Aufl., 2004; Thessinga, in: Ebenroth/Boujong/Joost (Hrsg.), HGB, 2001, Bd. 2 BankR I; Ulmer, P., Der Vertragshändler, 1969; Werner, Ein neues Kompendium des Kreditrechts, ZBB 1990, 236. Inhaltsverzeichnis A. „Allgemeiner Bankvertrag“ und Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde . . . . . . . . 1 I. Begründung der dauernden Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde als Ausgangspunkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Rechtsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 B. Zur Lehre vom „allgemeinen Bankvertrag“ . . . . 6 I. Stand der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . 6 1. Bisherige Rechtsprechung . . . . . . . . . . . 6 2. Urteil des BGH vom 24. September 2002 – XI ZR 345/01 – und seine Fallgestaltung. . . . . . . . . . . . . 7 3. Kein allgemeiner Bankvertrag aus dauernder Geschäftsverbindung. . . . . . . 9 4. Kein allgemeiner Bankvertrag aus Vereinbarung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . 10 5. „Allgemeiner Bankvertrag“ und Vertragsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 6. Kein Kontrahierungszwang für „risikoneutrale“ Bankgeschäfte . . . . . . 12 7. Überflüssige Rechtsfigur . . . . . . . . . . . 13
Meinungsstand im Schrifttum. . . . . . . . . . 1. Befürworter des „allgemeinen Bankvertrages“ . . . . . . . 2. Gegner des „allgemeinen Bankvertrages“ . . . . . . . 3. Vertragstyp des „allgemeinen Bankvertrages“ . . . . . . . 4. Das Verhältnis des allgemeinen Bankvertrages zu den einzelnen Bankgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Allgemeine Verhaltenspflichten der Bank und des Kunden . . . . . . . . . . 6. Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Beendigung des allgemeinen Bankverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . C. Lehre vom „Vertrauensverhältnis kraft Geschäftsverbindung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Dauernde Geschäftsverbindung als gesetzliches Schuldverhältnis . . . . . . . . . . II. Rechtsprechung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vertrauenshaftung kraft Geschäftsverbindung bei Unwirksamkeit des Bankvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Stichwortverzeichnis Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Bankgeschäfte, risikoneutrale . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Bankvertrag, allgemeiner . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3, 15 Dauerschuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 9, 10, 24 Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15, 22 Einmalkontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Girovertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2, 3, 6, 14, 17, 25 Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1, 2 Gleichbehandlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Kontrahierungszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12, 26
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Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Leistungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Rahmenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . 8, 16, 23, 25, 41 Schuldverhältnis, gesetzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Vertragsauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Vertragsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Vertrauenshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
A. „Allgemeiner Bankvertrag“ und Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde I. Dauernde Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde als Ausgangspunkt. Der geschäftliche Kontakt zwischen einer Bank und ihren Kunden beschränkt sich meistens nicht auf den Abschluss eines bestimmten einzelnen Bankgeschäfts. Zu solchen Einmalkontakten kommt es vielmehr nur ausnahmsweise, beispielsweise wenn ein Schuldner bargeldlos zahlen will, aber kein Girokonto unterhält. Er schließt dann mit der Bank des Zahlungsempfängers einen Überweisungsvertrag (§ 676a Abs. 1 Satz 1 BGB; früher sog. „Einzelüberweisungsauftrag“) und stellt den Geldbetrag der Überweisung in bar (vgl. § 676a Abs. 1 Satz 3 BGB) oder als Erlös aus einem gleichzeitig, ebenfalls als Einmalkontakt erteilten Scheckinkasso zur Verfügung (als Beispiel BGH WM 1990, 6 = NJW-RR 1990, 366 = WuB I F 5.-2.90 (Ott); dazu MünchKommHGB-Häuser, ZahlungsV Rn. B 28). Regelmäßig ist die Aufnahme eines geschäftlichen Kontakts aus der Sicht von Bank und Kunde allerdings darauf gerichtet, eine auf Dauer angelegte Geschäftsverbindung (vgl. § 362 Abs. 1 HGB) einzugehen, in deren Rahmen künftig unterschiedliche Bankgeschäfte vereinbart und abgewickelt werden können. Eine solche auf Dauer gerichtete Geschäftsverbindung einzugehen, entspricht üblicherweise der Interessenlage sowohl des Kunden als auch der Bank (Baumbach/Hopt, HGB, BankGesch (7) Rn. A/6; Claussen, § 1 Rn. 193, 194; Kümpel, Rn. 2.805).
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Eingeleitet wird diese Geschäftsverbindung meistens durch den Abschluss eines bestimmten Bankgeschäfts. Für eine gleichzeitige, über dieses einzelne Geschäft hinausgehende Begründung einer dauernden Geschäftsverbindung spricht, wenn der Kontakt sich nicht auf dieses Bankgeschäft beschränken soll, sondern auf den Abschluss weiterer Geschäfte angelegt ist, was regelmäßig darin zum Ausdruck kommt, dass die Bank dem Kunden bei dem Abschluss des auslösenden Geschäfts ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen aushändigt. Nach Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 AGB der Banken gelten sie nämlich nicht nur für das konkrete Bankgeschäft, sondern erfassen „die gesamte Geschäftsverbindung zwischen dem Kunden und den inländischen Geschäftsstellen der Bank“. Der Kunde wird beispielsweise durch einen Girovertrag im Ausgangspunkt berechtigt, über sein Guthaben mittels Überweisung oder Lastschrifteinzug zu verfügen, und die Bank zur Durchführung des Giroverkehrs verpflichtet. Gleichzeitig wird regelmäßig ein Girokonto eröffnet (§ 676f Satz 1 BGB), und es werden dem Bankkunden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgehändigt. Darin kommt typischerweise zum Ausdruck, auch eine dauernde Geschäftsverbindung begründen zu wollen. So verbindet sich beispielsweise mit der Eröffnung eines Girokontos regelmäßig die Möglichkeit, alsbald am Zahlungsverkehr auch durch eine vereinbarte Überziehung (vgl. § 493 Abs. 1 BGB) teilnehmen zu können, also ein Kreditverhältnis zu vereinbaren (§ 676a Abs. 2 Satz 3 a.E. BGB: „ausreichender Kredit eingeräumt“).
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II. Rechtsrahmen. Der aufgezeigte, zunächst vor allem rechtstatsächliche Befund führt seit langem zu der Frage, ob jenseits der rechtsgeschäftlichen Grundlagen des einzelnen Bankgeschäfts, z.B. der Besorgung bargeldloser Zahlungen auf Grund eines Girovertrags, mit der Aufnahme einer Geschäftsverbindung auch ein „allgemeiner Bankvertrag“ zwischen dem Kreditinstitut und seinem Kunden geschlossen wird, dessen Rechtswirkungen in vielfältiger Hinsicht über die jeweiligen einzelnen Bankgeschäfte, also beispielsweise das auslösende Giroverhältnis, hinaus reichen und als rechtsgeschäftliche Grundlage für besondere Schutzpflichten, insbesondere Interessenwahrungs-, Auskunfts- und Beratungspflichten dienen. Der „allgemeine Bankvertrag“ soll außerdem die erforderliche rechtsgeschäftliche Grundlage für die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute im Rechtsverhältnis mit dem Kunden darstellen (vgl. § 305 Abs. 3 BGB). Erstmals hat wohl Neustätter (S. 71) vom „Bankiervertrag“ als der prägnantesten Bezeichnung für die eigenartigen Rechtsbeziehungen gesprochen, die sich auf Grund einer Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde entwickeln.
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In Anknüpfung an frühe Ausführungen des RG (RGZ 27, 118 (121)) über den besonderen, sich in rechtlich bedeutsamer Hinsicht dynamisch entwickelnden Charakter einer „dauernden Geschäftsverbindung“ sehen auch diejenigen Autoren, die aus unterschiedlichen Gründen die Rechtsfigur eines pflichtenbegründenden „allgemeinen Bankvertrages“ ablehnen, in der Geschäftsverbindung zwischen der Bank und Kunden nicht nur ein tatsächliches Phänomen. Vielmehr kennzeichnen sie diese Geschäftsverbindung umfassend und ohne rechtsgeschäftliche Anknüpfung als ein besonderes gesetzliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten (insbesondere Canaris, Rn. 21 ff.). Auch nach dieser Rechtsmeinung führt die Aufnahme der Geschäftsverbindung zu Rechtswirkungen zwischen Bank und Kunde, beispielsweise Schutz- und Aufklärungspflichten, die unabhängig von dem einzelnen Rechtsgeschäft eintreten. Anhänger der Lehre vom „allgemeinen Bankvertrag“ lehnen nun wiederum eine solche „Vertrauenshaftung kraft Geschäftsverbindung“ nicht grundsätzlich ab, und zwar insbesondere nicht in Fällen, in denen eine Geschäftsverbindung zwar zustande gekommen, aber, beispielsweise mangels Geschäftsfähigkeit des Bankkunden, kein rechtswirksamer Bankvertrag geschlossen worden ist (vgl. nur Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 54: „Residualkategorie“).
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Sowohl die Lehre vom „allgemeinen Bankvertrag“ als auch die Auffassung von einem besonderen „gesetzlichen“ Schuldverhältnis aus der Geschäftsverbindung dienen mithin als Rechtsgrundlage für allgemeine Verhaltenspflichten, die aus der gesamten Geschäftsverbindung zwischen dem Kunden und dem Kreditinstitut als einem besonderen Vertrauensverhältnis hervorgehen. Offenkundig ist in beiden Lagern die gemeinsame Vorstellung bestimmend, dass sich entweder durch Vertragsrecht oder die gesetzliche Geltung von allgemeinem Schuldrecht der Schutz der Interessen von Bankkunden als einer Gruppe von regelmäßig geschäftlich weniger erfahrenen oder sozial schwächeren Personen am besten verwirklichen lasse. Deshalb wird es von manchen im Ergebnis sogar als nicht entscheidend angesehen, ob die rechtliche Grundlage der bankrechtlichen Geschäftsverbindung in einem „allgemeinen Bankvertrag“ oder schlicht in einer ständigen Geschäftsverbindung liegt (so MünchKommBGB-K. P. Berger, Vor § 488, Rn. 78; Köndgen, NJW 1996, 558 (559); Ebenroth/Boujong/Joost-Thessinga, Bd. 2 BankR Rn. I 11).
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B. Zur Lehre vom „allgemeinen Bankvertrag“
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I. Stand der Rechtsprechung. 1. Bisherige Rechtsprechung. Die Rechtsprechung, insbesondere der BGH, hatte bis vor kurzem offenbar keinen Anlass, sich explizit zum „allgemeinen Bankvertrag“ als solchem im Unterschied zur vertraglichen Einigung über die AGB oder beispielsweise zum Girovertrag zu äußern (Häuser, Giroverhältnis, S. 1317
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(1340)). Zwar erwähnte die Rechtsprechung gelegentlich den Bankvertrag, etwa im Zusammenhang mit dem Bankgeheimnis oder mit einem Giro- und Kontokorrentvertrag, ohne jedoch aus dieser Umschreibung des Rechtsverhältnisses der Bank zu ihrem Kunden bestimmte Rechtsfolgen abzuleiten. Häufig war mit dieser Kennzeichnung bei näherem Hinsehen verkürzend auch nur das einzelne Bankgeschäft (z.B. die Eröffnung eines Girokontos) gemeint (vgl. BGHZ 63, 87 (90 f.); BGH WM 1973, 892; BGH WM 1958, 871; BGH WM 1958, 588; BGH WM 1957, 30; BGHZ 23, 222 (223); BGHZ 2, 218 (225) = NJW 1951, 652 = LM Nr. 1 zu § 667 BGB; BGH NJW 1951, 599; OLG München ZIP 2006, 2122 = NZI 2007, 108 = EWiR 2006, 705; dazu auch Schwark, ZHR 151 (1987), 325 (329)). Nach Ansicht des OLG Frankfurt besteht freilich im Bank-Kunden-Verhältnis „ein allgemeiner Bankvertrag, der, wie dies üblich ist, die Grundlage aller zwischen beiden stattfindenden bankgeschäftlichen Vorgänge bildet“ und „die Pflicht zu gegenseitiger Treue, Fürsorge und Rücksichtnahme“ beinhaltet (WM 1988, 1439 (1440); ebenso BGH (II. ZS) WM 2004, 1237, 1238). 7
2. Urteil des BGH vom 24. September 2002 – XI ZR 345/01 – und seine Fallgestaltung. Der Bankrechtssenat des BGH hat im Urteil vom 24. September 2002 – XI ZR 345/ 01 – aus Anlass eines eher unspektakulären, aber anschaulichen Falles nunmehr grundsätzlich zur Lehre von einem pflichtenbegründenden allgemeinen Bankvertrag Stellung genommen und diese Rechtsfigur mit einer Reihe von Argumenten abgelehnt (BGHZ 152, 114 = WM 2002, 2281 = ZIP 2002, 2082 = NJW 2002, 3695 = DB 2002, 2591 = BB 2002, 2573 = BKR 2002, 1089; dazu Petersen, JURA 2004, 627; Kilgus, BB 2002, 2576; Paul, BGHReport 2002, 1096; Balzer, BKR 2002, 1092; Kort, EWiR 2003, 151 „Grundsatzentscheidung“; ebenso Roth, WM 2003, 480).
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Konkursverwalter und Bank stritten über entgangene Anlagezinsen aus einem Sichtguthaben in Fremdwährung, das der Gemeinschuldner der Bank verpfändet hatte. Die Bank hatte das US-Dollar-Festgeld zu Tagesgeldkonditionen auf dem Konto belassen und es mit Rücksicht auf die Verpfändung mit einem Sperrvermerk versehen. Das Berufungsgericht hatte dem Kläger einen Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zugesprochen. Es habe für die gesamte und langjährige Geschäftsbeziehung ein Rahmenvertrag bestanden, der die Grundlage für alle einzelnen Bankgeschäfte gebildet habe. Aus diesem Rahmenvertrag und den abgeschlossenen Einzelverträgen sei die Bank verpflichtet gewesen, den Gemeinschuldner ordnungsgemäß zu beraten und zu betreuen. Diese Pflicht habe die Beklagte verletzt, weil sie das US-Dollar-Festgeld zu Tagesgeldkonditionen auf dem Konto belassen habe, obwohl dieses mit einem Sperrvermerk versehen war. Während der Laufzeit des Darlehens von einem Jahr habe der Gemeinschuldner deshalb nicht über das verpfändete Guthaben verfügen können, so dass die vereinbarten Tagesgeldkonditionen nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen hätten. Die Beklagte habe den Kunden auf dessen Verlangen unverzüglich angemessene Bedingungen einräumen und ihn auf die unzureichende Verzinsung hinweisen müssen. Dieser Begründung ist der BGH entgegengetreten. Dem Kunden stehe kein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung zu. Die Bank habe keine Pflicht zu ordnungsgemäßer Beratung und Betreuung des Kunden verletzt. Die gesamte Geschäftsbeziehung werde nicht durch einen allgemeinen Bankvertrag als Rahmenvertrag überlagert. Nach Ansicht des BGH (a.a.O.) hat der klagende Kunde im konkreten Fall keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die einen konkludenten Abschluss eines allgemeinen Bankvertrages als Rahmenvertrag ergeben. Der BGH wendet sich also dagegen, einen solchen Vertragsschluss allein schon aus den folgenden typischen Vertragsumständen herzuleiten.
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3. Kein allgemeiner Bankvertrag aus dauernder Geschäftsverbindung. Allein aus einer langjährigen Geschäftsverbindung, die beispielsweise in verschiedenen Verträgen
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über Bankkonten und Darlehen zum Ausdruck kommt, lässt sich nach Ansicht des BGH (a.a.O.) ohne besondere Anhaltspunkte nicht der (konkludente) Abschluss eines eigenständigen allgemeinen Bankvertrages als Rahmenvertrag zwischen dem Bankkunden und der Bank herleiten. Der Bankrechtssenat folgt vielmehr dem Teil des Schrifttums, der aus einer längeren Geschäftsverbindung zwischen einer Bank und einem Kunden im Zusammenhang mit einem Giro- oder einem Darlehensvertrag keinen eigenständigen allgemeinen Bankvertrag als Rahmenvertrag ableitet, sondern eine längere Geschäftsverbindung als eine Beziehung qualifiziert, die auf einer mehr oder weniger großen Zahl von Einzelverträgen und dem sich daraus ergebenden Dauerschuldverhältnis beruht (unter Verweis auf MünchKommHGB-Hadding/Häuser, ZahlungsV Rn. A 151 f.; MünchKommBGBWestermann, Vor § 607 BGB Rn. 15 f.; MünchKommBGB-K. P. Berger, Vor § 488 Rn. 78; Heymann-Horn, Anh. zu § 372 HGB Rn. I/6; Canaris, Rn. 4 ff.; Kümpel, Rn. 2.806 ff.; Schwark, ZHR 151 (1987), 325 (329 f.); Werner, ZBB 1990, 236 (238)). 4. Kein allgemeiner Bankvertrag aus Vereinbarung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Auch wenn mit dem ersten Giro- oder Darlehensvertrag die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank, die nicht nur das Giro- oder Darlehensverhältnis regeln, vereinbart werden, kann nach Ansicht des BGH (a.a.O.) nicht von einem zusätzlichen allgemeinen Bankvertrag ausgegangen werden. Giro- und Darlehensverträge seien ihrerseits regelmäßig von vornherein auf längere Zeit angelegt und begründeten ein Dauerschuldverhältnis und mithin die Grundlage der Geschäftsbeziehung. Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen, die aus Anlass eines Giro- oder Darlehensvertrages vereinbart werden, seien nicht Gegenstand eines selbstständigen Vertrags, sondern, auch soweit sie mit ihren Bestimmungen über das Giro- oder das Darlehensverhältnis inhaltlich hinausgehen, Teil des Giro- oder Darlehensvertrages. Dass sie auch für spätere weitere Bankgeschäfte von Bedeutung sind, ändere nichts. Eines allgemeinen Bankvertrages bedürfe es für die Geltung der AGB mit Rücksicht auf die AGB-Rahmenvereinbarung nach § 305 Abs. 3 BGB (früher § 2 Abs. 2 AGBG) nicht (Werner, ZBB 1990, 236 (238)).
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5. „Allgemeiner Bankvertrag“ und Vertragsbegriff. Die Annahme eines neben einem Giro- oder Darlehensvertrag mit Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschlossenen zusätzlichen allgemeinen Bankvertrages verfehlt nach Ansicht des BGH (a.a.O.) sogar den allgemeinen Vertragsbegriff. Es fehle nämlich an einer eigenständigen bindenden Rechtsfolge eines solchen Bankvertrages, die durch die von den Parteien abgegebenen Willenserklärungen in Kraft gesetzt wird. Denn der allgemeine Bankvertrag begründet auch nach Ansicht seiner Anhänger keine primären Hauptleistungspflichten, sondern nur sekundäre Schutz- und Verhaltenspflichten. Solche Pflichten bestehen indes unabhängig vom Willen der Parteien (im Anschluss an Canaris, Rn. 5).
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6. Kein Kontrahierungszwang für „risikoneutrale“ Bankgeschäfte. Der BGH (a.a.O.) widerspricht ferner der Auffassung eines Teils der Literatur, nach der sich aus dem allgemeinen Bankvertrag auch die Pflicht der Bank ergebe, einzelne vom Kunden gewünschte risikoneutrale Geschäftsbesorgungen vorzunehmen (Schimansky/Bunte/ Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 27 ff.; Claussen, § 1 Rn. 197; a.A. insoweit Hellner/SteuerLwowski/Roth, BuB Rn. 2/5). Es spreche nichts für die Bereitschaft der Bank, geschweige denn für einen dem Kunden gegenüber ausdrücklich erklärten Vertragswillen, sich schon bei der Aufnahme der Geschäftsbeziehung unter Aufgabe ihrer Vertragsfreiheit einem beschränkten privatrechtlichen Kontrahierungszwang hinsichtlich vom Kunden gewünschter risikoneutraler Geschäftsbesorgungen zu unterwerfen. Die Annahme eines solchen Rechtsbindungswillens, der mit dem Interesse der Bank erkennbar nicht im Einklang steht, sei genau so fiktiv wie der des Kunden, er wolle sich verpflichten, künftig alle
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Bankgeschäfte nur mit dieser Bank, nicht aber mit einer anderen abzuwickeln (im Anschluss an Canaris, Rn. 6 f.). 13
7. Überflüssige Rechtsfigur. Abschließend führt der BGH (a.a.O.) das sehr weitgehende Argument an, der allgemeine Bankvertrag als übergreifender, die gesamte Geschäftsbeziehung regelnder Rahmenvertrag sei überflüssig, weil Schutz- und Verhaltenspflichten, die aus dem allgemeinen Bankvertrag folgen sollen, auch von Anhängern der Lehre vom allgemeinen Bankvertrag aus einem auf Grund der Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Kunden bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten abgeleitet werden, wenn der allgemeine Bankvertrag nichtig ist (im Anschluss an Baumbach/Hopt, (7) BankGesch Rn. A/7; MünchKommBGB-K. P. Berger, Vor § 488 Rn. 78).
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II. Meinungsstand im Schrifttum. Bis zur Entscheidung des Bankrechtssenats vom 24. September 2002 (a.a.O.) konnte man davon ausgehen, dass die wohl überwiegende Meinung im Schrifttum sich für die Lehre vom allgemeinen Bankvertrag aussprach ( Karsten Schmidt, HandelsR, § 20 I 2b, S. 600: „herrschende Meinung“; Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 18, Lehre habe sich „durchgesetzt“; Claussen, FS Peltzer, S. 55 (65): „überwiegende Literatur“). Während diese Lehre in der Vergangenheit vor allem mit dem Argument angegriffen worden ist, die bloße Vereinbarung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen reiche für einen Vertrag nicht aus, lässt sich dieser Einwand mit Rücksicht auf § 305 Abs. 3 BGB (früher § 2 Abs. 2 AGBG), der die AGB-Rahmenvereinbarungen ausdrücklich anerkennt, nicht mehr aufrechterhalten. Selbst wenn in der Praxis eine isolierte Rahmenvereinbarung außerhalb eines konkreten Bankgeschäfts, z.B. des Abschlusses eines Girovertrags, nur selten vorkommt, so ist es rechtlich durchaus möglich, eine derartige Vereinbarung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus Anlass eines bestimmten Geschäfts nach Maßgabe des § 305 Abs. 3 BGB (früher § 2 Abs. 2 AGBG) zu treffen. Bei später abzuschließenden Rechtsgeschäften gelten dann die AGB, ohne dass es einer erneuten Einbeziehung nach § 305 Abs. 2 BGB (früher § 2 Abs. 1 AGBG) bedarf. Heute wird umgekehrt darauf hingewiesen, die in § 305 Abs. 3 BGB (früher § 2 Abs. 2 AGBG) anerkannte Rahmenvereinbarung über die Geltung der AGB lasse ein Bedürfnis für einen „allgemeinen Bankvertrag“ entfallen (Werner, ZBB 1990, 236 (238)) oder diese sei „kein Spezifikum des Bankrechts“ (so Kümpel, Rn. 2.815).
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1. Befürworter des „allgemeinen Bankvertrages“. Teile des Schrifttums gehen davon aus, dass Bank und Kunde als rechtsgeschäftliche Grundlage ihrer Geschäftsverbindung, wenn nicht nur ein einzelnes Bankgeschäft abgewickelt werden soll, einen „allgemeinen Bankvertrag“ schließen, der ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag sei (§§ 675 Abs. 1, 611 Abs. 1 BGB) und der den rechtlichen Rahmen für die jeweils zu schließenden Einzelverträge vorgibt und dessen Wirkungen über die jeweiligen einzelnen Bankgeschäfte, also auch ein Giroverhältnis, hinausreicht (Köndgen, NJW 1992, 2263; Pikart, WM 1957, 1238; Baumbach-Hopt, HGB, BankGesch (7) A/6; Hopt/Mülbert, Vorbem. zu § 607 BGB, Rn. 506; Hopt, S. 393 ff.; Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 19, 32; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 2 Rn. 2; Hellner/Steuer-Lwowski/Roth, BuB, Rn. 2/2 ff.; Raiser, S. 135 (145); P. Ulmer, S. 316 ff.; Schwark, ZHR 151 (1987), 325 (329); Rümker, ZHR 147 (1983), 27; Bunte, WM 1983, 430; Fuchs, passim; Häuser, S. 1317 (1336); Staudinger-Martinek, BGB, Stand 2006, § 675 Rn. B 27; MünchKommBGB-Heermann, § 675 Rn. 51; Palandt-BGB-Sprau, § 675 Rn. 9; auch nach der Entscheidung des BGH Claussen, § 1 Rn. 200; Köndgen, NJW 2004, 1288, 1289; Roth, WM 2003, 480 (482)). Dies komme insbesondere in der üblichen Vereinbarung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken oder der Sparkassen zum Ausdruck, die eben nicht nur Bestimmungen über einzelne Bankgeschäfte enthielten, sondern auf die gesamte Geschäftsverbindung ausgerichtet seien, ohne sich jedoch darin zu erschöpfen. Ein solcher
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„allgemeiner Bankvertrag“, der von den im Einzelnen abzuschließenden Bankgeschäften zu unterscheiden ist, differenziert also die ohnehin schon vielschichtige Vertragstruktur auch einfacher Bankgeschäftstypen, wie beispielsweise den „Kontovertrag“ (dazu Mülbert, FS Kümpel, S. 395), weiter aus. Er hat zwar keine primären Hauptleistungspflichten zum Gegenstand, ist aber wohl die Rechtsgrundlage für sekundäre Schutz- und Verhaltenspflichten, und zwar sowohl zu Gunsten der Bank als auch des Kunden, für das Kreditinstitut steht insbesondere die Pflicht zur Verschwiegenheit (sog. Bankgeheimnis) im Vordergrund. Zu Gunsten eines „allgemeinen Bankvertrages“ hat sich in jüngerer Zeit auch nach der Entscheidung des BGH insbesondere Hopt mit Rücksicht auf die rechtsgeschäftliche Privatautonomie ausgesprochen, die es als selbstverständlich erscheinen lasse, dass Bank und Kunde ihre Geschäftsverbindung in einem solchen Bankvertrag als Grund und Rahmen für später abzuschließende einzelne Geschäfte ausgestalten können. Der Gesetzgeber habe den Grund- oder Rahmenvertrag als zivilrechtliche Rechtsfigur in § 104 Abs. 2 InsO ausdrücklich anerkannt und auch Nr. 1 Abs. 1 AGB der Sparkassen deute mit der folgenden Formulierung darauf hin: „Die Geschäftsbeziehung zwischen dem Kunden und der Sparkasse ist durch die Besonderheiten des Bankgeschäfts und ein besonderes Vertrauensverhältnis geprägt“. Es könne nur fraglich sein, ob die Parteien einen solchen Vertrag im Einzelfall tatsächlich gewollt haben, weshalb gegen den Bankvertrag nicht überzeugend eingewandt werden könne, Bank und Kunde würden nicht stets einen Bankvertrag vorweg schließen. Von einem „Aus für die Lehre vom allgemeinen Bankvertrag“ kann deshalb nach Hopt keine Rede sein. Die Frage nach der Existenz oder Nichtexistenz eines allgemeinen Bankvertrages sei nicht richtig gestellt. Anknüpfungspunkt für die Begründung eines allgemeinen Bankvertrages sei die Feststellung des rechtlichen Gestaltungswillens von Bank und Kunde, der nach den §§ 133, 157 BGB durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln sei, den der Kunde zur Aufnahme der Beziehung zu der Bank gerade abschließt. (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 15, 19f., 53; Baumbach/ Hopt, HGB, BankGesch (7) A/6; Lang, BKR 2003, 227 (230); Ebenroth/Boujong/JoostThessinga, Bd. 2 BankR Rn. I 11; Kilgus, BB 2002, 2567).
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Ob im einzelnen Fall, wenn der Kunde einen Girovertrag mit entsprechender Kontoeröffnung vereinbart oder einen Krediteröffnungsvertrag schließt, zusätzlich auch ein Bankvertrag zustande kommt, wird folgerichtig als eine Frage der Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) angesehen. Insoweit entspricht es nach Hopt typischerweise dem Interesse des Kunden, dass die Bank über das konkrete Geschäft hinaus seine Interessen wahrt, z. B. das Bankgeheimnis beachtet, ihm im Rahmen normaler Bankgeschäfte zur Verfügung steht und ihn bei der Verhandlung über künftige Einzelgeschäfte nicht schädigt oder dafür haftet. Und die Bank ihrerseits bringt zum Ausdruck, dass sie sich diesen Erwartungen nicht verschließt, was beispielsweise in Nr. 2 Abs. 2 der AGB der Banken sichtbar wird, in dem sie die Wahrung des Bankgeheimnisses auch über das konkrete Geschäft hinaus verspricht oder wenn Nr. 1 Abs. 1 AGB der Sparkassen betont, die Geschäftsverbindung werde durch ein besonderes Vertrauensverhältnis geprägt (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 22; ebenso Claussen, FS Peltzer, S. 55 (66); Ebenroth/Boujong/Joost-Thessinga, Bd. 2 BankR Rn. I 11). Zu dem Gegenargument, es liege nicht im Interesse der Banken, sich in dieser Weise bereits über das aktuelle Geschäft hinaus rechtlich zu verpflichten, wird darauf verwiesen, die Banken würden die Erwartungshaltung ihrer Kunden kennen und diese als in ihrem Geschäftsinteresse liegend gerne hinnehmen (Schimansky/Bunte/ Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 22).
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Wenn ferner gegen den Bankvertrag angeführt wird, die Parteien setzten keine Rechtsfolge in Geltung, weil sie die Geschäftsverbindung jederzeit abbrechen könnten (so Ca-
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naris, Anm. 4), ist aus heutiger Sicht einzuwenden, dass die Bank nach Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken die gesamte Geschäftsverbindung oder einzelne Geschäftsbeziehungen, für die weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist, nur unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist jederzeit kündigen kann. Nur der Kunde kann allerdings nach Nr. 18 Abs. 1 AGB-Banken jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Vor allem spricht es nicht gegen einen Vertragsschluss, dass ein daraus entstandenes Schuldverhältnis jederzeit beendet werden kann. Entscheidend ist, ob inhaltlich Rechte und Pflichten vereinbart sind, die so lange bestehen, bis das vertragliche Schuldverhältnis, sei es auch ohne Kündigungsfrist, beendet wird. Im Übrigen wirft die Gegenansicht die Frage auf, was nach Nr. 18, 19 AGB der Banken eigentlich gekündigt werden kann und muss, falls ohnehin keine Bindung besteht? 19
Dass die aus dem allgemeinen Bankvertrag folgenden Schutzpflichten sich ebenso gut mit Hilfe eines gesetzlichen Schuldverhältnisses (Lehre von der Geschäftsverbindung oder der Vertrauenshaftung) erklären lassen (dazu Rn. 41), ist sachlich belanglos. Entscheidend ist, ob der Kunde solche Pflichten von seinem Vertragspartner erwartet, es also als Vertragsbestandteil ansieht und die Bank dies ebenfalls so betrachtet oder jedenfalls den Kunden in der Erwartung belässt (§§ 133, 157 BGB) (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 23).
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2. Gegner des „allgemeinen Bankvertrages“. Andere Autoren lehnen die Lehre vom allgemeinen Bankvertrag grundsätzlich ab (vgl. nur Canaris Rn. 2 ff.; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. I/7; Schwark, S. 100 ff.; Altjohann, 1962). Es ist sogar von dem „Gespenst“ des allgemeinen Bankvertrages die Rede (so Reichwein, SchwAG 1987, 18 (21); ferner Guggenheim, S. 11: „wirklichkeitsfremd“). Gegen einen „allgemeinen Bankvertrag“ spreche, dass er, abgesehen von den durch ihn begründeten Verhaltenspflichten, „keinen materiellen Inhalt“ hat; denn weder verpflichte er den Bankkunden, bestimmte Bankgeschäfte abzuschließen, noch verpflichte er die Bank, einem derartigen Abschluss zuzustimmen (so Werner, ZBB 1990, 236 (238)). Mit der bloß einverständlichen Herstellung einer Geschäftsverbindung werde deshalb keine „Rechtspflicht in Geltung gesetzt“ und es würden somit die Voraussetzungen des allgemeinen Vertragsbegriffes verfehlt. Auch im bankgeschäftlichen Verkehr gelte mit Blick auf die Geschäftsverbindung die allgemeine Regel des § 362 Abs. 1 HGB, nach der ein Schweigen des Kreditinstituts auf einen Vertragsantrag des Kunden über eine Geschäftsbesorgung als Annahme gilt. Damit werde dem Schutzbedürfnis eines Bankkunden im Rahmen einer Geschäftsverbindung ausreichend Rechnung getragen (MünchKommHGB-Hadding/Häuser, ZahlungsV Rn. A 152; Balzer, BKR 2002, 1092 (1094)).
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Da freilich die schützwürdigen Interessen, denen der allgemeine Bankvertrag Rechnung tragen will, nicht in Frage gestellt werden, liegt der Schwerpunkt der Argumentation der Gegner in der alternativen Begründung der meisten Ergebnisse, die auch mit der allgemeinen Annahme des Bankvertrages erreicht werden sollen, und zwar mittels der Lehre von der Geschäftsverbindung und teilweise unter zusätzlicher Heranziehung der Lehre von der Vertrauenshaftung (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 25).
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3. Vertragstyp des „allgemeinen Bankvertrages“. Nach der Lehre von einem „allgemeinen Bankvertrag“ ist er schuldvertraglich als ein Dienstvertrag, der auf eine Geschäftsbesorgung gerichtet ist (§§ 675 Abs. 1, 611 Abs. 1 BGB), zu qualifizieren, denn die Bank verspricht dem Kunden, ihm für die Besorgung der allgemeinen Bankgeschäfte zur Verfügung zu stehen. Der Bankvertrag ist also kein untypischer Vertrag (kein Vertrag sui generis), sondern verpflichtet zur interessewahrenden Besorgung von Bankgeschäften unterschiedlichen Vertragstyps für den Kunden; denn die einzelnen parallelen Bankge-
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schäfte sind ganz unterschiedlichen Vertragstypen wie beispielsweise dem Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 Abs. 1 BGB), dem Kauf-, Dienst- oder Werkvertrag (§§ 433 ff., 611 ff. oder 631 ff.) zuzuordnen (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 32; Baumbach/Hopt, HGB, BankGesch (7) A/6; ferner schon Raiser, S. 145; Haupt, S. 43 (45 f.); Ulmer, S. 318). 4. Das Verhältnis des allgemeinen Bankvertrages zu den einzelnen Bankgeschäften. Die Geschäftsverbindung auf Grund des Bankvertrages ist also von den einzelnen abzuschließenden Bankgeschäften zu unterscheiden. Denn anknüpfend an die Präambel der AGB der Banken aus dem Jahre 1993 wird der wesentliche Inhalt des allgemeinen Bankvertrages nach wie vor darin gesehen, dass Bank und Kunde eine „Geschäftsverbindung“ eingehen und die Bank den Kunden ihre Geschäftseinrichtungen zur Erledigung verschiedenartiger Aufträge zur Verfügung stellt (z. B. Liesecke, WM 1959, 614). Im Verhältnis zu den einzelnen Bankgeschäften kommt es mit Rücksicht auf die Kennzeichnung des Bankvertrages als Grund- oder Rahmenvertrag zu einer Aufteilung der vertraglichen Regelungsmaterie (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 33; Baumbach/Hopt, HGB, BankGesch (7) Rn. A/6). Soweit einzelne Bankgeschäfte nicht nur ein Dauerschuldverhältnis begründen, sondern ihrerseits als Grund- oder Rahmenverträge zu qualifizieren sind, ist davon auszugehen, dass die Parteien nicht zwei Rahmenverträge, sondern einen einheitlichen Rahmenvertrag abschließen wollen. Dies gilt etwa für den Krediteröffnungsvertrag, durch den der Kreditgeber sich zur Kreditgewährung bis zu einer bestimmten Höhe (Kreditrahmen) verpflichtet. Der Vertrag gibt dann nicht nur den Rahmen für die einzelnen Kreditverträge, sondern auch für weitere Bankgeschäfte ab. Soweit dabei Vertragselemente unterschiedlicher Typen kombiniert werden – für den Krediteröffnungsvertrag je nach dem versprochenen Kredit bereits Elemente des entsprechenden Vertragstyps (§§ 488 Abs. 1, 675 Abs. 1, 433 Abs. 1 BGB, Garantievertrag), für den Bankvertrag §§ 675 Abs. 1, 611 Abs. 1 BGB –, ist dies unproblematisch (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 38). a) Zustandekommen. Die Vorstellung vom Bankvertrag als Grund- oder Rahmenvertrag legt es an sich nahe, dass er zeitlich vor dem ersten einzelnen Bankgeschäft zustande kommt. Dies wird im Einzelfall nur möglich sein, wenn etwa die Bankverbindung zwar aus Anlass eines konkreten Bankgeschäftes begründet wird, der endgültige Abschluss desselben, etwa die Einholung einer Bürgschaft oder des Darlehensvertrag noch von weiteren Umständen, beispielweise der Prüfung einzuräumender Sicherheiten, abhängt. Üblicherweise wird der Bankvertrag jedoch zusammen mit dem eines einzelnen Bankgeschäftes geschlossen, so wenn ein Girovertrag abgeschlossen oder ein Kredit gewährt wird. Gleichwohl ist auch hier zwischen dem Rahmenverhältnis und dem einzelnen Bankgeschäft rechtlich zu unterscheiden (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 34). Zu seiner Wirksamkeit bedarf es keines schriftlichen Antrags und auch nicht der Ausfüllung von Formblättern (so BGH WM 1958, 589 (599); Ebenroth/Boujong/JoostThessinga, Bd. 2 BankR Rn. I 14). b) Abschlusspflichten der Bank bei „neutralen“ Geschäften. Die Bank ist regelmäßig nicht verpflichtet, auf Grund des allgemeinen Bankvertrages im Sinne eines verpflichtenden Vorvertrags einzelne Bankverträge zu schließen. Etwas anderes wäre mit der Vertragsabschlussfreiheit unvereinbar. Ein Kontrahierungszwang beispielsweise bei Krediten an Personen, welche die bonitätsmäßigen Voraussetzungen dafür nicht erfüllen, oder bei einer Bürgschaft für einen nicht solventen Kunden wäre ökonomisch unsinnig (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 27 ff.; Ebenroth/Boujong/Joost-Thessinga, Bd. 2 BankR Rn. I 17).
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Zu einem Bankvertrag steht es freilich in Widerspruch, dass die Bank im Rahmen der bestehenden Bankverbindung bei so genannten neutralen Geschäften, beispielsweise der Errichtung eines Girokontos oder der Besorgung von Wertpapiergeschäften, ein Angebot des Kunden beliebig abweisen kann. Man wird annehmen können, dass die Bank dem Kunden im Bankvertrag ausdrücklich oder konkludent verspricht, ihm für seine Bankgeschäfte im Rahmen der Besonderheiten des Bankgeschäftes und in einem besonderen Vertrauensverhältnis zur Verfügung zu stehen und dabei seine Aufträge mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes ausführt (Nr. 1 Abs. 1 AGB-Sparkassen). Die beliebige Ausschließung eines Kunden, auch von neutralen Bankgeschäften, wäre mit dem Bankvertrag als Interessewahrungs- und Vertrauensverhältnis unvereinbar (Schimansky/Bunte/ Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 28; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 2 Rn. 20; Ebenroth/ Boujong/Joost-Thessinga, Bd. 2 BankR Rn. I 17). Denn im Bankvertrag als Interessewahrungsvertrag (zutreffend OLG Frankfurt WM 1988, 1439 (1440)) vereinbaren Bank und Kunde, die Geschäftsbeziehung als ein Vertrauensverhältnis zu behandeln. Die Bank verspricht dem Kunden, seine Interessen zu wahren, soweit das der Bankverbindung oder der Stellung der Bank entspricht und mit der Wahrung ihrer eigenen Interessen vereinbar ist.
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Es räumen auch Gegner des allgemeinen Bankvertrages ein, dass die Bank in besonderen Fällen aus der Geschäftsverbindung verpflichtet sein kann, ihr angetragene Geschäfte zu übernehmen (vgl. Kümpel, Rn. 2.812; Canaris, Anm. 9 und Anm. 1271, Anm. 1840, 1843). Es wäre aber nicht folgerichtig, die Interessenwahrung und das Vertrauen nur auf die jeweils einzelnen Bankgeschäfte zu beschränken. Die Bank darf bei Fortbestehen der Geschäftsbeziehung den Bankkunden nicht nach freiem Belieben oder willkürlich und ohne eigenes Interesse von ihren Bankdienstleistungen ausschließen. Wenn die Bank den Kunden abweisen will, muss sie vielmehr die gesamte Geschäftsverbindung, also den Bankvertrag beenden, was sie heute jederzeit unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist kann (Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken; Nr. 26 Abs. 1 Satz 2 AGB-Sparkassen) (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt,§ 1 Rn. 29).
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c) Gleichbehandlungspflicht der Bank bei „neutralen“ Geschäften. Ebenso wie Banken auf Grund des Bankvertrages einem punktuellen Abschlusszwang unterliegen, gilt für sie auch eine inhaltliche Beschränkung mit Rücksicht auf eine bankvertraglich vereinbarte Gleichbehandlungspflicht hinsichtlich „neutraler“ Geschäfte. Aus denselben Gründen kann sie im Massengeschäft nicht einzelne Kunden willkürlich anders behandeln als alle anderen. Mit Rücksicht auf die Vertragsinhaltsfreiheit ist sie selbstverständlich nicht verpflichtet, jedem Kunden im Wettbewerb dieselben Konditionen zu gewähren. Aber der Kunde hat beispielsweise bei einer allgemeinen Gebührensenkung oder einer Änderung der Geschäftsbedingungen zu Gunsten der Kunden Anspruch darauf, dass diese auch ihm angeboten wird. Er braucht, wenn nichts anderes abgesprochen ist, nicht damit zu rechnen, dass die Bank ihn bei Bankdienstleistungen, die sie im Massengeschäft zu üblichen Entgelten und Bedingungen erbringt, willkürlich anders behandelt (§§ 133, 157 BGB) (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 30; Ebenroth/Boujong/Joost-Thessinga, Bd. 2 BankR Rn. I 20; im Ergebnis ebenso Canaris, Anm. 121). Dies folgt aus einer rahmenvertraglichen Absprache für die gesamte Geschäftsführung. Die Bank kann sich dem nur entziehen, wenn sie die Interessewahrung insgesamt und unter Einhaltung der vereinbarten Frist zu Ende bringt (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 30).
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d) Rechtswirksamkeit. Bankvertrag und einzelnes Bankgeschäft sind grundsätzlich unabhängig voneinander rechtswirksam. Der § 139 BGB gilt im Verhältnis der Geschäfte zueinander nicht (Ebenroth/Boujong/Joost-Thessinga, Bd. 2 BankR Rn. I 14). Ist der Bankvertrag wirksam, kann beispielsweise gleichwohl ein einzelner Darlehensvertrag wegen sittenwidriger Höhe der Zinsen oder sonstiger Vertragsgestaltung nichtig sein.
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§ 2 Geschäftsbeziehung und Bankvertrag
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Diese Sittenwidrigkeit wirkt sich nicht auf den Bankvertrag aus, was im Einklang mit den Interessen des Kunden liegt. Das gilt auch in dem seltenen Fall, dass einzelne Bankgeschäfte formbedürftig sind (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 35). Umgekehrt lässt die Nichtigkeit des allgemeinen Bankvertrages gewöhnlich die Wirksamkeit des einzelnen Bankgeschäftes unberührt, so wenn das einzelne Bankgeschäft erst später abgeschlossen wird, beispielsweise ein Minderjähriger inzwischen volljährig geworden ist, oder wenn hinsichtlich des Bankvertrages, aber nicht des Darlehensvertrages ein Dissens vorliegt (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 36). e) Leistungsstörungen und Beendigung. Auch hinsichtlich der Leistungsstörungen und der Beendigung der Vertragsverhältnisse ist zwischen Bankvertrag und einzelnen Bankgeschäften zu unterscheiden. Die Leistungsstörungen wirken sich zunächst nur in dem rechtlichen Verhältnis aus, in dem sie eingetreten sind. Um sie auch auf das jeweils andere Verhältnis zu erstrecken, muss dies besonders begründet oder vereinbart werden (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 39).
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Auch bei der Kündigung ist zwischen einzelnen Geschäftsbeziehungen und dem allgemeinen Bankverhältnis zu trennen. Wird ein einzelnes Geschäftsverhältnis gekündigt, so berührt dies nicht ohne weiteres das allgemeine Bankverhältnis. Selbst bei außerordentlicher fristloser Kündigung des allgemeinen Bankvertrages wird nicht automatisch auch das einzelne Bankgeschäft, beispielsweise ein gewährter Kredit, zum gleichen Zeitpunkt beendet (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 40).
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5. Allgemeine Verhaltenspflichten der Bank und des Kunden. a) Bank. Als unmittelbare Wirkungen des allgemeinen Bankvertrages sind vor allem allgemeine Schutz- und Verhaltenspflichten seitens der Bank typisch, die sich ergeben, falls er wirksam zu Stande gekommen ist (ebenso BGH WM 2004, 1237, 1238), und nicht erst aus einem vorvertraglichen Schutz- und Schuldverhältnis, der Geschäftsverbindung oder dem Vertrauen als Grundlage einer Vertrauenshaftung. Aus diesem Vertrauensverhältnis ergibt sich in erhöhtem Maße die Verpflichtung zur Wahrung von Treu und Glauben, wovon nicht nur das einzelne Geschäft, sondern der allgemeine Bankvertrag beherrscht wird. Diese Nebenpflichten stehen neben den eigentlichen vertraglichen Pflichten und prägen wie diese den Vertragsinhalt. Im Vordergrund stehen die an anderer Stelle behandelten allgemeinen Verhaltenspflichten der Bank, z. B. Aufklärungs-, Warn-, Auskunfts- und Beratungspflichten. Die wichtigsten dieser Pflichten sind das Bankgeheimnis (Rn. 35) und allgemeine Aufklärungspflichten der Bank.
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b) Kunde. Die Pflichten des Kunden aus dem allgemeinen Bankvertrag stehen nicht so sehr im Vordergrund. Aber auch den Kunden können bestimmte Verhaltenspflichten gegenüber der Bank treffen, beispielsweise die Pflicht, die Gefahren von Fälschung, Verfälschung und betrügerischen Manipulationen nach Maßgabe seiner Einsicht soweit wie möglich auszuschalten. In den AGB-Banken sind z. B. die Pflicht zur Überprüfung der Rechnungsabschlüsse (Nr. 7 Abs. 2 AGB-Banken) oder die Verpflichtung zur Erteilung von klaren und eindeutigen Aufträgen (Nr. 11 Abs. 2 AGB-Banken) geregelt, von denen anzunehmen ist, dass sie auch ohne die ausdrückliche Erwähnung in den AGB gelten würden. Auch sonst müssen die Kunden im Interesse der Bank ein gewisses Maß an Kontrolle der im Verkehr mit der Bank anfallenden Unterlagen, insbesondere der ihm in den Tagesauszügen mitgeteilten Kontobewegungen und Kontostände aufbringen (Häuser, S. 1317 (1344)).
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6. Bankgeheimnis. Aus dem Bankvertrag schuldet die Bank auch ohne ausdrückliche Vereinbarung die umfassende Verschwiegenheitspflicht (vgl. zu Datenschutz und Bankgeheimnis ausführlich § 5 und § 6). Deshalb überzeugt die Behauptung nicht, Schutz-
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
pflichten würden sich schon aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis (Rn. 41) ergeben und könnten nicht Inhalt des Bankvertrages sein; denn gerade das Bankgeheimnis, das von den Gegnern des Bankvertrages (auch) als gesetzliche Schutzpflicht angesehen wird, zeigt, dass die Frage zwischen Bank und Kunden vertraglich geregelt werden kann. Das Rechtsverhältnis zwischen der Bank und ihrem Kunden wird auch als „besonderes Vertrauensverhältnis“ umschrieben; die Bank ist deshalb ihrem Kunden „vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet über ihren Geschäftsverkehr mit ihm und über alle Angelegenheiten, die aus diesem Anlass zu ihrer Kenntnis gelangen“ (so RG, Bank-Archiv XXXIV (1934), 326). Dieses Bankgeheimnis findet seine Rechtsgrundlage „in vertraglichen (oder vorvertraglichen) Beziehungen zu der Bank“; es gilt als „selbstverständlicher Bestandteil des Bankvertrages auch nach Beendigung der vertraglichen Beziehungen“ (BGHZ 166, 84 = NJW 2006, 830 = ZIP 2006, 317 = DB 2006, 607 = BKR 2006, 103 = JZ 2007, 148 m. Anm. v. Eckl, JR 2007, 157; Cosack/Enders, BKR 2006, 116; Ehricke, ZIP 2006, 925; Fischer, DB 2006, 598; Höpfer/Seibl, BB 2006, 673; Kort, NJW 2006, 1098; Segna WuB I B 2 – 3.06; Spindler, JZ 2006, 741; Lang, ZBB 2006, 115 (119); so vorher schon Nobbe, WM 2005, 1537 (1539); BGH DB 1953, 1031 = BB 1953, 993; ferner BGH WM 1973, 892 (893 f.); OLG Karlsruhe WM 1971, 486 = NJW 1971, 1042). Es handelt sich um eine besondere Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben und ist selbst dann zu wahren, wenn es zu einem einzelnen Geschäft gar nicht kommt. Unterfallen Äußerungen dem Schutzbereich des Bankgeheimnisses, unterliegen sie dem Schutz nebenvertraglicher auf § 280 Abs. 1 BGB gründender Interessewahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflichten, von denen das Bankgeheimnis eine besondere Ausprägung darstellt (BGHZ 166, 84: 3. Leitsatz; ebenso BGH NJW 2007, 2106 = MDR 2007, 786 = DB 2007, 793 = ZIP 2007, 619 = BB 2007, 619, m. Anm. v. Büttner, BB 2007, 798; Cahn WuB I B 2 – 1.07; Lieth, BKR 2007, 198; Möhlenkamp, BB 2007, 1126; Weber/Bulach, EWiR 2007, 267). Grundrechtlich ist das Bankgeheimnis als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 und 2 Abs. 1 GG) verbürgt (BGHZ 166, 84; BGH NJW 2004, 762; BGH NJW 1999, 2893; Nobbe, WM 2005, 1537 (1538)). Sein Inhalt und Umfang sind in Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken umschrieben. 36
Das Bankgeheimnis soll die berechtigten Interessen des Bankkunden an der Geheimhaltung von Tatsachen wahren, die der Bank im Rahmen der Geschäftsverbindung zur Kenntnis kommen (östOGH, ÖBA 1988, 1021 (1022)). Es werden alle Tatsachen erfasst, die der Kunde geheim zu halten wünscht (BGHZ 27, 241 (246) = WM 1958, 776). Hierzu gehören z. B. auch der Umfang des dem Kunden gewährten Kredits und die von diesem hierfür gegebenen Sicherheiten, „überhaupt alle Verhältnisse des Kunden, deren Bekanntwerden ihm nachteilig werden kann (so RG, Bank-Archiv XXXIV (1934), 326; ferner RGZ 126, 50 (52) = Bank-Archiv XXIV, 256; RG, Bank-Archiv XIII, 309; RGZ 19, 103 (104)).
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Ebenso wie den Umfang markiert in erster Linie das Einverständnis des Bankkunden auch die Grenzen des Bankgeheimnisses (BGH WM 1978, 1038 (1041); BGH WM 1973, 164 (166); WM 1971, 817 (818); schon RGZ 139, 103). Eine allgemeine Schranke findet das Bankgeheimnis insbesondere dort, wo „höhere Interessen der Allgemeinheit“ eine Offenbarung erfordern (vgl. BVerfGE 118, 168 = ZIP 2007, 1356 = WM 2007, 1360 = NJW 2007, 2464 m. Anm. v. Erm/Glatzek, EWiR 2008, 189; Geschwandtner/Lichtinghagen, WuB I L 1 § 24c KWG 1.08; Götzenberger, StB 2007, 425; Wenner, SozSich 2007, 316). Vgl. dazu auch Göres, NJW 2005, 253; Hamacher, DStR 2006, 633; Maidorn, NJW 2006, 3752; zu nachrichtendienstlichen Abfragen Huber, NJW 2007, 881 und Abfragen im Rahmen europäischer Rechtshilfe Kutzner, DStR 2006, 639); ein Kreditinstitut wird ferner ausnahmsweise auch bei „einem überwiegenden eigenen Interesse“ von der Verschwie-
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genheitspflicht befreit, wenn ganz besondere Umstände vorliegen. Erforderlich ist immer eine „pflichtgemäße Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen (so RG, Bank-Archiv XXXIV (1934), 326). Dies gilt auch bei einem Konflikt zwischen einer Aufklärungspflicht des Kreditinstituts gegenüber einem anderen Kunden und der Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses; auch hier hat eine Güterabwägung stattzufinden. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang die aufklärungspflichtige Bank gezwungen wäre, Einzelheiten ihrer Geschäftsverbindung mit einem anderen Kunden und über dessen Vermögenslage zu offenbaren (BGH, WM 1991, 85 (86)). 7. Beendigung des allgemeinen Bankverhältnisses. a) Kündbarkeit nach Nr. 18 und 19 AGB-Banken. Eine Kündigung kann sich nach Nr. 18 und 19 AGB-Banken auf einzelne Geschäftsbeziehungen oder auf die „gesamte Geschäftsverbindung“ beziehen. Die gesamte Geschäftsverbindung meint das auf Grund des allgemeinen Bankvertrages zustande gekommene Rechtsverhältnis. Dieses allgemeine Bankverhältnis kann der Kunde nach Nr. 18 AGB-Banken jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ebenso kann die Bank nach Nr. 19 AGB-Banken das allgemeine Bankverhältnis jederzeit kündigen, allerdings nur unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist.
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b) Beendigung durch Tod des Kunden. Durch Tod des Kunden erlischt der allgemeine Bankvertrag nicht. Der Bankvertrag wird vielmehr mit den Erben fortgesetzt. Der Erbe wird z. B. Kontoinhaber. Der Anspruch auf Geheimhaltung und die Befugnis zur Entbindung gehen beim Tod des Kunden auf den Erben über (BGHZ 107, 104 (108) = WM 1989, 518). Dieser wird „Herr des Bankgeheimnisses“. Die Bank ist berechtigt, die Vorlage einer Erblegitimation zu verlangen (Nr. 5 Satz 1 AGB-Banken).
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c) Das Bankverhältnis in der Insolvenz des Kunden. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird der Bankvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß §§ 116, 115 Abs. 1 InsO beendet (Baumbach-Hopt, BankGesch Rn. A/6; a.A.: Ebenroth/Boujong/JoostThessinga, Bd. 2 BankR Rn. I 28).
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C. Lehre vom „Vertrauensverhältnis kraft Geschäftsverbindung“
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I. Dauernde Geschäftsverbindung als gesetzliches Schuldverhältnis. Anknüpfend an Ausführungen des RG (RGZ 27, 118 (121)) über den besonderen, sich auch in rechtlich bedeutsamer Hinsicht dynamisch entwickelnden Charakter einer „dauernden Geschäftsverbindung“ wird von einer verbreiteten Meinung, die meistens dem allgemeinen Bankvertrag ablehnend gegenüber steht, das Verhältnis des Kunden zum Kreditinstitut auch ohne eine rechtsgeschäftliche Anknüpfung umfassend als ein besonderes gesetzliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten umschrieben, das zu einer Vertrauenshaftung führt. Eine solche dauernde Geschäftsverbindung wird handelsrechtlich weder als bloß tatsächliches Verhältnis noch als Vorvertrag oder Grund- oder Rahmenvertrag, sondern als gesetzliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht qualifiziert (Müller-Graff, JZ 1976, 153; Canaris, Anm. 12, 14; Karsten Schmidt, HandelsR, § 20 I 3, S. 603 ff.; Baumbach-Hopt, Vor § 343 HGB, Rn. 3). Sie ist wie ein Anbahnungsverhältnis (§ 311 Abs. 2 BGB; culpa in contrahendo) Grundlage besonderer Schutzpflichten der Parteien, die von den während der Geschäftsverbindung geschlossenen oder beabsichtigten Einzelgeschäften unabhängig sind. Die Ausarbeitung dieser Lehre im Bankrecht geht insbesondere auf Canaris zurück, der in der bloßen Aufnahme der Geschäftsverbindung zwar keine hinreichende Anknüpfung für vertragliche Vereinbarungen sieht, aber an Stelle des allgemeinen Bankvertrages mit der Aufnahme der Geschäftsverbindung ein im Einzelnen ausdifferenziertes gesetzliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht setzt, das die Grundlage für eine Ver-
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
trauenshaftung bei der Verletzung der durch die Aufnahme der Geschäftsverbindung begründeten Pflichten bilde (Canaris, Rn. 21 ff.; zustimmend Kümpel, Rn. 2.808; Schwark, S. 100; ders., ZHR 151 (1987), 325 (329); Werner, ZBB 1990, 237 (238); Immenga, ZBB 1990, 44; Rümker, ZHR 147 (1983), 27 (34); ders., ZIP 1989, 199; Pleyer, WM 1989, 241). 43
Bei der Vertrauenshaftung handelt es sich um eine dritte Haftungsform neben den herkömmlichen aus vertraglicher und deliktischer Einstandspflicht, die im modernen deutschen Privatrecht eine erhebliche Bedeutung erlangt hat (grundlegend Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971). Mit dieser „Vertrauenshaftung kraft Geschäftsverbindung“, die ihre Grundlage nicht im rechtsgeschäftlichen Willen, sondern in § 242 BGB findet, hat man sich ein dogmatisches Instrument geschaffen, mit dem man zwischen den Parteien, hier zwischen Bank und Kunden, sehr flexibel nach Treu und Glauben Rechte und Pflichten zuteilen kann, ohne jeweils nach einer Begründung im rechtsgeschäftlichen Willen dieser Parteien suchen zu müssen. Eben dies erklärt auch zu einem guten Teil den Erfolg dieser Lehre.
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Auch diese Theorie ist kritisch aufgenommen worden (z.B. Flume, § 10, 5, S. 13; Fikentscher, § 18 III, Rn. 59, § 27 I 3, 4, Rn. 162; van Gelder, WM 1995, 1253 (1255); Rohe, S. 133 „konturlos“). So wird darauf hingewiesen, dass weder die „Geschäftsverbindung“ noch die „Vertrauenshaftung“ eine hinreichende Präzision besitzen, die einen zusätzlichen Erklärungswert gegenüber der anerkannten Haftung aus c.i.c. besitze oder weitergehende Ergebnisse liefere (so Heymann-Horn, Anh. § 372 HGB Rn. I/8; dazu kritisch Peters, WM 1990, 1310; umfassender Überblick bei Rümker, ZHR 147 (1983), 27). Ferner wird gefragt, wie gerade ein „gesetzliches Schuldverhältnis“ das Rechtsverhältnis zwischen Bank und Kunde ausschöpfen könne angesichts der Zurückhaltung des Gesetzgebers im Bereich des privaten Bankrechts (Claussen, FS Peltzer, S. 55 (67)).
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II. Rechtsprechung. Die allgemeinen Verhaltenspflichten der Banken werden in der Rechtssprechung meistens entweder als Nebenpflicht aus den einzelnen Bankgeschäften entnommen oder auf die Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde gestützt, ohne dass auf die dogmatischen Streitfragen zum Bankvertrag näher eingegangen würde (MünchKommBGB-K. P. Berger, Vor § 488, Rn. 78). In der Rechtsprechung finden sich nicht selten alternative Formulierungen zur Charakterisierung der bankmäßigen Geschäftsverbindung auch als „vertragsähnliches Verhältnis“. Im Übrigen erschien die Haltung des BGH zwiespältig. So verteidigte er in einer Entscheidung den Standpunkt des Berufungsgerichts, es bestünde ein „gesetzliches Schuldverhältnis“ zwischen den Grundstückseigentümern und der kreditgebenden Bank des Erbbauberechtigten (BGHZ 81, 358 (360) = WM 1981, 1258, im Anschluss an GK-HGB-Canaris, Anh. § 357 Anm. 9 ff., 15 f.). Es sei nämlich möglich, dass ein Bankinstitut von Rechts wegen Schutzpflichten gegenüber dritten Personen treffen, wenn es – zumal im eigenen wirtschaftlichen Interesse – deren Vertrauen in Anspruch nimmt und ihr Dispositionen gegenüber dem Bankkunden beeinflusst.
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Zuletzt hat der BGH gegenüber der Rechtsfigur einer „vertragsähnlichen Vertrauenshaftung“ in deutlicher Zurückhaltung betont, eine derartige Bindung könne allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen bejaht werden. Andernfalls würde die im geltenden Haftungssystem bewusst gezogene Grenze zwischen vertraglichem und deliktischem Bereich weitgehend aufgehoben (BGH WM 1988, 1828 (1830); dazu Roth, WM 2003, 480, ferner BGH WM 1974, 751 = NJW 1974, 1503; Rümker, ZHR 147 (1983), 27 (33, 34)).
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III. Vertrauenshaftung kraft Geschäftsverbindung bei Unwirksamkeit des Bankvertrages. Auch die Anhänger der Lehre vom Bankvertrag übersehen nicht, dass bei Bank-
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§ 2 Geschäftsbeziehung und Bankvertrag
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geschäften tatsächlich eine laufende Geschäftsverbindung zwischen der Bank und dem Kunden regelmäßig besteht. Deshalb erfassen sie, wenn es beispielsweise bei Geschäftsunfähigkeit des Kunden an einem wirksamen Bankvertrag fehlt, die geschäftlichen Beziehungen zwischen Bank und Kunde rechtlich mit der Lehre von der Geschäftsverbindung und greifen in diesem Fall auf Vertrauenshaftung kraft Geschäftsverbindung zurück (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 46). Bei einem Einmalgeschäft ist Anspruchsgrundlage culpa in contrahendo (§ 311 Abs. 2 BGB) und bei einer Geschäftsverbindung als Lückenfüllung die Vertrauenshaftung kraft Geschäftsverbindung, die danach also die Rolle einer bloßen Residualkategorie für die nicht häufigen gestörten Geschäftsverbindungen einnimmt (Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 1 Rn. 53).
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§ 3 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB-Banken/AGB-Sparkassen)
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§ 3 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB-Banken/AGB-Sparkassen)
Schrifttum seit 1993 Aden, Die neuen AGB-Sparkassen, NJW 1993, 832; Becher/Gößmann, Die Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der privaten Banken, Sparkassen und Landesbanken, BKR 2002, 519; Bitter, Bankpraxis zwischen Recht und Wirtschaft, ZBB 2007, 237; Bunte, AGB-Banken und Sonderbedingungen, 2007; Clemente, Das Pfandrecht nach Nr. 21 Abs. 3 AGB-Sparkassen, ZBB 2007, 55; Danco, Neue AGB der Sparkassen und Landesbanken/Girozentrale, ZBB 2002, 136; Gößmann/Wagner-Wieduwilt/ Weber, Die neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken, WM 1993, 677 und WM 1993, 725; Hadding/Schneider, Bankgeheimnis und -auskunft, 1986; Hettich/Thieves/Timmann/Windhöfel, Die AGB der Banken auf dem Prüfstand des AGB-Gesetzes, BB 1990, 2347; Hoeren, Die neuen AGB-Banken, NJW 1992, 3263; Koch, Neue AGB für Überweisungen, ZBB 2002, 57; Köndgen, Die Entwicklung des privaten Bankrechts in den Jahren 1992 – 1995, NJW 1996, 558; Krings, Die Neufassung der AGBBanken, ZBB 1992, 326; Kümpel, Die begrenzte Haftung der Bank bei weitergeleiteten Kundenaufträgen, WM 1996, 1893; Merkel, Die neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken, Teil II (Nr. 11–20), WM 1993, 725; Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, 2004; Roth, Der allgemeine Bankvertrag, WM 2003, 480; Saenger, Ende der Unsicherheit bei den Globalsicherheiten, ZBB 1998, 174; Schebesta/Vortmann, Die neuen AGB-Banken, 1992; Sichtermann/ Kirchherr, Bankgeheimnis und Bankauskunft, 3. Aufl. 1984; Sonnenhol, Änderungen der AGB- Banken zum 1. Januar 2000, WM 2000, 853; Werhahn/Schebeta, AGB der Privatbanken und Kreditgenossenschaften und Sonderbedingungen der Banken, 1995; Westermann, Fortschritte durch die neuen AGB der Banken und Sparkassen?, WM 1993, 1865; v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stichwort Banken- und Sparkassen-AGB (Stand 1999); Die Sparkassen-AGB unter der Lupe des AGB-Gesetzes, BB 1993, 8. Inhaltsübersicht A. Entwicklung, Aufgaben, Bedeutung und Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Anwendungsprobleme mit Blick auf die §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 C. Grundregeln für die Beziehung zwischen Kunde und Bank (Nr. 1–6 AGB-Banken) . . . . . 6 I. Geltungsbereich und Änderungen der AGB-Banken (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 II. Bankgeheimnis und Bankauskunft (Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1. Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2. Bankauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 III. Haftung der Bank (Nr. 3) . . . . . . . . . . . . . . 21 1. Haftungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Haftung bei weitergeleiteten Aufträgen bzw. bei gestatteter Substitution . . . . . . . 22 3. Keine Haftung bei Störung des Betriebs (Nr. 3 III) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 4. Abweichende Regelung in Nr. 19 II AGB-Sparkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 IV. Grenzen der Aufrechnungsbefugnis des Kunden (Nr. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 V. Verfügungsberechtigung nach dem Tod des Kunden (Nr. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 VI. Anwendbares Recht und Gerichtsstand (Nr. 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 D. Kontoführung (Nr. 7–10) . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Rechnungsabschluss und Einwendungen . . 34 II. Genehmigung von Belastungen aus Lastschriften (Nr. 7 III) . . . . . . . . . . . . 38
III. Storno- und Berichtigungsbuchungen der Bank (Nr. 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Stornorecht vor Rechnungsabschluss nach Nr. 8 I . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Berichtigungsbuchung nach Rechnungsabschluss (Nr. 8 II) . . . . . . . . 3. Zinsberechnung (Nr. 8 III 2) . . . . . . . . . 4. Nr. 8 der AGB-Sparkassen . . . . . . . . . . IV. Einzugsaufträge (Nr. 9) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbehaltsgutschrift an den GläubigerKunden (Nr. 9 I) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einlösung von Lastschriften und Kundenschecks (Nr. 9 II) . . . . . . . . . . . . V. Fremdwährungsgeschäfte und Fremdwährungskonten (Nr. 10) . . . . . . . . . E. Mitwirkungspflichten des Kunden . . . . . . . . . . I. Allgemeines, Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . II. Nr. 11 AGB-Banken und entsprechende Regelungen in den AGB-Sparkassen . . . . . 1. Mitteilung von Namens- und Adressänderungen bzw. Veränderungen der Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . 2. Klarheit von Überweisungen und Aufträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Hinweis auf die Eilbedürftigkeit (Nr. 11 III) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Prüfung und Einwendungen bei Mitteilungen der Bank (Nr. 11 IV) . . . . 5. Benachrichtigungspflicht beim Ausbleiben von Mitteilungen (Nr. 11 V) . . .
Casper
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
III. Abweichende Regelungen in den AGB-Sparkassen (Nr. 4, 10, 20) . . . . . . . . . 66 F. Kosten der Bankdienstleistungen (Nr. 12) . . . . 66 I. Einleitung; Inhaltskontrolle von Bankentgeltklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 II. Zinsen und Entgelte im Privatund Firmenkundengeschäft (Nr. 12 I und II) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 III. Änderung von Zinsen und Entgelten, Kündigungsrecht (Nr. 12 III, IV) . . . . . . . . 71 IV. Auslagen der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 V. Besonderheiten bei Verbraucherkreditverträgen (Nr. 12 VI) . . . . . . . . . . . . . 74 VI. Abweichende Regelungen in Nr. 17, 18 AGB-Sparkassen . . . . . . . . . . . . 75 G. Sicherheiten (Nr. 13–17) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 II. Anspruch auf Bestellung und Verstärkung von Sicherheiten (Nr. 13) . . . . . . . . . 78 1. Bestellung von Sicherheiten . . . . . . . . . . 78 2. Verstärkung von Sicherheiten bei Veränderung des Risikos . . . . . . . . . . . . 80 3. Frist für die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten (III) . . . . . . . . . . . . . . . 82 4. Abweichungen in Nr. 22 I AGB-Sparkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 III. Begründung eines Pfandrechts (Nr. 14) . . . 84 1. Vereinbarung eines Pfandrechts (Nr. 14 I) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 2. Sicherungszweck (Nr. 14 II) . . . . . . . . . 86 3. Ausnahme vom Pfandrecht (Nr. 14 III) . 87 4. Zins- und Gewinnanteilsscheine (Nr. 14 IV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
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5. Abweichungen in Nr. 21 AGB-Sparkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 IV. Sicherungsrechte bei Einzugspapieren und diskontierten Wechseln (Nr. 15) . . . . . 90 V. Deckungsgrenze und Freigabeverpflichtung (Nr. 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1. Der Grundsatz: Das Verbot der Übersicherung und der Freigabeanspruch nach BGHZ 137, 212 . . . . . . . 94 2. Übersicherung und Ermittlung der Deckungsgrenze (Nr. 16 I) . . . . . . . . . . . 96 3. Der ermessensunabhängige Freigabeanspruch (Nr. 16 II) . . . . . . . . . 97 4. Vorrang von Sondervereinbarungen (Nr. 16 III) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 5. Nr. 22 II AGB-Sparkassen . . . . . . . . . . 100 VI. Die Verwertung von Sicherheiten (Nr. 17) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Kündigungsrechte des Kunden (Nr. 18) und der Bank (Nr. 19) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 I. Kündigungsrechte des Kunden (Nr. 18) . . 104 II. Kündigungsrechte der Bank (Nr. 19) . . . . 108 1. Ordentliche Kündigungsrechte der Bank (Nr. 19 I u. II) . . . . . . . . . . . . 108 2. Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (Nr. 19 III) . . . . . . . . 110 3. Abwicklung nach einer Kündigung (Nr. 19 V) . . . . . . . . . . . . . 113 III. Die Kündigungsregelung in Nr. 26 AGB-Sparkassen . . . . . . . . . . . . . . 114 Einlagensicherungsfonds (Nr. 20) . . . . . . . . . 116 Sonderbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Stichwortverzeichnis Allgemeiner Bankvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Änderung der AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 f. Aufrechungsbefugnis des Kunden . . . . . . . . . . . . . 30 Auslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 – kundenfeindliche . . . . . . . . . . . . . . . . . 5, 17, 45, 66 – kundenfreundliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5, 46 Bankauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 ff. – Adressatenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 – berechtigtes Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 f. – Geschäftskunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 – Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 – Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 – Privatkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 – Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 ff. – Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 – Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 – Verletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 - Abtretungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Berichtigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Berichtigungsbuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . 35, 47 f. Buchungsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46, 51 Bürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79, 96 Deckungsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 ff. Devisentermingeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Einbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4, 7 ff., 68
Einlagensicherungsfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 ff. Einlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53, 55 Einzugsaufträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 ff. Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Erklärungsfiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Freigabeverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 ff. Fremdwährungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . .56 f. Fremdwährungskonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Geltungserhaltende Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Genehmigungsfiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Haftung der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 ff. – Mitverschulden des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . 21 – Störung des Betriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 – Substitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 ff. – Weitergeleitete Aufträge . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 ff. Hauptleistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 67 Homebanking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8 f., 66, 120 Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Internetbanking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8 f., 120 Kontoführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 ff. Kontrollfreie Hauptleistungspflicht . . . . . . . . . . 6, 67 Kosten der Bankleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . 67 ff. Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 ff. – außerordentliche . . . . . . . . . . . . . . 106, 110 ff., 114 – der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 ff.
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§ 3 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB-Banken/AGB-Sparkassen)
– des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 ff. – gesetzliche Kündigungsrechte . . . . . . . . . . . . . 107 – Kündigungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 – Kündigungsgrund . . . . . . . . . . . . . . 106, 111 f., 114 – ordentliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104, 108 f. Lastschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 ff., 55 Leistungsbestimmungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 69 f. Legitimation des Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Mitverschulden des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Mitwirkungspflichten des Kunden . . . . . . . . . . . 58 ff. – Änderung der persönlichen Angaben . . . . . . . 59 f. – Eilbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 – Klarheit von Aufträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 – Kontrollpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 – Rügepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 – Obliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Preis- und Leistungsverzeichnis . . . . . . . . . 57, 67 f. Preisnebenabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 67 Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Rationalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Rechnungsabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 ff. Rechtswahlklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Salvatorische Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Scheckverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .53 ff., 90 ff. Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 ff. – Anspruch auf Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 – Anspruch auf Verstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . 80 f. – Deckungsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 ff. – Freigabeverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 ff. – Frist zur Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
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– Haftungsübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 – Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .101 f. – Übersicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 ff. Sicherungsrechte bei Einzugspapieren . . . . . . . 90 ff. – Sicherungseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 – Sicherungszession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 – Sicherungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Sonderbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3, 119 f. Standardisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Stornorecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 ff., 54 Störung des Betriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Substitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 ff., 56 Telefonische Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Testamentsvollstrecker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Transparenzgebot . . . . . . .6, 50, 60, 74 f., 83, 89, 110 Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Übersicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 ff. Überziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74, 76 Verbraucherkreditverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Verfügungsbefugnis nach Tod . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Verwertung von Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . 101 ff. Vorbehaltsgutschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Währungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 ff. Währungsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .57 f. Weitergeleitete Aufträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 ff. Wechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 ff. Widerspruch gegen Lastschriften . . . . . . . . . . . 38 ff. Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 37, 49, 67 ff., 75 f. Zurückbehaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
A. Entwicklung, Aufgaben, Bedeutung und Darstellung Bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der privaten Banken bzw. der Genossenschaftsbanken (kurz AGB-Banken, Abdruck im Anh. zu § 3) handelt es sich um eine unverbindliche Empfehlung des Bundesverbandes Deutscher Banken bzw. des Bundesverbandes der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken an ihre Mitglieder, die fast vollständig textgleich sind. Diese werden von den einzelnen Kreditinstituten in aller Regel ohne Änderung verwandt. Ihre Geltung hängt von der Einbeziehung in den jeweiligen Vertrag mit dem einzelnen Kunden ab (Rn. 4). Die Ursprünge der AGB-Banken reichen bis in das Jahr 1937 zurück (vgl. zur Entwicklung näher Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 4 Rn. 2 ff.). Mit Inkrafttreten des AGB-Gesetzes am 1.4.1977 wurden die AGB-Banken grundlegend umgestaltet. Die aus heutiger Sicht bedeutendste Reform erfolgte sodann im Jahre 1993. Ziel der damaligen Neuregelung war die transparentere und kundenfreundlichere Ausgestaltung der AGB-Banken. Der Klauselumfang wurde von 47 auf 20 reduziert. Spezialmaterien, wie das Wertpapiergeschäft, das nicht von allen Bankkunden in Anspruch genommen wird, wurden in Sonderbedingungen ausgelagert. Mit Wirkung zum 1.1.2000 (dazu Sonnenhol, WM 2000, 853) und abermals zum 1.4.2002 (dazu Becher/Gößmann, BKR 2002, 519) wurden die AGB-Banken an aktuelle Entwicklungen angepasst, ohne dass jedoch die Grundkonzeption von 1993 aufgegeben worden wäre. Die Änderungen im Jahr 2002 dienten in erster Line dazu, dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz und dem nunmehr in §§ 676 a ff. BGB kodifizierten Überweisungsrecht sowie der steigenden Bedeutung des elektronischen Geschäftsverkehrs Rechnung zu tragen. Daneben spielen in der Praxis die AGB-Sparkassen eine bedeutende Rolle (abgedruckt im Anhang zu § 3).
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
Seit 1993 sind sie den AGB-Banken zwar weitgehend angeglichen, es bleiben aber Unterschiede im Detail wie in der Nummerierung. Auch die AGB-Sparkassen wurden 2002 angepasst (vgl. dazu Danco, ZBB 2002, 136). Die erneute Änderung zum 1. August 2005 betraf nur die Nr. 28 und trug vor allem dem Wegfall der Gewährträgerhaftung Rechnung. Ein eigenes Regelwerk hat die Postbank AG aufgestellt. 2
Die AGB-Banken dienen, wie andere Klauselwerke auch, der Standardisierung, Typisierung und Rationalisierung von Vertragsverhältnissen (statt aller Bunte, AGB-Banken Rn. 20 ff). Infolge der Dauerbeziehung zwischen Bank und Kunde kommt diesen Funktionen besondere Bedeutung zu. Eine der wichtigsten Aufgaben der AGB-Banken liegt in der Konkretisierung des Bankrechts, das im Gesetz nur unzureichend geregelt ist. Wegen der fortschreitenden Technisierung und dem Charakter des Bankgeschäfts als Massengeschäft kommt der Standardisierung und Rationalisierung zunehmende Bedeutung zu. Beide Aspekte führen zu mehr Rechtssicherheit und Transparenz und zur Kostensenkung, was sich letztlich auch im Interesse des Kunden auswirkt. Daneben dienen die AGB-Banken der Risikoabwälzung auf den Kunden und der Risikobegrenzung. Inwieweit dies zulässig ist, ist auf der Ebene der Inhaltskontrolle zu beantworten, wobei sich schematische Lösungen verbieten. Die Bedeutung der AGB-Banken ist immens. Sie ergibt sich zum einen aus der hohen praktischen Bedeutung von Bankgeschäften für das Wirtschaftsleben. Hinzu tritt eine rechtliche Komponente. Sie besteht in der weitgehenden Ausgestaltung des Bankrechts durch die Regelungen in den AGB-Banken sowie in den zahlreichen Sonderbedingungen (dazu etwa Bitter, ZBB 2007, 237 (238)).
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Die nachfolgende Darstellung erläutert in erster Linie die AGB-Banken. Dabei wird nach einem kurzen Hinweis auf den Regelungsgehalt zunächst – soweit veranlasst – dessen Vereinbarkeit mit den §§ 307 ff. BGB überprüft. Anschließend werden Anwendungsprobleme erörtert. Soweit diese jedoch in den nachfolgenden Kapiteln angesprochen sind, wird hierauf verwiesen. Auf die AGB-Sparkassen wird nur dann eingegangen, soweit sich wesentliche Abweichungen oder Ergänzungen zu den AGB-Banken ergeben. Auf die zahlreichen Sonderbedingungen (Rn. 119) wird in diesem Kapitel nur hingewiesen. Sie werden soweit erforderlich im Zusammenhang mit der jeweiligen Sachmaterie erläutert. Dies gilt auch für die Besonderen Bedingungen der Bausparkassen (Rn. 120). Außer Betracht bleiben die AGB-Postbank (abgedruckt bei Baumbach/Hefermehl/Casper, Wechsel- und Scheckgesetz, 23. Aufl. 2007, Anh. Bankbedingungen Nr. 4), da sie sich weitgehend mit den AGB-Banken decken. Ebenfalls nicht Gegenstand dieses Kapitels sind die zahlreichen Formularverträge für einzelne Geschäftsarten.
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B. Anwendungsprobleme mit Blick auf die §§ 305 ff. BGB Die AGB-Qualität der AGB-Banken nach § 305 I BGB ist ebenso unproblematisch wie der Vorrang der Individualabrede nach § 305 b BGB. §§ 305 ff. BGB finden über § 306 a BGB auch bei einer bankinternen Anweisung Anwendung, wenn damit die Absicht verfolgt wird, unwirksame AGB zu vermeiden (BGHZ 162, 294 (298 f.) = NJW 2005, 1645 (1646); zust. Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/5; im Ergeb. auch Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, § 305 Rn. 68a; a. A. – als Vorinstanz – OLG Köln ZIP 2004, 1496; Borges, ZIP 2005, 185 (187 ff.); ders., BKR 2005, 225 (227 ff); Freitag, ZIP 2005, 2062 (2063 f.); Haertlein, EWiR § 306a BGB 1/05, 536; Pfeiffer, LKM 07/2005, 1 (2); Ulmer/Brandner/ Hensen-H. Schmidt, § 306a Rn. 6). Zwar handelt es sich bei diesen internen Anweisungen nicht um Vertragsbedingungen. Damit genügen sie an sich nicht den Anforderungen des § 305 I BGB. Doch sind sie geeignet, die Rechtsprechung zur AGB-Kontrolle von Entgelten zu umgehen, weshalb eine Anwendung des § 306a BGB in diesem Fall auch beim AGB-Begriff gerechtfertigt ist. Eine allein auf das Wettbewerbsrecht gestützte Kontrolle
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§ 3 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB-Banken/AGB-Sparkassen)
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einer derartigen Praxis vermag nicht zu überzeugen. Für die Einbeziehung in den Vertrag mit dem Kunden ist es ausreichend, dass die Kenntnisnahme im Wege des Aushangs oder mittels der Möglichkeit zur Einsichtnahme eröffnet wird (§ 305 II BGB). Der Kunde muss allerdings durch einen drucktechnisch deutlich gestalteten Hinweis auf den Aushang der AGB bzw. deren Auslage zur Einsicht hingewiesen werden. Bei einem Vertragsschluss über das Internet kann insofern ein gut sichtbarer Link mit der Möglichkeit zum Ausdruck ausreichen (BGH NJW 2006, 2976 (2977)). Ungenügend ist der Hinweis auf der Rückseite des Antragsformulars (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/14). Dies gilt auch dann, wenn die Seite mit dem Hinweis auf die AGB als „Seite 1“ bezeichnet wird, aber als Rückseite erscheint (OLG Nürnberg WM 1990, 1370 f.). Eine erneute Einbeziehung in jeden Einzelvertrag ist nicht erforderlich. Früher begründete man dieses Ergebnis mit der Figur eines allgemeinen Bankvertrages (so etwa noch Schimansky/Bunte/Lwowski-Hopt, § 2 Rn. 1 ff.; vgl. näher zum Ganzen § 2 Rn 6 ff.). Einer Anerkennung eines allgemeinen Bankvertrages bedarf es, wie nun auch der BGH in einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2002 klargestellt hat (BGHZ 152, 114), wegen § 305 III BGB nicht (zutr. HeymannHorn, Anh. § 372 Rn. I/7; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, § 305 BGB Rn. 203 ff.; Canaris, Rn. 4-11; a. A. etwa Roth, WM 2003, 480 (482 m. w. N.)). Vielmehr besteht die Möglichkeit, die AGB-Banken in die gesamte Geschäftsbeziehung mit dem Kunden dergestalt einzubeziehen, dass bei einem Dauerschuldverhältnis wie einem Giro- oder Darlehensvertrag auch solche Regelungen einbezogen werden, die für das zunächst abgeschlossene Dauerschuldverhältnis keine Bedeutung haben. In dem Giro-, Darlehensvertrag oder dem sonstigen Dauerschuldverhältnis liegt sodann zugleich eine Abrede iSd § 305 III BGB (BGHZ 152, 114). Die so einmal einbezogenen AGB gelten dann für die gesamte Geschäftsbeziehung mit dem Kunden fort. Dies wird in Nr. 1 I AGB-Banken klargestellt. Was die Auslegung der AGB-Banken anbelangt, gelten die allgemeinen zu § 305 c II BGB (§ 5 a. F. AGBG) entwickelten Grundsätze. Besonderer Hervorhebung bedarf namentlich das Zusammenspiel von kundenfeindlicher und kundenfreundlicher Auslegung bei unklaren Regelungen. Zunächst ist bei einer unklaren Regelung vom Grundsatz der kundenfeindlichen Auslegung auszugehen, da man so am ehesten zu einer unwirksamen Regelung gelangt und somit den Gedanken des Kundenschutzes verwirklicht. Erst wenn feststeht, dass eine mehrdeutige Klausel unter keinen Umständen (kundenfeindliche Auslegung) unwirksam ist, ist in einem zweiten Schritt auf die sog. kundenfreundliche Auslegung zurückzugreifen, um die dem einzelnen Kunden günstigere Auslegungsalternative zu ermitteln (vgl. näher Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/6; Ulmer/Brandner/HensenUlmer, § 305c Rn. 91 f. m.w.N.) Die zweistufige Auslegung kommt allerdings nur im Individualprozess (Rn. 121) zum Tragen, im Verbandsprozess gilt mangels Einzelfall ausschließlich die kundenfeindlichste Auslegung (Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, § 305c Rn. 93; teilw. abw. Bunte, AGB-Banken Rn. 51). Die Folgen der Unwirksamkeit einer Klausel bestimmen sich nach § 306 BGB. Diese tritt grundsätzlich ex tunc ein. Die Lücke kann außer durch das dispositive Recht bzw. durch ergänzende Vertragsauslegung ggf. auch durch eine subsidiär geltende allgemeine AGB-Klausel ausgefüllt werden. Dies hat der BGH etwa für den Fall einer unwirksamen Sicherungsübereignung eines Warenlagers angenommen, in dem er die Lücke durch die allgemeine AGB-Pfandklausel ausgefüllt hat (BGH WM 1995, 375 zu Nr. 19 II AGB-Banken 1986). Eine geltungserhaltende Reduktion dergestalt, dass die unwirksame Klausel im Wege der Auslegung auf einen noch zulässigen Gehalt reduziert wird, ist nicht angängig. Hiergegen spricht der Präventionsgedanke. Abzulehnen ist namentlich die in der Rechtsprechung des I. Zivilsenats zu beobachtende Tendenz, wonach eine Ausnahme vom Verbot der geltungserhaltenden Reduk-
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
tion dann in Betracht kommen soll, wenn die AGB quasi eine „fertig bereit liegende Rechtsordnung“ bilden (so BGHZ 129, 323 (328) (AGNB); BGHZ 129, 345 (349) (ADSp)). Salvatorische Klauseln sind mit dem Transparenzgebot (Rn. 6) unvereinbar (Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, § 305 Rn. 153; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/5; Ebenroth/Boujong/Joost-Thessinga, BankR Rn I/79; in diesem Sinne wohl auch BGH NJW 2005, 2225 (2226)) und werden in den AGB-Banken seit 1984 zu Recht nicht mehr verwandt. 6
Allgemeine Kriterien für die Inhaltskontrolle der AGB-Banken haben sich bisher nicht herausgebildet. Verallgemeinernd lässt sich aber festhalten, dass die Interessenwahrungspflicht der Bank gegenüber den Belangen des Kunden eine besondere Rolle spielt. Besondere Bedeutung hat § 307 III BGB (§ 8 a. F. AGB-Gesetz) bei der Inhaltskontrolle von Entgelten erlangt. Es hat sich zu der Frage, wann eine nach § 307 III BGB kontrollfreie Hauptleistungspflicht bzw. wann eine kontrollfähige Preisnebenabrede vorliegt, zwar eine umfangreiche Kasuistik entwickelt, eine klare, generell subsumtionsfähige Linie hat sich bisher jedoch noch nicht herausgebildet (vgl. zu den Beispielen unten Rn. 67 sowie Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/105; zu den Einzelheiten unten § 13 Rn. 17 ff.; krit. dazu jüngst abermals Bitter, ZBB 2007, 237 (240 ff.)). Es ist in erster Linie darauf abzustellen, ob es sich bei der entgeltpflichtigen Leistung nicht bereits um eine dem Kunden geschuldete Leistung handelt. Besondere Bedeutung hat auch das Transparenzgebot erlangt. Es folgt aus einer Gesamtschau der §§ 305 II, 305 c, 307 BGB und besagt, dass der Verwender von AGB seine Klauseln durchschaubar, richtig, bestimmt und möglichst klar formulieren und gestalten muss (vgl. nur BGHZ 106, 42 (49)) und hat bei der Kontrolle der AGB-Banken und AGB-Sparkassen wie bei der Überprüfung von einzelnen Klauseln in Bankverträgen besondere Bedeutung erlangt. Hiernach müssen auch Nachteile und Belastungen soweit erkennbar werden, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann, wobei auf die Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Kunden abzustellen ist (BGHZ 162, 210 (211) m.w.N.). Hervorzuheben ist insbesondere die Rechtsprechung zur Unzulässigkeit von nachschüssigen Zinsberechnungsklauseln bei Annuitätendarlehen, die nicht nur an einer unzumutbaren Benachteiligung, sondern auch an ihrer Intransparenz für den Kunden gescheitert sind (BGHZ 106, 42 (47); 106, 259 (265); 112, 115 (117 ff.)). Eine besondere Hervorhebung kann jedoch bei üblicher Praxis der Regelung entbehrlich sein, wie dies für die Abgabe eines persönlichen Schuldanerkenntnisses nebst Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen bei der Bestellung einer Grundschuld als Kreditsicherheit angenommen worden ist (BGH WM 2006, 87 (88 f.).
C. Grundregeln für die Beziehung zwischen Kunde und Bank (Nr. 1–6 AGB-Banken) 1. Geltungsbereich und Änderungen dieser Geschäftsbedingungen und der Sonderbedingungen für einzelne Geschäftsbeziehungen (1) Geltungsbereich. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten für die gesamte Geschäftsverbindung zwischen dem Kunden und den inländischen Geschäftsstellen der Bank (im Folgenden Bank genannt). Daneben gelten für einzelne Geschäftsbedingungen (zum Beispiel für das Wertpapiergeschäft, für den kartengestützten Zahlungsverkehr, für den Scheckverkehr, für den Sparverkehr, für den Überweisungsverkehr) Sonderbedingungen, die Abweichungen oder Ergänzungen zu diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten, sie werden bei der Kontoeröffnung oder bei Erteilung eines Auftrages mit dem Kunden vereinbart. Unterhält der Kunde auch Geschäftsverbindungen zu ausländischen Geschäftsstellen, sichert das Pfandrecht der Bank (Nr. 14 dieser Geschäftsbedingungen) auch die Ansprüche dieser ausländischen Geschäftsstellen.
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§ 3 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB-Banken/AGB-Sparkassen)
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(2) Änderungen. Änderungen dieser Geschäftsbedingungen und der Sonderbedingungen werden dem Kunden schriftlich bekannt gegeben. Hat der Kunde mit der Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart (z.B. das Homebanking), können die Änderungen auch auf diesem Wege übermittelt werden, wenn die Art der Übermittlung es dem Kunden erlaubt, die Änderungen in lesbarer Form zu speichern oder auszudrucken. Sie gelten als genehmigt, wenn der Kunde nicht schriftlich oder auf dem vereinbarten elektronischen Weg Widerspruch erhebt. Auf diese Folge wird ihn die Bank bei der Bekanntgabe besonders hinweisen. Der Kunde muss den Widerspruch innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe der Änderungen an die Bank absenden. 2. Bankgeheimnis und Bankauskunft. (1) Bankgeheimnis. Die Bank ist zur Verschwiegenheit über alle kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet, von denen sie Kenntnis erlangt (Bankgeheimnis). Informationen über den Kunden darf die Bank nur weitergeben, wenn gesetzliche Bestimmungen dies gebieten oder der Kunde eingewilligt hat oder die Bank zur Erteilung einer Bankauskunft befugt ist. (2) Bankauskunft. Eine Bankauskunft enthält allgemein gehaltene Feststellungen und Bemerkungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, seine Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit; betragsmäßige Angaben über Kontostände, Sparguthaben, Depot- oder sonstige der Bank anvertraute Vermögenswerte sowie Angaben über die Höhe von Kreditinanspruchnahmen werden nicht gemacht. (3) Voraussetzungen für die Erteilung einer Bankauskunft. Die Bank ist befugt, über juristische Personen und im Handelsregister eingetragene Kaufleute Bankauskünfte zu erteilen, sofern sich die Anfrage auf ihre geschäftliche Tätigkeit bezieht. Die Bank erteilt jedoch keine Auskünfte, wenn ihr eine anders lautende Weisung des Kunden vorliegt. Bankauskünfte über andere Personen, insbesondere über Privatkunden und Vereinigungen, erteilt die Bank nur dann, wenn diese generell oder im Einzelfall ausdrücklich zugestimmt haben. Eine Bankauskunft wird nur erteilt, wenn der Anfragende ein berechtigtes Interesse an der gewünschten Auskunft glaubhaft dargelegt hat und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange des Kunden der Auskunftserteilung entgegenstehen. (4) Empfänger von Bankauskünften. Bankauskünfte erteilt die Bank nur eigenen Kunden sowie anderen Kreditinstituten für deren Zwecke oder die ihrer Kunden. 3. Haftung der Bank; Mitverschulden des Kunden. (1) Haftungsgrundsätze. Die Bank haftet bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen für jedes Verschulden ihrer Mitarbeiter und der Personen, die sie zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen hinzuzieht. Soweit die Sonderbedingungen für einzelne Geschäftsbeziehungen oder sonstige Vereinbarungen etwas Abweichendes regeln, gehen diese Regelungen vor. Hat der Kunde durch ein schuldhaftes Verhalten (zum Beispiel durch Verletzung der in Nr. 11 dieser Geschäftsbedingungen aufgeführten Mitwirkungspflichten) zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kunde den Schaden zu tragen haben. (2) Weitergeleitete Aufträge. Wenn ein Auftrag seinem Inhalt nach typischerweise in der Form ausgeführt wird, dass die Bank einen Dritten mit der weiteren Erledigung betraut, erfüllt die Bank den Auftrag dadurch, dass sie ihn im eigenen Namen an den Dritten weiterleitet (weitergeleiteter Auftrag). Dies betrifft zum Beispiel die Einholung von Bankauskünften bei anderen Kreditinstituten oder die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren im Ausland. In diesen Fällen beschränkt sich die Haftung der Bank auf die sorgfältige Auswahl und Unterweisung des Dritten. (3) Störung des Betriebs. Die Bank haftet nicht für Schäden, die durch höhere Gewalt, Aufruhr, Kriegs- und Naturereignisse oder durch sonstige von ihr nicht zu vertretende Vorkommnisse (zum Beispiel Streik, Aussperrung, Verkehrsstörung, Verfügungen von hoher Hand im In- oder Ausland) eintreten. 4. Grenzen der Aufrechnungsbefugnis des Kunden. Der Kunde kann gegen Forderungen der Bank nur aufrechnen, wenn seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind.
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
5. Verfügungsberechtigung nach dem Tod des Kunden. Nach dem Tod des Kunden kann die Bank zur Klärung der Verfügungsberechtigung die Vorlegung eines Erbscheins, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder weiterer hierfür notwendiger Unterlagen verlangen; fremdsprachige Urkunden sind auf Verlangen der Bank in deutscher Übersetzung vorzulegen. Die Bank kann auf die Vorlage eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift der letztwilligen Verfügung (Testament, Erbvertrag) nebst zugehörigen Eröffnungsniederschrift vorgelegt wird. Die Bank darf denjenigen, der darin als Erbe oder Testamentsvollstrecker bezeichnet ist, als Berechtigten ansehen, ihn verfügen lassen und insbesondere mit befreiender Wirkung an ihn leisten. Dies gilt nicht, wenn der Bank bekannt ist, dass der dort Genannte (zum Beispiel nach Anfechtung oder wegen Nichtigkeit des Testaments) nicht verfügungsberechtigt ist, oder wenn ihr dies infolge Fahrlässigkeit nicht bekannt geworden ist. 6. Maßgebliches Recht und Gerichtsstand bei kaufmännischen und öffentlichrechtlichen Kunden. (1) Geltung deutschen Rechts. Für die Geschäftsverbindung zwischen dem Kunden und der Bank gilt deutsches Recht. (2) Gerichtsstand für Inlandskunden. Ist der Kunde ein Kaufmann und ist die streitige Geschäftsbeziehung dem Betriebe seines Handelsgewerbes zuzurechnen, so kann die Bank diesen Kunden an dem für die kontoführende Stelle zuständigen Gericht oder bei einem anderen zuständigen Gericht verklagen; dasselbe gilt für eine juristische Person des öffentlichen Rechts und für öffentlich-rechtliche Sondervermögen. Die Bank selbst kann von diesem Kunden nur an dem für die kontoführende Stelle zuständigen Gericht verklagt werden. (3) Gerichtsstand für Auslandskunden. Die Gerichtsstandsvereinbarung gilt auch für Kunden, die im Ausland eine vergleichbare gewerbliche Tätigkeit ausüben, sowie für ausländische Institutionen, die mit inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder mit einem inländischen öffentlich-rechtlichen Sondervermögen vergleichbar sind. Die entsprechenden Regelungen in den AGB-Sparkassen lauten: Nr. 1. – Grundlagen der Geschäftsbeziehung. (1) Geschäftsbeziehung als Vertrauensverhältnis. Die Geschäftsbeziehung zwischen dem Kunden und der Sparkasse1 ist durch die Besonderheiten des Bankgeschäfts und ein besonderes Vertrauensverhältnis geprägt. Der Kunde kann sich darauf verlassen, dass die Sparkasse seine Aufträge mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ausführt und das Bankgeheimnis wahrt. (2) Allgemeine und besondere Geschäftsbedingungen. Für die Geschäftsbeziehung gelten ergänzend zu den einzelvertraglichen Vereinbarungen diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Für einzelne Geschäftszweige gelten ergänzend oder abweichend besondere Bedingungen, zum Beispiel für den Überweisungsverkehr, den Scheckverkehr, für den kartengestützten Zahlungsverkehr, für den Sparverkehr, für Wertpapiergeschäfte. Diese Geschäftsbedingungen können in den Kassenräumen eingesehen werden und werden auf Wunsch zur Verfügung gestellt. Nr. 2. – Änderungen der Geschäftsbedingungen. (1) Art und Weise des Hinweises. Die Sparkasse wird den Kunden auf eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder der besonderen Bedingungen oder die Einführung zusätzlicher Bedingungen unmittelbar hinweisen. Ist ein solcher Hinweis nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich, wird die Sparkasse durch deutlich sichtbaren Aushang oder Auslegung in ihren Kassenräumen auf die Änderung hinweisen. 1
Amtl. Anm.: In der Fassung der AGB der Landesbanken/Girozentralen wird die Bezeichnung „Sparkasse“ jeweils durch den Begriff „Bank“ ersetzt.
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(2) Genehmigung der Änderung. Ist der Hinweis erfolgt, so gilt die Änderung als genehmigt, wenn der Kunde ihr nicht binnen sechs Wochen schriftlich oder, wenn im Rahmen der Geschäftsbeziehung der elektronische Kommunikationsweg vereinbart wurde (zum Beispiel Homebanking), auf diesem Wege widerspricht. Die Sparkasse wird dann die geänderte Fassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die geänderten besonderen Bedingungen bzw. die zusätzlich eingefügten Bedingungen der weiteren Geschäftsbeziehung zugrunde legen. Die Sparkasse wird den Kunden bei der Bekanntgabe der Änderung auf die Folgen besonders hinweisen. Die Frist ist gewahrt, wenn der Widerspruch innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe abgesandt worden ist. Nr. 3. – Bankauskünfte. (1) Inhalt von Bankauskünften. Bankauskünfte sind allgemeingehaltene Feststellungen und Bemerkungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse von Kunden, deren Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit. Betragsmäßige Angaben über Kontostände, Sparguthaben, Depot- oder sonstige dem Kreditinstitut anvertraute Vermögenswerte sowie Kreditinanspruchnahmen werden nicht gemacht. (2) Voraussetzungen für die Auskunftserteilung. Die Sparkasse darf Bankauskünfte über juristische Personen und im Handelsregister eingetragene Kaufleute erteilen, sofern sich die Anfrage auf deren geschäftliche Tätigkeit bezieht und der Sparkasse keine anders lautende Weisung des Kunden vorliegt. In allen anderen Fällen darf die Sparkasse Bankauskünfte nur erteilen, wenn der Kunde dem allgemein oder im Einzelfall ausdrücklich zugestimmt hat. Bankauskünfte erhalten nur eigene Kunden sowie andere Kreditinstitute für deren eigenen Zwecke und die ihrer Kunden; sie werden nur erteilt, wenn der Anfragende ein berechtigtes Interesse an der gewünschten Auskunft glaubhaft darlegt. (3) Schriftliche Bestätigung. Bei mündlichen Auskünften über Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit behält sich die Sparkasse eine unverzügliche schriftliche Bestätigung vor, deren Inhalt von diesem Zeitpunkt an maßgeblich ist. Nr. 5. – Legitimationsurkunden. (1) Erbnachweise. Nach dem Tode des Kunden kann die Sparkasse zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse verlangen; fremdsprachige Urkunden sind auf Verlangen der Sparkasse mit deutscher Übersetzung vorzulegen. Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie der Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt wird. (2) Leistungsbefugnis der Sparkasse. Die Sparkasse ist berechtigt, auch die in Urkunden nach Absatz 1 Satz 2 als Erbe oder Testamentsvollstrecker bezeichneten Personen als Berechtigte anzusehen, insbesondere sie verfügen zu lassen und mit befreiender Wirkung an sie zu leisten. Dies gilt nicht, wenn der Sparkasse die Unrichtigkeit oder Unwirksamkeit dieser Urkunden bekannt oder infolge Fahrlässigkeit nicht bekannt geworden ist. (3) Sonstige ausländische Urkunden. Werden der Sparkasse ausländische Urkunden als Ausweis der Person oder zum Nachweis einer Berechtigung vorgelegt, so wird sie prüfen, ob die Urkunden zum Nachweis geeignet sind. Sie haftet jedoch für deren Eignung, Wirksamkeit und Vollständigkeit sowie für deren richtige Übersetzung und Auslegung nur bei Fahrlässigkeit oder wenn die Urkunde insgesamt gefälscht ist. Im vorstehenden Rahmen kann die Sparkasse die in den Urkunden als Berechtigte bezeichneten Personen als berechtigt ansehen, insbesondere sie verfügen lassen und mit befreiender Wirkung an sie leisten. Nr. 6 – Rechtswahl, Gerichtsstand, Erfüllungsort. (1) Deutsches Recht. Auf die Geschäftsbeziehung findet vorbehaltlich der in Artikel 29 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) geregelten Ausnahmen deutsches Recht Anwendung. (2) Erfüllungsort. Erfüllungsort für die Sparkasse und den Kunden ist der Sitz der Sparkasse.
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
(3) Gerichtsstand. Ist der Kunde ein Kaufmann, eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen, kann die Sparkasse an ihrem allgemeinen Gerichtsstand klagen und nur an diesem Gerichtsstand verklagt werden. Nr. 11. – Aufrechnung und Verrechnung. (1) Aufrechnung durch den Kunden. Der Kunde darf Forderungen gegen die Sparkasse nur insoweit aufrechnen, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. (2) Verrechnung durch die Sparkassen. Die Sparkasse darf bestimmen, auf welche von mehreren fälligen Forderungen Zahlungseingänge, die zur Begleichung sämtlicher Forderungen nicht ausreichen, zu verrechnen sind. Dies gilt nicht, soweit der Kunde anderes bestimmt hat oder eine andere Verrechnung gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist. Nr. 19. – Haftung der Sparkasse. (1) Haftung für Verschulden. Die Sparkasse haftet für eigenes Verschulden sowie das Verschulden von Personen, derer sie sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtung gegenüber dem Kunden bedient, soweit sich nicht aus den folgenden Absätzen, den besonderen Bedingungen oder aus einzelvertraglichen Regelungen etwas Abweichendes ergibt. Haftet die Sparkasse und ist ein Schaden nicht ausschließlich von der Sparkasse verursacht oder verschuldet, so richtet sich die Verpflichtung zum Schadensersatz nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, § 254 Bürgerliches Gesetzbuch. (2) Haftung für Dritte. Die Sparkasse darf Aufträge bei Fehlen einer gegenteiligen Weisung ganz oder teilweise auf Dritte zur selbständigen Erledigung übertragen, soweit dies unter Berücksichtigung der Art des Auftrages und der Interessen von Sparkasse und Kunde erforderlich erscheint. In diesen Fällen beschränken sich die Verpflichtung und Haftung der Sparkasse auf die Weiterleitung des Auftrags einschließlich sorgfältiger Auswahl und Unterweisung des Dritten. (3) Haftung bei höherer Gewalt. Die Sparkasse haftet nicht für Schäden, die durch Störung ihres Betriebs (Bombendrohung, Banküberfall), insbesondere von höherer Gewalt (zum Beispiel von Kriegs- und Naturereignissen) sowie infolge von sonstigen, von ihr nicht zu vertretenden Vorkommnissen (zum Beispiel Streik, Aussperrung, Verkehrsstörung) verursacht sind oder die durch Verfügungen von hoher Hand des In- und Auslands eintreten.
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I. Geltungsbereich und Änderungen der AGB-Banken (Nr. 1). Nr. 1 I der AGB-Banken setzt eine wirksame Einbeziehung der AGB (Rn. 4) voraus und ordnet ihre Geltung „für die gesamte Geschäftsverbindung“ mit dem Kunden an. Hierin ist regelmäßig nicht nur ein klarstellender Hinweis darauf zu erblicken, dass die Bank durchweg nur zu ihren AGB kontrahieren will (so aber Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/15)). Vielmehr liegt in dem Abschluss eines Dauerschuldverhältnisses unter Einbeziehung der AGB-Banken zugleich eine Abrede im Sinne des § 305 III BGB (ebenso Bunte, AGB-Banken Rn. 48; Werhahn/Schebeta Nr. 1 Rn. 14; a. A. wiederum Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/15). Schließen Bank und Kunde beispielsweise einen Girovertrag unter Einbeziehung der AGB, so muss bei der späteren Aufnahme eines Ratenkredits die Geltung der AGB nicht erneut vereinbart werden (vgl. bereits Rn. 4 und BGHZ 152, 114). Nur sofern die erste Transaktion zwischen Bank und Kunde allein einmaligen Charakter hat, fehlt es an einer Vereinbarung im Voraus, dass die AGB auch für künftige Geschäftsbeziehungen gelten sollen. Hieran vermag Nr. 1 I nichts zu ändern. Die Geltung von Sonderbedingungen (z. B. der Bedingungen für die Wertpapiergeschäfte) wird jedoch nicht im Voraus vereinbart. Dies stellt Nr. 1 I 2 klar. Die Sonderbedingungen sind bei der jeweiligen Transaktion, für die sie Bedeutung erlangen, gesondert einzubeziehen. Ob den Sonderbedingungen Wirkung für die gesamte Geschäftsbeziehung in dem jeweiligen Bereich zukommt, ist Regelungsaufgabe der Sonderbedingungen. – Auch im Verhältnis zu ausländischen Banken können die AGB der deutschen Bank gem. § 310 BGB stillschweigend miteinbezogen werden, soweit die deutsche Bank die vertragstypische Leistung zu erbringen hat (BGH
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WM 2004, 1177 (1177 f.); allg. zur Einbeziehung gegenüber Unternehmen: Ebenroth/ Boujong/Joost-Thessinga, BankR Rn I/56). Die AGB-Banken werden nur in der jeweils bei Vertragsschluss geltenden Fassung einbezogen. Eine Änderung der AGB wird dem Kunden gegenüber erst wirksam, wenn die neugefassten AGB durch eine Änderungsvereinbarung in den Vertrag mit dem Kunden einbezogen werden. Dies kann ausdrücklich oder konkludent geschehen. Nr. 1 II der AGB-Banken erleichtert die konkludente Einbeziehung einer Änderungsvereinbarung, indem das Schweigen auf die Bekanntgabe der geänderten AGB nach sechs Wochen als Zustimmung fingiert wird. Nr. 1 II begründet hingegen kein einseitiges Änderungsrecht der Bank. Seit der Änderung der AGB-Banken im Jahre 2002 genügt statt einer schriftlichen Mitteilung der geänderten AGB auch eine elektronische Übermittlung, sofern eine elektronische Kommunikation vereinbart wurde und der Kunde sich die geänderten AGB ausdrucken oder abspeichern kann. Dabei wird man nicht verlangen können, dass sich die Zustimmung zum Homebanking auch ausdrücklich auf die Übermittlung der geänderten AGB bezieht. Voraussetzung für eine elektronische Übermittlung ist aber, dass dem Kunden der Text der geänderten AGB auch in elektronischer Form zugeht, z. B. als E-Mail. Ungenügend ist eine E-Mail mit einem Link auf eine Internetseite, auf der die geänderten AGB eingesehen werden können (zust. Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 79, Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/16; Bunte, AGB-Banken Rn. 77) zu evtl. Besonderheiten bei den AGB-Sparkassen, sogleich unter Rn. 9). Erst recht reicht es nicht aus, dass die geänderten AGB irgendwo auf der Homepage der Bank ins Netz gestellt werden (Becher/Gößmann, BKR 2002, 519 (520)). Allgemein gilt, dass das Erfordernis zumutbarer Kenntnisnahme nur gewahrt ist, wenn die geänderten Klauseln – insbesondere soweit sie zum Nachteil des Kunden abweichen – besonders hervorgehoben sind (Ulmer/ Brandner/Hensen-Ulmer, § 305 BGB Rn. 164). Die Genehmigungsfiktion von sechs Wochen ist mit § 308 Nr. 5 BGB vereinbar, da die Bank nach Nr. 1 II 4 AGB-Banken auf diese Rechtsfolge bei Mitteilung der geänderten AGB besonders hinweisen muss (ganz hM s. etwa Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, § 305 BGB Rn. 164; Staudinger-Coester-Waltjen BGB (2006), § 308 Nr. 5 Rn. 8; Baumbach-Hopt AGB-Banken (8) Nr. 1 Rn. 7; a. A. aber MünchKommBGB-Basedow, § 305 Rn. 82; Hoeren, NJW 1992, 3236 (3267)). Für eine konkludente Zustimmung nach § 151 BGB durch die bloße Fortsetzung der Geschäftsbeziehung ist vor Ablauf der Sechs-Wochen-Frist kein Raum (im Ergeb. ebenso Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 80; unklar Bunte, AGB-Banken Rn. 75: trotz konkludenter Genehmigung noch ausdrücklicher Widerspruch innerhalb von sechs Wochen). Zwar sind konkludente Genehmigungen nicht per se ausgeschlossen (Erman/Roloff, § 305 Rn. 43; MünchKommBGB-Basedow, § 305 Rn. 78; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, § 305 Rn. 165 jew. m.w.N.). Eine Interpretation der Fortsetzung des Zahlungsverkehrs als konkludente Zustimmung kommt jedoch schon deshalb nicht in Betracht, da die Kunden anderenfalls vor dem Dilemma stünden, ihr Konto nicht benutzen zu dürfen oder die sechs Wochen zur Prüfung nicht ausnutzen zu können. Dem steht auch nicht entgegen, dass man ggf. in der Fortsetzung des Zahlungsverkehrs eine konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen (dazu Rn. 40) sieht, da die Genehmigung eines konkreten Zahlungsvorganges kaum mit der eines komplizierten Regelwerkes vergleichbar sein dürfte (insoweit unzutreffende Kritik deshalb bei Ulmer/Brandner/HensenFuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 80 in Fn. 15). Der Kunde hat also volle sechs Wochen Zeit, um der Änderung zu widersprechen (anders aber Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 6 Rn. 11). Hintergrund der 2000 vorgenommenen Verlängerung der Frist von einem Monat auf sechs Wochen ist die Entscheidung BGH WM 1999, 1367. Der Widerspruch führt dazu, dass die Einbeziehung der geänderten AGB scheitert und die Vertragsbeziehung mit
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den bisherigen AGB fortgesetzt wird. Ein Widerspruch berechtigt die Bank nicht ohne weiteres zur fristlosen Kündigung des Vertrages (OLG Köln NJW 1996, 1065; LG Hamburg ZIP 1995, 1583), da dies im Ergebnis ein einseitiges Änderungsrecht bewirken würde. Auch eine ordentliche Kündigung wird infolge Rechtsmissbrauchs regelmäßig nicht in Betracht kommen (zutr. MünchKommBGB-Basedow, § 305 Rn. 82; a. A aber Erman/ Roloff, § 305 BGB Rn. 43), sofern dadurch die gesamte Kontoverbindung beendet würde (für eine ordentliche Kündigung der ec-Karte vor Ablauf von deren Laufzeit bei Änderung der ec-Kartenbedingungen aber OLG Köln NJW 1996, 1065). 9
Abweichend von Nr. 1 II AGB-Banken soll nach Nr. 2 I AGB-Sparkassen ein Hinweis gegenüber dem Kunden auf die geänderten AGB entbehrlich sein, wenn ein solcher Hinweis mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist. Genügen soll dann ein deutlich sichtbarer Aushang auf die Änderung. Auch daran soll sich die Genehmigungsfiktion nach Nr. 2 II AGB-Sparkassen knüpfen. Dies ist mit § 308 Nr. 5 BGB nicht vereinbar (ebenso v. Westphalen, Rn. 5; BB 1993, 8; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 81; a. A. Westermann, WM 1993, 1865 (1868 f.); Bunte, AGB-Banken Rn. 78). Ein ausdrücklicher Hinweis ist unter keinen Umständen verzichtbar. Nr. 2 I AGB-Sparkassen eröffnet aber die Möglichkeit, abweichend von dem soeben zu den AGB-Banken Gesagten (Rn. 8) mittels eines ausdrücklichen Hinweises auf die Einsichtnahme in die geänderten AGB in den Schalterräumen zu verweisen, sofern eine Mitteilung der geänderten AGB auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt. Dies kann zwar theoretisch zur Wirksamkeit führen, ist aber angesichts der Länge der derzeitigen AGB – namentlich auch im elektronischen Geschäftsverkehr – kaum vorstellbar.
