Gabriele Siegert · Dieter Brecheis Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft
Studienbücher zur Kommunikatio...
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Gabriele Siegert · Dieter Brecheis Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft
Studienbücher zur Kommunikations- und Medienwissenschaft Herausgegeben von Günter Bentele, Hans-Bernd Brosius, Otfried Jarren
Herausgeber und Verlag streben mit der Reihe „Studienbücher zur Kommunikationsund Medienwissenschaft“ an, das Fachgebiet Kommunikationswissenschaft als Ganzes sowie die relevanten Teil- und Forschungsgebiete darzustellen. Die vielfältigen Forschungsergebnisse der noch jungen Disziplin Kommunikationswissenschaft werden systematisch präsentiert, in Lehrbüchern von kompetenten Autorinnen und Autoren vorgestellt und kritisch reflektiert. Das vorhandene Basiswissen der Disziplin soll damit einer größeren fachinteressierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Herausgeber und Verlag wollen mit der Reihe dreierlei erreichen: • Zum ersten soll zur weiteren Entwicklung, Etablierung und Profilierung des Faches Kommunikationswissenschaft beigetragen werden. Kommunikationswissenschaft wird als sozialwissenschaftliche Disziplin verstanden, die sich – mit interdisziplinären Bezügen – vor allem mit Phänomenen der öffentlichen Kommunikation in der Gesellschaft befasst. • Zum zweiten soll den Studierenden und allen am Fach Interessierten ein solider, zuverlässiger, kompakter und aktueller Überblick über die Teilgebiete des Faches geboten werden. Dies beinhaltet die Darstellung der zentralen Theorien, Ansätze, Methoden sowie der Kernbefunde aus der Forschung. Die Bände konzentrieren sich also auf das notwendige Kernwissen. Die Studienbücher sollen sowohl dem studienbegleitenden Lernen an Universitäten, Fachhochschulen und einschlägigen Akademien wie auch dem Selbststudium dienlich sein. Auf die didaktische Aufbereitung des Stoffes wird deshalb großer Wert gelegt. • Zum dritten soll die Reihe zur nötigen Fachverständigung und zur Kanonisierung des Wissens innerhalb der Disziplin einen Beitrag leisten. Die vergleichsweise junge Disziplin Kommunikationswissenschaft soll mit der Reihe ein Forum zur innerfachlichen Debatte erhalten. Entsprechend offen für Themen und Autorinnen bzw. Autoren ist die Reihe konzipiert. Die Herausgeber erhoffen sich davon einen nachhaltigen Einfluss sowohl auf die Entwicklung der Kommunikationswissenschaft als auch einen Beitrag zur Aussendarstellung des Faches im deutschen Sprachraum. Die Reihe „Studienbücher zur Kommunikationswissenschaft“ wird ergänzt um ein „Handbuch der Öffentlichen Kommunikation“ sowie ein „Lexikon der Kommunikationswissenschaft“, das von den gleichen Herausgebern betreut wird. Das Handbuch bietet einen kompakten, systematischen Überblick über das Fach, die Fachgeschichte, Theorien und Ansätze sowie über die kommunikationswissenschaftlichen Teildisziplinen und deren wesentliche Erkenntnisse. Das Lexikon der Kommunikationswissenschaft ist als Nachschlagewerk für das gesamte Lehr- und Forschungsgebiet der Kommunikationswissenschaft konzipiert.
Gabriele Siegert · Dieter Brecheis
Werbung in der Medienund Informationsgesellschaft Eine kommunikationswissenschaftliche Einführung 2., überarbeitete Auflage
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
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1. Auflage Juli 2001 (erschienen im Westdeutschen Verlag, Wiesbaden) 1. Auflage September 2005 2., überarbeitete Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Ten Brink, Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-16711-4
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis……………………………………………………. 11 Vorwort ……………………………………………………………………. 13 Vorwort zur 2. Auflage…………………………………………………... . 15 1
Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand………………..17 1.1 Werbung und Wissenschaft ........................................................... 18 1.1.1 Das Interesse verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen an der Werbung ................. 19 1.1.2 Werbung als Forschungsgegenstand der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft ........... 21 1.2 Begrifflich-systematische Grundlagen .......................................... 23 1.2.1 Definitionen von Werbung .................................................. 24 1.2.2 Ausdifferenzierung der Werbung ........................................ 28 1.2.2.1 Above-the-Line-Werbung ....................................... 32 1.2.2.2 Below-the-Line-Werbung ....................................... 34 1.2.2.3 Direktwerbung......................................................... 37 1.2.2.4 Programmintegrierte Werbung und hybride Werbeformen ....................................... 40 1.3 Abgrenzungen und Entdifferenzierung ......................................... 45 1.3.1 Werbung und Public Relations............................................ 46 1.3.2 Werbung, PR und Journalismus .......................................... 50 1.3.3 Werbung und Integrierte Unternehmenskommunikation .... 52 1.4 Publizistik- und kommunikationswissenschaftlich orientierte Systematisierung von Werbung.................................... 55 1.4.1 Die Relevanz der Werbung in der und für die Medien- und Informationsgesellschaft ................................ 55 1.4.2 Interaktivität als Herausforderung für die Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft ...... 58 1.4.3 Die I/P-Matrix als Verortungshintergrund für Werbung..... 60
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Historische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Werbung………………………………. 67 2.1 Geschichte der Werbung und der Werbebranche .......................... 68 2.1.1 Neue Werbeträger, Kunstorientierung und die Geburtsstunde moderner Werbung ......................... 71 2.1.2 Massenproduktion, Propaganda und Gleichschaltung der Werbung ............................................. 72 2.1.3 Wiederaufbau, Wirtschaftswunder und die „heile Welt“ in der Werbung .................................. 74 2.1.4 Politische Umbrüche, die 68er und intellektuelle Werbekritik ............................... 75 2.1.5 Terrorismus, individuelle Freizeitgesellschaft und erotische Jugendlichkeit in der Werbung ..................... 77 2.1.6 Umweltkatastrophen, Multioptionsgesellschaft und Rehabilitation der Werbung ......................................... 79 2.1.7 Kommunikationswettbewerb, hybride Verbraucher, Skandale und Selbstverweise in der Werbung .................... 81 2.1.8 Boom und Krise, ProdUser und Networker, virtuelle und virale Werbung............................................... 84 2.2 Aktuelle Rahmenbedingungen der Werbung................................. 87 2.2.1 Internationalisierung und Globalisierung ............................ 87 2.2.2 Digitalisierung und neue Informations- und Kommunikationstechnologien ............................................ 90 2.2.3 Individualisierung, Erlebnisund Inszenierungsorientierung ............................................ 93 2.2.4 Mediatisierung und Aufmerksamkeitsmärkte ..................... 95 2.2.5 Ökonomisierung und veränderte Märkte............................. 99 2.2.6 Rechtliche und institutionelle Rahmenbedingungen ......... 101 2.3 Wirtschaftliche Bedeutung der Werbung .................................... 104 2.3.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Werbemarktes ................. 106 2.3.2 Bedeutung der Werbung für die Medien ........................... 113
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Theoretischer Analyserahmen der Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft………………….... 119 3.1 Differenzierungstheoretische Perspektive und die Verknüpfung von Strukturen und Akteurshandeln ......... 120 3.2 Makroebene: Werbung zwischen Ökonomie und Publizistik...... 122 3.2.1 Zuordnung der Werbung zum Teilsystem Wirtschaft ....... 124 3.2.2 Zuordnung der Werbung zum Teilsystem Publizistik/Medien ............................................................ 126 3.2.3 Werbung als autonomes Funktionssystem ........................ 128 3.2.4 Werbung als Interpenetrationszone ................................... 129 3.3 Mesoebene: Prozess, Akteure und Interessen in der Werbung.... 132 3.3.1 Werbeprozess .................................................................... 134 3.3.1.1 Werbung als Managementprozess ......................... 134 3.3.1.2 Werbung als Kommunikationsprozess .................. 135 3.3.1.3 Werbung als gemanagter Kommunikationsprozess 136 3.3.2 Handlungsbereiche und Akteursgruppen der Werbung .... 142 3.3.2.1 Handlungsbereiche des Werbewirtschaftssystems 143 3.3.2.2 Akteursgruppen im Werbeprozess ........................ 146 3.3.2.3 Differenzierung der Akteure im realen Werbeprozess ........................................ 147 3.3.3 Akteurs- und Interessenskonstellationen in der Werbung. 158 3.3.3.1 Idealtypische Struktur der Werbekommunikation 159 3.3.3.2 Orientierungen, Interessen und Einflüsse jenseits der Auftragslogik ...................................... 162 3.4 Mikroebene: Agenturstrukturen und Berufsrollen in der Werbung............................................................................. 170 3.4.1 Aufbau und Innenleben von Agenturen ............................ 171 3.4.1.1 Typischer Agenturaufbau ...................................... 172 3.4.1.2 Herausforderungen und typische Konfliktkonstellationen ........................... 174 3.4.2. Berufsrollen und Selbstbilder in der Werbung ................. 177 3.4.2.1 Berufe und Anforderungen.................................... 177 3.4.2.2 Selbstbilder und Intra-Rollenkonflikte .................. 183
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Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix…………………………… . 189 4.1 Massenwerbung ohne redaktionellen Kontext............................. 191 4.1.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation ............ 191 4.1.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbemitteln .................. 193 4.1.2.1 Mediaplanung ........................................................ 193 4.1.2.2 Werbeträger und Werbemittel ............................... 194 4.1.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten ................... 197 4.1.4 Spezifika zur Werbewirkung............................................. 198 4.2 Zielgruppenspezifische Werbung ohne redaktionellen Kontext.. 199 4.2.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation ............ 200 4.2.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbemitteln .................. 201 4.2.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten ................... 202 4.2.4 Spezifika zur Werbewirkung............................................. 203 4.3 Personalisierte Werbung ohne redaktionellen Kontext ............... 204 4.3.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation ............ 206 4.3.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbemitteln .................. 209 4.3.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten ................... 211 4.3.4 Spezifika zur Werbewirkung............................................. 212 4.4 Prototyp 1: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien .......................................................... 213 4.4.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation ............ 213 4.4.2 Grundlagen zu Werbeträgern und Werbemitteln .............. 215 4.4.2.1 Mediaplanung ........................................................ 215 4.4.2.2 Medien als Werbeträger und ihre Werbemittel ..... 217 4.4.3 Grundlagen zu Werbeinhalten: Botschaften und Bedeutungen ........................................... 226 4.4.3.1 Gestaltung der Werbebotschaft ............................. 226 4.4.3.2 Bedeutungen der Werbung und Bedeutungen in der Werbung ...................................................... 228 4.4.4 Grundlagen zur Werbewirkung ......................................... 232
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4.5 Prototyp 2: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Zielgruppenmedien oder -angeboten ........................................... 238 4.5.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation ............ 239 4.5.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbemitteln: Zielgruppenaffinität........................................................... 240 4.5.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten ................... 243 4.5.4 Spezifika zur Werbewirkung............................................. 245 4.6 Als getrennt ausgewiesene personalisierte medial vermittelte Werbung......................................................... 246 4.6.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation ............ 248 4.6.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbemitteln .................. 249 4.6.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten ................... 250 4.6.4 Spezifika zur Werbewirkung............................................. 251 4.7In den redaktionellen und inhaltlichen Kontext integrierte Massen- und Zielgruppenwerbung ............................. 252 4.7.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation ............ 255 4.7.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbeformen .................. 261 4.7.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten ................... 267 4.7.4 Spezifika zur Werbewirkung............................................. 268 4.8Kontext-integrierte personalisierte Werbung sowie Mitmach-Werbung............................................................. 273 4.8.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation ............ 278 4.8.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbemitteln .................. 280 4.8.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten ................... 284 4.8.4 Spezifika zur Werbewirkung............................................. 285
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Inhaltsverzeichnis
Werbung und gesellschaftliche Kommunikation: Resümée und Ausblick…………………………………………… . 291 5.1 Werbung und gesellschaftliche Kommunikation......................... 292 5.1.1 Der Einfluss der Werbung auf die Medien........................ 292 5.1.2 Die Beziehung zwischen Werbung und Medien ............... 293 5.1.3Die Verschmelzung der Werbung mit anderen Formen gesellschaftlicher Kommunikation .................................... 295 5.2 Thesen zur Zukunft der Werbung ................................................ 296 5.2.1 Das Spannungsverhältnis zwischen Ökonomie und Aufmerksamkeit bleibt konstitutiver Bestandteil der Werbung ............................................................................ 297 5.2.2 Die Beherrschung beider Prozesslogiken bleibt die Voraussetzung für den Erfolg der Werbeakteure ............. 298 5.2.3 Online-Werbung und Mobile Marketing können die hoch gesteckten Erwartungen der Werbetreibenden nur teilweise erfüllen ......................................................... 298 5.2.4 Limitierte Partizipationsbereitschaft der Nutzer begrenzt die Erfolgspotenziale der Mitmach-Werbung .... 299
Literaturverzeichnis…………………………………………………….. . 300 Stichwortverzeichnis……………………………………………………. . 318
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5:
Erscheinungsformen der Direktwerbung Abgrenzung von Werbung und Public Relations Journalismus, PR und die Erkennbarkeit klassischer Werbung Zunehmende Tendenz zur Integration der Werbung PR, Marketing, Marketingkommunikation und Werbung im Zusammenspiel Abbildung 6a: I/P-Matrix zur Systematisierung von Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft Abbildung 6b: Exemplarische Verortung ausgewählter Werbeformen in der I/P-Matrix Abbildung 7: Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft Abbildung 8: Werbeinvestitionen in Deutschland 2000 bis 2008 Abbildung 9: Netto-Werbeinvestitionen im weltweiten Vergleich nach Kontinenten 1998 - 2007 Abbildung 10a: Gesamtwerbeinvestitionen, Netto-Werbeeinnahmen der Medien und Bruttoinlandsprodukt in Deutschland 2004 bis 2008 Abbildung 10b: Netto-Werbeeinnahmen der Medien und Bruttoinlandsprodukt in der Schweiz 2004 bis 2008 Abbildung 11: Kennzahlen zur Werbung im internationalen Vergleich Abbildung 12: Beschäftigte in der deutschen Werbewirtschaft 2008 Abbildung 13: Verteilung der Netto-Werbeinvestitionen nach Medien in ausgesuchten Ländern 2007 Abbildung 14: Veränderung der Werbemarktanteile der Medien weltweit 1998 bis 2007 Abbildung 15: Werbung als Interpenetrationszone Abbildung 16: Werbung als Managementprozess Abbildung 17: Werbung als Kommunikationsprozess Abbildung 18: Werbung als gemanagter Kommunikationsprozess Abbildung 19: Handlungsbereiche des Werbewirtschaftssystems Abbildung 20: Strukturmodell des Gesamtwerbeprozesses Abbildung 21: Idealtypische Agenturmodelle Abbildung 22: Die fünf Network-Konzerne und ihre bekanntesten Netzwerke Abbildung 23: Die Akteure in der Auftragslogik des Werbeprozesses Abbildung 24: Mögliche Maßnahmen zur Eindämmung präkontraktualer wie postkontraktualer Probleme
39 49 51 52 54 62 63 105 107 108
110 110 111 113 115 116 131 135 136 141 143 147 151 153 160 167
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 25: Strukturmodell einer klassischen Full-Service-Werbeagentur Abbildung 26: Berufsfelder und Berufsgruppen in Werbeagenturen Abbildung 27: Berufstätigkeiten im Werbeprozesss anhand des Wirz-Cycle Abbildung 6c: I/P-Matrix Abbildung 28: Ausgesuchte Vor- und Nachteile der Plakatwerbung Abbildung 29: Ausgesuchte Vor- und Nachteile der Verkehrsmittelwerbung Abbildung 30: Werbeträger Zeitungen – ausgesuchte Vor- und Nachteile Abbildung 31: Werbeträger Publikumszeitschrift ausgesuchte Vor- und Nachteile Abbildung 32: Werbeträger Fernsehen ausgesuchte Vor- und Nachteile Abbildung 33: Werbeträger Radio ausgesuchte Vor- und Nachteile Abbildung 34: Ausgesuchte Vor- und Nachteile der Online-Werbung Abbildung 35: Verteilung der Netto-Werbeinvestitionen nach Medien 2008 Abbildung 36: Unterschiedliche Hierarchie von Werbeeffekten Abbildung 37: Mobiles Vergnügen - Gründe, um an Aktionen mit dem Handy teilzunehmen Abbildung 38: Beurteilung hybrider Werbung durch verschiedene Akteure Abbildung 39: Der Werbeprozess bei klassischer versus hybrider Werbung Abbildung 40: Anwendung des Intereffikationsmodells auf Werbung
173 179 181 190 196 196 219 220 222 223 224 225 235 250 259 260 294
Vorwort „Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft. Eine kommunikationswissenschaftliche Einführung“ widmet sich einem Themenbereich, zu dem auf den ersten Blick viel Literatur vorhanden ist. Unterschiedliche Wissenschaftsdisziplinen befassen sich mit Fragen rund um die Werbung und nehmen dabei höchst unterschiedliche Perspektiven ein. Und je nachdem, welche disziplinären Perspektiven verfolgt werden, variiert die theoretische Konzeption von Werbung und werden andere methodische Zugänge verfolgt. Dabei kann man gelegentlich den Eindruck gewinnen, dass die Perspektiven nur bedingt wechselseitig anschlussfähig sind. Warum also noch ein Buch über Werbung? Vor allem, weil Werbung bislang in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft eher stiefmütterlich behandelt wurde. Ein Thema, das weder einen geschlossenen Forschungsbestand aufweist, noch im Kern der Disziplin steht. Und dies, obwohl Werbung eben dort zu verankern ist, wo die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft ihren Schwerpunkt sah und sieht - in der gesellschaftlichen Kommunikation. Zwar finden sich zu einzelnen Bereichen relevante Studien, andere Bereiche werden aber fast systematisch ausgeblendet: Weder werden die Sprecher und Produzenten der Werbung problematisiert, obwohl die Kommunikatorforschung in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft eine wesentliche Rolle spielt, noch wird die Entwicklung der Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft hinreichend reflektiert, obwohl anzunehmen ist, dass u.a. Aufmerksamkeitswettbewerb und Mediatisierungstendenzen auch die Werbung beeinflussen. Ziel des vorliegenden Lehrbuchs ist es, in eben diese Bereiche etwas Licht zu bringen. Zum einen verfolgt die Einführung eine akteurszentrierte Perspektive. Die Sprecher und Produzenten, mithin die Kommunikatoren der Werbung, ihre wechselseitigen Beziehungen und Interessenskonstellationen werden, weil bislang in der Literatur unterrepräsentiert, ausführlich aufgearbeitet, u.a. um die Netzwerkartigkeit werblicher Kommunikation aufzuzeigen. Zum anderen diskutiert die Einführung bewusst die aktuellen Veränderungen und Entwicklungen der Werbung. Dazu und auch um die differenzierten Formen der Werbung zu systematisieren, wird eine eigene I/P-Matrix entworfen. Anhand der Dimensionen I für die Integration in den redaktionellen Kontext und P für den Personalisierungsgrad der Werbung werden auch die publizistik- und kommunikationswissenschaftlich relevanten Besonderheiten dargestellt.
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Vorwort
Die Einführung folgt dabei einer eigenen Didaktik. Die Kapitel sind systematisch aufgebaut und in vergleichbarer Weise strukturiert. Jedes Kapitel wird jeweils durch einen kursiv gesetzten Text eingeleitet, der in die jeweilige Problemstellung einführt. Mit den folgenden graphischen Symbolen wird der Text erschlossen:
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Wichtige Begriffe und Definitionen werden in einem Kasten gerahmt.
Fallbeispiele sollen komplexe Sachverhalte durch Aussagen von Werbeexperten, Beispiele aus der Werbepraxis oder Auszüge aus Schlüsseltexten anschaulich machen. Die Auswahl der Fallbeispiele orientiert sich an ihrer Eignung den Sachverhalt zu verdeutlichen oder zu illustrieren und macht keine Aussage über die Qualität der Werbung.
Zum Abschluss eines Kapitels werden die wichtigsten Punkte in einem Absatz zusammengefasst und der Zusammenhang mit anderen Kapiteln hergestellt.
Verweist auf drei bis vier der wichtigsten Werke zu dem jeweiligen Kapitel, die zur weiteren Vertiefung genutzt werden können.
Zur besseren Lesbarkeit werden im Text für Personen zumeist nur die männlichen Bezeichnungen (Werber, Journalist etc.) verwendet und es wird auf die sprachliche Differenzierung von Männern und Frauen verzichtet. In der Produktionsphase dieses Lehrbuches haben wir vielfältige Hinweise und Tipps von Kolleginnen und Kollegen aus Wissenschaft und Praxis erhalten. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Unser besonderer Dank gilt Sibylle Eberle für die Unterstützung bei der Literatursuche. Bedanken möchten wir uns auch bei Nathan Thomas, der sich als „studentischer Leser mit Vorwissen“ verdient gemacht hat, und bei Frau Emig-Roller, die uns geduldig und kompetent betreut hat. Zürich, im Sommer 2005 Gabriele Siegert und Dieter Brecheis
Vorwort zur 2. Auflage Die Reaktionen auf unser Lehrbuch waren überwiegend positiv. Besonders gefreut haben uns Mitteilungen zahlreicher Leserinnen und Leser darüber, dass sich die von uns entwickelte I/P-Matrix nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Praxis als nützlich und wertvoll erwiesen hat. Für die zweite Auflage dieses Lehrbuches haben wir wieder vielfältige Hinweise und Tipps von Kolleginnen und Kollegen aus Wissenschaft und Praxis sowie von Studierenden erhalten. Auch die Rezensenten haben Hinweise auf Fehler und Verbesserungsmöglichkeiten geliefert. An dieser Stelle sei allen für diese wertvollen Anregungen herzlich gedankt. Wir haben mit der zweiten Auflage nicht nur versucht, auf diese Anregungen einzugehen, sondern auch die Überarbeitung so aktuell wie möglich zu halten. Dies war angesichts der Ereignisse 2008/2009 nicht ganz einfach. Werbung und Werbebranche sind ein dynamisches Feld, und besonders vor dem Hintergrund der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise überschlugen sich die Ereignisse oftmals. Zudem wurden und werden einige Werbeinnovationen regelmäßig als die „Zukunft“ der Werbung stilisiert und damit in ihrer Breitenwirkung ma ßlos überschätzt. Wir haben versucht, diesen vielfältigen Entwicklungen „unaufgeregt“ Rechnung zu tragen und das Neue gebührend zu berücksichtigen, ohne den Standard der klassischen Werbung als altmodisch abzuschreiben. Die Beispiele sind wie bereits in der ersten Auflage vor allem deshalb gewählt, weil sie prototypischen Charakter haben und die Ausführungen sinnvoll illustrieren. So möchten wir auch einige aktuelle Angaben verstanden wissen, die ggfs. zum Zeitpunkt des Lesens aufgrund der Dynamik bereits veraltet sein könnten. Zürich, Winter 2009 Gabriele Siegert und Dieter Brecheis
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Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
In diesem Kapitel wird die wissenschaftliche Herangehensweise an das Phänomen Werbung skizziert. Im Alltag zeigt sich Werbung omnipräsent, von facettenreicher Komplexität und in vielschichtigen Erscheinungsformen und Vernetzungen. Entsprechend umfassend gestaltet sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Sichtet man die Literatur zur Werbung, sieht man sich mit einer nahezu unüberschaubaren Fülle und Bandbreite konfrontiert. Es nimmt daher kaum Wunder, dass Werbung nicht nur studentische Qualifikationsarbeiten inspiriert, sondern auch unterschiedlichste Wissenschaftsdisziplinen beschäftigt. Diese werden mit ihrem Bezug zur Werbung kurz vorgestellt, bevor der Stellenwert der Werbung als Forschungsgegenstand der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft thematisiert wird. Deren Interesse an der Werbung hat in den letzten Jahren zwar massiv zugenommen, dennoch lassen sich bis heute weder ein kohärenter Bestand an Werbetheorien noch eine etablierte Institutionalisierung finden. Und dies, obwohl sich anhand unterschiedlicher Definitionen für Werbung, die stark von anderen Disziplinen, namentlich der Betriebswirtschaftslehre, geprägt wurden, zeigen lässt, dass Werbung als Kommunikationsprozess eigentlich im Kern der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft liegt. Aus den vorhandenen Definitionen werden des Weiteren essenzielle Elemente zur Begriffsbestimmung herausgefiltert, um angesichts der weit streuenden Ausdifferenzierung der Werbung zumindest ein Grundmaß an Struktur zu schaffen. Inwiefern Werbung dann noch von anderen Konzepten, PR, Marketing und Unternehmenskommunikation abgegrenzt werden kann oder inwiefern eine solche analytische Abgrenzung das Alltagsverständnis von Werbung abdeckt, wird ebenfalls diskutiert. Im letzten Unterkapitel wird die Vorgehensweise für diese Einführung anhand einer eigenen Systematisierung vorgestellt, die auf zwei publizistikund kommunikationswissenschaftlichen Perspektiven basiert: Die erste sieht Werbung als spezielle Form der Kommunikation, die zweite prüft, inwieweit die Verknüpfung von Werbung und Medien diese auch zu einem Einflussfaktor für die öffentliche Kommunikation macht.
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
1.1 Werbung und Wissenschaft Werbung ist zumindest Thema, oft auch Forschungsobjekt vieler wissenschaftlicher Disziplinen. Entsprechend umfangreich zeigt sich die relevante Literatur, wobei ein eigener geschlossener Schwerpunkt der publizistik- und kommunikationswissenschaftlich geprägten Literatur nicht erkennbar ist. Neben unzähligen Monographien und Sammelbänden finden sich zahlreiche Fachzeitschriften aus unterschiedlichen Disziplinen, die sich – entweder deutlich auf die Werbepraxis und/oder auf wissenschaftliche Analysen zum Thema fokussiert – mit Werbung befassen. Mehrere Hand- und Lehrbücher, die sich ausschließlich mit Werbung befassen (vgl. u.a. Tietz 1981; 1982a und 1982b; Geffken 1999; Schweiger/Schrattenecker 2001; Kloss 2003, Schmidt 2004), stehen neben solchen, die benachbarten oder übergreifenden Themenkreisen wie z.B. dem Marketing gewidmet sind und die Werbung im jeweiligen Kontext behandeln (vgl. u.a. Bruhn 2002, Kotler/Bliemel 2001, Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002). Dramatisch angestiegen ist in den letzten Jahren die Zahl der Publikationen zum Themenkreis „Online-Kommunikation/Interaktivität“ (vgl. u.a. Oenicke 1996, Hass/Walsh/Kilian 2008, Bauer/Große-Leege/Rösger 2008, Schwarz 2008). Zur Situation der Werbebranche stellen Verbände und Institutionen ein umfangreiches Set an Publikationen zur Verfügung. Am bekanntesten dürfte hier wohl das jährlich aufgelegte und mittlerweile in Teilen online zugängliche ZAW-Jahrbuch „Werbung in Deutschland …“ sein. Die Werbestatistik Schweiz weist jährliche Angaben zum dortigen Werbemarkt aus. In Österreich gestaltete sich ein solches Vorhaben bislang als eher problematisch, wobei hier Studien zum österreichischen Werbemarkt der Prognos AG vorliegen. Für internationale Vergleiche bieten sich z.B. die Publikationen des World Advertising Research Center oder der International Advertising Association (IAA) an, so u.a. das Advertising Statistics Yearbook oder World Advertising Trends. Einen Überblick über Organisationen und Institutionen mit Schwerpunkt auf dem angloamerikanischen Raum bietet John Philip Jones (2000). Die in dieser Einführung zitierte und angeführte Literatur kann aufgrund dieser Fülle – trotz allen Bemühens – immer nur einen exemplarischen Auszug aus dem gesamten Angebot repräsentieren.
1.1 Werbung und Wissenschaft
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1.1.1 Das Interesse verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen an der Werbung Das Interesse unterschiedlichster Disziplinen an der Werbung kann bereits sehr früh, nämlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts nachgewiesen werden. Dabei haben sich vor allem die Betriebswirtschaftslehre und die Wirtschaftspsychologie kontinuierlich dem Phänomen Werbung gewidmet. Insgesamt wurde bereits damals Werbung als komplexer Prozess aufgefasst, der den Reiz nicht als alleinige Ursache für Werbewirkungen festhielt (vgl. Regnery 2002 und 2004: 113ff). Ein wesentlicher Teil der Untersuchungen zur Werbung entstammt folglich dem wirtschaftswissenschaftlichen Kontext: Dabei hat sich die Volkswirtschaftslehre zu Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dem Phänomen Werbung intensiv gewidmet (vgl. z.B. Lever 1947; Streißler 1965; Seitz 1971). Gegenwärtig zeigt sie eher geringes Forschungsinteresse. Allerdings werden auch heute noch in einigen Abhandlungen die Bedeutung der Werbung und ihre Ausstrahlungseffekte auf andere Branchen untersucht oder die Konjunkturabhängigkeit der Veränderungen im Werbemarkt analysiert (vgl. Chowdhury 1994; Andras/Srinivasan 2003; Lang 2004). Der Betriebswirtschaftslehre – und hier insbesondere dem Marketing – ist dagegen ein Grossteil der vorhandenen Literatur zur Werbung zu verdanken. Sie fokussiert auf die Rolle der Werbung in der unternehmerischen Kommunikationspolitik innerhalb des Marketing-Mix. Danach spielt die Kommunikationspolitik zusammen mit Preis-, Distributions- und Produktpolitik die fundamentale Rolle in einer marktorientierten Unternehmensführung (vgl. u.a. Meffert 1994; Bruhn 1997; Kotler/Bliemel 2001). Das Marketing hat auch frühzeitig den Stellenwert der Werbung als Marktkommunikation beim Wandel von der 'Mangel-' zur 'Überflussgesellschaft' bzw. vom Verkäufer- zum Käufermarkt erkannt und in der Phase der Marketingorientierung (1970er Jahre) die Arbeiten zur Werbung forciert. Kennzeichnend für viele dieser frühen Arbeiten ist, dass sie – obwohl betriebswirtschaftlich initiiert – Werbung als Phänomen begreifen, das nur interdisziplinär untersucht werden kann. Entsprechend haben ihre Autoren auf andere Disziplinen zurückgegriffen bzw. deren Erkenntnisse integriert (vgl. stellvertretend: Behrens 1970; Meyer/Hermanns 1981; Tietz 1981; 1982a und 1982b). Besonders ausgeprägt ist die Verbindung zwischen Werbung und Psychologie, namentlich Wirtschafts-, Konsumenten- und Werbepsychologie, die vor allem das Erleben und Verhalten der Werbeadressaten analysiert. Darunter sind u.a. aktivierende Prozesse wie Motivation oder Involvement, Wahrnehmungs- und Lernprozesse, Prozesse der Einstellungs- und Verhaltensver-
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
änderung sowie Entscheidungsprozesse mit Schwerpunkt Kaufentscheidung (vgl. u.a. Rosenstiel/Kirsch 1996; Kroeber-Riel 1996; Mayer/Illmann 2000; Felser 2001) zu verstehen. Wie auch in der allgemeinen Medienwirkungsforschung haben deshalb psychologisch orientierte Abhandlungen, Modelle und Untersuchungen einen prominenten Platz vor allem in der Werbewirkungsforschung. Aufgrund der dort gewonnen Erkenntnisse thematisiert die Werbepsychologie jedoch auch die Inhaltsebene und damit die Werbeund Produktgestaltung. Die Soziologie sieht Werbung zum einen als System, das kulturell relevante Bedeutungen liefert und Einfluss auf die Sozialisation nimmt. Zum anderen wird Werbung auch zum Konstruktionsbestandteil von Lebensstilen, von Identität und Image (vgl. u.a. Hölscher 1998; Schnierer 1999). Für die für Marketing und Werbung wichtige Zielgruppenforschung bildet die Sozialstruktur- und Lebensstilforschung insgesamt das wissenschaftliche Fundament. Desweiteren befasst sich die soziologische Perspektive mit dem Zusammenhang zwischen allgemeinem Wertewandel und Werbewandel (vgl. z.B. Schulze 1992: z.B. 13ff). Schliesslich ist auch die auf der Kritischen Theorie basierende Werbekritik hier zu verorten. Der dort hergestellte Zusammenhang zwischen Werbung und kapitalistischem System wurde aber bereits viel früher u.a. von Theodor Geiger (1943) thematisiert (vgl. Regnery 2004: 126ff.). Linguistik und Semiotik befassen sich mit der Ästhetisierung der Darstellungstechniken und mit werbespezifischen Symbolen und Codes (vgl. für eine Übersicht: Bechstein 1987; Sowinski 1998). Nicht selten wird dabei explizit auf die Werbesprache fokussiert und u.a. deren Wandel, deren Verknüpfung mit dem jeweiligen Werbeträger oder deren Adaption im internationalen Werbekontext thematisiert (vgl. z.B. Baumgart 1992; Wyss 1998, 207ff; Cölfen 1999). Mittlerweile sind Wort-/Bild-Kombinationen in Werbeanzeigen und -spots, die insgesamt als zu interpretierender Text verstanden werden, ein häufig untersuchtes Feld (vgl. z.B. Stöckl 1995; Wyss 2002). Neben diesen Disziplinen, die sich in eigenen Schwerpunkten mit Werbung befassen, ist Werbung als Untersuchungsgegenstand in vielen weiteren Disziplinen präsent. Deshalb verwundert es nicht, dass viele Sammelbände zur Werbung disziplinenübergreifend angelegt sind (vgl. stellvertretend: Hartmann/Haubl 1992; Jäckel 1998; Willems 2002). Die Faszination der Werbung spiegelt sich nicht zuletzt auch darin, dass diese als Thema für studentische Qualifikationsarbeiten einen regelrechten Boom erlebt.
1.1 Werbung und Wissenschaft
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1.1.2 Werbung als Forschungsgegenstand der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft Werbung ist in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft weder ein geschlossenes Forschungsfeld, noch ist sie als Kernbereich der Disziplin verankert. Die bereits 1981 von Wolfgang Langenbucher (1981: 35) formulierte Aussage „Werbung ist selten ein eigenständiger Gegenstand der Kommunikationswissenschaft“ hat also nach wie vor Gültigkeit, wenn auch mittlerweile in abgeschwächter Form. Dies ist insofern erstaunlich, als bereits frühzeitig Vertreter anderer Disziplinen kommunikationstheoretische Probleme der Werbung reflektiert und dabei maßgeblich auf allgemeine Modelle des Kommunikationsprozesses, auf Ansätze wie den Two-StepFlow of Communication und auf die kommunikationswissenschaftlichen Untersuchungen von Paul F. Lazarsfeld, Harold D. Lasswell, Carl I. Hovland oder Bernard Berleson rekurriert haben (vgl. z.B. Haseloff 1970, Meyer/ Hermanns 1981: 33ff). So betonen Paul W. Meyer und Arnold Hermanns, dass sich Werbung als Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaften früher als andere Bereiche interdisziplinär geöffnet habe, und dass neben Psychologie, Sozialpsychologie und Soziologie die „Informations- und Kommunikationstheorie“ dabei besonders wichtig sei. Dennoch hat die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft Werbung als ein für sie relevantes Thema bislang weitgehend ignoriert. Und dies, obwohl sie einerseits die öffentliche Kommunikation und deren Beeinflussung als Schwerpunkt fokussiert, andererseits aber Werbung als öffentliche Kommunikation aufgefasst wird, deren Beeinflussungsabsicht inhärent ist. Unverständlich ist diese Ignoranz auch vor dem Hintergrund, dass in den frühen Jahren der Werbeforschung auf die Perspektive von Werbung als Kommunikationsprozess hingewiesen wurde. „Werbwart“ Weidenmüller hat bereits 1926 eine Definition von Werbung vorgelegt, die alle wesentlichen Bestandteile – Kommunikator, Aussage, Medium, Rezeptionssituation, Rezipient und Wirkung – beinhaltete (vgl. Regnery 2002: 279ff). Auch verwies Hans Amandus Münster bereits 1956 im ersten Jahrgang der Fachzeitschrift „Publizistik“ auf drei Schnittstellen zwischen Werbung und Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, nämlich auf die „Einordnung der Werbung in den Gesamtbereich Publizistik, die publizistischen Organe im Dienste der Wirtschaftswerbung und die Eigenwerbung publizistischer Unternehmen.“ (Münster 1956: 78) Erst gut 50 Jahre später greifen Thomas Schierl (2003) und Guido Zurstiege (2005: 5ff) als eine der ersten diese frühe Verknüpfung wieder auf, um die diziplinäre Relevanz der Werbung zu begründen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kann die – durchaus kritisierte – Missachtung des Themas damit begründet werden, dass die Zeitungskunde um
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ihre wissenschaftliche Legitimation kämpfte (vgl. Regnery 2002: 299ff). Zudem kann ein wesentlicher Grund für die Vernachlässigung darin gesehen werden, dass sich die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft lange Zeit nur redaktionellen Beiträgen gewidmet hatte (vgl. Saxer 1987: 650). Da aber über die gesetzlich verankerte Kennzeichnungspflicht sichergestellt war, dass klassische Werbung deutlich vom redaktionellen Teil getrennt war und als getrennt erkannt werden konnte, wurden das Verhältnis zwischen Medien und Werbung – anders als das zwischen Medien und PR– lange Zeit als unproblematisch und die relevanten Themen der öffentlichen Kommunikation davon unbeeinflusst angesehen. Ein weiterer Grund für die nur punktuell stattfindende Auseinandersetzung mit dem Forschungsgegenstand Werbung kann sicher auch darin vermutet werden, dass Publizistik- und Kommunikationswissenschaftler sich eher politischen Fragestellungen widmeten und (vor allem mikro-)ökonomischen Themen distanziert gegenüber standen. Die bis etwa in die 1980er Jahre hineinreichenden Reputationsprobleme der Werbung – am pointiertesten dokumentiert im Buchtitel eines der bekanntesten französischen Agenturinhabers „Ne dites pas à ma mère que je suis dans la publicité … Elle me croit pianiste dans un bordel“ (Séguéla 1978) – mögen dieser Haltung nachhaltig Vorschub geleistet haben. Es kann daher kaum verwundern, dass Werbung als Forschungsgegenstand nur zögerlich und in Form der ab dem Ende der 1960er Jahre von soziologischer und psychologischer Seite formulierten Werbekritik (vgl. z.B. Horkheimer/Adorno 1969; Haug 1971) Eingang in publizistik- und kommunikationswissenschaftliche Arbeiten z.B. zur Presseökonomie fand. Hier wurde Werbung als Finanzierungsquelle der Medien auf ihr Macht- und Einflusspotenzial hin problematisiert (vgl. z.B. Knoche 1978: 76ff). Dies schließt an Karl Büchner an, der 1926 die wirtschaftliche Abhängigkeit der Presse von der Werbung kritisierte, dessen Kritik aber fälschlicherweise oft als Kritik an der Werbung selbst missverstanden wurde (vgl. Regnery 2002: 299). Inzwischen wird die Auseinandersetzung mit Werbung innerhalb der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in mehreren Forschungsfeldern geführt. In medienökonomischen Untersuchungen wird begründet dargelegt, dass sich die Medien in ihrer Programmstrukturierung und -gestaltung zuerst an den Anforderungen der Werbewirtschaft orientieren und erst danach an jenen der Rezipienten (vgl. u.a. Ang 1991; Siegert 1993; Heinrich 1996). Allerdings weitet sich mittlerweile der Fokus der Teildisziplin auf Werbung aus (vgl. z.B. den Band von Seufert/Müller-Lietzkow 2005).
1.2 Begrifflich-systematische Grundlagen
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Eng damit verbunden – wenn auch aus anderer Perspektive heraus – sind die Untersuchungen zu den Medien als Werbeträger. Dieser Forschungsbereich behandelt im intramedialen Vergleich die Vor- und Nachteile der einzelnen Titel und Programme, während im intermedialen Vergleich die Vor- und Nachteile der einzelnen Mediengattungen gegeneinander abgewogen werden. Entsprechend wird dieser Bereich stark durch die praktische Forschung und die Praxis der Mediaplanung bestimmt (vgl. u.a. Wessbecher/Unger 1991; Korff-Sage 1999; Unger u.a. 2002). Ein weiteres in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft intensiv diskutiertes Feld ist die Werbewirkungsforschung. Mit Werbung sollen explizit Einstellungen und Verhalten beeinflusst werden, der Werbung wird also ein besonderes Einflusspotenzial zugesprochen. Damit öffnet sich gerade in der Überprüfung dieses Wirkungspotenzials eine nicht nur wissenschaftlich anspruchsvolle und interessante, sondern auch eine in der Medienpraxis nachgefragte Perspektive (vgl. u.a.: Petty/Cacioppo 1983; Schenk 1989; Schenk/ Donnerstag/Höflich 1990; Brosius/Fahr 1996; Friedrichsen 1999a). Als Fazit kann mit Guido Zurstiege und Siegfried J. Schmidt (2003: 492) angesichts des Umfangs und der Qualität publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Abhandlungen zu Werbeträgern und Werbewirkung Werbung zu Recht als ein Forschungsbereich der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft bezeichnet werden. Ein Forschungsbereich allerdings, der bisher weder einen kohärenten Bestand an Werbetheorien hervorgebracht hat, noch institutionell im Fach etabliert ist.
1.2 Begrifflich-systematische Grundlagen Wie gezeigt, haben sich unterschiedliche Disziplinen früh mit Werbung befasst, wenn auch wissenschaftliche Erkenntnisse nur teilweise Eingang in die Werbepraxis gefunden haben. Insgesamt stellt Ulrich Saxer (1987: 651) jedoch fest, dass Werbung als Kommunikationstätigkeit wesentlich stärker verwissenschaftlicht sei als Journalismus (wobei sich dies in den letzten Jahrzehnten stärker angeglichen haben dürfte). Mit zunehmend systematischer, wissenschaftlicher Auseinandersetzung wurde der bis in die 1950er Jahre häufig verwendete Begriff der „Reklame“ vom Begriff „Werbung“ verdrängt. „Reklame“ ist seitdem zumindest leicht negativ besetzt und findet in eher abwertendem Kontext Verwendung, wenn auch der Begriff hin und wieder in Agenturnamen oder Medientiteln kreatives Anderssein dokumentieren soll.
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
Obwohl die zwischenzeitlich erarbeiteten Definitionen bis heute in den Grundzügen prägend sind, bringt die Beteiligung zahlreicher Disziplinen auch eine gewisse definitorische Unschärfe mit sich. Zudem ist Werbung ein hoch dynamisches Forschungsobjekt, das Veränderungen in seinem gesellschaftlichen, historischen und wirtschaftlichen Umfeld nachvollzieht und in vielen Fällen widerspiegelt. Die Antworten auf die Frage „Was ist Werbung?“ sind deshalb zumeist Momentaufnahmen mit begrenzter Gültigkeit. Anstelle des Versuchs, eine statisch-dauergültige Definition zu finden, scheint es daher zielführender, Grundmerkmale und -charakteristika herauszuarbeiten und Werbung auf dieser Basis begrifflich zu fassen. 1.2.1 Definitionen von Werbung Unstrittig ist, dass der Werbung die absichtliche Beeinflussung inhärent ist. Werbung will bei ihren Adressaten etwas bewirken. Sie will via Information den Wissenstand erhöhen, will die Meinungen und Einstellungen zu den beworbenen Objekten positiv verändern und letztlich auch zu bestimmtem Verhalten führen. Bereits Karl Christian Behrens (1970a: 4) betont die Persuasionsfunktion der Werbung, wenn er diese als „eine absichtliche und zwangfreie Form der Beeinflussung, welche die Menschen zur Erfüllung der Werbeziele veranlassen soll“ definiert. Während diese Definition keine Angaben zu den Mitteln macht, mit denen diese Beeinflussung erzielt werden soll, wird in anderen Definitionen, vor allem auch solchen von Verbänden der Werbepraxis, der non-personale Charakter und konkreter der Transport der Werbebotschaft über Massenmedien betont. So definiert die American Marketing Association (AMA) in ihrem Wörterbuch Werbung immer noch als „The placement of announcements and persuasive messages in time or space purchased in any of the mass media by business firms, nonprofit organizations, government agencies, and individuals who seek to inform and/or persuade members of a particular target market or audience about their products, services, organizations, or ideas.“ (http://www.marketingpower.com/_layouts/Dictionary.aspx?dLetter=A; 23.06.09).
Dagegen betont Paul W. Meyer (1973: 96) dass Werbung auch direkte, personale Kommunikation sein kann. Dies verweist auf die Ausdifferenzierung der Werbung, die sich in Begriffen wie „Above-the-Line“-Werbung und „Below-the-Line“-Werbung niederschlägt. Um eine deutlichere Akzentuierung des ökonomischen Kontextes zu erzielen, sprechen viele Autoren auch von Absatz- oder Wirtschaftswerbung und grenzen diese von anderen Werbebereichen, wie z.B. politischer Werbung, ab. Auf diese Ausdifferenzierungen der Werbung wird in Kapitel 1.2.2 eingegangen.
1.2 Begrifflich-systematische Grundlagen
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Aus publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Perspektive erscheinen vor allem solche Begriffsbestimmungen interessant, die Werbung deutlich als Kommunikationsprozess auffassen. Sie beziehen sich mehr oder minder auf die bekannte Lasswell-Formel: „Who says what in which channel to whom with what effect” (Lasswell 1948). So definiert etwa Lutz von Rosenstiel Werbung als Kommunikationsprozess, „… der einen Sender, einen Empfänger, eine Botschaft und ein Medium umfaßt, durch Kommunikationshilfen positiv oder negativ beeinflußt wird, sich in spezifischen Situationen abspielt und zu einem bestimmten Ergebnis führt.” (Rosenstiel 1973: 47)
Der Versuch, aus den genannten und vielen weiteren Definitionen (vgl. dazu z.B. Schenk/Donnerstag/Höflich 1990: 5ff; Brosius/Fahr 1996: 12; Koschnick 1996: 1186ff; Schweiger/Schrattenegger 2001: 102; Woelke 2004a: 74ff) die charakteristischen Merkmale von Werbung als diejenigen Merkmale herauszufiltern, die auf einer abstrakten Ebene auf alle Formen von Werbung zutreffen, fördert fünf beschreibende Wesensbestandteile der Werbung zu Tage: Prozesscharakter, Zielorientierung, Inhalte, Vermittlungswege, Mittel/ Formate. Sie werden im Folgenden dargestellt und unter dem Blickwinkel ihrer Akzeptanz in Werbewissenschaft und -praxis kommentiert. Werbung als Kommunikationsprozess: Sender (Kommunikator), Empfänger (Rezipient), Botschaft, Medium sind fixe Bestandteile der Werbekommunikation. Dass Werbung ein Kommunikationsprozess ist, wird in einigen Definitionen explizit betont, in den meisten anderen nur implizit angenommen. Die Betrachtung dieses Prozesses konzentriert sich in den überwiegenden Fällen auf Rezipienten, Botschaften und Medien, lässt aber die maßgeblichen Akteure, d.h. Kommunikatoren, und ihre wechselseitige Vernetzung in der Werbung, weitgehend unbeachtet. Dagegen wird die Frage, wann von gelungener Werbekommunikation gesprochen werden kann, intensiver diskutiert. Analog zur Massenkommunikation ist sie auch für die werbliche Kommunikation nicht einfach zu beantworten. Und zwar deshalb, weil zunächst generell geklärt werden muss, wie denn eine gelungene Kommunikationsbeziehung überhaupt zu bestimmen ist. Ferner muss für alle nicht-personalen Formen der Werbekommunikation jeweils individuell festgelegt werden, was denn als Feedback auf die Botschaft gewertet werden kann. Das aber ist wesentlich davon abhängig, ob und welche Werbeziele formuliert wurden.
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Ziele der Werbung: Aus dem Generalziel der absichtlichen Beeinflussung von Wissen, Meinungen, Einstellungen und/oder Verhalten lassen sich die Ziele werblicher Kommunikation ableiten. Wenn sie den geplanten und strategischen Charakter der Werbung oft auch nur am Rande erwähnen, so betonen doch fast alle Definitionen, dass es sich bei Werbung um eine absichtliche Beeinflussung handelt, die jedoch ohne formellen Zwang arbeitet. Einige Begriffsbestimmungen verweisen sogar darauf, dass die offensichtlich intendierte Beeinflussung auch für die Adressaten erkennbar ist und diese mithin die Persuasions– absicht durchschauen (können). Umstritten bleibt dagegen, ob Werbung ausschließlich und ob ausschließlich Werbung auf marktrelevante Einstellungen und ökonomisch wirksames Verhalten zielt. Zwar sucht Werbung sicher primär den ökonomischen Erfolg, doch impliziert ein Buchtitel wie „Werbung ist Kunst“ (Schirner 1988) des in den 80er und 90er Jahren gefeierten Starwerbers Michael Schirner, dass zumindest Werbeschaffende bisweilen auch andere Ziele verfolgen. Andererseits nutzen (wenn auch oft nicht primär, so doch aber unter anderem unter ökonomischer Zielsetzung) Kommunikatoren nicht alleine die Werbung, sondern auch weitere Kommunikationsformen, wie etwa PR oder Sponsoring, um ihren wirtschaftlichen Zielen näher zu kommen. Diese Ziele finden sich in den Definitionen meist auf hohem Abstraktionsniveau und müssen in der Marketing- und Werbepraxis weit konkreter, in den meisten Fällen auch quantifizierbar formuliert werden. Zudem müssen angesichts der Mediatisierung der Gesellschaft die Ziele der Werbung differenzierter betrachtet werden: Da der ökonomische Erfolg nur sehr schwer ausschließlich auf die Werbung zurückzuführen ist, wird die Thematisierung beworbener Produkte und Unternehmen in der Medienberichterstattung mindestens zum nachweisbaren Zwischenziel, zunehmend aber auch zum Selbstzweck. Darüber hinaus ist eine Werbebotschaft nur eine von vielen Informationen, die um die knappe Aufmerksamkeit der Konsumenten buhlen. So kann es als Werbeerfolg gesehen werden, wenn sich eine Werbebotschaft zu einem Thema entwickelt, über das gesprochen wird (auch z.B. im Freundeskreis). Insgesamt müssen also Anschlusspublizistik (redaktionelle Thematisierung werblicher Inhalte) und Anschlusskommunikation (Thematisierung werblicher Inhalte in der interpersonellen Kommunikation) als weitere Ziele der Werbung festgehalten werden. Besonders in Zeiten virtueller sozialer Netzwerke wie Facebook, Twitter, Youtube, XING und anderer Plattformen wird der letztgenannte Aspekt zunehmend erfolgsrelevant.
1.2 Begrifflich-systematische Grundlagen
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Beworbene Objekte: Werbung transportiert Aussagen zu Produkten, Dienstleistungen, Unternehmen, Menschen, Marken oder Ideen. Die Einschränkung, dass nur marktrelevante Objekte Inhalte werblicher Kommunikation sein können, wird zwar häufig erwähnt, aber ebenso wenig von allen Autoren geteilt wie die enge Begrenzung auf Produkte oder Dienstleistungen. Ein weiter gefasster Definitionsrahmen, der neben dieser reinen Angebotswerbung auch solche für ein Unternehmen oder eine Marke, aber auch religiöse und politische Werbung einschließt, scheint sinnvoll und nötig. Denn nur so lässt sich die aktuelle Werbepraxis adäquat abbilden, in der z.B. Dienstleistungsanbieter häufig eben nicht für einzelne Leistungsangebote, sondern für Vertrauen in ihr Unternehmen werben. Desgleichen stellt die Werbung gerade für bekannte und exponierte Marken auch nicht mehr die markierten Produkte in den Fokus, sondern nur die Marke selbst, allenfalls ergänzt durch die mit ihr verbundenen Werte, Emotionen und LifeStyle-Elemente. Transporteure/Kanäle: Werbung nutzt Massenmedien im weitesten Sinn, Streumedien ohne redaktionelle Inhalte, wie z.B. Flyer, Prospekte oder haushaltsverteilte Warenproben, persönlich adressierte Medien, aber auch ungewöhnliche Werbeträger wie z.B. Ambient-Medien und in immer stärkerem Maße Online- und Mobil-Medien wie z.B. Blogs, Tweets und Apps. Obwohl in den Definitionen vielfach der öffentliche Charakter der Werbung und damit ihre Verbreitung über Massenmedien (Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehen, Hörfunk, Internet, Plakat) betont werden, besteht bzgl. dieses Merkmals keineswegs völliger Konsens. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung vieler Werbetreibenden, aus Effizienzgründen mit möglichst klar abgegrenzten Zielgruppen in eine möglichst individualisierte One-to-One-Kommunikation zu treten, differenziert sich Werbung deutlich aus, und es entstehen neue, bisherige Definitionsgrenzen überschreitende Werbeformen. Grenzüberschreitungen lassen sich aber auch im Verhältnis zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten klassischer Massenmedien beobachten. Hier werden zwar in gesetzlichen Bestimmungen und Branchenrichtlinen die Kennzeichnungspflicht und die Trennung der Werbung vom redaktionellen Teil festgelegt, diese Sichtweise ist aber deutlich medienzentriert. Denn in den Definitionen zur Werbung finden sich solche Aussagen nicht. In einigen Definitionen wird aber erwähnt, dass Werbung in Massenmedien gekauft bzw. bezahlt sein muss.
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Mittel/Formate: Auf unterschiedlichste Art und Weise oder mit verschiedenen Techniken gestaltete Werbemittel sind die Werkzeuge, derer sich die Werbung bedient. Auch wenn die nach wie vor deutliche Dominanz sog. „klassischer“ Werbemittel wie Anzeigen und Spots auf den ersten Blick eine präzise und trennscharfe Definition von Werbemitteln vermuten ließe, so führen die Vielzahl jener Werbemittel, die mit ihrem Träger verschmelzen, wie z.B. Flyer oder Direct-Mails, sowie der Einsatz gänzlich neuer Formate in der Online-Werbung, zu großer definitorischer Unschärfe. Dennoch sollen hier Werbemittel oder Werbeformate als konstitutive Merkmale von Werbung dargestellt werden, um die Werbung von anderen Formen der Beeinflussung unterscheiden zu helfen. Die hier skizzierten fünf Wesensbestandteile der Werbung – Prozesscharakter, Zielorientierung, Inhalte, Vermittlungswege und Mittel – ergeben in Kombination eine aktuelle Definition von Werbung.
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Werbung Werbung ist ein geplanter Kommunikationsprozess und will gezielt Wissen, Meinungen, Einstellungen und/oder Verhalten über und zu Produkten, Dienstleistungen, Unternehmen, Marken oder Ideen beeinflussen. Sie bedient sich spezieller Werbemittel und wird über Werbeträger wie z.B. Massenmedien und andere Kanäle verbreitet.
1.2.2 Ausdifferenzierung der Werbung Diese sehr allgemeine Definition von Werbung wurde bereits früh von verschiedenen Autoren weiter unterteilt, so z.B. auch in Bereiche, in denen Werbung im wirtschaftlichen von der im privaten, politischen, kulturellen und ethischen Bereich differenziert wird (vgl. Meyer/Hermanns 1981: 15). Insgesamt ging es vor allem um die klare Bestimmung der Wirtschaftswerbung und konkreter, der Absatzwerbung. Während Wirtschaftswerbung die Werbung im weitesten Sinn auf marktrelevante Adressaten und ökonomisch wirksame Beeinflussung eingrenzt (vgl. z.B. die häufig zitierte Unterscheidung von Behrens 1970a: 4 und Haseloff 1970: 158), verweist der Begriff Absatzwerbung innerhalb dieses Rahmens auf betriebliche Teilfunktionen, nämlich auf den Absatz und Verkauf von Produkten und Leistungen. Ihr funktionaler Gegenpol ist die Beschaffungswerbung. Frank Jefkins thematisiert diese
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Gegenüberstellung und zeigt gleichzeitig mit ihrer Fixierung auf kauf- und verkaufbare Werbeobjekte eine sehr eingegrenzte Sicht von Werbung: „Advertising is the means by which we make known what we have to sell or what we want to buy.“ (Jefkins zitiert nach Koschnick 1996: 1189)
Zwar verweist auch Siegfried J. Schmidt (1995b: 52) darauf, dass Werbung letztlich verkaufen müsse, fasst Verkaufen aber in einem deutlich übergeordneten Sinn auf, nach dem auch Ideen verkauft werden müssen. Zudem finden sich zahlreiche Unterteilungen von Werbeformen z.B. nach Werbezielen, beworbenen Objekten oder nach Auftraggebern der Werbung. Dies führt z.B. zu Differenzierungen zwischen Image- und Verkaufswerbung, Konsum- und Investitionsgüterwerbung, zwischen Produkt-, Marken- und Unternehmenswerbung oder zwischen Industrie-, Handels- und Dienstleistungswerbung (sinnvoller, wenn auch sprachlich sperriger wäre hier: Dienstleisterwerbung).
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Absatzwerbung Absatzwerbung ist ein geplanter Kommunikationsprozess und will gezielt über die Beeinflussung von ökonomisch relevantem Wissen, Meinungen, Einstellungen und Verhalten den Absatz von Produkten oder Dienstleistungen steigern. Sie bedient sich spezieller Werbemittel und wird über Massenmedien und andere Kanäle verbreitet.
Die Ökonomisierung vieler Lebensbereiche, die aktuelle Werbe- sowie die aktuelle Medienentwicklung lassen viele dieser Unterscheidungen mehr denn je fragwürdig erscheinen. Warum sollte die Plakatwerbung für das Jahresabonnement eines Opernhauses oder die Multi-Channel-Kampagne für ein 3-Tage-OpenAir-Konzert nicht ökonomisch relevant sein? Oder was genau ist ein Wirtschaftsunternehmen? Was ist dann Wirtschaftswerbung und wie sind vor diesem Hintergrund etwa die Zeitungsanzeigen für kostenpflichtige Weiterbildungskurse einer Universität einzuordnen? Ist ein Tweet von Barrack Obama persönliche Nachricht oder politische Werbung? Und wird ein Blog zur Wirtschaftswerbung, wenn er vom CEO eines Unternehmens ins Netz gestellt wird? Inwiefern unterscheidet sich besonders bei Dienstleistungsunternehmen die Unternehmens- von der Produktwerbung? Und ist Unternehmens-, aber auch Markenwerbung nicht auch in letzter Instanz Absatzwerbung?
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
Fallbeispiel: Absatzwerbung Tageszeitungsanzeige von ALDI in der Frankfurter Rundschau vom 07.07.2009
Viel wichtiger als die genaue Abgrenzung von Wirtschafts- oder Absatzwerbung erscheint es uns daher, auf jene Ausdifferenzierung der Werbung hinzuweisen, die parallel zur Entwicklung der Gesellschaften hin zu Medienund Informationsgesellschaften verläuft und von drei kraftvollen Motoren angetrieben wird: dem Aufmerksamkeits- und Informationswettbewerb, der Dynamik der Informations- und Kommunikationstechnologien sowie dem sich intensivierenden wirtschaftlichen Wettbewerb mit seinem daraus resultierenden Kostendruck. Bereits die erste Hürde für eine erfolgreiche Werbekommunikation, nämlich die, die Rezipienten überhaupt zu erreichen, wird angesichts der Informationsflut – zu der die Werbung selbst nicht unmaßgeblich beiträgt – immer höher. Das macht das Umfeld für Werbekommunikation insgesamt schwieriger. Aufmerksamkeit und Zuwendung werden unter den Bedingungen des Informationswettbewerbs zu knappen Ressourcen. Daher scheint es nicht weiter verwunderlich, dass die Werbewirtschaft alle vorhandenen Möglichkeiten ausschöpft und immer wieder neue Möglichkeiten sucht (und findet), ihre Ziele zu erreichen.
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Neue Informations- und Kommunikationstechnologien haben nicht nur die Entwicklung der klassischen Medien vorangetrieben, sondern auch neue Medien geschaffen und damit die Kreation neuer oder zumindest veränderter Werbeformen und die Ausdifferenzierung der Werbung befördert. So erlaubt z.B. eine weiter entwickelte Verarbeitungstechnik beim Zeitschriftendruck, nicht mehr nur Antwortkarten, sondern auch (bis zu gegebenen Grenzen) dreidimensionale Warenproben aufzubringen (add-on). Online- und SMSWerbung haben sich inzwischen etabliert, wenn sie auch, wo missbräuchlich und überbordend genutzt, nicht immer Akzeptanz finden. Schließlich zwingt der steigende Kostendruck, der auch in der Werbung herrscht, Werbetreibende wie -agenturen zur Beachtung von Effizienz- und Effektivitätskriterien und zur Entwicklung neuer Werbeformen, die sich in vier Korridoren konkretisiert: 1. Mikrofein rasternde Segmentierungsverfahren ermöglichen die Auswahl von Zielgruppen bzw. -personen anhand festgelegter, für den Werbeerfolg relevanter Kriterien bis hin zur One-to-One-Kommunikation. Ziel ist es, Streuverluste zu minimieren und Werbeträger wie auch die werbliche Botschaft und Ansprache so genau wie möglich auf den Lebensstil der anvisierten Rezipienten abzustimmen, um überhaupt zu diesen vorzudringen. 2. Der zweite Korridor lässt sich als „total coverage“ bezeichnen. Hier geht es darum, Rezipienten in möglichst allen Lebensbereichen werblich erreichen zu können, zumal in solchen, in denen sie Zeit „vertreiben“ wollen oder müssen oder sich bewusst der Werberezeption widmen. Dies führt dazu, dass medial vermittelte Werbung mehr denn je öffentliche und teilöffentliche Räume erobert. Diese sind dann dank Videoboards in Bahnhöfen, Shop-TV vor Ladenkassen in Tankstellen, U-Bahn-Fernsehen u.a. „nicht mehr Plätze der Zivil-, sondern Plätze der Konsumgesellschaft“ (Krotz 2001b: 203). 3. Im dritten Korridor wird zunehmend nach Werbeformen gesucht, die es unmöglich machen sollen, Werbung nicht zu beachten oder bewusst zu negieren. Im Mittelpunkt dieser Bemühungen steht die – möglichst nicht mehr wahrnehmbare – Verschmelzung von redaktionellen Inhalten und Werbung, die besonders für die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft von Interesse ist. 4. Die Nutzung interpersoneller Kommunikation für Werbezwecke von Dritten kann als vierter Korridor bezeichnet werden, insbesondere unter Onlinebedingungen. Die Onlineversion der Mund-zu-Mund-Propaganda, das Online Word-of-Mouth (teilweise auch das virale Marketing), erlangt besondere Bedeutung u.a. durch die höhere Glaubwürdigkeit interpersonaler gegenüber massenmedialer Kommunikation und erfährt noch einmal eine
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Bedeutungszunahme, wenn es sich bei den Empfehlenden um Meinungsführer im Thema handelt. Wir finden also gegenwärtig unterschiedliche Kategorien von Werbung. Beispiele aus der aktuellen Werbepraxis zeigen jedoch auch, dass immer wieder einzelne Kategorien ineinander übergehen, verwischen, sich teilweise widersprechen oder gegenseitig aufheben, so dass letztlich alle Kategorisierungen vergänglich sind. Zumal die meisten von ihnen auf Grund verschiedenster Interessenslagen gestaltet und oft tradiert wurden, ohne hinterfragt zu werden. Meist sind sie weder wechselseitig ausschlussfähig, noch werden sie kontinuierlich auf ihre Funktionalität hin überprüft oder modifiziert. In der Werbepraxis wird bei solchen schlecht zuordenbaren Formen gerne von Crossover-Marketing gesprochen, was im ironischen Sinn auch als „überall und nirgends dazugehörig“ verstanden werden kann. Um jedoch die aktuelle Ausdifferenzierung der Werbung im Überblick darstellen zu können, werden trotz der oben genannten Bedenken im Folgenden die gebräuchlichsten Kategorien der Werbung vorgestellt und verbunden mit den entsprechenden Zuordnungsschwierigkeiten diskutiert. 1.2.2.1 Above-the-Line-Werbung Above-the-Line-Werbung wird häufig als Bezeichnung für klassische Werbung verwendet. Darunter versteht man im Kern diejenige Werbung, die sich der Massenmedien als Transporteure, d.h. als Werbeträger, bedient. Damit wird diese oft auch aus nahe liegenden Gründen als Mediawerbung bezeichnete Form zu öffentlicher Kommunikation, der Werbeanzeigen in Zeitungen und Zeitschriften sowie Spots im Fernsehen, Kino und Hörfunk unbestritten zugeordnet werden. Dagegen herrscht kein Konsens in der Frage, ob und inwieweit Werbung in Telefon- und Adressbüchern sowie die Plakat- und Verkehrsmittelwerbung „above the line“ anzusiedeln sind. Tendenziell wird aber die gesamte „klassische“ Außenwerbung zur Above-the-Line-Werbung gerechnet, die neben der Plakatwerbung auf Ganzflächen (populärer: Litfaßsäulen), Großflächen, City-Light-Postern und City-Light-Boards (auch als Mega-Lights bezeichnet) auch öffentliche Videowände, Werbung an Gebäuden sowie Werbung auf öffentlichen wie privaten Verkehrsmitteln (Busse, Bahnen, Bergbahnen, Schiffe, LKW etc.) umfasst. Ebenfalls zur Außenwerbung gerechnet wird die Sportstätten-Werbung, die vor allem als Bandenwerbung im Rahmen von Sportveranstaltungen zum Tragen kommt. Dabei wird die klassische Bandenwerbung zunehmend abgelöst durch so genannte Get-Ups. Das sind unmittelbar an exponierten Flächen (bei Fußballspielen z.B. in Tornähe) am Spielfeldrand ausgelegte Teppiche, die so verzerrt sind, dass sie im Fernsehbild dreidimensional er-
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scheinen. Ihr Vorteil liegt darin, dass Get-Ups ganz nahe ans Sportgeschehen und damit in den Fokus der TV-Kameras gerückt werden können, ohne die Sportler zu behindern. Als gemeinsames Kennzeichen der Above-the-Line-Werbung wird die Abhängigkeit der Werbung von massenmedialen Werbeträgern, deren Reichweite und Kontaktwahrscheinlichkeiten bzw. Kontaktqualitäten angegeben (vgl. Koschnick 1996: 565). Aus diesem Grund ist sie für die Publizistikund Kommunikationswissenschaft auch von besonderem Interesse.
Fallbeispiel: Above-the-Line-Werbung Doppelseitige Zeitschriften-Anzeige für Mercedes-Benz
Legt man das Kriterium der Abhängigkeit von einem massenmedialen Werbeträger zu Grunde, entstehen schnell Abgrenzungsprobleme: So würde eigentlich auch die programmintegrierte Werbung, gelegentlich und meist abwertend als Schleichwerbung bezeichnet, zur dieser Form der Werbung gehören. Da sie sich aber nicht der klassischen Werbemittel Spot und Anzeige bedient, wird sie hier einer eigenen Kategorie zugeordnet. Noch fragwürdiger erscheint bei Anwendung des Kriteriums „massenmedialer Werbeträger“ die Zuordnung der Außenwerbung zur Above-the-Line-Werbung, da sich auch eine tausend Fahrzeuge umfassenden Flotte an Stadtbussen nicht als Massenmedium im publizistischen Sinn bezeichnen lässt. Der Zentralausschuss der Werbewirtschaft ZAW zieht daher zur Abgrenzung der Above-the-Line-Werbung das Merkmal der Erfassbarkeit eines Werbeträgers heran: Dann fallen unter den Begriff Werbeschaltungen in Tages-, Wochen-
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und Sonntagszeitungen, in Zeitungssupplements, im Fernsehen und im Radio, in Publikums- und Fachzeitschriften, in Anzeigenblättern, in Filmtheatern und in Online-Angeboten, zudem die gesamte Außenwerbung und die Werbung in Verzeichnismedien. Paradoxerweise werden aber postverteilte Massendrucksachen, die nach ZAW ebenfalls erfassbar sind, nicht above the line gesehen. Andererseits können sie aber z.B. auch nicht der Direktwerbung zugerechnet werden, weil sie nicht persönlich adressiert sind. An diesen Beispielen zeigt sich deutlich, wie wenig trennscharf Werbeformen voneinander abgegrenzt sind, weil die Kreativität und Marktdynamik der Werbepraxis neue Werbeformen schneller hervorbringt, als Verbände oder die Wissenschaft bestehende Systematisierungen aktualisieren könnten (falls denn in der Praxis überhaupt ein Interesse daran bestünde, dies zu tun).
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Above-the-Line-Werbung Werbung, die sich in Form von Anzeigen und Spots sowie anzeigenund spotähnlichen Werbemitteln öffentlich zugänglicher Werbeträger bedient.
1.2.2.2 Below-the-Line-Werbung Unter der imaginären Werbelinie geht es noch diffuser zu als darüber: In praxi werden nahezu alle Werbe- und Kommunikationsformen, die nicht in der Matrix zwischen klassischen Werbemitteln auf der einen Achse und klassischen Werbeträgern auf der anderen einzuordnen sind, im weiten Feld der Below-the-Line-Werbung angesiedelt. Wenn Wolfgang J. Koschnick (1996: 156), darunter Verkaufsförderung (Promotion), Direktwerbung und PoP-Werbung 1 fasst, so ergeben sich aus dieser Zuordnung zwei Fragestellungen: Zum einen erscheint unklar, inwieweit PoP-Werbung und Merchandising letztlich bereits der Verkaufsförderung zuzuordnen sind (vgl. Koschnick 1996: 961), in deren Rahmen alle Maßnahmen zu below the line gerechnet werden, die kurzfristig den Absatz von Waren oder Leistungen fördern. Auch eine Aufzählung der in der Praxis eingesetzten Formen, wie Displays, PoS-Videos, InStore-Radio, Warenproben, Degustationen, Preisausschreiben u.ä. hilft wenig weiter, da 1
Werbung am Ort des Einkaufs oder Point of Purchase (PoP). Sie wird in den meisten Fällen, wenn auch unter spiegelbildlicher Perspektive, mit der Werbung am Ort des Verkaufs oder Point of Sales (PoS) gleich gesetzt.
1.2 Begrifflich-systematische Grundlagen
35
nicht nur ständig neue Variationen entwickelt werden, sondern auch Verkaufsförderungsmaßnahmen wie AddOn-Warenproben oder -Booklets in der Werbepraxis als below the line gewertet werten, obwohl sie strategisch von einem klassischen massenmedialen Werbeträger abhängig und damit eigentlich Above-the-Line-Werbung sind.
Fallbeispiel: Below-the-Line-Werbung Werbemittelverteilung für Arcor in einem ICE-Bordtreff
Quelle: Deutsche Eisenbahn-Reklame GmbH (2001: 37)
Zum zweiten scheint dieser Blickwinkel zu eng angelegt, da er viele aktuell entstandene Sonderwerbeformen ausblendet. Als ein Beispiel für diese Art der Below-the-Line-Werbung sei hier jene Werbung zitiert, die sich so genannter Ambient-Medien bedient. Damit sind Platzierungsmöglichkeiten gemeint, die im täglichen Lebensumfeld (z.B. im Restaurant, im Fitnessstudio oder in der Straßenbahn) auftauchen und als potenzielle Werbeträger dienen können, obwohl sie eigentlich nicht in erster Linie dafür konzipiert sind: Telefonzellen, Toilettenhäuschen, Eintrittskarten, Skiliftbügel, Zuckerbeutel, Parkscheine, Zapfpistolen zählen ebenso zu den Ambient-Medien wie „floorgraphics“, Kanaldeckel oder „kneipenverteilte“ Postkarten. Sie „überraschen“ sozusagen die Rezipienten mit Werbung an ungewöhnlichen Orten und Stellen. Werbung in Ambient-Medien kombiniert die Ausrichtung auf eine klar definierte Zielgruppe mit der Ausnützung bisher werbefreier Räume. Ihr Wirkungsgrad bleibt jedoch in gewisser Weise intransparent. 2
2
Vgl. ausführlich: Koschnick 2003, http://medialine.focus.de/PM1D/PM1DB/PM1DBF/ pm1dbf.htm?snr=298; aufgerufen 27.9.2004.
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
Fallbeispiel: Ambient-Medien Werbeflächen auf wasser- und chemielosen Urinalen
Quelle: Eigene Bildmontage unter Verwendung von http://www.urimat.de/images/grafik_startseite3.jpg und http://www.swiss-architects.com/con-tent/prodlib/img_ prodlib/u/urimat_1.jpg (Aufrufe 10.12.2004)
Andere Autoren (vgl. z.B. Auer/Diederichs 1993) zählen zur Below-theLine-Werbung auch Sponsoring und Product Placement. Während Sponsoring insgesamt auch oft als eigenständiges Marketing-Instrument gesehen wird, stellen Werbeformen wie Programmsponsoring und Product Placement aus publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht ein besonderes Phänomen dar. Sie werden deshalb als eigene Kategorie unter dem Punkt programmintegrierte Werbung und hybride Werbeformen erläutert. Ebenfalls als eigene Kategorie dargestellt wird hier die oft der Below-theLine-Werbung zugeordnete Direktwerbung. Unter dem Label One-to-OneKommunikation im Zuge der Online-Ökonomie oft und intensiv als Innovation thematisiert, liegen ihre Wurzeln und generellen Funktionsweisen doch weiter zurück im klassischen Direct-Mail-Geschäft als „Verkaufsgespräch per Brief und Antwortkarte“ (Vögele 2002, zuerst 1982).
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Below-the-Line-Werbung Unspezifische Sammelkategorie, zu der summarisch alle von der klassischen Werbung (Mediawerbung) abweichenden Formen gezählt werden.
1.2 Begrifflich-systematische Grundlagen
37
1.2.2.3 Direktwerbung Auch in der Direktwerbung zeigt sich ein verschwommenes Konglomerat an Definitionen, das in einer vielfachen und oft unbekümmerten Gleichsetzung der Direktwerbung mit nicht synonym zu gebrauchenden Begriffen wie Direct-Mail oder Direkt-Marketing begründet liegt (vgl. Dallmer/Thedens 1978: 13). Auch werden die Kriterien immer weniger, die die Direkt- von der klassischen Werbung abgrenzen. So trennt z.B. das Kriterium der direkten und persönlichen Adressierung eines Werbemittels, wie z.B. beim klassischen, personal-adressierten Mailing, nicht mehr scharf, da z.B. Coupon-Anzeigen in der Praxis der Direktwerbung zugerechnet werden, aber dennoch in klassischen Printmedien zu finden sind. Weitere, ebenfalls massenmedial verbreitete Formen der Direktwerbung sind die Werbespots für Handy-Klingeltöne, Kontakt- und Telefonsex-Hotlines und diverser Sammler-Editionen für Münzen, Bücher, CDs etc. sowie die so genannten Dauerwerbesendungen des Home-Order-Televisions. Vergleicht man die in der Regel überlangen TV-Spots z.B. für eine CDSammleredition wie „Rock-Giganten“ o.ä. mit den deutlich kürzeren für die aktuelle DVD eines aktuellen Kino-Blockbusters, so wird schnell deutlich, dass sich Direkt- und klassische Werbung spürbar voneinander unterscheiden, auch wenn diese Abgrenzung nicht hinreichend über die Auswahl der Werbeträger funktioniert. Stattdessen bestimmt ein anderes Merkmal, inwieweit ein Werbemittel der Direktwerbung zuzuordnen ist: die Responseoder Feedbackfähigkeit. Direktwerbung ermöglicht den Rezipienten, ohne weitere Informationsbeschaffungsmühe direkt mit dem Absender der Werbung Kontakt aufzunehmen. Und sie ermöglicht es nicht nur, es ist sogar meist ihr primäres Werbeziel, just diesen Response zu bewirken. Damit dies geschehen kann, ist zumindest eine Form der Kontaktadresse zwingender inhaltlicher Bestandteil des jeweiligen Werbemittels. Dabei ist „Kontaktadresse“ weit gefasst als Telefon-, Faxnummer, Internet- oder postalische Adresse des Absenders zu verstehen. In der Print-Direktwerbung fallen darunter auch Antwort-Coupons, bei Mailings und Katalogen Bestellformulare oder Rückantwortkarten. Allen gemein ist, dass sie so gekennzeichnet werden können, dass die Werbungtreibenden den Response direkt messen und dem jeweiligen Werbeträger bzw. Werbemittel zurechnen können. Zumindest die quantitative Werbeerfolgskontrolle wird damit wesentlich leichter als in der klassischen Werbung. In der Online-Werbung kann direkt und ohne Gerätewechsel eine Transaktion, d.h. Kauf bzw. Bestellung, herbeigeführt werden. Anschauliche Beispiele für die Kombination von Response und Transaktion finden sich in
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
politischen Kampagnen z.B. bei amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Dort gelingt es regelmäßig, die Nutzer so zu aktivieren, dass sie für Kandidat oder Kampagne Gelder spenden. Online lässt sich der Response entsprechend gut zurückverfolgen, so dass Systeme installiert werden können, bei denen Provisionen pro Klick (Pay-per-Click), pro Interessent/Adresse (Pay-per-Lead) oder pro Verkauf (Pay-per-Sale) bezahlt werden. Dieses Affiliate-Marketing kann dann auch Auswirkungen auf die Art der Vergütung von Werbeträgern haben (Performance-Based Pricing: IAB/PWC 2009: 12f.). Völlig neue Möglichkeiten der Response-Gestaltung wie auch der Erfolgskontrolle bieten QR (Quick Response) Codes. Ursprünglich als LogistikTool zur Kennzeichnung von Bauteilen in der Automobilindustrie entwickelt, bieten sie nahezu optimale Eigenschaften für den Einsatz in der Direktwerbung. In einem QR Code stehen schwarz-weiße Punkte für bestimmte codierte Daten und bilden zusammen mit den Orientierungsinformationen in den Ecken eine quadratische Matrix, die maximal ca. 4000 alphanumerische Zeichen aufnehmen kann. Als kontrastreiche, zweidimensionale Zeichen lassen sich QR Codes in nahezu allen Medien einsetzen, deren Informationen optisch vermittelt werden, also auch auf Mobiltelefon-Displays. Im Gegenzug kann die nicht-medial verbreitete Direktwerbung nicht von der Verknüpfung mit dem inhaltlichen Kontext von Massenmedien profitieren, sondern muss die Aufmerksamkeit der Adressaten aus sich selbst heraus generieren. Die zielgruppen- bisweilen auch zielpersonengerechte Ansprache wird deshalb in der Direktwerbung zum A und O, die Verfügbarkeit möglichst aussagekräftiger Daten von Kunden und potenziellen Kunden zur Grundlage der adressierten Direktwerbung. Zwar lassen sich auch unadressierte Formen der Direktwerbung, wie z.B. das Anpreisen einer neuen Kreditkarte bei unbekannten Passanten im Flughafen, die Coupon-Anzeige für Treppenlifte in einer Programmzeitschrift oder der Hörfunkspot für eine Krankenversicherungsgesellschaft mit Call-In-Response, finden. Doch dienen viele dieser unadressierten Direktwerbemaßnahmen der Generierung und/oder Qualifizierung von Adressen. In den 1990er Jahren in diesem Zusammenhang auftauchende Begriffe wie Database Marketing, Geo-Marketing, Customer Relationship Management (CRM), Mass Customization, Content Customization oder One-to-OneCommunication verstellen bisweilen den Blick darauf, dass in der Direktwerbung bereits gute 10 Jahre früher mikrogeografische und andere feinst selektive Verfahren der Marktsegmentierung entwickelt wurden. Sie sollen auch in der Direktwerbung bestehende Streuverluste in der Kommunikation mit potenziellen und bestehenden Kunden minimieren, verfolgen damit also
1.2 Begrifflich-systematische Grundlagen
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eine ähnliche Zielsetzung wie die Mediaplanung in der klassischen Werbung (vgl. Freter 1974: 62ff und 1983: 46). In der nachfolgenden Abbildung sind die vier grundsätzlichen Ausprägungen der Direktwerbung im Überblick abschließend dargestellt. Abbildung 1: Erscheinungsformen der Direktwerbung
Quelle: eigene Darstellung
Während derzeit unklar ist, ob reale Spiele wie z.B. die StreetSoccer-Meisterschaften von adidas eher als Event denn als Werbemaßnahmen gesehen werden müssen, sind so genannte Adgames, also interaktive virtuelle Spiele, wie z.B. Yeti Strikes Back (www.himalayaya.com) als medial vermittelte, aber unadressierte Werbung relativ klar der Direktwerbung zuzuordnen. Das zunehmende Auftreten solcher Kommunikations- und Mitmachangebote zeigt aber, dass die Verknüpfung zwischen massenmedialer und individualisierter Werbung in der Online-Kommunikation aus publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht besonders untersuchungswürdig erscheint.
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
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Direktwerbung Werbung, bei der eine Kontaktadresse des Absenders konstitutiver Bestandteil des eingesetzten Werbemittels ist, um es den Rezipienten zu ermöglichen, ohne weitere Informationsbeschaffungsmühe mit dem Absender direkten Kontakt aufzunehmen.
1.2.2.4 Programmintegrierte Werbung und hybride Werbeformen Werbung steht nicht nur im Wettbewerb um Aufmerksamkeit in Konkurrenz zu anderen Kommunikationsangeboten. Vielmehr sieht sie sich auch der Entwicklung ausgesetzt, dass sie von Rezipienten ignoriert oder sogar aktiv negiert wird. Die Werbetreibenden setzen Videorekordern, die Werbespots automatisch erkennen und nicht mehr aufzeichnen, festplatten-basiertem oder digitalem Fernsehen und Werbeblockern in Internet-Browsern solche Software entgegen, die Werbeblocker ihrerseits blockiert.3 Dem NichtHinhören oder Nicht-Hinsehen der Rezipienten kann dagegen nicht mit technischen Apparaturen begegnet werden. Hier helfen zum einen besser gestaltete, interessante und aufmerksamkeitsstarke Werbemittel (vgl. Aebi 2003: 16 ff.). Zum anderen versuchen neue Werbeformen, dieses Problem zu umgehen, indem sie sich den redaktionellen Inhalten annähern oder gar mit ihnen zu hybriden Formen verschmelzen. Einige Formen wurden und werden aus diesem Grund häufig auch als Schleichwerbung bezeichnet und sind rechtlich nicht unproblematisch (vgl. z.B. Volpers u.a. 1998; Schaar 2001; Laukemann 2002). Placements (Product, Location, Image u.a.), redaktionell gestaltete Werbung oder redaktionelle Verweise auf Produkte, Unternehmen, Marken und Dienstleistungen, die in der Medien- und Werbepraxis auch als Infomercials oder Advertorials bezeichnet werden, werden in diesem Buch gesammelt unter der Bezeichnung programmintegrierte Werbung oder hybride Werbeformen behandelt. Programmintegrierte Werbung (vgl. dazu auch: Schierl 2003: 65ff) und hybride Werbeformen bezeichnen diejenige Werbung, die als solche nur noch bedingt oder überhaupt nicht mehr erkennbar ist. Dafür lassen sich vier Gründe ausmachen, wie die beiden nachfolgenden Fallbeispiele zeigen: Zum 3
Vgl. http://www.nzzamsonntag.ch/netzstoff/2004/2004.01.30-em-article9DHW8.html, aufgerufen am 1.12.2004.
1.2 Begrifflich-systematische Grundlagen
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ersten ist programmintegrierte Werbung ins jeweilige redaktionelle Umfeld thematisch optimal eingebettet – in den Medienangeboten an Werbetreibende häufig unter dem Stichwort „werbefreundliche Umfelder“ dargestellt (Fallbeispiel 1). Zum zweiten imitieren programmintegrierte Werbung und hybride Werbeformen den redaktionellen Kontext in Inhalt und Gestaltung (Fallbeispiel 2). Zum dritten ersetzen programmintegrierte Werbung und hybride Werbeformen den redaktionellen Kontext (Fallbeispiel 3). Und zum vierten werden bei der programmintegrierten Werbung Produkte, Unternehmen und Marken gezielt in Filmhandlungen, Sendungsabläufe oder redaktionelle Kontexte integriert und bestimmen nicht selten deren Aufbau, Ablauf und Dramaturgie.
Fallbeispiel 1: Hybride Werbeformen. Werbung ist thematisch ins redaktionelle Umfeld eingebettet Redaktioneller Artikel und Anzeige der rechten Seite stehen in völliger Symbiose zueinander. Der Vergleich mit der linken Seite zeigt, dass beide in Layout, Typografie und Bildsprache komplett ins Heft integriert sind.
Quelle: MEN´S HEALTH 07/09, 2009, 18f.
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
Fallbeispiel 2: Hybride Werbeformen Werbung imitiert redaktionellen Inhalt Imitation redaktioneller Teile in der Gestaltung am Beispiel einer Anzeige der Deutschen Post im Layout der Fachzeitschrift w&v (Typographie und Satzspiegel entsprechen exakt dem der w&v bis zu deren Relaunch zwei Ausgaben zuvor).
Quelle: w&v Heft 42, 2004, 58f.
Fallbeispiel 3: Hybride Werbeformen. Werbung ersetzt redaktionellen Inhalt Chicken Sandwich World Championship von Burger King US-Wahl, die zweite: Welches Sandwich ist besser? Markenartikler in den USA vertrauen immer weniger auf den klassischen Werbeblock im Fernsehen. Sie wollen ihre Botschaften entweder im redaktionellen Programm unterbringen oder Inhalte senden, die als redaktionelles Programm wahrgenommen werden. Der Grund: In den USA verliert die klassische TV-Werbung zunehmend an Aufmerksamkeit, weil die Zuschauer mit Hilfe von digitalen Videorecordern die Werbeblöcke überspringen. Mit welchen skurrilen Methoden die Werber inzwischen versuchen, die Zuschauer zu erreichen, zeigt die TV-Show „Chaos im Hühnerstall“, die am vergangenen Freitag ausgestrahlt wurde. Dabei kämpften in einem großen Käfig zwei als Hühner verkleidete Menschen gegen einander. Erlaubt waren sämtliche Kampfstile, von Boxen bis Wrestling. Veranstalter des Legebatterie-Fights war die Fast-Food-Kette Burger King. Die Hühner symbolisierten die beiden Sandwiches „Tender-Crisp“ und „Spicy Tender-Crips“, und der Kampf sollte - vor allem bei jungen, männlichen Zuschauern - die Frage aufwerfen: Welches der beiden ist besser?
1.2 Begrifflich-systematische Grundlagen
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Burger King hatte sich für die Show ein einstündiges Zeitfenster beim PayTV-Sender DirecTV gebucht, Kaufpreis unbekannt. Mit einer nationalen Anzeigenkampagne und einer speziellen Internet-Seite wurde die Zielgruppe auf das Event aufmerksam gemacht. Auf der Homepage konnte auch gewettet werden, welches Sandwich gewinnt. Laut Burger King gaben über fünf Millionen Amerikaner ihre Stimme ab. Quelle: Absatzwirtschaft asw-com3 Newsletter 46/2004 vom 10.11.2004.
© 2004 Burger King Brands, Inc. All rights reserved No real chickens were harmed in the making of this advertising campaign. Burger King Corporation does not endorse or condone animal cruelty in any way including chicken fighting. The chicken characters featured in this advertising campaign are just actors wearing a chicken costume. Quelle: www.chickenfight.com, Aufruf 10.11.2004
Die markantesten Fallbeispiele für Sendungsabläufe, die durch werbliche Interessen bestimmt sind (Fallbeispiel 4) sind neben James-Bond-Filmen die „TV-Total WOK WM“-Shows von Stefan Raab. So entschied das Verwaltungsgericht Berlin am 11.12.2008, dass die 2006 und 2007 von ProSieben ausgestrahlten Stefan-Raab-Shows „TV-Total WOK WM“ gegen das Verbot der Schleichwerbung verstossen hätten (vgl. http://www.berlin.de/sen/justiz /gerichte/vg/presse/archiv/20081212.1350.116695.html; Aufruf 10.07.2009). Da mit dem Urteil die Gültigkeit eines zuvor von der Medienanstalt BerlinBrandenburg erlassenen Beanstandungs- und Unterlassungsbescheids bestätigt worden war, sah sich der Sender gezwungen, die im März 2009 ausgestrahlte „TV-Total WOK WM 2009“ als Dauerwerbesendung zu deklarieren.
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
Der Weg, programmintegrierte Werbung nicht durch die externe Setzung von Kriterien zu definieren, sondern über diejenigen Kriterien, die es den Rezipienten erlauben, Werbung und Programm zu unterscheiden, ist bislang noch nicht sehr hilfreich. Jens Woelke (2004a: 202ff) kann aufgrund von Experimenten die Abgrenzungen der Zuschauer zu redaktionellem Kontext und ins Programm integrierten werblichen Inhalten angeben. So zeigt sich, dass die Zuschauer klassischen Werbespots eher eine Beeinflussungsintention zuschreiben als programmintegrierter Werbung, dass aber die selektive Abgrenzung von Werbespots zu in Nachrichtenbeiträgen integrierter Werbung größer ist als zu solcher in Unterhaltungsbeiträgen. Diese Erkenntnisse, so wichtig sie sind, können jedoch für eine Definition programmintegrierter Werbung nicht maßgebend sein, weil wie Jens Woelke (2004a: 261) selbst bemerkt, eine „für Werbung und deren vermeintliche Angebote einheitliche und typische Rezeptionsweise und Wirkung damit aber nicht feststellbar“ ist. Da viele Faktoren in den Verarbeitungs- und Wirkungsprozessen eine vom Einzelfall generalisierende Einordnung von Werbung verunmöglichen, muss auf die externe Setzung diskriminierender Faktoren zurückgegriffen werden. Das massive Interesse der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an dieser Kategorie der Werbung, das allein aufgrund der zahlreichen Publikationen offensichtlich wird (vgl. dazu u.a. Hänecke 1990; Baerns 1992, 1996 und 2004; Auer/Dietrichs 1993; Jost 1995; Schmidt 1995a; Spitzer 1996; Hartwig 1998; Siegert/Wirth u.a. 2007)), erscheint gerechtfertigt. Vor allem, weil diese Werbeformen die redaktionellen Inhalte der Medien am offensichtlichsten beeinflussen und damit die öffentliche Kommunikation verändern. Aktuell wird programmintegrierte Werbung auch in der Medien- und Werbepraxis wieder diskutiert, weil durch die neue Fernsehrichtlinie der EU (Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste) die EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit bekommen haben, diese Art Werbung für ihren Hoheitsbereich zu erlauben. Die Diskussionen um den 13. Rundfunkstaatsvertrag in Deutschland, dessen Verabschiedung auf den Herbst 2009 verschoben wurde, fokussiert eben die Bedingungen programmintegrierter Werbung, allen voran Product Placement. Die Diskussion ignoriert weitgehend, dass sich bereits mannigfaltige Formen programmintegrierter Werbung etabliert haben.
1.3 Abgrenzungen und Entdifferenzierung
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Programmintegrierte Werbung und hybride Werbeformen Nur bedingt oder nicht als solche erkennbare Werbung. Sie ist thematisch nahtlos in die redaktionellen Umfelder eingebettet, imitiert redaktionelle Teile in Inhalt und Gestaltung oder ersetzt sie. Die beworbenen Objekte werden gezielt in Sendungsabläufe oder redaktionelle Kontexte integriert und können deren Ablauf, Struktur und Dramaturgie beeinflussen.