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II. Bankgeheimnis und Bankauskunft (Nr. 2). 1. Bankgeheimnis. Nr. 2 I AGB-Banken regelt das Bankgeheimnis. Diese erstmals mit den AGB-Banken von 1993 aufgenommene Regelung, die in den AGB-Sparkassen keine Entsprechung hat, hat nur deklaratorische Bedeutung. Eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden folgt bereits aus dem jeweiligen Konto- oder Kreditvertrag bzw. aus dem Vertragsanbahnungsverhältnis, der die Bank zur Interessenwahrung des Kunden verpflichtet (Bunte, AGB-Banken Rn. 79). Die Verschwiegenheitspflicht der Nr. 2 I AGB-Banken besteht auch gegenüber Ehegatten oder anderen Angehörigen (Lieske, WM 1975, 238 (247); Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/19). Sie erstreckt sich auch auf allgemein bekannte Tatsachen, sofern der Kunde wünscht, dass die Bank nicht über solche Tatsachen spricht und ein Dritter sie womöglich erst durch die Bank erfährt (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/19; Bunte, AGB-Banken Rn. 79; a. A. Hadding/Schneider-Musielak, S. 14 f.; offen lassend letztlich BGHZ 166, 84 (93) – Kirch/ Breuer) oder sie ihm durch die Bank erneut ins Gedächtnis gerufen werden. Allgemein ausgedrückt erfasst das Bankgeheimnis alle Tatsachen, die der Kunde als Geheimnisherr Dritten nicht preisgeben will (so im Ergeb. auch BGHZ 27, 241 (246)). Nr. 2 I bringt dies durch die Formulierung „alle“ klar zum Ausdruck. Es entspricht heute auch zu Recht ganz überwiegender Auffassung, dass das Bankgeheimnis nicht nur Tatsachen, sondern auch Wertungen umfasst, wie etwa die Beurteilung der Bonität oder der geschäftlichen Verhältnisse (Canaris, Rn. 49; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/20; SichtermannKirchherr, S. 131). Derartige Bewertungen haben in der Praxis eine große Bedeutung und sind typischerweise Gegenstand einer Bankauskunft, die im systematischen Zusammenhang mit dem Bankgeheimnis steht. Darüber hinaus ist stets ein innerer Zusammenhang zwischen der Kenntniserlangung und der Geschäftsverbindung erforderlich (vgl. BGHZ 166, 84 (92) = NJW 2006, 830 (833) – Kirch/Breuer; aus dem Schrifttum etwa Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 39 Rn. 1; a. A. allein Schumann, ZIP 2004, 2353 (2361)), die Kenntnis muss also gerade aus der Geschäftsverbindung resultieren. Vom
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Bankgeheimnis abzugrenzen ist die allgemeine Loyalitätspflicht gegenüber dem Kunden, dessen Umfang unabhängig von einem inneren Zusammenhang die Pflicht beinhaltet, die Vermögensinteressen des Kunden zu schützen und weder durch Tatsachenbehauptungen, noch durch Werturteile oder Meinungsäußerungen zu gefährden (BGHZ 166, 84, (93 f.) = NJW 2006, 830 (834)). Das Bankgeheimnis ist weiterhin vom Datenschutz nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) abzugrenzen. Das BDSG betrifft nur einen Teilbereich des Bankgeheimnisses (so auch Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/22), da es auf den Schutz personenbezogener Daten begrenzt ist und verfolgt mit dem Schutz der informellen Selbstbestimmung eine andere Stoßrichtung. Weiterhin schützt es nur natürliche und nicht auch juristische Personen. Beide Rechtsinstitute stehen nebeneinander (BGH ZIP 2007, 619 (622)). Die Speicherung von Kundendaten seitens der Bank ist durch § 28 BDSG legitimiert. Aus dem Bankgeheimnis folgt jedoch kein Abtretungsverbot iSd § 399 Alt. 2 BGB. Die Bank kann also Forderungen gegen Kunden wirksam abtreten (inzwischen ganz hM, vgl. BGH ZIP 2007, 619 (620 f.) mwN; KG ZIP 2006, 1814; OLG Köln NJW-RR 2005, 263 (265 f.); Petersen, S. 38 ff; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/23 m. w. N.; a. A. allein OLG Frankfurt ZIP 2004, 1449). Das Bankgeheimnis wirkt nur schuldrechtlich, berührt hingegen nicht die Wirksamkeit von Verfügungsgeschäften, wirkt also nicht „dinglich“. Das Bankgeheimnis begründet auch kein Verbotsgesetz iSd §§ 134 BGB, 203 I StGB, wonach eine Abtretung nichtig wäre. Eine Ausnahme wird für den Sparkassenbereich diskutiert, da dessen Organe Amtsträger iSd § 11 Nr. 2c StGB sein sollen (vgl. dazu etwa Sester/Glos, DB 2005, 377 ff.; dagegen jetzt aber OLG Schleswig BKR 2008, 25 (27)). Eine derartige Differenzierung ist bedenklich, da sich sachlich dieselben Fragen stellen und für eine unterschiedliche Reichweite je nach Organisationsform des Kreditinstitutes kaum Raum ist. Auch wenn man das Bankgeheimnis jenseits der deklaratorischen Regelung in Nr. 2 I als Gewohnheitsrecht qualifiziert (dafür etwa Schwintowski/Schäfer, § 3 Rn. 3; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157; Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491, 493), begründet es kein Verbotsgesetz iSd § 134 BGB (überzeugend BGH ZIP 2007, 619 (621) mwN). Allerdings kann die Abtretung von Kundenforderungen ohne Zustimmung des Kunden einen Verstoß gegen das Bankgeheimnis begründen (vgl. noch Rn. 13) und einen auf § 280 I BGB zu stützenden Schadensersatzanspruch nach sich ziehen (BGH ZIP 2007, 619 (621); LG Koblenz ZIP 2005, 21; Nobbe, WM 2005, 1537 (1541)). Derartige Ansprüche kann das zedierende Kreditinstitut auf zwei Wegen vermeiden. Zum einen kann sich der Zedent zur Einziehung der abgetretenen Forderung verpflichten, sodass eine Informationsweitergabe an den Zessionar abweichend von § 402 BGB vermieden werden kann (BGH ZIP 2007, 619 (621); Langenbucher, BKR 2004, 333 (334); Stiller, ZIP 2004, 2027 (2029)). Zum anderen kann die Zustimmung des vertragstreuen Kunden eingeholt werden. Dies kann nach zutreffender Ansicht auch in Form von AGB (z.B. den Darlehensbedingungen) geschehen (vgl. zu Paralleldiskussion im Zusammenhang mit dem BDSG etwa Gola/Schomerus, BDSG, 9. Aufl. 2007, § 4a Rn. 14; Simitis-Simitis, BDSG, 6. Aufl. 2006, § 4a Rn. 84). Nr. 2 I enthält jedoch keine derartige Ermächtigung. Entsprechendes gilt für den neu gefassten Nr. 28 AGB-Sparkassen, der lediglich zu einer Weitergabe von Kundendaten an die Einlagesicherungssysteme ermächtigt. Soll durch AGB von dem Bankgeheimnis befreit werden, darf es sich nicht um eine fingierte Erklärung iSd § 308 Nr. 5 BGB handeln. Vielmehr ist eine ausdrückliche, präzise formulierte Erklärung von Nöten, die potentielle Zessionare und Umstände für die Abtretung (etwa Zahlungsverzug) benennen. Insoweit kann an den Vorgaben in § 4a BDSG Maß genommen werden. Bei vertragsuntreuen Kunden will die wohl überwiegende Auffassung hingegen auf ein Zustimmungserfordernis verzichten, sodass eine Abtretung ohne Zustimmung keinen
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
Verstoß gegen das Bankgeheimnis zeitigen soll (OLG Köln ZIP 2005, 1773 (1774)). Dies spielt in erster Linie dann eine Rolle, wenn das Kreditinstitut Forderungen gegen im Verzug befindliche Darlehensnehmer im Wege der Verbriefung liquidieren will (sog. NonPerforming Loans, vgl. dazu etwa Adolff, FS Heldrich, 2005, S. 3 ff.). 12
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Die Grenzen des Bankgeheimnisses ergeben sich aus drei Ansatzpunkten. Zum einen wird es durch gesetzliche Vorgaben eingeschränkt. Zu nennen sind insbesondere die Verpflichtung zur Auskunftserteilung im Ermittlungsverfahren (§ 161 a StPO), die Auskunftspflicht im Erbschaftssteuerverfahren (§ 33 ErbStG); im Besteuerungsverfahren (§§ 93 I 3, 30 a V AO), im automatisierten Abruf von Kontoinformationen nach § 24c KWG sowie die Auskunftspflicht des Kreditinstituts nach § 11 GwG (Details bei Bunte, AGB-Banken Rn. 86 ff.). Umgekehrt begrenzt das Bankgeheimnis der kontoführenden Bank grundsätzlich nicht das Auskunftsrecht ihrer Aktionäre nach § 131 AktG. Es ist jedoch eine Interessenabwägung zwischen den Belangen des Aktionärs und der Verhältnisse der Bankkunden vorzunehmen. Die Bank darf gegenüber ihren Aktionären aber nicht die persönlichen Umstände und Verhältnisse ihrer Kunden offenbaren (vgl. LG Frankfurt WM 2005, 2235 (2237)). Ein Auskunftsanspruch Privater kann sich auch aus einer rechtlichen Sonderverbindung ergeben, die nicht in einem Vertrag bestehen muss (BGHZ 95, 274 (278 f.); BGH NJW 1978, 1002; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/23). Daneben kommt eine Weitergabe von Informationen über den Kunden in Betracht, wenn dieser eingewilligt hat (vgl. näher Rn. 15 f.). Schließlich ist eine Weitergabe auch dann zulässig, wenn die Bank zur Erteilung einer Bankauskunft nach Nr. 2 III 1 AGB-Banken ohne Einwilligung des Kunden befugt ist (vgl. Rn. 15). Eine Verletzung des Bankgeheimnisses berechtigt den Kunden, den Vertrag mit der Bank aus wichtigem Grund zu kündigen (Sichtermann/Kirchherr, S. 203 f.; HeymannHorn, Anh. § 372 Rn. II/21; einschränkend Canaris, Rn. 69). Daneben entsteht ein (vor-) vertraglicher Anspruch auf Unterlassung, der Gegenstand einer einstweiligen Verfügung nach § 935 ZPO sein kann. Hat die Bank oder ein Dritter, der die Bank zu dem Rechtsbruch veranlasst hat, durch die Verletzung des Bankgeheimnisses einen Rechtsvorteil erlangt, so steht dem Kunden gegen die Bank oder den Dritten der Einwand des Rechtsmissbrauchs zu. Dies gilt aber nicht gegenüber Dritten, die zwar Kenntnis erlangt haben, aber an dem Rechtsbruch nicht mitgewirkt haben (BGH WM 1973, 892 (894); 1975, 316; Liesecke, WM 1973, 314 (315 f.)). Weiterhin hat der Kunde einen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 280 I BGB (BGHZ 27, 241 (247); BGH ZIP 2007, 619 (620 f.); zur Ersatzfähigkeit und Schadenshöhe näher Canaris, Rn. 66 ff.). Dieser besteht namentlich dann, wenn eine Forderung entgegen der in Rn. 11 skizzierten Grundsätze abgetreten wird. 2. Bankauskunft. Die Bankauskunft ist in den Absätzen 2 bis 4 der Nr. 2 geregelt. Abs. 2 bestimmt den Inhalt, Abs. 3 die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bankauskunft, Abs. 4 den Adressatenkreis. Abs. 2 definiert die Bankauskunft als allgemein gehaltene Feststellungen und Bemerkungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, seine Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit. Es geht also allein um allgemeine wertende Aussagen, konkrete Angaben zu Kontoständen oder Kreditlinien enthält die Bankauskunft nicht. Die Bankauskunft nach Nr. 2 AGB-Banken ist deshalb von besonderen Auskünften wie der Scheckauskunft, bei der die Bank Auskunft darüber gibt, ob das Konto des Ausstellers entsprechende Deckung enthält, und der sog. Schufa-Anfrage abzugrenzen. Bei einer Anfrage bei der Schufa, einer kollektiven Gläubigerauskunft, werden anders als bei der Bankauskunft auch konkrete Kontensalden oder eingeräumte Kreditlinien mitgeteilt. Für diese besonderen Auskünfte ist jedoch eine gesonderte Einwilligung des Kunden erforderlich, die nicht vom Regelungsbereich der Nr. 2 erfasst ist.
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Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Erteilung einer Bankauskunft unterscheidet Nr. 2 III zwischen Geschäfts- und Privatkunden. Geschäftskunden sind sämtliche juristischen Personen und die ins Handelsregister eingetragenen Kaufleute. Hierzu zählen alle Formen von Personenhandelsgesellschaften. Zumindest nach dem Wortlaut der Vorschrift ist die unternehmerisch tätige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) hingegen nicht erfasst. Fraglich ist auch die Behandlung einer Partnerschaft, da diese nicht im Handels-, sondern im Partnerschaftsregister eingetragen ist. Unklar ist ferner die Einordnung der EWIV. Sie ist zwar im Handelsregister eingetragen, aber kein Kaufmann. Unter teleologischen Gesichtspunkten scheint es aber gerechtfertigt, sowohl die Partnerschaft wie die EWIV als auch die unternehmerisch tätige GbR in den Kreis der Geschäftskunden einzubeziehen (zust. Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/27; Bunte, AGB-Banken Rn. 99; a. A. Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 83 in Fn. 26), über die die Bank auch ohne generelle oder spezielle Einwilligung Auskunft erteilen darf, sofern das Unternehmen nicht eine anders lautende Weisung erteilt hat. Diese kann generell erteilt werden und somit jegliche Berechtigung zur Bankauskunft ausschließen oder aber auf einen Einzelfall begrenzt werden, indem die Auskunftserteilung für einen gewissen Zeitraum oder begrenzt auf einen bestimmten Kreis von Auskunftsersuchenden beschränkt wird (zust. jetzt Bunte, AGB-Banken Rn. 99). Diese Möglichkeit zur Versagung der Auskunftsberechtigung hat ihren Hintergrund in § 3 BDSG. Die Regelung in Nr. 2 III 1 und S. 2 AGB-Banken hat konstitutive und nicht nur deklaratorische Bedeutung, da die Annahme eines entsprechenden Handelsbrauchs, wonach die Bank bei gewerblichen Kunden ohne weiteres zur Auskunft legitimiert sei, zu weit führen würde (zutr. Canaris, Rn. 56; Schimansky/Bunte/Lwowski- Bunte, § 7 Rn. 18; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 83 a. A. Kümpel, Rn. 2.204; BuB-Weber, Rn. 1/65). Bei Privatkunden und Vereinigungen, zu denen neben nicht rechtsfähigen Vereinen auch die nicht unternehmerisch tätige Außen-GbR zählt, muss die Zustimmung zur Auskunft ausdrücklich erfolgen. Diese kann für den Einzelfall oder generell für alle zukünftigen Anfragen erteilt werden. „Ausdrücklich“ erfordert nicht zwingend eine schriftliche Zustimmung, die Banken werden dies jedoch in aller Regel im eigenen Interesse verlangen. Kein Raum ist für eine konkludente Zustimmung. Nicht ausgeschlossen ist die Verwendung einer vorformulierten Zustimmungserklärung, jedoch darf diese nicht zwischen anderen Abreden versteckt sein. Die Erteilung einer Bankauskunft ist bei Geschäfts- wie bei Privatkunden weiterhin nur zulässig, wenn der Anfragende ein berechtigtes Interesse an der gewünschten Auskunft glaubhaft darlegt und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Auskunftserteilung berechtigte Interessen des Kunden entgegenstehen (III 4). Die Glaubhaftmachung des berechtigten Interesses ergibt sich auch aus Ziffer 2 der Grundsätze für die Durchführung des Bankauskunftsverfahrens zwischen den Kreditinstituten (abgedr. BuB-Weber, Rn. 1/76). Ein berechtigtes Interesse ist stets dann anzunehmen, wenn der Anfragende vor einem ihm sonst drohenden Schaden bewahrt wird (statt aller Bunte, AGB-Banken Rn. 101). Insoweit genügt aber die glaubhafte Darlegung einer abstrakt möglichen Schädigung, wie etwa der Forderungsausfall bei einer sich anbahnenden geschäftlichen Beziehung mit dem Kunden. In einem letzten Schritt hat die Bank wegen Nr. 2 III 4 a. E. eine Interessenabwägung vorzunehmen, die hinsichtlich ihres Umfangs an § 28 BDSG angelehnt ist (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/27; Bunte, AGB-Banken Rn.102). Dabei hat die Bank sich von der Erwägung leiten zu lassen, dass nicht jede negative Auskunft automatisch an einer Interessenabwägung scheitert, da die sonst drohende Auskunftsverweigerung vielfach als die denkbar schlechteste Alternative aufgefasst würde.
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Bankauskünfte werden nach Nr. 2 IV nur eigenen Kunden oder anderen Banken für deren eigene Interessen (Bank-an-Bank-Auskunft) oder im Interesse von deren Kunden erteilt. Mit dieser Beschränkung des Adressatenkreises soll eine Kommerzialisierung des Auskunftswesens vermieden werden. Aus Absatz 4 folgt noch kein Anspruch des Kunden oder der anderen Bank auf Auskunftserteilung. Diese kann sich allenfalls aus einer Nebenpflicht zu einem anderen Vertrag ergeben oder aber aus einem besonderen Auskunftsvertrag (vgl. näher Wolf/Horn/Lindacher-Horn, § 23 Rn. 642; Schimansky/Bunte/ Lwowski-Bunte, § 7 Rn. 24 f.), verallgemeinernd ist also eine schuldrechtliche Sonderbeziehung zu fordern (Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 83). Auch auf die Erteilung einer Bank-an-Bank-Auskunft gibt es keinen verbindlichen Anspruch infolge eines Handelsbrauchs (vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 7 Rn. 25).
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Nr. 2 AGB-Banken regelt nicht die Haftung der Bank für fehlerhafte und unrichtige Auskünfte, diese bestimmt sich vielmehr nach allgemeinem Zivilrecht. In Betracht kommt eine Verletzung des Auskunftsvertrages oder einer Nebenpflicht zum jeweiligen Bankvertrag. Daneben kommen deliktische Ansprüche in Betracht (BGH WM 1976, 498; ausführlich Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/32). Seit 1993 ist in den AGB-Banken keine Freizeichnungsklausel für eine leicht fahrlässige Auskunftspflichtverletzung mehr enthalten; insoweit gilt nunmehr allein Nr. 3 AGB-Banken. Fragt eine andere Bank im Auftrag ihres Kunden an, so kann die anfragende Bank, wenn sie für eigene Dispositionen auf die Auskunft vertraut, diesen Eigenschaden nicht geltend machen (BGH WM 1991, 1629). Im Übrigen ist die auskunfterteilende Bank nicht Erfüllungsgehilfe der auskunftersuchenden Bank; vielmehr liegt ein Fall des sog. weitergeleiteten Auftrags vor (vgl. dazu und zu dessen Haftungsfolgen Rn. 21 ff).
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Nr. 3 der AGB-Sparkassen enthält eine etwas abweichend formulierte, sachlich aber weitgehend übereinstimmende Regelung wie die AGB-Banken, ohne jedoch das Bankgeheimnis zu definieren. Trotz der in Nr. 3 III vorbehaltenen schriftlichen Bestätigung haftet die Sparkasse auch für fehlerhafte mündliche Auskünfte, selbst wenn sie diese später durch eine korrekte schriftliche Fassung korrigiert hat (Ulmer/Brandner/HensenFuchs, Anh. § 310 Rn. 84; Bunte, AGB-Banken Rn. 105).
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III. Haftung der Bank (Nr. 3). 1. Haftungsgrundsätze. In Nr. 3 I 1 wird zunächst klargestellt, dass die Bank bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen für jedes Verschulden haftet. Dieser Regelung kommt nur klarstellende Funktion zu (statt aller Ulmer/Brandner/ Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 85), da sich dieser Haftungsmaßstab bereits aus §§ 276, 278 BGB bzw. aus Sondervorschriften wie §§ 31, 32 WpHG ergibt. Die Regelung in Nr. 3 ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass ältere Fassungen der AGB-Banken versucht hatten, Haftungsfreizeichnungen zu vereinbaren. Der Verschuldensmaßstab ist im Einzelfall wiederum nach Art des jeweiligen Geschäfts und der damit verbundenen typischen Risiken zu bestimmen (BGHZ 123, 126). Ebenfalls nur deklaratorische Funktion hat der Satz 2, der den Vorrang abweichender Vereinbarungen sowie der Sonderbedingungen zum Ausdruck bringt. Letzteres folgt bereits aus Nr. 1 I 2. Der dritte Satz von Nr. 3 I stellt klar, dass ein Mitverschulden des Kunden zu berücksichtigen ist. Eine gegenüber § 254 BGB eigenständige Funktion kommt ihm nur insoweit zu, als er hinsichtlich des Mitverschuldens auf die Mitwirkungspflichten des Kunden gem. Nr. 11 AGBBanken verweist. Die dort geregelten Kundenobliegenheiten können also im Wege des Mitverschuldens Berücksichtigung finden. Auf die Einzelheiten ist bei Nr. 11 (Rn. 58 ff.) einzugehen.
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2. Haftung bei weitergeleiteten Aufträgen bzw. bei gestatteter Substitution. Von erheblicher praktischer Bedeutung wie von dogmatischem Interesse ist hingegen Nr. 3 II,
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wonach die Haftung bei weitergeleiteten Aufträgen auf die sorgfältige Auswahl und Unterweisung des Dritten beschränkt ist. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Banken nicht nur für das Verschulden ihrer Mitarbeiter, sondern auch für das von selbständigen Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB einzustehen haben. Diese weitgehende Haftung versucht Nr. 3 II mit der Figur des weitergeleiteten Auftrags einzugrenzen und nennt beispielhaft die Einholung von Bankauskünften bei anderen Kreditinstituten und die Verwahrung von Wertpapieren im Ausland. Eine Haftungsbeschränkung auf die sog. culpa in eligendo besteht allerdings auch im Falle der gestatteten Substitution nach § 664 I 2 BGB. Im Schrifttum besteht deshalb Streit darüber, ob es sich bei dem weitergeleiteten Auftrag um eine besondere Verpflichtungsform von Bankgeschäften mit der Folge handelt, dass die Bank von vornherein nur die Weiterleitung des Auftrages schuldet, ohne dass es auf die konkreten Voraussetzungen des § 664 I 2 BGB ankäme (so vor allem Kümpel, WM 1996, 1893 (1895 ff.); außerhalb des Bankensektors auch Bitter, ZBB 2007, 237 (251 f.), der zu Recht darauf hinweist, dass der echte Spediteur iSd §§ 453, 454 HGB ein Paradebeispiel für den weitergeleiteten Auftrag bietet) oder ob es sich dabei nicht vielmehr stets um einen Fall der gestatteten Substitution handele (in diesem Sinne vor allem Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/35). Letzteres hätte zur Folge, dass es zu einer Haftungsbeschränkung nur dann käme, wenn die Gestattung der Substitution wirklich erfolgt ist und ihre Vereinbarung der AGB-rechtlichen Kontrolle standhält. Bei der gestatteten Substitution ist der Beauftragte zunächst selbst vollumfänglich zur Ausführung des Auftrages verpflichtet. Erst wenn er von der Möglichkeit zur Übertragung des Auftrags auf einen weiteren Beauftragen Gebrauch macht, tritt die Haftungsbegrenzung ein. Für eine Stellungnahme ist zunächst festzuhalten, dass beide Auffassungen im Ergebnis nicht weit auseinanderliegen. Eine Gestattung der Substitution iSd. § 664 I 2 BGB kann sich auch aus den Umständen ergeben, nach Auffassung von Horn (Rn. 657; ebenso Ulmer/Brandner/Hensen-Brandner9, Anh. §§ 9-11 Rn. 161) kann sogar teilweise eine dahingehende Verkehrssitte bestehen. Ferner hat man sich zu vergegenwärtigen, dass § 664 BGB im Rahmen des entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages auch ohne ausdrückliche Verweisung in § 675 I BGB als allgemeine Rechtsregel gilt (allg. M. vgl. etwa Staudinger-Martinek, § 675 Rn. A 53). Dies bedeutet, dass die Bank grundsätzlich Gehilfen zur Ausführung von Kundenaufträgen heranziehen kann, für deren Verschulden sie dann aber nach §§ 664 I 3, 278 BGB einzustehen hat. Die Bank stets auf die wirksame Gestattung einer Substitution nach § 664 I 2 BGB zu verweisen, damit ihr die Beschränkung der Haftung auf die culpa in eligendo zugute kommt, scheint andererseits nicht sachgerecht. Sofern der Kunde von vornherein nicht mit der Durchführung des Auftrages durch die Bank rechnen kann, spricht eine sachgerechte und am Interesse beider Parteien orientierte Auslegung dafür, die Bank von Anfang an nur zur Weiterleitung des Auftrages zu verpflichten. D. h. die Bank schuldet allein die Übertragung des Auftrages auf einen von ihr sorgfältig auszusuchenden und zu unterweisenden selbstständigen Auftragsnehmer, nicht aber die Ausführung des Auftrags als solches. Damit haftet sie im Ergebnis wie bei einer gestatteten Substitution. Für die Anerkennung einer eigenen Rechtsfigur des weitergeleiteten Auftrags spricht allerdings nicht, dass der Bank die selbstständige Ausführung des Auftrages oftmals subjektiv unmöglich ist und ihr eine Kontrolle der vorformulierten Gestattung der Substitution anhand des AGB-Rechts nicht zuzumuten sei (so aber Kümpel, WM 1996, 1893 (1896 f.); wie hier dagegen Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/35; ähnlich Bitter, ZBB 2007, 237 (254)). Denn zumindest nach neuem Schuldrecht liegt eine subjektive Unmöglichkeit gerade nicht vor, wenn die Bank den Auftrag zwar nicht selbst, aber durch einen selbstständigen Erfüllungsgehilfen ausführen kann. Ebenso wenig zwingt die Entscheidung BGH WM 1991, 797 betreffend der Weiterleitung von
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Überweisungen an einen ausländischen Empfänger zur Anerkennung einer derartigen Rechtsfigur. Dieses Urteil enthält entgegen verbreiteten Beteuerungen keine grundsätzlichen Überlegungen zur Figur des weitergeleiteten Auftrages. Der Grund für die Anerkennung des weitergeleiteten Auftrags als besondere Verpflichtungsform im Auftragsrecht folgt vielmehr aus einer gegenseitigen Interessenabwägung und einer sachgerechten Vertragsauslegung, die die widerstreitenden Interessen von der Bank, die bei der bloßen Weiterleitung möglichst von Anfang an beschränkt haften möchte, und des Kunden, dem eine möglichst weitgehende Haftung gelegen kommt, zum Ausgleich bringt. Entscheidendes Kriterium muss die Beherrschbarkeit der Ausführung des Auftrages durch die Bank sein (dagegen aber Bitter, ZBB 2007, 237 (254 f.), der der Bank als „cheapest insurer“ stets mit dem Risiko belasten will). Das AGB- Recht ist auf dieser Ebene der Vertragsauslegung also noch gar nicht angesprochen. Damit kommt der Nr. 3 II allein klarstellende Funktion zu, da die AGB-Banken nicht festlegen können, wann ein weitergeleiteter Auftrag vorliegen soll und wann nicht. Dementsprechend hat die dort vorgenommene Aufzählung nur beispielhaften Charakter. Ein weitergeleiteter Auftrag kann also nur durch die jeweiligen Sonderbedingungen vereinbart werden und ist dann auf seine Vereinbarkeit mit § 307 BGB zu überprüfen, bei dem die Interessenabwägung vorzunehmen ist. 24
Dies vor Augen kann man sich der neuerdings umstrittenen AGB-rechtlichen Zulässigkeit der Nr. 3 II zuwenden. Namentlich Bitter (ZBB 2007, 237, 250 ff) nimmt einen Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB an (ähnlich Baumbach/Hopt-Hopt (8) AGB-Banken Nr. 3 Rn. 6; Einsele, AcP 198 (1998), 145 (180 f, 188); krit. auch Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/35 f). Zur Begründung führt er an, dass die Bank das Risiko eher als der Kunde steuern könne und diese somit der cheapest insurer sei, der deshalb grundsätzlich für Fehler von weiteren Beauftragten einzustehen habe. Weiterhin soll aus § 459 HGB folgen, dass weitergeleitete Aufträge nur dann zulässig seien, wenn der Auftraggeber auch das Preisrisiko des Auftrages trage, was bei Bankgeschäften, die typischerweise zu festen Gebühren abgeschlossen werden, letztlich nicht der Fall sei. Diesem Rechtsgedanken folge schließlich auch § 676 c I 3 BGB, wonach die Bank bei Überweisungen innerhalb der EU für das Verschulden zwischengeschalteter Banken einzustehen habe. Diese Vorschrift sei im Bankrecht verallgemeinerungsfähig. Letzteres kann schon deshalb nicht überzeugen, da § 676 c III Nr. 3 BGB gerade zeigt, dass bei Überweisungen in Drittstaaten eine Haftungsbegrenzung möglich sein soll. Auch wenn § 676 c I 3 BGB im Einzellfall analogiefähig sein mag, widerspricht es der Intention des Gesetzgebers, diese Norm als allgemeinen Haftungsgrundsatz im Bankrecht zu interpretieren. Entsprechendes gilt für die Wertung aus §§ 453, 454 HBG einerseits und § 459 HGB andererseits. Diese Normen folgen spezifischen Wertungen im Transportrecht und können nicht ohne weiteres auf das Bankrecht übertragen werden. Entscheidend ist vom hier vertretenen Standpunkt aus (Rn. 23), dass Nr. 3 II nur klarstellen will, dass weitergeleitete Aufträge im Einzelfall in den Sonderbedingungen vereinbart werden können, deren Wirksamkeit dann jeweils gesondert zu prüfen ist.
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Zu einer Unwirksamkeit der Nr. 3 II kann man daher nur unter Rückgriff auf das Transparenzgebot gelangen, wenn man die Regelung dahin versteht, dass sie bereits für eine unbestimmte Zahl von Fällen einen weitergeleiteten Auftrag vereinbaren will. Hierfür könnte vor allem die Formulierung „typischerweise in der Form ausführt“ sprechen (in diesem Sinne LG Köln WM 2000, 720 (721).; Baumbach/Hopt-Hopt (8) AGB-Banken Nr. 3 Rn. 6; a. A. Bunte, AGB-Banken Rn. 128). Eine Auslegung des Nr. 3 II ergibt kein eindeutiges Ergebnis. Für eine nicht bloß klarstellende Regelung spricht, dass Nr. 3 II 3 auch konkrete Rechtsfolgen und in Satz 2 Beispielsfälle benennt. Legt man die kunden-
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feindlichste Auslegung zugrunde, scheitert Nr. 3 II nicht nur als eigenständige Regelung, sondern auch als klarstellende Norm am Transparenzgebot. Auch eine Interpretation des Nr. 3 II dahin, dass bei Auslandsgeschäften stets ein Fall des weitergeleiteten Auftrags vorläge, lässt sich nicht aufstellen und wäre auch mit § 307 II BGB nicht vereinbar (insoweit zutr. Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/39; Bitter, ZBB 2007, 237 (252 ff.)). Damit ist aber noch nicht gesagt, dass auch die Vereinbarung weitergeleiteter Aufträge wie in Nr. 19 II 1 SB Wertpapiergeschäfte oder in Nr. IV 4b SB Überweisungsverkehr bei Überweisungen in Drittstaaten automatisch unwirksam sind. Dies ist in jedem Einzelfall zu prüfen (vgl. Rn. 26). Trotz Anerkennung weitergeleiteter Aufträge als eigenem Auftragstypus, verbleibt für eine entsprechende Vereinbarung in den Sonderbedingungen nur ein sehr begrenzter Anwendungsbereich. Infolge der besonderen Vertrauensbeziehung zwischen Kunde und Bank kommt ein wirksamer weitergeleiteter (oder genauer weiterzuleitender) Auftrag vor dem Hintergrund des § 307 II BGB nur dann in Betracht, wenn aus der Sicht eines objektiven Kunden seitens der Bank ein Wille zur eigenen Verpflichtung nicht zu erwarten ist. Dies wird regelmäßig nur dann der Fall sein, wenn die Bank den Auftrag für den Kunden nur deshalb übernimmt, um diesem die Suche eines eigentlichen Geschäftsbesorgers abzunehmen, sie also zum Ausdruck bringt, den eigentlichen Erfolg der Bankleistung nicht selbst zu schulden. Ein Indiz hierfür liegt darin, dass die Bank auf den eingeschalteten Dritten keinen Einfluss hat, er sich also ihrer Beherrschbarkeit entzieht. In der früher am häufigsten diskutierten Fallgruppe, der Überweisung (vgl. dazu etwa BGHZ 4, 244 (248 f.)), stellt § 676 c I 3 BGB nunmehr klar, dass es sich hierbei grundsätzlich weder um einen weitergeleiteten Auftrag noch um eine gestattete Substitution handelt. Hiervon sieht § 676 c III jedoch drei Ausnahmen vor (Details bei MünchKommBGB-Casper, § 676c Rn. 15 ff.). Von dieser Option machen Nr. IV SB Überweisungen Gebrauch, wonach eine Auftragsweiterleitung nach § 307 BGB nicht zu beanstanden sein kann. Als weitere Anwendungsbeispiele dürften derzeit in erster Linie die in Nr. 3 II erwähnte Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren im Ausland (Nr. 19 II 1 SB WP) (glA Kümpel, Rn. 2.285, 2.303; a. A. Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/38) zu nennen sein. Für einen selbständigen Anwendungsbereich des Nr. 3 II wäre vor allem die Einholung von Bankauskünften bei fremden Banken Raum, da es an einer Regelungen in Sonderbedingungen fehlt. Insoweit kommt jedoch regelmäßig eine gestattete Substitution nach § 664 I 2 BGB in Betracht. Für die praktische Rechtsanwendung ergibt sich zusammenfassend also ein dreistufiger Prüfungsaufbau. An erster Stelle ist zu prüfen, ob in den Sonderbedingungen ein weitergeleiteter Auftrag vereinbart wurde und ob dieser der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB standhält. Ist dies nicht der Fall, ist zu klären, ob im Einzelfall eine gestattete Substitution vorliegt. Diese muss sich aber wie in Nr. 19 I 2 SB WP auf ein konkretes Geschäft beziehen. Ein generelles Recht zur Substitution in AGB würde, wenn nicht bereits gegen § 309 Nr. 7 b BGB, so doch zumindest gegen § 307 II Nr. 1 BGB verstoßen (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/36; Kümpel, WM 1996, 1893 (1898)). Die derzeitige Fassung der Nr. 3 II AGB-Banken regelt eine Befugnis zur Substitution jedoch gar nicht mehr. Sie kann sich vielmehr allein aus einer gesonderten Abrede ergeben, sei es ausdrücklich, sei es stillschweigend wie bei der Einholung von Bankauskünften bei fremden Banken. Steht fest, dass auch eine Substitution nicht oder nicht wirksam vereinbart wurde, hat es auf der dritten Stufe mit der Aussage sein Bewenden, dass die zuerst beauftragte Bank für die Einschaltung von Dritten nach § 278 BGB haftet, sofern dessen Voraussetzungen im einzeln vorliegen.
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Was die Rechtsfolgen eines in den SB vereinbarten weitergeleiteten Auftrags anbelangt, ist zunächst festzuhalten, dass die zuerst beauftragte Bank nur zur Weiterleitung ver-
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pflichtet ist. Zwischen dem Kunden und der an zweiter Stelle eingeschalteten Bank kommt keine vertragliche Beziehung zustande. Beim weitergeleiteten Auftrag bleibt allein die zuerst beauftragte Bank Vertragspartner des Auftraggebers. Aus diesem weitergeleiteten Auftrag haftet die Bank dem Kunden nur bei Verletzung der culpa in eligendo. Darüber hinaus ist sie aber auch unter dem Gesichtspunkt der Interessenwahrung verpflichtet, dem Kunden Schadensersatzsprüche gegen die drittbeauftragte Bank abzutreten (vgl. näher Kümpel, WM 1996, 1893 (1900 f.)). 3. Keine Haftung bei Störung des Betriebs (Nr. 3 III). Die Bank haftet, wie Nr. 3 III klarstellt, nicht für sog. Störungen des Betriebs durch höhere Gewalt, Aufruhr, Krieg oder vergleichbare Ereignisse. Dazu zählen auch sonstige, von der Bank nicht zu vertretende Ereignisse wie Streik, Aussperrung, Verkehrsstörungen etc. Nr. 3 III entspricht damit §§ 275 bis 278 BGB und hat somit nur klarstellende Funktion. Unstreitig ist, dass eine Haftung dann nicht beseitigt wird, wenn die Bank die Ursache für die Betriebsstörung im Einzelfall zu vertreten hat (vgl. Kümpel, Rn. 2.314 ff.). 4. Abweichende Regelung in Nr. 19 II AGB-Sparkassen. Eine abweichende Regelung enthält Nr. 19 II AGB-Sparkassen. Dort findet sich keine Definition von weitergeleiteten Aufträgen, sondern vielmehr die Aussage, dass beim Fehlen einer gegenteiligen Weisung Dritte ganz oder teilweise mit der selbstständigen Ausführung des Auftrages betraut werden können, sofern dies nach Art des Auftrages und unter Berücksichtigung der Interessen von Sparkasse und Kunde „erforderlich erscheint“. Folge soll die Haftungsbeschränkung im Sinne des § 664 I S. 2 BGB sein. Diese unklare Formulierung kann bei kundenfeindlicher Auslegung (Rn. 5) als Ermessen der Sparkasse verstanden werden, Aufträge nach Belieben zu substituieren. Dies hält einer Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 7 b bzw. 307 II Nr. 1 BGB nicht stand (vgl. bereits Rn. 25; ebenso v. Westphalen, Rn. 17; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 Rn. 87; wohl auch Bunte, AGB-Banken Rn. 131; trotz Bedenken a. A.: Aden, NJW 1993, 832 (837)). Es bedarf also auch im Rechtsverkehr mit Sparkassen einer individualvertraglich gestatteten Substitution oder des Vorliegens eines weitergeleiteten Auftrags, damit die Zurechnung des Verschuldens von selbständigen Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB vermieden wird. Enthalten die Sonderbedingungen der Sparkassen im Einzelfall einen weitergeleiteten Auftrag, wie etwa in den Überweisungsbedigungen, so ist deren AGB-rechtliche Wirksamkeit gesondert zu prüfen. IV. Grenzen der Aufrechnungsbefugnis des Kunden (Nr. 4). Nach Nr. 4 kann der Kunde gegen Forderungen der Banken nur aufrechnen, wenn seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. Diese Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis hält der Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 3 BGB stand (BGH NJW 2002, 2279 (2279); BGH NJW 1986, 1757; BuB-Sonnenhol, Rn. 1/122 mwN.; vgl. auch bereits BGH WM 1972, 72, 73: zur Rechtslage vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes). Problematisch ist allein die Frage, ob die Bank durch eine unbegründete Zurückweisung der Gegenforderung die an sich bestehende Aufrechnungsbefugnis des Kunden beseitigen kann. Dies ist zu verneinen, da ein derartiges Vorgehen treuwidrig wäre (BGH WM 1986, 477; OLG Hamm NJW 1983, 523). Ein Zurückbehaltungsrecht des Kunden ist nach Nr. 4 nicht ausgeschlossen (Baumbach/Hopt, (8) AGB-Banken Nr. 4 Rn. 1; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/44). Das Aufrechnungsverbot findet ferner keine Anwendung im Insolvenzverfahren (BGH NJW 1978, 2244: für das frühere Vergleichsverfahren; Ulmer/Brandner/ Hensen-Fuchs, Anh. § 310 Rn. 89; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/45). Nr. 11 AGBSparkassen enthält neben einer Nr. 4 vergleichbaren Regelung noch ein nicht zu beanstandendes Tilgungsrecht (Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 90; Bunte, AGB-Banken Rn. 138).
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V. Verfügungsberechtigung nach dem Tod des Kunden (Nr. 5). Nr. 5 regelt die Legitimation des Erben oder des Testamentsvollstreckers als Verfügungsberechtigten nach dem Tod des Kunden. Nach Satz 1 ist die Bank grundsätzlich berechtigt, einen Erbschein oder ein Testamentsvollstreckerzeugnis zu verlangen. Insoweit wird also ein Recht der Bank kreiert, an geringer legitimierte Personen nicht leisten zu müssen (vgl. allg. dazu BGH NJW 2005, 2779 (2780), wonach ohne Einbeziehung der AGB keine Verpflichtung des Erben besteht, seine Legitimation durch Vorlage eines Erbscheines zu belegen). Es ist ihr nach Satz 2 aber auch möglich, sich mit der beglaubigten Abschrift einer letztwilligen Verfügung und der Eröffnungsniederschrift zu begnügen. Bedeutung erlangt diese Regelung erst mit Blick auf Satz 3, wonach die Bank auch an die so legitimierte Person schuldbefreiend leisten kann, sofern ihr nicht ausnahmsweise ein Widerspruch zur wirklichen Rechtslage bekannt ist (S. 4). Beide Regelungen sind AGB-rechtlich unbedenklich (Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 91; Keim, WM 2006, 753, (755); Starke, NJW 2005, 3184 (3186 mit Fn. 22); Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/47). Ist das Testament öffentlich eröffnet worden oder steht das Forderungsrecht des Erben rechtskräftig fest, mag es im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein, sich auf Nr. 5 zu berufen (dazu LG Stuttgart ZErb 2005, 129; Starke, NJW 2005, 3184 (3186 f)), eine Unwirksamkeit folgt hieraus jedoch nicht. Nr. 5 beschäftigt sich nicht mit trans- oder postmortalen Vollmachten. Diese sind grundsätzlich von der Bank zu beachten, was zur Folge hat, dass die Bank Weisungen des Bevollmächtigenden sofort auszuführen hat und nicht durch Zuwarten den Erben einen Widerruf der Vollmacht ermöglichen darf. Seit 1993 enthalten die AGB-Banken keine Regelungen mehr zum Verlust der Geschäftsfähigkeit (vgl. näher Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/49 und zur Unzulässigkeit der Risikoabwälzung auf den Kunden BGH NJW 1991, 2414). Für Schäden in diesem Zusammenhang haftet die Bank, sofern sie den Wegfall der Geschäftsfähigkeit fahrlässig nicht erkennt. Bedenklich ist deshalb Nr. 4 II AGB-Sparkassen, wonach der Kunde allein das Risiko eines Mangels in der Geschäftsfähigkeit seines Vertreters trägt (Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 Rn. 109).
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VI. Anwendbares Recht und Gerichtsstand (Nr. 6). Nr. 6 I enthält eine Rechtswahlklausel iSd. Art. 27 I 1 EGBGB. Für die gesamte Geschäftsverbindung wird die Anwendung deutschen Rechts vereinbart. Bei Verbraucherverträgen wird die Reichweite dieser Rechtswahl allerdings durch Art. 29 EGBGB beschränkt, ohne dass jedoch die Möglichkeit zur Rechtswahl insgesamt ausgeschlossen wäre. Das bedeutet, dass auch bei Verbraucherverträgen über Nr. 6 I grundsätzlich deutsches Recht anwendbar ist, sofern sich nicht ausnahmsweise aus Art. 29 I Nr. 1-3 EGBGB etwas anderes ergibt (Einzelheiten bei Bunte, AGB-Banken Rn. 150 ff.).
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Für in- und ausländische kaufmännische Kunden bzw. juristische Personen des öffentlichen Rechts wird durch Nr. 6 II als Gerichtsstand der der kontoführenden Stelle gewählt. Die Regelung entspricht den Vorgaben des § 38 ZPO und begründet somit keinen Gerichtsstand bei Verträgen mit Verbrauchern. Nr. 6 II ABG-Sparkassen enthält zusätzlich eine unbedenkliche Erfüllungsortklausel (Bunte, AGB-Banken Rn. 159; Ulmer/ Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 93).
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D. Kontoführung (Nr. 7–10) 7. Rechnungsabschlüsse bei Kontokorrentkonten (Konten in laufender Rechnung); Genehmigung von Belastung aus Lastschriften. (1) Erteilung der Rechnungsabschlüsse. Die Bank erteilt bei einem Kontokorrentkonto, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist, jeweils zum Ende eines Kalenderquartals einen Rechnungsabschluss; dabei werden die in diesem Zeitraum entstandenen beiderseitigen Ansprüche
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(einschließlich der Zinsen und Entgelte der Bank) verrechnet. Die Bank kann auf den Saldo, der sich aus der Verrechnung ergibt, nach Nr. 12 dieser Geschäftsbedingungen oder nach der mit dem Kunden anderweitig getroffenen Vereinbarung Zinsen berechnen. (2) Frist für Einwendungen; Genehmigung durch Schweigen. Einwendungen wegen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit eines Rechnungsabschlusses hat der Kunde spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach dessen Zugang zu erheben; macht er seine Einwendungen schriftlich geltend, genügt die Absendung innerhalb der Sechs-Wochen-Frist. Das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung. Auf diese Folge wird die Bank bei Erteilung des Rechnungsabschlusses besonders hinweisen. Der Kunde kann auch nach Fristablauf eine Berichtigung des Rechnungsabschlusses verlangen, muss dann aber beweisen, dass zu Unrecht sein Konto belastet oder eine ihm zustehende Gutschrift nicht erteilt wurde. (3) Genehmigung von Belastungen aus Lastschriften. Hat der Kunde eine Belastungsbuchung aus einer Lastschrift, für die er dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, nicht schon genehmigt, so hat er Einwendungen gegen diese im Saldo des nächsten Rechnungsabschlusses enthaltene Belastungsbuchung spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses zu erheben. Macht er seine Einwendungen schriftlich geltend, genügt die Absendung innerhalb der Sechs-Wochen-Frist. Das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung der Belastung. Auf diese Folge wird die Bank bei Erteilung des Rechnungsabschlusses besonders hinweisen. 8. Storno- und Berichtigungsbuchungen der Bank. (1) Vor Rechnungsabschluss. Fehlerhafte Gutschriften auf Kontokorrentkonten (zum Beispiel wegen einer falschen Kontonummer) darf die Bank bis zum nächsten Rechnungsabschluss durch eine Belastungsbuchung rückgängig machen, soweit ihr ein Rückzahlungsanspruch gegen den Kunden zusteht (Stornobuchung); der Kunde kann in diesem Fall gegen die Belastungsbuchung nicht einwenden, dass er in Höhe der Gutschrift bereits verfügt hat. (2) Nach Rechnungsabschluss. Stellt die Bank eine fehlerhafte Gutschrift erst nach einem Rechnungsabschluss fest und steht ihr ein Rückzahlungsanspruch gegen den Kunden zu, so wird sie in Höhe ihres Anspruchs sein Konto belasten (Berichtigungsbuchung). Erhebt der Kunde gegen die Berichtigungsbuchung Einwendungen, so wird die Bank den Betrag dem Konto wieder gutschreiben und ihren Rückzahlungsanspruch gesondert geltend machen. (3) Information des Kunden; Zinsberechnung. Über Storno- und Berichtigungsbuchungen wird die Bank den Kunden unverzüglich unterrichten. Die Buchungen nimmt die Bank hinsichtlich der Zinsberechnung rückwirkend zu dem Tag vor, an dem die fehlerhafte Buchung durchgeführt wurde. 9. Einzugsaufträge. (1) Erteilung von Vorbehaltsgutschriften bei der Einreichung. Schreibt die Bank den Gegenwert von Schecks und Lastschriften schon vor ihrer Einlösung gut, geschieht dies unter dem Vorbehalt ihrer Einlösung und zwar auch dann, wenn diese Papiere bei der Bank selbst zahlbar sind. Reicht der Kunde andere Papiere mit dem Auftrag ein, von einem Zahlungspflichtigen einen Forderungsbetrag zu beschaffen (zum Beispiel Zinsscheine), und erteilt die Bank über den Betrag eine Gutschrift, so steht diese unter dem Vorbehalt, dass die Bank den Betrag erhält. Der Vorbehalt gilt auch dann, wenn die Papiere bei der Bank selbst zahlbar sind. Werden Schecks oder Lastschriften nicht eingelöst oder erhält die Bank den Betrag aus dem Einzugsauftrag nicht, macht die Bank die Vorbehaltsgutschrift rückgängig. Dies geschieht unabhängig davon, ob in der Zwischenzeit ein Rechnungsabschluss erteilt wurde. (2) Einlösung von Lastschriften und von Kunden ausgestellter Schecks. Lastschriften und Schecks sind eingelöst, wenn die Belastungsbuchung nicht spätestens am zweiten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht wird. Barschecks sind bereits mit Zahlung an den Scheckvorleger eingelöst. Schecks sind auch schon dann eingelöst, wenn die Bank im Einzelfall eine Bezahltmeldung absendet. Lastschriften und Schecks, die über die Abrechnungsstelle einer Landeszentralbank vorgelegt werden, sind eingelöst, wenn sie nicht bis zu dem von der Landeszentralbank festgesetzten Zeitpunkt an die Abrechnungsstelle zurückgegeben werden.
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10. Fremdwährungsgeschäfte und Risiken bei Fremdwährungskonten. (1) Auftragsausführung bei Fremdwährungskonten. Fremdwährungskonten des Kunden dienen dazu, Zahlungen an den Kunden und Verfügungen des Kunden in fremder Währung bargeldlos abzuwickeln. Verfügungen über Guthaben auf Fremdwährungskonten (zum Beispiel durch Überweisungen zu Lasten des Fremdwährungsguthabens) werden unter Einschaltung von Banken im Heimatland der Währung abgewickelt, wenn sie die Bank nicht vollständig innerhalb des eigenen Hauses ausführt. (2) Gutschriften bei Fremdwährungsgeschäften mit dem Kunden. Schließt die Bank mit dem Kunden ein Geschäft (zum Beispiel ein Devisentermingeschäft) ab, aus dem sie die Verschaffung eines Betrages in fremder Währung schuldet, wird sie ihre Fremdwährungsverbindlichkeit durch Gutschrift auf dem Konto des Kunden in dieser Währung erfüllen, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist. (3) Vorübergehende Beschränkung der Leistung durch die Bank. Die Verpflichtung der Bank zur Ausführung einer Verfügung zu Lasten eines Fremdwährungsguthabens (Absatz 1) oder zur Erfüllung einer Fremdwährungsverbindlichkeit (Absatz 2) ist in dem Umfang und so lange ausgesetzt, wie die Bank in der Währung, auf die das Fremdwährungsguthaben oder die Verbindlichkeit lautet, wegen politisch bedingter Maßnahmen oder Ereignisse im Lande dieser Währung nicht oder nur eingeschränkt verfügen kann. In dem Umfang und solange die Maßnahmen oder Ereignisse andauern, ist die Bank auch nicht zu einer Erfüllung an einem anderen Ort außerhalb des Landes der Währung, in einer anderen Währung (auch nicht in Euro) oder durch Anschaffung von Bargeld verpflichtet. Die Verpflichtung der Bank zur Ausführung einer Verfügung zu Lasten eines Fremdwährungsguthabens ist dagegen nicht ausgesetzt, wenn sie die Bank vollständig im eigenen Haus ausführen kann. Das Recht des Kunden und der Bank, fällige gegenseitige Forderungen in derselben Währung miteinander zu verrechnen, bleibt von den vorstehenden Regelungen unberührt. (4) Umrechnungskurs. Die Bestimmung des Kurses bei Fremdwährungsgeschäften ergibt sich aus dem „Preis- und Leistungsverzeichnis“.
Die entsprechenden Regelungen in den AGB-Sparkassen lauten: Nr. 7. – Kontokorrent, Rechnungsabschluss, Genehmigung von Belastungen aus Lastschriften. (1) Kontokorrent, Rechnungsabschluss. Die Sparkasse führt ein Konto zur Abwicklung des laufenden Geschäfts- und Zahlungsverkehrs (Girokonto) als Kontokorrent im Sinne des § 355 des Handelsgesetzbuches (Konto in laufender Rechnung). (2) Rechnungsabschluss. Die Sparkasse erstellt Rechnungsabschlüsse nach den vereinbarten Zeitabschnitten sowie zu sonstigen Terminen, soweit hierfür ein berechtigtes Interesse einer der Vertragsparteien besteht. Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, gelten – auch im Geschäftskundenbereich – die jeweils im Preisaushang aufgeführten Rechnungsabschlussperioden. (3) Einwendungen gegen den Rechnungsabschluss. Einwendungen gegen Rechnungsabschlüsse müssen der Sparkasse schriftlich oder, wenn im Rahmen der Geschäftsbeziehung der elektronische Kommunikationsweg vereinbart wurde (zum Beispiel Homebanking), auf diesem Wege zugehen. Unbeschadet der Verpflichtung, Einwendungen gegen Rechnungsabschlüsse unverzüglich zu erheben (Nr. 20 Absatz 1 Buchst. g), gelten diese als genehmigt, wenn ihnen nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses widersprochen wird. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung. Die Sparkasse wird den Kunden bei Fristbeginn auf diese Folgen hinweisen. Stellt sich nachträglich die Unrichtigkeit heraus, so können sowohl der Kunde als auch die Sparkasse eine Richtigstellung aufgrund gesetzlicher Ansprüche verlangen. (4) Genehmigung von Belastungen aus Lastschriften. Einwendungen gegen eine Belastungsbuchung aus einer Lastschrift, für die er dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, muss der Kunde unverzüglich schriftlich oder, wenn im Rahmen der Geschäftsbeziehung der elektronische Kommunikationsweg vereinbart wurde (zum Beispiel Homebanking), auf
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diesem Wege erheben (Nr. 20 Absatz 1 Buchst. g). Hat er eine im darauf folgenden Rechnungsabschluss enthaltene Belastungsbuchung nicht schon genehmigt, so gilt die Genehmigung spätestens dann als erteilt, wenn der Belastung nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses widersprochen wird. Die Frist ist gewahrt, wenn der Widerspruch innerhalb von sechs Wochen abgesandt worden ist. Auf die Genehmigungswirkung wird die Sparkasse bei Erteilung des Rechnungsabschlusses besonderes hinweisen. Nr. 8. – Korrektur fehlerhafter Gutschriften. (1) Stornobuchung vor Rechnungsabschluss. Gutschriften, die ohne einen verpflichtenden Auftrag gebucht werden (zum Beispiel wegen Irrtums, Schreibfehlers, Kündigung des Überweisungsvertrages), darf die Sparkasse bis zum nächsten Rechnungsabschluss durch einfache Buchung rückgängig machen (Stornobuchung), soweit ihr ein Rückforderungsanspruch gegen den Kunden zusteht. (2) Korrekturbuchung nach Rechnungsabschluss. Den Rückforderungsanspruch nach Absatz 1 kann die Sparkasse auch noch nach Rechnungsabschluss durch Korrekturbuchung geltend machen, wenn sie die fehlerhafte Gutschrift nicht mehr rechtzeitig vor diesem Zeitpunkt festgestellt hat. Bei Widerspruch des Kunden wird die Sparkasse die Korrekturbuchung rückgängig und ihren Anspruch anderweitig geltend machen. (3) Kennzeichnung. Storno- und Korrekturbuchungen werden im Kontoauszug gekennzeichnet. Nr. 9. – Gutschriften und Einlösung von Einzugspapieren. (1) Gutschriften „Eingang vorbehalten“. Schreibt die Sparkasse den Gegenwert von Einzugspapieren (zum Beispiel Scheck, Lastschrift) schon vor ihrer Einlösung gut, so geschieht dies unter dem Vorbehalt der Einlösung und des Einganges des Gegenwertes (E.v.-Gutschrift). Dies gilt auch dann, wenn das Papier bei der Sparkasse selbst zahlbar ist. Jede unter diesem Vorbehalt – „E.v.“ – erfolgende Gutschrift wird erst mit dem Eingang des Gegenwertes endgültig. Wird das Einzugspapier nicht eingelöst oder geht der Sparkasse der Gegenwert nicht zu, so macht sie die Gutschrift gemäß Nr. 23 dieser AGB rückgängig (Stornobuchung), und zwar auch nach einem zwischenzeitlich erfolgten Rechnungsabschluss. (2) Einlösung. Einzugspapiere sind erst eingelöst, wenn die Belastungsbuchung nicht bis zum Ablauf des übernächsten Bankarbeitstages rückgängig gemacht wird. Diese Papiere sind auch eingelöst, wenn die Sparkasse ihren Einlösungswillen schon vorher Dritten gegenüber erkennbar bekundet hat (zum Beispiel durch Bezahltmeldung). Über die Landeszentralbank eingezogene Papiere sind eingelöst, wenn sie nach deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mehr zurückgegeben werden können. Barschecks sind mit Zahlung an den Scheckvorleger eingelöst. Nr. 12. – Konten in ausländischer Währung. Konten in ausländischer Währung dienen ausschließlich zur bargeldlosen Abwicklung von Zahlungen an den Kunden und von Verfügungen des Kunden in ausländischer Währung. Nr. 13. – Leistungsbefreiung bei Geschäften in ausländischer Währung. Die Verpflichtung der Sparkasse zur Ausführung einer Verfügung zu Lasten eines Guthabens in ausländischer Währung oder zur Erfüllung einer Verbindlichkeit in ausländischer Währung ist in dem Umfang und solange ausgesetzt, wie die Sparkasse in der Währung, auf die das Guthaben oder die Verbindlichkeit lautet, wegen politisch bedingter Maßnahmen oder Ereignisse im Lande dieser Währung nicht oder nur eingeschränkt verfügen kann. In dem Umfang und solange diese Maßnahmen oder Ereignisse andauern, ist die Sparkasse auch nicht zu einer Erfüllung an einem anderen Ort außerhalb des Landes der Währung, in einer anderen Währung (auch nicht in Euro) oder durch Anschaffung von Bargeld verpflichtet. Die Verpflichtung der Sparkasse zur Ausführung einer Verfügung zu Lasten eines Guthabens in ausländischer Währung ist dagegen nicht ausgesetzt, wenn die Sparkasse diese vollständig im eigenen Haus ausführen kann. Das Recht des Kunden und der Sparkasse, fällige gegenseitige Forderungen in derselben Währung miteinander zu verrechnen, bleibt von den vorstehenden Regelungen unberührt.
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Nr. 14. – Geldeingang in ausländischer Währung. Geldbeträge in ausländischer Währung darf die Sparkasse mangels ausdrücklicher gegenteiliger Weisung des Kunden in Euro gutschreiben, sofern sie nicht für den Kunden ein Konto in der betreffenden Währung führt. Nr. 15. – Umrechnungskurs. Die Bestimmung des Umrechnungskurses bei Geschäften in ausländischer Währung ergibt sich aus dem Preis- und Leistungsverzeichnis. Nr. 16. – Einlagengeschäft. Mangels abweichender Vereinbarungen sind Einlagen ohne Kündigung fällig (täglich fällige Gelder). Einlagen werden mit dem jeweiligen, von der Sparkasse für Einlagen dieser Art festgesetzten und durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz verzinst, soweit nichts Abweichendes vereinbart ist. Für die Zinsberechnung wird jeder Monat zu 30 Tagen gerechnet. Nr. 23. – Inkasso im Einzugsgeschäft. (1) Inkasso-Vereinbarung. Schecks, Wechsel, Lastschriften oder sonstige Einzugspapiere werden von der Sparkasse nur zum Einzug (Inkasso) hereingenommen, soweit nichts anderes vereinbart ist. (2) Rückbelastung. Hat die Sparkasse den Gegenwert von Einzugspapieren schon vor Eingang gutgeschrieben, so kann sie den Gegenwert bei Nichteinlösung der Papiere rückbelasten, und zwar auch nach einem zwischenzeitlichen Rechnungsabschluss. Das Gleiche gilt, wenn – ihr der Gegenwert nicht zugeht oder – die freie Verfügung über den Gegenwert durch Gesetz oder behördliche Maßnahmen beschränkt ist oder – die Papiere infolge unüberwindlicher Hindernisse nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt werden können oder – der Einzug mit im Zeitpunkt der Hereinnahme nicht bekannten unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden ist oder – in dem Land, in dem die Papiere einzulösen sind, ein Moratorium ergangen ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann die Sparkasse Einzugspapiere auch schon vor Fälligkeit zurückgeben.Die Rückbelastung ist auch zulässig, wenn die Papiere nicht zurückgegeben werden können. Ist dies von der Sparkasse zu vertreten, so trägt sie einen sich hieraus ergebenden Schaden des Kunden. Nr. 24. – Vorlegungsfrist, Eilmittel. Wenn Schecks, die am Bankplatz der Sparkasse zahlbar sind, nicht spätestens am dritten Geschäftstag, Schecks auf auswärtige Bankplätze nicht spätestens am vierten Geschäftstag vor Ablauf der Vorlegungsfrist (Artikel 29 Scheckgesetz) eingereicht werden bzw. bei Übersendung nicht innerhalb dieser Fristen vor Geschäftsschluss bei der Sparkasse eingehen, so hat der Kunde auf den Ablauf der Vorlegungsfrist und die eventuelle Anwendung von Eilmitteln gesondert hinzuweisen.
I. Rechnungsabschluss und Einwendungen. Soweit man das Girokonto als Periodenkontokorrent begreift, wäre nach § 355 II HGB der Rechnungsabschluss einmal jährlich vorzunehmen, begreift man es hingegen als Staffelkontokorrent (vgl. näher § 38 Rn. 53) fortlaufend. Abweichend hiervon ordnet Nr. 7 I an, dass vorbehaltlich einer anders lautenden Vereinbarung vierteljährlich zum Quartalsende ein Rechnungsabschluss aufzustellen ist. Damit wird bei Verträgen mit Verbrauchern der aus § 493 I 1 BGB folgenden Untergrenze Rechnung getragen. Nr. 7 I regelt darüber hinaus, dass die im Abrechnungszeitraum entstandenen beiderseitigen Ansprüche verrechnet werden. Diese Verrechnung entfaltet eine Tilgungswirkung ähnlich wie bei der Aufrechnung. Durch die Verrechnung entsteht eine kausale Saldoforderung, deren Inhalt umstritten ist (zum Streitstand vgl. § 38 Rn. 27 ff.).
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Nach der Rechtsprechung (vgl. etwa BGHZ 26, 142 (150); 93, 307 (313); vgl. zu den Einzelheiten § 38 Rn. 28 f.) bildet der kausale Saldo den Gegenstand für einen abstrakten Schuldanerkenntnisvertrag gem. § 781 BGB. Insoweit ordnet Nr. 7 II 2 eine Erklärungsfiktion an, wonach der Saldo als genehmigt gilt, wenn der Kunde nicht innerhalb von sechs Wochen (vor 2000 binnen eines Monats) Einwendungen erhoben hat. Rechtstechnisch enthält die Übersendung des Rechnungsabschlusses durch die Bank also ein Angebot auf Abschluss des abstrakten Schuldanerkenntnisvertrages und Nr. 7 II 2 fingiert die Annahmeerklärung. Eine derartige Annahmeerklärung ist AGB-rechtlich unter dem Gesichtspunkt des § 308 Nr. 5 BGB unbedenklich, da die Bank auf diese Folge gesondert hinweisen muss (vgl. bereits oben Rn. 8 zu Nr. 1 II). Kein Raum ist jedoch für eine konkludente Annahme vor Ablauf der in Nr. 7 II gewährten Frist von sechs Wochen. Möglich ist eine konkludente Annahme des abstrakten Schuldanerkenntnisses nur nach Ablauf der Frist von sechs Wochen, etwa wenn der Zugang des Rechnungsabschlusses nicht bewiesen werden kann, dem Kunden der Saldo aber auf anderem Weg bekannt geworden ist (AG Lüdinghausen WM 1992, 2015; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/55; a. A. Bunte, AGB-Banken Rn.172). Durch die Formulierung „vor Ablauf von sechs Wochen“, die in den AGB-Banken 2002 an die Stelle der Wendung „innerhalb der Sechs-Wochen-Frist“ getreten ist, wird klargestellt, dass die Einwendungen innerhalb der Frist zu erheben sind, wofür aber die rechtzeitige Absendung innerhalb der Frist genügt. Die Bank nimmt dem Kunden damit das Verzögerungsrisiko auf dem Postwege ab, nicht jedoch das Verlustrisiko. Voraussetzung für die Fristwahrung durch Absendung ist jedoch, dass die Einwendungen schriftlich erfolgen müssen, während dies für die Einwendungen nach Nr. 7 im Übrigen nicht gilt. Demgegenüber verlangt Nr. 7 III AGB-Sparkassen, dass die Einwendungen generell schriftlich oder in elektronischer Form geltend gemacht werden müssen. Hierin wird verbreitetet eine unangemessene Benachteilung des Kunden gesehen (so z. B. Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 Rn. 95; v. Westphalen, Rn. 39; Hettich/Thieves/Timmann/Windhöfel, BB 1990, 2347 (2351)).
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Ist das Anerkenntnis infolge eines falsch berechneten Saldos unrichtig, so kann es trotz der Regelung in Nr. 7 II noch nach § 812 II BGB kondiziert werden (allg. dazu RGZ 101, 122 (125); 114, 268 (274); BGHZ 51, 346 (348); speziell zur heutigen Rechtslage etwa Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 94). Gleiches gilt, wenn Einzelforderungen nicht bestanden haben oder einredebehaftet waren. Aus der Kondiktion des Saldoanerkenntnisses ergibt sich ein Berichtigungsanspruch. Soweit dieser der Bank zusteht, kann sie ihn nach § 821 BGB dem Auszahlungsanspruch des Kunden einredeweise entgegenhalten (BGHZ 72, 9 (12 f.)). Dieser Bereicherungsanspruch ist die materiell-rechtliche Grundlage für die in Nr. 8 II näher geregelte Berichtigungsbuchung (dazu sogleich Rn. 47 f.). Nr. 7 II 4 ordnet jedoch an, dass der Kunde nach Ablauf der SechsWochen-Frist beweisen muss, dass sein Konto zu Unrecht belastet oder eine ihm zustehende Gutschrift nicht erteilt wurde. Diese Beweislastverteilung ist AGB-rechtlich unbedenklich (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 12 Rn. 27 m. w. N.; Ulmer/Brandner/ Hensen-Fuchs, Anh. § 310 Rn. 94).
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Auf den Periodensaldo kann die Bank nach Nr. 7 I 2 Zinsen berechnen. Der Anwendungsbereich dieser AGB-Klausel ist allerdings gering, da sie subsidiär nur dann eingreift, wenn nicht eine abweichende Vereinbarung getroffen worden ist (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/54). Beim Kontokorrent wird regelmäßig eine taggenaue Verzinsung vereinbart.
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II. Genehmigung von Belastungen aus Lastschriften (Nr. 7 III). Mit der Genehmigungsfiktion in Nr. 7 III 3 reagieren die Banken (bzw. die Sparkassen mit Nr. 7 IV AGBSparkassen) auf ein Urteil des BGH v. 6.6.2000 (BGHZ 144, 349). Der BGH hatte in
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diesem Urteil in Fortentwicklung der von ihm vertretenen Genehmigungstheorie (§ 45 Rn. 12) dem Schuldner im Lastschriftverfahren aufgrund einer Einzugsermächtigung ein grundsätzlich unbefristetes Widerspruchsrecht gegen die Belastungsbuchung zuerkannt, das erst durch Genehmigung gegenüber der Zahlstelle, also dem Kreditinstitut des Schuldners, endet. Die Praxis war zuvor überwiegend davon ausgegangen, dass der Kunde nur innerhalb von sechs Wochen widersprechen konnte, da die Zahlstelle nach dem Lastschriftenabkommen die Lastschrift ebenfalls nur innerhalb von sechs Wochen an die Bank des Gläubigers zurückgeben kann (vgl. den Nachw. in BGHZ 144, 349 (352 f.)). Die nach der BGH-Entscheidung offene Frage, wann spätestens eine solche Genehmigung durch konkludentes Handeln vorliegt, soll durch die mit der Neufassung der AGB-Banken 2002 eingefügte Nr. 7 III entschieden werden. Danach gilt die Belastungsbuchung spätestens dann als genehmigt, wenn ihr der Kunde sechs Wochen nach Zugang des auf die Belastungsbuchung folgenden Rechnungsabschlusses nicht widersprochen hat. Diese Genehmigungsfiktion ist AGB-rechtlich nicht zu beanstanden, zumal nach Absatz 3 Satz 4 auf diese Folgen gesondert hingewiesen werden muss (ebenso OLG München ZIP 2006, 2122; LG Frankfurt ZIP 2007, 1547 (1549); Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1887); Becher/Gößmann, BKR 2002, 519 (521)). Sie greift aber nur dann ein, wenn der Kunde die Belastungsbuchung nicht schon vorher ausdrücklich oder konkludent genehmigt hat (eine zu Unrecht erteilte Genehmigung kann nicht kondiziert werden, vgl. Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 97; Baumbach/HoptHopt (8) AGB-Banken Nr. 7 Rn. 9). Ob allerdings bereits die Fortsetzung des Zahlungsverkehrs eine konkludente Genehmigung bildet, ist umstritten (Rn. 40). Die sechs Wochen nach Zugang des nächsten Rechnungsabschlusses sind also im Gegensatz zu der Sechs-Wochen-Frist in Nr. 1 II 4 (Rn. 8) nur eine Maximalfrist (Danco, ZBB 2002, 136 (138); Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 Rn. 96), was Abs. 3 S. 1 HS 1 unmissverständlich zum Ausdruck bringt. Diese Frist beginnt mit Zugang des Rechungsabschlusses, nicht etwa mit Zugang des Kontoauszugs, in dem die Belastungsbuchung mitgeteilt wird. Erhält der Kunde seinen Rechnungsabschluss, wie in der Praxis üblich, per Kontoauszugsdrucker, stellt sich die Frage nach dem Fristbeginn für den Fall, dass der Kunde seine Kontoauszüge über längere Zeit nicht abruft. Charme hat der Lösungsvorschlag von Hopt, wonach die Eingabe des Rechnungsabschlusses in den Kontoauszugsdrucker und das Verstreichen einer angemessenen Zeit zum Abruf, innerhalb derer der Ausdruck durch den Kunden üblicherweise erwartet werden darf, für den Zugang genügen soll (Baumbach/Hopt-Hopt (8) AGB-Banken Nr. 7 Rn. 2). Gegen diese Lösung spricht allerdings, dass nach Nr. 7 III 4 auf die Folge der unterlassenen Erhebung von Einwendungen „besonders“ hingewiesen werden muss. Ein derartiger ausdrücklicher Hinweis widerspricht einer Zugangsfiktion durch Bereitstellung des Rechnungsabschlusses zum Abruf, weshalb die Bank darauf verwiesen ist, den Zugang im Falle des Nichtabrufens durch Zusendung des Rechnungsabschlusses an den Kunden per Post herbeizuführen (Becher/Gößmann, BKR 2002, 519 (521 f.); Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 Rn. 97). Nach hM findet die Genehmigungsfiktion in Nr. 7 III AGB-Banken keine Anwendung auf unberechtigt eingereichte Lastschriften, für die überhaupt keine Einzugsermächtigung erteilt wurde (Bunte, AGB-Banken Rn. 182; Baumbach/ Hopt-Hopt (8) AGB-Banken Nr. 7 Rn. 7; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 4.484; Sonnenhol, WM 2002, 1259 (1263)). Dafür scheint der Wortlaut der Nr. 7 III 1 AGBBanken zu sprechen. Andererseits kann man die Formulierung „für die er eine Einzugsermächtigung erteilt hat“ auch als bloße Abgrenzung gegenüber dem Abbuchungsverfahren deuten. Stellt man auf den mit Nr. 7 III AGB-Banken beabsichtigten Schutz der Zahlstelle ab, die regelmäßig keine Kenntnis davon hat, ob der Kunde im Valutaverhältnis wirklich eine (wirksame) Einzugsermächtigung erteilt hat, sprechen die besseren Gründe
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dafür, die Genehmigungsfiktion auch auf die unberechtigt eingereichte Lastschrift auszudehnen. 39
Die Krux der Rechtsprechung und somit letztlich auch der Nr. 7 III liegt in einer Überdehnung der Genehmigungstheorie, die zu einem überlangen Schwebezustand führen kann. Wird die Lastschrift zum Beispiel am 2.4. belastet und erfolgt der nächste Rechnungsabschluss erst am 30.6., so hat der Kunde bis zum 15.8. Zeit, der Lastschrift zu widersprechen, im Extremfall also 4,5 Monate (dies bezeichnet Bork, ZIP 2004, 2446 (2447) zu Recht als lebensfremd; zust. Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1891)). Das Zusammenwirken von Rechtsprechung und Nr. 7 III führt nicht nur mit Blick auf das Lastschriftabkommen im Deckungsverhältnis, sondern auch im Valutaverhältnis zu einer unerträglichen Rechtsunsicherheit. Dies gilt erst recht, wenn man in der Insolvenz des Schuldners mit der neueren Rechtsprechung des IX. Zivilsenats dem Insolvenzverwalter das Widerspruchsrecht zugesteht (dafür BGHZ 161, 49 (52) = ZIP 2004, 2442 (2443 f.); BGH ZIP 2006, 2046 (2047); demgegenüber zu Recht sehr krit. Nobbe/Ellenbeger, WM 2006, 1885 ff.; für den vorläufigen schwachen Insolvenzverwalter ablehnend jetzt auch der XI. Zivilsenat, BGH v. 10.6.08, XI ZR 283/07). Zur Abmilderung dieses unbefriedigenden Rechtszustandes waren in der Voraufl. (Rn. 35 aE, 37 einerseits und Rn. 36 andererseits) zwei Lösungsvorschläge zur Diskussion gestellt worden. Zum einen wurde die These aufgestellt, dass bereits in der Fortsetzung des Zahlungsverkehrs regelmäßig eine konkludente Genehmigung liege und ggf. ein Schadensersatzanspruch der Sparkasse gegen den Kunden vorliege, da dieser entgegen Nr. I 5 SB Lastschriftverkehr Sparkassen nicht unverzüglich widersprochen hat. Dies gipfelte in dem Vorwurf, dass die Rechtsprechung dem Kunden regelmäßig „Steine statt Brot“ gebe und eine feste Widerspruchsfrist zu bevorzugen sei. Insbesondere die These der konkludenten Genehmigung durch Fortsetzung des Zahlungsverkehrs ist erwartungsgemäß nicht unwidersprochen geblieben (dagegen vor allem OLG Dresden ZInsO 2005, 1272 (1274); OLG München ZIP 2006, 2122 (2124); Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 96, 98). Sie ist im Folgenden zu überdenken und zu modifizieren (Rn. 40), bevor auf mögliche Schadensersatzansprüche der Bank einzugehen ist (Rn. 41). Schließlich ist zu überprüfen, ob die Genehmigungsfiktion auch in der Insolvenz des Schuldners eingreift (Rn. 42), bevor die derartige Rechtslage rechtspolitisch zu bewerten ist (Rn. 43).
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Unbestritten ist zunächst, dass eine ausdrückliche Genehmigung vor Ablauf der Maximalfrist der Nr. 7 III möglich ist. Weiterhin besteht zu Recht Einigkeit darüber, dass die Genehmigung auch konkludent erteilt werden kann, aber nicht bereits im Unterlassen eines Widerspruchs gesehen werden kann (statt aller BGHZ 144, 349 (356); BGHZ 161, 49 (52 f.); OLG München ZIP 2006, 2122 (2124 f.)). Fraglich ist aber, ob in der Fortsetzung des Zahlungsverkehrs eine konkludente Genehmigung liegt (verneinend OLG München ZIP 2006, 2122 (2124); OLG Dresden NZI 2005, 2072 (2074); Ulmer/Brandner/ Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 96; a. A. noch Voraufl. Rn. 35 aE, 37). Dagegen spricht prima vista, dass der Kunde bis zur Prüfung, ob er Widerspruch einlegen will, sein Konto nicht benutzen könnte, obwohl er hierauf oftmals angewiesen sein wird. Weiterhin wird geltend gemacht, es sei unklar, zu welchem Zeitpunkt die Fortsetzung des Zahlungsverkehrs eine Genehmigung auslöse (OLG München ZIP 2006, 2122 (2125)). Dem ist für den nichtkaufmännischen Verkehr entgegen der in der Voraufl. (Rn. 35, 37) vertretenen Ansicht zu folgen. Anderes hat jedoch für den kaufmännischen Geschäftsverkehr unter Rückgriff auf den in § 377 HGB enthaltenen Rechtsgedanken zu gelten. Zumindest dort ist ein mehrmonatiger Schwebezustand unerträglich. Rechtsfortbildend sollte man in der Fortsetzung des Zahlungsverkehrs über zwei Wochen nach der Belastungsbuchung hinaus eine konkludente Genehmigung sehen (für eine großzügige Handhabung der konkluden-
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ten Genehmigung auch Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1891), ohne allerdings einen konkreten Lösungsvorschlag zu präsentieren). Dem Rückgriff auf den Rechtsgedanken in § 377 HGB könnte man prima facie entgegenhalten, dass so Valuta- und Deckungsverhältnis vermengt würden. Vergegenwärtigt man sich hingegen, dass nach hM auch die Erfüllung des Valutaverhältnisses bis zur Genehmigung aussteht (BGHZ 161, 49 (53) m. w. N. auch zur Gegenauffassung; für diese stellvertretend Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1888) m. w. N. in Fn. 46; jetzt auch XI. Zivilsenat, BGH v. 10.6.08, XI ZR 283/07), so zeigt sich, dass der Schuldner aus dem Valutaverhältnis und der dort gegebenen Einzugsermächtigung verpflichtet ist, im Deckungsverhältnis innerhalb einer angemessenen Frist für Klarheit zu sorgen. Er muss also der Lastschrift widersprechen oder sie genehmigen. Unterbleibt ein ausdrücklicher Widerspruch oder eine Genehmigung und setzt er den Zahlungsverkehr fort, so genehmigt er konkludent die Lastschrift. Die Bank profitiert damit mittelbar von dieser Pflicht aus dem Valutaverhältnis. Daraus folgt weiterhin, dass die konkludente Genehmigung durch Fortsetzung des Zahlungsverkehrs unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 377 HGB nur dann zum Tragen kommt, wenn überhaupt eine Einzugsermächtigung erteilt wurde und die Parteien im Valutaverhältnis um die Wirksamkeit oder Mangelhaftigkeit der Lieferung streiten. Wurde überhaupt keine Einzugsermächtigung erteilt, ist für eine konkludente Genehmigung kein Raum, insofern trägt der Verweis auf Nr. 7 III 1, 2. HS (zur Frage der generellen Anwendbarkeit des Nr. 7 III auf unberechtigte Lastschriften vgl. aber Rn. 38). Widerspricht der Kunde erst nach Ablauf von sechs Wochen nach der Belastung, aber vor Eingreifen der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 III 3, so kann die Zahlstelle (Bank des Schuldners) die Lastschrift aufgrund des Lastschriftabkommens nicht mehr an die erste Inkassostelle (Bank des Lastschriftgläubigers) zurückgeben, sie trägt mithin das Zahlungsrisiko. Dieses Risiko wird jedoch durch Abschnitt I Nr. 5 der Sonderbedingungen für den Lastschriftverkehr Sparkassen (abgedruckt bei Schimansky/Bunte/Lwowski-van Gelder, 2. Aufl. 2001, Anh. 3 zu §§ 56-59) weitgehend minimiert, wonach der Kunde verpflichtet ist, Einzugslastschriften unverzüglich zu widersprechen. Eine derartige Pflicht setzt jedoch voraus, dass man in Abschnitt I Nr. 5 der Sonderbedingungen für den Lastschriftverkehr Sparkassen eine echte vertragliche Nebenpflicht und nicht bloß eine Gläubigerobliegenheit sieht. Dies ist zu bejahen (ebenso BGHZ 144, 349, 356; Danco, ZBB 2002, 136 (138 f.); zur Paralleldiskussion bei den AGB-Banken, die eine vergleichbare Vorschrift in den SB Lastschriftverkehr nicht kennen und deshalb Nr. 11 IV heranziehen müssten Becher/Gößmann, BKR 2002, 519 (523); Baumbach/Hopt-Hopt (8) AGB-Banken Nr. 7 Rn. 7; letztlich wohl auch Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 98; a. A. aber OLG München ZIP 2006, 2122 (2125) unter unzutreffender Berufung auf BGHZ 161, 49 und BGH ZIP 2006, 2046, die sich nur mit Ansprüchen aus § 826 BGB bei einem unberechtigten Widerspruch auseinander gesetzt haben). Dem ist für den Sparkassenbereich zuzustimmen. Dieser Einordnung steht auch nicht entgegen, die allgemeinere Pflicht in Nr. 11 IV AGB-Banken bzw. Nr. 20 I lit. g AGB-Sparkassen nur als Gläubigerobliegenheit zu qualifizieren (so aber der Vorwurf bei Ulmer/Brandner/HensenFuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 98 mit Fn. 64), da diese nur allgemein formuliert für alle Bankgeschäfte gilt, während Abschnitt I Nr. 5 SB Lastschriftverkehr eine konkrete Handlungspflicht für ein bestimmtes Bankgeschäft statuiert. Für die Einordnung des Abschnitt I Nr. 5 SB Lastschriftverkehr AGB-Sparkassen als Nebenpflicht spricht das berechtigte Interesse der Kreditwirtschaft, den Lastschriftverkehr durch eine schadensersatzbewehrte Pflicht zum sofortigen Widerspruch rechtssicher auszugestalten. Unverzüglich ist iSd § 121 BGB zu interpretieren. Bei Privatkunden kommt allerdings eine großzügigere Handhabung als bei gewerblichen Kunden in Betracht. Vor Ablauf der
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sechswöchigen Rückgabefrist des Lastschriftabkommens entsteht der Sparkasse jedoch kein Schaden, für den sie im Übrigen darlegungs- und beweispflichtig ist. Die Möglichkeit zum Schadensersatz führt auch nicht zu einer Intransparenz der Nr. 7 IV Sparkassen (dies andeutend aber Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 98 zu Nr. 7 III-AGB-Banken). Fraglich ist ferner, ob ein solcher Schadensersatzanspruch auch dann besteht, wenn die Sonderbedingungen für den Lastschriftverkehr Sparkassen mit dem widersprechenden Kunden nicht vereinbart worden sind. Dies wird man zu verneinen haben, da der dann in Betracht kommende Verstoß gegen die aus Nr. 11 IV AGB-Banken bzw. Nr. 20 I lit. g AGB-Sparkassen folgende Obliegenheit, Kontoauszüge unverzüglich auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit hin zu überprüfen und etwaige Einwendungen unverzüglich geltend zu machen, nur ein Mitverschulden, nicht aber einen eigenständigen Schadensersatzanspruch gegen die Kunden begründen kann (vgl. näher Rn. 58), zumal Nr. 11 IV AGB-Banken anders als Nr. 20 I lit. g AGB-Sparkassen die Lastschrift gar nicht besonders erwähnt. 42
Entgegen einer verbreiteten Meinung in Schrifttum (Fischer, FS Gerhardt, 2004, S. 223 (233); Ganter, WM 2005, 1557 (1562 f.); Ringstmeier/Homann, NZI 2005, 492 (493); Schröder, ZInsO 2006, 1 (3 ff.)) greift die Genehmigungsfiktion auch in der Insolvenz des Schuldners (OLG München ZIP 2006, 2122 (2123); OLG Dresden NZI 2005, 1272 (1274); LG Frankfurt ZIP 2007, 1547 (1550); Jungmann, NZI 2005, 84; Dahl, NZI 2005, 102; Haas in Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Bankrechtstag 2007, S. 1 (36); der Sache nach auch OLG Karlsruhe ZIP 2006, 286 (288)). Dies ergibt sich fast zwangsläufig, wenn man mit der Rechtsprechung auch den Insolvenzverwalter für befugt hält, den Widerspruch noch in der Insolvenz und obendrein als Generalwiderspruch auszuüben (BGHZ 161, 49 (55) = ZIP 2004, 2442 (2443 f.); BGH ZIP 2006, 2046 (2047), die über Nr. 7 III jedoch noch nicht zu entscheiden hatten). Nach der Entscheidung des IX. Zivilsenats des BGH vom 25.10.2007 (BGHZ 174, 84 = NJW 2008, 63 = ZIP 2007, 2273) soll Folgendes gelten: Der Insolvenzverwalter ist grundsätzlich an Stelle des Schuldners befugt, noch nicht genehmigten Lastschriften zu widersprechen. Der IX. Zivilsenat begründet dies mit der aus seiner Sicht noch nicht eingetretenen Erfüllung und folgert, dass es keinen Sachgrund gebe, einzelne ungesicherte Gläubiger infolge der Insolvenz noch zu befriedigen (BGH NJW 2008, 63 (64 ff.)). Bei der Genehmigungsfiktion aus Nr. 7 III AGB-Banken sei zu differenzieren. Diese gelte nicht gegenüber dem vorläufigen schwachen Insolvenzverwalter, sondern nur gegenüber dem endgültigen und dem vorläufigen starken Insolvenzverwalter (BGH NJW 2008, 63 (66 f.)). Dies ergebe sich aus §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 22 Abs. 1 S. 1 InsO, da die Genehmigung nach der Genehmigungstheorie eine Verfügung sei, zu der der vorläufige schwache Insolvenzverwalter nicht befugt ist. Sofern also der endgültige oder vorläufige starke Insolvenzverwalter das Schuldnerkonto über eine längere Zeit für eingehende Gutschriften nutzt, liege darin eine konkludente Genehmigung der vor Insolvenzeröffnung eingelösten Lastschriften (BGH NJW 2008, 63 (67 f.)). Demgegenüber spricht sich der XI. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 10.6.2008 (Az. XI ZR 283/07, bei Drucklegung lagen die Urteilsgründe noch nicht vor) dafür aus, dass Nr. 7 III AGB-Banken auch gegenüber dem vorläufigen schwachen Insolvenzverwalter anwendbar sei, dem kein Widerspruchsrecht zustehe. Gegen eine Wirkung der Nr. 7 III gegenüber dem Insolvenzverwalter lässt sich zunächst nicht anführen, dass der Girovertrag mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach §§ 115, 116 InsO beendet und meist durch den Insolvenzverwalter nur fortgesetzt werde, da sich Nr. 7 III auf die Zeit vor der Insolvenz bezieht und insoweit fortwirkt (ebenso OLG München ZIP 2006, 2122 (2123); LG Frankfurt ZIP 2007, 1547 (1550)). Sowohl die Möglichkeit des Widerspruchs, als auch die Differenzierung zwischen den verschiedenen Insolvenz-
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verwaltern sind im Schrifttum und der instanzgerichtlichen Rechtsprechung zu Recht auf Kritik gestoßen (OLG München, ZIP 2006, 2122 (2123); OLG Dresden NZI 2005, 1272 (1274); LG Frankfurt ZIP 2007, 1547 (1550); Piepenbrock, KTS 2007, 179; Jungmann, NZI 2005, 84; Dahl, NZI 2005, 102). Legt man die Ermächtigungstheorie zu Grunde, so rückt der Insolvenzverwalter in die Rechtsstellung des Schuldners ein (sog. Fußstapfentheorie, allg. dazu etwa BGHZ 161, 49 (53) = ZIP 2004, 2442 (2443 f.); BGH ZIP 2006, 2046 (2047); sowie Haas in Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Bankrechtstag 2007, S. 1 (11 f.) – jew. vom Standpunkt der Genehmigungstheorie aus), weshalb man auch nicht einwenden kann, die AGB-Banken seien nur mit dem Schuldner und nicht mit dem Insolvenzverwalter vereinbart (LG Frankfurt ZIP 2007, 1547 (1550)). Im Valutaverhältnis kann auch der Insolvenzverwalter einer einredefreien Forderung nicht widersprechen, er würde sich wegen der vom Schuldner erteilten Einzugsermächtigung schadensersatzpflichtig machen. Im Deckungsverhältnis zwischen Zahlstelle und Schuldner ist die Bank hingegen verpflichtet, einen Widerspruch zu beachten, sofern noch keine Genehmigung vorliegt oder die Genehmigungsfiktion der Nr. 7 III AGB-Banken eingreift. Widerspricht der starke Insolvenzverwalter hingegen sämtlichen oder nahezu allen Lastschriften, die noch nicht von Nr. 7 III AGB-Banken erfasst sind, so liegt hierin ein sittenwidriges Verhalten mit der Folge, dass die Bank den Generalwiderspruch nicht beachten darf. Abschließend bleibt rechtspolitisch festzuhalten, dass die derzeitige Rechtslage höchst unbefriedigend ist. Sieht man bei Kaufleuten in der Fortsetzung des Zahlungsverkehrs eine konkludente Genehmigung bzw. lässt man einen Verstoß gegen die schuldrechtliche Pflicht zum unverzüglichen Widerspruch für eine Schadensersatzpflicht genügen, gibt der Bundesgerichtshof dem Bankkunden mit seiner Entscheidung vom 6.6.2000 (BGHZ 144, 349) „Steine statt Brot“. Lehnt man beides mit der wohl hM ab, so bildet die überlange Möglichkeit Widerspruch zu erheben eine unerträgliche Rechtsunsicherheit, die einem geordneten Lastschriftverfahren abträglich ist. Eine feste Widerspruchsfrist von sechs Wochen ab Kenntnis der Belastungsbuchung auch im Verhältnis Kunde/Zahlstelle für alle Kunden wäre rechtsicherer und praktikabler (insoweit zustimmend Ulmer/ Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 Rn. 96). Ob die abweichende Position des XI. Zivilsenats in seiner Entscheidung vom 10.6.2008 (Az. XI ZR 283/07) zu einem Einlenken des IX. Zivilsenat führen wird, oder ob es letztlich zu einer Entscheidung des großen Senats kommen wird, bleibt ebenso abzuwarten wie die Frage, ob mit der jüngsten Entscheidung des XI. Senats eine Abkehr von der Genehmigungstheorie eingeleitet ist.
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III. Storno- und Berichtigungsbuchungen der Bank (Nr. 8). 1. Das Stornorecht vor Rechnungsabschluss nach Nr. 8 I. Nr. 8 I begründet ein Recht der Bank, fehlerhafte Gutschriften rückgängig zu machen, soweit sie hierzu materiell-rechtlich aus Bereicherungsrecht berechtigt ist, wodurch dem Kunden die Einrede der Entreicherung abgeschnitten wird. Die Regelung verfolgt mithin ein zweifaches Ziel. Zum einen soll der in der Regel aus § 812 I 1 BGB folgende Bereicherungsanspruch auf eine vertragliche Ebene gehoben werden und somit die Rückabwicklung vereinfacht werden. Die ganz überwiegende Auffassung geht zu Recht davon aus, dass das Stornorecht in Nr. 8 I als vertraglich vereinbartes, einseitiges Widerrufsrecht hinsichtlich des in der Gutschrift liegenden Schuldversprechens (vgl. näher zur Rechtsnatur der Kontogutschrift § 44 Rn. 4 ff.) zu qualifizieren ist (BGHZ 72, 9 (11); Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/58; v. Westphalen, Rn. 40; a. A. Canaris, Rn. 448: Anfechtungsrecht). Dieses vertragliche Widerrufsrecht steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass die Bank bereits aufgrund eines materiellen Rechtsgrundes zur Rückforderung der fehlerhaften Buchung berechtigt ist. Soweit der Rückforderungsanspruch aus § 812 BGB folgt, schneidet Nr. 8 I, 2. HS dem Kunden jedoch den Einwand der Entreicherung (§ 818 III BGB) ab. Hierin liegt das zweite Rege-
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lungsziel der Nr. 8 I. Das Stornorecht ist zeitlich bis zum Rechnungsabschluss, der auf die fehlerhafte Buchung folgt, begrenzt. 45
Unstreitig erstreckt sich die Stornierungsbefugnis auf fehlerhafte Gutschriften infolge eines technischen Irrtums. Nr. 8 I nennt exemplarisch die fehlerhafte Kontonummer. Ob der Anwendungsbereich des Stornorechts auch auf nicht technische Buchungsfehler zu erstrecken ist, etwa das Fehlen eines wirksamen Überweisungsvertrages, ist umstritten (vgl. zum Streitstand Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/59 mit Fn. 151). Im Wege einer kundenfeindlichen Auslegung (Rn. 5) ist diese weite Auslegung jedoch zunächst zu unterstellen, um sodann zu prüfen, ob sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 II BGB standhält. Für eine unangemessene Benachteiligung des Kunden könnte sprechen, dass der Einwand der Entreicherung auch in solchen Fällen abgeschnitten wird, in denen der Kunde die fehlerhafte Gutschrift gar nicht erkennen konnte. Bedenken bestehen auch, soweit die Bank die fehlerhafte Buchung bei gehöriger Sorgfalt hätte vermeiden können, da es anderenfalls zu einer versteckten Haftungsfreizeichnung der Bank käme (für eine auf § 307 BGB zu stützende Unwirksamkeit deshalb Krings, ZBB 1992, 326 (328); v. Westphalen, Rn. 41 f.). Gegen eine Unwirksamkeit nach § 307 BGB streitet allerdings der Umstand, dass der Bank regelmäßig nur dann ein Kondiktionsanspruch gegen den Zahlungsempfänger zusteht, wenn der Empfänger von der Fehlerhaftigkeit Kenntnis hat, was zur Konsequenz hat, dass infolge § 819 BGB die Berufung auf die Einrede der Entreicherung ohnehin versagt ist (vgl. näher zum Ganzen § 43 und § 44). Ferner ist es nicht ausgeschlossen, dass die Bank ihrem Kunden trotz der erfolgten Stornierung zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn die irrtümliche Gutschrift auf einer mangelnden Sorgfalt der Bank beruht. Nr. 8 I ist deshalb trotz kundenfeindlicher Auslegung mit § 307 BGB vereinbar (so ausdrücklich zum Phishing beim Onlinebanking: OLG Hamburg ZIP 2006, 1981 (1982); OLG Karlsruhe WM 2008, 632 (633); LG Bonn BKR 2007, 519 (519); im Ergebnis ebenso Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/60 f.; Ulmer/Brandner/HensenFuchs, Anh. § 310 Rn. 99).
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Es bleibt aber die Frage zu beantworten, ob Nr. 8 I in der sich nun anschließenden kundenfreundlichen Auslegung (Rn. 5) wegen einer unklaren Formulierung auf technische Buchungsfehler zu begrenzen ist. Hierfür könnte auf den ersten Blick die beispielhafte Erwähnung der falschen Kontonummer in Nr. 8 I sprechen. Weiterhin könnte man die Formulierung „fehlerhafte Gutschrift“ infolge eines unbefangenen Verständnisses dahin interpretieren, dass nur versehentliche Fehlbuchungen gemeint sind und nicht etwa alle Gutschriften, denen der materielle Rechtsgrund fehlt (so Voraufl. Rn. 40). Letztlich wird man aber auch unter Heranziehung der kundenfreundlichen Auslegung den Begriff der fehlerhaften Gutschrift nicht auf rein technische Gründe beschränken können, da ein Fehler auch nach dem allgemeinen Sprachverständnis auch das Fehlen des materiellen Anspruchs bedeuten kann. Woraus sich das Versehen der Bank ergibt, wird im Wortlaut der Nr. 8 I gerade nicht vorgegeben. Entscheidend ist also nur, dass ein sachlich richtiger Anspruch der Bank auf Rückgewähr vorliegt (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/59; Baumbach/Hopt-Hopt (8) AGB-Banken Nr. 8 Rn. 2; wohl auch OLG Hamburg ZIP 2006, 1981 (1982) und Bunte AGB-Banken Rn. 188; a. A. noch Voraufl. Rn. 40; letztlich offen lassend Löhnig/Würdinger, WM 2007, 961 (963) sowie Borges, ZIP 2006, 1983 (1985 f.) jew. zum Stornorecht der Bank bei einer Hausüberweisung gegenüber dem Kurier beim Phishing).
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2. Die Berichtigungsbuchung nach Rechnungsabschluss (Nr. 8 II). Nach Erteilung des Rechnungsabschlusses hat die Bank das Recht zur Berichtigungsbuchung. Dieses Recht fußt auf der Erkenntnis, dass auch die Bank ein unrichtiges Saldoanerkenntnis kondizieren kann. Technisch unterscheidet sich die Berichtigungsbuchung durch nichts von der
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Stornobuchung. Der entscheidende Unterschied ergibt sich aus Nr. 8 II 2. Hiernach verpflichtet sich die Bank, den im Wege der Berichtigungsbuchung zurückgebuchten Betrag wieder gutzuschreiben, wenn der Kunde der Berichtigungsbuchung widerspricht. Die Bank muss ihren Kondiktionsanspruch dann gesondert geltend machen. Dem Kunden wird also nicht der Einwand der Entreicherung abgeschnitten. Die Einräumung eines Rechts zur Berichtigungsbuchung, bei dem es sich materiell-rechtlich ebenfalls um die Durchsetzung des Bereicherungsanspruchs handelt, steht zwar in einem gewissen Widerspruch zur Novationswirkung des mit der Anerkennung des Rechnungsabschlusses verbundenen abstrakten Schuldanerkenntnisses. Dies ist unter dem Gesichtspunkt des § 307 I BGB gleichwohl nicht zu beanstanden, da dem Kunden das Recht zum Widerspruch offen steht (allg. M., vgl. etwa v. Westphalen, Rn. 44; HeymannHorn, Anh. § 372 Rn. II/64; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 Rn. 100; zweifelnd aber Krings, ZBB 1992, 326 (328)). Hierfür streitet auch, dass die Bank nach Nr. 8 III 1 den Kunden unverzüglich über die Vornahme der Berichtigungsbuchung informieren muss. Zeitlich endet die Befugnis zur Stornierung und beginnt die Berechtigung zur Berichtigungsbuchung mit dem Zugang des Rechnungsabschlusses beim Kunden. Auf die Genehmigung durch den Kunden kommt es nicht an. Die Berichtigungsbuchung kann nicht nur innerhalb der Periode zwischen dem ersten und dem folgenden Rechnungsabschluss, sondern auch darüber hinaus geltend gemacht werden. Für das Widerspruchsrecht des Kunden gegen die Berichtigungsbuchung ist in Nr. 8 II keine zeitliche Begrenzung vorgesehen, es gilt insoweit aber Nr. 11 IV entsprechend, so dass der Kunde zum unverzüglichen Widerspruch verpflichtet ist. Dafür spricht auch der Umkehrschluss zu Nr. 8 III 1, wonach die Bank den Kunden unverzüglich über die Berichtigungsbuchung informieren muss. Nr. 8 II 2 fordert die Geltendmachung von Einwendungen, um der Berichtigungsbuchung widersprechen zu können. Diese können beliebiger Natur sein, zulässig ist namentlich auch die Einrede der Entreicherung nach § 818 III (Schimansky/ Bunte/Lwowski-Bunte, § 13 Rn. 21). Auf eine hinreichende Substantiierung oder gar die Begründetheit der Einwendungen kommt es nicht an (so Schimansky/Bunte/LwowskiBunte, § 13 Rn. 21; a. A. wohl v. Westphalen, Rn. 44).
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3. Zinsberechnung (Nr. 8 III 2). Für die Zinsberechnung bestimmt Nr. 8 III 2, dass die Bank die Rückrechnung zu dem Tag vornimmt, an dem die fehlerhafte Buchung durchgeführt wurde. Damit wird eine valutagerechte Zinsberechnung angestrebt. Ob es zwischenzeitlich zu einem Rechnungsabschluss gekommen war, ist unerheblich. Nr. 8 III 2 gilt also für die Storno- wie für die Berichtigungsbuchung. Bei Stornobuchungen verstößt diese Rückwirkung gegen § 307 I BGB. Ein „Aufzwingen“ eines Dispositionskredits ist zumindest dann unangemessen, wenn mit der Stornobuchung dem Kunden zugleich die Möglichkeit, sich auf die Entreicherungseinrede zu berufen, abgeschnitten wird. Die so möglichen, erheblichen Zinsnachteile sind auch nicht mit der Erwägung zu rechtfertigen, der Kunde sei nach § 818 I BGB zur Herausgabe der gezogenen Nutzungen verpflichtet, da die Zinsen die wirklich gezogenen Nutzungen im Einzelfall erheblich überschreiten können. Insoweit liegt also ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB vor (ebenso v. Westphalen, Rn. 45 f.; Baumbach/Hopt-Hopt (8) AGB-Banken Nr. 8 Rn. 7; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 Rn. 101; Krings, ZBB 1992, 326 (329); a. A. Schimansky/Bunte/ Lwowski-Bunte, § 13 Rn. 26; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/66; BuB-Sonnenhol Rn. 231).
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4. Nr. 8 der AGB-Sparkassen. Nr. 8 I der AGB-Sparkassen, die ebenfalls die Stornobuchung regelt, unterscheidet sich in zweierlei Hinsicht von Nr. 8 I AGB-Banken. Zum einen wird dem Kunden nicht der Einwand aus § 818 III BGB abgeschnitten. Zum anderen eröffnen die AGB-Sparkassen die Möglichkeit zur Stornobuchung auch für Gut-
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schriften, die ohne einen verpflichtenden Überweisungsvertrag im Verhältnis zwischen Überweisendem und überweisender Bank gebucht worden sind. Dies überrascht, da es den allgemeinen Grundsätzen des Bereicherungsausgleichs in Dreiecksverhältnissen widerspricht, wonach grundsätzlich nur der Überweisende einen Kondiktionsanspruch gegen die überweisende Bank hat (vgl. dazu näher § 43 und § 44). Andererseits ordnet Nr. 8 I a. E. AGB-Sparkassen, wie die AGB-Banken, an, dass die Stornobuchung nur zulässig ist, wenn der Bank des Empfängers gegen den Kunden ein Rückforderungsanspruch zusteht. Dieser besteht bei den in Nr. 8 I AGB-Sparkassen genannten Fällen aber nicht stets. Hieraus einen Verstoß gegen das Transparenzgebot annehmen zu wollen (so v. Westphalen, Rn. 48), geht allerdings zu weit (zutreffend Ulmer/Brandner/HensenFuchs, Anh. § 310 Rn. 102). Dies gilt auch, soweit in Nr. 8 I AGB-Sparkassen nicht ausdrücklich erwähnt ist, dass allein das Kreditinstitut das Fälschungsrisiko trägt (BGH ZIP 1990, 1126; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 102; a. A. v. Westphalen, Rn. 49). 51
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Das Stornorecht nach Nr. 8 I AGB-Sparkassen erfasst also nicht nur technische Buchungsfehler, wie dies nach der hier vertretenen Auffassung bei Nr. 8 AGB-Banken der Fall ist (Rn. 45 f.). Dies begegnet mit Blick auf § 307 I BGB keinen Bedenken, da Nr. 8 AGB-Sparkassen dem Kunden den Entreicherungseinwand auch bei der Stornobuchung belässt. Es besteht auch kein Problem mit der in § 305 c BGB normierten Unklarheitenregelung, da die Erweiterung in Nr. 8 I AGB-Sparkassen hinreichend klar zum Ausdruck kommt. Nr. 8 II AGB-Sparkassen enthält eine der Nr. 8 II 2 AGB-Banken vergleichbare Befugnis zur „Korrekturbuchung“, die AGB-rechtlich nicht zu beanstanden ist. Eine der Nr. 8 III AGB-Banken vergleichbare, bedenkliche Rückwirkung der Verzinsung findet sich in den AGB-Sparkassen nicht. Dafür stößt bei einigen Autoren wiederum Nr. 8 III AGB-Sparkassen auf Bedenken, wonach der Kunde über die Storno- oder Korrekturbuchung nicht unverzüglich zu benachrichtigen ist, wie dies Nr. 8 III 1 AGB-Banken vorsieht (so Ulmer/Brandner/HensenFuchs, Anh. §§ 310 Rn. 101; v. Westphalen, Rn. 52). Vielmehr genügt nach Nr. 8 III AGBSparkassen die Kennzeichnung als Storno- oder Korrekturbuchung im Kontoauszug. Hiergegen bestehen keine Wirksamkeitsbedenken. Der Hinweis im Kontoauszug ist, zumindest wenn dieser drucktechnisch hervorgehoben wird, ebenso effizient wie eine gesonderte Mitteilung (ebenso Westermann, WM 1993, 1865 (1870); BuB-Sonnenhol, Rn. 1/233; Bunte, AGB-Banken Rn. 209). Würde man der Gegenauffassung folgen und Nr. 8 III AGB-Sparkassen unter dem Gesichtspunkt des § 307 I BGB verwerfen, so hätte dies zur Folge, dass die gesamte Möglichkeit zur Storno- oder Berichtigungsbuchung mangels hinreichender Pflicht zur Information unwirksam wäre. IV. Einzugsaufträge (Nr. 9). 1. Vorbehaltsgutschrift an den Gläubiger-Kunden (Nr. 9 I). Nr. 9 I regelt Aufträge des Kunden, den Geldbetrag für einen Scheck, eine Lastschrift oder ein sonstiges Forderungspapier (z. B. einen Zinsschein) einzuziehen und seinem Konto gutzuschreiben. Der Kunde der Bank hat also die Position des Scheckinhabers oder Lastschriftgläubigers inne. Nr. 9 I 1 ordnet an, dass die sofortige Gutschrift des Betrages vor Einlösung durch den Schuldner des Papiers nur unter Vorbehalt erfolgt. Dies gilt nach Abs. 1 S. 3 auch dann, wenn die Papiere bei der Bank selbst zahlbar sind (ebenso Bunte, AGB-Banken Rn. 229; Details zu diesem sog. innerbetrieblichen Inkasso bei Baumbach/Hefermehl/Casper, WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Art. 28 SchG Rn. 7 f.). Diese Klausel begründet aber keine Pflicht, eingereichte Schecks oder Lastschriften des Kunden sofort unter Vorbehalt gutzuschreiben. Bei mangelnder Bonität des Ausstellers bzw. Lastschriftschuldners kann die Bank die Gutschrift auch erst nach Eingang der Zahlung vornehmen. Letzteres folgt aus § 667 BGB, da jeder Auftrag zum Scheck- oder Lastschrift-
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einzug eine Einzelweisung in Ergänzung zum Girovertrag ist. Die Gutschrift unter Vorbehalt stellt rechtstechnisch eine Bedingung des mit der Gutschrift verbundenen abstrakten Schuldversprechens dar. In der Rechtsprechung wird die Frage, ob es sich dabei um eine aufschiebende oder auflösende Bedingung handelt, uneinheitlich beantwortet (vgl. BGHZ 74, 309 (315); BGH WM 1980, 738 (739) – auflösende Bedingung; BGHZ 118, 171 (177 m. w. N.) – aufschiebende Bedingung). Der Streit ist von geringer praktischer Bedeutung. Überzeugender und praxisnäher ist eine Einordnung als auflösende Bedingung, da der Kunde über die ihm bereits zugeflossene Liquidität sofort verfügen kann (Baumbach/Hefermehl/Casper, WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Art. 28 Rn. 21; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/67). Gegen die Einordnung als auflösende Bedingung streitet auch nicht Satz 4, wonach die Bank die Gutschrift „rückgängig macht“, wenn die Einlösung ausbleibt. Diese Wendung ist buchungstechnisch zu interpretieren und besagt für die rechtliche Qualifikation deshalb wenig. Bei Schecks und Lastschriften besteht gem. Nr. 9 I 1 die auflösende Bedingung in der endgültigen Nichteinlösung. Der Begriff der Einlösung ist mehrdeutig. In der Umgangssprache versteht man hierunter die Bezahlung, also den Mittelzufluss bei der Bank (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/68). In Nr. 9 I 4 wird die Einlösung jedoch von dem Erhalt des Betrages aus dem Einzugsauftrag (also dem Mittelzufluss) unterschieden. Während also in Satz 4 der Begriff der Einlösung für die Erklärung der bezogenen Bank, unbedingt einlösen zu wollen, reserviert ist, wird man in Satz 1 beide Alternativen des Satzes 4 unter den dort verwandten Begriff der Einlösung subsumieren müssen. Spätestens mit Eingang des Geldes bei der Bank des Kunden wird die Gutschrift also unbedingt. Bei sonstigen Forderungspapieren kommt es nach Satz 2 allein auf die Bezahlung, nicht aber auf die Einlösung an. Die Vereinbarung der Gutschrift „Eingang vorbehalten“ ist AGB-rechtlich schon deshalb unproblematisch, da die Bank mehr leistet, als sie nach dem Auftragsrecht leisten müsste. Auch die in Nr. 9 I 4 vorgesehene Möglichkeit zur Stornobuchung beim Ausbleiben der Einlösung oder der Bezahlung ist unter dem Gesichtspunkt der §§ 305 c I, 307 BGB nicht zu beanstanden, weil der Kunde infolge des Vermerks „Eingang vorbehalten“ jederzeit mit einer Stornierung rechnen muss (vgl. BGHZ 135, 307 (314 f.); Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 103; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/68). Demzufolge ist die so eröffnete Stornobuchung auch jenseits der Grenzen der Nr. 8 I, also namentlich auch nach einem bereits erfolgten Rechnungsabschluss möglich, was Satz 5 ausdrücklich klarstellt. Keinen Bedenken mit Blick auf das AGB-Recht begegnet auch die Aussage in Satz 3 und Satz 1 a. E., dass der Vorbehalt auch dann vereinbart wird, wenn die Papiere bei der Bank des Kunden selbst zahlbar sind, bei Schecks also die mit dem Einzug beauftragte Bank zugleich Bezogene ist. Denn bei diesem sog. innerbetrieblichen Inkasso tritt die Bank ebenfalls überobligatorisch in Vorleistung. Verfügt der Kunde über den nur vorläufig gutgeschriebenen Betrag, so liegt hierin zugleich eine Kreditgewährung der Bank (OLG Karlsruhe WM 1984, 1150 (1151); OLG Hamm WM 1995, 1441).
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2. Einlösung von Lastschriften und Kundenschecks (Nr. 9 II). Im Gegensatz zu Absatz 1 betrifft Absatz 2 der Nr. 9 das Konto des Kunden als Schuldner (also des Scheckausstellers oder Lastschriftschuldners). Ziel von Nr. 9 II ist es, den genauen Einlösungszeitpunkt bei Schecks oder Lastschriften festzulegen. Der Hintergrund dieser Regelung ist darin zu erblicken, dass der Scheckaussteller bis zur Einlösung des Schecks noch zu einer Schecksperre berechtigt ist (vgl. näher unten § 46 Rn. 71; Baumbach/Hefermehl/ Casper, WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Art. 39 Rn. 2 ff.). Entsprechendes gilt für die Lastschrift im Abbuchungsauftragsverfahren. Im Einzugsermächtigungsverfahren bestimmt die Einlösung den Zeitpunkt, ab dem die Frist von sechs Wochen nach dem Lastschriftabkommen zu laufen beginnt (vgl. näher dazu oben Rn. 38 f. und unten § 45). Nr. 9 II
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regelt dieses Wirksamwerden der Einlösung in vier Varianten: Die Grundregel ist in Satz 1 enthalten. Sie betrifft das innerbetriebliche Inkasso bzw. das außerbetriebliche Inkasso nach dem Scheckabkommen ohne Einschaltung der Bundesbank als Abrechnungsstelle. Hiernach tritt die Einlösungswirkung am zweiten Bankarbeitstag nach der Belastungsbuchung ein, sofern diese bis dahin nicht rückgängig gemacht worden ist. Hintergrund dieser Regelung ist die Nachdisposition im innerbetrieblichen Inkassoverfahren (vgl. näher Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/75; Baumbach/Hefermehl/Casper, WG/ SchG, 23. Aufl. 2007, Art. 28 Rn. 27 ff.). Auf den Eingang der Schecksumme bei der ersten Inkassostelle kommt es nicht an. Satz 2 ordnet an, dass bei Barschecks die Einlösung hingegen abweichend von der Grundregel in Satz 1 mit Auszahlung des Scheckbetrages an den Vorleger erfolgt. Dies folgt schon aus Art. 28 I 1 ScheckG (Details bei Baumbach/ Hefermehl/Casper WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Art. 28 SchG Rn. 6). Es wird also der Einlösungszeitpunkt nach vorne verlegt, was auch durch eine andersartige Einlösungszusage der Bank geschehen kann. Beim innerbetrieblichen Scheckinkasso gilt hingegen nicht Satz 2, sondern die Grundregel nach Satz 1. Satz 3 der Nr. 9 II verlegt den Einlösungszeitpunkt abweichend von Satz 1 auf den Zeitpunkt der Abgabe einer Bezahltmeldung an die Inkassobank oder den Scheckeinreicher vor. Diese Regelung bildet ein Seitenstück zu Absatz 1 Satz 1 und 4 (vgl. Rn. 53). Viertens ordnet Satz 4 für den Fall, dass Schecks oder Lastschriften über das frühere Abrechnungssystem der Landeszentralbanken vorgelegt werden, an, dass die Einlösung schon dann eintritt, wenn die Empfängerbank (also die Bezogene oder die Zahlstelle) Scheck oder Lastschrift nicht innerhalb der von der LZB festgesetzten Frist von zwei Tagen zurückgibt, und zwar unabhängig davon, ob sie eine Belastungsbuchung vornimmt oder nicht. Damit wurde dem Ausgleich bei der Abrechnung über die LZB im Wege der Skontration Rechnung getragen (eingehend dazu Berger, Der Aufrechnungsvertrag, 1996, S. 354 ff.). Diese Regelung hatte seit März 2000 jedoch keine praktische Bedeutung mehr, da die Abrechnungsstellen bei den Landeszentralbanken eingestellt worden waren. Nach der neuen Abrechnungsstellenverordnung von 2005 (abgedruckt bei Baumbach/Hefermehl/Casper, WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Anh. SchG Nr. 5) ist die Deutsche Bundesbank zur einzigen Abrechnungsstelle iSd Art. 31 SchG erklärt worden. Sie wird ihre Tätigkeit aber erst mit Einführung des image-gestützten Scheckeinzugsverfahrens (ISE-Verfahren) im September 2007 aufnehmen, bei dem auch bei Schecks über EUR 6.000 nur noch ein eingescanntes Bild des Schecks statt des Originals übermittelt wird (Details dazu bei Baumbach/Hefermehl/Casper, WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Art. 28 SchG Rn. 11 f., Art. 31 SchG Rn. 3 ff.). Dass Satz 4 weiterhin von den Abrechnungsstellen bei der LZB spricht, ist unproblematisch und steht seiner Anwendung auf das neue System nicht entgegen. AGB-rechtlich problematisch könnte allein die Grundregel des Satzes 1 sein, wonach der Einlösungszeitpunkt von dem tatsächlichen Zeitpunkt der Belastungsbuchung zu Lasten des Kunden abweicht. Eine unangemessene Benachteiligung ist hierin jedoch nicht zu sehen, da die Nachdisposition bei der Scheckeinlösung erst die Voraussetzung für die Buchung „Eingang vorbehalten“ beim Empfänger des Schecks bildet, was auch dem Zahlungsmittel Scheck bzw. Lastschrift insgesamt zugute kommt (im Ergebnis ebenso BGH ZIP 1988, 1105 (1107); Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 103). 56
V. Fremdwährungsgeschäfte und Fremdwährungskonten (Nr. 10). Nr. 10 I regelt die Führung von Fremdwährungskonten für den Kunden, Nr. 10 II die Durchführung von Fremdwährungsgeschäften. Beide Absätze enthalten im Wesentlichen Leistungsbeschreibungen. Absatz 1 stellt klar, dass Verfügungen über Fremdwährungskonten grundsätzlich nur bargeldlos erfolgen. In dem Hinweis in Satz 2, dass Verfügungen unter Einschaltung von Banken im Heimatland der Währung abgewickelt werden können, liegt
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keine Vereinbarung einer Substitution (§ 664 I 2 BGB) oder eines weitergeleiteten Auftrags iSd Nr. 3 II (Bunte, AGB-Banken Rn. 246). Bei den beispielhaft genannten Überweisungen richtet sich die Frage nunmehr nach § 676 c BGB. Ob bei anderen Verfügungen die Substitution gestattet ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Eine Interpretation dahin, dass mittels Nr. 10 I 2 eine Substitution gestattet sein soll, wäre AGB-rechtlich bedenklich (vgl. oben Rn. 26). Die wichtigste Aussage findet sich in Absatz 3, womit die Bank zum Ausdruck bringt, dass sie für das sog. politische Währungsrisiko nicht einstehen will. Der Hintergrund dieser Regelung ist darin zu sehen, dass die Bank bei Eröffnung eines Fremdwährungskontos verpflichtet ist, im Ausland ein entsprechendes Währungsguthaben zu unterhalten. Solange die in Nr. 10 III näher bezeichneten Umstände andauern, ist die Bank vorübergehend von ihrer Leistungspflicht frei. Sie ist auch nicht verpflichtet, die Währung an einem anderen Handelsplatz außerhalb des Heimatlands der Währung anzuschaffen. Eine dauerhafte Aussetzung der Leistungsverpflichtung besteht erst dann, wenn eine Anschaffung der Währung infolge der politischen Umstände endgültig unmöglich wird. Nr. 10 III weicht damit von den allgemeinen Regeln der §§ 275 ff. BGB nur insoweit ab, als klargestellt wird, dass die Bank der Währung nicht an anderen Handelsplätzen nachlaufen muss. Ebenfalls nur klarstellende Bedeutung hat Nr. 10 IV. AGB-rechtlich ist die Regelung in Nr. 10 unbedenklich (ebenso Bunte, AGB-Banken Rn. 250; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 104). Dies gilt namentlich auch für die begrenzte Leistungsbefreiung in Absatz 3 Satz 1 und 2. Denn zum Ersten hat der Kunde mit dem Wunsch nach Eröffnung eines Fremdwährungskontos bzw. der Durchführung eines Auftrages in einer fremden Währung das Währungsrisiko mitveranlasst. Zum Zweiten sind von der begrenzten Leistungsbefreiung in Absatz 3 Satz 3 und 4 zwei Rückausnahmen für den Fall vorgesehen, dass die Bank die Verpflichtung vollständig im eigenen Haus durchführen kann und dem Kunden weiterhin das Recht zur Aufrechnung in derselben Währung erhalten bleibt. Sachlich gleichlautende Regeln, nur in anderer Nummerierung, finden sich in den AGB-Sparkassen (Nr. 12-15). Die bedenkliche Bildung einer Gefahrengemeinschaft und die damit verbundene anteilige Haftung in Nr. 12 a. F. AGB-Sparkassen (vgl. dazu etwa v. Westphalen, Rn. 61 ff.; Ulmer/Brandner/Hensen9-Brandner, Anh. §§ 9-11 Rn. 163) ist mit der Neufassung im Jahre 2002 beseitigt worden (Becher/Gößmann, BKR 2002, 519 (526)). Neu und unbedenklich ist die Regelung in Nr. 15 AGB-Sparkassen, wonach im Preis- und Leistungsverzeichnis festzulegen ist, welches Fixingsystem von der Sparkasse für die Umrechung von Fremdwährungen zugrunde gelegt wird.
E. Mitwirkungspflichten des Kunden 11. Mitwirkungspflichten des Kunden. (1) Änderungen von Name, Anschrift oder einer gegenüber der Bank erteilten Vertretungsmacht. Zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Geschäftsverkehrs ist es erforderlich, dass der Kunde der Bank Änderungen seines Namens und seiner Anschrift sowie das Erlöschen oder die Änderung einer gegenüber der Bank erteilten Vertretungsmacht (insbesondere einer Vollmacht) unverzüglich mitteilt. Diese Mitteilungspflicht besteht auch dann, wenn die Vertretungsmacht in ein öffentliches Register (zum Beispiel in das Handelsregister) eingetragen ist und ihr Erlöschen oder ihre Änderung in dieses Register eingetragen wird. (2) Klarheit von Aufträgen und Überweisungen. Aufträge und Überweisungen müssen ihren Inhalt zweifelsfrei erkennen lassen. Nicht eindeutig formulierte Aufträge und Überweisungen können Rückfragen zur Folge haben, die zu Verzögerungen führen können. Vor allem hat der Kunde bei Aufträgen zur Gutschrift auf einem Konto (zum Beispiel bei Lastschrift- und Scheckeinreichungen) und Überweisungen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Namens des Zahlungsempfängers, der angegebenen Kontonummer, der angegebenen Bankleitzahl und
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der angegebenen Währung zu achten. Änderungen, Bestätigungen oder Wiederholungen von Aufträgen und Überweisungen müssen als solche gekennzeichnet sein. (3) Besonderer Hinweis bei Eilbedürftigkeit der Ausführung eines Auftrags oder einer Überweisung. Hält der Kunde bei der Ausführung eines Auftrags oder einer Überweisung besondere Eile für nötig, hat er dies der Bank gesondert mitzuteilen. Bei formularmäßig erteilten Aufträgen oder Überweisungen muss dies außerhalb des Formulars erfolgen. (4) Prüfung und Einwendungen bei Mitteilungen der Bank. Der Kunde hat Kontoauszüge, Wertpapierabrechnungen, Depot- und Erträgnisaufstellungen, sonstige Abrechnungen, Anzeigen über die Ausführung von Aufträgen und Überweisungen sowie Informationen über erwartete Zahlungen und Sendungen (Avise) auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit unverzüglich zu überprüfen und etwaige Einwendungen unverzüglich zu erheben. (5) Benachrichtigung der Bank bei Ausbleiben von Mitteilungen. Falls Rechnungsabschlüsse und Depotaufstellungen dem Kunden nicht zugehen, muss er die Bank unverzüglich benachrichtigen. Die Benachrichtigungspflicht besteht auch beim Ausbleiben anderer Mitteilungen, deren Eingang der Kunde erwartet (Wertpapierabrechnungen, Kontoauszüge nach der Ausführung von Aufträgen und Überweisungen des Kunden oder über Zahlungen, die der Kunde erwartet).
Die entsprechenden Regelungen in den AGB-Sparkassen lauten: Nr. 4. – Vertretungs- und Verfügungsbefugnisse. (1) Bekanntgabe. Der Sparkasse bekannt gegebene Vertretungs- oder Verfügungsbefugnisse gelten, bis ihr eine Mitteilung über das Erlöschen oder eine Änderung schriftlich oder, wenn im Rahmen der Geschäftsbeziehung der elektronische Kommunikationsweg vereinbart wurde (zum Beispiel Homebanking), auf diesem Wege zugeht, es sei denn, diese Umstände sind der Sparkasse bekannt oder infolge Fahrlässigkeit nicht bekannt. Dies gilt auch, wenn die Befugnisse in einem öffentlichen Register eingetragen sind und eine Änderung veröffentlicht ist. (2) Mangel in der Geschäftsfähigkeit des Vertreters. Der Kunde trägt den Schaden, der daraus entstehen sollte, dass die Sparkasse von einem eintretenden Mangel in der Geschäftsfähigkeit seines Vertreters unverschuldet keine Kenntnis erlangt. Nr. 10. – Auftragsbestätigung vor Ausführung. Bei telefonischen oder auf anderen technischen Wegen erteilten sowie bei nicht unterschriebenen Aufträgen behält sich die Sparkasse die unverzügliche Einholung einer Bestätigung vor Auftragsausführung vor. Nr. 20. – Mitwirkungs- und Sorgfaltspflichten des Kunden. (1) Grundsatz. Die Sparkasse führt die Aufträge des Kunden mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns aus. Für den Kunden bestehen seinerseits besondere Mitwirkungs- und sonstige Sorgfaltspflichten, insbesondere folgende Pflichten: a) Mitteilung wesentlicher Angaben und Änderungen. Der Sparkasse sind unverzüglich schriftlich oder, wenn im Rahmen der Geschäftsbeziehung der elektronische Kommunikationsweg vereinbart wurde (zum Beispiel Homebanking), auf diesem Wege alle für die Geschäftsbeziehung wesentlichen Tatsachen anzuzeigen, insbesondere Änderungen des Namens, der Anschrift, des Personenstandes, der Verfügungs- oder Verpflichtungsfähigkeit des Kunden (zum Beispiel Eheschließung, Eingehung einer Lebenspartnerschaft, Änderung des Güterstandes) oder der für ihn zeichnungsberechtigten Personen (zum Beispiel nachträglich eingetretene Geschäftsunfähigkeit eines Vertreters oder Bevollmächtigten) sowie Änderungen der der Sparkasse bekannt gegebenen Vertretungs- oder Verfügungsbefugnisse (zum Beispiel Vollmachten, Prokura). Die Anzeigepflicht besteht auch dann, wenn die Tatsachen in öffentlichen Registern eingetragen und veröffentlicht werden. Die Namen der für den Kunden vertretungs- oder verfügungsbefugten Personen sind der Sparkasse mit eigenhändigen Unterschriftsproben auf den Vordrucken der Sparkasse bekannt zu geben. b) Eindeutige Angabe bei Aufträgen und Weisungen.
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Aufträge und Weisungen jeder Art müssen den Inhalt des Geschäfts zweifelsfrei erkennen lassen. Abänderungen und Bestätigungen müssen als solche gekennzeichnet sein. Bei Zahlungsund Überweisungsaufträgen hat der Kunde insbesondere auf richtige, vollständige, unmissverständliche und leserliche Angaben des Zahlungsempfängers und der Kontonummer sowie der Bankleitzahl zu achten. c) Sorgfalt bei besonderer Auftrags-Übermittlung. Bei telefonischen oder auf anderen technischen Wegen erteilten Aufträgen oder Weisungen hat der Kunde dafür zu sorgen, dass sich keine Übermittlungsfehler, Missverständnisse, Missbräuche und Irrtümer ergeben. d) Verwendung von Vordrucken. Für bestimmte Geschäfte, insbesondere im Scheck- und Lastschriftverkehr, bei Barabhebungen, Überweisungen, sind die von der Sparkasse zugelassenen Vordrucke zu verwenden. e) Ausdrücklicher Hinweis bei besonderer Weisung. Besondere Weisungen für die Ausführung von Aufträgen hat der Kunde der Sparkasse gesondert mitzuteilen, bei formularmäßig erteilten Aufträgen außerhalb des Formulars. Dies gilt insbesondere, wenn Zahlungen auf bestimmte Forderungen der Sparkasse verrechnet werden sollen. f) Hinweis auf Fristen und Termine. Der Kunde hat entsprechend Buchst. e) besonders darauf hinzuweisen, wenn Aufträge innerhalb bestimmter Fristen oder zu bestimmten Terminen ausgeführt sein sollen oder wenn bei nicht ordnungsgemäßer, insbesondere nicht fristgemäßer Ausführung von Aufträgen außergewöhnliche Schäden drohen. Auf die besondere Hinweispflicht bei knappen Scheckvorlegungsfristen nach Nr. 24 wird verwiesen. g) Unverzügliche Reklamation. Einwendungen gegen Rechnungsabschlüsse, Lastschriften, Kontoauszüge, Wertpapieraufstellungen oder sonstige Mitteilungen der Sparkasse sowie Einwendungen gegen die Ordnungsmäßigkeit von der Sparkasse gelieferter Wertpapiere oder sonstiger Werte müssen unverzüglich erhoben werden. Falls Rechnungsabschlüsse oder Depotaufstellungen dem Kunden nicht zugehen, muss er die Sparkasse unverzüglich benachrichtigen. Die Benachrichtigungspflicht besteht auch beim Ausbleiben anderer Anzeigen, Mitteilungen oder Sendungen, deren Eingang der Kunde erwarten oder mit deren Eingang er rechnen sollte. h) Kontrolle von Bestätigungen der Sparkasse. Soweit Bestätigungen der Sparkasse von Aufträgen oder Weisungen des Kunden abweichen, hat er dies unverzüglich zu beanstanden. (2) Haftung bei Pflichtverletzungen. Schäden und Nachteile aus einer schuldhaften Verletzung von Mitwirkungs- und sonstigen Sorgfaltspflichten gehen zu Lasten des Kunden. Bei schuldhafter Mitverursachung des Schadens durch die Sparkasse richtet sich die Haftung nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, § 254 Bürgerliches Gesetzbuch.
I. Allgemeines, Rechtsnatur. Nr. 11 AGB-Banken bzw. Nr. 4, 10, 20 AGB-Sparkassen enthalten umfangreiche Regelungen von Mitwirkungspflichten des Kunden, um einen reibungslosen Ablauf der Bankgeschäfte zu gewährleisten. Bei den hier verankerten Mitwirkungspflichten handelt es sich grundsätzlich um Gläubigerobliegenheiten und nicht um echte Leistungsnebenpflichten. Verletzt ein Kunde die ihm auferlegten Obliegenheiten, so kann dies ein schadensminderndes Mitverschulden iSd § 254 BGB bewirken, was Nr. 3 I 3 AGB-Banken ausdrücklich klarstellt (zutreffend Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/82; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 105; a. A. BuBSonnenhol, Rn. 1/285; Bunte, AGB-Banken Rn. 257; zu Nr. 11 IV auch Baumbach/HoptHopt (8) AGB-Banken Nr. 11 Rn. 9). Eigenständige Schadensersatzansprüche der Bank
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werden hingegen nicht begründet. Dies ist auch nicht bei einem Verstoß gegen die in Nr. 11 IV verankerte Pflicht, Lastschriften sofort zu widersprechen, erforderlich, da die gleichzeitige Verletzung dieser Pflicht aus Abschnitt I Nr. 5 der Sonderbedingungen für den Lastschriftverkehr bereits einen solchen eigenständigen Schadensersatzanspruch begründet (vgl. bereits oben Rn. 41). 59
II. Nr. 11 AGB-Banken und entsprechende Regelungen in den AGB-Sparkassen. 1. Mitteilung von Namens- und Adressänderungen bzw. Veränderungen der Vertretungsmacht. Die Verpflichtung zur Mitteilung von Änderungen des Namens und der Anschrift würde auch ohne ausdrückliche Regelung in den AGB aus der Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit, also aus einer Nebenpflicht des Kontovertrages folgen. Gleiches gilt für das Erlöschen oder die Änderung der gegenüber der Bank erteilten Vertretungsmacht. Diese Obliegenheiten sind deshalb unbedenklich. Dies gilt auch für die aus Absatz 1 Satz 2 folgende Pflicht, Änderungen der Vertretungs- oder Verfügungsbefugnis auch dann mitzuteilen, wenn sie in einem öffentlichen Register eingetragen sind. Hierin liegt keine unzulässige Abbedingung der Registerpublizität nach §§ 15 II HGB, 29 II GenG. Denn seit der Neufassung von 1993 ist der Kunde berechtigt, der Bank die ins Register eingetragenen Änderungen auch ohne Anzeige entgegenzuhalten (ebenso Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 105). Die Bank kann dann aber bei einem eingetretenen Schaden die Verletzung der Obliegenheit wiederum schadensmindernd einwenden (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/82; a. A. wohl Schebesta/Vortmann, Rn. 153: Mitwirkungspflicht). Hierin liegt auch keine unangemessene Benachteiligung, da die Publizität des Handelsregisters oftmals nicht genutzt wird. Der Kunde muss erfolgte Änderungen unverzüglich anzeigen, eine Form ist hierfür nicht vorgesehen.
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Die Verpflichtung zur Angabe von Änderungen der persönlichen Daten mit Ausnahme von Veränderungen einer erteilten Vertretungsbefugnis regeln die AGB-Sparkassen in Nr. 20 I lit. a. Sachlich besteht kein großer Unterschied, die Formulierung ist allerdings erheblich umfangreicher und umständlicher. Hieraus eine gegen § 307 BGB verstoßende Intransparenz zu folgern (so v. Westphalen, Rn. 83), schießt jedoch über das Ziel hinaus (i.E. wohl ebenso Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 108). Unwirksam ist jedoch die Regelung über Veränderungen bei der Vertretungs- und Verfügungsbefugnis in Nr. 4 I AGB-Sparkassen. Hiernach soll die bisherige Vertretungsmacht gegenüber der Sparkasse solange fortdauern, bis der Kunde dies der Sparkasse angezeigt hat. Dies soll sogar bei Vertretungsverhältnissen, die in ein öffentliches Register eingetragen sind, gelten. Hierin liegt eine unzulässige Abbedingung der Registerpublizität. Auch das Fortgelten sonstiger Vertretungs- und Verfügungsbefugnisse bis zur schriftlichen Mitteilung durch den Kunden ist AGB-rechtlich bedenklich (Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 107).
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2. Klarheit von Überweisungen und Aufträgen. Nr. 11 II ordnet an, dass Aufträge und Überweisungen ihren Inhalt klar erkennen lassen müssen. Satz 3 exemplifiziert dies für Überweisungen dahin, dass der Name des Empfängers, die Kontonummer sowie die Bankleitzahl richtig und vollständig angegeben werden müssen. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund des § 307 BGB nicht zu beanstanden, da ein Verstoß gegen diese Obliegenheit nur zu einem Mitverschulden führt. Aus dem Charakter der Obliegenheit folgt auch, dass die Bank eine Überweisung z. B. auch ohne Angabe der Bankleitzahl ausführen muss, der Kunde allerdings für die hieraus entstehenden Verzögerungen einzustehen hat. Divergieren bei einer Überweisung Name des Empfängers und die Kontonummer, so ist umstritten, ob der Kunde die hieraus entstehenden Schäden alleine tragen muss oder ob auch die Bank eine Mitverantwortlichkeit trifft. Für beleghafte Überweisungen besteht Einigkeit dahin, dass grundsätzlich der Name maßgebend ist, die überweisende Bank also
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mitverantwortlich ist, wenn sie ihrer Pflicht zur Überprüfung des richtigen Empfängers nicht nachkommt (vgl. BGHZ 108, 386 (390 f.); BGH WM 1991, 1912 (1913); OLG Düsseldorf ZIP 2004, 1997 (1998 f.); OLG Koblenz OLGR Koblenz 2004, 519; OLG Dresden ZIP 2007, 1654; sowie zu Ausnahmen BGH WM 1972, 308 (309); NJW 2003, 1389 (1390); BFH WM 1998, 1482 (1484)). Dieser Pflicht kann sie aber nur bei einer Hausüberweisung nachkommen. Bei außerbetrieblichen Überweisungen kann der NamensKontonummernvergleich nur von der Empfängerbank vorgenommen werden. Allerdings werden heutzutage alle beleggebundene Überweisungen von der überweisenden Bank digital erfasst und sodann als Datensatz weitergeleitet werden (EZÜ-Verfahren), wobei die Kontonummer das maßgebliche Zuordnungskriterium ist, der Empfängername allerdings ebenfalls übermittelt wird. Das Abkommen zum Überweisungsverkehr vom 16. 4. 1996 (in der Fassung vom 1.1.2002) verpflichtet die Bank des Empfängers bei EZÜ-Überweisungen jedoch, einen Kontonummer-Namensvergleich durchzuführen (vgl. näher dazu BGH NJW 2003, 1389 f.). Nr. 3 II 2 dieses Abkommens begründet ferner die Pflicht der Empfängerbank, bei Überweisungen, die nicht eindeutig zugeordnet werden können und EUR 15.000 übersteigen, bei der Bank des Überweisenden rückzufragen. Dies wird man bei einer Divergenz zwischen Kontonummer und Empfängername regelmäßig annehmen können. Ein Verstoß gegen diese Pflicht zum Kontonummer-Namensvergleich bzw. gegen die Rückfragepflicht seitens der Empfängerbank ist der überweisenden Bank jedoch nicht nach § 676 I 3 BGB zuzurechnen (a. A. noch Voraufl. Rn. 55), da die Gutschrift beim richtigen Empfänger Aufgabe der Empfänger- und nicht der überweisenden Bank ist (MünchKommBGB/Casper, § 676a Rn. 20) und die Empfängerbank gerade kein zwischengeschaltetes Institut ist. Vielmehr erwirbt die überweisende Bank gegen die Empfängerbank im Rahmen einer Drittschadensliquidation einen Schadensersatzanspruch bzw. einen Anspruch aus § 667 BGB auf Herausgabe der erlangten Deckung (in diesem Sinne etwa OLG Düsseldorf ZIP 2004, 1997 (1998, 2000)), den sie an ihren Kunden abzutreten hat. Dieser Schadensersatzanspruch des Kunden gegen seine Bank wird allerdings durch die Verletzung der aus Nr. 11 II folgenden Pflicht erheblich gemindert sein; auch ein Anspruch aus § 667 BGB unterliegt einem Mitverschulden iSd § 254 BGB iVm Nr. 11 II (OLG Düsseldorf ZIP 2004, 1997 (2000)). Aus Sicht des tatsächlichen Empfängers liegt keine Leistung des Überweisenden vor (OLG Dresden ZIP 2007, 1654), so dass die überweisende Bank beim tatsächlichen Empfänger kondizieren kann. Infolge des Anspruchs der überweisenden Bank gegen die Empfängerbank aus § 667 BGB bzw. auf Schadensersatz trägt diese letztlich das Insolvenzrisiko des Empfängers. Da im beleglosen Überweisungsverkehr heute ganz überwiegend nur noch die Kontonummer übermittelt wird, will eine im Vordringen befindliche Ansicht allein die Kontonummer als maßgeblich betrachten, mit der Konsequenz, dass eine Divergenz zwischen Empfängername und Kontonummer allein dem Kunden zur Last fallen würde (so LG Berlin, Urt. v. 10.5.2001, Az. 57 S 116/00, Tz. 7, juris; Hellner, ZHR 145 (1981), 109 (132 ff.); Ulmer/Brandner/Hensen-Brandner9, Anh. §§ 9-11 Rn. 156; Bunte, AGB-Banken Rn. 265; offen lassend noch BGHZ 108, 386; BGH WM 1983, 834, im Geschäftsverkehr mit Kaufleuten bei Datenfernübertragung/Datenträgeraustausch (DFÜ/DTA) so jetzt auch BGH WM 2006, 28 (29)). Das Überweisungsrecht wie auch die Sonderbedingungen für den Überweisungsverkehr (Nr. IV 1; abgedruckt in ZBB 2002, 60) haben diese Frage nicht geregelt. Wird nur die Kontonummer übermittelt, kann regelmäßig weder die Bank des Auftraggebers noch die des Empfängers die Divergenz zwischen Name und Kontonummer ohne größere Schwierigkeiten aufklären. Gleichwohl ist eine vollständige Abwälzung des Risikos auf den Kunden allein wegen der technischen Vereinfachung im Überweisungsverkehr grundsätzlich nicht veranlasst (ebenso Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/87; v. Westphalen, Rn. 68 f.; tendenziell wohl auch OLG Düsseldorf ZIP 2004,
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1997 (1998 f.)). Denn durch die bloße Übermittlung der Kontonummer verstößt die überweisende Bank gegen ihre Pflicht aus § 676a I 1 BGB, wonach auch „Angaben zur Person des Überweisenden“ der Empfängerbank zu übermitteln sind. Durch die bloße Übermittlung der Kontonummer wird eine Zuordnung anhand des Namens des Empfängers vereitelt. Insoweit entsteht also anders als bei der beleggestützten Überweisung (Rn. 61) unmittelbar ein Schadensersatzanspruch des Kunden gegen die überweisende Bank. Allerdings ist es mit der neueren Rechtsprechung vertretbar, im Rahmen der DFÜ/DAT, deren Sonderbedingungen ausdrücklich betonen, dass für die Weiterleitung der Überweisung allein die Kontonummer und nicht der Name des Empfängers maßgeblich ist, zwischen Unternehmern iSd § 14 BGB und Verbrauchern (§ 13 BGB) zu differenzieren (so BGH WM 2006, 28 (29); zust. WuB I D 1 3.06, 363 f. – Gößmann; EWiR 3/06 § 9 AGBG – Haertlein/Ballestrem; so wohl auch OLG Dresden ZIP 2007, 1654; OLG Karlsruhe ZIP 2004, 1900 (1901 f.)). Allein gegenüber Unternehmern bei Vereinbarung der SB DFÜ/ DTA kann also das Risiko aus der Verwendung einer falschen Kontonummer bzw. Bankleitzahl vollständig auf den Kunden abgewälzt werden, der dann beim tatsächlichen Empfänger kondizieren muss, da seine fehlgeleitete Überweisung eine rechtsgrundlose Leistung an den Empfänger darstellt (so ausdrücklich OLG Dresden ZIP 2007, 1654 – zur Angabe einer falschen BLZ). Tätigt hingegen ein Verbraucher iSd § 13 BGB eine beleglose Überweisung, sei es online oder am SB-Terminal, bleibt die überweisende Bank auch bei der beleglosen Überweisung in der Pflicht, eine Zuordnung anhand des Namens zu ermöglichen bzw. Divergenzen aufzuklären (so ausdrücklich BGH WM 2006, 28 (29)). Verzichtet sie hierauf, da sie die entsprechenden technischen Vorkehrungen nicht schafft, haftet sie aus einer Verletzung des Überweisungsvertrages. Entsprechendes gilt für Unternehmer, die sich nicht an der DFÜ/DTA beteiligen und allein Nr. 11 II unterliegen (zutr. Gößmann, WuB I D 1 3.06, 363). Das über Nr. 11 II, III S. 1, 3 zu berücksichtigende Mitverschulden des Kunden wird allerdings in aller Regel beträchtlich sein, wenn dieser eine falsche Kontonummer verwendet hat. Die entsprechende Regelung in Nr. 20 I lit. b AGB-Sparkassen enthält keine wesentlichen sachlichen Abweichungen. 3. Hinweis auf die Eilbedürftigkeit (Nr. 11 III). Nach Nr. 11 III hat der Kunde auf die besondere Eilbedürftigkeit eines Auftrages besonders hinzuweisen. Diese Regelung ist unbedenklich, da sie die Bank nicht davon befreit, Aufträge des Kunden in der banküblichen Eile auszuführen, sondern nur Fälle der besonderen Eile erfasst, die über das übliche Maß hinausgehen (zutr. Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 106; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/89; a. A. v. Westphalen, Rn. 71 f.; Merkel, WM 1993, 725 (726)). Insbesondere bewirkt Nr. 11 III keine Haftungsfreizeichnung der Bank. Auch lässt sich eine Unklarheit der Regelung nicht darauf stützen, dass der Kunde die üblichen Ausführungsfristen nicht kenne, weshalb er gar nicht wisse, wann er einen Auftrag als eilbedürftig zu kennzeichnen habe (so aber v. Westphalen, Rn. 71). Diesem Argument ist mit der Einführung der festen Fristen in § 676 a II BGB der Boden entzogen (so zutr. Ulmer/ Brandner/Hensen-Brandner9, Anh. §§ 9-11 Rn. 164; der Sache nach wohl auch Ulmer/ Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 106 und Bunte, AGB-Banken Rn. 267). Diese Vorschrift hat ohnehin dazu beigetragen, dass die Bedeutung der Nr. 11 III in der Praxis geschwunden ist. Umstritten ist auch die Reichweite und Wirksamkeit des Satzes 2 von Absatz 3, wonach der Kunde bei formularmäßig erteilten Aufträgen die Eilbedürftigkeit außerhalb des Formulars erklären muss. Hieraus folgt jedoch weder ein Schriftformerfordernis, noch eine unangemessene Benachteiligung des Kunden (zutr. Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 16 Rn. 27; a. A. v. Westphalen, Rn. 74). Die AGBSparkassen enthalten sachlich vergleichbare Regelungen in Nr. 20 I lit. e und lit. f, die ebenfalls nicht zu beanstanden sind (a. A. wiederum v. Westphalen, Rn. 89).
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4. Prüfung und Einwendungen bei Mitteilungen der Bank (Nr. 11 IV). Nr. 11 IV ordnet an, dass der Kunde Mitteilungen der Bank unverzüglich auf ihre Richtigkeit zu prüfen hat und Einwendungen ebenfalls unverzüglich gegenüber der Bank erheben muss. Nr. 11 IV statuiert also zum einen eine Kontrollpflicht, zum anderen eine Rügepflicht und steht im Zusammenhang mit Nr. 7 II, die eine Kontrolle und Rüge von fehlerhaften Rechnungsabschlüssen verlangt. Beide Pflichten sind mit Blick auf § 307 BGB unbedenklich. Problematisch ist allein die Frage, wie die Unverzüglichkeit zu bestimmen ist. Dabei wird man eine einheitliche Lösung für alle Kunden nicht erreichen können. Während von Kaufleuten mit Blick auf § 121 II BGB erwartet werden kann, dass sie die Tagesauszüge ihres Kontos auch täglich überprüfen, kann dies von einem Verbraucher nicht erwartet werden. Dieser ruft seine Kontoauszüge üblicherweise nur wöchentlich oder seltener ab. Ihm ist ferner ein längerfristiger Überprüfungszeitraum zuzubilligen. Anderseits ist auch hier kein beliebig langer Zeitraum denkbar (OLG Hamm NJW-RR 1986, 791 – vier Monate). Auch ist eine Differenzierung zwischen verschiedenen Verbrauchern nicht angängig (a. A. aber wohl Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/92: reiselustiger Rentner). Als Faustformel wird sich insoweit vielmehr folgende Lösung anbieten. Bei Verbrauchern wird man verlangen können, dass sie zumindest alle zwei bis drei Wochen ihre Kontoauszüge abfragen und dann binnen weniger Tage überprüfen und so erkannte Unrichtigkeiten umgehend geltend machen. Spätestens nach einem Monat wird also auch ein Verbraucher eine Rüge erheben müssen. Dies trägt üblichen Urlaubszeiten Rechnung. Bei einer mehrmonatigen Weltreise ist es dem Kunden hingegen zuzumuten, für eine regelmäßige Kontrolle seiner Bankpost Rechnung zu tragen. Eine Verletzung der Obliegenheit nach Nr. 11 IV führt zu einem Mitverschulden des Kunden, nicht aber zu einem eigenständigen Schadensersatzanspruch der Bank gegen den Kunden (vgl. bereits oben Rn. 58). Die entsprechende Regelung in Nr. 20 I lit. g AGB-Sparkassen enthält keine sachlichen Abweichungen.
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5. Benachrichtigungspflicht beim Ausbleiben von Mitteilungen (Nr. 11 V). Der Kunde muss nach Nr. 11 V die Bank über erwartete Mitteilungen, die ihm nicht zugehen, unverzüglich informieren. Bei Rechnungsabschlüssen und Depotauszügen besteht diese Pflicht auch dann, wenn der Kunde sie nicht erwartet, diese besonders wichtigen Mitteilungen aber zu einem bestimmten Zeitpunkt regelmäßig zugesandt werden. Auch diese Klausel ist AGB-rechtlich unbedenklich. Auch sie darf allerdings mit Blick auf Verbraucher, die zu einer kaufmännischen Organisation ihres Haushalts nicht verpflichtet sind, nicht überspannt werden (vgl. näher Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/95; Ulmer/ Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 106). Eine etwas weitergehende, aber ebenfalls unbedenkliche Regelung enthält Nr. 20 I lit. h AGB-Sparkassen.
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III. Abweichende Regelungen in den AGB-Sparkassen (Nr. 4, 10, 20). Keine Entsprechung in den AGB-Banken hat Nr. 20 I lit. c AGB-Sparkassen. Diese Klausel bürdet dem Kunden bei telefonischen oder auf anderen technischen Wegen erteilten Aufträgen oder Weisungen die Gefahr von Übermittlungsfehlern auf. Bei kundenfeindlicher Auslegung kann man hierin eine unzulässige Haftungsfreizeichnung sehen. In jedem Fall liegt darin eine Beschränkung des verschuldensunabhängigen Anfechtungsrechts nach §§ 119 ff. BGB, was mit § 307 II Nr. 1 BGB unvereinbar ist (Bedenken auch bei Ulmer/Brandner/ Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 107; v. Westphalen, Rn. 87 f.). Nr. 20 I lit. d AGBSparkassen ordnet an, dass der Kunde die von der Sparkasse vorgegebenen Formulare zu verwenden hat. Diese Regelung ist für sich betrachtet nicht bedenklich. Nicht ohne Weiteres verständlich ist jedoch ihr Verhältnis zu Nr. 10 AGB-Sparkassen, wonach auch telefonische Weisungen zugelassen werden, für die sich die Sparkassen allerdings die Einholung einer Bestätigung vorbehalten. Darin liegt allerdings kein unüberbrückbarer
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Widerspruch, der zur Intransparenz und zur Unwirksamkeit führt (so aber v. Westphalen, Rn. 88; wie hier wohl auch Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 108 mit Fn. 99). Nr. 20 I lit. d AGB-Sparkassen enthält vielmehr eine Grundregel, wonach Weisungen grundsätzlich schriftlich unter Verwendung der entsprechenden Formulare zu erfolgen haben. Dies ist angesichts der im alltäglichen Massengeschäft der Sparkassen erforderlichen Rationalisierung und Standardisierung ebenso unverzichtbar wie unbedenklich. Demgegenüber formuliert Nr. 10 eine Ausnahme, wonach die Sparkasse hiervon ausnahmsweise absehen kann, dann aber unverzüglich eine Bestätigung verlangen kann. An diesem Regel-Ausnahmeverhältnis ist allenfalls die systematische Anordnung zu beanstanden. Auf die in den AGB-Banken nicht mehr enthaltene, bedenkliche Regelung zur Schadenstragung des Kunden bei Mängeln in der Geschäftsfähigkeit seines Vertreters, die Nr. 4 II AGB-Sparkassen dem Kunden auferlegt, ist bereits oben (Rn. 31) hingewiesen worden.
F. Kosten der Bankdienstleistungen (Nr. 12) 12. Zinsen, Entgelte und Auslagen. (1) Zinsen und Entgelte im Privatkundengeschäft. Die Höhe der Zinsen und Entgelte für die im Privatkundengeschäft üblichen Kredite und Leistungen ergibt sich aus dem „Preisaushang – Regelsätze im standardisierten Privatkundengeschäft“ und ergänzend aus dem „Preis- und Leistungsverzeichnis“. Wenn ein Kunde einen dort aufgeführten Kredit oder eine dort aufgeführte Leistung in Anspruch nimmt und dabei keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, gelten die zu diesem Zeitpunkt im Preisaushang oder Preis- und Leistungsverzeichnis angegebenen Zinsen und Entgelte. Für die darin nicht aufgeführten Leistungen, die im Auftrag des Kunden oder in dessen mutmaßlichen Interesse erbracht werden und die, nach den Umständen zu urteilen, nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind, kann die Bank die Höhe der Entgelte nach billigem Ermessen (§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches) bestimmen. (2) Zinsen und Entgelte außerhalb des Privatkundengeschäfts. Außerhalb des Privatkundengeschäfts bestimmt die Bank, wenn keine andere Vereinbarung getroffen ist, die Höhe von Zinsen und Entgelten nach billigem Ermessen (§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches). (3) Änderung von Zinsen und Entgelten. Die Änderung der Zinsen bei Krediten mit einem veränderlichen Zinssatz erfolgt aufgrund der jeweiligen Kreditvereinbarungen mit dem Kunden. Das Entgelt für Leistungen, die vom Kunden im Rahmen der Geschäftsverbindung typischerweise dauerhaft in Anspruch genommen werden (zum Beispiel Konto- und Depotführung), kann die Bank nach billigem Ermessen (§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches) ändern. (4) Kündigungsrecht des Kunden bei Erhöhung von Zinsen und Entgelten. Die Bank wird dem Kunden Änderungen von Zinsen und Entgelten nach Absatz 3 mitteilen. Bei einer Erhöhung kann der Kunde, sofern nichts anderes vereinbart ist, die davon betroffene Geschäftsbeziehung innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe der Änderung mit sofortiger Wirkung kündigen. Kündigt der Kunde, so werden die erhöhten Zinsen und Entgelte für die gekündigte Geschäftsbeziehung nicht zugrunde gelegt. Die Bank wird zur Abwicklung eine angemessene Frist einräumen. (5) Auslagen. Die Bank ist berechtigt, dem Kunden Auslagen in Rechnung zu stellen, die anfallen, wenn die Bank in seinem Auftrag oder seinem mutmaßlichen Interesse tätig wird (insbesondere für Ferngespräche, Porti) oder wenn Sicherheiten bestellt, verwaltet, freigegeben oder verwertet werden (insbesondere Notarkosten, Lagergelder, Kosten der Bewachung von Sicherungsgut). (6) Besonderheiten bei Verbraucherdarlehensverträgen. Bei Kreditverträgen, die nach § 492 des Bürgerlichen Gesetzbuches der Schriftform bedürfen, richten sich die Zinsen und die Kosten (Entgelte, Auslagen) nach den Angaben in der Vertragsurkunde. Fehlt die Angabe eines Zinssatzes, gilt der gesetzliche Zinssatz; nicht angegebene Kosten werden nicht geschuldet (§ 494 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Bei Überziehungskrediten nach § 493 des Bürgerlichen Gesetzbuches richtet sich der maßgebliche Zinssatz nach dem Preisaushang und den Informationen, die die Bank dem Kunden übermittelt.
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Die entsprechenden Regelungen der AGB-Sparkassen lauten: Nr. 17. – Entgelte, Kosten, Auslagen. (1) Entgelt-Berechtigung. Die Sparkasse ist berechtigt, für ihre Leistungen Entgelte, insbesondere Zinsen und Provisionen, vom Kunden zu verlangen. Dies gilt auch für Leistungen, die zusätzlich zu einer üblichen Grundleistung im Auftrag oder nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag im Interesse des Kunden erbracht oder im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung mit ihm erforderlich werden (zum Beispiel bei der Verwaltung von Sicherheiten). (2) Festsetzung und Ausweis der Entgelte. Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die Entgelte im Privat- und Geschäftskundenbereich von der Sparkasse unter Berücksichtigung der Marktlage (zum Beispiel Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus) und des Aufwandes nach gemäß § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches nachprüfbarem billigen Ermessen festgelegt und geändert. Für typische, regelmäßig vorkommende Bankleistungen gelten die im Preisaushang, ergänzend im Preis- und Leistungsverzeichnis ausgewiesenen Entgelte, und zwar die der jeweils geltenden Fassung. Für dort nicht aufgeführte Leistungen, die nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind, werden angemessene Entgelte gemäß Satz 1 berechnet. Der Kunde kann die Vorlage einer Abrechnung verlangen. Werden Zinsen oder sonstige Entgelte erhöht, kann der Kunde die davon betroffene Geschäftsbeziehung innerhalb von sechs Wochen seit Bekanntgabe mit sofortiger Wirkung kündigen. Im Falle der Kündigung wird die Erhöhung nicht wirksam. Eine Kreditkündigung des Kunden gilt jedoch als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zweier Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt. (3) Kosten und Auslagen. Dem Kunden können alle im Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung entstehenden Kosten und Auslagen in Rechnung gestellt werden, die die Sparkasse für erforderlich halten durfte und die über die allgemeinen Geschäftskosten hinausgehen (zum Beispiel für Versicherungen, Steuern, Briefporto, Ferngespräche, Telegramme und Fernschreiben). Dies gilt auch für die Bestellung, Verwaltung und Verwertung oder Freigabe von Sicherheiten (zum Beispiel Lagergelder, Kosten der Beaufsichtigung und Instandhaltung, Versicherungsprämien, Provisionen, Rechtsanwalts- und Prozesskosten). Nr. 18. – Überziehungszinsen. Für Inanspruchnahmen des Kontos, die nicht durch ein Guthaben oder einen eingeräumten Kreditrahmen gedeckt sind (geduldete Kontoüberziehungen), sind die im Preisaushang aufgeführten Überziehungszinsen zu zahlen. Dies gilt auch für Geschäftskunden.
I. Einleitung; Inhaltskontrolle von Bankentgeltklauseln. Die Kosten für die Bankdienstleistungen sind in allgemeiner Form in Nr. 12 geregelt. Dabei werden jedoch keine konkreten Entgelte oder Zinsen für bestimmte Produkte zugrunde gelegt. Diese Aufgabe übernimmt das durch Nr. 12 I in Bezug genommene „Preis- und Leistungsverzeichnis“. Zur Inhaltskontrolle von Entgeltforderungen zu einzelnen Produkten hat sich eine umfangreiche Kasuistik entwickelt, bei der zum einen die Frage im Mittelpunkt steht, ob es sich um eine nach § 307 III BGB kontrollfreie Hauptleistungspflicht oder um eine kontrollfähige Preisnebenabrede handelt (vgl. dazu bereits oben Rn. 6). Eine klare, generell subsumptionsfähige Linie hat sich insoweit bisher noch nicht herausgebildet (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/105; zu den Einzelheiten vgl. unten § 13 Rn 17; guter und kritischer Überblick auch bei Bitter, ZBB 2007, 237 (240 ff.); tabellarisch ferner Bunte, AGB-Banken Rn. 287; zusammenfassend Nobbe, WM 2008, 185 ff.). Dabei ist maßgeblich danach zu fragen, ob es sich bei den entgeltpflichtigen Leistungen nicht bereits um eine dem Kunden geschuldete Leistung handelt. Dies hat der Bundesgerichtshof z. B. für ein Entgelt auf Barein- und -auszahlungen auf das eigene Konto angenommen (BGHZ 124, 254). Eine unangemessene Benachteiligung kann auch dann vorliegen, wenn die Bank ein Entgelt für eine gesetzlich vorgeschriebene Leistung wie das Verwalten von
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Freistellungsaufträgen (BGH NJW 1997, 2752) oder die Bearbeitung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen (BGHZ 141, 380 ff.; BGH ZIP 2000, 16; OLG Düsseldorf ZIP 1998, 1580; OLG Köln WM 1999, 633) oder die Übertragung von Wertpapieren in ein anderes Depot (BGHZ 161, 189 ff.) verlangt. Ebenfalls wird die Gebührenpflicht für die Rückgabe von Schecks bzw. Lastschriften mangels Deckung für unwirksam erachtet (BGH NJW 2005, 1645 (1647)). Auch interne Anweisungen zur Abrechnung werden unter Rückgriff auf § 306a BGB den §§ 305 ff. BGB unterworfen, soweit mit ihnen eine als AGB unzulässige Regelung umgangen werden soll (vgl. bereits Rn. 4 sowie BGH NJW 2005, 1645 (1646); zust. Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/5, II/96). Diese Fragestellungen werden durch Nr. 12 nicht entschieden. Zu den Einzelheiten vgl. § 13 Rn. 3 ff. Ebenfalls keine Vorgaben finden sich in Nr. 12 zu der inzwischen höchstrichterlich geklärten Frage der Wertstellungspraxis (vgl. dazu BGHZ 106, 259; BGH NJW 1997, 2042; BGH NJW 1997, 3168; Überblick unten § 44 Rn. 23). Entsprechendes gilt für die AGB-rechtliche Beurteilung von Zinsberechnungsklauseln, die bei einem Annuitätendarlehen mit monatlicher Ratenzahlung die Zinsleistung für das ganze Jahr noch nach dem Stand des Vorjahres berechnen, bzw. für eine nachschüssige Tilgungsverrechnungsklausel, wonach die Tilgungsleistung der Raten jeweils erst zum Jahresende eintreten soll (verwerfend BGHZ 106, 42 (47); 106, 259 (265); 112, 115 (117 ff.); vgl. näher hierzu unten § 11 Rn. 6 ff.; § 12). 68
II. Zinsen und Entgelte im Privat- und Firmenkundengeschäft (Nr. 12 I und II). Absätze 1 und 2 der Nr. 12 unterscheiden zwischen dem Privatkundengeschäft (Nr. 12 I) und zwischen Leistungen außerhalb dieses Bereichs (Nr. 12 II). Ein Anspruch auf Zinsen oder Entgelt für erbrachte Dienstleistungen folgt bereits aus dem konkreten Vertrag mit dem Kunden (vgl. §§ 488 I 2, 612 BGB). Nr. 12 I bestimmt deshalb auch allein, dass sich die Höhe der geschuldeten Zinsen und Entgelte aus dem „Preisaushang“ und ergänzend aus dem „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ergibt. Diese sind ebenfalls Allgemeine Geschäftsbedingungen. Nr. 12 I 1 hat also lediglich die Funktion, diese Aushänge bzw. Verzeichnisse in den jeweiligen Vertrag mit dem Kunden mit einzubeziehen. Diese Einbeziehung setzt voraus, dass die Voraussetzungen zur Einbeziehung nach § 305 II BGB gewahrt sind, der Kunde also namentlich auf den Preisaushang hingewiesen wird und ihm die Möglichkeit zur Kenntnisnahme eröffnet wird (so auch Kümpel, Rn. 2.320). Nr. 12 I 2 stellt klar, dass auch insoweit der Vorrang der Individualabrede (§ 305 b BGB) gilt. Der Begriff des „Preis- und Leistungsverzeichnisses“ ist mit der Änderung der AGB-Banken zum 1.1.2000 als Reaktion auf den neuen § 675 a BGB eingeführt worden. Das Preis- und Leistungsverzeichnis hat also auch die Aufgabe, über die Entgelte und Auslagen im Überweisungsverkehr sowie über die Ausführungsfristen, Wertstellungszeitpunkte und Referenzkurse zu informieren. Sieht ein Preis- und Leistungsverzeichnis hingegen eine Gebühr für „besondere Leistungen“ vor, ohne diese zu konkretisieren, liegt darin ein Verstoß gegen das Transparenzgebot (OLG Naumburg DB 2007, 799 f.).
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Für den relativ seltenen Fall, dass die Höhe des Entgelts für eine bestimmte Leistung weder im Preisaushang noch im Preis- und Leistungsverzeichnis enthalten ist, ordnet Nr. 12 I 3 an, dass der Bank ein Leistungsbestimmungsrecht iSd § 315 BGB zusteht. Angesichts der eng begrenzten Ausnahmefälle, in denen dieses Leistungsbestimmungsrecht zur Anwendung kommt und angesichts des Bedürfnisses nach Rationalisierung bei Massengeschäften im Bankverkehr, ist dieses Leistungsbestimmungsrecht nicht zu beanstanden (BGH NJW 1985, 623 (zu Kfz-Verträgen); Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/ 110; Ulmer/Brandner/Hensen9-Brandner, Anh. §§ 9-11 Rn. 168 m. w. N. in Fn. 79).
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Außerhalb des Privatkundengeschäfts bestimmt Nr. 12 II, dass mangels ausdrücklicher Vereinbarung sofort das Leistungsbestimmungsrecht der Bank nach § 315 I BGB ein-
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greift. Dies ist mit Blick auf § 354 HGB unproblematisch (Baumbach/Hopt-Hopt (8) AGB-Banken Nr. 11 Rn. 3; krit. Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 111). In der Praxis kommt allerdings auch im Firmenkundengeschäft dem Preisaushang und Preis- oder Leistungsverzeichnis eine wichtige Funktion zu. Soweit diese nicht bereits durch ausdrückliche Vereinbarung den Verträgen mit Firmenkunden zugrunde gelegt werden, kommt ihnen für die Billigkeitskontrolle nach § 315 III BGB indizielle Bedeutung zu (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/111; vgl. auch Herrmann, WM 1987, 1029 und 1057). III. Änderung von Zinsen und Entgelten, Kündigungsrecht (Nr. 12 III, IV). Nr. 12 III 1 bestimmt, dass sich die Änderung von Zinsen bei Kreditverträgen mit veränderlichem Zinssatz nach dem jeweiligen Kreditvertrag regelt. Eine Zinsanpassungsklausel enthält Nr. 12 III also nicht, sie hat vielmehr nur klarstellende Funktion. Soweit die jeweilige Zinsanpassungsklausel in den Kreditverträgen vorformuliert ist, unterliegt sie der Inhaltskontrolle. Derartige Klauseln sind jedoch angesichts der wechselnden Verhältnisse an den Refinanzierungsmärkten sachlich gerechtfertigt (BGHZ 97, 212; BGH WM 1999, 2545; WM 2005, 2335; OLG Celle WM 1991, 1025; von der Linden, WM 2008, 195 (197 ff.); krit. z.B. Herrmann, WM 1987, 1029 und 1057). Voraussetzung ist jedoch, dass die Klauseln genaue Anpassungsmaßstäbe enthalten. Die Ausübung einer Anpassungsklausel unterliegt der Kontrolle nach § 315 III BGB. Ferner müssen derartige Klauseln reziprok ausgestaltet sein, also auch eine Zinssenkung bei Erniedrigung der Refinanzierungskosten vorsehen. Zur Anpassung von Zinsen infolge eines geänderten Ratings aufgrund von Basel II vgl. etwa Mülbert, WM 2004, 1205 ff.; Langenbucher, in: Hadding/ Hopt/Schimansky (Hrsg.), Internes und externes Rating – Aktuelle Entwicklungen im Recht der Kreditsicherheiten, 2005, S. 63 ff.; Kersting, ZIP 2007, 56 ff.; Casper, in: Pfingsten (Hrsg.), Münsteraner Bankentag 2006, 2007, S. 33 ff. Für sonstige Leistungen der Bank sieht Nr. 12 III 2 ein ausdrückliches Recht zur Anpassung nach § 315 BGB vor. Diese Regelung ist wirksam (ebenso Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/113; im Ergeb. auch v. Westphalen, Rn. 106; krit. wegen des Fehlens der Angabe von Änderungsgründen aber Derleder/Metz, ZIP 1996, 573 (582 ff.)). Neben den bereits zu Nr. 12 I 3 genannten Gründen streitet hierfür auch das in Absatz 4 Satz 2 vorgesehene Kündigungsrecht. Der Vollzug einer wirksamen Änderung setzt nach Absatz 4 Satz 1 zunächst voraus, dass die Änderung dem Kunden mitgeteilt werden muss. Eine besondere Form ist hierfür nicht vorgesehen. Insbesondere genügt die Mitteilung auf dem Kontoauszug. Der Kunde ist gegen die nachträgliche Erhöhung von Zinsen und Entgelten durch ein Kündigungsrecht geschützt, dass ihm Absatz 4 Satz 2 mit sofortiger Wirkung zubilligt. Die Kündigung kann innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe der Änderung erklärt werden. Für den Fristbeginn ist maßgeblich auf den Zugang der Änderungsmitteilung beim Kunden abzustellen. Rechtsfolge einer Kündigung ist es zunächst, dass die erhöhten Zinsen oder Entgelte bis zur Beendigung der Vertragsbeziehung nicht zugrunde gelegt werden (Satz 3). Außerdem muss die Bank für die Abwicklung eine angemessene Frist einräumen (Satz 4). Trotz der Formulierung „wird“ in Satz 4 besteht insoweit eine Pflicht und nicht ein Ermessen (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/115: Pflicht aus § 242 BGB; ebenso Bunte, AGB-Banken Rn. 297). Die Länge der Frist bemisst sich nach den Schwierigkeiten für den Kunden, sich eine neue Finanzierung zu verschaffen und der Bedeutung des konkreten Geschäfts. Die Kündigung erstreckt sich auf „die davon betroffene Geschäftsbeziehung“, also auf die jeweils betroffene Leistungsbeziehung, nicht etwa auf die gesamte Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Kunde. Die Regelung in Nr. 11 IV ist mit § 489 BGB vereinbar, da sie keine Erschwerungen des allgemeinen Kündigungsrechts beim Darlehen bewirkt.
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IV. Auslagen der Bank. Nr. 12 V sieht einen Aufwendungsersatzanspruch zugunsten der Bank vor, wenn diese im Interesse ihres Kunden gehandelt hat. Diese Regelung ist grundsätzlich unbedenklich, da sich ein vertraglicher Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen bereits aus §§ 675, 670 BGB ergibt (BGH WM 1989, 129; Schebesta/Vortmann, Rn. 106; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/116; Bunte, AGB-Banken Rn. 299). Bedenken könnte man nur insoweit erheben, wie hiermit auch ein Kostenersatz bei der Freigabe von Sicherheiten durchgesetzt werden soll und eine gesonderte Bepreisung unzulässig ist (dafür Bitter, FS Ott, 2002, S. 153, 169 ff., sofern die Entstehung der Kosten von vornherein in Umfang und Höhe absehbar waren). Verallgemeinernd kann man festhalten, dass über Nr. 12 IV nicht solche Entgelte durchgesetzt werden können, deren gesonderte Festsetzung nach § 307 BGB entsprechend den oben in Rn. 67 dargestellten Grundsätzen unzulässig ist. Aufwendungen iSd Absatz 5 liegen nur dann vor, wenn die Bank im Interesse des Kunden eine Geldleistung an einen Dritten erbringt und ein Zusammenhang mit einem Kundenauftrag besteht. Rein kalkulatorische Kosten können also nicht verlangt werden. Auch fallen die Kosten eines Rechtsstreits, den die Bank gegen einen Bürgen des Kunden führt, nicht unter diese Klausel, da hier das Interesse des Kreditinstituts im Vordergrund steht (BGH WM 1989, 129).
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V. Besonderheiten bei Verbraucherkreditverträgen (Nr. 12 VI). Nr. 12 VI stellt für Verbraucherkreditverträge klar, dass die dort genannten Regeln Vorrang besitzen. Diese Regelung hat allein deklaratorische Bedeutung. Das Fehlen einer entsprechenden Regelung in den AGB-Sparkassen führt deshalb nicht zu deren Intransparenz (so aber v. Westphalen, Rn. 117). Satz 3 stellt klar, dass die Bank bei Überziehungskrediten iSd § 493 BGB den nach dem Preisaushang maßgeblichen Zinssatz verlangen kann, sofern sie dem Kunden die nach §§ 492, 493 BGB erforderlichen Informationen übermittelt hat.
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VI. Abweichende Regelungen in Nr. 17, 18 AGB-Sparkassen. Die AGB-Sparkassen regeln die Entgelte und Zinsen in Nr. 17, 18. Die Abweichungen halten sich in Grenzen. Terminologisch sind die AGB-Sparkassen unklarer, da sie in Nr. 17 I 1 den Begriff des Entgelts als Oberbegriff unter Einschluss der Zinsen verwenden, in Nr. 17 II 5 jedoch von „Zinsen oder sonstige Entgelte“ sprechen. Diese undeutliche Terminologie führt jedoch nicht zu einer Intransparenz iSd § 307 BGB (Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 117; a. A. v. Westphalen, Rn. 110). Beanstandet wird, dass bei einer Anpassung der Entgelte nach Nr. 17 II 1 AGB-Sparkassen nicht nur die Änderungen am Markt z. B. bei der Refinanzierung, sondern auch „der Aufwand“ berücksichtigt werden kann. Mit diesem unklaren Begriff soll wohl die Berücksichtigung rein innerbetrieblicher Kostenfaktoren erfolgen. Eine Abwälzung des innerbetrieblichen Kostenrisikos auf den Kunden ist aber mit § 307 BGB nicht zu vereinen (ebenso Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 117; v. Westphalen, Rn. 112; BuB-Sonnenhol, Rn. 1/339; HeymannHorn, Anh. § 372 Rn. II/116; a. A. wohl noch Gößmann/Wagner-Wieduwilt-Weber, Rn. 1/339 f.). Dies führt aber nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel, sondern nur dazu, dass der Aufwand nicht berücksichtigt werden darf. Die wohl wichtigste Abweichung enthält Nr. 17 II 7 AGB-Sparkassen, wonach die vom Kunden nach einer Änderung der Konditionen ausgesprochene Kündigung nicht wirksam wird, wenn der Kunde den geschuldeten Betrag nicht binnen zweier Wochen zurückzahlt. Damit greifen die AGB-Sparkassen vergleichbare Regelungen in §§ 489 III, 495 III BGB auf. Ob diese Klausel einer Inhaltskontrolle standhält, hängt davon ab, ob eine Frist von zwei Wochen regelmäßig geeignet ist, die Finanzierung umzuschichten. Berücksichtigt man, dass die Kündigungsfrist von sechs Wochen hinzutritt, wird man dies angesichts der vergleichbaren gesetzlichen Wertung in § 489 III zu bejahen haben, auch wenn dort die Kündigungsfrist doppelt so lang ist (Westermann, WM 1993, 1865 (1872 f.); a. A. v. West-
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phalen, Rn. 102). Auf Bedenken stößt aber, dass Nr. 17 II AGB-Sparkassen keine der Nr. 12 IV 1 AGB-Banken vergleichbare Regelung enthält, wonach dem Kunden die Änderung von Zinsen und Entgelten mitzuteilen wäre. Dies dürfte im Ergebnis aber unschädlich sein, da die auf § 315 BGB gestützte Anpassung des Vertragsinhalts immer einer Mitteilung an den Kunden bedarf. Nr. 2 I 2 AGB-Sparkassen, der den Verzicht auf die Mitteilung von Änderungen der AGB selbst bei unverhältnismäßigen Schwierigkeiten regelt, ist hier nicht einschlägig, da die Mitteilung auf dem Kontoauszug etc. heutzutage ein Leichtes ist. Nr. 18 AGB-Sparkassen ordnet an, dass für geduldete Überziehungen die im Preisaushang angeführten Überziehungszinsen zu zahlen sind. Soweit es sich um geduldete Überziehungen iSd § 493 II BGB handelt, wird die Regelung für unwirksam gehalten, da keine Verpflichtung der Sparkasse zur Mitteilung über die damit verbundenen Kosten vorgesehen ist und die AGB-Sparkassen auch nicht wie Nr. 12 IV AGB-Banken einen Vorrang des Verbraucherkreditrechts vorsehen (so v. Westphalen, Rn. 115). Dem ist entgegenzuhalten, dass § 493 II BGB der Regelung in Nr. 18 AGB-Sparkassen insoweit vorgeht (zustimmend Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 118).
G. Sicherheiten (Nr. 13–17) 13. Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten. (1) Anspruch der Bank auf Bestellung von Sicherheiten. Die Bank kann für alle Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung die Bestellung bankmäßiger Sicherheiten verlangen, und zwar auch dann, wenn die Ansprüche bedingt sind (zum Beispiel Aufwendungsersatzanspruch wegen der Inanspruchnahme aus einer für den Kunden übernommenen Bürgschaft). Hat der Kunde gegenüber der Bank eine Haftung für Verbindlichkeiten eines anderen Kunden der Bank übernommen (zum Beispiel als Bürge), so besteht für die Bank ein Anspruch auf Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten im Hinblick auf die aus der Haftungsübernahme folgende Schuld jedoch erst ab ihrer Fälligkeit. (2) Veränderungen des Risikos. Hat die Bank bei der Entstehung von Ansprüchen gegen den Kunden zunächst ganz oder teilweise davon abgesehen, die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten zu verlangen, kann sie auch später noch eine Besicherung fordern. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass Umstände eintreten oder bekannt werden, die eine erhöhte Risikobewertung der Ansprüche gegen den Kunden rechtfertigen. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn – sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden nachteilig verändert haben oder sich zu verändern drohen, oder – sich die vorhandenen Sicherheiten wertmäßig verschlechtert haben oder zu verschlechtern drohen. Der Besicherungsanspruch der Bank besteht nicht, wenn ausdrücklich vereinbart ist, dass der Kunde keine oder ausschließlich im Einzelnen benannte Sicherheiten zu bestellen hat. Bei Verbraucherdarlehensverträgen besteht ein Anspruch auf die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten nur, soweit die Sicherheiten im Kreditvertrag angegeben sind; wenn der Nettokreditvertrag 50.000 Euro übersteigt, besteht der Anspruch auf Bestellung oder Verstärkung auch dann, wenn der Kreditvertrag keine oder keine abschließenden Angaben über Sicherheiten enthält. (3) Fristsetzung für die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten. Für die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten wird die Bank eine angemessene Frist einräumen. Beabsichtigt die Bank, von ihrem Recht zur fristlosen Kündigung nach Nr. 19 Absatz 3 dieser Geschäftsbedingungen Gebrauch zu machen, falls der Kunde seiner Verpflichtung zur Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten nicht fristgerecht nachkommt, wird sie ihn zuvor hierauf hinweisen.
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14. Vereinbarung eines Pfandrechts zugunsten der Bank. (1) Einigung über das Pfandrecht. Der Kunde und die Bank sind sich darüber einig, dass die Bank ein Pfandrecht an den Wertpapieren und Sachen erwirbt, an denen eine inländische Geschäftsstelle im bankmäßigen Geschäftsverkehr Besitz erlangt hat oder noch erlangen wird. Die Bank erwirbt ein Pfandrecht auch an den Ansprüchen, die dem Kunden gegen die Bank aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung zustehen oder künftig zustehen werden (zum Beispiel Kontoguthaben). (2) Gesicherte Ansprüche. Das Pfandrecht dient der Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche, die der Bank mit ihren sämtlichen in- und ausländischen Geschäftsstellen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung gegen den Kunden zustehen. Hat der Kunde gegenüber der Bank eine Haftung für Verbindlichkeiten eines anderen Kunden der Bank übernommen (zum Beispiel als Bürge), so sichert das Pfandrecht die aus der Haftungsübernahme folgende Schuld jedoch erst ab ihrer Fälligkeit. (3) Ausnahmen vom Pfandrecht. Gelangen Gelder oder andere Werte mit der Maßgabe in die Verfügungsgewalt der Bank, dass sie nur für einen bestimmten Zweck verwendet werden dürfen (zum Beispiel Bareinzahlung zur Einlösung eines Wechsels), erstreckt sich das Pfandrecht der Bank nicht auf diese Werte. Dasselbe gilt für die von der Bank selbst ausgegebenen Aktien (eigene Aktien) und für die Wertpapiere, die die Bank im Ausland für den Kunden verwahrt. Außerdem erstreckt sich das Pfandrecht nicht auf die von der Bank selbst ausgegebenen eigenen Genussrechte/Genussscheine und nicht auf die verbrieften und nicht verbrieften nachrangigen Verbindlichkeiten der Bank. (4) Zins- und Gewinnanteilscheine. Unterliegen dem Pfandrecht der Bank Wertpapiere, ist der Kunde nicht berechtigt, die Herausgabe der zu diesen Papieren gehörenden Zins- und Gewinnanteilscheine zu verlangen. 15. Sicherungsrechte bei Einzugspapieren und diskontierten Wechseln. (1) Sicherungsübereignung. Die Bank erwirbt an den ihr zum Einzug eingereichten Schecks und Wechseln im Zeitpunkt der Einreichung Sicherungseigentum. An diskontierten Wechseln erwirbt die Bank im Zeitpunkt des Wechselankaufs uneingeschränktes Eigentum; belastet sie diskontierte Wechsel dem Konto zurück, so verbleibt ihr das Sicherungseigentum an diesen Wechseln. (2) Sicherungsabtretung. Mit dem Erwerb des Eigentums an Schecks und Wechseln gehen auch die zugrunde liegenden Forderungen auf die Bank über; ein Forderungsübergang findet ferner statt, wenn andere Papiere zum Einzug eingereicht werden (zum Beispiel Lastschriften, kaufmännische Handelspapiere). (3) Zweckgebundene Einzugspapiere. Werden der Bank Einzugspapiere mit der Maßgabe eingereicht, dass ihr Gegenwert nur für einen bestimmten Zweck verwendet werden darf, erstrecken sich die Sicherungsübereignung und die Sicherungsabtretung nicht auf diese Papiere. (4) Gesicherte Ansprüche der Bank. Das Sicherungseigentum und die Sicherungsabtretung dienen der Sicherung aller Ansprüche, die der Bank gegen den Kunden bei Einreichung von Einzugspapieren aus seinen Kontokorrentkonten zustehen oder die infolge der Rückbelastung nicht eingelöster Einzugspapiere oder diskontierter Wechsel entstehen. Auf Anforderung des Kunden nimmt die Bank eine Rückübertragung des Sicherungseigentums an den Papieren und der auf sie übergegangenen Forderungen an den Kunden vor, falls ihr im Zeitpunkt der Anforderung keine zu sichernden Ansprüche gegen den Kunden zustehen oder sie ihn über den Gegenwert der Papiere vor deren endgültiger Bezahlung nicht verfügen lässt. 16. Begrenzung des Besicherungsanspruchs und Freigabeverpflichtung. (1) Deckungsgrenze. Die Bank kann ihren Anspruch auf Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten so lange geltend machen, bis der realisierbare Wert aller Sicherheiten dem Gesamtbetrag aller Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung (Deckungsgrenze) entspricht. (2) Freigabe. Falls der realisierbare Wert aller Sicherheiten die Deckungsgrenze nicht nur vorübergehend übersteigt, hat die Bank auf Verlangen des Kunden Sicherheiten nach ihrer Wahl
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freizugeben, und zwar in Höhe des die Deckungsgrenze übersteigenden Betrages; sie wird bei der Auswahl der freizugebenden Sicherheiten auf die berechtigten Belange des Kunden und eines dritten Sicherungsgebers, der für die Verbindlichkeiten des Kunden Sicherheiten bestellt hat, Rücksicht nehmen. In diesem Rahmen ist die Bank auch verpflichtet, Aufträge des Kunden über die dem Pfandrecht unterliegenden Werte auszuführen (zum Beispiel Verkauf von Wertpapieren, Auszahlung von Sparguthaben). (3) Sondervereinbarungen. Ist für eine bestimmte Sicherheit ein anderer Bewertungsmaßstab als der realisierbare Wert oder ist eine andere Deckungsgrenze oder ist eine andere Grenze für die Freigabe von Sicherheiten vereinbart, so sind diese maßgeblich. 17. Verwertung von Sicherheiten. (1) Wahlrecht der Bank. Wenn die Bank verwertet, hat die Bank unter mehreren Sicherheiten die Wahl. Sie wird bei der Verwertung und bei der Auswahl der zu verwertenden Sicherheiten auf die berechtigten Belange des Kunden und eines dritten Sicherungsgebers, der für die Verbindlichkeiten des Kunden Sicherheiten bestellt hat, Rücksicht nehmen. (2) Erlösgutschrift nach dem Umsatzsteuerrecht. Wenn der Verwertungsvorgang der Umsatzsteuer unterliegt, wird die Bank dem Kunden über den Erlös eine Gutschrift erteilen, die als Rechnung für die Lieferung der als Sicherheit dienenden Sache gilt und den Voraussetzungen des Umsatzsteuerrechts entspricht.
Die entsprechenden Regelungen in den AGB-Sparkassen lauten: Nr. 21. – Pfandrecht, Sicherungsabtretung. (1) Umfang. Der Kunde räumt hiermit der Sparkasse ein Pfandrecht ein an Werten jeder Art, die im bankmäßigen Geschäftsverkehr durch den Kunden oder durch Dritte für seine Rechnung in ihren Besitz oder ihre sonstige Verfügungsmacht gelangen. Zu den erfassten Werten zählen sämtliche Sachen und Rechte jeder Art (Beispiele: Waren, Devisen, Wertpapiere einschließlich der Zins-, Renten- und Gewinnanteilscheine, Sammeldepotanteile, Bezugsrechte, Schecks, Wechsel, Konnossemente, Lager- und Ladescheine). Erfasst werden auch Ansprüche des Kunden gegen die Sparkasse (zum Beispiel aus Guthaben). Forderungen des Kunden gegen Dritte sind an die Sparkasse abgetreten, wenn über die Forderungen ausgestellte Urkunden im bankmäßigen Geschäftsverkehr in die Verfügungsmacht der Sparkasse gelangen. (2) Ausnahmen. Gelangen Gelder oder andere Werte mit der ausdrücklichen Zweckbestimmung für eine bestimmte Verwendung in die Verfügungsmacht der Sparkasse (zum Beispiel Bareinzahlung zur Einlösung eines Schecks, Wechsels oder Ausführung einer bestimmten Überweisung), so erstreckt sich das Pfandrecht der Sparkasse nicht auf diese Werte. Im Ausland verwahrte Wertpapiere unterliegen – vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung – nicht dem Pfandrecht. Dasselbe gilt für die von der Sparkasse selbst ausgegebenen Genussrechte/ Genussscheine und für Ansprüche des Kunden aus nachrangigem Haftkapital (zum Beispiel nachrangig haftende Inhaberschuldverschreibung). (3) Gesicherte Ansprüche. Das Pfandrecht sichert alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten, auch gesetzlichen Ansprüche der Sparkasse gegen den Kunden, die sie im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung erwirbt. Das Pfandrecht sichert auch Ansprüche der Sparkasse gegen Dritte, für deren Erfüllung ihr der Kunde persönlich haftet. Ansprüche gegen Kunden aus von diesen für Dritte übernommenen Bürgschaften werden erst ab deren Fälligkeit gesichert. (4) Geltendmachung des Pfandrechts. Die Sparkasse darf die dem AGB-Pfandrecht unterliegenden Werte nur bei einem berechtigten Sicherungsinteresse zurückhalten. Ein solches besteht insbesondere unter den Voraussetzungen des Nachsicherungsrechts gemäß Nr. 22. (5) Verwertung. Die Sparkasse ist zur Verwertung dieser Werte berechtigt, wenn der Kunde seinen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit und trotz Mahnung mit angemessener Nachfrist und einer Androhung der Verwertung entsprechend § 1234 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch nicht nachkommt. Unter mehreren Sicherheiten hat die Sparkasse die Wahl. Bei der Auswahl und Verwertung wird die Sparkasse auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht nehmen.
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Die Sparkasse hat das Recht, Verwertungserlöse, die nicht zur Befriedigung sämtlicher Forderungen ausreichen, nach ihrem billigen Ermessen zu verrechnen. Die Sparkasse wird dem Kunden erteilte Gutschriften über Verwertungserlöse so gestalten, dass sie als Rechnungen im Sinne des Umsatzsteuerrechts anzusehen sind. Nr. 22. – Nachsicherung und Freigabe. (1) Nachsicherungsrecht. Die Sparkasse kann vom Kunden die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten für seine Verbindlichkeiten verlangen, wenn sich aufgrund nachträglich eingetretener oder bekannt gewordener Umstände, zum Beispiel aufgrund einer Verschlechterung oder drohenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, eines Mithaftenden oder Bürgen oder des Werts bestehender Sicherheiten, eine Veränderung der Risikolage ergibt. (2) Freigabe-Verpflichtung. Die Sparkasse ist auf Verlangen zur Freigabe von Sicherheiten nach ihrer Wahl verpflichtet, soweit der realisierbare Wert aller Sicherheiten den Gesamtbetrag aller Forderungen der Sparkasse nicht nur vorübergehend um mehr als 10 v. H. übersteigt. Diese Deckungsgrenze erhöht sich um den jeweils aktuellen Umsatzsteuersatz, soweit die Sparkasse im Verwertungsfall mit der Abführung der Umsatzsteuer aus Verwertungserlösen belastet ist. Die Sparkasse wird bei der Auswahl der freizugebenden Sicherheiten auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht nehmen. Nr. 25. – Sicherungsrechte im Einzugsgeschäft. (1) Sicherungseigentum. Mit der Einreichung von Schecks und Wechseln zum Einzug überträgt der Kunde der Sparkasse das Sicherungseigentum an den Papieren für den Fall, dass das Einzugspapier nicht eingelöst wird und der Sparkasse aufgrund von Vorausverfügungen des Kunden im Hinblick auf das Einzugsgeschäft Ansprüche gegen den Kunden zustehen, und zwar bis zum Ausgleich dieser Ansprüche. Mit dem Erwerb des Sicherungseigentums gehen auch die zugrunde liegenden Forderungen auf die Sparkasse über. (2) Sicherungsabtretung. Werden andere Papiere zum Einzug eingereicht (zum Beispiel Lastschriften, kaufmännische Handelspapiere), so gehen die zugrunde liegenden Forderungen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auf die Sparkasse über.
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I. Überblick. Die Nr. 13–17 regeln eine Kernmaterie des Bankgeschäfts von hoher praktischer Relevanz. Die Grundregel findet sich in Nr. 13 I, wonach die Bank für Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung (vgl. dazu BGHZ 101, 29 (34)) gegen ihre Kunden Sicherheiten verlangen kann. Dass ein derartiger Anspruch im Grundsatz angemessen ist, wird allgemein anerkannt (BGH WM 1981, 150 f.). Während Nr. 13 I einen Anspruch auf Sicherheiten begründet, regelt Nr. 13 II die Voraussetzungen, unter denen eine Verstärkung von Sicherheiten verlangt werden kann. Die spiegelbildliche Vorschrift auf Freigabe von Sicherheiten bei Überschreiten der Deckungsgrenze, die Gegenstand zahlreicher höchstrichterlicher Entscheidungen und einer teils leidenschaftlichen Debatte im Schrifttum war (vgl. bspw. Canaris, ZIP 1997, 813; Serick, BB 1998, 801; näher dazu Rn. 94 ff. und unter § 23 Rn 56 ff.), findet sich in Nr. 16. Während Nr. 13 nur eine Pflicht zur Bestellung von Sicherheiten regelt, begründen Nr. 14 und Nr. 15 ein Pfandrecht an Wertpapieren oder Sachen des Kunden, die die Bank im Besitz hat, bzw. Sicherungsrechte an Schecks oder Wechseln, die der Bank zum Einzug oder zum Diskont überreicht werden. Nr. 17 regelt die Verwertung von Sicherheiten. Nr. 19 III 2 Alt. 3 gewährt der Bank überdies ein Recht zur fristlosen Kündigung, wenn der Kunde seiner Pflicht zur Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten aus Nr. 13 nicht nachkommt.
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II. Anspruch auf Bestellung und Verstärkung von Sicherheiten (Nr. 13). 1. Bestellung von Sicherheiten. Nr. 13 I Satz 1 beschränkt das Recht der Bank auf die Bestellung von Sicherheiten auf Ansprüche aus einer bankmäßigen Geschäftsverbindung. Auszuscheiden haben solche Ansprüche gegen den Kunden, welche die Bank zufällig oder ohne inneren Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung zum Kunden erwirbt. Zu
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nennen sind etwa deliktische Ansprüche ohne Bezug zu einem Vertrag zwischen Kunden und Bank (BGHZ 101, 29 (34); Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 18 Rn. 5). Hat die Bank jedoch aufgrund einer unwirksamen Sicherungsübereignung eines Warenlagers Besitz an den Waren erlangt, so soll der Besitz aus einer bankmäßigen Geschäftsbeziehung entstanden sein (so BGHZ 128, 295; dazu zu Recht krit. Köndgen, NJW 1996, 558 (564)). Zu Ansprüchen aus bankmäßiger Geschäftsverbindung zählen auch bedingte oder künftige Ansprüche. Ferner kann nur die Bestellung „bankmäßiger Sicherheiten“ verlangt werden. Dazu gehören alle im Bankgeschäft nicht ganz unüblichen Sicherungsmittel, wobei stets gewährleistet sein muss, dass eine rasche und leichte Verwertung möglich sein muss (vgl. BGHZ 33, 389 (394); BGH NJW 1990, 1356 (1358)). Auszuscheiden haben deshalb das Faustpfandrecht und die Sicherungsabtretung von nicht marktgängigen Rechten wie Patenten oder nicht fungiblen Unternehmensbeteiligungen. Es ist Bank und Kunde freilich unbenommen, individualvertraglich derartige Sicherheiten zu bestellen. Weiterhin stellt Absatz 2 S. 4 klar, dass eine Individualabrede, wonach der Kunde keine oder nur ganz bestimmte Sicherheiten zu bestellen hat, die Anwendung der Nr. 13 ausschließt. Mit Blick auf § 305 b BGB wird man trotz des Erfordernisses einer ausdrücklichen Abrede in Satz 4 auch die konkludente Vereinbarung oder den Ausschluss von Sicherheiten genügen lassen müssen (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 18 Rn. 22; v. Westphalen, Rn. 123; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 119). Liegt eine derartige Individualabrede nicht vor, kann die Bank keine bestimmten Sicherheiten verlangen, sondern muss dem Kunden die Auswahl aus mehreren bankmäßigen Sicherheiten überlassen. Für Verbraucherkredite mit einem Nettokreditbetrag bis zu EUR 50.000 stellt Nr. 13 II 5 weiterhin klar, dass die Bestellung oder Verstärkung der Sicherheiten nur verlangt werden kann, soweit diese im Kreditvertrag angegeben sind. Damit wird dem Erfordernis der §§ 492 I 5 Nr. 7, 494 II 6 BGB Rechnung getragen. Hat der Kunde nur eine Haftungsübernahme (insbesondere eine Bürgschaft) für einen anderen Kunden der Bank übernommen, stellt Nr. 13 I 2 klar, dass der Anspruch aus Satz 1 erst eingreift, wenn die Bürgschaftsschuld fällig geworden ist. Damit wurde der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 92, 295 (300); BGH WM 1989, 129 (131)) Rechnung getragen, wonach es nicht dem Leitbild der Bürgschaft entspricht, dass der Bürge zusätzliche Sicherheiten stellen muss, bevor er aus der Bürgschaft in Anspruch genommen werden kann. Die jetzige Regelung ist deshalb unbedenklich (Bunte, AGB-Banken Rn. 306; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/121; krit. aber weiterhin Ulmer/Brandner/HensenFuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 119, 245; ablehnend Krings ZBB 1992, 326 (331)).
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2. Verstärkung von Sicherheiten bei Veränderung des Risikos. Hat die Bank zunächst bei Entstehung des zu sichernden Anspruchs auf ihr Recht, Sicherheit zu verlangen, ganz oder teilweise verzichtet, so kann sie den Kunden später nicht damit überraschen, dass sie nun doch noch Sicherheiten verlangt. Nr. 13 II 1 bis 3 stellt klar, dass eine erstmalige Bestellung von Sicherheiten oder eine Verstärkung von zunächst ungenügenden Sicherheiten nur bei einer erhöhten Risikobewertung der Ansprüche gegen den Kunden verlangt werden kann, wenn der Kredit zunächst ohne genügende Sicherheiten ausgereicht worden war. Satz 3 nennt zwei nicht abschließende Beispiele für eine erhöhte Risikobewertung, zum einen die (drohende) Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden und zum anderen die wertmäßige Verschlechterung der bereits bestellten Sicherheiten. Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist nicht mit derjenigen in Nr. 19 III identisch, die zur außerordentlichen Kündigung (vgl. dazu unten Rn. 111) berechtigt (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 18 Rn. 19). Dabei hat man darauf abzustellen, ob die Bank bei Kenntnis der jetzigen Umstände gleichwohl den Kredit ohne oder mit zu geringen Sicherheiten ausgegeben hätte, wobei von einer objektiven
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Betrachtung auszugehen ist. Eine vorsichtigere Geschäftspolitik bei objektiv unveränderter Risikolage genügt also nicht (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/122). Nicht unbedenklich ist Abs. 2 Satz 4, wonach der Anspruch auf Nachbesicherung nur dann ausgeschlossen sein soll, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde, obwohl eine konkludente Einigung ebenfalls genügt (Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 119; a. A. – letztlich unbedenklich – Bunte, AGB-Banken Rn. 315). Unklar ist, ob eine Verstärkung der Sicherheiten auch dann verlangt werden kann, wenn die Bank die Umstände bei Abschluss des Kreditvertrags und Auszahlung der Valuta nur falsch eingeschätzt hatte und diese Fehleinschätzung erst später bemerkt, ohne dass objektiv betrachtet eine Änderung der Risikosituation eingetreten wäre. Stellt man darauf ab, dass Nr. 13 II den Kunden vor der überraschenden Nachforderung von Sicherheiten schützen soll, wird man zu differenzieren haben. Hätte die Bank die wirkliche Risikosituation bei gehöriger Prüfung der Sachlage erkennen können, ist ein Anspruch auf Verstärkung der Sicherheiten ausgeschlossen. Dabei wird man annehmen können, dass nur die grobfahrlässige Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Situation des Kunden einen Anspruch auf Nachsicherung ausschließt. Entsprechendes gilt, wenn die Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse bereits bei Begründung der Verbindlichkeit absehbar war und die Bank hiervor quasi die Augen verschlossen hat (Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 Rn. 119; zust. Bunte, AGB-Banken Rn. 314). Bei einer leicht fahrlässigen bzw. einer unvermeidbaren Fehleinschätzung ist ein Anspruch auf Verstärkung der Sicherheiten hingegen nicht ausgeschlossen. 3. Frist für die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten (III). Nr. 13 III billigt dem Kunden eine angemessene Frist zur Bestellung der Sicherheiten zu. Dies folgt bereits aus der allgemeinen Pflicht zur Rücksichtnahme, die Ausfluss der Interessenwahrungspflicht der Bank ist. Die Bestimmung einer angemessenen Frist kann nur von den Umständen des Einzelfalls abhängig gemacht werden und muss berücksichtigen, dass die aus der Nichteinhaltung resultierende Kündigungsmöglichkeit eine einschneidende Rechtsfolge darstellt. Eine Frist von acht bis vierzehn Tagen ist dabei als absolute Untergrenze anzusehen (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 18 Rn. 29; v. Westphalen, Rn. 125). Satz 2 der Nr. 13 III stellt überdies klar, dass die Bank den Kunden darauf hinweisen muss, wenn sie beabsichtigt, das aus Nr. 19 III folgende Recht zur fristlosen Kündigung auszuüben, das ihr dann zusteht, wenn der Kunde seiner Verpflichtung zur Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten nicht nachkommt. Hierdurch wird dem Kunden eine letzte Nachfrist eingeräumt. 4. Abweichungen in Nr. 22 I AGB-Sparkassen. Erheblich knapper ist die vergleichbare Regelung in Nr. 22 I AGB-Sparkassen. Diese Regelung beschränkt sich darauf, einen Anspruch auf Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten anzuordnen, wenn sich aufgrund nachträglich eingetretener oder der Sparkasse bekannt gewordener Umstände eine Änderung der Risikolage ergibt (krit. dazu Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 120; v. Westphalen, Rn. 126). Diese sehr allgemein gehaltene Formulierung von nachträglich bekannt gewordenen Umständen ist aus den oben genannten Gründen (Rn. 81) einschränkend dahin auszulegen, dass die Sparkassen diese nicht erkennen konnte (zust. Bunte, AGB-Banken Rn. 319). Das Fehlen eines Hinweises auf den Vorrang von Individualabreden und die Besonderheiten bei Verbraucherkreditverträgen ist unproblematisch, da sich dieser Vorrang bereits aus dem Gesetz ergibt (a. A. v. Westphalen, Rn. 127 f., der insoweit einen Verstoß gegen das Transparenzgebot sieht; ähnlich Bunte, AGB-Banken Rn. 319 aber unter Rückgriff auf § 307 II Nr. 1 BGB; wie hier jetzt auch Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 120).
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III. Begründung eines Pfandrechts (Nr. 14). 1. Vereinbarung eines Pfandrechts (N 14 I). Nr. 14 I 1 enthält die antizipierte Einigung über die Bestellung eines Pfandrechts gem. §§ 1205, 1275 BGB an den Wertpapieren und Sachen, die innerhalb des bankmäßigen Geschäftsverkehrs in den Besitz einer inländischen Geschäftsstelle der Bank gelangen. Die Rechtsprechung hat eine derartige vorweggenommene Einigung über die Bestellung eines Pfandrechts mit dem AGB-Recht für vereinbar gehalten, sofern die Sachen oder Wertpapiere mit dem Willen des Kunden in die Verfügungsgewalt der Bank geraten sind (BGHZ 93, 75; 128, 295 (300)). Letzteres ist nunmehr mit dem Erfordernis „innerhalb des bankmäßigen Geschäftsverkehrs“ ausdrücklich zur Voraussetzung für die Einigung zwischen Bank und Kunde erhoben worden. Die Klausel scheitert auch nicht an der fehlenden Erwähnung des Anzeigeerfordernisses nach § 1280 BGB bzw. des Zustimmungserfordernisses nach § 1274 I 1 BGB, § 68 II AktG bei vinkulierten Namensaktien. Diese Erfordernisse müssen gesondert erfüllt sein, Nr. 14 I ersetzt sie nicht (Canaris, Rn. 2661; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/127). Entsprechendes gilt bei Orderpapieren für das Erfordernis eines Indossaments nach § 1292 BGB, Art. 14 WG. Ist die zu sichernde Forderung ein Verbraucherkreditvertrag, so stellt sich die Frage, ob wegen §§ 492 I 5 Nr. 7, 494 II 6 BGB kein Pfandrecht entsteht. Dies ist mit Blick auf den Schutzzweck des § 492 I 5 Nr. 7 BGB zu bejahen; die Sicherheiten müssen vielmehr konkret benannt werden, eine bloße Bezugnahme auf Nr. 13 AGB-Banken reicht nicht aus (v. Westphalen, Rn. 133; MünchKommBGB-Ulmer, § 494 Rn. 73 m. w. N.; Ulmer/Brandner/ Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 122; a. A. BuB-Gößmann, Rn. 1/389; HeymannHorn, Anh. § 372 Rn. II/126, der eine Entstehung bei einem ausdrücklichen Hinweis auf Nr. 14 für möglich hält).
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Als Sicherungsgegenstände nennt Satz 1 Sachen und Wertpapiere. Voraussetzung ist, dass eine inländische Geschäftsstelle hieran Besitz erlangt hat. Die Begrenzung auf inländische Geschäftsstellen ist Ausdruck der lex rei sitae. Für die Anwendung der Nr. 14 genügt auch der Erwerb mittelbaren Besitzes. Dies erlangt vor allem bei Wertpapieren, bei denen die Einzelverbriefung ausgeschlossen ist, Bedeutung. Hier entsteht das Pfandrecht auf Grund mittelbaren Mitbesitzes an der Globalurkunde (näher zur Besitzkonstruktion bei Globalurkunden sowie zu einem möglichen Verzicht Baumbach/Hefermehl/Casper WG/SchG, 23. Aufl. 2007, WPR Rn. 94, 97). Aber auch beim Scheckinkasso spielt das Pfandrecht eine Rolle (Baumbach/Hefermehl/Casper WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Art. 23 SchG Rn. 9, Art. 28 Rn. 41). Kein Pfandrecht entsteht jedoch an Sachen oder Wertpapieren im Schließfach des Kunden, da die Bank an dessen Inhalt keinen Besitz erlangt (Canaris, Rn. 2228; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/128); ebenfalls nicht an Wechseln, die der Bank zum Diskont eingereicht werden, deren Diskontierung die Bank jedoch ablehnt (Baumbach/Hefermehl/Casper, WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Art. 11 WG Rn. 33). Satz 2 erstreckt das Pfandrecht auch auf das Kontoguthaben des Kunden bei der Bank selbst. Dieses praktisch bedeutsame Pfandrecht an einer eigenen Schuld ist möglich (RGZ 116, 198 (207); BGHZ 93, 71 (76); Soergel-Habersack, § 1279 Rn. 2) und AGB-rechtlich wirksam. Der Vorteil für die Bank liegt im Bereich der Kontopfändung. Pfändet ein dritter Gläubiger des Kunden das Kontoguthaben, so erwirbt er nur ein dem vertraglichen Pfandrecht der Bank nachrangiges Pfändungspfandrecht in der Insolvenz. Nur soweit die Bank nach der Pfändung durch neue Geschäfte Forderungen gegen den Kunden begründet, ist ihr auf Nr. 14 gestütztes Pfandrecht gem. § 357 HGB gegenüber dem Pfändungspfandrecht nachrangig. Ein Pfandrecht nach Nr. 14 ist in der Insolvenz des Kunden jedoch nicht in jedem Fall eine kongruente Sicherheit. Es ist der Anfechtung nach § 131 I Nr. 1 InsO unterworfen. Zahlungseingänge von Dritten innerhalb der letzten drei Monate vor Stellung des Insolvenzantrages sind grundsätzlich als inkongruente Sicherheit anfechtbar
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(BGHZ 150, 122 (126 f.); BGH WM 2002, 2369 (2372); BGH WM 2004, 666 (669); BuB-Gößmann, Rn. 1/389a; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/132). Kongruent sind hingegen Zahlungseingänge, bei denen die Bank den Schuldner verfügen lässt oder ihm eine Kreditlinie offen hält. 86
2. Sicherungszweck (Nr. 14 II). Das AGB-Pfandrecht dient nach Absatz 2 S. 1 der Sicherung aller bestehenden, künftigen oder bedingten Ansprüche des Kunden gegenüber seiner Bank. Hat der Kunde gegenüber einem anderen Kunden der Bank die Haftung übernommen, so wird nach Satz 1 das Pfandrecht jedoch erst dann begründet, wenn die Bürgschaftsschuld etc. fällig geworden ist. Damit wird der neueren Rechtsprechung Rechnung getragen, die die weite Sicherungszweckerklärung bei der Haftung für fremde Verbindlichkeiten für überraschend hält (vgl. näher zum Ganzen unten § 23 Rn. 85 ff.). Die so formulierte weite Sicherungszweckerklärung in Nr. 14 II ist deshalb AGB-rechtlich unbedenklich (zum Sonderfall der Komplementärhaftung in der GmbH & Co. KG vgl. noch Rn. 89). Gleiches gilt für die sog. Filialklausel in Satz 2, wonach das Pfandrecht auch die Ansprüche ausländischer Filialen der Bank besichert (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/134; ausführlich zum Ganzen Bunte, AGB-Banken Rn. 343 f.).
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3. Ausnahme vom Pfandrecht (Nr. 14 III). Das Pfandrecht nach Nr. 14 kann zum einen durch gesonderte vertragliche Abrede ausgeschlossen werden (dazu s. etwa BGH WM 1974, 155 (157)). Daneben enthält Nr. 14 III fünf Ausnahmen: Nach Satz 1 sind erstens solche Werte ausgenommen, die der Bank vom Kunden mit einer besonderen Zweckbindung zugeleitet werden. Neben der in Absatz 3 beispielhaft genannten Bareinzahlung zur Einlösung eines Wechsels bei mangelnder Deckung auf dem Konto des Kunden (vgl. hierzu näher Baumbach/Hefermehl/Casper, WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Art. 23 SchG Rn. 10) sind hier insbesondere Zahlungen zur Ablösung von Grundpfandrechten und offene Treuhandkonten zu nennen (weitere Fallgruppen finden sich bei Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/135 ff; Bunte, AGB-Banken Rn. 346; Schimansky/Bunte/LwowskiBunte, § 19 Rn. 42 ff.; BuB-Gößmann, Rn. 1/407 ff.). Mit dieser Regelung wird einer entsprechenden Forderung in der Rechtsprechung Rechnung getragen (vgl. BGHZ 74, 129 (132); BGH WM 1973, 167 zu früheren Fassungen der AGB, die diese Ausnahme noch nicht enthielten). Ausgenommen sind zweitens eigene Aktien der Bank, die diese für ihre Kunden verwaltet. Hintergrund ist das entsprechende Verbot der Inpfandnahme eigener Aktien in § 71 e AktG. Drittens sind Wertpapiere ausgenommen, die die Bank im Ausland für den Kunden verwahrt. Hiermit sollen Schwierigkeiten durch die unterschiedlichen Anforderungen an die Pfandrechtsbestellung in den ausländischen Rechtsordnungen, die nach der lex rei sitae maßgebend sind, vermieden werden. Viertens erstreckt sich das Pfandrecht nach Satz 3 nicht auf von der Bank ausgegebene eigene Genussrechte oder Genussscheine und fünftens nicht auf nachrangige Verbindlichkeiten der Bank, da beide Finanzierungsformen im Einzelfall nach § 10 V, V a KWG Eigenkapitalfunktion übernehmen können und dann einem Verbot der Inpfandnahme unterliegen.
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4. Zins- und Gewinnanteilscheine (Nr. 14 IV). Der Kunde ist nach Absatz 4 grundsätzlich nicht berechtigt, die Herausgabe von Zins- und Gewinnanteilscheinen der nach Nr. 14 verpfändeten Wertpapiere zu verlangen. Dabei weicht Nr. IV von der dispositiven Regelung in § 1296 S. 2 BGB ab, wonach der Verpfänder Herausgabe der Zins- und Gewinnanteilscheine verlangen kann, wenn diese fällig sind und die Pfandreife noch nicht eingetreten ist. Horn (in Heymann, Anh. § 372 Rn. II/139; Ulmer/Brandner/HensenFuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 123) will gleichwohl § 1296 S. 2 BGB anwenden, da Schutzziel des Nr. 14 IV nur sei, den Kunden daran zu hindern, den ganzen Zinsbogen herauszuverlangen, um ihm so dem Pfandrecht zu entziehen. Die Verweigerung der Herausgabe fällig gewordener Kupons sei vor Eintritt der Pfandreife nicht veranlasst. Dem ist
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zuzustimmen (a. A. wohl v. Westphalen, Rn. 137; Soergel-Habersack, § 1296 Rn. 3; Bunte, AGB-Banken Rn.348), da Nr. 14 kein Nutzungspfandrecht begründen will. Nur wenn die Bank einen Anspruch auf Verstärkung der Sicherheiten nach Nr. 13 II hat, kann sie die Herausgabe fälliger Zinsscheine vor Eintritt der Pfandreife verweigern. 5. Abweichungen in Nr. 21 AGB-Sparkassen. Das Pfandrecht ist in den AGB-Sparkassen in Nr. 21 geregelt. Dessen Absätze 1 bis 2 und Abs. 3 S. 1 sind Nr. 14 AGB-Banken sachlich vergleichbar, Absatz 4 enthält ein Zurückbehaltungsrecht und Absatz 5 regelt die Verwertung. Allenfalls eine terminologische Unschärfe enthält Nr. 21 I 1, der von einem Pfandrecht an „Werten jeder Art“ spricht. Da dieser im Rechtsverkehr sonst nicht gebräuchliche Begriff jedoch in Satz 2 spezifiziert wird, liegt hierin keine die Unwirksamkeit begründende Intransparenz (so aber v. Westphalen, Rn. 138). Zu Diskussionen hat vor allem Abs. 3 Anlass gegeben. Bedenken gegen Nr. 21 III 1 a. F. AGB-Sparkassen (vgl. dazu BGH WM 1998, 2463; Ulmer/Brandner/Hensen9-Brandner, Anh. §§ 9-11 Rn. 173 a; v. Westphalen, Rn. 138; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 19 Rn. 60) sind durch die Neufassung im Jahr 2002 ausgeräumt worden (vgl. näher hierzu Danco, ZBB 2002, 136 (138); Becher/Gößmann, BKR 2002, 519 (526)). Kontrovers wird jedoch weiterhin diskutiert, ob sich der Sicherungszweck des Pfandrechts nach Nr. 21 I 3 am Guthaben einer Komplementär-GmbH auch auf Forderungen gegen die GmbH & Co. KG erstreckt. Dies hat der BGH zu Recht bejaht, ohne auf Nr. 21 III 2 AGB-Sparkassen zurückzugreifen, wonach das Pfandrecht auch Ansprüche der Sparkasse gegen Dritte sichert, für die der Kunde persönlich haftet. Nach Auffassung des BGH sichert das AGBPfandrecht infolge der weiten Sicherungszweckerklärung nach Nr. 21 III 1 AGB-Sparkassen auch Ansprüche aus der gesellschaftsrechtlich begründeten persönlichen Haftung (§§ 161 II, 128 HGB) des Kunden gegenüber der Sparkasse für Schulden der GmbH & Co. KG (BGH ZIP 2007, 905 (907); zust. Toussaint, EWiR 2007, 417 f.); auf Abs. 3 S. 2 abstellend aber noch die Vorinstanz OLG Schleswig ZIP 2006, 1196 = ZBB 2007, 53; zust. Clemente, ZBB 2007, 55 (57 ff.); krit. dazu Jungmann, EWiR 2006, 513 f.). Die gesetzliche Gesellschafterhaftung sei unter den Begriff „im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung“ zu subsumieren, da sie nicht zufällig sei. Nichts anderes dürfte bei Nr. 14 II 1 AGB-Banken gelten, auch wenn diese von „bankmäßiger Geschäftsbeziehung“ spricht (anders wohl Toussaint EWiR 2007, 417 (418)). Ob § 21 III 2 AGB-Sparkassen in seinem verbleibenden Anwendungsbereich gegen §§ 305c I, 307 BGB verstößt, ist umstritten (bejahend OLG Schleswig ZIP 2006, 1196 (1197): überraschende Klausel, ähnlich Clemente ZBB 2007, 55 (59); Bunte, AGB-Banken Rn. 349; Jungmann, EWiR 2006, 513 (514): Aushebelung von §§ 227 II, 254 II InsO bei einem Insolvenzplan, der gerade auch die Gesellschafterhaftung erfassen soll, verneinend Toussaint, EWiR 2007, 417 (418); offen lassend BGH ZIP 2007, 905 (907)). Dies ist unter dem Gesichtspunkt des § 305c I BGB für den Fall zu bejahen, dass zwischen der Forderung der Sparkasse gegen den Dritten, für die der Kunde haftet, und seiner Geschäftsbeziehung zur Bank, aus der das Pfandrecht folgt, kein Zusammenhang besteht, also etwa, wenn der Komplementär als natürliche Person und seine KG nur zufällig bei ein- und derselben Sparkasse ihre Konten führen. Nr. 21 III 2 AGB-Sparkassen hat in den AGB-Banken keine Entsprechung. Eine Erweiterung gegenüber den AGB-Banken findet sich in Nr. 21 I 4, wonach Forderungen des Kunden gegen Dritte antizipiert an die Sparkasse abgetreten werden, wenn die für die Forderung ausgestellte Urkunde in die Verfügungsmacht der Bank gelangt ist. Keine Entsprechung findet auch das Zurückbehaltungsrecht an verpfändeten Sachen bei einem berechtigten Sicherungsinteresse in Nr. 21 IV AGB-Sparkassen (dessen Wirksamkeit bezweifelnd v. Westphalen, Rn. 139; Ulmer/Brandner/Hensen9-Brandner, Anh. §§ 9-11 Rn. 173 a; bejahend dagegen Aden, NJW 1993, 832 (838)).
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IV. Sicherungsrechte bei Einzugspapieren und diskontierten Wechseln (Nr. 15). Nach Nr. 15 I 1 erwirbt die Bank Sicherungseigentum an ihr zum Einzug eingereichten Schecks und Wechseln. Auf sachenrechtlicher Ebene erfolgt beim Wechsel und beim Orderscheck nur eine Klarstellung, da die Bank bereits nach Art. 11 I, 14 I WG Eigentum durch Vollindossierung erwirbt (ebenso Bunte, AGB-Banken Rn. 353 f.; vgl. näher zum Ganzen Baumbach/Hefermehl/Casper WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Art. 11 WG Rn. 14; a. A. § 47 Rn. 23 f. (Fischer) im Anschluss an Bülow, Art. 11 WG Rn. 16, die eine Eigentumsübertragung ablehnen; was mit Blick auf Nr. 15 I jedoch kaum vertretbar sein dürfte). Der Eigentumserwerb unterbleibt nur dann, wenn ausnahmsweise nur ein Inkassoindossament angebracht ist, was Nr. 15 jedoch ausschließt. Entsprechendes gilt für den Inhaberscheck, der nach § 929 BGB übertragen wird. Kern der Regelung ist deshalb die Festlegung des Sicherungszwecks, den Nr. 15 IV 1 dahin bestimmt, dass alle Ansprüche gegen den Kunden aus dem im Debet befindlichen Kunden-Kontokorrent im Zeitpunkt der Einreichung der Papiere oder aus der Rückbelastung bei fehlender Einlösung gesichert werden sollen. Dies ist AGB-rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BGHZ 95, 149 (154); BGH NJW-RR 1990, 366; WM 1984, 1073 (1074)). Die Wirksamkeit von Absatz 4 S. 1 wird teilweise bezweifelt, da die Sicherungsübereignung auch dann eingreife, wenn das Konto nicht im Debet geführt wird (v. Westphalen, Rn. 145; a. A. Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/147 f.; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 20 Rn. 22). Dem ist zu entgegnen, dass Absatz 4 S. 2 für diesen Fall einen Freigabeanspruch anordnet, der unabhängig von der allgemeinen Freigabeverpflichtung nach Nr. 16 II eingreift (zust. jetzt Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn.125). Soweit es an einem Debetsaldo fehlt und auch keine E.V.-Gutschrift erfolgt, erwirbt die Bank allerdings kein Sicherungseigentum (Baumbach/Hefermehl/Casper WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Art. 23 SchG Rn. 2; Schimansky/Bunte/Lwowski-Nobbe § 61 Rn. 18).
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Nur deklaratorische Bedeutung kommt der Anordnung in Nr. 15 I 2, 1. HS zu, wonach die Banken an diskontierten Wechseln im Zeitpunkt des Ankaufs uneingeschränktes Eigentum erwerben (Rn. 90). Praktische Bedeutung erlangt erst die Aussage im 2. Halbsatz, wonach der Bank am Wechsel Sicherungseigentum verbleibt, wenn sie den diskontierten Wechsel zurückbelastet. Sachenrechtlich ändert sich nichts, die Bank bleibt Volleigentümerin, wird nun aber schuldrechtlich zum Sicherungsnehmer (Bunte, AGBBanken Rn. 360). Da die Bank nach dem Diskontvertrag zur Rückbelastung nur berechtigt ist, wenn der diskontierte Wechsel bei Fälligkeit ausfällt, ist diese Klausel unbedenklich (BGH WM 1986, 610 (611); näher zum Diskontgeschäft unten § 47 Rn. 45 ff.; Baumbach/Hefermehl/Casper, WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Art. 1 WG Rn. 27 ff.). Hat die Bank den Wechsel oder den Scheck zurückbelastet, jedoch das Papier noch nicht wieder dem Einreicher zurückgereicht, bleibt das Sicherungseigentum bestehen (OLG München ZIP 1997, 1878 (1879)).
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Für Wechsel oder Schecks, an denen die Bank Eigentum erwirbt, wird in Nr. 15 II ferner eine antizipierte Sicherungsabtretung der zugrunde liegenden Forderung vereinbart. Gleiches gilt für andere der Bank zum Einzug überreichten Papiere wie zum Beispiel Lastschriften oder kaufmännische Handelspapiere. Diese Klausel ist bisher zu Recht nicht beanstandet worden (BGHZ 95, 149; BGH WM 1990, 1910 (zu Nr. 44 S. 1 a. F.); HeymannHorn, Anh. § 372 Rn. II/145; v. Westphalen, Rn. 142). Die Sicherungszession erlangt in erster Linie Bedeutung, wenn der das Inkasso betreibende Kunde insolvent wird. Die Bank kann dann die Forderung einziehen und mit dem Erlös die gesicherte Kundenforderung ohne weiteres zum Erlöschen bringen. Ein weiterer Vorteil liegt in der Anwendung des § 401 BGB. Abtretungsverbote nach § 399 BGB kann Nr. 15 II nicht überwinden, bei beiderseitigen Handelsgeschäften greift allerdings § 354 a S. 1 HGB ein
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(Bülow WG/SchG, AGB I Rn. 14). In der Insolvenz soll ein gem. Nr. 15 II erworbenes Recht als inkongruent zu behandeln sein (BGH NJW 2007, 2324). Wie Nr. 14 III (dazu Rn. 87) enthält auch Nr. 15 III eine Bereichsausnahme dahin, dass die Sicherungsübereignung und die Sicherungszession nicht Platz greifen, wenn die Einzugspapiere mit der Maßgabe eingereicht werden, dass ihr Gegenwert nur für einen ganz bestimmten Zweck verwendet werden darf. Nr. 25 AGB-Sparkassen enthält keine wesentlichen Abweichungen (zu den Einzelheiten vgl. v. Westphalen, Rn. 147; Bunte, AGBBanken Rn. 374; Bülow WG/SchG, AGB I Rn. 8 ff.).
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V. Deckungsgrenze und Freigabeverpflichtung (Nr. 16). 1. Der Grundsatz: Das Verbot der Übersicherung und der Freigabeanspruch nach BGHZ 137, 212. Bereits aus dem Wesen des Sicherungsvertrages und dem bei Sicherungsabtretung und -übereignung vorhandenen Treuhandverhältnis folgt ein Verbot der Übersicherung. Damit korrespondiert die Pflicht des Sicherungsnehmers, nicht mehr benötigte Sicherheiten bereits vor Beendigung des Vertrages, zu deren Sicherung sie bestellt sind, freizugeben. Dieser Freigabeanspruch entsteht auch dann, wenn der Sicherungsvertrag keine ausdrückliche Freigabeklausel enthält. Nach der Grundsatzentscheidung des Großen Senats in BGHZ 137, 212, die die äußerst umstrittenen Rechtsfragen in diesem Zusammenhang in der Praxis einer Klärung zugeführt hat, ist das Vorhandensein einer Freigabeklausel also nicht Wirksamkeitsvoraussetzung des Sicherungsvertrages. Soweit dieser einen vorformulierten Freigabeanspruch vorsieht, verlangt der BGH in ständiger Rechtsprechung einen ermessensunabhängigen Freigabeanspruch des Sicherungsgebers (des Kunden) gegen den Sicherungsnehmer (die Bank) bei Überschreiten der Deckungsgrenze. Zur Ermittlung und Inhaltskontrolle der Deckungsgrenze hat der BGH drei Grundsätze aufgestellt: Erstens hängt die Wirksamkeit der Sicherungsabrede nicht davon ab, dass sie eine prozentuale Deckungsgrenze oder Maßstäbe zu ihrer Bewertung enthält. Damit ist die gegenteilige Rechtsprechung des VII. Senats überholt. Zweitens: Die Deckungsgrenze beträgt bezogen auf den realisierbaren Wert der Sicherungsgegenstände 110% der gesicherten Forderung. Die Zulässigkeit eines 10%igen Aufschlags leitet der BGH aus der Wertung des § 171 I InsO her, er deckt die pauschalierten Feststellungs-, Verwertungsund Rechtsverfolgungskosten ab. Drittens ist der realisierbare Wert der Sicherungsgegenstände nur mit 2/3 ihres Nenn- oder Schätzwertes anzusetzen. Diese auf § 237 S. 1 BGB gestützte Wertung bedeutet im Ergebnis, dass die Deckungsgrenze 150% des Schätz- oder Nennwertes der Sicherungsgegenstände beträgt.
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Vor diesem Hintergrund ist der Regelungsgehalt der Nr. 16 AGB-Banken im Folgenden zu beleuchten und auf seine Vereinbarkeit mit § 307 BGB zu überprüfen. Einzelheiten der Debatte um die Begrenzung des Besicherungsanspruchs und der Freigabeverpflichtung bei Globalsicherheiten können hier nicht dargestellt werden (vgl. näher hierzu unten § 23 Rn. 56 ff.). Nr. 16 AGB-Banken musste nach der Grundsatzentscheidung in BGHZ 137, 212 aus dem Jahre 1998 nicht angepasst werden, da die heutige Fassung bereits bei der Novellierung der AGB-Banken 1993 der teilweise strengeren Rechtsprechung vor der Entscheidung des Großen Senats Rechnung getragen hatte, weshalb an der Wirksamkeit der Nr. 16 heute im Ergebnis kein Zweifel besteht.
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2. Übersicherung und Ermittlung der Deckungsgrenze (Nr. 16 I). Nr. 16 I stellt den aus Nr. 13 folgenden Anspruch auf Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten unter den Vorbehalt, dass der realisierbare Wert aller Sicherheiten (dazu zählen Personalsicherheiten nur im Einzelfall, vgl. näher Bunte, AGB-Banken Rn. 380) dem Gesamtbetrag aller Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung (Deckungsgrenze) entspricht. Überschreitet der realisierbare Wert die Deckungsgrenze, besteht der Anspruch aus Nr. 13
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also nicht mehr. Nr. 16 I verzichtet also sowohl auf eine Definition für die Ermittlung des realisierbaren Werts wie auf eine prozentuale Festsetzung der Deckungsgrenze. Dies ist AGB-rechtlich unbedenklich, da eine derartige Angabe gerade nicht mehr Wirksamkeitsvoraussetzung für die Sicherungsabrede ist (BGHZ 137, 212 und oben Rn. 94). Die so vorhandene Lücke ist durch die Rechtsprechungsgrundsätze auszufüllen. Dies bedeutet konkret, dass eine Übersicherung solange nicht vorliegt, wie der realisierbare Wert (berechnet als 150% des Schätz- oder Nennwerts) der Sicherheiten die aus der Geschäftsbeziehung zu sichernden Forderungen der Bank gegen den Kunden zuzüglich der eines Sicherheitszuschlags von 10% nicht übersteigt. Bestehende Bürgschaften für die Forderungen der Bank sind bei der so zu ermittelnden Deckungsgrenze nicht zu berücksichtigen (vgl. bereits BGH NJW 1994, 1796). Schwierigkeiten bereitet in der Praxis die konkrete Ermittlung des für den realisierbaren Wert maßgeblichen Schätzwerts der Sicherheiten. Diese Schwierigkeit wird durch die Vorgabe in BGHZ 137, 212 erheblich vereinfacht: Bei den der Bank im Wege der Sicherungszession abgetretenen Forderungen ist grundsätzlich deren Nennwert zugrunde zu legen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass als Schätzwert dasjenige anzusetzen ist, was die Veräußerung der Sicherheit im Wege der Zwangsvollstreckung erbringen würde. Bei marktgängigen Sachen ist dieses der Marktpreis. Bei nicht marktgängigen Sicherheiten ist der Wert durch Zugrundelegung der Einkaufs- oder Herstellungskosten zu schätzen. Dass diese Kosten in der Praxis bei einer Zwangsverwertung nicht realisiert werden, ist unerheblich. Diesen Umstand fängt die Wertung aus § 237 S. 1 BGB auf, wonach für den realisierbaren Wert nur 2/3 des Schätzwertes zugrunde zu legen ist. Ein Abstellen auf den Zeitwert kommt bei gebrauchten Gegenständen grundsätzlich nicht in Betracht, da anderenfalls eine schnelle Durchsetzung des Freigabeanspruchs ohne Sachverständigengutachten nicht möglich wäre (BGHZ 137, 212 (234, 236)). Auf den Zeitwert ist nur ausnahmsweise abzustellen, wenn dieser wie bei gebrauchten Kraftfahrzeugen anhand öffentlicher Listen ohne Schwierigkeiten ermittelt werden kann (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 21 Rn. 17). Will eine der Parteien im Einzelfall darlegen, dass der Bewertungsabschlag von 1/3 ungenügend ist, so trägt sie hierfür die Darlegungs- und Beweislast (BGHZ 137, 212 (236)). 97
3. Der ermessensunabhängige Freigabeanspruch (Nr. 16 II). Nr. 16 II 1 normiert einen ermessensunabhängigen Freigabeanspruch des Kunden, soweit der realisierbare Wert die Deckungsgrenzen überschreitet. Nach dem oben Gesagten (Rn. 94) kommt dieser Klausel nur klarstellende Bedeutung zu, da der Freigabeanspruch bereits aus der Sicherungsabrede folgt. Dies gilt auch für die Anordnung, dass der Freigabeanspruch nur in Höhe des überschießenden Betrages entsteht. Konstitutive Wirkung entfaltet aber die Aussage, dass der Bank ein Auswahlrecht zukommt, welche der bestellten Sicherheiten sie freigeben will. Diese Regelung ist unter dem Aspekt des § 307 BGB nicht zu beanstanden, da sie nicht zu einem ermessensabhängigen Freigabeanspruch führt (BGHZ 137, 212; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/158;). Denn der Freigabeanspruch als solches, also das Ob der Freigabe, steht nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Nr. 16 II 1 gerade nicht im Ermessen der Bank. Dies gilt auch in Hinblick darauf, dass im 2. Halbsatz vereinbart wird, dass die Bank bei der Auswahl der freizugebenden Sicherheiten auf die Belange des Kunden und dritter Sicherungsgeber Rücksicht zu nehmen hat. Auch dies würde sich ohne entsprechende Regelung bereits aus dem Sicherungsvertrag selbst und aus § 262 BGB sowie aus dem Rechtsgedanken des § 1230 S. 1 BGB ergeben. Eine ausdrückliche Erwähnung, dass der Bank hinsichtlich des Freigabeanspruchs kein Ermessen zustehen dürfe, verlangt die Rechtsprechung nicht mehr (BGHZ 137, 212; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/152 m. Nachw. der älteren gegenläufigen Rsp.). Der Freigabeanspruch nach Nr. 16 II gilt nicht nur bei Global-, sondern auch bei Einzelsicherheiten. Er schützt aller-
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dings nicht vor einer Sittenwidrigkeit wegen anfänglicher Übersicherung. Zu dieser durch BGHZ 137, 212 nicht entschiedenen Konstellation vgl. näher unten § 23 Rn. 54. Ein Ausfluss des Gebots zur Rücksichtnahme ist in Absatz 2 S. 2 geregelt, wonach der Kunde verlangen kann, dass die Bank Aufträge über ein dem Pfandrecht unterliegenden Wert ausführt, soweit ein Anspruch auf Freigabe nach Satz 1 besteht (vgl. hierzu näher Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 21 Rn. 33).
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4. Vorrang von Sondervereinbarungen (Nr. 16 III). Nr. 16 III stellt klar, dass Sondervereinbarungen Vorrang haben. Dies ist vor dem Hintergrund des § 305 b BGB selbstverständlich. Nr. 16 III nennt beispielhaft einen anderen Bewertungsmaßstab als den realisierbaren Wert oder eine abweichende Deckungsgrenze bzw. eine andere Grenze für die Freigabe. Dies überrascht insoweit, als derartige Grenzen in Absatz 1 und 2 gar nicht benannt sind. Es zeigt sich wiederum, dass über Nr. 16 I die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze rezipiert werden sollen. Die Möglichkeit abweichender Vereinbarungen ist in BGHZ 137, 212 bereits angelegt (Bunte, AGB-Banken Rn. 377; vgl. dazu näher Saenger, ZBB 1998, 174 ff.). Denkbar ist es insbesondere, eine höhere Deckungsgrenze oder größere Wertabschläge bei den Sicherheiten zu vereinbaren, um branchenspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Der Große Senat hat hervorgehoben, dass der Wertabschlag von einem Drittel nur eine Orientierungshilfe sei und der Gegenbeweis, dass dieser Ansatz im Einzelfall untauglich ist, möglich bleibt (BGHZ 137, 212 (236)).
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5. Nr. 22 II AGB-Sparkassen. In den AGB-Sparkassen ist der Freigabeanspruch in Nr. 22 II geregelt. Wichtigster Unterschied besteht darin, dass sich die Deckungsgrenze auf den Gesamtbetrag der Forderung zuzüglich 10% beziehen muss. Eine ausdrückliche Festschreibung des Sicherheitszuschlages ist unbedenklich. Der realisierbare Wert der Sicherheiten, der auch hier für die Deckungsgrenze zugrunde zu legen ist, wird ebenfalls nicht definiert, sondern ist über die Wertung aus § 237 S. 1 BGB auszufüllen. Keine Entsprechung in den AGB-Banken findet sich für die Regelung in Nr. 22 II 3 AGB-Sparkassen, wonach sich die Deckungsgrenze um die aktuelle Mehrwertsteuer erhöht, sofern die Sparkasse im Verwertungsfall hiermit belastet ist. Dies ist vor dem Hintergrund der Aussage in BGHZ 137, 212 (229 f., 235) unbedenklich.
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VI. Die Verwertung von Sicherheiten (Nr. 17). Nr. 17 enthält keine Regelungen dazu, nach welchen Verfahren die Sicherheiten von der Bank verwertet werden können. Die Regelung beschränkt sich vielmehr auf einige wenige allgemein gehaltene Anordnungen. Die Details der Verwertung sollen stattdessen zweckmäßigerweise in dem Sicherungsvertrag selbst geregelt werden, um die AGB-Banken hiermit nicht unnötig zu belasten. Nr. 17 I AGB regelt nur, dass die Bank unter mehreren Sicherheiten die Wahl hat. Diese Regelung ist unbedenklich (BGHZ 137, 212; Bunte, AGB-Banken Rn. 398), da sie die gesetzliche Wertung aus §§ 262, 1230 BGB übernimmt und die Bank bei der Auswahl verpflichtet ist, auf die berechtigten Belange des Kunden oder eines dritten Sicherungsnehmers Rücksicht zu nehmen (zu einem möglichen Rechtsmissbrauch vgl. BGH WM 1991, 846). Dabei ist das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen (Bunte, AGB-Banken Rn. 400). Die Bank ist demnach auch zur bestmöglichen Verwertung der Sache verpflichtet (ausführlicher Bunte, AGB-Banken Rn. 402 ff.). Sie braucht die in Aussicht genommene Verwertung aber nicht zu verschieben, wenn der Sicherungsgeber nur pauschal behauptet, er habe selbst eine bessere Verwertungsmöglichkeit (OLG Frankfurt WM 1991, 930; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/160).