1.3 Abgrenzungen und Entdifferenzierung Neben der skizzierten Ausdifferenzierung ist die Entwicklung der Werbung auch von notwendigen Abgrenzungen und gleichzeitig von Entdifferenzierung gekennzeichnet. Angesichts der vielfältigen Kategorien und Formen von Werbung stellt sich damit nicht nur die Frage, wie Werbung von anderen unternehmerischen Kommunikationsaktivitäten abgegrenzt werden kann, sondern auch, inwiefern sich Kommunikationsaktivitäten zunehmend überlappen und die Grenzen der Unterscheidung verschwimmen. In diesem Kapitel sollen angemessene Abgrenzungen, aber auch unvermeidbare Überlappungen skizziert werden. Die grundsätzlichste Abgrenzung ist wohl die zwischen Marketing und Werbung. Auch nach Jahren intensiver Wissens- und Informationsvermittlung werden beide Begriffe nicht nur von Werbetreibenden und Wissenschaftlern, sondern auch von Agenturen, Medien und anderen Werbedienstleistern immer noch gleichgesetzt. Die Motive reichen von naiver Unkenntnis bis zum Bedürfnis, mit der Verwendung des Begriffs Marketing der eigenen Tätigkeit und dem eigenen Unternehmen eine höhere Wertigkeit zu verleihen. Dabei ist gerade die Abgrenzung zwischen Marketing und Werbung so klar wie sonst fast keine in diesem Bereich und in allen Marketinglehrbüchern ausführlich dargelegt: Der überwiegende Teil der Marketingtheorie sieht Marketing als marktorientierte Unternehmensführung. Diese baut maßgeblich auf dem Marketing-Mix auf, in dem Preis-, Distributions-, Produkt- und Kommunikationspolitik vernetzt werden. Ob das Customer Relationship Marketing, das Zuständigkeit für alle Bereiche des Marketing-Mix für sich reklamiert, diese auch begründet beanspruchen kann, soll hier nicht weiter diskutiert werden. Die Kommunikationspolitik jedenfalls bedient sich verschiedener Instrumente, wobei in der Regel Werbung, Direktwerbung, persönlicher Verkauf, Verkaufsförderung, Messen und Ausstellungen sowie
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
Sponsoring und Events unterteilt werden. Werbung ist also ein Tool der unternehmerischen Kommunikationspolitik, die wiederum ein Teilbereich des Marketing ist. Im Gegensatz zum weitgehenden Konsens bezüglich der Abgrenzung von Marketing und Werbung ist die in betriebswirtschaftlichen Werken immer noch übliche Zuordnung der PR zur Kommunikationspolitik des Marketing jedoch heftig umstritten. Eine solche Zuordnung würde die Rolle der PR auf eher technische Aspekte reduzieren (vgl. z.B. Ehling u.a. 1992), während die aktuellen Bedingungen in der Medien- und Informationsgesellschaft umfassendere Kommunikationsbeziehungen zur unternehmerischen Umwelt erfordern. Unabhängig vom Ausgang dieser Diskussion bleibt die Abgrenzungsproblematik der PR zur Werbung bestehen, die in Kapitel 1.3.1 diskutiert wird. Dass die kommunikationspolitischen Instrumente mittlerweile stärker vernetzt werden und welche Rolle die Werbung in einer solchen Integrierten Unternehmenskommunikation noch spielt, ist Gegenstand von Kapitel 1.3.2. Wissenschaftlich wird diesem Begriffswirrwarr mittlerweile insofern Rechnung getragen, als alle Kommunikationsaktivitäten unter dem Begriff „Strategische Kommunikation“ subsummiert werden (vgl. z.B. Hallahan/Holtzhausen u.a. 2007). Dass Werbung insgesamt so viel alltägliche und wissenschaftliche Beachtung findet, hat damit zu tun, dass sie einerseits bei vielen Unternehmen und Organisationen das wichtigste Kommunikationsinstrument mit dem höchsten Budget und andererseits die offenkundigste Darstellung von Produkten, Dienstleistungen, Unternehmen und Marken ist. Entsprechend sieht sich die Werbung immer wieder massiver Kritik ausgesetzt, die im frühen Vorwurf der geheimen Verführung (Packard 1958) ansetzt und bis hin zu real existierenden und angedachten Werbeverboten für Tabak, Alkohol oder Leistung betonende Automobilwerbung reicht. Auch stellt sich die Frage, inwiefern die wissenschaftlich ebenso nötigen wie wichtigen Abgrenzungen sich tatsächlich so im Alltagsleben der Rezipienten widerspiegeln. Ohne dass es hierzu umfangreiche Untersuchungen gibt, kann berechtigterweise vermutet werden, dass Rezipienten von jedem Bemühen um Definition und Abgrenzung unbeeindruckt alle erkennbaren Kommunikationsaktivitäten von Unternehmen und Organisationen unter dem Oberbegriff Werbung subsummieren. 1.3.1 Werbung und Public Relations Das Verhältnis der Werbung zu Public Relations (PR)/Öffentlichkeitsarbeit ist bereits seit einigen Jahrzehnten Thema. Dabei bezeichnete noch in den 1970er Jahren z.B. Karl Christian Behrens (1970a: 4f) PR als Werbung für
1.3 Abgrenzungen und Entdifferenzierung
47
den Betrieb als Ganzes, setzte sie also mit Unternehmenswerbung gleich. Seine Definition von PR als „Werbung um öffentliches Vertrauen“ bleibt immerhin in gewisser Weise anschlussfähig an aktuelle Diskussionen, auch wenn PR-Definitionen zeit- und perspektivenabhängig sind. Behrens´ Verständniskern ist insofern eher typisch für die 1950er und 60er Jahre (vgl. Bentele 2003: 54f), als die Betonung des Aspekts, dass PR in erster Linie Öffentlichkeitsarbeit sei, vor allem in älteren Publikationen aufscheint. Die Definitionen für PR sind ebenso zahlreich und unterschiedlich wie die für Werbung und können daher hier nicht vollumfänglich diskutiert werden. Mit ihrer kurzen und prägnanten Definition von PR als „management of communication between an organization and its publics“ schufen James E. Grunig und Todd Hunt (1984: 6) eine begriffliche Orientierungsmarke für viele PR-Wissenschaftler. Günter Bentele hat sie 13 Jahre später wie folgt erweitert und aktualisiert: „Öffentlichkeitsarbeit oder Public Relations sind das Management von Informations- und Kommunikationsprozessen zwischen Organisationen einerseits und ihren internen und externen Umwelten (Teilöffentlichkeiten) andererseits. Funktionen von Public Relations sind Information, Kommunikation, Persuasion, Imagegestaltung, kontinuierlicher Vertrauenserwerb, Konfliktmanagement und das Herstellen von gesellschaftlichem Konsens.“ (Bentele 1997: 22f)
Auf dieser Basis kann die „Andersartigkeit“ der PR nicht im grundlegenden Kommunikationsprozess gesehen werden, sondern vielmehr in ihrem Inhaltsobjekt, in ihrer Zielsetzung oder auch in ihrer funktional-organisatorischen Zuordnung (vgl. bereits: Meyer/Hermanns 1981: 15f). Diese funktional-organisatorische Zuordnung ist auch häufig das ausschlaggebende Abgrenzungskriterium zwischen PR und Werbung in der Praxis, in deren Organigrammen die PR meist als Stabsstelle der Unternehmensleitung, die Werbung dem Marketing zugerechnet wird. Die daraus entstehenden immensen Konfliktpotenziale und Ressortegoismen werden dadurch verschärft, dass über die Durchführung von Kommunikationsaktivitäten häufig nicht deren Zurechenbarkeit zu PR oder Werbung entscheidet, sondern die Verfügbarkeit entsprechender Budgets in den jeweiligen Abteilungen. Gern wird in der Praxis Werbung auch salopp auf Absatzwerbung verkürzt und als „to sell“ von PR als „to tell“ unterschieden. Dem entspricht in etwa die Differenzierung von Ian R. Bruce:
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
„If advertising decisions are most often founded on the questions, Will this sell? Then public relations decisions are often founded on the question, 4 Will this help establish beneficial relationships?“ (Bruce 1999: 473)
Obwohl dieses Kriterium PR von der Absatzwerbung zu trennen vermag, beginnt es seine Trennschärfe dann zu verlieren, wenn entweder Werbung sich vom reinen Absatz entfernt und zur Unternehmens- und Markenwerbung wird, oder wenn PR auf lange Sicht eben doch zum monetären Unternehmensergebnis beitragen muss. Eine genaue Abgrenzung wird zusätzlich erschwert, wenn die Ausdifferenzierungen der Werbung einerseits und die unterschiedlichen PR-Modelle, also Publicity, Informationstätigkeit, Überzeugungsarbeit und Dialog andererseits (vgl. dazu: Grunig/Hunt 1984: 22) berücksichtigt werden. Die folgende Abbildung 2 listet deshalb die Unterschiede – und nur die Unterschiede – zwischen PR und Werbung auf, indem sie zwei Idealtypen gegenüberstellt, die sich in Reinform in der Praxis selten finden (vgl. dazu auch: Oeckl 1981: 287; Laube 1986: 79ff; Koschnick 1996: 724). Ihr ist der eingangs definierte allgemeine und über die Absatzwerbung hinausgehende Begriff von Werbung zugrunde gelegt. Die Pfeile deuten an, ob sich die Konzepte eher aufeinander zu bewegen und überlappen oder sich stärker abgrenzen. Je stärker sich Werbung von der reinen Absatzwerbung entfernt und das Unternehmen als Ganzes oder seine Marke(n) bewirbt, desto durchlässiger und verwaschener wird die Trennlinie zur PR. Entsprechend stärker wird die Annäherung zwischen beiden Formen der Kommunikation. Zwei kommunikationsbestimmende Kriterien haben überhaupt keine diskriminierende Funktion und sind deshalb in Abbildung 2 nicht dargestellt: Die Kommunikatoren sind in Werbung und PR gleichermaßen Unternehmen oder andere Organisationen sowie zwischengeschaltete Agenturen. Auch die Kommunikationsobjekte Produkte, Dienstleistungen, Unternehmen, Organisationen, Marken und Ideen können sowohl in der Werbung als auch in der PR thematisiert werden.
4
Nach wie vor gibt es aber auch die Unterteilung nach beteiligten Meinungsgegenständen in Absatzwerbung, Imagewerbung und „auf die allgemeine Öffentlichkeit gerichtete PublicRelations-Werbung“ (Mayer/Illmann 2000: 377).
1.3 Abgrenzungen und Entdifferenzierung
Abbildung 2: Abgrenzung von Werbung und Public Relations
Quelle: eigene Darstellung
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
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Werbung und Public Relations Die zunehmende gegenseitige Annäherung oder Durchdringung von Werbung und PR erschwert die Abgrenzung beider Kommunikationsformen zunehmend. Kommunikationsmodell, Zeithorizont, Medienzugang, Kommunikatoren und Kommunikationsobjekte entwickeln sich derart aufeinander zu oder überlappen sich derart, dass sie als Abgrenzungskriterien nicht mehr trennscharf sind. Damit verbleiben zur Unterscheidung von Werbung und PR nur noch drei Merkmale: Die Kommunikationsziele, die organisatorische Verankerung und – bereits mit erkennbaren Abstrichen – die Adressaten.
1.3.2 Werbung, PR und Journalismus Im Rahmen der Abgrenzung unterschiedlicher Formen der Unternehmenskommunikation gewinnt im Spannungsfeld zwischen Werbung und PR ein Aspekt an publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Bedeutung, der bereits in Kapitel 1.1.2 kurz angesprochen wurde: Das Verhältnis zwischen Werbung, PR und Journalismus. Während Public Relations dieselbe kommunikative Rolle zugewiesen bekommen wie der Journalismus – nämlich die als Kommunikator (vgl. z.B. Bentele/Brosius/Jarren 2003) –, wird Werbung üblicherweise nicht zu den Kommunikatoren bzw. Aussagenproduzenten gezählt. Auch ist das Verhältnis zwischen Werbung und Journalismus nicht annähernd so intensiv diskutiert worden wie das zwischen PR und Journalismus. Der Grund kann sicher in der Fachgeschichte der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft ausgemacht werden. Lange hat sie sich nur mit den redaktionellen Beiträgen auseinander gesetzt (vgl. Saxer 1987: 650). Dieser Fokus auf die öffentliche Kommunikation führte dazu, dass die PR problematisiert wurden, die Werbung jedoch zunächst gänzlich unbeachtet blieb. Wie Abbildung 3 deutlich zeigt, hatten die Aussagenproduzenten Journalismus, PR und Werbung je einen eigenen Zugang zu den Medien: Nachrichtenwerte für Journalismus und PR, bezahlter Werberaum bzw. bezahlte Werbezeit für die klassische Werbung. Die Verarbeitung der Inputs war für Journalismus, PR und Werbung denn auch unterschiedlich. So unterlagen z.B. journalistische Berichterstattung und PR spezifischer Selektion und Kommentierung, die Werbung aber nicht. Diese Unterscheidung spiegelte sich im Output wider. Schließlich stellte eine gesetzlich verankerte Kennzeichnungspflicht sicher, dass klassische Werbung deutlich vom redaktio-
1.3 Abgrenzungen und Entdifferenzierung
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nellen Teil getrennt war und auch als getrennt erkannt werden konnte. Im Gegensatz dazu gingen und gehen die Inhalte der PR in die redaktionellen Beiträge ein. Sie wurden und werden so zu einem Einflussfaktor der öffentlichen Kommunikation. Anders als die Beziehung zwischen PR und Journalismus galt deshalb die Beziehung zwischen Werbung und Journalismus lange Zeit als unproblematisch bzw. wurde sie auf den strukturellen Einfluss der Werbung als Finanzier der Medien reduziert. Abbildung 3: Journalismus, PR und die Erkennbarkeit klassischer Werbung
Quelle: eigene Darstellung
Die Abbildung 3 ist allerdings in zweifacher Weise idealtypisch. Zum einen, weil sie davon absieht, dass auch die PR schon immer bezahlte Anzeigen und Spots z.B. bei Imagekampagnen eingesetzt hat. Damit fand und findet sich der Output von PR sowohl – und zwar überwiegend – im redaktionellen Kontext, aber eben auch erkennbar getrennt von diesem als Anzeige oder Spot. Zum anderen, weil Medieninhalte natürlich nicht nur aus journalistischen Inhalten bestehen, sondern auch aus Unterhaltung. Demzufolge müsste analytisch korrekt eigentlich der Inputseite ein weiteres Feld „Unterhaltung“ hinzugefügt werden. Wesentlich wichtiger ist aber: Mit der Ausdifferenzierung der Werbung in Below-the-Line und programmintegrierte Werbung begann diese eher klare Unterscheidung zu erodieren, wie die Abbildung 4 idealtypisch illustriert. Auch Werbung wird zunehmend in den redaktionellen Kontext integriert, so dass sich ein Teil des werblichen Outputs im redaktionellen Output wiederfindet. 5 Zudem gibt es vor allem in der Marken- und Unternehmenswerbung eine Annäherung bzw. Überlappung von Werbung und PR.
5
Diese Integration betrifft bisher zum weit größeren Teil die Unterhaltung als den Journalismus.
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
Abbildung 4: Zunehmende Tendenz zur Integration der Werbung
Quelle: in Anlehnung an Siegert/Eberle 2004: 11
Insgesamt kommt es zu mehrfachen Überlappungen zwischen den Inputbereichen. Hybridisierung taucht also nicht nur als Verschmelzung von Information und Unterhaltung zu verschiedenen Formen von Infotainment auf, sondern auch als Überlappung von Werbung und PR, von PR und Journalismus sowie von Werbung und Journalismus z.B. in Form von „Publireportagen“, „Infomercials“ und „Advertorials“. Die neuen Bedingungen stellen deshalb besondere Herausforderungen dar, wie sie Siegfried J. Schmidt formuliert, der in diesen Wechselbezug allerdings auch die Literatur aufnimmt: Literatur, Journalismus, PR und Werbung gehören deshalb so eng zusammen, weil sie durch Differenzbildung und Differenznutzung genau diejenigen kommunikativen Möglichkeiten ausnutz(t)en, die durch die jeweiligen Optionsalternativen eröffnet wurden und werden. Damit wurde das komplizierte Netz von Optionen der Wirklichkeits- und Wahrheitsverhältnisse aufgespannt, das unsere Gesellschaft bis heute bestimmt: Aussagenproduktion kann Authentizität oder Fiktionalität anstreben, sie kann interesselos oder interessegebunden sein, kann uns Zustandsberichte oder Images vermitteln oder uns in Wunschwelten entführen. Und die schwierige Aufgabe der Aktanten in Mediengesellschaften besteht darin, herauszufinden, wann welcher Diskurs geführt wird und auf welche Wirklichkeits- und Wahrheitsbedingungen man sich dementsprechend einstellen muss.“ (Schmidt 2002: 102f)
1.3.3 Werbung und Integrierte Unternehmenskommunikation Die Annäherung zwischen Werbung und PR auf der einen Seite, weit stärker aber die Ausdifferenzierung und Multiplikation der unternehmerischen Kommunikationsaktivitäten auf der anderen Seite, haben die Kommunikation von und für Unternehmen, Organisationen, Angebote und Marken vielschichtiger und komplexer gemacht. Bereits 1983 sprechen Hans Raffée und Klaus-Peter Wiedmann von einem ganzheitlichen Konzept der Cor-
1.3 Abgrenzungen und Entdifferenzierung
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porate Communication (Raffée/Wiedmann 1983: 52). Große AgenturNetworks lancierten unter verschiedenen Labels, wie z.B. Ogilvy-“Orchestration“, ihre Vorstellungen dieser Corporate Communications. Allen liegt die Intention zu Grunde, ein kohärentes Gesamtbild der Unternehmen, Organisationen, Angebote und Marken zu kommunizieren, indem öffentliche Darstellungen und die jeweils gepflegten Kommunikationsbeziehungen aufeinander und auf die jeweiligen Kommunikationsziele hin abgestimmt ihre spezifischen Vorteile ausspielen, anstatt sich wechselseitig zu widersprechen und in ihrer Wirkung zu beeinträchtigen. Drei Motive können hinter dieser Entwicklung vermutet werden: Aus Agentursicht galt und gilt es, bestehende Kundenbeziehungen durch Kompetenz-Ausbau oder -zukauf vor Wettbewerb abzuschirmen – auch und gerade vor dem von jenseits der klassischen Werbeagenturszene. Auf Seiten der Werbetreibenden zwingen nicht nur die allgemeine Konjunktur- und Kostensituation, sondern auch die Zunahme des Medienangebots und der damit einhergehende Anstieg der Schaltkosten zur Nutzung aller möglichen Synergiepotenziale. Dieser Integrationsbedarf wird weiter verstärkt durch die inzwischen für alle unternehmerischen Funktionen als wichtig erkannte Orientierung an den Kundenbeziehungen. Welche Auswirkungen dies für die Werbung hat, formuliert Don E. Schultz so: „Just what is integrated marketing communications? … it appears to be the natural evolution of traditional mass-media advertising, which has been changed, adjusted, and refined as a result of new technology.“ (Schultz 1999: 337)
Etwas eingeschränkter als mit dem Konzept der Integrierten Unternehmenskommunikation argumentiert er mit dem der Integrierten MarketingKommunikation und ordnet damit implizit die PR dem Marketing unter. Wie viel umfangreicher das Konzept der Integrierten Unternehmenskommunikation ist bzw. sein kann, welche verschiedenen Ansätze es dazu gibt und welche Studien sich diesem Thema gewidmet haben, skizziert anschaulich und umfassend Karin Kirchner (2001). Sie betont, dass die praktische Umsetzung nicht so einfach ist und oft an zahlreichen Widerständen scheitert. Integrierte Unternehmenskommunikation soll alle unternehmerischen Kommunikationsfunktionen, also die PR als Kommunikationsmanagement des gesellschaftspolitischen Umfeldes, die Marketingkommunikation als Kommunikationsmanagement des marktorientierten Umfeldes und die interne Kommunikation als Kommunikationsmanagement des internen Umfeldes auf einer höheren Ebene der Gesamtkommunikation koordinieren und steuern (vgl. Kirchner 2001: 167f). Die Werbung ist dann letztlich in diese Gesamtkommunikation eingebettet und mit den anderen Instrumenten
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
abgestimmt, wie das bereits häufig bei der Markenkommunikation zu finden ist. Schon Paul W. Meyer und Arnold Hermanns (1981: 16) deuten an, dass die Zukunft der Werbeverantwortlichen in der Gesamtkommunikation liegt und erstere deshalb die Bezeichnung „Kommunikations-Manager“ verdienen. Ihr Aufgabengebiet lässt sich folgendermaßen darstellen. Abbildung 5: PR, Marketing, Marketingkommunikation und Werbung im Zusammenspiel
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Hutton 2001: 210
1.4 Publizistik- und kommunikationswissenschaftlich orientierte Systematisierung
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1.4 Publizistik- und kommunikationswissenschaftlich orientierte Systematisierung von Werbung Angesichts der Fülle vorhandener Abhandlungen über Werbung soll und kann hier nicht noch einmal ein allgemeiner Überblick, wie er in vielen Lehr- und Handbüchern bereits gegeben wird, vermittelt werden. Wir wollen vielmehr eine etwas andere Perspektive der Werbung vertreten und theoretisch fundieren: nämlich eine explizit publizistik- und kommunikationswissenschaftlich orientierte, die zudem den vorfindbaren Phänomenen und Entwicklungen der Werbung entspricht, mithin also empirisch erklärungskräftig ist. Eine solche Perspektive schließt andere Disziplinen nicht aus, sichert aber in erster Linie die Anschlussfähigkeit an andere Forschungsbereiche der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, wie z.B. an die Kommunikator- oder Medieninhaltsforschung, und an ihren Kern, die öffentliche Kommunikation. Unter diesem Blickwinkel betrachten wir Werbung nicht als ein von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen losgelöstes Phänomen, sondern befassen uns vielmehr mit „Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft“. D.h. mit Werbung unter spezifischen Bedingungen, die einerseits die Werbung gesamthaft beeinflussen, zu denen aber andererseits die Werbung selbst beiträgt. 1.4.1 Die Relevanz der Werbung in der und für die Medien- und Informationsgesellschaft Die namensgebende Schlüsselstellung und der immense Stellenwert der Medien in der Medien- und Informationsgesellschaft resultieren aus ihrer Rolle in der öffentlichen Kommunikation. Medien vermitteln die von anderen Akteuren in den Diskurs eingebrachten Themen und Meinungen und repräsentieren sie. Sie sind dabei jedoch nicht „objektive“ Transporteure und Verarbeiter dieser Themen und Meinungen, sondern agieren mit einer Eigenlogik und mischen sich nicht selten mit eigenen Stellungnahmen und Schwerpunktsetzungen in die Diskurse ein. Diese Entwicklung wird unter den Stichworten Mediatisierung bzw. Medialisierung (vgl. u.a. Mazzoleni/ Schulz 1999; Krotz 2001a; Schulz 2004; Marcinkowski 2005; Imhof 2006; Donges 2006 und 2008) diskutiert. Zugleich bilden Medien keine homogene Gruppe von Organisationen, sondern sind nicht nur im Hinblick auf unterschiedliche Mediengattungen in sich heterogen. Gleichwohl orientieren sie sich alle an einem inhaltlichen Globalziel, nämlich der Veröffentlichung von Themen, Ereignissen, Meinungen etc. und einem formalen Globalziel, das im Fall der öffentlichrechtlichen Medien wirtschaftliche Arbeitsweise, bei allen privatwirtschaftlichen Medien Gewinnerzielung heißt. Spätestens an dieser Stelle kommt die
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
Werbung ins Spiel: Deren Relevanz in der und für die Medien- und Informationsgesellschaft ist ebenso spürbar gewachsen wie die damit verbundene strukturelle Macht der Werbewirtschaft. Denn auf der einen Seite finanzieren sich die meisten Medien nach wie vor zum großen Teil aus Einnahmen aus der Werbung, die damit erst die ökonomischen Voraussetzungen für redaktionelle Unabhängigkeit schafft oder zumindest sichert. Konjunkturflauten der Werbebranche wirken sich daher direkt – und mittlerweile desaströs – auf Medien und Redaktionen aus. Damit wird die Werbung zur wichtigsten Einflussgröße für die Medien und beeinflusst diese durchaus in ihrem Sinne. Diese Beeinflussung wird aber dreifach eingeschränkt: Medien-, Werbe- und Wettbewerbsgesetze ziehen einen juristischen Rahmen auf. Rollenverständnis, Berufsauffassung, aber auch Selbstwertgefühl und eigene Machtansprüche sind journalistische Motive zur Eindämmung allzu großer Begehrlichkeiten seitens der Werbung. Und schließlich beschränken werbliche Aspekte selbst eine überzogene Beeinflussung der Medien, weil Werbung, um überhaupt erfolgreich sein zu können, zwingend auf die Glaubwürdigkeit der Medien angewiesen ist. Auf der anderen Seite ist die Werbewirtschaft von den Veränderungen des Mediensystems ebenso betroffen wie alle anderen Branchen, die auf Medien angewiesen sind. So ermöglicht z.B. die Ausdifferenzierung der Zeitschriften eine größere Auswahl zwischen Werbeträgern, sie bringt aber auch mehr Aufwand für Mediaplanung und -selektion sowie sinkenden Werbedruck und damit steigende Kosten mit sich. Auch von Rezipientenseite her weht der Werbung ein rauer Wind entgegen. Zwar ist sie als Gesamtphänomen durchaus anerkannt und hat sich mittlerweile auch als redaktioneller Inhalt etabliert, wenn z.B. die „Witzigsten Werbespots der Welt“ gezeigt werden oder die so genannte „Cannes-Rolle“ die Preisträger des renommierten Werbefilm-Festivals ins Kino bringt. All dies kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass werbliche mit allen anderen Kommunikationsangeboten in immer schärferem Wettbewerb um die knappen Ressourcen Zeit und Aufmerksamkeit der Rezipienten stehen und mit Vermeidung und Reaktanz zu kämpfen haben. Werbung ist also Teil einer komplizierten Struktur in der Medien- und Informationsgesellschaft und zugleich handelnder Akteur, ist also „Opfer“ und „Täter“ zugleich. Dies soll bewusst im Lehrbuch reflektiert werden, denn die Zielsetzungen der Werbung, ihre Ablaufprozesse, ihre Inhalte und Ergebnisse dürfen nicht nur vor dem Hintergrund der unternehmerischen Zielsysteme der Werbewirtschaft (Unternehmen, Organisationen, Agenturen) sowie der betriebswirtschaftlichen Optimierung gesehen werden, sondern müssen auch das weitere Umfeld berücksichtigen.
1.4 Publizistik- und kommunikationswissenschaftlich orientierte Systematisierung
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Unter publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Perspektive macht es daher durchaus Sinn, wenn wir in unserer Betrachtung der Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft den Akteuren, Strukturen und der Produktion von Werbung mehr Platz einräumen als ihren Wirkungen. Wir wählen diese innerhalb der Disziplin nur vereinzelt getroffene Schwerpunktsetzung auch deshalb, weil es zwar sehr viele Abhandlungen und Untersuchungen zu Werbeinhalten und zur Werbewirkung gibt, sich mit Strukturen und Akteuren dagegen nur wenige Ansätze explizit befassen. Vor allem aber wollen wir mit unserer struktur- und akteurszentrierten Perspektive den Forderungen Nachdruck verleihen, die Ulrich Saxer (1987: 651) angesichts der Zunahme der strukturellen Macht der Werbewirtschaft in der Medien- und Informationsgesellschaft berechtigt an die Verantwortbarkeit von Werbeaktivitäten stellt,. Auch Thomas Schierl (2003: 25) macht Institutionen und Akteure neben Werbebotschaften und Werbeträgern für die Effektivität und Effizienz von Werbung verantwortlich. Bereits in Kapitel 1.2 haben sich bestehende Systematisierungen als nicht mehr aktuell, nicht trennscharf oder gar missbräuchlich interpretiert gezeigt. Es liegt deshalb nahe, die Entwicklung einer unverbrauchten Perspektive auf einer neuen und im Sinne der gewählten Perspektive aussagekräftigen und tragfähigen Systematisierung der Werbung aufzubauen. Dabei orientieren wir uns an folgenden Aspekten: x
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Werbung ist nicht nur eine spezielle Form der Kommunikation, sondern die Werbewirtschaft ist auch ein relevanter Akteur in der Medien- und Informationsgesellschaft und im herrschenden Kommunikations- und Aufmerksamkeitswettbewerb. Die wechselseitige Verknüpfung von Medien und Werbung macht letztere auch zu einem Einflussfaktor für die öffentliche Kommunikation. Das Geschäftsmodell der Medien, das die Querfinanzierung über Werbung vorsieht, führt nicht nur zu einem strukturellen Einfluss der Werbung, sondern zunehmend zu einem konkreten inhaltlichen. Zugleich bedingt das veränderte gesellschaftlich-technologisch-ökonomische Umfeld einen Wandlungsprozess auch für die Werbung. Sie versucht teilweise, sich den Bedingungen der Medien im Informationswettbewerb zu entziehen, indem sie auf andere Werbeträger zurückgreift. Diese sowie gesellschaftliche Akteure (z.B. Sportvereine oder Kulturelle Institutionen) imitieren das in den Medien etablierte Geschäftsmodell der (Zusatz-)Finanzierung durch Werbung und bieten Werbemöglichkeiten jenseits der klassischen Medien an. In der Folge differenziert sich Werbung so weit aus, dass sie mit gängigen Kategorien immer weniger zu systematisieren ist. Zumal sich immer mehr hybride Formen der Werbung finden lassen, die entweder
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
sowohl zu einer als auch zu einer anderen Kategorie gehören oder überhaupt neue Kategorien bilden. 1.4.2 Interaktivität als Herausforderung für die Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft Interaktivität wird als Kern des Medien- und Werbewandels (vgl. u.a. Leckenby 2005: 12f; Beck 2006: 39f) und als eine der wichtigsten Besonderheiten der Werbung im Onlinebereich diskutiert. Als wesentliche Kennzeichen lassen sich aktive Kontrolle, Zwei-Weg-Kommunikation und Synchronizität festhalten (vgl. Liu/Shrum 2002). Die technische Komponente nimmt dabei eine Schlüsselstellung im Kommunikationsprozess ein, und für die Interaktionen ist kein Gerätewechsel mehr nötig. Das bedeutet, dass die Nutzer schneller, einfacher und häufig kostenlos mit den Kommunikatoren in Kontakt treten können und diese wiederum das Feedback einfacher weiter verarbeiten und gegebenenfalls integrieren können (vgl. Quiring/Schweiger 2006). Zudem beginnen die Rollen von Kommunikator und Rezipient zu verwischen und Nutzer können zu Produzenten werden (Stichworte: UserGenerated Content, ProdUser). Dies kann einerseits in die Konfiguration des Angebots und/oder in die Konfiguration der Werbekampagne und ihrer Schaltung einfließen. Zugleich ist die nahtlose Verknüpfung der Werbung mit Transaktionen, also Bestellungen und Käufen, möglich. Die meisten dieser Aspekte sind für die Werbung im Kern nicht neu – Feedback oder Bestellungen können auch per Postkarte gegeben werden, wie im klassischen Direct-Marketing. Neu ist aber das einfache Handling und die Synchronizität. Diese sind folglich auch ausschlaggebend für die weitreichenden Auswirkungen von Interaktivität auf die Werbung (siehe auch Kapitel 2.1.8): Einerseits können Werbeform und Werbebotschaft zusätzliche sensorische Ansprachen beinhalten, so z.B. indem der Nutzer mit der Computermaus navigieren muss. Die Bezeichnung „Rich Media“ für „advertisements that incorporate animation, sound, and/or interactivity in any format.” (IAB/PWC 2009: 17) verweist eben darauf. Damit wird die Nutzung insgesamt komplexer und erfordert bzw. ermöglicht mehr Aktivität des Nutzers als Werbeformate in Print oder Rundfunk. Dafür gibt es aber empirische Hinweise darauf, dass der Einsatz interaktiver Gestaltungsmittel den Effekt der Werbung erhöht, so z.B. wenn 3-D Visualisierungen als wirkungsvoll eingestuft werden oder Rich Media Formate sich als wirkungsvoller erweisen als simple Bannerwerbung (vgl. Li/ Leckenby 2007: 214f.). Für die Werbeproduzenten hat Interaktivität andererseits den Vorteil, dass die Präsentationsform werblicher Botschaften im Hinblick auf unterschied-
1.4 Publizistik- und kommunikationswissenschaftlich orientierte Systematisierung
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liche Nutzerreaktionen laufend aktualisiert, d.h. selektiert und modifiziert werden kann. Wird z.B. ein Pop-Up-Blocker vom Ad-Server erkannt, kann ein anderes Werbeformat eingeblendet werden. Werden mehrere Plattformen für eine Werbekampagne eingeschaltet, dann können über den Nutzerresponse automatisch diejenigen Plattformen häufiger belegt werden, die ein gutes Ergebnis im Sinne der Zieldefinition liefern (vgl. Lammenett 2006: 124ff.). Einfaches Handling und Synchronizität erlauben es auch, dass die Kommunikationsbeziehung direkt und ohne Gerätewechsel in eine Transaktionsbeziehung, d.h. in einen Kauf bzw. eine Bestellung münden kann. Damit wird die Zeitspanne zwischen der Nutzung einer mehr oder weniger werblichen Botschaft und dem tatsächlichen Kauf wesentlich verkürzt. So können Spontanhandlungen, -käufe, -bestellungen gefördert werden, weil Überlegungen der Werberezipienten, die einen Kauf verhindern können, zeitlich ausgeblendet werden. Sehr anschauliche Beispiele für die Kombination von Response und Transaktion finden sich auch in der politischen Werbung bzw. in politischen Kampagnen z.B. bei amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Dort gelingt es regelmäßig, die Rezipienten so zu aktivieren, dass sie für Kandidat oder Kampagne Gelder spenden. Zudem können die Kaufprozesse online entsprechend gut zurückverfolgt werden, was weitreichende Folgen auf den Werbeprozess hat: Im AffiliateMarketing wird die Werbung im Rahmen von Affiliate-Netzwerken auf vielen verschiedenen Websites von Netzwerkpartnern gestreut und hat entsprechend höhere Kontaktchancen. Die Netzwerkpartner werden mit entsprechenden Provisionen für die Schaltung bezahlt, z.B. Provisionen pro Klick (Pay-per-Click), pro Interessent/Adresse (Pay-per-Lead) oder pro Verkauf (Pay-per-Sale) (vgl. Lammenett 2006: 23; Fritz 2004 182ff; Bender 2008: 178ff). Letztlich können so auch über reichweitenarme Websites immer noch Umsätze getätigt werden (sog. Long-Tail-Marketing). Dies hat mittlerweile auch Auswirkungen auf die klassische Beziehung zwischen werbetreibenden Unternehmen und Werbeträgern, denn auch dort wird zunehmend diese neue Art des Werbecontrollings angewendet, und daraus resultieren neue Formen der Vergütung (Performance-Based Pricing: IAB/PWC 2009: 12f). Die vielfältigen Potenziale von Interaktivität müssen in der Werbeproduktion berücksichtigt und mit der werblichen Aussage kompatibel gemacht werden. Denn durch zu viele Änderungsmöglichkeiten der Nutzer kann eine Werbeaussage bzw. eine Werbekampagne schnell außer Kontrolle geraten kann. Zudem muss die Organisation hinter der Werbebotschaft bzw. Werbekampagne auf Interaktivität eingestellt sein, d.h. die Reaktionszeiten für Antworten oder Bestellungen müssen entsprechend kurz sein, um keine
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
negativen Reaktionen der Nutzer hervorzurufen. Dies ist für viele Unternehmen mit großem Aufwand verbunden. 1.4.3 Die I/P-Matrix als Verortungshintergrund für Werbung Die in den folgenden Abbildungen 6a und 6b dargestellte I/P-Matrix soll als neuer Systematisierungsvorschlag helfen, die unterschiedlichen Formen der Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft sinnvoll zu verorten. Sie greift dazu auf zwei publizistik- und kommunikationswissenschaftlich relevante Dimensionen zurück: I steht für die Integration in den redaktionellen Kontext und P für den Personalisierungsgrad der Werbung. Integration in den redaktionellen Kontext, d.h. die Verbindung der Werbung mit ihrem redaktionellen Umfeld, wird in drei Stufen unterteilt: Werbung ohne redaktionellen Kontext (typisches Beispiel: Plakatwerbung), Werbung mit redaktionellem Kontext, aber von diesem getrennt (typisches Beispiel: Spotwerbung im Werbeblock) und Werbung, die in redaktionelle Inhalte integriert ist (typisches Beispiel: Product Placement). Die Integration in einen redaktionellen Kontext erhält ihre Systematisierungskraft dadurch, dass die Dimension dafür bestimmend ist, x
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inwiefern die klassische Prozesslogik der Werbeproduktion und -distribution (Auftragsgeber – Agenturen – Medien) und damit das oben skizzierte wechselseitige Verhältnis von Werbung und Medien vorzufinden ist, inwiefern sich redaktionelle und werbliche Inhalte im Sinne von Kontexteffekten wechselseitig in ihrer Ausgestaltung und Dramaturgie sowie in der Wirkung auf Individuen beeinflussen, und welche Qualität der Einfluss der Werbung auf die öffentliche Kommunikation im Sinne von gesamtgesellschaftlicher Wirkung hat.
Personalisierung zielt auf die quantitative Ausrichtung der Werbeadressierung und wird – der Entwicklung von der One-to-Many- hin zur One-to-One-Kommunikation folgend – ebenfalls in drei Stufen unterteilt: Werbung, die an eine anonyme Masse adressiert ist (typisches Beispiel: Plakatwerbung), Werbung, die eine ausgewählte spezifizierte Zielgruppe ansprechen will (typisches Beispiel: selektiv haushaltsverteilter Katalog) und Werbung, die sich per Adresse direkt an eine Zielperson wendet (typisches Beispiel: Direct-Mails). Der Personalisierungsgrad der Werbung erhält seine Systematisierungskraft dadurch, dass die Dimension bestimmend ist dafür,
1.4 Publizistik- und kommunikationswissenschaftlich orientierte Systematisierung
x x x
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welche Qualität die Kommunikationsbeziehung zwischen Absender und Empfänger der Werbebotschaft hat, wie spezifisch Gestaltungsoptionen, wie z.B. Sprache, Musik und Bilder, verwendet werden können, um bei den Empfängern auf Akzeptanz zu stoßen, wie direkt ökonomischer, publizistischer und psychologischer Erfolg messbar sind.
Trotz der großen Relevanz der Interaktivität wird diese nicht explizit in die Matrix eingebaut. Implizit ist aber zunehmende Personalisierung an Interaktivität gebunden. Denkbar wäre zudem eine weitere Unterscheidung, nämlich die nach der Erkennbarkeit des Absenders von Werbung, weil damit die Möglichkeiten für Feedbacks ebenso variieren wie die der Zuweisung von Verantwortung für die Werbung. Auch dieses Kriterium soll nicht explizit in die Systematisierung einbezogen werden, weil fast jede Form der Werbung in ihrer Anlage eine Feedbackmöglichkeit beinhalten kann und damit responsefähig ist. Die einzige Ausnahme bilden hybride Werbeformen und programmintegrierte Werbung, weil die Responsemöglichkeit ja gerade das Ziel dieser Werbeformen, nämlich nicht als Werbung erkannt zu werden, untergraben würde. Werden die Kriterien der Integration in den redaktionellen Kontext auf der horizontalen und Personalisierung der Werbung auf der vertikalen Achse kombiniert, führt dies zu einer 3x3-Matrix, in der letztlich jede Konkretisierungsform der Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft verortet werden kann (Abbildung 6a). Die Rastergrenzen sind dabei lediglich idealtypischer Natur und zu benachbarten Feldern hin durchlässig. Die Bezeichnung der einzelnen Felder oder Cluster folgt der Spalten-/Zeilen-Nummerierung. Sie ist keinesfalls wertend gedacht, sondern dient ausschließlich einer vereinfachten Bezugnahme in späteren Kapiteln dieses Buches. Zugleich behaupten wir nicht, dass diese Systematisierung der Werbekommunikation und die implizit angedachte Entwicklung von Feld 1.1 zu Feld 3.3 auch mit entsprechenden Wirkungen verbunden ist. Die I/P-Matrix ist aus einer struktur-, prozess- und akteurszentrierten Perspektive entwickelt, die Werbebotschaften und Werbeträger mitdenkt. Bislang unklar ist, ob Werberezeption und -wirkung ähnlich differenziert werden können.
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
Abbildung 6a: I/P-Matrix zur Systematisierung von Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft
Quelle: eigene Darstellung
In Abbildung 6b sind den Clustern typische Werbeformen exemplarisch zugeordnet. Dabei zeigt sich, dass das Feld 3.3 zwar noch weitgehend unbesetzt ist, aber die Entwicklung vor allem durch die Digitalisierung und die damit einhergehende Online-Kommunikation und -ökonomie in eben diese Richtung zeigt. Schon heute werden z.B. Rap-Songs, Spielfilme auf DVD oder Computerspiele in unterschiedlichen Versionen (Mixes bzw. Cuts bzw. Versions) produziert und vermarktet. Gleichzeitig integrieren gerade Hip-Hop-Songs, aber auch Spielfilme und Spiele nicht selten zumindest Marken-Placements. Ein virtuelles Fussballspiel, bei dem der Spieler vor
1.4 Publizistik- und kommunikationswissenschaftlich orientierte Systematisierung
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dem Start zwingend wählen muss, welche Marken auf Stadion-Banden, Spieler-Trikots und andere Flächen gezeigt werden sollen, ist vor diesem Hintergrund idealtypisch für Feld 3.3. Unter redaktionellem Kontext ist also nicht ausschließlich der von einer klassischen Redaktion in einer Medienorganisation hergestellte Inhalt zu verstehen, sondern auch der, von anderen Akteuren – u.a. auch von der Werbewirtschaft selbst -generierte Inhalt. Abbildung 6b: Exemplarische Verortung ausgewählter Werbeformen in der I/P-Matrix
Quelle: eigene Darstellung
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
Die beiden vorangestellten Abbildungen liefern nicht nur einen Vorschlag zur Systematisierung der Werbung aus publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht, sondern auch den Bezugsrahmen für die weitere Vorgehensweise. So werden wie in beiden Grafiken in diesem Lehrbuch wissenschaftliche mit praktischen Erkenntnissen kombiniert, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass Werbung ein von vielen Wissenschaftsdisziplinen erforschtes, gleichwohl aber auch ein hochgradig durch die Praxis bestimmtes Feld ist. Dazu verzichten wir einerseits darauf, die grundlegenden wissenschaftlichen Perspektiven und Theorien explizit darzustellen. Sie werden vielmehr in den fortlaufenden Text integriert und dort mit entsprechenden Anmerkungen auf Basisliteratur ausgewiesen. Andererseits werden praktische Erkenntnisse nicht nur im Text wiedergegeben, sondern auch als Fallbeispiele gesondert aufgeführt. Mit dieser wechselseitigen Kontrast-Struktur erhoffen wir uns einen ebenso theoretisch fundierten wie praktisch erklärungskräftigen Überblick. Zu dieser Zielsetzung soll auch der Aufbau des Buches beitragen: Bis zu diesem Punkt haben wir die Grundlagen zur Werbung als Forschungsgegenstand gelegt. In Kapitel 2 beschäftigen wir uns mit den historischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Werbung und stellen die spezifischen Konditionen und Zusammenhänge dar, die auf die Werbung gesamthaft einwirken, und auf die die Werbung vice versa selbst Einfluss nimmt. Geschichte und Entwicklung der Werbung verdeutlichen, dass diese nicht nur ex-post ein guter Indikator für gesellschaftlichen Wandel ist, sondern in ihrer konkreten Ausgestaltung jeweils mit politischen, rechtlichen, gesellschaftlichen, technologischen und ökonomischen Entwicklungen korrespondiert. Als Rahmenbedingungen reißen wir jene übergeordneten Entwicklungen, die auch für die aktuelle Werbung bestimmend sind, kurz an, bevor wir diese im Unterkapitel „Medien- und Informationsgesellschaft und Werbung“ in ihrer wechselseitigen Vernetztheit zusammenfassen. Dabei berücksichtigen wir sowohl die Emanzipation der Werbung als Berufsfeld und als Branche, als auch die wirtschaftliche Bedeutung der Werbung anhand ökonomischer Kennzahlen. Im Mittelpunkt des dritten Kapitels steht die theoretische Analyse der Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft auf Makro-, Mesound Mikroebene. Nach der Verortung von Werbung zwischen Publizistik und Ökonomie (Makroebene) beleuchten wir den Werbeprozess und die relevanten Akteurs- und Interessenskonstellationen einschließlich der Vermittlungsebene (Mesoebene). Die individuellen Akteure und Berufsrollen in der Werbung schaffen ihrerseits spezifische Interessenskonstellationen, die wir auf der Mikroebene untersuchen, bevor wir zum Kapitel 4 überleiten.
1.4 Publizistik- und kommunikationswissenschaftlich orientierte Systematisierung
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Dort erfolgt der Transfer der in Kapitel 3 diskutierten theoretischen Erklärungen auf die einzelnen Cluster der I/P-Matrix und somit die Integration des Praxisbezugs in das bis dahin entwickelte publizistik- und kommunikationswissenschaftlich orientierte Denkgebäude. Auf Basis der I/P-Matrix werden der Werbeprozess und die relevanten Akteurs- und Interessenskonstellationen für die einzelnen Kategorien skizziert. Zugleich werden dabei auch die relevanten Werbeträger, die Spezifika der Werbebotschaften und ausgesuchte Ergebnisse zur Werbewirkung vorgestellt. In Kapitel 5 schließlich ziehen wir ein Fazit, in dem wir unsere Ausführungen zu einem umfassenden Resümee verdichten und einen Ausblick auf die Zukunft der Werbung und ihre publizistik- und kommunikationswissenschaftliche Erforschung geben. Dabei gehen wir explizit auf die in der ersten Auflage formulierten Thesen ein, um deren Realisierungsgrad abzuschätzen. Das vorangegangene Kapitel legt in vier Unterkapiteln die Grundlagen für eine publizistik- und kommunikationswissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Forschungsgegenstand Werbung. Dabei zeigt sich Werbung theoretisch wie pragmatisch außerordentlich umfassend, komplex und dynamisch.
Kapitel 1.1 verdeutlicht zum einen, welche wissenschaftlichen Disziplinen sich in welcher Weise mit dem Thema Werbung befasst haben und aktuell befassen. Ein Blick auf die Werbung als Erkenntnisobjekt der Publizistikund Kommunikationswissenschaft legt den Schluss nahe, dass diese bis heute dort weder ein in sich geschlossenes Forschungsfeld abbildet noch als Kernbereich der Disziplin verankert ist. Vor diesem Hintergrund wird zu Beginn der Klärung begrifflich-systematischer Grundlagen in Kapitel 1.2 Werbung als geplanter Kommunikationsprozess definiert, der mit Hilfe spezieller Werbemittel und verbreitet über diverse Werbeträger gezielt zu beeinflussen sucht. Der zweite Teil des Unterkapitels fokussiert die Ausdifferenzierung der Werbung anhand der Darstellung von vier Kategorien von Werbeformen: Above-the-Line-Werbung, Below-the-Line-Werbung, Direktwerbung sowie programmintegrierte Werbung und hybride Werbeformen. Zwar bedingen die hohe Dynamik der Entwicklung der Werbeformen und eine von der Praxis forcierte Begriffsvielfalt eigentlich eine permanente Aktualisierung der Begrifflichkeiten, doch soll mit der gewählten Gruppenbildung zumindest ein idealisierter Überblick ermöglicht werden. So finden sich in der Gruppe der Above-theLine-Werbung alle klassischen Werbemittel wie z.B. der TV-Spot, das Plakat oder die Zeitungsanzeige, die ihre Botschaft einem Massen- oder nach
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1 Einführung: Werbung als Forschungsgegenstand
Zielgruppen segmentierten Publikum via öffentlich zugänglicher Werbeträger vermitteln. Dagegen werden below the line PoS- und PoP-Werbung, Werbung via Ambient-Medien und andere Sonderwerbeformen angesiedelt. Zur Abgrenzung der dritten Gruppe von Werbeformen – der Direktwerbung – wird der aktuellen realen Entwicklung folgend nicht mehr auf Werbeträger zurückgegriffen, sondern auf die Responsefähigkeit des Werbemittels. Unter publizistik- und kommunikationswissenschaftlichem Blickwinkel sind vor allem die Werbeformen interessant, die nur noch bedingt oder überhaupt nicht mehr als Werbung erkennbar sind, weil sie ihr redaktionelles Umfeld imitieren oder darin ununterscheidbar integriert sind oder gar redaktionelle Inhalte ersetzen: Programmintegrierte Werbung und hybride Werbeformen versuchen auf diesem Weg, im Wettbewerb um Aufmerksamkeit zu punkten. Während sich die Werbeformen auf der einen Seite immer stärker ausdifferenzieren, ist auf der anderen Seite im Bezugsrahmen von Werbung, PR, Integrierter Unternehmenskommunikation und Journalismus eine Entwicklung der Entdifferenzierung zu beobachten, der sich Unterkapitel 1.3 neben der Abgrenzung der Werbung zu den eben genannten Kommunikationsformen widmet. Dabei wird rasch deutlich, dass zur Unterscheidung von Werbung und PR nur noch drei Merkmale Trennschärfe zeigen: Die Kommunikationsziele, die organisatorische Verankerung und die Adressaten. Darüber hinaus werden die Durchdringung redaktioneller Inhalte mit werblichen Inputs einerseits und die Integration unternehmerischer Kommunikation andererseits dargestellt und diskutiert. Der oben aufgestellten Forderung nach einer zeitnahen Aktualisierung der begrifflich-systematischen Grundlagen der Werbung wird im Subkapitel 1.4 mit einer eigenen, publizistik- und kommunikationswissenschaftlich orientierten Systematisierung Rechnung getragen, die die beiden in dieser Perspektive interessantesten Kriterien kombiniert: Den Grad der Integration der Werbebotschaft in den redaktionellen Kontext und den ihrer Personalisierung. Im Ergebnis entsteht eine I/P-Matrix als Verortungsraum für jede Erscheinungsform der Werbung in der Medien und Informationsgesellschaft. Obwohl Interaktivität nicht explizit in der Matrix einbezogen ist, werden in einem Unterkapitel die wichtigsten Aspekte dazu aufgeführt.
Hallahan/Holtzhausen u.a. 2007; Schmidt 2002; Zurstiege/Schmidt 2003; Schwarz 2008
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Historische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Werbung
Werbung kann nicht für sich allein betrachtet werden. Sie ist in ihrer Relevanz und Bedeutung sowie in Ablauf und Ergebnissen wesentlich von allgemeinen Rahmenbedingungen abhängig und beeinflusst diese mit. Die Rahmenbedingungen sind ihrerseits einer mehr oder weniger dynamischen Entwicklung unterworfen und von einzelnen herausragenden Ereignissen geprägt. Auf diesen Meta-Prozessen aufbauend ist Werbung in einen historischen Kontext eingebettet, und ihr jeweiliger Status, ihre Prozesse, Akteure und Ergebnisse sind von diesem mitbestimmt. Deshalb steht ein kurzer Abriss über die Geschichte der Werbung am Beginn der folgenden Ausführungen. Da sich die Darstellung der Werbehistorie vor allem auf Werbebotschaften und -inhalte konzentriert und die Handlungsdimension, also die Produktion dieser Botschaften und Inhalte, oft außer Acht lässt, sollen hier – wenn auch nur kurz – Werbeakteure und die Werbebranche berücksichtigt werden. Die historische Entwicklung der Werbung ist zudem mit der Entwicklung der gesellschaftlichen, politischen, ökonomischen und technologischen Rahmenbedingungen wechselseitig eng verwoben. Deshalb werden in einem zweiten Kapitel diejenigen übergeordneten Entwicklungen und Prozesse als aktuelle Rahmenbedingungen der Medien- und Informationsgesellschaft skizziert, die auch für die gegenwärtige Werbung bestimmend sind. Obwohl sie als MetaProzesse eigentlich als miteinander verknüpft und sich wechselseitig bedingend anzusehen sind, werden sie zur besseren Übersicht analytisch getrennt vorgestellt. Ein abschließendes Kapitel soll den aktuellen praktischen Stellenwert der Werbung als Branche unterstreichen. Hier wird nicht nur die Emanzipation der Werbung hervorgehoben, sondern auch ihre wirtschaftliche Bedeutung.
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2 Historische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Werbung
2.1 Geschichte der Werbung und der Werbebranche Die Geschichte der Werbung wird im überwiegenden Teil der Literatur als die Geschichte ihrer Ergebnisse dargestellt. Ihre Inhalte, Botschaften, Texte und Bilder werden als Ausdruck des Selbstverständnisses der Gesellschaft bzw. als Verkörperung der Moderne (vgl. u.a. Reinhardt 1993: 1) gewertet. Dem Konzept dieses Lehrbuchs folgend sollen hier aber auch Entwicklungen der Produzenten und Handlungsträger wenigstens kurz thematisiert werden. Die eingangs angesprochene Fokussierung auf Werbemethoden, -botschaften und -inhalte erscheint dahingehend verständlich, dass die konkreten Spots, Anzeigen und Kampagnen grundlegende Auseinandersetzungen über Moral und Unmoral der Werbung und der Wirtschaft oder über herrschende gesellschaftliche Werte initiiert haben und initiieren. Werbung wird also sinnvollerweise im Kontext des gesellschaftlichen Wertewandels analysiert, den sie selbst mitprägt wie sie auch ihrerseits von ihm geprägt wird. Dabei bleibt unklar, in welchem Ausmaß die Werbung den Wertewandel antreibt – also neue Werte schafft oder vorhandene verstärkt bzw. abschwächt – und inwieweit sie selbst nur auf veränderte Werte reagiert, diese aufgreift und für ihre Zwecke nutzbar macht. Generell lässt sich wohl von Folgendem ausgehen: „Weil die Werbung nur jene Distinktionspotenziale erfolgreich vermarkten kann, die im Trend des jeweiligen Zeitgeists liegen, fungiert sie als ein besonders sensibler Indikator, an dem sich die Wünsche und Sehnsüchte lukrativer Zielgruppen ablesen lassen. Daher stellt die Geschichte der Werbung eine wichtige Quelle der Geschichtsschreibung dar, wenn man die Selektionslogik der Werbung versteht und berücksichtigt.“ (Zurstiege/ Schmidt 2003: 494)
Die Entwicklung der Werbung als Wirtschafts- und Kulturfaktor wird von Hanns Buchli (1962a und 1962b; 1966) für eine Zeitraum von sechstausend Jahren nachgezeichnet. So weit zurück zu gehen scheint nicht immer zielführend, zumal in derart epochalen Ansätzen häufig die bloße Verwendung von Markenzeichen als Werbung deklariert wird, obwohl der Markierung per se kein Werbecharakter zugesprochen werden kann. Nachvollziehbar ist dagegen, dass bereits die Tätigkeit der Marktschreier auf mittelalterlichen Märkten als Werbung im weitesten Sinn bezeichnet wird6 und auch andere einzelne Erscheinungsformen, wie z.B. Plakatanschläge oder Flugschriften, der Werbung zugerechnet werden.
6
Daher auch die nicht ganz korrekt vom lateinischen „reclamare“ (= laut dagegen anschreien) abgeleitete Bezeichnung Reklame.
2.1 Geschichte der Werbung und der Werbebranche
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Von einer Etablierung moderner Werbung kann dabei jedoch angesichts der punkthaften, wenig systematischen und wenig kontinuierlichen Bemühungen noch nicht gesprochen werden. Dies auch deshalb, weil die Entwicklung der Werbung nicht nur auf eine freiheitliche und wettbewerbsorientierte Wirtschaftsordnung angewiesen ist, sondern auch auf eine freiheitliche Gesellschaftsordnung, die insbesondere die Meinungs- und Informationsfreiheit gewährleistet. 7 Auch wurde systematische Werbung erst dann nötig, als mehr Produkte und Leistungen produziert und angeboten werden konnten, als zum Überleben nötig waren (vgl. Zurstiege 2002b: 148). Sie setzte folgerichtig dann ein, als sich sowohl Massenproduktion als auch Massenkonsum zu entwickeln begannen. Nicht zuletzt ist die historische Entwicklung der Werbung eng an die Medienentwicklung geknüpft: „Der Aufstieg der Medien und der Medienkultur ist auch der Aufstieg der Werbung und der Werbungskultur, die sich auf der Basis der medialen Infrastruktur entfaltet und wandelt.“ (Willems 2002a: 64)
Insgesamt verlief die Entwicklung der Werbung also in enger Verzahnung mit den nachfolgend genannten Rahmenbedingungen: x x x x x x
Gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen (z.B. Einbettung in multinationale Institutionen wie die EU) Ökonomische Rahmenbedingungen und Zustand der Märkte (z.B. Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt) Technologische Rahmenbedingungen (z.B. Drucktechnik, Informations- und Kommunikationstechnologien) Soziokulturelle Rahmenbedingungen (z.B. Individualisierung, Erlebnisorientierung) Medienlandschaft und Werbeträger (z.B. Einführung des werbefinanzierten, privaten Rundfunks) Literatur und Kunst (z.B. Pop-Art und Videoclip-Ästhetik)
Von diesen Rahmenbedingungen wurde und wird die Werbung beeinflusst und begrenzt. Vice versa beeinflusst sie diese Bedingungen aber auch ihrerseits (vgl. Kapitel 2.2).8 Letzteres betont insbesondere Clemens Wischer7
Dass dies nicht mehr uneingeschränkt gilt, zeigt sich u.a. daran, dass Werbung auch ohne die Existenz einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung in der Volksrepublik China Fuß gefasst hat.
8
Die Abhängigkeit von verschiedensten Rahmenbedingungen zeigt, dass die Werbeentwicklung in unterschiedlichen Ländern jeweils anders verlaufen ist. Bereits in den drei deutschsprachigen Ländern Österreich, Deutschland und der Schweiz gibt es markante Unterschiede z.B. in Bezug auf Werbung im Nationalsozialismus und den Einfluss der 68er-Bewegung. Der große Entwicklungsbogen gilt jedoch gleichsam für alle westlichen Industrienationen.
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mann (1995a: 13f) mit Bezug auf die angelsächsische Literatur. Er geht davon aus, dass die Kultur der Konsumgesellschaft (commodity culture) durch die Werbung ausgebildet wurde, lange bevor der gesellschaftliche Wandel dazu stattfand. Im Kontext dieser Rahmenbedingungen hat die Werbung immer wieder – und nicht erst seit der als besonders skandalös diskutierten Werbung des Textilherstellers und -händlers Benetton – mit Tabubrüchen gearbeitet. Obwohl sie sich grundsätzlich der vorhandenen Werte, Normen, moralischen Vorstellungen und des spezifischen Alltagswissens der Rezipienten bedient, spielt sie zum Zweck der werblichen Inszenierung auch mit diesen und kann sie so sowohl reproduzieren als auch aufweichen. Auch im Hinblick auf die historische Aktualität zeigt sich Werbung als „Indikator soziokulturellen Wandels“ (Schmidt 2002: 105), indem sie diese historische Aktualität aufgreift und dabei bisweilen so stark bemüht, dass einzelne Inhalte nur eine äußerst begrenzte „Haltbarkeit“ haben.
Fallbeispiel: Historischer Bezug – Plakatwerbung für SWF 3 ein Jahr nach der deutschen Wiedervereinigung
Quelle: Himmels/Peters 1991: 64
Auch wenn hier kaum Platz für eine detaillierte Darstellung der historischen Entwicklung der Werbung ist (vgl. dazu ausführlicher u.a.: Reinhardt 1993 und 1995; Schmidt/Spieß 1994b und 1996; Wischermann 1995a und 1995b; Kellner/Kurt/Lippert 1995; Kriegeskorte 1995; Jung 1998; Meffert 2001), so sollen doch zumindest skizzenhaft die wichtigsten idealtypischen Phasen der Werbung in Deutschland dargestellt werden. Dabei wird weniger nach Zeit-
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abschnitten unterschieden als vielmehr nach typischen, charakteristischen Ausrichtungen der Werbung. Insgesamt ergibt deren Betrachtung, dass Werbung als strategischer Handlungstyp eine Entwicklung der Ausdifferenzierung und Autonomisierung durchlaufen hat (vgl. Willems 2002a: 61): Der Werbeprozess ist systematisiert, rationalisiert und als arbeitsteiliger Ablauf organisiert worden; die Grundlagen der Werbung haben zunehmend wissenschaftliche Erkenntnisse unterschiedlicher Disziplinen integriert; die Organisationen und Einrichtungen der Werbung haben sich im gleichen Maße etabliert und institutionalisiert, wie sich die Berufsrollen spezialisiert und professionalisiert haben. Zusammengefasst: Es bildete sich die für die moderne Werbung typische Struktur mit Werbeakteuren und vielfältigen Beziehungen zwischen ihnen heraus. Zudem muss die Geschichte der Werbung im Zusammenhang mit der Entwicklung von der Mangel- hin zur Überflussgesellschaft und der Veränderung der Märkte von Verkäufer- zu Käufermärkten gesehen werden.
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Geschichte der Werbung
Werbung als Indikator soziokulturellen Wandels ist in ihrer Entwicklung von verschiedensten – gesellschaftspolitischen, ökonomischen, technologischen, soziokulturellen und medialen – Rahmenbedingungen beeinflusst, hat aber auch ihrerseits Einfluss auf diese Rahmenbedingungen. Insgesamt lässt sich die Geschichte der Werbung als Prozess der Ausdifferenzierung, Systematisierung, Professionalisierung und Autonomisierung beschreiben.
2.1.1 Neue Werbeträger, Kunstorientierung und die Geburtsstunde moderner Werbung Eine Ausbreitung und Etablierung der Werbung, wie wir sie heute verstehen, begann erst etwa Mitte des 19. Jahrhunderts u.a. mit der Verankerung der Pressefreiheit und dem daraus folgenden Aufschwung der Presse sowie der Liberalisierung des ehemals staatlichen Anzeigenwesens. Im 19. Jahrhundert dominierten Schaufenster-, Anzeigen- und Plakatwerbung. Besonders beliebt war Werbung an Litfaßsäulen. Ernst Litfaß entwickelte die später nach ihm benannte Plakatsäule für Außenwerbung und bekam in Berlin 1854 ein Monopol auf Errichtung und Verpachtung dieses publikumsnahen Werbeträgers (vgl. Reinhardt 1995: 44ff). Auch die aufstrebende und sich ausdifferenzierende Presse war eng mit der enormen Ausweitung der Werbung
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verknüpft: So wie die Werbung die Presse als Werbeträger benötigte, brauchte die Presse die Werbung zur Finanzierung ihrer Geschäftstätigkeit. Nicht zuletzt deshalb wurde die Ökonomisierung und Kommerzialisierung der Medien bereits zu dieser Zeit u.a. auch von Karl Marx kritisiert. Der Zugang zu den damals noch nicht institutionalisierten Werbeberufen war hochgradig von Zufällen geprägt. Und das Selbstverständnis derjenigen, die es in die ebenfalls noch nicht etablierte Werbebranche „verschlagen“ hatte, war künstlerisch-ästhetisch ausgerichtet. Die frühen Werbeschaffenden verstanden sich als Künstler, und ein Künstler wie etwa Henri de ToulouseLautrec konnte auch mit Werbeplakaten – im Fall Toulouse-Lautrecs für das Moulin Rouge – bekannt werden. Interessierte Unternehmen konnten deshalb auch von verschiedenen Künstlern entworfene und vorgefertigte Druckmatern, sog. Clichés, erwerben und um eigene Werbeaussagen ergänzen (vgl. Haas 1995: 78ff). Der Dreh- und Angelpunkt des ansonsten wenig rationalisierten Werbeprozesses waren nicht die Ziele des auftraggebenden Unternehmens, sondern die kreative Kraft der Werbeschaffenden: „Blieb eine Idee aus, wurde auch auf Werbung verzichtet, ebenso wie umgekehrt nur dann geworben wurde, wenn eine Idee Erfolg zu versprechen schien.“ (Haas 1995: 80)
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als Werbung bereits zu einem „Faktor der Lebenswelt“ (Reinhardt 1993: 435) geworden war, setzte die Professionalisierung der Werbebranche derart ein, dass die „Idee“ vom „Werbeplan“ abgelöst, der Werbeprozess insgesamt systematisiert und die Heterogenität des Berufsbilds verringert wurde. Die bislang eher künstlerisch orientierten Werbeschaffenden wurden sukzessive durch stärker ökonomisch geprägte Werbefachleute ersetzt, während die künstlerische Arbeit auf die Form der Werbegrafik eingegrenzt wurde. Zugleich entwickelte sich auf Auftraggeberseite ein berufsständisches Selbstbewusstsein der neuen Werbeleiter (vgl. Haas 1995: 82ff). 2.1.2 Massenproduktion, Propaganda und Gleichschaltung der Werbung Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ästhetisierte die Gebrauchsgrafik die Werbung und verdrängte die ehemalige „Werbekunst“ definitiv. Im gleichen Maß verwissenschaftlichte die Psychologie die Werbung (vgl. auch: Semrad 2004: 145). Werbung war keine prunkvolle Selbstdarstellung mehr, die sich mit künstlerischen Mitteln der öffentlichen Bewunderung versichern wollte, sondern etablierte sich als Selbstverständlichkeit, die mit psychologischen Mitteln den stillen Erfolg suchte. Der sich so entwickelnde Werbestil bewährte sich über längere Zeit. Zugleich wurden bestehende Werbeträger wie die Litfaßsäule neu eingesetzt, die Verkehrsmittelwerbung begann sich zu
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etablieren und Schaufensterwerbung wurde situationsspezifisch inszeniert (vgl. Reinhardt 1993: 435ff; 1995: 49ff). Die Werbung stand im Zeichen intellektueller, kultureller und erotischer Befreiung (vgl. Baginski 2000: 76), aber gleichzeitig auch im Klima der Orientierungslosigkeit angesichts der Weltwirtschaftskrise 1929, die zu überwinden sie sich in völliger Selbstüberschätzung aber gleichwohl zutraute. Dies erleichterte den Nationalsozialisten die systematische Übernahme und Gleichschaltung der Werbewirtschaft, ein Kapitel der Werbegeschichte, das gerne ausgeblendet wird (so z.B. bei Buchli 1970). 1933 wurden mit der Einrichtung des Werberates der deutschen Wirtschaft und des Gesetzes über Wirtschaftswerbung die nötigen Institutionen geschaffen, um nicht nur die Vielfalt der Geschäftsbedingungen, Tarife und Formate der Werbung zu normieren, sondern vor allem, um die Werbewirtschaft dem Nationalsozialismus gefügig zu machen (vgl. Wischermann 1995b: 376): „Doch nicht mehr Wandelbarkeit und Vielfalt einer Gesellschaft prägten die Vorstellungen von der Rolle der Werbung im Nationalsozialismus, sondern ihre Unterordnung unter eine Weltanschauung und ein Volksempfinden.“ (Wischermann 1995b: 376; Hervorhebungen im Original)
Mit perfekt-dramaturgischen Inszenierungen seiner Ideologie und mit quasireligiös anmutenden Selbstdarstellungen Hitlers betrieben die Nationalsozialisten um Joseph Goebbels selbst ein bis dahin unbekanntes Ausmaß an Propaganda. Dazu nutzten sie insbesondere das neue Medium „Radio“ als „Propaganda-Vehikel“, förderten den Tonfilm und damit auch den Werbefilm und inszenierten in großem Stil Aufmärsche, Sportveranstaltungen und Parteitage, nutzten – und missbrauchten – also das volle Spektrum dessen, was aktuell als Eventmanagement bezeichnet werden könnte. „All das war, wenn man so will, das Musterbeispiel für eine ideenreiche Werbekampagne mit perfekten flankierenden Maßnahmen, in die sich die Produkte der deutschen Unterhaltungsindustrie, insbesondere der Filmwirtschaft, nach 1933 bruchlos einpassten.“ (Baginski 2000: 78)
Die eigentlichen Werbeaktivitäten in dieser Zeit unterstanden der Kontrolle des Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda unter Goebbels, waren damit inhaltlich und gestalterisch stark eingeschränkt, bisweilen total zensiert und näherten sich insgesamt in ihren Aussagen und in ihren Stilmitteln der NS-Propaganda an, wie sich an dem Slogan für die Eigenwerbung einer Werbeagentur zeigt: „Glaube an Deutschland … und an den Sieg der Werbung“ (Haas 1995: 84). Branchen- und Gemeinschaftswerbung sollte vor allem die inländische Nachfrage steigern und so auf volkswirtschaftliche Unabhängigkeit im Hinblick auf den Kriegsfall zielen (vgl. Reinhardt 1995: 55). Für Stefan Haas (1995: 88) ist die nationalsozialistische Werbeideologie
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allerdings nicht allein auf die NS-Propaganda zurückzuführen, sondern wurde von den Werbetreibenden zum Teil selbst entwickelt. Dies belegen auch die Untersuchungen von Bernd Semrad (2004: 152) über den Protagonisten nationalsozialistischer Werbelehre Hanns Kropff. 2.1.3 Wiederaufbau, Wirtschaftswunder und die „heile Welt“ in der Werbung Aus den negativen Erfahrungen des Nationalsozialismus zog die Werbewirtschaft in der Form Konsequenzen, dass einerseits eine zentrale Stelle für die Beziehung der Werbung zur Gesellschaft eingerichtet werden musste, diese aber andererseits (ähnlich wie der Rundfunk) staatsfern zu sein hatte. So wurde nach der Zeit der alliierten Kontrolle der Werbung 1949 der Zentralausschuss der deutschen Werbewirtschaft ZAW als Sprachrohr der Werbung etabliert (vgl. Wischermann 1995b: 378). Gleichwohl befanden sich zu dieser Zeit sowohl Kreation als auch Management der Werbebranche in der Hand von Amerikanern und Engländern, die vor allem über internationale Agenturen Zugang zum deutschen Markt hatten (vgl. Schmidt/Spieß 1994b: 193). Inhaltlich herrschte in der Werbung eine betonte Sachlichkeit, die sich vom Pathos der NS-Zeit bewusst absetzen wollte. Nach der Mangelwirtschaft während der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegsjahre ging es zu Beginn dieser Phase gegen Ende der 1940er Jahre auch noch nicht darum, sich im Wettbewerb mit anderen Anbietern via Werbung zu positionieren und abzugrenzen. Vielmehr wollte die werbungtreibende Wirtschaft mit Slogans wie „Wieder da …“ oder „Es gibt wieder…“ vor allem auf die Verfügbarkeit und Erhältlichkeit von Produkten und Marken hinweisen. Bereits in den späten 1950er Jahren hatte dies jedoch keinen Sinn mehr, denn der Konsum verlagerte sich nach der ersten großen Konsumwelle der Nachkriegszeit und der damit verbundenen Deckung der Grundbedürfnisse zunehmend auf hochwertige Güter. Dies bescherte der Werbebranche einen Höhenflug, der den ökonomischen Boom der Gesamtwirtschaft noch überflügelte und sie zu einem Motor des Wirtschaftswunders machte (vgl. Reinhardt 1995: 56). Neben der Werbung für Reinigungsmittel und Kosmetika sowie für Zigaretten setzte u.a. die Automobilwerbung massiv ein. Inhaltlich versuchte die Werbung zunächst, sich auf das Private zu konzentrieren und knüpfte nahtlos und unter Ausklammern der Zeit des Nationalsozialismus an die Heile-Welt-Idylle der Vorkriegszeit an. Dazu gehörte auch, dass die gesellschaftliche Bedeutung der Frau sehr deutlich an Familie und Haushalt rückgebunden wurde:
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„Über die Rollenbilder, die sie in den fünfziger Jahren offenbar erfolgreich propagiert, wirkt sie mit an der Wiederherstellung der Männergesellschaft, die im Zweiten Weltkrieg und in den ersten Nachkriegsjahren an Einfluß und Ansehen verloren hatte.“ (Schmidt/Spieß 1994b: 195)
Gegen Ende der 1950er Jahre wurde langsam der Einfluss jeweils spezifischer Marketingparadigmen auf die Werbung spürbar: Im Rahmen der noch vorherrschenden Produktions- und Distributionsorientierung tendierte die Werbung dazu, auf Wettbewerbsprodukte zu reagieren. Sie versuchte zunehmend, die Produkte nicht nur nach ihrer Funktionalität zu unterscheiden und diese zu bewerben, sondern einen Zusatznutzen, wie z.B. Prestige, zu vermitteln und auf Distinktionsgewinne abzuzielen. Image und Marke wurden zu relevanten Bezugsgrößen. Dabei halfen technische Neuerungen wie der Farbdruck, der die Anzeigen in den Printmedien revolutionierte, vor allem aber die Entwicklung neuer Werbeträger, allen voran der Hörfunk und gegen Mitte der 1950er Jahre das Fernsehen. 9 Beide stellten neue Möglichkeiten sowohl für den Transport der Werbung zum Publikum als auch für die gestalterische Umsetzung der Werbebotschaft zur Verfügung. Die Fernsehwerbung war – auch mangels eigener Fachkräfte mit Erfahrung in der Fernsehwerbung – in ihrer Einführungszeit am amerikanischen Vorbild orientiert und von Anfang an von Kritik begleitet (vgl. Schmidt/Spieß 1994b: 193). 2.1.4 Politische Umbrüche, die 68er und intellektuelle Werbekritik In den 1960er Jahren kam es zu massiven politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüchen. Während es zu Beginn wirtschaftlich weiter aufwärts ging, zeichneten sich in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre deutliche Hinweise auf eine gewisse Marktsättigung und auf eine wirtschaftliche Rezession ab, die sich jedoch wenig auf die Einkommen und damit auf den Konsum auswirkte (vgl. Meffert 2001: 103). Auch politisch war Einiges in Bewegung: Nicht nur der Mauerbau in Deutschland, sondern auch der Vietnamkrieg und andere kriegerische Ereignisse waren begleitet von Protestbewegungen. Diese waren in Deutschland weitaus fundamentaler und umfassender als frühere Jugendproteste: „Nun wird öffentlich alles in Frage gestellt, worauf der stillschweigende Konsens des Bürgertums der Adenauer-Ära gegründet hatte: Kapitalismus, Demokratie und Parlamentarismus, Familie und patriarchalische Erziehung, Religion, Kunst und bürgerliche Bildung.“ (Schmidt/Spieß 1994b: 202)
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Siegfried J. Schmidt und Brigitte Spieß (1994b) geben einen guten Einblick in die Entwicklung der Fernsehwerbung, indem sie für jede Phase der Werbegeschichte je einen Werbespot aus den drei Kategorien „Mainstream“, „Trendsetter“ sowie „Exoten“ vorstellen.
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Dabei konnte sich die Protestbewegung auf wissenschaftliche wie auch auf populärwissenschaftliche Vorarbeiten stützen, in denen die Werbung Kumulationspunkt der Kritik war, obwohl letztere auf die moderne Gesellschaft insgesamt gemünzt war. Bereits 1958 hatte Vance Packard in seinem Buch „Die geheimen Verführer“ der Werbung Manipulation und unterschwellige Beeinflussung vorgeworfen. Viel stärker als von den Thesen Packards war die intellektuelle Werbekritik aber von den Arbeiten von Max Horkheimer und Theodor Adorno, Hans Magnus Enzensberger und Wolfgang Fritz Haug geprägt. Der Kern der Kritik zielte auf die angeblich auch durch Werbung verursachte Reduzierung des Menschen auf ökonomisch relevante Aspekte und die Produktion falscher Bedürfnisse und eines falschen Bewusstseins. Die Werbekritik fand bis Mitte der 1970er Jahre ein reges gesellschaftliches Echo (vgl. dazu: Wischermann 1995a: 9ff). Mit dem gleichen inhaltlichen Tenor erhob sich Kritik an der Werbung zugleich von völlig anderer Seite, nämlich von den christlichen Kirchen. Auch diese warfen der Werbung vor, sie leite zum Konsumdenken, zu Materialismus und zur Maßlosigkeit an (vgl. Wischermann 1995b: 394). Die Werbekritik insgesamt führte „… zu einem Imageverlust der Werbung und zu einer Verunsicherung vieler Werber, die bis in die achtziger Jahre reichen sollten. Werbeberufe werden zu Outsiderberufen, Werbung wird unpopulär.“ (Schmidt/Spieß 1994b: 207)
Während die Werbung also auf der einen Seite mit massiver Kritik konfrontiert war, wurde sie auf der anderen dadurch gefordert, dass der Phase der Produktions- und Distributionsorientierung in den 1960er Jahren die Verkaufsorientierung und erste Ansätze des Marketing folgten. Der gezielte Einsatz der Markt- und Werbeforschung, um anvisierte Märkte genauer zu beobachten und die Entwicklung der Marktsegmentierung, also der Aufsplitterung des unprofilierten Massenmarktes in besser fassbare Zielgruppen, verhalfen der Werbung zu vertiefter Professionalität. Die war nicht nur von Auftraggeberseite, sondern auch von den Agenturen selbst zunehmend gefragt, um dem steigenden Konkurrenzdruck innerhalb der boomenden, noch immer von amerikanischen Agenturen beherrschten Branche (vgl. Schmidt/ Spieß 1994b: 206ff) begegnen zu können. So konträr sich Werbung und Werbekritik auch gegenüberstanden, so entwickelten beide in dieser Zeit auch eine bis heute nachwirkende Gemeinsamkeit: Sie entdeckten und betonten die Jugendkultur. Immer wichtiger wurden die Jugendlichen, ihre Ansichten, Werte, Stile und Moden (vgl. Meffert 2001: 104f). Entsprechend orientierten sich auch die Werbebotschaften u.a. an Selbstbestimmung, aufkommendem ökologischem Bewusstsein und neuer Körperlichkeit. Die Bildhaftigkeit in der Werbung nahm zu, die Fotografie begann, die Printwerbung zu dominieren, die Fernsehwerbung
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wurde weiter ausgebaut und in der Branche selbst machten sich erste Ansätze einer Internationalisierung in dem Sinn bemerkbar, dass sich neben den amerikanischen Networks und Werbestilen auch Agenturen und Werbeinhalte aus anderen Ländern, etwa aus Frankreich oder Großbritannien, aber auch aus Deutschland, Italien und der Schweiz etablierten. Typische Figuren in der Werbewelt waren u.a. Klementine (mit K) für Ariel oder das HBMännchen mit dem wohlmeinenden Rat: „Halt, halt, mein Freund! Wer wird denn gleich in die Luft gehen? Greife lieber zur HB!“. 2.1.5 Terrorismus, individuelle Freizeitgesellschaft und erotische Jugendlichkeit in der Werbung In der Retrospektive zeigen sich die 1970er Jahre als eine auf allen Ebenen in sich widersprüchliche Zeit: Obwohl – oder vielleicht gerade weil – die Gesellschaft durch terroristische Attentate erschüttert und durch höhere Arbeitslosenzahlen verunsichert wurde, stieg die private Nachfrage nach Produkten und Leistungen aus den arbeitsfernen Bereichen wie Freizeit, Urlaub und Sport. U.a. dadurch verursacht wuchs die Werbewirtschaft ab Mitte der 1970er Jahre mehr als die Gesamtwirtschaft. Werbung inszenierte Aktiv-Kultur sowie Ferien- und Abenteuerwelten als Gegenentwürfe zu einer immer komplexer, undurchschaubarer und unbeeinflussbarer werdenden Realität auch für thematisch kaum verwandte Produkte und Leistungen. Vor diesem Hintergrund begannen einerseits Ikonen der Konsumgesellschaft wie McDonald´s ihren „Triumphzug“. Andererseits lieferte der durch die bemannte Raumfahrt erstmals möglich gewordene Außenblick auf die Erde in den 1970er Jahren die Initialzündung für ein Bewusstsein, dass Lebensraum und Ressourcen keinesfalls ad infinitum strapaziert werden konnten und verhalfen dem Umweltbewusstsein zu ersten Ausprägungen. Die Werbung griff auch diese neue Strömung ansatzweise auf und appellierte unter diesen Vorzeichen an das Problembewusstsein von Rezipienten und Konsumenten. Weit tonangebender blieben jedoch die Themen Jugendlichkeit und Produktinszenierung. Als Plattform dienten in großem Umfang die boomenden Zeitschriften. Bewusst setzten die entsprechenden Anzeigen Farbe und erotische Motive als Stilmittel ein (vgl. Reinhardt 1995: 60) und zogen damit schnell Sexismusvorwürfe der sich im Zuge der Studentenbewegung seit 1968 formierenden neuen Frauenbewegung auf sich.
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Fallbeispiel: Werbliche Abenteuerwelten als Gegenentwurf zur Realität – Camel-Anzeige aus dem Jahr 1976
Quelle: Manthey 1996: 8
Im ökonomischen Kontext musste sich die Werbebranche sowohl mit der Ausdifferenzierung der Werbeträger als auch mit der Konzentration auf Kundenseite arrangieren. Dort zeigte sich eine immer prägnantere Marketingorientierung, obwohl die Fundierung des Marketing als Unternehmensstrategie mit starker Wettbewerbsorientierung erst für die 1980er Jahre reklamiert werden kann (vgl. Meffert 1994: 3ff). Die Werbebranche selbst war gekennzeichnet davon, dass wichtige Impulse von Werbern aus Deutschland und der Schweiz die Dominanz amerikanischer Werbung zwar zurückdrängten, die internationale Vernetzung dennoch weiter voranschritt. Im Bemühen, das eigene, angeschlagene Image der Werbung in der Gesellschaft zu verbessern (vgl. Schmidt/Spieß 1994b: 215f), installierte die Werbebranche 1972 den Deutschen Werberat als Gremium der freiwilligen Selbstkontrolle.
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2.1.6 Umweltkatastrophen, Multioptionsgesellschaft und Rehabilitation der Werbung Tschernobyl, „Null-Bock“- versus Yuppie-Mentalität und Michael Schirners provokante These „Werbung ist Kunst“ spannen den Rahmen auf, in dem sich die Geschichte der Werbung in den 1980er Jahren bewegte. Der SuperGAU im ukrainischen Kernkraftwerk zerstörte den Mythos einer allzeit fehlerfrei funktionierenden Technik und wirkte zusammen mit dem erstmals in größerem Ausmaß erkennbaren Waldsterben nach zwei Seiten hin. Auf der einen Seite wurden die Argumente der „No-Future“-Bewegung verstärkt, die auch mit einer Konsum generell, speziell aber Marken ablehnenden „NoNames“-Bewegung einherging (vgl. Reinhardt 1995: 60f). Auf der anderen Seite rollte nicht nur in der kommunikativen Dimension die Bio- und Ökowelle an, eine zwar wichtige, aber letztlich doch nur eine unter vielen Strömungen in der sich etablierenden Multioptionsgesellschaft. Diese war gekennzeichnet davon, dass Alles möglich erschien und Vieles ausprobiert wurde: in der Mode, in der Literatur, in den Lebensstilen und auch in den Medien. Die von Ulrich Beck (1986) skizzierte Risikogesellschaft thematisierte dem entsprechend auch nicht in erster Linie die ökologischen Risiken der modernen Gesellschaft, sondern vor allem die Konsequenzen der Individualisierung, d.h. die Konsequenzen der Herauslösung aus historisch vorgegebenen Sozialformen und -bindungen, den Verlust traditionaler Sicherheiten sowie die Reintegration als neue Formen der sozialen Einbindung (vgl. Beck 1986: 206ff). Lebensstile und soziale Milieus wurden zu zentralen Kategorien gesellschaftlicher Strukturanalysen und setzten sich sukzessive auch in der kommerziellen Markt-, Media- und Meinungsforschung durch. Als besonders begehrte Zielgruppe wurden die Young Urban Professionals (Yuppies) entdeckt, weil sie nicht nur kaufkräftig und konsumfreudig waren, sondern Konsum als eine zentrale Bestimmungsgröße ihres Lebensstils deklarierten, zu dessen gesellschaftlich relevantesten Auswirkungen auch die markante Zunahme von Single-Haushalten gehörte. Dynamik erfuhr die Werbebranche aber nicht nur durch neue Zielgruppen, sondern auch durch eigenes neues Selbstbewusstsein – am pointiertesten dokumentiert im Buchtitel des GGK-Werbers Michael Schirner: „Werbung ist Kunst“ (Schirner 1988). Auch wenn diese These seither in unzähligen von ihr ausgelösten Diskussionen widerlegt worden ist (vgl. Mefffert 2001: 251), zeugte sie doch davon, dass die Werbung ihr Imageproblem überwunden hatte. Schirner erreichte als agent provocateur sogar noch mehr: Er brachte Werbung (wieder) ins allgemeine gesellschaftliche Gespräch und leistete damit einen Beitrag dazu, dass die Werbung und die Werbebranche im Laufe der 1980er enorme Attraktivität entwickeln konnte. Medien
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machten die Werbung selbst zunehmend zum Thema, indem sie ausführlich über Award-Verleihungen und Festivals berichteten oder die so genannte Cannes-Rolle mit den Preisträgern des dort jährlich stattfindenden Werbefilmfestivals in ihr redaktionelles Programm aufnahmen. Vor allem aber drängten immer mehr Absolventen aller möglichen Ausbildungs- und Studiengänge in die Werbebranche, deren Gesicht sich in den 1980ern stark wandelte. Die Niederlassungen großer, etablierter Networkagenturen wie BBDO, DDB, Ogilvy & Mather, Leo Burnett oder J. Walter Thompson bekamen deutlich spürbare Konkurrenz durch neue, kleinere, meist inhabergeführte Agenturen wie Springer & Jacoby, Bader/Lang/Behnken, Meiré und Meiré oder Knopf/Nägeli/Schnakenberg, die nicht selten als „KreativSchmieden“ die Qualität der Werbung wesentlich verbesserten (vgl. Schmidt /Spieß 1994b: 224). Die Dualisierung des Rundfunks, d.h. die Einführung privaten, werbe-finanzierten Hörfunks und Fernsehens, brachte der Werbung insgesamt einen weiteren Schub. Sie veränderte die TV-Werbung nicht nur quantitativ, indem sie die verfügbaren Werbezeiten vervielfachte, sondern auch qualitativ, weil die Programme und Formate der privaten Rundfunkunternehmen sowie die Werbeumfelder und der Entertainment-Charakter deutlich werbeorientiert waren. „Der AV-Werbespot (TV, Kino) wurde zum gestalterischen „Leitmedium“ in der Werbung und dominierte auch die Kampagnenentwicklung.“ (Meffert 2001: 202).
Der Anstieg des Gesamtwerbeaufkommens ging dabei einher mit einer Ausdifferenzierung der kommunikationspolitischen Instrumente, wie z.B. Sponsoring oder Event-Marketing und einer Ausdifferenzierung der Werbeformen, besonders der programmintegrierten und der Below-the-LineWerbung auf der einen Seite. Auf der anderen Seite entwickelte sich ein zunehmendes Interesse an integrierter Kommunikation. Inhaltlich ging es in der Werbung immer mehr um ästhetische Inszenierungen von Lebensstilen (Lifestyle-Werbung) und immer weniger um funktionale Produkteigenschaften. So wurde z.B. die Musik aus dem von Siegfried J. Schmidt und Brigitte Spieß (1994b: 229) analysierten Werbespot für Bacardi-Rum als Musik-Single ausgekoppelt. Kate Yanai eroberte damit am 19. August 1991 Platz 1 der deutschen Hitparade und hielt sich dort acht Wochen lang – ein Beispiel dafür, wie nahtlos Musik als eigenständiges Stilelement in die Werbung integriert wurde und wie frühzeitig Werbung und redaktionelle Inhalte sich gegenseitig zu durchdringen begannen.
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2.1.7 Kommunikationswettbewerb, hybride Verbraucher, Skandale und Selbstverweise in der Werbung Die neunziger Jahre können mit Manfred Bruhn (1997: 72ff) als Phase des Kommunikationswettbewerbs bezeichnet werden, der bis zum heutigen Tag wirkt und dabei eher zu- als abgenommen hat. Konsumenten und Wähler, Rezipienten und Bürger werden zunehmend gewahr, dass tagtäglich eine Flut an Informationen um ihre Aufmerksamkeit konkurriert und blättern oder schalten immer öfter um oder sehen weg. Zugleich resultieren aus den gesellschaftlichen Wahlfreiheiten auch hybride Verhaltensweisen, eine ‚Sowohlals-auch‘-Haltung und die Unberechenbarkeit von Lebensstilen. Insgesamt können die Konsumenten mit Matthias Horx (1995: 68) als „Kollektiv unberechenbarer Individualisten“ bezeichnet werden, die einerseits begeisterungsfähig, andererseits aber auch abgebrüht sind. Das führt zu einer für die Werbung kaum kalkulierbaren, in sich widersprüchlichen Sprunghaftigkeit im Konsumverhalten, dessen Motto vom „Sekt oder Selters“ zum „Manchmal Sekt, manchmal Selters“ mutiert ist. Bisher als unvereinbar geltende Lifestyle-Entwürfe und deren Produkt- bzw. Marken-Ikonen werden zwanglos miteinander kombiniert, die Mercedes S-Klasse wird nicht mehr verschämt in der Ecke, sondern offen direkt vor dem Eingang auf dem AldiParkplatz abgestellt. Zunehmend und nicht nur im ökonomischen, sondern auch in anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen geht es darum, einen Kommunikationsvorsprung, eine Unique Communication Proposition (UCP), zu etablieren. In diesem Zusammenhang wird das kommunikative Leitmotiv „Problemlöser“ verdrängt von dem der „Kompetenz“ als inszenierter Zuständigkeit. Dabei gewinnt die Inszenierung der UCP selbst immer mehr an Gewicht. Konsequenterweise drängt die Bildsprache auf Kosten des Textanteils nicht nur in der Konsumgüterwerbung immer stärker in den Vordergrund und wird zum deutlich dominierenden Gestaltungselement: „Wir werden Marken erleben, die sich von den Produkten lösen. Marken also, die in der Lage sind, eine Haltung zu verkörpern, eine Lebensweise zu unterstreichen, eine bestimmte Auffassung zu signalisieren statt nur, wie bisher, Produktleistung, Funktion und Qualität glaubwürdig zu vertreten. Diese Marken mit völlig neuer kommunikativer Substanz werden produktübergreifend eine bestimmte Rolle im Leben der Menschen übernehmen. Sie werden sich eher an der Gefühlswelt der Menschen als an Herstellungsnormen orientieren.“ (Michael 1993: 410)
Ein kommunikativer Vorsprung ist inzwischen auch deshalb unabdingbar geworden, weil die funktionalen Unterschiede zwischen den Produkten in vielen Bereichen gänzlich verschwunden oder unwichtig geworden sind. In der Werbung wird die Entwicklung der Profilierung durch Inszenierung hin
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zum Maß aller Dinge auch dadurch verstärkt, dass eine durch Wissenschaft und Technik entzauberte Welt auf der Suche nach einem Gegenpol die Konsumwelt selbst als Schauplatz einer Wiederverzauberung entdeckt hat (vgl. Bolz 1996: 145). Dem für die Werbung problematischen Verbund aus sich vervielfachenden Medienangeboten, überforderten Aufmerksamkeitsbudgets der Rezipienten und steigendem Kostenbewusstsein der Werbetreibenden setzt die Werbung vermehrt Kooperationen entgegen; vor allem solche, in denen die beworbenen Marken eine gemeinsame Zielgruppe bzw. ein gemeinsames Kompetenzfeld abdecken. Aber auch der bewusste Einsatz skandalöser Motive, die gängige Moralvorstellungen in Frage stellen, soll unter diesen Bedingungen zumindest Aufmerksamkeit schaffen. Die viel diskutierten Plakate und Anzeigen von Benetton sind dafür Paradebeispiele (vgl. dazu: Wischermann 1995b: 396ff). Die bereits in den späten 1980ern gestartete Kampagne „United Colors of Benetton“ soll – folgt man den Worten ihres Schöpfers Oliviero Toscani – ab den 1990er Jahren als ein die ungeschminkte Realität abbildendes Gegenmodell zum schönen Schein bis dato eingesetzter Heile-Welt-Darstellungen die neue Ausrichtung der Werbung bestimmen. Dazu setzt Toscani nur noch das grüne Logo auf jeweils ein zum Teil bereits publiziertes Pressefoto mit teilweise schockierenden Motiven: Ein afrikanischer Soldat, der hinter seinem Rücken und dem darüber hängenden Sturmgewehr mit beiden Händen einen menschlichen Oberschenkelknochen hält; eine blutgetränkte Kombination aus ehemals weissem T-Shirt und Militärhose, ein mit albanischen Flüchtlingen hoffnungslos überfüllter Frachter, ein von seiner Familie umringter, im Sterben liegender Aidskranker; ein niedergeschossenes MafiaOpfer oder ein mit einem „HIV-positiv“-Stempel gebrandmarkter FrauenPo. Ob die Benetton-Kampagne tatsächlich Zeichen gesellschaftlicher Verantwortung gewesen ist, wie dies Toscani und Luciano Benetton selbst in Interviews erklärt hatten, oder ob sie in ihrer provokanten Art lediglich Aufmerksamkeit schaffen und Kommunikationskosten senken wollte, wird sich letztlich nicht klären lassen. Eindeutig scharf fiel dagegen die Ablehnung der Werbekampagne durch den Deutschen Werberat aus: „Menschenwürde zählt beim Werbetreibenden Benetton offensichtlich nicht … Der Markt ist keine neutrale Zone, die auf Ethik des wirtschaftlichen Handelns verzichten könnte…. Ethische Erwägungen verbieten manche ökonomisch höchst profitable Strategie – auch in Bezug auf Werbung.“ (Deutscher Werberat zitiert nach Wischermann 1995b: 399)
Neben dieser Art von „Schockwerbung“ sind die 1990er Jahre bis heute auch geprägt von der Selbstverständlichkeit, mit der Werbung Teil des Alltags geworden ist und mit der die Rezipienten und Konsumenten damit umgehen. Besonders Jugendliche lernen früh, dass die Versprechungen der Werbung in
2.1 Geschichte der Werbung und der Werbebranche
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der Wirklichkeit nicht erfüllt werden und ordnen Werbung weniger als Botschaft über ein Produkt, als vielmehr als Geschichte, Märchen, Fantasy ein. Sie durchschauen den „Individualismuszauber“ (Jäckel 1998a: 269) und entwickeln – obwohl sie mit ihren Kaufentscheidungen auf Distinktionsgewinne abzielen – ein Bedürfnis nach Authentizität, dem die aktuelle Werbung teilweise bereits Rechnung trägt. Insgesamt steigt das Wissen über Werbung, so dass diese vermehrt auf ihre eigenen Wurzeln zurückgreifen, mit selbstreferenziellen Darstellungsstrategien sich selbst zum Thema machen oder sich selbst parodieren kann – meist in Form von Werbung für jeweils andere Produkte und Marken bzw. als Parodie übertriebener Werbeversprechen und ihrer meist negativen Folgen. Dass Werbeparodien erfolgreich sind, kann als Indiz dafür gewertet werden, dass auf Rezipientenseite genügend Vorwissen vorhanden ist, um die jeweilige Pointe überhaupt erst erkennen und verstehen zu können. Ende der 1990er Jahre sehen sich die Werbung und mit ihr die Medienunternehmen und die Agenturen zunehmend größeren Akzeptanzproblemen gegenüber. An diesem Punkt setzt die „Werbung für die Werbung“ ein. Sie weist auf ihre vielfältigen Funktionen und Vorteile hin, allen voran auf ihre Wirksamkeit (in der Argumentation gegenüber der werbetreibenden – oder eben noch nicht werbetreibenden – Wirtschaft) und auf die Finanzierung der Medien (gegenüber den Rezipienten), wie z.B. in den Kampagnen „Informationsaktion Werbung“ oder „Print wirkt“. Besonders die „Print wirkt“Kampagne greift dabei auf die Bildsprache erfolgreicher, klassischer Kampagnen, z.B. für Sixt oder LuckyStrike, zurück und spricht bewusst die Erinnerung an klassische Anzeigenmotive aus diesen Kampagnen an.
Fallbeispiel: „Print wirkt“-Motiv in Anlehnung an die Kampagnen-Optik von Sixt
Quelle: http://www.print-wirkt.de/index2.htm
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2 Historische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Werbung
Zum Vergleich: Original Motiv aus der Sixt-Werbung
Quelle: Sixt-AG (1998: 14) Leider können die Anzeigen hier nicht in Farbe dargestellt werden. Die Farbe spielt jedoch beim Selbstbezug und bei der Wiedererkennung eine große Rolle
2.1.8 Boom und Krise, ProdUser und Networker, virtuelle und virale Werbung Um und nach der Jahrtausendwende war und ist die Werbebranche wechselweise von immensen Einbrüchen der Werbeinvestitionen und darauf folgenden Zuwächsen gekennzeichnet, die den engen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Konjunktur und Werbeinvestitionen mehr als offensichtlich (vgl. dazu auch Kapitel 2.3) werden lassen: So führte z.B. das Platzen der so genannten Dotcom-Blase 2001 zu einem weltweiten Einbruch der Werbeinvestitionen um 9,3% (Berechnung bei konstanten Preisen). 2003 war dieser Einbruch bereits wieder ausgeglichen und mündete in einen Boom, als 2004 die weltweiten Werbeinvestitionen um 11,4% anstiegen (vgl. WARC 2007: 11). In der Schweiz war der Einbruch 2001 mit -5,0% und 2002 mit -8,8% ähnlich dramatisch, die Erholung folgte dagegen sehr verzögert, so dass erst 2006 wieder von einem Aufwärtstrend gesprochen werden kann, während in Österreich der Einbruch 2001 wesentlich kleiner war und die Erholung früher eintrat. Je nach Datenherkunft (WARC oder ZAW) waren die Schwankungen für Deutschland grösser oder kleiner als im weltweiten Durchschnitt. 10 Entsprechend variierten auch die Zahlen der Werbeauftraggeber und der Beschäftigten. 10
Laut WARC-Daten sanken die entsprechen Netto-Werbeeinnahmen der Medien 2001 um 9,9% und 2002 um 10,7%. Die Erholung zeigte sich erst 2006 mit 2,2% Zuwachs (WARC 2007: 146). Zieht man die Daten des ZAW heran, so ergibt sich ein leicht anderes Bild: Dann sind die Schwankungen in Deutschland kleiner, die entsprechen Netto-Werbeeinnahmen der Medien sanken 2001 nur um 7,1% und 2002 um 7,3%. Die Erholung zeigte sich bereits 2004 mit 1,6% Zuwachs und 2006 mit 2,3% Zuwachs (vgl. Abbildung 9).
2.1 Geschichte der Werbung und der Werbebranche
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Eine ähnliche Entwicklung wiederholte sich 2008: Im Zuge der globalen Wirtschaftskrise sanken in Deutschland die Gesamt-Werbeinvestitionen zwar nur um 0,5%, die Netto-Werbeeinnahmen der Medien gingen aber bereits um 2,2% zurück. Für das Jahr 2009 sind weit höhere Rückgänge zu erwarten. Auch in der Schweiz sinken die Netto-Werbeeinnahmen der Medien um 1.3%, obwohl das Bruttoinlandprodukt dort noch wächst (vgl. Stiftung Werbestatistik Schweiz 2009). Weil die derzeitige Wirtschaftskrise auch Branchen und Zielgruppen trifft, die sich vormals als relativ krisenresistent erwiesen haben, brechen die Werbeinvestitionen der Finanzdienstleister ebenso ein wie Teile der Werbung für Luxusgüter. Damit sind auch Medien betroffen, die exklusive Zielgruppen ansprechen und bislang Konjunktureinbrüche kompensieren konnten. In zahlreichen Medienberichten werden die Folgen der Wirtschaftskrise und des Einbruchs der Werbeinvestitionen auf die Medien diskutiert. Im Gegenzug konnte sich die Online-Werbung sukzessive etablieren, und mit dem sog. Web 2.0 entwickeln sich nicht nur klassische Online-Werbeformate sondern auch verschiedenste Arten von Werbung, die sich des Internets mit all seinen Potenzialen bedienen. Während 2006 in den USA 16'879 Mio. US$ in Online-Werbung investiert wurden, waren es in Deutschland gerade einmal 690 Mio. US$. Bei den Pro-Kopf-Werbeinvestitionen standen damit 2006 56,1 US$ pro Kopf in den USA 8,3 US$ in Deutschland gegenüber. Dennoch bedeutet dies ein Plus von 49,1% gegenüber dem Vorjahr (vgl. WARC 2007: 145ff, 318f). Die Zahlen beinhalten vor allem die Investitionen in Online-Werbung im klassischen Sinn und Suchmaschinenmarketing. Nicht enthalten sind Werbeaktivitäten, bei denen es keine klassischen Transaktionen gibt, bei denen also kein Geld zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer fließt, so z.B. Teile des viralen Marketing oder Online Wordof-Mouth. Gerade diese Formen werblicher Aktivitäten korrespondieren mit einem Prototyp des Onlinenutzers, der nicht nur länger und mobiler online ist, sondern dessen Aktivitäten auch vielfältiger sind. Überhaupt ist dieser Onlinenutzer aktiver als der klassische Nutzer elektronischer Medien: Nicht nur durch technisch mögliche einfache und schnelle Feedbacks auf bestehende Angebote, sondern durch aktive Produktion von Inhalten. Nutzer werden zu Kommunikatoren und Produzenten, worauf die Bezeichnung ProdUser verweist. Kontrolle und Richtung der Kommunikation, mithin die Machtverteilung zwischen Sender und Empfänger werden auf diese Weise zwar nicht egalisiert, aber doch wenigstens offener (vgl. Quiring/Schweiger 2006: 17). Der dadurch entstehende User-Generated Content nimmt unterschiedlichste Formen an - von lexikalischen Sammlungen bis hin zu Blogs und Bürgerjournalismus.
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2 Historische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Werbung
Die Onlinenutzer im Web 2.0 produzieren nicht nur Inhalte, sondern vernetzen sich dadurch auch mit anderen. So entstehen Social Networks und Communities, die sowohl der Information (wie z.B. Wikipedia) als auch der Unterhaltung (wie z.B. YouTube) als auch der interpersonalen und GruppenKommunikation (wie z.B. Facebook) gewidmet sein können. Sie sind durch die Kombination von Kommunikation, Information und Beziehungen gekennzeichnet und somit auch für die Werbung relevant (vgl. Berge/Buesching 2008: 25ff). Dabei fällt den Brand Communities besondere Bedeutung zu (vgl. McAlexander/Schouten/Koenig 2002; Muniz/O’Guinn 2001: 412). Brand Communities korrespondieren mit einer Entwicklung, die unter dem Stichwort 'Posttraditionale Vergemeinschaftung' diskutiert wird (vgl. Hitzler/ Honer/Pfadenhauer 2008). Diese posttraditionalen Vergemeinschaftungen bedienen zwar die traditionellen Konzepte von Integration und Distinktion, von Inklusion und Exklusion, von in-group und out-group, die Mitgliedschaft ist aber nicht verpflichtend. Funktionen wie Integration und Distinktion zielen dabei auf das Bedürfnis nach sozialer Akzeptanz und nach Gruppenzugehörigkeit, das Online-Communities auf geradezu simple Art und Weise bedienen. Sie ermöglichen einen regen und ökonomisch wie sozial kostengünstigen Austausch zwischen den Mitgliedern (z.B. Rat und Hilfe), der die Zusatzziele der Werbung, wie Anschlusskommunikation oder (Re-)Konstruktion von Lebensstilen, hervorragend erfüllt, aber zusätzlich die Hauptziele der Werbung nicht aus den Augen verliert. Dem entspricht die Unterteilung der Informationsbedürfnisse und die Kopplung von gruppenbezogenen Bedürfnissen mit geschlossenen Nutzergruppen und Social Networks, die besonders im Jugend- und jungen Erwachsenenalter zum Tragen kommen (vgl. Hasebrink 2009). Werbliche Formate und Inhalte sind in diesem Kontext virtuell, wie im Beispiel Second Life. Die virtuelle Imitation gesellschaftlichen Zusammenlebens inklusive werblicher Aktivitäten findet allerdings längst nicht die Akzeptanz, die die werbungtreibende Wirtschaft sich erhofft hatte. Wesentlich aussichtsreicher erscheinen dagegen Online Word-of-Mouth und virales Marketing, wiewohl auch deren Bedeutung nicht überschätzt werden darf. Aber Word-of-Mouth und virales Marketing bauen auf Netzwerken und Communities auf und das Weiterleiten eines viralen Videos erfolgt u.a. aufgrund des Community-Erlebnisses (vgl. Bauer/Haber u.a. 2008: 273ff.). Dazu mehr in Kapitel 4.8. Personalisierung und Integration sind weitere wichtige Kennzeichen aktueller Werbung, werden aber ausführlich in Kapitel 4 diskutiert.
2.2 Aktuelle Rahmenbedingungen der Werbung
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2.2 Aktuelle Rahmenbedingungen der Werbung Werbung zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist, wie der Abriss über die Geschichte der Werbung bereits gezeigt hat, eng mit der Entwicklung verschiedener Rahmenbedingungen verwoben. Diese gesellschaftspolitischen, ökonomischen, technologischen, soziokulturellen und medialen Rahmenbedingungen sind nicht statisch. Sie stellen vielmehr Metaprozesse dar und werden u.a. durch Schlagworte wie Ökonomisierung, Globalisierung oder Mediatisierung charakterisiert. Dabei müssen sie als in ihrer dynamischen Entwicklung wechselseitig verknüpft betrachtet werden. Globalisierung ist beispielsweise nicht ohne die Rolle der Medien denkbar und gleichwohl ist die globalisierte Wirtschaft das Symbol für diesen Prozess. Um aber eine möglichst übersichtliche Struktur zu gewährleisten, werden in der folgenden kurzen Skizze fünf aktuelle Rahmenbedingungen analytisch voneinander getrennt erläutert und erst in Kapitel 2.3 zur Medien- und Informationsgesellschaft zusammengefasst. 2.2.1 Internationalisierung und Globalisierung Vor allem die Globalisierung hat hoch kontroverse Diskussionen und polarisierende, nicht immer gewaltfreie Auseinandersetzungen initiiert und als Schlagwort eine steile Karriere gemacht. Ohne eine bestimmte Dimension zu bevorzugen, kann sie folgendermaßen definiert werden: „Globalisation can thus be defined as the intensification of worldwide social relations which link distant localities in such a way that local happenings are shaped by events occurring many miles away and vice versa.“ (Giddens 1990: 64)
Folgt man Roland Robertson (1992: 58f), so ist Globalisierung ein autonomer Prozess mit eigener Logik, der bereits in der Mitte der 1920er Jahre begonnen hat und in den 1960er Jahren durch weltweite Auseinandersetzungen hinsichtlich unterschiedlicher Lebensweisen und -auffassungen geprägt war. In den 1990er Jahren ist dieser Prozess durch weltübergreifende Ereignisse, zunehmend globales Bewusstsein, Konfrontation mit multikulturellen und polyethnischen Problemen, die Zunahme globaler Institutionen, Unternehmen und Bewegungen sowie durch den Ausbau eines globalen Mediensystems charakterisiert. Internationalisierung und Globalisierung sind also mehrdimensionale Prozesse, die sich z.B. auf Wirtschaft, Information, Ökologie, Technik, transkulturelle Konflikte, Ideologien, Normen und Werte, Migration sowie auf Medien beziehen (vgl. Appadurai 1990: 296ff; Beck 1997: 44f). Dennoch können diese Dimensionen nicht als gleichzeitig angenommen werden. Es ist
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2 Historische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Werbung
gerade die Ungleichzeitigkeit, die massive (und teilweise ihrerseits globalisierte) Kritik aufkommen lässt; denn während Finanzströme, Devisenmärkte und Börsenhandel die transnationalen Spielräume sehr schnell erobert haben und dort aus heutiger Perspektive kollektiv gescheitert sind, hinken Demokratisierung und multinationale politische Regulierung deutlich hinterher. Mehrere Autoren (vgl. u.a. Beck 1997: 90f; Robertson 1998) betrachten Globalisierung insofern aus einer doppelten Perspektive, als sie einen zweifachen, dialektischen Prozess zwischen dem Globalen und dem Lokalen unterstellen, was sich im Begriff Glokalisierung oder in Aussagen wie ‚think global act local‘ widerspiegelt. Für die Werbung spielen folgende Aspekte von Internationalisierung und Globalisierung eine besondere Rolle:11 1. Es internationalisieren sich nicht nur die Finanzströme und die Märkte, sondern auch ein großer Teil der Unternehmen und Konzerne, mithin kommt es zu einer Verflechtung der Weltökonomie. Dies verändert erstens die Vermarktung von Produkten und Leistungen und damit die Auftragsseite der Werbung, die als Folge durchlaufener Konzentrationsprozesse oft mehr Marktmacht in Auftragsverhandlungen einbringen kann. Zweitens verändert es auch die Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Werbebranche, weil zunehmend international tätige Agenturnetze in kleine Nischen nationaler Märkte eindringen. Drittens sind auch in der Werbung der Ressourceneinsatz und die Produktion in gewisser Weise geografisch unabhängig, damit international ausgerichtet, und die Werbeschaffenden sehen sich internationaler Konkurrenz gegenüber. So müssen z.B. die amerikanischen Werbemetropolen Chicago, New York und Los Angeles diesen Rang inzwischen mit Standorten wie Paris, London, Sao Paulo, Johannesburg, Hamburg, Berlin oder Amsterdam teilen (vgl. Weber 2005: 30ff). 2. Die Einbettung in multinationale Institutionen und die Transnationalisierung von politischer Regulierung hinken zwar im Prozess der Globalisierung anderen Bereichen hinterher. Dennoch sind mittlerweile vor allem in Europa mit der Europäischen Union transnationale Institutionen entstanden, die für die Werbebranche nicht ohne Relevanz sind. Besonders wichtig sind gesetzliche Regelungen, die national gültiges Werberecht ergänzen oder auf die Angleichung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften der EU-Mitgliedstaaten abzielen. U.a. können hierzu Richtlinien zum Schutz der Verbraucherinteressen oder zur irreführenden und vergleichenden Werbung gezählt werden. Intensiv diskutiert werden in diesem Zusammenhang Vorlagen für Werbeverbote. So hat besonders 11
Zur Internationalisierung von Werbung und Werbebranche vgl. u.a. auch: Englis 1994; De Mooij 1998; Wilke 1999; Jones 2000.
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der Richtlinienentwurf zur Tabakwerbung immense Prominenz erlangt. Der ZAW (2009: 99ff) hat anschaulich die potenziellen Auswirkungen von EU-Politik und EU-Recht auf die Werbung aufgelistet. 3. Die dominante Rolle von Technologien und Medien im Globalisierungsprozess tangiert die Werbebranche nicht nur in der Produktion, sondern auch in der Distribution. Die Medien erlangen diese Rolle weniger durch ihre Position als internationale Wirtschaftsunternehmen, als vielmehr durch ihre Position als Transporteure und Konstrukteure globaler Identifikationsangebote. Als Wirtschaftsunternehmen unterliegen sie dagegen demselben Sog weltweiter Verflechtung und Vernetzung wie Unternehmen anderer Branchen auch. Und wie diese leisten sie selbst dieser Entwicklung Vorschub. Dabei ist es u.a. aufgrund von Kontexteffekten für die Werbung nicht ohne Bedeutung, dass die Internationalisierung der Medienorganisationen eine Verstärkung der Internationalisierung der Inhalte mit sich bringt. 4. Die in Globalisierung und Internationalisierung aufkeimende weltweite kulturelle Homogenität ist eher im Sinne einer von westlichen Industrienationen dominierten Lebensweise und „Consumer Culture“ zu verstehen als im Sinne echter Transkulturalität. Und zwar, weil kulturelle Homogenität wesentlich von der weltweiten Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen und der damit verbundenen Homogenisierung der Nachfrage und der Konsumentenwünsche beeinflusst ist. Die Rolle der Werbung in diesem Prozess ist unbestritten, kontrovers bleibt aber, inwieweit die Werbung – trotz internationaler Zielgruppentypologien – wirklich international auf konsistente Zielgruppen aufbauen und in ihren Botschaften dieselbe Ansprache verwenden kann. Ein Beispiel dafür, dass dies zumindest im Convenience-Bereich möglich ist, ist die aktuelle McDonald´s Dachkampagne „I´m loving it“. Sie löst unterschiedliche Einzelkampagnen nationaler McDonald´s-Gesellschaften ab. 5. Zugleich entwickeln sich ihrerseits globalisierte Gegenbewegungen zur Globalisierung. Sie kritisieren meist nicht die Globalisierung als gesamten Prozess, sondern vielmehr die weltweiten sozialen Ungleichheiten, die dadurch hervorgerufen werden, und die Ungleichzeitigkeit zwischen den einzelnen Bereichen. Darüber hinaus problematisieren sie auch die Spannungen zwischen dem Globalen und dem Lokalen. Begriffe wie McDonaldisierung oder Cocacolonalisation belegen, dass gerade die
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Werbung für eben diese Produkte einen Fokus der Kritik bildet. 12 Im sogenannten Adbusting, Badvertising oder Subvertising kommt diese Kritik zum Ausdruck, wobei für die provokante Entfremdung jeweils auf die Originalmarken, Logos und Werbemotive zurückgegriffen wird (vgl. Klein 2000). Nicht alle Fälschungen oder Verfremdungen sind aber auf Werbekritik im Rahmen der Globalisierungskritik zurückzuführen. 2.2.2 Digitalisierung und neue Informations- und Kommunikationstechnologien Neben den Medien spielen Technologien für die Internationalisierung und Globalisierung eine tragende Rolle; denn sie sind zum einen geeignet, Raum und Zeit zu überbrücken, und zum anderen verstärken sie die Interdependenz lokaler, regionaler und nationaler Gemeinschaften bzw. erzwingen sie multinationale, internationale und globale Problemdefinitionen (z.B. Technologien zur Energieerzeugung). In den folgenden Ausführungen interessieren vor allem die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, weil sich durch sie Situationen der Kopräsenz, also der zeitlich und räumlich synchronen Anwesenheit verschiedener Kommunikationspartner realisieren oder zumindest virtuell simulieren lassen. Wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ist die Digitalisierung. Digitalisierung muss als größter Innovationsfaktor für technische Konvergenz begriffen werden. Sie liefert das technische Standardisierungspotenzial als Basis für alle weiteren Integrationsmöglichkeiten, wobei die relevanten Infrastrukturelemente wie Glasfasertechnik, Kompressions- und Reduktionssowie drahtlose Breitbandtechnik in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden dürfen (vgl. Lange/Seeger 1996/97a: 16ff). Die Veränderungspotenziale der Digitalisierung können insofern nicht isoliert technisch analysiert werden, als sich Technologie immer von politischen, ökonomischen, sozialen und organisatorischen Bedingungen beeinflusst entwickelt und in politischen, sozialen und ökonomischen Kontexten organisiert ist.
12 Dass die Kritik nicht nur auf die Werbung zielt, sondern sehr viel breiter die gesamte Konsumkultur problematisiert, ist an Aktionen wie dem „Buy nothing day“ (http://www.adbusters.org/ metas/eco/bnd/ aufgerufen am 20.10.2004) oder der Existenz von „Reverend Billy´s Church of Life after Shopping“ (http://www.revbilly.com, aufgerufen am 13.07.2009) erkennbar.
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„Technisierung kann unter diesem Blickwinkel definiert werden als kontextabhängiger akteurs-, interessen- und von unterschiedlichen Rationalitäten geleiteter sozialer Prozeß. Dieser Prozeß bezieht sich auf die Einführung, Durchsetzung und Aneignung soziotechnischer Systemlösungen.“ (Lange /Seeger 1996/97: 22)
In die Praxis übertragen erstreckt sich Digitalisierung von der Aufzeichnung über die Bearbeitung und Speicherung bis hin zur Übertragung von Inhalten. Da sie alle auf dem gleichen digitalen Code basieren, können sie von unterschiedlicher auditiver, visueller oder audiovisueller Ursprungsqualität sein und dennoch ohne Probleme verknüpft werden. Nicholas Negroponte hat Bits als kleinste Struktureinheit dieses Codes deshalb auch als „DNS der Information“ bezeichnet (Negroponte 1995: 19). Diese technischen Veränderungen führen zu einer erhöhten Kompatibilität sowohl der Inhalte als auch der technischen Geräte, zu einer Kapazitätserweiterung der Übertragung und zu einer umfassenden Bearbeitbarkeit der Inhalte. Als jüngste Ausdifferenzierung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien muss die Entwicklung mobiler Endgeräte betrachtet werden. Sie ermöglichen eine weitgehend räumlich unabhängige Vernetzung mit vier charakteristischen Merkmalen: „physical characteristics – in order to be portable, mobile devices are small, have limited storage, and so on; personal identity – a mobile phone is part of an individual's personal identity, more like a favorite item of clothing than just a piece of technology; ubiquity – mobile media can be used at any time and in almost any location; and location sensitivity – increasingly, mobile media can signal, or respond to, their location.“ (Rodriguez Perlado/Barwise 2005: 262; Hervorhebungen im Original).
Für die Werbung hat die Entwicklung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien folgende Konsequenzen: 1. Die Werbung kann kostengünstig mit beliebigen Gestaltungsoptionen jonglieren, da auf digitaler Basis alle möglichen Inhalte als Bausteine eingesetzt werden können. Zugleich können digitale Inhalte in einem Ausmaß und einer nie dagewesenen Perfektion verändert werden, ohne den Realitätseindruck für die Rezipienten zu beeinträchtigen. Das damit verbundene Glaubwürdigkeitsproblem, das sich z.B. für die politische Berichterstattung ergeben könnte, tangiert die Werbung nur bedingt, denn von ihr ist ja bekannt, dass sie übertreibt und verschönert. 2. Problematischer sind dagegen die Veränderungen, die sich im Verhältnis zwischen Auftraggebern, Werbeschaffenden und Medien ergeben: So schrauben z.B. die Möglichkeiten der Digitalisierung die Ansprüche von
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2 Historische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Werbung
Werbekunden unter qualitativen, zeit- und kostensparenden Aspekten in die Höhe. Erleichterte Variier- und Multiplizierbarkeit digital verfügbarer werblicher Inhalte erleichtern aber auch deren Einsatz jenseits geltender Werkverträge. Zusätzlich zu solchen Urheberrechtsfragen wirft die Digitalisierung aber auch Haftungsfragen bei der Werbemittelproduktion auf. 3. Digitalisierung führt dazu, dass Computer und mobile Endgeräte gleichzeitig Informations- und Abrufmedium, Forum und Diskussionsmedium sowie Beziehungsmedien sind (vgl. Höflich 1999: 43ff). Zwar ist in der Analyse der Digitalisierung immer noch unklar, ob es wirklich zu einer Konvergenz der Gebrauchsweisen, also zu einer rezeptiven Konvergenz, kommt, weil die unterschiedlichen sozialen Kontexte, in denen Fernseh(Freizeit) und Internetnutzung (noch überwiegend Arbeitszeit) stehen, dies torpedieren. Dennoch hat sich mit der Online-Werbung ein weiteres Betätigungsfeld für die Werbung etabliert. 4. Angetrieben von Digitalisierung und funktionaler Konvergenz als Überschneidung auf der Diensteebene bewegen sich die ehemals getrennten Bereiche Computer, Telekommunikation und Rundfunk aufeinander zu bzw. verschmelzen zu einem gemeinsamen Bereich, den Michael Latzer (1997: 79) als Mediamatik bezeichnet. Damit lassen sich innerhalb des so entstandenen Medien- oder Computerrahmens Massenkommunikation, zielgruppenspezifische Kommunikation und Individualkommunikation mischen (vgl. u.a. Höflich 1998 und 1999). Für die Werbung ergeben sich dadurch völlig neue Kombinationen und Potenziale, aber auch neue Risiken. Cross-Media dient als Schlagwort nicht selten dazu, die neuen Kombinationsmöglichkeiten von Werbemaßnahmen zu kennzeichnen und beinhaltet auch die Verknüpfung massenmedialer mit personaler, interaktiver Werbung. 5. Interaktivität ist wesentlich durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien geprägt und beschert der Werbung erweiterte Möglichkeiten. Z.B. erlaubt IPTV Interaktivität von den individuellen Auswahl- und Zugriffsmöglichkeiten bis hin zur Partizipation auch an der werblichen Kommunikation. Im IPTV kann beispielsweise das TShirt des Serienhelden per Klick direkt bestellt werden – ohne zwischengeschaltete klassische Werbung. Die Mischung aus Massen- und Individualkommunikation, die es Rezipienten erlaubt, vom Rezeptions- in den Interaktivitätsmodus zu ‚switchen‘ eröffnet vor allem mit der personalen Adressierung für die Werbung neue Möglichkeiten der One-to-OneKommunikation.
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6. Mit den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien entstehen auch neue, virtuelle Räume. So bilden Individuen, durch das Internet verbunden, ortsunabhängige virtuelle Gemeinschaften, indem sie z.B. am selben Dokument arbeiten, miteinander diskutieren, gamen oder flirten. Solche virtuellen Gemeinschaften lassen sich für Werbezwecke nutzen (vgl. Kapitel 2.1.8), in welcher Intensität ist aber fraglich. Klar ist jedoch, dass virtuelle Plattformen als Werbeinstrument geschaffen und eingesetzt werden, um z.B. eine Gemeinschaft rund um eine Marke aufzubauen und zu pflegen (Brand Community). 2.2.3 Individualisierung, Erlebnis- und Inszenierungsorientierung Auf die Individualisierung wurde bereits kurz in Kapitel 2.1.6 hingewiesen. Mit einer „Marktabhängigkeit in allen Dimensionen der Lebensführung“ (Beck 1986: 212) gehen die drei von Beck (1986: 206ff) genannten Individualisierungsaspekte einher: Freisetzung als Herauslösung aus historisch vorgegebenen Sozialformen und -bindungen, Stabilitätsverlust bzw. Entzauberung als Verlust traditionaler Sicherheiten im Hinblick auf Handlungswissen, Glauben und leitende Normen sowie Kontrolle bzw. Reintegration als neue Formen der sozialen Einbindung. Obwohl nicht direkt von ihr abhängig, ist Erlebnisorientierung mit Individualisierung über diese drei Individualisierungsaspekte verknüpft. Sie führen zur Suche nach Sinn und Erlebnissen und nach neuen Bindungen über Symbole und Erlebnisse sowie zur subjektiven Bedeutsamkeit von Erlebnissen. Erlebnisse etablieren sich aber nicht nur in ihrer subjektiven Bedeutsamkeit, sondern auch als neue Formen der Vergesellschaftung. „Das Leben schlechthin ist zum Erlebnisprojekt geworden. Zunehmend ist das alltägliche Wählen zwischen Möglichkeiten durch den bloßen Erlebniswert der gewählten Alternativen motiviert.“ (Schulze 1992: 13)
Daraus resultiert für Individuen und kollektive Akteure, für Produkte, Unternehmen und Marken der Druck, sich und ihre Anliegen erlebnishaft zu inszenieren. Und je größer die Vielzahl von Erlebnismöglichkeiten ist, die um die Aufmerksamkeit der Individuen konkurrieren, desto größer ist auch der Inszenierungsdruck. Die Erlebnisorientierung impliziert also auch die Entwicklung hin zu Gesellschaften, für die Inszenierung ein wesentliches Kennzeichen darstellt (vgl. z.B. Willems/Jurga 1998; Schicha/Ontrup 1999). Anders als die wissenschaftliche Debatte konzentriert sich das Marketing aber auf die direkt verwertbaren Aspekte der Erlebnisorientierung, wobei massenmediale Erlebnisse aus zweiter Hand mit tatsächlichen Erfahrungen aus erster Hand kombiniert werden:
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"Erlebnisorientiertes Marketing macht das Konsumieren zum Happening und Sinnesreiz: Auge, Ohr, Tastsinn, Gaumen und Geruch werden möglichst gleichzeitig angesprochen. Lebensfreude und Konsumfreude, Lebensgenuß und Konsumgenuß bilden eine Einheit." (Opaschowski 1993: 145)
Ähnlich wie die Individualisierung ist auch die Erlebnisorientierung einerseits von ökonomischen Strukturen und Prozessen beeinflusst und hat andererseits Einflusspotenzial auf die Ökonomie in der Form, dass Unternehmen ihre Angebote und ihre Marktkommunikation und damit auch die Ausrichtung der Werbung auf die folgenden gesellschaftlichen Entwicklungen abstellen: 1. Die von der Lebensstilforschung motivierte Konzeption von Lifestyles in der kommerziellen Markt-, Media- und Meinungsforschung bietet sowohl für die Produktentwicklung als auch für die Werbung eine neue Basis, weil Lifestyles eben keine Spiegelung z.B. der tatsächlichen Einkommensverhältnisse sind, sondern ein Konzept zur Organisation des Alltags. Damit können erstens Zielgruppen anhand von Lifestyle-Kriterien griffiger abgegrenzt werden. Zweitens können die werblichen Botschaften sehr viel konkreter auf die nun weitgehend bekannten Werte, Einstellungen und Konsumwünsche abgestimmt werden. Und drittens kann die Platzierung der Werbung der jeweiligen Mediennutzung besser angepasst werden. U.a. bekannt geworden sind die Sinus-Milieus, die die Grundlage für andere Typologien bilden. Auf ihrer Basis lassen sich z.B. für 2009 11% der deutschen Bevölkerung als „Hedonisten“ einordnen (vgl. http://www.sociovision.de/loesungen/sinus-milieus.html; aufgerufen am 13.07.2009). In Anlehnung daran werden auch Sonderzielgruppen, wie z.B. DINKs (double income no kids), MUPPIEs (middle-aged urban professionals), WOOPIEs (well off older people) oder neuerdings auch LOHAS (lifestyle of health and sustainability) konstruiert. 13 2. Im Kontext mit individualisierten Lebensstilen steigt die Bedeutung von Welt- und Selbstbildern auch für das Konsumentenverhalten. Selbstinszenierung, soziale Akzeptanz, Gruppenzugehörigkeit, Distinktion, Status und Prestige werden wichtiger denn je. Marktkommunikation greift aktiv die individuelle Sinnsuche auf und versucht, den erkannten Bedürfnissen über die Symbolwelt von Marken entgegen zu kommen.
13 Der Vielschichtigkeit des Individuellen wird mit diesen Konzepten natürlich nicht vollumfänglich Rechnung getragen. Vielmehr geht es um "massenhaft inszenierte Individualität" (Schulze 1992: 19). Auch ordnen sich Individuen selbst nicht unbedingt einzelnen Zielgruppen zu, worauf Uwe Hasebrink (1997) mit seinem Titel "Ich bin viele Zielgruppen" verweist.
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Marken sind insofern sekundäre Sinnstiftungsagenturen, als sie zum Abgleich des individuellen Selbstverständnisses mit dem gesellschaftlichen Sinnpotenzial dienen. Werbliche Kommunikation schafft zwar nicht als Primärinstanz Sinn, aber sie unterbreitet Sinnangebote indem sie in der Gesellschaft vorhandenen Sinn für ihre Zwecke aufgreift, überhöht oder verklärt (vgl. Reichertz 1998: 289). 3. Werbung leistet insofern auch Basisarbeit als sie für die Markeneinführung von Produkten und Dienstleistungen wie für die allgemeine Markenführung überdurchschnittliche Bedeutung hat. Erst durch Werbung erlangen Marken die notwendige Bekanntheit. Zugleich dienen alle kommunikationspolitischen Instrumente, insbesondere aber die Werbung, in diesem Zusammenhang der Mythenbildung von Marken, weil sie bestehende kulturelle Bedeutungen mit den Marken verbinden und so die Beziehung zwischen Marke und Konsumenten als Erlebnisangebot inszenieren, das z.B. als Chiffre der Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen positioniert werden kann. 4. Spezifische Erlebniskonzepte thematisieren den subjektiv erlebten, durch das Produkt, die Dienstleistung, das Verkaufsgespräch oder die Einkaufsstätte vermittelten Beitrag zur Lebensqualität der Konsumenten (vgl. Weinberg 1992: 3; Boltz 1994). Da die Konstruktion von Erlebniswelten einen abgestimmten Einsatz kommunikationspolitischer Instrumente voraussetzt, kombinieren eventorientierte Settings entsprechend verschiedene Instrumente wie z.B. Produkt- oder Marken-PR, Events und Placements. Damit sinkt der Stellenwert der klassischen Werbung als singuläres Instrument innerhalb der Kommunikationspolitik. Zumal gelungene Inszenierungen dem nahezu unbegrenzten Bedarf der Medien nach Inhalten nachkommen und mit einer zusätzlichen kommunikativen Wirkung durch die klassische Berichterstattung rechnen können. 2.2.4 Mediatisierung und Aufmerksamkeitsmärkte Inszenierung rekurriert zugleich auf die enge Verzahnung von Erlebnissen und Medien. Erlebnisse bedürfen einerseits der Medien als notwendige Elemente ihrer Inszenierungslogik und Instrumente der Theatralisierung des zum Teil Alltäglichen. Andererseits sind Medienangebote selbst durch einen starken Inszenierungscharakter ausgezeichnet und differenzieren zunehmend entsprechende Formate aus. Inszenierungsorientierung bedeutet auch, dass Erfolg sowohl für Individuen als auch für korporative Akteure wie Unternehmen je nach Handlungsfeld (z.B. Politik, Wirtschaft, Wissenschaft) mehr oder weniger von Inszenierungsaspekten abhängt. Damit können diese auch zu einem (kauf-)entscheidenden wirtschaftlichen Faktor werden (vgl. Wil-
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lems 1998: 56). Der Hinweis auf die Inszenierung zeigt sowohl den immensen Stellenwert, der der Aufmerksamkeit als knapper Ressource in modernen Gesellschaften zukommt, als auch die Durchsetzungskraft der Medienlogik. Aufmerksamkeit ist vor allem im Zuge der Online-Ökonomie in der 2. Hälfte der 1990er Jahre als Aufmerksamkeitsökonomie thematisiert worden, so z.B. in Michael Goldhabers ‘Attention Economy’ (1997) und Georg Francks ‘Ökonomie der Aufmerksamkeit’ (1998). Wiewohl die These, dass Aufmerksamkeit Geld als Währung komplett ablösen könnte, deren Rolle, aber auch deren Eignung als Generaltauschware sicherlich überschätzt, weist die Beschäftigung mit diesem Thema letztlich in die richtige Richtung: Aufmerksamkeit ist das „knappe Gut der Informationsgesellschaft“ (Goldhaber 1997) Und es wird umso bedeutender je stärker sich die Medien ausdifferenzieren. Die Explosion der klassischen Medienangebote sowie die stetige Vervielfachung der Online-Angebote „überfluten“ die Nutzer mit unzähligen Informationsangeboten, treffen aber auf nur marginal steigerungsfähige Aufmerksamkeitspotenziale und Zeitressourcen der Rezipienten. Die einzelnen Angebote stehen also in Konkurrenz zueinander, so dass zwar nicht von einer umfassenden Aufmerksamkeitsökonomie, aber doch von unterschiedlichen Aufmerksamkeitsmärkten gesprochen werden kann. Denn Aufmerksamkeit strukturiert die Handlungspräferenzen anderer, darunter auch, aber eben nicht nur ökonomischer Akteure (vgl. Theis-Berglmair 2000: 321ff). "In einer Zeit, in welcher der Markt durch ein riesiges Netzwerk der ökonomischen Kommunikation überspannt wird, sind Wechselwirkungen zwischen Kommunikations- und Wirtschaftskonjunktur an der Tagesordnung. Wie sich die Wirtschaftskonjunktur entwickelt, hängt davon ab, wie über die Konjunktur gesprochen wird." (Münch 1991: 130)
Dies wiederum verstärkt die Bedeutung der Medien, weil sie in der Lage sind, Aufmerksamkeit wenn nicht zu produzieren, so doch zu bündeln und auf bestimmte Themen und Ereignisse zu fokussieren. Medien produzieren sozusagen Aufmerksamkeitsgemeinschaften. Zugleich breiten sie sich nicht nur zunehmend quantitativ und qualitativ aus, sondern durchdringen die Gesellschaft immer engmaschiger und erfahren mehr gesamtgesellschaftliche Anerkennung. Dabei entwickeln sie als Akteure Eigensinn und eine spezifische Handlungslogik (vgl. u.a. Jarren 1996: 79ff), an der sich alle anderen gesellschaftlichen Bereiche ausrichten müssen. D.h. Akteure in Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Bildung, Sport etc. müssen sich in Handeln und Verhalten den Regeln des Mediensystems anpassen. Dieser Prozess wird auch als Mediatisierung bezeichnet (vgl. Mazzoleni/Schulz 1999; Siegert 2001; Schulz 2004; Marcinkowski 2005; Imhof 2006; Donges 2006 und 2008).
2.2 Aktuelle Rahmenbedingungen der Werbung
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„Das Konstrukt Mediatisierung bezeichnet also einerseits makrosoziologisch einen Metaprozess sozialen und kulturellen Wandels und gründet andererseits mikrosoziologisch in einer Veränderung sozialen und kommunikativen Handelns der Menschen, aus dem ja Alltag, soziale Beziehungen und Identität, Kultur und Gesellschaft entstehen. Mediatisierung heißt dementsprechend, dass immer mehr Menschen ihr soziales und kommunikatives Handeln immer häufiger und immer differenzierter auf immer mehr ausdifferenzierte Medien und mediale Inszenierungen ausrichten und dass dies vielfältige Auswirkungen auf soziale Beziehungen und Identitätsstrukturen, auf Kultur und Gesellschaft hat.“ (Krotz 2001b: 201; auch Krotz 2001a)
Für die eng mit den Medien vernetzte Werbung hat dies zur Konsequenz, dass es auch eine Anpassung an ihre Logik gibt und der Stellenwert der unternehmerischen Kommunikationspolitik insgesamt sowie der Werbung im Besonderen steigt. Darüber hinaus ergeben sich die folgenden bereits angesprochenen Konsequenzen. 1. Die erste Hürde für eine erfolgreiche Werbekommunikation ist es, die Adressaten überhaupt zu erreichen, d.h. in der Fülle der Informationsangebote überhaupt wahrgenommen zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, werden einerseits neue Werbeformen entwickelt, die ein NichtBeachten oder Vermeiden von Werbung verunmöglichen. Andererseits wird versucht, die Werbebotschaften immer aufmerksamkeitsstärker zu gestalten, wozu letztlich alles eingesetzt wird, was Erfolg verspricht: Religion, Erotik, Humor, Kunst, Provokationen, Tabubrüche etc.. Als weiterer Weg wird die Kombination von Werbung mit anderen kommunikationspolitischen Instrumenten und mit der PR beschritten. Gelegentlich werden auch Werbung und Werber selbst beworben (vgl. Kap. 2.1.7) oder auch skandalisiert, um für kurze Zeit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu gewinnen. 2. Der Ausdifferenzierung der Medien entsprechend differenziert sich auch die Werbung aus – nicht zuletzt, um mit neuen Plattformen und Formaten und deren Regeln Schritt zu halten. Beispielhaft sei die Gestaltung der TV-Werbung genannt, die Ende der 1960er Jahre die Entwicklung zum Farbfernsehen ebenso als Option aufgegriffen hat wie in jüngerer Zeit die Möglichkeit, die Bildschirmansicht mehrfach zu unterteilen (splitscreen). Die vielfältigen Formen der Online-Werbung von einfachen Pop-Ups über AdGames bis hin zu Produkt-Konfiguratoren sind dafür weitere Belege. Eine Anpassung an die mediale Logik findet sich auch in den Kommunikationskooperationen, die die Werbewirtschaft z.B. bei aktuellen Unterhaltungsformaten oder der Übertragung sportlicher Großveranstaltungen mit Medien eingeht.
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Fallbeispiel: Aufmerksamkeitsstarke Inszenierung Der Hype um die Karl-Lagerfeld-Kollektion beim schwedischen Textilhändler H&M im Herbst 2004 ist ein Musterbeispiel integrierter werblicher Inszenierung. Auf der einen Seite setzte sie auf klassische Werbemittel wie Plakate und Zeitungsanzeigen. Auf der anderen suchte – und schaffte – sie den Weg in die redaktionelle Berichterstattung sowohl von Printmedien als auch von TV-Programmen. Ursächlich dafür war neben der Prominenz des Designers sicher das außergewöhnliche Projekt selbst und – so kann vermutet werden – eine gelungene, aber für Außenstehende unsichtbare Kommunikationsarbeit des Unternehmens. Ein besonderer InszenierungsCoup lag auch darin, dass die Angebote räumlich und zeitlich beschränkt wurden. Und die Rechnung ging auf: "Hunderte stürmten die Geschäfte von H&M, um ein Stück Designermode von Karl Lagerfeld zu ergattern." "Haute Couture meets Hamsterkäufer" (vgl. Netzzeitung 12.11.2004: 13.07).
Quelle: Eigene Bildmontage unter Verwendung von http://www.mdr.de/brisant /promi-klatsch/1684755.html (Aufruf 18.01.2005) und w&v 20/2005: 61 Sogar Qualitätsmedien wie die österreichische Tageszeitung 'Der Standard' druckten neben kritischer Berichterstattung eine Auflistung der H&M-Filialen, der erhältlichen Lagerfeld-Stücke und der Preise im redaktionellen Teil ab, wenn auch mit dem bissigen Hinweis "Eiliges Hetzen zum edlen Fetzen" (Der Standard vom 12.11.2004: 9). Und der Berliner Tagesspiegel war mit der Titelseite und ganzseitigen Anzeigen für diese Aktion gebucht. Diese Titelanzeige wurde im ZMG-Wettbewerb (Fachjury und Leser), wenn auch nach heftiger Diskussion, zur Anzeige des Jahres in der Kategorie „Zeitung kreativ“ gewählt (vgl. w&v 20/2005: 53 und 61).
3. Zugleich werden bewusst bislang werbefreie Zonen gesucht, um das „Bermuda-Dreieck“ der Aufmerksamkeit zu umschiffen. Vor allem jene Räume, in denen die Adressaten nicht durch andere Informationsangebote abgelenkt sind und folglich wenig Konkurrenz im Kommunikationswettbewerb besteht, werden mit hochgradig zielgruppenaffiner Werbung besetzt.
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2.2.5 Ökonomisierung und veränderte Märkte Ökonomisierung wird in der kommunikationswissenschaftlichen Literatur vor allem als Ökonomisierung der Medien betrachtet (vgl. z.B. Jarren/Meier 2001) und als solche als historische Komponente der Medienentwicklung eingestuft. Dabei werden die Entwicklungen der Mediatisierung und der Ökonomisierung auch kontrastiert und als zwei ineinander verwobene Prozesse dargestellt (vgl. u.a. Krotz 2001a und b; Siegert 2001 und 2002). Im Folgenden interessiert jedoch nicht nur die Ökonomisierung der Medien, sondern auch die weiterer Bereiche der Gesellschaft, so z.B. des Gesundheitsoder des Bildungssystems. Allgemein gesprochen ist mit Ökonomisierung der zunehmende Einfluss von marktorientiertem Denken und Handeln in vormals nicht über den Markt organisierten Bereichen gemeint. Auch die vormals staatlich regulierten Infrastrukturbereiche wie Energieerzeugung, Ver- und Entsorgung, Bahn, Post oder Telekommunikation werden durch Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung nun zunehmend vom Markt und von Strategien der beteiligten Akteure gesteuert. Dabei nimmt deren Zahl ebenso zu wie die Bedeutung trans- und supranationaler Akteure. Auch verringert sich die Einflussnahme staatlicher zugunsten privatwirtschaftlicher Akteure. Da in vielen dieser liberalisierten Bereiche neben ökonomischen nach wie vor wohlfahrtsstaatliche Normensysteme (z.B. Sicherstellung des diskriminierungsfreien Zugangs zu Infrastruktur) gelten, ist allerdings umstritten, inwieweit der Wettbewerb privatwirtschaftlicher Akteure die Erfüllung dieser normativen Ziele gewährleistet. So wird die mit der Ökonomisierung wesentlich verknüpfte Marktsteuerung und die damit verbundene Wettbewerbsorientierung insgesamt und für die einzelnen Gesellschaftsbereiche unterschiedlich beurteilt. Von einigen als generelle Entwicklung eines „entfesselten Kapitalismus“ (Bischoff 2003) kritisiert, wird sie von den anderen als effizienteste Koordinationsform begrüsst. Zugleich haben sich auch die Bedingungen in denjenigen Bereichen verändert, die seit jeher durch den Markt gesteuert wurden. Dies deshalb, weil sich jeweils spezifische Markt- und Branchenkonstellationen herausgebildet haben, die vielfältige Konsequenzen für die Markt- und Wettbewerbssituation der Unternehmen haben. Gesellschaftliche – wie die bereits skizzierten – sowie spezifische Veränderungen in den westlichen Industrienationen, wie z.B. zunehmende Freizeitorientierung, wachsender Hedonismus und weitgehende Befriedigung der Grundbedürfnisse, prägen die Märkte: Produkte und Leistungen gleichen sich immer mehr an und werden dadurch zunehmend austauschbar; denn die funktionalen Produktleistungen (z.B.
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Motorenleistung eines PKW, Schleuderdrehzahl einer Waschmaschine) sind – unter Wettbewerbsaspekten – weitgehend ausgereizt und können nur mehr bedingt optimiert werden. Innovationszyklen werden in einigen Branchen immer kürzer, und die Innovationsgewinne schmelzen aufgrund hoher Nachahmerquoten und -geschwindigkeiten (sog. Me-Too-Produkte) schnell. Dies hat zwei Konsequenzen: Auf der Anbieterseite erscheinen einige Branchen gesamthaft innovationsmüde. Seitens der Nachfrager schlägt sich gerade in Produktbereichen mit extrem kurzen Innovationszyklen und schneller Preiserosion eine erkennbare Überforderung in Form abwartender Kaufbereitschaft und nachlassendem Produktinteresse in einigen Branchen nieder. Die damit gekoppelte Polarisierung der Verhaltensweisen und des Konsums macht Nachfrager immer unberechenbarer und führt sowohl zu abnehmender Kundenloyalität als auch zu sprunghaften und oftmals paradox scheinenden Kaufentscheidungen. So wird z.B. das durch den Einkauf bei Lebensmitteloder Textildiscountern eingesparte Geld umgehend in den Kauf des dritten oder vierten Mobiltelefons investiert. Das Beispiel Mobilkommunikation zeigt im Übrigen, dass der oben geschilderte Zusammenhang zwischen Kaufzurückhaltung und Länge bzw. Kürze von Produktlebenszyklen nicht zwingend gegeben ist, wenn es Herstellern gelingt, den Besitz der jeweils aktuellsten Gerätegeneration als „Must“ zu inszenieren. Zugleich werden verschiedene Märkte mit spezifischen Regulierungsmaßnahmen, wie z.B. ökologische Anforderungen oder technische Leistungsdaten, konfrontiert, die das Marktgeschehen stimulieren aber auch abschwächen können. Trotz technologischer Entwicklung finden sich darüber hinaus so gut wie keine unbesetzten Märkte. Es ist vielmehr in einigen Bereichen von verschärftem Wettbewerb auszugehen, während in anderen hochkonzentrierte Konzerne das Marktgeschehen dominieren. Dass sie dies zum Teil auch jenseits ihrer angestammten Märkte tun, lässt sich am Beispiel der medialen Konvergenz und der Entwicklung von TIME-Märkten (Telekommunikation, Informationstechnologie, Medien und Entertainment) zeigen. Für die Werbung haben die Entwicklungen folgende Konsequenzen: 1. Die Privatisierung von Unternehmen ist für die Werbung insgesamt positiv zu werten. Nicht nur bedingen Privatisierungsvorgänge, z.B. des Börsengangs der deutschen Post, kurzfristig steigende Werbeinvestitionen. Es ist auch damit zu rechnen, dass privatwirtschaftliche Unternehmen längerfristig höhere Werbebudgets einsetzen als öffentliche, weil sie unter Konkurrenzbedingungen agieren. Eine Privatisierungswelle bei Unternehmen und Branchen mündet daher im Normalfall in einen Boom für die Werbung. 2. Die objektive Differenzierung von Produkten und Leistungen wird generell immer schwieriger, obwohl sie mehr denn je gefordert ist. Die
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Differenzierung verlagert sich daher teilweise von funktionalen Produkteigenschaften auf symbolische, emotionale Komponenten. Der Stellenwert der werblichen Kommunikation zeigt sich besonders dann, wenn es nicht mehr gelingt, Leistungen, Produkte oder Marken über eine substanzielle Unique Selling Proposition (USP) zu differenzieren. Denn in diesen Fällen kann trotzdem über die Schaffung einer Unique Advertising Proposition oder allgemeiner einer Unique Communication Proposition die Abgrenzung gegenüber der Konkurrenz gelingen. Der Kommunikationswettbewerb folgt jedoch einer eigenen Logik. 3. Zugleich wird in vielen Märkten der Preis zu einem für die Konsumentscheidung ausschlaggebenden Kriterium. Entsprechend werden dort die Aufwändungen für die Warenpräsentation und die Kommunikation symbolischer Aspekte weniger, und die Werbebotschaften stellen das Preisargument in den Vordergrund. Zum Teil können Preiswettbewerb und Kommunikationswettbewerb auch im selben Markt nebeneinander bestehen (so z.B. im Markt für Unterhaltungselektronik oder bei den Baumärkten) und stellen dann besondere Herausforderungen an die werbliche Kommunikation. 4. Im Zuge der Ökonomisierung sind die meisten Märkte durch eine zunehmende Unternehmenskonzentration gekennzeichnet. Die Werbebranche sieht sich häufig einigen wenigen hochkonzentrierten Konzernen gegenüber (z.B. Automobilbranche, Waschmittel), die entsprechend viel Verhandlungsmacht in die Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehungen einbringen. Andererseits sind auch die Medien als wichtige Transporteure werblicher Kommunikation meist hochkonzentrierte Konzerne. Die Werbebranche reagiert ihrerseits mit zunehmender Konzentration (vgl. dazu Kapitel 3.3.2.3) in Form von Agentur-Networks und verflochtenen Mediaagenturen. 2.2.6 Rechtliche und institutionelle Rahmenbedingungen Bereits in Kapitel 2.2.1 wurde angedeutet, dass im Zuge der Globalisierung und Internationalisierung auch transnationale Institutionen an Gewicht gewinnen; so auch die transnationale Regulierung, z.B. in Form von Rechtsund Verwaltungsvorschriften und die internationale Rechtssprechung. Welche Regulierungsgebiete sich wie auf die Werbung auswirken könnten, zeigt eine Auflistung des ZAW (2009: 99ff). Für die Werbung greifen aber zunächst nationale Rechtsvorschriften, wobei kein einheitlicher Rechtskorpus besteht, sondern Regelungen unterschiedlicher Rechtsbereiche – so des Privat- und des öffentlichen Rechts – relevant werden (vgl. Schrotthofer 1997; Schwarze 1999). Ausgangspunkt ist dabei die Funktion der Werbung
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für den Wettbewerb, weil sie eine wichtige Informationsquelle für die Konsumenten darstellt. Die anwendbaren Vorschriften sind aber auf verschiedenen Hierarchiestufen angesiedelt. D.h. in den verschiedenen Ländern ist jeweils die Grundordnung, also die Verfassung oder das Grundgesetz, die oberste Richtlinie, wobei internationales Völkerrecht immer zu respektieren ist. Die wichtigsten Rechtsgrundlagen werden im Folgenden kurz aufgelistet, obwohl hier keineswegs alle rechtlichen Regelungen aufgeführt werden können. 14 1. Meinungsfreiheit: Die in der jeweiligen Grundordnung verankerte Meinungs- und Informationsfreiheit gilt nicht nur für Personen, sondern auch für Unternehmen der Werbewirtschaft. Die Meinungsfreiheit ist in der Diskussion um Werbeverbote denn auch ein gewichtiges Argument. Gegner der Werbeverbote argumentieren, dass Werbung so lange erlaubt sein muss, als auch die beworbenen Produkte und Leistungen legal sind. Befürworter von Werbeverboten sehen Bedarf, die grundsätzliche Werbefreiheit zum Schutz von Gesundheit, Umwelt, Jugend oder des fairen Wettbewerbs einzuschränken (vgl. Hatje 1999: 37). 15 2. Lauterkeitsrechtlicher Schutz: Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) soll in Deutschland, aber auch in Österreich und der Schweiz den fairen Wettbewerb sichern. Unlauter ist ein gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßendes Verhalten oder Geschäftsgebaren. Auf diese Weise soll das Verhältnis zwischen Konkurrenten oder zwischen Anbietern und Abnehmern vor irreführender Werbung und irreführender vergleichender Werbung geschützt werden. Irreführung liegt dann vor, wenn der Durchschnittskonsument, bei dem eine flüchtige Werbewahrnehmung unterstellt wird, getäuscht wird, so z.B. wenn Werbung getarnt oder wenn mit anderen „Tricks“ gearbeitet wird. 16 Besonders bei der grundsätzlich erlaubten vergleichenden Werbung gibt es Einschränkungen. So ist z.B. nur der Vergleich von wirklich vergleichbaren Produkten und Leistungen erlaubt, es darf keine
14 So können je nach Konstellation u.a. das Immaterialgüterrecht (d.h. das Urheberrecht und das Markenrecht), der Persönlichkeitsschutz, der Datenschutz, der Verbraucher- und Konsumentenschutz, aber auch – wie etwa bei der Außenwerbung – die Straßenverkehrsordnung sowie kommunale Bau- oder Raumnutzungsordnungen relevant sein. 15 Die Rechtssprechung schränkt dies teilweise dadurch ein, dass sie kommerzielle Kommunikation in den Geltungsbereich der Handels- und Gewerbefreiheit verweist (vgl. u.a. Schweizerisches Bundesgericht 1999: BGE 125 I 417). 16 Dietz (1995: 47) formuliert dazu drei Fragen: „An wen richtet sich die Werbung? Wie versteht der angesprochene Kreis - abgesehen von einer unbedeutenden Minderheit – die konkrete Werbeaussage? Entspricht dieser Eindruck der Wirklichkeit?“
2.2 Aktuelle Rahmenbedingungen der Werbung
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Verwechslungsgefahr bestehen und der Auftritt anderer darf nicht ohne deren Zustimmung nachgeahmt werden. 3. Rundfunkrecht: In allen drei deutschsprachigen Ländern enthalten die gesetzlichen Vorgaben zum privaten und zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch Regelungen die Werbung betreffend; darunter solche zum Umfang der Werbezeit der Sender, zu den Möglichkeiten für die Unterbrechung von Sendungen, zur Trennung und Erkennbarkeit der Werbung sowie Jugendschutzvorgaben und Hinweise zu Werbeverboten. Die neue Fernsehrichtlinie der EU (Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste), die den EU-Mitgliedstaaten ermöglicht, programmintegrierte Werbung, allen voran Product Placement für ihren Hoheitsbereich zu erlauben, führt in Deutschland zu Diskussionen um den 13. Rundfunkstaatsvertrag. 4. Werbeverbote und Werbebeschränkungen: Beschränkungen bzw. echte Verbote gibt es zum einen bezogen auf spezifische Berufe. So dürfen z.B. Ärzte oder Psychologen nicht für sich werben. Zum anderen gibt es Werbeverbote in Bezug auf bestimmte Produkte und Leistungen. So dürfen z.B. verschreibungspflichtige Medikamente nicht beworben werden. Politische, religiöse sowie Tabak- und Alkoholwerbung sind darüber hinaus in vielen Ländern eingeschränkt. D.h. für Tabak und Alkohol darf in bestimmten Medien nicht geworben oder es dürfen nur bestimmte Varianten, z.B. niedrigprozentiger Alkohol, beworben werden. Am umfangreichsten ist bisher die Tabakwerbung von Verboten betroffen, weil aufgrund des Beschlusses des EU-Ministerrats ab Mitte 2005 auch in den Ländern, in denen bisher noch Tabakwerbung in einigen Medien erlaubt war, weitergehende Verbote installiert werden (müssen). Werbeverbote mobilisieren stets zahlreiche Organisationen der Werbewirtschaft, die sich historisch in allen deutschsprachigen Ländern herausgebildet haben. Sie setzen sich neben der Wahrung der Verbandsinteressen gegenüber der Öffentlichkeit vor allem für die Institutionalisierung geeigneter rechtlicher Rahmenbedingungen ein. Besonders Dachorganisationen sind im Ringen um Werbeverbote engagiert, geht es doch letztlich um den Kern ihrer Interessensvertretung. Solche Dachorganisationen sind der Zentralausschuss der deutschen Werbewirtschaft ZAW, die Schweizer Werbung SW oder der Fachverband Werbung und Marktkommunikation der Wirtschaftskammer Österreich. 17 Ihre Zusammensetzung ist unterschiedlich. So kommen die Mitglieder des österreichischen Fachverbands Werbung und Marktkommu-
17 Für detaillierte Informationen siehe: http://www.fachverbandwerbung.at; http://www.sw-ps.ch/ d/index.php; http://www.interverband.com/u-img/184/zaw_home_neue_presse.htm.
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nikation vor allem aus der Werbedienstleistung (d.h. Agenturen, Beratung, Forschungsinstitute, Vermittler), während sowohl bei ZAW als auch bei SW Werbeauftraggeber, Werbeagenturen und -berater sowie Auftragnehmer Mitglieder sind. Bei der Schweizer Werbung sind zudem Medien vertreten. Neben den reinen Interessenvertretungen stehen die Institutionen der Selbstregulierung. Dazu zählen der Deutsche Werberat (Organ des ZAW), der Österreichische Werberat (Mitglieder werden von der Gesellschaft zur Selbstkontrolle der Werbewirtschaft bestellt) und die Schweizerische Lauterkeitskommission (eine von den wichtigsten Berufsverbänden der Werbewirtschaft getragene Stiftung). Alle drei haben sich zu einer Art selbstdisziplinärer Überwachungskommission entwickelt, die als Schiedsrichter Beschwerdefälle aus der Bevölkerung aufnimmt und versucht, werbliche Missstände zu beseitigen. Basis solcher Untersuchungen sind selbstdisziplinäre Verhaltensregeln, die gesetzliche Vorgaben auf eine berufspraktische Ebene herunterbrechen. Sie berücksichtigen aktuell herrschende Auffassungen über Sitte, Anstand und Moral z.B. dergestalt, dass Personen nicht auf ihre rein sexuelle Funktion reduziert und/oder ihre ständige sexuelle Verfügbarkeit nahe gelegt werden darf. 18 Grenzüberschreitende Beschwerden können entsprechend bei der europäischen Dachorganisation „European Advertising Standards Alliance“ vorgebracht werden.
2.3 Wirtschaftliche Bedeutung der Werbung Fasst man die in Kapitel 2.2 skizzierten Rahmenbedingungen zu einem Gesamtbild der Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft zusammen, so ergibt sich ein mehrdimensionaler Bedingungsrahmen. Auch wenn die Aktionsfelder darin jeweils eigenen, zum Teil anderen Aktionsfeldern widersprechenden Logiken folgen, so sind doch alle auf die eine oder andere Weise mit und teilweise über Werbung verbunden. Damit wird gleichsam ein ehemaliger Werbespruch (für Danone-Joghurt), den auch Rolf Haubl (1992) als symptomatisch einstuft, zur seltsamen Gewissheit: „Früher oder später kriegen wir Euch!“
18 Vgl. für eine Übersicht aktueller Beschwerdefälle sowie Problemthemen in Deutschland: ZAW 2009: 49ff.
2.3 Wirtschaftliche Bedeutung der Werbung
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Abbildung 7: Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Steinmaurer 2003: 4
In diesem Bedingungsnetzwerk ist die Werbung mit mehreren Paradoxien konfrontiert: „Paradox 1: Je erfolgreicher das Werbesystem Aufmerksamkeit erzeugt, desto unvermeidlicher erzeugt es Aufmerksamkeitsverknappung. Aufmerksamkeit als Voraussetzung für Vermarktung führt zwangsläufig zur Vermarktung von Aufmerksamkeit. …. Im Zuge der Ästhetisierung der Werbung in den 80er Jahren bemerkten nicht nur die Auftraggeber, dass die Umleitung der Aufmerksamkeit von der Ästhetik des Spots auf die zu bewerbende Ware offenbar immer schwieriger wurde, womit aber die Geschäftsgrundlage zwischen Auftraggeber und Werbeagentur in Frage gestellt wurde. Offensichtlich hatte sich Werbung in eine neue paradoxale Situation hineinmanövriert. Paradox 2: Steigt der kommunikative Erfolg von Werbemaßnahmen, dann sinkt die intendierte wirtschaftliche Effizienz von Werbemedienangeboten. …. Paradox 3: Die Proliferation der Potentiale zur Erzeugung von Öffentlichkeit fragmentiert notwendigerweise 'die' Öffentlichkeit für alle Medienangebote, hebt durch Nutzungsindividualisierung den Massencharakter der Massenmedien auf und differenziert neue Modi der Gemeinschafts- und Gesellschaftsbildung aus. Damit werden auch Werbemedienangebote 'regionalisiert'.“ (Schmidt 2002: 111ff)
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Allerdings ist die Werbung in vielerlei Hinsicht viel zu wichtig, als dass sie gesellschaftlich ignoriert werden könnte. Dies zeigt auch die Emanzipation der Branche, die sich dabei nach eigenen Angaben in Deutschland auf ein positives Meinungsklima stützen kann. So steigt die Zahl derjenigen, die in repräsentativen Befragungen angeben, dass Werbung manchmal recht nützliche Hinweise zu einem Produkt gibt oder überhaupt ganz hilfreich ist, leicht aber stetig (vgl. ZAW 2009: 37).19 Im Folgenden sollen zwei Bereiche skizziert werden, die die Bedeutung und den Einfluss der Werbung in der ökonomisierten Medien- und Informationsgesellschaft und im internationalen Kontext dokumentieren sollen. 2.3.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Werbemarktes Die Bedeutung der Werbung und der Werbebranche für die Volkswirtschaft lässt sich am einfachsten anhand von monetären Kennzahlen erläutern. Die folgenden Kennzahlen können nicht kontinuierlich aktuell sein, sie sollen vor allem zeigen, welche Werte wichtig sind und welche Aussagen sie erlauben. Dabei gilt für die Werbung, was für viele andere Branchen auch gilt: Die Einflüsse auf die Entwicklung anderer Bereiche können nicht immer adäquat erfasst werden, weil Geldströme nicht mehrfach zugeordnet werden dürfen. Und ausgewiesen werden können nur diejenigen Geldströme, die auch angemessen erfasst werden. D.h. bei der Verwendung von Kennzahlen sollte immer auf deren Zusammensetzung geachtet werden, so z.B. ob die Ausgaben für Direktwerbung in die Werbeaufwändungen eingeflossen sind oder nicht. Die zunehmende volkswirtschaftliche Bedeutung der Werbung lässt sich anschaulich an den Werbeinvestitionen aufzeigen. In den Gesamtwerbeinvestitionen sind normalerweise neben den Mediakosten auch die Honorare und die Kosten für die Werbemittelproduktion enthalten.
19 Gleichzeitig ist die Zahl derjenigen, die angaben, dass sie TV- oder Zeitschriftenwerbung ganz gern ansehen, zwischenzeitlich gesunken und dann wieder gestiegen (vgl. ZAW 2009:37).
2.3 Wirtschaftliche Bedeutung der Werbung
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Abbildung 8: Werbeinvestitionen in Deutschland 2000 bis 2008
Quelle: ZAW 2004, 2005, 2009
Deutlich erkennbar nahmen zwischen 2000 und 2003 sowohl die Gesamtwerbeinvestitionen ab als auch die Netto-Werbeeinnahmen der Medien. Zwar nahmen letztere zwar gegenüber dem Vorjahr jeweils stärker ab(-7,1%, -7,3%, -4,3%), allerdings hatten sie ab 2004 auch leicht höhere Zuwachsraten. Dennoch sind die Gesamtwerbeinvestitionen 2008 um 7,65% und die Netto-Werbeeinnahmen der Medien um fast 13% niedriger als im Jahr 2000. Für 2009 befürchtet der ZAW nochmals Rückgänge (ZAW 2009: 9). 2008 standen den 20,36 Mrd. € Netto-Werbeeinnahmen der Medien in Deutschland 5,796 Mrd. CHF (ca. 3,895 Mrd. €) in der Schweiz gegenüber (vgl. Stiftung Werbestatistik Schweiz 2009). Für Österreich werden vornehmlich Brutto-Werbeeinahmen angegeben und zwar 3,336 Mrd. € in 2008, was einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr entspricht. 20 Im weltweiten Vergleich zeigen sich im Zeitverlauf ebenfalls größere Schwankungen.
20 Vgl. Fachverband Werbung WKO: Werbung und Marktkommunikation. Branchendaten Mai 2009 (http://www.fachverbandwerbung.at/de-brancheninfos-mitgliederstatistik.shtml, aufgerufen am 12.07.2009). Im Wert für Österreich ist zusätzlich die dort vorhandene Werbeabgabe (Steuer) enthalten.
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Abbildung 9: Netto-Werbeinvestitionen im weltweiten Vergleich nach Kontinenten 1998 - 2007
Achtung: Bei den Abbildungen müssen zum einen die jeweilige Anzahl an Ländern, die in die Erhebung eingeflossen sind (Anzahl Länder ist auf der x-Achse abgetragen) und zum anderen die unterschiedliche Skalierung der Y-Achse berücksichtigt werden. Insofern können nicht die absoluten Ausschläge der Balken verglichen werden, sondern nur deren Verlauf. Quelle: WARC 2008: 15
2.3 Wirtschaftliche Bedeutung der Werbung
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Ein Vergleich der Werbeinvestitionen mit dem Bruttoinlandsprodukt (BIP)21 gibt Auskunft darüber, wie sich die Werbebranche im Vergleich zur gesamten Volkswirtschaft entwickelt. Hier zeigt sich in vielen Volkswirtschaften, dass sich die Werbeinvestitionen gegenüber dem BIP längere Zeit überproportional entwickelten. Die Werbebranche boomte also stärker als die gesamte Volkswirtschaft. Dieser Trend endete mit einem jähen Einbruch: Seit Ende 2000 / Anfang 2001 erleben einige Werbemärkte, u.a. die in Deutschland, Österreich und der Schweiz, eine drastische Rezession, so dass z.B. in Deutschland im Jahr 2003 die Netto-Werbeinvestitionen überproportional zur Gesamtwirtschaft gesunken sind und sich ihr Anteil am BIP auf 1,36% – und damit auf das Niveau des Jahres 1978 – verringert hat (vgl. ZAW 2004). Zum Vergleich trug das Baugewerbe 2003 4,4% zum BIP bei (vgl. Statistisches Bundesamt 2003: 659). Ähnlich lag 2008 der Anteil der Gesamtwerbeinvestitionen am BIP bei 1,23%, der Anteil der Netto-Werbeinvestitionen bei 0,82%, der Anteil des Baugewerbes bei 4,2% (vgl. Statistisches Bundesamt 2009: 10; ZAW 2009: 11) Der Vergleich über die Jahre 2004 bis 2008 hinweg zeigt dementsprechend ein düsteres Bild sowohl für die Werbewirtschaft als auch für die Medien. Die Gesamtwerbeinvestitionen sanken stärker als das BIP und die NettoWerbeeinnahmen der Medien nochmals stärker als die Gesamtwerbeinvestitionen (vgl. Abbildung 10a und 10b). Darüber hinaus können statistische Zusammenhänge zwischen der Entwicklung des BIP und der Werbeausgaben Hinweise auf Kausalzusammenhänge geben. In diesem Rahmen wird diskutiert, inwiefern die Werbeausgaben eine Lead-Variable des BIP sind, dieses also ursächlich beeinflussen, oder inwiefern sie eine Lag-Variable des BIP darstellen, also von diesem kausal beeinflusst werden (vgl. auch: Korff-Sage 1999: 15ff). Jens Windel, Matthias Gehrig und Giordano Giordani (2004) stellen dazu für die Schweiz fest, dass die Werbeausgaben dem BIP zwar vorauseilen, die Kausalität der Beziehung aber dennoch in die andere Richtung – nämlich vom BIP zu den Werbeausgaben – verläuft. International vergleichende Studien stellen ebenfalls diesen engen Zusammenhang zwischen BIP und Werbeinvestitionen fest (vgl. Picard 2001; van der Wurff/Bakker/Picard 2008).
21 Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist der Wert der gesamten wirtschaftlichen Leistung (Konsum, Investitionen, Staatsausgaben und Netto-Exporte), resultierend aus der Produktionstätigkeit im Inland.
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Abbildung 10a: Gesamtwerbeinvestitionen, Netto-Werbeeinnahmen der Medien und Bruttoinlandsprodukt in Deutschland 2004 bis 2008
Quelle: Statistisches Bundesamt 2009 und ZAW 2009: 11
Abbildung 10b: Netto-Werbeeinnahmen der Medien und Bruttoinlandsprodukt in der Schweiz 2004 bis 2008
Quelle: Stiftung Werbestatistik Schweiz 2009: 10
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2.3 Wirtschaftliche Bedeutung der Werbung
Im internationalen Vergleich gibt es jedoch auch Länder, in denen der Werbemarkt langfristig gewachsen ist. Beobachtbar war und ist dies vor allen in jenen Ländern, in denen sich das Wirtschaftssystem zunehmend öffnete und Wettbewerb das Marktgeschehen bestimmte, so z.B. 2003 in Polen, in der Slowakei, in Rumänien, in der Ukraine sowie in Russland (vgl. WARC 2004: 3f). 2007 führten Syrien, Mazedonien, Serbien und Algerien die Liste derjenigen Länder mit den höchsten Zuwachsraten in den absoluten Werbeinvestitionen und denen pro Kopf an. Den höchsten Anteil der Werbeinvestitionen am BIP wiesen die Ukraine, Uruguay, Hong Kong und die Philippinen auf (vgl. WARC 2008: 18ff). Uruguay und Hong Kong waren bereits im Jahr 2002 in dieser Kategorie führend (vgl. WARC 2004: 16). Die internationale Liste der Länder, die in absoluten Zahlen am meisten in Werbung investierten, ergibt das Ranking in Abbildung 11. Abbildung 11: Kennzahlen zur Werbung im internationalen Vergleich Land1
1. USA 2. China 4. UK 6. Deutschland 8. Frankreich 9. Italien 14. Russland 17. Indien 21. Österreich 25. Schweiz 45. Ungarn 68. Litauen
Werbeinvestitionen 20072 163'260 74'675 29'915 24'306 14'595 12'257 8'673 6'305 3'778 3'346 1'066 197
Veränderung zum Vorjahr in % -2,9 6,7 2,1 0,1 -0,7 1,2 15,5 33,9 7,6 4,6 -3,5 9,3
%-Anteil am BIP 20073
Werbeausgaben pro Kopf 4
1,18 2,30 1,08 0,73 0,57 0,59 0,67 0,56 0,96 0,79 0,77 0,51
533,7 (2) 56,1 (58) 492,1 (6) 294,2 (22) 236,6 (27) 206,8 (31) 60,9 (54) 5,4 (79) 427,4 (10) 447,4 (8) 106,3 (42) 58,4 (56)
Veränderung zum Vorjahr in % -3,9 6,0 1,6 0,2 -1,2 0,5 16,1 31,9 7,1 4,2 -3,2 9,9
1
Ranking nach den absoluten Werten 2007; ausgesuchte Länder Für 2007 Netto-Werbeinvestitionen in Mio. US$ mit Ausnahme Chinas. 3 BIP in Marktpreisen 4 Werte für 2007 in US$. Angabe in Klammer ist Rangreihe von 88 Ländern. 2
Quelle: WARC 2008: 18ff
Dieses Ranking relativiert sich jedoch etwas, wenn die Werbeausgaben mit der Bevölkerungszahl in Beziehung gesetzt werden. Die auf dieser Basis
112
2 Historische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Werbung
berechneten Werbeinvestitionen pro Kopf zeigen einerseits, wie teuer es ist, eine Person zu erreichen und deuten andererseits an, wie „begehrt“ die einzelnen Personen einer Volkswirtschaft sind, was wiederum Rückschlüsse auf deren Kaufkraft zulässt. Die Länder mit den höchsten Werbeausgaben pro Kopf sind demnach Hong Kong und die USA. Die wachsende volkswirtschaftliche Bedeutung der Werbung lässt sich auch an den arbeitsmarktrelevanten Zahlen zur Beschäftigung ablesen: In Österreich hat sich nach Verbandsaussagen die Zahl der in der Werbe- und Marktkommunikation Beschäftigten von 4̵305 in 1990 auf über 14̵000 im Jahr 2004 mehr als verdreifacht. 22 Im Jahr 2008 weist der Fachverband bereits 21̵845 unselbstständig Beschäftigte in Österreichs Werbewirtschaft aus (vgl. Fachverband Werbung WKO 2009). In Deutschland beschäftigt die Werbebranche zwar mehr als 555̵000 Menschen, trägt damit aber nur etwas mehr als 1% zur Gesamtbeschäftigung bei (vgl. Abbildung 12). Darüber hinaus kann ein Überblick über jene Branchen und Unternehmen, die am stärksten in Werbung investieren, nicht nur einen guten Einblick in die Akzeptanz und Wertschätzung der Werbung über die gesamte Volkswirtschaft hinweg geben, sondern auch auf Risikopotenzial und Abhängigkeiten hinweisen. Solche würden sichtbar, wenn sich die Werbeausgaben zu sehr auf einige wenige Branchen und Unternehmen konzentrierten. Ein Vergleich zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigt, dass die Massenmedien selbst zu denjenigen Branchen zählen, die am meisten in Werbung investieren. Ebenfalls zu den werbeintensivsten Branchen gehören der Handel sowie die Konsumgüterindustrie bzw. Teile davon. Je nach Land investieren dann z.B. die Automobilbranche (D) oder Finanzdienstleister und Versicherer (CH) sehr viel in Werbung. Weltweit investierten 2006 folgende Konzerne am meisten in Werbung (in Mio. US$): Procter & Gamble (8̵522) Unilever (4̵537), General Motors (3̵353), L’Oreal (3̵119), Toyota (3̵098), Ford (2̵869), Time Warner (2̵136), Nestle (2̵114), Johnson & Johnson (2̵025) und DaimlerChrysler (2̵003) (vgl. Advertising Age Global Marketers Report 2007; www. AdAge.com).
22 Vgl. Fachverband Werbung, Wirtschaftskammer Österreich, Information zur Pressekonferenz 26.8.2004: Werbebranche: Das Gegenteil von "Greisslersterben".
2.3 Wirtschaftliche Bedeutung der Werbung
113
Abbildung 12: Beschäftigte in der deutschen Werbewirtschaft 2008
Kernbereiche des Werbegeschäfts Werbegestaltung Werbefachleute in Werbeagenturen, Grafik-Ateliers, Schauwerber, Werbefotografen, Film- und Lichtwerbung Auftraggeber von Werbung Werbefachleute in Werbeabteilungen der Anbieter (Hersteller, Dienstleister, Handel) Werbemittel-Verbreitung Werbefachleute bei Verlagen, Funkmedien, Plakatanschlagunternehmen
135 916
37 425 14 546
Korrespondierende Bereiche Zulieferbetriebe Von Aufträgen der Werbewirtschaft abhängige Arbeitsplätze beispielsweise in der Papierwirtschaft und der Druckindustrie
164 264
Telefonmarketing Nur Call Center-Plätze (pro Arbeitsplatz durchschnittlich zwei Beschäftigte)
203 700
Beschäftigte in der Werbebranche gesamt
555 851
Quelle: ZAW 2009: 73 basierend auf Statistisches Bundesamt (Wiesbaden), Bundesverband Druck und Medien (Wiesbaden), Verband Deutscher Maschinenund Anlagenbau (Frankfurt/M), Verband Deutscher Papierfabriken (Bonn), DDV Deutscher Dialogmarketing Verband (Wiesbaden), ZAW-Berechnungen.
2.3.2 Bedeutung der Werbung für die Medien Betrachtet man die Bedeutung der Werbung für die Medien, gilt es vor allem die Unterscheidung zwischen Brutto-Werbeinvestitionen und Netto-Werbeinvestitionen zu berücksichtigen. Die Brutto-Werbeinvestitionen spiegeln den monetären Wert eines bestimmten Werbeoutputs (Anzeigen, Spots etc.), die Netto-Werbeinvestitionen die tatsächlich dafür eingesetzte Geldmenge. Diese Geldmenge ist geringer als der monetäre Gegenwert des Outputs, weil Mengen- und Malrabatte 23 abgezogen und die Agenturhonorare sowie Produktionskosten nicht einbezogen werden. Zum Teil werden aber Einnahmen 23 Mengenstaffeln führen zu Preisnachlässen basierend auf dem geschalteten Anzeigenraum bzw. der belegten Werbezeit, Malstaffeln zu Nachlässen basierend auf der Anzahl geschalteter Anzeigen bzw. Spots. Brutto- und Netto-Werbeinvestitionen werden in Deutschland auch von anderen Organisationen gemessen: Die Netto-Werbeinvestitionen vom ZAW und die BruttoWerbeinvestitionen von Nielsen Media Research.
114
2 Historische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Werbung
aus Sponsoring und Bartering dazu gerechnet. Besonders in konjunkturell angespannten Zeiten kann es erhebliche Differenzen zwischen den Bruttound Nettowerten geben, u.a. weil das Gewähren von Rabatten die Auslastung sichern soll. So zeigt z.B. der deutsche Werbemarkt 2003 bei den Brutto-Werbeinvestitionen einen Anstieg um 3,3%, während der Wert für die Netto-Werbeinvestitionen ein Minus von 2,6% aufwies. Die Schere zwischen Brutto- und Nettowerten betrug daher bei deutschen Privat-Sendern im Jahr 2003 durchschnittlich 45%, bei der ARD 30% und beim ZDF 28% (vgl. Heffler 2004: 242ff). Ähnliche Unterschiede zeigen sich für das Jahr 2008, wo die Brutto-Werbeinvestitionen bei -0,3% stagnierten, während die Netto-Werbeumsätze mit -2,2% deutlicher zurückgingen. Für das Fernsehen ergeben die Bruttowerte sogar einen Zuwachs von 4,5%, u.a. weil neue Formen der TV-Werbung erfasst wurden (vgl. Möbus/Heffler 2009). Bereits im vorhergehenden Kapitel hat die Bedeutung der Netto-Werbeinvestitionen als Kennzahl einen deutlichen Hinweis auf die Relevanz der Werbung für die Medien gegeben, denn Netto-Werbeinvestitionen als Ausgaben für Werbeschaltungen bilden letztlich einen nicht unerheblichen Teil der Einnahmen von Medienorganisationen. Diese sind für Deutschland von 1975 bis zum Jahr 2000 kontinuierlich zwischen 3 und 15% jährlich gewachsen und seitdem ebenso rapide gefallen. Dass für die Medien daraus ein immenses Problem entsteht, ist offensichtlich; denn Medien sind wirtschaftlich genuin von der Werbung abhängig. Grundsätzlich ergeben sich für Medien mehrere Möglichkeiten der Finanzierung (vgl. dazu u.a. Ludwig 1998; Heinrich 1999: 270ff): Erstens über die Einnahmen aus der Nachfrage der Rezipienten (Rezipienten- bzw. Vertriebspreise), zweitens über Einnahmen aus den Werbeschaltungen (Schalt-, Anzeigen-, Spotpreise), drittens über Gebühren und viertens über Querfinanzierung aus anderen Unternehmensbereichen, wie Merchandising, mediale Mehrwertdienste, aus anderen Titeln oder Programmen der Medienorganisation, die höhere Gewinne abwerfen, oder aus völlig medienfernen Bereichen. Für privatwirtschaftliche Medien entfallen die Gebühren als Finanzierungsalternative. Und so setzen sich die Einnahmen privater Medien, wie z.B. bei Gratiszeitungen, privaten TV-Sendern und Hörfunksendern, überwiegend oder, wie z.B. bei Zeitungen und Zeitschriften, zu ca. 50-80% aus Werbeeinnahmen zusammen. Doch auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in unterschiedlichem Ausmaß (bis zu 40%) von Werbegeldern abhängig. Auch in der Online-Kommunikation setzen sich Subskriptionspreise nicht wirklich durch, so dass Werbung eine wesentliche Einnahmequelle darstellt. Eine stärkere Finanzierung durch Rezipienten, also über die Verkaufspreise für mediale Angebote, funktioniert nur in Nischenmärkten; denn Rezipienten
2.3 Wirtschaftliche Bedeutung der Werbung
115
sind ökonomisch nicht in der Lage und größtenteils auch nicht willens, den Gesamtumfang der Kosten der Medienproduktion (plus eines Gewinnanteils) mit entsprechenden Preisen zu vergüten. Schätzungen gehen davon aus, dass sich z.B. die Vertriebspreise für Tageszeitungen ohne Werbefinanzierung mindestens verdoppeln müssten. Dabei sind größere Trittbrettfahrer-Effekte, die bei Medienangeboten bereits vorkommen und die sich aufgrund von Preiserhöhungen verstärken würden, nicht einberechnet. Bislang gibt es also keine Alternative zur Werbefinanzierung der Medien, auch wenn mediale Mehrwertdienste wie das Televoting einen gewissen Finanzierungsanteil bei TV-Sendern leisten. Die Aufteilung der Netto-Werbeinvestitionen auf die einzelnen Medien, respektive der Marktanteil einzelner Mediengattungen am Werbemarkt, ist deshalb von immenser Relevanz. Abbildung 13: Verteilung der Netto-Werbeinvestitionen nach Medien in ausgesuchten Ländern 2007
Quelle: WARC 2008
Hier zeigt sich im Zeitverlauf, dass der Anteil von Tages- und Wochenzeitungen inklusive ihrer Supplements am deutschen Werbemarkt von ehemals 44% in 1980 über 32% in 1995 auf nur noch 25% in 2003 und 21% in 2008 gesunken ist, während der Marktanteil des Fernsehens von 8,8% in 1980 über 17,5% in 1995 auf 19,8% in 2003 und 20% in 2008 gestiegen ist. Die Anteile der Publikums- und Fachzeitschriften sind ebenfalls kontinuierlich zurückgegangen (1980: 26,2%; 1995: 15,7%; 2003: 14,2%; 2008: 13%).
116
2 Historische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Werbung
Der Marktanteil des Radios pendelt seit den 1990er Jahren um die 3%, während die Werbung per Post 2003 mit 17,1% einen Höchststand erreicht hatte, 2008 aber auf 16% zurückgefallen ist (vgl. ZAW Jahrbücher). Diese Entwicklung – Marktanteilsverluste für Print und Marktanteilsgewinne für TV bei gleich bleibenden Anteilen für Radio – spiegelt auch einen weltweiten Trend, der nur in einigen wenigen Ländern nicht beobachtbar ist. Sowohl in Deutschland (42,1%) als auch in der Schweiz (43,9%) und in Österreich (46,0%) sind die Zeitungen mit höheren Werbemarktanteilen vertreten als das Fernsehen (D: 26,0%, CH: 16,1%, A: 21,9%). Weltweit zeigt die Veränderung der Werbemarktanteile der Medien einen rasanten Aufstieg der Online-Werbung, der für die Jahre 1998 (+108,3%), 1999 (+140,4%) und 2000 (+78,7%) aus Darstellungsgründen in Abbildung 14 nicht aufgenommen wurde. Schwankungen können in einer solchen Darstellung zudem daher rühren, dass einzelne Länder bestimmte Medien neu für die Werbung öffnen. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass sich bei der Entwicklung der Werbemarktanteile einzelner Medien trotz einheitlicher Grundtrends länderspezifische Eigenheiten niederschlagen. Abbildung 14: Veränderung der Werbemarktanteile der Medien weltweit 1998 bis 2007
Quelle: WARC 2008
2.3 Wirtschaftliche Bedeutung der Werbung
117
Im vorangegangenen Kapitel wird die Werbung in ihren historischen und gesellschaftlichen Kontext gestellt. Acht Phasen der Werbegeschichte zeigen die Entwicklung der Werbung eng verzahnt mit der Entwicklung gesellschaftspolitischer, ökonomischer, technologischer und soziokultureller Rahmenbedingungen sowie mit der von Medien, Werbeträgern, Literatur und Kunst. Dabei geschieht die Beeinflussung wechselseitig. Die Rahmenbedingungen wirken auf die Werbung ebenso ein, wie diese selbst an der Entwicklung der Rahmenbedingungen aktiv Anteil nimmt. Damit wird Werbung zu einem Indikator soziokulturellen Wandels. Ihre Geschichte lässt sich beschreiben als Prozess der Ausdifferenzierung, Systematisierung, Professionalisierung und Autonomisierung.
Gegenwärtig kann die Werbung im Zentrum eines sechs Bereiche umfassenden Bedingungsrahmens verortet werden. Im interdependenten Wechselspiel mit Internationalisierung und Globalisierung, Digitalisierung und neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, Individualisierung, Erlebnis- und Inszenierungsorientierung, Mediatisierung und Aufmerksamkeitsmärkten, Ökonomisierung und veränderten Märkten sowie rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen öffnen sich der Werbung stets neue und immer dynamischer sich verändernde Herausforderungen, Chancen und Risiken. In der Summe führen diese Umweltkonditionen zu einem bereits heute klar erkennbaren Wandel der Werbung in all ihren Dimensionen: Internationalisierung und Globalisierung konkretisieren sich in veränderten Größen- und Machtverhältnissen im Beziehungsdreieck Werbekunden – Agenturen – Medien. Auf inhaltlicher und gestalterischer Ebene sind Trends zu ausschließlich bildhaften, enttexteten und zunehmend transnational vereinheitlichten Werbebotschaften erkennbar. Ermöglicht wird diese Entwicklung durch eine zunehmende kulturelle Homogenisierung von Verbraucherwünschen als Folge der Globalisierung. Die Folgen, die der Werbung aus der Digitalisierung in Zusammenhang mit der Individualisierung und dem Aufmerksamkeitswettbewerb erwachsen, erfassen zunehmend Agenturen, Medien und deren Verbände. Zwar definieren sie noch immer die sog. Klassische Werbung als „Königsdisziplin“, mittlerweile haben interaktive und individualisierbare Werbeformen aber mehr als periphere und unterstützende Funktionen. Dennoch ergeben sich gerade dort – wie schon aus der I/P-Matrix in Kapitel 1 ersichtlich – bisher noch unerschlossene Wachstumspotenziale.
118
2 Historische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Werbung
Auch zeigen die in den Jahren 2000 bis 2004 und 2008 teilweise dramatisch gesunkenen Werbeeinnahmen der Medien, dass viele Werbetreibende zum einen ihre Budgets merklich reduziert oder in andere Werbeformen umgeleitet haben. Für die Medien bleibt dies nicht folgenlos. Zwar stehen ihnen grundsätzlich vier Finanzierungskanäle offen – Vertriebserlöse, Einnahmen aus Werbung, Gebühren und Erlöse aus Querfinanzierung –, doch ist die Werbung realistisch betrachtet nach wie vor Haupteinnahmequelle. Dies vor allem für private Medien, denen der Gebührentopf größtenteils verschlossen bleibt.
Schmidt/Spieß 1996; Willems 2002a; Zusammenstellungen der Verbände wie ZAW Jahrbücher oder Stiftung Werbestatistik Schweiz
3
Theoretischer Analyserahmen der Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft
Bereits im Kapitel 2.3 wurde deutlich, welche immense faktische Bedeutung der Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft zukommt. Wie aber lässt sich Werbung theoretisch verankern und fassen? In diesem Kapitel wird versucht, eine solche theoretische Verankerung der Werbung zu formulieren. Diese soll den beiden Schwerpunkten folgen, die dieses Buch bestimmen: dem Akteursbezug sowie der Systematisierung anhand der I/PMatrix. Und sie soll es erlauben, Werbung auf der Makro-, der Meso- und der Mikroebene zu analysieren. Die Fragen, die sich vor diesem Hintergrund stellen, sind vielfältig: Wie lässt sich Werbung in der Gesamtgesellschaft theoretisch verorten und nach welcher Logik tickt die Werbung? Wie sind die für Werbung maßgebenden kollektiven und korporativen Akteure, also Organisationen und Institutionen, miteinander vernetzt und welche Interessenskonstellationen prägen die Werbeproduktion? Wie sind die für Werbung maßgebenden individuellen Akteure, also die unterschiedlichen Berufe und Tätigkeiten, verknüpft und welche Interessenskonstellationen fließen in den Werbeoutput ein? Zur Beantwortung dieser Fragen werden unterschiedliche Theorien herangezogen. Tendenziell systemtheoretische Überlegungen sollen Fragestellungen auf der Makroebene klären helfen, also zur Analyse der Werbung in der Gesamtgesellschaft beitragen. Für die Mesoebene, d.h. die Handlungsebene der Organisationen, und die Mikroebene, d.h. die Handlungsebene der Individuen, werden tendenziell akteurs- und handlungstheoretische Überlegungen angestellt. Am Ausgangspunkt der Betrachtung stehen eine differenzierungstheoretische Perspektive sowie die wechselseitige Bedingtheit von Handeln und Strukturen.