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Unbedenklich ist auch die Regelung in Absatz 2, wonach dem Kunden eine Erlösgutschrift entsprechend § 14 UStG auszustellen ist, sofern der freihändige Verkauf für die
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Bank eine umsatzsteuerpflichtige Leistung darstellt (Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn.128; Details bei Bunte, AGB-Banken Rn. 409 ff.; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/181). 103
Die AGB-Sparkassen regeln nur die Verwertung von verpfändeten Sicherheiten (Nr. 21 V). Diese Regelung deckt sich im Ansatz mit der in Nr. 17 AGB-Banken. Nr. 21 V 1 nennt als Voraussetzung für die Verwertung neben der Nichtleistung trotz Fälligkeit allerdings auch das Setzen einer Nachfrist und die Androhung der Verwertung im Sinne des § 1234 BGB. Damit wird die neuere Rechtsprechung des BGH (WM 1992, 1359, (1361)) aufgegriffen. Im Bankensektor ist eine entsprechende Regelung in die Verwertungsklauseln des jeweiligen Sicherungsvertrags aufzunehmen. Abweichend von Nr. 17 AGB-Banken ordnet Nr. 21 V 4 an, dass die Sparkasse das Recht hat, Verwertungserlöse, die nicht zur Befriedigung sämtlicher Forderungen ausreichen, nach billigem Ermessen zu verrechnen. Diese Abweichung von § 366 BGB ist solange hinzunehmen, wie die Verrechnung des Erlöses auf Forderungen beschränkt bleibt, für die die Sicherheit bestellt war und soweit bei der Verrechnung auf die Belange des Kunden Rücksicht zu nehmen ist (zu letzteren auch BGHZ 91, 375 (380 f.); wie hier im Ergeb. auch Bunte, AGB-Banken Rn. 414). Dies stellt Nr. 21 V 3 sicher (krit. aber Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 129 und mit Blick auf das Fehlen einer ausdrücklichen Vorrangabrede v. Westphalen, Rn. 140).
H. Kündigungsrechte des Kunden (Nr. 18) und der Bank (Nr. 19) 18. Kündigungsrechte des Kunden. (1) Jederzeitiges Kündigungsrecht. Der Kunde kann die gesamte Geschäftsverbindung oder einzelne Geschäftsbeziehungen (zum Beispiel den Scheckvertrag), für die weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist, jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. (2) Kündigung aus wichtigem Grund. Ist für eine Geschäftsbeziehung eine Laufzeit oder eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart, kann eine fristlose Kündigung nur dann ausgesprochen werden, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt, der es dem Kunden, auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der Bank, unzumutbar werden lässt, die Geschäftsbeziehungen fortzusetzen. (3) Gesetzliche Kündigungsrechte. Gesetzliche Kündigungsrechte bleiben unberührt. 19. Kündigungsrechte der Bank. (1) Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist. Die Bank kann die gesamte Geschäftsverbindung oder einzelne Geschäftsbeziehungen, für die weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist, jederzeit unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist kündigen (zum Beispiel den Scheckvertrag, der zur Nutzung von Scheckvordrucken berechtigt). Bei der Bemessung der Kündigungsfrist wird die Bank auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht nehmen. Für die Kündigung der Führung von laufenden Konten und Depots beträgt die Kündigungsfrist mindestens sechs Wochen. (2) Kündigung unbefristeter Kredite. Kredite und Kreditzusagen, für die weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist, kann die Bank jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Die Bank wird bei der Ausübung dieses Kündigungsrechts auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht nehmen. (3) Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Eine fristlose Kündigung der gesamten Geschäftsverbindung oder einzelner Geschäftsbeziehungen ist zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der der Bank, auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Kunden, deren Fortsetzung unzumutbar werden lässt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, – wenn der Kunde unrichtige Angaben über seine Vermögensverhältnisse gemacht hat, die für die Entscheidung der Bank über eine Kreditgewährung oder über andere mit Risiken für die
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Bank verbundene Geschäfte (z.B. Aushändigung einer Zahlungskarte) von erheblicher Bedeutung waren, oder wenn eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Kunden oder der Werthaltigkeit einer Sicherheit eintritt oder einzutreten droht und dadurch die Rückzahlung des Darlehens oder die Erfüllung einer sonstigen Verbindlichkeit gegenüber der Bank – auch unter Verwertung einer hierfür bestehenden Sicherheit – gefährdet ist, oder – wenn der Kunde seiner Verpflichtung zur Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten nach Nr. 13 Absatz 2 dieser Geschäftsbedingungen oder aufgrund einer sonstigen Vereinbarung nicht innerhalb der von der Bank gesetzten angemessenen Frist nachkommt. Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer vertraglichen Pflicht, ist die Kündigung erst nach erfolglosen Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig, es sei denn, dies ist wegen der Besonderheiten des Einzelfalles (§ 323 Absätze 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches) entbehrlich. (4) Kündigung von Verbraucherdarlehensverträgen bei Verzug. Soweit das Bürgerliche Gesetzbuch Sonderregelungen für die Kündigung wegen Verzuges mit der Rückzahlung eines Verbraucherdarlehensvertrages vorsieht, kann die Bank nur nach Maßgabe dieser Regelungen kündigen. (5) Abwicklung nach einer Kündigung. Im Falle einer Kündigung ohne Kündigungsfrist wird die Bank dem Kunden für die Abwicklung (insbesondere für die Rückzahlung eines Kredits) eine angemessene Frist einräumen, soweit nicht eine sofortige Erledigung erforderlich ist (zum Beispiel bei der Kündigung des Scheckvertrages die Rückgabe der Scheckvordrucke).
Die entsprechende Regelung in den AGB-Sparkassen lautet: Nr. 26. – Kündigungsrecht. (1) Ordentliche Kündigung. Sowohl der Kunde als auch die Sparkasse können die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, soweit keine abweichenden Vorschriften oder anderweitigen Vereinbarungen dem entgegenstehen. Kündigt die Sparkasse, so wird sie den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen. (2) Kündigung aus wichtigem Grund. Ungeachtet anderweitiger Vereinbarungen können sowohl der Kunde als auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, aufgrund dessen dem Kündigenden die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung nicht zugemutet werden kann. Dabei sind die berechtigten Belange des anderen Vertragspartners zu berücksichtigen. Für die Sparkasse ist ein solcher Kündigungsgrund insbesondere gegeben, wenn aufgrund der nachfolgend beispielhaft aufgeführten Umstände die Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen des Kunden oder die Durchsetzbarkeit der Ansprüche der Sparkasse – auch unter Verwertung etwaiger Sicherheiten – gefährdet wird: a) wenn eine wesentliche Verschlechterung oder eine erhebliche Gefährdung der Vermögensverhältnisse des Kunden oder in der Werthaltigkeit der für ein Darlehen gestellten Sicherheiten eintritt, insbesondere wenn der Kunde die Zahlungen einstellt oder erklärt, sie einstellen zu wollen, oder wenn von dem Kunden angenommene Wechsel zu Protest gehen; b) wenn der Kunde seiner Verpflichtung zur Bestellung oder zur Verstärkung von Sicherheiten (Nr. 22 Absatz 1) nach Aufforderung durch die Sparkasse nicht innerhalb angemessener Frist nachkommt; c) wenn der Kunde unrichtige Angaben über seine Vermögensverhältnisse gemacht hat; d) wenn gegen den Kunden eine Zwangsvollstreckung eingeleitet wird; e) wenn sich die Vermögensverhältnisse eines Mitverpflichteten oder des persönlich haftenden Gesellschafters wesentlich verschlechtert haben oder erheblich gefährdet sind, sowie bei Tod oder Wechsel des persönlich haftenden Gesellschafters. Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmah-
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nung zulässig. Etwas anderes gilt nur, wenn der Kunde die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, er die Leistung zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die Sparkasse den Fortbestand ihres Leistungsinteresses vertraglich an die Rechtzeitigkeit der Leistung gebunden hat, oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine sofortige Kündigung rechtfertigen. (3) Rechtsfolgen bei Kündigung. Mit der Auflösung der gesamten Geschäftsbeziehung oder einzelner Geschäftszweige werden die auf den betroffenen Konten geschuldeten Beträge sofort fällig. Der Kunde ist außerdem verpflichtet, die Sparkasse insoweit von allen für ihn oder in seinem Auftrag übernommenen Verpflichtungen zu befreien. Die Sparkasse ist berechtigt, die für den Kunden oder in seinem Auftrag übernommenen Verpflichtungen zu kündigen und sonstige Verpflichtungen, insbesondere solche in fremder Währung, mit Wirkung gegen den Kunden auszugleichen sowie hereingenommene Wechsel und Schecks sofort zurückzubelasten; die wechsel- oder scheckrechtlichen Ansprüche gegen den Kunden und jeden aus dem Papier Verpflichteten auf Zahlung des vollen Betrages der Wechsel und Schecks mit Nebenforderungen verbleiben der Sparkasse jedoch bis zur Abdeckung eines etwaigen Schuldsaldos. Nr. 27. – Weitergeltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Auch nach Auflösung der gesamten Geschäftsbeziehung oder einzelner Geschäftszweige gelten für die Abwicklung und in dem Abwicklungsverhältnis entsprechenden Umfange die Allgemeinen Geschäftsbedingungen weiter.
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I. Kündigungsrechte des Kunden (Nr. 18). Das Kündigungsrecht des Kunden hinsichtlich der gesamten Geschäftsverbindung oder einzelner Geschäftsbeziehungen ist davon abhängig, ob eine Laufzeit oder eine sonstige Kündigungsregel im Vertrag vereinbart ist. Ohne Festsetzung einer Laufzeit für einzelne Geschäftsbeziehungen oder Vereinbarung eines besonderen, fristgebundenen Kündigungsgrundes kann der Kunde – anders als die Bank – nach Nr. 18 I jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (ordentlich) kündigen. Nr. 18 I kommt also nur eine Auffangfunktion zu, vorrangig richtet sich die ordentliche Kündigung nach der vertraglich vereinbarten Laufzeit bzw. der vertraglichen Kündigungsklausel. Damit wird der Vorrang der Individualabrede (§ 305 b BGB) zum Ausdruck gebracht. Daneben ist der Kunde nach Nr. 18 II zur fristlosen Kündigung beim Vorliegen eines wichtigen Grunds berechtigt.
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Das fristlose Kündigungsrecht nach Nr. 18 I ist ein ordentliches Kündigungsrecht. Es bedarf also nicht des Vorliegens eines Kündigungsgrunds. Ihm kommt in erster Linie Bedeutung bei Giro- und anderen Dienstleistungs- und Geschäftsbesorgungsverträgen sowie bei unbefristeten Kontokorrentkrediten zu. Eine wichtige Ausnahme von dem Recht zur jederzeitigen ordentlichen Kündigung für einzelne Geschäftsbeziehungen ist in § 676 S. 3 BGB für den Übertragungsvertrag vorgesehen. Diese Regelung wird durch Nr. 18 I nicht abbedungen.
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Nr. 18 II stellt klar, dass dem Kunden ein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht aus wichtigem Grund auch dann zusteht, wenn er infolge der Laufzeit oder der Kündigungsvereinbarung zur ordentlichen Kündigung nicht berechtigt ist. Dieses Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund folgt bereits aus § 314 BGB. Gleichwohl hat Nr. 18 II nicht rein deklaratorische Bedeutung (zutr. Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/164; teilw. abw. aber Baumbach/Hopt-Hopt (8) AGB-Banken Nr. 18 Rn. 2; Ulmer/Brandner/ Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 130 mit Fn. 190 und Bunte, AGB-Banken Rn. 418), da für das per AGB vereinbarte Kündigungsrecht des Kunden bei einer Vertragsverletzung (anders als für das der Bank, vgl. Nr. 19 III 4) auf die nach § 314 II BGB erforderliche Frist zur Abhilfe bzw. zur Abmahnung verzichtet wird. Insoweit liegt in Nr. 18 II
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eine Abbedingung des § 314 II BGB vor. Dies ist zulässig, da § 314 BGB nur in seinem Kern unabdingbar ist (vgl. Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland-Medicus, Kapitel 3 Rn. 188; MünchKommBGB-Gaier, § 314 Rn. 4). Eine Erleichterung der außerordentlichen Kündigung zugunsten des Kunden ist mithin auch unter dem Gesichtspunkt des § 307 BGB nicht zu beanstanden. Nr. 18 II verzichtet auf die Definition des wichtigen Grundes, insoweit ist auf § 314 I 2 BGB zurückzugreifen. Die in Nr. 18 II enthaltene Anordnung, dass für die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Geschäftsbeziehung auch auf die berechtigten Belange der Bank Rücksicht zu nehmen ist, deckt sich mit der Vorgabe in § 314 I 2 BGB. Bedenken gegen die bis zum Jahr 2002 verwendete Formulierung „angemessene Berücksichtigung der Belange der Bank“, die bei grundpfandrechtlich gesicherten Krediten als unzulässige Überprüfungsbefugnis hinsichtlich des Vorliegens eines wichtigen Grunds seitens der Bank verstanden werden konnte, sind durch die Neufassung ausgeräumt (vgl. zu den auf § 490 II BGB gestützten Bedenken näher Becher/Gößmann, BKR 2002, 519 (523)). Die AGB-Banken enthalten in Nr. 18 keine dem § 314 III u. IV BGB vergleichbare Regelung. Diese gelten aber als allgemeine Regeln auch im Rahmen der Nr. 18. In dem durch die Novelle von 2002 neu eingefügten Absatz 3 wird klargestellt, dass gesetzliche Kündigungsrechte unberührt bleiben. Diese Regelung bezieht sich nicht auf § 314 BGB, da dieses Kündigungsrecht bereits in zulässiger Weise durch Nr. 18 ausgestaltet ist. Angesprochen sind in erster Linie das ordentliche und das außerordentliche Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach §§ 489, 490 II BGB. Vorrangig ist auch die Regelung in § 676 S. 3 BGB (s. dazu bereits Rn. 105).
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II. Kündigungsrechte der Bank (Nr. 19). 1. Ordentliche Kündigungsrechte der Bank (Nr. 19 I u. II). Nr. 19 I 1 entspricht im Prinzip der ordentlichen Kündigung des Kunden nach Nr. 18 I, sieht jedoch für die Bank die Verpflichtung zur Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist vor und erstreckt sich nicht auf unbefristete Kredite. Bei der Bemessung der Kündigungsfrist muss die Bank auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht nehmen (Satz 2); bei laufenden Konten und Depots beträgt die Kündigungsfrist mindestens sechs Wochen (Satz 3). Die unbestimmte Formulierung einer angemessenen Kündigungsfrist in Satz 2 lässt sich mit Blick auf Satz 3 und die Tatsache rechtfertigen, dass es sich bei Nr. 19 I um eine Auffangregel handelt, die nur eingreift, wenn in der jeweiligen vertraglichen Beziehung keine Kündigungsfrist geregelt ist. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt darin nicht begründet (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/ 167; Bunte, AGB-Banken Rn. 430). Die Regelung ist auch im Übrigen mit Blick auf § 307 BGB nicht zu beanstanden; sie entspricht auch der in §§ 675 I, 671 II BGB zum Ausdruck kommenden Wertung. Ein Verstoß gegen die sechswöchige Kündigungsfrist des Abs. 1 S. 3 führt entgegen BGH WM 2006, 179 (180) zur Unwirksamkeit der Kündigung und kann nicht mit dem Argument aufrecht erhalten werden, dass die Kündigung bei Einhaltung der Frist im Zeitpunkt eines sich anschließenden Rechtsstreits bereits wirksam geworden wäre (zutr. Kritik bei Hensen, EWiR 2006, 321 (322)). Eine Kollision mit der zwingenden und einschränkenden Vorschrift des § 498 BGB hinsichtlich der Kündigung von Verbraucherkreditverträgen wegen Verzugs ergibt sich infolge des in Nr. 19 IV angeordneten Vorrangs der gesetzlichen Regelung nicht. Jedoch ist eine Teilkündigung einzelner Leistungselemente innerhalb eines Vertrages unzulässig (vgl. BGH WM 2006, 179 (180) zur Kündigung der Leistungselemente, Lastschriftabbuchungen, Daueraufträge und Bearbeitung eingeworfener Überweisungen innerhalb eines Girovertrages), sofern es sich um nicht abtrennbare Geschäftsbeziehungen handelt. Demgegenüber ist z.B. die gesonderte Kündigung nur des Vertrages über die EC-Karte zulässig (BGH WM 2006, 179 (180)). Wie bei Nr. 18 I auch bedarf es anders als bei Abs. 2 keines Kündi-
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gungsgrundes. Allerdings sollen die Banken nach einer Empfehlung des ZKA nur bei dort näher spezifizierten Gründen, die zu einer Unzumutbarkeit führen, kündigen (abgedr. bei Schimansky/Bunte/Lwowski-Schimansky, § 47 Rn. 4). Soweit man ein Recht auf Girokonto anerkennt (dazu etwa weiterführend Bachmann, ZBB 2006, 257 (260 ff.) m. w. N.), wird man eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit zu verneinen haben (ähnlich Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/177). Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass die in einigen Sparkassengesetzen enthaltenen Kontrahierungszwänge Ausnahmen für den Fall enthalten, dass die in Nr. 19 III enthaltenen Regelbeispiele vorliegen (vgl. z.B. § 5 Sparkassen VO NW). Somit wird sich das Recht auf ein Girokonto, so es jenseits der Sparkassengesetze denn überhaupt besteht, nur selten als Kündigungsbeschränkung auswirken. 109
Die ordentliche Kündigung von unbefristeten Krediten und Kreditzusagen richtet sich nach Nr. 19 II und ist jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich (zu den Hintergründen Bunte, AGB-Banken Rn. 435), sofern nicht im Kreditvertrag eine abweichende Kündigungsregel enthalten ist. Allerdings muss die Bank bei der Ausübung der Kündigung auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht nehmen, womit – wie bei Nr. 19 I auch – eine Kündigung zur Unzeit ausgeschlossen ist. Eine solche liegt insbesondere dann vor, wenn der Kreditnehmer von der Bank weitgehend abhängig ist, ausreichend Sicherheiten gestellt hat und durch die Kündigung überrascht wird, da beispielsweise frühere, höhere Überziehungen, die zwischenzeitlich zurückgezahlt sind, geduldet wurden (OLG Hamm WM 1985, 1411; Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/168). Andererseits kann der Kunde nicht mit der unbegrenzten Offenhaltung von Kreditlinien und erst recht nicht mit zusätzlichen Krediten im Sanierungsfall rechnen (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/168 m. w. N. auch zur Gegenauffassung). Mit Blick auf die Verpflichtung zur Rücksichtnahme und die angemessene Frist zur Rückabwicklung nach Nr. 19 V ist die Regelung in Nr. 19 II mit § 307 BGB vereinbar (Bunte, AGB-Banken Rn. 435). Ein Verstoß gegen § 308 Nr. 3 BGB liegt nicht vor, da diese Regelung nicht auf Dauerschuldverhältnisse anwendbar ist (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/168). Zur besonderen Rücksichtnahmepflicht von Sparkassen gegenüber den Interessen der Kunden vgl. Rn. 114.
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2. Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (Nr. 19 III). Das in Nr. 19 III geregelte außerordentliche Kündigungsrecht der Bank ist durch die Novellierung der ABG-Banken 2002 umgestaltet und an die Vorgaben in §§ 314, 490 I BGB angepasst worden, um Bedenken gegenüber der Vorgängerregelung (vgl. dazu etwa Ulmer/Brandner/Hensen-Brandner9 Anh. §§ 9-11 Rn. 178) Rechnung zu tragen (Becher/Gößmann, BKR 2002, 519 (523 f.)). Der neugefasste Satz 1 hat gegenüber § 314 BGB nur klarstellende Bedeutung, da die dort angeordnete Berücksichtigung der berechtigten Belange des Kunden bereits aus § 314 BGB folgt. Von praktischer Bedeutung ist Satz 2, der mittels dreier Beispiele verdeutlicht, wann ein wichtiger Grund vorliegt (dazu sogleich Rn. 111). Eine derartige beispielhafte Aufzählung ist mit Blick auf §§ 307, 314 BGB möglich, da hiermit keine Beschränkung des § 314 BGB beabsichtigt ist, die ohnehin nur dem Verwender der AGB zur Last fallen würde. Satz 3 wiederholt das Erfordernis der Abhilfe bzw. Abmahnung aus § 314 II und stellt klar, dass dieses in den Fällen des § 323 II BGB nicht eingreift. Der Verweis in Nr. 19 III 3 auf § 323 III BGB ist überflüssig, da bereits aus § 314 II 2 folgt, dass der Ausnahmekatalog des § 323 II auch für das Erfordernis der Abhilfe eingreift (vgl. etwa Baumbach/Hopt-Hopt (8) AGB-Banken Nr. 19 Rn. 6; a. A. Becher/Gößmann, BKR 2002, 519 (525), die von einem Redaktionsversehen bei § 314 II 2 BGB ausgehen). Diese überflüssige Verweisung ist jedoch unschädlich, da ein Verstoß gegen das Transparenzgebot genauso wenig wie bei dem Verweis auf den Gesetzestext des § 323 BGB in Betracht kommt. Das außerordentliche Kündigungsrecht kann die
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ganze Geschäftsverbindung oder einzelne Geschäftsbeziehungen erfassen. Fraglich ist, ob unter einzelne Geschäftsbeziehungen nur echte Dauerschuldverhältnisse fallen oder auch andere Geschäfte, wie etwa Devisentermingeschäfte. Diese Fragestellung erlangt dann Bedeutung, wenn die Sonderbedingungen für Termingeschäfte ausnahmsweise nicht vereinbart worden sind. Man wird die Anwendung der Nr. 19 III zu bejahen haben, da die aus einem Devisentermingeschäft resultierende offene Position einem Dauerschuldverhältnis vergleichbar ist. Folge der Kündigung muss dann aber entsprechend Nr. 10 I der Sonderbedingungen für die Termingeschäfte eine vorzeitige Vertragsbeendigung bei Ausgleich der bis dahin entstandenen Ansprüche sein. Verallgemeinernd lässt sich festhalten, dass Nr. 19 III nicht nur auf Dauerschuldverhältnisse, sondern auch auf vergleichbare Rechtsgeschäfte anwendbar ist, denen eine entsprechende Pflichtenanspannung zugrunde liegt. Der Kündigungsgrund muss nur objektiv vorliegen, nicht jedoch bei Kündigungsausspruch mitgeteilt werden (so ausdrücklich BGH WM 1984, 1635 (1637); BGH, Urteil Az. III ZR 93/76 v. 19.09.1979 Tz. 42, juris, insoweit in NJW 1980, 399 nicht abgedruckt; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 24 Rn. 44; Bunte, AGBBanken Rn. 469; BuB-Gößmann, Rn. 1/596 f.). Diese für den Kunden missliche Rechtslage folgt aus der normativen Wertung in § 314 BGB, bei dem ebenfalls kein Kündigungsgrund angegeben werden muss (MünchKommBGB-Gaier, § 314 Rn 16 m. w. N.) und geht einher mit der Möglichkeit, nicht erklärte Kündigungsgründe, die objektiv bereits vorlagen, nachzuschieben (st Rspr, vgl. BGH WM 1986, 605 (606)). Dem Kunden steht allerdings ein Anspruch zu, den Kündigungsgrund entsprechend dem Rechtsgedanken des § 623 II 3 BGB auf Verlangen zu erfahren (zum Darlehensrecht a. A. OLG Zweibrücken WM 1984, 1635, (1637): nicht verallgemeinerungsfähige Sonderreglung; Ebenroth/ Boujong/Joost-Thessinga, BankR Rn IV/137). Verweigert die Bank die Auskunft über die Kündigungsgründe, wird man sie im Prozess für darlegungs- und beweispflichtig hinsichtlich des Bestehens eines Kündigungsgrundes halten müssen, die Kündigung ist jedoch nicht bereits allein wegen der Nichtangabe des Kündigungsgrundes unwirksam. Eine mangels Vorliegen eines Kündigungsgrundes unwirksame außerordentliche Kündigung kann nach § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung nach Abs. 1 umgedeutet werden (BGH WM 2006, 179 (180)). Betrifft sie den Konto- oder Depotvertrag, wird die Umdeutung jedoch regelmäßig daran scheitern, dass die sechswöchige Kündigungsfrist des Abs. 1 S. 3 nicht eingehalten ist, diese kann durch die Umdeutung nicht überspielt werden (so aber BGH WM 2006, 179 (180); wie hier zutr. Hensen, EWiR 2006, 321 (322)). Nach Nr. 19 III 2, 1. Spiegelstrich ist eine Kündigung aus wichtigem Grund gerechtfertigt, wenn der Kunde unrichtige Angaben über seine Vermögensverhältnisse gemacht hat, die für die Entscheidung der Bank zur Kreditvergabe oder zum Abschluss anderer Verträge, die mit einem Risiko verbunden sind, erheblich waren. Nach dem 2. Spiegelstrich liegt ein wichtiger Grund auch dann vor, wenn sich die Vermögensverhältnisse oder die Werthaltigkeit der Sicherheiten wesentlich verschlechtern und dadurch die Rückzahlung des Darlehens selbst dann gefährdet wird, wenn die Sicherheiten verwertet werden (so wohl auch Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 BGB Rn. 133). Die Verschlechterung und die daraus folgende Beeinträchtigung müssen objektiv vorliegen (BGH WM 1986, 605; KG KGR Berlin 2005, 919 (920); Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. § 310 Rn. 133). Die Bank hat das Vorliegen dieser objektiven Gründe sorgfältig zu prüfen. Es genügt allerdings die drohende Verschlechterung, weshalb die drohende Zahlungsunfähigkeit in aller Regel genügt. Das Abstellen auf objektive Kündigungsgründe hat zur Folge, dass solche Gründe, die im Kündigungszeitpunkt vorgelegen haben, im Laufe eines Rechtsstreits noch nachgeschoben werden können (BGH WM 1985, 1493). Maßgeblich sind aber allein die objektiven Umstände im Zeitpunkt der Kündigungserklä-
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rung. Dies ist namentlich für die Prognose der Bank von Bedeutung, ob die Verwertung der Sicherheiten nicht genügend Erlös bringen wird. Nach dem 3. Spiegelstrich stellt auch die Verletzung der Pflicht nach Nr. 13, in einer angemessenen Frist Sicherheiten zu bestellen oder zu verstärken, einen wichtigen Grund zur Kündigung dar. Es muss also eine Verletzung der Pflicht des Kunden nach Nr. 13 vorliegen. Die Art und Weise der Kündigungserklärung ist in Nr. 19 nicht geregelt. Sie muss klar und eindeutig erfolgen. Ausführlicher zum Ganzen vgl. Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/170 ff; Bunte, AGBBanken Rn. 446 ff. 112
Die Beispiele in Absatz 3 S. 2 sind nicht abschließend. Weitere Gründe zur außerordentlichen Kündigung sind denkbar. Dies ist etwa bei maßloser und querulatorischer Kritik des Kunden am berechtigten Verhalten der Bank der Fall (OLG Köln NJW-RR 1992, 1522) oder wenn der Kunde in den Ruf eines unseriösen oder kriminellen Geschäftgebahrens geraten ist (OLG München WM 1996, 1623; str.). Das behauptete rechtsradikale, verfassungswidrige Verhalten einer Partei ist mit Blick auf Art. 21 II GG für die Kündigung des Girovertrags aus wichtigem Grund erst dann genügend, wenn das BVerfG die Verfassungswidrigkeit festgestellt hat. Unberührt bleibt aber das ordentliche Kündigungsrecht nach Nr. 19 I (BGHZ 154, 146 (149 ff.)). Hingegen soll den Sparkassen und der Postbank die ordentlichen Kündigung wegen der Rechtsform und infolge ihrer Aufgabenerfüllung im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge bzw. der Beteiligung der öffentlichen Hand sowie wegen der Sperrwirkung des Art. 21 II GG bis zu einem Verbot der Partei durch das BVerfG verwehrt sein (BGH ebenda; BGH ZIP 2004, 351 (352)). Dies wird man für die Postbank nach dem Börsengang der Deutschen Post AG im November 2000 als alleiniger Eigentümerin der Postbank AG nicht mehr aufrecht erhalten können, da die Postbank nunmehr einer Privatbank gleichzustellen ist (Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. II/178; Bunte, AGB-Banken Rn.432).
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3. Abwicklung nach einer Kündigung ( Nr. 19 V). Die Abwicklung der Geschäftsbeziehung mit dem Kunden ist in Nr. 19 V nur ansatzweise geregelt. Die Bank wird verpflichtet, dem Kunden zur Abwicklung – insbes. zur Rückzahlung von Krediten – eine angemessene Frist einzuräumen. Nr. 19 V ist damit nur auf die Kündigung nach den Absätzen 2 und 3 anwendbar. Vor Ablauf der angemessenen Frist ist die Bank nicht berechtigt, Verzugsfolgen des gleichwohl fälligen Rückzahlungsanspruchs geltend zu machen. Anders als der Verzugszins ist der vertraglich vereinbarte Zins in diesem Zeitraum jedoch weiterhin zu entrichten.
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III. Die Kündigungsregelung in Nr. 26 AGB-Sparkassen. In den AGB-Sparkassen ist das Kündigungsrecht für den Kunden und für die Sparkasse einheitlich in Nr. 26 geregelt. Gleichwohl werden einige besondere Voraussetzungen für die Kündigung durch die Sparkasse vereinbart. Der erste sachliche Unterschied gegenüber den AGB-Banken besteht darin, dass die Sparkasse bei der ordentlichen Kündigung nicht an eine Frist gebunden ist. Es ist zumindest zweifelhaft, ob die hiergegen mit Blick auf § 307 BGB bestehenden Bedenken durch die Verpflichtung der Sparkasse, bei der Kündigung auf die berechtigten Interessen des Kunden Rücksicht zu nehmen, ausgeräumt werden (a. A. aber Bunte, AGBBanken Rn. 480). Die Sparkasse kann auch aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Organisationsform und der damit verbundenen Verpflichtung zur Erfüllung von Aufgaben in der öffentlichen Daseinsvorsorge in der Kündigung von Girokonten beschränkt sein (vgl. BGH WM 2003, 823 und oben Rn. 108, 112). Einer Inhaltskontrolle halten auch die zusätzlichen wichtigen Gründe für eine außerordentliche Kündigung in Nr. 26 II 3 litt. c, d und e nicht stand. Nach lit. c. genügt für die Kündigung aus wichtigem Grund jede unrichtige Angabe des Kunden über seine Vermögensverhältnisse, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich dabei um eine wesentliche Angabe gehandelt hatte, die für eine
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§ 3 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB-Banken/AGB-Sparkassen)
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Vermögensdisposition der Sparkasse kausal war. Dies ist unangemessen (zu Nr. 17 a. F. AGB-Banken ebenso BGH WM 1985, 999; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 134; v. Westphalen, Rn. 163; a. A. Aden, NJW 1993, 832 (839); BuB-Gößmann Rn. 1/601; Bunte, AGB-Banken Rn. 483). Nach Buchstabe d rechtfertigt jede Zwangsvollstreckungsmaßnahme – etwa eine Kontopfändung wegen eines geringfügigen Betrags nach einem Versäumnisurteil – die außerordentliche Kündigung. Dies hält einer Inhaltskontrolle ebenfalls nicht stand, da ein derart weites Kündigungsrecht unverhältnismäßig ist. Gleiches gilt für die in lit. e genannte Verschlechterung oder Gefährdung der Vermögensverhältnisse des Mitverpflichteten oder des persönlich haftenden Gesellschafters des Kunden sowie der Tod oder ein Wechsel des Letzteren (Ulmer/Brandner/HensenFuchs, Anh. §§ 310 Rn. 134; v. Westphalen, Rn. 164 f.; a. A. Westermann, WM 1993, 1865 (1874); Aden, NJW 1993, 832 (839); BuB-Gößmann Rn. 1/601; Bunte, AGB-Banken Rn. 483). Während Nr. 19 V der AGB-Banken den Kunden eine angemessene Frist für die Abwicklung der gekündigten Geschäftsbeziehung einräumt, stellt Nr. 26 III 1 AGB-Sparkassen alle geschuldeten Beträge sofort fällig. Auch dies erscheint mit Blick auf § 307 BGB nicht unbedenklich (Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 135; anders wohl Bunte, AGB-Banken Rn. 484 mit Fn. 1227). Nr. 27 ordnet schließlich an, dass die AGB-Sparkassen in der Abwicklungsphase fortgelten. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Sparkasse auch noch nach der Kündigung auf ihr AGB-Pfandrecht berufen kann (vgl. Krings, ZBB 1992, 326 (334)). Diese Regelung ist unbedenklich. 20. Einlagensicherungsfonds. (1) Schutzumfang. Die Bank ist dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. angeschlossen. Der Einlagensicherungsfonds sichert alle Verbindlichkeiten, die in der Bilanzposition „Verbindlichkeiten gegenüber Kunden“ auszuweisen sind. Hierzu zählen Sicht-, Termin- und Spareinlagen einschließlich der auf den Namen lautenden Sparbriefe. Die Sicherungsgrenze je Gläubiger beträgt 30% des für die Einlagensicherung jeweils maßgeblichen haftenden Eigenkapitals der Bank. Diese Sicherungsgrenze wird dem Kunden von der Bank auf Verlangen bekannt gegeben. Sie kann auch im Internet unter www.bdb.de abgefragt werden. (2) Ausnahmen vom Einlegerschutz. Nicht geschützt sind Forderungen, über die die Bank Inhaberpapiere ausgestellt hat, wie z.B. Inhaberschuldverschreibungen und Inhabereinlagenzertifikate, sowie Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten. (3) Ergänzende Geltung des Statuts des Einlagensicherungsfonds. Wegen weiterer Einzelheiten des Sicherungsumfanges wird auf § 6 des Statuts des Einlagensicherungsfonds verwiesen, das auf Verlangen zur Verfügung gestellt wird. (4) Forderungsübergang. Soweit der Einlagensicherungsfonds oder ein von ihm Beauftragter Zahlungen an einen Kunden leistet, gehen dessen Forderungen gegen die Bank in entsprechender Höhe mit allen Nebenrechten Zug um Zug auf den Einlagensicherungsfonds über. (5) Auskunftserteilung. Die Bank ist befugt, dem Einlagensicherungsfonds oder einem von ihm Beauftragten alle in diesem Zusammenhang erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Die entsprechende Regelung in den AGB-Sparkassen lautet: Nr. 28. – Schutz der Einlagen. Die Sparkasse ist dem Sicherungssystem2 der Deutschen Sparkassen-Finanzgruppe ange2
Amtl. Anm.: In Nr. 28 der AGB der Landesbanken/Girozentralen wird bereits jetzt auf das „Sicherungssystem“ der Deutschen Sparkassenorganisation Bezug genommen.
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schlossen. Die Sparkasse ist befugt, dem Sicherungssystem oder einem von ihm Beauftragten alle in diesem Zusammenhang erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
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I. Einlagensicherungsfonds (Nr. 20) Mit Nr. 20 AGB-Banken wird klargestellt, dass alle Banken dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken angeschlossen sind. Der Einlagensicherungsfonds ist ein unselbstständiges Sondervermögen dieses Verbandes. Der Fonds schützt die in Nr. 20 Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 näher bestimmten Einlagen von Nichtkreditinstituten. Nr. 20 dient in erster Linie der Information des Kunden. Hierzu ist die Bank nach § 23 a I 2 KWG verpflichtet. Soweit ein derartiger Hinweis nicht bereits in den Kontoeröffnungsunterlagen erfolgt, wird dieser Verpflichtung durch Nr. 20 Genüge getan. Der Inhalt von Nr. 20 wurde durch die Novelle der AGB-Banken 2002 geändert und übersichtlicher gegliedert (vgl. zu den Einzelheiten Becher/Gößmann, BKR 2002, 519 (525)).
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Besonderer Hervorhebung bedarf allein Nr. 20 III, der wegen der Einzelheiten des Sicherungsumfangs auf § 6 des Statuts über den Einlagensicherungsfonds verweist (abgedr. bei Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, Anh. 4 zu §§ 4-25). Von Interesse ist insoweit § 6 X des Statuts. Dieses stellt klar, dass der Kunde der Bank gegen den Bundesverband keinen vertraglichen Anspruch auf Entschädigung erwirbt. Mit der Neuregelung der Nr. 20, die nunmehr ausdrücklich auf § 6 X des Statuts verweist, dürfte der gegenteiligen Auffassung zu den Vorläuferfassungen (Canaris, Rn. 2725: Vertrauenshaftung; Wolf/ Horn/Lindacher-Horn, § 23 Rn. 779: vertragliche Verpflichtung des Bundesverbandes durch die Bank zumindest mittels Anscheinsvollmacht) der Boden entzogen sein (offen lassend jetzt Heymann-Horn, Anh. § 372 Rn. IV/50). Bedeutung erlangt diese Frage vor allem dann, wenn die Mittel des Fonds nicht ausreichen sollten und der Bundesverband zur anteilsmäßigen Befriedigung gezwungen ist. Insoweit ist der Fonds allerdings dem Gebot der Gleichbehandlung unterworfen (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 25 Rn. 21 ff. m. w. Einzelheiten zu Nr. 20 AGB-Banken sowie ferner BuB-Weber Rn 1/ 609 ff.). Nach Abs. 5 ist die Bank befugt, dem Fonds erforderliche Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Dies ist unter dem Gesichtspunkt des Bankgeheimnisses unbedenklich, da der Fonds zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Andererseits ist diese Regelung nicht verallgemeinerungsfähig, vgl. bereits oben Rn. 11. Die Genossenschaftsbanken haben keine Einlagensicherung, sondern eine Institutssicherung eingerichtet, weshalb Nr. 20 der AGB-Volksbanken einen anderen Wortlaut hat (zu den Details vgl. Bunte, AGB-Banken Rn. 526).
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Nr. 28 AGB-Sparkassen beschränkt sich demgegenüber in Satz 1 auf den Hinweis, dass die Sparkassen dem Sicherungssystem der Deutschen Sparkassen-Finanzgruppe angeschlossen sind. Dies genügt der Informationspflicht nach § 23 a I 2 KWG nicht, weshalb dieser Hinweis zwingend bei Kontoeröffnung zu erfolgen hat (zust. Ulmer/Brandner/ Hensen-Fuchs, Anh. §§ 310 Rn. 136). Der 2005 neu eingefügte Satz 2 entspricht Nr. 20 V AGB-Banken (vgl. dazu Rn. 117).
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J. Sonderbedingungen Die AGB-Banken enthalten nach der Konzeption von 1993 nur noch Grundregeln für solche Bankgeschäfte, die von allen Kunden in Anspruch genommen werden. Für spezielle Bankgeschäfte gibt es zahlreiche Sonderbedingungen, die die Einzelheiten dieser einzelnen Bankvertragstypen ausgestalten. Diese Sonderbedingungen müssen bei dem erstmaligen Abschluss des jeweiligen Geschäfts wirksam einbezogen werden (vgl. bereits oben Rn. 7). Die Sonderbedingungen können hier nur aufgelistet werden, auf ihre Ein-
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zelheiten ist weiter unten bei den einzelnen besonderen Geschäftstypen – soweit erforderlich – näher einzugehen: – Bedingungen für den Scheckverkehr (abgedruckt bei Baumbach/Hefermehl/Casper WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Bankbedingungen Nr. 2, 6, 9; dazu Bunte, AGB-Banken S. 275 ff.; Bülow, WG/SchG AGB II) – Bedingungen für den ec-/Maestro-Service (abgedruckt bei Baumbach/Hefermehl/Casper WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Bankbedingungen Nr. 3, 5, 10; dazu Bunte, AGB-Banken S. 319 ff.) – Bedingungen für den Sparverkehr (dazu Bunte, AGB-Banken S. 381 ff.). – Bedingungen für den Überweisungsverkehr (ZBB 2002, 60; dazu Koch, ZBB 2002, 57; Bunte, AGB-Banken S. 405 ff.) – Sonderbedingungen für den Lastschriftverkehr – Bedingungen für das Online-Banking (dazu Bunte, AGB-Banken S. 453 ff.) – Bedingungen für die konto- /depotbezogene Nutzung des Onlinebankings mit elektronischer Signatur (dazu Bunte, AGB-Banken S. 497 ff.) – Bedingungen für das Wertpapiergeschäft (dazu Bunte, AGB-Banken S. 515 ff.) – Bedingungen für Geschäfte an den deutschen Wertpapierbörsen – Sonderbedingungen für Termingeschäfte – Sonderbedingungen für Wertpapierleihgeschäfte im Wertpapier-Leihgeschäft der Deutschen Börse Clearing AG – Bedingungen für die Annahme von Verwahrstücken (dazu Bunte, AGB-Banken S. 597 ff.) – Bedingungen für die Vermietung von Schrankfächern (dazu Bunte, AGB-Banken S. 607 ff.) – Einheitliche Richtlinien für Inkassi (abgedruckt bei Baumbach/Hefermehl/Casper WG/SchG, 23. Aufl. 2007, Bankbedingungen Nr. 15) – Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive – Bedingungen für Anderkonten und Anderdepots von Rechtsanwälten (s. dazu Bunte, AGB-Banken S. 613 ff.) – Bedingungen für Anderkonten und Anderdepots von Patentanwälten – Bedingungen für Anderkonten und Anderdepots von Notaren – Bedingungen für Anderkonten und Anderdepots von Angehörigen der öffentlich bestellten wirtschaftsprüfenden und steuerberatenden Berufe (Treuhänder) Daneben gibt es zahlreiche nicht vereinheitlichte Sonderbedingungen für einzelne Geschäftsarten wie etwa das Telefonbanking. Weiterhin finden sich vereinheitlichte Geschäftsbedingungen für die sektorspezifischen Banken. Der Hervorhebung bedürfen insoweit die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB), da diese in der Praxis besondere Bedeutung erlangt haben. Sie regeln den Vertragsschluss, die Zuteilung und Auszahlung der Bausparsumme sowie die Kontoführung, Tilgung, Zinsen und Entgelte, ferner die Bestellung von Sicherheiten und schließlich die Kündigung des Bausparvertrages. Damit sind die wesentlichen Aspekte, die auch in den AGB-Banken und AGBSparkassen geregelt sind, mit Rücksicht auf die Besonderheiten im Bausparkassengeschäft (vgl. hierzu näher § 17) erfasst. Wegen der Einzelheiten ist auf das Spezialschrifttum (v. Westphalen-Pfeiffer, Allgemeine Bausparbedingungen; Wolf/Horn/Lindacher-Horn, § 23 Rn. 420-445; Brüggemeier/Friele, ZBB 1992, 137) zu verweisen.
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K. Prozessrecht
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Die gerichtliche Überprüfung der AGB-Banken/Sparkassen sowie der Sonderbedingungen kann auf zwei Ebenen erfolgen. Zum einen kann dies im Individualprozess des
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Kunden gegen seine Bank geschehen. Ein derartiges Urteil entfaltet nur Wirkung zwischen den Parteien. Die Bank ist also nicht gehindert, die im Individualprozess verworfene Klausel weiterzuverwenden. Sie wird dies in aller Regel auch bis zur nächsten Änderung der Musterempfehlungen der AGB- Banken (siehe oben Rn. 1) tun. Diesen Nachteil vermeidet das Verbandsklageverfahren (zu dessen Effizienz siehe etwa Hensen, FS P. Ulmer, 2003, S. 1135). Dieses ist seit der Schuldrechtsreform im Unterlassungsklagegesetz geregelt, das eigentlich die §§ 13–21 des AGB-Gesetzes unverändert übernehmen sollte. Die gleichwohl bei der Transformation entstandenen Probleme und Einzelheiten sind nicht spezifisch bankrechtlicher Natur und brauchen deshalb an dieser Stelle nicht näher vertieft zu werden (vgl. dazu etwa Löwe, ZIP 2003, 12).
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§ 4 Aufklärungs- und Beratungspflichten
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§ 4 Aufklärungs- und Beratungspflichten
Schrifttum Arendts, Die Haftung für fehlerhafte Anlageberatung, 1998; Binder, Aufklärungs- und Beratungspflichten bei der Finanzierung von Kapitalanlagen und Immobilien, RWS-Forum 17, 2000, S. 279; Brandt, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute bei der Kapitalanlage, 2002; Brocker, Aufklärungspflichten der Bank bei Innenprovisionsgestaltungen, BUR 2007, 365; Bruchner, Bankenhaftung bei fremdfinanziertem Immobilienerwerb, WM 1999, 825; Bruske, Beweiswürdigung und Beweislast bei Aufklärungspflichtverletzungen im Bankrecht, 1994; Canaris, Die Schadensersatzpflicht der Kreditinstitute für eine unrichtige Finanzierungsbestätigung als Fall der Vertrauenshaftung, FS Schimansky, 1999, S. 43; Wandlungen des Schuldvertragsrechts, AcP 200 (2000), 273; Derleder, Zur Frage der Anwendbarkeit der Haustürwiderrufsrichtlinie bei Verträgen über Immobilien, BKR 2005, 442; „Schrottimmobilien“Aufarbeitung in Karlsruhe – Das Ende eines Schismas, NZM 2006, 449; Trennungsprinzip und Täuschungsabwehr – Die neue Linie des Bundesgerichtshofs gegenüber dem finanzierten Immobilienfondsanteilserwerb, ZfIR 2006, 489; Der Verbraucherschutz für Schrottimmobilienerwerber und die Umsetzung der europarechtlichen Widerrufsregelungen, ZBB 2006, 375; Die Rechte des Schrottimmobilienerwerbers zwischen Überrumpelungs- und Täuschungsschutz, ZfIR 2007, 257; Die prozessuale Pflicht zur Urkundenvorlage durch die nicht beweisbelastete Partei – Eine neue Wegmarke in der Rechtsentwicklung zu den Schrottimmobilien, ZfIR 2008, 284; Faßbinder, Innerbetriebliches Wissen und bankrechtliche Aufklärungspflichten, 1998; Fischer, Neue Entwicklungen in der Haftung für Rat und Auskunft, RWS-Forum 1, 1987, S. 95; Früh, Die Aufklärungspflichten von Kreditinstituten bei der Kreditvergabe, WM 1998, 2176; Zur Bankenhaftung bei Immobilien-Kapitalanlagen, ZIP 1999, 701; Fuellmich/Rieger, Die Haftung der Banken für massenhaft fehlerhafte Treuhandmodellfinanzierungen, ZIP 1999, 465; Habersack, Finanzierter Grundstücks- und Anteilserwerb im Wandel – Geklärtes und Ungeklärtes nach den Urteilen des XI. Zivilsenats des BGH vom 25.4. und 16.5.2006, BKR 2006, 305; Hadding, Zur Abgrenzung von Unterrichtung, Aufklärung, Auskunft, Beratung und Empfehlung als Inhalt bankrechtlicher Pflichten, FS Schimansky, 1999, S. 67; Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute, 1993; Heinsius, Pflichten und Haftung der Kreditinstitute in der Anlageberatung, ZBB 1994, 47; v. Heymann, Die neuere Rechtsprechung zur Bankenhaftung bei ImmobilienKapitalanlagen, NJW 1999, 1577; Hofmann, Aufklärungspflichten der Kreditinstitute über das Finanzierungsmodell beim Immobilienerwerb unter Ausnutzung von Steuervorteilen („Steuersparmodelle“), ZBB 2005, 174; Die Belehrungspflichten bei kreditfinanzierten Anlagemodellen: Die neue BGH-Rechtsprechung zu institutionalisiertem Zusammenwirken, WM 2006, 1847; Hopt, Funktion, Dogmatik und Reichweite der Aufklärungs-, Warn- und Beratungspflichten der Kreditinstitute, FS Gernhuber, 1993, S. 169; Haftung der Banken bei der Finanzierung von Publikumsgesellschaften und Bauherrenmodellen, FS Stimpel, S. 265; Horn, Die Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, ZBB 1997, 139; Der Ausschluß von Aufklärung und Beratung im Anlegerschutzrecht, FS Schimansky, 1999, S. 653; Anlageberatung im Privatkundengeschäft der Banken, WM 1999, 1; Jungmann, Zukunft der Schrottimmobilienfälle und Schrottimmobilienfälle der Zukunft, WM 2006, 2193; Schadensersatzansprüche in Schrottimmobilienfällen, NJW 2007, 1562; Kahl/Essig, Staatshaftung der Bundesrepublik Deutschland in den Fällen sog. „Schrottimmobilien“, WM 2007, 525; Knops, Der Widerruf von Krediten zum Immobilienerwerb nach der Richtlinie 85/577/EWG und dem Haustürwiderrufsgesetz, WM 2006, 70; Kothe, Die Schlüsselrolle der Aufklärungspflicht, ZBB 1989, 130; Kübler, Anlageberatung durch Kreditinstitute, ZHR 145 (1981), 204; Kulke, Aufklärungspflichten im Anlegerschutz und Folgen ihrer Verletzung, VuR 2007, 108; Lang, Die Beweislastverteilung im Fall der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten bei Wertpapierdienstleistungen, WM 2000, 450; Einmal mehr: Berufsrecht, Berufspflichten und Berufshaftung, AcP 201 (2001), 451; Institutionelles Zusammenwirken zwischen Bank und Vermittler/Verkäufer bei finanzierten Immobilienanlagen, WM 2007, 1728; Lechner, Neues von den „Schrottimmobilien“, NZM 2007, 145; Mayen, Aufklärungspflichten bei neuen Kreditformen, WM 1995, 913; Martis, Aufklärungspflichten der Banken im Rechtsprechungsüberblick, MDR 2005, 788; Mediger, Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz bei sogenannten Schrottimmobilien, ZfIR 2008, 406; Micklitz, Legitime Erwartungen als Gerechtigkeitsprinzip des europäischen Privatrechts, FS Reich, 1997, S. 245; Möllers/Leisch, Neuere Gesetze und Rechtsprechung zur bank- und kapitalmarktrechtlichen Informationshaftung, JZ 2000, 1085; Mülbert, Anlegerschutz bei Zertifikaten – Beratungspflichten, Offenlegungspflichten bei Interessenkonflikten und die Änderungen durch das Finanzmarkt-
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Richtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG), WM 2007, 1149; Nobbe, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu fehlgeschlagenen Immobilienfinanzierungen, WM-Sonderbeilage Nr. 1/2007; Puszkajler/ Weber, Wann haftet ein Bankberater für seine Empfehlungen an einen Depotkunden?, ZIP 2007, 401; Richrath, Aufklärungs- und Beratungspflichten – Grundlagen und Grenzen, WM 2004, 653; Rümker, Haftung der Bank aus der Finanzierung von Bauherrenmodellen und geschlossenen Immobilienfonds-Modellen, ZHR 151 (1987), 160; Sauer/Wittemann, Die neuere Rechtsprechung zu steuerbegünstigten Immobilienfinanzierungen, BKR 2008, 1; Schäfer, Allgemeine Aufklärungs- und Beratungspflichten – vor einer Wende? RWS-Forum 12, 1998, S. 27; Schimansky, Bankvertragsrecht und Privatautonomie, WM 1995, 461; Siegmann, Zur Stellung der Kreditinstitute nach der Finanzierung strukturvertriebener Immobilienkapitalanlagen, VuR 2007, 368; Singer, Vertragsfreiheit, Grundrechte und der Schutz des Menschen vor sich selbst, JZ 1995, 1133; Aufklärungspflichten im Konsumentenkreditgeschäft, ZBB 1998, 141; Siol, Aufklärungspflichten im Bankrecht bei Immobilienanlagen, DRiZ 2006, 223; Späth, „Schrottimmobilien“: Droht der Bundesrepublik Deutschland die Staatshaftung?, ZfIR 2007, 568; Spickhoff/Petershagen, Bankenhaftung bei fehlgeschlagenen Immobilienerwerber-Treuhandmodellen, BB 1999, 165; Steuer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung – eine unendliche Geschichte, FS Schimansky, 1999, S. 793; Streit, Erfüllungsgehilfenhaftung der Kreditinstitute für Vermittler von Immobilienanlagen?, ZIP 1999, 477; Stüsser, Bankenhaftung bei gescheiterten Immobilien-Treuhandmodellen, NJW 1999, 1586; K. Tonner/M. Tonner, Risikofreistellung bei fehlender Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag – Zu den Konsequenzen der EuGH-Urteile „Schulte“ und „Crailsheimer Volksbank“ für das nationale Recht, WM 2006, 505; Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, 8. Aufl. 2006; Aufklärungs- und Beratungspflichten bei grenzüberschreitenden Bankdienstleistungen, WM 1993, 581; Weichert/Wenninger, Die Neuregelung der Erkundigungs- und Aufklärungspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen gem. Art. 19 RiL 2004/39/EG (MiFID) und Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, WM 2007, 627; Wellkamp, Aufklärungspflichten der Kreditinstitute im Kreditgeschäft, VuR 1994, 61; Wittmann, Beweisfragen bei (quasi-)vertraglichen Schadensersatzansprüchen von Kapitalanlegern wegen fehlerhafter Anlageinformation im Rahmen von steuerbegünstigten Kapitalanlagen, FS Baumgärtel, 1990, S. 637; Wunderlich, Warnpflichten der Bank beim Cash-Management, BKR 2005, 387.
Inhaltsübersicht A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I. Dogmatische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Beratungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2. Verletzung einer vorvertraglichen Pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 3. Vertrauenshaftung und Berufshaftung . . 8 4. Deliktsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 II. Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1. Information und Auskunft . . . . . . . . . . 11 2. Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3. Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4. Empfehlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 5. Erkundigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 6. Warnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 7. Schriftliche Dokumentation . . . . . . . . . 17 III. Konkretisierung von Aufklärungs- und Beratungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1. Verallgemeinerung für alle Bankgeschäfte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2. Das Prinzip von Wahrheit, Klarheit, Vollständigkeit und Verständlichkeit . . 22 3. „Know-your-custumer“-Prinzip . . . . . . 25 IV. Durchführung der Aufklärung. . . . . . . . . . 30 1. „Know your merchandise“ . . . . . . . . . . 30 2. „Know your customer“ . . . . . . . . . . . . . 33 V. Verschulden und Mitverschulden . . . . . . . 35 VI. Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 VII. Kausalität und Schutzzweck . . . . . . . . . . . 39 1. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2. Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Verjährung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Haftungsfreizeichnung . . . . . . . . . . . . . . . B. Aufklärungs- und Beratungspflichten bei einzelnen Bankgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kreditgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kreditgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kreditverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Aufklärungspflichten bei einzelnen Kreditgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anlageberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kontoverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kontoeröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kontoführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kontovollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kreditsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bürgschaft und Schuldmitübernahme . 2. Andere Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verwertung von Sicherungsgut. . . . . . . V. Zahlungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überweisungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . 2. Lastschriftverkehr. . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Scheckverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Beweislast, prozessuale Fragen . . . . . . . . . . . . . I. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . 1. Pflichtverletzung und Schaden . . . . . . . 2. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Prozessuale Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 4 Aufklärungs- und Beratungspflichten
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Stichwortverzeichnis Anlageberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Aufnahme von Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . 7 Auskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Baufinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Bauherrenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Beratungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Berufshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Bürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Darlegungslast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Empfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Erfüllungsgehilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35, 58 Erkundigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Ersterwerbermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Gefährdungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Geschäftsunerfahrenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Gesetzliche Prospektpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Haftungsfreizeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Immobilienerwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Innenprovision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Institutionalisiertes Zusammenwirken……..49, 57, 59 Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Intransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39, 83 Klarheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 „know your customer“-Prinzip . . . . . . . . . . . . 25, 33 „know your merchandise“-Prinzip . . . . . . . . . . . . . 30 Konkreter Wissensvorsprung . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Kontoeröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Kontoführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Kontoverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Kontovollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Kreditgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Kreditsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Kreditverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Lastschriftverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Mitverschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37, 84 Prozessuale Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Rolle der Bank als Kreditgeber . . . . . . . . . . . . . . . 52 Sachwalterhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Schadensersatz wegen Nichterfüllung . . . . . . . . . . . 5 Scheckverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Schrottimmobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Schriftform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Schuldmitübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Schutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Sicherungsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Trennungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Treuhandmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Überweisungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Umschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Verbundene Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Verständlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Vertrauenshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Vorvertragliche Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Wahrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Warnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Wohlverhaltensrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Zahlungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
A. Grundlagen
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I. Dogmatische Einordnung. Auskunfts- und Beratungspflichten können entweder Hauptpflichten der Bank gegenüber ihrem Kunden aus einem Beratungsvertrag sein, oder es kann sich um Pflichten handeln, die im Rahmen der Vertragsanbahnung eines spezifischen Bankvertrags, etwa eines Darlehensvertrags, eines Kontoeröffnungsvertrags oder eines Vertrags über den Erwerb eines Wertpapiers entstehen (vgl. zur Abgrenzung Siol, DRiZ 2006, 223 f.). Da im letzteren Fall die Pflichten zu einem Zeitpunkt relevant werden, zu dem der Vertrag noch nicht geschlossen ist, handelt es sich regelmäßig um vorvertragliche Pflichten gem. §§ 241 II, 280 I, 311 II BGB (culpa in contrahendo). 1. Beratungsvertrag. Ein Beratungsvertrag kann unentgeltlich oder entgeltlich sein. Ein unentgeltlicher Beratungsvertrag ist ein Auftrag, auf den die §§ 662 ff. BGB zur Anwendung kommen, während ein entgeltlicher Beratungsvertrag als Geschäftsbesorgung, die einen Dienstvertrag zum Gegenstand hat, einzuordnen ist, § 675 BGB (Palandt-Sprau § 675 Rn. 9). Das Entgelt muss sich auf die Beratung selbst beziehen, nicht auf das in Aussicht genommene Geschäft. Eine unentgeltliche Beratung ist ein Indiz dafür, dass kein eigenständiger Beratungsvertrag abgeschlossen wurde, sondern lediglich Beratungen in der Vertragsanbahnungsphase eines Bankgeschäfts vorgenommen wurden, während umgekehrt ein Entgelt für die Beratung für einen eigenen Beratungsvertrag spricht. Ein eigenständiger, gleichwohl unentgeltlicher Beratungsvertrag ist aber auch vorstellbar. Der Beratungsvertrag kommt formlos zustande, auch durch stillschweigende Willenserklärungen (Vortmann, Rn. 20). Dadurch wird die Abgrenzung zu den Beratungspflichten
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im Rahmen der Vertragsanbahnung eines spezifischen Bankvertrags fließend. Man kann darauf abstellen, ob die Beratung sich zeitlich von den Verhandlungen über den in Aussicht genommenen Vertrag abgrenzen lässt. Die Beratung darf nicht Teil des Verkaufsgesprächs über das Bankgeschäft sein, sondern muss sich von diesem unterscheiden lassen. Die Beratung muss zur Vorbereitung des eigentlichen Verkaufsgesprächs dienen. Im Zweifel wird eine derartige Trennung nicht festgestellt werden können, so dass ein eigenständiger Beratungsvertrag ausscheidet und es bei den Pflichten aus culpa in contrahendo des in Aussicht genommenen Bankgeschäfts bleibt. Für einen eigenständigen Beratungsvertrag müssen deutliche Indizien vorliegen, die über die jedem Verkaufsgespräch immanente Beratung hinausgehen. Aus einem Wertpapierdepotvertrag allein folgt beispielsweise jedenfalls keine Pflicht der Bank zu laufender Beratung (BGH NJW 2005, 1113 (1114 m .w. N.). 4
Die Rechtsprechung ist freilich wesentlich großzügiger mit der Annahme eines Beratungsvertrags. Es reicht allein die Aufnahme eines Beratungsgesprächs, sofern dies eine konkrete Anlageentscheidung des Kunden zum Gegenstand hat (BGHZ 123, 126 (128); BGH NJW 2007, 1362 (1363); NJW-RR 2007, 348). Diese Urteile sollten nicht über Anlegergeschäfte hinaus verallgemeinert werden, denn es ist nicht sinnvoll, Beratungs- und Informationspflichten, die fast allen Verträgen immanent sind, aus diesen auszukoppeln und in selbständige Beratungsverträge zu verlagern, dies umso weniger, als Vertragspflichten im Zuge der Vergemeinschaftung des Vertragsrechts immer stärker mit Informationspflichten durchsetzt werden, auch und gerade im Bankvertragsrecht (vgl. zum Einfluss des Gemeinschaftsrechts unten Rn. 23 sowie Weichert/Wenninger, WM 2007, 627; Mülbert, WM 2007, 1149). Freilich schränkt auch die Rechtsprechung den konkludent geschlossenen Beratungsvertrag ein; ein gezielter Auftrag des Kunden zum Kauf bestimmter Wertpapiere soll nicht ausreichen (BGH WM 1996, 906; vgl. zum Beratungsvertrag auch Horn, ZBB 1997, 139 (143 f.); Lang, AcP 202 (2002), 451 (555 f.)).
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Letztlich spielt die Unterscheidung keine große Rolle. Sowohl die Verletzung einer vorvertraglichen Pflicht als auch die Verletzung eines Beratungsvertrags durch Nichterfüllung von Beratungs- und Aufklärungspflichten führt zu einem Schadensersatzanspruch nach § 280 I BGB. Ein Unterschied besteht darin, dass der Kunde im Falle der Nichterfüllung eines Beratungsvertrags Schadensersatz statt der Leistung gem. § 281 BGB verlangen und letztlich gem. § 323 BGB vom Beratungsvertrag zurücktreten kann, während die vorvertragliche Pflichtverletzung nur unter den Voraussetzungen des § 282 BGB zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung führt, doch dürfte dies für die Praxis keine sehr große Bedeutung haben, da es regelmäßig um Schadensersatzansprüche neben der Leistung gem. § 280 I BGB geht.
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2. Verletzung einer vorvertraglichen Pflicht. Durch die Schuldrechtsreform wurde die culpa in contrahendo in § 311 II und III BGB kodifiziert. Die beiden Absätze enthalten drei Fallgruppen der culpa in contrahendo und in § 311 II Nr. 3 BGB eine Öffnungsklausel für weitere Fallgruppen („ähnliche geschäftliche Kontakte“). Die gesetzlichen Fallgruppen bedürfen der Ausfüllung durch die bisherige Rechtsprechung, so dass eine Rechtsänderung insoweit nicht eingetreten ist (PWW-Medicus, § 311 Rn. 34).
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Für Bankgeschäfte ist in erster Linie § 311 II Nr. 1 BGB relevant, die Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Dazu genügen einseitige (Werbe-)Maßnahmen der Bank, die den Kunden zum Vertragsschluss veranlassen sollen, auch unrichtige Prospekte (MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 70; Palandt-Grüneberg, § 311 Rn. 9). In Betracht kommt auch die Sachwalterhaftung nach § 311 III BGB, wenn entweder die Bank nicht selbst Vertragspartner werden soll, sondern für eine im Hintergrund stehende Person ver-
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handelt, aber als Sachwalter in Anspruch genommen wird, oder wenn eine andere Person als Sachwalter für die Bank auftritt und diese Person, etwa ein Anlageberater oder -vermittler, nicht die Bank, in Anspruch genommen wird. Zu den einzelnen Voraussetzungen der Sachwalterhaftung ausführlich MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 244 ff. 3. Vertrauenshaftung und Berufshaftung. Als Grundlage für die Haftung aus culpa in contrahendo gilt nach einer auf Canaris zurückgehenden Lehre in Anspruch genommenes Vertrauen (Canaris, Vertrauenshaftung, 1971; AcP 200 (2000), 273 (304 ff.)). Dieser nicht unbestrittenen Lehre ist zuzustimmen (ebenso Richrath, WM 2004, 653 (654); kritisch dagegen z. B. MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 61). Die Bank nimmt Vertrauen dadurch in Anspruch, dass sie ihr Leistungsangebot bereit hält. Man kann auch davon sprechen, dass sie „legitime Erwartungen“ des Kunden weckt (zum Konzept der legitimen Erwartungen Micklitz, FS Reich, S. 245 ff.). Andere Auffassungen stehen nicht in Widerspruch zu dem Konzept der Vertrauenshaftung, sondern nehmen eher notwendige Eingrenzungen und Fallgruppenbildungen vor. Das gilt auch für die Lehre von der Berufshaftung, die für die Bankenhaftung im Rahmen von culpa in contrahendo besonders aussagekräftig ist (Lang, AcP 202 (2002), 451 (577: kein Gegensatz)). Die Lehre von der Berufshaftung hat den Vorteil, dass sie professionelles Handeln und das Werben mit professionellem Handeln als Grundlage für eine Haftung ansieht und mit beruflichen Standards Haftungsmaßstäbe bereit hält.
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4. Deliktsrecht. Neben vertraglichen kommen auch deliktische Ansprüche wegen einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung in Betracht. Dabei ist an eine Schutzgesetzverletzung gem. § 823 II BGB zu denken, wobei streitig, aber wohl zu bejahen ist, ob die §§ 31, 32 WpHG Schutzgesetze im Sinne dieser Vorschrift sind (für § 32 II Nr. 1 WpHG ablehnend jetzt BGH NJW 2008, 1734). In Betracht kommen auch Ansprüche aus § 826 BGB (vgl. BGH NJW 2008, 1734 (1737); OLG Celle ZGS 2007, 152; Vortmann, Rn. 68). Für den Schädigungsvorsatz reicht es aus, wenn pflichtwidrig Auskünfte ins „Blaue hinein“ gegeben werden (BGH NJW 1986, 180 (181) für einen Steuerberater).
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II. Begriffe. Der Begriff der Aufklärungs- und Beratungspflichten ist zu allgemein, als dass er ohne weitere Konkretisierung für eine beliebige Auffüllung durch Fallgruppen verwendet werden könnte und sollte. Vielmehr müssen im Interesse der Vorhersehbarkeit der Fallgruppenbildung auf abstrakter Ebene Unterbegriffe gebildet werden, die sich präziser fassen lassen und ihrerseits der Fallgruppenbildung durch die Rechtsprechung offen stehen. Es bietet sich an, zu diesem Zweck im Anschluss an die Literatur (Horn, ZBB 1997, 139 (140 f.); Hadding, FS Schimansky, S. 67 (72 ff.)) an die Begriffe Information, Auskunft, Aufklärung, Beratung, Empfehlung, Erkundigung und Warnung anzuknüpfen.
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1. Information und Auskunft. Hierbei handelt es sich um die Mitteilung von Tatsachen. Eine Information (Synonym: Unterrichtung) erfolgt vielfach nicht auf Verlangen des Kunden, sondern aus eigenem Antrieb der Bank. Immer wichtiger werden in diesem Zusammenhang gesetzliche Informationspflichten, die auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften im Detail geregelt sind, etwa in § 492 BGB in Umsetzung der Verbraucherkredit-Richtlinie für das Verbraucherdarlehen oder im WpHG in Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) durch das zum 1.11.2007 in Kraft getretene Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG). Die Finanzmarkt-Richtlinie löst die aus dem Jahr 1993 stammende Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie ab und enthält umfangreiche und detaillierte Wohlverhaltenspflichten, insbesondere gegenüber Kleinanlegern, zu deren Kernelementen die bislang in § 31 Abs. 2 WpHG a. F. verorteten Erkundigungs- und Aufklärungspflichten gehören. Die MiFID regelt diese Pflichten von
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Wertpapierdienstleistungsunternehmen neu und geht weit über den durch die Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie geschaffenen Standard hinaus. In Art. 19 III schreibt die Richtlinie vor, dass Kunden „in verständlicher Form angemessene Informationen zur Verfügung zu stellen“ sind, „so dass sie nach vernünftigem Ermessen die genaue Art und die Risiken der Wertpapierdienstleistungen (…) verstehen können und somit auf informierter Grundlage Anlageentscheidungen treffen können“. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vorgabe in § 31 III WpHG fast wortwörtlich übernommen (zu den Details der Neuregelung vgl. Weichert/Wenninger, WM 2007, 627; Mülbert, WM 2007, 1149). In Abgrenzung zur Information ist die Auskunft die Beantwortung einer vom Kunden gestellten Frage. 12
2. Aufklärung (vgl. Canaris, Rn. 111; Vortmann, Rn. 2 f.). Auch die Aufklärung ist eine Mitteilung von Tatsachen. Im Gegensatz zur bloßen Information oder Auskunft werden jedoch nicht nur einzelne Tatsachen mitgeteilt, sondern ein systematischer, auf den Vertragsgegenstand bezogener Tatsachenzusammenhang, dessen Umfang vom Wissensstand des Kunden abhängt. Ziel der Aufklärung muss sein, dass dem Kunden zusätzliche Klarheit (Hadding, FS Schimansky, S. 67 (74)) über den Vertragsgegenstand verschafft wird. Es liegt daher in der Verantwortung der Bank zu entscheiden, über welche Tatsachen im Einzelnen ein bestimmter Kunde aufzuklären ist.
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3. Beratung. Die Beratung enthält neben der Mitteilung von Tatsachen auch deren Bewertung, was der Bank einen Ermessensspielraum eröffnet. Dem Kunden muss eine begründete Handlungsoption unterbreitet werden. Dabei sind in der Regel Alternativen aufzuzeigen. Aus dem Rat wird eine Beratung, wenn sie aus gemeinsamen Überlegungen, einer Besprechung, resultiert (Hadding, FS Schimansky, S. 67 (74 f.)).
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4. Empfehlung. Eine Empfehlung ist ein gesteigerter Rat. Die Beratung verengt sich auf eine Alternative; dem Kunden wird eine bestimmte Handlung nahegelegt. Die Bank übernimmt für den Kunden eine Auswahl. Die Empfehlung bezieht sich nicht nur auf den empfohlenen Gegenstand oder die Leistung, sondern berücksichtigt dabei auch die Situation des Kunden. Die Empfehlung ist grundsätzlich individuell, nicht standardisiert. Bei der Empfehlung scheint der „know-your-customer“-Grundsatz durch (unten Rn. 25).
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5. Erkundigung (vgl. Horn, ZBB 1997, 139 (141)). Die Erkundigung ist erst recht Ausdruck des „know your customer“-Prinzips. Die Bank kann verpflichtet sein, den Wissensstand und die Risikobereitschaft, u. U. auch die Leistungsfähigkeit des Kunden zu erkunden, und zwar in dessen Interesse.
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6. Warnung. Die Warnung ist ein Unterfall der Information, d. h. sie erfolgt meistens, aber nicht notwendigerweise ohne Anfrage des Kunden. Gewarnt wird vor einer drohenden Ge-fahr, einem drohenden Nachteil (Vortmann, Rn. 7 ff.; Hadding, FS Schimansky, S. 67 (73); Horn, ZBB 1997, 139 (141)). Der Begriff der Warnung selbst impliziert nicht, ob und wann die Bank warnen muss.
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7. Schriftliche Dokumentation. Nach der jüngsten Rechtsprechung haben Kreditinstitute keine Pflicht oder Obliegenheit zur schriftlichen Dokumentation der Erfüllung ihrer Beratungs- und Aufklärungspflichten gegenüber Kapitalanlegern (BGHZ 166, 56 = NJW 2006, 1429). Zur Darlegungs- und Beweislast vgl. unten Rn. 81 ff.
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III. Konkretisierung von Aufklärungs- und Beratungspflichten. 1. Verallgemeinerung für alle Bankgeschäfte? Da Aufklärungs- und Beratungspflichten von der Rechtsprechung entwickelt wurden, sind sie notwendigerweise auf einzelne Bankvertragstypen bezogen. Es wäre Aufgabe der Lehre, aus den einzelnen Aufklärungs- und Beratungspflichten verallgemeinernde Schlussfolgerungen zu ziehen und ein für alle geltendes System derartiger Pflichten zu entwickeln. Anerkannte Systeme dieser Art existieren aber
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nicht, wobei dahin gestellt bleiben kann, ob es überhaupt möglich ist, die Auskunfts- und Beratungspflichten über die einzelnen Vertragstypen hinaus zu verallgemeinern. Bezogen auf den gegenwärtigen Stand von Rechtsprechung und Literatur ist jedenfalls festzuhalten, dass eine vertragstypenübergreifende Verallgemeinerung von Aufklärungspflichten nicht oder höchstens sehr allgemein erfolgt und deswegen grundsätzlich bei den einzelnen Vertragstypen anzusetzen ist. Es ist also nicht möglich, die oben erläuterten Begriffe Auskunft, Aufklärung, Beratung, Empfehlung und Warnung auf einer allgemeinen Ebene in Pflichten umzusetzen. Wann eine Auskunftspflicht oder eine Warnpflicht besteht, wann eine Bank bei einer Beratung das ihr zustehende Ermessen nicht eingehalten hat, lässt sich allgemein nicht beantworten. Dazu ist ein Blick auf das jeweils betroffene Bankgeschäft und die dafür entwickelten Regeln zu werfen.
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Gleichwohl können einige für alle Bankgeschäfte passende Leitlinien entwickelt werden. Dazu kann man sich an dem in dieser Hinsicht am weitesten fortgeschrittenen Teilrechtsgebiet orientieren, dem Recht der Wertpapierdienstleistungen. Wegen des besonders hohen Beratungsbedarfs ist es kein Zufall, dass gerade hier verhältnismäßig genaue und nicht nur von der Rechtsprechung entwickelte Auskunfts- und Beratungspflichten gelten. Außerdem ist eine sehr starke Europäisierung dieses Rechtsgebiets festzustellen, die wiederum Impulse aus den USA empfangen hat. Die Vorschriften über Auskunfts- und Beratungspflichten im Recht der Wertpapierdienstleistungen bilden daher gewissermaßen das „Einfallstor“ für derartige Pflichten im Bankvertragsrecht allgemein.
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Zu den allgemeinen Aussagen gehört die Feststellung, dass einerseits auf die besondere Sachkunde der Bank abzustellen ist, andererseits auf die Erfahrenheit oder Unerfahrenheit des Kunden (Horn, ZBB 1997, 139 (145)). Im Anschluss an die Bond I-Entscheidung des BGH (BGHZ 123, 126) wird ein gleitender Maßstab für die Aufklärungs- und Beratungspflichten je nach dem Wissensstand und der Risikobereitschaft des Kunden angenommen. Richtigerweise sollte dieser Maßstab auch über den Anlegerschutz hinaus gelten (so offenbar auch Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 43 Rn. 14 ff.).
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2. Das Prinzip von Wahrheit, Klarheit, Vollständigkeit und Verständlichkeit. Die vier genannten Begriffe, in dieser Formulierung von Bamberger, § 50 Rn. 121, übernommen, entstammen dem Recht der Wertpapierdienstleistungen. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung des Prinzips auch außerhalb des Bankvertragsrechts ist vor allem durch gemeinschaftsrechtlichen Einfluss erfolgt. So gilt nach § 482 BGB, der auf die Timesharing-Richtlinie zurückgeht, eine Prospektpflicht für Timesharing-Verträge. Nach § 4 BGB-InfoV, einer Umsetzungsvorschrift der Pauschalreise-Richtlinie, müssen Prospektpflichtangaben deutlich lesbar, klar und genau sein, und § 12 BGB-InfoV schließlich schreibt für die Pflichtangaben von Kreditinstituten eine „leicht verständliche“ Form vor.
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Es ist daher an der Zeit, aus der Vielzahl dieser Vorschriften und der Rechtsprechung allgemeine Regeln zumindest für das Bankvertragsrecht im Ganzen zu entwickeln. Auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts ist ohnehin mit einer Konsolidierung und kohärenteren Ausgestaltung dieser Pflichten zu rechnen (vgl. die Arbeiten an einem Gemeinschaftlichen Referenzrahmen für ein europäisches Vertragsrecht, der 2009 verabschiedet werden soll, sowie die vorangegangenen Mitteilungen der Europäischen Kommission an das Parlament und den Rat: Europäisches Vertragsrecht und Überarbeitung des gemeinsamen Besitzstandes – weiteres Vorgehen, KOM (2004) 651 vom 11.10.2004; Ein kohärentes europäisches Vertragsrecht – ein Aktionsplan, KOM (2003) 68 vom 12.2.2003; sehr kritisch dazu Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529). Als am
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weitesten fortgeschrittene Regelung bietet sich das Recht der Wertpapierdienstleistungen als insoweit verallgemeinerungsfähiges Modell an. In Betracht kommt die die § 31 WpHG konkretisierende sog. Wohlverhaltensrichtlinie des (seinerzeitigen) Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel (Entstehungsgeschichte und Fundstellen § 50 Rn. 54). Auch wenn die Wohlverhaltensrichtlinie als Aufsichtsrecht öffentlich-rechtlichen Charakter hat, so entfaltet sie doch nach allgemein anerkannter Auffasung mittelbar zivilrechtliche Wirkungen (§ 50 Rn. 54). Nach B Ziff. 2.2 III 1 der Wohlverhaltensrichtlinie muss die von der Bank geschuldete Information „zutreffend, vollständig, unmissverständlich sowie gedanklich geordnet und in geeigneter Weise gestaltet“ sein. Bamberger hat diese Erfordernisse auf die vier genannten Begriffe gebracht. Auf die dazu gegebene Erläuterung kann verwiesen werden (§ 50 Rn. 121). Informationen ins Blaue hinein sind unzulässig (BGH NJW 1991, 3282). Die Information kann auch dort, wo dies nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, durch Prospekte erfolgen, jedoch hat die Bank darauf zu achten, dass der Kunde die Information verstanden hat. 3. „Know-your-customer“-Prinzip. Die Informationspflichten im Recht der Wertpapierdienstleistungen sind charakterisiert durch die Prinzipien der anlegergerechten und der anlagegerechten Beratung. Die Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie hat diese Prinzipien aus dem US-amerikanischen Recht letztlich in das Recht der Mitgliedstaaten transportiert. Hier werden die englischsprachigen Begriffe „know your customer“ und „know your merchandise“ benutzt, weil sie anders als das Schlagwort von der anleger- und anlagegerechten Beratung die Verallgemeinerungsfähigkeit des Prinzips ausdrücken. Die Begriffe der anleger- und anlagegerechten Beratung werden an anderer Stelle erläutert; darauf kann Bezug genommen werden (§ 50 Rn. 129 ff. bzw. 135 ff.; § 52 Rn. 99). Die Bank muss danach den Wissensstand ihres Kunden, seine Risikobereitschaft und sein Anlageziel im Auge behalten. Für andere Bankvertragstypen hat die Rechtsprechung dagegen bislang die Eigenverantwortlichkeit des Kunden betont, insbesondere bei Kreditverträgen hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit und der Kreditverwendung (vgl. unten Rn. 45 ff.; zur älteren Rechtsprechung zusammenfassend Schimansky, WM 1995, 461 (462)). Diese Rechtsprechung zum kreditfinanziertem Anlageerwerb ist in Zeiten entstanden, als der typische Kunde als erfahren und wenig schutzwürdig erschien und nicht ohne weiteres übertragbar auf die heute im Vordergrund stehenden Fälle, bei denen die Schutzbedürftigkeit von Kleinanlegern eine größere Rolle spielt. Es bietet sich daher an, die im Anlegerrecht bereits entwickelten Prinzipien zu verallgemeinern, zumal dies auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts ohnehin bereits erfolgt ist. Am 7.4.2008 haben Parlament und Rat der Europäischen Union die neue Verbraucherkredit-Richtlinie verabschiedet, die die Verbraucherkredit-Richtlinie aus dem Jahre 1987 (87/102/EWG) ablöst. Die Richtlinie ist innerhalb von zwei Jahren in deutsches Recht umzusetzen. Wie alle verbraucherrechtlichen Richtlinien, enthält auch diese Richtlinie umfangreiche Informationspflichten, die bereits im vorvertraglichen Stadium zu erfüllen sind, wobei daneben damit teilweise identische Vertragspflichtangaben stehen. Dieses System wird im Gemeinschaftsrecht bislang schon nicht nur im Finanzdienstleistungsbereich verwendet. In dem neuen Vorschlag aber unterscheidet Art. 5, die Vorschrift über vorvertragliche Informationspflichten, einen Absatz mit Pflichtangaben über das Produkt, den man dem Begriff „know your merchandise“ zuordnen kann, Art. 5 I, und in Art. 5 VI erstmals eine Vorschrift, die dem Typ „know your customer“ entspricht. Art. 5 VI lautet:
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„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kreditgeber und gegebenenfalls Kreditvermittler dem Verbraucher angemessene Erläuterungen geben, gegebenenfalls durch Erläuertung der vorvertraglichen Informationen gemäß Absatz 1, der Hauptmerkmale der angebotenen Produkte und der möglichen spezifischen Auswirkungen der Produkte auf den Verbraucher, einschließlich der Konsequenzen bei Zahlungsverzug des Verbrauchers, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, ob der Vertrag seinen Bedürfnissen und seiner finanziellen Situation gerecht wird. Die Mitgliedstaaten können die Art und Weise dieser Unterstützung sowie deren Umfang und die Frage, durch wen sie zu geben ist, den besonderen Umständen der Situation, in der der Kreditvertrag angeboten wird, der Person, der er angeboten wird, und der Art des angebotenen Kredits anpassen.“
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In Verbindung mit den einschlägigen Regeln der Finanzmarkt-Richtlinie wird deutlich, dass die kundenbezogene Beratung ein allgemeines Prinzip des europäischen Finanzdienstleistungsrechts ist, das die mitgliedstaatliche Rechtsprechung nicht ignorieren kann. So ist denn auch bereits in dem auf Art. 19 IV MiFID beruhenden § 31 IV WpHG in der Fassung durch das Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz geregelt, dass ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden nach seinen Erfahrungen und Kenntnissen im gewünschten Anlagebereich sowie seinen Anlagezielen und finanziellen Verhältnissen befragen muss, wenn es Anlageberatung und Finanzportfolioverwaltung betreibt.
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IV. Durchführung der Aufklärung. 1. „Know your merchandise“. Auch soweit die Produktinformation betroffen ist, kann die notwendige Aufklärung und Beratung grundsätzlich formfrei erfolgen, d. h. mündlich im Rahmen des Verkaufsgesprächs. Davon gibt es aber zahlreiche Ausnahmen, die teils gesetzlich festgelegt sind und sich teils aus der Rechtsprechung ergeben.
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Für den Verbraucherdarlehensvertrag gelten derzeit noch keine Formvorschriften über vorvertragliche Informationspflichten. Die auf die alte Verbraucherkredit-Richtlinie zurückgehenden Informationspflichten gem. § 492 BGB sind erst in der Vertragsurkunde zu erfüllen. Das wird sich aber ändern, wenn die neue Verbraucherkredit-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt ist, denn danach müssen umfangreiche vorvertragliche Informationspflichten, die auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger zu erfüllen sind, eingeführt werden (Art. 6 I der neuen Richtlinie).
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Ansonsten ergibt sich ein Schriftformerfordernis für vorvertragliche Informationspflichten aus gesetzlichen Prospektpflichten, namentlich §§ 5 ff. WpPG (BGBl. I 2005, 1698). Darüber hinaus hatte bereits die Rechtsprechung für besonders riskante Anlageformen auf dem sog. grauen Kapitalmarkt eine Prospektpflicht entwickelt (OLG Frankfurt a. M. ZIP 1993, 1860 (1861); LG Berlin WM 1992, 93 (95)). Die Zusammenschau zeigt, dass die zunächst für das Anlagegeschäft in zahlreichen Einzelvorschriften entwickelte Prospektpflicht auf den Konsumentenkredit überzugreifen im Begriff ist. Damit wird ein so wesentlicher Teil der Bankgeschäfte erfasst, dass das Regel-Ausnahme-Verhältnis von mündlicher Beratung und prospektgebundener Beratung sich in sein Gegenteil verkehrt (gegen eine Pflicht zur Dokumentation einer mündlichen Beratung aber BGHZ 166, 56 = NJW 2006, 1429).
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2. „Know your customer“. Die kundenbezogene Beratung kann zwangsläufig nicht nur schriftlich erfolgen. Umgekehrt muss sie nicht ausschließlich mündlich durchgeführt werden. Vielmehr ist eine papiergestützte oder mit Hilfe anderer dauerhafter Datenträger durchgeführte kundenbezogene Beratung denkbar, indem etwa der Berater auf einem Formular kundenbezogene Parameter abfragt oder der Kunde ein entsprechendes Formular selbst ausfüllt. Insbesondere kann die Bank auch auf elektronischem Wege kundenbe-
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zogen beraten, und zwar auch bei Verbraucherdarlehensverträgen, nach der Umsetzung der neuen Verbraucherkredit-Richtlinie, infolge der das Schriftformerfordernis gem. § 492 I 1 BGB wegfallen wird. Inwiefern dabei der Kunde „vor sich selbst“ geschützt werden muss, etwa vor der Abgabe zu optimistischer Erklärungen über seine Leistungsfähigkeit, kann hier nicht erörtert werden (grundsätzlich zu dieser Frage Singer, JZ 1995, 1133). 34
Jedenfalls können Auskünfte des Kunden über seine finanzielle Leistungsfähigkeit in Zukunft nicht mehr als allein im Interesse der Bank liegend angesehen werden. Vielmehr kann die Bank dabei auch Pflichten verletzten, die ihr gegenüber dem Kunden obliegen.
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V. Verschulden und Mitverschulden. Eine Haftung der Bank setzt deren Verschulden voraus. Dabei sind die Maßstäbe des § 276 BGB anzulegen, d. h. es genügt einfache Fahrlässigkeit. Gem. § 278 haftet die Bank auch für ihre Erfüllungsgehilfen. Das können auch die eigene Zentralbank und der Bankenverband (OLG Stuttgart WM 2007, 593) oder Berater und Vermittler sein, die nicht Angestellte der Bank sind (OLG Düsseldorf WM 1993, 2207 (2209) für einen Finanzierungsvermittler, dem die Bank Darlehensformulare überlassen hatte; vgl. aber auch unten Rn. 58).
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Da Schadensersatzansprüche gegen die Bank regelmäßig den § 280 I BGB zur Anspruchsgrundlage haben, gilt auch die dort in Abs. 1 Satz 2 vorgesehene Beweislastumkehr hinsichtlich des Verschuldens. Die durch die Schuldrechtsreform ins Gesetz gekommene Vorschrift kodifiziert die zuvor von der Rechtsprechung entwickelten Prinzipien. Es ist also Aufgabe der Bank, darzulegen, dass sie nicht fahrlässig gehandelt hat (zur Darlegungs- und Beweislast unten Rn. 81 ff.).
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Der Einwand des Mitverschuldens gem. § 254 BGB hat bei der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten geringe Bedeutung (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 43 Rn. 42 f.; vgl. auch § 50 Rn. 176 ff.). Der Kunde vertraut in die Beratungskompetenz der Bank. Ein Mitverschulden kann allenfalls angenommen werden, wenn der Kunde Warnungen Dritter in den Wind schlägt (BGH NJW-RR 1993, 114, 115) oder der Berater offensichtlich inkompetent ist.
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VI. Schaden. Für den Schadensersatz gilt der Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 I BGB). Die Bank muss den Kunden demnach so stellen, wie er bei pflichtgemäßer Aufklärung oder Beratung gestanden hätte (BGHZ 114, 87 (94)). Da es in den Fällen der Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung häufig darum gehen wird, dass ein Vertrag mit einem für den Kunden nachteiligen Inhalt zustandegekommen ist, hat dieser einen Anspruch auf Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag nebst Aufwendungsersatz (negatives Interesse; vgl. BGHZ 69, 53 (56 f.); 123, 106 (112); BGH NJW 1994, 663 (664)). Dieses negative Interesse ist durch das positive Interesse nicht begrenzt, der Kunde kann mithin den Ausgleich aller ihm durch die fehlerhafte oder unvollständige Aufklärung oder Beratung entstandenen wirtschaftlichen Nachteile verlangen (näher MünchKommBGBEmmerich, § 311 Rn. 261; s. auch § 50 Rn. 185 m. w. N.). Bei der Schadensermittlung muss sich der Kunde nach allgemeinen Grundsätzen des Schadensrechts die Vorteile, die er aus der pflichtwidrig erteilten Beratung zieht, anrechnen lassen (Vorteilsausgleich; vgl. BGHZ 109, 380 (392); BGH NJW 1994, 511). Dazu zählen häufig ersparte Steuern, dies jedoch nur dann, wenn der Kunde nicht die Schadensersatzleistung nachversteuern muss (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 43 Rn. 47).
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VII. Kausalität und Schutzzweck. 1. Kausalität. Die fehlerhafte Aufklärung oder Beratung muss ursächlich für den entstandenen Schaden geworden sein (sog. haftungsbegründende Kausalität). Die Bank haftet nicht, wenn der Schaden auch bei pflichtgemäßer Aufklärung und Beratung eingetreten wäre (BGH NJW-RR 1990, 876 (878)). Grundsätzlich unbeachtlich ist eine hypothetische Kausalität. Führt ein pflichtwidriges Verhalten ei-
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nen Schaden herbei, so kann sich der Schädiger nicht darauf berufen, derselbe Schaden wäre aufgrund eines anderen Umstands später ohnehin eingetreten (vgl. auch § 50 Rn. 188). 2. Schutzzweck. Der Haftungsumfang wird durch den Schutzzweck der verletzten Informationspflicht begrenzt. Es kann nur Ersatz desjenigen Schadens verlangt werden, zu dessen Abwendung die Pflicht bestand. Der Schaden muss also nach Art und Entstehungsweise aus einem Bereich von Gefahren stammen, zu deren Abwehr die Informationspflicht bestimmt war. Die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten, die sich abgrenzbar auf einen bestimmten Aspekt beziehen, kann daher nicht zum Ersatz davon unabhängiger Schäden führen (BGHZ 116, 209 (212); BGH NJW-RR 1991, 1265; NJWRR 1998, 1271 (1273)).
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VIII. Verjährung. Schadensersatzansprüche aus der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten aus § 280 I BGB oder §§ 241 II, 280 I, 311 II BGB verjähren ebenso wie deliktische Ansprüche in der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB. Für den Beginn der Verjährungsfrist gilt § 199 BGB. Die früher diskutierten zahlreichen Ausnahmen und Gegenausnahmen von der 30jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a. F. spielen nach der Verkürzung der allgemeinen Verjährungsfrist auf drei Jahre durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz im Bereich der Aufklärungs- und Beratungspflichten keine Rolle mehr (vgl. MünchKommBGB-Emmerich § 311 Rn. 279 ff.).
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IX. Haftungsfreizeichnung. Eine einseitige Freizeichnung von der Haftung für Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzungen ist generell nicht möglich, insbesondere auch nicht durch die AGB der Banken (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 43 Rn. 56). Möglich ist dagegen eine Haftungsbeschränkung durch Vertrag, doch wird dies nur in wenigen Fällen praktisch, da der Haftungsausschluss bereits vor Eintritt in die Vertragsverhandlungen vereinbart worden sein muss (MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 283).
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B. Aufklärungs- und Beratungspflichten bei einzelnen Bankgeschäften
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Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken haben ganz unterschiedliche Bedeutung, je nachdem, um welches Bankgeschäft es sich im Einzelnen handelt. So sind Aufklärung und Beratung von besonderer Bedeutung, wo sie Grundlage einer sachgerechten Beurteilung und Entscheidung des Bankkunden sind, insbesondere im Kredit- und Anlagengeschäft. Dagegen spielen Aufklärung und Beratung nur eine untergeordnete Rolle, wo es lediglich um eine professionelle Abwicklung von Bankgeschäften geht, so z. B. im Zahlungsverkehr. Die Reihenfolge der nachfolgenden Darstellung orientiert sich an der Bedeutung der Aufklärungs- und Beratungspflichten für die jeweiligen Bankgeschäfte. I. Kreditgeschäft. 1. Kreditgewährung. Die Bank, die sich in der Praxis meist nicht darauf beschränkt, den Kreditwunsch des Kunden lediglich entgegenzunehmen, muss diesen, sofern er es wünscht, vollständig und richtig über die Vor- und Nachteile der in Frage kommenden Finanzierungsmodelle beraten (OLG Celle WM 1993, 2082 (2085); PalandtHeinrichs, § 280 Rn. 56). Die Bank ist nicht von sich aus zur Beratung verpflichtet, sie haftet aber bei fehlender oder unrichtiger Auskunft wegen Verletzung eines Auskunftsoder Beratungsvertrags, wenn der Kunde um Information nachgesucht hat (Schimansky/ Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 9). Sie darf nur zu einer Finanzierung raten, die der Kunde unter Berücksichtigung seiner Vermögensverhältnisse tragen kann (Schimansky/Bunte/ Lwowski-Siol, § 44 Rn. 8; Siol, DRiZ 2006, 223 (224)). Stellt die Bank hierbei Berechnungen für den Kunden an, haftet sie für Fehler, etwa wegen unrichtiger Information über die beim Hauserwerb zu erwartende Belastung (BGH ZIP 1991, 644 (645); NJW 2000, 3275 f.). Die Bank hat gegenüber dem Kunden keine Verpflichtung, seine Kreditwürdig-
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
keit oder den Wert des zu beleihenden Objekts zu überprüfen (OLG Frankfurt WM 1998, 337 (339); OLG München WM 2001, 1218 (1222); OLG Stuttgart BB 2001, 1426 (1427)). Aus der Pflicht zur Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 18 KWG folgt nichts anderes, da diese nur generell dem Schutz der Einleger, nicht aber dem einzelnen Bankkunden dient (PWW-Schmidt-Kessel, § 280 Rn. 63). Auf Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der gewählten Kreditart braucht die Bank den Kunden i. d. R. nicht unaufgefordert hinzuweisen. Dies gilt jedoch nicht für belastende Besonderheiten des angebotenen Kredittyps (BGH WM 1991, 179 (181)), wie etwa die für den Durchschnittskunden undurchschaubaren Nachteile der Kombination von Kreditvertrag und Lebensversicherung (BGHZ 111, 117 (124); OLG Koblenz ZIP 2000, 1436 (1437 f.); OLG Frankfurt WM 2002, 549 (553)). Die Bank, die den Erwerb von Fondsanteilen finanziert, muss den Kunden darauf hinweisen, dass die Darlehenszinsen höher sind als die zu erwartende Rendite (OLG Karlsruhe ZIP 2001, 1914 (1915)). Sie handelt außerdem pflichtwidrig, wenn sie den Kunden zu Aktienspekulationen auf Kredit verleitet (BGH NJW 1997, 1361 (1362)). Dagegen braucht sie den Kunden nicht darüber aufzuklären, dass Darlehenszinsen am Markt ständigen Schwankungen unterliegen (OLG Hamm NJW-RR 1993, 54). 45
2. Kreditverwendung. a) Grundsatz. Anders als bei der Anlageberatung (Rn. 63 und § 50) bestehen nach std. Rspr. im normalen Kreditgeschäft grundsätzlich keine (vorvertraglichen) Aufklärungs- und Warnpflichten der Banken gegenüber ihren Kunden hinsichtlich der mit einer Kreditaufnahme verbundenen Risiken, selbst wenn der Kredit zur Finanzierung von Steuersparmodellen bestimmt ist. Das Risiko einer sachgerechten Verwendung des Kredits trägt damit der Kreditnehmer. Die Bank muss insbesondere nicht den möglichen Informationsbedarf des Kunden erforschen (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 12). Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Bank bei der Kreditvergabe zulässigerweise eigennützig handelt (BGH NJW 1992, 1820; NJW 1982, 1520) und dass die mit solchen Geschäften verbundenen Gefahren jedermann bekannt sind oder doch bekannt sein sollten (BGHZ 107, 92 (101); 114, 177 (182 f.); 116, 209 (211 ff.); BGH NJW-RR 2000, 1576 (1577); NJW 2000, 3558 (3559); BGH WM 2005, 72 (76); BGHZ 161, 15 (20 ff.); BGH WM 2005, 828 (830); BGHZ 168, 1 = NJW 2006, 2099 (2103); OLG Stuttgart WM 2001, 1667 (1670 ff.); OLG Köln WM 2002, 118 (120 ff.); KG WM 2002, 493 (497); OLG München WM 2002, 1297 (1298); OLG Frankfurt WM 2002, 1275 (1279); 1281 (1283); OLG Hamburg WM 2002, 1289 (1292); OLG Köln WM 2005, 792 (794 ff.); OLG Celle WM 2005, 877 (878 f.)). Dieser Grundsatz soll, was sehr bedenklich ist, auch bei erkennbarer Geschäftsunerfahrenheit des Kunden gelten, soweit sich dieser nicht ausdrücklich beraten lässt und keine weiteren belastenden Umstände hinzutreten (vgl. dazu unten Rn. 55).
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Wenn aber die Bank – obwohl eine Aufklärungs- und Beratungspflicht nicht besteht – ihre Kunden über bestimmte Punkte informiert oder hinsichtlich der Kreditbedingungen oder der Verwendung des Kredits berät, müssen ihre Angaben zutreffend sein. Andernfalls macht sie sich aus Beratungsvertrag oder c. i. c. (§§ 311 II, 241 II, 280 I BGB) schadensersatzpflichtig (Palandt-Heinrichs, § 280 Rn. 56 ff.; MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 157).
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b) Ausnahmen. Die geschilderten Grundsätze gelten nicht ausnahmslos. Die Rechtsprechung hat verschiedene Fallgruppen herausgearbeitet, in denen ausnahmsweise auch beim normalen Kreditgeschäft Aufklärungs- und Warnpflichten der Banken gegenüber ihren Kunden bestehen. Im Fall der Verletzung dieser Pflichten besteht eine Haftung der Bank aus c. i. c. auf das negative Interesse. Der Kunde kann sich auf die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast unten Rn. 81 ff.). Die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise Aufklärungs- oder Warn-
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pflichten gegenüber ihren Kreditkunden in Betracht kommen, werden von der Rechtsprechung allerdings sehr restriktiv gehandhabt (vgl. insbes. die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH, z. B. BGH WM 2005, 72 (76); BGHZ 161, 15 (20 ff.); BGH WM 2005, 828 (830); außerdem OLG Stuttgart WM 2001, 1667 (1670 ff.); OLG Köln WM 2002, 118 (120 ff.); WM 2002, 1281 (1284 ff.); OLG Köln WM 2005, 792 (794 ff.); OLG Celle WM 2005, 877 (878 f.); großzügiger dagegen die Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH, vgl. insbes. BGHZ 159, 280; 294; sowie OLG Frankfurt WM 2002, 549 (550 ff.); OLG Karlsruhe ZIP 2005, 698 – Badenia; in der Sache vorsichtig gebilligt und nur wegen eines Formfehlers aufgehoben vom XI. Zivilsenat des BGH: BGH WM 2007, 876; großzügiger in der Annahme von Aufklärungspflichten der Bank zuvor bereits BGHZ 168, 1 = NJW 2006, 2099 (2104 ff.)). Die Ausnahmen vom Grundsatz, dass Aufklärungspflichten der Banken in Bezug auf die Kreditverwendung nicht bestehen, wurden von der Rechtsprechung insbesondere zu den sog. Treuhandmodellen im Rahmen der Baufinanzierung (dazu unten Rn. 57) entwickelt, gelten aber für alle Kreditgeschäfte und lassen sich wie folgt systematisieren: aa) Konkreter Wissensvorsprung. Aufklärungs- und Beratungspflichten bestehen insbesondere dann, wenn die Bank gegenüber dem Kunden einen konkreten Wissensvorsprung hinsichtlich der Risiken einer Anlage besitzt (vgl. etwa BGH NJW 1989, 2881 (2882); 1991, 693; (693); 1992, 2146 (2147); NJW-RR 1992, 373 (374); NJW 1997, 1361 (1362); 1999, 2032; 2000, 3065 (3066 f.); 2352 (2353); 3558 (3559); BGHZ 168, 1 = NJW 2006, 2099 (2104); weitere Rechtsprechungsnachweise in der Vorauflage). Hierbei handelt es sich um die praktisch wichtigste Fallgruppe des Bestehens von Aufklärungspflichten, da die Bank regelmäßig überlegenes Wissen gegenüber ihren Kunden haben wird. Voraus-setzung ist aber, dass die Bank positive Kenntnis von den fraglichen Tatsachen hat, bloße Erkennbarkeit genügt nicht (BGHZ 168, 1 = NJW 2006, 2099 (2104); MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 163 f.).
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Das Wissen muss bei der Bank präsent sein (BGH NJW 1992, 1820; NJW 2004, 1377 (1378); WM 2004, 172). Erkundigungs- oder Informationspflichten der Bank bestehen daher generell nicht (BGH WM 2004, 172). Die positive Kenntnis der Bank muss sich zudem gerade auf die spezifischen Risiken der betreffenden Anlage beziehen (BGH WM 2008, 1121: Kaufpreis knapp doppelt so hoch wie Verkehrswert der Wohnung), während Informationen über sonstige bedenkliche Entwicklungen bei der Anlagegesellschaft noch keine Aufklärungspflicht begründen (BGH WM 2003, 1710 (1713)). Die Bank muss sich das Wissen ihres nicht an der Kreditvergabe beteiligten Personals zurechnen lassen (BGH NJW 1989, 2881 (2882); NJW-RR 2005, 634 (635); WM 2008, 1121). Das Wissen des Verkäufers der Anlage oder eines selbständigen Vermittlers, der neben der Anlage auch den Kredit vermittelt, ist der Bank dagegen nach bisheriger Rechtsprechung nicht zuzurechnen (BGH NJW 2000, 3558 (3559); NJW 2003, 2088; NJW 2004, 154 (157); NJW 2004, 606; NJW 2004, 1377; NJW 2004, 2378 (2381); NJW 2005, 1576 (1577); OLG Stuttgart WM 2000, 2146 (2150); OLG Köln ZIP 2001, 1808 (1810 f.); ZIP 1999, 1794; ZIP 2002, 607; OLG Schleswig WM 2000, 1381 (1386 f.); OLG Frankfurt WM 2000, 2135 (2138); a. A. OLG Koblenz ZIP 2002, 702 (707)). Anders sieht dies nach der neuesten Rechtsprechung des BGH zu den sog. Schrottimmobilien (vgl. dazu unten Rn. 59) allerdings aus, wenn ein institutionalisiertes Zusammenwirken zwischen der kreditgebenden Bank und dem Verkäufer oder Vertreiber eines finanzierten Objekts vorliegt. In diesem Fall können sich Anleger unter erleichterten Voraussetzungen auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren über das Anlageobjekt berufen. Die Kenntnis
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der Bank wird dabei widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für die tätigen Vermittler so evident ist, dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (BGHZ 168, 1 = NJW 2006, 2099; BGH WM 2008, 1121; NJW 2008, 644: Angaben zum erzielbaren Mietzins ohne vorherige betriebswirtschaftliche Untersuchung „ins Blaue hinein“; BGH WM 2008, 1260). Diese vorsichtige Wende des XI. Zivilsenats des BGH hin zu einem stärkeren Schutz getäuschter Anleger ist zu begrüßen, wenngleich die seit der Grundsatzentscheidung vom 16.5.2006 ergangene Rechtsprechung zeigt, dass der BGH kaum zu erfüllende Beweisanforderungen an die wegen der Aufklärungspflichtverletzung der Bank grundsätzlich bestehenden Schadensersatzansprüche der Anleger stellt. Es genügt nämlich danach nicht, dass der Kapitalanleger bei ordnungsgemäßer Belehrung über sein Widerrufsrecht die Möglichkeit gehabt hätte, mit dem Widerruf des Darlehensvertrags auch die Risiken des Anlagegeschäfts zu vermeiden. Vielmehr muss er konkret nachweisen, dass er den Darlehensvertrag bei ordnungsgemäßer Belehrung tatsächlich widerrufen hätte, ohne sich auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen zu können (vgl. nur BGHZ 169, 109 (121 f.) = NJW 2007, 357 (358 f.); BGH NJW 2007, 361 (363); NJW 2008, 644; kritisch auch Jungmann, NJW 2007, 1562 (1563 f.)). 50
Nach der Rechtsprechung besteht keine Hinweispflicht der Bank, wenn für sie erkennbar ist, dass zwischen dem Erwerbspreis und dem Wert der zu erwerbenden Eigentumswohnung ein Missverhältnis besteht (BGH NJW 2000, 2352 (2353); NJW 2003, 2088 (2090); NJW 2004, 154 (156); NJW-RR 2004, 632; NJW-RR 2004, 1126 (1128); OLG München WM 2000, 291; OLG Celle WM 2005, 877; a. A. OLG München ZIP 1999, 1751 (1752 ff.)). Anders sieht dies nur aus, wenn die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung ausgehen muss, die von der Rechtsprechung immer dann angenommen wird, wenn der zu zahlende Preis mehr als doppelt so hoch ist wie der Wert der Anlage (vgl. etwa BGH NJW 2002, 429 (430); BGHZ 169, 109 = NJW 2007, 357 (358); BGH WM 2008, 1121; weitere Nachweise bei Palandt-Heinrichs, § 280 Rn. 60a). „Bloße“ Kenntnisse der Bank über den mangelhaften Zustand des Objekts, das mit dem Kredit erworben werden soll, oder über die sonstige Unangemessenheit des Kaufpreises begründen nach Auffassung der Rechtsprechung ebenfalls keine Aufklärungspflicht (BGH WM 2003, 916; WM 2003, 1870 (1873); NJW 2004, 154 (156 f.); OLG Köln WM 2002, 118 (120 ff.); WM 2002, 1281 (1285); OLG Frankfurt WM 2002, 549 (550 ff.); a. A. MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 166). Dies soll ohne Hinzutreten weiterer Umstände sogar dann gelten, wenn der Kunde erkennbar geschäftsunerfahren ist (OLG Stuttgart WM 2000, 292 (294); OLG Köln ZIP 2001, 1808 (1809); WM 2000, 2139 (2142); OLG Frankfurt WM 2002, 1281 (1286); Palandt-Heinrichs, § 280 Rn. 63; zu Recht a. A. OLG Frankfurt WM 2002, 549 (550); LG Freiburg BB 1999, 1727). Umstritten ist, ob die Kenntnis der Bank von überhöhten Innenprovisionen für Anlagevermittler Aufklärungspflichten auslöst. Dies lehnt der BGH in ständiger Rechtsprechung ab, es sei denn, dass die Provision zu einer so wesentlichen Verschiebung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert der Kapitalanlage führt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung ihrer Kunden ausgehen muss (BGH NJW 2004, 2378 (2380); NJW 2004, 154 (156 f.); BGHZ 161, 15 (21 f.) = NJW 2005, 664 (665); NJW 2007, 3272; kritisch MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 165 m. w. N.: Hinweispflicht stets, wenn Innenprovision mehr als 15% beträgt). Lediglich für Anlageberater und -vermittler sowie für Geschäftsbesorger nimmt der III. Zivilsenat des BGH eine Hinweispflicht an, wenn die Innenprovision mehr als 15%
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beträgt (BGHZ 158, 110 (118 ff.); BGH NJW 2005, 3208; BKR 2008, 199 (200); bei irreführenden Prospektangaben auch unabhängig von der Höhe der Gesamtprovision: BKR 2007, 254 (255)). Bei verdeckten Rückvergütungen, die der Bank zufließen, bejaht jetzt allerdings auch der XI. Zivilsenat eine Aufklärungspflicht der Bank (BGHZ 170, 226 = NJW 2007, 1876). Die Erkennbarkeit der Steuerschädlichkeit bestimmter Handlungen eines Kunden löst für sich allein noch keine Aufklärungspflicht seiner Bank aus (BGH NJW 1992, 1820; MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 159 m. w. N.). Eine Aufklärungspflicht besteht richtigerweise schließlich nicht bei Mängeln, die der Kunde ohne weiteres erkennen konnte (BGH NJW 1988, 1583 (1584); 2000, 2352 (2353); OLG München DB 2000, 2588; Palandt-Heinrichs, § 280 Rn. 60a). Auch die Rechtsprechung nimmt aber eine Aufklärungs- oder Warnpflicht der Bank an, wenn diese weiß, dass das Geschäft, das der Kunde mit dem Kredit erwerben will, wirtschaftlich gefährdet ist (BGH NJW-RR 1992, 879 (880)), wenn sie weiß, dass der Bauträger konkursreif ist (BGH NJW 1991, 693) oder dass die Zahlungsfähigkeit des Initiators eines Bauherrenmodells, für den der Kredit bestimmt ist, gefährdet ist (BGH NJWRR 1992, 373 (374); NJW 1992, 2146 (2147)), wenn sie Kenntnis davon hat, dass die Angaben über die erzielbare Miete unrichtig sind (BGH NJW 1989, 2881 (2882); NJW 2004, 1868; BGHZ 159, 294 (316 f.) = NJW 2004, 2736: Mietgarantie einer insolventen Gesellschaft bei Beitritt zu Immobilienfonds) oder der Initiator sonst mit betrügerischen Angaben operiert (Spickhoff/Petershagen, BB 1999, 165 (167)), oder ihr bekannt ist, dass der Zweck, den der Kreditnehmer mit dem Darlehen verfolgt, aufgrund nur ihr bewusster Umstände gefährdet ist (BGH NJW 1995, 1152 (1153); 1999, 2032). Des Weiteren nimmt die Rechtsprechung eine Aufklärungspflicht der Bank wegen überlegenen Wissens an, wenn sie weiß oder damit rechnen muss, dass wertbildende Faktoren durch Manipulation verschleiert wurden oder dass der Kreditnehmer von den Geschäftspartnern arglistig getäuscht wurde (BGH NJW-RR 2005, 634; WM 2007, 114 (115); NJW 2008, 640 (643)). Insgesamt ist nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 16.5.2006 (BGHZ 168,1 = NJW 2006, 2099) davon auszugehen, dass die Rechtsprechung großzügiger hinsichtlich der Annahme des Bestehens von Aufklärungspflichten geworden ist. Ob dies getäuschten Anlegern in der Praxis eine Hilfe sein wird, bleibt freilich abzuwarten, da häufig große Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der Voraussetzungen von Schadensersatzansprüchen bestehen, und die jüngste Rechtsprechung insoweit eine restriktive Linie fährt (vgl. oben Rn. 49 sowie BGHZ 169, 109 (121 f.) = NJW 2007, 357 (358 f.); BGH NJW 2007, 361 (363); NJW 2008, 644; NJW 2008, 1585 (1588); kritisch dazu Jungmann, NJW 2007, 1562 (1563 f.)).
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bb) Überschreiten der Rolle als Kreditgeber. Anders als in der vorherigen Fallgruppe (Rn. 48 ff.), in der sich seit der Grundsatzentscheidung vom 16.5.2006 (BGHZ 168, 1 = NJW 2006, 2099) gewisse Tendenzen in Richtung eines stärkeren Schutzes der Bankkunden erkennen lassen, wird die Fallgruppe des Überschreitens der Rolle als Kreditgeber von der Rechtsprechung nach wie vor sehr restriktv gehandhabt. Die Bank schuldet dem Kunden nur dann eine richtige und vollständige Information, wenn sie sich in die Planung, Werbung oder Durchführung eines Projekts einschaltet und dadurch ihre Rolle als Kreditgeber dergestalt überschreitet, dass sie gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts erscheint (BGH NJW 1988, 1583 (1584); NJW-RR 1992, 879, (882)). Beispiele hierzu aus der Rechtsprechung: Die Bank finanziert einem Arbeitnehmer in Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber eine risikoreiche Beteiligung an der Firma (BGHZ 72, 92 (103 ff.); BGH NJW 1993, 2107), sie lässt sich für ein bestimmtes Projekt als Referenz benennen (BGH NJW 1992, 2148 (2149)), sie ist arbeitsteilig in das Vertriebssystem eingebunden (OLG Frankfurt WM 2002, 549 (551)), sie erweckt den Eindruck, sie habe die Anlage
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mit positivem Ergebnis geprüft (BGH NJW 1992, 2560 (2562)). Dagegen reicht es für die Überschreitung der Kreditgeberrolle nicht aus, wenn die Bank mit der Anlagegesellschaft oder dem Vertriebsunternehmen ständig und eng zusammenarbeitet (BGH ZIP 2003, 160 (161)). Die Bank überschreitet ihre Rolle als Kreditgeberin auch nicht, wenn sie in einem Finanzierungskonzept die Einrichtung eines Mietpools verlangt. Allerdings kommt unter bestimmten Umständen – etwa Kenntnis der Bank von der bereits bestehenden Überschuldung des konkreten Mietpools – eine Aufklärungspflicht wegen eines durch die Bank geschaffenen Gefährdungstatbestands in Betracht (BGH WM 2007, 876 – Badenia; WM 2008, 971; großzügiger mit der Annahme eines besonderen Gefährdungstatbestands zuvor OLG Karlsruhe ZIP 2005, 698; dem folgend OLG Celle ZGS 2007, 152). 53
cc) Besondere Gefährdungstatbestände. Über besondere von ihr zu verantwortende Gefahren muss die Bank ihre Kunden rechtzeitig und ordnungsgemäß informieren, beispielsweise, wenn sie einem Vermögensverwalter Provisionen für die Zuführung von Kunden zahlt. Die Bank ist in diesem Fall verpflichtet, ihr von dem Vermögensverwalter vermittelte Kunden vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung über diesen Umstand zu informieren (BGHZ 146, 235 (239)). Eine Aufklärungspflicht besteht auch, wenn die Bank die Chancen der Anleger entgegen dem Prospekt dadurch weiter verschlechtert hat, dass sie sich ohne weiteren Hinweis zusätzliche Sicherheiten in ihren Geschäftsbedingungen ausbedungen hat (OLG Karlsruhe WM 1999, 127 (129)). Wenn eine Bank eine Zweigstelle einrichtet, dessen Leiter Einlagen entgegennehmen darf, muss sie den Umfang von dessen Vertretungsmacht klarstellen, um nicht aus c. i. c. haftbar zu sein (BGH NJW 1980, 2410). Ähnliche Aufklärungspflichten können sich bei der Einschaltung von Kreditvermittlern ergeben, weil damit gleichfalls typischerweise zusätzliche Gefahren für den Kunden verbunden sind (OLG Frankfurt BB 1980, 124 (125)). In einem Rechtsstreit um angeblich betrügerische Machenschaften von für die Bausparkasse Badenia tätigen Vermittlern hat das OLG Karlsruhe (ZIP 2005, 698) die Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestands bereits dadurch angenommen, dass die Bank in einem Finanzierungskonzept die Einrichtung eines Mietpools verlangt und der Erwerber einer Eigentumswohnung verpflichtet ist, dem Mietpool beizutreten. Der BGH (WM 2007, 876; bestätigt durch BGH WM 2008, 971) hat dieses Urteil u. a. mit der Begründung aufgehoben, dass sich aus einer solchen Verpflichtung ohne Hinzutreten spezifischer Gefahren des konkreten Mietpools kein besonderer, Hinweis- und Aufklärungspflichten der finanzierenden Bank auslösender Gefährdungstatbestand ergebe. Allerdings hat der BGH in seiner Urteilsbegründung angedeutet, dass der Fall, in dem eine arglistige Täuschung der Anleger durch Vermittler über die Mieteinnahmen des Anlageobjekts vorlag, auf Grundlage der neuen Rechtsprechung zur Fallgruppe des konkreten Wissensvorsprungs (vgl. oben Rn. 48 ff.) zu lösen ist. Die Sache war gleichwohl zur Neuverhandlung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, weil der beklagten Bank Gelegenheit zu geben war, die vermutete Kenntnis von der arglistigen Täuschung zu widerlegen. Gleichwohl zeigt diese jüngste Entscheidung, dass nunmehr auch der XI. Zivilsenat des BGH bereit ist, die Anleger gegenüber Auswüchsen der Kreditpraxis zu schützen (in die gleiche Richtung BGH WM 2008, 971). Das ist zu begrüßen.