120
3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
3.1 Differenzierungstheoretische Perspektive und die Verknüpfung von Strukturen und Akteurshandeln Hinweise, die auf einer differenzierungstheoretischen Perspektive basieren, sind bereits in Kapitel 2.1 gegeben worden; und zwar dort, wo bei der Darstellung der Geschichte der Werbung die Ausdifferenzierung der Werbung und die Anstöße dazu thematisiert werden. In Kapitel 2.2 zeigen die Rahmenbedingungen strukturelle Einflusskomponenten auf, die zugleich die Eigenart gesellschaftlicher Entwicklungsphasen andeuten. Auch für das weitere Vorgehen erweist sich die differenzierungstheoretische Perspektive als besonders geeignet, weil sie die Makro-, die Meso- und die Mikroebene ebenso berücksichtigt wie das Zusammenspiel von Strukturen und Akteurshandeln. Dabei ist die differenzierungstheoretische Perspektive kein einheitliches Theoriegebäude, sondern vielmehr eine, verschiedenen Theorien zugrunde liegende Ausrichtung. Uwe Schimank (2000) hat diese Perspektive nachvollziehbar sowohl aus den soziologischen Klassikern als auch aus neueren system- und akteurstheoretischen Konzeptionen extrahiert.
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Differenzierungstheoretische Perspektive „Die moderne Gesellschaft wird primär als funktional differenzierte Gesellschaft gekennzeichnet. Diese Differenzierungsform unterscheidet sich von den anderen, ihr in der Moderne untergeordneten Formen der segmentären und stratifikatorischen Differenzierung sowie der Differenzierung in Zentren und Peripherien. Als Ebenen funktionaler Differenzierung werden erstens Rollen, zweitens Organisationen und drittens gesellschaftliche Teilsysteme identifiziert. Auf der Ebene der Rollen und der Organisationen ist funktionale Differenzierung eine Arbeitsteilung zwischen spezialisierten Einheiten. Die teilsystemische Differenzierung der modernen Gesellschaft stellt demgegenüber eine Spezialisierung von Orientierungshorizonten des Handelns dar.“ (Schimank 2000: 271)
Daran anschließend sind vor allem solche theoretischen Konzeptionen erklärungskräftig, die system- und akteurstheoretische Konzeptionen miteinander verbinden und damit Handlungen und Strukturen als wechselseitig aufeinander bezogen begreifen (vgl. Giddens 1984; Schimank 1985; 1988). Denn man kann nicht davon ausgehen, dass sich systemische Strukturen im „luftleeren“ Raum entwickeln. Vielmehr reproduzieren und modifizieren Akteure mit ihrem Handeln Strukturen. Gleichwohl unterliegt gerade das Handeln
3.1 Differenzierungstheoretische Perspektive
121
der Akteure systemisch gesetzten, strukturellen Restriktionen.24 D.h. Systeme als situationsübergreifende, generalisierte Handlungsorientierungen konditionieren die Auswahlmöglichkeiten der Akteure, lassen ihnen aber gleichwohl Handlungsspielraum (vgl. Gerhards 1994: 80f). Strukturen sind folglich einerseits als Ergebnis individuellen und kollektiven Handelns aufzufassen, und andererseits als generalisierte Vorgaben, die individuelles und kollektives Handeln begrenzen, zugleich aber auch erst ermöglichen (zu dieser Dualität von Struktur vgl. Giddens 1984: 25). 25 Während Kapitel 3.2 Strukturen und Systeme als solche generalisierte Vorgaben behandelt, thematisieren Kapitel 3.3 und Kapitel 3.4, wie diese Strukturen durch das Zusammenwirken unterschiedlicher Akteure entstehen. Unter Akteuren werden dabei sowohl individuelle Akteure, also Rollen und Berufsbilder, als auch kollektive und korporative Akteure, wie z.B. Werbung treibende Unternehmen oder Agenturen, verstanden. Sie alle sind durch Handlungsfähigkeit als konstitutive Eigenschaft gekennzeichnet.
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Merkmale von Akteuren „Für Akteure und Akteurshandeln sind fünf Faktoren von zentraler Bedeutung: 1. Ein Akteur hat Interessen und er verfolgt Ziele. 2. Ein Akteur hat Orientierungen (Wertorientierungen; kognitive Muster etc.). 3. Ein Akteur verfügt über Ressourcen, um seine Ziele verfolgen zu können (Mitglieder, Unterstützer, Geld, Personal, Einfluss, Macht etc.). 4. Ein Akteur verfügt über eine Strategie, die es ihm ermöglicht, Mittel und Ziele miteinander zu kombinieren. 5. Ein Akteur versteht sich selbst als Akteur und wird von anderen als solcher anerkannt.“ (Jarren/Donges 2002: 62)
Konkret ergibt sich eine Verbindung von system- und akteurstheoretischen Konzeptionen dadurch, dass das Handeln nach Schimank (2000: 243ff)
24 Vgl. für lehrbuchartige Einführungen dazu: Schimank 2002 und angewendet für den Bereich Politische Kommunikation: Jarren/Donges 2002. 25 Eine solche Dualität von Struktur zeigt sich z.B. auch in der Konzeption des situativen Handelns (vgl. Wilson 1982), in der die Sozialstruktur zugleich durch das Handeln hervorgebracht und reproduziert wird sowie Grundlage des Handelns ist.
122
3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
durch drei Strukturdimensionen geprägt ist und zugleich diese drei Strukturdimensionen produziert und reproduziert: x x x
durch die hochgradig generalisierten teilsystemischen Orientierungshorizonte als Wollensvorgaben, durch die weniger generalisierten und eher veränderbaren institutionellen Ordnungen als Sollensvorgaben, und durch die vielen, spezifischen und schnell veränderbaren Akteurskonstellationen als Könnensvorgaben.
Das die Differenzierung vorantreibende Wechselspiel zwischen teilsystemischen Orientierungshorizonten, institutionellen Ordnungen und Akteurskonstellationen bleibt jedoch sowohl für die Gesellschaft als Ganzes als auch für die einzelnen Gesellschaftsmitglieder nicht ohne Konsequenzen. Sie lassen sich mit Schimank (2000: 12) am ehesten als nicht zu beseitigende Zwiespältigkeit der Moderne bezeichnen. Aus der Sicht einzelner Gesellschaftsmitglieder konrektisieren sie sich – positiv konnotiert – als Selbstverwirklichung von Individualität und – negativ konnotiert – als Entfremdung und Orientierungslosigkeit. Aus der Sicht des gesellschaftlichen Ganzen folgt positiv die Rationalisierung der Teilsystemlogiken und negativ die Desintegration der Gesellschaft.
3.2 Makroebene: Werbung zwischen Ökonomie und Publizistik Folgt man der eben skizzierten Analyseperspektive, so tun sich zahlreiche Fragen auf: Wie etwa lässt sich Werbung theoretisch auf gesamtgesellschaftlicher Ebene verankern? Welche Strukturen und Systeme prägen als generalisierte Vorgaben das Werbegeschehen? Hier haben vorangegangene Ausführungen unter anderem gezeigt, dass Aufmerksamkeit als ein Schlüsselkriterium für die Werbung unabdingbar ist. In Bezug auf die Verortung von Werbung stellt sich die Frage, ob die Orientierungshorizonte der Werbung eher diejenigen des Bereichs Publizistik sind, oder ob die ökonomische Zweckbestimmung letztlich den Ausschlag für ihre Zuordnung zur Ökonomie gibt. Für beide Ansätze finden sich Argumente: So zeigten bereits die kurzen Ausführungen zur Geschichte der Werbung, dass deren Entwicklung einerseits eng mit der Entwicklung der industriellen Massenproduktion verknüpft war (was als Argument für die Zuordnung zur Ökonomie gedeutet werden könnte). Andererseits war die Entwicklung der Werbung aber auch untrennbar an die Entwicklung der Massenmedien gebunden (was den Zuschlag zur Publizistik untermauern würde).
3.2 Makroebene: Werbung zwischen Ökonomie und Publizistik
123
Die Fragestellung als solche könnte aber gegebenenfalls irrelevant werden, wenn sich herausstellen sollte, dass die Werbung mittlerweile gar nach ihrer eigenen Logik tickt. Wie aber unterscheidet sich diese dann von den Orientierungshorizonten anderer Bereiche? Eine gesamtgesellschaftliche Verortung der Werbung ist mithin nicht nur theoretisch interessant, sondern auch relevant, weil sie zeigt, an welcher Logik sich die Werbung orientiert, worum sich die entsprechenden Akteure kümmern müssen und worum nicht. Die Literatur zu diesen Fragestellungen ist vor allem systemtheoretisch geprägt. 26 In diesem Rahmen basieren auch die folgenden Ausführungen vor allem auf dem Konzept der funktionalen Differenzierung. Es geht davon aus, dass sich die Gesamtgesellschaft in Teilsysteme ausdifferenziert, die jeweils einen spezialisierten, aber relevanten Beitrag zum Überleben des Ganzen liefern. Diese Teilsysteme, wie z.B. Wissenschaft, Erziehung, Wirtschaft, Politik, Recht, sind damit für die Lösung der im jeweiligen Gesellschaftsbereich angesiedelten Probleme zuständig. Zugleich sind sie als gesellschaftsweit institutionalisierte, funktionsspezifische Handlungszusammenhänge zu sehen, deren Konstitutionskriterium ein spezieller Sinn bzw. eine besondere Handlungslogik oder Handlungsrationalität ist (vgl. Mayntz 1988: 17f). Dieser spezielle Sinn kann – in eingeschränkter Form – mit dem systemeigenen Steuerungsmedium, dem Code, gleichgesetzt werden, mit dessen Hilfe die jeweiligen Teilsysteme kommunizieren. Sie entwickeln dabei – ähnlich einer Sprache – einen jeweils eigenen, teilsystem-spezifischen Code, anhand dessen das Teilsystem selbst von seiner Umwelt unterschieden werden kann (System-Umwelt-Differenz). Alles, was nicht dem Code des Teilsystems entspricht, ist folglich außen, ist Umwelt. Steuerungsmedien und im engeren Sinne Codes sind insofern wichtige Schlüsselkategorien, als sie die Rationalität des jeweiligen Teilsystems definieren. Jedes (Teil-)System folgt also in erster Linie seiner Eigenlogik bzw. seiner eigenen Rationalität, was jedoch nicht bedeutet, dass andere Rationalitäten keine Bedeutung haben, auch wenn sie nicht dominant sind. Insofern beobachtet auch jedes Teilsystem das gesellschaftliche Gesamtsystem und andere Teilsysteme in erster Linie im Rahmen seiner eigenen Rationalität. Ereignisse werden folglich durch die „Systembrille“ wahrgenommen. Die zahlreichen Möglichkeiten und Handlungsoptionen, die die Umwelt einem Teilsystem eröffnet, werden unter dem Gesichtspunkt der Handlungsfähig-
26 Für die theoretische Grundlegung siehe daher u.a.: Luhmann 1984, 1987, 1991; Willke 1996 und 1998; Schimank 1985, 1988, 2000: 80ff; Gerhards 1994. Dabei werden bewusst strittige Punkte – soweit sie nicht für das Thema essenziell sind – ausgeklammert, so z.B. die Diskussion um die Autopoiesis von Systemen.
124
3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
keit des Systems reduziert. Da Codes aber allein zuwenig strukturierende Vorgaben für das Teilsystem bereit stellen, werden sie durch Erwartungsstrukturen, sogenannte Programme oder Sekundärcodes, operationalisiert, also auf eine Handlungsebene herunter gebrochen. So orientiert sich beispielsweise das politische System systemtheoretisch betrachtet am Steuerungsmedium Macht. Damit gehört Alles, was mit dem Thema Macht verknüpft ist, zum Teilsystem, das seinerseits seiner inneren Logik entsprechend zunächst alle Ereignisse auf Machtaspekte reduziert und unter Machtaspekten bewertet. Für eine theoretische Analyse der Werbung sind vor allem jene Teilsysteme relevant, denen Werbung zugeordnet werden könnte: Wirtschaft auf der einen und Publizistik/Medien auf der anderen Seite (vgl. Siegert 1996, 2001 und 2002; Theis-Berglmair 2000). Zugleich aber ist auch zu klären, ob Werbung nicht doch ein eigenes Teilsystem bildet (vgl. Zurstiege 2002b), oder ob und gegebenenfalls wie sie anders theoretisch verortet werden müsste. 3.2.1 Zuordnung der Werbung zum Teilsystem Wirtschaft Das Wirtschaftssystem hat sich als Teilsystem der Gesellschaft geschichtlich sehr früh ausdifferenziert (vgl. dazu: Luhmann 1989). Ihm obliegt als Primärfunktion die Vorsorge für die Befriedigung zukünftiger Bedürfnisse. Die dem System zugrunde liegenden Handlungen sind Zahlungen als unit act der Wirtschaft. Sie sind zum einen mit dem Code Geld verbunden, zum anderen beziehen sie sich aber auf Sach- und Dienstleistungen, bei denen es um Bedürfnis- bzw. Bedarfsbefriedigung geht. In Zahlungen stellt das ökonomische System sowohl die Beziehung zu sich selbst (Selbstreferenz) als auch die Beziehung zu anderen Teilsystemen (Fremdreferenz) her. Damit wird Geld zum Steuerungsmedium dieses Systems, und zwar zu einem hochgradig selektiven. Denn im Wirtschaftssystem wird alles auf seine geldwerten Aspekte reduziert oder ausklammert, wenn es sich nicht in Geld oder durch Geld ausdrücken lässt. Operationalisiert und handhabbar gemacht wird der Primärcode Geld durch Preise als sekundäre Codes. Sie geben Informationen über Zahlungserwartungen und sind in diesem Zusammenhang Aussagen darüber, wie relevant Aspekte der Systemumwelt für das Wirtschaftssystem geworden sind. Als institutionelle Ordnung dieser teilsystemischen Orientierungen kann der Markt angesehen werden. Er bezieht sich mit dem als „invisible hand“ bezeichneten Marktmechanismus deutlich auf die systemische Logik (vgl. Gerhards 1994: 79). Und er ist letztlich die operationale Vorgabe, also die Summe formalisierter Verfahrensregeln, die die teilsystemische Logik für die Akteure greifbarer macht. Damit wissen die Akteure, was zu tun und zu
3.2 Makroebene: Werbung zwischen Ökonomie und Publizistik
125
lassen ist, bzw. was sie berechtigterweise erwarten können und was im Gegenzug berechtigterweise von ihnen erwartet werden kann (vgl. auch Schimank 2000: 245). Das Teilsystem Wirtschaft orientiert sich an seiner Eigenlogik, der ökonomischen Rationalität, und nur unter dieser Perspektive an übergreifenden gesellschaftlichen Erfordernissen. Dies kann unter gesamtgesellschaftlichen Gesichtspunkten verschiedene dysfunktionale Auswirkungen haben (vgl. Luhmann 1989). So vergisst das ökonomische System Akteure und Dinge, die nicht zahlen oder bezahlt werden können. Es schließt Dankbarkeit oder andere moralische Verpflichtungen in Verbindung mit Geschäften aus, und es legitimiert unsoziales Verhalten, indem Geld als Steuerungsmedium von der Ebene konkreter Akteure und deren Relevanzkriterien abstrahiert. Damit müssen weder die zu befriedigenden Bedürfnisse noch die Herkunft des Geldes erläutert werden. Diesem Teilsystem Wirtschaft ordnen mehrere Autoren (u.a. Schmidt 1995a; Tropp 1997; Kohring/Hug 1997) die Werbung eindeutig zu und sprechen vor dem Hintergrund dieser Zuordnung teilweise vom Werbewirtschaftssystem. Wie auch Jörg Tropp (1997: 87) feststellt, gehen sie damit mit der betriebswirtschaftlichen Sichtweise konform, die ja die Werbung in die unternehmerische Kommunikationspolitik und diese wiederum in den Marketing-Mix einordnet. Daneben lässt sich eine solche Zuordnung mit den nachfolgend aufgelisteten Gründen untermauern: x
Das Wirtschaftssystem wäre ohne die Informationsfunktion der Werbung selbst nicht funktionsfähig. Werbung gehört damit notwendig zum Wirtschaftssystem.
x
Die Werbung ist auf eine ökonomische Rationalität ausgerichtet, weil in erster Linie ökonomisch relevante Einstellungen und Verhaltensweisen beeinflusst werden sollen. „Insofern kalkuliert sie wirtschaftlich.“ (Luhmann 1996: 92).
x
Die Werbung orientiert sich an der Geldrationalität, weil sie letztlich durch Zahlungen initiiert wird (Auftrag, Budget) und in solche mündet (Umsatzsteigerung etc.).
x
Die Werbung rekurriert mit ihrem Ziel, Aufmerksamkeit zu generieren, gleichermaßen auf ein knappes Gut, wie dies das Wirtschaftssystem mit den knappen Gütern Geld bzw. Ressourcen tut.
x
Werbung bietet im Gegensatz zu Journalismus eine „besonders egozentrische Form der Selbstbeobachtung“ (Kohring/Hug 1997: 29). Diese Selbstbeobachtung des Wirtschaftssystems unterscheidet sich massiv von der Fremdbeobachtung, die der Journalismus idealtypisch anbietet.
126
3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
Deutlich wird an diesen Begründungen eine – wenn auch implizite Fokussierung auf Wirtschafts- und Absatzwerbung. Einige Gründe verlieren deshalb dann an Stichhaltigkeit, wenn man Werbung wie in der Definition in Kapitel 1.2.1 in einem etwas umfassenderen Sinn begreift. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass sich bei denselben Autoren, die eine Zuordnung der Werbung zum Wirtschaftssystem argumentieren, durchaus auch Hinweise finden lassen, die eine Zuordnung der Werbung zum Teilsystem Publizistik/Medien rechtfertigen würden. 3.2.2 Zuordnung der Werbung zum Teilsystem Publizistik/Medien Wohl am naheliegendsten begründet die Koppelung zwischen Werbung und Aufmerksamkeit, dass Werbung auch dem Teilsystem Publizistik/Medien zugerechnet werden kann. „Von Aufwand und Ertrag kann keine Rede sein. Eher scheint es um den Zwang zu gehen, sichtbar zu bleiben …. Das heißt aber zugleich, dass für die Formen, mit denen geworben wird, mehr Gestaltungsfreiheit konzediert wird, sofern sie nur geeignet sind, Aufmerksamkeit zu mobilisieren, sofern sie nur als Kommunikation funktionieren. Gerade im Verhältnis von Wirtschaft und Werbung findet man demnach gute Argumente für eine zunehmende Differenzierung der Systeme mit Abnahme struktureller Kopplungen. Der Erfolg der Werbung liegt nicht nur im Ökonomischen, nicht nur im Verkaufserfolg.“ (Luhmann 1996: 93f)
Eine solche Zurechnung steht und fällt jedoch mit der Bestimmung des Teilsystems Publizistik/Medien. Je nachdem, wie ein solches Teilsystem abgegrenzt und welcher Code als Steuerungsmedium angenommen wird, erscheint eine Zuordnung mehr oder weniger nachvollziehbar. Die Annahme, dass das Teilsystem Publizistik/Medien zunehmende Eigenständigkeit erlangt, kann u.a. damit begründet werden, dass moderne Gesellschaften mit der Einrichtung von Massenmedien versuchen, der zunehmenden Differenzierung und Komplexität der Kommunikationsprozesse adäquat zu begegnen. Inwiefern sie damit allerdings ein eigenes Subsystem bilden, hängt systemtheoretisch wesentlich davon ab, ob Publizistik/Medien als weitgehend autonomes Teilsystem zu sehen ist, oder ob es nicht doch durch Logiken anderer gesellschaftlicher Subsysteme, wie z.B. durch die Macht der Politik oder das Geld der Wirtschaft, dominiert wird, wie das u.a. im Begriff „Ökonomisierung der Medien“ zum Ausdruck kommt. Bereits Niklas Luhmann sieht Ansatzpunkte einer eigenen gesellschaftlichen Primärfunktion: einerseits im Sinne der Herstellung gemeinsamer Aktualität, andererseits „in der Beteiligung aller an einer gemeinsamen Realität“ (Luhmann 1993: 320).
3.2 Makroebene: Werbung zwischen Ökonomie und Publizistik
127
Weitere Autoren plädieren zwar allesamt für die Betrachtung von Publizistik/Medien als eigenständiges Teilsystem, benennen dies aber nicht nur unterschiedlich, sondern grenzen auch jeweils anders ab und definieren teilweise einen jeweils anderen Code. Bernd Blöbaum (1994), Siegfried Weischenberg (1994), Alexander Görke und Matthias Kohring (1996 und 1997), Alexander Görke (2002), Stefan Weber (u.a. 2000) und auch Matthias Kohring und Detlef Hug (1997) sprechen von der Öffentlichkeit als sozialem System bzw. vom Journalismus als sozialem System oder Leistungssystem. Während Kohring/Hug (1997: 24ff) für das System Journalismus den Code Mehrsystemzugehörigkeit/Nicht-Mehrsystemzugehörigkeit einführen, formuliert Niklas Luhmann (1996) für sein System Massenmedien den Code Information/Nicht-Information. Jürgen Gerhards (1994: 89) betrachtet dagegen Aufmerksamkeit als zentrales Steuerungsmedium des Mediensystems. Weil hier aber nicht der Platz ist, diese Abgrenzungsdebatte weiter zu führen, sei auf die angeführte Literatur verwiesen. Sinnvoller erweist es sich für die folgenden Ausführungen, an die Konzeption von Frank Marcinkowski (1993) anzuschließen, da sie auf die technischen Verbreitungsmedien rekurriert, ohne dass diese die theoretische Konzeption des publizistischen Systems vorab festlegen. Um einer Verwechslungsgefahr mit dem Begriff der generalisierten Medien in der Systemtheorie vorzubeugen, nennt er das Subsystem nicht Medien-, sondern publizistisches System. Gleichwohl ist das publizistische System deutlich mit Massenmedien verknüpft, weshalb hier auch die Doppelbezeichnung „Publizistik/ Medien“ gewählt wurde. Die Primärfunktion dieses Teilsystems für die Gesamtgesellschaft ist es, durch Verarbeitung von Umweltkomplexität deren Selbstbeobachtung zu ermöglichen und eine Selbstbeschreibung der Gesellschaft herzustellen. Das dazugehörende Steuerungsmedium ist Publizität, also die Unterscheidung „öffentlich/nicht öffentlich“. Die besondere Leistung des Teilsystems Publizistik/Medien liegt folglich in der „Ausstattung von Themen mit Publizität“. Indem es über Publizität Aufmerksamkeit generiert, macht es den Kommunikationserfolg von Themen wahrscheinlicher. Um den Code Publizität in Form handhabbarer Strukturvorgaben zu konkretisieren, dienen Nachrichtenwerte als Sekundärcodes bzw. als mehr oder weniger formalisierte institutionelle Ordnungen (vgl. u.a. Gerhards 1994: 89; Westerbarkey 1995: 154ff). Dabei herrscht grundsätzliche Themenoffenheit, d.h. das Teilsystem kommuniziert „potentiell alle Themen des umfassendsten Sozialsystems Gesellschaft, allerdings immer in einer spezifisch publizistischen Kreation“ (Marcinkowski 1993: 50)
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3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
Wird das Teilsystem Publizistik/Medien in der eben beschriebenen Form abgegrenzt, kann ihm die Werbung nachvollziehbar zugeordnet werden. Dabei können neben Argumenten, die für eine Zuordnung zum Teilsystem Publizistik/Medien sprechen, auch solche Argumente Begründungen liefern, die eine Zuordnung zum Teilsystem Wirtschaft aushebeln: x
Werbung will und muss über Publizität Aufmerksamkeit für ihre Themen generieren, um den Kommunikationserfolg zu verbessern. Damit rekurriert Werbung auf die Veröffentlichungsrationalität des Teilsystems Publizistik/Medien.
x
Werbung ist zwar an Zahlungen gebunden. Dies unterscheidet sie aber nicht absolut von klassischen journalistischen Inhalten, die ebenso notwendigerweise an Zahlungen (Löhne, Produktionskosten, Vertriebspreise etc.) gebunden sind (vgl. dazu auch: Zurstiege 2002b: 155).
x
Die Knappheit bestimmter Ressourcen ist in der Medien- und Informationsgesellschaft nicht nur typisch für das Wirtschaftssystem, sondern als Aufmerksamkeitsknappheit eben auch für andere Systeme.
x
Zwar ist Werbung Selbstbeobachtung, sie muss aber, gerade um erfolgreich sein zu können, diese Selbstbeobachtung notwendigerweise so gestalten, dass sie außerwerbliche Themen und Ereignisse aufgreift, mithin die Selbstbeobachtung mindestens anschlussfähig macht. Zudem zeigt sich, dass im Zuge der fortschreitenden Verknappung der Aufmerksamkeit das Aufgabenspektrum der Werbung sukzessive erweitert wird und Werbung ihrer Rolle als Vermittlerin von Lifestyle und Markenwelten nur dann zielerfüllend gerecht werden kann, wenn sie zumindest ansatzweise Elemente der Fremdbeobachtung aufnimmt.
3.2.3 Werbung als autonomes Funktionssystem Wie gezeigt lässt sich sowohl die Zuordnung der Werbung zum Wirtschaftssystem als auch die zum Teilsystem Publizistik/Medien begründen, wie auch teilweise widerlegen. Guido Zurstiege (2002b: 156ff und 2005: 24ff) schlägt deshalb die Einordnung der Werbung als autonomes, gesellschaftliches Funktionssystem vor, das eigenen Maßstäben folgt. Als Steuerungsmedium konzipiert er Teilnahmebereitschaft/Teilnahmeverzicht, weil Aufmerksamkeit im Hinblick auf ihre Qualität differenziert betrachtet werden muss. Denn den mit Werbung befassten Akteuren geht es letztlich um die Transformation von Aufmerksamkeit in Teilnahmebereitschaft. „Teilnahmebereitschaft bedeutet im Rahmen des Wirtschaftssystems die Bereitschaft, für ein bestimmtes Produkt zu zahlen, im Rahmen des politischen Systems die Bereitschaft, eine bestimmte Partei zu wählen, im
3.2 Makroebene: Werbung zwischen Ökonomie und Publizistik
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Mediensystem die Bereitschaft, ein bestimmtes Programmangebot zu rezipieren, im Religionssystem die Bereitschaft, an eine bestimmte Botschaft zu glauben etc. Der Begriff der Teilnahmebereitschaft ist damit genau genug, um die Spezifik werblicher Aufmerksamkeitsgeschäfte abzugrenzen, etwa gegenüber denen der Public Relations; er bietet auf der anderen Seite eine hinreichende semantische Breite, um die verschiedenen Formen der Werbung (politische Werbung, Wirtschaftswerbung, Non-Profit-Werbung etc.) im Rahmen einer allgemeinen Theorie der Werbung zu integrieren.“ (Zurstiege 2002b: 156; Hervorheb. im Original)
Dem entsprechen auch die Ausführungen von Herbert Willems (2002a: 61), der die Autonomisierung der Werbung als wichtiges Entwicklungsprinzip sieht. Für weitere Konkretisierungen greift Zurstiege (2005: 16) auf wechselseitig miteinander verknüpfte Beobachtungskategorien zurück, die u.a. bereits bei Luhmann (1996) und Schmidt/Spieß (1994a) angedacht waren: verschiedene Motivformen (Überparteilichkeit vs. interessensgebundene Parteilichkeit), verschiedene Diskursqualitäten (Wahrheit vs. Wahrheitsindifferenz) und verschiedene Referenzformen (Wirklichkeit vs. Zuverlässigkeit). Anhand dieser Kategorien lässt sich Werbung in allen ihren relevanten Handlungsdimensionen beobachten und als parteilich, wahrheitsindifferent und zwischen Fakten und Fiktionen vermittelnd einstufen. Parteilich ist sie deshalb, weil sie im Dienste ihrer Auftraggeber steht und darüber auch nicht hinwegtäuscht. Wahrheitsindifferent ist sie deshalb, weil sie nicht auf wahrheitsgetreue Aussagen angewiesen ist. Und sie ist darüber hinaus nicht an sozial verbindliche Wirklichkeitsmodelle gebunden (vgl. Zurstiege 2002b: 156ff.), sondern vielmehr der so genannten sachlichen Ausblendungsregel (vgl. Schmidt/Spieß 1994a: 18) folgend, auf positive Ereignisse und Themen fokussiert. Unklar bleibt in dieser Argumentation, welche Primärfunktion ein solches autonomes, gesellschaftliches Funktionssystem haben sollte, denn dass es nicht um gesellschaftliche Partizipation insgesamt geht, ergibt sich bereits aus der von Zurstiege (2002b: 157) eingebrachten Art der Kommunikation, die klar auf Zielgruppen ausgerichtet ist (soziale Ausblendungsregel). Zudem machen die bereits in Kapitel 1.3 erläuterten Prozesse der Entdifferenzierung eine solche Abgrenzung zusätzlich begründungsbedürftig. 3.2.4 Werbung als Interpenetrationszone Werbung erscheint also theoretisch eher schwierig zuzuordnen, eben weil sie sich an keinem der diskutieren Codes, weder an Geld noch an Publizität, ausschließlich orientiert, sondern vielmehr an beiden. Damit aber werden bei beiden vorgestellten Zuordnungen zu gesellschaftlichen Teilsystemen eigentlich jeweils systemfremde Aspekte relevant. Denn ebenso wie das Wirtschaftssystem ohne die Informationsfunktion der Werbung nicht funk-
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3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
tionieren würde, würde das publizistische System aktuell ohne die Finanzierung durch Werbung nicht überleben. Daher soll im Folgenden eine treffendere theoretische Einordnung der Werbung mit Rückgriff auf die Beziehungen zwischen den beiden Teilsystemen versucht werden: Die gesellschaftlichen Teilsysteme Publizistik/Medien und Wirtschaft nehmen sich gegenseitig selektiv wahr und zwar unter Bezug auf ihre jeweiligen Steuerungsmedien Publizität und Geld. Sie erbringen jeweils Leistungen füreinander. Der Output des einen Systems wird jedoch erst dann zum Input des anderen, wenn er erkannt werden kann, also anschlussfähig ist. Und das ist erst dann der Fall, wenn die Codes so übersetzt werden, dass das andere Teilsystem sie verstehen und verarbeiten kann. Dazu müssen Institutionen etabliert werden, die die Konvertibilität unterschiedlicher Codes und Rationalitäten bewerkstelligen können (vgl. u.a. Münch, 1991: 284ff; Willke 1996: 227f). Konkreter Output des ökonomischen Systems, der als Input beim Mediensystem eingeht, sind z.B. die Geldtransfers für alle Arten werblicher Maßnahmen, wie z.B. Agenturleistungen, Druckkosten, vor allem aber für Werbeschaltungen. Den Transfers ist eine Konvertierung von Geld in Publizität implizit, denn die Höhe des Preises für eine Werbeschaltung sagt etwas über deren Publizitätsgrad aus. Konkreter Output des Systems Publizistik/Medien ist u.a. der Transport von Werbebotschaften oder aber die Veröffentlichung von PR-Beiträgen. Diese Leistung wird dann zum Input im ökonomischen System, wenn sie monetär ausgedrückt werden kann und in Zahlungen mündet. Letztlich kommt es also in der wechselseitigen Beziehung der gesellschaftlichen Teilsysteme Publizistik/Medien und Wirtschaft zur ständigen Konvertierung von Geld in Publizität und umgekehrt, damit die einzelnen Handlungen anschlussfähig werden und ein gegenseitiger Leistungsaustausch stattfinden kann. Diejenige Institution, die in der Beziehung zwischen Mediensystem und ökonomischem System eine Übersetzung von Geld in Publizität und umgekehrt garantieren kann, ist die Medien- und Publikumsforschung (vgl. Siegert 1993; 1996; 2002; Frey-Vor/Siegert/Stiehler 2008). Sie wird damit gleichsam zu einer Art intersystemischer Wechselstube, einer Konvertierungsinstitution. Jenseits dieser konkret beobachtbaren Beziehungen tendieren gesellschaftliche Subsysteme aber auch generell dazu, sich zu vernetzen: Ihre Beziehungen etablieren sich über die jeweiligen Systemgrenzen hinaus, so dass das Handeln der Akteure in den sich vernetzenden Systemen grenzübergreifend koordiniert und abgestimmt werden muss. Denn Entscheidungen entziehen sich häufig einer einzigen Systemrationalität und orientieren sich statt dessen an einer „komplexen Gemengelage unterschiedlicher Systemlogiken“ (Münch 1991: 285). Diese wechselseitige Durchdringung von
3.2 Makroebene: Werbung zwischen Ökonomie und Publizistik
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Systemen und die entsprechende Vernetzung von Systemlogiken führen trotz relativer Autonomie der einzelnen Teilsysteme zu normativen Widersprüchen, faktischen Konflikten, strukturellen Inklusionen, aber auch zu unterschiedlichen Machtverhältnissen. Theoretisch werden diese Phänomene im Konzept der Interpenetration aufgefangen. Entsprechende Bereiche werden als Interpenetrationszonen bezeichnet (vgl. Münch 1991: 332ff; für die Beziehung Medien und Politik: Westerbarkey 1995: 154). Werbung als Interpenetrationszone zwischen den Teilsystemen Wirtschaft und Publizistik/ Medien lässt sich dann wie folgt darstellen: Abbildung 15: Werbung als Interpenetrationszone
Quelle: eigene Darstellung
Werbung ist in ihrer Gesamtheit ein Paradebeispiel für eine Interpenetrationszone, in der sich die Systemlogiken Publizität und Geld vermischen (vgl. Westerbarkey 1995: 159ff). Dies gilt erst recht, wenn man die sich ausdifferenzierenden Werbesonderformen und die zunehmende Hybridisierung berücksichtigt (vgl. auch Weber 2000: 23). Während sich andere Interpenetrationszonen erst allmählich entwickelt haben, stellt die Werbung einen klassischen Bereich von vernetzten Systemlogiken dar. Lange bevor theoretisch und praktisch über Aufmerksamkeitsökonomie diskutiert wurde, musste sich die Werbung mit den damit verbundenen Problemen befassen. Und auch die hohen Investitionen in die Medien- und Publikumsforschung und die Bemühungen, diese Konvertierungsinstitution besonders im Hinblick auf die Werbeträgerleistung und die erreichten Publizitätsgrade zu professionalisieren, zeigen, wie etabliert Werbung als Interpenetrationszone ist.
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3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
Dass dabei der Code Geld sehr dominant wird (wie auch in anderen gesellschaftlichen Teilsystemen, z.B. der Politik, der Erziehung, der Wissenschaft) lässt sich auf die besondere Leistungsfähigkeit von Geld als Mittel zur Kontextsteuerung zurückführen: Geld generalisiert die damit verbundenen Wahlchancen in sachlicher Hinsicht, befreit sie also vom direkten Austausch von Gütern zwischen Käufern und Verkäufern, temporalisiert sie, überlässt also die Bestimmungsmacht über die zeitliche Realisierung der Wahlchancen den Akteuren und macht in sozialer Hinsicht indifferent, abstrahiert also von der Ausrichtung der Zwecke und von der sozialen Position der Akteure (vgl. Willke 1998: 180ff). Zunehmend entwickelt sich aber auch die Publizität und mit ihr verbunden die Aufmerksamkeit zu einem „gleichberechtigten“ Code, weil sie auch die Handlungspräferenzen anderer teilsystemischer Akteure strukturiert, mithin eine ernst zu nehmende Restriktion für die anderen Teilsysteme darstellt. Beispielhaft zeigt sich dies an der Online-Ökonomie, in deren Rahmen auf Publizität basierende Netzwerke eine so wichtige Rolle spielen, dass z.B. das Verschenken von Produkten und Leistungen ökonomisch attraktiv wird, nur um das Netzwerk zu vergrößern (vgl. Theis-Berglmair 2000: 321ff). Publizität als Systemlogik kommt in der Werbung also nicht nur bezogen auf die Medien als Werbeträger zum Tragen (wie bei Tropp 1997: 143), sondern beeinflusst z.B. bereits die Werbeproduktion und Botschaftsgestaltung.
3.3 Mesoebene: Prozess, Akteure und Interessen in der Werbung Dieses Kapitel bringt die Ergebnisse aus der Darstellung der historischen Entwicklung des Werbeprozesses in Kapitel 2.1 und aus der Verortung der Werbung auf der Makroebene in Kapitel 3.1 in der Form zusammen, dass Prozess, Akteure und Interessen in der Werbung auf der Mesoebene analysiert werden. In Kapitel 2.1 wurde darauf verwiesen, dass der Werbeprozess in der Geschichte zunehmend systematisiert und als arbeitsteiliger Ablauf organisiert worden ist, sich im Laufe der Werbegeschichte Organisationen und Einrichtungen der Werbung ausgebildet, etabliert und institutionalisiert haben, und so ein komplexes Gefüge aus Akteuren und deren wechselseitigen Beziehungen entstanden ist. In Kapitel 3.2 wurden die teilsystemischen Orientierungshorizonte als strukturelle Wollensvorgaben für die Werbung skizziert, während die institutionellen Ordnungen als Sollensvorgaben dargestellt wurden. Nun soll die Perspektive der Akteurskonstellationen beleuchtet werden. Auf der Mesoebene geht es also darum, Handlungen einzelner Organisationen zu analysieren.
3.3 Mesoebene: Akteurs- und Interessenskonstellationen
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Organisationen sind einerseits das Ergebnis von Akteurshandeln. Andererseits machen sie gleichzeitig Individuen oder anderen Organisationen strukturelle Vorgaben, z.B. in Form von spezifischen Regeln. Organisationen können sowohl kollektive als auch korporative Akteure sein. „Kollektive Akteure sind Zusammenschlüsse von einzelnen Individuen mit einem geringen formalen Organisationsgrad, die ein gemeinsames Ziel verfolgen. … Kollektive Akteure unterscheiden sich von korporativen Akteuren dadurch, dass kollektive Akteure von den Präferenzen ihrer Mitglieder abhängig sind und von diesen kontrolliert werden. … Korporative Akteure sind Zusammenschlüsse von einzelnen Individuen mit einem hohen formalen Organisationsgrad. Beispiele für korporative Akteure sind etwa Ministerien, Behörden oder Wirtschaftsunternehmen. Korporative Akteure sind von den Präferenzen ihrer Mitglieder weitgehend unabhängig, da Entscheidungen hierarchisch und nicht durch Abstimmung oder Konsens gefunden werden müssen (vgl. Scharpf 2000: 101).“ (Jarren/Donges 2002: 64)
Unternehmen und Agenturen sind vor allem als korporative Akteure zu sehen. Mit der Regelung der Arbeitsverhältnisse über Verträge wird ein hoher formaler Organisationsgrad erreicht, und die individuellen Akteure werden auf die Organisationsziele und -regeln sowie auf Organisationskultur und Corporate Identity verpflichtet. Dennoch gestaltet sich die interne Entscheidungsfindung nicht immer so hierarchisch, wie die obige Definition vermuten lässt. Der Produktionsprozess von Werbung ist auf dieser Basis das Zusammenspiel mehrerer korporativer, kollektiver und individueller Akteure. Die Verantwortlichkeit für den Werbeoutput – oder die Frage, wer eigentlich der Kommunikator werblicher Kommunikation ist – ist folglich nicht ganz einfach zu klären. Rein formal – aber eben nur formal – könnte auf den Auftraggeber verwiesen werden. Er ist es auch, der im juristischen Sinn für die werblichen Inhalte verantwortlich zeichnet. Die Werbebotschaften und -inhalte, die uns alltäglich begegnen, sind aber vielmehr das Ergebnis diverser Entscheidungsprozesse, geprägt von den Aktivitäten verschiedener Akteure, die in Netzwerken zusammenarbeiten und dort ihre Interessen einbringen und ihre Machtspielräume ausnutzen. Wie in anderen Netzwerken zur Content-Produktion spielen auch im Netzwerk der Werbeproduktion die Qualität und das Geflecht der Beziehungen eine wesentliche Rolle. Zugleich werden aufgrund einer fehlenden zentralen Leitung Kooperation, Vertrauen, Verlässlichkeit, Selbstverpflichtung und Dauerhaftigkeit der Beziehungen zu konstitutiven Koordinationsmechanismen (vgl. Windeler/Sydow 2004: 10). Um den für die Werbung relevanten Akteurs- und Interessenskonstellationen auf die Spur zu kommen, erscheint es sinnvoll, zu Beginn die Stufen des
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3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
Werbeprozesses zu analysieren; denn der werbliche Produktionsprozess gibt erste Einblicke in die Beziehungsdynamik der Werbeproduktion. Darauf aufbauend können dann die entsprechenden Handlungsbereiche und die relevanten Akteure skizziert werden. Prozesse und Akteure zusammenführend werden im letzten Kapitel die Akteurs- und Interessenskonstellationen in der Werbung sowie ihr Zusammenwirken und ihre Beziehungen zueinander dargestellt. Dies mündet in ein Bild der idealtypisierten Struktur der Werbekommunikation, in dem gezeigt wird, dass der Output eben nicht ausschließlich einem Akteur zugeordnet werden kann, sondern dass letztlich spezifische Akteurskonstellationen verantwortlich zeichnen. 3.3.1 Werbeprozess Bei der Betrachtung des Werbeprozesses lassen sich grob zwei Prozessdynamiken unterscheiden: Zum einen diejenige klassischer Konzeptionsund Planungsprozesse im Management, die auch beim Werbeprozess greift, und zum anderen diejenige des klassischen Kommunikationsprozesses in Analogie zur Lasswell-Formel. In der praktischen Werbeplanung werden beide Sichtweisen kombiniert. 3.3.1.1 Werbung als Managementprozess Analog zu anderen Planungsprozessen muss bzw. müsste auch der Werbeprozess den klassischen Planungsschritten folgen. Insofern kann auch vom „Werbemanagement“ (Tietz/Zentes 1982) gesprochen werden. Dabei gilt der in Abbildung 16 skizzierte Ablauf immer im Rahmen der Planung der unternehmerischen Kommunikationspolitik. D.h. alle Stufen des Werbeprozesses ergeben sich idealtypisch aus denselben Planungsstufen der unternehmerischen Kommunikationspolitik und müssen mit diesen koordiniert und kombiniert werden. Basis aller Planungsschritte ist danach die Situationsanalyse, die den IstZustand eruiert. Auf sie folgt die Strategieentwicklung mit der Formulierung der Ziele, der Zielgruppen und der entsprechenden Positionierung. Die operative Planung beginnt mit der Operationalisierung der Ziele und erarbeitet konkrete Maßnahmen, die dann in der Implementierung umgesetzt werden. Die Evaluation der Maßnahmen erfolgt anhand von Kennzahlen, wie sie aus entsprechenden Untersuchungen generiert werden. Mit ihnen lässt sich die Zielerreichung der Maßnahmen kontrollieren. Zugleich geben sie den aktuellen Ist-Zustand wieder, um gegebenenfalls Korrekturen bei den Zielen durchführen zu können.
3.3 Mesoebene: Akteurs- und Interessenskonstellationen
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Abbildung 16: Werbung als Managementprozess
Quelle: eigene Darstellung
3.3.1.2 Werbung als Kommunikationsprozess Jenseits der Einbettung in Managementprozesse folgt die Werbung dem Ablauf klassischer Kommunikationsprozesse, die sich anhand der so genannten Lasswell-Formel strukturieren lassen. Jene Formel, die Harold Lasswell 1948 als Wort-Modell formulierte, eignet sich zwar wenig für analytische Zwecke, ist jedoch aufgrund ihrer Einfachheit für die Strukturierung des Werbeprozesses gut geeignet. Anhand der Lasswell-Formel lassen sich die wichtigen Elemente des werblichen Kommunikationsprozesses ausmachen. Der Umstand, dass es sich um ein unidirektionales Modell handelt, das die Kommunikation vor allem unter der Perspektive der intendierten Wirkung auf den Rezipienten thematisiert, wird häufig kritisiert. Gerade dies macht die Lasswell-Formel aber für die Strukturierung der Werbung passend. Allerdings werden im Kontext dieses Modells die Werbemittel nicht gesondert erwähnt. Deutlich erkennbar ist auch, dass eine solche Strukturierung des Werbeprozesses erst beim Planungsschritt der Umsetzung beginnt. Mechthild Langner (2003: 467) entwickelt auf der Basis der Lasswell-Formel das Prinzip der fünf W's der
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3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
Strategie: Wer (Auftraggeber), Was (Botschaft), Wem (Zielgruppe), Wie (Form und Gestalt) und Wo/Wann (Medium). Abbildung 17: Werbung als Kommunikationsprozess
Quelle: eigene Darstellung
3.3.1.3 Werbung als gemanagter Kommunikationsprozess Verbindet man die klassischen Planungsschritte der Werbung als Managementprozess mit den Elementen des klassischen Kommunikationsprozesses resultiert ein idealtypischer Ablauf der Werbung als gemanagter Kommunikationsprozess, der auch der Auftragslogik in der Werbeproduktion entspricht (vgl. zum idealtypischen Prozessablauf u.a. Meyer/Hermanns 1981; Jones 1999: 17ff; Behrens 1996: 137ff; Schweiger/Schrattenecker 2001: 137ff; Schneider/ Pflaum 2003; Kloss 2003: 151ff). Gleichwohl findet sich dieser in der Werbepraxis selten als verbindlicher Standardablauf. Gelegentlich wird sogar das gegenteilige Vorgehen vorgeschlagen: eine Bottom-UpStrategie, ausgehend von einer Idee, um die herum eine Konzeption entwickelt wird (vgl. Zitate aus Tropp 1997: 117). Auch im praktischen Werbeprozess steht die Situationsanalyse am Anfang. Sie bildet die Motivation, überhaupt tätig zu werden. Dabei wird sie nicht immer als professionelle Ist-Analyse durchgeführt, sondern setzt sich teil-
3.3 Mesoebene: Akteurs- und Interessenskonstellationen
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weise aus einer oft abenteuerlich anmutenden Mischung aus persönlichen Erfahrungen, „Bauchgefühl“ und anderen ad-hoc-Wahrnehmungen des Marktes zusammen. Vor allem kleinere und mittlere, aber auch unter Kostendruck stehende größere Unternehmen wollen oder können die dafür anfallenden Aufwändungen nicht leisten. Wie auch immer die Situationsanalyse zustande gekommen sein mag, liefert sie doch eine Vorgabe für das weitere Vorgehen. So ergibt sich beispielsweise als Ergebnis dieser Phase die Feststellung, dass ein Produkt neu eingeführt werden soll, es zugleich in diesem Marktsegment mehrere Konkurrenzprodukte gibt und eigene ähnlich gelagerte Produkte nicht zu sehr kannibalisiert werden sollten. In der nächsten Stufe folgt idealtypischerweise die Werbestrategie, die in der Literatur gelegentlich auch als Werbekonzeption bezeichnet wird. „Die Werbestrategie … fixiert in komprimierter Form die wesentlichen Bauteile des Werbeplans. Sie enthält das präzise Werbeziel bezüglich des Werbeobjekts, eine Bestimmung der Zielgruppen, eine inhaltliche Erläuterung der Werbebotschaft und einen Kosten- und Terminrahmen.“ (Mazanec 1975 zitiert nach Meyer/Hermanns 1981: 69)
Die für die Werbung gültigen Ziele lassen sich schrittweise aus den Unternehmenszielen, den Marketingzielen und den kommunikationspolitischen Zielen ableiten. Werbeziele können beispielsweise die Bekanntmachung eines Produkts (kommunikatives Werbeziel), die Erhöhung des Marktanteils (marketing-orientiertes Werbeziel) oder die Positionierung als innovativführendes Unternehmen (unternehmenspolitisches Werbeziel) sein. Zudem können die in Kapitel 1.2.1 skizzierten Ziele der Werbung in mediatisierten Gesellschaften, wie die Thematisierung beworbener Produkte und Unternehmen in der Medienberichterstattung oder die Etablierung eines Werbethemas in der interpersonellen Kommunikation, d.h. Anschlusspublizistik und Anschlusskommunikation, als Ziele im Werbeprozess dienen. Nicht selten klaffen auch auf dieser Stufe des Werbeprozesses Theorie und Praxis weit auseinander, erweisen sich real auffindbare Werbestrategien nur als rudimentäre, gelegentlich nebulöse Zielvorstellungen. Ziele müssen aber in der Form operabel sein, dass sie eine Konkretisierung bezüglich Inhalt, Ausmaß und zeitlichem Rahmen der Werbung zulassen. Ein konkretes Werbeziel in diesem Sinn wäre also z.B. die Erhöhung des Marktanteils um 10% auf 20% innerhalb eines Jahres über die spezifische Positionierung als innovationsstarkes Unternehmen und durch den Verkauf von 20'000 Neuprodukten, ohne dass die etablierten drei Produkte des Herstellers mehr als 15% ihrer Abverkäufe einbüssen. Bei der werblichen Positionierung werden in Anlehnung oder Abgrenzung zu den Konkurrenten die nachfragerelevanten Nutzenversprechen gewählt
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bzw. entwickelt. Je deutlicher sich ein Werbeobjekt in den technischen Eigenschaften, der Preisstellung oder der kommunikativen Auslobung von seinen Konkurrenten abgrenzen kann, desto wahrscheinlicher kann es eine Alleinstellung im Sinne einer Unique Selling Proposition (USP) erreichen. Werden Produkte u.a. aufgrund schnellster Reaktionszeiten bei hohen Kopierkapazitäten des Wettbewerbs technisch immer homogener, bleibt nur die kommunikative Differenzierung. Deshalb spielt die Positionierung für den Erfolg des Werbeprozesses eine tragende Rolle. Die Formulierung von Werbezielen und eine exakte Positionierung machen, wie die Münsteraner Arbeitsgruppe Werbung richtig feststellt, aber nur dann Sinn, wenn die Zielerreichung auch kontrolliert wird (vgl. Schmidt 2004: 94f).
Fallbeispiel: Die Positionierung entscheidet über den Markterfolg „Auch Marlboro war nicht Marktführer von Anfang an. Im Gegenteil: Das Produkt wurde als Frauenzigarette entwickelt und auf den Markt gebracht – mit mäßigem Erfolg. Erst mit der kommunikativen Verbindung zum Western und zu den Cowboys ging die Marke weltweit auf Erfolgskurs.“ Quelle: http://www.voez.at/download/Zukunft_Nickel_Marken.pdf, Aufruf 29.04.2005
Die Konzeption der gesamten Werbestrategie ist Aufgabe des werbungtreibenden Unternehmens, wird aber oft in Kooperation mit einer Agentur erarbeitet, die in einem, meist mehrstufigen Auswahlverfahren ausgesucht wurde. Der ausgewählten Agentur werden die in der Strategie entwickelten Inhalte spätestens im Rahmen eines Kundenbriefings als schriftliche Aufgabenstellung vom werbetreibenden Unternehmen kommuniziert. Das Kundenbriefing eignet sich auch für die Überprüfung der Agenturleistung und sollte folgende Bestandteile beinhalten (vgl. Merkel 1999: 298): Ausgangslage und Aufgabe, Kommunikationsziele, Zielgruppen, relevante Wettbewerber, Positionierung von Produkt und Unternehmen, relevanter Hauptnutzen, Begründung dieses Nutzens, Markenbild und -guthaben, Restriktionen und Tonalität. „Briefings sind der elementarste Baustein für eine gute, zielorientierte Kommunikation. Sie sind kein lästiges Übel und keine Freiheitsberaubung für Kreative. Man kann sich Briefings nicht sparen, es sei denn man mag es teuer. Briefings können auch nicht mit links gemacht werden, und sie gehen jeden etwas an, der Verantwortung für die Kommunikation trägt. Gute Briefings sind Gold wert, und sie können eine Agentur zum Fliegen bringen. Schlechte Briefings sind die Vernichtung von volkswirtschaftlichem Vermögen in materieller und immaterieller Weise und damit wider die guten Sitten.“ (Merkel 1999: 303)
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Dennoch sind in der Werbepraxis Briefings häufig diffus – manchmal auch nicht existent –, weil die auftraggebenden Unternehmen Ihre Ausgangslage nicht kennen oder falsch einschätzen, sich nicht zu einer klaren Positionierung durchringen können, sich generell nicht sicher sind, mit der Erstellung eines möglichst detaillierten Briefings überfordert sind oder versuchen, Aufwand und Verantwortlichkeit dafür auf die Agentur abzuwälzen. Oftmals haben aber auch Agenturen wenig bis kein Interesse an exakten Briefings, weil sie sich von diffusen Briefings größere kreative Freiräume zum Einbringen eigener Ideen (vgl. Nerdinger 1990: 84) versprechen – in den meisten Fällen eine Fehleinschätzung, die monetären und zeitlichen Aufwand unnötig in die Höhe treibt. Um das zu vermeiden, hat sich das sog. ReBriefing etabliert, in dem die Agentur gegenüber Ihrem Auftraggeber ihr Verständnis des Auftrags formuliert. Damit sichert das Re-Briefing die gegenseitige Verständigung. Ist es vom Auftraggeber schriftlich abgezeichnet, kann es helfen, spätere Streitigkeiten zu vermeiden (vgl. Merkel 1999: 302). Die operative Planung, d.h. die Werbeplanung, beginnt mit der weiteren Operationalisierung der Werbeziele und ist ansonsten: „…die systematische, gedankliche Vorwegnahme von zukünftigen werblichen Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, den in der Werbekonzeption angestrebten Zustand (Werbeziel) zu erreichen.“ (Meyer/ Hermanns 1981: 81)
Sie kann zum einen in Bezug auf Maßnahmen in der Such- und Bewertungsphase, zum anderen in Bezug auf die einzelnen zu planenden Bestandteile (vgl. u.a. Meyer/Hermanns 1981: 84ff) weiter unterteilt werden. Wechselseitig miteinander verbundene Entscheidungstatbestände und insofern Werbeteilpläne sind: x x x x x
Zeitplanung: Zeitraum und wichtige Zeitpunkte; Budgetplanung: Festlegung des Werbebudgets und dessen Verteilung; Werbemittelplanung; Gestaltungsplanung, d.h. Werbeidee: zentrale Botschaft und Kommunikationsform; Mediaplanung: Auswahl der Werbeträger und Schaltplanung.
Während Zeit- und Budgetplanung Vorgaben des werbungtreibenden Unternehmens sind, liegen die anderen Werbeteilpläne meist im Aufgabengebiet der Agenturen. Einzelne dieser Vorgaben sind bereits Bestandteile des Briefings und folglich auch des Re- wie auch des Agenturbriefings (Schneider/Pflaum 2003: 257). In diesem internen Briefing der Agentur verdichten die Kundenberater analog zum Briefing Angaben zu Werbeziel, Werbeobjekt, Zielgruppe, Werbemittel, Werbeidee und Werbeträger und darüber
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hinaus Produktnutzen (Consumer Benefit), Produktversprechen (Reason Why) und Stil der Werbung (Tonality) zu inhaltlichen Vorgaben für die konkrete kreative Umsetzung (Creative Briefing, Kreativ-Strategie oder Copy-Strategie) und die Mediastrategie. Wie vernetzt die Teilpläne miteinander sind, zeigt sich daran, wie sich Entscheidungen im Rahmen eines Teilplans auf andere auswirken. So lassen sich mit einem sehr begrenzten Budget (Budgetplanung) weder die Kosten für die aufwändige Produktion eines TV-Spots (Werbemittel-, Gestaltungsplanung) finanzieren, noch die Schaltung in nationalen Fernsehprogrammen (Mediaplanung). Daneben bedingen sich vor allem Werbemittel und Werbeträger wechselseitig. So wird z.B. mit der Festlegung auf argumentative und damit textdominierte Anzeigen zugleich eine Einschränkung bei der Auswahl der Werbeträger vollzogen. Die Mediastrategie ist deshalb auch als paralleler, aber wechselseitig aufeinander abgestimmter Prozess zur kreativen Strategie zu sehen. Auch die in der Werbestrategie abgegrenzte Zielgruppe liefert Vorgaben für Werbemittel, Werbegestaltung und Werbeträger. Die Umsetzung der Werbeplanung umfasst Gestaltung, Produktion und Streuung (Distribution). Gestaltung und auch Produktion (kreative Umsetzung) sind als Prozesse stark von der Distribution, d.h. von der Auswahl der Werbeträger im Rahmen der Mediaplanung abhängig. TV-Spots, RadioSpots oder Anzeigen ermöglichen und erfordern jeweils spezifische, höchst unterschiedliche gestalterische Optionen und Produktionsweisen. Diese unterscheiden sich wiederum gravierend von denen für Below-the-LineWerbung oder die programmintegrierte Werbung. Aber auch bei nichtklassischen Formen von Werbung müssen einige gestalterische Aspekte der Werbebotschaft berücksichtigt werden, wie z.B. die Argumentation (rational oder emotional) oder farbliche Anforderungen des Markenbildes. Die Mediaplanung beinhaltet neben der Auswahl der Werbeträger auch die Auswahl des Zeitrahmens sowie die Häufigkeit und Regelmäßigkeit der Belegung und zwar jeweils unter Maßgabe des Budgetrahmens. Zum Teil macht sie auch Vorgaben zu Formaten, Farbigkeit und Dauer von Werbemitteln (vgl. auch Unger/Durante/Gabrys/Koch/Wailersbacher 2002: 131). Inwiefern eine Werbebotschaft die gewünschten Ziele erreichen kann, also wirken wird, kann zwar vorab mit einer Vielzahl entsprechender Tests und Simulationen – z.B. mit der Messung von Aufmerksamkeits-, Erinnerungsund Sympathiewerten, aber auch mit der Simulation konkreter Rezeptionsoder Kaufsituationen – geprüft, aber dennoch nicht 100-prozentig vorausgesagt werden.
3.3 Mesoebene: Akteurs- und Interessenskonstellationen
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Abbildung 18: Werbung als gemanagter Kommunikationsprozess
Quelle: In Anlehnung an GWA 2004: 20
Die Evaluation der Werbemaßnahmen im Nachhinein orientiert sich an den vorgegebenen Zielen. Sie klärt, inwiefern die Werbung erfolgreich war, also im Sinne der gesteckten Ziele gewirkt hat, ist also Werbeerfolgskontrolle. Die durch empirische Untersuchungen zur Werberezeption und -wirkung (wie z.B. Recall- oder Recognition-Tests) generierten Kennzahlen, wie z.B. Erinnerungswerte, Imagewerte aber auch Kennzahlen, die die Konkurrenzbedingungen berücksichtigen, wie z.B. share of voice oder share of mind, kontrollieren die Zielerreichung der Werbemaßnahmen. Sie geben also den aktuellen Ist-Zustand wieder, um gegebenenfalls Korrekturen bei den Werbezielen durchführen zu können. Darüber hinaus kann die Werbeerfolgskontrolle Aussagen nicht nur darüber liefern, welche Veränderungen in welchem Ausmaß erzielt wurden, sondern auch darüber, wie wirtschaftlich dies geschehen ist, wie effizient also die Werbung war (vgl. u.a. Pepels 1996). Ein Wirkungsnachweis ist aber nicht unbedingt einfach zu erbringen, weil Werbung ja nicht unter konstanten Umweltbedingungen stattfindet. Vielmehr können wechselnde Bedingungen, wie z.B. ein Konjunkturumschwung, Einflussfaktoren jenseits der Werbung, wie z.B. mangelnde Produktverfügbarkeit, frühere werbliche Maßnahmen oder Konkurrenzverhalten Einstellungen und Nachfrageverhalten beeinflussen, so z.B. „Nachwirkungen“ alter Kampagnen oder z.B. Preisveränderungen der Konkurrenzangebote.
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3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
Aufgrund dieser vielfältigen anderen Einflussfaktoren sind Werbewirkungen indes nicht nur schwer zuzuordnen, sondern sie können auch über das intendierte Maß hinausgehen. D.h. Werbung kann mannigfaltige Wirkungen haben, die nicht beabsichtigt waren oder für die Werbung als gemanagtem Kommunikationsprozess eine untergeordnete bzw. keine Rolle spielen. „Werbespots werden nicht – man höre und staune – geschrieben, gedreht und bezahlt, um der Meinungsvielfalt einer pluralistischen Gesellschaft Ausdruck zu verleihen. Sie werden auch nicht gedreht, um das neue Rollenverständnis der progressiven Frau ins Land zu tragen, sondern – erschreckend nüchtern für einschlägige Gespräche an intellektuellen Kaminen – um Zahnpasta zu verkaufen, Lebensversicherungen und Autoradios." (Fechler 1975 zitiert nach Schierl 2003: 107)
Die akademisch orientierte Werbewirkungsforschung, die in dieser Einführung nicht ausführlich dargestellt wird, widmet sich den gesellschaftlichen und individuellen Werbewirkungen insgesamt. 27 Sie diskutiert also auch Wirkungen wie z.B. Agenda-Setting-Prozesse durch skandalöse Werbung oder die Rolle der Werbung bei der Konstruktion von Geschlechterstereotypen. 28 3.3.2 Handlungsbereiche und Akteursgruppen der Werbung Bei der Betrachtung der Handlungs- und Interessensbereiche der Werbung können vor allem zwei Konzeptionen unterschieden werden. Während die Konzeption „Handlungsbereiche“ auf einer systemtheoretischen Argumentation aufbaut, liegt der Konzeption „Akteursgruppen“ eine organisationsorientierte Perspektive zugrunde. Auch hier kann durch die Zusammenführung beider Konzeptionen ein strukturierender Überblick über alle relevanten Akteure gewonnen werden. Für Werbeagenturen als eine der großen Akteursgruppen wird in der Praxis mittlerweile auch der Begriff Kommunikationsagenturen verwendet (vgl. z.B. ZAW 2004: 185). Obwohl diese Gleichsetzung analytisch nicht ganz korrekt ist, trifft sie dennoch die Werbepraxis im Kern, weil einzelne Kommunikationsaktivitäten ineinander fließen und übergreifend organisiert werden (vgl. Kapitel 1.3).
27 Vgl. stellvertretend: Bonfadelli 2000: 121ff; Bongard 2002; Brosius/Fahr 1996; Engelhardt 1999; Friedrichsen 1999a; Haase 1989; Heller 1984; Kroeber-Riel/Esch 2000; Schenk/ Donnerstag/ Höflich 1990. Aktuelle Ergebnisse sind in entsprechenden Fachzeitschriften zu finden: so z.B. Gleich 2003a und 2003b oder Beiträge in „Advances in Consumer Research“, „Journal of Consumer Research”, „Journal of Advertising Research”, „Journal of Advertising”. 28 Vgl. stellvertretend: Goffmann 1979; Schmerl 1983, 1992 und 1994; Spieß 1994; Krohne 1995; Zurstiege 1998; Rutledge Shields 1997; Borstnar 2002.
3.3 Mesoebene: Akteurs- und Interessenskonstellationen
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3.3.2.1 Handlungsbereiche des Werbewirtschaftssystems Jörg Tropp (1997: 87ff) ordnet Werbung dem Teilsystem Wirtschaft zu und spricht daher vom Werbewirtschaftssystem. Dieses unterteilt er in fünf relevante Handlungsbereiche, denen er je unterschiedlich institutionalisierte und professionalisierte Handlungsrollen zuordnet. Die Handlungsbereiche müssen zudem als wechselseitig aufeinander bezogen begriffen werden, weil kein Bereich ohne den vorhergehenden existieren würde. Die Handlungsrolle der Auftraggeber wird dabei rein analytisch direkt dem Wirtschaftssystem zugeordnet. Abbildung 19: Handlungsbereiche des Werbewirtschaftssystems
Quelle: in Anlehnung an Tropp 1997: 97
Für jeden Handlungsbereich lassen sich darüber hinaus spezifische Probleme und Interessenslagen festhalten (Tropp 1997: 110ff): Im Handlungsbereich Produktion bleiben Agenturen trotz ihrer enormen Beteiligung als maßgebliche Akteure nahezu unsichtbar. Als Urheber, Verantwortliche und Absender der Werbung werden die werbungtreibenden Unternehmen erkannt, was in gewisser Weise der Auftragslogik entspricht.
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Fallbeispiel: Wirz und IWC Eigenwerbung als Antwort auf Etatverlust Den Verlust eines Werbeetats nutzte die Agentur Wirz Werbung, Zürich, um in einer ganzseitigen Anzeige in der Neuen Zürcher Zeitung zu dokumentieren, mit welch großem Erfolg man für den verlorenen Kunden gearbeitet hatte, und um damit neue Kunden zu werben.
3.3 Mesoebene: Akteurs- und Interessenskonstellationen
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Damit entkommen die Agenturen einerseits der Verantwortung, können sich anderseits aber auch nicht öffentlich mit Lorbeeren schmücken. Eine Ausnahme bildet in der Regel nur die Skandalisierung von Werbung. Denn wenn Werbung öffentlich verhandelt wird, weil sie z.B. mit Tabus bricht oder religiöse Symbole zweckentfremdet, werden nicht nur die Unternehmen, sondern auch ihre Werber begründungspflichtig – zumindest gegenüber ihren Auftraggebern. Aus publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Perspektive blenden Agenturen darüber hinaus weitgehend die gesamtgesellschaftlichen Konsequenzen ihres Handelns für die öffentliche Kommunikation aus (vgl. Siegert/Eberle/Amstutz/Thomas 2004). Zugleich stehen die Agenturen unter dem Druck gestiegener Leistungsansprüche, da Werbebudgets unter den Bedingungen der Medien- und Informationsgesellschaft immer weniger Wirkungen zeigen. Selbst im Wettbewerb der Agenturen bleiben diese erstaunlich unsichtbar (anders dagegen das dargestellte Fallbeispiel “Wirz und IWC“). Selbstdarstellung und Eigenwerbung der Agenturen lassen eher zu wünschen übrig und auch Agenturvertreter selbst bemängeln diesen „wunden Punkt“ (vgl. Aebi 2003: 377ff, Wallrafen 2003: 61ff). Der Handlungsbereich Distribution, zu dem nicht nur die klassischen Massenmedien, sondern auch die Mediaagenturen und die Werbevermarkter zählen, ist gesamthaft konfrontiert mit einer Akzeptanzkrise der Werbung. Zwar ist Werbung längst vom Schmuddelimage zur trendigen Branche mutiert, aber die Rezipienten schalten doch immer öfter um oder weg, tun etwas anders, blättern um, etc. Diese Akzeptanzkrise versucht der Handlungsbereich Distribution in Kooperation mit der Produktion immer öfter mit werbefreundlicher Einbettung der Werbung, mit Sonderwerbeformen oder Vermischung von werblichen und redaktionellen Angeboten zu beantworten. Der Handlungsbereich Rezeption ist durch sich widersprechende Probleme gekennzeichnet. Zum einen führt der Überfluss an Waren und Kommunikationsangeboten zu Orientierungslosigkeit und dem Bedarf nach Entscheidungshilfen auch durch die Werbung. Andererseits verhalten sich Rezipienten/Konsumenten zunehmend clever und rational, durchschauen die Fiktionen der Werbung, prüfen Angebote und zeigen sich sprunghaft und hybride, nicht nur beim Konsum, sondern auch in Bezug auf die Werbung. Als Handlungsbereich Verarbeitung werden alle diejenigen Handlungen zusammengefasst, die sich auf einer Meta-Ebene mit der Werbung befassen, die also über werbliche Kommunikationsangebote, über Beschäftigte in der Werbung, über Werbebotschaften und -wirkungen kommunizieren. Diese Auseinandersetzung mit der Werbung kann sowohl im Alltag und im Rahmen informeller Kommunikation geschehen als auch im professionellen Kommunikationszusammenhängen, wie z.B. in der wissenschaftlichen Aus-
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3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
einandersetzung. Das vorliegende Einführungsbuch würde nach dieser Logik also dem Bereich Verarbeitung zugehören. Auch werbewirtschaftliche Verbände und Vereine gehören zum Handlungsbereich Verarbeitung. Agenturen wollen sich aufgrund ihrer Unsichtbarkeit im Handlungsbereich Produktion oft im Handlungsbereich Verarbeitung profilieren, z.B. über die Teilnahme an Wettbewerben. Andererseits wollen sie aber auch andere Handlungsrollen dieses Bereichs (z.B. Journalisten) auf ihre Leistung aufmerksam machen. Zugleich aber finden kritische Erkenntnisse des Handlungsbereichs Verarbeitung nur bedingt Eingang in den Handlungsbereich Produktion. Eine ähnliche Strukturierung in Handlungsbereiche findet sich bei Guido Zurstiege (2002a: 122ff), der die Beziehungsfelder „Produktion: Werbung – Kunde“, „Distribution: Werbung – Medien“ und „Rezeption: Werbung – Publikum“ unterteilt. Dabei ist die Produktion durch die Nachfrage nach effektiver Kreativität gekennzeichnet, die Distribution durch die Nachfrage nach zielgruppenaffiner Streuung der Werbebotschaft und die Rezeption durch wechselseitige Ausbeutung. Und während im Verhältnis Werbung – Kunde, idealtypisch die Parteilichkeit der Werbung die ausschlaggebende Geschäftsgrundlage darstellt, ist es in der Beziehung Werbung – Medien idealtypisch die Unparteilichkeit der Medien. 3.3.2.2 Akteursgruppen im Werbeprozess Thomas Schierl (2002) strukturiert den Werbeprozess aus organisationsorientierter Perspektive als Top-Down-Prozess anhand der Auftragslogik, wiewohl er betont, dass die Kommunikation nicht zwangsläufig linear und konsequent einseitig verläuft. Er differenziert eine Beratungs-/Umsetzungsebene und eine Vermittlungsebene und betont zugleich, dass auf der Beratungs-/Umsetzungsebene dieses Prozesses die Werbe- und Kommunikationsagenturen Aufgaben an Subunternehmen, Spezialagenturen oder Freelancer abgeben (müssen). Die Agenturen sind im Gesamtprozess in drei Bereichen tätig. Erstens beraten sie die werbungtreibenden Unternehmen, zweitens setzen sie die Vorgaben der Werbestrategie und -planung um und drittens koordinieren sie die dazu nötigen Akteure. Dysfunktionales Handeln im Sinne der Zielerreichung kann in dieser Perspektive auf organisatorische Defizite zurückgeführt werden (vgl. Schierl 2002: 438ff). So spielen andere als ökonomisch ausgerichtete Ziele der werbungtreibenden Unternehmen, besser: der sie vertretenden Personen (wie persönliche Eitelkeiten, Karriere-Überlegungen etc.) eine, wenn auch meist untergeordnete Rolle. Die Agenturen verfolgen ihrerseits zwei nicht immer konkurrenzfreie Zielsetzungen. Zum einen orientieren sie sich am Ziel ihrer Auftraggeber, möglichst effektive und effiziente Werbung zu machen. Zum
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anderen wollen (und müssen) sie aber auch möglichst kreative Werbung gestalten, weil Kreativität für die Positionierung einer Agentur ein unabdingbares, identitätsstiftendes und wettbewerbsunterscheidendes Aushängeschild ist. Agenturen orientieren sich also auch an eigenen Zielen (vgl. dazu: Kapitel 3.3.3.2). In der Beziehung Auftraggeber – Werbeagentur wird Identität damit zu einer Frage der strategischen Selbstbehauptung, und die Agenturen müssen die eigene Existenzsicherung mit der Zielverfolgung im Dienste der Auftraggeber in Einklang bringen (vgl. Zurstiege 2005: 122). Innerhalb der Agenturen gestalten sich diese Interessenskonstellationen noch einmal komplizierter, denn auch intern zieht sich das eben beschriebene Wechselspiel zwischen Ökonomie und Publizität weiter. Abbildung 20: Strukturmodell des Gesamtwerbeprozesses
Quelle: Schierl 2002: 437
3.3.2.3 Differenzierung der Akteure im realen Werbeprozess Um einen adäquaten Überblick über die Werbepraxis zu gewährleisten, muss die Darstellung sowohl der Handlungsbereiche als auch der Akteure im Gesamtwerbeprozess einerseits ergänzt und andererseits weiter aufgegliedert werden. Dies ist auch deshalb wichtig, weil die Entscheidungsströme durch das Mitwirken weiterer Akteure, z.B. Begleit- und Anschlussinstitutionen, zwangsläufig verändert werden: Bei den werbungtreibenden Unternehmen muss unterschieden werden zwischen entscheidungsautonomen und in ihren Entscheidungen bezüglich
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der Werbung abhängigen Unternehmen. So sind viele Unternehmen durch Konzernintegration (z.B. die Audi AG im Volkswagen-Konzern), Zugehörigkeit zu einem Franchiseverbund (z.B. Franchisenehmer von OBI, Yves Rocher, McDonald's oder anderen) oder einer Kooperation (z.B. Schuhladen in der Werbegemeinschaft eines Einkaufscenters) in ihren Entscheidungen bezüglich der Werbung in mehr oder weniger großem Umfang an Weisungen ihrer Konzern-, Franchise- oder Kooperationszentrale gebunden.
Fallbeispiel: INTERSPORT XL (Österreich) Einschränkung der Werbeautonomie in Franchisesystemen
Quelle: http://www.intersport.at/dialog/feedback/index.html, Aufruf 29.04.2005; Pfeilmarkierungen durch die Autoren
Dabei bestimmt die Intensität der wirtschaftlichen Verflechtung nicht zwingend die Abhängigkeit in Fragen der Werbung. Auch konzernintegrierte Unternehmen können bezüglich der Kommunikationspolitik eigenständig sein, während z.B. kooperierte und Franchiseunternehmen eigenständige Kommunikationsmaßnahmen mit solchen ihrer Kooperation und Franchisepartner kombinieren (müssen), aber bei letzteren nur bedingt mitentscheiden können. Nicht unbedeutend verkompliziert werden Entscheidungsstrukturen, wenn Unternehmen externe Berater zuziehen. Sie können einerseits Mediatoren zwischen Unternehmen und ihren Agenturen sein. Andererseits versuchen sie nicht selten den kommunikativen Lead zu übernehmen – eine Entwicklung, die dadurch gefördert wird, dass viele Unternehmen ihre Marketing-
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und Kommunikationsabteilungen teilweise drastisch reduziert haben und reduzieren. Schon immer haben darüber hinaus Marktforschungsinstitute z.B. mit neuen Zielgruppendefinitionen Werbungtreibende in ihren Entscheidungen beraten und beeinflusst. Zu ihnen zählen aktuell auch Marken- und Trendforschungsbüros, die z.B. mit zukunftsorientierten Marktscreenings und -monitorings Vorgaben für Kommunikationsmaßnahmen generieren und dabei nicht immer auf die ungeteilte Freude der Werber treffen: ""Ein Unternehmensberater ist ein Mensch, der sich Ihre Uhr ausleiht und Ihnen dann sagt, wie spät es ist". An diesen Satz des amerikanischen Werbers Carl Ally muss ich immer denken, wenn ich über Neues aus der Trendforschung stolpere. Die Trendforschung verdankt ihre florierende Existenz dem täglichen Bedürfnis der Industrie, gesellschaftliche Trends und Entwicklungen möglichst frühzeitig und exklusiv zu erkennen. Was auch verrät, dass in der Wirtschaft heutzutage niemand … verbindlich weiß, wohin die Reise geht. Offenbar war es noch nie so leicht, aber auch nie so folgenreich wie heute, unternehmerische Fehlentscheidungen zu treffen." (Baginski 2000: 166)
Die Ausdifferenzierung der Akteure im Werbeprozess auf Seiten der werbungtreibenden Unternehmen findet ihre Entsprechung auch auf der Seite der Agenturen. Hier suggeriert die Bezeichnung Werbeagentur eine Homogenität, die in praxi nicht gegeben ist, wie bereits der synonym verwendete Begriff Kommunikationsagentur zeigt. Darüber hinaus lassen sich Agenturen nach Leistungsumfang, Spezialisierungen und Unternehmensstrukturen unterscheiden. So finden sich zum ersten Agenturen, die im Sinne von „one face to the customer“ alle Leistungen entlang des Werbeprozesses anbieten, die also von der Strategieberatung, über die Konzeption und Umsetzung bis zu Mediaplanung, -einkauf und -abrechnung alles aus einer Hand liefern und nur die Werbeerfolgskontrolle anderen Organisationen überlassen (FullService-Agenturen). Ob sie dabei alle Leistungen intern erstellen oder externe Subunternehmer und Freelancer hinzuziehen, verändert den Entscheidungsprozess solange nicht gravierend, wie die Koordination der Aktivitäten in der Agentur verbleibt. Zum zweiten finden sich Agenturen, die auf eine oder mehrere Teilaufgaben spezialisiert sind. Dazu zählen vor allem Design-Büros, Text-Büros, Branding-Agenturen und Mediaagenturen. Wenn sie nicht nur als Subunternehmer von Full-Service-Agenturen auftreten, sondern ihre Leistung auch direkt vermarkten, beeinflussen sie den Ablauf der Entscheidungsströme.
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Zum dritten lassen sich Agenturen nach ihrer Spezialisierung auf kommunikationspolitische Instrumente unterscheiden. Sie bieten eben nicht das komplette Spektrum kommunikativer Massnahmen an, sondern konzentrieren sich z.B. auf Verkaufsförderung, Direct-Mail, Sponsoring oder Events.
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Werbeagentur Eine Werbeagentur ist ein erwerbswirtschaftlich orientiertes Unternehmen, das im Auftrag eines Werbungtreibenden (Unternehmen/ Institution) gegen vereinbartes Entgelt entweder im Rahmen längerfristiger Verträge die marketingkommunikative Betreuung von Unternehmen/Institutionen, Produkten und Dienstleistungen treuhänderisch übernimmt oder auf Projektbasis marketingkommunikative Dienstleistungen für den Werbungtreibenden erbringt.
Unter Strukturaspekten lassen sich Agenturen in den vier idealtypischen Modellen der Abbildung 21 unterscheiden, wobei in der Praxis nahezu jede erdenkliche Mischform zu finden ist: Mit Stand-Alone-Agenturen sind hier zumeist kleinere, inhabergeführte Unternehmen gemeint, die an einem Standort arbeiten und im Einzelfall in Form einer Arbeitsgemeinschaft mit anderen Agenturen kooperieren. Diese Zusammenarbeit kommt meist zustande, um zeitliche, personelle, technische oder fachliche Engpässe – etwa bei Gewinn eines großen Etats – zu überbrücken, ohne in der Agentur größere Fixkostenblöcke aufbauen zu müssen. Sie kann gleichberechtigt oder im General-/Subunternehmen-Verhältnis eingegangen werden und wird in der Regel ohne allzu tief gehende und vor allem langfristig bindende Verträge beschlossen. Gerade größere mittelständische Agenturen stehen bisweilen aufgrund ihrer Kundenstruktur vor der Herausforderung, an mehreren, oft länderübergreifenden Standorten Präsenz zeigen oder Spezialdisziplinen anbieten zu müssen. Oft sind dann finanzielle Risiken, zeitlicher Druck, das NichtVertrautsein mit fremden Standortgegebenheiten oder der Wille zum Selbstständig-Bleiben so groß, dass die Optionen verworfen werden, diese Kapazitäten aus eigenen Mitteln aufzubauen oder in einem Agentur-Network aufzugehen. Hier bietet sich das Modell eines Agentur-Verbunds an, in dem sich rechtlich selbstständige Agenturen unter Wahrung ihrer Eigenständigkeit auf der Basis bindender Verträge und gemeinsamer Standards zusammenschließen. Als Beispiel sei hier der Agentur-Verbund BBN-International Brand Communication zitiert, in dem sich neben Agenturen aus Afrika,
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Nord- und Südamerika und Asien etwa die Agenturen WOB für Deutschland, Munier für Frankreich und IAS für Grossbritannien und First Advertising Irland gefunden haben. Abbildung 21: Idealtypische Agenturmodelle
Quelle: eigene Darstellung
Im dritten Modell, dem Agentur-Network, schließen sich einzelne, bis dahin voneinander unabhängig auftretende Agenturen unter dem Dach einer gemeinsamen Holding und unter einer gemeinsamen Marke zusammen. Die Internationalisierung werbungtreibender Unternehmen und deren oftmals
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damit verbundene Forderung nach einer international, wenn nicht global einheitlichen Betreuung durch die Agentur haben die Entstehung von Networks ebenso gefördert wie das Bemühen der Agenturen, im Sinne einer integrierten Kommunikation alle kommunikativen Leistungen aus einer Hand zu bieten (siehe Kapitel 1.3.3). Die Aufgabenteilung zwischen Network-Holding und einzelner Agentur ist von Netzwerk zu Netzwerk höchst unterschiedlich gewichtet. In der Regel sieht sie aber so aus, dass die Holding als Backoffice der Agenturen zentrale Dienstleistungen, wie Finanzen, Technologie, Knowledge-Management und -flow sowie Koordinationsleistungen anbietet und die strategische Ausrichtung des Networks vorgibt, damit sich die Agenturen auf ihr operatives Geschäft konzentrieren können. Bereits in Kapitel 1.2 wurde darauf verwiesen, dass sich sowohl werbungtreibende Unternehmen wie auch Medienorganisationen im Zuge der Globalisierung und Internationalisierung, der Mediatisierung und der Ökonomisierung zu immer größeren Einheiten entwickelt haben und weiter entwickeln. Die Agenturen sehen sich damit auf beiden Seiten ihres unternehmerischen Handelns mit immer mächtigeren Verhandlungspartnern konfrontiert. Um ihrerseits auf gleicher Augenhöhe verhandeln zu können (vgl. Telgheder, Berni 2005: 14), haben sich mit Havas, Interpublic, Omnicom, Publicis und WPP bislang fünf Network-Konzerne herausgebildet, die als viertes Modell für Agenturstrukturen herangezogen werden können. In diesen Mega-Netzwerken unterstehen mehrere komplette Agentur-Networks einer gemeinsamen Holding. Zwar ist auch die Aufgabenteilung zwischen Network und Konzern-Holding von Konzern zu Konzern verschieden, das folgende Fallbeispiel dürfte sich jedoch nur leicht modifiziert bei den anderen vier Konzernen wiederfinden:
Fallbeispiel: Aufgabenteilung zwischen Network und Konzernholding bei WPP "All WPP companies are distinctive brands in their own right; all with their own identities and own areas of expertise. That is their strength. What they have in common is in harnessing intelligence, talent and experience to bring competitive advantage to their clients. WPP, as a parent, complements the professional activities of our individual operating companies through initiatives and programs that provide greater value to our clients, competitive advantage to our companies, opportunities and rewards for our people." http://www.wpp.com/wpp/main_insidewpp.html, Aufruf am 01.05.2005
Diese Veränderung der Akteurskonstellationen bleibt nicht ohne Folgen für das Geschehen im Markt. So ist seit geraumer Zeit ein Trend dahingehend zu beobachten, dass bei Wettbewerben um sog. Mega-Etats, wie beispielsweise
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den um den 300-Millionen-Dollar-Etat von Intel oder den um den auf eine halbe Milliarde Dollar geschätzten Etat der Hongkong Shanghai Bank Corp. HSBC, nur noch Network-Konzerne eingeladen werden (vgl. Gieseking 2005: 40ff). Inwieweit dieser Trend nachhaltig wirkt, wird derzeit kontrovers diskutiert. Während sich werbungtreibende Unternehmen vor allem kostenrelevante Größenvorteile und die Verfügbarkeit eines Pools an Spitzenkompetenzen versprechen, verweisen Kritiker vor allem auf ein noch höheres Risiko für Kundenkonflikte als bei Network-Agenturen. Angesichts der Tatsache, dass in einigen Branchen, wie z.B. bei Automobilen, streng darauf geachtet wird, dass innerhalb des Networks nicht für ein Konkurrenzunternehmen geworben wird, scheint diese Warnung nicht ohne Substanz. Abbildung 22: Die fünf Network-Konzerne und ihre bekanntesten Netzwerke
Quelle: eigene Darstellung
Ausdifferenzierung als struktureller Entwicklungstrend lässt sich aber auch bei anderen Akteuren im Werbeprozess beobachten: Bei den Produktionsund Gestaltungsspezialisten führen oftmals technische Innovationen und damit verbundene Anforderung an neue Kompetenzen, aber auch wachsender Kostendruck dazu, dass z.B. solche Kompetenzen an „Spezial-Spezialisten“ ausgelagert werden und z.B. in der Filmproduktion neben die klassischen Produzenten Animations- und Digitalisierungsspezialisten, Stunt-Teams und weitere Akteure treten. Auch hier nimmt die Ausdifferenzierung erst dann Einfluss auf den Werbeprozess, wenn die „Spezial-Spezialisten“ nicht mehr als Subunternehmer im Auftragsverhältnis für die Spezialisten arbeiten, sondern ihre Leistungen direkt bei den Werbungtreibenden vermarkten.
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Aus publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht haben Mediaagenturen eine besondere Stellung inne; denn auch wenn sie nicht immer im Ablaufprozess zwischengeschaltet werden, bilden sie doch die Schnittstelle zwischen der Produktions- und der Distributionsebene. Je komplexer ein Mediensystem ist, d.h. je mehr Titel, Programme und Sendungen von zum Teil unterschiedlich strukturierten Medienorganisationen sich für Werbeschaltungen anbieten, desto komplexer und differenzierter werden Auswahl und Optimierung der Belegung, desto grösser wird aber auch der Macht- und Einflussbereich der Mediaagenturen. Dieser erstreckt sich zum einen auf die kreative Umsetzung und zum anderen – in viel stärkerem Ausmaß – auf die Medien. Da Mediaagenturen mittlerweile enorm große Budgets verwalten – das einkaufs- und abwicklungsbetreute Etatvolumen im Jahr 2002 betrug alleine in Deutschland 15.799,6 Mio. Euro 29 – und zugleich als Organisationen hochkonzentriert sind, gehen sie mit einer bedeutenden und entsprechend preisgestaltenden Nachfragemacht in Einkaufsverhandlungen für Werbezeiten und -räume (vgl. auch die Interviewzitate in Kramer 2001b: 171). Auch deshalb ist in Abbildung 18 die Mediaplanung parallel zur kreativen Umsetzung verankert. Das Pendant zu den Mediaagenturen auf der Produktionsebene sind auf der Distributionsebene die Vermittler und Vermarkter von Werberaum und -zeit auf Seiten der Medien. Während Vermittler reine Vermittlungsdienste anbieten, ohne Werberaum und -zeit aktiv zu vermarkten – auch weil sie zum Teil keine Exklusivverträge mit den Medien haben – verkaufen Vermarkter nicht nur aktiv Werberaum und -zeit, sondern begleiten diesen Verkauf mit Marketingaktivitäten, wie z.B. Studien zu Zielgruppen und relevanten Märkten oder Planungstools für die Mediaplanung. Werbevermarkter sind in unterschiedlichen Organisationsformen anzutreffen: als Abteilung innerhalb einer Medienorganisation ebenso wie als rechtlich selbstständiges, aber an die Medienorganisation als Muttergesellschaft gekoppeltes Tochterunternehmen bis hin zu eigenständigen Vermarktungsunternehmen, die im Auftragsverhältnis Werbezeit und -raum mehrerer Medienorganisationen, zumindest aber mehrerer Objekte, wie z.B. Zeitschriftentitel oder Fernsehsender vermarkten. Auch reine Vermittler sind als selbstständige Unternehmen organisiert und vermitteln dann Werbeschaltungen für verschiedenste Titel. Oft kooperieren entsprechende Abteilungen, wie z.B. die Anzeigenabteilung eines Zeitungsverlages, mit externen Vermarktern oder auch nur Vermittlern, so dass zwei Akteure an der Prozessabwicklung beteiligt sind. Während die Ausgliederung von Vermarktungsgesellschaften z.B. als Werbetöchter von öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern vom Postulat der Trennung von 29 Vgl. OMG-Ranking 2002 (http://www.omg-online.de/index.php3 aufgerufen am 25.1..2005).
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Werbung und Redaktion motiviert gewesen sein mag, spielt bei der Bildung größerer Vermarktungseinheiten neben der Möglichkeit, titelübergreifende Kombinationsangebote entwickeln und vermarkten zu können, vor allem die Bündelung von Verkaufsmacht die zentrale Rolle. So vermarktet beispielsweise GWP Media-Marketing als Vermarktungstochter der Verlagsgruppe Handelsblatt ein crossmediales Portfolio, das u.a. im Printbereich das Handelsblatt, die WirtschaftsWoche, DIE ZEIT sowie Cicero und im TV-Bereich Bloomberg Television und ARTE umfasst. Damit kann GWP ihren Werbekunden mit entsprechenden Kombinationen Preisvorteile sowie eine erleichterte Abwicklung bieten. Als Werbezeitenvermarkter der RTL-Gruppe ist die IP Deutschland GmbH Verkäufer für Werbung auf RTL, Super-RTL, VOX, n-tv und diverser digitaler Zielgruppensender, während Werbung auf Sat1, Pro7, Kabel 1 und N24 bei SevenOne Media gebucht werden muss. Mit mehreren kleinen, sowie wenigen, aber verhandlungsstarken Anbietern spiegeln die Strukturen der Distributionsebene diejenigen auf Seiten ihrer Marktpartner bei den Werbungtreibenden und ihren Agenturen sowie bei den Medienorganisationen wieder. Bei verschiedenen Formen programmintegrierter Werbung kommen auch andere Intermediäre als Mediaagenturen und Vermarkter ins Spiel. So wird z.B. nicht selten bereits in der Entwicklung von TV-Formaten von den Entwicklern ein komplettes Konzept zur Integration der Werbung erstellt und teilweise bereits länderspezifisch organisiert. Da die Initiative für potenzielle Werbeformen dann von der Medienseite ausgeht, stellt dies die Abfolge der klassischen Auftragslogik auf den Kopf. Insofern sind Konzept-, Formatund Programmentwickler zunehmend wichtiger werdende Akteure im Beziehungsnetz Werbung. Andere als die oben genannten Intermediäre werden bei nicht massenmedialer Werbung aktiv. Zwar lassen sich auch hier – analog zur Situation für die Werbung in Massenmedien – individuelle, kollektive oder korporative Akteure finden. Doch wird ja bereits mit der Bezeichnung „nicht massenmedial“ implizit, dass es hier um kleinteiliger organisierte Werbeprozesse geht. Die Plakatierung für ein lokales Rock-Konzert folgt anderen Logiken und braucht daher oft andere Akteure als die Kampagne zur nationalen Einführung eines neuen Automodells. Zumal viele Medien, wie z.B. Plakate, CityLightPosters, Verkehrsmittelwerbung oder Mega-Posters, standortbezogen unterschiedliche Eigentümerstrukturen, Kommunikationsqualitäten und Belegbarkeiten aufweisen: So gibt es z.B. für ein Netz aus CityLightPostern sowohl verlässliche Mediadaten als auch die Möglichkeit zur zentralen Buchung über einen der großen Aussenwerbe-Vermarkter, wie z.B. Clear Channel, JC Decaux, Ströer oder Wall. Bei einem Mega-Poster, das als Werbefläche nur während der Bauarbeiten eine private Gebäudefassade
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ziert, können lokale Werbungtreibende und deren Agenturen aber oft schneller agieren, zumal auch der Nachweis valider Mediadaten normalerweise nicht im Kompetenzfeld privater Hausbesitzer liegen dürfte. Dagegen haben die Institutionen der Mediaforschung gerade hier ihre Kernkompetenzen. Sie dürfen im Zusammenspiel der Akteure im Werbeprozess keineswegs vergessen werden, auch wenn sie selten einen aktiven Part innerhalb der Auftragslogik einnehmen. Dennoch haben sie mit ihren Daten über die vergangene Mediennutzung, über die Segmentierung und Typologisierung des Publikums, über Medientypologien oder über die Abgrenzung regionaler Erfassungsräume einen impliziten Einfluss auf Entscheidungen im Rahmen des Werbeprozesses. Wie zuvor schon der Begriff Agentur, so suggeriert auch die Bezeichnung Medien ebenfalls eine Homogenität, die in praxi nur bedingt gegeben ist. So sind wie schon in Kapitel 1.2 ausführlicher beschrieben, nicht nur die Mediengattungen wie Zeitung, Zeitschrift, Hörfunk, TV, Außenwerbung u.a. höchst unterschiedlich, sondern auch ihre Organisationsweise und deren Konkretisierungen, sprich: die einzelnen Medienunternehmen. Zum Teil gelten unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen, wie z.B. bei unterschiedlichen Werbebeschränkungen für Print- und TV-Werbung. Zum Teil zeigen sich auch unterschiedliche Prozeduren für die Werbebuchungen. Inwiefern die Medien eine Verhandlungsmacht aufbauen können, hängt wesentlich von ihrer Stellung im Medienwettbewerb ab. Diese ist umso einzigartiger – und legitimiert damit höhere Preise –, je weniger Konkurrenz ein Medium intra- und intermedial zu befürchten hat. So sind z.B. Tageszeitungen in sog. Ein-Zeitungskreisen (d.h. in Regionen oder Städten, in denen nur jeweils eine Tageszeitung auf dem Markt ist) für regionale und lokale Anbieter oft die einzige Möglichkeit, zielgruppenspezifisch im Printbereich zu werben. Der intramediale Wettbewerb ist gleichsam ausgeschaltet. Verliert eine solche Tageszeitung Rubrikanzeigen, wie die für Gebrauchtfahrzeuge z.B. an das Internet, so zeigt dies, dass zumindest der intermediale Wettbewerb noch intakt ist. Mit aktivem Absatzmarketing beeinflussen Medien die Auftragslogik im Werbeprozess z.B. dergestalt, dass sie über die Themen der nächsten Ausgaben bzw. Sendungen, über Sonderthemen von Beilagen und Specials oder über die Programmstruktur des nächsten Jahres informieren. Für viele Werbungtreibende liefern sie damit oft einen auslösenden Impuls für Werbeaktivitäten – allerdings eher für ad-hoc-Maßnahmen, als für eine im Sinne der Abbildung 18 langfristig angelegte und strategisch geplante Kampagne. Auf der Verarbeitungs- und Reflektionsebene, d.h. im Branchenumfeld, greifen Werbeverbände und -vereinigungen zwar nicht direkt in den Auf-
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tragsprozess ein. Von ihnen vertretene Standpunkte, Leitlinien, Branchencodizes und ethische Standards oder auch das Branchenbild, das sie im Rahmen der für ihre Mitglieder geleisteten PR vermitteln, können dennoch relevant werden. Besonders zeigt sich dies bei Kreativwettbewerben. So vergeben z.B. in Deutschland der Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA jährlich den Effie und den Social Effie für nachgewiesen wirksame Werbung oder der Art Directors´ Club ADC goldene, silberne und bronzefarbene Nägel für besonders kreative Leistungen im ADC-Wettbewerb. Wenn sich sowohl viele werbungtreibende Unternehmen bei der Agenturauswahl als auch Agenturen in ihrem kreativen Output an solchen Wettbewerben orientieren, werden Effektivität und Kreativität zu einer Art Leitwährung der Branche und die Branchenverbände und -vereinigungen als Quasi-Zentralbank zu Hütern dieser Währung. Als brancheninterne Beobachter können sie sowohl positive Leistungen als auch negative Ereignisse sanktionieren. Noch konkreter wird der Einfluss dann, wenn Verbände, wie z.B. der GWA in Deutschland, Hilfestellung für die Auswahl der richtigen Agentur anbieten (vgl. gwa-suchagent auf www.gwa.de). Eine den Verbänden ähnliche Stellung nehmen Fachmedien ein. Sie leisten eine Art Selbstbeobachtung der Branche und machen damit das komplizierte Netz an Akteuren und Beziehungen innerhalb der Werbe- und Kommunikationsbranche für die einzelnen Akteure erfassbar. Von ihnen positiv thematisiert zu werden, erhöht die Reputation der Werbeakteure, was sich auch ökonomisch umsetzen lässt. Fachmedien spielen auf der Ebene der Verarbeitung und Reflektion deshalb auch eine größere Rolle als Publikumsmedien, weil die Entscheider damit tendenziell besser zu erreichen sind. Auch die Wissenschaft spielt auf dieser Ebene eine Rolle. Inwieweit diese marginal bleibt oder spürbaren Einfluss hat, hängt zum einen von der Praxisnähe wissenschaftlicher Erkenntnisse ab, weil mit zunehmender Praxisnähe die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Erkenntnisse z.B. über ihre Thematisierung in den relevanten Fachmedien in die Branche Eingang finden. Zum anderen basiert der Einfluss der Wissenschaft auf dem Engagement der jeweiligen Disziplin in der Ausbildung von „Werbenachwuchs“. Über Ausund Weiterbildung können Sichtweisen auf und theoretische Ansätze zur Werbung sukzessive Eingang in die Auftrags- und Produktionsebene gewinnen. Zudem kann Wissenschaft bzw. können wissenschaftliche Institutionen oder Personen auch in die Rolle von Beratern schlüpfen. Ihr Einfluss bleibt aber insgesamt eher latent.
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3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
3.3.3 Akteurs- und Interessenskonstellationen in der Werbung Will man die relevanten Akteurskonstellationen anhand der sie verbindenden Logik beschreiben, so lassen sich analytisch drei verschiedene Arten unterscheiden: „Beobachtungskonstellationen beruhen darauf, dass Akteure einander lediglich wahrnehmen und jeder sein Handeln durch die Wahrnehmung des Handelns der jeweils anderen mitbestimmen lässt. Jeder beobachtet, was die Gegenüber tun, und passt sich dadurch der Konstellation an. Auch Beeinflussungskonstellationen bedienen sich wechselseitiger Beobachtung; doch darüber hinaus verfügen die Beteiligten über Möglichkeiten, ihre Gegenüber gezielt mittels Macht, Geld, Moral und anderer Einflusspotentiale anzusprechen. Durch tatsächlichen oder angedrohten bzw. versprochenen Einsatz dieser Einflusspotentiale bemühen sich Akteure, eine anderenfalls nicht gegebene Fügsamkeit ihrer Gegenüber zu erreichen. In Verhandlungskonstellationen schließlich beobachten und beeinflussen die Akteure einander gegenseitig; und darüber hinaus können sie bindende Vereinbarungen miteinander treffen, die eine erhöhte Erwartungssicherheit bieten.“ (Schimank 2002: 323)
Diese Konstellationen finden sich in der Praxis meist nicht in Rein-, sondern als Mischformen. So können in Beobachtungs- und Verhandlungskonstellationen einzelne Akteure auch ihr Beeinflussungspotenzial einsetzen. Gelegentlich genügt es bereits, dass die anderen Akteure um diese Potenziale wissen, damit sich Macht- oder Verhandlungskonstellation verändern. Dies kann auf der Handlungsebene in der Form geschehen, dass entweder Machtmittel z.B. in Form von Budgets eingesetzt werden, oder die Einhaltung/ Nichteinhaltung von Normen – etwa formaler Berufsnormen – sanktioniert oder mittels Deutungsschemen wie Marken und Image kommuniziert wird (vgl. Jarren/Röttger 2004). Die Einordnung der Beziehung zwischen Kunden und Agentur von Friedemann W. Nerdinger (1990: 174ff) basiert auf einer ähnlichen Einschätzung. Er sieht diese Beziehung als Machtbeziehung, in der Belohnung, Bestrafung, Identifikation, Information, Legitimität und Expertentum zum Tragen kommen. Während die Auftragslogik der Werbung je nach Auftragsgestaltung in die Gruppe der Beeinflussungs- oder die der Verhandlungskonstellationen gehört, gibt es darüber hinaus auch weitere Interessens- und Einflusssphären, die anders zu verorten sind. Im Folgenden werden neben den entscheidungsrelevanten Stufen der Auftragslogik diejenigen Interessens- und Einflusssphären skizziert, die – die Auftragslogik ergänzend – die Entscheidungen und Ablaufprozesse beeinflussen können.
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3.3.3.1 Idealtypische Struktur der Werbekommunikation Eine idealtypische Struktur anhand der klassischen Auftragslogik thematisiert, wer wann worüber entscheidet, wie und von wem beeinflusst wird und ggfs. welche Konsequenzen dies hat. Es ist ein Prozess sowohl der zunehmenden Selektion von beteiligten Akteuren als auch der Konkretisierung der Vorgehensweisen. Ohne im Weiteren auf die Motivation für konkrete Kommunikationsaufträge einzugehen, wird dabei von der Position des Unternehmers als Auftraggeber ausgegangen. Dabei symbolisieren schwarze Pfeile Beeinflussungskonstellationen, während graue Pfeile Beobachtungskonstellationen repräsentieren. Die Pfeilspitzen stehen für die Richtung der Beeinflussung bzw. der Beobachtung. Dementsprechend symbolisieren wechselseitige Pfeile Verhandlungskonstellationen. In Abbildung 23 wird der gesamte Ablauf des Werbeprozesses für die klassische Mediawerbung idealtypisch durchgespielt, auch wenn z.B. viele Aufträge ohne Wettbewerbspräsentation direkt an eine Agentur vergeben werden, oder aber z.B. die Auftragslogik programmintegrierter Werbung etwas anders verläuft. Die Produktion der Botschaft im Lasswell'schen Sinn geht also, auch wenn nur die Auftragslogik berücksichtigt wird, auf das wechselseitige Zusammenspiel verschiedener Akteure zurück. Die Frage nach dem Kommunikator werblicher Botschaften ist damit nicht ganz einfach zu beantworten. Einerseits greifen die Agenturen – ähnlich wie die Journalisten – auf das Selbstbild und die Selbstbeschreibung der Unternehmen zurück, andererseits sind sie – im Gegensatz zu idealtypisch agierenden Journalisten – in ihrer Weiterverarbeitung parteilich im Sinne der Auftraggeber. Einerseits sind die auftraggebenden Unternehmen letztlich verantwortlich für die Werbung, andererseits liegt die kreative Umsetzung, und damit die eigentliche Ansprache der Zielpersonen, in der Hand der Agenturen. Auch kommen mit der Vielzahl der Akteure im Produktionsprozess Informationsungleichheiten ins Spiel, die im nächsten Kapitel diskutiert werden.
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Abbildung 23: Die Akteure in der Auftragslogik des Werbeprozesses
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Quelle: eigene Darstellung
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Was aber ist mit dem Publikum, den Rezipienten, den Zielgruppen? Zwar gibt ihre Lebensweise – meist zu Milieutypologien verdichtet – den Werbern wichtige Hinweise für die Gestaltung der Werbebotschaft. Auch liefern die Verhaltensmuster ihrer Mediennutzung die Basis für die Mediaauswahl. Und schließlich stellen ihre Reaktionen auf Werbung letztlich den eigentlichen Werbeerfolg dar. Dennoch ist das Publikum, sind Zielgruppen allenfalls als Orientierungsgrößen relevant, aber keine Akteure im vorher genannten Sinn. Weil kein Organisationsgrad erkennbar ist, bleibt das Publikum bzw. bleiben die Zielgruppen Kollektive ohne Akteurstatus. „Das Publikum trifft Entscheidungen, verfügt über Ressourcen, orientiert sich an bestimmten Angeboten, doch es ist sich seiner selbst nicht bewusst. Das Publikum hat auch keine Sprecher. Es handelt gleichsam kollektiv, doch keiner weiß im Moment der Handlung vom anderen. Mit dem Handeln wird durchaus ein kollektives Ziel, bspw. sich zu informieren oder sich zu unterhalten, verfolgt, aber dem Handeln liegt keine vorab ausgemachte Strategie zugrunde. Zwar hat das Handeln des Publikums soziale Folgen: So wird Fernsehnutzung zu einer Quote, die dem Fernsehsender eine Werbeeinnahme ermöglicht. Intentional aber hat das Publikum dieses Ziel nicht verfolgt. Das Publikum ist somit zwar ein soziales Kollektiv, aber kein Akteur. Deshalb kann das Publikum als Akteur beispielsweise nicht in die Programm- oder Redaktionsentscheidungen direkt eingreifen. Es wird allenfalls als einzelne Person wahrgenommen (Leser- oder Zuschauer-/Zuhörer-Reaktion) oder als Aggregat, so in Form von Nutzungsdaten aus der Medienforschung.“ (Jarren/Donges 2002: 63)
Inwieweit Brand Communities als organisierte Fangemeinden bestimmter, emotional hoch aufgeladener und meist mit Leistungen im Sport verknüpfter Marken, wie z.B. Ferraristi, Kunden-Clubs als Ergebnis der Bemühung Werbungtreibender, Kunden ans Unternehmen oder an die Marke zu binden, oder Kundenbeiräte im Business-to-Business-Geschäft an der Schwelle stehen, Akteure zu werden, hängt von deren Größe, Einflussmöglichkeiten und Organisationsform ab. Denn während Brand Communities oft aus sich selbst heraus entstehen, entwickeln sich Kundenclubs und Kundenbeiräte meist auf Initiative der Unternehmen. 3.3.3.2 Orientierungen, Interessen und Einflüsse jenseits der Auftragslogik Die bisherigen Ausführungen haben bereits gezeigt, dass der werbliche Produktionsprozess durch die Komplexität von Entscheidungssituationen charakterisiert ist, an denen entlang der Auftragslogik viele verschiedene Akteure beteiligt sind. Zugleich wird dieser Ablauf durch weitere Orientierungen, Interessen und Einflüsse geprägt. Als wesentliche Charakteristik der kausalen Auftragslogik sind die Informationsungleichheiten zwischen Auftraggeber (Unternehmen) und Auftrag-
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nehmer (Agentur) zu nennen, die aus institutionenökonomischer Perspektive 30 als Prinzipal-Agent-Problem zu fassen sind (vgl. Schachtner 2002; Schierl 2003: 97ff; Schaaf 2010). Danach ist die Beziehung zwischen auftraggebendem Unternehmen (Prinzipal) und Agentur (Agent) zwar einerseits von der Auftragslogik bestimmt, andererseits kann der Auftraggeber nicht Alles im Detail vorgeben, er kann somit den Agenten nicht völlig steuern. Zudem verfügt der Agent, hier also die Werbeagentur, über das größere Expertenwissen. Sie hat damit klar einen Informationsvorsprung, denn gewisse Entscheidungen kann das werbungtreibende Unternehmen gar nicht beurteilen. Denn hätte das Unternehmen im Gegenzug die gesamten Kenntnisse und Fähigkeiten der Agentur, könnte es die Aufgabe selbst übernehmen. Zu umfassende Kontrolle über die Agententätigkeit würde aber zu hohe Kosten verursachen und ist insofern nicht zielführend. Deshalb hat der Agent einen mehr oder minder großen Entscheidungsspielraum in seiner Tätigkeit. Betrachtet man die Agenturleistung zudem richtigerweise als Kontraktgut (vgl. Schachtner 2002: 43ff), verkompliziert auch dies die Beziehung. Denn die Leistung ist eben kein industriell gefertigtes Massenprodukt, für das, wie z.B. bei Autos, technische Vorgaben bestehen und das vorab produziert und gelagert werden kann. Agenturleistung als Kontraktgut ist vielmehr eine individuell auf den Auftraggeber zugeschnittene komplexe Dienstleistung (zur Definition von Dienstleistungen vgl. ausführlich Meyer 1998: 5ff). In diese Gesamtleistung gehen viele Einzelleistungen unterschiedlicher Ausrichtung ein, sie ist von gewisser zeitlicher Dauer, hochgradig individuell zugeschnitten, bedarf der Integration des Kunden und hat einen hohen Abstimmungsbedarf. „Beide für die Moral-Hazard-Gefahr mögliche Ursachen – Hidden Action und Hidden Information – sind somit von Bedeutung: Der Informationsvorsprung der Werbeagentur ergibt sich sowohl aus der unvollständigen Kontrolle ihrer Arbeit (Hidden Action) als auch aus ihrer Kompetenz (Hidden Information). … Weil das werbungtreibende Unternehmen das kreative Potential der Agentur nutzen will, verbleiben trotz Briefing und möglicher Zwischenpräsentationen weitgehende Spielräume für die Agentur.“ (Schachtner 2002: 49)
Die Entscheidungen, was kreativ ist, ob Werbeideen neu sind, die Werbebotschaften wirklich den Lebenswelten der Zielgruppen entsprechen u.v.m. verbleiben damit oft im Entscheidungsbereich der Agenturen. Agenturleis-
30 Vgl. zur Institutionenökonomik u.a.: Williamson 1985; Furubotn/Richter 1991; Richter/Furubotn 1996.
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tungen sind damit wie viele andere Dienstleistungen – so auch Medienangebote – Erfahrungs- und Vertrauensgüter. 31 Dies wird dann zum Problem, wenn man die Grundannahme der Institutionenökonomik ins Spiel bringt, nach der sich Individuen opportunistisch verhalten. Prinzipal und Agent handeln insofern opportunistisch, weil sie (neben anderen) ihre eigenen Interessen verfolgen. Während aber das Eigeninteresse des werbungtreibenden Unternehmens der Auftragslogik entspricht, kann das Eigeninteresse der Agentur dieser Logik auch widersprechen; zumindest stimmt es nicht immer völlig damit überein. Denn Kunden beanspruchen höchste Werbewirkung zu möglichst niedrigen Kosten. Die Agentur ihrerseits ist zum einen daran interessiert, selbst Gewinne zu erzielen, also entweder hohe Entlohnungen zu erhalten oder aber ihre eigenen Kosten niedrig zu halten, und sie ist andererseits nicht nur an Werbewirkung, sondern auch an einem möglichst hohem Kreativitätsgrad der gestalteten Werbung interessiert, weil sie sich dadurch branchenintern positionieren kann (vgl. Schierl 2003: 108ff). Dieses Dilemma findet seine Fortsetzung auch innerhalb der Agentur zwischen der Kundenberatung und der Kreation (vgl. Kapitel 3.4) oder in der Zusammenarbeit mit Subunternehmen. Zur Lösung des stets latenten und immer wieder thematisierten Konflikts versuchen viele Agenturen, Einfluss auf das werbungtreibende Unternehmen zu gewinnen. Dies bringt zudem weitere Vorteile mit sich. So zeigt der Grad, in dem Agenturen z.B. die Produktentwicklung, die Marken und die Kommunikationspolitik bestimmen können, auch ihre Relevanz als professionelle Berater an. Er sichert die Langfristigkeit der Kundenbeziehungen und damit der Umsätze und Erträge. Und er hat gute Chancen, in Fachpublikationen entsprechend gewürdigt zu werden. In der Werbegeschichte lassen bis heute immer wieder Beispiele solcher Agentur-Kunden-Beziehungen nachweisen, so etwa die Verbindung von Leo Burnett und Marlboro, Helmut Schmitz bei DDB und Volkswagen, Michael Schirner bei GGK und IBM oder Oliviero Toscani und Benetton (vgl. Aebi 2003: 370). Dass intensive AgenturKunden-Beziehungen Nachrichtenwerte und Diskussionsstoff auch jenseits der Fachmedien liefern können, zeigt die in Kapitel 3.3.2.1 dargestellte Trennung des Uhrenherstellers IWC Schaffhausen von seiner Agentur WIRZ Werbung im März 2005: neben kritischen Artikeln in den Fachmedien musste sich IWC mit zahlreichen Kundenbriefen und -mails auseinandersetzen.
31 Die Unternehmen bzw. ihre Vertreter weichen der Entscheidungsproblematik gelegentlich und unprofessionell dahingehend aus, dass sie nur beurteilen, ob die Kampagnen bzw. Werbebotschaften und Motive ihnen selbst gefallen und nicht der anvisierten Zielgruppe. Immer noch sollte aber der Wurm dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.
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Insgesamt besteht also eine Unsicherheit bzgl. der Qualität der Agentur und ihrer Leistung, was z.B. die Auswahl einer Agentur und auch die Beurteilung ihrer Leistung erschwert; denn das Unternehmen könnte die „falsche“ Agentur auswählen oder aber die angebotene Leistung als einzigartig annehmen, obwohl Teile anderer Leistungen wieder verwertet wurden, die entweder für einen anderen Kunden entwickelt waren und von diesem verworfen wurden oder – meist in anderem Branchenumfeld – schon einmal verkauft wurden. Eine Qualitätsbeurteilung von Agenturen auf Basis harter Fakten ist letztlich nicht einmal im Nachhinein möglich, weil aufgrund der schwierigen Zuordnung der Wirkungen zu einer bestimmten Werbung keine wirkliche ex-post-Beurteilung möglich ist. Die Unsicherheit bezüglich der Qualität der Agentur und ihrer Leistung bleibt damit bestehen. Und sie führt dazu, dass jene anderen Aspekte zu Schlüsselinformationen werden, denen Signaling-Kompetenz zukommt, die also zwar nicht die Leistung selbst darstellen und ihre Qualität beweisen, die diese aber anzeigen sollen: Bekannte Agenturnamen, gewonnene Auszeichnungen (die damit wiederum der strategischen Selbstbehauptung dienen), aber auch der Agenturstandort und die -räumlichkeiten sowie die Präsentations- und Überzeugungsfähigkeiten32 der Agenturvertreter können so die Auswahlentscheidung beeinflussen. „Da es keine gesicherten Maßstäbe für die Beurteilung der Leistung von Werbeagenturen gibt, sind Spannungen und Konflikte, in die auch leistungsunabhängige, teilweise sogar rein emotional begründbare Probleme hineinspielen kaum vermeidbar.“ (Aussage eines Marketing-Managers aus dem Jahr 1981 zitiert nach Nerdinger 1990: 93)
Für Werbeagenturen spielt es also eine wesentliche Rolle, Vertrauen in ihre Leistungsfähigkeit zu schaffen (vgl. Meyer 1998: 10f). Die diskutierte Problematik führt allerdings nicht – wie zu erwarten wäre – zu besonders langjährigen Kunden-Agentur-Beziehungen. Vielmehr ging die Dauer der Geschäftsbeziehungen seit den sechziger Jahren bis Ende der neunziger Jahre kontinuierlich auf eine Beziehungsdauer von durchschnittlich zwei Jahren zurück (vgl. Schierl 2003. 109). Dies wirkt zunächst umso paradoxer, je deutlicher wird, dass ein Wechsel der Agentur für werbungtreibende Unternehmen nicht nur neue Unsicherheiten bezüglich der Auswahl einer neuen Agentur schafft. Vielmehr verursacht ihnen ein Agenturwechsel Mehraufwand für Neu-Auswahl, Einarbeitung und die Eindämmung des Abflusses an KnowHow, das die Berater der alten Agentur mit eingebracht haben. Auf Agenturseite stellt sich neben dem Druck, Neugeschäft akquirie-
32 Auch in der Eigeneinschätzung der Werber sind die Präsentationsqualitäten von entscheidender Bedeutung. Laut Aussage eines Agenturchefs sind Präsentationen „die Abteilung Zirkus“ (vgl. dazu Nerdinger 1990: 87f).
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ren zu müssen, vor allem ein Loyalitätsproblem, wenn plötzlich die „eingeschworene“ Parteilichkeit zum Altkunden und seinen Marken und Produkten durch die Loyalität zu einem neuen, ggfs. sogar konkurrierenden Unternehmen ersetzt werden muss. Die Frage, ob Loyalität so schnell entwickelt werden kann, stellt sich berechtigterweise. 33 Der gängigste Weg, diese Paradoxien aufzulösen, besteht darin, dass der Kunde die Agentur, nicht aber seine Betreuer wechselt, weil diese zur neuen Agentur übersiedeln (vgl. o.V. 2005: 10). Inwieweit damit ein kommunikativer Neuanfang gelingen kann, soll hier nicht Gegenstand der Beurteilung sein. Um die Unsicherheiten der Qualitätsbeurteilung zu überwinden, setzen viele Unternehmen auf verschiedene weitere Maßnahmen, wie z.B. das Screening, also das Einholen von Informationen über Agenturen mittels Desk Research, ersten Gesprächen (vgl. Dahlhoff 1999: 264ff) und externen Suchhilfen, die Überprüfung von Qualitäts-Signalen, Zwischenpräsentationen, das Einschalten von Beratern, die Durchführung von Markt- und Werbeforschungstests oder die Schaffung von Anreiz- und Kontrollsystemen, ohne die Probleme vollständig lösen zu können. Einen Überblick über mögliche Maßnahmen, Probleme im Vorfeld oder Nachgang eines Agenturentscheids zu minimieren, zeigt Abbildung 24 auf der Folgeseite. Auch die Diskussionen um neue Agenturvergütungssysteme lassen sich letztlich auf diese Probleme zurückführen. Nicht immer allerdings eignen sich diese Maßnahmen, um die werbliche Effizienz und Effektivität zu steigern. Statt dessen arten sie viel zu oft in wechselseitiges Misstrauen und puren Preisdruck aus, wie Branchenberichte im Fallbeispiel auf der nächsten Seite zeigen. Die Beurteilung der Maßnahmen im Hinblick auf ihre Diskriminierungsfähigkeit fällt ebenfalls unterschiedlich aus. Während Wettbewerbspräsentationen aufgrund ihres Selbstselektionscharakters nach Dirk Schachtner (2002: 74f und 211) sehr gut geeignet sind, Agenturen unter den Unsicherheiten von Prinzipal-Agent-Bedingungen auszuwählen, hängt die Eignung von Werbe-Awards stark von den Beurteilungskriterien des jeweiligen Wettbewerbs ab. In seiner eigenen empirischen Untersuchung zeigt Schachtner (2002) aber deutlich, dass die Reputation der Werbeagentur ein probates Mittel für das werbungtreibende Unternehmen ist, die Unsicherheit in der Agenturauswahl zu reduzieren. Damit wird der Reputationsaufbau für Agenturen auch ökonomisch lohnenswert. 33 Die Beziehung Agentur – Kunde wird deshalb nicht selten mit Partnerschaften und Ehen verglichen (vgl. Nerdinger 1990: 106). Analog zu diesem Bild verschärft sich auch die Auseinandersetzung nach der Trennung, wenn eine Art "Gütergemeinschaft" in der Form besteht, dass die Agentur Produkte ihres Altkunden (z.B. PCs oder Fahrzeuge) sichtbar eingesetzt hatte, nach der Trennung für Produkte eines Wettbewerbers wirbt und deshalb IT- oder Fuhrpark austauschen muss.
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Abbildung 24: Mögliche Maßnahmen zur Eindämmung präkontraktualer wie postkontraktualer Probleme
Quelle: Schierl 2003: 135
Fallbeispiel: „Täglich eine neue Kröte“ „Querbeet beklagen die Agenturen, sie müssen fortlaufend neue Kröten schlucken. Mehr noch: Immer mehr Unternehmen lassen auch das nötige Maß an Respekt und gutem Umgangsstil vermissen. Honorardrückerei bis zur Schmerzgrenze, zeit- und geldfressende Massen-Pitches, blinde TestHörigkeit von ängstlichen Entscheidern, kurzatmige Strategien und Fokussierung auf den schnellen Erfolg – die Liste der Probleme zwischen den Auftraggebern und Dienstleistern ist lang.“… „ „Manche Unternehmen haben ihre Marketing-Intelligenz ins Controlling delegiert“, klagt Schmidt.“ … „ „Versuchen Sie mal, mit einem Einkaufsleiter über Marketingfragen zu diskutieren“, klagt Springer&Jacoby-Chef Oliver Schwall. … „Den Betroffenen bleibt nichts anderes übrig, als sich auf radikale Strukturveränderungen einzustellen – und aus vergangenen Fehlern zu lernen. Das heißt: Leistungsdarstellungen verbessern, mehr in Planung und Beratung investieren und so zum strategischen Partner für den Unternehmenserfolg werden. Dann erhält man sich auch den Respekt der Kunden.“ Quelle: Weber 2005: 32f
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Eine weitere „Störung“ der kausalen Auftragslogik kann in einer übergroßen Menge an Tests gesehen werden. Eigentlich sind Marktforschungs- und Werbewirkungstests, die mittlerweile in den einzelnen Phasen des Werbeprozesses Anwendung finden, Instrumente um die Werbeproduktion zu professionalisieren. Sie werden dann zur Störung, wenn es nur noch um das Abwälzen von Entscheidungen geht. Denn die Entscheidungsmacht und die Verantwortlichkeiten werden dadurch von den eigentlich verantwortlichen Personen und Institutionen, wie dem Marketingleiter, dem Product oder Brand Manager und dem Unternehmen bzw. der Marketingabteilung, auf die unpersönlichen Ergebnisse der Tests verlagert. 34 Damit gewinnen z.B. methodische Standards Einfluss auf die Entscheidungsströme im Werbeprozess. Marktforschung hat dann eine Alibifunktion. Auch wenn die Ergebnisse solcher Tests nicht realistisch eingestuft, sondern in ihrer Aussagekraft überoder unterschätzt werden, können sie schnell zu Mainstream-Werbung führen, die zwar für sich genommen Wirkung zeigt, aber im Kontext der Angebotsvielfalt einer Medien- und Informationsgesellschaft nicht genügend Aufmerksamkeit mobilisieren kann. Vor allem Kreative beklagen sich darum nicht selten darüber, dass Werbung „zu Tode getestet wird“ (vgl. Aebi 2003: 201 ff). Gleichwohl entwickeln sie selbst ein sehr eigenwilliges Verhältnis zu Tests, akzeptieren sie dann, wenn die eigene Werbung gut abschneidet und kritisieren sie, wenn dies nicht der Fall ist (vgl. Nerdinger 1990: 116). Zugleich zeigt der vermehrte Einsatz von Tests, dass werbungtreibende Unternehmen ein zwiespältiges Verhältnis zur Kreativität haben; denn einerseits ist Kreativität genau das, was sie bei Agenturen nachfragen, andererseits ist sie aber auch das, was sich schwierig bis nicht beurteilen lässt und deshalb suspekt bleibt. Da Kreativität schwer fassbar ist, weicht man diesem Definitionsdilemma nicht selten durch beispielhafte Werbemittel oder Personalisierung aus. Herausragende Kreative symbolisieren dann, was Kreativität ist. Der Gewinn von Kreativwettbewerben vereinigt beides (vgl. Nerdinger 1990: 143f). In seinem Klassiker „Ist die Werbung noch zu retten?“ zeichnete Howard Luck Gossage in den 1970er Jahren ein selbstironisches Bild der Kreativität. Da das Buch vergriffen ist, hier die Zitation nach Baginski: "Das Schöpferische ist etwas ganz anderes als die Schöpfung, die sich vor sehr langer Zeit vollzogen hat. Ein Gelehrter des 17. Jahrhunderts, der Geistliche John Lightfoot, stellte sogar den genauen Augenblick fest. Er schrieb: "Himmel und Erde, Mitte und Umfang wurden im gleichen
34 Sie wird eben nicht an andere Personen oder Institutionen verlagert, weil Marktforscher und entsprechende Institute zwar für die Güte der Tests verantwortlich zeichnen, nicht jedoch für die konkreten Ergebnisse.
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Augenblick geschaffen … am 26. Oktober 4004 vor Christus, um 9 Uhr früh". Um halb zehn erschienen die Kontakter und fingen an, über die Kreativität zu schwätzen. Sie haben bis heute noch nicht damit aufgehört. Und die vielen anderen auch nicht. Die Kreativität ist wahrscheinlich das beliebteste Thema der Gegenwart. Jeder will entweder schöpferisch tätig sein oder er will wissen, was er mit Menschen anfangen soll, die schöpferisch sind. Letzteres bedeutet in Wirklichkeit entweder: "Wie erhält man von miesen Textern gute Anzeigen?" oder "Wie erhält man von guten Textern gute Anzeigen, ohne ihnen doppelt so viel zahlen zu müssen, wie man selbst verdient?"" (Gossage, zitiert nach Baginski 2000, 66)
Fluktuationen bei den Verantwortlichen in den werbungtreibenden Unternehmen wie den Agenturen verändern oftmals die Auftragslogik dahingehend, dass trotz marktpsychologisch wie -ökonomisch erfolgreicher Werbung neue Wettbewerbspräsentationen eingefordert werden oder Agenturen gewechselt werden. Die relative enge und auch persönliche Beziehung zwischen Kunde und Auftragnehmer (vgl. bereits: Zuberbier 1982: 2391) kann einerseits dann schwierig werden, wenn die Unternehmens- und die Agenturvertreter nicht persönlich miteinander zurechtkommen. Andererseits ist dies insofern dem Organisationsverhalten geschuldet, als z.B. neue Produktmanager nicht einfach die Ideen und Strategien ihrer Vorgänger weiterverfolgen, sondern sich durch neue Ideen bemerkbar machen wollen und müssen. Dies endet nicht selten in einer Veränderung der Werbestrategie, häufiger aber im bloßen Wechsel der Agentur, auch wenn auf Agenturseite dabei wie weiter vorn gezeigt manchmal gar keine neuen Leute auf den Plan treten. Die in Kapitel 3.3.3.1 dargestellte idealtypische Auftragslogik des Werbeprozesses ändert sich auch beim Thema programmintegrierte Werbung; denn dort können Mediaagenturen, vor allem aber die Inhalteproduzenten und die Medien selbst, mehr Macht und Einfluss gewinnen. Beide können bei programmintegrierter Werbung am Anfang der Auftragslogik stehen, indem sie Angebote für werbliche Kommunikation bereits in der Entwicklung der Inhalte unterbreiten. Die Möglichkeit, ungewöhnliche und aufmerksamkeitsstarke Werbung zu platzieren (Distribution) gibt dann vor, wie der weitere Ablauf der Werbegestaltung und -produktion aussehen wird. Daraus kann sich durchaus auch eine komplette Werbestrategie entwickeln. Gerade die Rolle von Produzenten darf dabei nicht unterschätzt werden, sind doch gerade bei vielen TV-Formaten die Möglichkeiten programmintegrierter Werbung meist Bestandteil des Konzepts. Wenn die Initiative für diese Werbeformen nicht von Produzenten- oder Medienseite, sondern von Seite der werbungtreibenden Unternehmen kommt, so haben Produzenten und Medien immerhin ein wesentlich größeres Einflusspotenzial, weil sie den Erstellungsprozess des redaktionellen Kontextes besser kontrollieren können.
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Fallbeispiel: Werbedruck als Pflicht, „Creative Media“ als Kür „Im Media-Bereich finde ich es interessant, dass wirklich überlegt wird und weggegangen wird von diesen ganzen Mainstream-Geschichten wie: „Ich buche zehn Millionen Fernsehen, zehn Millionen Print, wird schon irgendwie gehen“, sondern dass man sich wirklich Gedanken macht, irgendwas Besonderes zu machen und auch ein bisschen kreativ ranzugehen.“ „Wir versuchen, Kooperationen mit Medien auf die Beine zu stellen, um letztlich um die Aussage des Kunden noch eine Welt drumherum zu bauen. So eine Anzeige schalten, ist schön, aber wenn ich mir angucke, dass einige Hefte inzwischen über fünfzig Prozent Anzeigen haben […], muss ich einen anderen Weg finden.“ „…Die Trennung von Sponsorship und Programming, Werbung, PR und Promotion, die verschwimmt. Der entscheidende Punkt ist, dass es im Grunde jetzt darum geht, wer die intelligentesten individuellen Konzepte zur Umsetzung bringt.“ Quelle: Aussagen von Mediaagentur-Vertretern aus dem Frühjahr/Sommer 1999 zitiert nach Kramer 2001a: 93f
3.4 Mikroebene: Agenturstrukturen und Berufsrollen in der Werbung Auf der Mikroebene werden die individuellen Akteure und ihr Handeln untersucht. Individuen handeln allerdings nicht losgelöst von Strukturen. So wie den systemischen Strukturen das Handeln nicht nur von kollektiven und korporativen, sondern auch von individuellen Akteuren zugrunde liegt, so unterliegt auch das Handeln der Akteure systemisch gesetzten, strukturellen Restriktionen. Das Akteurshandeln ist damit einerseits durch die situationsübergreifenden, generalisierten Handlungsorientierungen eingeschränkt, andererseits gerade dadurch ermöglicht. Dennoch verbleibt den Handelnden Handlungsspielraum. Die Organisationen und Gruppen, in die einzelne Personen eingebunden sind, bilden also strukturelle Handlungsvorgaben bzw. einen Orientierungsrahmen für deren Aktivitäten. Im Folgenden wird aber nicht auf Personen mit all ihren Einstellungen, Werthaltungen und Orientierungen im gesamten Lebensumfeld fokussiert, sondern auf Personen in einem bestimmten Kontext, nämlich dem Berufsfeld Werbung und den dort zur Verfügung stehenden Berufsrollen. Dabei verpflichten die Unternehmen und Agenturen über die vertraglich abgesicherte Regelung der Arbeitsverhältnisse die individuellen Akteure auf die Organisationsziele und können eine Missachtung auch sanktionieren. Dennoch verbleibt genügend Spielraum für individuelle Entscheidungen und Handlungen. Die Inhaber von Berufsrollen können sich also auch entscheiden, nicht oder nicht völlig den Erwartungen entsprechend zu handeln.
3.4 Mikroebene: Agenturstrukturen und Berufsrollen in der Werbung
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D.h., dass auch in der Werbung beschäftigte Personen vorgegebene Rollen nicht nur übernehmen (role-taking), sondern diese auch aktiv gestalten und verändern (role-making).
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Berufsrollen Berufsrollen sind Bündel von Erwartungen, die an das Verhalten derjenigen gestellt werden, die diesen Beruf ausüben. Verschiedene Bezugsgruppen (Arbeitgeber, Kollegen, Kunden etc.) erwarten von den Positionsinhabern also bestimmte Verhaltensweisen, wobei die Erwartungen unterschiedlich verbindlich sind und ihre Missachtung unterschiedlich sanktioniert werden kann.
Ausgehend vom korporativen Akteur Werbeagentur, dessen Aufbau die Verbindung zwischen Meso- und Mikroebene darstellt, sollen in den folgenden Abschnitten typische Konfliktkonstellationen und Herausforderungen in der Agentur problematisiert sowie die Berufe und Berufsrollen in der Werbung und ihre spezifischen Orientierungen und Intra-Rollenkonflikte skizziert werden. Die Darstellung konzentriert sich überwiegend auf Werbeagenturen, und berücksichtigt andere individuelle Akteure nur insoweit, als sie in der Auftragslogik eine einflussreiche Position innehaben. Durchgehend zeigt sich dann auch für die individuellen Akteure, dass die Frage nach dem Kommunikator werblicher Kommunikation kompliziert ist, weil der Werbeoutput Ergebnis diverser Entscheidungsprozesse ist, in den verschiedene Akteure ihre Interessen einbringen und dabei ihren Einfluss ausspielen. 3.4.1 Aufbau und Innenleben von Agenturen Die Etablierung von Agenturen als tragender Säule des Werbesystems, ihre Vernetzung und Spezialisierung sind Symptome der Ausdifferenzierung und Professionalisierung der Werbung, wie sie in Kapitel 2 skizziert wurden. Auch auf der Mikroebene ziehen sich das Wechselspiel und die Konkurrenz von Aufmerksamkeitsgewinnung und ökonomischem Erfolg weiter, so dass es nicht selten innerhalb von Agenturen zu „werbetypischen“ Konfliktkonstellationen kommt. Andererseits können die Unternehmen und Agenturen durchaus geschickt Emotionen ihrer Mitglieder am Leben erhalten bzw. weiter anfachen oder Emotionen inszenieren (vgl. Schimank 2002: 117ff). Solche durch kollektive und korporative Akteure forcierten Emotionen sind wesentlicher Bestandteil, um die „Welt der Werbung“ und die „Agentur als Familienersatz“ konstruieren zu können. Sie dienen häufig als nicht-monetäre
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Gratifikation dazu, eine nicht selten anzutreffende Überbeanspruchung der Mitarbeitenden zu kompensieren. 3.4.1.1 Typischer Agenturaufbau Bereits Ingo Zuberbier (1982: 237ff) unterteilt drei klassische Agenturleistungen, die für den Aufbau und die Organisation von Werbeagenturen ausschlaggebend sind: 1) Beratung, 2) Vermittlung und Einkauf von Werbeplatz, i.e. Werbezeiten und -räume, sowie 3) Konzeptions-, Gestaltungs- und Realisationsleistungen. Viele Agenturen bieten dazu mit dem sog. Planning ihren Kunden strategische Planungsleistungen an. Ein Teil vor allem der älteren Literatur skizziert die Organisation von Werbeagenturen anhand von Beispielen (vgl. z.B. Tietz/Zentes 1982: 2359; Zuberbier 1982: 2393). Tatsächlich lässt sich der Aufbau einer Agentur aufgrund der in Kapitel 3.3 gezeigten strukturellen Vielfalt von Agenturen und der hohen Dynamik dieser Organisationsstrukturen nur idealtypisch darstellen. Thomas Schierl (2002 und 2003: 92ff) geht davon aus, dass die Organisationsstruktur einer klassischen Full-Service-Agentur durch die Hauptabteilungen Kreation und Kundenberatung geprägt ist. Beide Bereiche bilden sozusagen das „operative Herz“ jeder größeren FullService-Agentur und sind meist mit einem Vorstand bzw. Geschäftsführer in der Unternehmensleitung repräsentiert. Als dritte Position in der Geschäftsleitung wird zudem meist ein Vorstand oder Geschäftsführer für Finanzen bestellt, weil dem Bereich Finanzen wegen der Treuhänderfunktion der Agentur beim Mediaeinkauf eine hohe Bedeutung zukommt. Je nach Agentur arbeiten Kundenberater und Kreative in Kundenteams direkt zusammen oder kanalisieren ihre Kommunikation über den Innenkontakt (Traffic), der auch die angegliederte Produktion steuert und ggfs. überwacht. Während Traffic als Unterabteilung der Kundenberatung gesehen wird, arbeitet Planning meist als Marketing-Stabsabteilung der Kundenberatung zu. Media ist in Schierls Modell ebenfalls der Kundenberatung zugeordnet, könnte aber als dritter großer Block neben Kundenberatung und Kreation stehen. Auf der Kreativ-Seite arbeiten Kreativteams aus Konzeptionstexter/n bzw. Texter/n und Grafiker/n bzw. Mediengestalter/n und Art Direktor/en gemeinsam an der operativen Umsetzung und Gestaltung. Auf diese Weise können sich Text- und Bild-Kompetenzen von Beginn an synergetisch ergänzen und aufeinander abgestimmt werden. Ob die Agentur Fernseh-, Film- und Funk (FFF)-Spots selbst produziert, hängt von ihrer Größe und Ausrichtung ab. Analog zum Mediaeinkauf auf der Beratungsseite, beschafft das Artbuying für die Kreation Fotografen, Bilder, Illustrationen etc.
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Abbildung 25: Strukturmodell einer klassischen Full-Service-Werbeagentur
Quelle: nach Schierl 2002: 434
Inwiefern diese Organisationsstruktur eine optimale Erstellung der Werbeleistung garantiert, hängt allerdings nicht unwesentlich davon ab, ob und wie es gelingt, die Interessen der Agentur als Ganzes mit den Interessen einzelner Abteilungen und vor allem mit den Interessen der einzelnen Werber in Einklang zu bringen. Organisatorische Defizite können dysfunktionales Handeln und suboptimale Ergebnisse zur Folge haben. Das Wechselspiel von Ökonomie und Publizität findet sich also auch agenturintern. Analog zu den Agenturen, die wie gezeigt nicht nur möglichst effektive und effiziente Werbung im Sinne des Kunden, sondern auch möglichst kreative Werbung zur eigenen Positionierung im Wettbewerb der Agenturen machen, verfolgen auch Berater, Texter und Grafiker nicht nur die Ziele der Agentur, sondern versuchen ihrerseits, im Wettbewerb der Werber Punkte zu machen und sich zu profilieren. Identität als strategische Selbstbehauptung ist also nicht nur für die Agentur als ganze relevant, sondern auch für einzelne Abteilungen und Personen. Weil aber die Werbeproduktion in den Agenturen eine Netzwerk-Leistung ist, in der Abteilungen und vor allem einzelne Dienstleister zur Optimierung des Ergebnisses zusammenarbeiten müssen, stellt das Ausbalancieren zwischen Agentur- und Einzelinteressen eine ebenso große Herausforderung an das Management wie die Koordination der Netzwerk-Leistung, die umso schwieriger wird, je mehr Beteiligte daran arbeiten:
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3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
„Da sich die Teilnehmerzahl der bestimmenden Kräfte über eine Werbekampagne merklich erhöht hat, ist ein totaler Konsens kaum noch zu erreichen. So ist Werbung nicht selten ein Konglomerat von Kompromissen.“ (Heck 1982: 2637)
Zugleich muss von personalisierten Organisationsmustern in Agenturen (vgl. Heck 1982: 2636) ausgegangen werden, weil wie in allen Dienstleistungsunternehmen die Dienstleister selbst eine dominante und prägende Rolle spielen. Da sich verschiedene Leistungsbereiche der Werbung nicht oder nur bedingt standardisieren lassen, sind entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten stark personengebunden, womit die Erfahrung der Mitarbeitenden ein wesentliches Qualitätskriterium wird. Neben berufserfahrenen Personen ist die Werbung jedoch auch auf den Input von jungen Menschen angewiesen, die gesellschaftliche Trends nicht nur über die Marktforschung vermittelt erfahren, sondern den direkten Zugang dazu über ihr alltägliches Lebensumfeld haben. Zwar liefern Trendscouts und eigenes Szene-Monitoring inzwischen verlässliche Daten und Szenarien. Ideen, authentische Wort- und Bildsprachen und damit Werbeerfolge werden sich aber umso eher einstellen, je mehr eigene Erfahrungswerte in die Gestaltung einfließen können. 3.4.1.2 Herausforderungen und typische Konfliktkonstellationen Zwar ist mit der Agenturleitung auch eine zentrale Leitung des Erstellungsprozesses gegeben, die eine Missachtung ihrer Erwartungen negativ sanktionieren kann. Die Agenturleistung lebt aber gerade davon, dass hierarchische Anweisungen durch Vertrauen, Verlässlichkeit und Selbstverpflichtung ersetzt werden. Die erste Herausforderung an Agenturen ist deshalb die Organisation der Leistungserstellung. Hier gilt es zum einen, die kreativen und die ökonomischen Ansprüche innerhalb der Agentur zu koordinieren, wobei nicht nur die ökonomischen Imperative den kreativen Prozess beinträchtigen können: „Dabei kann der kreative Anspruch der Gestaltung, der den wirtschaftlichen Aspekt als eine Richtschnur nicht immer gelten lassen will, zu Belastungen im Team führen.“ (Zuberbier 1982: 2393)
Vice versa würden Kreative das gleiche Statement so formulieren, dass auch der ökonomische Anspruch der Beratung, der seinerseits den kreativen Aspekt als eine Richtschnur nicht immer gelten lassen will, zu ebenso großen Belastungen im Team führen kann. Dass diesem Spannungsfeld einer „ökonomisch gebändigten Kreativität“ zentrale Bedeutung zugerechnet wird, kommt angesichts seiner Verankerung im organisatorischen Herzen einer Agentur nicht von ungefähr. Daneben entsteht ein weiteres Spannungsfeld dort, wo einzelne Mitarbeiter als nicht „einzuordnende Individualitäten“
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(vgl. Heck 1982: 2636) eben diese Individualitäten zu Lasten ihres Teams oder des Gesamtoutputs der Agentur pflegen und ggfs. sogar noch kultivieren. Hier sind die koordinierenden Führungsqualitäten des Managements ebenso gefragt wie beim Austarieren des dritten agenturspezifischen 35 Spannungsfeldes: dem der Generationen. Obgleich in allen Organisationen anzutreffen, wird es für Agenturen aufgrund des in der Werbung dominierenden Jugendlichkeitskultes besonders relevant, wenn Berufserfahrung auf der einen und Jugendlichkeit auf der anderen Seite die Klingen kreuzen. Auch im Innenleben von Agenturen finden sich strukturelle Konfliktkonstellationen als Prinzipal-Agent-Beziehung (vgl. Schierl 2002: 439ff und 2003: 100ff). Ebenso wie die Agentur gegenüber dem Kunden (vgl. Kapitel 3.3.3.2), sind letztlich auch die operativen Einheiten gegenüber der Agenturleitung als Agenten oder im wechselseitigen Verhältnis einmal als Prinzipale, ein andermal als Agenten zu sehen. Die jeweils zuständigen Einheiten haben einen Informationsvorsprung gegenüber den anderen Abteilungen oder der Agenturleitung, den sie – opportunistisches Verhalten vorausgesetzt – für die Erreichung ihrer eigenen und nicht der gemeinsamen Ziele einsetzen können. Zugleich können sie aufgrund der Informationsasymmetrie auch nicht beliebig kontrolliert werden. So werden Kontakter zu Agenten mit Informationsvorsprung gegenüber dem Kreativteam in der Agentur als interner Prinzipal, wenn es darum geht, die Ergebnisse der Kommunikation mit ihren Kunden weiterzugeben. Von ihrer Ausbildung und ihrer kundenorientierten Funktion her stärker an ökonomischer Effizienz und Effektivität einer Kampagne interessiert, wirken Kontakter zumindest vordergründig den Zielen ihrer Kunden oft mehr verpflichtet als denen ihres Agenturteams. Umgekehrt werden Kreative zu Agenten mit Informationsvorsprung gegenüber dem Beratungsteam in der Agentur als interner Prinzipal, wenn sie ihr Wissen um neue Gestaltungstrends, technische Verfahren oder auch ihre besten Ideen nicht ins Team einbringen, sondern selbstreferenziell mit anderen Kreativen teilen, weil sie der Meinung sind, dass diese ihre Arbeit „tatsächlich“ beurteilen können. Vor diesem Hintergrund wiegt es besonders schwer, wenn Kontakter aufgrund von Wissensmängeln und der schwierigen Operationalisierung das offizielle Ziel der Effizienz und Effektivität von Werbung durch das informelle Ziel der Kundenzufriedenheit ersetzen und sich in vorwegnehmender Anpassung an die Wünsche des Kunden (vgl. Nerdinger 1990: 91; Schierl 2002: 441) üben. Kommt dazu mangelndes Verständnis beider Seiten füreinander, sind Konflikte, Frustration und Resignation hier wie dort vorprogrammiert. 35 Auf allgemeine Spannungsfelder in Organisationen und am Arbeitsplatz wird hier nicht näher eingegangen.
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Fallbeispiel: Konfliktkonstellation auf der Ebene der Berufsrollen „Dieses Phänomen verhält sich nun wirklich in jeder Agentur, die ich kenne so. Es handelt sich dabei schliesslich um einen klassischen Konflikt und der wird immer so sein.“ „Ich denke, dass es in 95% der Fälle zu Konflikten kommt. Weil der Kreative das Gefühl hat, der Berater hat sowieso keine Ahnung, und der soll jetzt zum Kunden rennen und die Pappen abliefern. Und der Berater denkt, der Kreative, mit denen kann man ja nicht reden, die sind total ausgeflippt. Wir leben das Komplett anders* (…) Aber sie haben recht, in 95% der Fälle gibt es Konflikte, und das ist eine der grössten Tragödien, denn genau dort geht Qualität verloren, genau dort gibt es Reibungsflächen, gibt es Energieverluste, Intrigen.“ Aussagen von Werbeexperten aus dem Jahr 2004 zu dem Spannungsverhältnis Berater -Kreative (Studie zur Werbung in der Schweiz). Quelle: Siegert/Eberle/Amstutz/ Thomas 2004 * Auch in Experteninterviews finden sich die aus der empirischen Sozialforschung bekannten „Third-Person-Effekte“.
Immer wieder unternehmen daher Agenturen Versuche, diesen Konfliktherd zu entschärfen, in dem z.B. Kreative die Möglichkeit bekommen, selbst direktes Feedback der Kunden zu erfahren und mit diesen direkt zu kommunizieren. Das Problem dieses Lösungsansatzes liegt darin, dass kreative Prozesse nicht bereits zu Beginn mit praktisch-ökonomischen Restriktionen konfrontiert werden können, weil sonst gerade die kreative Freiheit als Nährboden für innovative Ideen auf der Strecke bleibt. Damit wird Kreativität zum Organisationsproblem, zur typischen Konfliktkonstellation und zur ständigen Herausforderung für Agenturen. Deren Geschäftsleitung muss tagtäglich die Quadratur des Kreises in der Form gelingen, dass der Arbeitsprozess strukturiert und kontrolliert abläuft, zugleich aber kreative Potenziale in allen Phasen des Werbeprozesses freigesetzt und Frustrationen so weit wie möglich eingedämmt werden können. Dabei haben sich sowohl formelle Maßnahmen, wie z.B. Round-Table-Gespräche, wie auch informelle Maßnahmen, wie die Schaffung von Freiräumen und Begegnungszonen, bewährt, um den Erfahrungsaustausch und das Gespräch zwischen den verschiedenen Gruppen in der Agentur zu etablieren (vgl. Zuberbier 1982: 2394). Neben diesen internen Aufgaben sehen sich Agenturen und ihre Mitarbeiter einer zweiten gravierenden Heraus- teilweise auch Überforderung von außen gegenüber: dem ständigen Wandel der Werbung und ihrer gesellschaftlichen, technologischen und ökonomischen Umfelder. Berufsmäßig müssen Werbeakteure den Wandel kontinuierlich reflektieren. Sie müssen permanent die Veränderungen innerhalb der Zielgruppen, in der Zielgruppenzusammen-
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setzung, bei den Konsumwünschen, dem Kaufverhalten, der Sprache, den technischen Produktionsbedingungen u.v.m. berücksichtigen. So bescheren z.B. kurze UpDate-Intervalle für Gestaltungs-Software vielen Agenturen hohen monetären und zeitlichen Aufwand für Beschaffung, Installation und Schulung. Gleichzeitig ist aber auch der Berufsstand der Werber und ihrer Spezialisierungen ständigen Veränderungen unterworfen, was insofern zu Spannungen führt, als damit ein Bedeutungs- und Reputationsverlust bzw. -gewinn einzelner Personen, Berufsgruppen und Agenturen in der Werbung verbunden ist (vgl. Heck 1982. 2636). Die wesentlichen Anforderungen an Agenturen sind denn auch seit langem die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter, die die fachliche Kompetenz sicherstellen soll, und die Entwicklung und Etablierung von Teamarbeitsprinzipien, um die Koordination der Spezialisten zu gewährleisten (vgl. bereits: Zuberbier 1982: 2377). 3.4.2. Berufsrollen und Selbstbilder in der Werbung Die Berufsbedingungen und die Wissensentwicklung der Werbepraktiker sind eng miteinander verknüpft. Die Berufssozialisation bezieht sich mithin nicht nur auf das Feld der Werbung, sondern in diesem Feld auch auf die Unterscheidung von Beratung oder Kreation. Und die Berufssozialisation beeinflusst ganz wesentlich den Habitus der Werbeakteure, d.h. berufspraktische Dispositionen, die das wesentliche Kompetenzkapital der Werbeakteure sind, wie z.B. das Gespür, Fingerspitzengefühl etc., aber auch personale Identitäten, Vorlieben, Abneigungen, Selbst- und Weltbilder oder moralische Orientierungen (vgl. auch Willems 2002a: 66f). 3.4.2.1 Berufe und Anforderungen Die Berufe haben sich in der historischen Entwicklung der Werbung ausdifferenziert und professionalisiert. Professionalisierung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass einerseits zunehmend wissenschaftliche Erkenntnisse, wie z.B. Wissen über Werbewirkungsprozesse in die Gestaltung von Werbebotschaften, Eingang in die Berufe finden, und sich andererseits spezifische Ausbildungsgänge etablieren, die eben diese umfangreichen Spezialkenntnisse vermitteln. Die Professionalisierung der Werbeberufe ist jedoch nicht so weit fortgeschritten, dass nur ein Ausbildungsabschluss den Zugang zum Berufsfeld Werbung sichern würde. Vielmehr ist dieser nach wie vor über verschiedene Ausbildungswege gegeben. Und trotz der Akademisierung der Werbung ist ein Studium nicht obligatorisch. Unverzichtbar dagegen sehen Werbeverbände die Kreativität:
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„Kreativität ist die wichtigste Voraussetzung für jeden, der Werbung und Kommunikation zum Beruf machen will. Ohne schöpferisches Talent kommen weder Grafiker aus noch Texter. Aber auch Kundenberater (Kontakter), Mediaplaner und Controller müssen die kreativen Prozesse kennen und schätzen, die Werbung und Kommunikation so einzigartig machen.“ (GWA 2004: 17)
Auch spielt die Berufserfahrung eine wichtige Rolle. Und dies nicht nur, weil Werbung als Dienstleistung wie gezeigt nur bedingt standardisierbar ist und damit das gesammelte Wissen der Experten relevant wird, sondern auch, weil bei der Mitarbeiterauswahl die Berufserfahrung als Qualitätsversprechen der Bewerber wirken kann, gibt sie doch Auskunft darüber, wie lange eine Person in der Branche bereits erfolgreich tätig gewesen ist (vgl. Schierl 2003: 105). Darüber hinaus impliziert Berufserfahrung Vertrautheit mit Gegebenheiten der Branche, Strukturen in Agenturen und ggfs. angesammeltes Wissen in Bezug auf spezielle Kunden bzw. deren Branche. Weil dieses Wissen oft schnell verfügbar sein muss, und Agenturen sich bei der Auswahl von Bewerbern der gleichen Unsicherheit ausgesetzt sehen wie Werbungtreibende bei der Auswahl von Agenturen, herrscht zwischen ihnen ein ausgeprägter Abwerbe-Wettbewerb von ausgewiesenen Spitzenkräften. Mit Ausbildungsoffensiven versucht u.a. der GWA, diese missliche Situation abzumildern und informiert zu diesem Zweck junge Menschen über Berufe in der Werbung und deren Anforderungsprofil 36 . In Abbildung 26 werden den Funktionsbereichen einer Werbeagentur dort vorzufindende Berufsbilder und Bezeichnungen zugeordnet, ohne auf die vielfach anzutreffenden titelund karrieretechnischen Differenzierungen und Hierarchien – wie z.B. Junior-Texter, Texter, Konzeptionstexter, Grafiker, Art Director, Creative Director – näher einzugehen. Insgesamt jedoch wächst das Wissen, auf das in den einzelnen Werbeberufen zurückgegriffen werden kann und soll. Gleichzeitig wachsen aber auch die Anforderungen und Erwartungen, die vor allem von Kundenseite an die Werber herangetragen werden. Bereits 1981 fordern Horst Guenther Falkenhan und Wolfram Bleul (1981: 169ff) als Vertreter der Hoechst AG daher eine „Planungspersönlichkeit“, die zwar die klassischen Kontakter und Kreativen nicht ersetzen soll, aber doch in die zweite Reihe verdrängen kann. Diese Planungspersönlichkeit soll neben der Fähigkeit zu Antizipation und Prognose, dem psychologisch-sozialen Einfühlungsvermögen, der Sensibilität für Gestaltung, der Fähigkeit zur maximalen Konzentration auf das wesentliche Problem, der Fähigkeit, vieldimensional und alternativenreich zu denken auch noch Interpretations- und Ausdrucksfähigkeit aufweisen.
36 Detailliert dazu und zur karrieretechnischen Differenzierung: GWA 2004: 25ff.
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Abbildung 26: Berufsfelder und Berufsgruppen in Werbeagenturen
Quelle: eigene Darstellung
Das branchenübliche Fachwissen als geforderte Selbstverständlichkeit voraussetzend, bedarf es keiner allzu großen prophetischen Begabung, um zu prognostizieren, dass die Komplexität der Aufgabe die Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten mit bezahlbaren Gehaltsvorstellungen eher schwierig werden lässt. Dennoch erfüllen heute viele Agenturen mit der Bereitstellung strategischer Planer den inhaltlichen Kern der Forderung von Falkenhan und Bleul. Eine optimierte Koordination der Beteiligten am und der Abläufe im Werbeproduktionsprozess wird schon alleine durch die bereits mehrfach beschriebene Professionalisierung und Spezialisierung nötig. Beide Trends führen dazu, dass weit mehr Akteure und ihr Handeln aufeinander abgestimmt werden müssen. Verstärkt wird diese Entwicklung dadurch, dass aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen heraus Mediaabteilungen ausgegliedert und in eigene Mediaagenturen umgewandelt wurden und werden. Auch schafft der
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Einsatz von Freelancern, also freischaffenden Spezialisten, wie z.B. Textern, Illustratoren, Fotografen, nicht nur ein steigendes Maß an Flexibilisierung. Vielmehr stellt auch er besondere Herausforderungen an die Organisation und die Kommunikationsbereitschaft aller Beteiligten. Letztlich ist Werbung damit nicht nur ein Berufsfeld, in dem man sich professionell mit Kommunikation auseinandersetzt, sondern auch eines, in dem die Fähigkeit, über Kommunikation kommunizieren zu können, vorausgesetzt werden muss. Zugleich ist das einmal erworbene Berufswissen zeitlich nur bedingt gültig. Die rasante Ausdifferenzierung der Medien, die Fragmentierung von Lebensstilen und Mediennutzungsmustern und die Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien lassen einmal erworbenes, aktuell gültiges Berufswissen immer schneller veralten, wie folgendes Interviewbeispiel zeigt: „Auf der einen Seite ist die Arbeit sehr viel interessanter geworden – sehr viel mehr beraterische Tätigkeit. Auf der anderen Seite sind die Anforderungen, die heute an den Mediaplaner herangetragen werden, so umfangreich, dass es nur noch wenige Leute gibt, die dem genügen können. Denn sie müssen eigentlich gleichzeitig ein Marketingmann, ein Werbemann und ein Media-Spezialist sein.“ (Aussage eines MediaagenturVertreters aus dem Frühjahr/Sommer 1999 zitiert nach Kramer 2001a: 99)
Wie die unterschiedlichen Berufstätigkeiten in den einzelnen Phasen des Werbeprozesses zum Tragen kommen, verdeutlicht folgende Abbildung 27. Je stärker darüber hinaus andere individuelle Akteure im Werbeprozess mitwirken, desto mehr unterliegt auch deren Berufsbild den Anforderungen der Werbebranche. Dass Berater, Marktforscher, Verbandsvertreter und Journalisten der Fachmedien entsprechende Kenntnisse und einen geübten Umgang mit der ökonomisch gebändigten Kreativität zeigen, muss als Conditio sine qua non vorausgesetzt werden, auch wenn vereinzelt immer wieder Defizite sichtbar werden.
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Abbildung 27: Berufstätigkeiten im Werbeprozesss anhand des Wirz-Cycle
Quelle: Wirz/Walter 2005
Problematisch gestaltet sich das gegenseitige Verstehen jedoch dann, wenn Werbung und explizit die Beschaffung von werblichen Dienstleistungen eindimensional auf eine ökonomische Einkaufsoptimierung reduziert werden; denn wenn Einkäufer und Controller plötzlich über Werbung entscheiden sollen, bleiben ihnen in der Regel nur zwei Strategien. Bei der ersten greifen sie auf die in ihren Berufsrollen ausgebildeten Orientierungen, wie z.B. Kosten und Preise, zurück und „kaufen Kreation ein wie Schrauben“ (Richter/Hammer 2004: 44). Bei der zweiten Strategie legen werbungsferne Einkäufer ihren Entscheidungen ihr nicht beruflich ausgebildetes Alltagsgespür zugrunde, das keinen im Sinne der Unternehmensziele professionellen
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Standards genügen kann. Dass es in Folge zu Spannungen mit den professionell ausgebildeten Orientierungen der Werber kommt wie im Fallbeispiel „Täglich eine neue Kröte“ von Kapitel 3.3.3.2 verwundert daher nicht. Die eben beschriebenen Trends zur „eBay-isierung“ als Reduktion der Beschaffung auf einen, einer eBay-Auktion vergleichbaren Konditionenpoker und zur Entprofessionalisierung bleiben indes nicht auf die Kreation beschränkt, sondern sind vor allem im Media-Geschäft zu finden (vgl. o.V. 2004b: 6). Gegenläufig dazu zeichnet sich bei den Medien selbst eine ganz andere Entwicklung ab: Waren sie bislang vor allem mit den Anforderungen der Mediaplanung nach Reichweiten, Zielgruppenaffinität und günstigem Tausenderkontakt-Preis konfrontiert, so führt die Zunahme programmintegrierter Werbung dazu, dass sich die Anforderungen seitens der Werbungtreibenden und ihrer Agenturen deutlicher in die redaktionellen Inhalte hinein erstrecken. So sollen nicht nur die redaktionellen Umfelder werbefreundlich gestaltet sein, sondern auch konkrete Produkte und Leistungen genannt oder ins Bild gerückt werden, und die Dramaturgie auf eben diese Darstellung hin abgestimmt sein. Damit sieht sich eine Berufsgruppe mit den Anforderungen der Werbebranche konfrontiert, die diese bislang eher als Kontextvariable wahrgenommen hat: Inhalteproduzenten, Programmmacher und Journalisten. Die Produzenten unterhaltender Inhalte, wie z.B. Formatproduzenten, scheinen mit dieser Ausrichtung ihres Berufes weniger Schwierigkeiten zu haben. Neue Begriffe wie „Advertainment“ als Verschmelzung von Entertainment und Advertising, signalisieren mindestens eine reibungslose Zusammenarbeit, auch wenn einzelne Protagonisten Professionalisierungsbedarf anmahnen (vgl. Eck 2004: 20ff). Aus publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht ist diese Verschmelzung von redaktionellen und werblichen Inhalten jedoch kritisch zu hinterfragen. Dies gilt vor allem dann, wenn Werbung in Informationsprogramme integriert werden soll. Mit dieser weitaus problematischeren Entwicklung hat auch die relevante Berufsgruppe der Journalisten Mühe, auch wenn die neue Generation der Journalisten der Werbung und PR an sich aufgeschlossener gegenüber steht. Eindeutig steht aber das professionelle Berufsbild aller Journalisten im Widerspruch zu den sich wandelnden Anforderungen und Begehrlichkeiten ihres beruflichen Alltags. Aktualität, Relevanz, Richtigkeit und vor allem Ausgewogenheit als einige der Qualitätskriterien für journalistische Berichterstattung stehen der Parteilichkeit, wie sie der Werbung inhärent ist, diametral gegenüber.
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3.4.2.2 Selbstbilder und Intra-Rollenkonflikte Studien zu Rollenselbstbildern und Berufsrealität haben in der Kommunikatorforschung Tradition. Sie thematisieren und hinterfragen das Auseinanderklaffen von Berufswirklichkeit und Selbstbild, sowie die Abhängigkeit von strukturellen Bedingungen des Mediensystems meist für die Berufsgruppe der Journalisten (vgl. u.a. Scholl/Weischenberg 1998; Marr/Wyss/Blum/ Bonfadelli 2001), befassen sich jedoch selten mit anderen Berufsgruppen. Hier soll eine solche Auseinandersetzung für die Berufsgruppe der Werbekommunikatoren versucht werden. Während in den 80er Jahren die mangelnde Identität mit dem eigenen Werbeberuf und das schlechte Image der Werbung noch breit thematisiert wurden (vgl. Nerdinger 1990: 144ff), ist davon in den 90er Jahren nichts mehr zu spüren. „Werbung macht reich, berühmt und sexy.“ lautet nicht umsonst der Einstieg in die Broschüre des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen GWA in Deutschland aus dem Jahr 2004. Werbung und Berufe in der Werbung haben ihr „Schmuddelimage“ hinter sich gelassen und sind begehrte Arbeitsplätze, ja „Trendberufe“ (vgl. Schmidt/Spieß 1994a: 41) geworden. Sie werden mit Teamarbeit, zeitlicher Selbstbestimmung und Jugendlichkeit in Verbindung gebracht, aber auch mit Kreativität und einem künstlerischen Umfeld. Doch letztlich steht Effizienz vor Originalität: „Die zur Lösung von Kommunikationsproblemen geforderte Fähigkeit – auch für eine optimale Lösung – hat überhaupt nichts mit Selbstverwirklichung zu tun. Sie darf nicht einmal damit zu tun haben, da dies unweigerlich zum Fehler des Projizierens der eigenen Persönlichkeit in die Kommunikationsprobleme und in die Zielgruppe hinein führt. Was wir brauchen, ist eine pragmatisch ausgerichtete operative Kreativität. Sie ist bestimmt von rationalen Soll-Werten, das heißt der Intellekt hat Leitfunktion. Diesen Soll-Werten ordnen sich die Sensibilität und die Intuition wie Hilfsfunktionen unter. Denn die Kreativität des Werbers, auch des Gestalters in der Werbung, darf ja keinesfalls zweckfrei sein." (Falkenhan/Bleul 1981: 169)
Auch wenn sich Falkenhan/Bleul sehr normativ äußern, so fallen doch Berufswirklichkeit, Selbstbild und Selbstdarstellung der Werbeakteure oft auseinander, und das Image der Werber orientiert sich nicht selten mehr am Selbstbild und der Selbstdarstellung als an der Berufswirklichkeit. Friedemann W. Nerdinger (1990) hat sich der Selbstdarstellung der Branche und vor allem der Berufe in der Werbebranche über die Inhaltsanalyse von Texten aus Fachzeitschriften genähert, während Barbara Hölscher (2002) – diese Perspektive weiterführend – dazu Stellenausschreibungen analysierte. Besonders in Stellenanzeigen finden sich komprimiert soziale Identitätsmuster und Distinktionskriterien. Schwerpunkte sind dabei das Selbstbild und die
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Darstellung der Kreativen als individualistische Künstler. Wenn auch die Künstler-Identität der Kreativen, der zugeschriebene Individualismus und die Inszenierung von Kreativität (vgl. Nerdinger 1990: 150ff) mittlerweile einem professionelleren Berufsbild gewichen sind, so finden sich dennoch entsprechende Selbstdarstellungen. Anders als in anderen Stellenanzeigen fordern solche für den Kreativbereich nicht objektive, attestierbare Professionalität. Sie nennen selten konkrete formale Vor- und Ausbildungen als Voraussetzung für eine Bewerbung, sondern halten die Anforderungen offen oder zielen auf Kreativität, Ideenreichtum, gestalterische Fähigkeiten und Idealismus bzw. Spaß an der Tätigkeit. Zudem sind sie durch reduzierte Sprache, Insider-Jargon bis hin zu Quasi-Werbeslogans gekennzeichnet. Insgesamt inszenieren und reproduzieren sie damit das Selbstbild des „kreativen Werbers“ und der „schillernden Werbebranche“ (vgl. Hölscher 2002: 500ff).
Fallbeispiel: Inszenierung von Kreativität Kreatives Selbstbild in Stellenanzeigen auch für die Beratung
Stellenanzeige der Agentur For Sale in w&v 14/2005: 106
Diese Kreativ-Inszenierung geschieht nicht völlig freiwillig. Denn zum einen werden auch Stellenanzeigen als Imagewerbung verstanden und eingesetzt. Zum anderen erscheint die Analyse von Nerdinger (1990: 207ff) in dem Punkt unverändert gültig, dass Kreativität ob ihrer Ungewissheit personalisiert werden muss, und dass damit Kreative in den stereotypen Vorstellungen von Kreativität Rollenanweisungen für entsprechendes Impression Management finden. Damit lässt sich der Habitus der Kreativen nicht unwesentlich
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auf die Machtbeziehung zwischen Kunden und Dienstleistern zurückführen. Gleichwohl nimmt die Tonalität der Originalität nach wie vor eine herausragende Stellung in den symbolischen Strukturen der Identitätsförderung ein. Die Werber selbst bringt dies in eine Dilemma-Situation und in einen IntraRollenkonflikt: Während nämlich auf der einen Seite von ihnen erwartet wird, dass sie den Stereotypen der Kreativität entsprechend handeln, sollen sie auf der anderen diese Kreativität bereitwillig dem ökonomischen Imperativ des Werbeprozesses unterordnen. Da vor allem von der breiten Öffentlichkeit an die Werbung auch moralische Ansprüche gestellt werden, müssen diese auch im Hinblick auf Werbeberufe thematisiert werden; denn nicht selten führt gerade das moralische Konfliktpotenzial der Werbung zu Intra-Rollenkonflikten bei den individuellen Akteuren (vgl. bereits Nerdinger 1990: 248ff). Die unterschiedlichen Gruppen haben jeweils andere Erwartungen an die Branche und die in ihr Tätigen: Während Kunden Parteilichkeit und das Ausschöpfen aller Möglichkeiten, ihre Werbeziele zu erreichen, erwarten, fordert die Öffentlichkeit die Einhaltung gewisser Werte. Soweit letztere rechtlich geregelt sind (wie z.B. im Jugendschutz), werden die unterschiedlichen Erwartungen von gleichgewichtigen Sanktionsmechanismen für ihre Durchsetzung flankiert. Damit sind die Werber in der Verantwortung, selbst für einen Ausgleich beider gegensätzlicher Interessenslagen zu sorgen. Sind öffentliche Wertvorstellungen aber nicht rechtlich verankert oder lässt der rechtliche Rahmen ausreichenden Interpretationsspielraum, hat die Erwartung des Kunden klar die größere Durchsetzungsmacht. Dass dies jedoch auch für die Werber nicht immer einfach zu handhaben ist, zeigt sich an den programmintegrierten und hybriden Werbeformen, die manchem Werber nach wie vor in eine Art Rollenkonflikt zu stürzen scheinen: Als Werber beurteilen die Befragten hybride Werbeformen unproblematisch und begrüßen sie sogar. Als verantwortungsbewusste Bürger oder ehemalige Journalisten empfinden sie diesen Formen gegenüber jedoch gewisse Vorbehalte (vgl. Siegert/Eberle/Amstutz/Thomas 2004: 11). Dies zeigen folgende Aussagen von Werbeexperten aus dem Jahr 2004 zu den Folgen hybrider und programmintegrierter Werbeformen: „Bei einer Vermischung von redaktionellen Inhalten und Werbung wird ganz stark an der Glaubwürdigkeit der Medien gekratzt.“ …„Die Glaubwürdigkeit der Inhalte ist nicht mehr gewährleistet. Insbesondere die redaktionellen Gefässe sind nicht mehr glaubwürdig, jedoch auch die Gefässe, welche die Marketing-Inhalte transportieren sollten.“ (Siegert/ Eberle/Amstutz/Thomas 2004: 17)
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Noch intensiver zeigt sich der Intra-Rollenkonflikt bei derjenigen Berufsgruppe, die vorrangig anderen Berufsorientierungen verpflichtet ist – den Journalisten. Deren professionelles Berufs- und auch Selbstbild, das durch journalistische Qualitätskriterien geprägt ist, entspricht seit langem nur mehr eingeschränkt den Bedingungen der Berufswirklichkeit. Diese ist zunehmend gekennzeichnet von spezifischen Erwartungen seitens der Werbekunden, aber auch des eigenen Managements, den ökonomischen Aspekten der Medien Rechnung zu tragen. Journalismus soll dann zwar nicht Werbung machen, aber diese doch in den redaktionellen Teil integrieren oder deren werbliche Absichten zumindest nicht torpedieren. Dabei muss der Wunsch danach von der Werbung bisweilen gar nicht explizit geäußert werden. Oft handeln Anzeigen- und Werbeabteilungen selbstzensorisch und in „vorauseilendem Gehorsam“. So geben von 522 befragten Journalisten in Österreich 14,1% an, dass es regelmäßig und 51,6%, dass es manchmal zu Interessenkonflikten zwischen Anzeigenabteilung und ihrer Redaktion kommt – etwa, wenn es um kritische Berichterstattung über Großinserenten geht. Zudem bejahen 83,6% der Journalisten die Frage nach dem zunehmenden Einfluss des Managements und 82,6% die nach dem zunehmenden Einfluss der Anzeigen- und Werbeabteilungen und des Marketings (vgl. Weber 2000: 147ff). Auch die Journalisten in der Schweiz verspüren wirtschaftlichen Druck als Aspekt der Berufszufriedenheit, jedoch in weit geringerem Ausmaß (vgl. Marr/Wyss/Blum/Bonfadelli 2001: 116ff), wie im folgenden Fallbeispiel deutlich wird.
Fallbeispiel: Journalistische Rollenselbstbilder Marktorientierte Rollenselbstbilder der Journalisten in der Schweiz Von allen in der Befragung angebotenen Rollenselbstbildern erhalten die am Markt orientierten Selbstbilder die geringste Zustimmung. 32% der befragten Journalisten schließen eine Orientierung als kostenbewusster Informationsunternehmer, der den Medienmarkt effektiv bedienen will, nicht aus. Aber nur 21% stimmen der Orientierung als Vermarkter, der ein Produkt möglichst effizient und gewinnbringend absetzen will, zu. Und nur noch 13% wollen Zielgruppenverkäufer sein, die ein günstiges Werbeumfeld schaffen. Dazu Aussagen der befragten Journalisten: „„Das Risiko ist natürlich die absolute Vermischung von Public Relations, Inserenten, ökonomischen Überlegungen und Journalismus.“ (A1) Aus diesen Gründen sei es wichtig, dass „die Redaktion ihre Eigenständigkeit wahrt und unabhängig von Werbeinteressen agiert (O2).“ Die Redaktion bildet „das Gegengewicht – die Antithese zur kommerziellen Abteilung im Medienunternehmen.“ Quelle: Marr/Wyss/Blum/Bonfadelli 2001: 125ff und 226f
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Im vorangegangenen Kapitel wurde die Werbung in der Medienund Informationsgesellschaft in einen Makro-, Meso- und Mikroebene umfassenden theoretischen Analyserahmen gestellt und beleuchtet. Unter dem Blickwinkel einer differenzierungstheoretischen Perspektive wurden alle drei Ebenen ebenso berücksichtigt wie das Zusammenspiel von Strukturen und Akteurshandeln.
Die Betrachtung der Makroebene in Kapitel 3.2 wirft Fragen nach der Verortung der Werbung im Gesellschaftssystem auf und bietet dazu vier grundsätzliche Zuordnungen an. Zum ersten spricht die Orientierung der Werbung an ökonomischen Rationalitäten für ihre Zugehörigkeit zum Teilsystem Wirtschaft. Weil Werbung aber zu ihrer Sinn- und Zielerfüllung Aufmerksamkeit schaffen muss, lässt sie sich auch – zweite Option – dem gesellschaftlichen Subsystem Publizistik/Medien zuordnen. Vor dem Hintergrund des solchermaßen hybriden Charakters der Werbung, scheint eine dritte Möglichkeit, Werbung als autonomes Funktionssystem darzustellen, nicht von der Hand zu weisen, doch bleiben u.a. Fragen nach der Primärfunktion eines solchen Systems offen. Mit dem Konzept der Interpenetrationszone eröffnet sich eine vierte und treffendere Möglichkeit, Werbung als Schnittstelle zu diskutieren, die beide Teilsysteme – Wirtschaft und Publizistik/Medien – miteinander vernetzt, indem sie Konvertierungsmöglichkeiten für die jeweiligen Systemlogiken bereitstellt. Geld und Zahlungen des Teilsystems Wirtschaft werden von der Werbung in Publizität und Aufmerksamkeit des Teilsystems Publizistik/Medien transferiert und umgekehrt. Werbung ist damit ein Paradebeispiel für eine Interpenetrationszone. Kapitel 3.3 befasst sich auf der Mesoebene mit dem Werbeprozess, den Akteuren in der Werbung und ihren Interessen. Auch beim Werbeprozess zeigt sich der Schnittstellencharakter der Werbung. Er kann sowohl unter Management-Aspekten betrachtet werden, als auch als Kommunikationsprozess. Als Synthese bietet sich an, beide Perspektiven zu verschmelzen und Werbung als gemanagten Kommunikationsprozess darzustellen. Aus dem Werbeprozess lassen sich unter systemtheoretischer Perspektive die Handlungsbereiche und organisationsorientiert die Akteursgruppen ableiten. Im Werbewirtschaftssystem werden mit Auftraggeber, Produktion, Distribution, Rezeption und Verarbeitung fünf Handlungsbereiche identifiziert. Bei der Analyse der Akteursgruppen steht die Beziehung zwischen den kollektiven Akteuren Werbungtreibende und Agenturen im Mittelpunkt. Schließlich werden anhand idealtypischer und realer Prozessabläufe Akteure und ihre Interessenslagen differenziert dargestellt. Dabei zeigt sich, dass auch auf der Mesoebene Geld und Publizität als Steuerungscodes wirken und ein komplexes, teilweise konfliktbehaftetes Spannungsfeld ausbreiten, auf dem sich die einzelnen Akteure gegen-, mit- und füreinander engagieren.
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3 Theoretischer Analyserahmen der Werbung
Nicht immer reibungslos verlaufen auch die Auseinandersetzungen um die adäquate Balance zwischen ökonomischer Orientierung und Aufmerksamkeit suchender Kreativität auf der Mikroebene. Sowohl bei der Darstellung des Aufbaus und des Innenlebens von Agenturen als auch bei der von Berufsrollen und Selbstbildern in der Werbung zeigt sich, dass sich das Zusammenspiel von Ökonomie und Medien, Geld und Publizität, Zahlungen und Aufmerksamkeit von der Makro- über die Meso- bis hin zur Mikroebene zieht, und dass der strukturell hybride Charakter der Werbung bis hinein in das Selbstverständnis der individuellen Akteure reicht. Makro-, Meso- und Mikroebene bedingen sich damit gegenseitig und wirken zusammen.
Görke/Kohring 1997; Hölscher 2002; Schierl 2003; Zurstiege 2002b
4
Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
In Kapitel 1.4 ist anhand zweier publizistik- und kommunikationswissenschaftlich relevanter Dimensionen – der Integration in den redaktionellen Kontext und des Personalisierungsgrades der Werbung – eine Matrix entwickelt worden, die idealtypische Felder zur Systematisierung der Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft vorgibt. Obwohl die Rastergrenzen lediglich idealtypischer Natur und zu benachbarten Feldern hin durchlässig sind, ermöglicht diese Matrix doch, dass letztlich jede Konkretisierungsform der Werbung verortet werden kann. Diese I/P-Matrix liegt dem Kapitel 4 zugrunde und soll deshalb hier nochmals als Verknüpfung der Abbildungen 6a und 6b aufgeführt werden. Im Folgenden wird einerseits die in Kapitel 3 erarbeitete idealtypische Struktur der Werbekommunikation für die einzelnen Felder konkretisiert. Dadurch soll deutlich werden, wie der typische Prozessablauf aussieht, welche kollektiven, korporativen und individuellen Akteure in den typischen Werbeformen des jeweiligen Feldes entscheidungsrelevant sind und welche Interessenskonstellationen erkennbar werden. Andererseits wird spezifiziert, ob und welche Werbeträger oder -plattformen und -mittel zum Einsatz kommen, wie typischerweise die Qualität der Kommunikationsbeziehung und damit die Werbebotschaften und -inhalte gestaltet sind, inwieweit der Erfolg der Werbung messbar ist, welche Effekte in der individuellen Werbewirkung zu erwarten sind und welche Qualität der Einfluss der Werbung auf die öffentliche Kommunikation hat. Damit werden auch bislang nur am Rande thematisierte Aspekte der Werbung spezifisch für die einzelnen Felder der I/P-Matrix diskutiert. Zugleich zeigt sich, dass die mit der Matrix unterschiedenen Felder in höchst unterschiedlichem Ausmaß in der wissenschaftlichen und der werbepraktischen Literatur behandelt werden. Den Formen der Werbung ohne redaktionellen Kontext ist dabei selbst in der Praktikerliteratur vergleichsweise wenig Raum gewidmet, während jene Formen der Werbung, die in Kombination mit einem redaktionellen Kontext, aber von diesem getrennt erscheinen, die am meisten behandelten sind. Sie werden im Folgenden auch als Prototypen bezeichnet und statt ihrer Spezifika werden hier Grundlagen zu den einzelnen Teilbereichen skizziert.
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
Abbildung 6c: I/P-Matrix
Quelle: eigene Darstellung
4.1 Massenwerbung ohne redaktionellen Kontext
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4.1 Massenwerbung ohne redaktionellen Kontext Das Feld 1.1 umfasst die Massenwerbung ohne Einbettung in einen redaktionellen Kontext. Als Beispiele dafür wurden u.a. Plakate, CityLightPosters oder CityLightBoards, Handzettel oder Flyer, Postwurfsendungen und die meisten Formen der Verkehrsmittelwerbung ausgewiesen. Allen Werbemitteln dieses Feldes sind zwei Kriterien gemeinsam: Zum einen sind sie unindividualisiert, richten sich also an eine Vielzahl unterschiedlichster Menschen, die nicht nach soziodemografischen Merkmalen, Lebensstilen oder anderen Kriterien selektiert werden. Oft verbindet die Adressaten der Werbung lediglich, dass sie sich zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten aufhalten. Zum anderen erübrigt es sich, den Grad der Integration der Werbung in einen redaktionellen Kontext zu beschreiben, da die Werbemittel in diesem Feld ja gerade durch das Fehlen eines solchen Kontextes gekennzeichnet sind. Dennoch gewinnt Massenwerbung ohne redaktionellen Kontext unter vier Aspekten kommunikationswissenschaftliche Relevanz: Erstens werden auch in diesem Feld Werbe- und damit kommunikative Botschaften übermittelt. Zweitens steht diese Werbung mit der eher als klassisch geltenden medial vermittelten Werbung mit redaktionellem Inhalt hinsichtlich der Budgets der Werbetreibenden und der Aufmerksamkeit der Rezipienten im Wettbewerb. Drittens bietet sie sich immer dann als Substitutionsmöglichkeit an, wenn Werbeträger, die redaktionelle Umfelder bieten, mit Werbeverboten für verschiedene Produkte, wie z.B. Tabakwerbung, belegt werden. Und viertens ist in Feld 1.1 zumindest für die Verkehrsmittel-, aber auch für die elektronisch steuerbare Außenwerbung eine Dynamik werblicher Prozesse und Entwicklungen zu beobachten, die bisher geltende Abgrenzungen in Frage stellt. So geben z.B. im U- und S-Bahn-Fernsehen, bei Inflight-Programmen in Flugzeugen oder auf Videowalls an Häuserfassaden oder in Bahnhöfen zunehmend redaktionelle Programme der Werbung einen Rahmen. 4.1.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation Dass redaktionelle Inhalte im Feld 1.1 außen vor bleiben, hat gravierende Konsequenzen für die Auftragslogik, wie sie in Abbildung 23 dargestellt worden ist; denn wo keine redaktionellen Inhalte gebraucht werden, treten auch zunächst die Akteure und Organisationen nicht auf den Plan, die für Produktion und Distribution solcher Inhalte zuständig sind. Der Auftrags-
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
logik fehlen damit die Medienorganisationen als institutionalisierte, professionalisierte und kontinuierliche Verfügbarkeit gewährleistende Akteure auf der Angebotsseite von Werberaum und -zeit. An ihre Stelle tritt eine nahezu unüberschaubare Mischung äußerst heterogener Akteure, Werbeträger und Werbemittel, die eine ans Chaotische grenzende Vielfalt und Verschiedenartigkeit an Auftragslogiken mit sich bringt. So sind beispielsweise bei der Werbung an Gebäuden oder Fahrzeugen, bei der Werbung mit Handzetteln, selbst angebrachten Plakaten oder selbst verteilten Wurfsendungen Werbetreibende und Besitzer der Werbeträger und Werbemittel oft identisch. In der Auftragslogik tauchen dann allenfalls Spezialisten für die Produktion auf, wie z.B. Drucker, Leuchtwerbe-Hersteller oder FahrzeugLackierer. Gleiches gilt für die Distribution (z.B. die Post oder andere Verteilunternehmen). Unprofessionalisierte und nicht-institutionalisierte Akteure finden sich auch auf der Seite der Anbieter fremdgenutzter Werbeflächen. U.a. seien hier beispielhaft genannt: Besitzer von auffälligen Freizeit- und Sportgeräten, wie Privatflugzeugen oder Heißluftballons, Transportunternehmen, die die Aufbauten ihrer LKW als Werbeflächen in Eigenregie vermarkten, oder Hausbesitzer, die ein Baugerüst zur temporären Anbringung eines Megaoder BlowUp-Posters anbieten. Solche Werbeträger und Werbemittel treten als zeitlich und/oder räumlich begrenzte Einzelaktionen nur kurzzeitig und/oder lokal, allenfalls regional in Erscheinung. In den meisten Fällen sind sie nicht allgemein verfügbar, planbar oder buchbar, sondern werden entweder von ihren Besitzern selbst genutzt oder in einer Art „closed shop“ von ihren Anbietern in deren lokalen, persönlichen oder geschäftlichen Umfeldern lanciert. Damit entziehen sie sich einer professionalisierten und institutionalisierten Vermarktung. Wo die aber fehlt, kann kaum mit validen Mediadaten gerechnet werden, was zu einem weiteren Vermarktungshandicap führt: der erschwerten Erfassung und Beurteilung. Im Gegenzug dazu findet sich im Feld 1.1 eine zweite große Gruppe von redaktionell kontextfreien Werbeformen, die durch eine allgemeine, kontinuierliche und flächendeckende Verfügbarkeit gekennzeichnet ist und deren Vermarktung professionalisiert, institutionalisiert und auf Basis valider Mediadaten erfolgt. Die sog. Klassische Außenwerbung, jüngst auch immer häufiger unter dem Titel Werbung mit „Out-of-Home“-Medien firmierend, folgt denn auch am engsten der Auftragslogik aus Abbildung 23. Grundlage für die Nähe zum klassischen Werbeprozess ist, dass die Besitzer dieser Outof-Home-Medien die Vermarktung ihrer Werbeträger professionellen Unternehmen übertragen bzw. sich mit anderen zu eigenen Vermarktungsgesellschaften zusammengeschlossen haben. So wurde z.B. die Deutsche Städte
4.1 Massenwerbung ohne redaktionellen Kontext
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Medien GmbH (DSM) als Marktführerin bei Out-of-Home-Medien von 28 Städten und Gemeinden als Gesellschafter getragen, bis sie im Januar 2004 an ein privates Unternehmen verkauft wurde. 1922 hatten die Städte Frankfurt am Main, Kassel und München die Deutsche Städte Reklame GmbH (DSR) als Gründungsgesellschaft der DSM ins Leben gerufen – interessanterweise nicht mit dem primären Ziel, ihre Werbeflächen besser vermarkten zu können. Vielmehr sollte es die DSR leisten, die Plakatierung städtischer Flächen besser zu organisieren und so ausufernde wilde Plakatierungen einzudämmen (http://www.dsr.de/dsr/unternehmen/historie/mainfr_1.htm; Aufruf am 17.05.05). Auch aktuell arbeitet die Branche an einer Konsolidierung, nicht zuletzt getrieben vom Rabattdruck. „Aus einem Konglomerat mehr oder minder professioneller Lokalgrößen und Spezialanbieter wird ein Oligopol von zwei oder drei Top-Vermarktern, die ihren Kunden bundesweite Kampagnen anbieten können, auf modernen Werbeträgern höchster Qualität, mit flexiblen Startterminen und marktforscherisch wasserdicht belegt. Mit dem bisherigen Wirrwarr der Anbieter und Buchungsformen ist niemand wirklich zufrieden – auch die Kleinen nicht. Wie viele Akteure aber am Ende übrig bleiben werden, darüber gehen die Meinungen auseinander.“ (Derichs 2005: 52)
In der Schweiz findet sich bereits eine Konzentration auf Seiten der Vermarkter von Außenwerbung, weil die apg/Affichage ca. 75% alle Plakatflächen vermarktet und ansonsten auch noch andere Bereiche der Außenwerbung abdeckt. Weitere Anbieter sind Clear Channel Plakanda und Plakatron, für Ambient Medien Masani's Ambient Media. 4.1.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbemitteln Es ist selbsterklärend, dass die Werbung in diesem Feld, die ja in keinen redaktionellen Kontext eingebettet ist, von keinen positiven wie negativen Kontexteffekten beeinflusst wird. Diese werden allenfalls und besonders bei standortgebundenen Medien, wie z.B. Plakaten oder Postern, von räumlichen oder zeitlichen Umgebungsfaktoren wie Bebauung, Verkehrsführung und -fluss oder Lichtverhältnissen hervorgerufen. Daneben sind für Werbeträger und Werbemittel ohne redaktionellen Kontext verschiedene Besonderheiten zu berücksichtigen. 4.1.2.1 Mediaplanung Auswahl und Festlegung der einzelnen Werbeträger finden bei professioneller Vorgehensweise im Rahmen einer auf Erkenntnissen der Mediaforschung basierten Mediaplanung statt. Da im Feld 1.1 wie gezeigt nicht alle Werbeträger professionell geplant und geschaltet werden können, soll die Media-
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
planung erst im Kapitel 4.4.2.1 näher dargestellt werden. Hier sei jedoch darauf verwiesen, dass professionelle Vermarkter Werbetreibenden auch für die Außenwerbung aktuelle, valide und oftmals unabhängig kontrollierte Media-Daten für die von ihnen betreuten Werbeträger zur Verfügung stellen. So wurden bereits Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre in Großbritannien, der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland verschiedene Modelle zur quantitativen und qualitativen Bewertung von Plakaten entwickelt und bis zum heutigen Tag weiter verfeinert (vgl. Himmels/Peters 1991: 70ff; Scheier 2005: 268ff und detailliert Opfer 2005: 291ff). Speziell in der Außenwerbung müssen sich Mediaplaner zudem mit dem Spezifikum der Dekade als 10- bzw.11-Tages-Zeitraum für Buchung und Platzierung von Plakaten auseinandersetzen: „Plakatbranche stellt Buchungsintervalle zur Diskussion Die Plakatbranche will ihre recht eigenwilligen Buchungsintervalle überarbeiten. Bis September prüft der Fachverband Außenwerbung Alternativen. Bislang werden Out-of-Home-Medien – mit Ausnahme der Citylight-Poster – in Dekaden, also zehntageweise gebucht. Geklebt wird in drei Blöcken, wobei jede Stadt einem Klebeblock zugewiesen ist. Dadurch kann sich der Start von bundesweiten Kampagnen über eine Woche hinziehen. Beides erschwert die Koordination von Plakat und anderen Medien. Dieser Umstand sollte sich ändern, will die Außenwerbung wettbewerbsfähig bleiben. So weit ist sich die Branche einig.“ (http://www.wuv.de/special/mp_aussen2/text_01.html, Aufruf 31.05.05)
Dennoch findet sich bis zum heutigen Tag in den Planungshilfen aller großen Außenwerbeunternehmen in Deutschland für deren unterschiedliche Werbemittel ein Mix aus Dekaden- und Wochenbelegung. 4.1.2.2 Werbeträger und Werbemittel Das Spektrum der Werbeträger und Werbemittel für Massenwerbung ohne redaktionellen Kontext ist weit gespannt. Am einen, eher unspektakulären Ende finden sich u.a. persönlich verteilte Warenproben und Handzettel sowie anonyme Postwurfsendungen. Am anderen, eher exotischen Ende stehen bemalte Luftschiffe oder gar Weltraumraketen, von Hubschraubern über den Himmel gezogene SkyPoster oder sog. Himmelsschreiber, bei denen ein Flugzeug im Kunstflug Werbebotschaften mit einer Größe von bis zu 1'000 Metern in den Himmel schreibt. Dieses Spektrum in allen Tiefen auszuleuchten würde den Rahmen dieser Einführung weit überschreiten. Deshalb sei hier auf die ebenso umfang- wie detailreiche Übersicht von Hofe und Rost (2002) verwiesen. Einer eingehenderen Betrachtung sollen jene Werbeträger und Werbemittel unterzogen werden, die sich in punkto Auftragslogik
4.1 Massenwerbung ohne redaktionellen Kontext
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der klassischen Mediawerbung weit genähert haben. Im Wesentlichen geht es dabei um den Bereich der Out-of-Home-Medien, in erster Linie also um die Plakat- und um die Verkehrsmittelwerbung. Folgt man dem Fachverband Außenwerbung, umfasst die Plakatwerbung zahlreiche Werbeträger, beginnend mit der altbekannten Litfaßsäule für den Anschlag von Plakaten mehrerer Werbetreibender (Allgemeinstelle) oder eines Werbetreibenden (Ganzstelle). Plakatwände im Maß 2,5 x 3,5 Meter werden als Großfläche bezeichnet. Hinterleuchtet und meist mit einem Dreifach-Wechsel werden sie als Megalights oder CityLightBoards vermarktet. CityLightPoster (CLP) funktionieren ähnlich, sind aber hochformatig und mit ca. 1,2 x 1,75 Meter deutlich kleiner. Zudem sind sie nur in Netzen buchbar, deren Größe deutlich variiert. Zur Plakatwerbung zählen ferner die 5,2 x 3,7 Meter großen Superposter, die an Baugerüsten und Fassaden in Größen zwischen 100 und 1'000 qm verfügbaren Megaposter (BlowUps), Brückenposter, elektronische Videoboards und Infoscreens sowie Videowände, Anzeigetafeln und Banden in Sportstätten (vgl. Hoffmann 1999: 471ff).