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dd) Interessenkonflikte. Die Bank schuldet dem Kreditnehmer Aufklärung über die Risiken eines Projekts wegen Interessenkollision, wenn sie einem hochverschuldeten Initiator einen unzureichend gesicherten Kredit zur Vorfinanzierung des Geschäfts gegeben hat und sich von der Durchführung dieses Geschäfts eine Rückführung des Schuldenstands verspricht (BGH NJW-RR 1992, 372 (375)). Gleiches gilt bei einem Kredit für die Beteiligung an einer Publikums-KG, die kurz vor dem Zusammenbruch steht und deren Hauptgläubigerin die Bank ist (BGH NJW 1978, 2547), sowie dann, wenn sich die Bank
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vom Initiator des Projekts zur Rückführung seiner Schulden alle Kaufpreisansprüche hat abtreten lassen (BGH ZIP 1992, 990 (991)). Bei verdeckten Rückvergütungen, die der Bank oder einem Vermögensverwalter zufließen, besteht ebenfalls eine Aufklärungspflicht (BGHZ 170, 226 = NJW 2007, 1876 (1878); BGHZ 146, 235 (239)). ee) Neue Fallgruppe: Erkennbare Geschäftsunerfahrenheit des Darlehensnehmers. Auch wenn der Bundesgerichtshof und die meisten Oberlandesgerichte (noch) der Trennungstheorie anhängen, wonach zwischen falschen Angaben bei der Vermittlung des Anlageobjekts und bei der Vermittlung des Kredits zu unterscheiden ist (dazu unten Rn. 57 f.), ist es doch Zeit zum Umdenken. Fuellmich/Rieger haben in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, die vier Ausnahmefallgruppen der Rechtsprechung (oben Rn. 48 ff.) um weitere zwei zu ergänzen, nämlich um die der erkennbaren Geschäftsunerfahrenheit des Darlehensnehmers und die der Zurechnung des pflichtwidrigen Verhaltens Dritter (ZIP 1999, 465 (469)). Daran ist hinsichtlich der Geschäftsunerfahrenheit des Darlehensnehmers anzuknüpfen, wohingegen das Problem des Zurechnung des pflichtwidrigen Verhaltens Dritter durch die neue Rechtsprechung des BGH zum institutionalisiertem Zusammenwirken (BGHZ 168, 1 = NJW 2006, 2099) geklärt sein dürfte. Die Fallgruppe der Geschäftsunerfahrenheit greift nicht nur das auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts im Vordringen befindliche Prinzip des „know your customer“ auf (oben Rn. 25), sondern ist auch dem deutschen Recht nicht fremd (a. A. Siol, DRiZ 2006, 223 (224); Richrath, WM 2004, 653 (658); Palandt-Heinrichs, § 280 Rn. 63). Der Schutz des Unerfahrenen liegt letztlich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Privatautonomie zu Grunde (BVerfGE 89, 214) und ist damit – ebenso wie gemeinschaftsrechtliche Vorgaben – für die Fachgerichte verbindlich. Dass diese Fallgruppe bislang nicht ausdrücklich anerkannt wurde, mag auch daran liegen, dass in der Vergangenheit Bauherrenmodelle im Vordergrund standen, bei denen die Darlehensnehmer nicht geschäftsunerfahren waren. Es dringt aber offenbar erst langsam ins Bewusstsein der oberen Gerichte, dass die heute im Vordergrund stehenden Treuhandmodelle Kleinanleger geschädigt haben, bei denen eine Hilfestellung des Rechts für die schwächere Vertragspartei erforderlich ist, damit sie – im Sinne des Bundesverfassungsgerichts – von der Privatautonomie Gebrauch machen kann. Der Trennungstheorie liegt der Gedanke zu Grunde, dass der Erwerber eines Grundstücks weiß, dass Bank und Verkäufer nicht identisch sind. Die Treuhandmodelle (vgl. ihre Darstellung bei Spickhoff/Petershagen, BB 1999, 165, sowie unter Rn. 57) sind dagegen durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet, die zu beseitigen stets Ziel der Rechtsprechung war. Es geht also, jedenfalls im ersten Schritt, nicht um eine radikale Kehrtwende in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, sondern nur darum, die Trennungstheorie nur dort anzuwenden, wo sie passt, nämlich bei transparenten Fallgestaltungen. Ob eine solche aus der maßgeblichen Sicht des Anlegers vorlag, wird in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Anleger obliegenden Darlegungs- und Beweislast kritisch zu prüfen sein. Es kann also keine Rede davon sein, dass mit der hier vorgeschlagenen neuen Fallgruppe ein dogmatisch verfehlter, konturloser Ausnahmetatbestand geschaffen werde (so aber der Vorwurf von Richrath, WM 2004, 653 (658 m. w. N.).
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3. Aufklärungspflichten bei einzelnen Kreditgeschäften. a) Baufinanzierung und Immobilienerwerb. Aufklärungspflichten der Bank spielen eine bedeutende Rolle bei der Finanzierung von Immobilienanlagen. Kenntnisse der Bank über das zu finanzierende Objekt stellen allerdings i. d. R. keinen zur Aufklärung des Kunden verpflichtenden Wissensvorsprung über spezielle Risiken dar, weil die Bank davon ausgehen darf, dass sich der Kunde selbst über den Zustand der Immobilie informiert hat (BGH 1992, 555; WM 1988, 1225; Siol, DRiZ 2006, 223 (225)). Etwas anderes gilt nur, wenn die Bank davon
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ausgehen muss, dass dem Kunden ihr bekannte versteckte Mängel verborgen geblieben sind (OLG Hamm WM 1987, 343 (345); Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 26). Keine Aufklärungspflicht besteht nach std. Rspr. des BGH, wenn die Bank weiß, dass der Kaufpreis in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objekts steht (BGHZ 102, 60 (67); BGH NJW 1988, 1583 (1584); NJW-RR 1992, 879 (881); NJW 2000, 2352 (2353)), es sei denn, die Bank muss bei einem Vergleich von Kaufpreis und Wert des Objekts von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Kunden durch den Vertragspartner ausgehen (BGH NJW 2000, 2352 (2353)). Sittenwidrigkeit nimmt der BGH an, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGHZ 125, 218 (227); BGH NJW 2000, 2352 (2353); NJW 2002, 429 (430); WM 2008, 1121). Über versteckte Innenprovisionen muss i. d. R. nicht aufgeklärt werden (vgl. Siol, DRiZ 2006, 223 (225) m. w. N. sowie oben Rn. 50). 57
b) Bauherren- und Ersterwerbermodell. Eine besonders kritische Fallgruppe der Beratungs- und Aufklärungspflichten bildet die Finanzierung steuersparender Bauherrenund Ersterwerbermodelle und hierbei insbesondere die der sog. Treuhandmodelle, bei der die Reichweite der Haftung sehr umstritten ist (für eine weitreichende Haftung Fuellmich/Rieger, ZIP 1999, 465; Stüsser, NJW 1999, 1586; Lang, AcP 201 (2001), 451 (565 ff.); MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 166; dagegen v. Heymann, NJW 1999, 1577; Früh, ZIP 1999, 701; Schubert, WM 2006, 1328). Treuhandmodelle sind gekennzeichnet durch eine von Anlagevermittlern herbeigeführte, meistens notariell beurkundete, umfassende Bevollmächtigung sog. Treuhänder, die von den Initiatoren des Anlageprojekts und den Banken systematisch in die Abwicklung der Projekte eingeschaltet sind. In diesem Zusammenhang stellt sich eine Vielzahl von Rechtsproblemen, wie die Frage, ob zwischen Darlehen und finanziertem Anlagegeschäft (Fondsbeteiligung oder Kauf einer Eigentumswohnung) ein verbundenes Geschäft anzunehmen ist, ob Treuhandvertrag und Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 I S. 1 RBerG nichtig sind und welche Folgen der Widerruf des in einer Haustürsituation geschlossenen Darlehensvertrags wegen mangelnder Widerrufsbelehrung hat. Die Rechtsentwicklung in dieser Fallgruppe war lange Zeit geprägt durch einen erbitterten Streit zwischen dem II. und dem XI. Zivilsenat des BGH, der jedoch inzwischen beigelegt ist, nachdem die Zuständigkeit für praktisch alle Fälle des kreditfinanzierten Immobilienerwerbs – unabhängig davon, ob es sich um einen Fondsbeitritt oder einen echten Immobilienwerb handelt – durch Verständigung zwischen beiden Senaten auf den XI. Zivilsenat übergegangen ist (vgl. Presseerklärung des BGH vom 25.4.2006; kritisch zum Verfahren Derleder, NZM 2006, 449). In der Sache hat sich damit der XI. Zivilsenat weitgehend durchgesetzt. Ursprünglich hatte der II. Zivilsenat des BGH in einer ganzen Reihe von Urteilen vom 14.6.2004 entgegen des bisherigen restriktiven Praxis des XI. Zivilsenats (BGHZ 150, 248 = NJW 2002, 1881; BGHZ 152, 331 = NJW 2003, 422; BGHZ 161, 15 = NJW 2005, 664; BGH NJW 2000, 3065; WM 2005, 72) eine durchweg anlegerfreundliche Position eingenommen, indem er die Nichtigkeit des Treuhandvertrags auf die Vollmachten durchschlagen ließ, ein verbundenes Geschäft zwischen Darlehensvertrag und finanziertem Anlagegeschäft annahm und außerdem Schadensersatzansprüche gegen die Bank wegen Aufklärungspflichtverletzung bejahte (BGHZ 159, 280 = NJW 2004, 2731; BGHZ 159, 294 = NJW 2004, 2736; BGH WM 2004, 1518; WM 2004, 1525; WM 2004, 1527). Im Gegenzug zur Abgabe der Zuständigkeit erklärte sich der XI. Zivilsenat in einer Entscheidungsserie vom 25.4.2006 (BGH NJW 2006, 1788; BGHZ 167, 223 (232 f.) = NJW 2006, 1952; NJW 2006, 1955; NJW 2006, 1957) in Einzelfragen zu einem stärkeren Anlegerschutz bereit, setzte jedoch auch in einer ganzen Reihe von Streitpunkten seine Ansicht an die Stelle der bisherigen Rechtsprechung des II. Zivilsenats (eingehend Nobbe, WM-Sonderbeilage
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Nr. 1/2007). Danach gilt nunmehr Folgendes: Der Darlehensnehmer kann den mit dem Anlagevertrag gemäß § 9 I VerbrKrG verbundenen Darlehensvertrag gemäß § 123 II BGB anfechten, wenn die Täuschung auch für den Abschluss des Darlehensvertrags kausal war, was der Darlehensnehmer zu beweisen hat. Den daneben bestehenden Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen den Vermittler kann der Darlehensnehmer ebenfalls gegen die kreditgebende Bank geltend machen, da der Vermittler bei einem verbundenen Geschäft nicht Dritter im Sinne von § 123 II BGB ist. Dagegen kann er Ansprüche gegen Gründungsgesellschafter, Fondsinitiatoren, maßgebliche Betreiber, Manager und Prospektherausgeber dem Rückzahlungsverlangen der Bank nicht gemäß § 9 III VerbrKrG entgegensetzen (Abweichung von BGHZ 159, 280 ff.; 159, 294 ff., II. Zivilsenat). Die Annahme eines verbundenen Geschäfts im Sinne des § 9 I VerbrKrG scheidet aus, wenn es sich bei dem Darlehensvertrag um einen Realkreditvertrag im Sinne des § 3 II Nr. 2 VerbrKrG handelt. Ein solcher liegt auch dann vor, wenn nicht der Erwerber, sondern der Fonds das Grundpfandrecht bestellt hat (Abweichung von BGHZ 159, 294 ff., II. Zivilsenat; Fortsetzung von BGHZ 161, 15 ff., XI. Zivilsenat). Die Anwendung der §§ 171, 172 BGB zu Gunsten der Kredit gebenden Bank wird bei einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung ebenso wie bei einem finanzierten Grundstücksgeschäft auch in den Fällen nichtiger Vollmacht des gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßenden Treuhänders durch die Regeln über das verbundene Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt (Abweichung von BGHZ 159, 294 (300 ff.), II. Zivilsenat; Fortsetzung von BGHZ 161, 15 (24 ff.), XI. Zivilsenat). Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer das Erwerbsmodell initiiert und konzipiert sowie den Treuhänder ausgesucht hat (BGH NJW 2008, 1585 (1587)). Allerdings setzt die Anwendung der §§ 171, 172 BGB voraus, dass die Vollmachtsurkunde spätestens bei Abschluss des Vertrags, nicht erst bei Auszahlung des Darlehens vorliegt (BGH WM 2008, 1266). Einen echten Schritt weiter in Richtung eines stärkeren Anlegerschutzes geht der XI. Zivilsenat in dem Grundsatzurteil vom 16.5.2006 (BGHZ 168, 1 (22 ff.) = NJW 2006, 2099; BGH NJW 2008, 640 (643)), in dem er in Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens zwischen Bank und Verkäufer des Objekts eine widerlegbare Vermutung für die Kenntnis der Bank von einer arglistigen Täuschung des Verkäufers begründet (zu den Beweisschwierigkeiten in diesem Zusammenhang vgl. aber oben Rn. 49 und Jungmann, NJW 2007, 1562 (11563 f.)). Die Risiken der Kunden werden in den Treuhandfällen häufig durch die Einschaltung angeblich selbstständiger Vermittler und Untervermittler in den Vertrieb der Anlage gesteigert. Eine Zurechnung von Aufklärungspflichtverletzungen der Vermittler gemäß § 278 BGB kommt nach der insoweit sehr restriktiven std. Rspr. nur in Betracht, wenn es sich um Erklärungen der Vermittler im Rahmen der Kreditvermittlung handelt, nicht dagegen bei Erklärungen mit Bezug auf die Anlagevermittlung, sog. Trennungstheorie (BGHZ 140, 111 (116); BGHZ 152, 331 (333) = NJW 2003, 422; BGHZ 168, 1 = NJW 2006, 2099 (2106); BGH NJW-RR 1997, 116; NJW 1998, 2898 (2899); NJW 2000, 3558 (3559); WM 2002, 1297 (1299); NJW 2004, 2378; OLG Stuttgart WM 2001, 1667 (1672 f.); KG WM 2002, 493 (500); OLG Frankfurt WM 2002, 549 (553); 2002, 1275 (1280); 1281 (1286 f.); OLG Hamburg WM 2002, 1289 (1293 f.); OLG München WM 2002, 1297 (1299 f.); abl. MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 168 m. w. N. zum kritischen Schrifttum; zur Kritik an der Trennungstheorie vgl. auch oben Rn. 55).
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c) Schrottimmobilien. Als eine eigenständige Fallgruppe innerhalb des kreditfinanzierten Immobilienerwerbs hat sich inzwischen die Problematik der sog. Schrottimmobilien entwickelt (vgl. auch § 16 Rn. 22 ff.). Unter dem Schlagwort Schrottimmobilien werden heutzutage – mitunter leider ideologisch geprägt – eine Vielzahl von Rechtsfragen erör-
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tert, die z. T. bereits oben Rn. 56-58 dargestellt wurden. Die Problematik ist trotz zahlreicher höchstrichterlicher Urteile nicht endgültig geklärt. Die deutsche Rechtsprechung, insbesondere die des XI. Zivilsenats des BGH, tut sich nach wie vor schwer mit der Umsetzung der Vorgaben des EuGH. Dieser hat in zwei Entscheidungen vom 25.10.2005 auf Vorlagen des LG Bochum (NJW 2003, 2612) und des OLG Bremen (NJW 2004, 2238) entschieden, dass zwar aus Sicht des Gemeinschaftsrechts keine Bedenken gegen die sog. Trennungstheorie des XI. Zivilsenats des BGH und die damit einhergehende Pflicht der Verbraucher zur sofortigen Rückzahlung des Darlehens nebst Zinsen im Fall des Widerrufs des Darlehensvertrags bestehen, hat jedoch gleichzeitig angemahnt, dass die Mitgliedstaaten in den Fällen, in denen die Banken ihrer Pflicht zur Widerrufsbelehrung nach der Haustürgeschäftewiderrufs-Richtlinie nicht nachgekommen sind, geeignete Maßnahmen treffen müssen, um die Verbraucher, die es nicht vermeiden konnten, sich solchen Risiken auszusetzen, vor den Folgen der Verwirklichung derartiger Risiken zu schützen (EuGH NJW 2005, 3551 – Schulte/Badenia; NJW 2005, 3555 – Crailsheimer Volksbank/ Conrads; dazu statt vieler Tonner/Tonner, WM 2006, 505; Derleder, BKR 2005, 442; Knops, WM 2006, 70). Der XI. Zivilsenat des BGH hat auf diese Entscheidungen mit der Grundsatzentscheidung vom 16.5.2006 (BGHZ 168, 1 = NJW 2006, 2099) reagiert, in der er viele der im Schrifttum vorgeschlagenen Wege zur Umsetzung der etwas kryptischen Vorgaben des EuGH verworfen hat und stattdessen „im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes“ seine Rechtsprechung zum Bestehen von Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank in den Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens zwischen Bank und arglistig täuschendem Verkäufer (bzw. Vermittler, Treuhänder, Fondsinitiator oder Gründungsgesellschafter, vgl. BGH NJW 2007, 1127; WM 2008, 1260) ergänzt hat. Dagegen lehnt der XI. Zivilsenat weiterhin Schadenersatzansprüche der Verbraucher wegen unterlassener Widerrufsbelehrung in den Fällen strikt ab, in denen der Verbraucher bei Abschluss des Darlehensvertrags bereits an seine Erklärung zum Abschluss des Immobilienkaufvertrags gebunden ist (BGHZ 169, 109 (121 f.) = NJW 2007, 357, BGH NJW 2008, 644 (648 f.); NJW 2008, 1585 (1586)). Während dies für die Fälle noch nachvollziehbar ist, in denen der Immobilienerwerbs- vor dem Darlehensvertrag abgeschlossen wurde, weil dann die Realisierung der Risiken aus dem Kapitalanlagegeschäft nicht mit der situativen Unterlegenheit des Verbrauchers in der Haustürsituation bei Abschluss des Darlehensvertrags zusammenhängt (so etwa KG ZIP 2006, 605 (609 f.); OLG Celle NJW 2006, 1817; OLG München NJW 2006, 1811 (1814); Jungmann, WM 2006, 2193 (2194 f.)), ist die Rechtsprechung des BGH nicht mehr nachvollziehbar, soweit dieser den Anlegern auch bei Abschluss des Immobilienerwerbsvertrags nach dem Darlehensvertrag den vollen Beweis dafür abverlangt, dass sie den Darlehensvertrag bei ordnungsgemäßer Belehrung auch tatsächlich widerrufen und die Anlage nicht getätigt hätten (BGHZ 169, 109 (121 f.) = NJW 2007, 357 (358 f.); BGH NJW 2008, 1585 (1588)). In der Literatur wurde bereits völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass bei einem solchen Verständnis der Kausalitätsbeziehung zwischen unterlassener Widerrufsbelehrung und Schaden des Anlegers Ansprüche aus c. i. c. wegen fehlender Belehrung faktisch ausgeschlossen sind, weil den Anlegern regelmäßig nicht der Beweis gelingen dürfte, dass sie innerhalb der ein- bzw. zweiwöchigen Widerrufsfrist den Darlehensvertag tatsächlich widerrufen und deshalb auch den Immobilienkaufvertrag nicht abgeschlossen hätten (Jungmann, NJW 2007, 1562 (1565)). Die Auswirkungen der Rechtsprechungsänderung des XI. Zivilsenats in der Praxis sind noch unklar. Es deuten sich – wie ausgeführt – große Beweisschwierigkeiten für die Anleger an (vgl. auch BGH NJW 2007, 361). Weitere Konflikte zwischen BGH und EuGH sind daher vorprogrammiert (so auch Jungmann, NJW 2007, 1562 (1566); für eine Staatshaftung der Bundesrepublik Deutschland sogar Kahl/ Essig, WM 2007, 525; dazu auch Späth, ZfIR 2007, 568). Das BVerfG hat in diesem Zu-
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sammenhang darauf hingewiesen, dass angesichts der – gerade auch auf Ebene des Gemeinschaftsrechts – nach wie vor unklaren Rechtslage die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für Schadensersatzklagen nicht einfach mit dem Hinweis auf mangelnde Erfolgsaussicht zurückgewiesen werden darf (BVerfG WM 2007, 1170 (1171)). Die weitere Entwicklung bleibt also abzuwarten. d) Intransparente Finanzierungskonstruktionen. Aufklärungspflichten der Banken kommen bei besonders gefährlichen Kreditformen in Betracht, sofern der normale Bankkunde deren Risiken und Kosten nicht mehr abzuschätzen vermag (MünchKommBGBEmmerich, § 311 Rn. 170). In diese Fallgruppe gehören insbesondere wirtschaftlich unsinnige Kredite zur Ablösung günstiger Kredite bei anderen Banken (BGH NJW-RR 1991, 501 (502); OLG München NJW-RR 1990, 438 (439)), die für den Kunden besonders ungünstige Verbindung eines Kredits mit einer Kapitallebensversicherung, aus der nach ihrer Fälligkeit der bisher nicht getilgte Kredit auf einen Schlag abgelöst werden soll (BGHZ 111, 117 (124); BGH NJW 1989, 1667 (1668); OLG München WM 2002, 1297 (1299); a. A. Früh, ZIP 1999, 701 (702)), sowie kontokorrentähnliche Abreden, bei denen für den Kunden die wirkliche Belastung nicht mehr erkennbar ist (BGH WM 1991, 179 (181 f.)); Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 52).
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e) Umschuldung. Soll ein fremder Kredit abgelöst werden, braucht die Bank nicht nachzuforschen, ob dieser sittenwidrig war, oder ob für ihn öffentliche Zinssubventionen bestanden haben (BGH NJW-RR 1990, 623 (624)). Sie muss den Kunden aber belehren, wenn die Umschuldung zu einer Mehrbelastung führt (BGH NJW-RR 1991, 501 (502); Singer, ZBB 1998, 148). Zu den Nachteilen, auf die im Rahmen einer Umschuldung hinzuweisen ist, gehören Doppelzinszahlungen wegen Wahrung der Kündigungsfristen, mehrfache Vermittlerprovision, geringerer Rediskont und mehrfache Berechnung der Restschuldversicherungsprämie (Vortmann, Rn. 123 m. w. N.). Die Bank haftet bei falscher Ermittlung des für die Umschuldung erforderlichen Betrags (OLG München NJW-RR 1990, 438 (439)). Gegenüber einer anderen Bank, die einen Kredit ablösen will, ist die Bank dagegen grundsätzlich nicht verpflichtet, über die Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers aufzuklären (Vortmann, Rn. 126 m. w. N.).
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f) Geschäfte mit anderen Kunden der Bank. Die Bank muss einen Kunden, der einen Kredit für ein Geschäft mit einem anderen Kunden der Bank aufnimmt, nicht von sich aus über dessen wirtschaftliche Verhältnisse unterrichten oder darauf hinweisen, dass sie ihm selbst keine Kredite mehr gewährt. Sie darf allerdings die wirtschaftliche Lage des Dritten nicht beschönigen und muss aufklären, wenn sie weiß, dass der Dritte zahlungsunfähig ist oder dies bald sein wird (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 25 m. w. N.).
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II. Anlageberatung. An dieser Stelle werden nur Grundzüge dargestellt. Wegen der Einzelheiten sei auf die Kommentierung von Bamberger, § 50, verwiesen. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung kommt bei der Anlageberatung zwischen der Bank und dem Kunden grundsätzlich ein – zumindest konkludent geschlossener – Beratungsvertrag zu Stande, wenn sich ein Kunde mit der Bitte um Beratung über eine Anlagemöglichkeit an eine Bank wendet (BGHZ 100, 117 (118); BGHZ 123, 126 (128) „Bond I“; BGH NJW 1996, 1744; NJW 1997, 1361; NJW-RR 2000, 1497 „Bond II“; NJW 2002, 1868 „NASDA-Q“; NJW 2006, 2041; OLG Koblenz WM 2002, 1224 (1226); OLG Karlsruhe WM 2002, 1295 (1296); MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 154; zur Kritik am Konzept eines eigenständigen Beratungsvertrags vgl. oben Rn. 2 ff.). Aufgrund dieses Vertrags ist die Bank zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (BGHZ 123, 126). Grundlage für die Informationspflichten der Bank im Rahmen der Anlageberatung sind die §§ 31 ff. WpHG, die Schutzgesetze i. S. d. § 823 II BGB sind (§ 50 Rn. 54;
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Palandt-Heinrichs, § 280 Rn. 47) und die vertraglichen und vorvertraglichen Informationspflichten der Bank konkretisierten (a. A. Siol, DRiZ 2006, 223 (224)). Die Beratung muss speziell auf die Bedürfnisse, die Interessen, die Vermögensverhältnisse und das Anlageziel des Kunden zugeschnitten sein und hat sich insbesondere auf die Eigenschaften und Risiken der verschiedenen in Betracht kommenden Anlagen zu erstrecken (MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 155). Beratungs- und Aufklärungspflichten der Bank scheiden aber aus, wenn diese – wie etwa sog. „Discount-Broker“ – von vornherein eine Kundenberatung ablehnen oder wenn die Kunden selbst auf eine Beratung verzichten (BGHZ 142, 345 (354 ff.); BGH NJW 2002, 62; MünchKommBGB-Emmerich, § 311 Rn. 156) oder gezielt einen Auftrag zum Kauf bestimmter Wertpapiere erteilen (BGH ZIP 1998, 1183; OLG Düsseldorf ZIP 1998, 2144; umstr.). Eingeschränkte Aufklärungspflichten bestehen bei ausgesprochenen Spekulationsgeschäften (z.B. Kauf von Aktienoptionen zu Spekulationszwecken im Gegensatz etwa zu bloßen Aktienanleihen), entfallen jedoch auch hier nicht gänzlich, wenn mit ihnen ungewöhnliche und für den Kunden nicht erkennbare Risiken verbunden sind (BGHZ 117, 135 (142 f.); OLG Karlsruhe NJWRR 1988, 1263; WM 1989, 1380; KG WM 2002, 746 (748 f.); LG Magdeburg BKR 2008, 166 für Zinssatzswapgeschäfte). Die Bank darf mithin einen um eine Anlageberatung nachfragenden Kunden nicht zu einer Aktienspekulation auf Kredit oder unerfahrene Anleger zu Börsentermingeschäften verleiten (BGH NJW 1997, 1361 (1362); NJW 1997, 2171 (2172)). Ein Anlageberater handelt pflichtwidrig, wenn er einem als „konservativ“ zu bezeichnenden Anlageinteressenten die Zeichnung von Aktienfonds empfiehlt, die als „gewinnorientiert“ einzustufen sind (OLG Frankfurt a. M. WM 2007, 1215), ebenso, wenn ein Anlagevermittler derartige Fonds als „sicher“ bezeichnet (BGH NJW-RR 2007, 348 (349)). Auch der bereits allgemein über die mit dem Erwerb von Aktien verbundenen Risiken aufgeklärte Kunde muss erneut aufgeklärt werden, wenn eine telefonische Order in erheblichem Umfang von seinem bisherigen Risikoprofil abweicht (OLG Saarbrücken ZIP 2007, 763). Auf Verschlechterungen der Einstufung in den Ratings und kritische Stimmen der Wirtschaftspresse muss die Bank den Anleger hinwiesen (Palandt-Heinrichs, § 280 Rn. 49 m. w. N.). Ein Anlageberater muss auf die eingeschränkte Handelbarkeit von Kommanditbeteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds hinweisen (BGH WM 2007, 542). 64
III. Kontoverbindung. Hinsichtlich der Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute im Rahmen der Kontoverbindung ist zwischen Kontoeröffnung und Kontoführung sowie der Erteilung einer Kontovollmacht zu unterscheiden. Zu den Informationspflichten der Bank sind im Übrigen § 675a BGB sowie § 12 BGB-InfoVO (Konditionen für Überweisungen) zu beachten.
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1. Kontoeröffnung. Es besteht keine Pflicht der Bank, dem Kunden die unterschiedlichen Konten und die sich daraus ergebenden rechtlichen Möglichkeiten zu erläutern (OLG Celle WM 1994, 1069 (1070); Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 2). Anders ist dies nur, wenn der Kunde eine entsprechende Aufklärung verlangt oder wenn die Bank ein bestimmtes Konto empfiehlt oder wenn sie Fehlvorstellungen des Kunden erkennt (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 2). Ob die Bank vor den Risiken eines Gemeinschafts- oder Oder-Kontos warnen muss, ist streitig (dagegen die wohl h. M.: OLG Köln ZIP 1980, 979 (980 f.); OLG Oldenburg WM 1987, 554 (555); Vortmann, Rn. 77; dafür: Canaris, Rn. 117). Wenn Eheleute von sich aus ein solches Konto eröffnen wollen, dürfte eine Aufklärungspflicht jedenfalls abzulehnen sein (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 3).
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2. Kontoführung. Im Rahmen der Kontoverbindung hat die Bank aus dem Geschäftsbesorgungsverhältnis gemäß §§ 675, 666 BGB die Pflicht, ohne Verlangen des Kontoinha-
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bers fortlaufend über den Stand des Kontos zu unterrichten (BGH ZIP 1985, 1315 (1316)). Darüber hinaus bestehen keine besonderen Aufklärungs- oder Warnpflichten, insbesondere besteht – auch beim Treuhand- oder Anderkonto – grundsätzlich keine Pflicht zur Kontrolle der Kontobewegungen (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 4). Die Bank ist aber natürlich nicht gehindert, derartige Kontrollaufgaben durch vertragliche Vereinbarung zu übernehmen (BGH WM 1973, 722 (723)). Ohne weiteres jedoch muss sie nicht prüfen, ob ihr Kunde im Verhältnis zu Dritten befugt war, als alleiniger Kontoinhaber für bestimmte Einzahlungen aufzutreten (BGH WM 1975, 1200 (1201)). Ohne konkreten Verdacht hat die Bank auch nicht zu prüfen, ob sich Maßnahmen des Geschäftsführers einer GmbH, die mit der Bank in girovertraglicher Verbindung steht, im Rahmen pflichtgemäßer Geschäftsführung bewegen. Drängt sich dagegen ein solcher Verdacht auf, hat die Bank die Interessen ihrer Kundin durch geeignete Maßnahmen zur Verhinderung einer Schadensersatzpflicht zu wahren (BGH WM 1976, 474; WM 1984, 730 (731); WM 1986, 418 f.). Kaufleute müssen nicht auf die Möglichkeit einer Zinskompensation durch die Verrechnung von Haben- und Sollkonto aufmerksam gemacht werden (OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 426 (427)). Bei Rückzahlungen (Auszahlung eines Guthabens) entstehen nur ganz ausnahmsweise Aufklärungspflichten der Bank, nämlich dann, wenn damit für den Kunden Nachteile verbunden sind (vgl. Schimansky/Bunte/LwowskiSiol, § 44 Rn. 5). 3. Kontovollmacht. Bei Bestehen einer Kontovollmacht muss die Bank nicht die Verfügungen des Bevollmächtigten überwachen, um den Vollmachtgeber in Missbrauchsfällen warnen zu können. Eine Prüfungspflicht bei der Vollmachtsausübung obliegt der Bank nur, wenn aufgrund konkreter Verdachtsmomente eine missbräuchliche Verfügung evident erscheint (std. Rspr., vgl. nur BGH WM 1994, 1204 (1206)). Allerdings kann bereits bei bloßem Verdacht treuwidrigen Handelns des Bevollmächtigten eine Pflicht der Bank zur Rückfrage beim Kontoinhaber bestehen (BGH WM 1966, 491 (492 f.)).
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Die Bank ist nicht verpflichtet, den Erben des Kontoinhabers nach dessen Tod auf fortbestehende Bankvollmachten zugunsten Dritter hinzuweisen, damit dieser von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen kann. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich der Erbe als solcher nicht ausreichend legitimiert oder ihm das Bestehen der Vollmachten bekannt ist (BGHZ 127, 239 (243)).
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IV. Kreditsicherheiten. Die Bank prüft Kreditsicherheiten grundsätzlich nur im Eigeninteresse, gleichgültig, ob sie vom Darlehensnehmer oder einem Dritten gestellt werden. Informationspflichten gegenüber dem Kunden bestehen daher im Allgemeinen nicht (BGH NJW 1982, 1520 f.; NJW 1992, 1820; NJW-RR 1987, 1291 (1292); NJW-RR 1991, 170 f.). Das gilt auch für Gesetzesänderungen, die sich steuerlich nachteilig auf bereits eingeräumte Sicherheiten auswirken (BGH NJW 1998, 305 f.). Eine Aufklärungspflicht besteht ausnahmsweise, wenn die Bank im Gegensatz zum Kunden weiß, dass mit einer von ihr geforderten Sicherheit steuerliche Nachteile verbunden sind (Schimansky/Bunte/ Lwowski-Siol, § 44 Rn. 66).
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1. Bürgschaft und Schuldmitübernahme. Die Bank muss grundsätzlich nicht über das Risiko einer Bürgschaft oder einer Schuldmitübernahme aufklären (BGH NJW 1990, 1034 f.). Das gilt sowohl für die rechtliche Tragweite als auch für die wirtschaftlichen Auswirkungen. Das Bürgschaftsrisiko darf sie als allgemein bekannt voraussetzen, es wird zudem durch die Schriftform des § 766 BGB offengelegt (BGHZ 25, 318 (320 f.); BGH NJW-RR 1986, 210; NJW 1996, 1274 (1275); kritisch Knops, § 25 Rn. 5 ff.) Diese Grundsätze gelten auch für ausländische Bürgen oder Schuldmitübernehmer, denen es etwa durch Nachfrage beim Gläubiger i. d. R. zuzumuten ist, sich über die Bedeutung einer Bürgschaftserklärung zu informieren (BGH NJW 1997, 3230 (3231)). Auch wenn
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eine Bank einen Kredit bei einer anderen Bank ablösen will, braucht letztere die ablösende Bank nicht über die Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers zu informieren, da dies der ablösenden Bank i. d. R. selbst möglich ist (BGH NJW 1989, 2882 ff.). 71
Eine Aufklärungspflicht besteht ausnahmsweise, wenn die Bank aufgrund besonderer Umstände davon ausgehen muss, dass der Bürge über das Risiko nicht hinreichend informiert ist und die Bedeutung einer Bürgschaftserklärung nicht durchschaut (Schimansky/ Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 69; Vortmann, Rn. 194a ff.). Dies gilt erst recht dann, wenn die Bank einen Irrtum des Bürgen über sein erhöhtes Risiko veranlasst hat (BGH NJWRR 1986, 210; NJW-RR 1987, 1291; NJW-RR 1991, 170 f.) oder das Bürgschaftsrisiko bagatellisiert (OLG Celle WM 1988, 1436 (1438)). Eine Haftung besteht auch dann, wenn der Bürge, der die Bestellung einer Grundschuld abgelehnt hat, nicht darauf hingewiesen wird, dass auch die Bürgschaft einen Zugriff auf das Grundstück ermöglicht (BGH ZIP 1999, 1345 f.) oder wenn die Bank weiß, dass der Hauptschuldner kreditunwürdig ist und sie davon ausgehen muss, dass der Bürge dies nicht durchschaut (Schimansky/Bunte/ Lwowski-Siol, § 44 Rn. 69). Die Bank muss sich in diesem Fall notfalls beim Hauptschulnder darum bemühen, vom Bankgeheimnis entbunden zu werden (OLG Hamm ZIP 1982, 1061 (1062)).
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2. Andere Sicherheiten. Die von der Rspr. entwickelten Grundsätze zur Aufklärungspflicht gegenüber dem Bürgen gelten wegen vergleichbarer Interessenlage auch gegenüber dem Besteller anderer Sicherheiten, insbesondere bei der Sicherungsgrundschuld. Die Bank prüft die vom Kreditnehmer angebotenen Sicherheiten ausschließlich im eigenen Interesse und ist deshalb nicht zur Überprüfung und anschließender Aufklärung hinsichtlich der Werthaltigkeit einer Grundschuld verpflichtet (BGH ZIP 1982, 545). Die Bank muss insbesondere dann nicht über den Umfang des Risikos aufklären, wenn die Bestellung auf Veranlassung des Schuldners geschieht (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 74).
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3. Verwertung von Sicherungsgut. Bei der Verwertung von Sicherungsgut muss die Bank auf die Interessen ihrer Kunden Rücksicht nehmen (BGH NJW 1997, 1063 (1064); 2000, 352 (353); 2000, 3273 (3274)); nicht dagegen bei der Hereinnahme (BGH NJW 1982, 1520; 1992, 1820: keine Pflicht zur Prüfung der Werthaltigkeit). Hat der Sicherungsgeber vorweg einer bestimmten Verwertungsart zugestimmt, handelt die Bank nicht pflichtwidrig, wenn sie diese Verwertung vornimmt und sich nicht um einen höheren Erlös bemüht (BGH NJW 2000, 3273 (3274)). Auf vom Sicherungsgeber nachgewiesene günstigere Angebote braucht sie sich nur einzulassen, wenn dieser den Vertrag abschlussreif vorlegt und eine risikolose Abwicklung gesichert erscheint (BGH NJW 2000, 352 (353)); allerdings muss sie einem freihändigen Verkauf zustimmen, wenn dieser ein deutlich besseres Ergebnis erwarten lässt als die Versteigerung (OLG Köln ZIP 1995, 1668 (1670)). Über Zeit und Ort einer Verwertung von Sicherheiten sollte die Bank den Kunden aufklären, um ihm zu ermöglichen, daran mitzuwirken oder eine ungünstige Verwertung durch Zahlung abzuwenden (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 67).
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V. Zahlungsverkehr. Für die bankmäßige Abwicklung des Zahlungsverkehrs (Überweisungs-, Lastschrift- und Scheckeinziehungsverkehr) gilt der Grundsatz, dass die Bank nicht Ratgeberin des Kunden ist (RGZ 54, 329 (332 f.); MünchKommHGB-Hadding/ Häuser, ZahlungsV, Rn. A 158). Den am Überweisungsverkehr beteiligten Banken obliegen deshalb grundsätzlich keine Aufklärungs- und Beratungspflichten gegenüber Überweisendem und Überweisungsempfänger. Wegen des begrenzten Geschäftszwecks eines technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Zahlungsverkehrs und der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorfälle müssen sich die Kreditinstitute grundsätzlich nicht um die
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Interessen ihrer Kunden kümmern (BGH WM 1992, 1392 (1394); NJW 1987, 317 f.; MünchKommHGB-Hadding/Häuser, ZahlungsV, Rn. A 158). Ohne besondere Vereinbarung besteht keine Pflicht der Bank, Kontobewegungen zu kontrollieren (BGH WM 1973, 722 (723)) oder vor den Risiken eines „Oder-Kontos“, insbesondere der damit verbundenen gesamtschuldnerischen Haftung, zu warnen (MünchKommHGB-Hadding/Häuser, ZahlungsV, Rn. A 158; a. A. Canaris, Rn. 117). Von diesem Grundsatz macht die Rechtsprechung allerdings Ausnahmen, insbesondere im Vorstadium der Insolvenz (vgl. Vortmann, Rn. 221 ff. m. w. N.). Diesbezüglich ist zwischen Überweisungs-, Lastschrift- und Scheckeinziehungsverkehr zu unterscheiden (dazu Rn. 76 ff.). Die Bank hat dem Kunden Auskunft zu geben, z. B. um ihm zu ermöglichen, die Durchführung eines Zahlungsvorgangs gegenüber einem Dritten nachzuweisen (BGH NJW 1985, 2699). Die Übersendung von Tagesabschlüssen und periodischen Rechnungsabschlüssen schließt einen weiteren Auskunftsanspruch, ggf. gegen Entgelt, nicht aus, soweit der Kunde den Verlust der früheren Information glaubhaft macht und das Verlangen nicht unzumutbar ist (BGH NJW 2001, 1486 ff.; OLG Schleswig NJW-RR 2000, 780). Ein umfassender Rechnungslegungsanspruch des Kunden bei Beendigung des Girovertrags besteht daneben nicht mehr (BGH NJW 1985, 2699).
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1. Überweisungsverkehr. Ist der mit der Überweisung beauftragten Bank bekannt, dass der Zusammenbruch des Zahlungsempfängers oder der Empfängerbank droht, kann sie nach Treu und Glauben aus dem Geschäftsbesorgungsverhältnis verpflichtet sein, den Überweisungsauftrag nicht ohne vorherige Rückfrage beim Kontoinhaber auszuführen (BGH WM 1963, 829 (830); 1978, 588; NJW 1987, 317 (318)). Der bloße Verdacht, der Zahlungsempfänger könne alsbald in Konkurs fallen, begründet dagegen noch keine Warnpflicht (BGH WM 1961, 510 (511); NJW 1987, 317 (318)). Anders aber, wenn der Auftraggeber zuvor eine im Zusammenhang mit der Überweisung stehende Bankauskunft über den Zahlungsempfänger eingeholt hatte und sich die wirtschaftliche Lage des Empfängers danach erheblich verschlechtert (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 84). Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungsempfängers werden der beauftragten Bank regelmäßig nur dann bekannt sein, wenn es sich hierbei um eine andere Bank oder um einen Kunden der beauftragten Bank (sog. Hausüberweisung) handelt. Zumindest im letzten Fall muss die Bank auch die berechtigten Interessen des Zahlungsempfängers an einer noch möglichen Sanierung berücksichtigen. Das gilt jedoch dann nicht mehr, wenn das Insolvenzverfahren bereits eröffnet oder abzusehen ist, dass Sanierungsversuche keinen Erfolg haben werden (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 81).
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Die Bank hat nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs gegenüber ihren Kunden eine Warnpflicht, wenn sie aufgrund massiver Anhaltspunkte den Verdacht hegt, dass ein Kunde bei der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr einen anderen durch eine Straftat schädigen wolle. Eine Bank, die weiß, dass der Inhaber eines bei ihr geführten Girokontos darauf eingehende Zahlungen für fremde Rechnung anzulegen hat, und die aufgrund massiver Verdachtsmomente argwöhnt, der Kontoinhaber veruntreue die Gelder, hat jedenfalls dann eine Warnpflicht, wenn der Kontoinhaber auf einen entsprechenden Vorhalt den Verdacht nicht ausräumen kann. Unter diesen Umständen besteht die Warnpflicht nicht nur, wenn die Veruntreuung der Bank bekannt ist, sondern auch wenn sie aufgrund massiver Verdachtsmomente objektiv evident ist (BGH NJW 2008, 2245 = WM 2008, 1252). Dem stehe auch weder das bei einer Interessenabwägung hinter der Warnpflicht zurücktretende Bankgeheimnis noch das in § 11 V Geldwäschegesetz festgeschriebene Verbot entgegen, den Auftraggeber einer Finanztransaktion von einer Verdachtsanzeige gegen ihn zu unterrichten, denn die Vorschrift verbiete nicht
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die Warnung vor einer drohenden Veruntreuung (BGH NJW 2008, 2245 = WM 2008, 1252). 78
Die beauftragte Bank ist stets verpflichtet, den Kunden über die Undurchführbarkeit des Überweisungsauftrags wegen mangelnder Kontodeckung zu unterrichten, damit dieser ihm drohende Nachteile abwenden kann (BGH WM 1978, 637; NJW 2001, 1419 (1420); LG Bonn NJW-RR 2000, 52 f.). Gleiches gilt für den Umfang einer Kontosperre (OLG Rostock ZIP 2002, 429). Vor der Ausführung von Verfügungen, die zu einer außergewöhnlichen Kontoüberziehung führen, soll der Kunde ggf. zu unterrichten sein (LG Nürnberg-Fürth ZIP 2001, 786). Bei rechtlichen Bedenken gegen die Überweisung besteht eine Hinweispflicht, so z. B. bei Auslandsüberweisungen, wenn durch den Auftrag devisenrechtliche Vorschriften verletzt werden (BGHZ 23, 222 (223 ff.)). Das Kreditinstitut darf sich ansonsten aber auf eine formale Prüfung beschränken, ob der Überweisungsauftrag nach seinem äußeren Erscheinungsbild den Eindruck der Echtheit erweckt (OLG Köln NJW-RR 1999, 1725). Die Grundsätze zur Warnpflicht der mit der Überweisung beauftragten Bank gelten mangels einer Rechtsbeziehung zum Auftraggeber nicht für die Empfängerbank (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 85 m. w. N.) und auch nicht für den Abrechnungsverkehr der Deutschen Bundesbank.
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2. Lastschriftverkehr. Die Pflichten der Bank im Lastschriftverfahren entsprechen weitgehend denen im Überweisungsverfahren. Die Schuldnerbank muss demgemäß den Schuldner warnen, wenn sie weiß, dass der Gläubiger insolvent geworden ist. Demgegenüber besteht mangels vertraglicher Beziehungen keine Warnpflicht der Gläubigerbank gegenüber dem Schuldner. Bei Nichteinlösung der Lastschrift bestehen Informationspflichten der Schuldnerbank sowohl gegenüber dem Schuldner als auch gegenüber der Gläubigerbank (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 92; BGHZ 69, 82 (85 ff.)).
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3. Scheckverkehr. Im Scheckverkehr besteht grundsätzlich keine Hinweispflicht der Inkassobank oder der bezogenen Bank gegenüber dem Scheckaussteller, wenn sie erkennt, dass der Scheckeinreicher insolvent zu werden droht (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 93; Canaris, Rn. 107). Wegen der besonderen Funktion des Schecks als bargeldähnliches Zahlungsmittel sind die für das Lastschriftverfahren geltenden Grundsätze nicht ohne weiteres auf den Scheckverkehr zu übertragen (Schimansky/Bunte/LwowskiSiol, § 44 Rn. 93). Eine Warnpflicht kommt aber in Betracht, wenn der Scheckeinreicher erkennbar strafbar gegenüber dem Aussteller handelt (Canaris, Rn. 107). Die Bank hat dem Kunden grundsätzlich Auskunft über den Einlöser eines Schecks zu erteilen (BGH NJW 1997, 2528). Sie hat ihm außerdem mitzuteilen, wenn sie einen Scheck mangels Deckung – nicht einlösen will (Canaris, Rn. 107).
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C. Beweislast, prozessuale Fragen I. Darlegungs- und Beweislast. Grundsätzlich trägt derjenige, der Ansprüche aus c. i. c. oder vertraglicher Haupt- oder Nebenpflichtverletzung herleitet, für das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Ansprüche die Darlegungs- und Beweislast. Das gilt auch für die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten (vgl. zuletzt BGHZ 166, 56 = NJW 2006, 1429 (1430) = JZ 2006, 1080 m. krit. Anm. Einsele). Die Rechtsprechung hat jedoch für die Verletzung vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten durch Kreditinstitute bedeutende Ausnahmen von diesem Grundsatz begründet. Bei deliktischen Ansprüchen bleibt es demgegenüber bei der grundsätzlichen Beweislast des Anspruchstellers.
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1. Pflichtverletzung und Schaden. Der Kunde hat die Pflichtverletzung und den Schaden zu beweisen. Da die Pflichtverletzung häufig in einer Nichtaufklärung liegen wird,
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muss der Kunde einerseits beweisen, dass der Bank tatsächlich entsprechende Pflichten oblagen und andererseits den Negativbeweis der Nichtaufklärung führen. Die Rechtsprechung erleichtert dem Kunden die Beweisführung dadurch, dass die Bank die Behauptung der Nichtaufklärung substantiiert bestreiten muss und der Kunde dann lediglich die Unrichtigkeit der Gegendarstellung der Bank beweisen muss (BGHZ 61, 118 (120); BGH NJW-RR 1990, 1422 (1423); OLG Düsseldorf WM 1996, 1082 (1086); BGHZ 166, 56 = NJW 2006, 1429 (1430)). Nach der neueren Rechtsprechung des BGH zu den sog. Schrottimmobilien (dazu oben Rn. 59) bestehen für die Anleger Erleichterungen für den Nachweis eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens der Bank wegen eines aufklärungspflichtigen Wissensvorsprungs. Danach können sich die Anleger in Fällen institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgewährenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen. Die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler, sei es auch nur über einen von ihm benannten besonderen Finanzierungsvermittler, angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles objektiv evident ist, so dass sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradzu verschlossen (BGHZ 168, 1 (22 ff.); 169, 109 (115); BGH WM 2007, 114 (115); ZIP 2007, 414 (418); WM 2007, 876 (882); WM 2008, 1260). Ob diese Beweiserleichterungen getäuschten Anlegern tatsächlich weiterhelfen, erscheint angesichts der Rechtsprechung des BGH zum Kausalitätsnachweis (dazu Rn. 83) zweifelhaft (kritisch daher z. B. auch Jungmann, NJW 2007, 1562 (1565) und oben Rn. 49, 59). Trotzdem ist diese Beweiserleichterung als Fortschritt gegenüber der zuvor sehr restriktiven Linie des XI. Zivilsenats des BGH zu begrüßen. 2. Kausalität. Bei der Beweislastverteilung hinsichtlich der Kausalität, bei der der Geschädigte grundsätzlich beweisen müsste, dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einer Weise verhalten hätte, die die Entstehung des Schadens verhindert hätte, gelten Besonderheiten. Der Kunde kann sich nach der Rechtsprechung des BGH jedenfalls dann auf die einer Beweislastumkehr gleichkommende Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen, wenn es nur eine Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gibt. Die Bank muss demnach beweisen, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßer Information eingetreten wäre, dass der Kunde also den Rat oder die Information nicht befolgt hätte. Unklarheiten gehen dabei zu Lasten der Bank (BGHZ 61, 118 (121 f.); 124, 151 (159 f.); BGH WM 1994, 1466 (1467); NJW-RR 1998, 1271 (1272); kritisch dazu Lang, WM 2000, 450 (460 ff.)). Bestanden mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens, bleibt es beim allgemeinen Grundsatz, wonach der Kunde den vollen Kausalitätsbeweis erbringen muss (Schimansky/Bunte/Lwowski-Siol, § 44 Rn. 52 m. w. N.). In den Schrottimmobilien-Fällen verlangt der BGH von den klagenden Anlegern den vollen Beweis dafür, dass sie den Darlehensvertrag bei ordnungsgemäßer Belehrung auch tatsächlich widerrufen und die Anlage nicht getätigt hätten (BGHZ 169, 109 = NJW 2007, 357). Dies ist mit dem vom EuGH in diesen Fällen geforderten Gebot eines effektiven Verbraucherschutzes nicht vereinbar (vgl. bereits oben Rn. 59).
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3. Verschulden. Steht die Pflichtverletzung fest, muss die Bank beweisen, dass sie kein Verschulden trifft (§ 280 I 2 BGB). Das folgt entsprechend allgemeinen Grundsätzen bereits daraus, dass die Schadensursache aus dem Gefahrenbereich der Bank stammt und der Kunde keinen Einblick in die Umstände hat, die zum Unterlassen der Aufklärung geführt haben (BGHZ 23, 288 (290 f.); 28, 251 (254); BGH NJW 1964, 2058). Die Beweislast für das Mitverschulden trägt der Schädiger. II. Prozessuale Fragen. Die Zuständigkeit des Gerichts, bei dem Schadensersatzansprüche aus unterlassener oder fehlerhafter Aufklärung oder Beratung geltend zu machen sind, richtet sich nach den allgemeinen Regeln, also §§ 23, 71 GVG für die sachliche Zuständigkeit sowie §§ 12 ff. ZPO für die örtliche Zuständigkeit. Als Ergänzung zum am 1.11.2005 in Kraft getretenen KapMuG (dazu eingehend unter § 63) hat der Gesetzgeber in § 32b ZPO (beschränkt bis zum 1.11.2010) einen ausschließlichen Gerichtsstand für Klagen geschaffen, mit denen Schadensersatz wegen falschen, irreführenden oder unterlassenen öffentlichen Kapitalmarktinformationen geltend gemacht wird. Die Vorschrift findet jedoch keine Anwendung, wenn ein Beklagter wegen Verletzung eines Anlageberatungsvertrags auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, auch wenn er sich bei der Beratung auch auf öffentliche Kapitalmarktinformationen bezogen hat (BGH WM 2007, 587). Zum Streitwert gelten keine Besonderheiten. Maßgeblich ist die Höhe des geltend gemachten Schadens.
Tonner
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Schrifttum Balzer, Abkehr vom allgemeinen Bankvertrag, BKR 2002, 1092; Bengs/Grudzien, Biometrie in der Kreditwirtschaft, DuD 2007, 157; Bilsdorfer, Die Informationsquellen und -wege der Finanzverwaltung, 7. Auflage 2005; Cöster/Intemann, Rechtsschutzmöglichkeiten beim behördlichen Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 und 8 AO, DStR 2005, 1249; Göres, Zur Rechtmäßigkeit des automatisierten Abrufs von Kontoinformationen – Ein weiterer Schritt zum gläsernen Bankkunden, NJW 2005, 253; Grabau/Hundt/Hennecka, Das Bankgeheimnis und § 30 a III AO, ZRP 2002, 430; Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 9. Auflage 2007; Huber, Das Bankgeheimnis der Nachrichtendienste, NJW 2007, 881; Koch, Bankgeheimnis im Online- und Internet-Banking, MMR 2002, 504; Lüttge, Unternehmensumwandlungen und Datenschutz, NJW 2000, 2463; Maidorn, Der automatisierte Kontenabruf – Rechtsschutz gegen einen „Realakt“, NJW 2006, 3752; Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 50. Auflage 2007; Möller, Data Warehouse als Warnsignal an die Datenschutzbeauftragten, DuD 1998, 555; Möncke, Data Warehouses – eine Herausforderung für den Datenschutz?, DuD 1998, 561; Müller, Staatliche Überwachung privater Konten – Ein Erfolg für den Datenschutz?, DuD 2002, 601; Niedermeier/Schröcker, Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden aufgrund rechtswidriger Datenverarbeitung, RDV 2002, 217; Prost, Bankgeheimnis und neues Strafprozessrecht, NJW 1976, 214; Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Modernisierung des Datenschutzrechts (Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums des Innern), 2001; Roth, Der allgemeine Bankvertrag, WM 2003, 480; Schaffland, Datenschutz und Bankgeheimnis bei Fusionen – (k)ein Thema?, NJW 2002, 1539; Selmer, Steuerrecht und Bankgeheimnis, 1981; Simitis, Bundesdatenschutzgesetz, 6. Auflage 2006; Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Loseblattsamm., Stand: 05/08; Wengert/Widmann/Wengert, Bankenfusionen und Datenschutz, NJW 2000, 1289; von Zezschwitz, Überwachungsexzess im neuen Steuerrecht, RDV 2002, 117. Inhaltsübersicht A. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I. Datenschutz als Grundrecht . . . . . . . . . . . . 1 II. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . 2 III. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1. Personenbezogene Daten . . . . . . . . . . . 3 2. Datenverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3. Nutzung personenbezogener Daten für einen anderen Zweck . . . . . . . . . . . . 6 4. Besondere Arten personenbezogener Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 5. Unrichtige Daten, Sperren und Löschen 8 IV. Technischer Aspekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 B. Praktische Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . 10 I. § 30a AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1. Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 3. Aussichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 II. Automatisierter Abruf von Konteninformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13-15 III. Datenschutz bei Fusionen . . . . . . . . . 16, 17 IV. Nutzung von Girokontodaten, Data Warehouses. . . . . . . . . . . . . . . . . 18, 19 V. Datenübermittlung an strafrechtliche Ermittlungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . 20 C. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Verletzung der Rechte Betroffener durch das Kreditinstitut . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Verwaltungsrechtsweg . . . . . . . . . . . . . . . 24 III. Bußgeldregelungen und nebenstrafrechtliche Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
Stichwortverzeichnis Abwendungsauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Anwendungserlass zur AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Aufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Authentifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 automatisierter Abruf von Konteninformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13, 14, 15 Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Bankvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Beweislastumkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 biometrische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Bundesnachrichtendienste. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Data Warehouse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Datenverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Fusion (nach erfolgter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Fusion (vor) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Girokontodaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Guthabenkonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 immaterieller Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Kontrollmitteilungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 personenbezogene Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Rasterfahndung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Sammelauskünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Schadenersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Schufa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 SWIFT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Telefonberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
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Art. 29 EGDSRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Art. 31 EGDSRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 § 24c KWG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
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§ 30a AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10, 11, 12 § 93 VII AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 § 93 VIII AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
A. Begriff I. Datenschutz als Grundrecht. Datenschutz ist ein Grundrecht, das das BVerfG in seinem Volkszählungsurteil 1983 unmittelbar aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der Menschenwürde abgeleitet hat. Danach gewährleistet das Grundrecht die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (BVerfGE 65, 1).
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II. Rechtliche Grundlagen. Die allgemeinen datenschutzrechtlichen Grundlagen für deutsche Kreditinstitute ergeben sich aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), wenn Daten in oder aus Dateien verarbeitet werden, nämlich aus den §§ 4 ff. und 27 ff. Die spezialgesetzlichen Regelungen zum Datenschutz gehen den allgemeinen Bestimmungen des BDSG vor (§ 1 III BDSG). Für den Datenschutz innerhalb der Europäischen Union ist die Richtlinie 95/46 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (EGDSRL) einschlägig. Die Aufsichtsbehörden werden von den Ländern bestimmt (§ 38 VI BDSG). Für die Banken sind die Aufsichtsbehörden des Datenschutzes für den nicht-öffentlichen Bereich zuständig. Einige Länder sehen für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, z. B. Sparkassen, vor, dass der Landesdatenschutzbeauftragte die Aufgaben der Kontrollbehörde wahrnimmt, z. B. in § 3 VI HDSG und in § 2 IV LDSG R-P. Die Koordinierung des Datenschutzes auf europäischer Ebene obliegt der aus Vertretern der nationalen Kontrollstellen zusammengesetzten Datenschutzgruppe nach Art. 29 der EGDSRL und dem aus Vertretern der Mitgliedstaaten bestehenden Ausschuss nach Art. 31 der EGDSRL.
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III. Inhalt. 1. Nach § 3 I BDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person, dem Betroffenen. Auf den Datenschutz können sich danach keine juristischen Personen des Privat- oder öffentlichen Rechts berufen. Auch Kreditinstitute können das Grundrecht auf Datenschutz nicht in Anspruch nehmen.
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2. Datenverarbeitung. Nach § 4 I BDSG sind Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn ein Gesetz dies erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat. Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Ihr muß eine umfassende Information über die beabsichtigte Datenverarbeitung vorausgehen. Die Einwilligung ist grundsätzlich schriftlich zu erteilen (§ 4a I BDSG). In der Regel werden Kreditinstitute personenbezogene Daten für eigene Zwecke erheben, nutzen und verarbeiten. Verarbeiten bedeutet Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen (§ 3 IV BDSG). Das Erheben, Nutzen und Verarbeiten (außer Sperren und Löschen) personenbezogener Daten ist dann zulässig, wenn es der Vertragsabwicklung mit dem Kunden dient, zur Wahrung berechtigter Interessen der Bank, oder wenn die Daten allgemein zugänglich sind (§ 28 I BDSG). Die Zweckbindung aus einem Vertragsverhältnis hat Vorrang bei der Beurteilung der Datenverarbeitung. Die weiteren Alternativen einer zulässigen Datenverarbeitung, nämlich die Wahrung berechtigter Interessen und die allgemeine Zugänglichkeit der Daten, haben zwar grundsätzlich selbständigen Charakter, sind bei Bestehen eines Vertragsverhältnisses aber eng auszulegen (Hinweis Nr. 3 des Innenministeriums zum Datenschutz für die private Wirtschaft, Staatsanzeiger für Baden-Württemberg 1978 Nr. 52, S. 13). Ein Vertragsverhältnis besteht immer nur soweit, wie der Auftrag des Kunden lautet. Aus einer längeren Geschäfts-
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verbindung in Zusammenhang mit einem Giro- oder Darlehensvertrag ergibt sich noch nicht das Bestehen eines eigenständigen allgemeinen Bankvertrages als Rahmenvertrag, der als Grundlage für Datenverarbeitungsvorgänge herangezogen werden könnte. Ein allgemeiner Rahmenvertrag wird dem Vertragsbegriff nicht gerecht, da es an einer eigenständigen bindenden Rechtsfolge fehlt, die durch die von den Parteien abgegebenen Willenserklärungen in Kraft gesetzt wird (BGH NJW 2002, 3695). Die Vertragsbeziehung zwischen Bank und Kunde stellt ein besonderes Vertrauensverhältnis dar (Nr. 2 AGB-Bk). Danach ist die Bank zur Verschwiegenheit über alle kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet, von denen sie Kenntnis erlangt. Dieses besondere Vertrauensverhältnis wird auch als Bankgeheimnis bezeichnet. Informationen über den Kunden darf das Kreditinstitut danach nur weitergeben, wenn gesetzliche Bestimmungen dies gebieten oder der Kunde eingewilligt hat oder die Bank zur Erteilung einer Bankauskunft befugt ist (Grabau/Hundt/Hennecka, ZRP 2002, 430). Das Bankgeheimnis ist daher bei einer datenschutzrechtlichen Bewertung stets besonders zu berücksichtigen (Simitis, § 28 Rn. 134). Hierunter fallen nicht nur Informationen über die Vermögensverhältnisse des Bankkunden, sondern auch über dessen Privatverhältnisse (Koch, MMR 2002, 504 (506)). Die Übermittlung von Kundendaten an die Schufa dient der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses, nämlich idR der eines Giro- oder Darlehensvertrages (Gola/Schomerus, § 28 Rn. 4). Diese Voraussetzung liegt beim Führen eines reinen Guthabenkontos nicht vor. Die Schufa als Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung hat die Aufgabe, Informationen über Kreditabwicklungen zu sammeln und Auskünfte darüber zu geben, um dadurch das Geschäftsrisiko u. a. von Kreditinstituten zu minimieren. Im Fall der Eröffnung eines Guthabenkontos sind ein solches Risiko und damit auch ein berechtigtes Interesse der Kreditinstitute an einer entsprechenden Datenübermittlung nicht zu erkennen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Betroffenen in eine solche Übermittlung eingewilligt haben. Die Einwilligung muss jedoch freiwillig erteilt werden, d. h. der Bankkunde muss eine Wahlmöglichkeit haben. Die Verweigerung der Einwilligung wird aber idR die Versagung eines Girokontos zur Folge haben. Wenn alle Banken in dieser Weise verfahren, wird der Betroffene keine Möglichkeit haben, ein Girokonto zu eröffnen. Ein Girokonto ist aber mittlerweile nahezu unverzichtbar, um am wirtschaftlichen Leben teilnehmen zu können (LG Bremen WM 2005, 2137 (2139)). Die Empfehlung des Zentralen Kreditausschusses vom 9.4.2004 (www.zentralerkreditausschuss.de), jedem Bürger ein Konto auf Guthabenbasis zugänglich zu machen, wurde als Selbstverpflichtung abgegeben, um einen gesetzlichen Kontrahierungszwang abzuwenden (LG Bremen WM 2005, 2137 (2138)). Ein Anspruch auf Eröffnung eines Guthabenkontos kann daraus nicht abgeleitet werden. Die Erklärung kann nicht als verbindliche Willenserklärung stellvertretend für die dem Zentralen Kreditausschuss angehörenden Banken angesehen werden (OLG Bremen BKR 2006, 294 (295)). Sie ersetzt gerade nicht den gesetzgeberischen Akt, einen entsprechenden Anspruch zu begründen. Die Einwilligung in eine Schufaanfrage ist daher unter dem wirtschaftlichen Druck zum Führen eines Girokontos kaum als freiwillig zu bewerten.
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3. Nutzung personenbezogener Daten für einen anderen Zweck ist zulässig zur Wahrung berechtigter Interessen eines Dritten, zur Abwehr von Gefahren für die allgemeine Sicherheit, für Werbe- und Zwecke der Markt- und Meinungsforschung, wenn der Betroffene nicht widersprochen hat, und für Forschungszwecke (§ 28 III BDSG). Werden Daten an Dritte übermittelt, darf der Empfänger die Daten nur zu dem Zweck nutzen, zu dem er sie erhalten hat (§ 28 V BDSG).
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4. Besondere Arten personenbezogener Daten sind Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse und philosophische Überzeugungen,
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Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben (§ 3 IX BDSG). Gerade im Giroverkehr können solche Daten den Kreditinstituten zur Kenntnis gelangen. Aus dem Zahlungszweck können sich z. B. Spenden oder Mitgliedsbeiträge an Parteien oder Gewerkschaften ergeben oder Zahlungen an einen bestimmten Facharzt, so dass Rückschlüsse auf politische Meinungen, Gewerkschaftszugehörigkeit oder Gesundheit gezogen werden können. Beim Erheben, Verarbeiten und Nutzen bestehen hier Einschränkungen (§ 28 VI bis IX BDSG). Zulässig ist die Datenverarbeitung immer bei einer ausdrücklichen Einwilligung (§ 28 VI iVm § 4a III BDSG). Bei der Angabe des Verwendungszwecks im Giroverkehr ist von einer solchen Einwilligung auszugehen. Eine Verwendung darüber hinaus durch die Kreditinstitute dürfte nur schwer in eine Einwilligungserklärung zu fassen sein. 8
5. Unrichtige Daten sind zu berichtigen, Sperren und Löschen richtet sich nach § 35 BDSG.
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IV. Technischer Aspekt. Um missbräuchliche Nutzungen zu verhindern, werden technische Vorgänge idR durch das Verwenden von Passworten und PIN abgesichert. Hierdurch kann aber nicht zuverlässig überprüft werden, ob der Nutzer auch tatsächlich der Berechtigte ist. Eine Authentifizierung kann durch den Einsatz biometrischer Verfahren erreicht werden. Hierbei werden individuelle Merkmale einer Person gemessen. Diese werden sodann mit denen in einer Datei (Identifikation) oder auf einem einzelnen Datenträger (Verifikation) hinterlegten Referenzmerkmalen verglichen (Bengs/Grudzien, DuD 2007, 157). Individuelle Merkmale können z. B. der Fingerabdruck, die Iris oder die Stimme eines Menschen sein (Simitis, § 6 a Rn. 37). Da aber auch diese Merkmale nicht fälschungssicher sind, empfiehlt sich eine Kombination aus dem Einsatz eines biometrischen Verfahrens mit Passwort und PIN. Im Bankenbereich werden diese Verfahren bereits für Zutrittskontrollen in Hochsicherheitsbereichen und im Kassenbereich genutzt. Der Einsatz im Massenkundenverkehr wie an Geldautomaten oder beim Onlinebanking steht noch am Anfang (Bengs/Grudzien, DuD 2007, 157 (158 f.)). Die Speicherung der Referenzmerkmale auf einem einzelnen Datenträger wie z. B. einer Chipkarte entspricht im Gegensatz zu einer Speicherung in einer zentralen Datei dem datenschutzrechtlichen Grundsatz der Datensparsamkeit (§ 3a BDSG). Dieser Lösung ist daher der Vorzug zu geben.
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B. Praktische Anwendungsfälle I. § 30a AO sieht eine Privilegierung von Bankkunden gegenüber der Finanzverwaltung vor. 1. Historie. In dieser Vorschrift haben der Bankenerlass von 1949 und seine Neufassung von 1979 ihren Niederschlag gefunden (Bilsdorfer, S. 76). Der Finanzverwaltung sollte eine gewisse Zurückhaltung bei der Kontrolle der Kunden von Kreditinstituten auferlegt werden, um die Vermögensbildung nicht zu gefährden. Eine wirksame steuerliche Kontrolle wurde dadurch verhindert (Tipke/Kruse, § 30a Rn. 1). 1991 entschied das BVerfG, dass weder der Bankenerlass noch inhaltsgleiches materielles Recht sich so auswirken könnten, dass der Besteuerungsanspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann (BVerfGE 84, 239 ( 276 ff.)). Dennoch blieb die Norm bisher bestehen.
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2. Inhalt. Die Vorschrift schafft zahlreiche Auslegungsprobleme. Das BVerfG hat festgestellt, dass durch die Regelung ein struktureller Erhebungsmangel verursacht wird und darin ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt, da die Steuergerechtigkeit durch das Verbot von Kontrollmitteilungen und Sammelauskünften im Bankenbereich erheblich beeinträchtigt wird (BVerfGE 84, 239 (278 ff.)). In der Folge wurden die Regelungen durch den 8. Senat des BFH verfassungskonform, d. h. einschränkend ausgelegt (BFH
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NJW 1997, 2067 (2070)). Danach kommt ihnen lediglich rechtsbestätigende Wirkung zu. Dies würde bedeuten, dass Kontrollmitteilungen anlässlich der Außenprüfung bei einem Kreditinstitut dann vorgenommen werden dürfen, wenn ein hinreichender Anlass hierfür besteht (§ 30a III AO). Auch Sammelauskunftsersuchen (§ 30a V AO) sollen grundsätzlich nicht auf Fälle beschränkt sein, in denen bereits konkrete Anhaltspunkte für eine entstandene Steuerschuld oder –verkürzung vorliegen. Entscheidend für das Vorliegen eines hinreichenden Anlasses oder von konkreten Anhaltspunkten soll sein, dass die Finanzverwaltung im Rahmen einer getroffenen Prognoseentscheidung im Wege vorweggenommener Beweiswürdigung zu dem Ergebnis kommt, dass Kontrollmitteilungen oder Sammelauskunftsersuchen zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen führen können. Der Gesetzgeber hat jedoch bewußt und zielgerichtet eine Einschränkung der Ermittlungsbefugnisse der Finanzverwaltung vorgenommen (BFH FR 1998, 112). Eine andere Auslegung würde dazu führen, dass § 30a AO überflüssig wäre. Der Schutzcharakter der Norm ginge verloren. 3. Aussichten. Im Rahmen des Abbaus von Steuervergünstigungen wird die Abschaffung des § 30a AO diskutiert. Es ist beabsichtigt, Erkenntnisse bei Außenprüfungen uneingeschränkt verwerten zu können. Die Privilegierung von Bankkunden und die damit verbundenen Auslegungsschwierigkeiten würden damit entfallen.
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II. Automatisierter Abruf von Konteninformationen. Durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz wurde eine Rechtsgrundlage für den automatisierten Abruf von Kontoinformationen geschaffen (§ 24c KWG). Den Kreditinstituten wird die Pflicht auferlegt, eine besondere Kundendatei zu führen, auf die die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zugreifen kann. Bei den zu speichernden Daten handelt es sich um Kontooder Depotnummer, Tag der Errichtung und der Auflösung, Name und eventuell Geburtstag des Inhabers und eines Verfügungsberechtigten sowie Name und Anschrift eines abweichend wirtschaftlich Berechtigten. Es werden jedoch keine Angaben über Kontostand und -bewegungen übermittelt (§ 24c I S. 1 KWG). Die bereits nach § 154 II S. 2 AO bestehende Auskunftspflicht in Einzelfällen wird durch die Pflicht zum Führen dieser besonderen Datei erweitert (v. Zezschwitz, RDV 2002, 117 (120)). Die Kreditinstitute haben den jederzeitigen Zugriff zu ermöglichen und dabei gleichzeitig sicherzustellen, dass ihnen Tatsache und Inhalt des Abrufs nicht bekannt werden (§ 24c I S. 5 und 6 KWG). Voraussetzung für die Abrufe der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen ist die Erforderlichkeit und die besondere Eilbedürftigkeit (§ 24c II KWG). Letztgenannte Voraussetzung ist jedoch nicht geeignet, die Zugriffe zu begrenzen. Das System dient dazu, möglichst schnell Gelder von Verdächtigen sicherzustellen oder einzufrieren. Die Eilbedürftigkeit wird daher der Regelfall und nicht die Ausnahme sein (Müller, DuD 2002, 601 (602)). Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen ist zu einer ausführlichen Protokollierung verpflichtet (§ 24c IV KWG), so dass zumindest im Nachhinein eine Kontrolle möglich ist. Auch eine Abfrage für Dritte ist unter bestimmten Voraussetzungen zulässig (§ 24c III KWG). Eine Pflicht der Banken zur Benachrichtigung der Kunden sieht das BDSG in diesem Fall nicht vor, da die Speicherung und Übermittlung ausdrücklich durch Gesetz vorgesehen ist (§ 33 II Nr. 4 BDSG). Durch Kenntnis oder mögliche Kenntnisnahme des Gesetzes muß der Betroffene mit der Speicherung bzw. Übermittlung rechnen. Im Übrigen würde die Benachrichtigung den Zweck des Datenabrufs gefährden. Im Rahmen des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Kreditinstitut und Kunde sollte jedoch eine generelle Information über den automatisierten Abruf von Konteninformationen, z. B. durch ein Merkblatt oder die AGB, erfolgen (Müller, DUD 2002, 601 (604)).
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Neben den dargestellten Zwecken zur Bekämpfung illegaler Finanztransaktionen dürfen seit dem 01.04.2005 Finanzbehörden (§ 93 VII AO) und weitere Behörden aus den So-
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zialleistungbereichen (Grundsicherung für Arbeitssuchende, Sozialhilfe, Ausbildungsförderung, Aufstiegsfortbildungsförderung und Wohngeld, § 93 VIII AO) ebenfalls auf die o. g. Daten (§ 93b AO) zugreifen. Diese Erweiterung des automatisierten Abrufs von Konteninformationen wurde durch das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit eingeführt. Es soll den Finanzbehörden ermöglicht werden, die Angaben von Steuerpflichtigen ohne unverhältnismäßigen Aufwand zu überprüfen und damit Steuergerechtigkeit zu erzielen. Andere Behörden und Gerichte sollen Leistungsmissbrauch besser als bisher bekämpfen können. Denn es sollen nur diejenigen staatliche Hilfen erhalten, die auch tatsächlich die Voraussetzungen hierfür erfüllen (BVerfGE 112, 284 (293)). Gegen die ursprünglichen Regelungen in § 93 VII und VIII AO waren mehrere Verfahren beim BVerfG anhängig. Zwar entsprechen die Ziele, Steuergerechtigkeit zu fördern und Leistungsmissbrauch zu bekämpfen, den Forderungen der Rechtsprechung (BVerfGE 112, 284 (293)). Die ursprüngliche Gesetzesformulierung ließ jedoch Zweifel aufkommen, ob diese Ziele in verfassungsgemäßer Weise erreicht werden können. Die Regelung, welche Behörden außer den Finanzbehörden Abrufe tätigen dürfen, war unbestimmt. Dies sollten Behörden und Gerichte sein, die aufgrund eines Gesetzes tätig werden, das an Begriffe des EStG anknüpft. Das Einkommenssteuerrecht verwendet eine Vielzahl von Begriffen. Dadurch wurde es nahezu unmöglich, die Behörden zu bestimmen, die einen Abruf tätigen dürfen. Dies steht im Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot (Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 26.11.2004, Staatliche Kontenkontrolle muss auf den Prüfstand, LTDrucks. R-P 14/4660, 107). Der Antrag, die Vorschriften durch einstweilige Anordnung vorläufig auszusetzen, wurde seinerzeit abgelehnt (BVerfGE 112, 284). Das BVerfG berief sich dabei auf die gesetzesergänzenden Regelungen im Anwendungserlass zur AO (AEAO) vom 10.03.2005. Darin wurden die Regelungen insbesondere in Bezug auf die abrufberechtigten Behörden und die Benachrichtung der Betroffenen konkretisiert. In seinem Beschluss vom 13.06.2007 hat das BVerfG § 93 VIII AO in seiner ursprünglichen Form für verfassungswidrig erklärt (1 BvR 1550/03; 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BGBl. I 2007, 1673). Daraufhin hat der Gesetzgeber die Absätze acht bis zehn neu gefasst und Konkretisierungen wie vom BVerfG und den Datenschutzbeauftrgten gefordert direkt in das Gesetz aufgenommen. 15
Der Abruf erfolgt über das Bundeszentralamt für Steuern. Er setzt voraus, dass er für die Aufgabenerfüllung der Behörden erforderlich ist. Die Behörden entscheiden nach ihrem Ermessen, ob sie den Abruf vornehmen. Er kann nur anlassbezogen und zielgerichtet erfolgen und muss sich auf eine bestimmte Person beziehen (BFH NJW 2006, 1230 (1231)). Ermittlungen ins Blaue hinein sind nicht zulässig. Weitere Voraussetzung ist, dass Auskunftsersuchen an den Betroffenen durch Finanzbehörden oder eigene Ermittlungen durch andere Behörden nicht zum Ziel geführt haben bzw. keinen Erfolg versprechen. Andere als Finanzbehörden müssen ihr Ersuchen über die Finanzbehörden richten. Der Abruf kann in automatisierter Form erfolgen (§ 93b II AO). Die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit trägt die anfragende Stelle (§ 93b III AO). Derzeit stellen die berechtigten Behörden einen schriftlichen Antrag auf Abruf von Konteninformationen über die zuständige Finanzbehörde an das Bundeszentralamt für Steuern. Eine elektronische Abfragemöglichkeit ist derzeit noch nicht realisiert. Es ist ausreichend, dass eine auskunftsbegehrende Behörde versichert, eigenes Tätigwerden hätte nicht zum Ziel geführt bzw. verspreche keinen Erfolg. Eine Überprüfung durch das Bundeszentralamt für Steuern findet nicht statt und kann unter diesen Voraussetzungen nicht stattfinden. Das Auskunftsbegehren soll lediglich auf seine Plausibilität überprüft werden. Auch wenn vor der Abfrage keine weitere Überprüfung durch eine andere am
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Verfahren beteiligte Behörde stattfindet, wird das Ermessen der abfragenden Behörde hierdurch nicht ausgeweitet (Göres, NJW 2005, 253 (255)). Unabhängig von der Anzahl der Kontrollinstanzen hat sie ihr Ermessen stets pflichtgemäß auszuüben und die Entscheidungsfindung nachvollziehbar zu dokumentieren (§ 93 X AO). Diese Dokumentation muss nicht im Antrag auf Kontenabfrage vorgenommen werden. Der Betroffene ist vorab über die Möglichkeit des Kontenabrufs zu informieren (§ 93 IX S. 1 AO). Nach Durchführung ist er ebenfalls hierüber zu informieren, soweit hierdurch nicht der Zweck der Maßnahme gefährdet wird (§ 93 IX S. 2 und 3 AO). Durch die Informationspflichten wird eine Überprüfung der Rechtsmäßigkeit des Abrufs ermöglicht. Dass die Bank als nicht am Verfahren Beteiligte keine Kenntnis erhält (§ 93b IV AO iVm § 24c I S. 6 KWG), entspricht den datenschutzrechtlichen Grundsätzen. Der Abruf selbst stellt einen Realakt dar (Maidorn, NJW 2006, 3752 (3753)). Er entspricht einer elektronischen Einnahme des Augenscheins und hat an sich noch keinerlei regelnde Außenwirkung wie ein Verwaltungsakt. Entweder kann er an sich durch Leistungs- bzw. Feststellungsklage gerichtlich überprüft werden oder durch das Vorgehen gegen den Bescheid, in dem der Abruf verwertet wurde (Cöster/Intemann, DStR 2005, 1249 (1249 ff.)). III. Datenschutz bei Fusionen. Die Zahl der Fusionen bzw. Geschäftsübergänge hat gerade in den letzten Jahren eine große Zahl von Kreditinstituten betroffen (Schaffland, NJW 2002, 1539 (1542)). Dies bedeutet eine Bewegung von Millionen von Kundendaten. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist die Situation vor und nach einer Fusion zu bewerten. Vor einer Fusion benötigt der potentielle Fusionspartner Informationen über die Geschäfte des anderen Unternehmens. Eine Datenübermittlung in personenbezogener Form ist grundsätzlich nicht zulässig. Ausnahmen gelten nur dann, wenn die Daten bereits frei zugänglich sind (§ 28 I S. 1 Nr. 3 BDSG). Eine Weitergabe von Kundeninformationen im Zuge der Vertragsverhandlungen liegt zwar im berechtigten Interesse sowohl der übermittelnden als auch der empfangenden Stelle (§ 28 I S. 1 Nr. 2 BDSG). Berechtigtes Interesse ist jeder Zweck, dessen Verfolgung von gesundem Rechtsempfinden gebilligt wird. Auch wirtschaftliche Interessen stellen danach ein berechtigtes Interesse dar (Simitis, § 16 Rn. 17). Die Geschäftsinteressen an der Datenübermittlung sind jedoch mit den Interessen der Kunden am Schutz ihrer personenbezogenen Daten abzuwägen. Hierbei ist allein die Feststellung, dass aufgrund der Vielzahl der Betroffenen eine Einholung der Einwilligung unzumutbar wäre (Schaffland, NJW 2002, 1538 (1541)), nicht ausreichend für die Begründung überwiegender Geschäftsinteressen. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die Geschäftsdaten dem Verhandlungspartner in aggregierter Form zur Verfügung gestellt werden können. Eventuelle Zweifel an der Richtigkeit der Daten können durch Einschaltung eines Treuhänders ausgeschlossen werden (Hinweis Nr. 38 des Innenministeriums zum Datenschutz für die private Wirtschaft, Staatsanzeiger für Baden-Württemberg 2000 Nr. 2, S. 13). Dies entspricht auch dem Gebot der Anonymisierung (§ 3a S. 2 BDSG). Die Auffassung, nach erfolgter Fusion handele es sich bei der Übertragung von Kundendaten um eine Datenübermittlung, da der Empfänger Dritter sei (Wengert/Widmann/ Wengert, NJW 2000, 1289 (1292)), überzeugt nicht, da der übertragende Rechtsträger erlischt (Lüttge, NJW 2000, 2463 (2464)). Mit Eintragung der Verschmelzung geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge das Vermögen der übertragenden auf die übernehmende Bank über (§ 20 I Nr. 1 UmwG). Hierzu zählen auch die Datenbestände des Unternehmens (Schaffland, NJW 2002, 1538 (1540)). Dem Wesen der Gesamtrechtsnachfolge entprechend entfällt ein spezieller Übertragungsakt. Damit erfolgt gerade keine Übermittlung im datenschutzrechtlichen Sinne (Lüttge, NJW 2000, 2463 (2464)).
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IV. Nutzung von Girokontodaten, Data Warehouses Die Auswertung von Girokontodaten in personenbezogener Form dient der Durchführung zielgruppengerechter Werbemaßnahmen. Eine solche Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist nur zulässig, soweit das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat (§ 4 I BDSG). Eine wirksame Einwilligung könnte der Bankkunde mit Abschluss des Girokontovertrages erteilt haben (Rn. 4). Es kommt daher darauf an, wie der Vertrag zwischen Bank und Kunde ausgestaltet ist. Ist er auf eine Einzelleistung beschränkt, legitimiert dies keine umfassende Beratung des Kunden, sondern lediglich eine Nutzung der bekannten Daten im Rahmen der Abwicklung des Einzelvertrages. Die Auswertung von Kontodaten dient nicht mehr der Abwicklung des Giroverkehrs und damit nicht mehr dem Vertragszweck (§ 28 I BDSG). Etwas anderes kann gelten, wenn mit dem Kunden ein umfassender Beratungsvertrag über alle Bankfragen abgeschlossen wurde. Fraglich ist allerdings, ob ein solcher Vertrag wirksam ist, da er womöglich nicht transparent genug für den Kunden die Datenverarbeitungsvorgänge erläutert (Rn. 4). Selbst wenn man von der Wirksamkeit eines Rahmenvertrages zur Abwicklung der Bankgeschäfte ausgehen würde, ergibt sich daraus nicht die Einwilligung zur Datenverarbeitung. Ein Rahmenvertrag könnte lediglich den Anspruch auf Verhandlungen über erweiterte Geschäftsbeziehungen statuieren (Roth, WM 2003, 480 (481)). In dieser Hinsicht würde einem Rahmenvertrag eindeutig der materielle Gehalt fehlen (Balzer, BKR 2002, 1092 (1093)). Die weitere Erklärung, die idR bei der Kontoeröffnung abgegeben wird, man sei mit Telefonberatung und –werbung einverstanden, stellt ebenfalls keine ausreichende Einwilligung dar. Telefonberatung beinhaltet nicht automatisch eine vorausgegangene Datenauswertung. Denn Werbeaktionen können auch erfolgen, ohne dass zuvor ein bestimmter Kundenkreis ausgewählt wurde. Die Auswertung der Girokontodaten stellt auch keine zulässige Änderung des Nutzungszweckes dar (§ 28 II BDSG). Denn sie kann zwar als erforderlich zur Wahrung berechtigter Interessen des Kreditinstituts angesehen werden. Jedoch überwiegt das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung (§ 28 II iVm § 28 I S. 1 Nr. 2 BDSG). Es werden bei der Abwicklung des Giroverkehrs sehr sensitive Daten gem. § 3 IX BDSG verarbeitet (Rn. 7). Damit liegen den Kreditinstituten nicht nur eine Menge Daten vor, sondern auch sehr aussagekräftige Informationen, da Vorgänge des täglichen Lebens über das Girokonto abgewickelt werden. Aus der Gesamtheit der Daten kann sehr schnell ein Persönlichkeitsprofil des Kunden erstellt werden (BVerfGE 115, 166, 193). Da die Teilnahme am Wirtschaftsleben heute fast vollständig über Girokonten läuft, erlangt das Kreditinstitut Kenntnis von Daten mit hoher Persönlichkeitsrelevanz. Gerade in der Zusammenführung auf dem Girokonto und der möglichen Auswertung lassen sich umfangreiche Schlüsse auf das Privatleben der Bankkunden ziehen.
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Eine spezielle Form der Datenauswertung sind Data Warehouses. Hierbei werden alle in einem Kreditinstitut bekannten Daten automatisiert gesammelt und eventuell durch externe Daten ergänzt. Dieser Datenbestand kann dann nach beliebigen thematischen oder statistischen Gesichtspunkten ausgewertet werden (Möller, DuD 1998, 555 (556)). Das kann zur Folge haben, dass Daten eventuell nicht mehr ihrem ursprünglichen Erhebungsund Speicherungszweck dienen, da sie jetzt mit anderen Daten in Kombination andere Nutzungsmöglichkeiten eröffnen. Letztlich kann die Einrichtung von Data Warehouses nur auf die Einwilligung des Betroffenen gestützt werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass umfassend über die Tragweite der Speicherung informiert werden muss (Möncke,
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DuD 1998, 561 (567)). Dies dürfte bei einem Data Warehouse aufgrund dessen Komplexität nur schwer sicherzustellen sein, so dass eine wirksame Einwilligung idR nicht erteilt werden kann. V. Datenübermittlung an strafrechtliche Ermittlungsbehörden. Die Staatsanwaltschaft kann im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens Dritte als Zeugen befragen oder Geschäftsträume durchsuchen (§ 161a StPO). Vor solchen Maßnahmen sind auch Kreditinstitute und ihre Mitarbeiter nicht geschützt. Denn das sog. Bankgeheimnis berechtigt nicht zur Aussageverweigerung, da eine gesetzliche Bestimmung die Weitergabe von Informationen vorschreibt. Banken erteilen daher idR eine sog. Abwendungsauskunft, um Zwangsmaßnahmen zu entgehen. Grundsätzlich findet die freiwillige Mitwirkung der Bank durch die Aufgabenzuweisung des § 161 StPO eine hinreichende Rechtsgrundlage (Selmer, S. 80). Das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunde steht einem solchen Vorgehen nicht entgegen. Durch die Abwendungsbefugnis kann eine Beschlagnahme von Unterlagen idR verhindert werden. Würde das Kreditinstitut es auf eine Zwangsmaßnahme ankommen lassen, könnten viel mehr Daten an die Ermittlungsbehörde gelangen als für das Verfahren notwendig. In einem solchen Fall müsste die Ermittlungsbehörde sämtliche Kundendaten durchsehen, um die wenigen relevanten auszufiltern. Da sie idR nicht mit den bankinternen Vorgängen vertraut ist, wird ihr diese Aufgabe zusätzlich erschwert (Prost, NJW 1976, 214 (215)). Sind die Banken hingegen zur Mithilfe bereit, kann die Ermittlungsbehörde die tatbezogenen Informationen übermitteln, und das Kreditinstitut kann den Abgleich vornehmen. Dadurch erhält die Ermittlungsbehörde nur die für das Verfahren erforderlichen Informationen, und die unbeteiligten Kunden werden geschützt. Eine Generalauskunft über Kunden ohne konkrete Beschuldigung ist in diesem Rahmen unzulässig (Selmer, S. 81). Ein solches Vorgehen stellt keine Rasterfahndung dar (§ 98a StPO). Die Rasterfahndung ist eine besondere Fahndungsmethode unter Nutzung der elektronischen Datenverarbeitung. Die Ermittlungsbehörde lässt sich von anderen öffentlichen oder privaten Stellen personenbezogene Daten übermitteln, um einen automatisierten Abgleich mit anderen Daten vorzunehmen. Durch den Abgleich soll diejenige Schnittmenge von Personen ermittelt werden, auf welche bestimmte, vorab festgelegte und für die weiteren Ermittlungen als bedeutsam angesehene Merkmale zutreffen (BVerfGE 115, 320 (321)). Bei einer Rasterfahndung sind die Fahndungsmerkmale so unbestimmt, dass nur ein Bruchteil der ermittelten Personen tatsächlich unter den Verdacht einer Straftat fällt, der größte Teil der Personen aber zu Unrecht in Verdacht gerät. Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, wenn es tatsächliche Anhaltspunkte für Straftaten eines bestimmbaren Personenkreises gibt und aufgrund der bekannten tatbezogenen Merkmale davon auszugehen ist, dass die zu ermittelnden Personen sich alle strafbar gemacht haben. Die Kreditinstitute sind folglich zur Abwendungsauskunft berechtigt (Meyer-Goßner, § 161 Rn. 4). Bei Auslandsüberweisungen der inländischen Kreditinstitute sind die deutschen Datenschutzbestimmungen (und die EGDSRL) zu beachten. Ein Geldüberweisungsdienst zur Übermittlung von internationalen Zahlungsüberweisungen wird durch die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications (SWIFT) mit Sitz in Belgien abgewickelt, die der datenschutzrechtlichen Kontrolle nach belgischem Recht unterliegt. Ein anderes Unternehmen, das diese Dienstleistungen weltweit anbietet, existiert derzeit nicht, so dass die deutschen Kreditinstitute für die Abwicklung des internationalen Zahlungsverkehrs auf die Dienste von SWIFT angewiesen sind. Sämtliche internationalen Überweisungsdaten – wie Name des Zahlungsanweisenden und -empfängers – werden sowohl für 124 Tage im Rechenzentrum von SWIFT in Belgien gespeichert als auch zum Zwecke der Datensicherung vollständig in einem SWIFT gehörenden Rechenzentrum in
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den USA gespiegelt. Da die amerikanischen Sicherheitsbehörden grundsätzlich Zugang zu den in den USA gespeicherten Daten haben, verlangten die US-Finanzbehörden nach den terroristischen Anschlägen am 11.09.2001 von SWIFT Zugang zu den in den USA gespeicherten Daten. Ende Juni/Anfang Juli 2006 erfuhr die Öffentlichkeit erstmals von diesen Vorgängen. Nach Auffassung der deutschen Datenschutzbehörden für den privaten Bereich ist das SWIFT-Verfahren mit dem deutschen Datenschutzrecht unvereinbar, da die USA über kein angemessenes Datenschutzniveau verfügten, so dass eine Datenverarbeitung dort nur dann zulässig wäre, wenn ein Zugriff der US-Behörden auf die dort gespeicherten Daten ausgeschlossen wäre (etwa durch wirksame Verschlüsselung). Auch die Art. 29-Datenschutzgruppe nach der EGDSRL hat festgestellt, dass für die Praxis von SWIFT eine gültige Rechtsgrundlage und die Möglichkeit einer unabhängigen Überprüfung durch öffentliche Aufsichtsbehörden fehlten und damit mit belgischem und europäischem Recht unvereinbar seien. Es seien aber die Besonderheiten des konkreten Verarbeitungsverfahrens zu prüfen. Allein das allgemein fehlende entsprechende Schutzniveau in nicht der EG angehörenden ausländischen Staaten führe nicht automatisch zur datenschutzrechtlichen Unzulässigkeit (Simitis, § 4d Rn. 46; Gola/Schomerus, § 4d Rn. 11). Um zunächst die gebotene Transparenz herzustellen, ist es notwendig, dass die deutschen Kreditinstitute ihre Kunden informieren, dass bei allen Auslandsüberweisungen personenbezogene Daten auch in die USA übermittelt werden und dort dem Zugriff der Sicherheitsbehörden preisgegeben sind. Nach umfassender Information der Bankkunden ist deren Einwilligung zur Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA einzuholen. Nicht ausreichend ist die Zusicherung von US-Behörden, SWIFT werde die amerikanischen Safe Harbour-Anforderungen erfüllen, welche die Zweckbindung von Daten vorsehen; denn die Safe Harbour-Prinzipien verpflichten nur die daran beteiligten, aber nicht sämtliche US-Unternehmen, europäische Datenschutzanforderungen einzuhalten. Die Einhaltung dieser Prinzipien durch die beteiligten Unternehmen wird zwar vom US-Handels-Department überwacht, doch wird damit der Zugriff der Behörden, also auch der USSicherheitsbehörden, nicht eingeschränkt. Letztlich bleibt nur der Weg, entweder das Rechenzentrum von SWIFT aus den USA in einen Staat der EU zu verlagern oder durch einen völkerrechtlichen Vertrag mit den USA dem Datenschutz in Europa entsprechende Verfahren für die SWIFT-Daten in den USA zu erreichen. 22
Die Nachrichtendienste des Bundes (Bundesverfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst) haben mit dem Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz erweiterte Auskunftsbefugnisse erhalten. Sie sind gem. § 8a II Nr. 2 BVerfSchG, § 2a S. 1 BNDG und § 4a S. 1 MADG berechtigt, von Kreditinstituten Auskünfte zu bestimmten Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere zu Kontostand, Zahlungsein- und –ausgängen, zu verlangen. Die Kontrolle über diese Maßnahmen obliegt jedoch nicht mehr der G 10-Kommission. Den Betroffenen verbleibt nur der Verwaltungsrechtsweg. Da die Kläger mangels Informationen über die Maßnahmen ihr Begehren nicht näher konkretisieren können, ist diese Kontrollmöglichkeit wenig effektiv (Huber, NJW 2007, 881 (882)).
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C. Rechtsmittel I. Verletzung der Rechte Betroffener durch das Kreditinstitut. Fühlt sich ein Kunde in seinen Datenschutzrechten (insbesondere Auskunft, Berichtigung, Löschung oder Sperrung) verletzt, kann er sich an die für das Kreditinstitut zuständige Aufsichtsbehörde
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wenden. Dies ist für ihn kostenfrei. Weiterhin steht ihm der ordentliche Rechtsweg offen, um seine möglichen Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz gegen das Kreditinstitut durchzusetzen. Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch nach BDSG ist die rechtswidrige Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten unter Verstoß gegen das BDSG oder sonstige datenschutzrechtliche Vorschriften (§ 7 S. 1 BDSG). Kann das Kreditinstitut nicht beweisen, dass es den Schaden nicht verschuldet hat, wird dieses Verschulden vermutet (§ 7 S. 2 BDSG). Diese Beweislastumkehr trägt der Tatsache Rechnung, dass der Kunde als Geschädigter idR keinen Einblick in die Datenverarbeitungsvorgänge der Bank hat und daher kaum in der Lage wäre, ein Verschulden nachzuweisen (Niedermeier/Schröcker, RDV 2002, 217 (218)). In den wenigsten Fällen wird jedoch den Betroffenen ein wirtschaftlicher Nachteil entstehen, der als Schadenersatz geltend gemacht werden könnte. Der Ersatz eines immateriellen Schadens bei einer schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts ist zwar nur bei automatisierter Verarbeitung durch öffentliche Stellen ausdrücklich vorgesehen, z. B. in § 25 II LDSG BW, Art. 14 II Bay DSG, § 20 I DSG NW, § 8 II LDSG R-P. Er ist aber bei Rechtsgutverletzungen durch Private nicht ausgeschlossen (Gola/Schomerus, § 7 Rn. 19). Da kein Grund besteht, bei derselben Rechtsgutverletzung private Schädiger besser zu stellen als öffentliche, ist eine Einbeziehung auch des immateriellen Schadens zu fordern (Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, S. 182). Daneben können die in Konkurrenz stehenden Ansprüche des allgemeinen Zivilrechts geltend gemacht werden. II. Verwaltungsrechtsweg. Gegen Maßnahmen der Aufsichtsbehörden steht den betroffenen Kunden und Kreditinstituten der Verwaltungsrechtsweg offen, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i. S. des § 40 VwGO handelt. III. Bußgeldregelungen und nebenstrafrechtliche Normen bestehen daneben (§§ 43, 44 BDSG). Diese werden im Rahmen eines Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahrens durchgesetzt.
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heimnis, ZHR 149 (1985), S. 139 ff.; Rinze/Heda, Non-Performing Loan und Verbriefungs-Transaktionen: Bankgeheimnis, Datenschutz, § 203 StGB und Abtretung, WM 2004, S. 1557 ff.; Rögner, Bankgeheimnis im Spannungsfeld mit dem Kapitalmarktrecht, NJW 2004, S. 3230 ff.; Rüth, Zum sogenannten steuerlichen Bankgeheimnis – 50 Jahre Bankenerlass und 30a AO, DStZ 2000, S. 30 ff.; Sandkühler, Bankrecht, 2. Auflage 1993; Schaefgen, Durchsuchung – Beschlagnahme – Bankgeheimnis, BB 1979, S. 1498 ff.; Schaffland, Datenschutz und Berufsgeheimnis bei Fusion – (k)ein Thema?, NJW 2002, S. 1539 ff.; Schebesta/Vortmann, Die neuen AGB-Banken, 1992; Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer, Veräußerung notleidender Kredite – Aktuelle rechtliche Aspekte bei Transaktion von Non-Performing Loans, DB 2005, S. 1367 ff.; Schraepler, Kreditauskunft – Einschränkung des Bankgeheimnisses, NJW 1972, S. 1836 ff.; Schuhmann, § 30a AO – Schutz von Bankkunden?, Wistra 1995, S. 336 ff.; Selmer, Steuerrecht und Bankgeheimnis, 1981; Sichtermann, Das Bankgeheimnis als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, MDR 1965, S. 697 ff.; Sichtermann, Das Bankgeheimnis und seine Grenzen, MDR 1952, S. 143 ff.; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft, 3. Auflage 1984; Simitis u.a., Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz, 5. Auflage 2003; Sonnenhol, Die neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken, Teil I (Nr. 1 – 10), WM 1993, S. 677 ff.; Spitz, Auskunftspflichten – Bankgeheimnis – Beschlagnahme/Durchsuchung – Zeugenvernehmung im Steuerstrafverfahren, DStR 1981, S. 428 ff.; Stahl, Beschlagnahme von Anderkonten von Berufsgeheimnisträgern bei Kreditinstituten, Wistra 1990, S. 94 ff.; Steindorff, Zivilrechtliche Grundfragen von Bankgeheimnis, Bankauskunft und Persönlichkeitsschutz, ZHR 149 (1985), S. 151 ff.; Stiller, Asset-Backed-Securities und das Bankgeheimnis, ZIP 2004, S. 2027 ff.; Streck/Mack, Banken und Bankkunden im Steuerfahndungsverfahren, BB 1995, 2137 ff.; Thilo, Bankgeheimnis, Bankauskunft und Datenschutzgesetze, NJW 1984, S. 582 ff.; Ungnade, Bankgeheimnis gegenüber den Strafverfolgungsbehörden, WM 1976, S. 1210 ff.; Ungnade/Kruck, Auskunftspflichten der Kreditinstitute gegenüber Finanzbehörden, WM 1980, S. 258; Vogt/Kramer, Steuerliche Ermittlungsbefugnisse bei Kreditinstituten, WM 1997, S. 2156 ff.; Weber, Das deutsche Bankgeheimnis, Die Bank 1996, S. 84 ff.; Wieland, Zinsbesteuerung und Bankgeheimnis, JZ 2000, S. 272 ff.; Wolff, Die Geheimhaltungspflicht der Banken, DB 1968, S. 695 ff.
Inhaltsübersicht A. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Rechtsgrundlagen des Bankgeheimnisses . . . . . . 4 I. Verfassungsrechtliche Grundlagen . . . . . . . 4 II. Zivilrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . 7 C. Inhalt des Bankgeheimnisses. . . . . . . . . . . . . . . 11 I. Gegenstand des Bankgeheimnisses. . . . . . 12 II. Geschützter Personenkreis . . . . . . . . . . . . 17 III. Geheimhaltungsverpflichteter . . . . . . . . . . 22 IV. Dauer der Geheimhaltungspflicht . . . . . . . 26 D. Schranken des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . 27 I. Gesetzliche Bestimmungen . . . . . . . . . . . . 28 1. Bankgeheimnis im Zivilprozess . . . . . . 28 2. Bankgeheimnis im Strafverfahren. . . . . 31
3. Bankgeheimnis im steuerrechtlichen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bankgeheimnis und andere Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . 5. Bankgeheimnis in den Schranken des allgemeinen Rechts . . . . . . . . . . . . 6. Bankgeheimnis und Bundesdatenschutzgesetz . . . . . . . . . . II. Einwilligung des Kunden . . . . . . . . . . . . . III. Befugnis zur Erteilung einer Bankauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Rechtsfolgen einer Verletzung des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43 48 49 53 55 61 62
Stichwortverzeichnis Amtsverschwiegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Anderkonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32, 38 Ausforschungsdurchsuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Auskunftsverweigerungsrecht. . . . . . . . . . . . . . 11, 43 Auskunftsverweigerungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . 11 Aussagegenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29, 31 Berufshelfer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31, 38 Bürge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .60 Bußgeldverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Dienstverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Dienstvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22, 29 Drittschuldnererklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13, 54 ff. Erbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 f., 26, Geheimnisherr. . . . . . . . . . . . 13, 17, 19 f., 26, 55, 56 Geschäftsgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Geschäftsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8, 17
Gewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Hilfspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22, 28 informationelles Selbstbestimmungsrecht . . . . . 5, 53 inneres Bankgeheimnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Insolvenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20, 29 juristische Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17, 53 Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Lastschriftverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Nebenpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7, 22, 29 Negativtatsachen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Nicht-Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 offenkundige Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . .4, 5, 53 f., 62 Pflichtenkollision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .50 f. Pflichtteilsberechtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Scheck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .58 f.
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§ 6 Bankgeheimnis
SCHUFA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Stellvertretung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Steuernachzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Subsidiaritätsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 ff. Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . 36, 40
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Vorpfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Wille – mutmaßlicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 – wirklicher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13, 56 Zeugnisverweigerungsrecht . . . . . . . . . . . . . 28, 31 ff. Zufallsfunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
A. Allgemeines
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Im 21. Jahrhundert ist das Bestehen einer funktionierenden Geschäftsverbindung zu einem Kreditinstitut von nahezu existenzieller Bedeutung. Der bargeldlose Zahlungsverkehr gewinnt für die Abwicklung ganz alltäglicher Vorgänge in immer größerem Umfang an Gewicht. Der Verzicht auf eine Bankverbindung ist heutzutage größtenteils mit dem Ausschluss vom Wirtschaftsleben verbunden. Kaum ein Arbeitgeber erklärt sich noch zu einer Barauszahlung von Gehältern bereit und ein Vermieter wird sich im Regelfall nicht auf die Barzahlung der Miete einlassen. Aber auch die Überweisung zur Begleichung einer im Katalog oder Internet bestellten Ware oder die sich zunehmend durchsetzende Verwendung der EC-Karte zur Zahlung im Supermarkt machen eine Bankverbindung zwingend erforderlich. Da die Bank im Rahmen dieser Geschäftsverbindung unweigerlich an Informationen über den Kunden gelangt, deren Bekanntgabe an Dritte der Kunde im Zweifel nicht wünscht, ist jede bankgeschäftliche Beziehung zwischen Bank und Kunden durch ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis gekennzeichnet (Bruchner/Stützle-Bruchner, S. 1; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 1; vgl. auch Nr. 1 I 1 AGB-Sparkassen), das sich aufseiten der Bank in der Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses konkretisiert (Claussen, § 6 Rn. 5; vgl. Schimansky/Bunte/LwowskiBunte, § 7 Rn. 1; Fischer/Klanten, Rn. 4.1 f.). Im Gegensatz zu anderen Ländern, wie etwa Österreich oder der Schweiz, existiert für das Bankgeheimnis in der Bundesrepublik Deutschland bislang keine gesetzliche Regelung oder Legaldefinition (Huber, Rn. 394; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 2; Claussen, Rn. 5; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 7 Rn. 1; Schimansky/Bunte/LwowskiBruchner/Krepold, § 39 Rn. 1; Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 136; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 29; Glauben, DRiZ 2002, 104 (104); Junker, DStR 1996, 224 (224); Früh, WM 2000, 497 (500); Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (474); Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (140 f.)). Dabei kann das Bankgeheimnis in Deutschland auf eine lange Tradition zurückblicken. Bereits im Jahre 1619 gründeten Hamburger Kaufleute die „Hamburger Bank“ und legten in Art. 6 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, der „Ordnung und Articuli der Wechsel-Banco“, erstmalig die Verpflichtung fest, niemandem über die Angelegenheiten eines Kunden Auskunft zu geben und niemandem zu offenbaren, was in der Bank passiert und geschrieben wird (Sichtermann/Feuerborn/ Kirchherr/Terdenge, S. 71 f.; Radbruch, S. 5 f.; Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 136). Etwa 150 Jahre später, im Jahr 1765, statuierte auch Friedrich der Große in Art. 19 des „Reglements der Königlichen Giro- und Lehn-Banco“ eine derartige Verpflichtung mit der Besonderheit, dass auch „allen und jeden“ außerhalb der Bank Nachforschungen über Kontostände untersagt wurden (vgl. Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 75; Claussen, § 6 Rn. 2). In beiden Fällen waren für Zuwiderhandlungen gegen diese unter den Diensteid fallende Verschwiegenheitspflicht höchste Strafen vorgesehen (vgl. Radbruch, S. 5 ff.; Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 136; Claussen, § 6 Rn. 2). Am 05.10.1846 wurde diese Verpflichtung zur Verschwiegenheit schließlich erstmals in § 113 der Bankordnung der Preußischen Bank mit dem Begriff „Bankgeheimnis“ in Verbindung gebracht (Radbruch, S. 6; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 75).
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
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Heute gilt das Bankgeheimnis unbestritten als das Berufs- und Geschäftsgeheimnis im Kreditgewerbe (vgl. Lang, ZBB 2006, 115 (116); Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (474); Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 1; BuB/Weber, Rn. 2/840; Schimansky/ Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 4 m. w. N.; Junker, DStR 1996, 224 (224); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 37 f.; Langohr, S. 11; Heymann/Emmerich, Anhang § 372, Rn. 51; Fisahn, CR 1995, 632 (634); Bilsdorfer, DStR 1984, 498 (499) m. w. N.). Mit der Novellierung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken zum 01.01.1993 hat das Bankgeheimnis erstmals in Nr. 2 I AGB-Banken eine ausdrückliche Regelung erfahren (Sonnenhol, WM 1993, 677 (678); Schimansky/Bunte/ Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 3; Horn, S. 88; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 2; Schebesta/Vortmann, Rn. 28; Ohlroggen, S. 90) und wird auch in Nr. 1 I 2 AGBSparkassen nur beiläufig, aber explizit erwähnt. Nach Nr. 2 I AGB-Banken ist „die Bank [...] zur Verschwiegenheit über alle kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet, von denen sie Kenntnis erlangt (Bankgeheimnis). Informationen über den Kunden darf die Bank nur weitergeben, wenn gesetzliche Bestimmungen dies gebieten oder der Kunde eingewilligt hat oder die Bank zur Erteilung einer Bankauskunft befugt ist“ (vgl. auch die wortgleiche Nr. 2 I AGB-Postbank). Diese Definition des Bankgeheimnisses entspricht dabei den in der Literatur und der Rechtsprechung zum Bankgeheimnis entwickelten Grundsätzen (Sonnenhol, WM 1993, 677 (679) m. w. N.; Schebesta/Vortmann, Rn. 28 m. w. N.). Daneben besteht über den Umstand Einigkeit, dass diese Regelung von rein deklaratorischer Bedeutung ist. Sie bewirkt also keine Veränderung des Rechtszustandes, sondern dient allein der Transparenz für den Bankkunden (Horn, S. 88; Kümpel, Rn. 2.141; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 7 Rn. 1 m. w. N.; Schimansky/ Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 3; Petersen, S. 23; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (168); Raeschke-Kessler, WM 1996, 1764 (1764)).
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B. Rechtsgrundlagen des Bankgeheimnisses I. Verfassungsrechtliche Grundlagen. Bei den Überlegungen zu einer verfassungsrechtlichen Absicherung des Bankgeheimnisses wird in der Literatur teilweise das in Art. 1 I und Art. 2 I GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht in Gestalt eines Rechts auf Schutz der Geheimsphäre herangezogen (vgl. Sichtermann, MDR 1965, 697 (697 ff.); Hubmann, JZ 1957, 521 (524); Lerche, ZHR 149 (1985), 165 (174 ff.); Horn, S. 88; vgl. auch Heymann/Emmerich, Anhang § 372, Rn. 44). Die Geheimsphäre ist denkbar weit zu interpretieren und soll alles umschließen, „was der einzelne erkennbar geheim hält“ (Hubmann, JZ 1957, 521 (524); Sichtermann, MDR 1965, 697 (697)). Nicht zuletzt durch die Gleichsetzung mit der Intimsphäre (Sichtermann, MDR 1965, 697 (697) Fn. 6) wird der auf diese Weise hergestellte verfassungsrechtliche Schutz des Bankgeheimnisses von anderen Autoren als viel zu weitreichend kritisiert (Canaris, Rn. 36; Kümpel, Rn. 2.137; Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (143 f.); Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 9). Denn eine derartige Gleichsetzung scheitere bereits an der unterschiedlichen strukturellen Einordnung von Intimsphäre und Bankgeheimnis. Bei der Intimsphäre handele es sich nämlich um den innersten, elementaren und höchstpersönlichen Bereich einer Person, der als unantastbarer Kernbereich der privaten Lebensgestaltung verfassungsrechtlichen Schutz genieße. Bei dem Bankgeheimnis sei die Sachlage aber eine grundlegend andere, weil es regelmäßig am Merkmal der Höchstpersönlichkeit sowie an einer Kundgebung aus dem unmittelbaren Persönlichkeitsbereich fehle. Denn die meisten Angelegenheiten eines Bankkunden seien vermögensrechtlicher und wirtschaftlicher Natur, womit das Bankgeheimnis im Gegensatz zur Intimsphäre eben gerade nicht personen-, sondern vermögensbezogen sei (ausführlich Canaris, Rn. 36; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 42 ff.; Selmer, S. 7 f.; vgl. auch BuB/Weber, Rn. 2/857).
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Dementgegen wird nach einer in der Literatur weit verbreiteten Auffassung ein verfassungsrechtlicher Schutz des Bankgeheimnisses im Rahmen des Rechts zur freien Entfaltung der Persönlichkeit im Sinne des Art. 2 I GG bejaht (Sichtermann/Feuerborn/ Kirchherr/Terdenge, S. 42 ff.; Canaris, Rn. 37; Selmer, S. 8 f.; Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 139; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 9; Huber, Rn. 395; Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (144); Bruchner/Stützle-Bruchner, S. 2; BuB/Weber, Rn. 2/857; Fisahn, CR 1995, 632 (633); Langohr, S. 4; Claussen, § 6 Rn. 5; Ehlers, BB 1978, 1513 (1515)). Die allgemeine Handlungsfreiheit gewährleiste nämlich nicht nur die Möglichkeit eines jeden, sich gefahrlos einem anderen anzuvertrauen, wie dies typischerweise bei Bankgeschäften der Fall sei. Vielmehr werde von der allgemeinen Handlungsfreiheit auch die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung und die Vertragsfreiheit erfasst, die beeinträchtigt werde, wenn man dem Bankkunden die Möglichkeit nehme, seine Bank vertraglich zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Darüber hinaus wird zur verfassungsrechtlichen Begründung des Bankgeheimnisses auch das informationelle Selbstbestimmungsrecht herangezogen (VG Trier DSB 12/2002, 14; Schimansky/Bunte/LwowskiBruchner/Krepold, § 39 Rn. 5; Canaris, Rn. 37; Fisahn, CR 1995, 632 (633); Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 139; a. A. Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (144), wonach es das Vorrecht jedes Einzelnen ist, „grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden“ (BVerfGE 65, 1 (42) = NJW 1984, 419 (421) – „Volkszählungsurteil“). Allerdings ist mit dem in Art. 2 GG verfassungsrechtlich verankerten Schutz des Bankgeheimnisses kein absoluter Schutz verbunden, so dass gesetzgeberische Eingriffe in das Bankgeheimnis durch einfaches Gesetz unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Übermaßverbotes möglich sind (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 5 m. w. N.; Canaris, Rn. 37; Junker, DStR 1996, 224 (224); Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (144 f.)).
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Durch einen Eingriff in das Bankgeheimnis können nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht neben den Grundrechten des Kunden auch Grundrechte der Bank verletzt sein. Die Einhaltung des Bankgeheimnisses sei nämlich unabdingbare Voraussetzung für die ungestörte Tätigkeit der Banken, weil der Kunde seiner Bank andernfalls in Ermangelung des notwendigen Vertrauens nicht den nötigen Einblick in seine Vermögensangelegenheiten gewähren würde. Gesetze, die das Bankgeheimnis übermäßig einschränken, verletzen damit die in Art. 12 GG manifestierte Berufsfreiheit der Bank und geben dieser die Möglichkeit zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde (Canaris, Rn. 38 m. w. N.; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 45; Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (145); Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 5; Bruchner/StützleBruchner, S. 3; Langohr, S. 5; Ehlers, BB 1978, 1513 (1515); Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 141). Wegen des in Art. 12 I 2 GG normierten Gesetzesvorbehalts ist allerdings auch hier eine gesetzliche Begrenzung des Bankgeheimnisses nach den Kriterien des Übermaßverbotes jederzeit möglich (Junker, DStR 1996, 224 (225) m. w. N.; Schimansky/ Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 5; Canaris, Rn. 38).