Fallbeispiel: Interaktive Medien in der Außenwerbung Seit 2007 können an 300 ausgewählten Standorten in deutschen Metropolen via Bluetooth-Übertragungstechnik quasi „aus dem Plakat heraus“ Jingles, Musikstücke, hochauflösende Videos, QR-Codes mit Warengutscheinen o.ä. an Handys von Passanten gesendet werden, soweit diese den Bluetooth-Empfang autorisiert haben.
Quelle: http://www.stroeer.de/fileadmin/user_upload/Bilder/OOH-Medien/ Interaktive-Medien/2008.11.17_Bluetooth-City-Netz_Stroeer.pdf, 10, Download am 25.07.2009
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Zur Verkehrsmittelwerbung zählen neben der Werbung an Bussen und Bahnen des öffentlichen Personennahverkehrs auch die Werbung an Taxis und LKW sowie Werbung an Verkehrsmitteln der Deutschen Bahn AG sowie an Flugzeugen verschiedener Luftfahrtgesellschaften. Alle genannten Werbeformen sind allgemein verfügbar, zentral zu buchen und werden professionalisiert und institutionalisiert vermarktet. Als Wettbewerbsargumente führen ihre Anbieter eine von anderen Werbeträgern unerreicht hohe Akzeptanz bei den Rezipienten und ein vergleichsweise günstiges Preis-/Leistungsverhältnis (vgl. Günther 2000: 36) ins Feld. Daneben zeigen die Werbeträger weitere Vor- aber auch Nachteile: Abbildung 28: Ausgesuchte Vor- und Nachteile der Plakatwerbung
Quelle: eigene Darstellung
Abbildung 29: Ausgesuchte Vor- und Nachteile der Verkehrsmittelwerbung
Quelle: eigene Darstellung
Anders als in der Mediawerbung müssen gerade in der Außenwerbung zu den reinen Kosten für Produktion und Schaltung oft auch jene für die Entfernung der Werbung und ggfs. jene für die Entsorgung des Werbeträgers hinzugerechnet werden. So verlangen z.B. die meisten Anbieter von Ver-
4.1 Massenwerbung ohne redaktionellen Kontext
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kehrsmittelwerbung, dass Busse, Bahnen oder Flugzeuge nach Ablauf der Belegungsdauer in neutral lackiertem Zustand zurückgegeben werden.37 Ebenfalls anders als bei klassischer Mediawerbung liegt es bei der Belegung kontextfreier Werbeträger zudem oft in der Verantwortung des Werbetreibenden, diese nach Ablauf ihrer Einsatzdauer zu demontieren, eventuelle Beschädigungen durch ihre Anbringung zu beseitigen und das Trägermaterial sachgerecht zu entsorgen. 4.1.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten Die Grundlagen für die Gestaltung von Werbebotschaften und -inhalten sollen im Rahmen der Darstellung medialer Werbung als Prototyp im Kapitel 4.4.3 näher untersucht werden. Hier werden zunächst die spezifischen Potenziale und Restriktionen herausgearbeitet, vor deren Hintergrund Werbebotschaften und -inhalte für Massenwerbung ohne redaktionellen Kontext entwickelt werden können. Sie zeigen sich ähnlich vielfältig wie redaktionell kontextfreie Werbeträger und Werbemittel selbst: So kann z.B. eine allgemeine Postwurfsendung weitaus leseintensivere Informationen enthalten als Großflächenplakate. Auch wird dasselbe CityLightPoster in einem Wartehäuschen am Rand einer vierspurigen Ausfallstrasse von Autofahrern auf dieser Straße eher flüchtig wahrgenommen werden – was im Sinne der Verkehrssicherheit ja auch zu wünschen wäre –, während die auf den Bus wartenden Fahrgäste sich intensiver damit auseinandersetzen können. Und die eingangs dargestellten „Exoten“ unter den Trägern redaktionell kontextfreier Massenwerbung setzen ihrerseits nochmals spezifischere Prämissen. Die genannten Beispiele verdeutlichen, dass Konzeption, Gestaltung und Umsetzung von Werbebotschaften und -inhalten drei Bezugspunkte berücksichtigen müssen: Adressaten, Rezeptionsqualitäten und Darstellungsoptionen. Letztlich spiegeln sich in den Adressaten der Personalisierungsgrad einer Werbeform, in den Rezeptionsqualitäten ihre Integration in einen redaktionellen Kontext und in den Darstellungsoptionen die Möglichkeiten und Grenzen der jeweiligen Werbeträger und Werbemittel. Anonyme Werbung ohne redaktionellen Kontext wendet sich an ein disperses, also nach keinen Kriterien gefiltertes bzw. segmentiertes Publikum. Sie tut das als eine Art kommunikativer Monolith: freistehend ohne ein Text-/BildUmfeld redaktionellen Charakters.
37 Die Kosten dafür variierten 2002 je nach Material (Folienbelegung oder Lackierung) und Verkehrsmittel zwischen 750.- und 5'000.- Euro bei Bussen und Bahnen sowie 25'000.- bis 55'000.- Euro bei Verkehrsflugzeugen (vgl. Hofe/Rost 2002: 76 und 118).
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
Das führt dazu, dass die Wahrnehmung ihrer Botschaften und Inhalte von sehr flüchtig bis sehr intensiv weit gespreizt ist und die redaktionell kontextfreie Werbung alleine aus sich heraus wirken muss. Nutzen und Versprechen des beworbenen Angebots müssen also in Bild, Text, Layout und Stil allgemein verständlich gehalten sein. In Zeichen zunehmenden Wettbewerbs um Aufmerksamkeit kann der von flüchtig rezipierten Werbemitteln ausgehende Druck, Botschaften schnell erfassbar zu gestalten, helfen, auch solche Werbemittel zu optimieren, die intensiver wahrgenommen werden können. Mehr noch: Solange die Verdichtung von Text und Bild nicht zu inhaltlichen Verzerrungen, Fehlern oder Unverständlichkeiten führt, trägt die Konzentration auf das Wesentliche dazu bei, die Akzeptanz eines Werbemittels zu erhalten oder zu steigern (vgl. dazu auch Schierl 2001: 287f): „Eine Anzeige ist dann gut, wenn man nichts mehr weglassen kann. Ein TV-Spot genauso. Ein Plakat sowieso.“ (Aebi 2003: 142; Hervorhebung im Original)
4.1.4 Spezifika zur Werbewirkung Bereits in Kapitel 4.1.2.1 wurde darauf hingewiesen, dass eine große Gruppe von Anbietern redaktionell kontextfreier Werbeträger diese unprofessionalisiert und nicht-institutionalisiert vermarktet und in den meisten Fällen keine qualifizierten oder durch unabhängige Forschung validierte Aussagen zur Werbewirkung treffen kann. Dagegen greifen die professionell-institutionalisierten Vermarkter nicht nur auf quantitative, sondern zunehmend auch auf qualitative Forschung zurück, um Belegung, Umfeldqualität und Wirkungen darstellen und nachweisen zu können (vgl. Günther, 2000: 36ff). Zwar gilt das folgende Postulat von Mike Ries für jede Werbeform: „Wir müssen raus aus der Störer-Rolle. Wir müssen den Leuten Inhalte anbieten, mit denen sie sich gerne beschäftigen“, sagt Mike Ries, Kreativchef bei JWT. Nur dann ist der Konsument auch bereit, seine kostbare Zeit mit der Marke zu verbringen.“ (Richter 2005: 23)
Weil aber gerade die Werbeträger ohne redaktionellen Kontext denselben per se gar nicht stören können, erfüllen sie gute Voraussetzungen dafür, diese Forderung zu erfüllen. Akzeptanz- und Sympathiewerte zwischen 31 und 50 Prozent (vgl. Günther 2000: 36) scheinen das zu belegen. Allerdings beurteilen Werbetreibende Wirkung nicht alleine nach Akzeptanz und Sympathie. Deshalb versuchen vor allem die Vermarkter von Plakat- und Verkehrsmittelwerbung mit Hilfe intensivierter Forschungsanstrengungen mehr Transparenz bezüglich der Werbewirkung zu schaffen.
4.2 Zielgruppenspezifische Werbung ohne redaktionellen Kontext
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So soll z.B. die MA Plakat künftig per Satellit und nicht mehr per Befragung erhoben werden (vgl. Derichs 2005: 54). Als der wohl wichtigste Nebeneffekt dieser Bemühungen ist die Möglichkeit entstanden, auch bei Werbeträgern ohne redaktionellen Kontext Zielgruppen zu segmentieren und entweder durch entsprechende Standortwahl oder durch Belegung elektronischer Medien das Publikum nach Alter, Kaufkraft und Berufsgruppen differenziert anzusprechen (vgl. Günther 2000: 36). Damit wird sich das nächste Kapitel genauer befassen. 4.2 Zielgruppenspezifische Werbung ohne redaktionellen Kontext Dem ökonomischen Charakter der Werbung ist inhärent, dass Werbetreibende in aller Regel versuchen, ihre Ziele mit möglichst geringem Aufwand zu erreichen. Ein Weg dazu ist die Minimierung von Streuverlusten, also jener Kosten, die entstehen, wenn sich Werbung an Adressaten richtet, für die deren Inhalte nicht gedacht oder nicht relevant sind. Nach räumlichen Kriterien, sozio- oder psychodemografischen Merkmalen oder Lebensstilen abgegrenzte Zielgruppen stehen als allgemein anerkannter und genutzter Kompromiss zwischen den beiden Extremen des anonymen Massenmarkts auf der einen und der sog. One-to-One-Kommunikation, die jeden einzelnen Adressaten individuell anspricht 38 , auf der anderen Seite. Die Werbeformen im Feld 1.2 der I/P-Matrix unterscheiden sich denn auch von denen in Kapitel 4.1 nur insofern, als sie sich nicht an ein anonymes Massenpublikum wenden, sondern an segmentierte Zielgruppen. Während Kataloge, die im Postwurf jedem Haushalt zugestellt werden, dem Feld 1.1 zuzurechnen sind, gehören sie ins Feld 1.2, wenn sie z.B. nach Art und Alter eines Hauses selektiert verteilt werden. Weitere Beispiele für zielgruppenspezifische Werbung ohne redaktionellen Inhalt sind Banden- und andere Sportstättenwerbung, Werbung in nach Interessengebieten spezifizierbaren Umgebungen, wie Theatern, Opernhäusern, Skigebieten, Fitness-Clubs, DoIt-Yourself-Werkstätten oder Werbung am Point of Sales (PoS).
38 Wie weit diese Individualisierung über die Werbung hinausgehen kann, zeigen Don Peppers und Martha Rogers (1993) umfassend in ihrem Buch The One-to-One Future.
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4.2.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation Das eben kurz angerissene Spektrum zielgruppenspezifischer Werbeformen lässt berechtigterweise vermuten, dass sich die Werbeprozesse ähnlich vielfältig gestalten wie schon in Kapitel 4.1.1 dargestellt. Tatsächlich findet sich auch hier die grundsätzliche Zweiteilung in eine unprofessionalisierte und nicht-institutionalisierte und eine Vermarktung durch institutionelle und professionelle Akteure. Mit dem Handel und seinen Unternehmen als Anbieter von PoS-Werbeflächen treten dazu in diesem Feld auch semi-professionelle Vermarkter auf den Plan. Semi-professionell deshalb, weil Handelsunternehmen einerseits bei ihren Kunden wie bei ihren Lieferanten als professionelle Akteure institutionalisiert sind und ökonomische Strukturen, Prozesse und Werkzeuge bestens beherrschen. Andererseits gehört die Vermarktung von PoS-Werbeflächen nicht zum Kerngeschäft von Handelsunternehmen. Sie kann allenfalls als eine, dieses Kerngeschäft begleitende und unterstützende Unterfunktion gesehen werden. 39 Sie muss es sogar dann, wenn der Handel den Preis für die Belegung von PoS-Flächen nicht an deren Werbewirkung orientiert festsetzt, sondern an seinen allgemeinen Konditionenzielen (Wieking 2005: 19) oder die Aufnahme eines Artikels in sein Sortiment von der Belegung von PoS-Werbeflächen abhängig macht. Schließlich muss auch noch darauf verwiesen werden, dass der Handel diese Flächen bisweilen Dritten gar nicht zur Verfügung stellt, sondern diese seinen eigenen Marken vorbehält. Eine neue Gruppe von Akteuren tritt auch bei der Vermarktung von Werbeflächen an und in Sportstätten und anderen abgrenzbaren interessensspezifischen Umgebungen auf: Jenseits der klassischen Mediaagenturen unterstützen Makler, Agenturen oder andere, oft von den Anbietern selbst gegründete und getragene Vermittler Sportvereine, Golfclubs, Bühnen, Bergbahnbetreiber und andere Anbieter zielgruppenspezifischer Werbung ohne redaktionelle Inhalte bei der Bereitstellung buchungsrelevanter Daten, der Erstellung entsprechender Unterlagen und der Distribution dieser Unterlagen an Werbetreibende und deren Agenturen. Der Grad ihrer Professionalisierung und Institutionalisierung zeigt erhebliche Bandbreiten. Immerhin wollen die Vermittler und Vermarkter von Ambient-Medien mit Studien zur Werbewirkung von Ambient-Formen die Buchung und Belegung professio-
39 Mit den Funktionen des Handels befasst sich eine Vielzahl von Autoren. Stellvertretend seien hier erwähnt: Berekoven 1990: 2ff; Oehme 1992: 30f; Seyffert 1972: 6ff.
4.2 Zielgruppenspezifische Werbung ohne redaktionellen Kontext
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nalisieren und an die Qualitätsstandards der klassischen Werbeträger heranführen. 40
Fallbeispiel: Vermarkter von Skipistenwerbung
Quelle: http://www.sitour.net/at/ViewPage.asp?Site=SITOUR_AT& PageID=230&lang=198, Aufruf am 25.07.2009
Auch im Bereich der zielgruppenspezifischen Haushaltswerbung haben sich in Deutschland verschiedene Akteure – namentlich Verteilorganisationen und die Deutsche Post AG – professionalisiert und ihr Angebot über die reine Distribution von Werbemitteln hinaus ausgedehnt. 4.2.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbemitteln Prinzipiell bedient sich die zielgruppenspezifische Werbung ohne redaktionelle Inhalte über weite Strecken derselben Werbeträger und Werbemittel wie die redaktionell-kontextfreie Massenwerbung (vgl. Kapitel 4.1.2), selektiert diese aber nach verschiedenen Kriterien. Neben der geografischen 40 Vgl. z.B. die Podiumsdiskussion an den Münchner Medientagen 2004: http://www.medientagemuenchen.de/kongress/detail.php?panelnr =505 &Schienen _Nr=2; aufgerufen am 10.6.2005.
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und soziodemografischen Segmentierung finden sich psychografische Verfahren oder Lifestyles (vgl. Kapitel 4.5.3). Der Charakter einiger zielgruppenspezifischer redaktionell-kontextfreier Werbeträger und -mittel erfordert darüber hinaus weitere Segmentierungsverfahren. So erfassen z.B. Verteilorganisationen und die Deutsche Post AG mit Verfahren der mikrogeografischen Marktsegmentierung Alter, Zustand und Charakter von Häusern, Sozialmilieus und andere Selektionsmerkmale, um Werbetreibenden eine streuverlustminimierte Verteilung von Prospekten, Katalogen oder anderen Werbemitteln ohne redaktionellen Kontext anbieten zu können. Die beschriebenen Selektionskriterien finden zunehmend auch in der Außenwerbung Berücksichtigung, um diese für Werbetreibende attraktiver zu machen (vgl. Günther 2000: 36). Auch Werbung mittels Ambient-Medien ist zur Werbung in nach Interessengebieten spezifizierbaren Umgebungen zu zählen. Sie zielt normalerweise auf spezifische Adressaten und verspricht, die Zielgruppe möglichst streuverlustfrei in einem ihr angenehmen Umfeld zu erreichen. „Stadioncards“, die an den Sitzlehnen in Fußballstadien kleben, Poster in den Umkleidekabinen von Fitness-Studios oder auch die klassische Bierdeckelwerbung wollen kein Massenpublikum erreichen, sondern ausgesuchte Zielgruppen. Dies gelingt je nach Plattform mehr oder weniger gut. Da Werte wie der Tausenderkontaktpreis (vgl. Kapitel 4.4.2.1) nicht gut anwendbar sind, müssen andere Kriterien die Auswahl von Ambient-Medien begründen – hier wird der Zielgruppenbezug wichtig. Es finden sich aber auch – wenn auch nur vereinzelt – Studien zur Reichweite, so z.B. eine intermediale Reichweitenstudie zu 65 Out-of-Home-Medien mit dem Schwerpunkt Ambient im Vergleich zur klassischen Außen- und Verkehrsmittelwerbung (vgl. http://www.f-a-m.net/; aufgerufen am 10.6.2005). 4.2.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten Anders als in der redaktionell-kontextfreien Massenwerbung zeigen sich die Optionen für die Werbebotschaften der zielgruppenspezifischen Werbung ohne redaktionellen Kontext. Zwar muss auch sie aufgrund der vielfältigen Werbeträger und -mittel unterschiedlichste Rezeptionssituationen berücksichtigen. Text und Bild können jedoch wesentlich pointierter ausfallen, weil die Adressatengruppen deutlich schärfer profiliert sind als die anonyme Masse. Auf den ersten Blick sieht sich die Gestaltung einer doppelten Herausforderung ausgesetzt: Zum einen bedingt der – mit Ausnahme der per Postwurf zugestellten oder haushaltverteilten Werbung – plakative Charakter der Werbeträger eine reduzierte Gestaltung von Text, Bild und Layout.
4.2 Zielgruppenspezifische Werbung ohne redaktionellen Kontext
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„Es liegt nahe, dass ein Medium, dessen Grundvoraussetzung … eine schnelle Kommunikation ist, möglichst wenig Informationen und somit wenig Text enthalten sollte … Über diese Ansicht … herrscht unter Werbetheoretikern … wie Werbepraktikern eine seltene Einigkeit.“ (Schierl 2001: 264)
Zum anderen bringt es die zunehmende Ausdifferenzierung von Zielgruppen mit sich, dass Akzeptanz und Erfolg einer Werbebotschaft zunehmend davon abhängen, dass es ihr vor allem in der Kommunikation mit sehr homogenen Special-Interest-Zielgruppen, wie z.B. Snowboardern, Tuning-Freaks, aber auch Opernfreunden, gelingt, deren Sprach- und Bildwelten aufzunehmen und authentisch darzustellen (vgl. Aebi 2003: 97). Auf den zweiten Blick ergibt sich aus der engeren Fokussierung jedoch der Vorteil, dass die Botschaft über Codes und Chiffren, die in der Zielgruppe bekannt sind, kürzer und schneller kommuniziert werden kann, als über alltagsgebräuchliche Texte und Bilder. Wesentlich mehr Raum und Zeit zur Informationsvermittlung bleibt einer Botschaft bei jenen Werbemitteln, die per Postwurf oder Haushaltverteilung zugestellt oder in interessenspezifischen Umfeldern verteilt werden, wie z.B. ein Prospekt zur Dacherneuerung in vor 20 Jahren gebauten Einund Zweifamilienhaussiedlungen oder ein Tauchreisen-Katalog für die Malediven beim Teilnehmern am Tauchkurs im städtischen Hallenbad. 4.2.4 Spezifika zur Werbewirkung Bereits die Segmentierung des Marktes in Zielgruppen setzt eine systematische, valide Forschung voraus (vgl. Kotler/Armstrong/Saunders/Wong 2003: 474f). Dem entsprechend versuchen viele Anbieter im Feld 1.2 der I/PMatrix, die Richtigkeit „ihrer“ Zielgruppenabgrenzung mit Hilfe gültiger Daten aus der Wirkungsforschung und Erfolgskontrollen zu belegen. In Kapitel 4.1.4 wurden bereits solche Forschungsprojekte für den Bereich der Außenwerbung dargestellt. Um zielgruppenspezifischere Daten über ihre Nutzung zu bekommen, werden dort seit neuestem auch GPS-basierte Standortanalysen, Mobilitäts- und Frequenzstudien sowie mit diversen Umfeldfaktoren gekoppelte Navigationssysteme eingesetzt (vgl. Schmidt 2005). Bei post- und haushaltverteilter Werbung kommen in der Regel Methoden und Analysen zum Einsatz, die sich in der Direktwerbung bewährt haben, weshalb sie mit dieser in Kapitel 4.3 näher beleuchtet werden sollen. Wirkungsstudien zur Werbung mit Ambient-Medien sind bislang eher rar. Da dieser Bereich jedoch wächst, finden sich mittlerweile vereinzelt Untersuchungen dazu. Sie dienen u.a. dazu, die Kombination von Medien-Belegungen bei einer Ambient-Kampagne zu optimieren (vgl. Fachverband Ambient Media: http://www.f-a-m.net/; aufgerufen am 10.6.2005).
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
4.3 Personalisierte Werbung ohne redaktionellen Kontext Bereits 1985 stellte Heinz Dallmer (1985: 18) angesichts des zu beobachtenden Verfalls der Massenmärkte die individuelle Ansprache in Form personalisierter Werbung als Alternative zur medialen, bestenfalls nach Zielgruppen segmentierten Werbung dar. Bis heute hat sich daraus ein breites Spektrum an Werbeformen entwickelt, die sich im I/P-Matrix-Feld 1.3 verorten lassen. Beschränkt sich die Personalisierung in der traditionellen Direktwerbung via Brief, Prospekt, Katalog o.ä. auf die individuelle Adresse und Anrede, so ermöglicht die Digitalisierung von Inhalten im Verbund mit einem rasanten Kostenverfall beim Einsatz von Informationstechnologien und die vor allem im Internet gegebenen Möglichkeiten zur Interaktion eine neue Dimension der Personalisierung. So definiert z.B. das Personalization Consortium, eine nach eigenen Aussagen international zusammengesetzte Non-Profit-Organisation zur Entwicklung eines verantwortlichen One-to-One-Marketings, Personalisierung als „… the use of technology and customer information to tailor electronic commerce interactions between a business and each individual customer. Using information either previously obtained or provided in real-time about the customer, the exchange between the parties is altered to fit that customer's stated needs as well as needs perceived by the business based on the available customer information. The purpose of this information technology combined with marketing practices specialized for the World Wide Web is to: • Better serve the customer by anticipating needs • Make the interaction efficient and satisfying for both parties • Build a relationship that encourages the customer to return for subsequent purchases“ http://www.personalization.org/personalization.html; Aufruf am 11.06.05
Eine aussagefähige Übersicht über die verschiedenen Definitionen, Erscheinungsformen und Einsatzmöglichkeiten von Personalisierung findet sich bei Vesanen (2007). Konkret umgesetzt finden sich solche hoch-personalisierten Werbeformen auf den Homepages verschiedener Internet-Shops, die anhand der mehr oder weniger freiwillig übermittelten Kundendaten sowie eines aus der jeweiligen Einkaufs- und Informationshistorie eines Kunden extrahierten Benutzerprofils individuelle Angebote generieren, so dass beim nächsten
4.3 Personalisierte Werbung ohne redaktionellen Kontext
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Seitenaufruf eine in dieser Form nur dem aufrufenden Kunden verfügbare Seite erscheint. 41 Während bei Websites die Werbeadressaten aber immer erst selbst aktiv eine Seite aufrufen müssen, bevor sie die dergestalt individualisierte Botschaft erhalten, schickt Werbung per E-Mail oder SMS individualisierte Botschaften auf den Rechner bzw. aufs Handy. Inzwischen sind multimediale MobileMarketing-Kampagnen für MMS und UMTS am Start, die die Werbung per SMS ablösen sollen (vgl. Häberle 2004: 18; Kalka 2005: 58). Besonders in Japan, zunehmend aber auch in Mitteleuropa kommt dabei das so genannte Mobile Tagging zum Einsatz, wie es im folgenden Fallbeispiel dargestellt ist. Die Personalisierung in der mobilen Werbung muss allerdings sehr behutsam umgesetzt werden, weil die Beziehung zwischen Sender und Empfänger noch mehr an Anonymität verliert als im stationären Internet. Dies macht die Kommunikationsbeziehung zwar persönlicher, erhöht den „Störfaktor“ von Werbung aber massiv. Individualisierte Botschaften per E-Mail, MMS oder SMS auf ein mobiles Endgerät werden im Besonderen als Eingriff in die Privatsphäre vestanden: „The mobile medium is potentially even more instrusive than other interactive marketing channels. The main reasons are its ubiquity and personal identity.“ (Rodriguez Perlado & Barwise 2005: 269). Ein noch größerer Eingriff in die Privatsphäre sind „Location Based Services“, die unaufgefordert geschickt werden, da sie voraussetzen, dass das mobile Endgerät auch noch den Standort des Besitzers rückkoppelt. Der höchste Personalisierungsgrad findet sich in Verkaufsgesprächen, wenn auch dort bisweilen Standardargumentationen üblich sind, wie etwa bei CallCenter-Anrufen, beim Einsatz von Sprachcomputern oder bei unterdurchschnittlich geschultem oder befähigtem Verkaufspersonal.
41 Vgl. für einen Überblick zum E-Commerce: Hermanns/Sauter 2001. Inwieweit Kundendaten „freiwillig“ übermittelt werden, wenn Leistungen eines Internetangebots, wie der Download einer Software-Aktualisierung, nur nach Eingabe von Daten möglich ist, die die Erstellung eines Userprofils zulassen, kann hier nicht weiter diskutiert, soll aber wenigstens erwähnt werden.
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
Fallbeispiel: Mobile Couponing mit QR-Codes
Quelle: http://www.neom.com/casestudy-13.php, Aufruf am 25.07.2009
4.3.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation Im Feld 1.3 der I/P-Matrix findet Kommunikation in einem, durch direkten Kontakt zwischen Anbieter und Nachfrager gekennzeichneten, geschlossenen Markt (vgl. Meyer 1973: 90ff) statt. Daraus ließe sich schlussfolgern, dass außer dem Werbetreibenden und seinem Gesprächspartner keine weiteren Akteure oder Intermediäre auftreten. Die Struktur der Werbeprozesse bei personalisierter Werbung ohne redaktionellen Kontext zeigt sich dabei jedoch dreigeteilt: Bei der direktesten und am höchsten personalisierten Werbeform – der Faceto-Face-Kommunikation – ist die auf zwei Akteure beschränkte Kommuni-
4.3 Personalisierte Werbung ohne redaktionellen Kontext
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kation tatsächlich gegeben. Sie reicht vom klassischen Anbahnungsgespräch an der Haustür privater Kunden bzw. dem ebenso klassischen Außendienstbesuch im Business-to-Business-Bereich über die Verkaufsparty für Tupperwaren, Schmuck oder Erotikartikel 42 bis hin zum Beratungsgespräch im Handel. Meist gehen solche Werbe- meist ansatzlos in Verkaufsgespräche über. Inwieweit die Anreicherung dieser Gespräche mit Anekdoten, Witzen, SmallTalk oder Brancheninformationen als redaktioneller Kontext bezeichnet werden kann, soll hier nicht Gegenstand einer vertieften Diskussion sein, wird aber in Kapitel 5 nochmals kurz beleuchtet werden. Auch im Bereich der traditionellen Direktwerbung stehen Werbetreibende und Adressaten in einem jeweils direkten Dialog. Weil hier die Werbung aber nicht mehr persönlich, sondern via Mailing, Prospekt oder Katalog kommuniziert wird, treten neben Werbetreibenden weitere Akteure auf den Plan: Neben Werbeagenturen und Produktionsfirmen sind hier insbesondere Adressvermarkter und Verteilunternehmen von Interesse. Gerade die Weitergabe personenbezogener Daten führt immer wieder zu Spannungsfeldern zwischen Marketing, Daten- und Konsumentenschutz (vgl. Brecheis 1987: 31ff, Schineis 1989: 1f). Wenn diese Daten im Zuge der IT-Entwicklung relativ problemlos zu Profilen erweitert werden, fürchten viele Konsumenten zu Recht um den Verlust ihrer Privatsphäre. Mit gesetzlichen Institutionen wie der „Do-Not-Call-Liste“ der US-amerikanischen Federal Trade Commission FTC oder mit freiwilliger Selbstkontrolle in Form der „Robinson-Liste“ des Deutschen Direktmarketing Verbandes (vgl. Der Kontakter 43/2003: 15 bzw. Brecheis 1987: 43) versuchen Gesetzgeber und Werbetreibende, diesen Befürchtungen Rechnung zu tragen. In jüngster Vergangenheit haben gravierende Missstände im Umgang mit persönlichen Daten bei deutschen Telekommunikationsanbietern, Deutscher Bundesbahn und diversen Banken als „Datenskandale“ den öffentlichen Druck zur Einschränkung der allgemeinen Verfügbarkeit persönlicher Daten zu Werbezwecken massiv erhöht. Mit dem am 3. Juli 2009 vom Bundestag beschlossenen "Gesetz zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften" und der Zustimmung des Bundesrats am 10. Juli 2009 wird die personalisierte Werbung auf Basis persönlicher Adressdaten erhebliche Einschränkungen erfahren (vgl. http://www.onetoone.de/Bundesrat-segnetDatenschutzreform-ab-16185.html, Aufruf 25.07.2009). Inwieweit sich dadurch die Direktwerbung insgesamt verändern wird, lässt sich derzeit nicht seriös abschätzen, doch muss davon ausgegangen werden, dass künftig
42 Für einen detaillierten Überblick über die einzelnen Erscheinungsformen des Direktvertriebs: vgl. Tietz 1985.
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Kundenadressen mit Erlaubnis zur Nutzung für Werbezwecke an Wert gewinnen werden. Das sog. Permission Marketing bietet Konsumenten an, deren Adresse und Profil gegen eine Beteiligung an den Erträgen aus dem Adressverkauf an Werbetreibende zu vermarkten:
Fallbeispiel: Permission Marketing „Wir fragen in unserer komplexen Anmeldeprozedur zu allererst: Haben wir die Erlaubnis, Deine Daten, so wie Du sie in den Fragebögen bei uns hinterlegt hast, tatsächlich zu vermarkten? Das zweite, fast noch wichtigere Prinzip ist, wir geben dem Kunden die gesamte Kontrolle über unsere geschäftliche Tätigkeit. Er entscheidet, in welcher Form seine Daten weitergegeben werden. Und als drittes Prinzip: Für den Endverbraucher ist der ganze Prozess vollständig transparent. Er hat ein Konto, auf dem er sieht, welche Daten an wen verkauft wurden.“ Quelle: Absatzwirtschaft 05/2001: 156
Insgesamt wird gerade in der mobilen Werbung Permission Marketing wichtiger, um vertrauensvolle Beziehungen zu etablieren. Eine Studie von Harris Interactive 2007 (zitiert nach Gleich 2009a: 148f.) zeigt, dass auch in den USA die Nutzer kein Interesse an personalisierter Werbung aufs Handy haben und sie allenfalls akzeptieren, wenn damit eine Gegenleistung, z.B. Freiminuten, verbunden sind. Insgesamt spielen damit im Werbeprozess Glaubwürdigkeit des Absenders, Seriosität und Fairness eine umso größere Rolle. Als zweite große Akteursgruppe neben Werbetreibenden, Agenturen und Adressmaklern treten bei der traditionellen Direktwerbung die Verteilunternehmen auf. Dabei präsentiert sich nicht nur in Deutschland vor allem die Post als eine Art multifunktionaler Generalunternehmer mit dem Charakter einer zentralen Plattform für die Direktwerbung. Der Auszug aus der Homepage der Deutschen Post AG im Fallbeispiel auf der nächsten Seite zeigt, wie umfassend deren Leistungskatalog dafür ist. Im Bereich der nicht nur in Adresse und Anrede, sondern auch in Inhalten und Botschaften personalisierten redaktionell-kontextfreien Werbung via interaktiver Medien treten als neue Anbieter für Werbezeit und (virtuellen) Werberaum die jeweiligen Dienste-Provider und Netzbetreiber für Internetund Datendienste, Mobiltelefonie, Mobile Messaging und UMTS auf. Von den klassischen Medienorganisationen als Akteure in den Feldern 2.1 bis 2.3 der I/P-Matrix unterscheiden sie sich vor allem dadurch, dass sie primär nicht inhalts-, sondern technologiegetrieben sind und teilweise an proprietären, Inhalte bereitstellenden Portalen aus wirtschaftlichen Gründen gar nicht interessiert sind (vgl. Der Kontakter 07/2004: 36). Im Bereich der
4.3 Personalisierte Werbung ohne redaktionellen Kontext
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redaktionell-kontextfreien Werbung ist dies auch nicht relevant. Prozessverändernder wirken dort viel eher Bemühungen von Mobilfunk-Providern, mit eigenen, auf ihre spezifischen Werbeträger abgestimmten, Marketingund Kommunikationsdienstleistungen in Wettbewerb zu Agenturen zu treten (vgl. e-Market Oktober 2003: 118).
Fallbeispiel: Die Deutsche Post AG als Direktwerbe-Plattform Auf der Homepage der Deutschen Post AG wird das gesamte Leistungsspektrum für die traditionelle Direktwerbung angeboten. Ähnliche Angebote finden sich in der Schweiz (http://www.post.ch/de/index/uk_geschaeftskunden/pm_directpoint.htm, Aufruf am 11.06.05) und in Österreich (http://www.business.post.at/content/postversand/infomail/postversand_ infomail_inland_service.htm, Aufruf am 11.06.05)
Quelle:http://www.deutschepost.de/dpag?check=yes&lang=de_DE&xmlFile= 1001245, Aufruf am 11.06.2005
Insgesamt sind die Akteurskonstellationen im Feld 1.3 von hoher Dynamik gekennzeichnet, in der sich die technische Entwicklung der Werbeträger und Werbemittel widerspiegelt. 4.3.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbemitteln Diese Dynamik dividiert Werbeträger und Werbemittel der redaktionellkontextfreien, individualisierten Werbung in einen dinglichen und einen
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virtuellen Bereich. Im dinglichen Bereich finden sich personalisierte Mailings mit Werbebrief, Prospekt oder Katalog und ggfs. einem Give-Away. Die meisten der dinglichen Werbeformen sind derzeit mit individuellem Adressbzw. Namenseindruck und persönlicher Anrede im Werbebrief nur gering personalisiert. U.a. deshalb, weil z.B. ein 200 Seiten umfassender Versandkatalog zur Erfüllung von Wirtschaftlichkeitskriterien (noch) eine Mindestauflage braucht, die deutlich größer 1 liegt. Die stetige Digitalisierung im Druckbereich lässt jedoch die Vermutung zu, dass auch ein Katalog in seinem Angebot ähnlich individualisierbar ist, wie dies etwa die Homepages von Amazon für registrierte Kunden, aber auch diverser Kundenclubs für Ihre Mitglieder schon heute sind. Klarer zeichnet sich der Trend ab, auch die Direktwerbung in redaktionelle Inhalte zu verpacken: Um Stornoquoten bei periodischen Abonnementslieferungen zu senken, legen Verlage den Aktualisierungen schon heute Newsletter bei. Und aus Katalogen und Magazinen entwickeln Versender und Warenhäuser sogenannte Magaloge, die das Einkaufserlebnis steigern und dafür sorgen sollen, dass das Werbemittel öfter zur Hand genommen wird. Die virtuellen Werbeträger und Werbemittel können weitaus stärker personalisiert werden, doch hinkt auch hier die Realisierung den Möglichkeiten hinterher. Banner und PopUps im Internet werden kaum personalisiert und sind auch rechtlich nicht unumstritten. Hier können die Interessen von Online-Anbietern und Online-Vermarktern auch auseinander gehen, denn erstere wollen ihre Nutzer möglichst wenig stören, letztere aber ein breites Portfolio an Werbemöglichkeiten anbieten (vgl. Thomas 2005). Neue Datenbank- und Content-Management-Systeme (CMS) erlauben Internet-Werbern aber inzwischen, Homepage-, Shop- und Werbeseiten nicht nur in der Anrede, sondern auch in der Gestaltung und den abgebildeten Angeboten nach den Präferenzen zu personalisieren, die aus dem Profil eines Users abgeleitet werden können. Dass das nicht immer reibungslos funktioniert, belegt das Fallbeispiel.
Fallbeispiel: Personalisierungsfehler im E-Commerce „Nitsche: … Als miles-and-more-Kunde der Lufthansa bekomme ich auch einen Newsletter, den ich bestellt habe. Was mich auf den ersten Blick ärgert: Der Newsletter ist auf deutsch und englisch. Eigentlich sollte die Lufthansa wissen, ob ich deutsch oder englisch spreche und was ich davon lieber lese. Außerdem sind da alle Angebote drin, vom Flug nach Sao Paulo bis zur innerdeutschen Verbindung. Wenn die darauf achten würden, wie ich fliege, dann wüssten sie, dass ich dreimal im Jahr außerhalb Deutschlands und zweimal in der Woche innerhalb Deutschlands fliege. Doch es ist vielleicht etwas unfair, jetzt nur Lufthansa als Beispiel zu nennen, es gibt da auch eine Fülle anderer Beispiele.
4.3 Personalisierte Werbung ohne redaktionellen Kontext
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Hermanns: Selbst bei amazon ist man leicht auf der falschen Fährte. Da bestelle ich ein Buch zum Thema Fußball als Geschenk und da zeigt man mir beim nächsten Kontakt wieder eins über Fußball, obwohl mich das persönlich nicht interessiert.“ Quelle: Absatzwirtschaft 05/2001: 156
Für das Mobile-Marketing via Handy bieten sich als personalisierbare Werbemittel SMS-Botschaften an, die aber in ihren Gestaltungsmöglichkeiten deutlich eingeschränkt sind. Mit dem Aufkommen und der Verbreitung neuer Mobilfunkstandards wie GPRS und UMTS und entsprechender Endgeräte ist es aber möglich, individualisierte Werbung auf Smartphones und Multimediahandies zu verbreiten. Zusätzlich kann mittels Kundenprofil, Handy und einem GPS-basierten Tracking-System ein bekannter Kunde mit Angeboten aus der unmittelbaren Umgebung, in der er sich gerade aufhält, konfrontiert werden. Solche Systeme basieren wie alle Systeme für Customer Relationship Management auf ausgeklügelten Datenbanken, die nicht nur die soziodemografischen Merkmale, sondern auch viele zusätzliche Kriterien, wie Konsumvorlieben und -wünsche, Freizeitorientierungen oder Hobbies, enthalten. Anders als herkömmliche CRM-Systeme können GPS-basierte Mobile-Marketing-Systeme aber diese Daten auf Anforderung in Echtzeit abrufen, mit dem jeweiligen Standort des Handynutzers und den dort verfügbaren relevanten Angeboten verknüpfen und das so generierte personalisierte Angebot, z.B. für Hinweise auf die billigste Tankstelle, Last-MinuteKinokarten etc., via SMS oder MMS aufs Handy schicken (vgl. Schäfer 2005: 120). Die bereits angesprochenen 2-D-Codes erlauben zudem die Verbindung mit Homepages der Code-Absender ohne weitere Tastatureingaben am Handy mit dem Ziel eines Brückenschlags zwischen online-, mobilen und Printmedien (vgl. Detecon International GmbH 2008). Mit beiden technischen Systemen – Internet und Mobile-Marketing – lässt sich die Forderung Arnold Hermanns aus dem Jahr 2003 erfüllen, Werbetreibende müssten in der Online-Werbung „ … dahin kommen, über individuelle Nutzungsdaten individuelle Werbebotschaften zu verbreiten.“ (http://www.wuv.de; Aufruf am 30.09.2003)
4.3.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten Wesentliches Kriterium für den Erfolg der individuellen, redaktionellkontextfreien Werbung ist die Qualität der Werbebotschaften. Da sowohl Mailings als auch Homepages, E-Newsletter und Mobile Werbung sehr tief
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in die Privatsphäre eindringen, muss den Werbebotschaften der Spagat gelingen, einerseits genügend Aufmerksamkeit und Aktivierung zu erzeugen, andererseits aber nicht als störend empfunden zu werden. Denn dann würden sie unweigerlich Akzeptanz und Wohlwollen verlieren. Dies gilt, wenn auch in unterschiedlichen Akzentuierungen, für gedruckte, dingliche Werbemittel ebenso wie für virtuelle. Der Vorteil letzterer: Die Botschaften via Internet, MMS oder UMTS lassen sich mit demselben emotionalisierenden Elementen (Bewegtbild, Text, Ton in polyphoner oder HiFi-Qualität) aufladen wie die eines TV-Spots, haben dazu aber zwei weitere Vorteile: den Faktor „Innovation“ und die Peer-to-Peer-Funktion. Denn wenn Werbebotschaften bei einem Adressaten gut ankommen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er diese weiterschickt. Der Internet-Browser Firefox oder der neue 1er-BMW wurden auf diesem Weg und ohne TVSpots erfolgreich im Markt lanciert. 4.3.4 Spezifika zur Werbewirkung Für die Forschung bringt die individualisierte Werbung ohne redaktionellen Kontext einen entscheidenden Vorteil: Sie ist direkter als jede andere Werbeform. Die Kennzeichnung von Werbemitteln und der direkte Kundenresponse erlauben zumindest quantitativ relativ zuverlässige Aussagen. So werden dingliche Werbemittel wie z.B. Antwortcoupons oder Bestellformulare in Prospekten oder Katalogen mit Codes ausgestattet, die es den Werbetreibenden ermöglichen, Kundenantworten einer bestimmten Werbeaktion zuzuordnen. Reaktionsgeschwindigkeit, Responsequote und -qualität (nur Infoanforderung oder sofortiger Direktkauf) sind damit ebenso zu ermitteln, wie das Kosten-/Erlösverhältnis und andere wirtschaftliche Kennzahlen. Aus der Summe aller gewonnen Daten lassen sich dann wiederum Rückschlüsse ziehen auf die Qualität des Adress- und Datenmaterials sowie auf ggfs. beobachtbare Veränderungen im Informations-, Kommunikationsund Interaktionsverhalten der Adressaten. Bei virtuellen Werbeträgern und -mitteln geben darüber hinaus TrackingVerfahren Auskunft über Art, Zeit, Intensität und Ergebnis der Nutzung z.B. von Internet- oder Mobilfunkwerbung. Durch die vergleichsweise relativ einfach und günstig zu realisierenden Möglichkeiten zur Individualisierung können Ergebnisse der Wirkungsforschung kurzfristig in die Entwicklung neuer Kampagnen via Internet- oder Mobilfunkwerbung einfließen. Neben der Interaktivität der Werbeträger und der klaren Abgrenzbarkeit der Zielgruppen mag auch diese kurze Optimierungszeit zu überdurchschnittlich hohen Responseraten führen (vgl. Schäfer 2003, 120 f).
4.4 Prototyp 1: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien
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4.4 Prototyp 1: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien Die Werbeformen dieses Feldes sind nach wie vor die Prototypen der Werbung und werden deshalb auch im größten Teil der Werbeliteratur ausgiebig untersucht und thematisiert. Einerseits wird die Werbung zusammen mit einem redaktionellen Inhalt massenmedial verbreitet, andererseits wird sie deutlich als vom redaktionellen Teil getrennt ausgewiesen. Allerdings tendiert die Werbewirtschaft dazu, über die Gestaltung der Werbebotschaft und Auswahl der Werbeträger den Adressatenkreis auf spezifische Zielgruppen einzuengen (vgl. Kapitel 4.5). Nur in Kombination mit redaktionellen Medienangeboten, die wirklich von einem Massenpublikum und nicht in erster Linie von einzelnen Publikumssegmenten genutzt werden, lässt sich deshalb von massenmedialer Werbung sprechen. Die Werbung entspricht dann klassischer Massenkommunikation; der Definition von Gerhard Maletzke (1963) folgend also jener Kommunikationsform, bei der Aussagen öffentlich, durch technische Verbreitungsmittel, indirekt und einseitig an ein disperses Publikum vermittelt werden. Da Werbung in diesem Feld prototypisch ist, sollen anstelle von Spezifika im Folgenden Grundlagen skizziert werden. 4.4.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation Die Struktur der Werbekommunikation entspricht im Fall der als getrennt ausgewiesenen Werbung in Massenmedien der Auftragslogik mit den entsprechenden Einflüssen und Interessenskonstellationen, wie sie in Kapitel 3 skizziert wurden. Deshalb kann auch die dort platzierte Abbildung 23 unverändert übernommen werden. Besonders hingewiesen sei aber auf die Ausdifferenzierung der Akteure und auf den Machtzuwachs bei einigen von ihnen (vgl. Kapitel 3.3.2.3): Während sich auf Agenturseite die Mediaagenturen als eigenständige Organisationen etabliert haben, haben sich auf Seiten der Medien auch Vermarkter und Verkäufer von Werberaum und -zeit als eigenständige Akteure positioniert. Bei der Beschaffung und Buchung von Werberaum und -zeit sitzen sich also auf beiden Seiten des Verhandlungstisches Organisationen mit entsprechend großen Machtressourcen gegenüber. Besonders konzentriert zeigt sich dies im Bereich der Fernsehwerbung, wo die Konzentration der Auftraggeber und der Medien entsprechend gespiegelt wird. In Deutschland vermarkten IP Deutschland (für RTL, VOX, Super RTL, n-tv, den RTL Shop und die Internet- und Teletext-Angebote der
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Sender – RTL2 wird dagegen von El Cartel Media vermarktet), SevenOne Media (für SAT.1, Pro7, Kabel1 und N24), die ARD-Werbung Sales&Services (für alle ARD-Programme) und das ZDF Werbefernsehen die buchbare Werbezeit fast ausschließlich. Auf Seiten der Mediaagenturen vereinigten im Jahr 2002 die sieben größten Organisationen, HCCS Plus, MediaCom, Magna Global Germany, mediaedge: cia, MindShare und Zenith Optimedia Group ca. 87% des Einkaufsvolumens auf sich. 43 Je mehr Einkaufsvolumen die Mediaagenturen dabei vertreten, desto größer ist ihre Verhandlungsmacht.
Fallbeispiel: Mediaagenturen bilden Oligopol „Gern haben die Verleger und TV-Veranstalter die Nachricht nicht vernommen. Die Media-Agenturen von Omnicom und Publicis wollen sich zusammenschließen. …. Damit entsteht der zweitgrößte Einkäufer von Werbeflächen mit einem Etatvolumen von fast vier Milliarden Euro. Nur das Bundeskartellamt, bei dem die Fusion bereits angemeldet ist, kann den Zusammenschluß noch kippen. Im Grunde sind die Agenturen Zwischenhändler. Sie stehen mit ihren Einkaufsgemeinschaften zwischen den werbetreibenden Unternehmen und den Anbietern von Werbeflächen und Sendezeiten. Sie verteilen Werbung auf unterschiedliche Medien, sorgen somit für den Mediamix. Je mehr Werbung sie zu vergeben haben, desto rigoroser können sie Rabatte bei den Werbeträgern wie TV- und Radiostationen und Zeitschriften einfordern. Dies ist der Sinn der Einkaufsgemeinschaften.“ Quelle: Urbe 2004
Auch in der Schweiz stehen sich Mediaagenturen und Vermarkter als hochkonzentrierte und professionelle Akteure gegenüber, so die Publisuisse für die Programme des Schweizer Fernsehens der SRG und die Publicitas für weite Teile der Printlandschaft. In jüngster Zeit holen allerdings einige Verlage die Vermarktung ihres Werberaums wieder ins eigene Haus zurück. Dass zwischen 2004 und 2007 erstmals seit einigen Jahren die Gesamtwerbeumsätze in Deutschland wieder gestiegen waren, war auch für die Medien als wichtige Akteure positiv. Vice versa stellen die seit 2008 sinkenden Netto-Werbeinvestitionen ein großes Problem dar, das die Medien in einer anhaltenden Strukturkrise umso härter trifft (vgl. Kapitel 2.1.8 und Abbildungen 8, 10a und b). 2008 sanken die Netto-Werbeinvestitionen um 2,2% gegenüber dem Vorjahr und erreichten nur noch 20,36 Mrd. €. Eine
43 OMG-Ranking 2002 (vgl. http://www.omg-online.de/index.php3 aufgerufen am 13.5.2005). Leider ist keine aktuellere Version des Rankings verfügbar. OMG ist die Organisation der Mediaagenturen im Gesamtverband Werbeagenturen GWA.
4.4 Prototyp 1: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien
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Umfrage der OMG unter ihren Mitgliedern ergab auch für 2009 durchweg negative Einschätzungen für die Brutto-Werbeinvestitionen. Einzig den werblichen Onlineaktivitäten wird ein Zuwachs zugetraut; sie werden zudem als unverzichtbar in Crossmedia-Kampagnen eingestuft (vgl. OMG 2009). Zudem wird moniert, dass das Werbeverhalten der Branchen und einzelner Unternehmen unüberschaubarer, die Zeithorizonte für Werbestrategien kürzer und der Werbeeinsatz noch spontaner geworden sind. Dass auch Forschungsinstitutionen Einflusspotenzial zugeschrieben werden muss, zeigt sich allein daran, dass die „Wartezeit“, die neue Zeitschriftentitel am Markt durchlaufen müssen, um in die Media-Analyse 44 aufgenommen zu werden, als maßgebliche Markteintrittsbarriere und als Wettbewerbsnachteil gewertet werden (vgl. Sjurts 1996: 65). 4.4.2 Grundlagen zu Werbeträgern und Werbemitteln In diesem Kapitel ist grundlegend zu unterscheiden zwischen dem Vorgehen bei der Auswahl von Werbeträgern (Mediaplanung) und den zur Verfügung stehenden Werbeträgern sowie Werbemitteln mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen (Medien als Werbeträger und ihre Werbemittel). Da sich die Vorund Nachteile der einzelnen Werbeträger wesentlich an den in der Mediaplanung relevanten Kriterien orientieren, soll letztere zuerst erläutert werden. 4.4.2.1 Mediaplanung Bei der Auswahl der Werbeträger kommen die Mediaplanung und die ihr zugrunde liegende Mediaforschung zum Tragen (vgl. dazu: Wessbecher/Unger 1991; Lange/Modenbach 1999; Unger/Durante/Gabrys/Koch/Wailersbacher 2002; Schweiger/Schrattenegger 2001; Koschnick 1995 und 2003; FreyVor/Siegert/Stiehler 2008). Die Mediaplanung trifft die Auswahl der zu belegenden Werbeträger und regelt die Modalitäten der Belegung (Zeitpunkt, Häufigkeit), wobei sie Effektivität und Effizienz der Werbung berücksichtigt. Bei der Auswahl der Werbeträger unterscheidet sich die InterMediaselektion, d.h. die Entscheidung darüber, in welcher Mediengattung – z.B. TV oder Print – geworben wird, von der Intra-Mediaselektion, d.h. der Entscheidung darüber, welche spezifischen Medien, also welche Programme oder Zeitungs- bzw. Zeitschriften-Titel, belegt werden.
44 Die von der AG.MA - Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V. jährlich veröffentlichte Media-Analyse erfasst das Mediennutzungsverhalten der deutschen Bevölkerung ab 14 Jahren und gilt als eine Art „Leitwährung“ für die Mediaplanung in Deutschland.
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
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Mediaplanung „Die Aufgabe der Mediaplanung ist es, den Transport der Werbebotschaft zur Zielgruppe unter Berücksichtigung von Kosten- und Leistungsgesichtspunkten gleichermaßen zu gewährleisten. Unter diesen Gesichtspunkten sind die zu belegenden Werbeträger auszuwählen, sowie Zeitpunkt und Häufigkeit der jeweiligen Belegung pro Werbeträger festzulegen.“ (Unger/Durante/Gabrys/Koch/Wailersbacher 2002: 131).
Um Effektivität und Effizienz zu gewährleisten, werden alternative Mediapläne aufgestellt und nach Leistungsumfang und Kosten bewertet. Als relevante Leistungskriterien bieten sich die Reichweite und die Zielgruppenaffinität an. Der Tausenderkontaktpreis – auch: Tausend-Kontaktepreis – (TKP) beziffert die Kosten des Werbeträgers für das Erreichen von je 1'000 Zielpersonen (Hörer, Leser, Zuschauer). Mit dieser rigiden Einschränkung auf das rein quantitative Kosten-/Nutzen-Verhältnis ermöglicht es der TKP, unterschiedlichste Werbeträger auch über Mediengattungen hinweg in eben dieser quantitativen Leistungsdimension zu vergleichen. Ebenfalls wichtige Entscheidungskriterien sind der OTC-Wert, der als Zahl der Durchschnittskontakte angibt, wie oft die durchschnittliche Zielperson erreicht wird („opportunity to contact“), sowie die Kontaktverteilung, mit der gemessen wird, wie stark die tatsächliche Kontaktzahl um die durchschnittliche Kontaktzahl streut. Dabei können jedoch nicht beliebige Kombinationen von Kriterien optimiert werden. Man kann entweder die Reichweite oder den Werbedruck (OTC-Wert) optimieren. Welche Kriterien wie stark zum Tragen kommen, wird letztlich von der Mediastrategie bestimmt, die ihrerseits von den Werbezielen abhängt. Die endgültige Kombination unterschiedlicher Medien und anderer werblicher Plattformen wird als Media-Mix bezeichnet. In Abgrenzung zum Media-Mix hat sich seit einigen Jahren der Begriff Cross-Media-Strategie etabliert. 45 Er bezeichnet nicht nur die parallele Belegung unterschiedlicher Werbeträger, sondern auch deren wechselseitige inhaltliche Vernetzung. Allerdings gibt es nur bedingt Untersuchungen darüber, ob und inwieweit diese Vernetzung werbewirksam ist. Dennoch tragen Forschungsinstitute und Werbe- und Mediaagenturen dieser Entwicklung Rechnung.
45 Vgl. zur Theorie des optimalen Media-Mixes u.a. Korff-Sage 1999: 145ff.
4.4 Prototyp 1: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien
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Die Entwicklung von Mediaplänen ist unabdingbar auf die Daten der Mediaforschung, wie z.B. die Reichweite, angewiesen. Nur auf ihrer Basis können etwa in einem ersten Schritt Rangreihen von Werbeträgern erstellt werden. Meist geschieht dies wie die weitere Erarbeitung detaillierter Mediapläne mit entsprechenden Software-Planungstools. 46 Neben quantitativen Leistungskriterien werden qualitative, wie Image, Glaubwürdigkeit des Mediums, Kompetenz oder Kontaktqualität (u.a. Leser-Blatt-Bindung) selektionsrelevant. Da zudem die Größe und Farbigkeit von Anzeigen oder die Dauer von Spots kostenrelevant sind, macht die Mediaplanung auch dazu in manchen Fällen Vorgaben, vor allem um das Preis-/Leistungsverhältnis zu optimieren. Meist werden diese Kriterien dann im Zuge des Gestaltungsprozesses zwischen Kreativ- und Media-Umsetzung abgestimmt. 4.4.2.2 Medien als Werbeträger und ihre Werbemittel Für die als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien stehen all diejenigen Medien zur Auswahl, die massenmediale redaktionelle Angebote machen; mithin Zeitungen und Gratiszeitungen, Publikumszeitschriften und – soweit sie kein zielgruppenspezifisches Angebot bieten – Fernsehen, Radio und Online-Angebote. Ihre wesentlichen Kennzeichen, die typischen Werbemittel sowie ihre wichtigsten Vor- und Nachteile als Werbeträger, wie sie in der Inter-Mediaselektion zum Tragen kommen, sollen im Folgenden skizziert werden (vgl. dazu u.a. die Beiträge in Geffken 1999: 421ff; Wessbecher/Unger 1991; Behrens 1996: 166ff; Heinrich 1999: 564ff; Korff-Sage 1999: 44ff; Unger/Durante/Gabrys/Koch/Wailersbacher 2002; Koschnick 1995 und 2003; Kloss 2003: 268ff).
46 „In der Regel sind alle Media- bzw. Markt-Untersuchungen, die nicht in der ausschließlichen Trägerschaft eines einzelnen Mediums liegen, auch als PC-Versionen verfügbar. Das derzeitige Angebot PC-auswertbarer Untersuchungen umfasst folgende Studien: Media-Analyse (MA), Verbraucher-Analyse (VA), Kids-Verbraucher-Analyse (KVA), Allensbacher Werbeträger Analyse (AWA), Leseranalyse Entscheidungsträger (LAE), Typologie der Wünsche (TdW), Communication Networks (CN), Fame (Milchstraße), Allensbacher Computer und Telekommunikations-Analyse (ACTA), den Online-Reichweiten-Monitor (ORM), verschiedene Analysen der medizinischen Fachpresse wie LA Med, TV-Daten der AGF/GfK und Plakat-MediaAnalyse (PMA)…. Besonders intensiv werden Planungstools in der Fernsehplanung eingesetzt. Daten liefert die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF). Zusammen mit Vertretern der Kunden und Agenturen legt sie die Konventionen für die Ausweisung der Reichweiten fest und sorgt so für eine einheitliche Währung. Alle Tools können nur mit den AGF-Zahlen gespeist werden und erfordern eine Lizenz für den Bezug dieser Daten. Das Gütesiegel des offiziellen Software-Entwicklers der AGF dürfen nur die Nürnberger AGF/GfK-Fernsehforschung und das Frankfurter DAP Softwarebüro verwenden.“ (Koschnick 2003 in: http://medialine.focus.de/ PM1D/PM1DB/PM1DBF/pm1dbf.htm?snr=4348, aufgerufen am 16.05.2005).
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
Sie beziehen sich auf Leistungen im Publikumsmarkt (wie z.B. Reichweite), auf Besonderheiten der Rezeption, auf die Produktionskosten der Werbemittel und auf die technischen Bedingungen der Werbeschaltung. Die klassischen Werbemittel in diesem Feld sind Spots oder Anzeigen. Sie haben sich aber im Laufe der Entwicklung weiter ausdifferenziert, was in diesem Kapitel – wenn auch nur kurz – erläutert werden soll. Zeitungen zeichnen sich durch Aktualität, Publizität, Universalität, Periodizität und Fixierung in Schrift und Druck (sonst Online-Zeitungen) aus. D.h., sie erscheinen in kurzen Abständen (Tageszeitungen mindestens zweimal wöchentlich), sie berichten über aktuelle Ereignisse aus verschiedensten Bereichen und können weiter nach Erscheinungsweise (Tages-, Wochenund Sonntagszeitungen), nach Vertriebsart (Kauf- oder Abonnementzeitungen) und Verbreitungsgebiet (lokal, regional, überregional) unterschieden werden. Gratiszeitungen zeichnen sich – wie der Name schon sagt – dadurch aus, dass sie nicht gekauft werden, sondern kostenlos zur Verfügung stehen. Sie finanzieren sich also ausschließlich über Werbung, weshalb sie eine grundsätzliche Werbefreundlichkeit aufweisen. Häufig liegen sie an Plätzen aus, die eine Nutzung wahrscheinlich machen (z.B. Straßenbahnen, Busse). Das klassische Werbemittel in Zeitungen ist die Anzeige. Sie ermöglicht Kombinationen von geschriebenem Text und/oder Bildern in schwarz-weiß oder farbig, wobei Papier und drucktechnische Gegebenheiten der Farbigkeit oft Grenzen setzen. Dagegen ist die Größe der Anzeige sehr variabel und muss sich nur bedingt an Seitenformate halten. Anzeigengrößen werden nach Anzahl der durch sie belegten Spalten und Zeilen (oft nach Millimetern) berechnet (sog. Werbegrundpreis). Allerdings finden sich vermehrt innovative Preis-Strategien der Verlage; so hat z.B. die Zeitungsgruppe Bild für die Anzeigen in einigen Städten einen Dauertiefstpreis angesetzt, der ohne die üblichen Rabatte und Mengenstaffeln auskommt (vgl. Häuser 2004: 62). Eine Anzeige kann theoretisch von einspaltig-einzeilig (nur möglich bei Rubrikanzeigen) bis hin zu einer Doppelseite groß sein oder als Anzeigenstrecke mehrere Seiten belegen. Als werbliche Sonderformen, die aber dennoch vom redaktionellen Kontext getrennt sind, gelten bei Zeitungen Beilagen, also der Zeitung beigelegte Prospekte, Folder oder Blätter. In einigen Fällen können auch Titelseiten oder Titel- und Schlussseiten ganz werblichen Botschaften gewidmet sein. Einzelne Zeitungen bieten zudem die Möglichkeit, im Titelkopf des Blattes selbst zu werben. So kann die Werbebotschaft bereits im Zeitungsständer (und damit unabhängig vom Kauf) wahrgenommen werden.
4.4 Prototyp 1: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien
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Fallbeispiel: Zeitungstitelkopf mit und ohne Werbung Während die NZZ den Titelkopf allenfalls mit redaktionellen Verweisen auf eigene Inhalte verändert, verkauft der Tagesanzeiger die lukrativen Flächen links und rechts des Titels als Anzeigenraum.
Quelle: Tagesanzeiger und Neue Zürcher Zeitung jeweils vom 24.07.2009
Abbildung 30: Werbeträger Zeitungen – ausgesuchte Vor- und Nachteile
Quelle: eigene Darstellung
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
Als Publikumszeitschriften werden periodische Druckwerke bezeichnet, die zwar nicht so häufig wie Zeitungen, aber dennoch kontinuierlich (mindestens viermal jährlich) erscheinen. Während die Universalität der Berichterstattung bei Zeitschriften insgesamt abgeschwächt ist, sind Publikumszeitschriften thematisch eher breit angelegt. Die Aktualität der Ereignisse spielt dabei generell eine eher untergeordnete Rolle. Zeitschriften sind ebenfalls in Schrift und Druck fixiert, mithin materiell greifbar. Auch hier ist die Anzeige das klassische Werbemittel. Sie ist ebenfalls größenflexibel sowie tendenziell bildorientiert und farbig. Material- und drucktechnisch stehen jedoch mehr Möglichkeiten zur Verfügung als bei der Zeitung. So werden bei vielen Zeitschriften hochwertigere Papiere eingesetzt als im Zeitungsdruck, um Farbigkeit, Kontraststärke und Konturschärfe des Druckbilds zu steigern. Mit Druckmaschinen, die mehr als vier Farben verarbeiten, können nicht nur Farben sehr viel besser gedruckt, sondern auch zusätzliche Effekte wie Glanz, Metallic oder Duftstoffe appliziert werden. Entsprechend vielfältig sind hier auch die vom redaktionellen Kontext getrennt ausgewiesenen Werbesonderformen: Einkleben zusätzlicher Postkarten (add-on-cards), Warenproben oder andere Objekte wie z.B. CDs, ausklappbare oder speziell gefaltete Seiten, Einhefter und Beilagen. Abbildung 31: Werbeträger Publikumszeitschrift ausgesuchte Vor- und Nachteile
Quelle: eigene Darstellung
4.4 Prototyp 1: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien
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Eine Definition von Fernsehen erscheint auf den ersten Blick nahezu überflüssig, so geläufig ist das Medium. Allgemein lässt sich jedoch festhalten, dass Fernsehen von der Übertragung audiovisueller Inhalte über terrestrische Frequenzen, Satellit oder Kabel bestimmt ist. Es kann als tertiäres Medium eingestuft werden (vgl. Pross 1972), weil es sowohl beim Sender als auch beim Empfänger technische Ausstattung voraussetzt. Fernsehen wird ebenso wie Radio sowohl von öffentlich-rechtlichen Organisationen bzw. Organisationen mit öffentlich-rechtlichem Auftrag als auch von privatwirtschaftlichen Veranstaltern betrieben. Mehr als Zeitungen und Zeitschriften unterliegt der Rundfunk (so der Oberbegriff für Fernsehen und Radio) in vielen, darunter auch den meisten europäischen, Ländern zusätzlichen Regulierungsmaßnahmen, wie z.B. der Begrenzung der Werbezeit. Das klassische Werbemittel im Fernsehen ist der TV-Spot. Er kombiniert gesprochenen, bisweilen auch statisch oder animiert eingeblendeten, Text, Musik, Gesang, Geräusche, Stand- und Bewegtbilder und ist üblicherweise zwischen wenigen Sekunden und max. einer Minute lang. Dabei ist die zeitliche Beschränkung vor allem auf die hohen Schaltkosten zurückzuführen, die auf Basis der Einschaltquoten und der Länge des Spots kalkuliert werden. Die Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Elemente bieten vielfältige Optionen für Emotionalität und Suggestivität. Auch im Fernsehen haben sich spezifische Formen von Spots ausdifferenziert, die deutlich als Werbung markiert sind, so z.B. Tandem- oder Reminderspots. Dabei folgen einem ersten, so genannten Basisspot für ein Produkt, eine Dienstleistung, eine Marke oder ein Unternehmen mehrere Spots für andere Werbeobjekte, bevor der Reminder (Auffrischspot) zum ersten Werbeobjekt gesendet wird. Auch der Einbau von Response-Elementen, wie z.B. Gewinnspielen, kann in diese Kategorie eingeordnet werden. Andere Formen, wie z.B Werbung im Splitscreenverfahren, zeigen, obwohl mittlerweile gesetzlich verankert, eine deutliche Tendenz, in den redaktionellen Inhalt integriert zu werden – wenn auch nur präsentationstechnisch. Beim Splitscreen wird der Bildschirm so geteilt, dass ein Teil für die Ausstrahlung von TV-Spots zur Verfügung steht, während im anderen normales Programm (weiter) läuft.
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
Abbildung 32: Werbeträger Fernsehen ausgesuchte Vor- und Nachteile
Quelle: eigene Darstellung
Als Radio bzw. Hörfunk bezeichnet man die Übertragung akustischer Inhalte über terrestrische Frequenzen, Satellit oder Kabel. Wie das Fernsehen ist auch Radio ein tertiäres Medium, für das Sender und Empfänger eine geeignete technische Ausstattung benötigen. Und ebenso wie beim Fernsehen greifen auch beim Hörfunk spezifische Regulierungsmaßnahmen. Parallelitäten finden sich auch bei der Betrachtung der Werbemittel: Der Spot – hier der Radio-Spot – bleibt das klassische Werbemittel. Und analog zum Fernsehen kommen auch hier ähnliche Sonderformen wie Tandemspots oder Spots mit integrierten Response-Elementen zum Einsatz. Weitaus stärker eingeschränkt als im TV zeigen sich die Gestaltungsmöglichkeiten von Spots im Hörfunk. Denn diese beschränken sich ausschließlich auf akustisch Wahrnehmbares: auf Sprache, Musik, Gesang und Geräusche.
4.4 Prototyp 1: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien
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Abbildung 33: Werbeträger Radio ausgesuchte Vor- und Nachteile
Quelle: eigene Darstellung
Da die Online-Kommunikation neben intrapersoneller (z.B. Email) und zielgruppenspezifischer (z.B. Newsgroups) Kommunikation auch massenmediale Angebote aufweist, zählt auch die Werbung innerhalb dieser Angebote zu dem hier skizzierten Feld von Werbung.47 Online-Angebote können auditive und visuelle Inhalte in beliebiger Variation mischen (Multimedialität) und zusätzlich automatische oder interaktive Animationen beinhalten. Die Verlinkung innerhalb eines Angebots bzw. unterschiedlicher Angebote miteinander bietet auch für die Werbung bisher nicht vorhandene Chancen und Risiken. Entsprechend vielfältig sind die Werbemittel, die sich bei diesem Werbeträger finden. Als klassisches Werbemittel kann der Banner in seinen vielfältigen Variationen bezeichnet werden. Hier werden stationäre oder bewegte statische Banner und animierte Banner, die sich bewegende Elemente enthalten, von Rich-Media-Bannern (wie z.B. HTML-, DHTML-, Java-Bannern) unterschieden. Letztere sind interaktiv und dialogfähig und weisen mit ihren unterschiedlichen Bezeichnungen vor allem auf die notwendige Software für Produktion und Nutzung und die entsprechenden technischen Restriktionen hin. Interstitials sind der Unterbrecherwerbung analoge Sonderwerbeformen in der Online-Kommunikation, bei denen sich beim Aufrufen einer Seite automatisch eine beliebig große Werbefläche öffnet. Als abgeschwächte Variante davon ließen sich die PopUps bezeichnen, weil sie sich gemeinsam mit der annavigierten Seite öffnen und nicht statt dieser. Bereits dieser sehr 47 Dabei gehen wir im Folgenden von der Schaltung von Werbung im Rahmen fremder OnlineAngebote aus, nicht von der Eigenwerbung auf eigenen Homepages.
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
kurze Abriss über die Online-Werbemittel zeigt deutlich, dass es sich um ein dynamisches Feld handelt und folglich laufend weitere Innovationen möglich sind (vgl. auch Kapitel 2.1.8 und 4.8). Abbildung 34: Ausgesuchte Vor- und Nachteile der Online-Werbung
Quelle: eigene Darstellung
An dieser Stelle sei jedoch auch darauf hingewiesen, dass der Nachweis der Werbeträgerleistung und des Werbemittelkontakts in der Online-Kommunikation neue Dimensionen erreicht hat, auch wenn nach wie vor noch Diskussionsbedarf bezüglich der Standards der Messkriterien besteht. Bereits bei Anwendung nicht-reaktiver, technischer Messungen, wie z.B. LogfileAnalysen, können Kriterien wie Hits, PageImpressions, Visits oder AdImpressions erfasst werden. Via AdClicks hat sich auch ein direkter Erfolgsnachweis für Online-Werbung etabliert, so dass das sog. Affiliate-Marketing möglich wird (vgl. Kapitel 1.4.2). Über den direkten Erfolgsnachweis kann letztlich auch die Werbeträgerleistung vergütet werden (Performance-Based Pricing: IAB/PWC 2009: 12f.). Jedoch lassen die technischen Messungen allein keine Aussagen über die hinter den Nachfragen stehenden Nutzer zu und sind somit nur „die halbe Miete“. Die Vor- und Nachteile der einzelnen Werbeträger wirken sich in verschiedenen Ländern unterschiedlich auf deren Anteile am Werbemarkt aus. Die Verteilung der Netto-Werbeinvestitionen auf die einzelnen Werbeträger wurde bereits in Kapitel 2.3 international verglichen. Die folgende Abbildung soll die unterschiedliche Präferenz für einzelne Werbeträger in Deutschland und der Schweiz verdeutlichen.
4.4 Prototyp 1: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien
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Abbildung 35: Verteilung der Netto-Werbeinvestitionen nach Medien 2008 Deutschland
* D inklusive Anzeigenblätter, Publikumszeitschriften, Fachzeitschriften, Wochenund Sonntagszeitungen, Zeitungssupplements
Schweiz
* CH inklusive Tagespresse, regionale Wochenpresse, Sonntagspresse, Publikumspresse, Finanz- und Wirtschaftspresse, Spezialpresse und Fachpresse Quelle: eigene Darstellung nach Daten des ZAW 2009 und der Stiftung Werbestatistik Schweiz 2009
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
4.4.3 Grundlagen zu Werbeinhalten: Botschaften und Bedeutungen Wie schon für die massenmedial verbreitete redaktionell-kontextfreie Werbung in Kapitel 4.1.3 dargelegt, so ist auch die mit einem redaktionellen Inhalt massenmedial verbreitete, aber erkennbar vom redaktionellen Teil getrennte Werbung an das disperse Publikum adressiert, d.h. an unterschiedlichste Menschen, die weder nach Soziodemografie noch nach Lebensstilen unterschieden werden. Sie verbindet lediglich, dass sie sich einem bestimmten Medienangebot und mit diesem verknüpft einer bestimmten Werbung widmen. Die Umsetzung der kommunikativen Leitidee in eine Werbebotschaft kann sich deshalb nicht auf für Subgruppen spezifische Zeichen und Symbole beziehen, sondern muss allgemein verständlich sein. Denn „eigenwillige“ Texte oder Bilder können bei dieser Form von Werbung von einigen Rezipienten schnell als Tabubrüche aufgefasst werden und/oder Missverständnisse provozieren. Im Folgenden sollen zuerst typische formal-gestalterische Aspekte der Werbeinhalte (Werbebotschaft) aus Sicht der Werbenden geklärt werden (Welche Bestandteile sollte die Werbung haben, damit sie „funktionieren“ kann?), bevor in einem zweiten Kapitel auf weitergehende und zum Teil latente Inhalte Bezug genommen wird (welche Bedeutungen und welcher Sinn wird mit der Werbebotschaft transportiert?). 4.4.3.1 Gestaltung der Werbebotschaft In Abstimmung mit der Wahl des bzw. der Werbeträger setzt sich die Werbebotschaft aus mehreren Elementen zusammen: geschriebener und/oder gesprochener Text, Bild und/oder Bewegtbilder, Musik, Gesang, Geräusche. Sie stehen als Elemente zur Verfügung, um die inhaltlichen Vorgaben gestalterisch umzusetzen (vgl. dazu z.B: Beiträge in Geffken 1999: 343ff; Behrens 1996: 41ff; Mayer/Illmann 2000: 426ff; Schweiger/Schrattenecker 2001: 171ff; Schierl 1997, 2001, 2003: 138ff). Bereits in der Kreativ-Strategie bzw. Copy-Strategie werden neben anderen diese formal-inhaltlichen Vorgaben der Werbebotschaft formuliert. Diese beziehen sich erstens auf den Produktnutzen, zweitens auf die Nutzenbegründung und drittens auf den Stil der Werbung, wobei alle drei Bestandteile aufeinander abgestimmt sein müssen (vgl. dazu u.a. Urban 1997: 107ff). Produktnutzen (Consumer Benefit): Vor allem in der Absatzwerbung muss das Leistungsversprechen von Produkten, Leistungen oder Marken, überzeugend dargestellt werden, um genügend Anreiz für einen Kauf zu geben. Die Werbung kann dabei den Schwerpunkt entweder auf den funktionalen Grundnutzen (z.B. Transportfunktion eines Autos) oder auf den individuellen und sozialen Zusatznutzen (z.B. Prestigefaktor eines Autos, neues Lebensgefühl durch den Kauf, Identitätsstiftung durch eine Marke) legen.
4.4 Prototyp 1: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien
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Nutzenbegründung (Reason Why): Auch wenn es inzwischen nicht mehr unumstritten ist (vgl. Aebi 2003, 43ff), so hält sich dennoch das Credo, dass der Nutzen von Produkten, Leistungen und Marken für die Rezipienten der Werbung in einer Art Beweisführung nachvollziehbar gemacht werden muss. Auf Basis der – mehr oder weniger gegebenen – Einzigartigkeit des Werbeobjekts (Unique Selling Proposition, kurz: USP) werden dafür drei grundsätzliche Arten von Appellen eingesetzt: rationale Appelle (z.B. Vorher-/Nachher-Gegenüberstellungen in Form ein- vs. zweiseitiger Formate oder einer entsprechenden Reihenfolge der Argumente, implizite versus explizite Schlussfolgerungen), emotionale Appelle (z.B. mittels Erotik, Humor, Angst) und moralische Appelle (z.B. soziale Bestrafung oder Belohnung). Da sich Produkte und Leistungen immer ähnlicher werden und zudem die meisten Märkte deutliche Sättigungserscheinungen zeigen, tendieren immer mehr Werbebotschaften hin zu emotionalen Appellen. Darüber hinaus versuchen Werbetreibende, über den Aufbau von Markenwelten Kundinnen und Kunden langfristig an ihr Unternehmen oder ihre Marken zu binden. Stil der Werbung (Tonality): Die Tonality beschreibt die atmosphärische Basis eines Spots bzw. einer Anzeige, und damit die dem Werbemittel zugrunde liegende kommunikative Idee. Aus publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht könnte Tonality am ehesten mit dem Konzept des Framings verglichen werden. Vom Stil der Werbung lässt sich sinnvoll erst sprechen, wenn ein Werbetreibender über einen längeren Zeitraum hinweg eine eindeutige und typische Art und Weise „seiner“ Werbung etabliert, wie dies an den Beispielen von Marlboro, Red Bull, MediaMarkt; Ricola oder Sixt, aber auch an denen kleinerer, lokaler Werbetreibender nachvollziehbar ist. Tonalität hängt insofern wesentlich mit der Identität und Positionierung von Marken zusammen, als sie deren grundlegende Aspekte aufgreift. Zudem besteht natürlich eine enge Verbindung zur Inszenierung des Reason Why. Zusätzlich finden sich in der Literatur Klassifikationen bzw. Typologien von Werbebotschaften und -inhalten, die sich zwar überwiegend auf TV-Spots beziehen, aber in eingeschränkter Form auch für Anzeigen und andere Werbemittel gelten können (vgl. u.a. Urban 1997: 106ff; Schierl 2003: 184ff; Woelke 2004a: 27f). 48 Sie zielen auf die gestalterische Umsetzung der oben genannten inhaltlich-formalen Vorgaben. Danach wird Werbung unterschieden, die mit folgenden Grundmustern arbeitet:
48 Die Klassifikationskriterien sind dabei nicht immer gleichgewichtig, weshalb sich auch keine wirklich einheitlichen Klassen ergeben. Dennoch sind solche Übersichten hilfreich.
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Presenter/Spokesman/Testimonial: Empfehlung (ggfs. nach Darstellung vorheriger Prüfung) durch eine Person (Experte, Prominenter, Werbefigur oder Firmenchef). Nutzendemonstration/Problemlösung: Darstellung des Leistungsversprechens oft in Vorher-/Nachher-Situationen oder der Lösung eines Problems durch das beworbene Objekt. Slice-of-Life/Mainstream: Einbettung des beworbenen Objekts in typische Alltagssituationen und ebensolche Verwender. Lifestyle: Darstellung des beworbenen Objekts im Rahmen begehrenswerter Lebensstile und idealtypischer Verwender. Drama/Storytelling: Dramatisierte Darstellung einer Geschichte, in der das beworbene Objekt nicht selten erst am Ende oder als Nebensache ins Spiel kommt. Vergleichende Werbung: Werbung unter Nennung der Konkurrenz im direkten Vergleich. Vergleichende Werbung ist mittlerweile in den meisten europäischen Ländern unter bestimmten Bedingungen (Vergleich muss objektiv, richtig und darf nicht irreführend oder herabwürdigend sein) erlaubt.
Eher im Bereich Tonalität angesiedelt, finden sich die folgenden Unterscheidungen, die sich auch auf Ergebnisse der Werbewirkungsforschung beziehen. Dies sind Werbung mittels Humor, mittels Erotik und sexuelle Appellen sowie mittels Furcht und Schuld. Dabei stehen Fragen nach Aktivierung, Aufmerksamkeitserregung, Wahrnehmung und Lernen im Vordergrund. 4.4.3.2 Bedeutungen der Werbung und Bedeutungen in der Werbung Bereits im Kapitel 2.1 wurde darauf verwiesen, dass Werbebotschaften und -inhalte oft der „Zündstoff“ für gesellschaftliche Auseinandersetzungen über herrschende gesellschaftliche Werte, Tabus, Moral und Unmoral sind. Nicht nur in diesen Diskussionen, sondern auch in vielen wissenschaftlichen Untersuchungen geht es um die in und mit der Werbung verbundenen manifesten und latenten Bedeutungen. Denn während der Begriff Werbebotschaft auf die formal-gestalterischen Aspekte verweist, zielt der Begriff Bedeutung auf den Sinn, der mit der Botschaft transportiert oder in der Rezeption interpretiert und konstruiert wird. Da Rezipienten vor dem Hintergrund ihres Geschlechts, Alters, ihrer Gruppenzugehörigkeit und vieler anderer Kriterien Werbebotschaften unterschiedlich interpretieren (können), könnte eine von einzelnen Personen einer Werbebotschaft zugeordnete Bedeutung zwar in eben diesem Sinn gemeint gewesen sein, sie muss es aber nicht.
4.4 Prototyp 1: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien
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Hier findet sich auch ein multidisziplinärer Zugriff auf Werbeinhalte. So fragen z.B. Linguistik und Semiotik, mit welchen Zeichen welche Bedeutungen ausgedrückt werden, oder die Cultural Studies, wie Rezipienten Sinn konstruieren. 49 Inwieweit eine Werbebotschaft offen sein kann für verschiedenste Bedeutungszuschreibungen, soll anhand der beiden nachfolgenden dargestellten Fallbeispiele illustriert werden.
Fallbeispiel: „Das kann nur ein Inserat“ Welche Bedeutungen können konstruiert werden, wenn ein trojanisches Pferd für Werbung in Printmedien wirbt? (Bild im Original farbig)
Text: „Ein Inserat verschafft Ihnen Zugang zu jeder Gesellschaft. Doch das ist nur einer der vielen Vorzüge von Inseraten, beworben von der Agentur Bluespirit. Eine Aktion der Schweizer Presse in Zusammenarbeit mit Schweizer Werbeagenturen. www.schweizerpresse.ch“ (2004)
49 Dies gilt analog für alle Medieninhalte (vgl. ausführlich: Bonfadelli 2002).
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
Fallbeispiel: „Tibet“ Welche Bedeutungen können konstruiert werden, wenn Grabkreuze auf die systematische Unterdrückung einer Kultur hinweisen?
Text: „Tibet ist besetzt. Von China, das die systematische Zerstörung der tibetischen Hochkultur verfolgt. Mit einer aggressiven Siedlungspolitik. Folter. Zwangsabtreibungen. ….“ Quelle: Aebi 2002: 143
Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Werbeinhalten thematisiert denn auch häufig Bedeutungen, von denen unklar ist, ob sie im Mittelpunkt der Überlegungen der Werbeproduzenten gestanden haben, die aber bei Werberezipienten auf Kritik stossen. Sie können hier nur anhand von Beispielen und ansatzweise vorgestellt werden. Interpretationsspielraum findet sich z.B. bei Werbung, die von einigen Rezipienten als sexistisch oder geschlechterdiskriminierend eingestuft wird, von anderen aber nicht. Frauen ordnen Werbung oft als sexistisch ein, die von Männern nicht so interpretiert wird, was ganz deutlich auf die Konstruktion von Geschlechterstereotypen und die damit verbundene Diskriminierung verweist (vgl. dazu u.a.: Schmerl 1983 und 1994; Rutledge Shields 1997; Reichert/ Lambase 2003). 42% der beim Deutschen Werberat eingegangenen Beschwerden betrafen 2008 denn auch Frauendiskriminierung in der Werbung (im Vergleich 2004: 41%) (vgl. ZAW 2009: 58). Bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission (2008: 22) bezogen sich 2008 13,5% der Beschwerden auf das Thema Sexismus. Obwohl die Interpretationen nicht beliebig sind, lassen sich einige Beschwerden gut nachvollziehen (vgl. diejenigen Fälle, in denen der Deutsche Werberat eine Rüge ausgesprochen hat,
4.4 Prototyp 1: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien
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ZAW 2009: 54ff), während andere Vorwürfe das eine oder andere Fragezeichen aufwerfen.
Fallbeispiel: „Sexistisch und diskriminierend?“ Das Modegeschäft Burger Men&Women wirbt seit Jahren mit Plakaten, die ein leicht bekleidetes Paar in erotischer Pose zeigen. Während jene Plakate, in denen die männlichen Models im Vordergrund stehen, nicht beanstandet werden, führen die, bei denen die Frauen im Vordergrund stehen, immer wieder zur Kritik (Motive aus 2006):
„In fast gleicher Inszenierung wie beim Burger-Männerplakat wird hier mit einem Frauentorso geworben. Der aktive Part liegt bei den Männerhänden. Die Frau ist damit beschäftigt, sich die Brüste zu bedecken und hat daher ihre Hände nicht frei. Die Aussage des Bildes ist eine andere; die Gelassenheit, die im Männerplakat zum Ausdruck kommt, findet sich hier nicht.“ (Stadt Zürich, Fachstelle für Gleichstellung http://www.stadt-zuerich.ch/ content/ prd/de/index/gleichstellung/sexistische_werbung/ihre_meinung/ sexistisch.html; Aufruf am 25.7.2009)
Ähnlich große Interpretationsspielräume finden sich bei Werbung, die sich religiöser Motive und Symbole bedient – meist, um die beworbenen Objekte zu überhöhen und einen anderen Sinnzusammenhang zu eröffnen. Inwieweit die Instrumentalisierung entsprechender Zeichen und Symbole dann allerdings als Normbruch und Provokation interpretiert wird und empörte Diskussionen über die Unmoral der Werbung hervorruft, oder auch „nur“ zum Rückzug der entsprechenden Motive führt, ist wie im Bereich sexistischer Werbung nicht nur von individuellen, sondern auch von gesellschaftlichen Kontexten abhängig. So führte z.B. die Verwendung des „christlichen Abendmahl-Topos“, wie es Leonardo da Vinci gemalt hat, noch meist zum
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öffentlichen Protest und der Rücknahme der Anzeigen. 50 Eine Verknüpfung von Religion und Werbung lässt sich indes nicht nur anhand einzelner Anzeigen und Spots, sondern auch bezüglich ihrer grundsätzlichen Botschaft herstellen. „Kommerzielle Werbung 'beutete' nicht nur die christliche Botschaft aus, sondern sie stellte ihr (wenn auch implizit) eine andere Frohe Botschaft entgegen. Die herkömmliche und klassische Werbung erzählt(e) nämlich nicht nur (wenn auch sehr viel) von wundersamen Dingen, … sondern diese Art der Werbung lehrt auch (und das ist die entscheidende Botschaft) die prinzipielle Erreichbarkeit irdischen Glücks – und die Bedeutungslosigkeit des jenseitigen! Nicht mehr im Jenseits findet sich die Befreiung von Leid und Sorgen, also das Paradies bzw. der Himmel, sondern bereits im Diesseits auf Erden.“ (Reichertz 1998: 279)
Die beiden beispielhaft skizzierten Bereiche – sexistisch-diskriminierende Werbung und Werbung mittels religiöser Symboliken – spielen, wenn auch nicht immer bezweckt, mit der Provokation. Sie provozieren Empörung, weil Werbung mit diesen Inhalten von einem Teil der Adressaten als Verletzung von Normen verstanden wird. Und sie generieren eben dadurch öffentliche Anschlusskommunikation und moralische Diskurse (vgl. Jäckel/ Reinhardt 2002: 530). Solche Normverstöße finden sich aber auch bei all jener Werbung, die mit der Darstellung von Gewalt, Elend und Tod arbeitet. Die Kritik dagegen richtet sich dabei nicht gegen die Thematisierung dieser Inhalte als solche, sondern gegen deren Instrumentalisierung für Werbezwecke. Da provokante Werbung aber sowohl Aufmerksamkeit generiert, als auch via moralischer Folgediskurse den Namen des werbetreibenden Unternehmens, des beworbenen Objekts und ggfs. sogar der Werbeagentur auf die öffentliche Agenda setzt bzw. dort hält, schlagen Michael Jäckel und Jan D. Reinhardt (2002: 540ff) vor, ihre Funktion anhand veränderter Werbewirkungsmodelle zu untersuchen. 4.4.4 Grundlagen zur Werbewirkung Bereits in Kapitel 3.3.1.3 wurde darauf verwiesen, dass trotz der Vielzahl von Tests zur Messung von Aufmerksamkeits-, Erinnerungs- und Sympathie50 1994 wurden das Abendmahl-Motiv sowie andere biblische Motive von der Textilfirma Otto Kern für einen Prospekt verwendet, was zu heftigen Reaktionen in der Öffentlichkeit führte. Ein angestrengter Gerichtsentscheid attestierte der Werbung aber, dass sie keine religiösen Gefühle verletze (vgl. ausführlich Reichertz 1998: 275ff). 2005 führte die Verwendung des Abendmahl-Motivs durch die Modefirma Girbaud in Frankreich zu Protesten (vgl. NZZ Nr. 60 vom 12./13.3.2005: 19).
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werten die Werbewirkung nicht eindeutig vorausgesagt werden kann, weil die Umweltfaktoren nicht konstant gehalten werden können. Auch bei der Evaluation von Werbemaßnahmen im Nachhinein kann der Einfluss von Umweltfaktoren nicht ausgeschlossen werden, bestimmen doch z.B. auch die Erhältlichkeit eines Produkts oder der Preis einer Dienstleistung deren Nachfrage. Dennoch muss die Wirkung von Werbung überprüft werden, um den Grad der Zielerreichung abklären zu können. Um wenigstens den Umweltfaktor „Werbeaktivitäten der Konkurrenz“ zu berücksichtigen, haben sich verschiedene Kennzahlen bewährt (vgl. Koschnick 2003). Während die Kennzahl „share of advertising“ (Werbekosten-Anteil) den Anteil der eigenen Werbeinvestitionen an den Gesamtwerbeinvestitionen einer Branche bezeichnet (Konkurrenzwerbedruck), zielt der Wert „share of voice“ (zielgruppenspezifischer Kontaktsummen-Anteil) auf den mit einer Werbekampagne erzielten Anteil an Zielgruppenkontakten einer Branche. Noch einen Schritt weiter geht der „share of mind“ (zielpersonenspezifischer Werbedruck-Anteil), der die von der eigenen Werbung erzielten Kontakte pro Zielperson anteilig mit den Kontakten der Konkurrenzwerbung in Beziehung setzt. Auch die Feststellung klassischer Unternehmenskennzahlen zu Marktanteils- und Umsatzentwicklung muss je nach Zielsetzung herangezogen werden, um die Messung des ökonomischen Erfolgs zu ermöglichen. Alle diese Werte und Verfahren beziehen sich jedoch nur auf den Kontakt bzw. die Zuwendung als ersten Schritt zur Werbewirkung, nicht aber auf die weitere Werbewirkung selbst, oder gar auf den Kauf als „letzte“ Wirkung der Werbung und auch nicht auf die Wirkungsweise. Als Indikatoren der Werbewirkung im weiteren Sinn werden Zuwendung, Aufmerksamkeit, Erinnerung, Bekanntheit der Marke, Verständlichkeit der Werbung, Interesse am Produkt, Bewertung/Image der Werbung, Sympathie der Werbung und der Marke, Überzeugungskraft der Werbung, Kaufbereitschaft, Kaufverhalten sowie Verwendung des Produkts genannt (vgl. Brosius/Fahr 1996: 26). Um die Beeinflussung des Absatzes – und damit des ökonomischen Werbeerfolgs – zu prognostizieren, werden verschiedene Verfahren, wie z.B. der Testmarkt, der Mini-Testmarkt, Testmarktsimulationen, elektronische MikroMarkttests, wie z.B. der Telerim-Test von AC Nielsen oder der GfKBehaviour Scan, und Befragungs-Experimente entweder simultan zum Projekt oder im Nachhinein durchgeführt (vgl. Pepels 1996). Im Folgenden sollen vor allem Hinweise zur klassischen Werbewirkungsforschung gegeben werden, ohne dass diese auch nur ansatzweise erschöpfend behandelt werden kann, findet sich doch eine fast unüberschaubare Vielzahl an Publikationen (vgl. dazu u.a.: Haase 1989; Schenk/Donnerstag/
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Höflich 1990; Brosius/Fahr 1996; Schenk/Fugmann/Gralla 1996; Engelhardt 1999; Friedrichsen 1999a und 1999b; Niepmann 1999; Bonfadelli 2000: 121ff; Spanier 2000; Bongard 2002; Kroeber-Riel/Esch 2000; Schönbach 2002; Gleich 2003a; Schenk 2005). Werbewirkungsforschung untersucht neben der Zuwendung auch Meinungen, Kognitionen, Emotionen, Motivationen und das Verhalten. Dazu sind unterschiedliche Modelle zur Werbewirkung entwickelt worden. Nach wie vor verbreitet und angewendet wird die bereits Ende des 19. Jahrhunderts von E. St. Elmo Lewis entwickelte AIDA-Formel, auch wenn Wolfgang J. Koschnick (2005) einen Abgesang auf diese doch zu vereinfachte Annahme der Werbewirkung anstimmt und fragt, wann endlich die Stufenmodelle der Werbewirkung zu Grabe getragen werden. Denn die Behauptung, dass von Werbewirkung dann auszugehen ist, wenn auf Attention (Aufmerksamkeit), Interest (Interesse) und Desire (Kaufwunsch) Action (Kaufakt) folge, sei trivial. In der Werbepraxis scheint das AIDA-Modell jedoch gerade wegen dieser extremen Vereinfachung unverwüstlich zu sein, auch wenn seine Umsetzung auf den verschiedenen Stufen nicht geklärt wird. Allerdings ist die Vereinfachung ein wesentliches Kennzeichen der Modellbildung, und die Berücksichtigung aller real gegebenen Einzelheiten würde eine Generalisierung der Werbewirkung verunmöglichen. Mittlerweile ist das AIDA-Modell in vielen Versionen modifiziert und um viele zusätzliche Faktoren erweitert anzutreffen, auch wenn es u.a. die Spezifika von Werbeträgern und Werbemitteln, die Befindlichkeiten, das Vorwissen und die Erfahrung der Rezipienten mit dem beworbenen Objekt und dem werbetreibenden Unternehmen oder gesellschaftliche Einflüsse ignoriert. Deshalb sind jene differenzierten Stufen- und Hierachiemodelle wichtige Werbewirkungsmodelle, die auch auf Erkenntnisse der Aktivierungs-, Wahrnehmungs- und Lernpsychologie zurückgreifen (vgl. für eine Übersicht: Engelhardt 1999: 22). Neben klassischen Stufenmodellen, zu denen neben der AIDA-Formel u.a. das Hierarchie-der-Effekte-Modell gehört (Lavidge/ Steiner 1961), finden sich erweiterte Stufenmodelle (vgl. dazu u.a. Bongard 2002: 236ff) und zudem relationale bzw. situationale Ansätze der Werbewirkung wie das Involvement-Konzept (Krugman 1965) oder das Elaboration-Likelihood-Modell (Petty/Cacioppo 1986). Das Hierarchie-der-Effekte-Modell unterscheidet folgende Stufen: Bekanntheit der Existenz eines Produktes; Kenntnis dessen, was das Produkt bietet; Wertschätzung des Produktes; Entstehung der Präferenz für das Produkt; Kaufwunsch und Überzeugung, dass der Kauf eine kluge Entscheidung sei sowie Umsetzung dieser Einstellung in den tatsächlichen Kauf. Dagegen berücksichtigt das Involvement-Konzept (Krugman 1965) den Fakt, dass
4.4 Prototyp 1: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien
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Rezipienten gewöhnlich der Werbung gegenüber einen Mangel an persönlicher Beteiligung zeigen (Low Involvement), wohingegen die klassischen Wirkungsstufen eher bei Situationen mit hoher Beteiligung (High Involvement) zutreffen. Während bei High Involvement auf die Aufmerksamkeit zuerst die Einstellungsänderung folgt, bevor sich ein bestimmtes Verhalten zeigt, ist bei Low Involvement das Verhalten, z.B. der Kauf eines Produktes, der Einstellungsänderung vorgezogen. Konsumenten kaufen also Produkte nicht, weil sie diese gut finden, sondern finden sie gut, weil sie diese kaufen. Abbildung 36: Unterschiedliche Hierarchie von Werbeeffekten
Quelle: Bonfadelli 2000: 133
Neuere Varianten des Involvement-Konzeptes differenzieren dann allerdings derart, dass das Involvement nicht vom Produkt vorgegeben wird, sondern sich aus der wechselseitigen Beziehung von Situation, Person, Kommunikation und Produkt ergibt. Seine Relevanz für die Kommunikationswissenschaft gewinnt das Involvement-Konzept dadurch, dass es die kognitiven Prozesse der Informationsverarbeitung in den Mittelpunkt der Werbewirkungsforschung gerückt hat (vgl. Schenk 2005: 99). Besonderen Wert genießt die Informationsverarbeitung im ElaborationLikelihood-Modell von Richard E. Petty und John T. Cacioppo (1986, zuvor: Petty/Cacioppo/Schumann 1983). Sie unterscheiden eine zentrale und eine periphere Route der Informationsverarbeitung. Dabei entscheiden individuelle und situative Faktoren darüber, welche Anstrengungen Personen unternehmen, um Informationen kognitiv zu verarbeiten. Ist die Bereitschaft zur intensiven Auseinandersetzung mit der Information hoch, weil der betreffende Sachverhalt persönlich besonders relevant ist, so ist die Elabora-
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tionswahrscheinlichkeit hoch und die Information wird über die zentrale Route aufgenommen. Wenn der Gegenstand oder die Inhalte der Kommunikation persönlich kaum bedeutsam sind oder gar auf völliges Desinteresse stoßen, wird die Information dagegen auf peripherer Route wahrgenommen. Und je nach der beschrittenen Route gewinnen andere Gestaltungselemente der Werbung an Bedeutung: Im ersten Fall ist die Qualität der Argumentation wichtig, im zweiten Fall wird dagegen auf Heuristiken, wie z.B. die Glaubwürdigkeit der Quelle, ausgewichen, um die Information mit geringem Aufwand zu verarbeiten. Das Modell fokussiert also auf die Wirkungsverläufe, die sie von relationierenden Kognitionsprozessen abhängig macht und nicht auf die Wirkungsstärke als Endergebnis. Trotz der Angabe von Elaborationsmotivationen bleibt, ebenso wie in anderen Modellen, auch hier die Motivation der Adressaten eine nur schwer erklärbare und voraussagbare Größe. Konkrete Studien untersuchen einerseits die Wirkung von inhaltlichen InputVariablen der Werbebotschaft, so z.B. die verschiedenen Arten von Appellen, den Einsatz von Prominenten oder Kindern, die Ausrichtung der Werbung auf Humor oder Erotik sowie die Verwendung formal-gestalterischer Aspekte wie Spot-Länge, Anzeigen-Größe, Farbe oder Musik (vgl. u.a. Gleich 2003b). Anderseits werden aber auch Effekte der Präsentation, der Platzierung und der Mediaplanung untersucht, so z.B. die Kontexteffekte anderer Werbung oder der redaktionellen Inhalte. Denn der Inhalt des umgebenden redaktionellen Kontextes ist nicht unbedeutend für die Wirkung der Werbung und kann u.a. Erinnerungswerte beeinflussen, da Werbung und redaktioneller Kontext sich wechselseitig auf Wahrnehmung, Bewertungen und Einstellungen auswirken (vgl. Kirmani/Yi 1991; Schuman/Thorson 1990). Auch die Platzierung der Werbung wird in der Forschung prioritär untersucht: so z.B. die Interdependenzen von prägenden Erst- und davon geprägten Folgeeindrücken (Primacy-Recency-Effekte) sowie die Wirkungen von Wiederholungen (Kontakthäufigkeit¸ Werbedruck). Hier wird oft auf das stark vereinfachende Stimulus-Response-Modell der Werbewirkung zurückgegriffen. Zur Erfassung der Werbewirkung haben sich eine Reihe von Untersuchungsdesigns und Tests etabliert. Kognition und Gedächtnisleistungen werden klassischerweise mit direkten Werbewirkungstests, sog. Recall- und Recognitiontests, untersucht. Mit dem Recall-Verfahren wird erfasst, welche Inhalte ohne größere künstliche Unterstützung erinnert werden. RecognitionVerfahren prüfen, in welchem Maß erlerntes Material wieder erkennt wird, ob Probanden also bei der Vorlage von Marken angeben können, ob diese im
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genutzten Medium vorkamen. Allerdings hat die Erfassung von Erinnerungsleistungen mehrere Nachteile: Neben den Schwierigkeiten der Rezipienten, sich überhaupt zu erinnern, besteht auch die Gefahr der Rationalisierung, der sozialen Erwünschtheit und der Verwechslung von Interessen und Gefallen (vgl. Schenk/Donnerstag/Höflich 1990: 195). Auch Einstellungen können mit direkten Werbewirkungstests überprüft werden, so z.B. mit Hilfe von Likert-Skalen oder Semantischen Differentialen. Allerdings blenden direkte Tests wesentliche Determinanten der Gedächtnisleistung, wie z.B. die Produktkonkurrenz, aus. Implizite und projektive Werbewirkungstests erfassen die Aufmerksamkeit z.B. mit physiologischen Messungen wie Blickregistrierung, Hautleitwiderstand oder Herzfrequenz, die Gedächtnisleistung z.B. mit einem Lückentext und Einstellungen z.B. anhand von Gruppendiskussionen oder morphologischen Tests. Den physiologischen Messungen liegt die Annahme zugrunde, dass steigende Messwerte auf erhöhtes Involvement hinweisen. Letztlich lassen sich auch – für die kommerzielle Werbewirkungsforschung oft weniger interessant – Strukturen und Prozesse der Werberezeption, wie z.B. Aneignung und Verstehen untersuchen. Während sich die Evaluation der Mediapläne mittlerweile etabliert hat, werden in die Gesamtevaluation der Werbung noch immer relativ wenig Mittel investiert. Dies ist insofern fatal, als dann nicht nur Aussagen über die Zielerreichung fehlen, sondern auch die wissenschaftliche Fundierung von Werbung leidet. Darüber, wie weit neue Ergebnisse der Werbewirkungsforschung wirklich Eingang in die Werbepraxis finden, gibt es allerdings unterschiedliche Ansichten. Oft wird das Festhalten an Altem und Überholtem, aber einfach Verständlichem beklagt (vgl. auch Koschnick 2005).
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4.5 Prototyp 2: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Zielgruppenmedien oder -angeboten Das Feld 2.2 enthält ebenfalls Prototypen der Werbung, versucht doch das Gros der Werbung nicht mehr die Masse der Rezipienten und Konsumenten anzusprechen, sondern besser abgegrenzte, schärfer profilierte und damit für die beworbenen Objekte relevante Zielgruppen. Als Zielgruppen werden aber nicht nur tatsächliche Käufer und Verwender von Produkten, Leistungen und Marken eingestuft. Auch potenzielle Nachfrager sowie Personen, die die Kaufentscheidungen anderer maßgeblich beeinflussen können, sind Zielgruppen. So sind Jugendliche z.B. auch deshalb eine begehrte Zielgruppe, weil sie nicht nur selbst über immer höhere Budgets verfügen und man sie frühzeitig an bestimmte Marken binden will, sondern weil sie in einigen Bereichen (z.B. Auto, Computer, Handy) die Konsumentscheidungen der Eltern und anderer Personen beeinflussen. Dieser Tendenz entsprechend gibt es auch auf der Ebene der Medienangebote überwiegend zielgruppenspezifische Titel und Sendungen. Dabei lässt sich berechtigterweise behaupten, dass sich die Publikumsorientierung der Medien an der Zielgruppenorientierung der Werbewirtschaft ausrichtet, wenn sie nicht gar von dieser überlagert wird. Es geht infolgedessen auch bei den Medien nicht um “irgendein” Publikum, sondern um “...institutionally effective audiences that have social meaning and/or economic value within the system.” (Ettema/Whitney 1994: 5)
Die mittlerweile häufig kritisierte Konzentration von Medieninhalten und Werbung auf die allgemein als werberelevante eingestufte Zielgruppe der 14- bis 49-jährigen beruht auf der in der Werbepraxis noch immer verbreiteten Annahme, Personen über 49 Jahren würden die von ihnen bevorzugten und verwendeten Marken nicht mehr wechseln, und Werbung würde somit ohne Wirkung bleiben. Unter dem Druck der demografischen Entwicklung ändert sich dies mittlerweile merklich, obwohl die vielfach zitierte (vermeintliche) Zielgruppe der „Generation 50plus“, „Bestagers“ oder SilverSurfers“ allein mit der Altersdefinition „über 49“ viel zu wenig an brauchbaren Abgrenzungskriterien liefert, um darauf Werbung zielgruppenorientiert ausrichten zu können. Werbung ist aber auf möglichst homogene Gruppen angewiesen. Inwieweit sich diese Homogenität zwischen Mick Jagger, Johannes Heesters, einem 58-jährigen Unternehmer, einer 62jährigen Hartz-IV-Empfängerin, Angela Merkel und Tina Turner finden
4.5 Prototyp 2: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Zielgruppenangeboten
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lässt, soll hier nicht Gegenstand weiterer Diskussionen sein. Generell ist die Verknüpfung von Publikum mit Kaufkraft und Beeinflussbarkeit durch Werbung aber allein deshalb zu problematisieren, weil sie immense Auswirkungen auf das mediale Gesamtangebot hat. Aus der Perspektive der Werbetreibenden ermöglicht es die Zielgruppenorientierung, werbliche Botschaften sehr viel konkreter auf Alter, Geschlecht, aber auch auf Einstellungen oder Konsumwünsche sowie gruppenspezifische Sprach- und Bilderwelten abstimmen und die Werbung der jeweiligen Mediennutzung angepasst platzieren zu können. Dass damit den Menschen nicht in ihrer individuellen Vielschichtigkeit als Person Rechnung getragen wird, erscheint klar. Es ist aber auch gar nicht Absicht des Vorgehens, denn letztlich zählen für die Werbung alleine die für die Werbung relevanten Aspekte einer Person. 4.5.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation Die als getrennt ausgewiesene Werbung in Zielgruppenmedien weist eine ähnliche Auftragslogik auf, wie sie bereits in Kapitel 3 beschrieben wurde. Die Struktur der Werbekommunikation, die Interessen, Einflüsse und Konfliktkonstellationen erweisen sich als weitgehend gleich. Allerdings gewinnen Forschungseinrichtungen einen besonderen Einfluss, weil sie über die Zielgruppendefinition und -konkretisierung implizit bereits an der strategischen Ausrichtung der Unternehmen mitwirken (Marktsegmentierung) und dieser Einfluss im Abwicklungsprozess immer dann zum Tragen kommt, wenn es um die Definition, Abgrenzung, Erfassung und Beschreibung von Zielgruppen geht. So hat z.B. das Konzept der „Lebensstile als (inter-)subjektive Konstruktion der Sozialstruktur“ (Hölscher 1998: 80) weit über die Soziologie hinaus Eingang in Marktkommunikation und Werbung gefunden. Ihre Konkretisierung über Sinus-Milieus oder als Typen in anderen Studien, wie z.B. AZ Direct Marketing, Bertelsmann GmbH, Michael Conrad & Leo Burnett oder GfKGesellschaft für Konsumforschung zeigt sich in der Werbepraxis als Lifestyles (vgl. Hölscher 1998: 208ff und 318ff; auch: Banning 1987; Berger/ Hradil 1990; Drieseberg 1995; Pepels 1999 und 2000). Damit entsteht eine Abhängigkeit des Werbeprozesses von Forschungsstandards; denn erst wenn u.a. soziale Lage, Lebensziel, Lebensführung, Grundorientierungen, Mediennutzung, Freizeitinteressen und Wohnsituation konzeptionell als diskriminierende Faktoren erarbeitet und empirisch erfasst werden können, können sie auch Eingang in die Werbepraxis finden. Umgekehrt können Fehler in der Konzeption oder der empirischen Umsetzung solcher Lebensstilgruppen
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erstaunliche Folgen haben. Man stelle sich die Karriere eines Forschungsartefakts vor! In diesem Zusammenhang gewinnen auch diejenigen Akteure an Bedeutung, die die entsprechenden umfassenden Untersuchungen zu diesen Lebensstilkonzeptionen finanzieren, d.h. nicht selten die Medienorganisationen, gelegentlich aber auch große Agenturen wie z.B. Conrad & Burnett. Medien und Institutionen der Publikums- und Mediaforschung (wie z.B. Die AG.MA, die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V.) verbuchen einen weiteren Machtzuwachs, weil sie maßgeblich bestimmen, ob Lebensstilaspekte in die kontinuierliche Erhebung der Mediennutzung aufgenommen werden. Denn erst, wenn Lebensstilaspekte dort erhoben und dokumentiert sind, können sie als Kriterien der Mediaselektion Eingang in die Mediaplanung finden. Damit erbringt die empirische Markt-, Medien- und Publikumsforschung mit ihren Definitionen, Segmentierungen und Typologisierungen insgesamt erst den Nachweis der Existenz solcher Zielgruppen, „erweckt“ sie mithin erst durch ihr Wirken zum Leben. Einen Bedeutungszuwachs im Sinne der Auftragslogik erfahren im Feld 2.2 der I/P-Matrix auch Medienangebote, die eindeutig auf eine werberelevante Zielgruppe ausgerichtet sind und dies entsprechend belegen können. Mit einer hohen Zielgruppenaffinität können sie – je nach Werberelevanz der Zielgruppe – mangelnde Reichweite kompensieren. Entsprechend können sich auch neue auf spezifische Zielgruppen ausgerichtete Mediaagenturen etablieren. 4.5.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbemitteln: Zielgruppenaffinität Bei der Planung und Auswahl der Werbeträger gewinnt die Zielgruppenaffinität als Leistungskriterium besondere Relevanz, sichert sie doch effiziente Werbung durch die Vermeidung von Streuverlusten. Dies führt dazu, dass Medienangebote und -inhalte so ausgerichtet sind, dass alle Mitglieder der Zielgruppe möglichst auch Mitglieder des Publikums sind (Maximierung der Zielgruppen-Ausschöpfung) und zugleich kein Nicht-Mitglied der Zielgruppe Mitglied des Publikums ist (Minimierung der Streuverluste) (vgl. Hasebrink 1997: 267f). Derart werberelevante Zielgruppen werden über die empirische Markt-, Medien- und Publikumsforschung segmentiert, typologisiert und ausgewiesen, so dass die Mediaagenturen, die für die Werbewirtschaft den Werbeträgereinsatz planen, entsprechend zielgruppenaffine Titel und Programme belegen können (vgl. Frey-Vor/Siegert/Stiehler 2008).
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Zielgruppenaffinität (Affinität) „… gibt an, in welchem Ausmaß die Nutzer eines Werbeträgers den Zielgruppen der Werbung entsprechen und kann als Prozentsatz oder als Indexwert berechnet werden. Als Prozentsatz berechnet sich die Affinität als Absolute Reichweite in der Zielgruppe ------------------------------------------------------------ x 100 Absolute Reichweite in der Gesamtbevölkerung
Den Indexwert erhält man, indem man den obigen Prozentsatz durch den Anteil der Zielgruppe an der Gesamtbevölkerung dividiert. Ein Indexwert > 1 (< 1) bedeutet, dass die Zielgruppe in der Nutzerschaft des Mediums über- (unter)repräsentiert ist.“ (Sjurts 2004: 6).
Bei der Segmentierung von Märkten und der Typologisierung von Zielgruppen kommen unterschiedliche Kriterien zur Anwendung (vgl. u.a. Freter 1983; Weinstein 1994). Man unterscheidet u.a. geografische, demografische und psychografische Segmentierung sowie Lifestyles. Im Fall von geografischer Segmentierung müssen z.B. bei der Absatzwerbung das Absatzgebiet der Werbungtreibenden und das Verbreitungsgebiet der zu belegenden Medien weitgehend übereinstimmen (vgl. Geppert/Seufert/Zerdick 1992). Oft wird hier auf bereits von der Forschung ausgewiesene und gesondert untersuchte Gebiete, wie z.B. Nielsen-Gebiete zurückgegriffen, weil für sie entsprechende Konsum- und Mediennutzungsdaten ausgewiesen sind. Die demografische Segmentierung berücksichtigt entsprechende Kriterien, wie z.B. Alter oder Geschlecht. Hinzukommen können soziodemografische Kriterien wie das Einkommen oder der Beruf. Ein Beispiel für das Ergebnis einer solchen soziodemografischen Segmentierung sind die DINKs (double income, no kids) als Beschreibung jener Personen, die als Paar in einem Haushalt leben, beide berufstätig sind und keine Kinder haben. Viele für die Marktabgrenzung, die Werbung und ihre Wirkung wichtigen Aspekte bleiben mit der rein demografisch bzw. soziodemografisch arbeitenden Segmentierung jedoch unberücksichtigt, weshalb oft der Besitz bestimmter Güter und Verhaltensmerkmale wie z.B. Konsumgewohnheiten und Mediennutzung hinzugenommen werden. In der psychografischen Segmentierung werden diese Kriterien um psychologische Kriterien, wie z.B. Einstellungen und Neigungen, erweitert. Noch detaillierter gehen
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Lifestyle-Typologien vor, wenn sie zusätzlich Aspekte wie Lebensführung, Wertvorstellungen oder Grundorientierungen integrieren. Sie führen zu ausdifferenzierten Typologisierungen, deren gesteigerte Verhaltensrelevanz es ermöglichen soll, die Produktentwicklung, die Gestaltung der Werbebotschaft und deren Platzierung in den Medien effizienter und effektiver zu managen. Lifestyle-Typologien können national orientiert sein, wie z.B. die Sinus-Milieus die für Deutschland, aber auch für Österreich und die Schweiz angewendet werden, oder international, wie z.B. die Euro-Sozio-Styles, die auf eine Kooperation europäischer Forschungsinstitute zurückgehen und sechs soziokulturelle Mentalitäten und fünfzehn Typen unterscheiden.
Fallbeispiel: Zielgruppe LOHAS LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability) werden als neuer Lebensstil beschrieben der sich um Gesundheit und Nachhaltigkeit zentriert, Sie werden als DIE Powerkonsumenten der Zukunft gesehen, die ca. ein Drittel der Bevölkerung der westlichen Länder ausmachen. LOHAS sind das Sinnbild der hybriden Verbraucher – sie legen großen Wert auf bewusstes und ethisch korrektes Handeln, das der Nachhaltigkeit verpflichtet ist, wollen zugleich aber nicht auf Spaß, Genuss und Konsum verzichten. LOHAS sollen zudem folgende Wertehaltungen verkörpern: x Qualität statt Discount x Authentizität statt Spaßgesellschaft x Spiritualität statt Glauben x Partizipation statt Repräsentation x Ankunft statt Steigerung x Werte statt Ironie (Zukunftsinstitut 2007)
In der Praxis der Mediaplanung können Zielgruppenbeschreibungen allerdings wesentlich nüchterner, weil zweckorientierter auf Kauf und Konsum gerichtet sein: „Männer, 18 bis 59 Jahre, Besitz Fahrrad im Haushalt“ oder „Frauen, Intensivverwender Marmelade als Brotaufstrich“ – so lauten z.B. Zielgruppenbeschreibungen, mit denen Zeitschriften anhand der deutschen Media-Analyse nach ihrer Affinität gereiht werden können (vgl. Heinrich Bauer Verlag 1997: 76ff). Vor diesem Hintergrund relativieren sich die in Kapitel 4.4.2.2 dargestellten Vor- und Nachteile einzelner Mediengattungen etwas. Die Zeitungen und der Hörfunk haben deutliche Vorteile als Werbeträger, wenn eine geografische Segmentierung wichtig ist. Zeitschriften, Fachzeitschriften und etwas eingeschränkt der Hörfunk ermöglichen thematische Segmentierungen der Zielgruppen. Mit der zunehmenden Ausdifferenzierung von Programmen wird auch eine thematische Segmentierung im Fernsehen möglich, die ent-
4.5 Prototyp 2: Als getrennt ausgewiesene Werbung in Zielgruppenangeboten
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weder einzelne Sendungen, ganze Programmstrecken oder Spartensender berücksichtigt. Auch der tageszeitliche Ablauf des Rundfunks kann für Segmentierungen genutzt werden. Wenn die Zielgruppenbestimmung auf psychografische Segmentierung oder Lifestyle-Typen rekurriert, wird nicht nur die Inter-Mediaselektion, sondern vor allem die Intra-Mediaselektion wichtig, denn einzelne Titel – z.B. im Markt der Programmzeitschriften – sind deutlich auf spezifische Zielgruppen ausgerichtet. 4.5.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten Die Konzentration auf mehr oder weniger genau abgegrenzte und bestimmbare Zielgruppen erlaubt auch in der Gestaltung der Werbebotschaft eine Fokussierung der eingesetzten Gestaltungselemente. Texte, Bilder, Musik und die Darsteller müssen hier nicht dem Massengeschmack entsprechen, sondern können wesentlich ausgeprägter angelegt werden, ebenso wie der Consumer Benefit, der Reason Why und die Tonality. Alle Gestaltungselemente können auf den typischen Sprachgebrauch der Zielgruppe und deren Bedeutungszuweisung zu Bildern und Zeichen zurückgreifen, wobei die Gestaltungselemente umso spezifischer sein können, je stärker eine Zielgruppe auch einer eigenen Subkultur entspricht, wie das Fallbeispiel auf der nächsten Seite zeigt. Dies kann theoretisch so weit gehen, dass durchschnittliche Rezipienten die Werbebotschaft gar nicht verstehen bzw. nicht richtig interpretieren können. Auf der Ebene der Bedeutungszuweisung sind im Feld 2.2. vor allem die Untersuchungen zur Konstruktion bestimmter Vorstellungen, Typen und Stereotypen zu nennen. Hier bilden Studien zu Geschlechterstereotypen in der Werbung (vgl. Spieß 1994; Krohne 1995; Zurstiege 1998; Borstnar 2002), zur Inszenierung von Alter und Senioren (vgl. Timm 1998; Willems 2002b; Jäckel/Kochhan/Rick 2002) und zu Kindern und Jugendlichen (vgl. Charlton/Neumann-Braun u.a. 1995/1; Komer 1996; Mayer 1999; Lange 2002) den Schwerpunkt der Literatur. Kinder und Jugendliche sind zudem für Werbungtreibende besonders attraktive und zugleich heikle Zielgruppen: Attraktiv, weil sie über zunehmend steigende Budgets verfügen und leichter für neue Produkte begeistert werden können, heikel, weil hier auf ethische Grundsätze und Richtlinien des Kinder- und Jugendschutzes besondere Rücksicht zu nehmen ist (vgl. dazu: u.a. Engels 1997). So ruft die Werbung für Kinder und Jugendliche, allen voran solche für Handy-Klingeltöne, die Kritiker auf den Plan. Und dies nicht ganz zu Unrecht. Eine interne Studie der „Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz (GSPWM)“ der deutschen Landesmedienanstalten kam bereits 2005 zum
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Ergebnis, dass der Anteil dieser sog. Mobile-Content-Werbung z.B. bei Viva Plus über 90% beträgt (vgl. w&v 19/2005: 20).
Fallbeispiel: „Willkommen Zuhause“-Kampagne von MTV
Die MTV-Werbekampagne „Willkommen Zuhause“ ist ein anschauliches Beispiel für zielgruppenspezifische Ansprache. Bild und Text sind zwar auch allgemein verständlich, verlieren aber außerhalb der Zielgruppe ihren werblichen Charakter. Die „Willkommen Zuhause“-Kampagne von MTV positionierte den Sender als virtuelle Heimat für Jugendliche und junge Erwachsene und kommunizierte den symbolischen Nutzen folgendermaßen: „Wo immer ihr Euch "versteckt" habt, wie immer ihr Euch auch kleidet, welchen Gruppierungen Ihr auch angehören und welchen Verhaltensritualen und Werten Ihr Euch verpflichtet fühlen mögt, Ihr könnt bleiben wo und was Ihr sein wollt, denn MTV kommt zu Euch, und bietet Euch 24 Stunden am Tag jene mediale Umgebung und Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die Ihr Euch wünscht. MTV fahndet nach Euch, weil Euch die etablierten Instanzen diskreditieren und Ihr nur bei uns das sein könnt, was Ihr sein wollt." (Neumann-Braun 1999: 397)
Die „Verführungsabsicht“ der Werbung wird bei Jugendlichen und besonders bei Kindern besonders kritisch betrachtet. Obwohl nur ein geringer Teil der Kinder den Werbebotschaften uneingeschränkt glaubt (vgl. Komer/ Meister 2002: 849), kann nicht automatisch auf eine kompetente und emanzipierte Umgangsweise der Kinder mit Werbung geschlossen werden. So werden zu Recht besondere Maßnahmen für die Fernsehwerbung, die sich an Kinder richtet, gefordert, so z.B. deutlichere Trennungszeichen zu Beginn und Ende von Werbeblocks in Kinderprogrammen.
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4.5.4 Spezifika zur Werbewirkung Kinder sind vor diesem Hintergrund auch in der Werbewirkungsforschung eine wichtige, gesondert untersuchte Zielgruppe (vgl. Charlton/NeumannBraun u.a. 1995/2; Macklin/Carlson 1999). Während ansonsten die bereits in Kapitel 4.4.4 und der dort aufgeführten Literatur behandelten Grundlagen der Werbewirkungsforschung auch auf getrennt ausgewiesene Werbung in Zielgruppenmedien oder -angeboten gelten, wird besonders für die Zielgruppe der Kinder häufig ein breiteres Verständnis von Werbewirkung gefordert: ein umfassenderes Verständnis von Werbewirkung, das auch pädagogische Perspektiven integriert. Die Ausbildung von Werbekompetenz ist hier als Beispiel zu nennen (vgl. dazu: Baacke/Sander u.a. 1999; Lange 2002). Die klassischen Theorien und Modelle der Werbewirkungs- und Werbeerfolgsforschung müssen für die Werbung im Feld 2.2 der I/P-Matrix aber dahingehend geprüft werden, ob sie für die anvisierte Zielgruppe modifiziert werden müssen. Beispielsweise derart, dass Sozialisation oder Identitätsbildung stärker berücksichtigt werden müssen oder die Rolle der Peers z.B. bei Jugendlichen besonders wichtig sein kann. Ggfs. kann auch die Beziehung zwischen beworbenem Objekt und Zielgruppe intensiver, das Vorwissen größer und das Involvement höher sein (oder eben auch nicht). Methoden und Untersuchungsdesigns müssen zudem daraufhin überprüft werden, ob sie bei der Zielgruppe überhaupt eingesetzt werden können. Denn – trivial zu sagen – die Probanden in z.B. physiologischen Messungen müssen aus der anvisierten Zielgruppe stammen bzw. die Zielgruppe muss im Kreis der untersuchten Personen adäquat vertreten sein. Dies kann z.B. bei Testmärkten nicht immer der Fall sein. Allerdings können bei psychografisch segmentierten Zielgruppen die Milieuzugehörigkeit und die Selbstwahrnehmung auch Einfluss auf die Werbewirkung entfalten (vgl. Schenk/Tschörtner/Heckenberger 2008).
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4.6 Als getrennt ausgewiesene personalisierte medial vermittelte Werbung Die Werbeformen im Feld 2.3 bilden eine tendenziell neue Erscheinung, auch wenn die individuelle Ansprache als sinnvolle Alternative zur massen- bzw. zielgruppenorientierten Werbung gelten kann. Dass personalisierte Werbung zusammen mit einem – dann ebenfalls personalisierten – redaktionellen Kontext verbreitet, aber getrennt von diesem ausgewiesen wird, ist durch zwei Entwicklungen möglich. Erstens können wie in Kapitel 4.3 bereits besprochen Adressen und Ansprache der Beworbenen mit relativ geringem Aufwand personalisiert werden. Zweitens werden bei der Werbung im Feld 2.3 aber auch mediale Inhalte auf der Basis von Datenbanken personalisiert, die dann in digitaler Form zu geringen Kosten verbreitet werden können. Als Beispiele für solche Formen von Werbung sind folglich Newsletter, Online- und Mobilkommunikation zu nennen. Immer vorausgesetzt, dass ein redaktioneller Kontext vorhanden ist (denn ansonsten gelten die Ausführungen von Kapitel 4.3) und es sich wirklich um personalisierte redaktionelle Inhalte und Werbebotschaften handelt bzw. zumindest deren Zusammenstellung personalisiert, also auf die jeweilige Zielperson abgestimmt ist. Oft sind jedoch sowohl redaktionelle als auch werbliche Botschaften nach wie vor auf Zielgruppen ausgerichtet, und personalisiert sind einzig Anrede und Adresse. Um hoch-personalisierte Inhalte generieren zu können, muss ein immenser Aufwand betrieben werden; denn zusätzlich zu den Werbebotschaften, die anhand der übermittelten Daten und der Einkaufs- und Informationshistorie eines Kunden zusammengestellt werden können, muss der ebenso generierte redaktionelle Kontext hinzukommen. Und dies gestaltet sich nicht so einfach, weshalb Formen dieser Werbung insgesamt eher selten zu finden sind (noch zumindest). Denn inzwischen treiben Internet-Dienste wie GoogleNews, Romso.de oder Tinker.com eine Entwicklung voran, „ …, in der Computeralgorithmen aus dem „Content“, der im Netz herumschwirrt, ein für jeden Konsumenten individuell zurechtgerührtes Süppchen kochen: „Der Computer schreibt eine eigene Nachrichtengeschichte für jeden Nutzer … Der Chefredakteur des britischen Webangebotes von Yahoo, Simon Hinde: "Es gibt da definitiv Darwinismus - eine evolutionäre Bewegung in unseren Medien. Es wird keine 'one size fits all'-Mentalität mehr geben, sondern eine Sammlung von Nischen-Nachrichtenseiten, und für die wird Personalisierung und Filterung nötig sein."
4.6 Als getrennt ausgewiesene personalisierte medial vermittelte Werbung
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Die Menschen wollten "demokratische, partizipatorische, vielseitige Nachrichten", sagte Hinde, der früher für den "Daily Express" und die "Sunday Times" gearbeitet hat.““ (Stöcker 2005)
Fallbeispiel: Online-Werbung in Echtzeit „Während der Mikroblogging-Dienst Twitter noch über die Frage des Geldverdienens nachdenkt, preschen die ersten Twitter-Applikationen mit Geschäftsmodellen vor: Tinker.com heißt die Seite des amerikanischen Medienunternehmens Glam, die Twitter-Mitteilungen oder öffentliche Statusmeldungen aus anderen sozialen Netzwerken wie Facebook zu einem Thema bündelt und die passende Werbung dazu verkauft. „Mit Tinker.com helfen wir, Echtzeit-Trends und Veranstaltungen zu monetarisieren", sagte der Glam-Gründer Samir Arora gegenüber dem amerikanischen Blog Techcrunch. Tinker.com fasst alle Tweets, die zu einem Ereignis auf Twitter geschrieben werden, zusammen, erklärt Burda-Manager Marcel Reichart. Burda ist seit dem vergangenen Jahr an Glam beteiligt. Diese Ereignisse können echte Veranstaltungen sein, aber auch Aktuelles wie die Verurteilung des Betrügers Bernie Madoff zu 150 Jahren Gefängnis. Die maximal 140 Zeichen langen Statusmeldungen auf Twitter lassen sich dann nach den passenden Stichwörtern zum Ereignis filtern und zusammenfassen. Auf diese Weise ergibt sich ein sehr aktuelles Stimmungsbild des Ereignisses, das nicht nur auf der Tinker-Seite angeschaut, sondern auch auf allen anderen Internetseiten eingebaut werden kann, die ihre lnhalte um aktuelle Twitter-Diskussionen bereichern wollen. Tinker biete dann quasi eine Live-Suche, die nach Themen strukturiert ist, sagt Reichart. Erste Werbepartner wie der Computerhersteller HewlettPackard buchen dann entweder vorher festgelegte Ereignisse oder auch spontan stattfindende Diskussionen. Die Preise, die Werbetreibende im Umfeld dieser Live-Diskussionen zu zahlen bereit wären, seien deutlich höher als normal. Die Einnahmen teilt sich Glam dann mit dem Betreiber der lnternetseite.“ Quelle: F.A.Z. vom 7. Juli 2009, NR.154:15
Solcherlei und ähnlich personalisierte Online- und Mobile-Lösungen stellen in den meisten Fällen aber immer noch lediglich Ergänzungen zur klassischen Medienwerbung dar. Zwar wurde bereits 2004 der Markt für mobile Entertainment-Angebote als sehr lukrativ eingeschätzt (vgl. Häberle 2004: 16), weil u.a mit der Verbreitung neuer Mobilfunkstandards wie GPRS und UMTS und entsprechender Endgeräte auch redaktionelle Kontexte besser und mittels verschiedener Darstellungsmodi (Töne, Texte, Bilder etc.) verbreitet werden konnten. Dennoch bleibt auch 2009 fraglich, ob sich Online-
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und Mobile-Werbung als eigenständige Formen etablieren können (vgl. Städele 2009), auch wenn sich mittlerweile einige Publikationen damit befassen (vgl. Lindgren, Jedbratt, & Svensson 2002; Breunig 2006; Figge 2007; Bauer, Dirks & Bryant 2009) und sich seit 2006 das International Journal of Mobile Marketing explizit diesem Thema widmet; denn trotz der umfassenden Verbreitung von mobilen Endgeräten ist die Nutzergruppe innovativer Mobilkommunikationsangebote, wie mobiler Rundfunk, noch weitgehend eingeschränkt auf die ‚zielstrebigen Trendsetter‘ und die ‚jungen Wilden‘ wie eine Studie zur Handy-TV-Nutzung zeigt (Frey-Vor 2009). 4.6.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation In der personalisierten, medial vermittelten, aber getrennt ausgewiesenen Werbung zeigen sich bezüglich der Struktur der Werbekommunikation und der beteiligten Akteure deutliche Analogien zu den in Kapitel 4.3.1 dargestellten. Neben Werbeagenturen und Produktionsfirmen sind auch in diesem Feld Adressvermarkter und Verteilunternehmen aktiv. Hier spielen jedoch weniger diejenigen Vermarkter eine Rolle, die auf die traditionelle Direktwerbung ausgerichtet sind, sondern diejenigen, die relevante Email-Adressen oder Handy-Telefonnummern sammeln. So z.B. die Online-Ableger klassischer Medienunternehmen, die durch attraktive Online-Inhalte und den Zugriff auf Archivmaterial Adressdaten gewinnen können. Hinzu kommen Online-Anbieter, Dienste-Provider und Netzbetreiber für Internet- und Datendienste, Mobiltelefonie, Mobile Messaging und UMTS: anders als die Akteure in Kapitel 4.3.1 sind sie nicht nur technologie- sondern eben auch inhaltsgetrieben: „"Unsere Crawler durchsuchen permanent das Internet nach Nachrichten", erklärt Google-Sprecher Stefan Keuchel. Durch Algorithmen werden doppelt erschienene Meldungen unter "ähnliche Artikel" zusammengefasst, die gefundenen News werden nach Aktualität und Glaubwürdigkeit der Quelle gewichtet … Noch weiter geht Romso.de, ein Webdienst, der ebenfalls Nachrichtenangebote im Netz durchsucht: "Wir bauen aus verschiedenen Artikeln Satz- oder Kleinzitatsweise thematisch zusammenhängende Texte", erklärt Thorsten Blancke, einer der Betreiber. "Das ist der erste kleine Zwischenschritt hin zur Analyse von Texten, Auswertung und nachfolgender automatischen Volltextgenerierung", glaubt er.“ (Stöcker 2005)
Anstelle des Einflusses traditioneller Publikums- und Mediaforschung mit ihren unterschiedlichen Standards kommen hier Datenbank- und ContentManagement- sowie Content-Syndication-Standards zum Tragen und können einen nicht unmaßgeblichen Einfluss gewinnen. Content-Syndication ist als eine Art Mehrfachverwertung zu sehen, bei der die Nutzung von thematisch
4.6 Als getrennt ausgewiesene personalisierte medial vermittelte Werbung
249
passenden Inhalten bei einem Content-Provider einzeln oder im Abonnement gekauft werden kann, und die durch entsprechende technische Standards die einfache Aktualisierung und die flexible Einpassung der Inhalte in das restliche Online-Angebot ermöglicht. Ein Ausbau dieser meist noch auf den Business-to-Business-Bereich bezogenen Technologie auf personalisierte Inhalte scheint ohne weiteres denkbar. 4.6.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbemitteln Werbeträger und Werbemittel beziehen sich bei der in einen redaktionellen Kontext eingebetteten, aber getrennt ausgewiesenen personalisierten Werbung auf digitale Plattformen der Online- und Mobile-Kommunikation. Datenbank-, Content-Syndication- und Content-Management-Systeme erlauben es dann, redaktionelle Kontexte, Homepage-, Shop- und Werbeseiten sowie Seiten virtueller sozialer Netzwerke wie z.B. Facebook, XING, Stayfriends oder StudiVZ nicht nur in der Anrede, sondern auch bezüglich der vorgestellten Angebote nach den Präferenzen zu personalisieren, die aus den Profilen der User abgeleitet werden können. Allerdings wird die Personalisierung der Werbemittel nicht annähernd so weit getrieben wie technisch möglich, weder bei Bannern noch PopUps finden sich derzeit individualisierte Versionen in großer Zahl. Dabei steht jedoch zu bedenken, dass Aussagen zu Entwicklungsstand und Verbreitung der Werbung in allen x.3 Feldern der I/P-Matrix – und damit auch im Feld 2.3 – angesichts der hohen Dynamik auf Seiten der technischen Entwicklung sowie der immensen Investitionen, die gerade MobilfunkBetreiber in die Lizenzierung und den Aufbau neuer Standards und Netze zur Bereitstellung hoher Datenübertragungsraten – Stichwort: UMTS – gesteckt haben, eigentlich immer mit einem „noch“ versehen werden müssen.
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
Abbildung 37: Mobiles Vergnügen - Gründe, um an Aktionen mit dem Handy teilzunehmen
Anzahl der Nennungen bei 351 Befragten, Mehrfachnennungen möglich Quelle: Institut für Mobile Marketing IFMM nach Kalka 2005: 58
4.6.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten In Kapitel 4.3 wurde bereits erwähnt, dass die Tendenz besteht, auch die Direktwerbung in redaktionelle Inhalte zu verpacken, u.a. um Aufmerksamkeit zu wecken, die Rezeptionsqualität zu steigern und dafür zu sorgen, dass das Werbemittel öfter zur Hand genommen und die Werbebotschaft öfter rezipiert wird. Während die Botschaften und Inhalte bei auf Zielgruppen orientierter Werbung bereits deutlich auf die Ton- und Bildwelten eben dieser Zielgruppen abgestimmt werden muss, muss dies bei personalisierten Werbebotschaften noch viel stärker der Fall sein. Dies erweist sich als sehr schwierig, gilt es doch theoretisch, Texte, Bilder oder Musik individuellen Vorlieben anzupassen. Da Menschen jedoch gerade das Verständnis und die Bedeutungszuweisung von Sprache und Bildern im Austausch mit ihrer Umwelt entwickeln und vor allem die so entwickelten Interpretationen permanent mit ihren Referenzgruppen abgleichen, genügt in den meisten Fällen eine detaillierte Zielgruppenbestimmung, um den Rezipienten das Gefühl zu geben, sie würden individuell angesprochen. Die eigentliche Herausforderung ist dagegen, keine Aversion gegen und Reaktanz auf das Eindrin-
4.6 Als getrennt ausgewiesene personalisierte medial vermittelte Werbung
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gen in die Privatsphäre zu erzeugen. Da jedoch von einer gewissen Gewohnheit in Bezug auf die Kombination von redaktionellen Kontexten mit getrennt ausgewiesener Werbung auszugehen ist, weil dies der prototypischen Werbung entspricht, müssen weniger negative Reaktionen befürchtet werden als die in Kapitel 4.3 beschriebenen. 4.6.4 Spezifika zur Werbewirkung Die Grundlagen der Werbewirkungsforschung haben auch für die Werbung in Feld 2.3 prinzipielle Gültigkeit. Das Spezifische ergibt sich aus der personalisierten Verbreitung, denn über die Kennzeichnung von Werbemitteln und den direkten Kundenresponse kann direkt auf die Wahrnehmung rückgeschlossen werden. Da zudem gerade im Bereich Mobile-Werbung interaktive Elemente eingebaut sind, kann aus der Teilnahme der Rezipienten auf Wahrnehmung und Interesse geschlossen werden, wobei dies auch bereits für die zielgruppenspezifische Version dieser Werbeform gilt.
Fallbeispiel: „Fanta-Flaschenpost“ und „Music makes your Summer“ „A propos Coca-Cola: Ob die letztjährige „Fanta-Flaschenpost“ oder die diesjährige Sommer-Promotion „Music makes your Summer“ - der Einsatz mobiler und interaktiver Elemente gehört bei dem Berliner Brauseriesen und zweimaligem Konvergenz-Award-Gewinner fast schon zum täglichen Brot und scheint auch bei den Verbrauchern gut anzukommen. Sowohl die Fanta-Flaschenpost als auch die „Music makes your Summer“Promotion wurde verlängert, weil die Verbraucher noch lange nach Beendigung des Aktionszeitraums angerufen hätten …. Quelle: Häberle 2004: 17
In diesem Zusammenhang spielt auch der, bei der massenmedialen OnlineWerbung bereits erwähnte technische Nachweis der Werbeträgerleistung und des Werbemittelkontakts eine Rolle. Trotz bestehenden Professionalisierungs- und Standardisierungsbedarfs können die nicht-reaktiven, technischen Messungen zu wichtigen Aspekten Auskunft geben und den Erfolgsnachweis von Werbung über Kriterien wie die AdClick- oder Click-ThroughRate revolutionieren.
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
4.7 In den redaktionellen und inhaltlichen Kontext integrierte Massen- und Zielgruppenwerbung Die Werbeformen der Felder 3.1 und 3.2 der I/PMatrix werden hier in einem gemeinsamen Kapitel dargestellt, da wesentliche Aspekte von redaktionell integrierter Werbung für beide Felder gleichermaßen gelten und die Unterscheidung zwischen massenmedialen und zielgruppenspezifischen Adressaten damit lediglich vom redaktionellen Umfeld abhängt. Die wichtigsten Punkte zur Zielgruppenaffinität und zur Segmentierung wurden ebenfalls bereits behandelt und können analog auf die redaktionell integrierte Zielgruppenwerbung angewendet werden. Die Werbung der Felder 3.1 und 3.2 der I/P-Matrix wird seit Mitte der 1980er Jahre in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft problematisiert, worauf in diesem Buch bereits in mehreren Kapiteln hingewiesen worden ist (vgl. dazu u.a. Baum 1986; Auer/Kalweit/Nüßler 1988; Koberger 1990; Bente 1990; Scherer 1990; Baerns 1992, 1996 und 2004; Auer/Dietrichs 1993; Solomon /Englis 1994; Jost 1995; Keusen 1995; Spitzer 1996; Volpers/Herkströter /Schnier 1998; Schaar 2001; Laukemann 2002; Siegert/Wirth u.a.; Volpers/ Holznagel 2009). Im Kapitel 1.2.2.4 wurde eine Definition formuliert, die programmintegrierte Werbung und hybride Werbeformen als nur bedingt oder nicht als solche erkennbare Werbung fasst, die thematisch nahtlos in die redaktionellen Umfelder eingebettet ist, zum Teil deren Ablauf, Struktur und Dramaturgie bestimmt oder sie in Inhalt und Gestaltung imitiert bzw. gar ersetzt. Beispielhaft wurden Publireportagen (Infomercials), redaktionell gestaltete Werbung (Advertorials), aber auch Placements genannt. Zu unterscheiden, wann es sich um originäres Programm handelt und wann um programmintegrierte Werbung, ist jedoch keineswegs einfach, zumal sich eine Vielfalt an möglichen und tatsächlichen Werbeformaten findet. Analog zu anderen Bereichen (so z.B. in der Abgrenzung relevanter Märkte durch das sog. Bedarfsmarktprinzip) kann von der Erkennbarkeit einer werblichen Botschaft durch einen durchschnittlich verständigen Mediennutzer ausgegangen werden. Mithin ist die Frage, ob sich die werbliche Botschaft als solche erkennen lässt, ausschlaggebend.
4.7 In den redaktionellen und inhaltlichen Kontext integrierte Werbung
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Auch im deutschen Rundfunkstaatsvertrag (von 1991, in geänderter Version in Kraft getreten am 1.4.2005) ist die Erkennbarkeit das ausschlaggebende Kriterium (§7,2), ähnlich fällt auch der Entwurf des neuen schweizerischen Radio- und Fernsehgesetzes (z.B. in §9,1) aus. In der Schweiz ist aber z.B. Product Placement unter bestimmten Bedingungen als Anwendungsfall des Sponsoring erlaubt, dabei darf die Darstellung jedoch keinen werblichen Charakter aufweisen. Eben weil die Werbung in den Feldern 3.1 und 3.2 der I/P-Matrix oft nicht erkennbar ist, hat sich für einige Formen auch die Bezeichnung Schleichwerbung etabliert. Ab welchem Grad sie als rechtlich problematisch anzusehen sind, hängt nicht nur von den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Mediengattung ab, sondern auch von der Dramaturgie z.B. der Sendung und anscheinend auch davon, wie öffentlich die zugrunde liegenden Geschäftsbeziehungen gemacht werden. Immerhin bestätigt Nicole Elping (2004: 69) den Akteuren in der Bundesrepublik Deutschland ein ausgeprägtes Problembewusstsein bezüglich programmintegrierter Werbung im Fernsehen, was sich u.a. am Vorhandensein berufsethischer Regelungen und Vorschriften zeigt. In interessierten Kreisen der Öffentlichkeit und ebenso in der Praxis wird programmintegrierte Werbung seit längerem diskutiert, so z.B. auf den Münchner Medientagen 2004, wo unter dem Thema „Programming auf dem Prüfstand“ u.a. darüber debattiert wurde, dass immer mehr Unternehmen an der Stoff- und Drehbuchentwicklung von Filmen und Serien beteiligt werden wollen. Mit dem Kürzel AFP für „Advertiser Founded Programming“ wird also längst etwas bezeichnet, dessen Existenz von verschiedenen Akteuren immer noch bezweifelt wird. Diese Diskussionen wurden durch die neue Fernsehrichtlinie der EU (Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste) wieder aktiviert. Da die Fernsehrichtlinie den EU-Mitgliedstaaten ermöglicht, programmintegrierte Werbung, allen voran Product Placement für ihren Hoheitsbereich zu erlauben, wird in Kommunikationswissenschaft und -praxis wieder heftig darüber gestritten, was und wie mit dieser Möglichkeit im Rahmen des 13. Rundfunkstaatsvertrags umzugehen ist. Gemein ist vielen dieser Diskussionen, dass sie weitgehend ignorieren, dass programmintegrierte Werbung längst eine gängige Praxis ist. Bereits im Frühjahr 2005 hat sich am Beispiel von Product Placements in der ARD-Serie „Marienhof“ eine öffentliche Debatte über programmintegrierte Werbung entzündet. Der evangelische Pressedienst (EPD) enthüllte, dass eine Münchner Beratungsfirma undeklarierte Product Placements mit der ARD-Produktionsfirma Bavaria Films vermittelte. Nach den EPD-Recherchen hätten zehn Platzierungen in der Soap
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„Marienhof“ 175'000 Euro gekostet. Dieses behauptete Ausmaß wird allerdings von der Produktionsfirma bestritten. 51 Der Einsatz programmintegrierter Werbung hat also seit langem seinen festen Platz in der unternehmerischen Kommunikationspolitik, wenn auch nicht bei allen Unternehmen gleichgewichtig. Viele Unternehmen haben aber mehr oder weniger fixe Budgets, zeigen sich in Abhängigkeit entsprechender Angebote flexibel und nutzen systematisch Synergieeffekte mit anderen Kommunikationsaktivitäten.
Fallbeispiel: Nachfrage nach programmintegrierter Werbung „Den Werbetreibenden bleibt nur die Flucht nach vorn – ins reguläre Programm. Das wissen auch die Vermarkter. „Die Nachfrage nach neuen Werbeformen nimmt massiv zu“, sagt Stefan Halter; er ist bei IP Multimedia zuständig für „Special Projects“ in den Schweizer Programmfenstern deutscher Sender. Martin Schneider, der als Chef von Publisuisse Werbeplätze von SF DRS verkauft, pflichtet bei: „Die Werbeauftraggeber versuchen, noch näher an das Programm heranzukommen.“ Dies bestätigt wiederum Jürg Siegrist, Direktor des Werbe-Auftraggeberverbands (SWA): „Unsere Mitglieder haben ein grosses Bedürfnis nach neuen Werbeformen.“ So bietet denn Initiative Media in Hamburg bereits Workshops an, in denen Kunden zu Regisseuren werden.“ Quelle: Egli 2005 „Der Konsumgüterriese Procter & Gamble (P&G) kürzt seine Werbeausgaben im US-Fernsehen deutlich: Im Kabel-TV werden 25 % weniger als im Vorjahr ausgegeben, im terrestrischen Fernsehen 5 % weniger, wie das Wall Street Journal berichtet. Das Unternehmen hat die Zahlen nicht bestätigt. P&G ist mit rund 3 Milliarden Dollar der grösste Werbeauftraggeber der USA und investierte bisher rund 80 % des Budgets in TV-Werbung. Marktbeobachter sehen in der Reduktion ein Zeichen für die sinkende Bedeutung von klassischen TV-Spots im Zeichen von digitalen Videorekordern und erwarten, dass mehr Geld in Product Placement und ähnliche Formen investiert wird. Andere Analysten glauben laut der britischen Zeitung The Guardian dagegen, dass P&G lediglich Geld sparen will: Die US-Fernsehsender verkaufen ihre Werbezeit jeweils im Voraus en bloc in der so genannten Upfront-Season. P&G könnte versuchen, übrig gebliebene Slots im Jahresverlauf billig dazu zu kaufen.“ Quelle: Werbewoche Newsmail 2005.06.14
51 Vgl. u.a. http://epd.de/medien; http://www.netzeitung.de/medien/341648.html; Werbewoche Newsmail 2005.06.02; Egli 2005. Inwiefern die Skandalisierung aber auch darauf zurückzuführen ist, dass die beschuldigte Firma die Publikation der bereits 2003 erhobenen Vorwürfe hat gerichtlich untersagen lassen, kann nur vermutet werden. Ggfs. ist dies auch ein Beispiel falscher Krisen-PR.
4.7 In den redaktionellen und inhaltlichen Kontext integrierte Werbung
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Mithin ist von einem fokussierten und aktiven Einsatz programmintegrierter Werbung zu sprechen. Damit soll nicht nur die Vermeidung der Werbung durch die Rezipienten verhindert werden, vielmehr sollen im Besonderen die Glaubwürdigkeit und das Image redaktioneller Kontexte auf die werbliche Botschaft übertragen werden (vgl. für Product Placement: Bente 1990: 87ff). Deutlich wird also, dass programmintegrierte Werbung an Bedeutung gewinnt und dass sich die Diskussion darüber häufig an Placements in TVSendungen entzündet. 52 Insgesamt bleibt festzuhalten, dass konkrete Informationen zu Ablaufprozessen, Kosten und Erfolgsmessungen dieser Werbeformen immer noch meist nur in Form einzelner, oft skandalisierender Medienberichte vorliegen (vgl. dazu auch Müller 1997: 147). So bringen Printmedien durchaus des Öfteren Berichte über Product Placement, und dies vor allem dann, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk involviert ist. Sie thematisieren aber eher selten, dass programmintegrierte Werbung auch in Printmedien gang und gäbe ist, und äußern sich nahezu überhaupt nicht zu Art und Ausmaß programmintegrierter Werbung gerade in privaten (oft mit Printmedienunternehmen verbundenen) Hörfunk-Sendern. Deshalb sei hier explizit festgehalten, dass Product Placement nur eine mögliche Form der programmintegrierten Werbung und Fernsehen nur einen möglichen Werbeträger dafür darstellt. Eine allein darauf bezogene Diskussion greift also entschieden zu kurz. 4.7.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation Bereits in der Definition programmintegrierter Werbung wurde darauf verwiesen, dass es dabei um die gezielte Integration werblicher Inhalte in redaktionelle Kontexte geht. Dies gilt unabhängig davon, ob dies dramaturgisch notwendig ist oder nicht, ob dies ausgewiesen wird oder nicht. Programmintegrierte Werbung beruht nicht selten auf Koppelgeschäften zwischen Redaktionen und Werbekunden: „Keinen Cent zahlte BMW dafür, dass James Bond den Z3 in „Golden Eye“ bekannt machte. Das Prinzip lautete vielmehr: Eine Hand wäscht die andere. Das Auto wurde durch den Film gratis beworben und der Film wurde in die Werbekampagne des Z3
52 In Studien zu den Beurteilungskriterien von Placements durch Marketing-, Werbe-, PR- und Placement-Experten zeigt sich, dass Zuschauerpotenzial, Preis und Thema eines Films die ausschlaggebenden Faktoren waren, um sich für Product Placement in Filmen zu entscheiden (vgl. Karrh/McKee/Pardun 2003).
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aufgenommen“. 53 Zu diesem Fall gibt es jedoch auch Informationen, wonach 20 Mio. US $ in die gesamte Kampagne investiert wurden (vgl. Karrh/McKee/Pardun 2003: 139). Tatsächlich erfolgt die Bezahlung programmintegrierter Werbung häufig nicht monetär, sondern mittels materieller Gegenleistungen, indem z.B. notwendige Requisiten und Locations zur Verfügung gestellt werden (Beistellungen). Ähnliche Koppelgeschäfte liegen den Kooperationen von Werbewirtschaft und Printmedien oder Hörfunksendern z.B. bei Medienpartnerschaften anlässlich mehr oder weniger großer Events oder bei der Auslobung von Wettbewerben zugrunde. Die werbungtreibende Wirtschaft stellt die Gewinne gegen mehr oder weniger umfassende lobende Erwähnung zur Verfügung. Zum Teil wird die Integration werblicher Inhalte auch mit der Schaltung klassischer Werbung vergütet. „Bei der Frankfurter Agentur entwickeln Redakteure Formate (natürlich für einen Kunden; Anmerkung der Buchautoren), die dann wiederum über die Redaktion Sendern angeboten werden. Damit sich die Sender „nicht vergewaltigt fühlen“ wie Kaiser sagt, gibt es meistens Jahreszusagen für die klassische Werbung.“ (Richter 2005: 25)
Der Möglichkeiten sind viele. Die Modalitäten des Transfers sind allerdings nicht unerheblich, denn wenn Gelder fließen, dann ist beim Rundfunk ein wichtiges Indiz für den Tatbestand der rechtswidrigen Schleichwerbung gegeben (vgl. Lilienthal 2005). Dies erscheint aber insofern spitzfindig, als auch die Bereitstellung von Requisiten letztlich eine monetäre Auswirkung auf das Produktionsbudget hat. Tatsächlich hat, wie Klaus Bente (1990: 78f) am Beispiel Product Placement deutlich macht, der Programmproduzent in erster Linie eine ökonomische Motivation, diese werblichen Formen zu akzeptieren. Weil programmintegrierte Werbung sowohl den Bedürfnissen der Produzenten und Medienunternehmen nach Finanzierungsmöglichkeiten entspricht, als auch denen der Werbewirtschaft u.a. nach mehr Aufmerksamkeit, bietet sie für beide Akteursseiten eine win-win-Situation.
53 Vgl. http://www.kabel1.de/info/aa/marken/index.php?12185#longtext, Aufruf am 1.12.04. Dabei muss natürlich berücksichtigt werden, dass für Spielfilme andere Regeln gelten als für TVSendungen und Placements daher anders zu bewerten sind. Auch weniger offensichtliche Placements scheinen aber ihren Zweck zu erfüllen: „Bekannt ist auch der deutsche TVKommissar Stefan Derrick mit seinem Satz: "Harry, fahr den Wagen vor!". Derrick wurde in 70 Sprachen synchronisiert und verlangt so in der ganzen Welt nach seinem 5er bzw. 7er BMW.“ http:// www.kabel1.de/info/aa/marken/index.php?12185#longtext). Bemerkenswert an diesem Zitat ist, dass Derrick in keiner einzigen Folge seinen Assistenten zum Vorfahren des Wagens aufgefordert hat (vgl. http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/ 7/0,1872,1022151,FF.html, Aufruf am 10.01.05).
4.7 In den redaktionellen und inhaltlichen Kontext integrierte Werbung
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Ob Werbe- und Mediaagenturen wirklich kontinuierlich Profit aus dem Trend zur programmintegrierten Werbung ziehen, wie teilweise behauptet wird, muss allerdings bezweifelt werden. Denn klassische Werbe- und Mediaagenturen sind nicht die typischen Vermittler für programmintegrierte Werbeangebote, auch wenn sie in der „Frühzeit“ z.B. des Product Placements noch als solche genannt werden (vgl. u.a. Auer/Kalweit/Nüßler 1988: 82). Zwar können sie im Namen ihrer Kunden bei Printmedien auf eine Berücksichtigung im redaktionellen Teil hinwirken oder gemeinsam mit den Medien Gewinnspiele und Wettbewerbe konzipieren, für andere Formen programmintegrierter Werbung sind sie aber nicht prädestiniert. So müssen sie z.B. für Product Placement entweder eigene Spezialabteilungen gründen oder diese Geschäfte überwiegend anderen, neuen Akteuren überlassen. „Gerade in der Filmbranche sind jedoch persönliche Kontakte zu Produzenten ein zentraler Erfolgsfaktor, worauf letztlich auch die starke Stellung der Spezialagenturen zurückzuführen ist.“ (Bente 1990: 82)
Hier haben sich neben speziellen Product Placement-Agenturen und -Beratern sog. Warehouse-Konzepte etabliert (vgl. Bente 1990: 82; Müller 1997: 150ff). Diese Warenlager dienen den Produzenten quasi als Requisitenpool, aus denen zu platzierende Produkte kostenfrei abgerufen werden können. Im Fall der ARD-Serie Marienhof wurden z.B. die Unternehmensberatung H.+S. und ihre Schwesterfirma „Kultur und Werbung“ als tragende Akteure öffentlich genannt (vgl. Lilienthal 2005). Zunehmend differenzieren sich aber für diese Werbeformen spezialisierte Akteure heraus. So kehrte z.B. Trevor Beatie, Ex-Chairman der renommierten Agentur TBWA London, der klassischen Werbung den Rücken und gründete gemeinsam mit Kollegen eine Agentur, die sich auf Entertainment, Sponsorship und Product Placement konzentriert (vgl. w&v Nr. 19/2005: 45). Zugleich haben auch die Produktionsgesellschaften eigene Abteilungen für Product Placement ausdifferenziert. Bereits für Klaus Bente (1990: 83) zielte diese Zunahme von Spezialabteilungen der Programmproduzenten auf die Ausschaltung der Vermittler, was angesichts der rechtlichen Situation programmintegrierter Werbung durchaus Vorteile haben kann. Damit vermischen sich aber die Produktions- und die Distributionsebene der Werbung, Werbemittel, Werbeumfeld und Werbeträger werden eins. „Today, a much more orderly industry involves two primary groups of professional-placement agents and program producers. Agents function as middlemen between marketers and producers, typically working on a retainer basis. The major movie studios have their own departments for handling product placement opportunities and work with placement agencies as well.“ (Karrh/McKee/Pardun 2003: 139)
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Anders als bei klassischen Werbeagenturen haben sich jedoch bei den Spezialagenturen, Warehouse-Betreibern oder Abteilungen der Produktionsgesellschaften erst ansatzweise Professionalitätsstandards und Maßnahmen zur Überwindung prä- und postkontraktualer Informationsungleichheiten etabliert (vgl. Kapitel 3.3.3.2). Damit werden die Beziehungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer wieder zurückgeworfen auf die grundlegenden Probleme der Prinzipal-Agent-Problematik. Noch viel mehr als bei den Leistungen klassischer Agenturen ist programmintegrierte Werbung ein Kontraktgut, eine individuell auf den Auftraggeber zugeschnittene komplexe Dienstleistung, in die viele Einzelleistungen unterschiedlicher Ausrichtung eingehen. So kommen auch bei den Werbeformen in den Feldern 3.1 und 3.2 der Abbildung 6b die zwei für die Moral-Hazard-Gefahr möglichen Ursachen – die unvollständige Kontrollierbarkeit der Arbeit des Agenten (Hidden Action) und sein Kompetenzvorsprung (Hidden Information) – zum Tragen. Auch muss für diese Fälle angenommen werden, dass sich Personen opportunistisch verhalten. Weil es zugleich einen hohen Abstimmungsbedarf mit nicht werblich ausgerichteten Organisationen und Personen gibt, können die Interessen der Beteiligten weiter auseinander liegen als bei der klassischen Werbung. Denn während das Eigeninteresse der werbetreibenden Unternehmen immer noch auf Effizienz und Effektivität der Werbung ausgerichtet ist und somit der klassischen Auftragslogik entspricht, haben die weiteren Beteiligten nicht nur Interesse an möglichst hohen kreativen Freiräumen, sondern auch noch spezielle journalistische, ästhetische oder dramaturgische Interessen. Damit ist die Entscheidung für programmintegrierte Werbung mit hohen Unsicherheiten und einem potenziellen Kontrollverlust verbunden (vgl. auch: Karrh/McKee/Pardun 2003: 146). Eine Möglichkeit, dieser Unsicherheit zu begegnen, sind sog. Kommunikationskooperationen. Letztere können als länger andauernde strategische und operative Partnerschaften zwischen Medien oder Produzenten sowie Unternehmen bzw. Agenturen der Werbewirtschaft verstanden werden. Sie umfassen alle Formen der marketing- und werbetechnischen Zusammenarbeit und können alle möglichen Werbeformen jenseits der klassischen Anzeigen und Spots inkludieren (vgl. Spitzer 1996: 27). Eine Kommunikationskooperation ermöglicht die Zusammenarbeit bereits in der Konzeptionsphase von Medieninhalten und kann so am ehesten die Kontrolle über Prozess und Ergebnis programmintegrierter Werbung gewährleisten. Sie ist jedoch auch am ehesten zu beanstanden, weil sie „lebender“ Beweis für den rechtlich nicht erlaubten konkreten Einfluss der Werbewirtschaft auf
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4.7 In den redaktionellen und inhaltlichen Kontext integrierte Werbung
redaktionelle Inhalte und Programme ist, auch wenn über die Konstellation der Beziehung versucht wird, dies zu verhindern. „Die Zusammenarbeit von Werbungtreibenden, Agenturen, Produzenten und Sendern beim gemeinsamen Entwickeln von TV-Programmen ist inzwischen weder selten noch ungewöhnlich – im Gegenteil, die Nachfrage steigt. … Alle sprechen miteinander. Nur in die Öffentlichkeit sollen diese Gespräche bitte nicht dringen, selbst wenn das Unternehmen diese Form der Markeninszenierung praktiziert. Das Thema ist heikel, haftet ihm doch noch immer der Makel des Verbotenen an, von Schleichwerbung und Unterwanderung des Programms oder von mangelnder journalistischer Kompetenz – obwohl die Spielarten mit dem Rundfunkstaatsvertrag vereinbar sind.“ (o.V. 2004a: 20f)
Da sowohl die Transfer-Modalitäten als auch die Akteure und Formen vielfältig sind, verläuft die Auftragslogik von Werbung, die in redaktionelle und inhaltliche Kontexte integriert wird, nicht analog zur der in Abbildung 23 skizzierten. U.a. fehlen die klassischen Akteure der Produktion, während sich aber zunehmend neue Akteure institutionalisieren und professionalisieren. Inwieweit diese den gesamten Werbeprozess betreuen (können), bleibt fraglich. Die Werbeagenturen verlieren in jedem Fall – also auch dann, wenn sie noch als Vermittler programmintegrierter Werbung aktiv sind – die Umsetzung der kreativen Strategie und die Produktion der Werbemittel. Die neuen Akteurskonstellationen bringen aber eine Vielfalt und Verschiedenartigkeit an Auftragslogiken mit sich bringt. U.a. können Mediaagenturen, vor allem aber die Programmproduzenten und die Medien selbst, mehr Macht und Einfluss auf den Ablaufprozess gewinnen. Gerade bei der Format-Produktion darf die Bedeutung programmintegrierter Werbung als Teil der Finanzierung und des Konzepts nicht unterschätzt werden. Abbildung 38: Beurteilung hybrider Werbung durch verschiedene Akteure Akteur
Nutzen
Æ
Interesse
Werbetreibendes Unternehmen
Nicht kalkulierbar
Æ
mittelmässig
Werbeagentur
Keinen
Æ
gering
Mediaagentur
Keinen
Æ
gering
Vermarktungsabteilung
Eindeutig
Æ
hoch
Fernsehsender
Ambivalent
Æ
Relativ hoch
Quelle: von Rimscha / Rademacher 2008: 85
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
Da die Initiative für programmintegrierte Werbung nicht ausschließlich von der Werbewirtschaft ausgeht, sondern nicht selten aktiv von den Programmproduzenten, den Medien und ihren Vermarktern ergriffen wird, können auch andere Akteure am Anfang der Auftragslogik stehen. Ihre Angebote können als einmalige Chancen dem klassischen Kommunikations-Mix hinzugefügt werden oder aber vorgeben, wie der weitere Ablauf der Werbegestaltung und -produktion aussehen wird. Daneben können zahlreiche neue Akteure ins Geschehen involviert sein. Die Kontakte können auf der persönlichen, aber auch auf der organisatorischen Ebene verlaufen und sehr direkt oder aber über viele zwischengeschaltete Intermediäre geregelt sein. Wie stark die Umsetzung der werblichen Absicht dann in der ursprünglichen journalistisch-künstlerischen Umsetzung aufgeht oder aber spezielle Abläufe verlangt, ist von Fall zu Fall verschieden. Dass aber deutsche TV-Vermarkter die Terminologie für Sonderwerbeformen harmonisiert haben, um Kunden und Agenturen das Handling jenseits des klassischen Werbeblocks zu erleichtern, zeigt, dass sich Sonderwerbeformen mittlerweile etabliert haben. Abbildung 39: Der Werbeprozess bei klassischer versus hybrider Werbung Klassische TV-Werbung
Hybride Werbung
Quelle: von Rimscha / Rademacher 2008: 77 und 85
Der nach wie vor geringe Institutionalisierungsgrad bei der in den redaktionellen und inhaltlichen Kontext integrierten Massen- und Zielgruppenwerbung zeigt sich dennoch deutlich an den mangelhaften Evaluationsmöglichkeiten. Zwar können die Reichweiten der Titel, Stories und Sendungen herangezogen werden, es fehlt jedoch eine institutionalisierte, kontinuierliche, systematische und repräsentative Rückkopplung zu Nutzung, Wirkung und Erfolg, wie sie sich für die klassische Werbung etabliert hat. Aufgrund der rechtlichen „Grauzonen-Charakteristik“ kann sie
4.7 In den redaktionellen und inhaltlichen Kontext integrierte Werbung
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auch gar nicht seriös aufgebaut werden. Damit steht rückwirkend die Entscheidung eines werbetreibenden Unternehmens für solche Werbeformen auf eher tönernen Füȕen. Insgesamt zeigt sich, dass die Struktur der Werbekommunikation immer noch durch ein höheres Maß an Unsicherheit, Unstrukturiertheit und die Steuergrößen Einfallsreichtum, Erfahrung und Intuition gekennzeichnet ist (vgl. Bente 1990: 103). 4.7.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbeformen Als Werbeträger im Feld 3.1 und 3.2 der I/P-Matrix sind die klassischen Medien im weitesten Sinne zu fassen. Sie sind es, die jene redaktionellen Inhalte überhaupt generieren und distribuieren, in die die werblichen Botschaften integriert werden. Mithin sind Zeitungen, Zeitschriften, Radio, TV und massenmediale Online-Inhalte die Werbeträger dieses Feldes. Nicht immer sind sie, wie im vorigen Kapitel gezeigt wurde, aber diejenigen, mit denen programmintegrierte Werbung ausgehandelt wird. Oft fungieren Akteure auf der vorgelagerten Produktionsstufe, wie z.B. Formatproduzenten, als Ansprechpartner. Der Zuschnitt auf spezifische Zielgruppen wird in der Regel durch die Ausrichtung der redaktionellen Kontexte bzw. Programme, in die die werblichen Botschaften eingebaut werden, erreicht. Zugleich lassen sich für programmintegrierte Werbung keine typischen Werbemittel ausmachen, denn die Einbindung in den redaktionellen Kontext bedeutet ja gerade, dass eben keine eigenen Werbemittel produziert werden. Im Folgenden wird deshalb von Werbeformen gesprochen, denn solche lassen sich sehr wohl differenzieren. Auch sind für die einzelnen Werbeträger jeweils andere Formen programmintegrierter Werbung typisch. Tendenziell integrieren z.B. Zeitungen viel stärker PR-Material als Werbung, aber auch hier finden sich redaktionell gestaltete Anzeigenseiten. Und die Formen sind wesentlich vielfältiger als dies die Diskussion um Product Placement vermuten lässt. Barbara Baerns (2004a) und Joachim Bornekamp (2004) zeigen sehr deutlich, dass programmintegrierte Werbung nicht nur eine lange Tradition hat, sondern auch mediengattungsübergreifend zu finden ist und dies trotz vielfältiger rechtlicher Regelung und berufsethischer Richtlinien. Bei Zeitschriften ist u.a. schwer zu erkennen, ob die gegebenen Verbraucherhinweise und Produkttests wirklich objektiv und ohne Werbeeinfluss konzipiert wurden. Aufbauend auf die Untersuchung von Beate Scherer (1990: 33f) zum Product Placement und ergänzt um andere Differenzierungen (vgl. u.a. Keusen 1995: 178ff; Schaar 2001: 48ff) lassen sich generell folgende Formen programmintegrierter Werbung unterscheiden:
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Werbung im Programm: u.a. Sponsorenwerbung, Placements, Moderatorenwerbung im Programmteil, redaktionell gestaltete Werbung, redaktionelle Hinweise, Patronatssendungen, Werbespiele Werbung anstelle des Programms: u.a. PR-Beiträge, Infomercials, Videoclips, Game-Shows, Home Order Television (Teleshopping).
Die aufgezählten Formen können allerdings nicht als abschließend gesehen werden. Immer wieder werden neue Formen, teilweise auch für Einzelfälle entwickelt und die aufgelisteten müssen weiter differenziert werden. So finden sich bei Placements mittlerweile Corporate Placement, Country oder Location Placement, Generic Placement, Idea Placement, Music Placement und Personality Placement. Zugleich wird beim Grad der Integration das On-Set Placement, d.h. die Verwendung von Produkten als Requisiten, vom Creative Placement, wo Produkte und Leistungen als eigene Geschichten oder Bestandteile der Handlung eingebaut werden, unterschieden. Bei der Art der Übermittlung werden Verbal und Visual sowie Virtual Placement unterschieden. Beim Verbal Placement werden Produkte und Leistungen nur genannt, beim Virtual Placement werden sie – meist digital – eingebaut.
Fallbeispiel: Product Placement I Ich sehe was, was du nicht sehen sollst „Schaulauf für den Fastfood-Riesen: "Germany's Next Top-Model" verbindet Werbung und Programm 14. Juli 2009 Wenn bei „Germany’s Next Topmodel“ der McFit-Fitnesstrainer zu Besuch kommt und die Kandidatinnen am YoguretteFotoshooting teilnehmen oder sich von den Marketingspezialisten des Handyherstellers Sony Ericsson beurteilen lassen, dann glaubt auch bloß Pro Sieben, dass das noch etwas mit dem Programm zu tun hat. Eigentlich ist Heidi Klums Modelsuche eine clevere Verlängerung der Werbezeit – und wird sich vom kommenden Jahr an noch besser vermarkten lassen. Denn dann ist vieles von dem, was sich der Sender bisher getraut hat, ohne die Vorgaben der Landesmedienanstalten allzu ernst zu nehmen, gesetzlich erlaubt….“ Quelle: Schader 2009a
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Fallbeispiel: Product Placement II Gottschalk und der schöne Stromgutschein „„Es gibt durchaus noch sinnvolle Formen, die helfen, Produktionskosten zu senken“, sagte ZDF-Intendant Markus Schächter kürzlich dem Branchendienst „epd medien“ über die Beistellungen und zeigte sich „überrascht“ von der aufgekommenen Kritik. Dabei ist die eigentlich Rechtlich nicht ganz so einfach: überfällig - denn die Produktionshilfen sind den Gottschalk wirbt mit Sendern längst zur Annehmlichkeit geworden, Stromgutscheinen für die sich auch mal die Trennung von Werbung und Programm etwas lockerer sehen lässt. Bestes Beispiel ist „Wetten, dass ...?“, wo seit Jahren getestet wird, wie weit der öffentlichrechtliche Rundfunk die Programmintegration sogenannter „Partner“ treiben kann, ohne dass sich jemand aus dem Kontrollgremium oder der Politik beschwert. Inzwischen ist klar: ziemlich weit. Der gesponsorte Wettkönig Daran, dass der Moderator Thomas Gottschalk Sendung für Sendung einen Prominenten im Audi auf die Bühne fahren lässt und den Wagen, den ein Zuschauer gewinnen kann, anschließend überschwenglich lobt, hat sich das Publikum schon gewöhnt. In der vergangenen Staffel sponserte außerdem der Stromanbieter „E - wie einfach“ die Wahl des Wettkönigs und spendierte jeweils einem Anrufer einen Stromgutschein für fünf Jahre: Dafür hielt Gottschalk jedes Mal das Logo des „Partners“ gut sichtbar in die Kamera. Ein Werbespot in der Sendung, die von rund zehn Millionen Menschen gesehen wird, würde im Vergleich dazu ein Vermögen kosten - nur dass ARD und ZDF am Abend gar nicht werben dürfen, was mit solchen Produktionshilfen jederzeit umgangen werden kann. Bloß, was der Zuschauer davon hat, müsste das ZDF mal erklären: Jahrelang hat die Wahl zum Wettkönig auch ohne Gewinnanreiz ganz gut funktioniert, sicher würde sie ohne Sponsor nicht abgeschafft, schließlich ist sie ein zentrales Element der Show.“ Quelle: Schader 2009b
Relativ neu ist dagegen die Form des Product Replacements, bei der Unternehmen dafür zahlen, dass ihre Produkte und Leistungen außen vor bleiben und z.B. in negativ besetzten Szenen nicht verwendet werden (vgl. Müller 1997: 119). Game Shows, wie z.B. „Wheel of Fortune“ (Glücksrad), werden zwar üblicherweise mit dem Hinweis „Dauerwerbesendung“ versehen, was sie rein rechtlich vor dem Verdacht der Schleichwerbung schützt. Inwiefern diese kleinen Hinweise aber tatsächlich wahrgenommen werden, ist unklar. Und da sie als reguläres Programm ausgewiesen werden, ist ihre Zuordnung zum Placement ebenso gerechtfertigt wie die des Home Order Television.
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Ähnliches gilt für weitere Formen. Denn auch redaktionell gestaltete Werbung (Advertorial, Advertainment) ist mindestens minimal gekennzeichnet, rein rechtlich also als Werbung ausgewiesen. Wenn aber werbliche Botschaften in der Aufmachung redaktionell geführter Interviews oder Beiträge erscheinen, zielen sie darauf, die Erkennbarkeit zu unterlaufen und sind deshalb zumindest als grenzwertig einzustufen. Besonders deutlich zeigt sich dies beim Narrow Casting. Hier wird Werbung in einem thematisch sehr passenden Umfeld geschaltet. Olaf Müller (1997: 100) nennt dafür als Beispiel einen in der Serie „Die Kommissarin“ eingebetteten Werbespot für Kopfschmerztabletten. Die Integration gelingt vor allem dadurch, dass die Hauptdarstellerin der Serie, gleichzeitig Testimonial in einem, die Serienhandlung imitierenden, Werbespot ist. Dabei geht die Tendenz dahin, die Wahrnehmbarkeit der Grenze zwischen Werbung und Programm von beiden Seiten – der des Programms und der der Werbung – her bis zur Unsichtbarkeit aufzulösen: „Die Mimikri der Werbung ist eine Herausforderung für kreative Köpfe. In England wurde ein Mercedes-Spot geschaltet, der wie eine Ankündigung für die neuesten Abenteuer des englischen Serienstars Benicio Del Torro aufgemacht war. Dass der fetzige Trailer mit der Flucht im Mercedes ein verkappter Spot war, wurde dem Publikum nicht mitgeteilt.“ (Diekhof 2003: 7)
Mit einigen Minuten Dauer sind Advertainments, also serienähnliche Werbespots, wesentlich länger sind als klassische Werbespots. Sie imitieren in Handlung und Dramaturgie klassische Serien, ohne eine direkte werbliche Botschaft zu enthalten. Teilweise sind die Fortsetzungen von Advertainments als Webisodes auch nur im Internet abrufbar. Die Analogie zu Advertainments in den Printmedien sind die bereits genannten Advertorials. Werbung anstelle des Programms kann auf verschiedenen Geschäftsmodellen basieren. Zum einen erhält im Bartering ein Rundfunkunternehmen die Ausstrahlungsrechte an einem von werbetreibenden Unternehmen und ihren Agenturen produzierten Beitrag gegen die Überlassung der in diesem Beitrag vorgesehenen Werbezeit. Obwohl die eigentliche Werbung also als getrennter Spot gesendet wird, haben die Beiträge selbst auch meist werblichen Charakter, z.B. durch die Verwendung von Slogans. Von Programming wird dann gesprochen, wenn die Werbewirtschaft konkreten Einfluss auf die Programmgestaltung hat. Deutlicher bezeichnet dies noch der Begriff „Advertiser Founded Programming (AFP)“. Interessant dabei ist, dass nicht nur immer mehr Unternehmen an der Stoff- und Drehbuchentwicklung von Formaten, Filmen und Serien beteiligt werden
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wollen, sondern auch immer mehr Produzenten und Medien sich bereit erklären, Unternehmen dabei zu integrieren. Dass darunter nicht nur Unternehmen sind, denen direkt werbliche Absichten unterstellt werden, zeigt das Beispiel von Olaf Müller (1997: 95f). Er illustriert das Programming gestützt auf Medienberichterstattung am Beispiel der katholischen Kirche, die angeblich Mitsprache bei Drehbuch und Planung einer entsprechenden Serie hatte. Auch im Rahmen anderer öffentlicher Anliegen kommt international das sog. „policy placement“ zum Tragen. Die rechtlichen Bedenken gegen solchen Einfluss scheinen zunehmend ins Leere zu laufen, denn programmintegrierte Werbung nimmt immer ausgefallenere Formen an, wobei die folgenden Ausführungen nur Hinweischarakter haben können. Als ein Beispiel programmintegrierter Werbung mit deutlichem Bezug zur Zielgruppe kann das folgende gelten: Der Sägenhersteller Stihl z.B. veranstaltet statt klassischer Werbung unter der mittlerweile geschützten Marke „Stihl Timbersports“ Holzfäller-Wettbewerbe und investiert den größten Teil des Werbetats in die mediale Verbreitung dieser Wettbewerbe. Über die Ausstrahlung z.B. in TV-Sportsendern werden 75 Millionen Medienkontakte pro Jahr erreicht (vgl. w&v 20/2005: 26), was dazu geführt hat, dass Stihl inzwischen eine eigene Outdoor-Kollektion unter der gleichen Marke anbietet. Ein für viele Seiten attraktives und deshalb sehr zukunftsträchtiges Feld sind die bereits erwähnten Kooperationen zwischen Werbungtreibenden, Agenturen, Produzenten und TV-Sendern und die Ergebnisse dieser Kooperationen, die Prototypen des Programming. Beispiele wie Pampers TV (vgl. o.V. 2004a: 20) zeigen allerdings, dass das die Umsetzung des Konzepts nicht so einfach ist, wie es klingt. Häufig berücksichtigt eine zu deutlich ausgeprägte parteiliche Perspektive der Werbung (vgl. Kapitel 3.2.3) die Bedürfnisse der Fernsehzuschauer zu wenig (vgl. Feldmeier 2005: 48). Programming macht aber nicht beim Fernsehen halt, sondern verlagert sich zunehmend auf andere Bereiche der Unterhaltungsbranche und verändert z.B. das bislang bereits bestehende „Bündnis“ von Musik und Werbung. Üblich ist mittlerweile, dass Pop- und Rapsänger das Lied zur Einführung eines neuen Produkts, z.B. eines PKW-Modells, komponieren und Fernsehsender diese Story aufgreifen und weitertransportieren (vgl. Richter 2005: 25). Aber auch Placements in Musikstücken selbst erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, wie das folgende Fallbeispiel zeigt. Zunehmend werden Musiker gesucht und gefunden, die Markennamen von Produkten und Unternehmen in ihre Songs einbauen. Inwieweit damit die gewünschte Wirkung erzielt wird, ist allerdings ungeklärt.
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Fallbeispiel: Placements in Musikstücken „Diese Woche in den amerikanischen Pop-Charts ganz vorn mit dabei: Dolce & Gabbana, Burberry, Fendi, Gucci, Prada, Buick, Cadillac, Chevrolet, Mercedes. In der aktuellen Nummer 1 besingt Beyoncé eine Diamantenkette von Cartier, in der Nummer 2 fantasiert der Rapper Ludacris über BHs aus dem Hause Louis Vuitton. Derselbe Ludacris plaudert auf Platz 3 zusammen mit Snoop Dogg über Holiday Inn und Hennessy (dessen Cognac auch auf Platz 6 auftaucht). Auf Platz 4, im Song Damn!, rollen Chevrolet und Cadillac herein. Erst auf Platz 5 (Here Without You) kommt aus irgendwelchen Gründen kein einziger Markenartikel vor. Des Weiteren in der Top 20: Dolce & Gabbana (Platz 11), die Luxusschuhe von Manolo Blahnik (14). Auf Platz 20 rappt Fabolous: „Relaxing in the Benz / Credit cards are no limit / So you don't worry about maxing when you spends.“ Sinngemäß: Kaufen, kaufen, kaufen! …. Und es müssen eben nicht immer Werbespots sein. Nachdem sich Busta Rhymes voriges Jahr mit der Single Pass The Courvoisier 20 Wochen lang in den US-Charts gehalten hatte, stieg der Absatz des darin besprochenen Cognacs weltweit um fast 20 Prozent. Da störte es auch nicht, dass Busta Rhymes angab, selbst lieber Hennessy zu trinken. Der französische Hersteller beteuert übrigens, den Rapper zu diesem Werbefeldzug keineswegs angestiftet zu haben.“ Quelle: von Rutenberg 2003: 55
Formen programmintegrierter Werbung finden sich aber auch in anderen Mediengattungen. So sind z.B. Placements in realen und elektronischen Spielen möglich, um besonders junge Zielgruppen zu erreichen, wobei sich auch hier bereits Anbieter etabliert haben (vgl. Holland/Ackermann 2005; http://www.massiveincorporated.com). In noch größerem Maß eröffnet interaktives Fernsehen neue Werbe-Möglichkeiten (Harms/Namuth/Derichs 2005). Und auch die Online-Kommunikation bleibt ebenfalls keine Zone ohne programmintegrierte Werbung (vgl. dazu auch: Krempl 2001): So muss z.B. das Keyword Advertising (Suchmaschinen-Marketing) als nicht oder nur schwer erkennbare und in den redaktionellen Teil integrierte Werbung eingeordnet werden. Denn dort zahlen Anbieter von Onlineseiten dafür, dass sie im Ranking auf Suchanfragen möglichst weit oben stehen. Selbst bei geringfügiger Kennzeichnung ist dies für die Nutzer nicht immer nachvollziehbar und wird als reguläres Suchergebnis behandelt. Und die Inhalte mancher Portale sind gefüllt mit nur schwer als solchen erkennbaren Infomercials und Advertorials.