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II. Zivilrechtliche Grundlagen. Die Geschäftsbeziehung zwischen einem Kunden und seiner Bank basiert auf einem besonderen Vertrauensverhältnis, weil die Bank im Rahmen des Vertragsverhältnisses zumeist Einblick in die gesamte wirtschaftliche und finanzielle Lage ihres Kunden bekommt. Dementsprechend tritt der Kunde seiner Bank mit der Erwartungshaltung gegenüber, dass die in diesem Zusammenhang offenbarten Tatsachen von der Bank vertraulich behandelt werden. Da es sich insoweit um eine Selbstverständlichkeit handelt, bedarf die Beachtung der Verschwiegenheit keiner ausdrücklichen Vereinbarung. Vielmehr wird die Verpflichtung der Bank zur Wahrung des Bankgeheimnisses in der Rechtsprechung (RGZ 126, 50 (52); 139, 103 (105); BGHZ 27, 241 (246)
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= NJW 1958, 1232 (1233); BGHZ 95, 362 (365) = NJW 1986, 46; BGH BB 1953, 993; BGH DB 1958, 710) und der herrschenden Lehre (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 7; Bruchner/Stützle-Bruchner, S. 3; Jobe, ZIP 2004, 2415 (2416); Fisahn, CR 1995, 632 (634); Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 2; Glauben, DRiZ 2002, 104 (104); Heymann/Emmerich, Anhang § 372, Rn. 44; Horn, S. 88; Huhmann, S. 30; Kümpel, Rn. 2.135 m. w. N.; Langohr, S. 7; Liesecke, WM 1975, 238 (247); Pikart, WM 1957, 1238 (1242); Radbruch, S. 21; Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (141); Sandkühler, S. 34; Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 142; Selmer, S. 6; Ungnade, WM 1976, 1210 (1210); BuB/Weber, Rn. 1/33 und 2/842; Weber, Die Bank 1996, 84 (85); Wolff DB 1968, 695 (695); a. A. Canaris, Rn. 42 (40 ff.)) allgemein als „selbstverständlicher Bestandteil“ oder „selbstverständliche Nebenpflicht“ des Bankvertrages anerkannt. (Geurts/Koch/ Schebesta/Weber, Rn. 12; Heymann/Emmerich, Anhang § 372, Rn. 44; Ungnade, WM 1976, 1210 (1211); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 111; Koch, MMR 2002, 504 (505)). Neben der vertraglichen Geheimhaltungspflicht tritt bei den beamteten Mitarbeitern öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute überdies nach den maßgeblichen amtsrechtlichen Vorschriften noch die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit hinzu (Geurts/ Koch/Schebesta/Weber, Rn. 12). Die Pflicht zur Verschwiegenheit besteht selbst dann, wenn ausnahmsweise keine vertraglichen Beziehungen zwischen der Bank und dem Kunden zustande kommen, sei es, dass der Kunde bereits bei Kontoeröffnung geschäftsunfähig war (Huber, Rn. 398; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 125 f.; Jobe, ZIP 2004, 2415 (2416)) oder dass er im Zusammenhang mit später ergebnislos abgebrochenen Kreditverhandlungen Geschäftsunterlagen vorgelegt hat (Kümpel, Rn. 2.129; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 123 m. w. N.; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 7; Nobbe, WM 2005, 1537 (1538)). Denn auch, wenn der Abschluss eines wirksamen Vertrages an dessen Nichtigkeit oder aus anderen Gründen scheitert, besteht ein erhebliches Interesse des Kunden an der Geheimhaltung seiner bei den Vorverhandlungen bekannt gewordenen finanziellen Angelegenheiten. Zwar besteht in diesem Falle keine vertragliche Verpflichtung der Bank zur Wahrung des Bankgeheimnisses, doch wird mit dem Eintritt in die Vertragsverhandlungen ein gesetzliches Schuldverhältnis mit bestimmten Pflichten erzeugt, so dass sich die Verschwiegenheitspflicht bei fehlendem Bankvertrag aus § 311 II BGB herleiten lässt (Petersen, S. 27; mit Bezugnahme auf die Grundsätze der „culpa in contrahendo“ Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 123 m. w. N.; Pikart, WM 1957, 1238 (1240); Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (141); Junker, DStR 1996, 224 (225); vgl. auch Bruchner/Stützle-Bruchner, S. 5). Wegen der langen gerichtlichen Übung der Verschwiegenheitspflicht der Banken kann als rechtliche Grundlage des Bankgeheimnisses auch das Gewohnheitsrecht herangezogen werden (vgl. vor allem Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 62 ff. m. w. N.; Huhmann, S. 33 f.; Radbruch, S. 23 f.; Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer, DB 2005, 1367 (1370); Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (130); aber auch Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (474); Bruchner/Stützle-Bruchner, S. 4; Langohr, S. 9 ff.; Bärmann, S. 5; a. A. Miebach, S. 74; Nobbe, WM 2005, 1537 (1539); Fisahn, CR 1995, 632 (634) m. w. N.; Ungnade, WM 1976, 1210 (1210)). Daneben leitet Canaris (Rn. 42; zustimmend Steindorff, ZHR 149 (1985), 151 (153 f.)) mit den Schutzpflichten der Bank auch die Verschwiegenheitspflicht aus dem „gesetzlichen Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht“ ab, wobei als gesetzliche Anspruchsgrundlage § 242 BGB in Betracht zu ziehen sei (Steindorff, ZHR 149 (1985), 151 (154)).
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C. Inhalt des Bankgeheimnisses
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Das Bankgeheimnis weist seit jeher zwei unterschiedliche Erscheinungsformen auf, die sich seit der Neufassung der AGB-Banken 1993 in deren Nr. 2 I konkretisieren. Hierbei handelt es sich um zwei unterschiedliche Pflichten der Bank, bestehend aus der Verschwiegenheitspflicht (Nr. 2 I 1) und dem Auskunftsverweigerungsrecht (Nr. 2 I 2). Die Verschwiegenheitspflicht beinhaltet die Verpflichtung der Bank, Stillschweigen über die Vermögensverhältnisse und die sonstigen Belange des Kunden zu wahren, von denen sie im Rahmen oder bei Gelegenheit ihrer geschäftlichen Tätigkeit Kenntnis erlangt. Das Auskunftsverweigerungsrecht berechtigt die Kreditinstitute, Auskünfte gegenüber Dritten zu verweigern, sofern sie nicht kraft Gesetzes zur Auskunft verpflichtet ist, der Kunde eingewilligt hat oder die Bank zur Auskunft befugt ist (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 1; Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (140); BuB/Weber, Rn. 1/35; Sichtermann, MDR 1952, 143 (143); Bilsdorfer, DStR 1984, 498 (499)). Liegen diese Ausnahmen nicht vor, ist das Kreditinstitut dem Kunden gegenüber verpflichtet, von dem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen (Nr. 2 I 2 AGB-Banken), so dass insoweit teilweise auch von einer Auskunftsverweigerungspflicht gesprochen wird (Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 138; Huber, Rn. 394 und 401). Die vertragliche Verschwiegenheitspflicht der Bank gegenüber ihrem Kunden reicht aber keinesfalls weiter, als ihr Auskunftsverweigerungsrecht insbesondere gegenüber Gerichten und Behörden (Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (140)). I. Gegenstand des Bankgeheimnisses. Dem Bankgeheimnis unterliegen nach Nr. 2 I AGB-Banken grundsätzlich alle kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen, von denen die Bank Kenntnis erlangt (Kümpel, Rn. 2.144 m. w. N.). Damit ergibt sich gegenüber der Rechtslage vor dem 01.01.1993, nach der sich die Verschwiegenheitspflicht auf „alle Tatsachen, die der Kunde geheimzuhalten wünscht“ (BGHZ 27, 241 (246) = NJW 1958, 1232 (1233); Ohlroggen, S. 91; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 4; Heymann/Emmerich, Anhang § 372, Rn. 45; Canaris, Rn. 48 m. w. N.; Koch, MMR 2002, 504 (506)) bezog, keine wesentliche Änderung. Mit dieser scheinbaren Verschärfung werden lediglich zwei ohnehin schon geltende Grundsätze transparent gemacht. Einerseits wird klargestellt, dass sich das Bankgeheimnis nicht allein auf Tatsachen, also Fakten im engeren Sinne, sondern auch auf alle Wertungen, d.h. Werturteile, Eindrücke und Einsichten, erstreckt (Lang, ZBB 2006, 115 (116); Stiller, ZIP 2004, 2027 (2029); Koch, MMR 2002, 504 (506); Wolff, DB 1968, 695 (696); BuB/Weber, Rn. 1/36; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 7 Rn. 2 m. w. N.; Hadding/Schneider-Musielak, S. 14). Andererseits wird mit der Nichtübernahme des Geheimhaltungswunsches des Kunden in Nr. 2 I AGB-Banken die bislang ohnehin geltende Annahme, dass der Kunde grundsätzlich die Geheimhaltung sämtlicher Einzelheiten seiner Geschäftsbeziehung zu seiner Bank wünscht (vgl. Geurts/ Koch/Schebesta/Weber, Rn. 4), zum Regelfall erhoben. Gleichwohl kann hieraus allein selbstverständlich nicht bereits auf die konkludente Vereinbarung eines Abtretungsverbots von Forderungen aus Darlehensverträgen gem. § 399 Alt. 2 BGB geschlossen werden (OLG Dresden BKR 2006, 122 Ls.; LG Stuttgart WM 2006, 127 Ls.; OLG Stuttgart ZIP 2005, 1777 (1777); LG Koblenz BKR 2005, 108 (110) m. zust. Anm. Böhm, BB 2004, 1641 (1642 f.); ders., BKR 2005, 112 f.; Bruchner, BKR 2004, 394 (395 f.); Koch, BKR 2006, 182 (183 f.); Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (169 f., 173); Bütter/Aigner, BB 2005, 119 (121 f.); Nobbe, WM 2005, 1537 (1538); Stiller, ZIP 2004, 2027 (2031); Hoffmann/ Walter, WM 2004, 1566 (1572); Jobe, ZIP 2004, 2415 (2416 f.); Cahn, WM 2004, 2041 (2048); a. A. OLG Frankfurt/M., WM 2004, 1386).
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An der Willenshoheit des Kunden, als Geheimnisherr über die Bekanntgabe oder Geheimhaltung der ihn betreffenden Tatsachen und Wertungen zu entscheiden, hat sich da-
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
mit allerdings nichts geändert. Dies ergibt sich bereits aus Nr. 2 I 2 AGB-Banken, wonach der Kunde seine Einwilligung zur Weitergabe der ihn betreffenden Informationen geben kann. Es ist also nach wie vor in erster Linie der wirkliche Wille des Kunden maßgeblich. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob tatsächlich ein vernünftiges Interesse des Kunden an der Geheimhaltung besteht (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 4; KobersteinWindpassinger, WM 1999, 473 (474); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 135; Miebach, S. 21 f.; Koch, MMR 2002, 504 (506)) oder ob sich eine Geheimhaltung möglicherweise sogar nachteilig auf den Kunden auswirken kann. Sofern der Kunde im Einzelfall kein Interesse an der Geheimhaltung bestimmter Umstände hat, ist es ihm vorbehalten, in die Weitergabe dieser Informationen einzuwilligen (vgl. unten Rn. 56 ff.). 14
Die Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses gilt nicht allein für geschäftliche Angelegenheiten, die zum Gegenstand des Bankvertrages werden, sondern auch für die offenbarten Privatverhältnisse des Kunden wie beispielsweise dessen Adresse oder Familienverhältnisse (Koch, MMR 2002, 504 (506); Fischer/Klanten, Rn. 4.2; Sichtermann/ Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 138; BuB/Weber, Rn. 2/844). Unerheblich ist auch, auf welche Weise die Bank von den Tatsachen Kenntnis erlangt, sei es durch die Darlegung des Kunden, die Mitteilung eines Dritten oder die eigene Wahrnehmung, d.h. eines Geschäftsinhabers, eines Organs oder eines Angestellten (BuB/Weber, Rn. 2/856; Nobbe, WM 2005, 1537 (1538)). Die Verschwiegenheitspflicht der Bank gilt selbst für offenkundige Tatsachen, sofern der Kunde ihre Geheimhaltung verlangt und der Dritte die Information erst durch die Bank in Erfahrung bringen würde (Petersen, S. 29 m.w.N.; Canaris, ZIP 2004, 1781 (1784); Eckl, DZWIR 2004, 221 (225); ausführlich Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (931); a. A. Hadding/Schneider-Musielak, S. 15; Schimansky/Bunte/ Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 13, vgl. aber auch Rn. 16).
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Auch die Tatsache des Bestehens einer Bankverbindung unterliegt dem Bankgeheimnis. Allerdings kann ein konkludenter Verzicht auf die Verschwiegenheitspflicht der Bank erfolgen, indem der Kunde seine Bankverbindung auf Briefbögen oder Rechnungen vermerkt und somit selbst offen legt (Claussen, Rn. 8; a. A. Bruchner/Stützle-Bruchner, S. 11). Auch die Information über den vergeblichen Versuch, eine Geschäftsbeziehung mit einem Kreditinstitut einzugehen, ist geheim zu halten (BuB/Weber, Rn. 2/856).
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Der Verschwiegenheit unterliegen auch sog. Negativtatsachen. Hierunter sind Unterlassungen des Kunden zu verstehen, beispielsweise wenn dieser an einem bestimmten Tag keine Kontoverfügung vorgenommen oder einen eingeräumten Kredit nicht ausgeschöpft hat (Kümpel, Rn. 2.145 m. w. N.; Hadding/Schneider-Musielak, S. 15; BuB/Weber, Rn. 2/ 844; Radbruch, S. 36; Koch, MMR 2002, 504 (506)).
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II. Geschützter Personenkreis. Das Recht auf Geheimhaltung steht grundsätzlich dem Kunden zu, also demjenigen, der Inhaber der Rechte und Pflichten aus dem Bankvertrag ist (Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 152; BuB/Weber, Rn. 2/846). Da es sich dabei aber nicht um ein höchstpersönliches Recht handelt, kann u.U. ein Dritter zum Geheimnisherrn werden, mit der Folge, dass dessen Wille den Willen des Kunden ersetzt (vgl. OLG Celle 1955, 1844; Canaris, Rn. 50; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 6). Dies ist beispielsweise bei Geschäftsunfähigkeit und beschränkter Geschäftsfähigkeit der Fall, bei denen sich Inhalt und Umfang des Bankgeheimnisses grundsätzlich nach dem Willen des gesetzlichen Vertreters richten, sofern sich nicht ausnahmsweise aufgrund der Erwerbstätigkeit des Minderjährigen aus §§ 112, 113 BGB etwas anderes ergibt (Canaris, Rn. 50 m. w. N.; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 6; Wolff, DB 1968, 695 (697); vgl. Koch, MMR 2002, 504 (506)). Auch bei juristischen Personen wird der gesetzliche Vertreter zum Geheimnisherrn (Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 159). Im
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Rahmen der Stellvertretung gilt der Vertretene als Geheimnisherr, so dass der Warnung des Vertretenen vor einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten seines Vertreters durch die Bank nichts entgegensteht (Canaris, Rn. 43). Im Erbfall tritt der Erbe des Kunden oder die Erbengemeinschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Rechtsstellung des Erblassers ein und kann von der Bank Auskunft und Geheimhaltung verlangen (Fischer/Klanten, Rn. 4.6; ausführlich zum Nachlass Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 77 ff.; Schönle, S. 45). Dies gilt aber nicht für den Pflichtteilsberechtigten. Allerdings besteht für den Erben die Möglichkeit, seinen Auskunftsanspruch gegen die Bank an den Pflichtteilsberechtigten, dem er zur Auskunft verpflichtet ist, abzutreten (BGH ZIP 1989, 490 (491 f.) = NJW 1989, 1601 (1602) m. Anm. Parthe, EWIR 1989, 563 ff. und m. Anm. Stützle, WuB I B 3.-3.89; Fischer/Klanten, Rn. 4.6). Eine vom Erblasser durch Testament oder Weisung an die Bank getroffene Anordnung, seinen Erben bestimmte vermögensrechtliche Tatsachen nicht mitzuteilen, ist unwirksam (Huber, Rn. 400; vgl. hierzu auch BuB/Weber, Rn. 2/941). Bei persönlichkeitsbezogenen Geheimnissen besteht dagegen ohne einen Hinweis auf einen entsprechenden Willen des Erblassers kein Auskunftsanspruch (vgl. OLG Stuttgart MDR 1983, 236 (237); BGH ZIP 1989, 490 (491) = NJW 1989, 1601 (1602); Schimansky/ Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 80; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 7 Rn. 8).
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Die Stellung des Geheimnisherrn muss nicht notwendigerweise von einer Einzelperson, sondern kann auch von mehreren Personen gleichzeitig wahrgenommen werden. So sind die Erben gem. § 2039 BGB beispielsweise nur gemeinsam befugt, die Bank von ihrem Bankgeheimnis zu befreien, wenngleich auch jeder einzelne Miterbe die Auskunft an alle Miterben verlangen kann.
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Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird der Insolvenzverwalter zum Geheimnisherrn, soweit die Geheimhaltungspflicht einen zur Masse gehörenden Gegenstand betrifft und insolvenzunabhängige Interessen des Schuldners nicht berührt werden. Der Wille des Schuldners ist unerheblich (vgl. Canaris, Rn. 51; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 6; ausführlich zum Insolvenzverfahren Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/ Krepold, § 39 Rn. 73 ff.). Handelt es sich dagegen um Umstände, deren Kenntnis für die Insolvenzabwicklung unerheblich sind, bleibt der Schuldner insoweit Geheimnisherr (BuB/Weber, Rn. 2/847).
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Das Bankgeheimnis kann sich auch auf Nicht-Kunden, d.h. die Kunden einer anderen Bank erstrecken. Dies ist regelmäßig bei der Einschaltung mehrerer Kreditinstitute, beispielsweise beim Tätigwerden im Zahlungs- und Überweisungsverkehr oder im Bankauskunftsverfahren der Fall (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 20; BuB/Weber, Rn. 1/38 m. w. N.; Kümpel, Rn. 2.149; Heymann/Emmerich, Anhang § 372, Rn. 45; Junker, DStR 1996, 224 (224); Lang, ZBB 2006, 115 (121); Koch, MMR 2002, 504 (505)).
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III. Geheimhaltungsverpflichteter. Die Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses trifft zunächst das Kreditinstitut selbst, d.h. diejenigen Personen, die aus dem mit dem Kunden abgeschlossenen Vertrag berechtigt und verpflichtet werden. Die Verschwiegenheitspflicht trifft also zunächst nur die Organe der Bank und die Mitglieder sonstiger Gremien. Aber auch die Bankangestellten und sonstige Hilfspersonen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dies ergibt sich, soweit diesbezüglich keine ausdrückliche tarif- oder arbeitsvertragliche Regelung getroffen wurde, zumindest als selbstverständliche Nebenpflicht aus dem Dienstvertrag. Allerdings sind die Bankangestellten und sonstigen Hilfspersonen in Ermangelung einer wie auch immer gearteten Rechtsbeziehung zu dem Kunden nicht
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direkt diesem gegenüber verpflichtet. Vielmehr handelt es sich um eine Verpflichtung gegenüber der Bank, Stillschweigen über ihnen bekannt gewordene und dem Bankgeheimnis unterliegende Tatsachen zu bewahren (zum Ganzen Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/ Terdenge, S. 146 ff.; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 6 und 12; Radbruch, S. 50). 23
Die Pflicht zur Verschwiegenheit besteht grundsätzlich gegenüber jedem Dritten. Auch Bankmitarbeiter und Mitglieder von Aufsichtsorganen des eigenen Kreditinstituts sind insoweit grundsätzlich als Dritte anzusehen, so dass die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses auch innerhalb der Bank besteht (sog. inneres Bankgeheimnis). Bankmitarbeiter dürfen damit ohne sachliches Erfordernis keine Informationen an andere Mitarbeiter der Bank weiterreichen, es sei denn, dass sie aufgrund der betrieblichen Gegebenheiten in die Geschäftsabwicklung eingebunden sind (Kümpel, Rn. 2.151; Geurts/ Koch/Schebesta/Weber, Rn. 7; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 7 Rn. 9; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 22, 23; Lang, ZBB 2006, 115 (117); Stiller, ZIP 2004, 2027 (2029)). Auch bei den mit der Überwachung des ordnungsgemäßen Bankbetriebes betrauten Stellen, wie etwa der Revision oder Geschäftsleitung, ist eine funktionale Notwendigkeit zur Kenntnisnahme im Rahmen einer konkreten Aufgabenstellung erforderlich (BuB/Weber, Rn. 1/40 sowie 2/852). Aus diesem Grunde ist ein bankweiter „Informationspool“ bzw. eine bankweite „Evidenzstelle“, auf die jeder Mitarbeiter Zugriff hat, unzulässig (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 7 Rn. 9; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 24; Kümpel, Rn. 2.151).
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Das Bankgeheimnis zwingt die Banken allerdings nicht, auf die Vorteile einer arbeitsteiligen Wirtschaft zu verzichten. Einer Übertragung von bankgeschäftlichen Tätigkeiten auf konzerneigene Gesellschaften oder externe Finanzdienstleister (Outsourcing-Nehmer) steht nichts entgegen, sofern die Wahrung der Vertraulichkeit durch entsprechende Vereinbarungen sichergestellt ist (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 27; Lang, ZBB 2006, 115 (117); Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 7a f.; BuB/Weber, Rn. 2/855).
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Daneben ist das Bankgeheimnis auch gegenüber staatlichen Stellen (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 7; BuB/Weber, Rn. 1/41) und sogar gegenüber dem Ehegatten des Kunden zu wahren (Schönle, S. 45; Wolff, DB 1968, 695 (696)).
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IV. Dauer der Geheimhaltungspflicht. Die Verpflichtung der Bank zur Wahrung des Bankgeheimnisses entsteht bereits vor Vertragsschluss im Stadium der Geschäftsanbahnung (vgl. bereits Rn. 8). Sie endet nicht mit dem Tod des Kunden, weil in diesem Fall der Erbe oder die Erbengemeinschaft zum Geheimnisherrn wird (BuB/Weber, Rn. 1/39; vgl. auch Rn. 18). Da der Bankkunde grundsätzlich auch noch nach Beendigung der Geschäftsverbindung ein ungemindertes Interesse an der Geheimhaltung der über ihn bekannt gewordenen Informationen hat, erstreckt sich die Geheimhaltungspflicht der Kreditinstitute auch auf die Zeit nach Beendigung der Geschäftsverbindung (BGH BB 1953, 993; Ungnade, WM 1976, 1210 (1211); Bruchner/Stützle-Bruchner, S. 5; Junker, DStR 1996, 224 (225); Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 8). Das Fortbestehen der Verpflichtung zur Verschwiegenheit gilt gleichermaßen für die Angestellten von Kreditinstituten nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses (OLG Köln WM 1993, 289 (291); OLG Celle, ZIP 1981, 1323 (1324); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 208; Bärmann, S. 12).
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D. Schranken des Bankgeheimnisses Das Bankgeheimnis hat keine uneingeschränkte Gültigkeit. Auf die Grenzen des Bankgeheimnisses wird in Nr. 2 I 2 AGB-Banken hingewiesen. Die Weitergabe von Kundeninformationen ist möglich, wenn
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– gesetzliche Bestimmungen dies gebieten, – der Kunde eingewilligt hat oder – die Bank zur Erteilung einer Bankauskunft befugt ist. I. Gesetzliche Bestimmungen. 1. Bankgeheimnis im Zivilprozess. Im Zivilprozess existieren unterschiedliche Zeugnisverweigerungsrechte, die für Kreditinstitute von Bedeutung sind. Einerseits sind Zeugen nach § 383 I Nr. 6 ZPO berechtigt, die Aussage über Tatsachen zu verweigern, die ihnen kraft ihres Amtes anvertraut wurden und deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist. Anvertraut sind Tatsachen, bei denen das stillschweigende Verlangen nach Geheimhaltung besteht und die der Geheimnisträger ohne besonderen Vertrauensakt im Zusammenhang mit seiner Vertrauensstellung erfährt (MünchKommZPO-Damrau, § 383 Rn. 33; Thomas/Putzo, § 383 ZPO Rn. 6; OLG Stuttgart MDR 1983, 236 (237); Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 146). Dies ist bei den einer Bank mitgeteilten Tatsachen regelmäßig der Fall, weil prinzipiell ein berechtigtes Interesse des Kunden besteht, sie vor der Kenntnisnahme Dritter zu schützen (OLG Köln MDR 1968, 931; Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 146). Daneben besteht gem. § 384 Nr. 3 ZPO ein Zeugnisverweigerungsrecht über solche Fragen, deren Beantwortung ohne die Offenbarung eines Gewerbegeheimnisses nicht möglich ist. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem bezeichneten Geheimnis um ein eigenes oder ein fremdes Geheimnis handelt (Thomas/Putzo, § 384 ZPO Rn. 5). Es ist allgemein anerkannt, dass zu den durch § 384 Nr. 3 ZPO geschützten Geheimnissen auch das Bankgeheimnis zählt (Kümpel, Rn. 2.169; Junker, DStR 1996, 224 (226) m. w. N.; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 282; Zöllner/Greger, § 384 Rn. 7; Sichtermann, MDR 1952, 143 (144); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 224 m. w. N.; vgl. OLG Köln MDR 1968, 931) und sich das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 I Nr. 6 ZPO auch auf die Angestellten oder sonstigen Hilfspersonen des Kreditinstituts erstreckt (MünchKomm ZPO-Damrau, § 383 Rn. 34 m. w. N.; Zöllner/Greger, § 383 Rn. 20; Thomas/Putzo, § 383 ZPO Rn. 6; RGZ 54, 360 (361); Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 146; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 211; Sichtermann, MDR 1952, 143 (144); BGH WM 1983, 653 (654)).
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Hierbei handelt es sich aber nur um ein scheinbares Recht des Bankangestellten, weil dieser keinesfalls frei darüber entscheiden kann, ob er die ihm zustehende Aussageverweigerung in Anspruch nehmen möchte. Er ist vielmehr aufgrund einer tarif- oder arbeitsvertraglichen Regelung oder im Rahmen einer selbstverständlichen Nebenpflicht aus dem Dienstvertrag gegenüber seinem Arbeitgeber, d.h. dem Kreditinstitut, zur Verweigerung der Aussage im Zivilprozess verpflichtet (vgl. bereits Rn. 22). Andererseits besteht wiederum eine Aussagepflicht, wenn der Kunde die Bank von der Verschwiegenheitspflicht entbunden hat (§ 385 II ZPO). Die Angehörigen öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute müssen zuvor eine Aussagegenehmigung ihres Dienstvorgesetzten einholen (§ 376 ZPO). Durch Verweisung gilt die zivilprozessuale Regelung zur Auskunftsverweigerung auch im Arbeitsgerichtsprozess (§ 46 II 1 ArbGG), Sozialgerichtsverfahren (§§ 118 I, 202 SGG), Verwaltungsgerichtsverfahren (§ 98 VwGO), Insolvenzverfahren (§ 4 InsO) sowie in der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 15 I 1 FGG).
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Die Bank ist allerdings zur Weitergabe von kundenbezogenen Informationen verpflichtet, wenn gesetzliche Bestimmungen dies gebieten. So hat das Kreditinstitut bei der Vollstreckung in ein Bankguthaben als Drittschuldner auf Verlangen des Gläubigers binnen zwei Wochen nach Zustellung des Pfändungsbeschlusses die sog. Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO abzugeben. Diese Auskunftspflicht geht dem Bankgeheimnis insoweit vor (Zöllner/Stöber, § 840 Rn. 4 m. w. N.; Miebach, S. 72). Allerdings beschränkt sich die Durchbrechung des Bankgeheimnisses allein auf die nach § 840 I Nr. 1 bis 3 ZPO zuläs-
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sigen Fragestellungen. Darüber hinaus dürfen keine dem Bankgeheimnis unterliegenden Angaben gemacht werden (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 16; Schimansky/Bunte/ Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 285). Keine Auskünfte dürfen Kreditinstitute im Falle der Vorpfändung gem. § 845 ZPO erteilen, weil es sich hierbei lediglich um eine private Benachrichtigung des Drittschuldners durch den Gläubiger handelt und es an der formellen Voraussetzung der Zustellung eines Pfändungsbeschlusses fehlt (BGHZ 68, 289 (291) = NJW 1977, 1999; BGH WM 1962, 525 (526); Schimansky/Bunte/LwowskiBruchner/Krepold, § 39 Rn. 287; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 17; Schwintowski/ Schäfer, § 1 Rn. 146; Kümpel, Rn. 2.171 m. w. N.). 31
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2. Bankgeheimnis im Strafverfahren. a) Zeugnisverweigerungsrechte. Im Strafverfahren besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen der §§ 53 bis 55 StPO. § 53 StPO gibt den Angehörigen bestimmter Berufe das Recht, über Berufsgeheimnisse das Zeugnis zu verweigern. Da das Bankgeheimnis in diesem Katalog nicht ausdrücklich benannt wird und eine Ausdehnung des Verweigerungsrechtes in analoger Anwendung des § 53 StPO auf andere Berufsgruppen abzulehnen ist, weil der Kreis der Zeugnisverweigerungsberechtigten wegen der Notwendigkeit einer funktionsfähigen Rechtspflege auf das unbedingt erforderliche Maß begrenzt werden muss (Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 53 StPO Rn. 2; BVerfG 33, 367 (383)), besteht für Bankangestellte kein Zeugnisverweigerungsrecht (Dahs in Löwe-Rosenberg, § 53 StPO Rn. 3 und 4 m. w. N.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 53 StPO Rn. 2 m. w. N.; KKSenge, § 53 StPO Rn. 2). Ebenso wenig besteht für Kreditinstitute ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 53a StPO. Kreditinstitute scheiden als Berufshelfer aus, weil zwischen der Tätigkeit des Berufsgeheimnisträgers und des Kreditinstituts kein unmittelbarer Zusammenhang besteht (Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 53a StPO Rn. 2; AG Münster 1998, 181). Die Mitarbeiter von Kreditinstituten sind damit zur Aussage vor der Staatsanwaltschaft (§ 161a StPO), dem Ermittlungsrichter (§ 162 StPO) und dem Prozessgericht gesetzlich verpflichtet. Gleiches gilt gem. §§ 36 I Nr. 1, 46 II OWiG, § 161a StPO auch im Bußgeldverfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit. Um ihrer Aussageverpflichtung nachkommen zu können, müssen die Bediensteten öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute zudem eine Aussagegenehmigung ihres Dienstvorgesetzten gem. § 54 StPO einholen. Das Kreditinstitut hat aber aufgrund der vertraglichen Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses gegenüber den Strafermittlungsbehörden tatsächlich gegeben sind (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 220). Eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Aussage kann sich beispielsweise ergeben, wenn sich ein Strafermittlungsverfahren zumindest auch gegen den zu befragenden Mitarbeiter des Kreditinstitutes richtet. Wird ihm etwa die Beihilfe zu einer von einem Kunden begangenen Steuerhinterziehung zur Last gelegt, so ist er als Beschuldigter nicht dazu verpflichtet, gegen sich selbst auszusagen (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 19c; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 221; Fischer/Klanten, Rn. 4.25; BGHSt 14, 358 (364); 25, 325 (331) = NJW 1974, 1570 (1571)). Daneben kann jeder Zeuge nach § 55 StPO die Auskunft über solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 52 I bezeichneten Angehörigen der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Kein Aussageverweigerungsrecht besteht im Zusammenhang mit Anderkonten, die für einen Angehörigen eines rechts-, steuer- oder wirtschaftsberatenden Berufes nach § 53 I Nr. 3 StPO geführt werden (OLG Frankfurt NJW 2002, 1135 (1136); a. A. Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 19b; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 222; Schwintowski/ Schäfer, § 1 Rn. 148; vgl. ausführlich unten Rn. 38).
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b) Zeugenvernehmung. Aufgrund eines fehlenden Zeugnisverweigerungsrechtes sind Inhaber, Organe und Mitarbeiter von Kreditinstituten gem. § 161a I StPO verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen. Da § 161a StPO als Eingriffsnorm eng auszulegen ist, gilt bei den vor dem Strafverfahren anhängigen Ermittlungen der Polizei wiederum das Bankgeheimnis, so dass eine Aussagepflicht nicht besteht (ausführlich Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 326 ff.; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 226; auch Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 19; Weber, Die Bank 1996, 84 (86)). Die Aussage vor der Polizei muss unter Berufung auf das Bankgeheimnis selbst dann verweigert werden, wenn die Polizei eigens von der Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen beauftragt und somit als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft tätig wird (Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 163 StPO Rn. 37; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 19; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 329 f.; Claussen, Rn. 12; Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 147; Schaefgen, BB 1979, 1498 (1499); Fischer/Klanten, Rn. 4.21; a. A. Prost, NJW 1976, 214 (215)). Nach dem Wortlaut des § 161a StPO ist zudem eine ordnungsgemäße Ladung des Zeugen unabdingbar. Spontane Vernehmungen in den Räumlichkeiten des Kreditinstituts ohne vorherige Ladung sind deswegen unzulässig (Ungnade, WM 1976, 1210 (1212); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 327 ff.; Fischer/Klanten, Rn. 4.22 f.; vgl. auch Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 20a; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 223; a. A. Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 161a StPO Rn. 2 und 17; Pfeiffer, § 161a StPO Rn. 3; Selmer, S. 59 m. w. N.).
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Der Zeuge ist verpflichtet, sich gewissenhaft auf seine Vernehmung vorzubereiten und in zumutbarem Umfange geeignete Unterlagen zur Auffrischung seines Gedächtnisses beizuziehen (BGHSt 1, 5 (8); Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 69 StPO Rn. 8; Fischer/ Klanten, Rn. 4.24). Es bestehen indessen keine Erkundigungspflichten (Geurts/Koch/ Schebesta/Weber, Rn. 20; Fischer/Klanten, Rn. 4.24), so dass der Zeuge lediglich Aussagen über ihm bekannte Sachverhalte und konkrete eigene Wahrnehmungen zu machen braucht (Bruchner/Stützle-Stützle, S. 33). Die Vernehmung des Vorstandes oder Zweigstellenleiters im Hinblick auf einen Geschäftsvorfall, an dem dieser offensichtlich nicht beteiligt war, ist daher unzulässig. Allerdings hat die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, ein Mitglied des Vertretungsorgans mit der Maßgabe zu laden, den mit der Angelegenheit vertrauten Mitarbeiter namhaft zu machen und zur Wahrnehmung des Vernehmungstermins zu entsenden (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 225; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 20). c) Durchsuchung/Beschlagnahme/Herausgabe. Die Staatsanwaltschaft kann Geschäftsunterlagen des Kreditinstituts gem. §§ 94 II, 98 StPO beschlagnahmen, sofern diese als Beweismittel von Bedeutung sind. Zu diesem Zwecke kann im Rahmen des § 103 StPO die Durchsuchung der Geschäftsräume des Kreditinstituts angeordnet werden. Grundsätzlich bedürfen sowohl die Beschlagnahme als auch die Durchsuchungsanordnung eines richterlichen Beschlusses, können aber bei Gefahr im Verzug auch von der Staatsanwaltschaft und deren Hilfsbeamten angeordnet werden (§§ 98, 105 StPO). Letzteres dürfte am ehesten bei staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Mitarbeiter des Kreditinstituts praktische Bedeutung erlangen (Fischer/Klanten, Rn. 4.29). Sowohl die Beschlagnahme- als auch die Durchsuchungsanordnung haben sich am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu orientieren (Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 94 StPO Rn. 18 und § 105 StPO Rn. 3; KK-Senge, § 94 StPO Rn. 13 und § 102 StPO Rn. 12; BVerfGE 20, 162 (186 f.) = NJW 1966, 1603 (1607); BVerfGE 42, 212 (219 f.); 59, 95 (97) = MDR 1982, 291 (291 f.); BVerfG NJW 1997, 2165 (2166); BVerfG WM 1994, 691).
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Zur Wahrung des Bankgeheimnisses hat das Kreditinstitut darauf zu achten, dass der vorgelegte gerichtliche Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss in sich schlüssig ist und sowohl formell als auch materiell den gesetzlich gebotenen Erfordernissen entspricht (hierzu ausführlich Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 105 ff.). Die richterliche Durchsuchungsanordnung hat schriftlich zu erfolgen (Kleinknecht/ Meyer-Goßner, § 105 StPO Rn. 3 m. w. N.), ist nach § 34 StPO zu begründen und muss tatsächliche Angaben über die aufzuklärende Straftat enthalten. Um eine angemessene Begrenzung der Maßnahme zu ermöglichen und gleichzeitig sicherzustellen, dass der Eingriff messbar und kontrollierbar bleibt (Pfeiffer, § 105 StPO Rn. 2), müssen der Tatverdacht (vgl. zur Rechtsfigur des „Systemverdachts“ vor allem Schimansky/Bunte/ Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 110 m. w. N.; Leisner, BB 1994, 1941 ff.) und die aufzuklärende Straftat sowie die zu durchsuchenden Räumlichkeiten und die durch die Durchsuchung zu beschlagnahmenden Beweismittel inhaltlich genau bezeichnet werden (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 21a; vgl. BVerfG WM 1994, 691 ff.; LG Krefeld WM 1994, 1073 ff; Kniffka, Wistra 1987, 309 ff.; ausführlich Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 151 ff.). Schlagwortartige oder allgemeine Angaben über die zu beschlagnahmenden Beweismittel genügen nicht (Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 105 StPO Rn. 5 m. w. N.). Es muss aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt sein, dass die Durchsuchung zum Auffinden des gesuchten Beweismittels führen wird. Bloße Vermutungen genügen diesen Anforderungen nicht (Pfeiffer, § 103 StPO Rn. 2; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 105, 109).
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Durchsuchungen dürfen nicht dem Zweck dienen, Beweismittel aufzuspüren, die gem. § 97 StPO von der Beschlagnahme ausgenommen sind (LG Fulda NJW 2000 (1508); LG Köln NJW 1981, 1746 (1747); Pfeiffer, § 103 StPO Rn. 2 m. w. N.). Ebenso unzulässig ist eine Beschlagnahme oder Durchsuchung zur Ausforschung (Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 94 StPO Rn. 8, § 102 StPO Rn. 2; vgl. zur „Ausforschungsdurchsuchung“ vor allem Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 278 ff.; vgl. zur „Ausforschungsdurchsuchung“ vor allem Leisner, BB 1994, 1941 ff.). Eine Ausnahme zu dem Grundsatz, dass nur solche Gegenstände beschlagnahmt werden dürfen, die ausdrücklich in der Beschlagnahmeanordnung aufgeführt sind, stellen die sog. Zufallsfunde dar. Gem. § 108 StPO sind Zufallsfunde, die bei Gelegenheit einer Durchsuchung gemacht werden, ohne in einer Beziehung zu der Untersuchung zu stehen, einstweilen in Beschlag zu nehmen, sofern sie auf die Verübung einer anderen Straftat hindeuten. Der Hinweis auf die Verübung einer anderen Straftat muss von dem Gegenstand selbst ausgehen. Die Sicherstellung von Kontounterlagen, die zum Zeitpunkt der Durchsuchung für sich allein noch keinen Hinweis auf andere Straftaten geben, ist unzulässig (Schimansky/Bunte/ Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 177). Unstatthaft ist auch die gezielte und systematische Suche nach Zufallsfunden (Selmer, S. 71 m. w. N.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 108 StPO Rn. 1 m. w. N.; Ehlers, BB 1978, 1513 (1515); BuB/Weber, Rn. 2/892). Dementsprechend dürfen Bankunterlagen bei einer Durchsuchung eines Kreditinstituts aus Anlass eines Ermittlungsverfahrens gegen einen Kunden nicht daraufhin überprüft werden, ob sich aus ihnen auch Anhaltspunkte für strafbare Handlungen anderer Kunden ergeben (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 23c). Eine Verwertung derartiger „gezielter Zufallsfunde“ ist nicht erlaubt (BuB/Weber, Rn. 2/892 m. w. N.; Schimansky/Bunte/ Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 168 m. w. N.).
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Im Zusammenhang mit der Beschlagnahme sind die für einen Angehörigen eines rechts-, steuer- oder wirtschaftsberatenden Berufes nach § 53 I Nr. 3 StPO geführten Anderkonten von besonderer Relevanz. Nach einer verbreiteten Ansicht werden die bei einem Kreditinstitut befindlichen Unterlagen zu Anderkonten, die von einem Notar oder
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Rechtsanwalt von Gesetzes wegen eingerichtet werden müssen, gem. § 97 i. V. m. § 53 a StPO als nicht beschlagnahmefähig angesehen (AG Münster Wistra 1998, 237 m. w. N.= StV 1997, 181 = WM 1998, 1328; LG Köln WM 1991, 589; LG Darmstadt WM 1990, 12 (13); Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 23; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/ Krepold, § 39 Rn. 222; Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 148; Huber, Rn. 442; Pfeiffer, § 97 Rn. 6; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 97 StPO Rn. 12; Stahl, Wistra 1990, 94 (95 f.)). Begründet wird diese Auffassung damit, dass Notare und Rechtsanwälte im Hinblick auf fremde Gelder immerhin zur Einrichtung von Anderkonten gesetzlich verpflichtet seien (AG Münster Wistra 1998, 237 = StV 1997, 181= WM 1998, 1328; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 23) und die das Anderkonto führende Bank deswegen als Hilfsperson des Notars oder Rechtsanwalts behandelt werden müsse, um eine Umgehung der Verweigerungsbefugnis des Berufsgeheimnisträgers zu verhindern (LG Köln WM 1991, 589). Eine Beschlagnahmefreiheit von zu Anderkonten gehörigen Unterlagen ist jedoch entgegen dieser Auffassung abzulehnen und eine Beschlagnahme demzufolge zulässig (OLG Frankfurt NJW 2002, 1135 (1136); LG Chemnitz Wistra 2001, 399 (400); LG Aachen NJW 1999, 2381 (2382); BNotZ 1999, 171; LG Würzburg Wistra 1990, 118; BVerfG Wistra 1990, 97; LG Darmstadt Wistra 1987, 232; KK-Nack, § 97 StPO Rn. 18 m. w. N.). Zur Begründung kann bereits § 97 II StPO angeführt werden, wonach sich das für Rechtsanwälte geltende Beschlagnahmeprivileg ausdrücklich allein auf solche Gegenstände bezieht, die sich im Gewahrsam des Rechtsanwaltes befinden. Hieran fehlt es bei sich beim Kreditinstitut befindlichen Unterlagen aber regelmäßig (LG Würzburg Wistra 1990, 118). Kreditinstitute können auch im Hinblick auf Anderkonten nicht als Berufshelfer i. S. d. § 53a StPO angesehen werden, weil selbständige Gewerbetreibende nicht als Hilfsperson i.S. dieser Norm zu qualifizieren sind und zwischen der Tätigkeit des Rechtsanwaltes und der Bank kein unmittelbarer Zusammenhang besteht (Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 53a StPO Rn. 2; OLG Frankfurt NJW 2002, 1135 (1136); LG Chemnitz Wistra 2001, 399 (400)). Daneben wird bereits durch die Anknüpfung des Beschlagnahmeverbots an das Zeugnisverweigerungsrecht des Berufsgeheimnisträgers deutlich, dass ein Beschlagnahmeschutz nur bestehen soll, wenn der Berufsgeheimnisträger mit Tätigkeiten betraut wird, die für seine berufliche Qualifikation und Stellung kennzeichnend sind (OLG Frankfurt NJW 2002, 1135 (1136) m. w. N.). Die Entgegennahme von Fremdgeldern gehört hingegen nicht zur typischen und notwendigen anwaltlichen Tätigkeit, sondern betrifft diese nur ganz am Rande (BVerfG Wistra 1990, 97). Zwar können sich Notare der Entgegennahme von Fremdgeldern insbesondere bei der Beurkundung und Abwicklung von Kaufverträgen praktisch nicht entziehen. Diesbezügliche Urkunden sind i.d.R. jedoch nicht geheimhaltungsbedürftig, weil sie gerade für die Kenntnisnahme durch Dritte, beispielsweise durch Eintragung in öffentliche Register (z. B. das Grundbuch), bestimmt sind. Nichts anderes kann für die Buchungsunterlagen eines Notaranderkontos gelten, weil über dieses Konto lediglich die vertragliche Verpflichtung aus den notariellen Urkunden abgewickelt wird und aus den Buchungsunterlagen keine über diese Abwicklung hinaus gehenden Umstände erkennbar sind (LG Aachen NJW 1999, 2381 (2382); LG Darmstadt Wistra 1987, 232). Daneben besteht für die Ermittlungsbehörden die Möglichkeit, die Herausgabe nach § 95 StPO zu verlangen. Diese Norm zielt insbesondere auf solche Fallkonstellationen ab, in denen für die Ermittlungsbehörde feststeht, dass eine bestimmte Person ein ganz bestimmtes Beweismittel in Gewahrsam hat, der Gegenstand aber selbst im Rahmen einer Durchsuchung nicht gefunden werden konnte und dessen Verbleib unbekannt ist (Geurts/ Koch/Schebesta/Weber, Rn. 24). Die Pflicht zur Herausgabe ist unabhängig von der Zustimmung des Eigentümers und trifft jeden Gewahrsamsinhaber mit Ausnahme des Be-
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schuldigten und der zeugnisverweigerungsberechtigten Personen (Kleinknecht/MeyerGoßner, § 95 StPO Rn. 4; Pfeiffer, § 95 StPO Rn. 1). Bei letzteren darf zwar eine Herausgabe verlangt, aber nach § 95 II 2 StPO nicht zwangsweise durchgesetzt werden. Da sich Kreditinstitute nicht auf ihr Bankgeheimnis berufen können, sind sie auf Verlangen der Ermittlungsbehörden zur Herausgabe von kundenbezogenen Geschäftsunterlagen verpflichtet, wobei die Herausgabe der Unterlagen als Fotokopie ausreichen kann (Pfeiffer, § 95 StPO Rn. 1). d) Abwendungsvorlage/Abwendungsauskunft. Kreditinstitute dürfen aufgrund ihrer Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses außerhalb einer formellen Zeugenvernehmung nach § 161a StPO regelmäßig keine Auskünfte auf Auskunftsersuchen der Staatsanwaltschaft erteilen. Eine Möglichkeit zur freiwilligen Herausgabe kundenbezogener Geschäftsunterlagen besteht für Kreditinstitute allerdings im Rahmen der sog. Abwendungsvorlage und Abwendungsauskunft. Bei der Abwendungsvorlage wird den Kreditinstituten mit der Zustellung oder Androhung eines richterlichen Durchsuchungs- oder Beschlagnahmebeschlusses gleichzeitig nahegelegt, die Durchsuchung der Geschäftsräume und Beschlagnahme der bezeichneten Geschäftsunterlagen durch Vorlage von Fotokopien abzuwenden. Entsprechend wird bei der Abwendungsauskunft die angedrohte oder zugestellte Zeugenladung nach § 161a StPO mit dem Vermerk versehen, dass die Zeugeneinvernahme durch die schriftliche Beantwortung der gestellten Fragen und der Beifügung der dazugehörigen Unterlagen abgewendet werden kann (Schimansky/Bunte/ Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 180 ff., 184 ff.; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 26; Fischer/Klanten, Rn. 4.31; vgl. Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 342 ff.). Diese Verfahrensweise wird im Hinblick auf das zu wahrende Bankgeheimnis als zulässig erachtet, weil der Kunde hierbei keiner größeren Belastung ausgesetzt ist, als dies bei Durchlaufen des formellen Verfahrens der Fall wäre (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 26). Wegen des von den Ermittlungsbehörden zu wahrenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes haben Kreditinstitute sogar dann die Möglichkeit zur Abwendungsvorlage, wenn der Durchsuchungs- oder Beschlagnahmebeschluss keine ausdrückliche Abwendungsbefugnis enthält (vgl. LG München II, WM 1989, 79 ff. m. Anm. Locher, WuB I B 3.-2.89). Andererseits ist das Kreditinstitut nicht zur Abwendung verpflichtet und kann es auf die Durchsetzung der angedrohten Maßnahme ankommen lassen (Bruchner/Stützle-Bruchner, S. 48). e) Geldwäsche/Geldwäschegesetz. Wegen Geldwäsche wird gem. § 261 I StGB bestraft, wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, verbirgt, dessen Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet. Mit dieser Norm versucht der Gesetzgeber die Einschleusung von Vermögensgegenständen, die aus organisierter Kriminalität (Rauschgifthandel, Zuhälterei, Schutzgelderpressungen, illegalem Waffenhandel, etc.) stammen, in den legalen Wirtschafts- und Finanzkreislauf zu verhindern und sich die Möglichkeit zur Zurückverfolgung solcher Finanztransaktionen zu schaffen. Diese Vorschrift wird im Geschäftsbetrieb der Kreditinstitute bedeutsam, wenn einer ihrer Mitarbeiter die Herkunft des Geldes zum Zeitpunkt der Anlage (er)kennt (Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 149). Gem. § 261 IX StGB bleibt der betroffene Mitarbeiter allerdings straffrei, wenn er die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, sofern nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Bankmitarbeiter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste. Diese strafbefreiende Anzeige stellt keine Durchbrechung des Bankgeheimnisses dar (Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 149; Claussen, § 6 Rn. 14a; Kümpel, Rn. 2.173).
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Hiervon sind die Anzeigepflichten des Geldwäschegesetzes (GWG) abzugrenzen. Dieses Gesetz normiert für Kreditinstitute gewerberechtliche Pflichten, die dem Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten dienen und eine effektive Geldwäscheprävention ermöglichen sollen (Junker, DStR 1996, 224 (227)). Nach § 11 I GWG ist bereits der bloße Verdacht, dass eine Finanztransaktion der Geldwäsche i. S. d. § 261 StGB oder der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung i. S. d. §§ 129a, 129b StGB dient oder im Fall der Durchführung dienen würde, unverzüglich bei den zuständigen Strafverfolgungsbehörden und in Kopie dem Bundeskriminalamt anzuzeigen. Für diese Anzeige kann der entsprechende Mitarbeiter des Kreditinstituts gem. § 12 GWG nicht verantwortlich gemacht werden, es sei denn, die Anzeige ist vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr erstattet worden. Diese Verantwortlichkeitsfreistellung macht gleichzeitig deutlich, dass weder das Bankgeheimnis noch andere Verschwiegenheitspflichten der Anzeige entgegenstehen (BT-Drucks. 12/2704, S. 19; Huber, Rn. 420).
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3. Bankgeheimnis im steuerrechtlichen Verfahren. Anders als im Zivilprozess existiert gegenüber den Steuerbehörden kein Bankgeheimnis (Fischer/Klanten, Rn. 4.39; Streck/ Mack, BB 1995, 2137 (2139); Rüth, DStZ 2000, 30 (32); Junker, DStR 1996, 224 (227) m. w. N.). Auch § 30a AO, wonach die Finanzbehörden bei der Ermittlung des Sachverhalts auf das Vertrauensverhältnis zwischen den Kreditinstituten und deren Kunden besondere Rücksicht zu nehmen haben, normiert kein Bankgeheimnis (Streck/Mack, BB 1995, 2137 (2139); Klein/Rüsken, § 30a AO Rn. 3 und 30; a. A. FG Niedersachsen DStRE 2002, 659 (661); NJW 2001, 2997 (3000); Claussen, § 6 Rn. 11; Kümpel, Rn. 2.178. Vgl. auch Wieland, JZ 2000, 272 ff.; Hamacher, WM 1997, 2149 ff.). § 30a AO ist lediglich als Zusammenfassung derjenigen Vorschriften anzusehen, die das allgemeine steuerliche Verfahrensrecht zum Schutze von Bankkunden modifizieren (Klein/Rüsken, § 30a AO Rn. 3). Das Bankgeheimnis gehört weder im Besteuerungs- oder Steuerfahndungs- noch im Steuerstrafverfahren zu den in § 102 AO genannten privilegierten Berufsgeheimnissen (Junker, DStR 1996, 224 (227) m. w. N.), so dass für Kreditinstitute regelmäßig keine Berechtigung zu einer Auskunftsverweigerung besteht. Daneben existieren auf dem Gebiet des Steuerrechts eine Vielzahl von Vorschriften, die mit der Verschwiegenheitspflicht der Kreditinstitute in Konflikt geraten. Die Pflicht der Kreditinstitute zur Offenbarung kundenrelevanter und dem Bankgeheimnis unterliegender Tatsachen hängt davon ab, ob die Behörde im Besteuerungsverfahren oder im Strafverfahren tätig ist (§ 393 I AO).
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Gem. § 93 I 1 AO haben die am Steuerschuldverhältnis Beteiligten und andere Personen der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhaltes erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Allerdings gilt nach § 93 I 3 AO i. V. m. § 30a V AO der Subsidiaritätsgrundsatz, wonach Kreditinstitute erst um Auskunft und Vorlage gebeten werden sollen, wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Die Steuerbehörde hat im Rahmen des Auskunftsersuchens zu prüfen, ob das Ersuchen zur Sachaufklärung geeignet und notwendig, die Pflichterfüllung für den Betroffenen möglich und seine Inanspruchnahme erforderlich und zumutbar ist (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 36 m. w. N.). Es muss ein „hinreichender Anlass“ für das Auskunftsbegehren vorliegen. Sammelauskunftsersuchen oder Ermittlungen „ins Blaue hinein“ sind dementsprechend unzulässig (Schimansky/ Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 251; BuB/Weber, Rn. 2/873). Nach § 97 I AO kann die Finanzbehörde die Vorlage von Urkunden zur Einsicht und Prüfung verlangen, sofern der Vorlagepflichtige eine Auskunft nicht oder nur unzureichend erteilt hat oder Bedenken gegen ihre Richtigkeit bestehen.
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Wird die Steuerfahndung gem. § 208 I Nr. 2 oder Nr. 3 AO zur Erforschung von Steuerstraftaten, Steuerordnungswidrigkeiten oder zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter
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Steuerfälle tätig, gilt für sie der in den §§ 93 I 3, 97 II AO normierte Grundsatz der subsidiären Inanspruchnahme Dritter nicht (§ 208 I 3 AO). Eine Ausnahme hierzu ergibt sich aus § 30a V 2 AO, der gegenüber § 208 I 3 AO lex specialis ist (Schimansky/Bunte/ Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 261). Nach dieser Norm sollen Kreditinstitute erst um Auskunft und Vorlage von Urkunden gebeten werden, wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziele führt oder keinen Erfolg verspricht. Demzufolge muss die Steuerfahndung bei ihren Nachforschungen gegenüber Kreditinstituten den Subsidiaritätsgrundsatz letztlich doch beachten (Nickels, DStZ 89, 8 (21)), sofern die Person des Steuerpflichtigen bekannt und kein Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen ihn eingeleitet ist (Rüth, DStZ 2000, 30 (34); Klein/Rüsken, § 30a AO Rn. 30). Aber selbst wenn der Steuerpflichtige unbekannt ist, darf die Steuerfahndung keine Ermittlungen „ins Blaue hinein“ führen (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 261). Solange ein hinreichender Anlass für Ermittlungsmaßnahmen besteht, liegt eine Ermittlung „ins Blaue hinein“ selbst dann nicht vor, wenn gegen eine große Anzahl von Personen ermittelt wird (BFH NJW 2002, 2340). 46
Im Steuerstrafverfahren gelten, sofern die AO keine Sonderregelungen enthält, die Regelungen des Strafverfahrens (§ 385 I AO). Betrifft die verfolgte Tat ausschließlich Steuerdelikte, dann hat die Finanzbehörde bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens gem. § 399 I AO die Befugnisse der Staatsanwaltschaft nach der StPO. Sie kann insbesondere nach § 161a StPO Zeugen laden und vernehmen (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 51a). Mit der Einleitung des Steuerstraf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahrens ist § 30a AO unanwendbar, so dass der Grundsatz der subsidiären Inanspruchnahme des Kreditinstituts nicht mehr gilt (Huber, Rn. 439).
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Erlangt ein Kreditinstitut Kenntnis von dem Tode eines Kunden, ist es gem. § 33 I ErbStG verpflichtet, die von ihm verwahrten Vermögensgegenstände und die gegen das Kreditinstitut gerichteten Forderungen, die zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers zu dessen Vermögen gehörten oder über die dem Erblasser zur Zeit seines Todes die Verfügungsmacht zustand, dem jeweiligen für die Verwaltung der Erbschaftssteuer zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Die Anzeige kann unterbleiben, soweit die Wirtschaftsgüter dem Erblasser nur als Treuhänder zustanden oder der Wert des anzeigepflichtigen Vermögens eine Schwelle von 1.200,- € nicht übersteigt (Meincke, § 33 Rn. 4).
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4. Bankgeheimnis und andere Verwaltungsverfahren. Weitere Durchbrechungen des Bankgeheimnisses zugunsten von staatlichen Behörden sind in den unterschiedlichsten Gesetzen zu finden. So besteht für die Träger der Sozialhilfe bei der Überprüfung der Hilfsbedürftigkeit des Antragstellers gegenüber Kreditinstituten regelmäßig zwar kein Anspruch auf Auskunft über die Vermögensverhältnisse des Betroffenen. Doch normiert § 60 I Nr. 1 SGB die Pflicht des Antragstellers, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. „Erforderlich“ sind in diesem Zusammenhang ganz konkrete Auskünfte, die der Leistungsträger für eine sachgerechte Bearbeitung des Antrags benötigt (BuB/Weber, Rn. 2/910 und zu den „Grundsätzen für Verfahren bei der Erteilung von Auskünften über Bankkonten von Sozialhilfeempfängern“ Rn. 2/911; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 290). Nach § 315 II SGB III haben u.a. Kreditinstitute dem Arbeitsamt auf Verlangen Auskünfte über das Einkommen und Vermögen eines Arbeitslosen zu erteilen, soweit diese für den Leistungsträger im bereits erwähnten Sinne erforderlich sind. Gem. § 44 I AWG können die Deutsche Bundesbank und andere namentlich aufgeführte Behörden Auskünfte bei den Teilnehmern am Außenwirtschaftsverkehr einholen, zu diesem Zwecke die Vorlage geschäftlicher Unterlagen verlangen und Prüfungen vornehmen. § 44 I KWG berechtigt das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen gegenüber Kredit-
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instituten, die Erteilung von Auskünften über alle Geschäftsangelegenheiten sowie die Vorlage von Unterlagen zu verlangen und ohne besonderen Anlass Prüfungen vorzunehmen. Die §§ 13 und 14 KWG normieren im Hinblick auf Groß- und Millionenkredite Anzeigepflichten für Kreditinstitute gegenüber der Deutschen Bundesbank. § 16 II WpHG legitimiert das Bundesaufsichtsamt bei Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen eines der in § 14 WpHG geregelten Verbote von Insidergeschäften u.a. von Kreditinstituten Auskünfte über Geschäfte in Insiderpapieren und unter bestimmten Voraussetzungen die Angabe der Identität der Auftraggeber, der berechtigten oder verpflichteten Personen sowie der Bestandsveränderungen zu verlangen. 5. Bankgeheimnis in den Schranken des allgemeinen Rechts. a) Notwehr / Nothilfe. Selbst wenn für das Kreditinstitut keine Rechtspflicht zur Auskunftserteilung besteht, kann eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses im Rahmen der Notwehr oder Nothilfe (§ 227 BGB, § 32 StGB) gerechtfertigt sein. Voraussetzung ist, dass eine Aufklärung aufgrund fehlender alternativer Handlungsmöglichkeiten unerlässlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff auf ein Rechtsgut des Kreditinstituts, eines anderen Kunden oder eines sonstigen Dritten abzuwenden. In den Bereich der Notwehr oder Nothilfe fallen neben Verstößen gegen Straftatbestände auch unerlaubte Handlungen i.S. der §§ 823 ff. BGB oder Zuwiderhandlungen gegen die aus § 242 BGB folgenden Schutzpflichten (Canaris, Rn. 59). Die Gegenwärtigkeit eines Angriffes ist gegeben, wenn er unmittelbar bevorsteht oder noch andauert. Hierauf ist besonderes Augenmerk zu legen, weil die Kenntnisnahme von einem bereits beendeten rechtswidrigen oder strafbaren Verhalten eines Kunden das Kreditinstitut nicht bereits zur Verletzung der Verschwiegenheitspflicht legitimiert (Canaris, Rn. 58; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 181; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 64; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/ Krepold, § 39 Rn. 87). Kreditinstitute sind damit nicht an ihre gegenüber einem Kunden bestehende Verschwiegenheitspflicht gebunden, wenn sie in Erfahrung bringen, dass dieser zu einer strafbaren Handlung oder zu einem sonstigen rechtswidrigen Verhalten ansetzt oder mit der Ausführung bereits begonnen hat. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Kreditinstitut anlässlich einer Kreditauskunft oder eines erteilten Kreditauftrages erkennt, dass ein Kunde gegenüber einem Dritten einen Kreditbetrug begehen will (BuB/ Weber, Rn. 2/924; Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 160).
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b) Pflichtenkollision. Kreditinstitute können in eine Pflichtenkollision bzw. in einen Loyalitätskonflikt (Horn, S. 91) geraten, wenn zwei ihrer Kunden miteinander in geschäftlichem Kontakt stehen und die Verschwiegenheitspflicht des Kreditinstituts gegenüber dem einen Kunden mit der zugunsten eines anderen Kunden bestehenden Warnund Aufklärungspflicht kollidiert. Zwar müssen Kreditinstitute ihre Kunden im Regelfall weder vor wirtschaftlich risikoreichen Kreditgeschäften warnen noch über die Vermögensverhältnisse des potenziellen Geschäftspartners aufklären (BGH WM 1978, 896 (897); 1986, 700 (701); 1991, 85; 1989, 1409 (1411); BGHZ 72, 92 (104) = NJW 1978, 2145 (2147 f.); OLG Zweibrücken WM 1985, 86 (89)). Ausnahmsweise kann sich eine Warn- und Aufklärungspflicht allerdings gem. § 242 BGB aus Treu und Glauben (Canaris, Rn. 58, 60; Kümpel, 2.153; Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 163; BGH WM 1990, 920 (922); 1991, 85) oder nach anderer Auffassung aus dem rechtfertigenden oder entschuldigenden Notstand i.S. der §§ 34, 35 StGB (vgl. BuB/Weber, Rn. 2/925; Geurts/ Koch/Schebesta/Weber, Rn. 66) ergeben. Eine Warn- und Aufklärungspflicht aus Treu und Glauben ist im Einzelfall anzunehmen, wenn ein besonderes Schutzbedürfnis eines Kunden besteht und eine Aufklärung geradezu geboten ist (BGH WM 1990, 920 (922); 1991, 85). Ein derartiger Ausnahmefall kann gegeben sein, wenn die Bank einen besonderen Gefährdungstatbestand selbst schafft, seine Entstehung begünstigt oder aber einen
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erkennbaren konkreten Wissensvorsprung über die speziellen Risiken eines bestimmten Vorhabens hat (Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 162; BGH WM 1986, 700 (701); 1991, 85). So kann eine Aufklärungspflicht bestehen, wenn der Bank bereits bei Kreditgewährung die drohende Zahlungsunfähigkeit des Geschäftspartners bekannt ist (BGH WM 1991, 85; 1986, 700 (701); 78, 896 ff. m. Anm. Heymann, WuB I G 8.-7.86) oder wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte zu Lasten der Erwerber verwickelt (BGH WM 1991, 85; 1989, 561 (563); 1979, 1054 (1057); Obermüller, WuB I B 3.-1.91; vgl. auch OLG Zweibrücken WM 1985, 86 ff. m. Anm. Obermüller, WuB IV A. § 826 BGB 1.85). 51
Die Feststellung einer Pflichtenkollision allein legitimiert das Kreditinstitut allerdings nicht zur Durchbrechung des Bankgeheimnisses. Vielmehr ist eine Kollision zwischen der sich aus dem Wissensvorsprung ergebenden Aufklärungspflicht und der gegenüber dem anderen Kunden bestehenden Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses im Rahmen einer konkreten Güter- und Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu lösen (BGH WM 1991, 85 (86); Canaris, Rn. 60; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 182). Es kommt in jedem konkreten Einzelfall darauf an, ob das Interesse an der Geheimhaltung nach Treu und Glauben den Vorrang vor dem Schutz des anderen Kunden verdient (Kümpel, Rn. 2.160). Im Zuge dieser Abwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, in welchem Umfang das aufklärungspflichtige Kreditinstitut gezwungen wäre, Einzelheiten seiner Geschäftsverbindung mit einem anderen Kunden und über dessen Vermögenslage zu offenbaren (BGH WM 1991, 85 (86)). Ist einem Kreditinstitut beispielsweise bei einer Geldüberweisung die Insolvenz oder die unmittelbar bevorstehende Zahlungsunfähigkeit des Überweisungsempfängers bekannt, so wird insbesondere der Überweisungsbetrag bei der Güter- und Interessenabwägung zu berücksichtigen sein. Handelt es sich um einen Bagatellbetrag, wird der überweisende Kunde durch das Schweigen seiner Bank nur einen geringen Schaden erleiden. Bei einem hohen Betrag wird der mögliche Schaden des Kunden dagegen im Verhältnis zu dem Hinweis auf die – ohnehin nur kurzfristig geheimhaltbare – Notsituation des Überweisungsempfängers höher zu bewerten sein und eine Warnmitteilung rechtfertigen (Kümpel, Rn. 2.160). Eine Freistellung des Kreditinstitutes von seiner Verschwiegenheitspflicht wird – ohne das Hinzutreten besonderer Umstände – jedenfalls in solchen Fällen abzulehnen sein, in denen eine erfolgreiche Sanierung zumindest noch ernsthaft möglich erscheint (vgl. auch Obermüller, WuB I B 3.-1.91).
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c) Wahrnehmung berechtigter Interessen. Die Legitimation für eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses kann sich ausnahmsweise auch auf ein überwiegendes Eigeninteresse des Kreditinstituts stützen, wobei der Rechtsgedanke der Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB) zur Anwendung gelangt (Kümpel, Rn. 2.165; Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 164; Bruchner/Stützle-Bruchner, S. 25). Ein derartiges berechtigtes Interesse wurde in der Rechtsprechung (BGH NJW 1952, 151; BGH DB 1953, 1031; BGH WM 1978, 999 (1000); OLG Köln WM 1993, 289 (291)) anerkannt, wenn sich ein Kreditinstitut in einem Prozess oder gegen sonstige Angriffe des Kunden nicht sachgerecht verteidigen kann, ohne ein ihm anvertrautes Geheimnis aufzudecken. Die Offenbarungsbefugnis wird sich im Regelfall allerdings auf solche Geheimnisse beschränken, welche die Prozessgegenseite selbst betreffen. Die Geheimnisse außenstehender Dritter sind hingegen nur ausnahmsweise und unter Zugrundelegung besonders strenger Anforderungen preiszugeben (BuB/Weber, Rn. 2/926). Eine allgemeine Anwendbarkeit ist dem Rechtfertigungsgrund der „Wahrnehmung berechtigter Interessen“ aufgrund seines speziellen Zusammenhangs mit den Ehrverletzungsdelikten und § 824 II BGB hinge-
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gen nicht zu entnehmen (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 67; BuB/Weber, Rn. 2/927 und Rn. 1/55; Hoffmann/Walter, WM 2004, 1566 (1573)). Hinge nämlich die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses bei Kollision verschiedener Interessen von dem Ergebnis der jeweiligen Güter- und Interessenabwägung ab, dann würde das Bankgeheimnis in seiner Anwendung letztlich zur Disposition der Banken und in seinem Wesensgehalt in Frage gestellt (BuB/Weber, Rn. 1/55 und 2/927). Allerdings lässt sich aus den von der Rechtsprechung entschiedenen Sachverhalten der Grundsatz entnehmen, dass die Bank im Falle von Nachteilen durch ein vertragswidriges oder rechtswidriges Verhalten eines Kunden unter engen Voraussetzungen gegen diesen einen Anspruch auf Befreiung vom Bankgeheimnis aus den Geboten von Treu und Glauben gem. § 242 BGB erlangen kann, um den entstandenen Nachteil auszugleichen oder zu mindern. Eine Verweigerung der Entbindung vom Bankgeheimnis durch den Kunden wäre unbeachtlich, weil dieser rechtsmissbräuchlich handeln würde (Bruchner/Stützle-Bruchner, S. 27; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 67; BuB/Weber, Rn. 1/55). Dies gilt auch bei Abtretung einer Darlehensforderung – selbst im Falle eines vertraglich vereinbarten Abtretungsverbots – für die Erfüllung der Auskunftspflicht gegenüber dem Zessionar nach § 402 BGB, soweit es sich um einen sog. Non-Performing Loan, d.h. um eine Darlehensforderung handelt, die von dem Schuldner nicht ordnungsgemäß bedient wird (vgl. Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (168); Rögner, NJW 2004, 3230 (3232); Nobbe, WM 2005, 1537 (1546); Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer, DB 2005, 1367 (1371); Hoffmann/ Walter, WM 2004, 1566 (1572); Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1565); Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (130)). 6. Bankgeheimnis und Bundesdatenschutzgesetz. Neben der Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses müssen Kreditinstitute auch die Regelungen des BDSG beachten. Das BDSG macht es sich in seinem § 1 I BDSG zur Aufgabe, den Einzelnen vor einer Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten zu schützen. Ausgangspunkt des Datenschutzes ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht in der Ausprägung, die es durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 65, 1 ff. = NJW 1984, 419 ff. – „Volkszählungsurteil“) erfahren hat (Gola/Schomerus, § 1 BDSG Rn. 6). Vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 I i. V. m. Art. 1 I GG wird hiernach auch das Recht des Bankkunden auf „informationelle Selbstbestimmung“ umfasst (BVerfG NJW 1984, 419 (422); Horn, S. 89). Dieses Recht gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu entscheiden (BVerfG NJW 1984, 419 (422)) und macht den Einzelnen damit – ähnlich wie dies beim Bankgeheimnis der Fall ist – grundsätzlich zum Herrn über die ihn betreffenden Daten (vgl. Gola/Schomerus, § 1 BDSG Rn. 10). Zwischen dem BDSG und dem Bankgeheimnis kommt es aber nur teilweise zu Überschneidungen (Heymann/Emmerich, Anhang § 372, Rn. 50; Schimansky/ Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 40 Rn. 27). Im Gegensatz zum Bankgeheimnis bezieht sich das BDSG nicht auf sämtliche kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen, von denen das Kreditinstitut Kenntnis erlangt, sondern nur auf die personenbezogenen Daten einer natürlichen Person. Damit fallen juristische Personen, wie Kapitalgesellschaften und eingetragene Vereine, aber auch die OHG oder die KG sowie alle übrigen Personengesellschaften aus dem Schutzbereich des BDSG heraus (Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 171; Kirchherr/Stützle, ZIP 1984, 515 (519)). Daneben müssen für die Anwendbarkeit des BDSG weitere Voraussetzungen erfüllt sein (vgl. § 1 II BDSG). Das Bankgeheimnis erfasst also einen sehr viel größeren Bereich von Informationen und schutzwürdigen Kunden als das BDSG und bietet dem Kunden damit einen umfassenderen Schutz seiner Privatsphäre (Langohr, S. 14).
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Einschränkungen des vom BDSG gewährleisteten Schutzes ergeben sich aus § 4 I BDSG. Hiernach ist die Datenverarbeitung zulässig, wenn das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Aus dieser Norm ergibt sich ein wesentlicher Unterschied zum Bankgeheimnis. Denn die Durchbrechung des Bankgeheimnisses ist grundsätzlich nur mit der Einwilligung des Kunden möglich, wohingegen das BDSG den Kreditinstituten mit § 28 BDSG die Möglichkeit eröffnet, unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne vorherige Einwilligung ihrer Kunden deren Daten weiterzugeben. § 28 BDSG bietet Kreditinstituten aber keinesfalls die Möglichkeit, die sich aus dem Bankgeheimnis ergebenden Übermittlungsschranken zu umgehen (Simitis u.a., BDSG/Simitis, § 28 Rn. 133). Eine derartige Annahme wäre im Hinblick auf den hinter dem Bankgeheimnis und dem BDSG stehenden Schutzgedanken verfehlt, weil es nicht Sinn und Zweck des BDSG ist, bereits bestehende Beschränkungen zum Schutze des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wieder aufzubrechen. Dies ergibt sich auch aus § 1 III 2 BDSG, wonach die Verpflichtung zur Wahrung von Berufsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, unberührt bleibt. Diese Vorschrift gilt auch und insbesondere zugunsten des Bankgeheimnisses (Gola/Schomerus, § 1 BDSG Rn. 25). Im Einzelfall ist das jeweils höhere Schutzniveau dafür entscheidend, ob das Bankgeheimnis als spezielle Geheimhaltungsregelung oder das BDSG Anwendung findet (Gola/Schomerus, § 1 BDSG Rn. 25; Simitis u.a., BDSG/Walz, § 1 Rn. 174 f.; a. A. Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (476); Koch, MMR 2002, 504 (507)). Die Voraussetzungen und Grenzen einer Übermittlung von Kundendaten sind damit am Bankgeheimnis zu messen. Kreditinstitute können auf andere Anknüpfungspunkte nur insoweit ausweichen, wie es das Bankgeheimnis zulässt (Simitis u.a., BDSG/Simitis, § 28 Rn. 133). Das BDSG steht folglich unabhängig und selbständig als gesetzliche Schutzpflichtnormierung im Sinne einer zusätzlichen Schutzebene neben dem Bankgeheimnis (Früh, WM 2000, 497 (500); Langohr, S. 14; Zöllner, ZHR 149 (1985), 179 (180); Büllesbach, CR 2000, 544 (546); Canaris, Rn. 72a).
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II. Einwilligung des Kunden. Entsprechend dem Grundsatz, dass der Kunde eines Kreditinstitutes als Geheimnisherr über die Bekanntgabe oder Geheimhaltung der ihn betreffenden Tatsachen und Wertungen zu entscheiden hat und hierfür sein wirklicher Wille maßgeblich ist (vgl. bereits Rn. 12 f.), kann der Kunde in die Weitergabe der ihn betreffenden Informationen einwilligen (Nr. 2 I 2 AGB-Banken). Voraussetzung ist eine Einwilligung i. S. d. § 183 BGB, also eine bewusste Willenserklärung des Kunden (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 7 Rn. 12). Diese kann der Kunde ausdrücklich, sei es im Vorfeld oder auf Rückfrage der Bank, für den konkreten Einzelfall, generell für zukünftige Fälle, beschränkt auf einen bestimmten Umfang oder im Rahmen vorformulierter Erklärungen (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 7 Rn. 12) sowie konkludent durch sein Verhalten in der Geschäftsbeziehung erklären (MünchKommBGB-Schramm, § 182 Rn. 10; Palandt/Heinrichs, § 182 Rn. 3; Soergel/Leptien, § 182 Rn. 7).
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Ist im konkreten Einzelfall eine Rückfrage beim Kunden nicht möglich und der wirkliche Wille nicht feststellbar, so kann entgegen einer weit verbreiteten Ansicht (Canaris, Rn. 49 und 54; Steindorff, ZHR 149 (1985), 151 (152); Junker, DStR 1996, 224 (224); Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (474); Hadding/Schneider-Musielak, S. 14; vgl. auch BGHZ 95, 362 (365) = NJW 1986, 46, wobei die Klärung dieser Frage offengelassen wurde) nicht auf den mutmaßlichen Willen oder gar auf ein objektives Interesse ausgewichen werden (ebenso Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 7 Rn. 12; Kümpel, Rn. 2.154; widersprüchlich Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 68a und 4). Denn die Bank kann häufig überhaupt nicht beurteilen, ob der Geheimhaltungsgrund des Kunden seinen Interessen entspricht, zumal sich dieser zu den wahren Gründen für seinen Ge-
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heimhaltungswunsch oftmals erst gar nicht äußern wird (ebenso Canaris, Rn. 54, der ein Abstellen auf den mutmaßlichen Willen allerdings als legitim erachtet). Zudem würde das Abstellen auf den mutmaßlichen Willen oder ein objektives Interesse zu einem direkten Widerspruch mit fundamentalen Grundsätzen des Bankgeheimnisses führen. Durch diese Vorgehensweise würde dem Kunden seine Stellung als Geheimnisherr weitestgehend abgesprochen und zur Disposition des Kreditinstituts gestellt. Der wirkliche und bewusste Wille des Geheimnisherrn würde auf solche Fälle reduziert, in denen eine ausdrückliche vorherige Absprache mit dem Kreditinstitut stattgefunden hat oder in denen der Kunde gerade „greifbar“ ist. Im Zusammenhang mit der (formularmäßigen) ausdrücklichen Einwilligung in die Weiterleitung von kundenbezogenen Informationen durch Kreditinstitute hat das Kreditinformationssystem der SCHUFA (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) einen besonderen Stellenwert. Im Rahmen des SCHUFA-Verfahrens werden der SCHUFA von ihren Vertragspartnern (z. B. Kreditinstitute, Telekommunikations- und Einzelhandelsunternehmen, Waren- und Kaufhäuser, etc.) genau festgelegte personenbezogene Informationen der Kunden gemeldet und dort gespeichert. Im Gegenzug können die SCHUFAVertragspartner vor dem Abschluss eines Vertrages mit kreditorischem Risiko bei der SCHUFA eine Auskunft über den potenziellen Kunden einholen und erhalten damit Informationen, die von anderen Vertragspartnern über den betreffenden Kunden zuvor gemeldet worden und für die Beurteilung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse und damit der Kreditwürdigkeit des Kunden von Bedeutung sind (Kümpel, Rn. 2.210; Kamlah, MMR 1999, 395 (396); Kloepfer/Kutzschbach, MMR 1998, 650 (652); Hendriks, ZHR 149 (1985), 199 (201)). Grundlage des SCHUFA-Verfahrens ist die in Kontoeröffnungsund Kreditanträgen der Kreditinstitute enthaltene sog. SCHUFA-Klausel, mit deren Unterzeichnung der Kunde nicht nur die aus datenschutzrechtlichen Gründen erforderliche ausdrückliche Einwilligung in die Datenweitergabe (vgl. § 4 I BDSG), sondern vor allem auch die erforderliche Befreiung des Kreditinstituts vom Bankgeheimnis erklärt.
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Eine konkludente Befreiung vom Bankgeheimnis besteht im Scheck- und Wechselverkehr für Scheckbestätigungen bzw. Deckungszusagen. Mit der Scheckbegebung macht der Aussteller gleichzeitig deutlich, dass er die Existenz eines Kontos und das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines entsprechenden Guthabens vor dem Scheckinhaber nicht geheim zu halten wünscht. Der Scheckinhaber könnte sich ohnehin durch die sofortige Vorlage des Schecks bei der kontoführenden Stelle Gewissheit über die Einlösungsmöglichkeiten verschaffen (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 71; BuB/Weber, Rn. 2/932). Etwas anderes gilt allerdings im Lastschriftverfahren, weil das Kreditinstitut nicht erkennen kann, ob überhaupt eine wirksame Einzugsermächtigung vorliegt und die Berechtigung der Lastschrift von weiteren Voraussetzungen, wie etwa der Rechnungsstellung, abhängt (Fischer/Klanten, Rn. 4.8.; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/ Krepold, § 39 Rn. 40). Ein konkludentes Einverständnis des Kunden für eine Deckungszusage vor Lastschrifteinzug ist daher nicht anzunehmen.
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Im Falle der Nichteinlösung eines Schecks oder Wechsels kann der Inhaber oder sonstige Berechtigte von dem bezogenen Kreditinstitut Auskunft über den Scheckaussteller verlangen. Das Kreditinstitut ist zur Erteilung aller zur Durchsetzung der scheckrechtlichen Ansprüche erforderlichen Angaben über die Person des Ausstellers, insbesondere dessen Namen und Anschrift, berechtigt, weil sich der Scheckaussteller bei Abschluss des Scheckvertrages verpflichtet hat, alles zu tun, um einen reibungslosen Scheckverkehr zu gewährleisten (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 69; Schimansky/Bunte/LwowskiBruchner/Krepold, § 39 Rn. 38; Kirchherr/Stützle, ZIP 1984, 515, 521; auch Kümpel, Rn. 2.155).
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Hierzu gehört insbesondere auch der Rückgriff des Scheckinhabers im Falle der Nichteinlösung eines Schecks. Eine entgegenstehende Weisung des Kunden ist daher als widersprüchliches Verhalten unbeachtlich (BuB/Weber, Rn. 2/930; Kirchherr/Stützle, ZIP 1984, 515 (522); Fischer/Klanten, Rn. 4.9). 60
Kreditinstitute sind gegenüber dem Bürgen i.d.R. nicht zur Auskunft über die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners berechtigt (Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 75). Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass dem Gläubiger gegenüber dem Bürgen wegen des allgemeinen Risikos des Bürgschaftsvertrages, u.U. für die Leistungsfähigkeit eines Dritten ohne Gegenleistung einstehen zu müssen, im Grundsatz keine Sorgfalts- und Auskunftspflichten obliegen (st. Rspr. BGH NJW 1996, 1274 (1275); 1994, 2146 (2148); WM 1986, 11 (12) m. Anm. Teske, EwiR 1986, 141; ZIP 1985, 267 (269) = WM 1985, 155 (157) m. Anm. Fischer, EwiR 1985, 83; ZIP 1983, 665 (666) = NJW 1983, 1850; WM 1980, 330 (331); Staudinger/Horn, § 765 Rn. 180 f.; MünchKommBGB-Habersack, § 765 Rn. 87; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 43 f.; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 75; Merz, WM 1988, 241 (241); FuchsWissemann, WiB 1994, 426 (426)). Da für den Bürgen die Einschätzung seines Haftungsrisikos von großer Bedeutung ist, kann bei der Übernahme der Bürgschaft im Auftrage oder auf Veranlassung des Hauptschuldners von einer konkludenten Befreiung des Kreditinstituts vom Bankgeheimnis insoweit ausgegangen werden, als dass das Kreditinstitut dem Bürgen zumindest Auskünfte über die Höhe der Bürgschaftsschuld geben darf (BuB/Weber, Rn. 2/938; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 45; Fischer/Klanten, Rn. 4.15; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 185; vgl. auch Staudinger/Horn, § 765 Rn. 18; MünchKomm BGB-Habersack, § 765 Rn. 91). Mit Inanspruchnahme des Bürgen gehen die Ansprüche des Kreditinstituts gegen den Hauptschuldner gem. § 774 BGB auf den Bürgen über. Dieser kann vom Kreditinstitut nach §§ 412, 402 BGB alle Auskünfte und Informationen verlangen, die für den Rückgriff gegen den Hauptschuldner notwendig sind (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, § 39 Rn. 46).
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III. Befugnis zur Erteilung einer Bankauskunft. Eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses stellt auch die Befugnis zur Erteilung einer Bankauskunft dar, deren Voraussetzungen in Nr. 2 III AGB-Banken enthalten sind (vgl. § 3).
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E. Rechtsfolgen einer Verletzung des Bankgeheimnisses Das Recht auf Wahrung des Bankgeheimnisses ist verletzt, wenn das Kreditinstitut die durch einen Kunden anvertrauten Tatsachen ohne Vorliegen einer Berechtigung an Dritte weitergibt. Wegen der Vermutung, dass der Kunde grundsätzlich alle Tatsachen geheim zu halten wünscht (vgl. Rn. 12), kann das Kreditinstitut bei einer Verletzung des Bankgeheimnisses nicht einwenden, es habe den Geheimhaltungswillen des Kunden hinsichtlich bestimmter Tatsachen nicht erkennen können (Wolff, DB 1968, 695 (697)). Als Rechtsfolge dieser Pflichtverletzung kann sich ein Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB ergeben, sofern das Kreditinstitut ein Verschulden i. S. d. § 276 BGB trifft. Die Verletzung des Bankgeheimnisses kann auch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder bei Geschäftskunden einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 300; dazu ausführlich Petersen, S. 42 ff. sowie 45 ff.; Lang, ZBB 2006, 115 (125 f.)), so dass auch ein Anspruch aus § 823 I BGB denkbar ist. Eine Ersatzpflicht des entstandenen Schadens lässt sich gegebenenfalls auch auf § 823 II BGB i. V. m. Bestimmungen des als Schutzgesetz anerkannten Bundesdatenschutzgesetzes, namentlich den §§ 28, 41 BDSG, stützen (Gola/Schoomerus, § 1 BDSG Rn. 4; Bütter/Tonner, ZBB 2005,
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165 (171); Lang, ZBB 2006, 115 (124)). Sofern die Voraussetzungen vorliegen, kann der Kunde gegen das Kreditinstitut einen Schadensersatzanspruch wegen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung i. S. d. § 826 BGB oder sogar wegen Kreditgefährdung gem. § 824 BGB geltend machen. Ein Schmerzensgeldanspruch i. S. d. § 253 BGB scheidet in aller Regel aus und kann allenfalls dann in Betracht gezogen werden, soweit es sich um eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts handelt und Genugtuung nicht auf andere Weise zu erlangen ist (Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (171); dazu ausführlich Lang, ZBB 2006, 115 (124 ff.); vgl. aber auch Schimansky/Bunte/ Lwowski-Bruchner/Krepold, § 39 Rn. 300; OLG Frankfurt WM 1988, 154 (159 f.) m. Anm. Weber, WuB I B 7.-2.88). Im Einzelfall kann die Ersatzfähigkeit des Schadens Probleme aufwerfen. Beispielsweise stellen Steuernachzahlungen des Kunden, die sich infolge der Verletzung des Bankgeheimnisses ergeben haben, nach allgemeiner Auffassung keinen ersatzfähigen Schaden dar, weil die Verpflichtung zur Begleichung der Steuerschuld bereits vor und unabhängig von der Verletzung des Bankgeheimnisses entstanden war und dementsprechend per saldo keine Vermögensminderung eintritt (Canaris, Rn. 66; Schwintowski/ Schäfer, § 1 Rn. 165). Im Gegensatz dazu ist die Ersatzfähigkeit eines Schadens bei der Aufdeckung von Steuerstraftaten durchaus denkbar (vgl. LG Bielefeld RDV 1996, 37 (38)), weil dem Kunden die Möglichkeit genommen wird, durch eine Selbstanzeige gem. § 371 AO Straffreiheit zu erlangen (Canaris, Rn. 67; Junker, DStR 1996, 224 (228)). Der Kunde muss allerdings glaubhaft nachweisen können, dass er auch tatsächlich die Absicht zur Erstattung der Selbstanzeige hatte (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/ Krepold, § 39 Rn. 307). Das Kreditinstitut haftet für das Verhalten seiner Angestellten im Rahmen der §§ 278, 831 BGB und für das Verhalten seiner Organe nach den §§ 31, 89 BGB. Bei einer drohenden Verletzung des Bankgeheimnisses kann der Kunde gegen das Kreditinstitut mit einer vorbeugenden Unterlassungsklage vorgehen oder eine einstweilige Verfügung gem. § 935 ZPO erwirken. Ausreichend ist bereits die Gefahr einer erstmaligen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht, z. B. wenn das Kreditinstitut seine Pflicht zur Geheimhaltung bestreitet (Wolff, DB 1968, 695 (697 f.); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, S. 205 m. w. N.).
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Ist die Verletzung des Bankgeheimnisses für den Kunden von so schwerwiegender Bedeutung, dass ihm ein Festhalten an der Geschäftsbeziehung nicht mehr zumutbar ist, kann er dem Kreditinstitut gegenüber die Kündigung aus wichtigem Grund aussprechen (Nr. 18 II AGB-Banken). Dem gegen das Bankgeheimnis verstoßenden Mitarbeiter kann im Einzelfall die fristlose Kündigung drohen. Daneben macht er sich gegenüber seinem Arbeitgeber schadensersatzpflichtig (Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner/ Krepold, § 39 Rn. 312). Mitarbeiter öffentlichrechtlicher Kreditinstitute können wegen der unbefugten Offenbarung privater Geheimnisse gem. § 203 II StGB strafrechtlich belangt werden. Daneben müssen die verbeamteten Mitarbeiter mit dienstrechtlichen Konsequenzen rechnen (Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 165).
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Schrifttum Arendts, Betrügerische Verhaltensweisen bei der Anlageberatung und Vermögensverwaltung, ÖBA 1996, 775; Assmann, Interessenkonflikte und „Inducements“ im Lichte der Richtlinie über Finanzmärkte für Finanzinstrumente (MiFID) und der MiFID-Durchführungsrichtlinie, ÖBA 2007, 40; Badle, Betrug und Korruption im Gesundheitswesen – Ein Erfahrungsbericht aus der staatsanwaltschaftlichen Praxis, NJW 2008, 1028; Balzer, Aufklärungs- und Beratungspflichten bei der Vermögensverwaltung, WM 2000, 441; Bauer/Bergmann, Zur Reichweite der „betrügerischen Handlungen“ nach § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 KWG, ZBB 2007, 113; Baums, Vorschlag eines Gesetzes zur Verbesserung der Transparenz von Vorstandsvergütungen, ZIP 2004, 1877; Barta, Die Haftung der depotführenden Bank bei Churning des Anlageberaters – Zugleich Besprechung der Entscheidung des BGH v. 13.7.2004 – VI ZR 136/03 – „Brokerhaftung“, BKR 2004, 433; Berg, Korruption in Unternehmen und Risikomanagement, AG 2007, 271; Bitter, Geschäftsschädigende Verlautbarungen börsennotierter Aktiengesellschaften über Vertragspartner im Spannungsfeld zwischen Ad-hoc-Publizität und vertraglicher Rücksichtnahmepflicht, WM 2007, 1953; Braun/ Rotter, Können Ad-hoc-Mitteilungen Schadensersatzansprüche im Sinne der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung auslösen?, BKR 2003, 918; Brömmelmeyer, Neue Regeln für die Binnenhaftung des Vorstands – Ein Beitrag zur Konkretisierung der Business Judgment Rule, WM 2005, 2065; Brooks, Wider die Korruption oder wie viel ist den Unternehmen ihr guter Ruf wert?, BB 2007, Heft 4 (Editorial) I; Bülow, Chinese Walls: Vertraulichkeit und Effizienz, Die Bank 1997, 290; Bürkle, Weitergabe von Informationen über Fehlverhalten in Unternehmen (Whistleblowing) und Steuerung auftretender Probleme durch ein Compliance-System, DB 2004, 2158; Büttner/Tonner, Bankgeheimnis und Schadensersatzhaftung der Bank – Der Fall Kirch gegen Deutsche Bank und Breuer, BKR 2005, 344; ders., Corporate Compliance – Pflicht oder Kür für den Vorstand der AG, BB 2005, 565; Caspari, Anlegerschutz in Deutschland im Lichte der Brüsseler Richtlinie, NZG 2005, 98; Casper, Persönliche Außenhaftung der Organe bei fehlerhafter Information des Kapitalmarkts, BKR 2005, 83; Dahs/Müssig, Strafbarkeit kommunaler Mandatsträger als Amtsträger? 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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
Eine geeignete Reaktion auf gestiegene Haftungsrisiken für Unternehmen und Management?, NJW 2004, 257; Habersack, Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss nach dem BilMoG, AG 2008, 98; Hauschka/Greeve, Compliance in der Korruptionsbekämpfung – was müssen, was sollen, was können die Unternehmen tun?, BB 2007, 165; Heintzen, Der Deutsche Corporate Governance Kodex aus der Sicht des deutschen Verfassungsrechts, ZIP 2004, 1933; Herzog, Die Bank als Fahnder, WM 1996, 1754; Herzog/Hoch, Politisch exponierte Personen unter Beobachtung, WM 2007, 1997; Hettermann/Althoff, Rechtliche Anforderungen an Finanzanalysen, WM 2006, 265; Hilgard, Churning, WM 2006, 409; Höche, Der Entwurf einer dritten EU-Richtlinie zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zu Zwecken der Geldwäsche und der Finanzierung des Terrorismus, WM 2005, 8; van Kann/Eigler, Aktuelle Neuerungen des Corporate Governance Kodex, DStR 2007, 1730 (1733)); Hommelhoff/Mattheus, Risikomanagementsystem im Entwurf des BilMoG als Funktionselement der Corporate Governance, BB 2007, 2787; Kiethe, Änderungen des Kapitalmarktrechts durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, ZIP 2004, 883; ders., Die Zivil- und strafrechtliche Haftung von Vorstandsmitgliedern einer Sparkasse für riskante Kreditgeschäfte, BKR 2005, 177; ders, Gesellschaftsrecht – Zivilrechtliche Haftungsgefahren für Gesellschaften und ihre Organmitglieder, WM 2007, 722; Kinzl, Wie angemessen muss „angemessene Information“ als Grundlage für Vorstandsentscheidungen sein?, DB 2004, 1653; Kirschhöfer, Führung von Insiderverzeichnissen bei Emittenten und externen Dienstleistern, AG 2005, 22; Klanten, Neufassung der Wohlverhaltensrichtlinie und der Mitarbeierleitsätze, ZBB 2000, 349; Klindt, Nicht-börsliches Compliance-Management als zukünftige Aufgabe der Inhouse-Juristen, NJW 2006, 3399; Körner, Infomatec und die Haftung von Vorstandsmitgliedern für falsche ad hoc-Mitteilungen, NJW 2004, 3386; Kokemoor, Der Automatisierte Abruf von Kontoinformationen nach § 24c KWG, BKR 2004, 135; Kreutz, Verhaltenskodices als wesentliches Element von Corporate-Governance-Systemen in gemeinnützigen Körperschaften, ZRP 2007, 50; Kumpan/Hellgardt, Haftung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach Umsetzung der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente, DB 2006, 1714; Lampert, Gestiegenes Unternehmensrisiko Kartellrecht – Risikoreduzierung durch Competition-Compliance-Programme, BB 2002, 2237; Lang, Doppelnormen im Recht der Finanzdienstleistungen, ZBB 2004, 289; Lange, Risikoorientierter Ansatz zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Risikomanager 2007, 18; Lehleiter/Hoppe, Die Haftung der Bankverantwortlichen bei der Kreditvergabe, BKR 2007, 178; Leisch, Vorstandshaftung für falsch Ad-hoc-Mitteilungen – ein höchstrichterlicher Beitrag zur Stärkung des Finanzplatzes Deutschland, ZIP 2004, 1573; Lenz, Sarbanes-Oxley Act of 2002 – Abschied von der Selbstregulierung der Wirtschaftsprüfer in den USA, BB 2002, 2270; Leyens, Corporate Governance: Grundsatzfragen und Forschungsperspektiven, JZ 2007, 1061; Linklater/McElyea, Die Auswirkung von „Corporate Compliance Codes“ auf die strafrechtliche Haftung eines Unternehmens unter den US-amerikanischen „Federal Sentencing Guidelines“, RIW 1994, 117; v. Livonius, Aktuelle Rechtsfragen des Vertriebs von Finanzprodukten, BKR 2005, 12; Lösler, Das moderne Verständnis von Compliance im Finanzmarktrecht, NZG 2005, 104; ders., Spannungen zwischen der Effizienz der internen Compliance und möglichen ReportingPflichten des Compliance Officers, WM 2007, 676; Lösler, Zur Rolle und Stellung des Compliance-Beauftragten, WM 2008, 1098; Lutter, Die Business Judgment Rule und ihre praktische Anwendung, ZIP 2007, 841; Maul/Lanfermann , EU-Kommission nimmt Empfehlungen zu Corporate Governance an, DB 2004, 2407; Lutter, Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung, AG 2008, 1; Mengel/Ullrich, Arbeitsrechtliche Aspekte unternehmensinterner Investigations, NZA 2006, 240; Meyer, Uwe, Ethikrichtlinien internationaler Unternehmen und deutsches Arbeitsrecht, NJW 2006, 3605; Mülbert, Bankenaufsicht und Corporate Governance – Neue Organisationsanforderungen im Finanzdienstleistungsbereich, BKR 2006, 349; Preussner/Pananis, Risikomanagement und strafrechtliche Verantwortung – Corporate Governance am Beispiel der Kreditwirtschaft, BKR 2004, 347; Prigge/Offen, Über den Nutzen von Corporate-Governance-Ratings für Aktionäre, ZBB 2007, 89; Rönnau, “Angestelltenbestechung“ in Fällen mit Auslandsbezug, JZ 2007, 1084; Rönnau/Golombek, Die Aufnahme des „Geschäftsherrenmodells“ in den Tatbestand des § 299 – ein Systembruch im deutschen StGB, ZRP 2007, 193; Rössner/Arendts, Die Haftung wegen Kontoplünderung durch Spesenschinderei (Churning), WM 1996, 1517; Rodewald/Unger, Corporate Compliance – Organisatorische Vorkehrungen zur Vermeidung von Haftungsfällen der Geschäftsleitung, BB 2006, 113; Saliger, Kick-Back, „PPP“, Verfall – Korruptionsbekämpfung im „Kölner Müllfall“, NJW 2006, 3377; Sandmann, Der Compliance-Bericht im Wertpapierdienstleistungsunternehmen – praktische Erwägungen, CCZ 2008, 104; Sauer, Kausalität und Schaden bei der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen, ZBB 2005, 24; Scherer, Korruptionsbekämpfung durch Selbstregulierung, RIW 2006, 363; Schlicht, Compliance nach Umsetzung der MiFID-Richtlinie, BKR 2006, 469; Schlitt, Die strafrechtliche Relevanz des Corporate Governance Kodexes, DB 2007, 326; Schlößer, Verhaltenspflichten von Wertpapieranalysten nach der Bekanntmachung der BaFin zu § 34b WpHG, BKR 2003, 404; Schlüter/Nell, Rechtswirksamkeit auf Schmiergeld beruhender Hauptverträge – Eine ökono-
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mische Analyse, NJOZ 2008, 223; Schmitt, Untreue von Bank- und Sparkassenverantwortlichen bei der Kreditvergabe, BKR 2006, 125; Schneider, Compliance als Aufgabe der Unternehmensleitung, ZIP 2003, 645; Schneider/v. Buttlar, Die Führung von Insider-Verzeichnissen: Neue Compliance-Pflichten für Emittenten, ZIP 2004, 1621; Seidel, Der DCGK – eine private oder doch eine staatliche Regelung?, ZIP 2004, 285; Semler/Stengel, Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmitgliedern von Aktiengesellschaften am Beispiel von Konflikten bei Übernahme, NZG 2003, 1; Seyfried, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) – Neuordnung der Wohlverhaltensregeln, WM 2006, 1375; Spatscheck, Korruptionssachverhalte in der Betriebsprüfung, AG 2007, 27; Spindler, Persönliche Haftung der Organmitglieder für Falschinformationen des Kapitalmarkts, WM 2005, 2089; Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749 f. u. 1797 f.; dies., Organisationsverpflichtungen nach der MiFID und ihre Umsetzung, AG 2006, 785; Spindler, Compliance in der multinationalen Bankengruppe, WM 2008, 905; Sprockhoff, Die Bankenhaftung bei Abschluss und Umsetzung eines Vermögensverwaltungsvertrags in der richterlichen Praxis, WM 2005, 1739; Teuber, Finanzmarktrichtlinie (MiFID) – Auswirkungen auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung im Überblick, BKR 2006, 429; Turiaux/Knigge, Vorstandshaftung ohne Grenzen? – Rechtssichere Vorstands und Unternehmensorganisation als Instrument der Risikominimierung, DB 2004, 2199; Ulmer, Die Aktionärsklage als Instrument zur Kontrolle des Vorstands- und Aufsichtsratshandelns – Vor dem Hintergrund der US-Erfahrungen mit der shareholders’ derivative action, ZHR 163 (1999), 290; Volk, Brauchen wir Chinese Walls im Rating Advisory, ZBB 2005, 273; Veil, Compliance-Organisationen in Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Zeitalter der MiFID, WM 2008, 1093; Vetter, Deutscher Corporate Governance Kodex, DNotZ 2003, 748; ders., Der Deutsche Corporate Governance Kodex nur ein zahnloser Tiger? – Zur Bedeutung von § 161 AktG für Beschlüsse der Hauptversammlung, NZG 2008, 121; Weber/Brügel, Die Haftung des Managements in der Unternehmenskrise: Insolvenz, Kapitalerhaltung und existenzvernichtender Eingriff, DB 2004, 1923; Weck, Aufklärungspflicht der Banken über Kickbacks, AG-Report 2007, R166; Weichert/Wenninger, Die Neuregelung der Erkundigungs- und Aufklärungspflichten von Wertpapierdienstleitungsunternehmen gem. Art. 19 RiL 2204/39/EG (MiFID) und Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, WM 2007, 627; Weiss, Compliance-Funktion in einer deutschen Universalbank, Die Bank 1993, 136; v. Werder/Wieczorek, Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder und ihre Normierung, DB 2007, 297; v. Werder/Talaulicar, Kodex Report 2007: Die Akzeptanz der Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex, DB 2007, 869; Werner, Haftungsrisiken bei Unternehmensakquisitionen: die Pflicht des Vorstands zur Due Diligence, ZIP 2000, 989; Wiesner, Corporate Governance und kein Ende, ZIP 2003, 977; Wimmer, MaRisk: Überblick und Konsequenzen für die Geschäftsleitung, BKR 2006, 146; Wisskirchen/Jordan/Bissels, Arbeitsrechtliche Probleme bei der Einführung internationaler Verhaltens- und Ethikrichtlinien (Codes of Conduct/Codes of Ethics), DB 2005, 2190; Wolf, Internationalisierung des Antikorruptionsstrafrechts: Kritische Analyse zum Zweiten Korruptionsbekämpfungsgesetz, ZRP 2007, 44; Wolf, Die Modernisierung des deutschen Antikorruptionsstrafrechts durch internationale Vorgaben – Momentaufnahme und Ausblick, NJW 2006, 2735; Zimmermann, Georg, „Whistleblowing“ – Anforderungen des Sarbanes-Oxley Acts, WM 2007, 1060; Zimmermann, Steffen, Die MaRisk als „regulatorischer Imperativ“, BKR 2005, 208; ders., Quo Vadis § 18 KWG: Wie entwickelt sich ein neuer Standard?, BKR 2006, 10; Zimmermann, Martin, Kartellrechtliche Bußgelder gegen Aktiengesellschaft und Vorstand: Rückgriffsmöglichkeiten, Schadensumfang und Verjährung, WM 2008, 433; Zingel, Die Verpflichtung zur bestmöglichen Ausführung von Kundenaufträgen nach dem Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, BKR 2007, 173.
Inhaltsübersicht A. Compliance als anglo-amerikanischer Rechtsterminus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I. Grundsatz des „respondeat superior“ . . . . . 1 II. Liabilities of controlling persons . . . . . . . . 4 III. Codes of Conduct/Codes of Ethics . . . . . . . 6 B. Compliance im Finanzmarktrecht in Deutschland in den 1990er Jahren . . . . . . . . 10 I. Banken als Vorreiter bei der Compliance-Implementierung . . . . . . . . . 10 II. Compliance im engeren Sinn im Finanzmarktrecht – § 33 WpHG a. F. . . . . . . . . . 14 C. § 25a I KWG – Compliance als Teil des Internen Kontrollsystems (IKS) . . . . . . . . . . . . 15 I. Viertes Finanzmarktförderungsgesetz
2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Novelle des § 25a I KWG in 2004 . . . . . . III. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht . . . IV. Abgrenzung zu anderen bankaufsichtlichen Risiken . . . . . . . . . . . V. MiFID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. IOSCO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Definition von Compliance . . . . . . . . 2. Aufgaben von Compliance . . . . . . . . . D. Compliance – ein Modebegriff? . . . . . . . . . . . . E. Effizienz und Effektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Quantitative Effizienzmessung . . . . . . . . II. Qualitative Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . III.Unabhängigkeit von Compliance . . . .
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
F. Modernes Verständnis von Compliance im Finanzmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 I. Compliance-Funktionen . . . . . . . . . . . . . . 43 II. Schutzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 III. Beratungs- und Informationsfunktion . . . 46 1. Rechtliche Beratung . . . . . . . . . . . . . . 46 2. Helpline/Whistleblowing . . . . . . . . . . 48 3. Training . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4. Zero Tolerance Policy . . . . . . . . . . . . . 51 IV. Qualitäts- und Innovationsfunktion . . . . . 52 V. Monitoring- oder Überwachungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 VI. Marketing- oder Imagefunktion . . . . . . . . 54 VII. Mindestanforderungen/Grundpflichten einer ordnungsgemäßen ComplianceOrganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 G. Nicht-börsliches Compliance-Management . . . 59 I. Mittel zur Selbstregulierung . . . . . . . . . . . 60 II. Corporate Compliance . . . . . . . . . . . . . . . 61 1. Innenregress . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2. Regress Externer . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3. § 93 I 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 4. Aufgaben von Compliance . . . . . . . . . 95 5. D&O Haftpflichtversicherung . . . . . . 98 6. Vertrauensschadenversicherung . . . . . . 99 III. Anti-Korruptions-Compliance . . . . . . . . 100 1. Kein Kavaliersdelikt . . . . . . . . . . . . . 100 2. Korruptionsdelikte . . . . . . . . . . . . . . 104 3. Internationale Korruption . . . . . . . . . 117 4. Folgen von Korruption . . . . . . . . . . . 120 5. § 25a I KWG, § 91 II AktG . . . . . . . 128 6. Korruptionsprävention . . . . . . . . . . . 129
H. Compliance als supra-juristisches Thema . . . I. Rechtspflicht zur Errichtung einer Compliance-Organisation? . . . . . . . . . . . . . . . J. Schutzrichtung von Compliance bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen . . . . . I. § 33 WpHG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. MiFID u. § 33 WpHG n. F. . . . . . . . . . . K. Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unternehmensverfassung . . . . . . . . . . . . II.. DCGK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Regierungskommission . . . . . . . . . . . . . IV. Entsprechenserklärung nach § 161 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Strafrechtliche Risiken . . . . . . . . . . . . . . VI. Corporate Governance-Evaluationen . . . VII. Bankenaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . L. Compliance-Management bei Wertpapierfirmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anti-Geldwäsche-Compliance . . . . . . . . 1. § 261 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wertpapier-Compliance . . . . . . . . . . . . . 1. Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Compliance nach MiFID . . . . . . . . . 3. Umsetzung ins nationale Recht . . . . 4. Compliance-Tätigkeiten . . . . . . . . . . 5. Mitarbeitergeschäfte . . . . . . . . . . . . . 6. Finanzanalysen und Marketing . . . . . 7. Interessenkonfliktmanagement . . . . . 8. Erkennen von Insiderverstößen . . . . 9. Beschwerdemanagement . . . . . . . . .
134 135 137 138 141 149 149 150 158 159 160 161 163 166 166 166 172 216 216 217 228 244 247 254 264 282 287
Stichwortverzeichnis Angestelltenbestechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Anlegerschutz durch MiFID . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Anti-Korruptions-Compliance . . . . . . . . . . . . . . . 100 Anti-Geldwäsche-Compliance . . . . . . . . . . . . . . . 166 Anti-Money-Laundering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Appropriatness . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Aufgaben von Compliance . . . . . . . . . . . . . . . 27, 96 Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Basler Ausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Berichtspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Beschwerdemanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Bestechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Betriebsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Business Judgment Rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Chinese Walls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Churning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Codes of Conduct . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Codes of Ethics . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Compliance Beauftragter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Compliance Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Compliance Definition IOSCO . . . . . . . . . . . . . . . 25 Compliance-Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Compliance-Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Compliance als Modebegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Compliance-Risiko-Definition . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Conflict-Clearing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Conflicts-Policy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Control-Room . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
Corporate Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Corporate Governance Evaluationen . . . . . . . . . . 161 Deutscher Corporate Governance Kodex . . . . . . 150 Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Dritte EU-Anti-Geldwäsche-RL . . . . . . . . . . . . . 207 D&O Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Effektivität und Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Entsprechungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Eskalationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37, 96, 181 Federal Sentencing Commission . . . . . . . . . . . . . . . 7 Finanzanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 Finanzportfolioverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) . . . . . . . . 102 Front-/Parallelrunning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 FSA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Gifts-and-Entertainment-Policy . . . . . . . . . . . . . . 261 Grundsatz des „respondeat superior“ . . . . . . . . . . . 4 Helpline/Hotline . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Inducements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106, 269 Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Informationssperren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Innenrevision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18, 219 Insiderverstöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85, 264 Interessenkonflikte im US-Kontext . . . . . . . . . . . 277 IOSCO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25, 276 Konfliktregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Kontrollmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
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§ 7 Compliance
Korruptionsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Korruptionsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Korruptionsprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 KYC-Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Liabilities of controlling persons . . . . . . . . . . . . . . . 4 MAD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Management von Interessenkonflikten . . . . . . . . 264 Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 MiFID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24, 217, 255 Mitarbeitergeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Mitarbeiterleitsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Mitigating Factor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53, 232 Need-to-know-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 New-Product-Approval . . . . . . . . . . . . . . . . . 38, 273 Objektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Operationelles Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Organisationspflichten . . . . . . . . . 248, 253, 255, 265 Organisatorische Trennung . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 § 24c KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Portfolio basiertes Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . 233 Pre-Approval . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Prinzipienbasierter Compliance- Ansatz . . . . . . . . 58 Rechtspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Reputationsrisiko . . . . . . . . . . . . . . 23, 127, 134, 174 Reputationsrisikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . 23
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Restricted List . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Risikobasierter Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Risikobewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Risikoklassifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Safe-Harbour-Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 SEC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7, 102, 130, 277 Scalping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Suitability . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234, 245 Tone at the Top . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Transaktionsmonitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Transparency International . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38, 242, 262 Verdachtsanzeigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226, 256, 261 Vertrauensschadenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . 99 Watch List . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 Wertpapier-Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 Whistleblowing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Wohlverhaltensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Wolfsberg-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Zero-Tolerance-Policy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269, 270 Zweite EU-Anti-Geldwäsche-RL . . . . . . . . . . . . 196
A. Compliance als anglo-amerikanischer Rechtsterminus
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I. Grundsatz des „respondeat superior“. Während in den meisten europäischen Rechtsordnungen die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Gesellschaften („Corporate Criminal Responsibility“ bzw. „Liability“) nicht anerkannt wird, haben US-amerikanische Gerichte bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts Kapitalgesellschaften („Corporations“) für die kriminellen Handlungen ihrer Angestellten strafrechtlich haftbar gemacht, vgl. U.S. Supreme Court, New York Central & Hudson River Railroad Co. v. United States, 212 U.S. 481, 495 f. (1909): „We see no valid objection in law, and every reason in public policy, why the corporation, which profits by the transaction, and can only act through its agents and officers, shall be held punishable by fine because of the knowledge and intent of its agents to whom it has intrusted authority to act in the subject-matter of making and fixing rates of transportation, and whose knowledge and purposes may well be attributed to the corporation for which the agents act. While the law should have regard to the rights of all, and to those of corporations not less than to those of individuals, it cannot shut its eyes to the fact that the great majority of business transactions in modern times are conducted through theses bodies and particularly that interstate commerce is almost entirely in their hands, and to give them immunity from all punishment because of the old and exploded doctrine that a corporation cannot commit a crime would virtually take away the only means of effectually controlling the subject-matter and correcting the abuses aimed at.“ Diese Haftung basiert auf dem zivilrechtlich als „respondeat superior“-bezeichneten, schon im 17. Jahrhundert in England bekannten, aus dem Common Law stammenden Grundsatz, der, wenn auch sehr umstritten, in den strafrechtlichen Bereich Eingang fand (Linklater/McElyea, RIW 1994, 117 (118); Arendts, ÖBA 1996, 775 (779, Fn 63)). Dazu der U. S. Supreme Court, Egan v. United States, 137 F.2d 369, 379 (8th Cir.), cert. denied, 320 U.S. 788 (1943):
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
„There is no longer any distinction in essence between the civil and criminal liability of corporation, based upon the element of intent or wrongful purpose.“ 3
Nach dieser Lehre – in den USA auch mit „let the master answer“ übersetzt oder als so genannte „Master-Servant Rule“ bezeichnet – haftet eine Gesellschaft für den durch das schuldhafte Verhalten ihrer Angestellten oder Gehilfen verursachten Schaden, das diese im Rahmen ihrer Tätigkeit zum beabsichtigen Nutzen ihres Arbeitgebers vornehmen: „Generally a corporation is responsible for the criminal acts of its officers, agents and employees committed within the scope of their employment and for the benefit of the corporation.“ So United States v. Richmond, 700 F.2d 1183, 1195 n.7 (8th Cir. 1983) (citing United States v. Cincotta, 689 F.2d 238 (1st Cir.), cert. denied, 459 U.S. 991 (1982) and United States v. Demauro, 581 F.2d 50, 53 (2d Cir. 1978)). Siehe erneut New York Central & Hudson River Railroad Co. v. United States, 212 U.S. 481, 493-495 (1909) und Egan v. United States, 137 F.2d 369, 379 (8th Cir.), cert. denied, 320 U.S. 788 (1943), des Weiteren United States v. Beusch, 596 F.2d 871, 877-78 (9th Cir. 1979) und United States v. Hilton Hotels Corporation, 467 F.2d 1000, 1004-07 (9th Cir. 1972), cert. denied, 409 U.S. 1125 (1973). Es handelt sich bei dem Modell des anglo-amerikanischen „respondeat superior“ um eine umfassende Organisationshaftung für Personen und Sachen, d. h. eine weit gehende Haftung wegen Organisationsmängeln im Unternehmen, die nicht mit einer einfachen Haftung für Hilfspersonen verwechselt werden darf.
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II. Liabilities of controlling persons. Zudem sieht Section 20 Securities Exchange Act of 1934 – „Liabilities of Controlling Persons and Persons Who Aid and Abet Violations“ – eine „Secondary Liability“ bzw. (Schadensersatz-)Haftung von Personen vor, die eine Kontrollfunktion bzw. –verantwortung im Unternehmen wahrzunehmen haben, vgl. U.S. Supreme Court, Central Bank of Denver, N.A. v. First Interstate Bank of Denver, N.A., et al., 511 U.S. 164, 184 (1994): „In addition, Congress did not overlook secondary liability when it created the private rights of action in the 1934 Act. Section 20 of the 1934 Act imposes liability on „controlling person[s]“ -persons who „contro[l] any person liable under any provision of this chapter or of any rule or regulation thereunder.“ 15 U. S. C. § 78t(a). This suggests that „[w]hen Congress wished to create such [secondary] liability, it had little trouble doing so.“ Pinter v. Dahl, 486 U. S., at 650; cf. Touche Ross & Co. v. Redington, 442 U. S. 560, 572 (1979) („Obviously, then, when Congress wished to provide a private damages remedy, it knew how to do so and did so expressly“); see also Fischel, 69 Calif. L. Rev., at 96-98. Aiding and abetting is „a method by which courts create secondary liability“ in persons other than the violator of the statute. Pinter v. Dahl, supra, at 648, n. 24. The fact that Congress chose to impose some forms of secondary liability, but not others, indicates a deliberate congressional choice with which the courts should not interfere. …“
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Section 20(a) Securities Exchange Act of 1934 – „Liability to Contemporaneous Traders for Insider Trading“ – sieht für den Bereich des verbotenen Insiderhandels unter b.3. eine Haftung für die Kontrolle verantwortlicher Personen vor (Arendts, ÖBA 1996, 775 (779 Fn 63)): „3. Controlling Person Liability. No person shall be liable under this section solely by reason of employing another person who is liable under this section, but the liability of a controlling person under this section shall be subject to Section 20(a) of this title.“
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III. Codes of Conduct/Codes of Ethics. Um kriminellen Handlungen von Angestellten vorzubeugen und die Gesellschaft (und die für die Organisation und Überwachung ver-
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antwortliche Organe bzw. Personen) vor einer etwaigen Haftung für solche Taten zu bewahren, haben viele US-amerikanische Unternehmen so genannte Corporate Compliance Codes eingeführt: Verhaltenskodizes, um die Angestellten zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften anzuhalten (Linklater/McElyea, RIW 1994, 117 (118)). Die ersten modernen Corporate Compliance Codes resultierten aus der breiten strafrechtlichen Verfolgung von wettbewerbsrechtlichen Straftaten im Jahre 1960, die zu den bekannten „Electrical Cases“ führten (Linklater/McElyea, RIW 1994, 117 (118)). In der Zeit des Kalten Krieges („cold war era“) wurden Compliance-Programme oder –systeme, um ein weiteres Beispiel zu nennen, für US-Unternehmen, die Rohstoffe und technische Daten exportierten, zu einer Notwendigkeit, um nicht mit der sich ständig ändernden, scharf sanktionierten US-Exportkontrolle in Konflikt zu geraten. Mittlerweile sind die USGesetze und -Regularien, die Compliance-Systeme verlangen, sehr zahlreich (Maloney, Global Gaming Compliance, Gaming Law Review, Volume 8, Number 2, 2004; Hauschka-Hauschka, § 1, Rn 39). 1984 erließ der US-Kongress ein Gesetz (Sentencing Reform Act of 1984, Teil II des Comprehensive Crime Control Act of 1984, Publ. L. No. 98 – 473), dessen Zweck auch darin bestand, die Strafbemessungspraxis der Bundesgerichte zu vereinheitlichen. Ein Bestandteil dieses Gesetzes war die Gründung der Federal Sentencing Commission, die auch Richtlinien („Federal Sentencing Guidelines“ (FSG)) für die Bestrafung von juristischen Personen und anderen Gesellschaften erarbeitete, die der US-Kongress am 1.11.1991 in Kraft setzte. Diese sog. Organizational Sentencing Guidelines bzw. das entsprechende Manual legen die Verfahren fest, die bei der Ermittlung der Strafe angewandt werden müssen, die an eine für Straftaten ihrer Mitglieder oder Angestellten schuldig befundene juristische Person verhängt werden kann oder muss (Linklater/McElyea, RIW 1994, 117 (119)). Unternehmen, die Corporate Compliance Programme (inkl. Codes of Conduct) eingeführt haben (2006 Federal Sentencing Guidelines, Chapter 8, §8B2.1 „Effective Compliance and Ethics Program“), können damit Risiken und Kosten von Strafprozessen vor US-amerikanischen Bundesgerichten minimieren, da solchen Programmen nicht nur eine starke Präventivwirkung, sondern auch eine erhebliche Strafmilderung im Falle einer Strafverfolgung zukommen kann („mitigating factor“). Die Kosten für (Straf-)Prozesse und andere die Reputation der Gesellschaft reduzierende Faktoren werden die Kosten für eine Compliance-Organisation in vielen Fällen überwiegen (Linklater/McElyea, RIW 1994, 117 (122)). Anforderungen an Compliance finden sich auch anderer Stelle, z. B. NASD Rule IM-3013 und NYSE Rule 342.30(e) oder SEC´s „Compliance Rules“ (Rule 206(4)-7 Advisers Act und Rule 38a-1 Investment Company Act, vgl. Lori A. Richards, Speech by SEC Staff: The Process of Compliance, National Membership Meeting of the National Society of Compliance Professionals Washington, D. C., 19.10.2006).
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Die Selbstregulierung durch Verhaltenskodizes (Codes of Conduct/Codes of Ethics) ist heute – auch international – weit verbreitet. Art. 12 II b UN-Konvention (Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption, am 14.3.2006 in Kraft getreten; General Assembly Resolution No. A/RES/58/4) zählt z. B. im Rahmen der Korruptionsprävention Verhaltenskodizes für die korrekte, redliche und ordnungsgemäße Durchführung der Geschäftsaktivitäten und ein ebensolches Verhalten der beteiligten Berufsgruppen zu den notwendigen Maßnahmen, um die Integrität privater Einrichtungen zu gewährleisten (Scherer, RIW 2006, 363 (365); zu gemeinnützigen Körperschaften Kreutz, ZRP 2007, 50; zum deutschen Arbeitsrecht Meyer, NJW 2006, 3605).
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Allerdings können US-amerikanische Verhaltenskodizes nicht ohne weiteres in deutsche Unternehmen implementiert werden, es sind rechtliche und kulturelle Hindernisse zu be-
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Kap. I – Bankvertragliche Grundlagen
achten. Wichtig ist z. B. die Abklärung der Frage der Mitbestimmung des Betriebsrats (§ 87 I 1 BetrVG), aber auch andere Themen wie Datenschutz oder des AGG müssen vorher geklärt werden (vgl. ArbG Hannover, Beschl. v. 25.7.1995 – 6 BV 4/95, dazu Allmendinger, EWiR 1996, 293; AG Wuppertal, Beschl. v. 25.6.2005 – 5 BV 20/05, DB 2005, 1800 „Wal-Mart“ (m. Anm. Simon/Kock); Wisskirchen/Jordan/Bissels, DB 2005, 2190). Ein Mitbestimmungsrecht besteht grundsätzlich nicht, wenn die Verhaltenspflichten nur Gesetzesnormen wiedergeben, z. B. §§ 13, 14 u. 38 WpHG. Denn dann steht den Betriebspartnern kein Regelungsraum zu (Simon/Kock, DB 2005, 1800 (1801)). Hingegen sind ausfüllende Verhaltensregeln nur mit Beteiligung des Betriebsrats möglich. 10
B. Compliance im Finanzmarktrecht in Deutschland in den 1990er Jahren I. Banken als Vorreiter bei der Compliance-Implementierung. Im Zuge der durch die Globalisierung angestoßenen Veränderungen des Bankgeschäfts fand der aus der angelsächsischen Rechtsterminologie stammende Begriff Compliance zu Beginn der 1990er Jahre auch in Deutschland Eingang (Eisele, WM 1993, 1021). Compliance bedeutet – so wurde es 1993 kurz und prägnant formuliert – Handeln im Einklang mit dem geltenden Recht, es umschreibt die ethische Grundlage im Bankgeschäft (Weiss, Die Bank 1993, 136 (137)). In Konkretisierung dessen machen neuere Definitionen deutlich, dass es bei Compliance nicht nur um die Einhaltung gesetzlicher Gebote und Verbote geht, sondern auch um die Einhaltung von Soft Law, Corporate Governance-Grundsätzen, nationalen und internationalen Rules of Conduct, denen die Gesetzesqualität fehlt usw. (Schneider, ZIP 2003, 645 (646); Hauschka, ZIP 2004, 877, Fn 3).
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Die Compliance-Abteilung überwacht auch unternehmensintern aufgestellte Verhaltensgrundsätze, die z. B. in Richtlinien („Policies“), Handbüchern („Manuals“) oder Arbeitsanweisungen („Working Instructions“) Eingang gefunden haben und dazu dienen, organisatorisch die Einhaltung externer, insbesondere regulatorischer Anforderungen durch das Unternehmen, seine Organmitglieder und Mitarbeiter zu gewährleisten. Daher wird auch in Deutschland heute Compliance – über das Finanzmarktrecht hinaus – im weitesten Sinne als die Gesamtheit all dieser Gewährleistungs- und Sicherungsmaßnahmen verstanden. Es handelt sich um eine umfassende organisatorische Aufgabe der Unternehmensleitung: Compliance ist Chefsache (Schneider, ZIP 2003, 645 (646)); Grundsatz 1 des Papiers „Compliance and the compliance function in banks“ v. April 2005 des Basler Auschusses für die Bankenaufsicht; Lösler, WM 2007, 676 (679); Bankmagazin 05.08, 52 „Herr der Richtlinien“).
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Um Missverständnissen vorzubeugen, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass Compliance natürlich auch in der Verantwortung jeden Mitarbeiters der Firma liegt, wie es die IOSCO auf S. 7 ihres „Compliance Function at Market Intermediaries Final Report“ vom März 2006 zutreffend betont: „Although a market intermediary has a compliance function that is responsible for carrying out specific activities, compliance ist the responsibility of everyone within the firm.“ Man könnte daher auch ergänzend sagen: Compliance ist jedermanns Sache.
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Die deutsche Börse hatte zu Beginn der 1990er Jahre aufgrund der mangelnden Glaubwürdigkeit ihres Aufsichtssystems im Ausland ein schlechtes Image (Weiss, Die Bank 1993, 136), auch wenn in Deutschland hinreichend gesetzliche Regeln vorhanden waren. Die Glaubwürdigkeit bzw. Seriosität eines Marktteilnehmers maß man aber international auch daran, ob er über ein Compliance-System verfügte (Weiss, Die Bank 1993, 136). Unter Wettbewerbsgesichtspunkten war es somit für international agierende deutsche Universalbanken vorteilhaft, internationalen Standards zu entsprechen. Denn das deutsche
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Universalbanksystem barg systembedingt mehr potenzielle Interessenkonflikte in sich als das im angelsächsischen Bereich verbreitete Trennbanksystem (Eisele, WM 1993, 1021 (1026)). Die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – Stichwort Finanzplatz Deutschland und dessen in Frage gestellte Wettbewerbsfähigkeit als eines Standorts für internationale Kapitalanlagen – ließen es geschäftspolitisch geboten erscheinen, eine Compliance-Abteilung einzurichten (Eisele, WM 1993, 1021 (1022)). So erfolgte bereits 1992 bei deutschen Banken teilweise die freiwillige Einrichtung einer Compliance-Organisation (Weiss, Die Bank 1993, 136). Ohnehin stand die jetzt gemäß Art. 69 MiFID (RL 2004/39/EG vom 21.4.2004 – ABl. 2004 L 145/1) aufgehobene EU-Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 93/22/EWG vom 10.5.1993 (Investment Services Directive („ISD“); ABl. 1993 L 141/27 = WM 1993, 1432) mit ihrer Verpflichtung in Art. 10 ISD, eine Compliance-Organisation nach dem Vorbild englischer Investmentbanken einzurichten, vor der Tür. II. Compliance im engeren Sinn im Finanzmarktrecht – § 33 WpHG a. F. Bis in die späteren 1990er Jahre hinein verstand man in Deutschland unter Compliance im engeren Sinn im Finanzmarkrecht – auf Basis der auf § 33 I WpHG a. F., der den Begriff Compliance nicht einmal erwähnte, gründenden Pflicht (Lösler, S. 123 u. 134) – im Wesentlichen die Einrichtung und das Vorhalten einer bankinternen Kontrollabteilung bzw. -stelle zur Sicherstellung der Einhaltung der für das Effekten- bzw. Wertpapiergeschäft geltenden WpHG-Regeln (Lösler, NZG 2005, 104), d. h. die reine Wertpapier-Compliance. Es ging dabei primär um die Vermeidung von Verstößen gegen insiderrechtliche Bestimmungen und das Management von Interessenkonflikten (Eisele, WM 1993, 1021). Das BAWe (jetzt: BaFin) hatte in der „Richtlinie zur Konkretisierung der Organisationspflichten von Wertpapierhandelsunternehmen gemäß § 33 Abs. 1 des WpHG“ vom 25.10.1999, Bundesanzeiger Nr. 210 v. 6.11.1999, S. 18 453, die als sog. „Compliance-Richtlinie“ (CRL) bezeichnet wird, in Ziff. 4.2 CRL die Anforderungen an die Compliance-Stelle benannt. Die „Compliance-Richtlinie“ wurde von der BaFin per 01.11.2007 aufgehoben. Da die in der Richtlinie ausgeführten Maßnahmen sich in der Praxis bewährt haben, können die Bestimmungen nach Ansicht der BaFin im Sinne eines sog. „best practice“ weiterhin bei der Erfüllung der Anforderungen des § 33 I WpHG herangezogen werden (BaFin-Schreiben vom 23.01.2007).
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C. § 25 a I KWG – Compliance als Teil des Internen Kontrollsystems (IKS)
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I. Viertes Finanzmarktförderungsgesetz 2002. Durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz v. 21.6.2002 (BGBl. 2002 Teil I Nr. 39, S. 2010 (2054 f.)), das am 01.07.2002 in Kraft trat, hat die international übliche, weite Auslegung des Begriffs Compliance im Rahmen der Neufassung des § 25a I KWG Eingang gefunden (Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler-Braun, § 25a Rn 86), wie sie der damalige Grundsatz 14 der „Grundsätze für eine wirksame Bankenaufsicht (Basler Grundsätze)“ des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht aus dem September 1997 verlangt hatte. In der Fassung vom Oktober 2006 der „Grundsätze für eine wirksame Bankenaufsicht“ des Basler Ausschusses wird nunmehr die Forderung nach interner Kontrolle und Prüfung, die ausdrücklich auch eine angemessene unabhängige Compliance-Funktion umfasst, im Grundsatz 17 festgehalten. Die Neufassung des § 25a I KWG ging über die im BaFinRundschreiben vom 25.10.1999 zu § 33 WpHG a. F. geforderte „Compliance-Stelle“ zur Überwachung der Einhaltung der Organisationsan-forderungen nach dem WpHG hinaus, wenn es damit auch zu einer Überschneidung kam. II. Novelle des § 25a I KWG in 2004. Im Zuge der Umsetzung der RL 2002/87/EG v. 12.12.2002 (ABl. 2003 L 35/1 v. 11.2.2003), insbesondere dort Art. 9, verlangte der 2004
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erneut novellierte § 25a I 1 KWG (vgl. BT-Drucks. 15/3641 v. 12.8.2004, S. 47, zum Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetz) von den Instituten als Oberbegriff eine „ordnungsgemäße Geschäftsorganisation“, die die Einhaltung der von den Instituten zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen gewährleistet. Nach dem 2007 neu gefassten § 25a I 3 Nr. 1 KWG umfasst die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation eines Institut ein angemessenes und wirksames Risikomanagement, das auf der Grundlage von Verfahren zur Ermittlung und Sicherstellung der Risikotragfähigkeit die Festlegung von Strategien sowie die Einrichtung interner Kontrollverfahren beinhaltet. 17
Die Strategien legt die Geschäftsleitung eines Instituts aus betriebswirtschaftlicher Sicht fest (BT-Drucks. 15/3641 v. 12.8.2004, S. 47). Die daraus abgeleitete Geschäftsorganisation ist von den Instituten regelmäßig zu überprüfen, § 25a I 4 KWG a. F. (jetzt: § 25 I 5 KWG). Zu den einzuhaltenden gesetzlichen Bestimmungen zählen primär die einschlägigen aufsichtsrechtlichen Gesetze, insbesondere das KWG, das WpHG, das InvestmentG, das BSpKG, das DepotG, das GwG sowie weitere dort genannte Gesetze und zur Durchführung dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen. Darüber hinaus können weitere organisatorische Pflichten bestehen, die sich aus Gesetz (z. B. § 91 II AktG oder § 34 GenG) oder aus dem Postulat ordnungsgemäßer Geschäftsführung ableiten (vgl. BTDrucks. 15/3641 v. 12.8.2004, S. 47).
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Nach der Neufassung des § 25a I 3 Nr. 2 KWG a. F. in 1994 – jetzt § 25a I 3 Nr. 1 KWG (BT-Drucks. 16/4028 v. 12.01.2007, S. 46) – muss ein Institut über angemessene interne Kontrollverfahren (Internes Überwachungssystem) verfügen, die aus einen Internen Kontrollsystem (IKS) und einer Internen Revision bestehen. Der bankaufsichtlichen Systematik entsprechend wird damit unterschieden zwischen dem – prozessabhängigen Internen Kontrollsystem, d. h. allen Formen von Überwachungsmaßnahmen, die unmittelbar oder mittelbar in die zu überwachenden Arbeitsabläufe integriert sind, d. h. – auf gesamtgeschäftsbezogener Ebene zu implementierende Verfahren zur Steuerung und Überwachung von Risiken, – auf einzelgeschäftsbezogener Ebene Maßnahmen wie Funktionstrennungen, innerbetriebliche Organisationsrichtlinien und das Vier-Augen-Prinzip; – und der unabhängigen Internen Revision, die frühzeitig Risiken erkennen, Probleme innerhalb des Instituts aufzeigen und den Anstoß für deren Behebung geben sollte, „bevor hieraus möglicherweise ein aufsichtsrechtlicher Sachverhalt wird“ (so ausdrücklich BT-Drucks. 15/3641 v. 12.8.2004, S. 48). was einer erheblichen Aufwertung der Innenrevision gleichkam. Die Neufassung des § 25a I 3 Nr. 1 KWG betont, dass das interne Kontrollsystem a) aufbau- und ablauforganisatorische Regelungen mit klarer Abgrenzung der Verantwortungsbereiche und b) Prozesse zur Identifizierung, Beurteilung, Steuerung sowie Überwachung und Kommunikation der Risiken entsprechend den in „Anhang V Technische Vorgaben für die Organisation und Behandlung von Risiken“ der Bankenrichtlinie 2006/48/EG vom 14. Juni 2006 (ABl. EU Nr. L 177 v. 30.6.2006, S. 1 (79 f.)) niedergelegten zehn Kriterien umfassen muss. Zur Governance verlangt Nr. 1 des Anhangs V, dass die Geschäftsleitung i. S. v. Art. 11 RL 2006/48/EG Regelungen für die Aufgabentrennung innerhalb der Organisation und die Vermeidung von Interessenkonflikten trifft.
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III. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht. Es ist heute anerkannt, dass zu den durch ein prozessabhängiges Internes Kontrollsystem i. S. d. § 25a I KWG zu steuernden und überwachenden Risiken auch das Compliance-Risiko zählt, das der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision (www.bis.org)) in seinem
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Papier „Compliance and the compliance function in banks“ vom April 2005 unter Nr. 3 der Einleitung wie folgt definierte: „3. The expression „compliance risk“ is defined in this paper as the risk of legal or regulatory sanctions, material financial loss, or loss to reputation a bank may suffer as a result of its failure to comply with laws, regulations, rules, related self-regulatory organisation standards, and codes of conduct applicable to its banking activities (together, „compliance laws, rules and standards“).“ Nr. 4 der Einleitung des Basler Papiers legt des Weiteren dar, was vom Begriff „compliance laws, rules and standards“ allgemein erfasst wird: – „observing proper standards of market conduct“, d. h. die Überwachung von marktbezogenen Wohlverhaltensregeln – „managing conflicts of interest“, d. h. Management von Interessenkonflikten – „treating customers fairly“, d. h. Fairness im Umgang mit Kunden (vgl. dazu auch das „Treating Customers Fairly (TCF)“-(Diskussions-)Papier der englischen Aufsichtsbehörde FSA vom Juli 2006) – „ensuring the suitability of customer advice“, d. h. Sicherstellung einer anlegergerechten Beratung Insbesondere werden dabei auch spezifische Themen erfasst wie – „the prevention of money laundering and terrorist financing“, d. h. die Anti-Geldwäsche-Compliance mit dem Zweck, auch die Finanzierung des Terrorismus zu verhindern – „tax laws that are relevant to the structuring of banking products or customer advice“, d. h. Beachtung der für die Strukturierung von Finanzdienstleistungen und Beratung von Kunden einschlägigen Steuergesetzgebung – „A bank that knowingly participates in transactions to be used by customers to avoid regulatory or financial reporting requirements, evade tax liabilities or facilitate illegal conduct will be exposing itself to significant compliance risk“, d. h. Vermeidung von signifikantem Compliance-Risiko, das dadurch entstehen kann, dass sich eine Bank wissentlich auf Transaktionen von Kunden einlässt, die z. B. der Umgehung regulatorischer Meldepflichten dienen sollen, einen Verstoß gegen steuer(recht)liche Bestimmungen darstellen könnten oder anderes illegales Verhalten erleichtern sollen Auch Aspekte des nicht-wertpapierbezogenen Geschäfts, d. h. die Einhaltung der Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche nach § 261 StGB und Terrorismus-finanzierung oder des Außenwirtschaftsrechts/Embargo (Embargolisten: EU-Liste, OFAC-Liste, World-Check, Bundeanzeiger und eigene „Black Lists) unterfallen somit dem modernen Verständnis von Compliance im Finanzmarktrecht (Hauschka-Gebauer, § 31, Rn 2). Soweit das Basler Papier auch die Beachtung steuerlicher Aspekte verlangt, handelt es sich um solche, die einen Bezug zu Bank- und Finanzdienstleistungen haben. Das Steuerrecht kann also, wenn auch nur auf diesen Fokus begrenzt, durchaus Thema von Compliance sein, insbesondere im Hinblick auf Reputationsrisiken, die z. B. aus gewagten Finanzprodukten zur Steuervermeidung resultieren könnten (a. A. zu § 25a KWG wohl Boos/Fischer/Schulte-Mattler-Braun, § 25a KWG Rn 88). Eine Compliance-Organisation unterliegt heute mehr denn je einem dynamischen Wandlungsprozess, um zeitnah der aktuellen Risikolage entsprechend den regulatorischen Anforderungen entsprechen zu können.
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IV. Abgrenzung zu anderen bankaufsichtlichen Risiken. In der Fassung vom Oktober 2006 der „Grundsätze für eine wirksame Bankenaufsicht“ des Basler Ausschusses werden neben dem Compliance-Risiko im Grundsatz 17, der die interne Kontrolle und Prüfung
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zum Gegenstand hat, andere Risiken erwähnt, die sich fast alle relativ leicht vom Compliance-Risiko unterscheiden lassen, insbesondere Grundsatz 8 Kreditrisiko, Grundsatz 12 Länder- und Transferrisiken, Grundsatz 13 Marktrisiken, Grundsatz 14 Liquiditätsrisiko und Grundsatz 16 Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch. 23
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Etwas schwieriger wird die Abgrenzung des Compliance-Risikos vom operationellen Risiko. Zum Grundsatz 15 Operationelles Risiko findet sich bereits in der überarbeiteten Rahmenvereinbarung vom Juni 2004 des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht mit dem Namen „Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen“ neben einer ausführlicheren Darstellung der Risiken in Nr. 644 eine Definition des operationellen Risikos, die einen Vergleich mit dem Compliance-Risiko erlaubt: Operationelles Risiko ist danach die Gefahr von Verlusten, die infolge einer Unzulänglichkeit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder infolge externer Ereignisse eintreten. Diese Definition schließt Rechtsrisiken ein, nicht jedoch strategische Risiken oder Reputationsrisiken. Das operationelle Risiko überschneidet sich also mit dem Compliance-Risiko insoweit, als es auch Rechtsrisiken, z. B. die potenzielle Verpflichtung zu Geldstrafen, Konventionalstrafen oder Schadensersatzzahlungen mit Strafcharakter aufgrund aufsichtsrechtlicher Maßnahmen oder außergerichtlicher Vergleiche (so Fn 90 auf S. 127 der Rahmenvereinbarung „Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen“ vom Juni 2004) umfasst, nicht jedoch das Reputationsrisiko (Bauer/Bergmann, ZBB 2007, 113 (119)), welches zu den Compliance-Risiken zählt. Das Management von Reputationsrisiken ist heute ein Muss für (international agierende) Unternehmen. V. MiFID. Durch die MiFID („Markets in Financial Instruments Directive“ – RL 2004/ 39/EG v. 21.4.2004, ABl. L 145/1 v. 30.4.2004) bzw. das am 29.3.2007 beschlossene Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG), dem der Bundesrat am 11.5.2007 (BR-Drucks. 247/07 v. 11.5.2007) zustimmte, wurde § 25a KWG erneut umgestaltet, um den Anforderungen von Art. 13 MiFID, aber auch Art. 6 der DRL zu genügen. Bei § 25a I 1 KWG wurde z. B. durch den Einschub „insbesondere“ klargestellt, dass bei der Beurtei-lung der Ordnungsgemäßheit der Geschäftsorganisation auch betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten zu berücksichtigen sind, also nicht nur der Gesichtspunkt der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften (BT-Drucks. 16/4028 v. 12.01.2007, S. 95). VI. IOSCO – Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden. 1. IOSCO Definition von Compliance. Die IOSCO („The International Organization of Securities Commissions“) hat in ihrem 71 Seiten langen „Compliance Function at Market Intermediaries Final Report“ vom März 2006 ausführlich dazu Stellung bezogen, wie sie sich eine Compliance-Organisation vorstellt. Das Rollenprofil einer dauerhaft zu etablierenden Compliance-Funktion wird dabei – auf S. 7, Thema 1, Grundsatz (b) – zur Errichtung einer Compliance-Funktion wie folgt definiert: „Principles: (a) Each market intermediary should establish and maintain a compliance function. (b) The role of the compliance function is, on an on-going basis, to identify, assess, advise on, monitor and report on a market intermediary’s compliance with securities regulatory requirements and the appropriateness of its supervisory procedures“ Die Definition der Compliance-Funktion unterscheidet sich – auch nach dem eigenen Befund der IOSCO – nicht wesentlich von der des Basler Ausschusses, betont aber insbesondere die pro-aktive Rolle von einer Compliance-Funktion bei der Identifikation und Prävention von Verstößen gegen die regulatorischen Anforderungen, wie es auch nach der MiFID eine Hauptaufgabe von Compliance bleiben wird.
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2. Hauptaufgaben von Compliance aus Sicht der IOSCO. Der Appendix C (S. 67 u. 68 des Reports) enthält unter der Überschrift „Examples of the main responsibilities and tasks of the compliance function“ eine umfangreiche Auflistung zu den Aufgaben einer Compliance-Funktion, die man wohl als eine Art „lange Wunschliste“ der Wertpapieraufsichtsbehörden bezeichnen könnte. Die IOSCO betont jedoch einschränkend, dass von Wertpapierfirmen nicht verlangt werde, dass sie alle diese Tätigkeiten in ihrer Compliance-Funktion wahrnehmen: – Identifying regulatory risks; – Advice to management, including during the design of internal controls in respect of regulatory risks; – Ensuring that a business supervisory structure is in place; – Detection, prevention and management of conflicts of interest; – Defining and monitoring information barriers; – Monitoring of areas of potential market manipulation / insider trading monitoring; – Industry surveillance; – Anti-money laundering functions including advising on and developing of a firm’s money laundering deterrence programme; – Data privacy, net capital and financial responsibility compliance; – Monitoring (or ensuring that an internal audit function undertakes such monitoring) of a firm’s activities, using a risk-based approach, to confirm, or otherwise, adhere to the policies and procedures designed by the firm to address securities regulatory requirements. As a consequence of this monitoring, the compliance function should present a status report to management; – Cooperation with the operational risk function and legal service to provide a specific model for management of the intermediary’s liability for specific crimes committed by employees on behalf of the intermediary; – Provide systems, structures and behaviours that engender compliance without undue emphasis on the narrow legal requirements, but rather the broader issues included in codes of conduct, internal policies and procedures etc; – Dealing with customer complaints; – Identification and monitoring of data or privacy security and protection; – Prevention of undue disclosure of confidential information; – Records and documentation, including safeguards for the privacy protection of client records and information; – Licensing and registration of the firm and its registered personnel; – Internal inquiries and investigations, a role that can be played by any or a combination of several control functions within a firm, and may involve the use of third parties; – Monitoring and surveillance of business units to identify potential issues, including, inter alia the handling of customer accounts, including the opening of new client accounts, proprietary trading, and employee-related trading and communications; – Oversight of risk function and business contingency planning; – Participating in the rule commenting process, e.g. consultation process, in particular by collating business management comments; – Participating in industry committees and working groups; – Measures to identify and document qualifications of individual employees to provide regulated services; – Compliance with conduct of business rules by the firm and its staff; – Supervision of advice provided to clients; – Supervision of the various duties relating to information to clients and marketing information;
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– Education and training to keep business personnel and other employees apprised of policies, procedures, regulatory requirements and how to comply with such requirements; – Staff education programme that should also include explanation of weaknesses or noncompliance noted during any audits or inspection; – Promotion of ethical behaviour among staff and colleagues; – Advice to senior management on disciplinary issues, including terminations; – Escalating compliance issues to management (and if this is to no avail, to an audit/compliance committee or independent directors); – Periodic reporting to regulatory authorities; – Acting as the liaison for the regulators with the firm. 28
Ohnehin unterliegt es – zumindest bei größeren Firmen – der Entscheidung des Unternehmens, wo Compliance-Risiken gemanaget werden. Compliance kann oder muss also nicht unbedingt in einer Compliance-Abteilung als solcher überwacht werden, sondern das kann auch in anderen geeigneten Abteilungen geschehen, wie das die IOSCO auf S. 8 betont: „In larger firms, the activities generally performed by the compliance function may not necessarily be fulfilled by the compliance department but by other departments, such as legal or financial control and risk departments.“ So nimmt z. B. die interne Rechtsabteilung, die im besten Sinne auch eine Compliance-Abteilung darstellen kann, im Sinne der Compliance-Funktionen eine Schutzfunktion zugunsten des Unternehmens, seinen Organen und Mitarbeitern wahr, wenn sie Rechtsrisiken beurteilt und mitigiert – „Managing Corporate Legal Affairs“ – (Hauschka-Hauschka, § 14 Rn 12 u. 27).
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Ähnlich äußert sich der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht in seinem Papier „Methodik der Grundsätze für eine wirksame Bankenaufsicht“ vom Oktober 2006 auf S. 32 unter Fn 28: „Der Begriff „Compliance-Funktion“ bezeichnet nicht notwendigerweise eine Organisationseinheit. Mitarbeiter mit Compliance-Funktionen (Compliance-Beauftragte) können in operativen Bereichen oder in örtlichen Niederlassungen angesiedelt sein und berichten dem operativen Linienmanagement oder dem örtlichen Management; sie sollten aber parallel dazu über eine Berichtslinie zum Leiter Compliance verfügen.“ Compliance ist also durchaus auch ein pragmatisches System, das für berechtigte Unternehmensbelange flexible Lösungen ermöglicht. Letztlich muss aber auch in diesen Fällen eine „reporting-line“ zu Compliance bestehen, damit Compliance eine „second level control“, und sei es nur durch Stichproben, durchführen kann.
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D. Compliance – ein neuer Modebegriff in Deutschland? Eine Übersetzung des anglo-amerikanischen Terminus Compliance in die deutsche Rechtssprache erfolgte, zumindest was den Bereich des deutschen Bank- und Kapitalmarktrechts angeht, nicht (Lösler, NZG 2005, 104). 1999 bezeichnete das BAWe die erforderliche bankinterne Überwachungs-Organisation im 2. Abschnitt unter 2.1 seiner Richtlinie zu § 33 WpHG offiziell als Compliance(-Stelle) (BAWe (jetzt: BaFin) „Richtlinie zur Konkretisierung der Organisationspflichten von Wertpapierhandelsunternehmen gemäß § 33 Abs. 1 des WpHG“ vom 25.10.1999, Bundesanzeiger Nr. 210 v. 6.11.1999, S. 18 453 („Compliance-Richtlinie“)). Aus der BT-Drucks. 12/7918 v. 15.6.1994, S. 105, zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz vom 26.7.1994 (BGBl. I 1994, 1749 (1758)), das zur Einführung des WpHG inklusive § 33 WpHG a. F. führte, ging nämlich hervor, dass der Finanzausschuss zu „dem neuen § 30c WpHG“, d. h. dem späteren § 33 WpHG a. F. festgehalten hatte, dass die Schaffung und der Ausbau von Compliance-Organisationen bei den Erbringern von Wertpapierdienstleistungen der richtige Ansatzpunkt zur Entschärfung des grundsätzlich bestehenden Konfliktpoten-
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tials zwischen Unternehmens- und Kundeninteressen und zur Schaffung der notwendigen organisatorischen Instrumente zur Überwachung des Wertpapiergeschäfts darstellte. Dieses Hinweises nahm sich das BAWe in der sog. Compliance-Richtlinie vom 25.10.1999 an. Im medizinrechtlichen Bereich hingegen versuchte man sich an einer Eindeutschung – Compliance ist hier „die zuverlässige Befolgung der therapeutischen Anweisung“, d. h. Therapietreue (OLG Hamburg, GRUR-RR 2003, 105; Hauschka, NJW 2004, 257). Auf das Wirtschaftsrecht übertragen (Hauschka, NJW 2004, 257), agiert hier also zunächst primär der Gesetzgeber quasi als eine Art Arzt oder Therapeut, der die Therapie verordnet, die Unternehmen, deren Leitung und Mitarbeiter einzuhalten haben („to comply with“). Es wurde daher zutreffend als „Binsenweisheit“ bezeichnet, dass gerade deutsche Unternehmen, ihre Organmitglieder und ihre Mitarbeiter schon bislang im Einklang mit dem geltenden Recht handeln bzw. es auch dann eine „Binsenweisheit“ bleibt, wenn man das neudeutsch als „Compliance“ bezeichnet (Schneider, ZIP 2003, 645 (646)). Bis heute sind die Stimmen, die zwischen Amusement und Schmähkritik changierend Compliance als reines „Modethema“ sehen und dabei mitunter wohl die Möglichkeiten teilweise anderenorts schon lange etablierter Prozessorientierung übersehen mögen, nicht gänzlich verstummt (Klindt, NJW 2006, 3399 (3400)).
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Nachdem im Finanzmarktrecht Art. 13 MiFID den Rahmen für Compliance steckt, Art. 6 II der Durchführungs-RL (DRL) 2006/73 EG v. 10.8.2006 (ABl. L 241/36 v. 2.9.2006) eine Rollen- bzw. Aufgabenbeschreibung einer dauerhaften und wirksamen ComplianceFunktion enthält, wurde Compliance in seiner Rolle als dritte bzw. weitere wichtige Säule angemessener Unternehmensführung neben dem Risikomanagement und der internen Revision bei Finanzdienstleitungsunternehmen gestärkt (vgl. Rangol, Compliance nach Mifid – eine Ortsbestimmung, Börsen-Zeitung v. 24.11.2006, S. 19; Spindler/Kasten, AG 2006, 785).
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E. Effizienz und Effektivität
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Die oben erwähnte Kritik – „Modethema“- betrifft nicht nur Compliance allein, sondern das Thema Corporate Governance als solches, da die wissenschaftliche Forschung bislang kaum klare Aussagen über den Zusammenhang zwischen Corporate Governance und Unternehmenserfolg machen kann (Prigge/Offen, ZIB 2007, 89 (107)). Dahinter verbirgt sich die auf unternehmerischer Erfahrung beruhende Skepsis, dass mehr Bürokratie kein Garant für ein Mehr an Effizienz sein muss, sondern nur für ein Mehr an Kosten sein kann. Mancher Kritiker befürchtete – z. B. im Hinblick auf den Sarbanes-Oxley Act of 2002 – gar einen „Compliance Overkill“. Teilweise ist die Kritik bei international tätigen Unternehmen auch ein Ausdruck des Erstaunens über die mit der Globalisierung verbundene Komplexität und ihre (Kosten-)Folgen. Compliance jedenfalls sollte – über das Bankgeschäft hinaus allgemein – nicht nur ein schlicht gesetzestreues Verhalten bedeuten, sondern möglichst – nach dem berechtigten Anspruch von Unternehmensleitungen – einen messbaren Mehrwert erbringen, d. h. ein in seiner Effizienz und Effektivität soweit als möglich wirtschaftlich mess- oder bewertbares Unterfangen darstellen, den Haftungsrisiken von Unternehmen, aber auch der persönlichen Haftung der Leitungsorgane eine präventive Unternehmensorganisation entgegen zu stellen, die diese Risiken weitgehend mitigiert bzw. minimiert (Hauschka, NJW 2004, 257). Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht hat in seinem Grundsatz 2 („Principle 2“) seines Papiers „Compliance and the compliance function in banks“ vom April 2005 zudem festgehalten, dass die Unternehmensleitung für das effektive Management des Compliance-Risikos einer Bank verantwortlich ist. Die IOSCO fordert im Topic 5 ih-
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res „Compliance Function at Market Intermediaries Final Report“ vom März 2006 die Marktteilnehmer zu einer periodischen Bewertung der Effektivität ihrer ComplianceFunktion auf: „(a) Each market intermediary should periodically assess the effectiveness of its compliance function.“ Manche Unternehmen haben deshalb auch schon Programme zur Messung oder Verbesserung der Effektivität ihrer Compliance-Funktionen eingeführt, was zur Schwachstellenfrüherkennung hilfreich ist. 35
Hintergrund des Wunsches nach mehr Messbarkeit ist teilweise zudem auch die subjektiv als intransparent empfundene Tätigkeit von Compliance bzw. die als hyperthroph bewertete Zunahme der Kosten für eine Compliance-Organisation. Der Kosten- bzw. Rechtfertigungsdruck wächst im Zeitalter der Globalisierung auch für eine Compliance-Organisation und ohnehin in Zeiten schlechter wirtschaftlicher Entwicklung. Die für eine Compliance-Organisation entstehenden Kosten können sich aber mitunter schon vor dem erheblichen Haftungsrisiko rechtfertigen (Barta, BKR 2004. 433 (440)). Eventuell kann im Fall der Fälle eine wirksame Compliance-Organisation zu einer aufsichtsrechtlichen Sanktionsmilderung führen (Lösler, NZG 2005, 104 (105)). Die Bewertung einer Compliance-Organisation hinsichtlich ihrer Effektivität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit ist aber nach wie vor sehr schwierig (so Lösler, WM 2007, 676).
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I. Quantitative Effizienzmessung. Eine quantitative Effizienzmessung im Sinne eines „bench marking“ lässt sich in der Regel bewerkstelligen, wenn man Vergleichsgrößen mit Unternehmen („peers“ bzw. „peer group“) bilden kann, die über eine ähnliche Organisationsstruktur verfügen (Lösler, WM 2007, 676 (677)). Vergleichsgrößen können u. a. sein: – Gesamtzahl der Compliance Officer im Verhältnis zur Gesamtzahl der Mitarbeiter (im Investmentbanking ist ein Verhältnis von 1:100, d. h. ein Compliance Officer auf 100 Mitarbeiter, Marktstandard) – Verhältnis der Compliance-Kosten bzw. des Compliance-Budgets zu den Gesamtkosten, wobei allein schon die Definition, was unter Compliance-Kosten zu verstehen ist, Kopfzerbrechen bereiten kann Des Weiteren kommen allgemein in Betracht: – Anzahl der Kundenbeschwerden und ihre Erledigungsdauer – Höhe von außergerichtlichen Kulanz- oder Vergleichszahlungen – Anzahl von Klageverfahren – Häufigkeit von Regelverletzungen – Häufigkeit von BaFin- bzw. investigativen Anfragen von Regulierungsbehörden
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Wenn die Compliance-Abteilung im Rahmen ihrer Kontroll- und Monitoringtätigkeit zu beseitigende Schwachstellen festgestellt hat oder neue Gesetze anstehen, die die Änderung unternehmensinterner Geschäftsprozesse erfordern, können Projekte erforderlich werden. In quantitativer Hinsicht können die zeitliche Dauer und Kosten eines Projekts, aber auch qualitativ der Grad der Nachwirkung eines Projekts zur Umsetzung von Compliance-Anforderungen nach dessen Beendigung Erkenntnisquellen dafür sein, ob der nicht vollständig eingetretene Erfolg eines kostenintensiven Projekts seine Ursache in der mangelnden Umsetzung oder Unterstützung durch das Management oder des mangelnden Bewusstseins der Mitarbeiter für die erforderliche Nachhaltigkeit der Schwachstellenbeseitigung hat. Hier gilt in Anlehnung an Sepp Herberger: Nach dem Projekt ist vor dem Projekt. Gerade bei Projekten zur Umsetzung von Compliance-Anforderungen kann die Wirksamkeit der Umsetzung mitunter darunter leiden, dass nach der vom Geschäftsbereich herbeigesehnten Beendigung eines Projekts keine wirksame Nachkontrolle erfolgt und daher die erstrebte Wirkung nach gewisser Zeit unbemerkt oder auch merklich nach-
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lässt. Dann ist mitunter das nächste kostenintensive Projekt zur Reparatur bereits vorprogrammiert. Compliance kann solche Reparaturkosten durch beharrliches Training der Mitarbeiter oder durch mit dem Management vereinbarte Nachsorgemaßnahmen zur nachhaltigen Compliance-Disziplin vermeiden helfen. Ohnehin ist eine frühzeitige Einbeziehung von Compliance durch die Geschäftsbereiche bereits in der Projektplanungsphase ein Muss. Falls hier Geschäftsbereiche zu Lasten der Wirksamkeit eines Projekts erkennbar an der falschen Stelle den Rotstift ansetzen wollten, wäre für Compliance bereits frühzeitig die Beschreitung des Eskalationswegs eine Möglichkeit, um Fehlentwicklungen abzuhelfen. Hierbei darf die Geschäftsleitung Compliance nicht im Stich lassen. II. Qualitative Bewertung. Eine qualitative Bewertung (Lösler, WM 2007, 676 (677)) lässt sich anhand folgender Faktoren vornehmen, wobei teilweise eine Mitarbeiterbefragung zur Messbarkeit beitragen kann:
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– Akzeptanz von Compliance im Unternehmen (bei Management und/oder Mitarbeitern) – Compliance-Awareness bzw. Vorbildfunktion des Managements („Tone at the Top“) – beurteilt aus der Sicht der Mitarbeiter (wobei die Compliance Officer hierzu selbst mitunter ein besserer Gradmesser sein könnten) – Teilnahmefrequenz bei Compliance-Trainingsveranstaltungen – Selbstverständlichkeit von Compliance-Themen im Alltag (z. B. im Rahmen der betrieblichen Ausbildung) – Vollständigkeit interner Compliance-Meldungen – Höhe der Nachfrage nach Compliance-Guidance (z. B. in Form von Beratung) – Dauer und Intensität der Einbindung von Compliance in den NPA-Prozess bei der Genehmigung neuer Produkte („New Product Approval“) III. Unabhängigkeit von Compliance. Grundsätzlich darf ein der Pflicht aus § 33 I 2 Nr. 1 WpHG unterliegendes Unternehmen nach der MiFID den (mindestens einen) Compliance-Beauftragen (§ 12 IV 1 WpDVerOV; Art. 6 III b DRL), um seine Unabhängigkeit (vgl. schon Ziff. 4.2 CRL; jetzt § 12 III 2 WpDVerOV, Art. 6 II DRL), die interne und externe Glaubwürdigkeit der Unternehmensleitung und deren Vorbildfunktion im Umgang mit dem Thema Compliance nicht zu gefährden, nicht dem strikten Verdikt einer auf kurzfristigen Gewinn orientierten Unternehmenspolitik oder gar einem rigiden Sparkurs unterordnen. Die Einrichtung einer Compliance-Abteilung als interner Service-Dienstleister, der sich – überspitzt formuliert – den Wünschen der Unternehmensleitung nach den Kundeninteressen zum Schaden gereichender Gewinnmaximierung beugen müsste, als Profit-Center instrumentalisierbar wäre oder gar nur schwer Zugang zu wichtigen, für die Ausübung der Tätigkeit notwendigen internen Daten bekommen würde, wäre mit der von Art. 6 II DRL geforderten Unabhängigkeit, die Voraussetzung der von Compliance verlangten Objektivität ist, nicht vereinbar. Art. 13 III MiFID verlangt auf Dauer wirksame Maßnahmen, um den Kundeninteressen schadende Interessenkonflikte im Sinne des Art. 18 MiFID zu verhindern. Daran hat sich – auf Basis des nationalen § 33 I 2 Nr. 1 WpHG mit seiner gesetzlichen Pflicht, „eine dauerhafte und wirksame ComplianceFunktion einzurichten, die ihre Aufgaben unabhängig wahrnehmen kann“ – die Unternehmensleitung auch bei der Ausübung ihrer Weisungsbefugnis (Lösler, NZG 2005, 104 (107)) zu orientieren. Dies, auch wenn die geforderte Unabhängigkeit des Compliance-Beauftragten nicht gegenüber dem Vorstand besteht, sondern nur bedeutet, dass er seine Aufgaben unabhängig von Geschäfts-, Handels- und Abwicklungsabteilungen wahrzunehmen hat (so bislang Ziff. 4.2 CRL; § 12 IV 3 WpDVerOV-E, Art 6 III c) DRL). Er darf nicht in Dienstleistungen oder Tätigkeiten eingebunden werden darf, die er zu überwachen hat.
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Die Gewährung ausreichender Ressourcen, d. h. – – – –
ausreichenden finanziellen Budgets (§ 33 I 2 Nr. 1 WpHG; § 12 IV 2 WpDVerOV); hinreichend qualifizierter Mitarbeiter (§ 1 2 IV 2 WpDVerOV, Art. 6 III a DRL); adäquater, auch technischer Ausstattung (§ 1 2 IV 2 WpDVerOV, Art. 6 III a DRL); direkten Zugangs zum Senior Management (so bislang Ziff. 4.2 CRL; § 33 I 2 Nr. 5 WpHG; Art. 9 DRL), ggf. jetzt auch der direkten Information des Aufsichtsrats; – und vor allem uneingeschränkten Zugangs zu allen für die Compliance-Tätigkeit relevanten internen Daten oder Systemen, die für die Aufklärung relevanter Sachverhalte notwendig sind (so bislang Ziff. 4.2 CRL; jetzt § 1 2 IV 2 WpDVerOV; Art 6 III DRL), ist Voraussetzung für die Wirksamkeit von Compliance. Ansonsten können bei der Compliance-Stelle Informationsdefizite entstehen, die regel- oder gesetzeswidriges Verhalten im Unternehmen begünstigen könnten. Die Geschäftsleitung könnte die Reputation und im Extremfall gar die Existenz des Unternehmens gefährden und sich gar selbst haftbar machen. Das Unternehmen selbst sähe sich mangels wirksamer organisatorischer Vorkehrungen z. B. zur Vermeidung von Interessenkonflikten zum Nachteil der Kunden zivilrechtlicher Inanspruchnahme ausgesetzt, auch wenn sich die deutsche Rechtsprechung im Wertpapierbereich solcher Thematik bislang nur vereinzelt angenommen hat (vgl. zu §§ 826, 830 BGB BGH BKR 2004, 433; zu § 31 I Nr. 2 WpHG a. F. BGH ZIP 2007, 518 (m. Anm. Volker Lang/Peter Balzer)). Es mag ein reales Spannungsverhältnis darin bestehen, dass es bei einer einseitigen auf die Kostenreduktion fixierten Betrachtungsweise keinen im Unternehmensinteresse oder des Shareholder Value liegenden Faktor darstellen könnte, dass Compliance überhaupt Geld kostet. 41
Die Kosten für eine Compliance-Organisation sind eventuell einer „Versicherungsprämie“ vergleichbar, die auch bezahlt werden muss, wenn kein die Leistungspflicht des Versicherers auslösender Sachverhalt vorgefallen ist. Eine in einem Unternehmen vorherrschende, von dem Vorbild der Unternehmensleitung („Tone at the Top“) getragene Compliance-Kultur lässt sich ohnehin schwer mit Geld aufwiegen. Der deutsche Gesetzgeber lässt im Unternehmensinteresse einen flexiblen Ansatz zu, der nur verlangt, dass der Unternehmensgröße bzw. Komplexität des Geschäftsfeldes des Unternehmens proportional angemessene personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, § 33 I 3 WpHG (sog. Flexibilisierungsklausel), § 12 V WpDVerOV. Ohnehin gefährdet es nicht zwangsläufig die Unabhängigkeit und Objektivität der Compliance-Funktion, wenn z. B. das Risikomanagement und die Compliance-Funktion bei kleinen Wertpapierfirmen in der Hand einer einzigen Person liegen (§ 12 WpDVerOV; Erwägungsgrund 15 S. 1 DRL). Erwägungsgrund 15 S. 2 und 3 DRL berücksichtigen ausdrücklich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wobei bei größeren Firmen nach Ansicht des EU-Gesetzgebers eine Vereinung beider Funktionen nur unter außergewöhnlichen Umständen in Betracht kommt.
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Jede Compliance-Strategie wird nur dann dem Unternehmen und seinen Mitarbeitern effektiven Schutz bieten können, wenn die Unternehmensleitung die Ziele der Strategie verantwortlich und nicht halbherzig unterstützt, also nur ein „Alibi“ sucht (Hauschka, BB 2004, 1178 (1179)). Eine „Zero Tolerance Policy“ muss daher auch vom Vorstand in seiner Vorbildfunktion vorgelebt werden. Es ist allerdings festzustellen, dass mitunter der Ausbau der internen Kontrollmechanismen oder die Stärkung einer Compliance-Abteilung, was auch den Austausch bisherigen Personals bedeuten kann, dann vorgenommen wird, wenn entsprechend schwerwiegende Vorfälle – vgl. die Korruptionsaffäre bei Siemens (Pressemeldung Siemens AG v. 4.1.2007) – die Unternehmensleitung unter Zugzwang setzen, weil am Kapitalmarkt oder in der Öffentlichkeit der eventuell auch unbe-
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rechtigte Eindruck entstanden ist, dass die internen Kontrollmechanismen inklusive Compliance Office versagt haben.
F. Modernes Verständnis von Compliance im Finanzmarktrecht
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I. Compliance-Funktionen. Eisele sprach 1993 von „den Elementen und Eckpfeilern einer Compliance-Organisation“. Danach umfasst Compliance ein weites Spektrum an Maßnahmen und Vorkehrungen, das vom schlichten Appell an das gute Gewissen und das ethische Bewusstsein bis zur umfassenden Kontrolle reicht (Eisele, WM 1993, 1021 (1023)). Compliance ist – so verstanden – in der Tat ein pragmatisches Konzept (Eisele, WM 1993, 1021 (1026)), bei dem auch die Psychologie eine wichtige Rolle spielt und bislang teilweise noch zu kurz kommt, was den Umgang mit Verhaltsrisiken angeht. Eisele entwarf daher ein Schema, das eine Abfolge von Elementen im Sinne einer zunehmenden Stringenz vorsah, wobei die Frage, wie diese Elemente jeweils kombiniert werden, bis heute eine Frage des „Policy Mix“ in der jeweiligen Organisation darstellt (Eisele, WM 1993, 1021 (1023)): – Regeln und Richtlinien – Information, Aufklärung und Ausbildung der Mitarbeiter – Organisation der Vertraulichkeitsbereiche (Watch-List, Restricted-List, Chinese Walls) – Beratung – Überwachung (Monitoring) – Konkrete Verbote Auch wenn sich im Finanzmarktrecht seitdem das engere Verständnis von Compliance zu einem modernen Verständnis im weiteren Sinne fortentwickelt hat (Lösler, NZG 2005, 104), versucht man dem modernen Verständnis von Compliance – nicht nur im Finanzmarktrecht – ebenfalls anhand einer an den Funktionen von Compliance orientierten Unterscheidung Kontur zu verleihen (Lösler, NZG 2005, 104 f.; ihm weitgehend folgend Hauschka-Hauschka, § 1 Rn 7), wobei allgemein (so Lösler, WM 2007, 676 (677)) fünf Compliance-Funktionen unterschieden werden: II. Schutzfunktion. Primär hat Compliance – ähnlich wie z. B. auch die Rechtsabteilung („Legal“) – eine Schutzfunktion. Durch Aufklärung der Mitarbeiter über bestehende Regeln und entsprechende Überwachung wird präventiv der Verletzung von Regeln und damit einhergehenden Schäden (z. B. Schadensersatzzahlungen, Bußgeldern oder Reputationsschäden) für das Unternehmen, seine Organe und seine Mitarbeiter vorgebeugt. Es geht um die Vermeidung zivilrechtlicher Haftungsrisiken sowie straf- oder verwaltungsrechtlicher Sanktionen (Lösler, WM 2007, 676 (677)), also auch rechtliche Risiken. Insoweit ist ein enger Kontakt bzw. eine vertrauensvolle Kooperation mit der internen Rechtsabteilung („Legal“) nötig, da gerade in der Nichterkennung oder falschen Bewertung eines rechtlichen Problems eine erhebliche Haftungsquelle liegen kann. Compliance kann auch nur dann effektiv zum Risikomanagement beitragen, wenn dies auf Basis der neuesten rechtlichen Erkenntnisse bzw. Rechtsprechung geschieht. Andererseits profitiert aber auch die Rechtsabteilung („Legal“) davon, weil bei ihr – über das Lösen rechtlicher Einzelfragen zum Schutz des Unternehmens und seiner Mitarbeiter hinaus – das Verständnis dafür, mit welchen strukturellen Schwierigkeiten die interne Compliance-Abteilung bei der Risikoprävention mitunter kämpfen muss, wächst und sie dies bei der rechtlichen Beratung zur Gestaltung interner Prozesse zur Unterstützung von Compliance mitberücksichtigen kann, um Compliance im Rahmen der Prävention und Aufdeckung von Verhaltenspflichtverletzungen wirksam zu unterstützen. Auch hier wird deutlich, dass Compliance eben nicht allein von der Compliance-Abteilung als solcher sichergestellt werden kann, sondern auch „Legal“ wesentlich zum Risikomanagement und
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damit zur Compliance beiträgt. Die Rechtsabteilung, die in großen Unternehmen mitunter getrennt aufgestellt ist, muss dabei aber über die Lösung von einzelnen Rechtsfragen hinaus bereit sein, ihre Sicht der Dinge hin auf die Notwendigkeiten von Compliance, z. B. die reale Möglichkeit der Implementierung geeigneter Kontrollen, zu weiten. Wenn z. B. bei einer rechtlichen Überprüfung am Ende zwei vertretbare Handlungsalternativen für den Geschäftsbereich seitens der Rechtsabteilung empfohlen werden können, sollte dabei auch berücksichtigt werden, ob die vermeintlich (zunächst) betriebswirtschaftlich günstigere Alternative letztendlich tatsächlich auch die für das Unternehmen bessere Alternative ist, weil sie höhere Compliance-Risiken mit sich bringt. Es muss dann z. B. auch dem Versuch der Geschäftsbereiche widerstanden werden, die Rechtsabteilung gegen die Compliance-Abteilung auszuspielen oder umgekehrt. 45
Auf der anderen Seite gibt es – z. B. im Bereich der Corporate Governance – Sachverhalte, bei denen von vornherein eine begleitende Rechtsberatung durch die Rechtsabteilung oder auch externe Anwälte, vgl. die Fallkonstellationen Schrempp/Kerkorian bei der DaimlerChrysler-Fusion („merger of equals“), Kirch/Deutsche Bank/Breuer (Äußerung zur wirtschaftlichen Situation der Kirch-Gruppe; LG München I NJW 2003, 1046; OLG München ZIP 2004, 19; Bütter/Tonner, BKR 2005, 344; BGH ZIP 2006, 317; dazu Rösler, EWiR 2006, 289 (290)) oder Bertelsmann/Middelhoff etc. mehr leisten kann als Compliance-Systeme (Hauschka, NJW 2004, 257 (259 u. 260); ders., ZIP 2004, 877 (883)).
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III. Beratungs- und Informationsfunktion. 1. Rechtliche Beratung. Zumindest in Deutschland ist bei größeren Kreditinstituten die rechtliche Beratung entwicklungshistorisch bedingt bei der Rechtsabteilung angesiedelt, weshalb die Beurteilung konkreter zivil- und auch aufsichtsrechtlicher (Einzel-)Fragen (a. A. wohl Hauschka-Gebauer, § 31 Rn 42) primär von ihr wahrgenommen wird. Das mag damit zusammenhängen, dass ein zu beurteilender Sachverhalt häufig sowohl eine aufsichtsrechtliche als auch eine zivilrechtliche Komponente enthält und eine Aufspaltung in zwei daraufhin zu erbringende Beratungsleistungen mitunter wenig praktikabel und auch nicht betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheint. Ohnehin hatten die Unternehmen in ihren Rechtsbereichen schon entsprechende juristische Beratungskompetenz aufgebaut, bevor Compliance ein Thema wurde. Compliance beschränkt sich, bei aller Verzahnung mit der Rechtsabteilung, in seiner Beratung zu rechtlichen Risiken zumeist auf abstraktere allgemeine Fragestellungen, z. B. wie Rechts- und Reputationsrisiken strukturell organisatorisch vermieden bzw. Normen eingehalten werden können. Bislang werden die klassischen Themen Vermeidung von Interessenkonflikten sowie der Umgang mit compliance- bzw. insiderrelevanten Informationen als ureigenes Beratungsbetätigungsfeld der Compliance-Funktion angesehen. Leider enthält auch § 25a KWG keine konkreten Ausführungen dazu, wie eine Compliance-Funktion zu strukturieren ist. Die deutsche MiFID-Umsetzung trägt hier nicht zur Verbesserung bei (Veil, WM 2008, 1093 (1095)).
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Die Beratungs- und Informationsfunktion von Compliance – auch hier ist, soweit rechtlich wegen § 14 WpHG möglich, eine Zusammenarbeit mit der Rechtsabteilung sinnvoll – hat in letzter Zeit an Bedeutung zugenommen. Die zunehmende und komplexer werdende Regelungsdichte führt zu einem erhöhten Informations- und Beratungsbedarf gerade bei den Mitarbeitern in den Geschäftsbereichen eines Unternehmens. Mitarbeiter benötigen Compliance zunehmend als unabhängigen, neutralen und vertrauenswürdigen Ansprechpartner, ja Beistand, um Gesetze oder interne Compliance-Standards nicht nur als notwendige Übel, Unsicherheitsfaktoren oder möglichst zu umgehende das Geschäft verhindernde Erschwernisse des Alltags zu empfinden, sondern als Selbstverständlichkeit zu begreifen, die nicht nur im Unternehmensinteresse, sondern gerade auch in ihrem eigenen Interesse liegt („Compliance Culture“). Umgekehrt liefert gerade der ständige direkte
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Kontakt mit den Mitarbeitern in den Geschäftsbereichen Compliance wertvolle Hinweise zu Problemen, die – so erkannt – konkreten praxistauglichen Lösungen zugeführt werden können, um Gefährdungslagen zu entschärfen. Das verschafft Compliance auch die notwendige Bodenhaftung, um nicht nur auf einer recht abstrakten Ebene wenig effektiv in den Risikosteuerungsprozess einbezogen zu sein und den Bezug zum Alltag der Geschäftsbereiche zu verlieren. 2. Helpline/Whistleblowing. Es wird daher auch eine Hotline bzw. „Helpline“ für Mitarbeiter gefordert (Schneider, ZIP 2003, 645 (650); Bürkle, DB 2004, 2158 (2160)), die ihnen die Möglichkeit bieten soll, vertraulich, ja sogar anonym Vorgänge kritischen Inhalts oder gar ein beobachtetes Fehlverhalten intern Compliance mitzuteilen (internes „Whistleblowing“). Für den Begriff des „Whistleblowing“ liegt bislang keine reguläre deutsche Übersetzung vor, er wird teilweise mit „Blasen in die (Triller-)Pfeife“ (Hauschka, ZIP 2004, 877 (882)), „Hinweis geben“ (Bürkle, DB 2004, 2158; BAG DB 2004, 878) oder gar etwas abwertend mit „Verpfeifen“ (Lösler, WM 2007, 676 (678)) übersetzt. Das verdeutlicht auch die Bandbreite der möglichen Einschätzungen, denen ein „Whistleblower“ unterliegen kann, sei es, dass er als seriöser Hinweisgeber, sei es, dass er als Wichtigtuer oder gar Denunziant abgestempelt wird. Ohnehin ist das rechtliche Umfeld für das für Unternehmen und Mitarbeiter nicht ungefährliche externe „Whistleblowing“ verbesserungsbedürftig, da § 17 UWG (Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen), datenschutzrechtliche Barrieren, drohende arbeitsrechtliche Sanktionen, z. B. die Kündigung durch den Arbeitgeber bei Erstattung einer Strafanzeige durch den Arbeitnehmer (BAG DB 2004, 878), die möglichst frühzeitige Aufdeckung von deliktischem Verhalten in Unternehmen erschweren können (BVerfG NJW 2001, 3474; BAG NZA 2007, 502). Unternehmen, die auf ein wirksames internes „Whistleblowing“ setzen und dem Aufkommen einer internen Vertuschungspraxis entgegen wirken, machen externes „Whistleblowing“ obsolet. Der „Whistleblower“ bedarf also eines ihn besser schützenden rechtlichen Umfelds. Er sollte wie eine Art Kronzeuge auf ein seriöses internes und ihn schützendes Umfeld vertrauen können. Die EU-Kommission hatte schon 2002 zur Korruptionsbekämpfung den Einsatz von „Whistleblowing“ empfohlen (Mitteilung v. 28.5.2003, S. 20). Im Gegensatz zu den USA (Zimmermann, WM 2007, 1060) und auch UK ist in Deutschland der Schutz verbesserungsbedürftig. Ohnehin sind einzelne deutsche Unternehmen nicht unbedingt dafür bekannt, „Whistleblower“ zu schützen. So wurde in einem Bericht (von John Goetz/Andreas Orth/Markus Schmidt) des WDR im Rahmen der Sendung „Monitor“ Nr. 566 v. 21.12.2006 dargestellt, dass z. B. ein bei Siemens bis 2004 beschäftigter Finanzcontroller namens Per Yngve Monsen nicht geschützt worden sei, der nach eigenen Angaben 2003 bei Siemens Norwegen pflichtgemäß und zunächst anonym auf eine illegal überhöhte Abrechnung aufmerksam gemacht haben will. Er sei nach eigenen Angaben massiven Repressionen ausgesetzt gewesen. Per Yngve Monsen, ehem. Siemens-Mitarbeiter (Übersetzung „Monitor“): „Dann fing die Hexenjagd an. Ich wurde mehrere Tage intensiv befragt, ich musste mich übergeben, hatte Durchfall und konnte nachts nicht schlafen, weil der Druck so groß war.“ Herr Monsen fand nach eigenen Angaben keine Unterstützung von der Siemens-Compliance-Abteilung, er sei vielmehr entlassen worden. 2005 verurteilte ein norwegisches Gericht Siemens zu Schadensersatz. Herr Monsen gilt nach „Monitor“ in Norwegen inzwischen als eine Art Held. Wenn also die Befolgung der Compliance-Regeln mit dem Arbeitsplatzverlust endet, wird es schwerlich eine Compliance-Kultur, sondern nur eine von oben verordnete Vertuschungspraxis geben.
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3. Training. In Compliance-Trainingsprogrammen als besonderen Informationsveranstaltungen sind die Mitarbeiter insbesondere – über die wesentlichen einschlägigen gesetzlichen Pflichten, Gebote und Verbote, – die „Zero Tolerance Policy“, auch Null-Toleranz-Axiom oder Nulltoleranzstrategie genannt, – bzw. den „Code of Conduct“ – oder die „(Global) Compliance Core Principles“ des Unternehmens zu informieren (Schneider, ZIP 2003, 645 (649)).
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4. Zero Tolerance Policy. Zutreffend merkte Hauschka, ZIP 2004, 877 (882, unrichtig „Williams“ statt „Wilson“) zu der „Zero Tolerance Policy“ an, dass sie keine Selbstverständlichkeit deutscher Unternehmenskultur darstellt. Die längere Zeit unbeachtet gebliebene, aus der 1982 erstmals veröffentlichten, teilweise kritisierten „Broken Windows“-Theorie der US-Wissenschaftler und „new realists“ James Q. Wilson und George L. Kelling geborene „Zero Tolerance Policy“ (dies., Broken Windows. The police and neighboorhood safety, The Altlantic Monthly, March 1982, volume 249, no. 3, pages 29–38) stellt ein Stück Polizeigeschichte amerikanischer Großstädte bzw. einen Polizeipräventionsansatz zur Kriminalitätsbekämpfung dar. „Zero Tolerance“ war der Ansatz des Manhattan Institute for Policy Research (sozialpolitischer „Think Tank“ der Reagan/Bush I-Administrationen) und wurde auch 1993 im Wahlkampf um das Amt des Bürgermeisters von New York erfolgreich von Rudolph „Rudy“ Giuliani propagiert. Zwar kann eine freiwillige Selbstbindung in dieser Hinsicht für deutsche Unternehmen international – auch unter Image-Gesichtspunkten – vorteilhaft sein, weil die Unternehmensleitung mit markigen Worten verkünden kann, dass sie das Unternehmen und seine Mitarbeiter im Griff habe, andererseits wird die eigene Glaubwürdigkeit schnell aufs Spiel gesetzt, wenn die freiwillig eingegangene Selbstbindung im Eventualfalle nicht auch strikt durchgehalten wird und das öffentlich bekannt wird. Darüber hinaus kann es im Ernstfall bei den betroffenen Mitarbeitern und der Belegschaft zu als fragwürdig und unverhältnismäßig hart erscheinenden Entscheidungen der Unternehmensleitung kommen (Hauschka, ZIP 2004, 877 (882)). Ohnehin verlangte der deutsche Gesetzgeber auch ohne „Zero Tolerance Policy“ von einem Unternehmen, seinen Organen und Mitarbeitern bisher schon Rechtstreue (zur aktienrechtlichen Legalitätspflicht Fleischer, ZIP 2005, 141; zum Vorstand siehe auch Ziff. 4.1.3 DCGK (Deutscher Corporate Governance Kodex)).
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VI. Qualitätssicherungs- und Innovationsfunktion. Compliance dient bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch dazu, die Qualität der gegenüber Kunden erfolgenden Anlageempfehlungen zu stärken. Denn nur z. B. ein Wertpapierdienstleister, der seine Erkundigungspflicht nach dem „know your customer-Prinzip“ vor Aufklärung und Beratung des Kunden beherzigt (Schwark-Schwark, § 31 WpHG Rn 39 u. 40), wird auch in der Lage sein, auf den jeweiligen Kunden individuell zugeschnittene und für ihn geeignete Finanzinstrumente zu empfehlen. Genau das setzt Compliance selbst unter ständigen Zugzwang. Nur bei fortlaufender Implementierung und Absolvierung entsprechender Schulungs-, Trainings- oder sonstiger „Learning & Development“-Programme, die Compliance selbst, zusammen mit der Personalabteilung („Human Resources“) oder externen qualifizierten Anbietern erarbeiten und anbieten kann, verfügen Compliance-Mitarbeiter z. B. über die erforderliche Produktkenntnis bei komplexen strukturierten Produkten, um in Augenhöhe mit den Wertpapierberatern oder dem internen Produktmanagement verkehren und ihnen z. B. ein Training zu Vertriebsrestriktionen oder „Suitability“-Aspekten erteilen zu können. Auch die Kenntnis der neuesten regulatorischen oder gesetzlichen Anforderungen ist „condicio sine qua non“ für ein qualitativ hochwertiges Know-how
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von Compliance, das zur Qualitätssicherung eingesetzt von den Business-Bereichen akzeptiert wird. Das Business erwartet faktisch eine professionelle Consulting-Leistung. Ohnehin empfiehlt sich hierzu für Compliance eine Zusammenarbeit mit Qualitätsmanagement-Einheiten in den Geschäftsbereichen. Ansonsten könnten gerade große Compliance-Abteilungen unter verstärkten Rechtfertigungsdruck geraten und ungewollt den Eindruck vermitteln, als verwalteten sie auf sich selbst fixiert in bürokratischer Manier eigene Projekte und verlören den Bezug zu den zeitgemäßen Herausforderungen. V. Monitoring- oder Überwachungsfunktion. Auf einer pro-aktiven Basis soll Compliance Compliance-Risiken identifizieren, analysieren, bewerten und dokumentieren, die mit den Geschäftsaktivitäten einer Bank in Verbindung stehen. Compliance-Risiken, die infolge der Nichtbeachtung von Pflichten entstehen können, sollen zeitnah gemonitort werden, um die Einhaltung zu gewährleisten. Die Aufdeckung von Schwachstellen, ggf. Eskalation und deren Beseitigung müssen möglichst frühzeitig erfolgen, bevor es z. B. zu Untersuchungen durch die BaFin oder zivilrechtlichen Schadensersatzklagen von Kunden kommt. Insoweit empfiehlt sich für Compliance auch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Teil des Risikomanagements einer Bank, das operationelle Risiken überwacht, um im Falle der Aufdeckung von Verstößen die bisherige Vermeidungsstrategie zu überdenken und zu ändern, falls das nötig ist. Die Bedeutung interner Untersuchungsverfahren bzw. unternehmensinterner „Investigations“ wird in Deutschland zunehmen (zu arbeitsrechtlichen Aspekten: Mengel/Ullrich, NZA 2006, 240; zu den Möglichkeiten und Grenzen der Befragung von Mitarbeitern als „Wissensträgern“ und den Sanktionen bei der fehlenden Mitwirkung der Beschäftigen: Göpfert/Merten/Siegrist, NJW 2008, 1703).
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VI. Marketing- oder Imagefunktion. Eine effiziente Compliance-Organisation leistet zur Aufrechterhaltung des Ansehens bzw. positiven Images eines Unternehmens in der Öffentlichkeit, aber auch bei Aufsichtsbehörden einen wichtigen Beitrag, auch wenn dieser Beitrag sich nicht immer leicht messen lässt. Compliance dient jedenfalls auch der Sicherung des Vertrauens der Geschäftspartner. Ziel von Compliance ist es, das Unternehmen als gutes Investment im Kapitalmarkt und als „good corporate citizen“ in der Öffentlichkeit darzustellen (Schneider, ZIP 2003, 645 (648)). Ohnehin ist Compliance für Aufsichtsbehörden häufig der natürliche Ansprechpartner (z. B. im Rahmen von § 4 WpHG), obwohl Compliance „Chefsache“ ist, d. h. die Verantwortung für die Einhaltung aufsichtsrechtlicher Regelungen der Geschäftsleitung obliegt (Lösler, NZG 2005, 107). Die Compliance-Abteilung ist lediglich seitens der Geschäftsleitung im Wege der Delegation beauftragt, die entsprechenden Aufgaben effektiv wahrzunehmen. Der Vorstand selbst ist der verantwortliche „legal“ oder „compliance risk manager“ (Schneider, ZIP 2003, 645 (648)). Jedenfalls wird man sagen können, dass eine gute Compliance gut für das Geschäft ist bzw. ein gutes Geschäft auch auf einer guten Compliance beruht (vgl. Schlagworte wie „good compliance is good (for) business“ oder „being in compliance is good business and good for the environment“).
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Natürlich lassen sich solche mehr oder weniger modellhaften Funktions-Definitionen, die z. B. für Finanzinstitute tauglich sein mögen, nicht schematisch auf alle in anderen Geschäftsfeldern tätigen Unternehmen übertragen (Hauschka-Hauschka, § 14 Fn 13). Auch bei Wertpapierhandelsunternehmen tauchen immer wieder Abgrenzungsfragen auf. Denn die Tätigkeiten von Compliance scheinen sich auch bei vertiefter Betrachtung mit denen der Rechtsabteilung („Legal“), des Managements von (z. B. operationellen) Risiken („Risk Management“) und der Internen Revision („Audit“) zumindest teilweise zu überschneiden. Zur Klärung bzw. Abgrenzung der Funktionen können auch zumindest für Wertpapierdienstleistungsunternehmen jetzt auf europäischer Ebene die Aufgabenbe-
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schreibungen in Artt. 6, 7 und 8 der Durchführungsrichtlinie 2006/73/EG v. 10.8.2006 (ABl. L 241/26 v. 2.9.2006) beitragen. VII. Mindestanforderungen/Grundpflichten einer ordnungsgemäßen ComplianceOrganisation. Es sind auch andere als die von Lösler, NZG 2005, 104 f. dargelegten Funktions-Beschreibungen oder –unterscheidungen denkbar, z. B. in – Advisory („Beratung“ für Unternehmensleitung und Mitarbeiter), – Advocacy („Eintreten“ bzw. Beistand für das Unternehmen und seine Mitarbeiter (auch gegenüber dem Regulator)), – Prevention („Verhinderung“ von bzw. „Vorbeugung“ gegenüber Verhaltenspflichtverletzungen) und – Detection („Aufdeckung“ und Sanktionierung von Verhaltenspflichtverletzungen), die ähnliche Mindestanforderungen beinhalten. Uwe H. Schneider (vgl. ZIP 2003, 645 (649 f.), dazu teilweise berechtigt kritisch unter Hinweis auf die fehlende deutsche gesetzliche Grundlagen Hauschka, ZIP 2004, 877 (882 f.), hatte sieben Anforderungen an eine ordnungsgemäße Compliance-Organisation für die Grundpflichten – abhängig von der Branche und Größe eines Unternehmens und seiner nationalen oder internationalen Ausrichtung – formuliert: – Aufstellung und gegenüber den Mitarbeitern zu kommunizierende unternehmensbezogene Compliance-Standards. Damit meinte er einen Verhaltenskodex oder internen „Code of Conduct“, in dem der Arbeitgeber nicht nur die gesetzlichen Verpflichtungen erwähnt, sondern auch darlegt, welche eigenen und gesellschaftlichen Erwartungen er vom Arbeitnehmer eingehalten sehen möchte. – Compliance-Trainingsprogramm: Training ist und bleibt eine wesentliche Stütze, um Mitarbeiter – auch im Wege des eLearning via Intra- oder Internet („web based training“) – über gesetzliche Pflichten und ethische Anforderungen des Unternehmens (z. B. niedergelegt in einer „Zero Tolerance Policy“ oder so genannten „Mission Statements“ des Unternehmens) zu informieren und anforderungsgerechtes Verhalten – unter Zuhilfenahme von praxisnahen und eingängigen Fallstudien („the dos and don’ts“) – zu trainieren. – Compliance Auditprogramm: Hier geht es um nichts anderes als die Überwachung der gesetzten Standards, Aufdeckung und Sanktionierung von Verstößen und die fortwährende Verbesserung der organisatorischen Vorkehrung, um Wiederholungsfälle zu vermeiden. – Bestellung eines Compliance-Beauftragten – Hot- bzw. Helpline für Mitarbeiter: Ähnlich wie oben unter Advisory und Advocacy angemerkt, benötigen Mitarbeiter eine unabhängige, vertrauenswürdige Stelle oder Person (Compliance-Officer oder externer Anwalt), um vertraulich über (drohende) Rechtsverletzungen oder bestehende Interessenkonflikte informieren zu können („Whistleblowing“ oder „Whistlerblower“). Die Vermeidung von Interessenkonflikten gewinnt z. B. gerade für Wertpapierfirmen nach den Vorgaben von Art. 13 III, 18 MiFID an Bedeutung, da noch mehr als bisher organisationsbezogene Konfliktvermeidungsregeln zu entwickeln sind (Assmann, ÖBA 1/07, 40 (41)), wiewohl Banken teilweise bereits lange vor der MiFID ein Interessenkonfliktmanagement („conflict clearing“) und entsprechende Grundsätze dazu entwickelt hatten. – Disziplinarmaßnahmen sind ggf. erforderlich, um eine Verletzung von Standards nicht unsanktioniert zu lassen und damit die Effektivität der Überwachung der Standards zu gefährden. Hierfür ist Fingerspitzengefühl und ein verhältnismäßiger Sanktionen-Katalog erforderlich, der zusammen mit der Personalabteilung („Human Resources“ ) und ggf. dem Betriebsrat abgestimmt werden sollte.
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– Zumindest die Ausführungsbestimmungen zu Art. 404, 406 und 407 des Sarbanes-Oxley Act of 2002 (Pub. L. No. 107-204, 116 Stat. 745; auch bekannt als Public Company Accounting Reform and Investor Protection Act of 2002; SOX, SarbOx oder SOA genannt, der am 30.7.2002 in Kraft trat (dazu Lenz, BB 2002, 2270)), verlangen einen „internal control report“, der in den Geschäftsbericht des Unternehmens aufzunehmen ist. Von diesen Grundpflichten unterscheidet Uwe H. Schneider Mindestanforderungen für die Einzelpflichten, die nicht nur in Verboten, sondern in Handlungspflichten (z. B. Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten) bestehen sollen (vgl. ZIP 2003, 645 (650)). Letztlich geht es aber bei einer Compliance-Organisation allgemein darum, eine effiziente und effektive unternehmensspezifische Struktur zu schaffen bzw. fortlaufend zu entwickeln und diese im erforderlichen Bewusstsein der Unternehmensleitung („Tone at the Top“) und der Mitarbeiter so zu verankern, dass sie in der Lage ist, unternehmerische Risiken, die durch die Verletzung von geltenden Gesetzen bzw. internen und externen Regelwerken entstehen können, so weitgehend wie möglich zu reduzieren. Allerdings sind einer Compliance-Organisation natürliche Grenzen gesetzt. So lässt sich vorsätzliches oder kriminelles Fehlverhalten von Unternehmensleitung oder einzelnen schulungs- und trainingsresistenten Mitarbeitern – „schwarze Schafe“ – kaum unterbinden (Eisele, WM 1993, 1021 (1023)); Hauschka-Lampert, § 9, Rn 3). Bei einem richtigerweise risiko- oder prinzipienbasierten Compliance-Ansatz muss und kann unter Berücksichtigung der berechtigten wirtschaftlichen Interessen eines Unternehmens ohnehin nicht jedes noch so fern liegende oder gar nicht steuerbare Risiko überwacht werden.
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G. Nicht-börsliches Compliance-Management in Deutschland
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Eisele (WM 1993, 1021), (einer) der Geburtshelfer von Compliance in der deutschen Bankenlandschaft, lag mit seiner Vorhersage, Compliance werde nicht nur in der Bankenwelt ein bevorzugtes Thema werden, richtig (Bürkle, BB 2005, 565). I. Compliance als Mittel effizienter Selbstregulierung. In Deutschland wird über das genuine und traditionelle Compliance-Management im Kartellrecht (Lampert, BB 2002, 2237 (2239 f.); Hauschka, BB 2004, 1178 (1179 f.); Zimmermann, WM 2008, 10) und im Kapitalmarktrecht als den rechtlichen Vorreitern des Compliance-Managements sowie der Emittenten-Compliance (Schneider/v. Buttlar, ZIP 2004, 1621) hinaus zunehmend für andere Bereiche das nicht-börsliche Compliance-Management als zukünftige Aufgabe (für Inhouse-Juristen vgl. Klindt, NJW 2006, 3399) erkannt: – – – – – – – – – – –
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Corporate Compliance IT-Compliance arbeitsrechtliche Compliance Anti-Trust- und Competition-Compliance Anti-Korruptions-Compliance Steuerrechtliche und steuerstrafrechtliche Compliance Kreditvertrags-Compliance, Financial Covenants umweltrechtliche Compliance produkthaftungsrechtliche Compliance außenwirtschafts- und exportkontrollrechtliche Compliance Compliance in der Versicherungswirtschaft
II. Corporate Compliance. Bei kapitalmarktorientierten Unternehmen agieren die Entscheidungsträger häufig quasi im gleißenden Lichte der Öffentlichkeit. Heute gelten
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sie noch als mutige Heilsbringer, morgen schon werden sie zu strategie- und glücklosen Sündenböcken abgestempelt. Das Risiko unternehmerischen Scheiterns wird hinsichtlich der von der Öffentlichkeit, aber auch enttäuschten Aktionären oder (ehemaligen) Kunden geforderten Verantwortungsübernahme verstärkt personalisiert. Natürlich bestimmt auch § 93 I 1 AktG, dass Vorstandsmitglieder bzw. der Vorstand in seiner Gesamtverantwortung bei der Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden haben, ansonsten macht sich der Vorstand nach § 93 II 1 AktG gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig. Ungeachtet der Notwendigkeit einer sorgfältigen Ursachenanalyse, dies gerade bei komplexen Sachverhalten, geraten mitunter die Entscheidungsträger, d. h. die Organe von Unternehmen im Rahmen der forcierten Suche nach einem Schuldigen vorschnell in die Schusslinie einer enttäuschten Öffentlichkeit oder des Kapitalmarkts. Die Öffentlichtkeit liebt keine schlechten Nachrichten. Andererseits ist es nicht verwunderlich, dass – betrachtet man nicht nur international bekannte Fälle wie Enron – insbesondere seit dem Zusammenbruch des „Neuen Marktes“ bzw. der „New Economy“ zu Beginn des 21. Jahrhunderts Haftungsthemen auch in Deutschland Konjunktur haben (Turiaux/Knigge, DB 2004, 2199; Werner, ZIP 2000, 989; Fleischer, DB 2004, 2031 zu „Infomatec“; Leisch, ZIP 2004, 1573; Spindler, WM 2004, 2089; Maul, WM 2004, 2146; Weber/Brügel, DB 2004, 1923; Körner, NJW 2004, 3386; Casper, BKR 2005, 83; Fleischer, ZIP 2005, 1805 zu „EM.TV“; Kiethe, WM 2007, 722 mit umfassenden Rechtsprechungsnachweisen). Im Infomatec-Fall stand eine besondere Skrupellosigkeit der damaligen Vorstände im Vordergrund. Diese waren trotz entgegenlautender Hinweise sogar in der Hauptversammlung nicht von ihren Falschmeldungen abzubringen (Spindler, WM 2004, 2089 (2091)). Der deutsche Gesetzgeber hatte hier offensichtlich zu wenig getan, um Anleger vor skrupellos handelnden Organen von Unternehmen zu schützen. Organe von Kapitalgesellschaften (vgl. OLG Düsseldorf, NZG 2000, 314; LG Düsseldorf, NJW 2004, 3275; BGH NJW 2006, 522 – Mannesmann/Vodafone; OLG München ZIP 2004, 19; BGHZ 166, 84 = NJW 2006, 830 – Kirch/Deutsche Bank AG/Breuer; dazu Bitter, WM 2007, 1953) müssen sich zunehmend Gedanken über eine persönliche Inanspruchnahme bei einem auch nur behaupteten, eventuell gar nicht vorliegenden Fehlverhalten machen. Dies lässt organisatorische Vorkehrungen zur Vermeidung von Haftungsfällen von Vorständen und Geschäftsführern und zur Risikoverringerung der Geschäftsleitungstätigkeit (Corporate Compliance) erforderlich erscheinen (Hauschka, AG 2004, 461; Bürkle, BB 2005, 565; Rodewald/Unger, BB 2006, 113 f.; Kiethe, WM 2007, 722 (723)). 1. Innenregress. Soweit die Gesellschaft selbst Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer in Anspruch nimmt (sog. Innenregress), sind regelmäßig die §§ 93 II 1 AktG, 43 II GmbHG und 34 II 1 GenG die bekannten Anspruchsgrundlagen. Über die §§ 116 Akt, 52 GmbHG und 41 GenG können auch Aufsichtsräte zivilrechtlich in Anspruch genommen werden. Erschwerend kommt hinzu, dass Organmitglieder bei einer Inanspruchnahme wegen einer Pflichtverletzung beweisen müssen, dass sie entsprechend sorgfältig gehandelt haben, vgl. §§ 93 II 2 AktG, 34 II 2 GenG. Diese Beweislastumkehr hat der BGH aber durch die sekundäre Darlegungslast des Anspruchstellers begrenzt (BGH NJW 2003, 358; OLG Köln, Urt. v. 3.6.2004 – 12 U 41/03, S. 9 f.). Deliktische Ansprüche der Gesellschaft verjähren innerhalb der dreijährigen Regelverjährungsfrist des § 195 BGB, während § 93 VI AktG für den Anspruch aus § 93 II 1 AktG eine Verjährungsfrist von fünf Jahren anordnet (Zimmermann, WM 2008, 433 (440)).
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Im Bank- und Kapitalmarktrecht sind die Verletzung des Bank- oder Betriebsgeheimnisses bzw. einer Verschwiegenheitspflicht (BGH NJW 2006, 83) und die Kreditvergabe (BGHSt 47, 148 = NJW 2002, 1211 = ZIP 2002, 346 (Vorstände einer Sparkasse); zur Haftung von Sparkassen-Vorständen Kiethe, BKR 200, 177; BGH ZIP 2005, 981; Jungmann, EWiR 2005, 501; Schmitt, BKR 2006, 125; Lehleiter/Hoppe, BKR 2007, 178) neuralgische Punkte, die einen Innenregress begründen können. Im Regelfall haftet aber ein Vorstand einer Privatbank nur, wenn er seine Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt hat (BGH ZIP 1997, 883 (886) = BGHZ 135, 244 (253 f.)). Denn die Kreditvergabe ist eine Risikoentscheidung, die nicht sogleich unter den Generalverdacht des Untreuevorwurfs gestellt werden darf. Bei der Kreditvergabe gilt bei Privatbanken, anders als bei Genossenschaftsbanken (BGH ZIP 2002, 213; BGH ZIP 2005, 981 zu § 34 GenG), nicht die strikte Pflicht, Kredite nicht ohne übliche Sicherheiten und unter Beachtung der Beleihungsobergrenze zu gewähren. Problematischer hingegen sieht es bei der Bonitätsprüfung aus (zu § 266 StGB: BGHSt 46, 30; BGH NJW 2002, 1211 = NStZ 2002, 262), weil sich bei der Kreditvergabe aus der Verletzung der Pflicht des § 18 KWG (Zimmermann, BKR 2006, 10) zum Verlangen der Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines potentiellen Kreditnehmers Anhaltspunkte dafür ergeben können, dass auch eine Pflichtverletzung i. S. d. § 266 StGB vorliegt. Im Grundsatz ist die Verletzung von Informationspflichten i. S. d. § 18 KWG und des Untreuetatbestands deckungsgleich, wobei jedoch die Pflichtwidrigkeit entfallen kann, wenn die nach § 18 KWG an sich abgefragte Information durch eine andere, gleichwertige Information ersetzt wurde (Lehleiter/Hoppe, BKR 2007, 178 (180)). Die gravierende Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten kann im Regelfall zugleich eine Pflichtwidrigkeit i. S. v. § 266 StGB begründen, da eine Hauptpflicht gegenüber dem zu betreuenden Unternehmen verletzt wird (BGH NStZ 2006, 221 – Transferzahlungen durch Vorstand der „Kinowelt Medien AG“; BGHSt 47, 148, 152 = NJW 2002, 1211 = NStZ 2002, 262; BGHSt 47, 187 (197) = NJW 2002, 1585 = NStZ 2002, 322; vgl. auch BGHZ 135, 244 (253) = NJW 1997, 1926). 2. Regress Externer. Gegenüber externen Dritten haften Organe zumeist aufgrund der deliktischen Normen §§ 823 I, II i. V. m. entsprechenden Schutzgesetzen und 826 BGB. Jedoch spielt gerade § 826 BGB im Kapitalmarktrecht die Rolle eines Lückenbüßers, der mehr schlecht als recht dem Schutz von Geschädigten dient (BGH ZIP 2004, 1599 (1602) = DB 2004, 1928; ZIP 2004, 1604; DB 2004, 1931; dazu Fleischer, DB 2004, 2031 (2036); Leisch, ZIP 2004, 1573; Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100). Zutreffend bemerkt Fleischer, ZIP 2005, 1805 (1812), zu § 826 BGB, dass der den Anlegern obliegende Kausalitätsnachweis sich zumeist als „probatio diabolica“ erweisen dürfte. Doch sind hier mit den §§ 399 ff. AktG, 82 ff. GmbHG, 147 ff. GenG für Organmitglieder weitere Normen in den Mittelpunkt gerückt, die aufgrund ihrer Schutzgesetzeigenschaft sich nahtlos in das bekannte Haftungsgefüge einpassen (Kiethe, WM 2007, 722). Bei den §§ 399 ff. AktG, 82 ff. GmbHG sind Maßnahmen der Corporate Compliance gerade im Hinblick auf vom Gesetzgeber missbilligte Verhaltensweisen bei Verlust, Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft (§§ 401 II AktG, 84 II GmbHG) sinnvoll, da hier Ermessensspielräume für die Organe bestehen und die entsprechenden Tatbestände auch schon fahrlässig verwirklicht werden können (Kiethe, WM 2007, 722 (723)). Gesellschafts- und Genossenschaftsrecht lassen mit ihren zahlreichen Strafvorschriften nicht nur eine zivilrechtliche Schadensersatzklage gegen die Organe über § 823 II BGB zu, sondern auch über § 31 BGB gegen die Gesellschaft, für die sie handeln (Kiethe, WM 2007, 722 (724)).
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§ 400 I Nr. 1 AktG (BVerfG BKR 2007, 38 zu BGH ZIP 2005, 78), § 264a StGB und § 263 StGB sind ebenfalls Schutzgesetze, auch zugunsten von Anlegern und Investoren (Leisch, ZIP 2004, 1573 (1579)). Gerade eine Unternehmenskrise kann für Organmitglieder leicht zu einer Haftungsfalle werden, sei es wegen einer Insolvenzverschleppungshaftung (§ 19 II InsO, § 823 II BGB i.V.m. § 64 I GmbHG BGH DB 2007, 790; BGH ZIP 2007, 1006; BGH ZIP 2005, 1026, dazu Kuhn, EWiR 2005, 743; BGH NJW 2005, 3650; BGH ZIP 2005, 1550), oder der Strafbarkeit eines Geschäftsführers nach § 266a StGB (Schutzgesetz zugunsten der Sozialversicherungsträger). Nach §§ 34, 69 AO haften Geschäftsführer und Vorstände zudem für die Steuerschulden des Unternehmens (Weber/Brügel, DB 2004, 1923 (1925)). Eine falsche Erklärung nach § 161 AktG führt für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder zu einer Haftungsverschärfung (Kiethe, NZG 2003, 559; ders.,WM 2007, 722 (723)). Eine Inanspruchnahme durch Anleger, die auf die Angaben eines Corporate GovernanceStatements nach § 161 AktG vertraut haben, erscheint auch ohne das einst geplante Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz (Maul, WM 2004, 2146 (2148)) möglich. 3. § 93 I 2 AktG als zentrale Vorschrift. Der seit dem 01.11.2005 gem. Art 3 UMAG gültige neue Text der zentralen Norm § 93 I 2 AktG lautet (Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) v. 22.09.2005 (BGBl. 2005 I, 2802); Lutter, ZIP 2007, 841 (842)): „Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“ Damit hat der Gesetzgeber im Rahmen des UMAG – auf einer These von Ulmer basierend (Ulmer, ZHR 163 (1999), 290 (299); Brömmelmeyer, WM 2005, 1065; Lutter, ZIP 2007, 841 (842); Zimmermann, WM 2008, 433 zu Kartellrechtsverstößen) – für die AG unter Anknüpfung an das berühmte ARAG/Garmenbeck-Urteil des BGH vom 21.04.1997 (BGHZ 135, 244 (253 ff.) = NJW 1997, 1926 = ZIP 1997, 883) die aus den USA stammende Business Judgment Rule gesetzlich normiert. Der Gesetzgeber stellt damit klar, dass eine Erfolgshaftung der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft ausscheidet, dass für Fehler im Rahmen des unternehmerischen Ermessens nicht gehaftet wird (BT-Drucks. 15/5092, S. 11). § 4.01 der US-amerikanischen Principles of Corporate Governance (zitiert nach Brömmelmeyer, WM 2005, 1065; Kinzl, DB 2004, 1653; Fleischer, in: FS Wiedemann, 2002, S. 827 (833)) besagt: „A director… who makes a business judgment in good faith fulfills the duty under this section [i.a.: the duty of care] if the director …: (1) is not interested … in the subject of the business judgment; (2) is informed with respect to the business judgment to the extent the director … reasonably believes to be appropriate under the circumstances; and (3) rationally believes that the business is in the best interest of the corporation.“ Risikobereitschaft – so richtig Brömmelmeyer, WM 2005, 2065 (2066, Fn 26), unter Hinweis auf den Beitrag von von Hayek „Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“ (1968) – ist in der Marktwirtschaft, die von einem Innovationswettbewerb ihrer Akteure lebt, grundsätzlich positiv zu bewerten und nicht als Pflichtverletzung i. S. v. § 93 II AktG einzustufen, wenn sich später das Risiko als Schaden realisiert. Unternehmerische Fehlentscheidungen des Vorstands sind Teil des unternehmerischen Risikos der Aktionäre. Dieses Risiko können Aktionäre nicht auf den Vorstand abwälzen (zutreffend Brömmelmeyer, WM 2005, 2065 (2066)), ansonsten sollten sie keine Aktien erwerben.
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Andererseits kommt dem Vorstand eine Treuhandfunktion zu. Niemand wird einem Vorstand Investitionskapital anvertrauen und ihm anschließend auch noch einen rechtlichen Persilschein für unverantwortliche Investitionen ausstellen (Brömmelmeyer, WM 2005, 2065 (2069)). Die zu billigende (quasi-)unternehmerische Freiheit bzw. Risikoakzeptanz korreliert mit der treuhänderischen Verantwortung des Vorstands, die schadensersatzrechtlich sanktioniert sein muss. Der Umgang mit Risiken erfordert insbesondere Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisK), vgl. § 25a KWG und § 91 II AktG (Preussner/Pananis, BKR 2004, 347; Zimmermann, BKR 2005, 208; Wimmer, BKR 2006, 146). Daher kommt einem Vorstand das Privileg der Business Judgment Rule nicht zugute, wenn er auf ein kaufmännisch gebotenes oder aber auch gesetzlich gefordertes Risikomanagement und controlling verzichtet (Brömmelmeyer, WM 2005, 2065 (2069)). Es kommt insbesondere eine Haftung des Managements in der Unternehmenskrise nach §§ 43 II GmbHG, 93 II AktG in Betracht, wenn kein geeignetes Controlling eingerichtet wurde, um die Unternehmenskrise frühzeitig erkennen und Sanierungschancen nutzen zu können (Weber/Brügel, DB 2004, 1923 (1924 f.)).
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Die Voraussetzungen für die Freistellung des Vorstands vom Vorwurf der Pflichtwidrigkeit (und Schadensersatz) nach dem Privileg der Business Judgment Rule sind demnach folgende:
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a) Unternehmerische Entscheidung des Vorstands. Erstens muss es sich um eine unternehmerische Entscheidung des Vorstands handeln (Lutter, ZIP 2007, 841 (843)). Pflichten kraft Gesetzes, kraft Satzung, Anstellungsvertrag, Geschäftsordnung oder verbindlicher Anweisung sind keine unternehmerische Entscheidungen. Diese Pflichten muss der Vorstand einfach erfüllen, d. h. im Einklang mit den Pflichten handeln und damit Compliance gewährleisten. Das gilt gerade auch für kraft Gesetzes bestehende Treuepflichten und die gesetzlichen Informationspflichten gegenüber den Aktionären und dem Kapitalmarkt. Hier gibt es kein unternehmerisches Ermessen (Lutter, ZIP 2007, 841 (843)). Natürlich sind auch das Angebot eines Kartellvertrags, die Geldwäsche oder Bestechung verboten.
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Gerade bei Korruptionsdelikten kommt der Unternehmensleitung die Business Judgment Rule nicht zu Hilfe (Berg, AG 2007, 271 (274)), da Schmiergeldzahlungen durch die Geschäftsführung auch dann illegal sind, wenn nur so ein Vertragsabschluss (im Ausland) erzielt werden kann (Tröndle/Fischer, § 299 Rn 23). Die Gesellschaft hat dann gegen ihr geschäftsführendes Organ einen Schadensersatzanspruch aus § 43 II GmbHG, § 93 II AktG (Berg, AG 2007, 271 (274)).
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Eine Entscheidungsprärogative kann jedoch auch bei gesetzlichen Regelungen eröffnet sein. So erkennt der Gesetzgeber bei der Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung einen gewissen Beurteilungsspielraum an (§§ 92 I AktG, 19 II InsO).
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Nach h. M. ist auch die Verletzung von Vertragspflichten der Gesellschaft gegenüber Dritten nicht per se eine Pflichtverletzung des Vorstands (Lutter, ZIP 2007, 841 (843 Fn 25 m.w.N.)).
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b) Wohl der Gesellschaft („in good faith“). Zweite Voraussetzung ist, dass der Vorstand in seiner Vorstellung ausschließlich zum Wohl der Gesellschaft handelt (so schon BGHZ 135, 244 (253) = ZIP 1997, 883 (886)). § 93 II 2 AktG verlangt, dass der Vorstand vernünftigerweise annehmen konnte, zum Wohl der Gesellschaft zu handeln. Aus dem abstrakten Begriff des Unternehmenswohls lässt sich kaum, wohl allenfalls im Nachhinein auf eine konkret richtige Entscheidung schließen (Brömmelmeyer, WM 2005, 2065
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(2068)). Gleichwohl kann das nichts anderes bedeuten, dass der Vorstand die Prosperität der Gesellschaft, d. h. ihre dauerhaft positive Entwicklung (Bestand, dauerhafte Rentabilität, Ertrag und Reputation) verfolgen muss. Ansonsten kann ein Vorstand das Privileg der Business Judgment Rule nicht für sich in Anspruch nehmen (Lutter, ZIP 2007, 841 (844)). 85
c) Frei von Interessenkonflikten. Dritte Voraussetzung ist es, dass der Vorstand frei von Interessenkonflikten handelt, die ihn und nahe Angehörige treffen, des Weiteren frei von Fremdeinflüssen und ohne unmittelbaren Eigennutz (Brömmelmeyer, WM 2005, 2065 (2068)). Das Tatbestandsmerkmal der Freiheit von Interessenkonflikten geht aus dem Wortlaut von § 93 I 2 AktG nicht hervor, gleichwohl aus der Begründung des UMAG (BT-Drucks. 15/5092, S. 11). Diese Frage hat aber große Bedeutung im Konzern, von drohenden konzernrechtlichen Sanktionen (§§ 311, 317 AktG) einmal abgesehen (Lutter, ZIP 2007, 841 (844)).
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d) Auf Basis angemessener Informationen. Vierte Voraussetzung ist, dass der Vorstand sein unternehmerisches Ermessen auf möglichst breiter Informationsgrundlage und in aller Sorgfalt ausgeübt hat, ansonsten kommt ihm das Privileg der Business Judgment Rule nicht zu Hilfe (Lutter, ZIP 2007, 841 (844)).
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Das UMAG führt hier weg von der vom BGH grundsätzlich angewandten materiellen Betrachtungsweise mehr hin zu einer formellen Betrachtungsweise (Kinzl, DB 2004, 1653), d. h. wie im amerikanischen Alltag unter der Business Judgement Rule üblich, könnte das Abarbeiten von Compliance-Checklisten auch eine in Deutschland zunehmende Praxis werden (Kinzl, DB 2004, 1653 (1654)).
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Was die Informationsbeschaffungspflicht und deren Reichweite angeht, ist es an der Tagesordnung, dass ein Organmitglied häufig unter hohem Zeitdruck arbeiten muss und keine Information allumfassend ist. Das hat der Gesetzgeber berücksichtigt, weshalb im Wesentlichen eine Beschränkung auf die betriebswirtschaftlichen Schwerpunkte wie Rentabilität, Risikobewertung, Investitionsvolumen und Finanzierung erfolgen kann (Begr. RegE zum UMAG, BR-Drucks. 3/05, S. 21). Ohnehin hängt die Reichweite auch vom Einzelfall ab. Beim Erwerb eines Unternehmens aus der Insolvenz dürfen jedoch nicht zu wenige Informationen beschafft werden (OLG Oldenburg BB 2007, 66 m. Anm. Liese/Theusinger). Due Diligence, sachverständige Bewertung, Marktuntersuchung und Qualitätsprüfung etc. sind gerade bei großen Investitionen angesagt (Lutter, ZIP 2007, 841 (844 f.)).
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Die Business Judgement Rule kommt dem Vorstand schon bei der Auswahl und Gewichtung der Informationen zugute (Lutter, ZIP 2007, 841 (844)), denn hier besteht für den Vorstand in den Grenzen seiner Sorgfaltspflicht ein erheblicher Spielraum, den Informationsbedarf abzuwägen und sich selbst eine Annahme dazu zu bilden (Begr. RegE zum UMAG, BR-Drucks. 3/05, S. 21).
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Sehr wichtig ist hier vor allem die sorgfältige Dokumentation, sei es in Form der Abarbeitung von Compliance-Checklisten, Verlaufs- und Ergebnisprotokollen von Vorstandssitzungen, die die verantwortliche Entscheidungsfindung transparent machen. Die Archivierung mindestens bis zum Ablauf der 5-jährigen Verjährungsfrist (§ 93 VI AktG) für eine Haftungsklage ist ein absolutes Muss.
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e) Keine Hazard-Entscheidungen. Fünfte und letzte Voraussetzung ist, dass vom Vorstand „die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen,“ nicht „in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist“ (BGHZ 135, 244 (253) = ZIP 1997, 883 (886)). Auch diese Formulierung macht klar, dass es dem BGH und jetzt auch dem Gesetzgeber darum geht, die Organmitglieder vor einer Inanspruchnahme wegen Fehlbeurteilungen oder
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Fehleinschätzungen, denen jeder noch so verantwortungsbewusste Unternehmensleiter unterliegen kann, zu bewahren. Es soll damit nicht schon der Mut für tatkräftiges Handeln der Unternehmensleitung durch ein völlig überzogenes Haftungsregime im Keime erstickt werden. Gleichwohl darf ein Vorstand kein übergroßes Risiko eingehen, z. B. die Existenz der Gesellschaft aufs Spiel setzen. Das Privileg der Business Judgment Rule kommt keinem Organmitglied zugute, das einem Hasardeur oder Vabanquespieler gleich unverantwortlich handelt, sondern nur dem, das in verantwortlicher unternehmerischer Akzeptanz von (kontrollierten) Risiken die Gesellschaft nach vorne bringen möchte. f) Aufsichtsrat. BGHZ 135, 244 (253) = ZIP 1997, 883 (885) betraf die Pflicht des Aufsichtsrats zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder. Es ist unstreitig, dass auch Mitgliedern des Aufsichtsrats das Privileg der Business Judgment Rule zugute kommt, was sich schon aus dem Verweis von § 116 AktG auf § 93 AktG ergibt (Lutter, ZIP 2007, 841 (846 f.); Grotheer, WM 2005, 2070 (2072)). Auch für den Aufsichtsrat gilt das oben Dargestellte. Die Innenhaftung beruht hier auf §§ 116, 93 II AktG (vgl. auch zur Durchsetzung der Innenhaftung mittels Verfolgungsrecht und Aktionärsklage gem. §§ 147, 148 AktG Grotheer, WM 2005, 2070 (2074); Lutter, ZIP 2007, 841 (848)), bei der Außenhaftung kommt regelmäßig nur § 826 BGB Betracht. Interessenkonflikte sind gerade bei Aufsichtsräten ein heikles Thema, vgl. nur die Presseveröffentlichungen im Zusammenhang mit VW und Porsche (Lutter, ZIP 2007, 841 (847)). Aktuell werden daher auch die Anforderungsstandards an die Kompetenz und das ethische Verhalten von Aufsichtsratsmitgliedern diskutiert, da nur die besten Persönlichkeiten dafür geeignet sein sollten, die Leitung eines Unternehmens durch den Vorstand zu überwachen (v.Werder/Wieczorek, DB 2007, 297 ff. (303)). Zwar kann der Vorstand für Corporate Governance Zwecke einen internen Compliance-Officer bestellen, dessen Kontrolltätigkeit darf sich allerdings nicht auf den Aufsichtsrat erstrecken (Hommelhoff/ Hopt/v.Werder-v.Werder/Grundei, S. 682). Es sind insoweit externe Berater (Anwälte und Wirtschaftsprüfer) hinzuzuziehen, um Kapazitäts- oder Expertiseengpässen abzuhelfen. Ein vom Vorstand bestellter Compliance-Officer kann nicht den Aufsichtsrat „überwachen“, das wäre mit den gesetzlich vorgesehenen Strukturen nicht vereinbar. Interessenkonflikte sollten Aufsichtsräte dazu bewegen, ihr (Abstimmungs-)Verhalten genau abzuwägen, um nicht einer Haftung gemäß §§ 166, 93 II AktG zu unterfallen. Der Aufsichtsrat soll den Vorstand überwachen, § 111 I AktG. Er darf deshalb für die Gesellschaft und ihr Wohl nicht selbst zum Risiko werden, weil er andere, damit nicht zu vereinbarende konfligierende Ziele verfolgt (vgl. dazu Semler/Stengel, NZG 2003, 1). g) Andere Rechtsformen. Die Business Judgment Rule gilt über §§ 283 Nr. 3, 93 AktG auch für die persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA, über § 278 III AktG i. V. m. §§ 1 – 277 AktG auch für den Aufsichtsrat der KGaA. Ebenso für GmbH-Geschäftsführer, wobei diese an Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden sind, d. h. kein pflichtgemäßes Ermessen besteht. Da häufig die Geschäftsführer einer GmbH zugleich (Haupt-)Gesellschafter sind, ist das Thema Interessenkonflikte dort wesentlich virulenter, d. h. im Interessenwiderstreit entfällt das Privileg der Business Judgment Rule (Lutter, ZIP 2007, 841 (848)). Bei Genossenschaften ist § 34 GenG dem § 93 AktG nachgebildet, so dass hier nichts anderes gilt als bei einer AG. Ebenso sollte Vorständen bzw. Geschäftsführern von Körperschaften des öffentlichen Rechts, die wie Sparkassen Wirtschaftsunternehmen sind, das Privileg der Business Judgment Rule zugute kommen. Bei Vereinen (§§ 21, 22 BGB) mit wirtschaftlicher Ausrichtung kann nichts anderes gelten.
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4. Aufgabe von Compliance. Die Aufgabe von Compliance besteht nicht darin, fehlerhafte oder auch nur vermeintlich fehlerhafte Entscheidungen des Vorstands oder der Geschäftsführung als solche zu verhindern. Es ist nicht Aufgabe der Compliance-Funktion, eine eigene Risikobeurteilung an Stelle der verantwortlich getroffenen Risikoakzeptanz durch die Leitungsorgane zu setzen, um „Geschäftsverhinderung“ zu betreiben. Die Tätigkeit von Compliance kann nicht darauf abzielen, den Handlungsspielraum des Vorstands einzuengen, was angesichts § 93 I 2 AktG ohnehin nicht möglich wäre.
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Die Compliance-Funktion muss aber ggf. Reputations- oder andere Risiken im Rahmen des Eskalationsprozesses zum Vorstand bzw. der Geschäftsleitung eskalieren, um sie einer Akzeptanz oder Nichtakzeptanz durch die verantwortlichen Leitungsorgane zuzuführen. Die Aufgabe einer Compliance-Funktion besteht darin, verantwortliches unternehmerisches Handeln im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen zu ermöglichen bzw. zu begleiten. Jedoch – eingedenk § 93 I 1 AktG und § 43 I GmbHG – kann die Geschäftsleitung ihre Steuerungs- und Organisationsverantwortung (vgl. nur BGHZ 126, 181 = ZIP 1994, 1103; BGHZ 133, 370 (375) = ZIP 1996, 2017; BGHZ 135, 244 (253 ff.) = NJW 1997, 1926; BGH, DB 2002, 473 = ZIP 2002, 213) gerade bei komplexen Unternehmensstrukturen nur dann wahrnehmen (Rodewald/Unger, BB 2006, 113 f.), wenn z. B. – die Art und Weise der Informationsbeschaffung pflichtgemäß erfolgt, d. h. auch unter Beachtung des Schutzes von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (ggf. auch der Absicherung von insiderrelevanten Informationen (§ 14 WpHG)); – die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (bzw. Investor Relations) nicht stiefmütterlich behandelt wird, sondern unter Einbindung der obersten Hierarchieebene der Unternehmensleitung erfolgt (Hauschka-Jahn, § 30 Rn 2); – die Informationsverwertung und Entscheidungsprozesse verantwortlich geregelt sind; – die Delegation von Aufgaben und Entscheidungen – und deren Kontrolle – in klaren und unmissverständlichen Regelwerken Niederschlag findet (in Gestalt von Organigrammen, Stellenbeschreibungen, Stellvertreterregelungen und Geschäftsordnungen); dies betrifft sowohl die Delegation auf Unternehmensinterne als auch auf Externe (Outsourcing); – Verantwortlichkeiten und deren Erfüllung klar beschrieben und voneinander abgegrenzt werden (in Form von Handlungsanweisungen, Handbüchern, Maßnahmekatalogen); – generell die Dokumentation und Archivierung aller getroffenen Maßnahmen hinreichend erfolgt, was sehr wichtig ist.
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Compliance soll dem Vorstand helfen, seiner Pflicht nach § 76 I AktG durch eine rechtssichere Vorstands- und Unternehmensorganisation als Instrument der Risikominimierung nachkommen zu können (Turiaux/Knigge, DB 2004, 2199). Das betrifft sowohl die Binnenorganisation des mehrköpfigen Vorstands als auch die Organisation des Gesamtunternehmens.
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5. D&O Haftpflichtversicherung. Die aus dem US-Rechtskreis kommende sog. Directors & Officer (D&O)-Versicherung hat mit dem deutschen Versicherungsvertragsrecht und dem dort praktizierten Verständnis einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung wenig zu tun (Hauschka-Pant, § 12 Rn 1 ff. (16)). Daher bestehen rechtliche Unwägbarkeiten, die von dem verantwortlichen Compliance-Manager vor Abschluss einer D&OVersicherung, auf die die §§ 74 ff. VVG, §§ 149 ff. VVG und das BGB anwendbar sind, überprüft werden müssen. Sie deckt Haftpflichtschäden durch fahrlässige Pflichtverletzungen der Gesellschaftsorgane ab, wobei die Innenhaftung, d. h. die Inanspruch-
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nahme der Organe durch die sie anstellenden Gesellschaften, im Fokus steht (HauschkaPant, § 12 Rn 3). 6. Vertrauensschadenversicherung. Ergänzt wird im Rahmen der im ComplianceBereich vorzunehmenden Risikosteuerung die D&O-Versicherung durch die sog. Vertrauensschadenversicherung (Hauschka-Pant, § 12 Rn 17 f.). Letztere deckt Vermögensschäden der versicherten Gesellschaft ab, die durch deliktische, d. h. in der Regel vorsätzliche Taten ihrer Organe oder Mitarbeiter verursacht werden. Die Vertrauensschadenversicherung ist gerade für Banken geeignet, da sie die treuhänderische Verwaltung oftmals großer Geldbeträge vornehmen. Versichert ist das enttäuschte berechtigte Vertrauen des Versicherungsnehmers in seine besonderen Treuepflichten unterliegenden Organen und Mitarbeiter, die ihm durch deliktische Handlungen Schaden zufügen (Hauschka-Pant, § 12 Rn 17).
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III. Anti-Korruptions-Compliance. 1. Korruption ist kein Kavaliersdelikt. Das Thema Korruption beschäftigt die Deutschen. Während früher Korruption hauptsächlich mit dem ungesetzlich geführten Wettbewerb um staatliche Aufträge mittels Kick-Backbzw. Schmiergeldzahlungen – „Kölner Müllfall“ (BGHSt 50, 299 = NJW 2006, 925; Saliger, NJW 2006, 3377) – oder Zahlungen an (kommunale) Mandatsträger – „Wuppertaler Korruptionsskandal“ (BGH NJW 2006, 2050; Feinendegen, NJW 2006, 2014; Dahs/Müssig, NStZ 2006, 191) – gleichgesetzt wurde, rückt aktuell die Wirtschaftskorruption in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses. So hat bereits der VW-Skandal die unzureichende Regelung in § 23 I BetrVG oder auch § 119 BetrVG offen gelegt. Ein Betriebsrat, der sich kaufen lässt, ist nicht unabhängig, sondern ein Fall für den Staatsanwalt (Fischer, BB 2007, 997 f. (1001)). Auch im Gesundheitswesen ist Korruption ein Thema (Badle, NJW 2008, 1028).
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„Korruption war nie ein Kavaliersdelikt, wurde aber so behandelt. Bestechungsgelder und -geschenke galten in vielen Unternehmen als notwendige Eintrittskarte in den Kreis derer, die sich lukrative staatliche Aufträge oder andere Vorteile im Geschäftsverkehr erhoffen durften“, schrieb die FAZ Nr. 124 vom 31.5.2007, S. 13, des Weiteren: „Doch das Bewusstsein scheint sich zu wandeln. Politik und Wirtschaft ist der Fall Siemens mit all seinen Auswüchsen, die erst nach und nach ans Licht kommen, in die Knochen gefahren“. Zudem die FAZ Nr. 142 v. 20.6.2008, S. 18, „Bargeld im Kofferraum“: „Schon im Jahr 2000 geriet das auf … Namen lautende Konto bei der Raiffeisenbank in Innsbruck ins Visier von Schweizer Ermittlern. … Um die Angelegenheit … zu klären, wurde der Rechtsanwalt … von der Siemens-Compliance-Abteilung nach Tirol geschickt. Im Zug fuhr er mit … nach Innsbruck, wie er als Zeuge berichtete. Doch für dessen Kurierdienste „mit Bargeld im Kofferraum“ interessierte sich … nicht näher. „Unsere Aufgabe war lediglich, Rechtsrat zu erteilen.“ Der Vorsitzende Richter … schüttelte nicht nur bei dieser Schilderung den Kopf. Noch deutlichere Hinweise, „dass es stinkt“, hätte es nach Ansicht … gar nicht geben können.“
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Ein neueres Beispiel ist der vom Landgericht Darmstadt am 14.5.2007 (Az. 712 Js 5213/ 04-9 KLs) entschiedene Einzelsachverhalt um Kraftwerksgeschäfte von Siemens in Italien. Das Gericht hatte (Süddeutsche Zeitung (SZ) v. 15.5.2007; Rönnau, JZ 2007, 1084 Fn 2) Bewährungsstrafen gegen zwei beteiligte Manager erlassen; gegen die Siemens AG Wertersatzverfall in Höhe von € 38 Mio. zur Gewinnabschöpfung angeordnet. Bei dem früheren Finanzvorstand der Kraftwerkssparte hätten es die Richter strafverschärfend gewertet, dass er in seinem Bereich für die Umsetzung der offiziellen Compliance-AntiKorruptionsregeln des Konzerns verantwortlich gewesen sei, die an Klarheit nicht zu wünschen übrig gelassen hätten. Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden. Das
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Problem – wegen der „schwarzen Kassen“ und insgesamt ca. 450 Mio. € dubioser Zahlungen – ist aber größer als dieser Einzelfall, da Siemens in New York börsengelistet ist. Die US-amerikanische Börsenaufsicht SEC interessiert sich für Siemens. Die SEC ist mit viel drastischeren Sanktionsmöglichkeiten ausgestattet als deutsche Aufsichtsbehörden wie die BaFin. So zitierte die Samstagsausgabe der Süddeutschen Zeitung (SZ) vom 25.5.2007 den Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme, der eine harte Reaktion der US-Börsenaufsicht SEC auf die weltweiten Korruptionsdelikte des Siemens-Konzerns erwartete: „Es wird eine beachtliche Strafe der SEC auf Siemens zukommen“. Unternehmen können nach dem FCPA (Foreign Corrupt Practices Act von 1977 (15 U.S.C. §§ 78dd-1, ff.)), der eine Folge des Watergate-Skandals ist, bei illegalen Geschäften Geldstrafen bis zu 2 Mio. USD, Managern und Beschäftigten Haftstrafen bis zu fünf Jahren und Geldstrafen bis zu 100.000 USD drohen. Alternativ könnten Geldstrafen bis zum Zweifachen des erwarteten Gewinns verhängt werden, den das Unternehmen aus der Bestechung zieht. Zudem kann die SEC Vorstandsmitglieder vor US-Gerichten anklagen und die Aktie des betroffenen Unternehmens sogar von der Börse nehmen. 103
Es ist schade (für einen rechtlichen Rahmen zur Selbstregulierung Scherer, RIW 2006, 363 (369)), wenn Unternehmen trotz teilweise vorhandener interner Anti-KorruptionsKodizes nicht in der Lage zu sein scheinen, diese Thematik in kluger Selbstregulierung lösen zu können. Ein Streben nach „Best Practice“ ist immer die vorzugswürdige Lösung, um weitere Bürokratie zu vermeiden (Hauschka/Greeve, BB 2007, 165 (173)). Das Bundeskabinett hat unterdessen am 30.5.2007 eine Erweiterung des Korruptionsstrafrechts beschlossen: Ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung (GesEStrafRÄndG; BR-Dr. 548/ 07 v. 10.8.2007) liegt vor, der die Aufnahme des „Geschäftsherrenmodells“ in den Tatbestand des § 299 StGB vorsieht (berechtigt kritisch Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193 (195)). Er ist aber eine Reaktion auf EU- bzw. internationale Anforderungen.
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2. Korruptionsdelikte. Neben den klassischen Korruptionsdelikten wie z. B. – Straftaten im Amt (§§ 331 ff. StGB) – Wählerbestechung (§ 108b StGB) – Abgeordnetenbestechung (§ 108e StGB; BGH NJW 2006, 2050 (2054 f.)), aber weit gehender § 2 IntBestG zur Bestechung von Abgeordneten der Parlamente ausländischer Staaten oder internationaler Organisationen rücken daher derzeit auch für den privat-wirtschaftlichen Bereich relevante Korruptionsstraftaten in das Blickfeld: – § 298 StGB (Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen), eingeführt durch Art. 1 Nr. 3 KorrBekG v. 13.8.1997 (BGBl. I, S. 2038), der als abstraktes Gefährdungsdelikt den „Submissionsbetrug“ besser als § 263 StGB erfassen soll; er erfasst alle Vergabearten nach VOB/A, VOL/A und VOF, des weiteren aber auch Ausschreibungen und freihändige Vergabe durch Private, soweit die privaten Vergabeverfahren gleich oder ähnlich ausgestaltet sind (Tröndle/Fischer, § 298 StGB Rn 6); – § 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr), der die sog. Angestelltenbestechung umfasst; – § 300 StGB (Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr), ebenfalls durch Art. 1 Nr. 3 KorrBekG v. 13.8.1997 (BGBl. I, S. 2038) eingefügt.
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Das Begehen von Korruptionsdelikten führt mitunter auch zur Verwirklichung anderer Delikte: – § 370 I AO (Steuerhinterziehung), wenn die Zuwendung von Vorteilen oder Aufwendungen dafür (mittels Scheinrechnungen oder Scheinverträgen getarnt) zur Gewinn-
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minderung (§ 4 V 1 Nr. 10 1 EstG) oder zum Steuerabzug dienen sollen, wobei die Berücksichtigung als Vorsteuer eine Umsatzsteuerhinterziehung darstellen kann (§ 14 III UStG a. F.; § 14c UStG; § 25d UStG; BGH, Urt. v. 27.9.2002 – 5 StR 97/02; BGH NJW 2006, 2050 (2056); zu Liechtenstein Göres/Kleinert, NJW 2008, 1353); – § 261 StGB (Geldwäsche), da in dem Vortatenkatalog des § 261 I StGB §§ 332 I, III StGB (Bestechlichkeit) und § 334 StGB (Bestechung) i. V. m. § 1 IntBestG aufgeführt sind; – § 263 StGB (Betrug) und/oder 266 StGB (Untreue), wobei Kick-back-Zahlungen im Finanzmarktrecht seit langem vom BGH sanktioniert werden, ohne dass ein überhöhter Preis vorliegen müsste (BGH WM 1989, 1047 (1051): § 823 II BGB i. V. m. § 263 StGB im Falle der Verheimlichung; BGH NJW-RR 1990, 604 (605) = ZIP 1990, 365: § 823 II BGB i. V. m. § 263 StGB; BGH ZIP 2001, 230 (Vermögensverwalter „Ender & Partner“, der von der WestLB Provisionen erhielt), dazu Tilp, EWiR 2001, 255; BGH NJW 2001, 1065 (1067), heimliche Schmiergeldzahlung bei Abschluss eines Darlehensvertrags; Hauschka-Greeve, § 24 Rn 32); – § 267 StGB (Urkundenfälschung). Im Finanzmarktrecht verlangen gerade die Vorschriften zur Geschäftsbesorgung eigentlich schon immer, dass der Auftragnehmer alles im Rahmen des Auftrags Erlangte an den Auftraggeber, d. h. im Regelfall an den Kunden herauszugeben hat (vgl. BGH NJW-RR 1990, 604 (605) zu §§ 675, 667 BGB). Heimliche Schmiergeldzahlungen, Kick-backSysteme (zum Nachteil von Kredit gewährenden Banken BGH NZM 2005, 960; zu anderen Sachverhalten BGH NStZ 2004, 568; BGHSt 49, 317 = NJW 2005, 300 (306 ff.) – Panzer-Geschäft mit Saudi-Arabien („System Schreiber“)), Bestechungen oder „Provisionsvereinbarungen“ am Kunden vorbei werden von den Zivilsenaten des BGH, allen voran dem XI. Zivil- bzw. Bankrechtssenat als in hohem Maße anstößig, sittenwidrig und zumindest zu Schadensersatz führend bewertet mit der Folge, dass die Nichtigkeit sich auch auf den durch die Schmiergeldzahlung zu Stande gekommenen Hauptvertrag erstreckt (BGH NJW 2001, 1065 (1067)); NJW 2000, 511 = WM 2000, 21 (22); BGHZ 141, 357 (363 f.) = NJW 1999, 2266; BGH BKR 2007, 160 = WM 2007, 297 = ZIP 2007, 518). Es handelt sich dabei um einen massiven Interessenkonflikt, weshalb jetzt auch die MiFID einschränkend eingreift, die Anreize („Inducements“) zumindest grundsätzlich untersagt (Art. 19 I RL 2004/39/EG („MiFID“) v. 21.4.2004; Art. 26 DRL 2006/73/EG v. 10.8.2006). Neben der Überwachungsaufgabe, die insoweit Compliance (Art. 13 II MiFID; Art. 6 II DRL; § 31d I WpHG) zukommt, gibt es noch andere spezifische Fallgestaltungen im Finanzmarktbereich, die korruptionsanfällig sein könnten, z. B. wenn es um die Bestechung von Mitarbeitern von Aufsichtsbehörden geht oder üppige (Werbe-) Geschenke von Produktproduzenten oder Lieferanten, damit nur gezielt bestimmte Finanzdienstleistungen mit entsprechender Umsatz- und Ertragserwartung zu Lasten der Kunden empfohlen werden (Tröndle/Fischer, § 331 Rn 26). Natürlich kann auch umgekehrt einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen aufgrund § 823 II BGB i. V. m. § 266 StGB ein Schadensersatzanspruch gegen einen Mitarbeiter zustehen, der, z. B. für den Einkauf oder das Produktmanagement oder die Erstellung von Finanzanalysen nach § 34b WpHG verantwortlich, Schmiergelder vereinnahmt hat. Ohnehin hat auch ein Kreditinstitut als Geschäftsherr einen Anspruch auf Herausgabe des Erlangten nach §§ 687 II, 681 S. 2, 667 BGB (BGHSt 46, 310 = NJW 2001, 2102 = StV 2003, 389). Auch ein Notar, der im Rahmen eines „Kick-back-Systems“ notarielle Beurkundungen für weitgehend Mittellose zur Krediterlangung vornimmt, kann Ansprüchen der geschädigten Bank gemäß § 823 II BGB i.V.m. § 263 StGB unterfallen (BGH NZM 2005, 960).
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a) Verschärfung der Korruptionsbekämpfung. Der deutsche Gesetzgeber muss Vorgaben der EU und der Vereinten Nationen (Wolf, ZRP 2007, 44; ders. NJW 2006, 2735) umsetzen, dies gerade auch im Hinblick auf die internationale Dimension bzw. den Schutz eines fairen internationalen Wettbewerbs. Eine Ausdehnung des Geltungsbereichs des deutschen Strafrechts (§ 5 StGB) erfordert Art. 17 I b des Europarat-Übereinkommens. Die Strafbarkeit der Bestechlichkeit und Bestechung internationaler Amtsträger und Richter – über die EU hinaus – wird daher auch eine nationale Regelung erfordern. Zudem wird eine Erweiterung der Strafbarkeit der „Abgeordnetenbestechung“ nötig. Um den Kampf gegen Korruption in Unternehmen zu verschärfen, soll es für eine strafbare Vorteilsannahme und –gewährung durch Mitarbeiter zukünftig nicht mehr Voraussetzung sein, dass dadurch ein Wettbewerbsvorteil erlangt werden soll. § 299 StGB stellt zukünftig bei der Unrechtsvereinbarung nur noch auf eine Pflichtverletzung gegenüber dem Geschäftsherrn ab (vgl. FAZ Nr. 124 v. 31.5.2007, S. 13, „Bund will Korruption international bekämpfen; zur noch aktuellen Rechtslage zu § 299 StGB Tröndle/Fischer, § 299 Rn 15, die extrem subjektivierte „Bevorzugung im Wettbewerb“ ist dort noch erforderlich; S. 12 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung v. Mai 2007 (GesEStrafRÄndG); kritisch Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193). Des Weiteren soll die 1999 abgeschaffte Kronzeugenregelung wieder abgewandelt in das deutsche Strafrecht zurückkehren, was auch der Korruptions-bekämpfung zusätzlichen Auftrieb verleihen könnte (vgl. zur Einführung einer Kronzeugenregelung durch den Arbeitgeber und der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 I Nr. 1 BetrVG: Göpfert/Merten/Siegrist, NJW 2008, 1703 (1708)).
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b) § 299 StGB. § 299 StGB als Nachfolgevorschrift des § 12 UWG (BGH, Urt. v. 13.10.1994 – 1 StR 614/93, wistra 1995, 61; BGH, Urt. v. 18.5.1998 – 1 StR 198/98; BGH, Urt. v. 18.6.2003 – 5 StR 489/02, NStZ 2004, 41) enthält spiegelbildlich Vorschriften über die Strafbarkeit der Bestechlichkeit (I) und der Bestechung (II), wobei § 299 I StGB ein Sonderdelikt für Angestellte oder Beauftragte eines geschäftlichen Betriebs ist. § 299 II StGB kann hingegen von jedermann begangen werden.
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Geschäftlicher Verkehr meint alle Kontakte, die sich auf den geschäftlichen Betrieb (= jede auf gewisse Dauer angelegte Tätigkeit im Wirtschaftsleben, die sich durch Austausch von Leistungen und Gegenleistungen vollzieht, wobei eine Gewinnerzielungsabsicht und Geldeinnahmen nicht erforderlich sind) beziehen (Tröndle/Fischer, § 299 StGB Rn 4 u. 12). Daher werden auch Freiberufler oder in z. B. karitativen Betrieben tätigen Angestellte erfasst, soweit der Betrieb eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Nicht umfasst hingegen wird die Tätigkeit öffentlicher Behörden oder rein privates wirtschaftliches Handeln.
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Die Begriffe des Angestellten oder Beauftragen sind weit auszulegen, das Arbeitsrecht ist nicht entscheidend. Die Tätigkeit muss aber irgendeinen Einfluss auf die geschäftliche Betätigung des Betriebs nehmen können (Tröndle/Fischer, § 299 StGB Rn 10). Ein Angestellter muss nicht dauerhaft entgeltlich beschäftigt sein, er darf aber nicht lediglich eine untergeordnete Hilfskraft sein. Für den Beauftragten reicht ein Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB aus, er muss nur befugtermaßen für den Geschäftsbetrieb tätig werden können (d. h. auch Handelsvertreter, Vorstandsmitglieder einer AG, eines Vereins oder einer Genossenschaft, aber auch der Geschäftsführer einer GmbH, der Insolvenzverwalter (LG Madgeburg wistra 2002, 156 (157)), Testamentsvollstrecker und Unternehmensberater (OLG Karlsruhe BB 2000, 636)).
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Ein Vorteil muss im Fall des § 299 I StGB gefordert oder angenommen, im Fall des § 299 II StGB angeboten oder gewährt werden. Vorteil ist hier alles, was die Lage des Empfängers irgendwie verbessert und worauf er keinen Anspruch hat (Tröndle/Fischer, § 299
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StGB Rn 7; BGH wistra 2001, 260 (261)). Erfasst werden materielle wie auch immaterielle Vorteile. Es muss also nicht die große Schmiergeldzahlung sein, es reicht auch eine Darlehensgewährung, Stundung oder Einladung zu Urlaubsreisen oder sogar nur zum Essen oder Trinken aus. Im Gegensatz zu § 12 UWG a. F. erfasst § 299 StGB ausdrücklich Drittzuwendungen. Begrenzt wird die Strafbarkeit in den Fällen der Sozialadäquanz, d. h. solche Leistungen, die der Höflichkeit oder Gefälligkeit entsprechen und gewohnheitsrechtlich anerkannt sind (z. B. geringwertige Aufmerksamkeit aus Anlass eines Jubiläums) sind ausgenommen (Tröndle/Fischer, § 331 StGB Rn 25 ff.), wobei hier unterschiedliche, nicht leichthin zu verstehende Maßstäbe gelten. Während die umfangreiche Bewirtung von Vorstandsmitgliedern öffentlicher Sparkassen durch Kredit suchende Kunden im Einzelfall unbedenklich sein soll (Tröndle/Fischer, § 331 StGB Rn 26), wird dem Polizisten das „Freibier“ nicht gegönnt. Gerade bei üppigen Werbegeschenken in der Privatwirtschaft fällt es schwer, noch einen nicht-korruptiven Umfang zu erkennen. Bei Amtsträgern – vgl. § 331 StGB – gilt z. B. schon ein Geschenk von mehr als 30 Euro ohne besonderen Anlass und auch bei höheren Dienstposten nicht als sozialadäquat (Tröndle/Fischer, § 331 StGB Rn 26). Die Gegenleistung/Unrechtsvereinbarung ist ebenfalls eine weitere Voraussetzung. Der Vorteil muss bei objektiver Betrachtung als Gegenleistung für eine zukünftige unlautere Bevorzugung geeignet sein. Erforderlich ist ein auf eine Unrechtsvereinbarung gerichteter Wille des Täters Tröndle/Fischer, § 299 StGB Rn 13; BGHSt 15, 249). Ähnlich wie bei der Sozialadäquanz kommt es darauf an, ob der „Vorteil“ nur einer allgemein anerkannten Verkehrssitte entspricht.
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Unlautere Bevorzugung: Zumindest aktuell verlangt der Gesetzgeber noch, dass die intendierte Bevorzugung im Wettbewerb des Vorteilsgewährenden mit seinen Konkurrenten erfolgt Tröndle/Fischer, § 299 StGB Rn 15). Der Täter muss eine unlautere Bevorzugung gegenüber Mitbewerbern erstreben, sei es, dass er die Konkurrenz ausschalten möchte oder offengelegte Regeln des Wettbewerbs umgeht. Die sog. Üblichkeit von Schmiergeld- bzw. Kick-back-Zahlungen in bestimmten Branchen steht der Unlauterkeit nicht entgegen (Tröndle/Fischer, § 299 StGB Rn 16; BGHSt 10, 358 (367 f. zu § 12 UWG a. F.)).
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§ 299 III StGB, eingeführt durch das Gesetz zur Ausführung der Gemeinsamen Maßnahme betreffend die Bestechung im privaten Sektor v. 22.12.1998 (ABl. EG Nr. L 358/2) vom 22.8.2002 (BGBl. I 2002, 3387), erweitert die Strafbarkeit auf den ausländischen Wettbewerb, wobei insoweit keine Rechtfertigung möglich ist, dass wirtschaftlicher Erfolge auf korruptiven Auslandsmärkten nur mit Hilfe von Schmiergeldzahlungen möglich sind (Tröndle/Fischer, § 299, Rn 1 u. 23; Weidemann, RIW 2006, 370 ff. zum Risiko von deutschen Unternehmern, die im ausländischen Wettbewerb „nützliche Zuwendungen“ erbringen). Ein Problem für deutsche Strafverfolgungsbehörden liegt aber darin, dass eine „Zuwendung“ nur dann nach § 299 III StGB verfolgbar ist, wenn für Auslandstaten der Angestelltenbestechung deutsches Strafrecht gilt, also insbesondere die Tat am ausländischen Tatort mit Strafe bedroht ist, § 7 II StGB (Weidemann, RIW 2006, 370 Fn 5 m.w.N. zum Streitstand). Auch hier wird der Gesetzgeber nachbessern (GesEStrafRÄndG vom Mai 2007).
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c) § 331 ff. StGB. Um nicht im Rahmen des Sponsoring mit § 331 ff. StGB in Konflikt zu geraten, empfiehlt es sich, vorher unternehmensintern die Sozialadäquanz zu prüfen. d. h. man fragt bei der Organisation, die eine Zuwendung erhalten soll, nach ihren Regeln und macht die Zuwendung hinreichend transparent. Für den öffentlichen Bereich mag zur Orientierung die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Förderung von Tätigkeiten des
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Bundes durch Leistungen Privater v. 7.7.2003, Amtlicher Teil Bundesanzeiger Nr. 126 v. 11.7.2003, S. 14906, dienen, die die Förderung von Tätigkeiten des Bundes durch Leistungen Privater (Sponsoring, Spenden und sonstige Schenkungen) regelt. Diese Verwaltungsvorschrift gilt für die Zuwendung von Geld-, Sach- oder Dienstleistungen durch Private (Sponsoren) an eine oder mehrere Dienststellen des Bundes (Gesponserte), mit der der Sponsor eine Tätigkeit der Verwaltung mit dem Ziel fördert, dadurch einen werblichen oder sonst öffentlichkeits-wirksamen Vorteil zu erreichen (Sponsoring). 117
3. Korruption im internationalen Rahmen. Das EU-Bestechungsgesetz, das am 22.9.1998 in Kraft trat, sowie das Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung, das am 15.2.1999 in Kraft trat, sind weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Korruption (Hauschka-Greeve, § 24 Rn 20 ff.). Ungeachtet dessen warf die OECD deutschen Staatsanwälten noch am 27.12.2007 fehlenden Elan im Kampf gegen die Bestechung durch deutsche Firmen im Ausland vor (FTD v. 27.12.2007).
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Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (General Assembly Resolution No. A/RES/58/4), das am 14.3.2006 in Kraft trat, enthält neben Regelungen zur Korruptionsprävention und –pönalisierung im öffentlichen Sektor auch Regelungen zur Korruptionsbekämpfung im privaten Sektor, wobei hier Art. 12 UN-Konvention die zentrale Norm ist (Scherer, RIW 2006, 363 ff.), die an die Vertragsstaaten eine allgemeine Pflicht zur Korruptionsvorbeugung nebst Vornahme von Maßnahmen gegen spezifische Erscheinungsformen der Korruption enthält. Art 12 IV UN-Konvention enthält ein Verbot der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Bestechungsgeldern. Art. 12 II b der UN-Konvention adressiert die Selbstregulierung des Privatsektors durch Verhaltenskodizes („Codes of Conduct“).
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Neben der Global Compact Initiative des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan enthalten die ICC-Verhaltensrichtlinien zur Bekämpfung der Korruption im Geschäftsverkehr aus 1996 der Internationalen Handelskammer, die Empfehlungen des Bundesverbandes der Deutschen Industre („BDI“) zusammen mit dem BDA zur Corporate Social Responsibility, der Deutsche Corporate Governance Kodex und auch die „Geschäftsgrundsätze für die Bekämpfung von Korruption“ von Transparency International und Social Accountability International aus 2003 Empfehlungen und Grundsätze bzw. bewährte Praxisstandards für die Einführung eigener Anti-Korruptionssysteme von Unternehmen (Scherer, RIW 2006, 363 (367)).
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4. Folgen von Korruption. a) Steuerliche Folgen. Der Empfänger von Bestechungsgeldern muss diese versteuern. Bei erhaltenen Bestechungsgeldern handelt es sich um erklärungspflichtige sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG (BFH DStRE 2000, 1187; BFHE 191, 274; BGHR AO § 393 I Erklärungspflicht; BGHSt 50, 300 = NJW 2006, 925 „Kölner Müllskandal“). Die Kapitalerträge aus der Anlage der verschwiegenen Schmiergelder stellen erklärungspflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 I Nr. 7 EStG dar. Der Pflicht zur Abgabe einer wahrheitsgemäßen Steuererklärung steht der „nemo tenetur se ipsum accusare“-Grundsatz, d. h. dass sich niemand selbst anklagen müsste, nicht entgegen (BGHSt 50, 300 = NJW 2006, 925 = wistra 2006, 96). Dem Geber oder Zuwender von illegalen korruptiven Zuwendungen, die an inländische oder ausländische Amtsträger oder Angestellte und Beauftragte i. S. d. § 299 StGB geflossen sind, ist der Betriebsausgabenabzug versagt (vgl. den Erlass des Bundesministeriums der Finanzen v. 10.10.2002 über das Abzugsverbot für die Zuwendung von Vorteilen i. S. d. § 4 V S. 1 Nr. 10 EsTG (IV A6-S 2145-35-02; Steuerentlastungsgesetz 1999/ 2000/2002 v. 24.3.1999 (BGBl. I 1999, S. 402)). Wer trotzdem einen Abzug vornimmt, begeht eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO. Der Gesetzgeber hat eine gegenseitige
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Mitteilungspflicht zwischen den Justiz- und Verwaltungsbehörden und den Finanzbehörden statuiert. Bei Anhaltspunkten für Bestechungsdelikte sind die Finanzämter verpflichtet, die Benennung des auch ausländischen Empfängers zu verlangen, § 160 AO, des Weiteren müssen sie dies der Staatsanwaltschaft mitteilen. Schmiergeldzahlungen unterfallen der Umsatzsteuer nach § 14 III UStG a. F., nunmehr § 14c UStG (BGH NJW 2006, 2050 (2056); BFH, Beschl. v. 13.1.1997 – V B 102/96; FG Nürnberg EFG 1995, 502; FG Niedersachsen EFG 1997, 182; FG Hamburg EFG 1990, 542; FG München EFG 2003, 965). b) Betriebsprüfer. Auch der Betriebsprüfer muss nach § 4 S. 1 Nr. 10 S. 3 EStG den Steuerpflichtigen bei der Staatsanwaltschaft anzeigen, wenn begründete Anhaltspunkte für Korruptionssachverhalte bestehen (Spatscheck, AG 2007, 27).
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c) Existenzgefährdung. In einem laufenden Strafverfahren kann ein Strafgericht eine Vermögensbeschlagnahme erlassen bzw. einen dinglichen Arrest nach § 111b StPO ausbringen, um das Vermögen „einzufrieren“, was ein existenzgefährdendes Vorgehen sein kann, wenn dadurch die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens tangiert wird (Spatscheck, AG 2007, 27 (28 f.)).
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d) Bebußung des Unternehmens. Gegen das Unternehmen als juristische Person kann unmittelbar eine erhebliche Geldbuße verhängt werden, § 30 OWiG. Vorstandsmitglieder einer AG, die geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH oder OHG bzw. KG können nach §§ 130, 9 OWIG belangt werden, wobei der Verstoß gegen Aufsichts- und Kontrollpflichten nach § 130 OWiG auch zu einer Geldbuße für das Unternehmen führen kann (Hauschka-Greeve, § 24, Rn 34 ff.). Die Geldbuße beträgt nach § 30 II OWiG im Falle einer vorsätzlichen Straftat bis zu einer Million €, im Falle einer fahrlässigen Straftat bis zu fünfhunderttausend €. Die Festsetzung einer Geldbuße gegen die juristische Person oder Personenvereinigung schließt es aus, gegen sie wegen derselben Tat den Verfall nach den §§ 73 oder 73a StGB oder nach § 29a OWiG anzuordnen, § 30 V OWiG.
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Wenn die Verwaltungsorgane von Kapitalgesellschaften ihre Verpflichtung zur Einrichtung ausreichender unternehmensnaher Kontrollsysteme zur Verhinderung der Korruption nach § 91 II AktG verletzt haben oder gar die Schmiergeldzahlungen veranlasst haben, sind sie der Gesellschaft im Innenregress zu Schadensersatz verpflichtet, § 93 II AktG, § 43 II GmbHG. Die sog. Business Judgment Rule kommt hier nicht zur Anwendung, da dem Vorstand hier kein unternehmerisches Ermessen eingeräumt ist. Gesetze hat der Vorstand einfach einzuhalten (Lutter, ZIP 2007, 841 ff.; Berg, AG 2007, 271 (274)).
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e) Gewinnabschöpfung. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung v. 24.10.2006 (BGBl. I 2006, 2350) können seit dem 1.1.2007 finanzielle Gewinne aus Straftaten leichter endgültig entzogen werden, vgl. §§ 111b ff. StPO (Greeve, NJW 2007, 14). Die öffentlich-rechtliche Abschöpfung des illegal erlangten Vermögensvorteils wird durch die Vorschriften des Verfalls, §§ 73, 73a, 73d StGB sowie §§ 17 IV, 30 III, 29a OWiG, ermöglicht, wozu auch Spekulationsgewinne oder Gewinnchancen gehören (BGHSt 47, 260 = NJW 2002, 2257). Grundsätzlich gilt dabei das Bruttoprinzip. Nach dem Ziel des Gesetzgebers soll all das, was der Täter für die rechtswidrige Vermögensstraftat oder aus ihr erlangt hat, ohne Abzug von den Gewinn mindernden Kosten dem Verfall bzw. dem Verfall von Wertersatz und somit auch der Rückgewinnung unterliegen und damit abgeschöpft werden können (Rademacher, AO-StB 11/2006, 296; BGH, Urt. v. 5.4.2000 – 2 StR 500/99; Urt. v. 21.8.2002 – 1 StR 115/02, NJW 2002, 3339; Beschl. v. 7.11.2002 – 4 StR 246/02; Urt. v. 27.3.2003 – 5 StR 434/02; Urt. v. 3.7.2003 – 1 StR 453/02; Urt. v. 10.9.2003 – 1 StR 147/03). Die
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Begründung des Gesetzgebers resultiert im Wesentlichen aus den im Zivilrecht entwickelten Überlegungen zu den §§ 812, 817 und 819 BGB, nach dem das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren ist (BGH, Urt. v. 22.11.2000 – 1 StR 479/00; v. 21.8.2002 – 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369 = NJW 2002, 3339 = NStZ 2003, 37; BVerfG NJW 2004, 2073). 126
f) Berufsverbot. Ein Berufsverbot nach §§ 61 Nr. 6, 70 StGB kommt als weitere Sanktion grundsätzlich auch für einen Anlageberater oder Kreditvermittler in Betracht (Tröndle/ Fischer, § 70 StGB Rn 3).
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g) Öffentliche Brandmarkung/Reputationsschaden. Neben einem massiven Imageschaden droht den Unternehmen, die auf eine „Schwarze Liste“ kommen oder in ein Korruptionsregister eingetragen werden, auch ein empfindlicher Umsatz- und Ertragseinbruch, von der Eintragung im Gewerbezentralregister (§§ 149 ff. GewO) einmal ganz abgesehen (Hauschka-Greeve, § 24 Rn 44 ff.). Damit können massiv öffentliche, aber auch private Aufträge verloren gehen, wenn ein öffentliches oder auch konzernintern geregeltes Vergabeverbot besteht (Abschnitt 4 III der Konzernrichtlinie der Deutsche Bahn AG). Recht bekannt ist auch das „World Bank Listing of Ineligible Firms“, das dazu führt, dass eine Firma, die in Betrugs- oder Korruptionssachverhalte verwickelt ist, auf keine Finanzierung mehr hoffen kann, wenn sie gegen die Procurement Guidelines oder die Consultants Guidelines, §§ 1.14 und 1.22, verstoßen hat. Falls der Kapitalmarkt auf Korruptionsstraftaten indigniert reagieren sollte, kann es auch zu Kursverlusten an der Börse kommen. Der Reputationsschaden kann sehr beträchtlich sein (Brooks, BB 2007, Heft 4 (Editorial) I).
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5. § 25a I KWG, § 91 II AktG. Zumindest bei (Kredit-)Instituten sind weitere Sanktionen zumeist dem KWG zuzuordnen. Die Verletzung der in § 25a I KWG, § 91 II AktG normierte Verpflichtung, auch zur Früherkennung von Korruption ein funktionsfähiges Risikomanagement einzurichten, ist jedoch spezialgesetzlich nicht unter Strafe oder Bußgeldandrohung gestellt. Weder das KWG noch das AktG oder – im Hinblick auf die Pflichten der Buchführung und Abschlussprüfung, § 317 IV HGB – das HGB enthalten entsprechende Sanktionsvorschriften (Preussner/Pananis, BKR 2004, 347 (350)). Allerdings kommt unter Umständen eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB in Betracht (bejahend für den Bereich der Kreditvergabe Preussner/Pananis, BKR 2004, 347 (356)). Die Aufsichtsbehörden können ohnehin auch so reagieren und z. B. die Abberufung eines Geschäftsleiters verlangen, § 36 II KWG.
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6. Korruptionsprävention durch Compliance. Nach § 91 II AktG (i. V. m. § 317 IV HGB), der durch Art. 1 Nr. 9 c) des KonTraG per 1.5.1998 (BGBl. 1998 I, 786 (787)) angefügt wurde, wird für den Vorstand einer AG bzw. auch § 25a I KWG für Kreditinstitute die Pflicht begründet, geeignete Maßnahmen zur Früherkennung von existenzbedrohenden Faktoren innerhalb der Gesellschaft bzw. des Instituts zu treffen. Ohnehin hat nach § 130 OWiG die Unternehmensleitung zu verhindern, dass aus dem Unternehmen heraus Straftaten begangen werden.
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Zwar wird eine einzelne Korruptionsstraftat nicht sogleich zu einer Bestandsgefahr für ein Institut führen, im Hinblick auf in den USA börsengelistete Unternehmen, denen durch die SEC bei korrupten Geschäftspraktiken schnell Strafzahlungen in erheblicher Millionenhöhe drohen können (Berg, AG 2007, 271 (273); FCPA – Foreign Corrupt Foreign Corrupt Practices Act von 1977 (15 U.S.C. §§ 78dd-1, ff.); ergänzt durch den International Anti-Bribery Act of 1998) ist aber höchste Vorsicht geboten. Zum einen müssen die Unternehmen Unterlagen zur korrekten Dokumentation erstellen, des Weiteren muss jedes börsennotierte Unternehmen über ein adäquates internes Finanzsystem verfügen. Die
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Früherkennung von Korruption wird damit zur Aufgabe. Auch für andere, mittelständisch geprägte Unternehmen sind konkrete Präventionsmaßnahmen geboten (vgl. die ausführlichen Darstellungen von Hauschka-Greeve, § 24 Rn 62 (68 ff.), inklusive der Aufgaben von Internen Kontrollsystemen (IKS); Hauschka/Greeve, BB 2007, 165 ff.; Berg, AG 2007, 271 (275 ff.)). Vereinfacht dargestellt scheinen folgende Dinge wichtig zu sein: – Zunächst muss sich die Unternehmensleitung gegenüber allen Mitarbeitern offen und unmissverständlich dazu erklären („Commitment“), dass sie Korruption als illegales und in hohem Maße anstößiges Mittel zur Verfolgung der Unternehmensziele gänzlich missbilligt und entsprechendes Fehlverhalten stringent sanktioniert; die Einführung eines Verhaltens- („Code of Conduct“) oder Ethikodex („Code of Ethics“), der auch später noch jederzeit auf der Intranetseite des Unternehmens eingesehen werden kann und fortlaufend aktualisiert wird, ist sinnvoll; – Wichtig ist aber auch eine von der Rechtsabteilung oder externen Anwälten vorzunehmende Überprüfung der Vertragswerke (z. B. auf dubiose Beraterverträge), mit denen das Unternehmen arbeitet (Schlüter/Nell, NJOZ 2008, 223). Die Einbeziehung von Regelungen zu Kündigungsrechten oder Vertragsstrafen gegenüber Lieferanten oder Vertragspartnern ist sinnvoll, wobei schon ein dringender Tatverdacht nach § 112 StPO ausreichen sollte. Intern muss ebenfalls eine klare Richtlinie bzw. Anweisung für Mitarbeiter geschaffen werden, dass Vertragspartner, die schon strafrechtlich auffällig geworden sind, von der Auftragsvergabe ausgeschlossen sind. Hiermit schon lässt sich zum Schutz des Unternehmens einiges tun. – Die regelmäßige Vornahme einer Risiko- bzw. Gefährdungsanalyse ist erforderlich, d. h. das Unternehmen muss die korruptionsgefährdeten Geschäfts- oder Arbeitsbereiche feststellen und diese regelmäßig hinsichtlich des potenziellen Gefährdungsgrads (z. B. gering, mittel und hoch) analysieren; – Der festgestellte Gefährdungsgrad sollte dann dazu verwendet werden, um zu analysieren, woraus der Gefährdungsgrad eigentlich resultiert und wie der Gefährdungsgrad dauerhaft reduziert werden kann, z. B. dadurch, dass festgestellte organisatorische Mängel oder Lücken („Gaps“), die im Rahmen eines Soll-/Ist-Vergleichs ermittelt werden, mit betriebswirtschaftlich angemessenem Kostenaufwand („Action-Plan“) geschlossen werden; – Zur Implementierung der zur organisatorischen Mängel-/Lückenbehebung geeigneten Maßnahmen stehen bekanntermaßen insbesondere folgende zur Verfügung: – Einführung des Mehr-Augen-Prinzips/Aufgabensplitting – Zentralisierung bzw. Herausnahme von gefährdungsrelevanten Aufgaben aus den jeweiligen Geschäftsbereichen im Sinne einer neutralen Kontrolle – zentrale Genehmigungsverfarehn bei der Annahme von Geschenken und Spenden – Trennungs-/Äquivalenzprinzip – Transparenz-/Genehmigungsprinzip bei Entscheidungsabläufen und auch computergestützte Entscheidungsprozesse – Dokumentationsprinzip – Rotationsprinzip (Personalrotation) – Ansprechpartner für Korruptionsfragen (Ombudsmann/externer Anwalt) – Organisatorische Vorkehrungen – Schulung – Institutionalisierte Überwachung bzw. wirksame Kontrolldichte – Verbot von Überweisungen auf Nummernkonten oder Off-Shore-Plätzen (z. B. Cayman- oder Virgin-Islands)
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– Verbot von Barzahlungen sowie solche ohne Rechnung oder Nennung des Empfängers. Ebenso auf Treuhandkonten, weil dahinter „schwarze Kassen“ stecken können Konsequentes Monitoring bzw. Controlling der Einhaltung der organisatorischen Abläufe und Anweisungen durch einen Compliance Audit, sei es durch interne Einheiten (z. B. Interne Revision oder Compliance) oder externe Dritte (z. B. Anwälte oder Wirtschaftsprüfer) zur Erreichung einer wirksamen Kontrolldichte sind unerlässlich; Im Rahmen des Monitoring bzw. der Überwachung festgestellte Verstöße oder Mängel müssen unverzüglich zur System- bzw. Ablaufoptimierung führen oder zu angemessenen Sanktionen bei Mitarbeitern, wenn eine Umgehung vorliegt; Ein Fehlverhalten muss – verhältnismäßig – sanktioniert werden, durch disziplinarische Maßnahmen bzw. arbeitsrechtliche Sanktionen wie Abmahnung, Gehaltskürzung, Versetzung, Suspendierung oder Entlassung, dies auch bei Managern (Jahn, FAZ v. 21.3.2007, Nr. 68, S. 23, „Der Rauswurf eines Managers macht sich bezahlt“); auch die Erstattung von Strafanzeigen kommt in Betracht (Scherer, RIW 2006, 363 (369)); Grundsätzlich empfiehlt sich ohnehin schon die Aufnahme eines entsprechenden Passus in Anstellungsverträgen (Berg, AG 2007, 271 (277)), was die Annahme von Geschenken angeht; Im Falle eines Fehlverhaltens muss aber auch die unverzügliche Eskalation an die Unternehmensleitung eine intern geregelte Pflicht sein, d. h. das Berichtswesen und die entsprechende Dokumentation müssen ebenfalls sichergestellt sein; Generell ist eine effiziente Informationsorganisation (Strunk, Compliance Report, 2006, S. 11 f. (12); BGH ZIP 2006, 138 = NZI 2006, 175; WM 2004, 720 (722); WM 1989, 1364 (1367)) auch bei Banken dringendst erforderlich, um Fehler zu vermeiden, weil Entscheidungsträger die richtigen Informationen benötigen; des Weiteren führt eine gute Informationsorganisation zu größeren Entlastungsmöglichkeiten, wenn es um die Wissenszurechnung gemäß § 166 I BGB geht; Schulungen aller Mitarbeiter, aber auch Einzelgespräche mit auffällig gewordenen Mitarbeitern, müssen ständig dazu beitragen, dass nachhaltig eine Anti-KorruptionsMentalität als wesentlicher Bestandteil der „Corporate Culture“ verankert; dabei muss auch die Unternehmensleitung diese Schulungen als ernst gemeinte Aufforderung zur Verhaltungsänderung unterstützen und darf sie nicht als Ratgeber für Verschleierungstaktiken erscheinen lassen.
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Damit kann sich jedes Unternehmen ein wirkungsvolles Corporate-Compliance-Programm zur Korruptionsbekämpfung und Durchführung unternehmensinterner Ermittlungsverfahren im Falle eines Korruptionsverdachts erarbeiten (Scherer, RIW 2006, 363 (368 f.)) Einen lückenlosen Schutz gegen Korruption wird es dennoch kaum geben können, auch betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte sind angemessen zu berücksichtigen (Berg, AG 2007, 271 (277)).
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Es reicht nicht aus, wenn in Unternehmen zwar Anti-Korruptions-Kodizes bestehen, aber die Einhaltung derselben nicht ständig überwacht wird. Die Errichtung einer Compliance-Stelle und das Erstellen von „Codes of Conduct“ als Placebo-Effekt sind nicht nur teuer und ineffektiv, sie könnten sogar als eine von der Unternehmensleitung zumindest fahrlässig mitverursachte oder gar strafrechtlich relevant bewusst in Kauf genommene Billigung von Lücken bei der Prävention von Korruption im Unternehmen angesehen werden, wenn es nur darum geht, Umsatz zu generieren (Hauschka/Greeve, BB 2007, 165 (167 Fn 24)). §§ 26, 27 StGB kommen dann in Betracht. Wenn der Vorstand oder Geschäftsführung gar nach der Regel „Crime does pay“ (zu „Crime did pay“ Fleischer, ZIP 2005, 141 (147)) verfährt, könnte sogar eine (mittelbare) Täterschaft in Betracht kommen.
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Aber auch Führungskräfte niedrigerer Ebenen können aus falsch verstandener Loyalität und Pflichtbewusstsein, aber auch um Karriere zu machen, zu kriminellen Handlungen neigen (vgl. FAZ v. 20.6.2008, Nr. 142, S. 18, „Bargeld im Kofferraum“).
H. Compliance als supra-juristisches Thema
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Compliance-Management wird dabei verstärkt nicht nur als Prozess zur Sicherstellung von Rechtskonformität verstanden. Es geht nicht mehr allein um die Überprüfung und Dokumentation, ob der unternehmensinterne Ist- dem durch rechtliche Normen vorgegebenen Soll-Zustand entspricht. So verstandenes Compliance-Management fokussiert sich nicht nur allein auf das regulatorische bzw. rechtliche Umfeld, sondern nimmt auch – gegebenenfalls in Form freiwilliger Selbstverpflichtung – darüber hinaus die Einhaltung non-legislativer, gesellschaftspolitischer und soziokultureller Standards in den Blick. Compliance wird sodann als supra-juristisches Thema verstanden (so Klindt, NJW 2006, 3399). Compliance-Management kann zudem als Möglichkeit der Steuerung oder gar Chance für eine Neuausrichtung eines Unternehmens im Hinblick auf eine werteorientierte Unternehmensführung, Corporate Governance, Codes of Conduct, Reputation oder Reputational Risk Management sowie Corporate Social Responsibility betrachtet werden (Klindt, NJW 2006, 3399 (3400)). Dies auch getreu der Einsicht, dass für ein Unternehmen eine Handlungsweise, die unter rechtlichen Gesichtspunkten zulässig sein mag, unter Compliance-Aspekten nicht unbedingt empfehlenswert sein muss, z. B. aus Gründen der Vermeidung von Reputationsrisiken. Gleichwohl müssen auch ComplianceProzesse effizient gestaltet werden, um dem Vorwurf der Strukturlosigkeit, überflüssiger Zuständigkeitsüberschneidungen oder gar Verschwendung von Unternehmensressourcen durch den Aufbau nicht notwendiger Parallel-Welten zu entgehen. Compliance-Prozesse werden insbesondere dann Bestand haben, wenn sie sich als ein Mittel effizienter Selbstregulierung etablieren können.
I. Rechtspflicht zur Errichtung einer Compliance-Organisation?
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Ungeachtet dessen ist eine allgemeine Rechtspflicht zur Errichtung einer ComplianceOrganisation für alle Unternehmen (so Schneider, ZIP 2003, 645 (648)) inklusive NichtWertpapierdienstleistungsunternehmen nicht zu erkennen, es gibt nur unstreitig eine Rechtspflicht für alle Unternehmen, sich bei ihrer Tätigkeit an die Gesetze zu halten (zutreffend Hauschka, ZIP 2004, 877 (882)). Spezialgesetzliche Bestimmungen wie z. B. § 130 OWiG, § 52a II BImSchG, § 53 KrW/AbfG, § 25a I KWG oder § 14 GwG oder gar eine Analogie zu § 33 I WpHG a. F. reichen als Grundlage für die Herleitung einer alle Unternehmen betreffenden Verpflichtung zur Errichtung einer Compliance-Organisation nicht aus (Hauschka, ZIP 2004, 877 (878)). Aus § 93 I 1 AktG wurde bislang nur für den Fall der Insidereigenschaft einer Gesellschaft im Rahmen des Gebots der Sorge für ein rechtmäßiges Verhalten der Gesellschaft nach außen eine Rechtspflicht zur Ergreifung von Compliance-Maßnahmen abgeleitet, nicht aber aus § 91 II AktG (Lösler, S. 146 u. 153). Man sollte es den Leitungsorganen insbesondere von kleineren oder mittleren Unternehmen überlassen, wie sie organisatorisch die Rechtstreue sicherstellen, d. h. ComplianceStrukturen einführen bzw. umsetzen. Das ungeachtet dessen, dass sich Compliance-Funktionen gerade in großen dezentral organisierten Unternehmen bewährt haben. Natürlich gibt die zunehmende Haftungsdichte bei Organen von Kapitalgesellschaften ausreichend Anlass, sich Gewissheit über die Compliance-Festigkeit der Unternehmensorganisation – ggf. durch Implementierung dauerhafter Compliance-Systeme – zu verschaffen (Rodewald/Unger, BB 2006, 113 (117)). Es kann aber nur um verhältnismäßige, den unterneh-
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mensspezifischen Risiken angemessene und effiziente Strukturen gehen, wie es § 33 I 3 WpHG (sog. Flexibilisierungsklausel) für Wertpapierdienstleistungsunternehmen vorsieht. Dann wird Compliance von der Kritik unberührt bleiben, es handele sich bei ihr nur um eine überflüssige Bürokratie-Hydra, bei der lediglich alter Wein in neue Schläuche gegossen werde (Klindt, NJW 2006, 3399 (3400)). 137
J. Schutzrichtung von Compliance bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen Zu der Frage, welchem Schutz Compliance dient, dem Unternehmensschutz oder eher dem Kapitalmarkt- oder gar dem Anlegerschutz (Lösler, NZG 2005, 104 (108)), wurde bislang, soweit ersichtlich, vor Einführung der MiFID überwiegend die Meinung vertreten, dass Compliance dem Schutz des Wertpapierdienstleistungsunternehmens dient, so dass Anlegerschutz oder auch Kapitalmarktschutz lediglich ein Reflex des Unternehmensschutzes darstellen (Lösler, NZG 2005, 104 (108); Hauschka-Gebauer, § 31 Rn 4 m.w.N.).
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I. § 33 WpHG a. F. Zu § 33 WpHG a. F. hatte der BGH schon am 8.5.2001 (BGHZ 147, 343 = ZIP 2001, 1580 = WM 2001, 1758 (1761)) zutreffend auf Basis der damaligen Gesetzeslage entschieden, dass § 33 WpHG keine anlegerschützende Funktion hat, d. h. nicht als Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BGB anzusehen ist (Schwark-Schwark, § 33 Rn 4 m.w.N.; Balzer, ZBB 2000, 258 (260)). Auf die Verletzung von lediglich allgemeinen, d. h. abstrakt-generellen Organisationspflichten nach § 33 WpHG a. F. konnte kein Anleger einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen stützen, zumal es sich bei den Organisationspflichten nur um Hilfspflichten handelte, die der unternehmensinternen Durchsetzung von Verhaltenspflichten der §§ 31 f. WpHG a. F. dienten (SchwarkSchwark, § 33 Rn 4 m.w.N.; Sethe, S. 762 f.; Kumpan/Hellgardt, WM 2006, 1714 (1716)). Auch wenn die Einhaltung der Organisationspflichten nach § 33 WpHG a. F. nicht einmal straf- oder gemäß §§ 38, 39 WpHG bußgeldbewehrt war (Schwark-Schwark, § 33 Rn 3), waren Kunden deshalb nicht schutzlos. Auch konnte die BaFin bei Verstößen zu Sanktionen greifen, z. B. im Extremfall den Geschäftsleiter nach § 36 II KWG abberufen (BVerwG, Beschl. v. 6.11.2006 – 6 B 82. 06) oder aber im Falle eines Missstands von § 4 I WpHG zu dessen Beseitigung oder Verhinderung nach § 4 I 3 WpHG geeignete und erforderliche Anordnungen treffen. Bei der Verletzung von WpHG-Verhaltenspflichten konnten Anleger, was ihnen im Regelfall ohnehin mehr Satisfaktion verschaffte als aufsichtsrechtliche Maßnahmen der BaFin, zivilrechtlich Schadensersatz verlangen, da die §§ 31, 32 WpHG a. F. anders als § 33 WpHG a. F. zumindest von der h. M. im Schrifttum als Schutzgesetze i. S. d. § 823 II BGB angesehen wurden (a.A. BGH NJW 2008, 1734 (1735)). Des Weiteren konnte auch eine Klage auf Basis von § 826 BGB dem Vermögensschutz der Kunden dienen (Schwark-Schwark, § 33 Rn 4; vor § 31 Rn 9; BGH NJW 2008, 1734 (1736)). Der nach h. M. öffentlich-rechtliche Charakter der Normen (Schwark-Schwark, vor § 31 Rn 9; a. A. N. Lang, ZBB 2004, 289 (294), der §§ 31 und 37d WpHG a. F. als „Doppelnormen“ ansieht, die weder allein dem öffentlichen Recht noch ausschließlich dem Privatrecht zuzuordnen sind) stand dem nicht entgegen. Dies vor dem Hintergrund, dass Art. 11 der aufgehobenen EU-Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 93/22/EWG vom 10.5.1993 (Investment Services Directive („ISD“); ABl. 1993 L 141/27 = WM 1993, 1432) den Anlegerschutz bezweckte und der deutsche Gesetzgeber durch die zur Umsetzung dienenden §§ 31, 32 WpHG a. F. dasselbe Ziel verfolgte.
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II. MiFID und § 33 WpHG n. F. Die MiFID bezweckt als eines von zwei Zielen den Anlegerschutz auf hohem Niveau. Aus Erwägungsgrund 44 geht das zweifache Ziel der MiFID, „die Anleger zu schützen und gleichzeitig ein reibungsloses Funktionieren der Wertpapiermärkte zu gewährleisten“, hervor. Erwägungsgrund 2 der MiFID (von Fleischer, BKR 2006, 389 (391, Fn 32) unvollständig zitiert) betont ausdrücklich, dass es das EU-Parlament und der EU-Rat für „erforderlich“ hielten, „eine Harmonisierung in dem Umfang vorzunehmen, der notwendig ist, um Anlegern ein hohes Schutzniveau zu bieten“. Die Harmonisierung dient neben der Gewährleistung der Marktintegrität also der Realisierung eines hohen Schutzniveaus für Anleger, was eine klare Aussage über die Qualität des Anlegerschutzes darstellt, den die MiFID bezweckt.
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Das Ziel des Anleger- und Kundenschutzes findet des Weiteren z. B. auch in folgenden MiFID-Erwägungsgründen ausdrückliche Erwährung:
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– 17 („Aus Gründen des Anlegerschutzes …“) – 26 („Um die Eigentumsrechte des Anlegers zu schützen …“) – 29 („Das immer größere Spektrum von Tätigkeiten, die viele Wertpapierfirmen gleichzeitig ausführen, hat das Potenzial für Interessenkonflikte zwischen diesen verschiedenen Tätigkeiten und den Interessen der Kunden erhöht. Daher ist es erforderlich, Bestimmungen vorzusehen, die sicherstellen, dass solche Konflikte die Interessen der Kunden nicht beeinträchtigen.“) – 31 („Ein Ziel dieser Richtlinie ist der Anlegerschutz. Die Vorkehrungen zum Schutz der Anleger sollen den Eigenheiten jeder Anlegerkategorie (Kleinanleger, professionelle Kunden, Gegenparteien) angepasst sein.“) – 41 („Anleger, die diesen Schutz am dringendsten benötigen …“) – 61 („Zum Schutz der Kunden …“) – 71 („Das Ziel der Schaffung eines integrierten Finanzmarkts, in dem die Anleger wirksam geschützt … sind …“) Art. 13 III MiFID, quasi in Ausführung des Erwägungsgrunds 29, fordert die Einrichtung auf Dauer wirksamer organisatorischer und verwaltungsmäßiger Vorkehrungen für angemessene Maßnahmen, um zu verhindern, dass Interessenkonflikte i. S. d. Art. 18 MiFID den Kundeninteressen schaden. Der Schutz des Anlegers wird also durchaus auch von Art. 13 III MiFID angesprochen, was die Frage aufwirft, ob nicht daher zuletzt auch § 33 I 2 Nr. 3 WpHG Schutzgesetzcharakter zugebilligt werden muss. Dagegen spricht, dass, wenn auch die organisatorischen Anforderungen in Art. 13 III und Art. 18 I MiFID durch die Erwägungsgründe 24-27 und Art. 21, 22 der DRL näher konkretisiert werden, es sich bei Art. 13 III und Art. 18 I MiFID um sehr allgemein gehaltene (Spindler/ Kasten, AG 2006, 785 (790)), abstrakt-generelle Organisationspflichten statuierende Normen handelt. Sie bezwecken nicht konkret den individuellen Kundenschutz und billigen dem Anleger auch keinen Anspruch auf eine bestimmte Organisation zu (so zu § 33 WpHG a. F. Sethe, S. 763). Das sollte letztlich trotz der größeren Stringenz des Art. 13 III MiFID den Ausschlag dafür geben, § 33 I 2 Nr. 3 WpHG nicht als individualschützende Norm für die Ausführung von Wertpapiergeschäften anzusehen (so Kumpan/ Hellgardt, WM 2006, 1714 (1716); unklar Fleischer, BKR 2006, 394 (395 unter 4.)). Aus zivilrechtlicher Sicht sollte es dabei bleiben, dass § 33 I Nr. 3 WpHG kein Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BGB ist (Kumpan/Hellgardt, WM 2006, 1714 (1716); Spindler/Kasten, AG 2006, 785 (791); Assmann, ÖBA 1/07, 40 (46)).
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§ 31 I Nr. 2 WpHG (BT-Drucks. 16/4028 v. 12.01.2007, S. 12 u. 63) hingegen, der es in Umsetzung der Transparenzverpflichtung des Art. 18 II MiFID dem Wertpapierdienstleister neben der schon nach dem bisherigen Recht bestehenden Verhaltenspflicht zur Ver-
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meidung von Interessenkonflikten auferlegt, dem Kunden auch die allgemeine Art und Herkunft eines Interessenkonflikts offen zu legen, sofern die getroffenen organisatorischen Vorkehrungen nach § 33 I Nr. 3 WpHG nicht ausreichen, um nach vernünftigem Ermessen die Gefahr einer Beeinträchtigung der Kundeninteressen abzuwehren, dürfte potenziell analog der bisherigen Rechtslage als Schutzgesetz i. S. v. § 823 II BGB zu einer Haftung führen (Kumpan/Hellgardt, WM 2006, 1714 (1716); kritisch Assmann, ÖBA 1/ 07, 40 (46, Fn 46)), der zutreffend nicht sämtlichen in Art. 18 MiFID enthaltenen Regelungen Schutzgesetzcharakter zubilligt). Da die übermäßige Offenlegung von Interessenkonflikten ohne angemessene Überlegung, wie Interessenkonflikte am besten geregelt werden können, was einem Unternehmen auch interne Grundsätze zur Behandlung von Interessenkonflikten („Conflicts of interest Policy“), vgl. § 13 II WpDVerOV, Art. 22 II DRL, abverlangt, unzulässig ist (vgl. Erwägungsgrund 27 der DRL), wird jede Wertpapierfirma gut daran tun, die organisatorischen Anforderungen genau zu erfüllen und die Kunden vor Eingehung einer Geschäftsbeziehung von vornherein über quasi ungelöst gebliebene Interessenkonflikte durch Offenlegung unmissverständlich zu informieren. 145
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Im Rahmen von § 31 I Nr. 2 WpHG a. F. hat der BGH die Banken zur Offenlegung des Erhalts und der Höhe von „Kick-backs“, synonym auch als Retrozessionen oder Rückvergütungen (Assmann, ÖBA 1/07, 40 (53)) bezeichnet, verpflichtet. Der BGH hat sich zum ganz grundsätzlichen Interessenkonflikt, wonach das Umsatzinteresse der Bank dem Kundeninteresse zuwiderlaufen kann, geäußert (BGH, Urt. v. 19.12.2006 – XI ZR 56/05, BKR 2007, 160 = WM 2007, 297 = ZIP 2007, 518 (m. Anm. Volker Lang/Peter Balzer), dazu Hanten/Hartig, EWiR 2007, 217; kritisch Schäfer/Schäfer, BKR 2007, 163; Börsen-Zeitung Nr. 45 v. 6.3.2007, S. 3, „Banken kritisieren Urteil zur Gebührentransparenz“; Weck, AG-Report 8/2007, R166; Elixmann, BB 2007, 904). Nicht in Matthäus Kapital 6, Vers 12 (so Assmann, ÖBA 1/07, 40), sondern in Vers 24 findet sich der Hinweis, dass niemand zwei Herren dienen kann, d. h. nicht Gott und dem Mammon zugleich. Damit wird nicht der Besitz verurteilt, sondern Gier und Geiz werden als Verursacher eines von Interessenkonflikten nicht freien Lebens entlarvt. Zur Vermögensverwaltung hatte der BGH schon sechs Jahre zuvor am 19.12.2000 so entschieden (XI ZR 349/99, Kick-Back-Vereinbarung zwischen WestLB u. Ender & Partner, BGHZ 146, 235 (239) = ZIP 2001, 230; Tilp, EWiR 2001, 255; OLG Köln, Urt. v. 20.2.2002 – 13 U 28/01, 140/00, Balzer, EWiR 2002, 893; Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 22.3.2006 – 4C.432/2005). Manche Vermögensverwalter hatten daher nach In-Kraft-Treten des WpHG aus Furcht, der Kunde zweifle ihre Neutralität an, auf KickBack-Vereinbarungen verzichtet (vgl. Sethe, S. 896 f. (897), der ein Verbot der Rückvergütungen fordert). § 31d I WpHG sieht jetzt ein solches grundsätzliches Verbot vor, es sei denn, die Voraussetzungen der § 31d I Nr. 1 u. 2 WpHG liegen vor. Ungeachtet dessen ist der BGH Ausuferungen des Anlegerschutzes, insoweit es die sekundäre Darlegungslast eines verklagten Vermögensverwalters betrifft, berechtigt entgegengetreten (BGH WM 2008, 112). Weil Compliance nach § 33 I Nr. 3 WpHG n. F. aufsichtsrechtlich dazu dienen soll, die interne Organisation so zu gestalten, dass das Unternehmen die ihm auferlegten Pflichten – auch zu dem mit „Kick-Backs“ verbundenen erheblichen Interessenkonflikt (Elixmann, BB 2007, 904 (905)) – einhalten kann, dürfte sich daraus wohl auch aus der zukünftigen BGH-Rechtsprechung kein Schutzgesetzcharakter ergeben. Schön differenzierend zu § 31 I Nr. 2 WpHG a. F. hatte der BGH BKR 2007, 160 (162) auch dieser Norm keinen Schutzgesetzcharakter zugebilligt, soweit die aus ihr resultierende Pflicht die Ergreifung organisatorischer Maßnahmen beinhaltet.
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Als Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die MiFID trotz einer Verstärkung der Organisationspflichten durch Art. 13 II, III und 18 I, II MiFID und der Stärkung des Anlegerschutzes durch die Präzisierung von Anleger schützenden Regeln (vgl. Fleischer, BKR 2006, 389 (394 f.)) nicht dazu führt, dass aus § 33 WpHG n. F. ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BGB würde. Compliance auf der Basis von § 33 WpHG dient weiterhin dem Unternehmensschutz, auch wenn gerade die organisatorischen Anforderungen an das Unternehmen und damit die Aufgaben für Compliance durch die MiFID zugenommen haben.
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K. Corporate Governance
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I. Unternehmensverfassung. Verwandt mit dem Begriff Compliance ist der ebenfalls angelsächsische Terminus Corporate Governance, der in etwa zeitgleich in das deutsche Wirtschaftsrecht Eingang fand (Hauschka-Hauschka, § 1, Rn 2). Corporate Governance bezeichnet kurz gefasst den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens. Der Terminus lässt sich nicht ohne weiteres in die deutsche Sprache übersetzen, ist aber in etwa mit dem deutschen Begriff der Unternehmensverfassung vergleichbar (Hommelhoff/Hopt/v. Werder-v. Werder, S. 4). Während der deutsche Begriff Unternehmensverfassung primär die Binnenordnung des Unternehmens betrifft, werden unter dem Terminus Corporate Governance auch Fragen der rechtlichen und tatsächlichen Einbindung des Unternehmens in sein Umfeld – den Kapitalmarkt – adressiert (Hommelhoff/Hopt/v. Werder-v. Werder, S. 4; Leyens, JZ 2007, 1061 (1072)). II. Deutscher Corporate Governance Kodex. Der am 26.02.2002 von der mit Vertretern aus der Wirtschaft besetzten Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex (sog. Cromme-Kommission) verabschiedete und am 14.11.2002 vom Bundesministerium der Justiz bekannt gemachte (Schlitt, DB 2007, 326) Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) war keine Reaktion auf eine in Deutschland vermeintlich fehlende Diskussion zur Frage guter, sorgfältiger und getreuer Leitung und Überwachung von Unternehmen. Denn gerade die Aktienrechtsreformen im 19. und 20. Jahrhundert in Deutschland befassten sich intensiv mit Fragen der Leitung und Überwachung von Aktien-gesellschaften (§§ 76-116 AktG). Vielmehr war es neben spektakulären Unglücksfällen in Unternehmen – die Metallgesellschaft AG verlor durch ÖlFehlspekulationen über 1 Mrd. Euro, Pleite der Philip Holzmann AG, spektakuläre Luftgeschäfte der Flowtex AG und Balsam AG –, die die Frage nach der Wirksamkeit des gesetzlichen Systems von Aufsicht und Kontrolle stellten, der Wunsch der internationalen Finanzwelt, der in einer Forderung nach klaren und verständlichen Aussagen im Sinne von deutschen Corporate Governance Principles kulminierte. Dies abseits eines AktG mit 400 Paragraphen in einer für ausländische Investoren unverständlichen Sprache (Hommelhoff/Hopt/v. Werder-Lutter, S. 738 f.), auch wenn der Kodex Wiederholungen des Aktienrechts, vgl. Ziff. 4.1 DCGK, enthält (Schlitt, DB 2007, 326). Der Kodex hat keinen allgemein verbindlichen Charakter (Hauschka-Pampel/Glage, § 5 Rn 13), erfährt jedoch fortlaufend Neuerungen. 2007 wurde u. a. die „Compliance“ an drei Stellen ausdrücklich in den Text aufgenommen (van Kann/Eigler, DStR 2007, 1730). Mit dem vom Bundeskabinett am 21.5.2008 beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) soll auch die Corporate Governance der auf den Kapitalmarkt fokussierten Unternehmen verbessert werden (Hommelhoff/Mattheus, BB 2007, 2787; Ernst/Seidler, BB 2007, 2557; Gruber, NZG 2008, 12; Habersack, AG 2008, 98). Das betrifft die Besetzung des Aufsichtsrats und seine Überwachungstätigkeiten (§§ 100 V, 107 III AktG-E). Des Weiteren ist ein sog. Prüfungsausschuss (Audit Committee) einzurichten (§§ 264d, 342f I HGB-E). Zudem werden die Offenlegungspflichten zur Corporate Governance um zwei neue Berichtselemente erweitert: (1) Beschreibung der wesentlichen Merkmale des internen Kontrollsystems und internen
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Risikomanagements im Hinblick auf den (Konzern-)Rechnungslegungsprozess im (Konzern-)Lagebericht (§§ 289 V, 315 II Nr. 5 HGB-E). (2) Bericht bzw. Erklärung zur Unternehmensführung und Entsprechenserklärung nach § 161 AktG (§ 289a HGB-E). Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex bleibt auch nach der Bekanntmachung des Kodex bestehen. Sie verfolgt die Entwicklung von Corporate Governance in Gesetzgebung und Praxis und prüft mindestens einmal jährlich, ob der Kodex angepasst werden soll. So hat die Diskussion der letzten Jahre um die Managementvergütungen, insbesondere seit der Übernahme der Mannesmann AG, Defizite in der aktuellen Gesetzeslage aufgezeigt (vgl. Baums, ZIP 2004, 1877; vgl. dazu jetzt Ziff. 4.2 DCGK mit umfangreichen Details zur Vergütung). Die EU-Kommission hatte am 06.10.2004 auch eine Empfehlung im Rahmen der Harmonisierung der Corporate Governance angenommen, die die Offenlegung von Vorstands- und Aufsichtsratsvergütungen vorsah (Maul/Lanfermann, DB 2004, 2407). Das Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen (VorstOG) vom 3.8.2005, das die bisherige Verpflichtung zur Offenlegung der Gesamtbezüge aller Vorstandsmitglieder (§§ 285 1 Nr. 9a, 314 I Nr. 6a HGB) deutlich erweiterte, ist am 11.08.2005 in Kraft getreten (BGBl. I 2005, 2267; Fleischer, DB 2005, 1611; Foelsch, BKR 2007, 94 (98)). Das VorstOG soll den Aktionären die Feststellung erleichtern, ob die Gehälter gem. § 87 Abs. 1 AktG in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstands und zur Lage der Gesellschaft stehen (Fleischer, DB 2005, 1611 (1612)). Die Festsetzung der angemessenen Vergütung obliegt dem Aufsichtsrat. Missachtet er das Angemessenheitsgebot, macht er sich nach § 116 AktG i. V. m. § 93 Abs. 2 AktG schadensersatzpflichtig (Fleischer, DB 2005, 1611 (1612 m.w.N.)). Viel wichtiger für die Transparenz ist jedoch – anders als es die überwertete Debatte um die Vergütung Glauben machen will – eine offensive und professionelle Kommunikationspolitik gerade bei kapitalmarktorientierten Unternehmen (Kirschbaum, BKR 2006, 139 (143)). In einer Reihe mit § 15a WpHG („directors’ dealings“), der Personen mit Führungsaufgaben sowie mit ihnen in enger Beziehung stehende Personen verpflichtet, Geschäfte mit Aktien des Emittenten zu veröffentlichen, trägt das VorstOG für Investoren und Anleger zu einer informierten Transaktionsentscheidung bei. Der Einwand, eine individualisierte Aufschlüsselung sei für Investoren ohne Informationswert, wird durch die empirische Kapitalmarktforschung widerlegt (Fleischer, DB 2005, 1611 (1613)). Der Kodex adressiert nach eigener Aussage alle wesentlichen, insbesondere auf dem internationalen Finanzmarkt kursierenden Kritikpunkte an der deutschen Unternehmensverfassung: – mangelhafte Ausrichtung auf Aktionärsinteressen – die duale Unternehmensverfassung mit Vorstand und Aufsichtsrat (international ist das System der Führung durch ein einheitliches Leitungsorgan (Verwaltungsrat) verbreitet) – mangelnde Transparenz deutscher Unternehmensführung – mangelnde Unabhängigkeit deutscher Aufsichtsräte – eingeschränkte Unabhängigkeit der Abschlussprüfer Ganz wichtig für das Verständnis des Kodex ist also auch das aus der Präambel ablesbare Bemühen um Transparenz und Nachvollziehbarkeit des deutschen Corporate Governance Systems (Kirschbaum, BKR 2006, 139 (142)). Die eigentlichen Anstöße zum Kodex kamen aus dem internationalen Raum, insbesondere waren es die OECD Principles of Corporate Governance aus dem Jahre 1999 und der englische „Combined Code of Best Practice“ aus dem Jahre 1998 (Hommelhoff/Hopt/v.Werder-Lutter, S. 738).
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Mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex sollen die in Deutschland geltenden Regeln für eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensleitung (durch den Vorstand) und -überwachung (durch den Aufsichtsrat) deutscher börsennotierter Aktiengesellschaften für internationale und nationale Investoren hinreichend transparent gemacht werden, um das Vertrauen in die deutsche Corporate Governance, d. h. in die Unternehmensführung deutscher Gesellschaften zu stärken.
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Im DCGK wird der Begriff der Überwachung aber weiter gefasst als im § 91 II AktG, da der Kodex die ganzheitliche Unternehmensüberwachung aus Sicht der Aktionäre vorsieht (Hauschka-Obermayr, § 16 Rn 11): – nach Ziff. 3.4 DCGK informiert der Vorstand den Aufsichtsrat regelmäßig, zeitnah und umfassend insbesondere über Fragen der Geschäftsentwicklung, Risikolage, des Risikomanagements und der Compliance; Abweichungen des Geschäftsverlaufs sind zu begründen; Damit soll eine frühzeitige Risikoerkennung möglich werden; vgl. dazu auch Ziff. 5.2 DCGK, wonach auch der Aufsichtsrat umgekehrt mit dem Vorstand regelmäßig Kontakt zu diesen Punkten halten und sich mit ihm beraten soll; – nach Ziff. 3.4 Abs. 2 und 4.1.3 DCGK hat der Vorstand für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu sorgen und wirkt auf deren Beachtung durch die Konzernunternehmen hin, ist also für die Compliance im Konzern verantwortlich (van Kann/Eigler, DStR 2007, 1730 (1733)); – nach Ziff. 4.1.4 DCGK hat der Vorstand für ein angemessenes Risikomanagement und Risikocontrolling im Unternehmen zu sorgen; – nach Ziff. 5.3.2 DCGK soll der Aufsichtsrat einen Prüfungsausschuss (Audit Committe; vgl. auch §§ 264d, 342f I HGB-E (BilMoG) einrichten, der sich insbesondere mit Fragen der Rechnungslegung und des Risikomanagements und der Compliance, der erforderlichen Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, der Erteilung des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer, der Bestimmung von Prüfungsschwerpunkten und der Honorarvereinbarung befasst; der Vorsitzende des Prüfungsausschusses soll über besondere Kenntnisse und Erfahrungen in der Anwendung von Rechnungslegungsgrundsätzen und internen Kontrollverfahren verfügen und sollte kein ehemaliges Vorstandsmitglied der Gesellschaft sein. Der DCGK enthält Verhaltensregeln für Vorstand in Ziff. 4 und Aufsichtsrat in Ziff. 5, des Weiteren Grundzüge für ihr Zusammenwirken in Ziff. 3 DCGK (Schlitt, DB 2007, 326).
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Aktuell sind auch die Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder und ihre Normierung ein wichtiges Thema der weiteren Governancediskussion (als Konkretisierung von „Best Practice“), da an ihre Qualifikation und Unabhängigkeit (Vorstandsunabhängigkeit und Interessenunabhängigkeit) keine geringen Anforderungen angelegt werden dürfen. Vielmehr sollten die am besten geeigneten Personen mit entsprechend exzellentem Qualitätsprofil identifiziert und für eine Mitarbeit gewonnen werden (v. Werder/Wieczorek, DB 2007, 297 ff. (303)). Auch der BGH ZIP 2006, 1529 lässt es z. B. nicht zu, dass ein Aufsichtsratsmitglied (Beratungs-)Aufträge mit „seiner“ Aktiengesellschaft ohne Zustimmung des Aufsichtsrats eingeht. Ein solcher Vertrag ist gemäß § 114 AktG unwirksam. Ein Vertrag, nach dem das Aufsichtsratsmitglied die Gesellschaft sogar in betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fragen beraten soll, verstößt mangels Abgrenzung gegenüber der Organtätigkeit des Aufsichtsrats gegen § 113 AktG und ist daher einer Zustimmung durch den Aufsichtsrat als Gesamtorgan gemäß § 114 I AktG nicht zugänglich. Die Gesellschaft kann dann auf Rückgewähr der Beratungsvergütung gemäß § 114 II 1 AktG klagen. Interessenkonflikte sollten gerade auch für Aufsichtsratsmitglieder ein Anlass dafür sein, über eine Niederlegung des Mandats nachzudenken (Semler/Stengel,
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NZG 2003, 1). Der Bericht des Aufsichtsrates an die Hauptversammlung über Art und Umfang seiner Prüfung der Geschäftsführung muss der Hauptversammlung eine konkrete Vorstellung von der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats bieten. Die Intensivierung der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Gesellschaft führt zu einer korrespondierenden Intensivierung der Berichtspflicht nach § 171 II 2 AktG (OLG Stuttgart WM 2006, 861 (865) = AG 2006, 379; Lutter, AG 2008, 1 ff.). Andernfalls kann der Entlastungsbeschluss in Bezug auf den Aufsichtsrat gemäß § 243 I AktG angefochten werden. 158
III. Regierungskommission Corporate Governance. Die von der Bundesregierung im Mai 2000 eingesetzte Regierungskommission „Corporate Governance: Unternehmensführung – Unternehmenskontrolle – Modernisierung des Aktienrechts“ (sog. Baums-Kommission), benannt nach ihrem Vorsitzenden Theodor Baums, hatte in ihrem Bericht vom 10.7.2001 nicht nur Vorschläge zur Änderung des AktG und des HGB zu unterbreiten, sondern unter anderem die Einsetzung einer Kommission (die spätere Cromme-Kommission) zur Ausarbeitung eines deutschen Corporate Governance Kodex empfohlen: – – – – – – –
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Corporate Governance Kodex für börsennotierte Gesellschaften Intensivierung der Kontrolle der Unternehmensleitung/Stärkung des Aufsichtsrats Verbesserung der Aktionärsrechte und des Anlegerschutzes Verbesserte Unternehmenspublizität Rechnungslegung und Abschlussprüfung Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologie Innovative Finanzierungs- und Gestaltungsinstrumente für Unternehmen
IV. Entsprechenserklärung nach § 161 AktG. Die sog. Baums-Kommission verknüpfte dies mit dem Vorschlag für die sog. Entsprechenserklärung, die im neuen § 161 AktG Niederschlag fand. Die Erklärungspflicht nach § 161 AktG ist eine Rechtspflicht (Hommelhoff/Hopt/v. Werder-Lutter, S. 743), § 161 AktG ist aber kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 II BGB (so richtig Vetter, DNotZ 2003, 748 (762)). Der Kodex selbst, auch wenn er über die Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG eine gesetzliche Grundlage verfügt, ist hingegen kein Gesetz, er hat auch grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung, kann aber unmittelbare oder mittelbare Wirkungen entfalten, und sei es nur als „best practice“ im Sinne der Grundsätze sorgfältiger Geschäftsführung bzw. Überwachung gemäß §§ 93, 116 AktG (Hommelhoff/Hopt/v. Werder-Lutter, S. 746). Damit kommt ihm durchaus rechtliche Relevanz zu (Schlitt, DB 2007, 326). Der im amtlichen Teil des Bundesanzeigers veröffentliche Kodex ist kein privates Regelwerk, sondern verfassungsrechtlich unbedenkliches öffentlich-rechtliches „soft law“, in seiner Außenwirkung Verwaltungsvorschriften vergleichbar. Als Regierungsempfehlung ist für den Kodex keine gesetzliche Grundlage erforderlich, § 161 AktG reicht aus (Heintzen, ZIP 2004, 1933 (1938); a. A. teilweise Seidel, ZIP 2004, 285). Nach § 161 AktG müssen Vorstand und Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft jährlich erklären, dass den vom Bundesministerium der Justiz im amtlichen Teil des elektronischen Bundesanzeigers bekannt gemachten Empfehlungen der Regierungskommission Deutsche Corporate Governance Kodex entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden. Insoweit war die Formulierung „comply or explain“ für Deutschland nicht ganz zutreffend, da die Abweichung vom Kodex in Deutschland – wenn auch empfohlen – grundsätzlich nicht begründet werden musste, zudem auch nicht durchgängig eine Verpflichtung zur Offenlegung der Abweichung vom Kodex bestand (Hommelhoff/Hopt/v. Werder-Lutter, S. 743 Fn 32). Hier bringen § 161 I S. 1 AktG-E und § 289a HGB-E im
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Rahmen des BilMoG eine Verbesserung. Die Erklärung ist den Aktionären dauerhaft zugänglich zu machen (Hommelhoff/Hopt/v. Werder-Lutter, S. 742). Dass der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) neue Impulse benötigt, d. h. mehr als nur ein zahnloser (Papier-)Tiger (Vetter, NZG 2008, 121; ders., DNotZ 2003, 748) sein sollte, darüber besteht weitgehend Einigkeit. Die Folgen eines Verstoßes gegen die Kodex sind jedoch noch ungeklärt, wie es neuere Urteile zeigen (LG München I, Urt. v. 22.11.2007 – 5 HK O 10641/07, ZIP 2007, 2360 m. Anm. Tom Kirschbaum; OLG München, Urt. v. 23.1.2008 – 7 U 3668/07, WM 2008, 645). Hätte die Verletzung des Kodex oder der Pflichten der Organe nach § 161 AktG keinerlei Auswirkung auf den rechtlichen Bestand von Hauptversammlungsbeschlüssen, wäre zu befürchten, dass – abgesehen von der Verweigerung der Entlastung gemäß § 120 AktG – als einziger Weg die Verfolgung von Ersatzansprüchen gegen die Gesellschaft oder ihre Organe bliebe. Nach dem LG München I, a.a.O., jedenfalls sind Verstöße gegen Empfehlungen des DCGK nicht mit der Anfechtungsklage nach §§ 243 I, 251 I AktG angreifbar. Andererseits sind Beschlüsse über die Entlastung des Vorstandes und Aufsichtsrates nach § 243 I AktG anfechtbar, wenn die Jahresfrist nach § 161 AktG verletzt wurde, OLG München, a.a.O. V. Strafrechtliche Risiken. Die Nichtabgabe der Entsprechungserklärung selbst stellt zwar einen Verstoß gegen § 161 AktG dar, ist aber mangels Erklärungswerts bzw. Inhalts strafrechtlich irrelevant (Schlitt, DB 2007, 326 (327)). Strafrechtliche Risiken können jedoch im Zusammenhang mit der Entsprechenserklärung selbst bestehen. Eine falsche Entsprechenserklärung könnte den Tatbestand des § 265b StGB erfüllen, wenn eine Kreditgeber die Kreditvergabe auch davon abhängig gemacht wird, in welchem Umfang den Kodexempfehlungen seitens der Gesellschaft gefolgt wird. § 400 I 1 AktG kommt in Betracht, wenn der Inhalt einer Entsprechenserklärung im Jahresabschluss oder in Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung falsch dargestellt wird. Auch könnten sich Anknüpfungspunkte für die Bestimmung der Pflichtwidrigkeit bei § 266 StGB ergeben (Schlitt, DB 2007, 326 (330)). Eine falsche Erklärung nach § 161 AktG führt für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder zu einer Haftungsverschärfung (Kiethe, NZG 2003, 559; WM 2007, 722 (723)).
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VI. Corporate Governance-Evaluationen. Unternehmen können mit Corporate Governance-Evaluationen zwei übergeordnete Ziele verfolgen, nämlich
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– die Gewährleistung der Entsprechung (Compliance) und – die Sicherung des Erfolgs (Effizienz bzw. Performance) der Corporate Governance (Hommelhoff/Hopt/v. Werder-v. Werder/Grundei, S. 680). Aufgrund der Komplexität von derartigen Evaluationen werden Aufsichtsrat und Vorstand eines Unternehmens häufig unterstützende Einheiten mit Evaluationsaufgaben betrauen. Hierfür kommt die Interne Revision („Audit“) in Betracht, zu deren Aufgabenspektrum die Überprüfung von Governance-Aspekten durchaus passt. Zudem kann der Vorstand hierzu auch einen Compliance-Officer bestellen, dessen Kontrolltätigkeit sich allerdings nicht auf den Aufsichtsrat erstrecken darf. Zur Sicherstellung der Einhaltung bietet sich ein aus der allgemeinen Compliance bekanntes Verfahren mit Checklisten für die Organe an (Kirschbaum, BKR 2006, 139 (146)). Auch die Hinzuziehung externer Berater ist möglich (Hommelhoff/Hopt/v.Werder-v. Werder/Grundei, S. 682), sie kann bei sensitiven Themen sogar hilfreich sein. Insoweit wird erneut deutlich, dass trotz unterschiedlicher Blickwinkel Compliance und Corporate Governance verwandte Begriffe sind. Compliance ist Teil einer guten Corporate Governance. Da die wissenschaftliche Forschung bislang kaum klare Aussagen über den Zusammenhang zwischen Corporate Governance und Unternehmenserfolg machen kann (so
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Prigge/Offen, ZIB 2007, 89 (107)), wird Corporate Governance teilweise jedoch kritisch betrachtet. 163
VII. Bankenaufsicht und Corporate Governance. Im Februar 2006 veröffentlichte der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision – BCBS) modifizierte Leitlinien zur Verbesserung der Unternehmensführung in Banken – Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Enhancing Corporate Governance for Banking Organizations, Neufassung 2006 (Erstfassung 1999). Nachdem die OECD 2004 überarbeitete Grundsätze für Führungs- und Überwachungsmechanismen veröffentlichte hatte, hielt es der Basler Ausschuss für hilfreich, 2006 Leitlinien bereit zu stellen, die den ganz besonderen Merkmalen von Banken gerecht werden. Dabei wurde besonderes Gewicht auf Tätigkeiten von Banken gelegt, die innerhalb wenig transparenter Strukturen oder in Rechtsordnungen erfolgen, in denen der Informationsfluss behindert wird.
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Der Basler Ausschuss möchte Bankaufsichtsbehörden und beaufsichtigte Banken bei der Einführung und Praktizierung einer guten Corporate Governance unterstützen. Dabei geht es im Wesentlichen um zwei Schwerpunkte: Die spezifischen Merkmale der guten Corporate Governance werden anhand von acht Prinzipien dargestellt. Des Weiteren wird der besonderen Rolle der Bankaufsichtsbehörden bei deren Entwicklung und Implementierung Rechnung getragen.
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Unabhängig von der nicht gänzlich unberechtigten Kritik einiger deutscher Banken, die der neuen Handreichung des Basler Ausschusses keine breitere praktische Relevanz zuzusprechen vermag, ist festzuhalten, dass der Basler Ausschuss einen starken Schwerpunkt bei der unternehmungsbezogenen internen Corporate Governance von Banken setzt (Mülbert, BKR 2006, 349). Der Basler Ausschuss sieht dabei alle Banken, d. h. nicht nur die börsennotierten, sondern auch die mit einer „unique ownership structure“ versehenen Banken von seinen Standards erfasst. Allerdings sollen damit statt eines „one size fits all“ keine Einheitsstandards geschaffen werden, sondern die Umsetzung der Standards hat sich an der Größe, Komplexität, Struktur, dem wirtschaftlichen Gewicht und Risikoprofil der jeweiligen Bank auszurichten. Ähnliches lässt sich auch der Präambel des Deutschen Corporate Governance Kodex (in der Fassung vom 20.7.2007) entnehmen, der börsennotierte Unternehmen im Blickfeld hat, die Beachtung des Kodex aber auch nicht börsennotierten Gesellschaften empfiehlt. Schwerpunktmäßig geht es dem Basler Ausschuss um die Aufgaben des „Board of Directors“ und des „Senior Management“, denen die Entwicklung zahlreicher Unternehmenspolitiken, also Strategien und/oder Richtlinien auferlegt wird. Die daraus resultierenden neuen Herausforderungen, sofern sie nicht ohnehin schon in Deutschland, und sei es nur im Zuge von § 25a KWG, umgesetzt werden, lassen sich aber wohl auf dem Boden des geltenden Aktienrechts nicht ohne weiteres bewältigen. Denn der Leitfaden basiert auf dem monistischen „Board-Modell“ angelsächsischer Prägung, das dem „Board“ in einem Umfang Leitungsaufgaben zuweist, wie das mit der zwingenden Vorgabe des § 76 I AktG zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand nicht zu vereinbaren ist. Auch die Instrumentalisierung guter Corporate Governance für die Verfolgung rein aufsichtlicher Zwecke ist kritisch zu betrachten, da die Aufsichtsbehörden nicht zum Kreis der Stakeholder einer Bank gehören. Noch sind Corporate Governance-Standards darauf auszurichten, dass das Leitungs- und Überwachungsorgan einer Bank die Interessen der Einleger verfolgt (Mülbert, BKR 2006, 349 (359 f.)). Eine gute Corporate Governance dient zwar auch – als Reflex – dem Einlegerschutz und ermöglicht den Bankaufsichtsbehörden ein höheres Vertrauen in bankinterne Prozesse, bei der Corporate Governance geht es aber primär um die Überwindung oder zumindest Reduzierung des Prinzipal-Agenten-Konflikts zwischen den Anteilseignern/
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Kapitalgebern und dem Management (Mülbert, BKR 2006, 349 (355); Kirschbaum, BKR 2006, 139).
L. Compliance-Management bei Wertpapierfirmen
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I. Anti-Geldwäsche-Compliance/Compliance Anti-Money-Laundering („AML“). 1. § 261 StGB. a) Historie und Zielsetzung des § 261 StGB. Dem Ziel der Abschöpfung illegaler Verbrechensgewinne – z. B. aus Drogenhandel (BGH NJW 2008, 1460 Rz. 25), Korruption und Terrorismus, d. h. der organisierten Kriminalität – dient der am 22.9.1992 in Kraft getretene, durch Art. 1 Nr. 19 OrGKG v. 15.7.1992 (BGBl. I 1992, 1302) eingeführte § 261 StGB, dessen Überschrift „Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte“ durch das VerbrBekG v. 28.10.1994 (BGBl. I 2004, 3186) ergänzt wurde. Der Umwandlung illegal erworbenen Geldes in „legale“ Vermögenswerte bzw. dem Einschleusen illegaler erworbener Vermögenswerte in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf soll damit begegnet werden (vgl. BT-Drucks. 12/989 v. 25.7.1991, S. 26). § 261 StGB entspricht einer stark an amerikanischen Vorgaben orientierten Konzeption (Tröndle/Fischer, StGB § 261 StGB Rn 4; Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) der G-7 Staaten, des auf internationaler Ebene wichtigsten politischen Gremiums für die Schaffung eines internationalen Rechtsstandards gegen Geldwäsche; BT-Drucks. 13/10118 v. 12.3.1998, S. 1 f. (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zu der internationalen Kritik an Maßnahmen gegen Geldwäsche in Deutschland)). Über den tatsächlichen Umfang der Geldwäsche kursieren grobe Schätzungen, die teilweise von einer Summe bis zu 1 Billion USD jährlich international ausgehen (Tröndle/Fischer, StGB § 261 StGB Rn 4), die illegal gewaschen werden sollen. Der BGH (NJW 1997, 3322 (3323) u. BGHSt 50, 347 = NJW 2006, 1297) geht, wenn auch vom Schrifttum (vgl. zum Meinungsstand Tröndle/Fischer, StGB § 261 StGB Rn 3) mit guten Gründen kritisiert, jedenfalls von einem eigenständigen Unrechtsgehalt des § 261 StGB aus. § 261 StGB stellt nicht nur eine besondere Form der Beteiligung an der Vortat dar (BGH NJW 1997, 3322 (3323)). § 261 StGB zielt auf die Gewährleistung des staatlichen Zugriffs auf Vermögensgegenstände aus besonders gefährlichen Straftaten und mithin auf die Abwendung besonderer Gefahren für die Volkswirtschaft und damit den Staat (BGHSt 50, 347 = NJW 2006, 1297; BGHSt 50, 224 = NJW 2005, 3507; BGH NJW 2005, 2406; BGHSt 48, 240 = NJW 2003, 1880 zur Telefonüberwachung nach § 100a S. 1 Nr. 2 StPO).
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b) Kritik am Tatbestand des § 261 StGB. Der Anwendungsbereich von § 261 StGB wurde in den letzten Jahren immer stärker ausgedehnt (Hauschka-Greeve, § 24, Rn 33). Das ist Folge des fortwährenden gesetzgeberischen Bemühens, sich mit Hilfe einer möglichst weiten „Einstiegsnorm“, ähnlich § 129 StGB (Bildung krimineller Vereinigungen), und der an sie anknüpfenden prozessualen Möglichkeiten wirkungsvollere Verfolgungsmöglichkeiten in bestimmten Kriminalitätsbereichen zu schaffen (Tröndle/Fischer, StGB § 261 StGB Rn 4b). § 261 StGB wird von seinen Kritikern nicht ganz unberechtigt Ineffektivität des Tatbestands vorgeworfen. Die Verfolgung der Geldwäsche habe sich (so Tröndle/Fischer, StGB § 261 StGB Rn 4d) als weitgehend selbstreflexives System erwiesen, dessen materielle Kosten den Wert abgeschöpfter Straftat-Gewinne leicht um das Tausendfache übersteige.
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c) Vortatenkatalog des § 261 StGB. Die Vortaten, d. h. rechtswidrige Taten, an die § 261 StGB anknüpft, sind umfangreich. Der Katalog des § 261 I 2 StGB erfasst u. a. nach – Nr. 1 alle Verbrechen i. S. d. § 12 I, III StGB, aber auch die gewerbs- oder bandenmäßige Steuerhinterziehung (§ 370a AO) oder Verbrechen nach § 332 II StGB;
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– Nr. 2 a Vergehen der Bestechlichkeit (§ 332 I und III StGB), der Bestechung (§ 334) auch i. V. m. § 1 IntBestG; – Nr. 2 b Vergehen nach § 29 I Nr. 1 BtMG; – Nr. 3 Schmuggel nach § 373 AO oder Steuerhehlerei nach § 374 AO; – Nr. 4 a Menschenhandel (§ 180b StGB), Zuhälterei (§ 181 StGB), Diebstahl (§ 242 StGB), Unterschlagung (§ 246 StGB), Erpressung (§ 253 StGB), Hehlerei (§ 259 StGB), Betrug (§ 263 StGB) usw., z. B. auch die ganze Bandbreite typischer Begleitdelikte zu Korruptionsstraftaten (Tröndle/Fischer, StGB § 261 StGB Rn 14; HauschkaGreeve, § 24 Rn 33); – Nr. 4 b auch ggf. das Einschleusen von Ausländern (§ 96 AufenthG), Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragsstellung (§ 84 AsylverfahrensG); – Nr. 5 § 129 StGB, § 129a III, §§ 30b BtMG, 129b StGB (Unterstützung oder Werbung für eine (auch ausländische) terroristische Vereinigung); – § 261 VIII StGB erfasst auch Auslandstaten, wobei die Vortat am Tatort mit Strafe bedroht sein muss. Wer z. B. „nur“ geplant hatte, Erlöse aus dem Rauschmittelgeschäft (für acht Kilogramm hochwertiges Kokain aus Kolumbien) in den Libanon zu verbringen, erfüllt den Tatbestand der Geldwäsche nach § 261 I 2 Nr. 1 StGB. Dass es hierbei – wegen der vorherigen Sicherstellung des Rauschgifts durch den Zoll – nicht zur Vollendung gekommen ist, lässt die Strafbarkeit nicht entfallen, weil der Versuch der Geldwäsche nach §§ 261 III, 23 I StGB strafbewehrt ist (BGH NJW 2008, 1460 (Rz. 25)). 170
Im Rahmen eines Strafverfahres gegen Angehörige von Klaus Kleiser, der im Rahmen des „Flow-Tex“-Verfahrens wegen Betrugs verurteilt wurde, hat das OLG Karlsruhe (Beschl. v. 20.1.2005 – 3 WS 108/04) entschieden, dass eine Strafbarkeit wegen § 261 StGB auch dann anzunehmen ist, wenn der Täter bei Erhalt der fraglichen Vermögenswerte (Grundstück auf Mallorca, Motorboot und Bankguthaben) noch gutgläubig gewesen ist. § 261 StGB soll auch Ersatzgegenstände und geldwäschetaugliche Surrogate erfassen, die „als Ergebnis auch mehrfacher Austauschprozesse an Stelle des Ursprungsgegenstands getreten“ sind (vgl. BKR 2005, 166; FAZ v. 2.2.2005).
171
Die Annahme und Anlage von „Schwarzgeld“, welches von Gewerbetreibenden jährlich in zweistelliger €-Milliardenhöhe erwirtschaftet werden dürfte, durch Kredit- und Finanzinstitute könnte unter Umständen von der Beihilfe zur (einfachen) Steuerhinterziehung zum Verbrechen nach § 370a AO und damit zur Geldwäsche nach § 261 I 3 i. V. m. I 1 bzw. I 2 Nr. 3 aufrücken (Tröndle/Fischer, StGB § 261 StGB Rn 13a). Für einer Beihilfe (durch neutrale Handlungen) eines Bankangestellten zur (einfachen) Steuerhinterziehung hatte es der BGH bislang ausreichen lassen, dass der Bankangestellte sich mit seiner Hilfeleistung „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein“ ließ (BGHSt 46, 107 (112) = NJW 2000, 3010 (3011); BGH NStZ 2004, 41).
172
2. (Anti-)Geldwäschegesetz (GwG). § 261 StGB erfährt durch das Geldwäschegesetz (GwG) (BGBl. I 1993, S. 1770) eine für Kredit- und Finanzinstitute (§ 1 GwG) bedeutsame Ergänzung (Tröndle/Fischer, StGB § 261 StGB Rn 1), da das GwG ihnen – wie anderen Unternehmen und Personen nach § 3 GwG sowie Versicherungsunternehmen (nach § 1 II Nr. 2, § 4 GwG) Identifizierungs-, Aufzeichnungs-, Feststellungs- und Mitteilungspflichten auferlegt, die in § 17 GwG teilweise bußgeldbewehrt sind. Das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) trat am 25.10.1993 (BGBl. I 1993, 1770) in Umsetzung der jetzt aufgehobenen ersten EU-AntiGeldwäsche-RL 91/308/EWG v. 10.6.1991 (ABl. EG Nr. L 166 v. 28.6.1991, 77) zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche in Kraft, wel-
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che primär die Bekämpfung des Waschens von Erlösen aus Drogenstraftaten bezweckte. Die Unternehmensleitung ist verpflichtet, im Bereich der Anti-Geldwäsche-Compliance einen Geldwäschebeauftragen als Ansprechpartner bzw. Repräsentanten für die staatlichen Stellen (Aufsichts-, Strafermittlungs- und –verfolgungsorgane) zu benennen, § 14 II Nr. 1 i. V. m. § 16 GwG.
173
a) GwG zielt auf Prävention. Das GwG verfolgt aber im Gegensatz zu § 261 StGB keinen strafrechtlich repressiven Ansatz, sondern dient mittels öffentlich-rechtlicher Verpflichtung der Risikomitigierung im Finanzsektor, d. h. der Prävention von Rechts-, Reputations- und operationellen Risiken (Findeisen, wistra 1997, 121; ders., WM 1998, 2410). Das dem Wirtschaftsverwaltungsrecht zuzuordnende GwG macht daher die Institute i. S. d. § 1 IV GwG bzw. den Geldwäschebeauftragten (inkl. Compliance-Abteilung) auch nicht zu kostengünstigen „Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft“ (so wohl auch Lösler, WM 2007, 676 (678); a. A. Herzog, WM 1996, 1753 (1760 f.)).
174
b) Verhältnis von GwG und KWG. Das GwG steht jedoch rein tatsächlich in einem engem Zusammenhang zum KWG, auch wenn durchaus unterschiedliche Zielsetzungen vorliegen (Bauer/Bergmann, ZBB 2007, 113 (118 f.)). Die aufsichtsrechtliche Norm des § 25a I 3 Nr. 6 KWG a. F., die dem KWG entsprechend der Gefährdung der Solvenz eines Kreditinstituts entgegen wirken soll und damit dem Institutsschutz, jedoch nicht der Verhinderung strafrechtlich relevanten Verhaltens dient, hat, den unterschiedlichen Anforderungen an das Risikomanagement bezogen auf „betrügerische Handlungen“ und „Geldwäsche“ als Teilaspekte des operationellen Risikos dienend, bloße mittelbare Schäden in Form eines Imageschadens oder Reputationsverlustes, weil z. B. eine terroristische Vereinigung das Institut als Zahlstelle nutzt, nicht im Fokus (Bauer/Bergmann, ZBB 2007, 113 (119 u. 120)). Das ist ein Unterschied zu § 14 II Nr. 2 GwG bzw. dem Ansatz des GwG.
175
Unter dem Begriff „betrügerische Handlungen“ zu Lasten des Instituts i. S. v. § 25a I 3 Nr. 6 KWG a. F. – jetzt neu gefasst in § 25a I 6 Nr. 3 KWG (BT-Drucks. 16/4028 v. 12.1.2007, S. 46) – ist daher im Sinne eines wirksamen Institutsschutzes vor den die Solvenz eines Instituts negativ tangierenden Sachverhalten nicht nur ein strafrechtliches Verhalten im Sinne des Kern- (beispielsweise i. S. v. § 263 StGB oder § 264a StGB) oder Nebenstrafrechts zu verstehen. Vielmehr fallen darunter alle Täuschungen über Tatsachen durch Interne und Externe, die einen vermeidbaren unmittelbaren Vermögensschaden für das Institut herbeiführen können. Dies gebieten Sinn und Zweck der Norm und die zu Grunde liegenden Aufsichtsgrundsätze des Basler Bankenausschusses zur Vornahme einer risikoorientierten Betrachtung (Bauer/Bergmann, ZBB 2007, 113 (123)).
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Auch wenn § 25a I 3 Nr. 4 KWG a. F. 2002 noch unter Bezugnahme auf die Basler Grundsätze von 1997 geschaffen wurde, könnten die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Management Operationeller Risiken – Praxisempfehlungen für Banken und Bankenaufsicht, Februar 2003, S. 2, benannten potentiellen Gefahrenkategorien für die Interpretation der deutschen Rechtslage herangezogen werden (Bauer/Bergmann, ZBB 2007, 113 (120)): – interne betrügerische Handlungen, z.B. absichtlich falsche Angabe von Positionen, Diebstahl durch Mitarbeiter und Insidergeschäfte auf eigene Rechnung von Mitarbeitern (Korruption, Betrug, Untreue, Urkundenfälschung, Verrat von (Betriebs-)Geheimnissen etc.) – externe betrügerische Handlungen, z.B. Raub, Fälschung, Scheckbetrug und Schäden durch Computerhacker (Phishing, Pharming, Ebay-Betrügereien, (Kapital-)Anlagebetrug, Lastschrift- oder Überweisungsbetrug etc.) – Einstellungspraktiken und Sicherheit am Arbeitsplatz, z.B. Haftungsansprüche von
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Mitarbeitern, Verstoß gegen Vorschriften der Arbeitsmedizin und der Sicherheit, gewerkschaftliche Aktivitäten, Diskriminierungsklagen, allgemeine Haftung – Kunden, Produkte und Geschäftspraxis, z.B. Verletzung von Treuhänderpflichten, Missbrauch vertraulicher Kundeninformationen, unsaubere Handelspraktiken auf Rechnung der Bank, Geldwäsche und Verkauf nicht genehmigter Produkte – Schäden am Sachvermögen, z.B. Terrorismus, Vandalismus, Erdbeben, Brände und Überschwemmungen – Geschäftsunterbrechungen und Systemausfälle, z.B. Hardware- und Softwarepannen, Telekommunikationsprobleme, Stromausfälle – Ausführung, Lieferung und Prozessmanagement, z.B. fehlerhafte Datenein-gabe, fehlerhafte Verwaltung von Sicherheiten, unvollständige rechtliche Doku-mentation, nicht genehmigter Zugang zu Kundenkonten, Fehlverhalten von Kontrahenten (nicht Kunden) und Auseinandersetzungen mit Zulieferern § 25a I KWG dient dem Schutz des Instituts auch vor (operationellen) finanziellen Verlusten aus Geldwäsche (§ 261 StGB) und Insidergeschäften (§ 14 WpHG). Bei einer mangelhaften Umsetzung bzw. Verstößen gegen den Pflichtenkreis aus § 25a I 6 Nr. 3 KWG drohen empfindliche Konsequenzen (Bauer/Bergmann, ZBB 2007, 113). So kann die BaFin nach § 6 III KWG Anordnungen und Zwangsmaßnahmen treffen. § 45b KWG gibt der BaFin bei organisatorischen Mängeln i. S. d. § 25a I KWG die Möglichkeit der Anordnung von Maßnahmen, wenn das Institut die Mängel nicht auf Grund einer Anordnung nach § 25a I 7 KWG innerhalb einer von der BaFin zu bestimmenden angemessenen Frist behoben hat. Die BaFin kann dann insbesondere anordnen, dass das Institut über die nach § 10 I KWG und der Rechtsverordnung nach § 10 I 9 KWG erforderliche Eigenkapitalausstattung hinaus zusätzliche Eigenmittel vorhalten muss, Maßnahmen zur Reduzierung von Risiken ergreift, soweit sich diese aus bestimmten Arten von Geschäften und Produkten oder der Nutzung bestimmter Systeme ergeben, weitere Zweigstellen nur mit Zustimmung der Bundesanstalt errichten darf und einzelne Geschäftsarten, namentlich die Annahme von Einlagen, Geldern oder Wertpapieren von Kunden und die Gewährung von Krediten nach § 19 I KWG nicht oder nur in beschränktem Umfang betreiben darf. Die BaFin kann zudem nach § 36 II KWG die Abberufung eines Geschäftsleiters verlangen und diesem Geschäftsleiter die Ausübung seiner Tätigkeit bei Instituten in der Rechtsform einer juristischen Person untersagen, wenn dieser vorsätzlich oder leichtfertig gegen die Bestimmungen des KWG, des Gesetzes über Bausparkassen, des Depotgesetzes, des Geldwäschegesetzes, des Investmentgesetzes, des Pfandbriefgesetzes oder des Wertpapierhandelsgesetzes, gegen die zur Durchführung dieser Gesetze erlassenen Verordnungen oder gegen Anordnungen der Bundesanstalt verstoßen hat und trotz Verwarnung durch die Bundesanstalt dieses Verhalten fortsetzt (OVG Berlin, Beschl. v. 2.10.2001 – OVG 1 SN 27.01, dazu Fischer, EWiR 2002, 533; BGH WM 2002, 220). Nach BVerwG, Beschl. v. 6.11.2006 – 6 B 82. 06, ist es im Rahmen von § 36 II KWG zulässig und unter dem Aspekt des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit unter Umständen geboten, vor einer der Abberufung des Geschäftsleiters zwingend vorausgehenden Verwarnung als mildere Maßnahmen Hinweise oder Belehrungen auszusprechen. Im Extremfall sieht § 35 KWG für die BaFin die Möglichkeit der Aufhebung der Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften vor (Bauer/Bergmann, ZBB 2007, 113; zu § 46a KWG (sog. Moratorium), §§ 10, 25 II Nr. 4a KWG: OVG Münster, Beschl. v. 31.7.2001 – 4 B 743/01, BKR 2002, 43 – Fall „Bankhaus Partin GmbH & Co. KGaA“ –, dazu Fischer, EWiR 2002, 589).
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c) Verdachtsanzeigepflicht. Die Verdachtsfallanzeigepflicht nach § 11 I GwG richtet sich an Institute i. S. d. § 1 IV GwG, die einen Verdachtsfall nach § 261 StGB unverzüglich mündlich, fernmündlich, fernschriftlich oder durch elektronische Datenübermittlung den zuständigen Strafverfolgungshörden und in Kopie dem Bundeskriminalamt anzeigen müssen. Das Bundeskriminalamt agiert hierbei als zentrale Analyse- und Informationsstelle für Verdachtsanzeigen, § 5 GwG, womit Forderungen der FATF und der G 7Staaten an die Errichtung einer Financial Intelligence Unit (FIU) umgesetzt wurden (Tröndle/Fischer, StGB § 261 StGB Rn 1). Gleichwohl handelt es sich bei dieser Anzeigepflicht um keine Strafanzeige i. S. d. § 158 StPO (vgl. auch § 11 VI GwG), sondern nur eine gewerberechtliche Meldepflicht, die das Bankgeheimnis nicht verletzt und den Anzeigenden von (zivil- oder strafrechtlicher) Verantwortung freistellt, es sei denn die Anzeige ist vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr erstattet worden, § 12 GwG. So wird z. B. auch das Zeugnisverweigerungsrecht (eines Notars) nach § 53 I 1 Nr. 3 StPO durch die Anzeigepflicht des § 11 I 1, III GwG eingeschränkt. Denn auch Rechtsanwälte und Notare kann die Anzeigepflicht treffen (BGH NJW 2005, 2406 = NStZ 2005, 577).
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Grundsätzlich ist auch der Geldwäschebeauftragte nur im Rahmen des § 11 GwG zu einer Anzeige an die Strafverfolgungsbehörden berechtigt, eine darüber hinausgehende Pflicht zur direkten Anzeige anderer (bank-)intern festgestellter Regelverletzungen existiert nicht; hier besteht im Regelfall nur das Recht zur internen Eskalation (zutreffend Lösler, WM 2007, 676 (678)).
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Nichts anderes – zum Vergleich – gilt ohnehin für den Compliance Officer auf der klassischen Wertpapier-Compliance-Seite, der im Gegensatz zu dem ihm nur strukturell ähnlichen Geldwäschebeauftragten nicht einmal eine Funktion wahrnimmt, die einen vom Gesetzgeber im öffentlichen Interesse als besonders schützenswert angesehenen Allgemeinbelang betrifft (Lösler, WM 2007, 676 (678)). So sieht im Bereich der WertpapierCompliance als gewisse, inhaltlich aber deutlich unterschiedliche Parallele zur Anzeigepflicht im Falle eines Geldwäscheverdachts nach § 11 GwG nur der durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (BGBl. 2004 I v. 29.10.2004, S. 2630) in 2004 eingeführte § 10 I WpHG (Schwintek, WM 2005, 861 f.) gegenüber der BaFin eine externe Reporting- bzw. gesetzlich normierte Anzeigepflicht bei Insider- und Marktmanipulationsverdachtsfällen für Unternehmen vor.
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d) Mindeststandards. Die Überwachung und Sicherstellung der (präventiven) Identifizierungs- und Dokumentationspflichten sind ein Hauptbetätigungsfeld der bankinternen Anti-Geldwäsche-Abteilung („Anti-Money-Laundering“ (AML)) bzw. des gesetzlich geforderten Geldwäschebeauftragten nach § 14 II Nr. 1 GwG. Mit dem NCA/KYCÜberprüfungsprozess bei der Eingehung neuer Geschäfts- bzw. Kundenbeziehungen („New Client Adoption“ (NCA)) bzw. Beachtung des „Know Your Customer-Prinzips“ (KYC) zur Identifizierung des Kunden mit dem Ziel der Geldwäsche- und Betrugsprävention waren Mitte der 1990er Jahre (Anti-)Geldwäschebeauftragte noch nicht überall in die Compliance-Abteilung integriert. Man sprach damals noch nicht überall von Anti-Geldwäsche-Compliance. Auch heute ist die Funktion des (Anti-)Geldwäschebeauftragten i. S. d. § 14 II Nr. 2 GwG der eines Compliance-Officers auf der klassischen Wertpapierseite nur strukturell vergleichbar (Lösler, WM 2007, 676 (678 f.)).
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Das „Know Your Customer-Prinzip“, festgehalten in Grundsatz 15 der Basler Aufsichtsgrundsätze vom September 1997, ergänzt durch das Papier des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht Nr. 85 zur „Sorgfaltspflicht der Banken bei der Feststellung der Kundenidentität“ v. 4.10.2001, wurde in § 25a I Nr. 4 KWG a. F. ausdrücklich gesetzlich normiert. Dem Papier des Basler Ausschusses von 1997 mit seinen Kundensorgfalts-
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pflichten bzw. Mindeststandards entsprachen die nationalen Regelungen des § 25a I 3 Nr. 4 KWG a. F. und § 14 II Nr. 2 GwG i. V. m. der hierzu ergangenen Verwaltungspraxis der BaFin, das Papier ist sogar bei der Auslegung zu beachten (BaFin Eil-Rundschreiben 25/2002 (Q) v. 6.11.2002 (Geschäftszeichen Q 31 – B 590)). § 14 II Nr. 2 GwG verpflichtet ebenso wie jetzt § 25a I 3 Nr. 6 KWG zur Entwicklung „angemessener geschäfts- und kundenbezogener Sicherungssysteme und Kontrollen zur Verhinderung der Geldwäsche und der Finanzierung terroristischer Vereinigungen“. Das Verhältnis der Normen des § 25a I 3 Nr. 4 KWG a. F. – bzw. nach der redaktionellen Verschiebung der Pflicht – des § 25a I 3 Nr. 6 KWG a. F. durch das Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 21.12.2004 (BGBl. I 2004, 3610) und des § 14 II Nr. 2 GwG wird in der einschlägigen Literatur im Ergebnis offen gelassen. Eine ausschließliche Regelung im GwG hätte angesichts der starken Betonung des Geldwäschepräventionsaspektes genügt (Bauer/Bergmann, ZBB 2007, 113 (118 f.)). Es wird deshalb zutreffend kritisiert (Bauer/Bergmann, ZBB 2007, 113 (119)), dass trotz unterschiedlicher Akzentuierungen des KWG – auch Solvenzaufsicht – und des GwG teilweise unterschiedslos und undifferenziert von einer gemeinsamen gesetzlichen Verankerung ausgegangen wird. Rein tatsächlich betrachtet hat sich das aber bislang nicht auf die Effizienz der Geldwäscheprävention negativ ausgewirkt, auch wenn das gesetzgeberische Nebeneinander nicht unbedingt systematisch erscheint. Ähnliches gilt für § 33 WpHG und § 25a KWG für die Wertpapier-Compliance (Veil, WM 2008, 1093 (1098)). e) KYC-Management auf Konzernebene. Aktuell umfasst der „Grundsatz 18: Missbrauch von Finanzdienstleistungen“ auf S. 33 des Papiers „Methodik der Grundsätze für eine wirksame Bankenaufsicht“ des Basler Ausschusses für Bankaufsicht vom Oktober 2006 zentrale Kriterien für eine wirksame Aufsicht und die wesentlichen Merkmale des KYC-Managementprogramms auf Konzernebene: – Grundsätze für die Annahme von Kunden, aus denen hervorgeht, welche Art von Geschäftsbeziehungen die Bank nicht akzeptiert; – ein Programm für die Identifizierung und Überprüfung von Kunden und die entsprechende Sorgfaltspflicht; dazu gehören die Überprüfung der Identität der wirtschaftlichen Eigentümer und risikobasierte Prüfungen von Unterlagen, die relevante und aktuelle Stammdaten gewährleisten; – Grundsätze und Verfahren zur Feststellung und Überwachung ungewöhnlicher oder potenziell verdächtiger Transaktionen, insbesondere bei risikoreichen Konten; – Delegation nach oben, an die Geschäftsleitung, von Entscheidungen über die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen mit risikoreichen Adressen, z.B. politisch exponierten Personen, und über die Weiterführung von Geschäftsbeziehungen, falls eine bestehende Beziehung risikoreich wird; – Klare Regeln, welche Daten zur Kundenidentifizierung und zu den einzelnen Transaktionen wie lange aufbewahrt werden müssen. Für diese Daten sollte eine Aufbewahrungsfrist von mindestens fünf Jahren gelten. f) (Hintergrund-)Informationen als Basis. Grundlage für die Erfüllung der KYCPflichten ist die Gewinnung von (Hintergrund-) Informationen zum (potentiellen) Kunden: – Identifizierung des Vertragspartners; – Feststellung des sog. „Beneficial Owner“, d. h. des wirtschaftlich Berechtigten; – Abklärung bzw. Feststellung des wirtschaftlichen Hintergrunds (z. B. Verhältnis des Umsatzes zum Vermögen); – Ermittlung der Herkunft des Vermögens (z. B. aus Erbschaft, eigener unternehmerischer oder beruflicher Tätigkeit) und seines Verwendungszwecks.
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Eine Risikoklassifizierung im Rahmen des KYC-Ansatzes als Grundlage für die risikoorientierte Prüfung der Transaktionen benötigt zunächst (qualitativ) ausreichende (Hintergrund-)Informationen über den wirtschaftlichen Hintergrund einer Person. Nur dann kann entschieden werden, ob eine Geschäftsbeziehung zu dieser Person für eine Bank zu risikoreich ist oder nicht, z. B. ob sich die Akquise eines Kunden lohnt, weil kein Reputationsrisiko besteht bzw. die Risikoklassifizierung ihn als unbedenklich erscheinen lässt. Dazu müssen ungewöhnliche Transaktionen zuverlässig – mittels intelligenter IT-Lösungen – aufgespürt werden können, wozu der Kunden klassifiziert werden muss. g) Risiko-Klassifizierung. Die Risiko-Klassifizierung des Kunden durch Compliance zeigt den Geschäftsbereichen auf, ob und welche Risiken (z. B. aufgrund des Länderrisikos, weil der Kunde aus einem „High-Risk-Country stammt) bestehen. Kriterien zur Ermittlung eines Risiko-Ratings bzw. zur Risikoklassifizierung (A. Lange, Risikomanager 3/2007, 18 f.) sind: – Unterscheidung zwischen natürlicher und juristischer Person – Risikoklassifizierung für sog. PEPs (PEP ist die Abkürzung für politisch exponierte Persönlichkeit oder „politically exposed person“): Anwendung verstärkter Sorgfaltspflichten – Nationalität und Wohnsitz/Domizil der Vertragspartner, der wirtschaftlich Berechtigten („Benefical Owners“) und der Bevollmächtigten unter Berücksichtigung des jeweiligen Länderratings – Branche und Rechtsform von juristischen Personen (etwas niedriges Risiko für staatliche Unternehmen, hohes Risiko für Stiftungen und Trusts) – Transaktionen (Höhe und Arten der Transaktionen; Transaktionsverhalten) und Kennzahlen wie Umsatz, Barumsatz pro Zeitraum, Umsatz im Verhältnis zum Vermögen, Anzahl Transaktionen im Zeitraum – Anzahl von Transaktionen und Umsatzhöhe mit Risikoländern unter Berücksichtigung eines Länderratings – Sonderfaktoren (z. B. banklagernde Korrespondenz) können zu einer höheren Risikoeinstufung führen Bei Universalbanken muss zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen und bei Banken als solchen nach ihrer Tätigkeit unterschieden werden. Was im Retail- oder Private Banking-Geschäft (z. B. als Transaktionsverhalten) oder bei der einen Bank als Risikomaßstab geeignet sein mag, muss nicht unbedingt für das Firmenkundengeschäft bzw. Corporate Banking oder für das Tätigkeitsfeld einer anderen Bank tauglich sein. Um die Ergebnisqualität ihrer Risiko-Analysen zu erhöhen, gehen Institute teilweise dazu über, ihr CRM-System mit dem Anti-Geldwäsche-System zu verknüpfen.
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h) Identifikationspflicht nach dem GwG. Der deutsche § 1 V GwG verlangt die Identifizierung aufgrund eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses bei Abschluss eines Vertrags zur Begründung einer auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung, z. B. Konto- oder Depoteröffnung, § 2 I GwG. Gleiches gilt bei der Annahme von Bargeld, Wertpapieren der Edelmetallen im Wert von 15.000 Euro oder mehr, § 2 II GwG, mag es sich bei den 15.000 Euro auch um mehrere Finanztransaktionen handeln, die erst in der Summe 15.000 Euro oder mehr ausmachen, § 2 III, aber auch § 6 GwG im Verdachtsfalle. Demgegenüber hat § 154 II 1 AO an Bedeutung verloren. Wichtig ist auch die Feststellung der Identität des wahren wirtschaftlich Berechtigten nach § 8 GwG, wodurch Strohmanngeschäfte aufgedeckt und der Hintermann identifiziert werden soll.
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i) § 25a KWG und das „Know Your Customer-Prinzip“. Die Umsetzung des „Know Your Customer-Prinzips“ (fortgeführt im Papier „Consolidated KYC Risk Management“ des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht v. Oktober 2004) sowie die Einrichtung der von der FATF geforderten Möglichkeiten eines lückenlosen „Konten-Screenings“ sind durch eine Neufassung des § 25a KWG erfolgt (Tröndle/Fischer, StGB § 261 StGB Rn 1).
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j) Global process for managing KYC risks. Das Basler Papier vom Oktober 2004 sieht auf S. 5 unter 7. eine Geldwäscheprävention mittels eines globalen, bankintern zentralisierten KYC-Funktion-Ansatzes (“Global process for managing KYC risks“) vor, der eine gruppenweite Informationsvernetzung („Groupwide information sharing“) erfordert, wie es auf S. 7 unter 17. zum Ausdruck kommt:
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„17. Banks should centralise the responsibility for coordinating groupwide information sharing, Subsidiaries and branches should be required to proactively provide information concerning higher risk customers and activities relevant to the global management of reputational and legal risks to, and respond to requests for account information from the head office or parent bank in a timely manner. The banks´s policies and procedures should include a description of the process to be followed for investigating and reporting potentially suspicious activity.“
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k) Wolfsberg-Gruppe. Zum Private Banking Geschäft hat zudem die WolfsbergGruppe („the Wolfsberg Group“ – benannt nach einem Ort in der Schweiz), die aus führenden internationalen Finanzinstituten besteht wie z. B. Barclays Bank, Citigroup, Credit Suisse Group, Deutsche Bank AG, Goldman Sache, HSBC, J.P. Morgan Chase, Société Générale oder UBS AG folgende unverbindliche Standards formuliert: – Wolfsberg-Erklärung Überwachung, Screening und Suchmechanismen – September 2003 – Wolfsberg AML-Grundsätze für das Korrespondenzbankgeschäft – November 2002 – Wolfsberg-Erklärung zur Unterdrückung der Terrorismusfinanzierung – Januar 2000 – Wolfsberg AML-Grundsätze für das Private Banking Geschäft – Oktober 2000 (überarbeitet 2002) Die Erklärung aus dem September 2003 formuliert Standards für eine risikoorientierte Transaktionsüberwachung, die von der geschäftlichen Tätigkeit der individuellen Einheit (z. B. Retail, Privatkundengeschäft, Korrespondenzbankgeschäft, Handel) abhängig sind. Man wird daher von einer Retail-Einheit nicht dieselben Überwachungs-, Screening- oder Suchverfahren verlangen können wie von einer Private Wealth Management-Einhei