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Dennoch muss festgehalten werden, dass hybride Werbung bislang immer noch eine Ergänzung zu klassischer Werbung ist und sie nicht völlig ersetzt (vgl. von Rimscha/ Rademacher u.a. 2008) 4.7.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten Für das Kapitel Werbebotschaften und -inhalte können keine umfangreichen Ausführungen gemacht werden, ist es doch gerade das primäre Spezifikum programmintegrierter Werbung, dass sie in vorhandene Inhalte mehr oder weniger intensiv eingewirkt wird oder diese imitiert. Die Werbebotschaft ist dementsprechend auch nicht offensichtlich werbend, denn das würde dem Konzept widersprechen. An die Platzierung z.B. von Placements wurde bereits sehr früh die Anforderung gestellt, dass letztere nicht aufgesetzt und übertrieben wirken oder den Handlungsablauf unterbrechen bzw. künstlich erscheinen lassen (vgl. Auer/Kalweit/Nüßler 1988: 73f). Wie sehr jedoch die werbliche Absicht tatsächlich „versteckt“ werden kann und wird, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Und ob die direkte Umsetzung einer Markenpositionierung die werbliche Absicht wirklich tarnen kann, scheint fraglich. Wichtig ist allerdings ein unter Werbeaspekten positiver Kontext. Was dabei jeweils als positiv zu werten ist, ist ebenfalls fall- und zielgruppenspezifisch. Das Beispiel Product Replacement zeigt aber, dass werbetreibende Unternehmen gerne verhindern, dass ihr Produkte oder ihre Leistungen in aggressive, gewalttätige Handlungen verstrickt werden oder gar als Instrumente von Gewaltakten oder als Auslöser von Unglücken eingesetzt werden. Welche Fluggesellschaft möchte schon, dass gerade ihre Flugzeuge filmwirksam abstürzen? Anders gelagert sind Placements in Actionszenen; denn wird das platzierte Werbeobjekt als „Retter in der Not“ inszeniert, ist der Kontext, wenn auch gewalttätig, je nach anvisiertem Zweck durchaus positiv zu werten. Umfragen dazu (vgl. Karrh/McKee/Pardun 2003) bestätigen, dass die positive Darstellung des Produkts oder der Leistung im ProgrammKontext immer noch der wichtigste Faktor für Placement-Entscheidungen ist, dicht gefolgt vom direkten Gebrauch des Produkts. Besonders typisch für die Botschaften und Inhalte der programmintegrierten Werbung ist also deren hybrider Charakter. Bereits die Begrifflichkeiten wie Advertorial (Advertisement und Editorial), Advertainment (Advertising und Entertainment) und Infomercial (Information und Commercial) belegen die Verschmelzung ursprünglich getrennter Genres und Formate. Während idealtypisch in den Printmedien eine Vermischung informativer mit werblichen Inhalten vorherrscht, mischen sich im Rundfunk werbliche gerne unter die unterhaltenden Inhalte. Der Variation sind dabei fast keine Grenzen gesetzt, wie folgendes Fallbeispiel illustriert.
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Fallbeispiel: Media-Markt als Media-Idee des Jahres 2004 prämiert „Denn Media-Markt …. bezahlte zwar alle Werbeblöcke von 143 Sendern an jenem Samstag, 8. Mai, im vergangenen Jahr voll und ganz, schenkte sie aber den Radiostationen wieder, nun ja, mit der Bitte versehen, selbst Comedy zu produzieren. ... Und so war es den Redaktionen im ganzen Land überlassen, die Texte von Comedians … dichten und aufsagen zu lassen. Damit sprengte Media-Markt also die Grenze zwischen Werbung und Redaktion. Das stieß zunächst bei der kritischen Jury des deutschen Mediapreises unangenehm auf – doch es stellte sich heraus, dass die Werbung jeweils klar gekennzeichnet war.“ Quelle: media&marketing 3/2005: 20
Die Hybridisierung konkretisiert sich in dem allgemeinen Trend, dass redaktionelle Inhalte immer werblicher werden 54 und werbliche Inhalte immer unterhaltender. Joachim Westerbarkey (2004: 203) spricht vor diesem Hintergrund zu Recht von Differenzverlust, Metamorphosen, Transformationen und Assimilationen medialer Inhalte, Formate und Frames (vgl. auch: Kapitel 1.3.2). Damit werden aber aus ehemals sich ergänzenden Medieninhalten direkte Konkurrenten um die Aufmerksamkeit des Publikums.
Fallbeispiel: Werbung als Unterhaltung „Kreativität ist es auch, was von den Werbern vermehrt verlangt wird. Agenturchef Dominique von Matt: „Zuschauen wird freiwillig, Werbung muss daher unterhaltender und überraschender werden. Die Messlatte ist nicht mehr das Werbefestival von Cannes, sondern das Filmfestival.“ Quelle: Egli 2005
4.7.4 Spezifika zur Werbewirkung Der Überblick über Wirkungsstudien zum Thema Product Placement bei Olaf Müller (1997: 164ff) zeigt, dass erste Untersuchungen dazu bereits Mitte der achtziger Jahre durchgeführt wurden, diese insgesamt aber eher sporadisch und eben gerade nicht kontinuierlich, systematisch und repräsentativ angelegt waren. Zudem zeigt sich, dass öffentlich zugängliche Studien nicht so sehr der Optimierung von programmintegrierter Werbung dienen,
54 Dazu tragen auch die vielfältigen Formen der Eigenwerbung von Medienunternehmen bei. Mit ihren Trailern, Verweisen, Logos etc. gibt sie redaktionellen Inhalten bereits einen werblichen Charakter, ohne dass Werbung für andere Objekte hinzukommen muss.
4.7 In den redaktionellen und inhaltlichen Kontext integrierte Werbung
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als vielmehr zum Beleg der Problematik dieser Werbeformen.55 Im Bereich Werbewirkung muss also – wie bei der Werbung in anderen Feldern auch – unterschieden werden zwischen dem Erreichen der Ziele programmintegrierter Werbung und den anderen Effekten, die nicht oder nur bedingt Ziel dieser Werbeformen sind. Die Bekanntmachung eines Produkts, einer Leistung oder einer Marke kann durch programmintegrierte Werbung üblicherweise nicht geleistet werden, vielmehr scheint die Bekanntheit des beworbenen Objekts bzw. seiner Marke für den Erfolg programmintegrierter Werbung zwingende Voraussetzung zu sein. Zur Analyse und Erklärung kann eine Vielfalt von Ansätzen, Modellen und Theorien in Frage kommen, wie bereits Klaus Bente (1990: 136ff) in einer umfangreiche Darstellung belegt und wie in Kapitel 4.4.4 kurz skizziert wurde. Die Forschung dazu steckt jedoch immer noch in den Kinderschuhen (vgl. Mandese 2004; Russell/Belch 2005: 83), wiewohl sich die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in jüngster Zeit vermehrt mit diesem Thema befasst. In der Werbewirkungsforschung zur programmintegrierten Werbung spielte lange die Erkennbarkeit eine wichtige Rolle. Hier konnten z.B. Barbara Baerns und Ulrich Lamm bereits 1987 nachweisen, dass sowohl regelmäßige Leser als auch zufällige Testpersonen überwiegend als redaktionell gestaltete Anzeigen nicht als solche erkannt haben. Dagegen zeigen neuere Studien, dass die Befragten zu über 90% erkannten, dass es sich bei den Advertorials um bezahlte Einschaltungen handelte (vgl. BurkartKratky/Stalzer 2004: 159). Jens Woelke (2004b: 190) hält dagegen fest, dass die Erkennbarkeit von redaktionellen und werblichen Inhalten maßgeblich vom Format des redaktionellen Angebots abhängt. Bei programmintegrierter Werbung in Nachrichtensendungen wird wesentlich klarer unterschieden als bei solcher in Unterhaltungssendungen. Bei der Produktpräsentation in einer Fernsehserie wurde keine Unterscheidung gemacht. Andere Untersuchungen (vgl. für einen Überblick: Karrh 1998; Karrh/McKee/Pardun 2003) bestätigen dies insoweit als sie feststellen, dass die Art des Programms Einfluss auf die Wirkungen von Product Placement hat und zwar sowohl bezüglich der Beurteilung als auch der Empathie. Auch die Art der Übermittlung von Placements und die Integration in die Handlung beeinflussen die Werbewirkung. Jedoch ist die Erkennbarkeit des Produkts oder der Marke keine Voraussetzung für die Wirkung des Product Placements. Als primäres Ziel programmintegrierter Werbung muss die Umgehung von Werbevermeidung angesehen werden. Hier kann noch auf systematische und
55 Dabei ist berechtigterweise zu vermuten, dass es sehr wohl Studien zur Optimierung programmintegrierter Werbung gibt, deren Ergebnisse nicht öffentlich zugänglich sind.
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institutionalisierte Reichweitenforschung zurückgegriffen werden. Dort können auch Hinweise zu Zielgruppenaffinität und Streuverlusten gewonnen werden. Ob jedoch programmintegrierte Werbung stärker beachtet wird als klassische Werbung kann berechtigt bezweifelt werden. „Die auf den ersten Blick plausible Annahme, Werbung würde stärker beachtet, wenn sie sich als Redaktionelles gibt, hält dem empirisch Ermittelten nicht eindeutig stand.“ (Baerns/Lamm 1987: 158)
Seit dieser Aussage ist jedoch einige Zeit vergangen, in der sich die Gestaltungs- und Platzierungsmöglichkeiten programmintegrierter Werbung vervielfacht haben. Im Gegenstaz zur Annahme von Baerns und Lamm stellen Roland Burkart, Martin Kratky und Lieselotte Stalzer (2004: 158f) gestützt auf Diplomarbeits-Ergebnisse zum einen fest, dass Advertorials weniger häufig beachtet werden als klassische Werbung: ca. 70% der Testpersonen hatten keines der Advertorials weder ganz noch teilweise gelesen. Zum anderen konstatieren sie, dass hohes Produktinteresse die Wahrnehmung generell erhöht und zwar sowohl bei klassischer Werbung als auch bei Advertorials. Auch Jens Woelke (2004a: 149ff) kommt nach Durchsicht verschiedener Studien zum Ergebnis, dass tendenziell Werbespots mehr Aufmerksamkeit erzeugen als redaktionell integrierte Werbung und dass ggfs. sogar die Werbehinweislogos als Differenz-Stimuli diesbezüglich positive Effekte haben können. Das zweite wichtige Ziel programmintegrierter Werbung ist der Imagetransfer. Das positive Image eines redaktionellen Kontextes und der darin agierenden Personen – in der Literatur wird auch konkretisierend von positiven Einstellungen zum redaktionellen Inhalt gesprochen – soll sich auf das beworbene Objekt, das Produkt, die Leistung, Marke oder das Unternehmen übertragen. Nachweisen lässt sich ein solcher Effekt u.a. bei beim Einsatz von Marken in Rap-Videos. Dort kann das Image des Stars einen positiven oder – bei ungeliebten Stars – einen negativen Einfluss auf die Einstellung zur Marke haben (vgl. Schemer/Matthes/Wirth/Textor 2008). In diesem Zusammenhang soll die Glaubwürdigkeit redaktioneller Inhalte auch die werblichen Informationen glaubwürdig erscheinen lassen. Dabei spielen aber auch die generelle Einstellung zur Werbung und die spezifische Einstellung zu Advertorials eine Rolle. Es gibt Hinweise, dass eine generell eher kritische Einstellung zur Werbung einen Glaubwürdigkeitstransfer erschwert. Jedoch gibt es Erkenntnisse, die im Sinne eines Mere-Exposure-Effekts, zeigen, dass sich die Einstellung gegenüber der platzierten Marke verbessert, obwohl sich die Probanden gar nicht an die Platzierung erinnern konnten.
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Voraussetzungen dafür sind jedoch ein hohes Involvement in den redaktionellen Inhalt und geringes Persuasionswissen. Im gegenteiligen Fall (geringes Involvement in den redaktionellen Inhalt und hohes Persuasionswissen) führen regelmässige Placements aber zu einer Verschlechterung der Einstellung gegenüber der Marke (vgl. Matthes/Schemer/Wirth 2007; Schemer /Matthes/Wirth 2007). Die Einstellung zu Advertorials wiederum kann mit soziodemografischen Kriterien wie Alter und Bildung in Zusammenhang stehen, die Ergebnisse bleiben aber insgesamt diffus und ambivalent (vgl. Burkart/Kratky/Stalzer 2004: 159ff). Auch finden sich gegenteilige Effekte, nämlich, dass sich programmintegrierte Werbung, z.B. in Form unterhaltender Anmoderation, negativ auf die Glaubwürdigkeit des Moderators auswirkt. Hier zeigt sich pointiert, dass Details in der programmintegrierten Werbung von Bedeutung sind, weil eine weniger unterhaltende Anmoderation vom Publikum positiver beurteilt wird (vgl. z.B. Schultheiss/Jenzowsky 2000). Die Ambivalenz der Wirkung programmintegrierter Werbung wird bei der Durchsicht der wenigen empirischen Studien zu Game Shows bestätigt. 56 Einmal werden bei der Show „Der Preis ist heiß“ keine Unterschiede in der Erinnerungsleistung zwischen Präsentation in der Sendung und Werbespot gefunden, ein andermal dreht sich das Bild bei „Geh aufs Ganze“ ins genaue Gegenteil. Auch andere meist auf Placements bezogene Studien können zwar für die jeweiligen Fälle klare Ergebnisse präsentieren, lassen aber insgesamt keine eindeutigen Aussagen über die Wiedererkennung und Erinnerung zu (vgl. zur Übersicht: Woelke 2004a: 147). 57 Der Imagetransfer kann darüber hinaus auch die entgegengesetzte Richtung annehmen, nämlich vom integrierten Objekt auf den redaktionellen Kontext. In einem solchen Fall ist zu vermuten, dass es sich dann um ein gelungenes Beispiel programmintegrierter Werbung handelt. Denn erstens bleibt die werbliche Absicht unbemerkt und zweitens ist die Richtung des Imagetransfers wechselseitig:
56 Auch die Übersicht von Klaus Bente (1990: 233f) zu den wenigen Studien zum Product Placement konnte 1990 zu keinen eindeutigen Befunden gelangen, betont aber die Intensität der Produktplatzierung als Wirkungsfaktor. 57 Vgl. für aktuelle Ergebnisse: Beiträge u.a. in den Fachzeitschriften Journal of Current Issues and Research in Advertising, Journal of Advertising, Journal of Marketing Communications, Journal of Consumer Research. Die meisten Beiträge befassen sich jedoch explizit mit Product Placement und weniger mit anderen Formen programmintegrierter Werbung.
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„Zum eingefügten Apple-Computer äußerten Befragte nicht etwa eine Werbevermutung, sondern schlussfolgerten, dass die Produzenten mit der Integration den Eindruck eines modernen, extraschicken und trendigen Büros erzeugen wollen.“ (Woelke 2004a: 262, Fussnote 95; Hervorhebung im Original)
Untersuchungen darüber, ob die Glaubwürdigkeit des redaktionellen Inhalts durch Product Placement leidet, zeigen aber ein differenzierteres Bild. Erstens steigt mit steigender Zahl von Placements deren Erkennbarkeit, zweitens wird dies nicht als störend wahrgenommen solange das Involvement in den Inhalt gross genug ist und drittens werden Glaubwürdigkeit und Bewertung des redaktionellen Inhalts davon nicht beeinflusst (vgl. Wirth u.a. 2009). Der Bedarf der involvierten Akteure nach verlässlichen Evaluationsmöglichkeiten für programmintegrierte Werbung ist groß und zieht entsprechende Forschungsbemühungen nach sich. Dabei sehen Praktiker nach wie vor in erster Linie die gestützten und ungestützen Erinnerungswerte als Messgrößen zur Wirkungsevaluation (vgl. Karrh/McKee/Pardun 2003: 145). Aber die Forschungsbemühungen dazu intensivieren sich.
Fallbeispiel: Evaluierung von Product Placement „New York (pte/19.11.2004/13:05) - Die US-Agentur Deutsch http://www.deutschinc. com, eine Tochter der Interpublic Group, hat ein Evaluierungsverfahren für Product Placement entwickelt. Ziel ist eine Beurteilung des Impacts und des materiellen Wertes von Product Placement im Vergleich zum traditionellen TV-Werbespot. Zu diesem Zweck wurde das Tochterunternehmen Media Bridge Entertainment gegründet, berichtet das Wall Street Journal (WSJ) heute, Freitag. … Das 52-stufige Bewertungsverfahren wurde gemeinsam mit dem Evaluierungsunternehmen iTVX http://www.itvx.com entwickelt. Es bewertet die Art und Weise des Product Placement: Wird das Produkt nur verbal erwähnt oder ist es auch zu sehen? Wie prominent ist das Produkt platziert? Wird das Produkt von einem Schauspieler benützt oder scheint es nur im Hintergrund auf? Aus diesen und anderen Kriterien wird eine Relation zu einem TV-Spot des Produkts berechnet. Eine Bewertung von 10,8 der Platzierung eines Procter & Gamble-Produkts in der Reality-Show "The Apprentice" auf NBC bedeutet demnach, dass das Product Placement den Wert von 10,8 TV-Werbespots hat. … Der Versuch der Bemessung des Geldwertes von Product Placement wird in den USA immer wichtiger, weil dort immer mehr Werber aus den Werbeblöcken ins Programm wollen. Allerdings ist der Impact nur schwer zu messen. Die Kunden wollen aber eine Evaluierung ihrer Werbeinvestitionen in Kategorien wie größere Marktanteile und erhöhter Bekanntheitsgrad des Produkts. Der Schritt von Deutsch ist ein Versuch in diese Richtung.“ Quelle: Schotzger 2004
4.8 Kontext-integrierte personalisierte Werbung sowie Mitmach-Werbung
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4.8 Kontext-integrierte personalisierte Werbung sowie Mitmach-Werbung In der ersten Auflage dieses Lehrbuchs war das Feld 3.3 weitgehend leer geblieben. Zwar haben wir einige Beispiele genannt, die Entwicklung in diesem Feld aber lediglich in Form dieser These (5.2.6) thematisiert: „Mit redaktionellem und inhaltlichem Kontext integrativ verbundene persönliche Werbung wird sich langsam, aber stetig entwickeln“. Mittlerweile gibt es nicht nur Hinweise darauf, dass Werbeformate in diesem Feld möglich sind, sondern auch solche, die zeigen, dass der Trend wesentlich stärker hin zur Partizipation von Rezipienten und Konsumenten geht. Diesen Beobachtungen folgend sprechen wir hier einerseits von personalisierter und in den redaktionellen Kontext integrierter Werbung und andererseits von Mitmach-Werbung, die sich in unterschiedlichsten Facetten zeigt, die u.a. unter den Bezeichnungen „Word-of-Mouth“ und „virales Marketing“ diskutiert werden. Personalisierte und in den redaktionellen Kontext integrierte Werbung würde in ihrer extremsten Form dergestalt aussehen, dass sich in Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, Büchern, TV- oder Hörfunksendungen spezifische, an den Präferenzen der Zielperson orientierte Placements finden. Dies würde bedeuten, dass im Fall des Rezipienten A z.B. James Bond einen Aston Martin fährt und mit einem NOKIA-Communicator kommuniziert, während er im Fall der Rezipientin B im offenen Maserati-Spider vorfährt und mit einem Samsung Omnia telefoniert. Das fiktive Beispiel zeigt, dass personalisierte und in den redaktionellen Kontext integrierte Werbung voraussetzt, dass bei jedem Kauf einer Zeitung oder jeder Rezeption einer TV-Sendung der Käufer/Rezipient namentlich bekannt und in seinen Konsum- und Markenpräferenzen profiliert sein muss und zudem dieses Profil den Werbetreibenden auch zugänglich sein muss. Daher ist es wenig wahrscheinlich, dass diese Werbeformen kurz- und mittelfristig in klassischen Massenmedien zu finden sein werden. Auch wenn die Einführung biometrischer Daten in Ausweisen dokumentiert, dass die Erkennung einzelner Personen technisch machbar ist, so lassen doch offene datenschutzrechtliche und Wirtschaftlichkeitsfragen vermuten, dass vor der Realisierung dieser Form hochpersonalisierter Werbung noch einige Akzeptanz- und Kostenhürden stehen.
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Ein völlig anderes Bild ergibt sich im Online-Bereich. Hier stehen verschiedenen Werbetreibenden freiwillig erstellte und oft öffentlich verfügbare Userprofile ebenso zur Verfügung wie wirtschaftlich rechenbare Möglichkeiten zur schnellen und einfachen Weiterverbreitung von Werbeinhalten durch die Nutzer, zur Individualisierung von Inhalten und zur Integration der Rezipienten als Produzenten werblicher wie auch redaktioneller Inhalte. Weil virales Marketing und Online Word-of-Mouth zudem als vermeintlich kostengünstig gelten, wird von diesen Möglichkeiten zwischenzeitlich rege Gebrauch gemacht. Die Onlineform der Mund-zu-Mund-Propaganda findet in einer noch recht klassischen Form in Chats, Blogs oder Foren statt, nämlich dann, wenn Nutzer ihre Erfahrungen mit Produkten bzw. Leistungen an andere Nutzer weitergeben. Ihre besondere Bedeutung folgt u.a. aus der höheren Glaubwürdigkeit interpersoneller gegenüber massenmedialer Kommunikation. Während aber die Weiterempfehlung durch Meinungsführer und Prominente von der Werbewirtschaft aktiv genutzt wird (z.B. in der Werbung mit prominenten Testimonials), ist Word-of-Mouth zu wesentlichen Teilen unabhängig von den Aktivitäten der Werbewirtschaft und kann folglich nur bedingt kontrolliert werden. Subtile Platzierungen werblicher Aussagen in den Microblogging-Accounts von Prominenten (Twitter) lassen allerdings erahnen, dass die bezahlte Werbung auch diesen Kommunikationsbereich erobert hat (vgl. Simon/Bernhardt 2008). Deutlich erkennbar ist dies bei Werbeformaten wie Weiterempfehlungsoder „Tell-a-Friend“-Buttons auf Websites. Sie sind Beispiele dafür, dass Unternehmen Word-of-Mouth aktiv bewirtschaften, mithin virales Marketing betreiben. Wie vielfältig sich dieser Bereich heute zeigt, soll anhand der folgenden Beispiele verdeutlicht werden:
Fallbeispiel: Virales Marketing Geradezu ein Prototyp für virales Marketing ist ein alle Rekorde brechender Spot der Mineralwasser-Marke Evian: Veröffentlicht auf YouTube.com generierte er in kurzer Zeit 14 Millionen Klicks – Grund genug, dass Branchenmedien wie die w&v auf ihren Onlineseiten den Spot mit direkter Abspielmöglichkeit vorstellten und in Twitter-Nachrichten darauf verwiesen.
Quelle: www.twitter.com, Follower-Tweet vom 17. Juli 2009 Der dort angegebene Link führt direkt zur entsprechenden Seite auf wuv.de (nächste Abbildung). Auch diese Seite lässt sich mit einem einfachen
4.8 Kontext-integrierte personalisierte Werbung sowie Mitmach-Werbung
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Mausklick auf die Taste „Versenden“ und der Eingabe einiger Daten beliebig oft weiterverschicken und sorgt damit für eine weitere epidemische Verbreitung.
Quelle: http://www.wuv.de/nachrichten/unternehmen/evian_gewinnt_mit_ viraler_werbung, Aufruf am 27.07.2009
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Auch wenn sich das Beispiel noch an ein breites Zielpublikum richtet – und hier deshalb aufgeführt ist, weil es virale Werbung exemplarisch wie kaum ein zweites darstellt – zeigt es doch, dass bereits diese Form viraler Werbung aktives Engagement seitens der Rezipienten voraussetzt. Anders als bei TVSpots, die außer dem Hinsehen und Wahrnehmen keine weiteren Aktivitäten der Zielpersonen erfordern, muss ein viraler Spot aktiv ausgesucht und angeklickt werden. Ausschlaggebendes Kriterium für virales Marketing ist dann das exponentielle, nahezu epidemische Wachstum der Verbreitung einer Werbebotschaft.
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Virales Marketing “…any strategy that encourages individuals to pass on a marketing message to others, creating the potential for exponential growth in the message's exposure and influence. Like viruses, such strategies take advantage of rapid multiplication to explode the message to thousands, to millions.” (Wilson 2000; zu ähnlichen Definitionen siehe Bauer/Martin/Albrecht 2008: 65).
Wilson (2000) verweist auf sechs Elemente, die virales Marketing auszeichnen, wobei nicht alle Elemente immer zwingend gegeben sein müssen: “An effective viral marketing strategy: x Gives away products or services x Provides for effortless transfer to others x Scales easily from small to very large x Exploits common motivations and behaviors x Utilizes existing communication networks x Takes advantage of others' resources” Noch mehr Engagement verlangt die so genannte Mitmach-Werbung den Rezipienten ab: Immer mehr Werbetreibende fordern die Umworbenen auf, Fotos, Videos, eigene Texte oder aber komplette eigenerstellte redaktionelle Inhalte zur Weiterverwendung durch den Werbetreibenden und meist unter Übertragung aller Rechte an diesen zu senden. Zwar hat es ähnliche Aktionen vor allem in Form von Special-Interest-Gewinnspielen bereits auch in offline-Zeiten und -Medien gegeben, doch macht die einfache, direkte und Echtzeit-Verarbeitung im Web 2.0 in weit größerem Maße Werbe-Rezipienten zu (kostengünstigen) Inhalte-Produzenten.
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Fallbeispiel: Mitmach-Werbung „Pepsi I can be a star“ Unter dem Slogan „DU AUF JEDER PEPSI FLASCHE“ startete Pepsi Schweiz am 13. Juli 2009 eine integrierte Mitmach-Kampagne: Passanten wurden in relevanten analogen und digitalen Medien und in persönlichen Gesprächen in der Partyszene der Schweiz aufgefordert, ein eigenes Foto und ein pfiffiges I CAN …-Statement im Internet hoch zu laden. Wer kein Foto hatte, konnte bei sog. Pepsi-Razzis Hilfe beanspruchen. Alle Beiträge wurden in einer Internet-Galerie zum Voting durch andere User veröffentlicht. Bilder und Statements der 48 Meistgevoteten sollten dann auf PepsiFlaschen, in der Gratiszeitung sowie einer privaten Fernsehshow erscheinen (Dies konnte jedoch nicht überprüft werden).
Quelle: www.pepsi.ch/ch, Aufruf am 25. Juli 2009
Noch einen Schritt weiter geht die Aktion „Voxtours sucht Reporter“ des TV-Senders Vox: Wer sich mit Beiträgen zum entsprechenden Reisegebiet qualifiziert, wird als Voxtours-Reporter eben dort hin geschickt, um einen Beitrag für das Reisemagazin zu verfassen. Sämtliche Beiträge der Qualifizierungsrunde werden zudem als redaktionelle Inhalte in die dazu entwickelte Internetseite, z.B. www.suedafrika-reporter.de, integriert.
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4 Besonderheiten der Werbung für die idealtypischen Felder der I/P-Matrix
Fallbeispiel: Mitmach-Werbung „Voxtours sucht Reporter“
Quelle: http://www.vox.de/Voxtours_10285.php?artikel=82628, Aufruf am 25. Juli 2009 (Hervorhebung im weißen Kasten durch d. Verfasser)
4.8.1 Spezifika zur Struktur der Werbekommunikation Für die Struktur der Werbekommunikation haben die eben beschriebenen Werbeformen zweierlei grundsätzliche Implikationen: Zum einen kommen die Akteurskonstellationen in einen Zustand mehr oder weniger permanenten Seitenwechsels – wer eben noch Rezipient der Werbung war, wird durch den Druck auf den „Tell-a-Friend“-Button zum Distributeur. Wer sich am Fotowettbewerb eines Kameraherstellers auf der Website einer Foto-Community beteiligt, wird vom Umworbenen zum Produzenten, der oftmals seinen gesamten Freundeskreis mit der Bitte, für seine Inhalte zu voten, der Werbung des Kameraherstellers zuführt. Der Kommunikationsprozess ändert sich dann, denn letztlich tritt die Beziehung zwischen werbetreibender Organisa-
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tion und Umworbenen in den Hintergrund, während die Rezipienten selbst zu Kommunikatoren werden und damit die Beziehung zwischen den Werbekunden untereinander in den Vordergrund rückt. Zum anderen besteht bei Werbeformaten im Internet grundsätzlich die Gefahr, dass die Werbetreibenden die Kontrolle über den sich nach der ersten Implementierung verselbstständigenden Werbeprozess und seine kommunikativen Wirkungen verlieren, wenn an die Stelle jenes Akteurs, der ursprünglich für die Werbung verantwortlich war, andere (individuelle) Akteure treten und damit ihrerseits zu Absendern werden. Dies hat Folgen für den Fall, dass auf die Werbung in irgendeiner Weise direkt reagiert wird. Im positiven Sinn werden Personen zu Markenbotschaftern und machen das Werbeanliegen so glaubwürdiger. Im negativen Sinn, d.h. wenn die Werbung auf Nicht-Akzeptanz oder Missfallen stößt, werden Beschwerden an die Person und nicht an das werbetreibende Unternehmen oder die Werbeagentur gerichtet. Insgesamt kann sich die virale Verbreitung eines Werbemittels aber schnell der Kontrolle und Steuerung durch die Werbewirtschaft entziehen. Aus deren Sicht muss deshalb große Sorge dafür getragen werden, dass die Werbebotschaft – auch wenn sie sich verselbstständigen sollte – mit dem zu bewerbenden Produkt bzw. der Leistung, mit der Marke oder dem Unternehmen verbunden wird bzw. bleibt. Andernfalls wird der ökonomische Zweck der Werbung nicht erfüllt. Alle Interaktivitätsoptionen setzen darüber hinaus voraus, dass zum einen vorab die Aktivitätsbereitschaft potenzieller Nutzer geklärt wird und zum anderen derartige Modifikationen mit der werblichen Aussage kompatibel sind. Letzeres erscheint auch deshalb relevant, weil zu viele Änderungsmöglichkeiten durch die Nutzer Raum dafür bieten, dass eine Werbeaussage bzw. eine Werbekampagne schnell eine andere Konnotation erlangen kann. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass Kontrolle und Richtung der Kommunikation, mithin die Machtverteilung zwischen Sender und Empfänger zwar nicht gleichberechtigt, aber doch wenigstens offener sind (vgl. Quiring/Schweiger 2006: 17). Zudem muss die Organisation hinter der Werbebotschaft bzw. der Werbekampagne auf Interaktivität eingestellt sein, d.h. Anfragen auf dem Responsekanal (auf den meisten Homepages der Button „Kontakt“) müssen auch zunächst einmal überhaupt beantwortet werden – bereits hier scheitern vor allem kleinere Werbetreibende bzw. deren Agenturen. Zudem müssen die Reaktionszeiten für Antworten oder gar Bestellungen entsprechend kurz ausfallen, um keine negativen Reaktionen der Nutzer hervorzurufen. Für viele Unternehmen ergeben sich daraus oft eine komplette Veränderung der Ablaufprozesse sowie zusätzliche Aufwändungen für die Motivation der
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Mitarbeitenden, weil Änderungen in Unternehmensprozessen nicht nur strukturell, sondern vor allem in den Köpfen von Führungskräften und Mitarbeitenden verankert werden müssen. 4.8.2 Spezifika zu Werbeträgern und Werbemitteln Die eben genannten Werbeformen mögen zwar extrem personalisiert sein, doch könnten sie auch frei von redaktionellem Kontext funktionieren. Aber es zeichnen sich parallele Entwicklungen auch in jenem Bereich ab, der die vollständige Integration der werblichen Kommunikation in den redaktionellen Kontext mit der Personalisierung dieser Werbung auf einzelne Rezipienten bzw. Konsumenten kombiniert. Eher futuristisch mag die Projektion erscheinen, Möglichkeiten zur Media-On-Demand-Produktion mit personalisierter programmintegrierter Werbung zu koppeln und Bestseller-Romane oder Filme mit Requisiten auszustatten, deren Marken von den Rezipienten selbst bestimmt werden, wie eingangs des Kapitels angedacht. Analog zur Sprachauswahl vor der Wiedergabe einer DVD/BluerayDisc könnten dann Filmrezipienten aber auch Buchleser ihre Markenwünsche für Autos, Bekleidung, Haushalt, Werkzeuge, Dienstleister oder Handelshäuser festlegen, bevor der Film in entsprechender Ausstattung startet oder das Buch entsprechend gedruckt, zum Download bereitgestellt oder im elektronischen Buchlesegerät bereitgestellt wird. Bereits realisiert ist diese Art programmintegrierter Werbung in einem individualisierten redaktionellen Umfeld bei vielen PC- oder Videospielen. Im sogenannten In-Game-Advertising müssen die Spieler zu Beginn Identitäten und oftmals Ausstattungen und Umgebungen bestimmen. Ein virtuelles Fußballspiel, bei dem der Spieler vor dem Start zwingend wählen muss, welche Marken auf Stadion-Banden, Spieler-Trikots und anderen Flächen gezeigt werden sollen, erscheint vor diesem Hintergrund nicht mehr utopisch, zumal solche Spiele vermehrt von Werbetreibenden selbst herausgebracht und – meist via Internet – vertrieben werden.
Fallbeispiel: Placements in elektronischen Spielen „ Zu den fünf am höchsten bewerteten Möglichkeiten für Platzierungen in elektronischen Spielen gehören sowohl Elemente innerhalb der Unterhaltungssoftware, wie die Spielhandlung, filmische Sequenzen und der Bonusbereich als auch Elemente außerhalb, wie Poster und Booklets.“ Quelle: Holland / Ackermann 2005
Ein weiteres Feld personalisierter und in redaktionellen Kontext eingebundene Werbung tut sich im Bereich des Mobile Marketing und des
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Location Based Marketing auf: Applikationen für Smartphones erkennen, wo sich der Rezipient befindet, und senden daraufhin entweder selbstständig oder nach Aufruf durch den Nutzer auf dessen Mobil-Endgerät Werbung, Trailer oder Leseproben, die dessen sonstigen Konsumgewohnheiten, Marken- und Einkaufsstättenpräferenzen entsprechen. Mit Kaufda.de und MyProspekt.de stehen bereits heute Applikationen – so genannte apps – im Einsatz, die persönliche Präferenzen und lokalen Aufenthalt des Nutzers koppeln, um standortgenaue und individualisierte Werbung an den User zu bringen (wenn auch meist mit wenig Bezügen zu redaktionellen Inhalten).
Fallbeispiel: Location based Marketing via Smartphone „… Im Metro Group Future Store erproben das Handelsunternehmen und seine Vertriebsmarke real,- neueste Technologien sowie innovative Konzepte für das Einkaufen von morgen. Als Gold-Partner der Metro Group Future Store Initiative testet die Ströer Gruppe, Deutschlands Marktführer für Außenwerbung, neue Werbekonzepte für den Handel. Kunden sollen schneller, aufmerksamkeitsstärker und zielgenauer im Umfeld eines Einkaufszentrums angesprochen werden… Fünf verglaste City-Light-Poster (CLP) mit Hintergrundbeleuchtung bieten Bluetooth-Schnittstellen. Dieser drahtlose Datenübertragungsweg ermöglicht interaktive Werbung im Umfeld des Verkaufsraums. Digitale Dateien und Inhalte wie Videoclips, Klingeltöne, Podcasts, Gewinnspiele oder Coupons lassen sich vom Werbeträger an mobile Endgeräte senden. Das Angebot schafft Anreize, den Verkaufsraum aufzusuchen. Der Verbraucher setzt sich so mit den Botschaften intensiver auseinander. Die Unternehmen und Markenartikler profitieren ebenfalls, indem sie durch die intensivere Ansprache die Wirkung ihrer Kampagnen steigern.“ Quelle: http://www.stroeer.de/Aktuelles-aus-Deutschland.in-53879Euskirchen.2145.0.html?news_id=3095, Aufruf am 01.06.2008“
Voraussetzungen für solche Werbeformen sind Interaktivität und Personalisierung der Werbemittel und ihrer Botschaften auf Basis profilierter Nutzerdaten. Damit wird die Nutzung aber insgesamt komplexer und erfordert bzw. ermöglicht mehr Aktivität des Nutzers als z.B. Print- oder Rundfunk-Werbung; entsprechend unterscheiden sich Push- und PullStrategien in der Werbung. Der Nutzer kann – entweder in persönlicher Einzelentscheidung oder durch automatisierten Eingriff entsprechender technischer Systeme wie z.B. Blockern – der Werbung deutlich wirksamer ausweichen, womit Push-Strategien einer besonderen Erlaubnis bedürfen (vgl. Kapitel 4.3). Bei Pull-Werbung muss der Nutzer dagegen selbst aktiv die Werbung nachfragen, was wiederum besondere Anforderungen an deren Gestaltung stellt.
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Interaktivität erlaubt aber auch ein weit schnelleres und effektiveres Reagieren auf Nutzerreaktionen, so kann z.B. die Präsentationsform laufend aktualisiert werden. Wird ein Pop-Up-Blocker vom Ad-Server erkannt, kann ein anderes Werbeformat eingeblendet werden. Werden mehrere Plattformen für eine Werbekampagne eingeschaltet, dann können über den Nutzerresponse automatisch diejenigen Plattformen häufiger belegt werden, die ein gutes Ergebnis im Sinne der Zieldefinition liefern (vgl. Lammenett 2006: 124ff.).
Fallbeispiel: Wii-no-Ma verspricht effektivere Werbung „Wenn ein Nutzer mit dem Betrachten eines Videos auf „Wii-no-Ma“ fertig sei, werde er jedes Mal automatisch in einen „Company's Room" weitergeleitet, der im Wesentlichen eine Werbeplattform für Sponsorunternehmen darstellt. Dort könnten Werbetreibende ihre Spots schalten und die User nach ihrer persönlichen Meinung befragen, um künftige Kampagnen zu optimieren. Zu Inhalten von „Wii-no-Ma“ für Europa gebe es derzeit aber noch keine genaueren Informationen..“ Quelle: http://www.absatzwirtschaft.de/Content/printpage.aspx?_p= 1003213&_t=ftprint&_b=68052, Aufruf am 25.06.2009
Die neue Qualität der Personalisierung basiert auf der Bereitstellung neuer Datenbank- und Content-Management-Systeme. Sie erlauben es nicht nur in der Anrede, sondern auch in der Gestaltung und den beworbenen Angeboten nach den aus dem Profil der Nutzer abgeleiteten Präferenzen zu personalisieren. „It’s not just enough to personalize the subject and remember their name, but to place context in the body and to ensure both creative and interface are appropriate for the individual.” (Scott 2008b).
Da jedoch wirklich personalisierte Werbung sehr aufwändig zu produzieren ist, sind die Resultate immer noch meist nur Versatzstücke aus der Datenbank. Deren Kombination kann mehr oder weniger passgenau sein, wie Fallbeispiele zu Personalisierungsfehlern zeigen (vgl. Kapitel 4.3.2). Dennoch finden sich mittlerweile unter dem Begriff „Social Nudging“ personalisierte virale Videobotschaften, die erstaunlich glaubwürdig wirken. Diese oft in der politischen Werbung eingesetzten Botschaften fordern z.B. zur Teilnahme an Wahlen oder Abstimmungen auf, indem sie Einzelpersonen auf teilweise sehr drastische Art per Namen ansprechen (vgl. Beispiel aus dem Präsidentschaftswahlkampf 2008 von Barack Obama: http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/619676).
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Eine weitere Form der Werbekommunikation im Bereich der personalisierten kontextintegrierten Werbung sind virtuelle soziale Netzwerke, wie Facebook, StudiVZ, stayfriends oder XING und Internet communities, wie z.B. foto-community oder diverse brand communities, denen verschiedene Autoren eine besondere Bedeutung zuschreiben (vgl. auch McAlexander /Schouten/Koenig 2002).
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Brand Community „A brand community is a specialized, non-geographically bound community, based on a structured set of social relationships among admirers of a brand. It is specialized because at its center is a branded good or service. Like other communities, it is marked by a shared consciousness, rituals and traditions, and a sense of moral responsibility. Each of these qualities is, however, situated within a commercial and mass-mediated ethos, and has its own particular expression. Brand communities are participants in the brand’s larger social construction and play a vital role in the brand’s ultimate legacy.” (Muniz/O’Guinn 2001: 412).
Stefan Berge und Arne Buesching (2008: 25ff.) grenzen Communities aufgrund der genutzten Funktionsbausteine von anderen Web 2.0-Angeboten mit User-Generated Content, wie Entertainment (z.B. YouTube) und Informationsangeboten (z.B. Wikipedia) ab und stellen deutlich fest, dass Communities die Websites mit den meisten Aufrufen betrieben. Wesentlich für Communities sind Kommunikation, Information und Beziehungen – allesamt für Werbung, besonders für Markenwerbung, relevante Kategorien. Werbung ist denn auch eine wesentliche Finanzierungsquelle von Communities, deren Wert mit dem Anteil der Nutzer mit bekannter und validierter Identität steigt, da er zum einen personalisierte Werbung in wirtschaftlich sinnvoller Weise zulässt und zum anderen auf eine hohe Nutzertreue verweist. Werbeschaltungen werden meist nach den Abrechnungsarten Cost-per-Thousand/Million, Cost-per-Click oder Cost-per-Order vergütet (vgl. Berge/Buesching 2008: 30f.). Zugleich werden Communities als Instrumente zur Beeinflussung von Empfehlungen aktiv bewirtschaftet (vgl. Bauer/Marin/Albrecht 2008: 61).
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4.8.3 Spezifika zu Werbebotschaften und -inhalten Alles in allem zeigt sich also, dass eine kontext-integrierte personalisierte Werbung in nicht allzuferner Zukunft technisch machbar wäre und bereits heute in ersten Ansätzen Realität ist. Mitmach-Werbung zeigt sich bereits heute in vielfältigen Formen und mit immer stärkerem Aufkommen. Ob und wie schnell sich solche hochpersonalisierten Hybridformen tatsächlich technisch umsetzen und wirtschaftlich einsetzen lassen, ist allerdings nicht nur von der Entwicklung digitaler On-demand-Produktion abhängig, sondern auch von der Akzeptanz und Reaktanz der Rezipienten. Für Werbebotschaften und -inhalte ergeben sich daraus teilweise recht komplexe Anforderungen. So müssen Werbebotschaften, die in Netzen im Sinne von Peer-to-Peer oder im direkten Kontakt von Werbetreibendem zu Umworbenem verbreitet werden sollen, einen Benefit liefern, der zum einen das im Vergleich zu klassischen Massenmedien intensivere Eindringen der Werbung in die Privatsphäre des Umworbenen und zum anderen die im Vergleich zu klassischen Massenmedien höhere Nutzungsmühe rechtfertigt, die der Umworbene zur Rezeption der Werbebotschaft aufwänden muss. Zudem müssen Werbebotschaften, die in Netzen verbreitet werden, einem immensen Aufmerksamkeitswettbewerb genügend Potenzial entgegensetzen. Da weder YouTube noch andere Plattformen für virales Marketing valide Zahlen veröffentlichen, gibt es lediglich Schätzungen, die aber für das mit 73% Marktanteil weltweit marktbeherrschende Videoportal ein Volumen von 65'000 Uploads täglich kolportieren. In Konsequenz bedeutet dies für Werbebotschaften und -inhalte im Feld 3.3 der I/P-Matrix, dass sie zwei sich diametral entgegenstehenden Rahmenbedingungen gerecht werden müssen. Handelt es sich um medial-integrierte, personalisierte Werbung, so muss davon ausgegangen werden, dass Werbebotschaft und -inhalte umso erfolgreicher platziert werden können, je genauer sie die Präferenzen des einzelnen Umworbenen treffen. Salopp ließe sich das im Slogan ausdrücken: „Der Kunde ist das Briefing“. In der Mitmach-Werbung und der Werbung, die über Netze weiterverbreitet werden soll, müssen Informations- oder Unterhaltungsnutzen (z.B. Humor), ästhetische Qualität oder innovativer Inhalt so erkennbar ausgeprägt sein, dass die Werbebotschaft im Aufmerksamkeitswettbewerb überleben kann. Daraus folgen sehr hohe Ansprüche an die Gestaltung des Werbeformats, der Botschaft und ihrer formal richtigen Einbettung ins zumeist virtuelle Umfeld. Inhalt und Gestaltung der Werbung müssen ihre Botschaft quasi zum „Selbstläufer“ machen, wie dies VW mit Hape Kerkelings Blog „Schlämmer
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macht Führerschein“ gelungen ist (http://www.handelsblatt.com/technologie/ news/warum-horst-schlaemmer-golf-faehrt;1244894, Aufruf am 04.07.2009) 4.8.4 Spezifika zur Werbewirkung Die Werbeformen der kontext-integrierten personalisierten Werbung sowie der Mitmach-Werbung entziehen sich aufgrund ihrer hohen Aktualität bislang einer gesicherten Beurteilung in Bezug auf ihre Wirkung. Valide Marktforschungsergebnisse auf breiter Basis für In-Game-Advertising liegen ebenso wenig vor wie solche zum Mobile Tagging oder anderer individualisierter Werbeformen mit Integration in redaktionelle Kontexte. Zu welch krassen Verwerfungen dies mitunter führt, zeigt das folgende Beispiel: „Twitter estimated that 25 million people worldwide would be using the service by the end of 2009. … The firm projected that it would have 100 million users in 2010 and 350 million in 2011. “Assuming the information is legitimate, Twitter’s growth projections seem overly optimistic,” said Paul Verna, eMarketer senior analyst. eMarketer calculated in April that Twitter would have 12.1 million US adult users in 2009 and 18.1 million in 2010….There are several barriers to widespread Twitter adoption. In April, Nielsen Online found that only about 40% of the service’s new users return the following month. A Harvard Business School study estimated that most Twitter users sent an average of only one tweet in their lifetime … “While many Twitter users consider the service addictive, there also seems to be a growing backlash—a feeling that Twitter-mania might be a 2009 fad,” said Mr. Verna. “If that’s the case, projecting 18 months ahead or beyond seems speculative, at best.“ Quelle: http://www.emarketer.com/Articles/Print.aspx?1007185; Aufruf am 17.07.2009
Etwas anders sieht die Einschätzung von Wirkungen der Mitmach-Werbung aus. In einer Auftragsstudie der GfK-Marktforschung (2007) wird ein deutlicher Zuwachs von viralen Werbeformen seit 2003 festgestellt. Während Guerilla-, Affiliate- oder Ambient-Marketing stagnierten oder leicht rückgängig waren, wurden Word-of-Mouth und virales Marketing ebenso wie Mobile-Marketing und Keyword Advertising häufiger eingesetzt. Im viralen Marketing werden vor allem Videoclips, Verschenken von Leistungen und Produkten und E-Mail-Forwarding genutzt, um zusätzliche Medienreichweite zu generieren. Die zentrale Erfolgskriterium für virale Werbung scheint die Einstellung gegenüber dem Weiterleiten eines viralen Videos zu sein (vgl. Bauer et al. 2008: 272ff.). Seit wenigen Jahren rege diskutiert, zeigt sich, dass virales Marketing mit seinem Versprechen auf große Wirkung zu geringen Kosten nur in einigen
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Fällen wirklich funktioniert und sein Erfolg im Masseneinsatz in Frage gestellt werden muss, so bereits Wilson (2000). Die Einschätzung darüber, wie intensiv Word-of-Mouth und virales Marketing tatsächlich eingesetzt werden, variiert. Einige gehen davon aus, dass sich diese Werbestrategien nun auch im deutschsprachigen Raum etabliert haben (vgl. z.B. Schulz/Mau/ Löffler/Stella 2008), andere konstatieren, dass viele Unternehmen noch nicht auf die digitale Revolution eingestellt sind und folglich das Potenzial von sozialen Netzwerken bei weitem noch nicht ausnutzen (vgl. Gartner Inc. 2008), während wieder andere bereits das Ende des viralen Marketings sehen (vgl. z.B. Gieseking/Hammer 2008). Auch hier zeigt das politische Marketing die Funktionsweise exemplarisch: Im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 2007/8 wurde auf YouTube ein Video hochgeladen, das eine unbekannte junge Frau zeigt, die im Bikini dem damaligen Senator Obama in Liedform erklärt, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlt. „I got a Cruch on Obama“ wurde bis heute 11 Mio. mal angeklickt, die Schauspielerin Amber Lee Ettinger als „Obamagirl“ so prominent, dass das Obamagirl zum Selbstläufer wurde und die Frau auch im nichtvirtuellen Wahlkampf auftrat. Zudem kann man unterstellen, dass sich mit diesen Kommunikationsmitteln bestimmte Zielgruppen für politische Inhalte begeistern lassen, die üblicherweise eher Politik-abstinent sind. Allerdings stellt sich wiederum die Frage nach der Langfristigkeit und der Richtung der Wirkung (vgl. dazu Bannett 2008; Schön 2008). So findet sich ironischerweise im Wikipedia-Eintrag zum Stichwort „I Got a Crush… on Obama“ – der über Entstehung, Hintergrund und Beteiligte des Videos Auskunft gibt – der Hinweis: „This article may need to be updated“ (http://en.wikipedia.org/ wiki/I_Got_a_Crush..._on_Obama, Aufruf 28.07.2009). Dass virale Kampagnen dennoch gelingen, lässt sich anhand zahlreicher Beispiele zeigen (vgl. Schaaf 2009): Das erste, 2005 bei Youtube platzierte virale Nike-Video „Touch of Gold“ mit dem brasilianischen Fußballer Ronaldinho wurde bis heute mehr als 28 Mio. Mal aufgerufen. Die beiden Nachfolgespots "Jump" mit dem Basketballer Kobe Bryant erzielten in den letzen 12 Monaten mehr als 2 Mio. Aufrufe. Die hohe Reichweite dieser Kampagnen ist hier maßgeblich auf die Gestaltung der unterhaltsamen Filme mit prominenten Protagonisten zurückzuführen. Ebenfalls als erfolgreiche virale Kampagne gilt die bereits angesprochene Bewerbung des neuen VW Golf durch die Kunstfigur Horst Schlämmer. Das neue Modell wurde 2008 ausschließlich online in einer viralen Kampagne vermarktet. Neben der kreativen Umsetzung ist es insbesondere dem prominenten Testimonial Horst Schlämmer (Hape Kerkeling) zuzuschreiben, dass auch die klassischen
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Medien die Schlämmer-Fahrstunden redaktionell aufgriffen und so zu Offline-Multiplikatoren der Werbebotschaft wurden. Ebenfalls zum viralen Marketing zählen Werbeformate wie Weiterempfehlungs- oder „Tell-a-Friend“-Buttons, die auf Websites platziert werden, um das virtuelle Word-of-Mouth von Unternehmensseite her zu stimulieren (vgl. dazu auch: Langner 2005; Klinger 2006). Damit versuchen Werbetreibende dem größten Problem des virtuellem Word-of-Mouth entgegenzuwirken: der weitgehenden Unabhängigkeit und Unkontrollierbarkeit der einmal ins zumindest virtuelle Leben gerufenen Botschaft. Denn Word-of-Mouth entzieht sich zunehmend der Kontrolle durch die werbenden Unternehmen (vgl. zu den Konsequenzen Stauss 2008). Und zwar selbst dann, wenn die weitergeleiteten Kommentare und Ergänzungen zur eigentlichen Werbebotschaft positiv ausfallen. Der Grund ist darin zu sehen, dass die Empfehlenden oftmals weder prominent noch soweit persönlich bekannt sind, dass sie mit weiteren Marketingmaßnahmen bearbeitet werden könnten (vgl. Kilian/ Walsh/Zenz 2008: 332ff.). Vor diesem Hintergrund wird die Steuerung der Online-Kommunikation im Sinne der Unternehmensziele ein zentrales Thema (vgl. Bauer/Martin/Albrecht 2008: 63). Zudem ist die Messung ihrer Effekte infolge der nichtkontrollierbaren Verbreitung problematisch. Ein weiteres Problem des Word-of-Mouth besteht im Missbrauch etwa in Form gekaufter oder vom Werbetreibenden selbst eingestellter Beiträge. Diese führen dazu, dass Empfehlungen auf zum Teil anonymen Plattformen Einbußen bei der Glaubwürdigkeit hinnehmen müssen. Werbliche Effekte können aber hervorgerufen werden, wenn die besprochenen Produkte bzw. Leistungen zum einen als nützlich empfunden werden und zum anderen die Nutzer in der Lage sind, persönliche Bezüge herzustellen („cognitive personalization“) (vgl. Xia/Nasr Bechwati 2008). Das Vertrauen der User in solche Empfehlungen und der Zusammenhang mit Online-Meinungsführern werden auch in anderen Studien als Schwerpunkte dargestellt (vgl. Übersicht bei Bauer/Martin/Albrecht 2008: 63). Gerade bei der subtilen Platzierung werblicher Aussagen in den Microblogging-Accounts von Prominenten wird Online-Meinungsführerschaft relevant. Denn wenn Nutzer z.B. auf Twitter, Facebook oder MySpace die Tätigkeiten und persönlichen Vorlieben von Prominenten, die sich dort mitteilen, als Abonnenten (Followers) verfolgen (Pull-Marketing), lernen sie neben anderem auch deren Präferenzen für bestimmte Marken und Produkte kennenlernen. Ob solche Hinweise wie der von Lance Armstrong (700'000 Abonnenten), der sich über den Sportartikelhersteller Nike als "amazing company" äußert, wirklich bezahlte Werbebotschaften sind, lässt sich ebenso schwer belegen wie beim klassischen Product Placement in Film und Fernsehen (vgl. Schaaf 2009).
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Wurde im Kapitel 3 der theoretische Analyserahmen aufgespannt, so beschäftigt sich Kapitel 4 mit den in der Praxis beobachtbaren Besonderheiten der Werbeformen, wie sie in den einzelnen Feldern der I/P-Matrix ausgewiesen wurden. Hier lassen sich zunächst drei generelle Statements aufstellen: Zum ersten zeigt sich Werbung in all ihren real umgesetzten Erscheinungsformen als nahezu unüberschaubares und in all seinen Details kaum fassbares Teilgebiet der Kommunikation. Zum zweiten unterliegt Werbung einer permanenten und sich stetig beschleunigenden Dynamik. Und zum dritten konkretisiert sich diese Dynamik in der zunehmenden Individualisierung und Personalisierung werblicher Kommunikationsangebote und der sich intensivierenden Integration werblicher Inhalte in mediale und redaktionelle Kontexte.
Um vor diesem Hintergrund dennoch ein gleichermaßen realistisches wie erklärungskräftiges Bild der Werbung wiederzugeben, ist das Kapitel weitgehend analog der Spalten in der I/P-Matrix in Unterkapitel aufgeteilt. Die Unterkapitel 4.1 bis 4.3 untersuchen die Werbeformen ohne jede Form von redaktionellem Kontext gestaffelt nach ihrem Personalisierungsgrad. Dabei wird deutlich, dass diese Werbeformen – mit Ausnahme der professionell umgesetzten Direkt- und der klassischen Außenwerbung – nicht nur durch ihre Vielzahl und Vielfalt gekennzeichnet sind, sondern auch durch einen mehr oder weniger ausgeprägten Mangel an professionalisierter und institutionalisierter Vermarktung. Extrem fragmentierte Anbieterstrukturen, mangelnde Transparenz und fehlende Daten zur Werbeträgerleistung erschweren einen effizienten Planungsprozess seitens der Werbetreibenden und limitieren den Erfolg für die Anbieter von Werbeträgern in diesen Segmenten. Wenn Professionalisisierungs- und Institutionalisierungsgrad der Vermarkter stimmen, bilden die redaktionell-kontextfreien Werbeformen eine Ergänzung, bisweilen auch eine Alternative zur klassischen Mediawerbung. Voraussetzung für den Werbeerfolg ist dabei, dass Inhalte und Botschaften die jeweiligen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen der einzelnen Werbemittel auch wirklich berücksichtigen. Insgesamt sind für die die redaktionell-kontextfreie Werbung derzeit zwei Trends erkennbar: So versuchen Werbetreibende zum einen zunehmend, via Personalisierung Streuverluste und Kontaktkosten zu minimieren sowie die Kundenbindung zu verbessern. Und zum anderen soll die Einbettung der Werbebotschaft in redaktionelle Inhalte auch bei vormals redaktionell-kontextfreien Werbeformen Rezipienten animieren, sich länger und öfter mit einem Werbemittel zu beschäftigen bzw. dasselbe überhaupt erst zur Kenntnis zu nehmen. Die Grenzen zur Spalte 2 der I/P-Matrix, in der jene Werbeformen angeordnet sind, bei denen die Werbung zwar in einen redaktionellen Kontext
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eingebunden, aber dennoch deutlich ersichtlich von diesem getrennt ist, verschwimmen also. Die drei Felder dieser Spalte werden in den Unterkapiteln 4.4 bis 4.6 dargestellt. Vertieft werden dabei vor allem die als getrennt ausgewiesene Werbung in Massenmedien sowie die in Zielgruppenmedien und angeboten. Sie bilden die beiden Prototypen für das, was gegenwärtig unter dem Begriff „klassische Werbung“ thematisisert wird. Deshalb werden die Grundlagen zur Mediaplanung, zu Werbeinhalten und zur Werbewirkung in Unterkapitel 4.4, ergänzende und vertiefende Ausführungen zur Zielgruppenaffinität in Unterkapitel 4.5 behandelt. Dabei erweist sich der Werbeprozess in diesem Feldern als zwischenzeitlich extrem ausdifferenziert: Spezialisierte Akteure, umfangreiches Wissen darüber, wie Botschaften und Inhalte der Werbung erfolgsfördernd gestaltet werden, vielfältige Forschungsaktivitäten zu Werbeträgern, Werbemitteln, Rezipienten, Nutzungsverhalten und Werbewirkung, aber auch weitgehend reibungslose Abläufe in Planung, Schaltung und Produktion sind Kennzeichen für einen ausgereiften Status der Werbung in diesem Bereich. Just jene Reife aber scheint sich zunehmend negativ auf den Erfolg dieser Werbung auszuwirken. Gewöhnung, Überdosierung oder schlichte Rezeptionsverweigerung führen dazu, dass klassische Werbung nicht mehr im gleichen Maße wahrgenommen wird und die personalisierte, medial vermittelte Werbung via Online- oder Mobile-Marketing Boden gut gemacht hat. Mit neuen Technik-Standards und besseren redaktionellen Umfeldern wollen Anbieter in diesen Bereichen die positive Entwicklung vorantreiben. Gerade die Möglichkeiten zur relativ einfachen Personalisierung und Individualisierung sind in der Online- und Mobilwerbung aber bei weitem nicht ausgeschöpft. Wettbewerbsdruck auf die Medienanbieter und der Druck auf die Werbetreibenden, ihre Produkte, Leistungen, Marken oder Unternehmen auch auf Wegen jenseits der klassischen Werbemittel ins Bewusstsein der Zielpersonen zu bekommen, führen zu den Werbeformen der 3. Spalte in der I/P-Matrix: zur in den redaktionellen und inhaltlichen Kontext integrierten Massen- und Zielgruppenwerbung. Beide liegen so eng beieinander, dass sie in Unterkapitel 4.7 gemeinsam besprochen werden. Dabei zeigt sich, dass programmintegrierte Werbeformen wie Placements, Advertorials, Infotainment, Advertainment und andere in allen Mediengattungen verbreitet sind. Die Erosion der erkennbaren Grenze zwischen redaktioneller und werblicher Information gibt auch unter dem Aspekt zu denken, dass immer mehr Werbetreibende Mitsprache teilweise sogar Mitgestaltungsrechte für redaktionelle Inhalte einfordern oder angeboten bekommen. Verschiedene Beispiele belegen, dass dies nicht in allen Fällen produktiv ist – für Medienanbieter ebenso-
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wenig wie für Werbetreibende. Dennoch ist dieser Bereich von ausgeprägter Dynamik gekennzeichnet. Inwieweit dieser auch die Förderung personalisierter programmintegrierter Werbung im Feld 3.3 der I/P-Matrix vorantreibt, kann nicht mit Sicherheit prognostiziert werden. Klar zeigt sich jedoch, dass die Interaktivität von Online- und Mobilkommunikation auch Auswirkungen auf die Werbung hat. Immer öfter werden die Rezipienten/Konsumenten soweit in den Werbeprozess integriert, dass sich die Struktur der Werbekommunikation wesentlich verändert mit positiven Folgen im Sinne der Werbeziele, aber auch mit negativen Folgen wie Kontrollverlust. Das oftmals mit den Formen von „Word-of-Mouth“ und „viralem Marketing“ einhergehende Versprechen auf großen Erfolg bei geringen Kosten kann jedoch nur selten eingelöst werden, wiewohl die Wirkungsbreite und -tiefe erfolgreicher Einzelbeispiele überrascht.
Angesichts der Besonderheiten der unterschiedlichen Felder kann keine für das gesamte Kapitel 4 gültige Literatur angegeben werden. Verwiesen sei auf die in den einzelnen Kapiteln zitierte Literatur.
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Werbung und gesellschaftliche Kommunikation: Resümée und Ausblick
Die vorhergehenden Kapitel konnten zeigen, dass es vielfältige wissenschaftliche Erkenntnisse zur Werbung gibt, obwohl Werbung in der Publizistikund Kommunikationswissenschaft weder ein in sich geschlossenes Forschungsfeld darstellt noch als Kernbereich verankert ist. Gleichwohl ist Werbung von den gesellschaftspolitischen, ökonomischen, technologischen, soziokulturellen und medialen Entwicklungen der Medien- und Informationsgesellschaft betroffen und wirkt an diesen mit. Dies führt sowohl zur Aus- als auch zur Entdifferenzierung der Werbung, so dass die begriffliche Systematik nur eine vorläufige sein kann. Auch der Einblick in die Geschichte belegt, dass Werbung ein wichtiger Indikator für den gesellschaftlichen Wandel ist, wenn die entsprechenden Selektionslogiken berücksichtigt werden. Die aktuelle Relevanz der Werbung lässt sich einerseits aus den entsprechenden Kennzahlen interpretieren und gründet andererseits auf ihrer kontinuierlichen Systematisierung, Professionalisierung und Autonomisierung. In der theoretischen Analyse trifft man auf ein durchgehendes Spannungsfeld, das charakteristisch für den strukturell hybriden Charakter der Werbung ist: Das Zusammenspiel von Ökonomie und Medien, Geld und Publizität, Zahlungen und Aufmerksamkeit zieht sich von der Makro- über die Mesobis hin zur Mikroebene. Die publizistik- und kommunikationswissenschaftlich orientierte Systematisierung in Form der I/P-Matrix greift dies wieder auf. Sie stellt neben der Struktur der Werbekommunikation auch die Besonderheiten von Werbebotschaften, Werbeträgern und Werbewirkungen für die einzelnen Felder dar. Die Felder wurden anhand des Grads der Personalisierung der Werbebotschaft und der Integration in den redaktionellen Kontext gebildet. Hier zeigen sich denn auch Aus- und Entdifferenzierung der Werbung besonders plastisch. Die folgenden Ausführungen liefern keine komplette Zusammenfassung des bisher Diskutierten, sondern geben aufbauend auf den vorhergehenden Kapiteln eine Skizze des Verhältnisses von Werbung und gesellschaftlicher Kommunikation sowie einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen in Form von – gegenüber der ersten Auflage modifizierten – Thesen.
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5.1 Werbung und gesellschaftliche Kommunikation Werbung war seit jeher Teil der gesellschaftlichen Kommunikation, wenn auch immer wieder und oft über lange Zeiträume hinweg, ein ungeliebter. Spätestens seit Beginn der Massenmedien begann die Werbung zudem eine wichtige wirtschaftliche Rolle zu spielen. Als Finanzierungsquelle der Medien ist sie bis heute nicht ersetzbar. Sie war und ist aber auch immer wieder der Stein, der die gesellschaftliche Diskussion darüber anstößt, wie weit Manipulation gehen darf und welche gesellschaftlichen Themen und Motive für kommerzielle Zwecke eingesetzt werden dürfen. Das Verhältnis der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft zur Werbung war und ist dennoch widersprüchlich, auch wenn es früh Aufforderungen gab, sich aus publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Perspektive mit Werbung zu befassen. Mittlerweile liegen publizistik- und kommunikationswissenschaftliche Studien zu verschiedenen Aspekten der Werbung vor – dennoch gibt es keinen kohärenten Fundus an Ansätzen und Modellen. Im Folgenden sollen resümierend drei Entwicklungen der Werbung unter den Bedingungen der Medien- und Informationsgesellschaft skizziert werden, die eine intensive und explizite Beschäftigung mit Werbung als Teil der gesellschaftlichen Kommunikation als unabdingbar begründen. 5.1.1 Der Einfluss der Werbung auf die Medien Der Einfluss, den Werbung in ihrer Funktion als Finanzierungsquelle der Medien entfaltet, wurde von medienökonomischer Seite im Rahmen der Ökonomisierungs- und Kommerzialisierungsdebatte umfangreich diskutiert und auch in zahlreichen Lehrbüchern dargelegt (vgl. für einen Überblick: Siegert/Meier/Trappel 2005). In den meisten Definitionen ist die Orientierung an der Werbewirtschaft und ihren Zielen der „Grundstein“ für die Kommerzialisierung (vgl. Saxer 1998: 10). Deutlich bemerkbar verändern sich die Medien und ihre Inhalte, wenn auch diese Entwicklungen selten empirisch umfassend auf den alleinigen Einfluss der Werbung zurückgeführt werden können und in den entsprechenden rechtlichen Vorschriften nach wie vor festgehalten wird, dass Werbung das Programm nicht beeinflussen darf. Die wirtschaftlichen Veränderungen, die mit Ende des Jahres 2008 eintraten und das Jahr 2009 prägten, haben den Einfluss der Werbung auf die Struktur der Medien mehr als deutlich gemacht. Die in Kapitel 2.3 ausgeführten Veränderungen der Werbeinvestitionen belegen, dass die Wirtschaftskrise mit einer Medienkrise einhergeht. Letztere ist nicht nur davon geprägt, dass Titel, Sendungen und Sender eingestellt werden, sondern auch davon, dass die Finanzierbarkeit von Qualitätsjournalismus über Werbung grundsätzlich diskutiert wird und eine staatliche Subventionierung eben dieses Qualitäts-
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journalismus in den Diskussionen nicht mehr tabu ist. So ist Werbung über die Medienberichterstattung eben doch mit der für demokratische Gesellschaften so notwendigen Öffentlichkeit verknüpft. In den bisherigen Ausführungen hat sich jedoch auch gezeigt, dass mit der Etablierung programmintegrierter Werbung eine neue Einflussstufe erreicht wird, die verkürzt mit „Von der Finanzierung zum Programming“ beschrieben werden kann. Hier ist der Einfluss kein rein struktureller mehr, sondern bezieht sich sehr klar auf die Medieninhalte und ihre Präsentationsformen. Zugleich scheint es ein interdependentes Verhältnis zu sein; denn auch die Werbung passt sich noch mehr als bisher an die Medienlogik an. Der Einfluss der Werbung auf die Medien verändert auch die zu Grunde liegende kommunikative Beziehung, weil Medien Rezipienten selten, wie das aus normativer Sicht wünschenswert wäre, als Bürger adressieren, sondern in erster Linie als Kunden: „It links sender and receiver in a "calculative" rather than a normative or social relationship, as a cash transaction between producer and consumer rather than a communication relationship. It ignores the internal relations among consumers, since these are of little interest to service providers. It privileges socioeconomic criteria and focuses on media consumption rather than reception.”(McQuail 1997: 9)
Die damit verbundene Reduzierung der Rezipienten auf soziodemografische Merkmale, Lifestyle-Typen und Marketingkategorien, auf Kaufkraft und Beeinflussbarkeit durch Werbung hat Konsequenzen; denn sie tendiert dazu, bestimmte Gruppierungen und Publikumssegmente zu ignorieren und die „Gesellschaft“ der gesellschaftlichen Kommunikation bzw. die „Öffentlichkeit“ der öffentlichen Kommunikation auf werberelevante Zielgruppen einzuschränken. 5.1.2 Die Beziehung zwischen Werbung und Medien Während zur Frage der Kommunikatoren sowohl für den Journalismus als auch für die Public Relations weit reichende Erkenntnisse vorliegen, ist die Kommunikatorperspektive in Bezug auf Werbung aus publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht tendenziell untererforscht. Auch deshalb widmet sich diese Einführung explizit diesem Thema. Die Auftragslogik, die klassischer Werbung unterstellt werden kann, wird für die verschiedenen Formen der I/P-Matrix bereits fraglich. Will man zudem auf die Beziehung zwischen Medien und Werbung fokussieren und das Beziehungsgeflecht etwas stärker abstrahieren, bietet sich der Rückgriff auf vorhandene Modelle an.
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So kann z.B. das auf die Beziehung von PR und Journalismus fokussierte Intereffikationsmodell (vgl. Bentele/Liebert/Seeling 1997; Bentele/Nothhaft 2004) als Erklärungsmodell auf seine Tauglichkeit hin geprüft werden (vgl. dazu auch: Schierl 2003: 84). Es scheint sich auch deswegen zu eignen, weil es explizit auf den Ebenen Berufe, Organisationen und Teilsysteme aufbaut und wechselseitige Orientierungen, Einflüsse und Abhängigkeiten thematisiert, die nach sachlichen, zeitlichen und sozial-psychologischen Dimensionen bewertet werden. Dies kommt dem in diesem Einführungsbuch skizzierten Beziehungsgeflecht durchaus nahe. Denn von beiden beteiligten Parteien – im Original PR und Journalismus – gehen Induktionen aus, also Kommunikationsanregungen, die, werden sie aufgegriffen, zu Kommunikationseinflüssen werden. Und zugleich finden sich Adaptionen, d.h. kommunikatives und organisatorisches Anpassungshandeln. Abbildung 40: Anwendung des Intereffikationsmodells auf Werbung
Quelle: in Anlehnung an Bentele/Liebert/Seeling 1997: 242
Dabei wird weder bei den beteiligten Akteuren, noch zwischen Indukationen und Adaptionen ein ausgeglichenes Machtverhältnis unterstellt. Vielmehr muss das Modell als flexibel anwendbar konzipiert sein. Unklar bleibt dennoch, wie in einem solchen Modell Prozesse der Entdifferenzierung und der Hybridisierung berücksichtigt werden können, die sich sowohl auf der Ebene der Berufsrollen und der Organisationen als auch auf der der Teilsysteme finden.
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5.1.3
Die Verschmelzung der Werbung mit anderen Formen gesellschaftlicher Kommunikation Wie an vielen Stellen der vorliegenden Einführung bereits ausgeführt, sind typische Hybridisierungstendenzen auch in Bezug auf Werbung erkennbar. Das interdependente Anpassungshandeln von Medien und Werbung und die Integration von werblichen Botschaften in den redaktionellen Kontext führen dazu, dass sich Werbung immer mehr anderen Formen der Kommunikation annähert, ebenso wie diese sich den werblichen Formaten angleichen. Begriffe wie Infotainment, Advertainment, Infomercials, Advertorials und Advertiser Founded Programming können dafür als Beispiele dienen. Insgesamt wird damit das von Siegfried J. Schmidt formulierte (2002: 102f) „Netz von Optionen der Wirklichkeits- und Wahrheitsverhältnisse aufgespannt“. Wir haben es also vorwiegend mit hybriden Inhalten zu tun, deren Ziele, Interessensgebundenheit und Authentizität nur bedingt abgeschätzt werden können, womit sich die Rezipienten eben gerade nicht darauf einstellen können „wann welcher Diskurs geführt wird und auf welche Wirklichkeits- und Wahrheitsbedingungen man sich dementsprechend einstellen muss.“ (Schmidt 2002: 102f) Neben der Hybridisierung der Genres und Formate ist auch die Eroberung öffentlicher und teilöffentlicher Räume und damit die räumliche Allgegenwärtigkeit von Werbung als Hybridisierung einzustufen; denn was werblich als „total coverage“ bezeichnet wird, verwandelt öffentliche Räume von Plätzen der Zivil- in „Plätze der Konsumgesellschaft“ (Krotz 2001b: 203). Wenn alle kommunikativen Aktivitäten letztlich auf die Generierung von Aufmerksamkeit ausgerichtet sind, steht die der Erlebnisorientierung verpflichtete Inszenierung im Mittelpunkt. „Hand in Hand“ mit den Medien bedient sich Werbung der Inszenierungslogik und theatralisiert das Gewöhnliche und Alltägliche. Die Inszenierungsorientierung erfordert jedoch auch von ökonomischen und politischen Akteuren entsprechendes Handeln. 58 So finden sich Hybridisierungstendenzen auch innerhalb der intendierten Kommunikationsaktivitäten von ökonomischen und politischen Akteuren, was von der Entwicklung der Online-Kommunikation und ihren 58
So konnte im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf zwischen John F. Kerry und George W. Bush ein von Republikanern initiierter, relativ billig produzierter und nur einmal in einem regionalen TV-Netzwerk ausgestrahlter Werbespot unter dem Stichwort „Swift Boat“ innerhalb kürzester Zeit eine flächendeckende Berichterstattung in nationalen Zeitungen generieren und die Frage nach den Führungsqualitäten des Herausforderers John F. Kerry in der öffentlichen Debatte lancieren. Mit nur 25̵000 US$ Produktionskosten war der eigentliche Zweck dieses politischen Werbespots die Skandalisierung und damit Stimulierung der Berichterstattung (über 500 Berichte). Der Werbespot war somit der Wurm mit dem der Fisch, nämlich „frontpage coverage“, gefangen werden sollte (vgl. Iyengar 2005).
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Potenzialen für die Werbung noch forciert wird. Da die Kommunikationsziele weniger klar auf einzelne Bereiche zugeordnet werden können, kommunikationspolitische Instrumente mittlerweile stärker vernetzt werden und sich die produzierten Formate angleichen und überlappen, scheint es sinnvoll alle Kommunikationsaktivitäten unter dem Begriff „Strategische Kommunikation“ zu subsummieren (vgl. z.B. Hallahan/Holtzhausen u.a. 2007).
5.2 Thesen zur Zukunft der Werbung Wie in Kapitel 1.4 angekündigt sollen hier die in der ersten Buchauflage entwickelten Thesen zur zukünftigen Entwicklung der Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft auf ihren Realisierungsgrad hin geprüft werden. Als Ergebnis dieser Prüfung lassen sich vier relevante Erkenntnisse festmachen. Das beschriebene Spannungsverhältnis zwischen Ökonomie und Aufmerksamkeit bleibt nach wie vor bestehen (siehe These 5.2.1) und zwingt den Werbeakteuren nach wie vor die Beherrschung beider Prozesslogiken (siehe These 5.2.2) auf. Dagegen haben sich programmintegrierte Werbung und virales Marketing so dynamisch entwickelt und ausdifferenziert, dass die in der Erstauflage gestellten Thesen 5.2.3 (Das Informationsungleichgewicht zwischen Werbetreibenden und -ausführenden vergrößert sich bei programmintegrierter Werbung), 5.2.4 (Programmintegrierte Werbung ist unabdingbar mit der Entprofessionalisierung des Werbeprozesses verbunden) und 5.2.5 (Werbeagenturen werden im eigenen Interesse zu Verfechtern der Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten) obsolet geworden sind: U.a. verschärft durch die wirtschaftliche Entwicklung seit Dezember 2008 suchen Werbetreibende verstärkt nach neuen Wegen, im Sinne einer Maximin-Strategie, Akzeptanz und Wirkung ihrer Werbemaßnahmen zu maximieren oder – meistens eher: und gleichzeitig – die Kosten für Werbeschaltungen zu minimieren. Nicht nur im Zuge dieser Entwicklung hat dies zu einer professionelleren Auseinandersetzung mit programmintegrierter Werbung auf Seiten der Werbetreibenden geführt und das Informationsungleichgewicht zwischen Werbetreibenden und -ausführenden spürbar verringert, wenn nicht egalisiert. Damit wurde auch der prognostizierten Entprofessionalisierung des Werbeprozesses in Verbindung mit der programmintegrierten Werbung Einhalt geboten.
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Nicht realisiert hat sich die in These 5.2.5 der Erstauflage getroffene Vermutung, Werbeagenturen würden im eigenen Interesse zu Verfechtern der Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten. Zunehmender ökonomischer Druck auf der einen und sinkende Aufmerksamkeitswerte auf der anderen Seite zwingen Agenturen nachgerade dazu, alle sich bietenden Optionen zu nutzen und miteinander zu vernetzen, so dass insbesondere, wenn auch nicht nur, in der Online-Werbung die Grenzen zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten weiter erodieren. Bestätigt findet sich dagegen die These 5.2.6 der Erstauflage (Mit redaktionellem und inhaltlichem Kontext integrativ verbundene persönliche Werbung wird sich langsam, aber stetig entwickeln). Dies in einem Maß, dass zum einen das in der Erstauflage noch leer gebliebene Feld 3.3 der I-/PMatrix inzwischen Einträge aufweist und zum anderen wesentliche Inhalte der vormaligen These zu Sachverhalten wurden, die im neuen Kapitel 4.8 der vorliegenden Auflage beschrieben sind. Die Dynamik und der bisher erreichte Zuwachs an Umfang und Bedeutung der Online-Werbung führen schließlich dazu, dass das Buch unvollständig bliebe, würde ihre weitere Entwicklung nicht in zwei abschließenden Thesen kommentiert werden. 5.2.1 Das Spannungsverhältnis zwischen Ökonomie und Aufmerksamkeit bleibt konstitutiver Bestandteil der Werbung Obwohl auf allen drei Ebenen – Makro-, Meso- und Mikroebene – Konzepte und Arrangements gebildet werden, die die beiden Orientierungen Ökonomie und Aufmerksamkeit in Einklang zu bringen versuchen, bleibt das Spannungsverhältnis als konstitutiver Bestandteil der Werbung erhalten. Weder die Verhandlungen zwischen den beteiligten Akteuren, noch die Maßnahmen zum Abbau der Informationsungleichgewichte zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern, noch die agenturinterne Optimierung der Organisationsstruktur und der Prozessabläufe können dieses Spannungsverhältnis völlig „wegrationalisieren“. Und dies aus gutem Grund: Denn obwohl aus diesem Spannungsverhältnis interessensgeleitete Auseinandersetzungen und potenzielle Konfliktkonstellationen im Sinne einer Prinzipal-Agent-Problematik resultieren, ist gerade dieses Spannungsverhältnis auch verantwortlich für die besondere Charakteristik von Werbung als ökonomisch begründungspflichtiger Kreativität. Das Spannungsverhältnis zwischen Ökonomie und Aufmerksamkeit mündet denn, wie Werbeexperten in Interviews bekunden, keineswegs in endlosen Konflikten, sondern kann sehr wohl die Qualität werblicher Kommunikation steigern (vgl. Siegert/Eberle/Amstutz/Thomas 2004: 14).
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Fallbeispiel: Spannungsfeld Ökonomie – Aufmerksamkeit auf der Ebene der Berufsrollen „Die unterschiedlichen Zielvorstellungen wirken befruchtend.“ „Es kommt immer wieder zu Konflikten, und das ist auch wichtig und berechtigt. Wir arbeiten sehr projektorientiert, und je nachdem gibt es Phasen, wo alle am gleichen Strick ziehen und Phasen, wo Prioritäten gesetzt werden müssen. Die Konflikte sind sicher gut, weil unter ihnen die Qualität der Arbeit gewinnt.“ Aussagen von Werbeexperten aus dem Jahr 2004 zum Spannungsverhältnis Berater – Kreative (Studie zur Werbung in der Schweiz). Quelle: Siegert/Eberle/Amstutz/ Thomas 2004
5.2.2 Die Beherrschung beider Prozesslogiken bleibt die Voraussetzung für den Erfolg der Werbeakteure Anknüpfend an These 1 müssen auch die kollektiven, korporativen und individuellen Akteure der Werbung beide teilsystemischen Logiken beherrschen, um den Werbeprozess kontrollieren zu können. Eine angemessene Balance zwischen ökonomischer Orientierung und Aufmerksamkeit suchender Kreativität unterscheidet Werbung nicht nur von anderen Bereichen, die ebenfalls Botschaften für massenmediale und individuelle Kommunikation produzieren wie Literatur oder Journalismus, sondern ist auch Voraussetzung für dauerhaften Erfolg – gerade dann, wenn sich Werbung und redaktionelle Inhalte aufeinander zu bewegen. Um sowohl in der realen wie auch in der virtuellen Medienwelt wird Werbung umso mehr Akzeptanz bei den Rezipienten finden, je besser Werbeakteure beide Prozesslogiken beherrschen. Verorten sie sich jedoch dauerhaft nur in einer Richtung – Ökonomie oder Aufmerksamkeit – und vernachlässigen sie die andere, stellen sie Werbung insgesamt und damit letztlich auch ihre eigene professionelle Rolle überhaupt in Frage. 5.2.3 Online-Werbung und Mobile Marketing können die hoch gesteckten Erwartungen der Werbetreibenden nur teilweise erfüllen Hohe Personalisierbarkeit durch vorgängige Profilierung der Rezipienten und im Vergleich zu realen Massenmedien niedrige Schaltkosten machen die Online-Werbung in den Augen immer mehr Werbetreibender zu einem Allheilmittel, um trotz stagnierender bis rückläufiger Budgets erfolgreich zu werben. Daher nimmt es nicht Wunder, dass Online-Werbung und Mobile Marketing wie in den vorangegangenen Kapiteln gezeigt in den letzten Jahren deutliche Wachstumsraten verzeichnen konnte, während die meisten klassischen Werbeträger mit sinkenden Erlösen zu kämpfen hatten und haben. Ob sich die hoch fliegenden Erwartungen der Werbetreibenden an die Online-Werbung aber auch erfüllen werden, muss in Frage gestellt werden.
5.2 Thesen zur Zukunft der Werbung
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So reagierte eine große Zahl von Nutzern der virtuellen Social Networks StudiVZ, SchülerVZ und XING derart negativ auf die Ankündigung der Betreiber, künftig in größerem Stil Werbung im jeweiligen Netzwerk zuzulassen, dass sich diese gezwungen sahen, ihre Vorhaben einzustellen, zumindest aber zu redimensionieren. Ebenso restriktive Kommerzialisierungsvorbehalte in vielen Blogs, UserForen oder Online-Communities setzen den Wachstumsmöglichkeiten von Online-Werbung und Mobile Marketing-Maßnahmen Grenzen. Darüber hinaus versprechen sich nicht wenige Werbungtreibende mit Online-Werbung und Mobile Marketing besonders innvovative Zielgruppen zu erreichen. Auch diese Erwartung kann nur rudimentär erfüllt werden: Denn bis die Werbung das Feld „Online und Mobile“ mit professionalisierten Verfahren und standardisierten Angeboten erschlossen hat, sind die innovativen Zielgruppen als Early Adopters bereits wieder auf der Suche nach Neuem, Unverbrauchtem und nicht von der breiten Masse Genutztem. 5.2.4 Limitierte Partizipationsbereitschaft der Nutzer begrenzt die Erfolgspotenziale der Mitmach-Werbung Vor allem im Hinblick auf Kostenorientierung und Effizienzsteigerung ist die Partizipation von Nutzern zwingende Voraussetzung für den Erfolg vieler Online-Werbekampagnen, was ja bereits in der Bezeichnung „Mitmach-Werbung“ deutlich wird. Die Partizipationsbereitschaft der Nutzer ist in Quantität und Qualität aber nicht beliebig strapazierbar. So kann das vorne beschriebene Aufmerksamkeitsparadoxon (Schmidt 2002: 111ff) für die Mitmach-Werbung umformuliert werden: Je intensiver das Werbesystem Partizipation der Nutzer fordert, desto unvermeidlicher erzeugt es Ermüdungserscheinungen eben dieser Partizipation. Partizipation als Voraussetzung für Vermarktung führt zwangsläufig zur Vermarktung von Partizipation. Dies führt u.a. dazu, dass Betreiber Nutzerzahlen und ihre Entwicklung oft so in grobem Maße verzerren, dass im Bereich der Onlineund Mobile-Werbung neben Börsen- auch Partizipationsblasen existieren, die eine solide und validierbare Mediaplanung nahezu verunmöglichen. Siehe das Beispiel des Microblogging-Dienstes Twitter in Kapitel 4.8.4. Inwieweit die zwischenzeitlich erkennbaren Sättigungstendenzen der Nutzer virtueller sozialer Netzwerke zu einer Zielgruppenveränderung quantitativer und qualitativer Art führen, kann hier nicht abschliessend beurteilt werden, wird aber für die zukünftige Entwicklung von Online-Werbung und Mobile Marketing zu beobachten bleiben.
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Stichwortverzeichnis Above-the-Line-Werbung 32, 34 Absatzförderung 48 Absatzwerbung 29 Adbusting 90 AdClicks 224, 251 add-on-cards 220 Advertainment 182, 264, 267 Advertiser Founded Programming 253, 264 Advertorial 40, 52, 252, 264, 267 Affiliate-Marketing 224 Agenturen 145, 149, 174 Agenturleistung 163 Agentur-Network 101, 151 Agentur-Verbund 150 Agenturvergütungssysteme 166 AIDA-Formel 234 Akteure, Merkmale von 121 Akteurshandeln 120 Akteurskonstellation 142, 158 Akzeptanzkrise 145 Ambient-Medien 27, 35, 203 Antwortcoupons 212 Anzeige 220 Aufmerksamkeit 232, 297 Aufmerksamkeitsökonomie 96 Aufmerksamkeitswettbewerb 30, 56, 57 Auftragslogik 136, 146, 158, 159, 192, 239 Ausdifferenzierung 45, 71, 80, 97, 149 Außenwerbung 32, 193 Autonomisierung 71 Badvertising 90 Bandenwerbung 32 Banner 210, 223 Bartering 114, 264 Beeinflussungskonstellationen 158 Begleit- und Anschlussinstitutionen 147 Beilagen 218, 220 Bekanntheit 233, 269 Below-the-Line 51 Below-the-Line-Werbung 34, 36, 80, 140 Beobachtungskonstellationen 158 Berufserfahrung 178 Berufsfeld Werbung 177
Berufsnormen 158 Berufsrollen 170, 177 Berufssozialisation 177 Betriebswirtschaftslehre 19 beworbene Objekte 27 Bezugsgruppen 48 Brand-Communities 162 Bruttoinlandsprodukt 109 Brutto-Werbeinvestitionen 113 CityLightBoard 191 CityLightPoster 191 Code Geld 124 Code Publizität 127 Code Teilnahmebereitschaft 128 Communities 86 Consumer Benefit 140, 226, 243 Consumer Culture 89 Content Customization 38 Content-Management-Systeme 210, 249 Copy-Strategie 140, 226 Corporate Communication 53 Creative Briefing 140 Cross-Media 92 Crossover-Marketing 32 Customer Relationship Management 38, 211 Customer Relationship Marketing 45 Database Marketing 38 Deutscher Werberat 78, 82, 104 differenzierungstheoretische Perspektive 120 Digitalisierung 90 Direct-Mail 37, 150 Direkt-Marketing 37 Direktwerbung 37, 40, 204, 207 disperses Publikum 197, 213 Dualität von Struktur 121 Einhefter 220 Einschaltquote 221 Elaboration-Likelihood-Modell 235 Entdifferenzierung 45 Entprofessionalisierung 182 Entzauberung 93 Erinnerung 233, 272 Erkennbarkeit 269
Stichwortverzeichnis Erlebniskonzepte 95 Erlebnisorientierung 93 European Advertising Standards Alliance 104 Euro-Sozio-Styles 242 Evaluation 134, 141 Event-Marketing 80 Expertenwissen 163 Fachverband Werbung und Marktkommunikation der Wirtschaftskammer Österreich 103 Fernsehen 217, 221 Flyer 191 Folder 218 Frauenbewegung 77 Freelancer 149 Fremdbeobachtung 125 Fremdreferenz 124 Full-Service-Agentur 149, 172 Game Show 263 Geldrationalität 125, 298 Geschlechterstereotypen 230, 243 Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb 102 Glaubwürdigkeit 270 Gleichschaltung 73 Globalisierung 87, 105 Gratiszeitung 217 Großflächenplakate 197 Handlungsbereich Distribution 145 Handlungsbereich Produktion 143 Handlungsbereich Rezeption 145 Handlungsbereich Verarbeitung 145 Handlungslogik 123 Handlungsorientierungen 170 Handlungsrollen 143 Handzettel 191 Hidden Action 163, 258 Hidden Information 163, 258 hybride Werbeformen 40, 57, 185, 252 Hybridisierung 52, 268, 295 I/P-Matrix 60, 191, 199, 213, 238, 246 Identität als strategische Selbstbehauptung 147, 173 Image 233, 270 Imagetransfer 270, 271 Individualisierung 79, 93, 105
319 Infomercial 40, 52, 252, 267 Informations- und Kommunikationstechnologien 30, 90, 180 Informationsungleichgewicht 297 Informationsungleichheiten 162, 175, 258 Infotainment 52 Inszenierung 80, 81, 93, 95, 295 Integration in den redaktionellen Kontext 60 Integrierte Kommunikation 52 Integrierte Unternehmenskommunikation 53 Interaktivität 58, 92, 212 interessensgebundene Parteilichkeit 129 Interessenskonstellationen 147, 213, 293 Inter-Mediaselektion 215, 217, 243 Internationalisierung 87 Interpenetrationszone 131 Intra-Mediaselektion 215, 243 Intra-Rollenkonflikt 171, 183, 185 Involvement-Konzept 234 Journalismus 50, 186 Journalisten 182 Jugendproteste 75 Keyword Advertising 266 Kinder- und Jugendschutz 243 Kommunikationsagenturen 142 Kommunikationskooperationen 97, 256, 258 Kommunikationspolitik 45, 95, 134, 148 Kommunikationswettbewerb 81 Konfliktkonstellation 171, 176 Konfliktkonstellationen 297 Konsumgesellschaft 70, 77 Kontexteffekte 193, 236 Konvertierungsinstitution 130 Kostendruck 30 Kreation 172 Kreativität 168, 183, 185 Kreativität, ökonomisch gebändigte 174 Kreativ-Strategie 140, 226 Kreativwettbewerb 157 Kunden-Agentur-Beziehungen 165 Kundenberatung 172 Kundenbriefing 138 Künstler-Identität der Kreativen 184
320 Lasswell-Formel 135 Lebensstile 79, 199, 226, 239 Lebensstilforschung 94 Lifestyle 80, 94, 239, 241, 293 Linguistik 20 Litfaßsäule 71, 72, 195 Logfile-Analyse 224 Loyalität 166 Magaloge 210 Marketing 19, 45 Marketing-Mix 45 Marktmechanismus 124 Marktsättigung 75 Mass Customization 38 Massenkonsum 69 Massenproduktion 69 Mediaagentur 145, 149, 154, 200, 213 Mediaforschung 156, 193 mediale Mehrwertdienste 115 Mediaplanung 56, 140, 182, 193, 215, 217 Mediastrategie 140 Mediatisierung 96, 105 Mediawerbung 32, 195 Medien 156 Medien- und Informationsgesellschaft 46, 55, 104 Medien- und Publikumsforschung 130, 240 Medienökonomie 22 Meinungs- und Informationsfreiheit 69, 102 Me-Too-Produkte 100 Mobile Messaging 208, 248 Mobile-Marketing 205, 211 Mobilitäts- und Frequenzstudien 203 Mobilkommunikation 100, 212, 246, 247 Multioptionsgesellschaft 79 Narrow Casting 264 Nationalsozialismus 73 Netto-Werbeinvestitionen 113, 114, 214 Networkagenturen 80 Network-Holding 152 Network-Konzerne 152 Newsletter 210 ökonomische Rationalität 125 Ökonomisierung 99, 105, 292
Stichwortverzeichnis Ökowelle 79 On-Demand-Produktion 280 One-to-One-Kommunikation 31, 38, 60, 92 One-to-One-Marketing 204 Online-Kommunikation 217, 223, 246 Online-Ökonomie 132 Online-Werbung 37, 85, 224, 246, 273 operative Planung 134 Österreichischer Werberat 104 Out-of-Home-Medien 192, 202 Parteilichkeit der Werbung 146 Peer-to-Peer-Funktion 212 Permission Marketing 208 personale Kommunikation 24 Personalisierung 60, 204 Persuasion 24, 244 Placement 40, 252, 262, 265 Plakat 191 Plakatwerbung 32 Planungsprozess 134 Point of Sales (PoS) 34, 199 PopUps 210, 223 Positionierung 137 Postwurfsendung 191 PoS-Werbefläche 200 Prinzipal-Agent 163, 166, 175, 258, 297 Privatisierung 99, 100 PR-Modelle 48 Product Placement 36, 103, 253, 261 Product Replacement 263, 267 Product-Placement-Agentur 257 Produktlebenszyklen 100 Professionalisierung 71, 177, 200 Programming 253, 264, 265, 293 Programmintegrierte Werbung 40, 45, 51, 140, 169, 252, 293 Propaganda 73 Prospekte 218 Psychologie 19 Public Relations (PR) 46, 50, 51 Publikum 162 Publikumszeitschrift 217, 220 Publireportagen 52 Publizistik- und Kommunikationswissenschaft 21, 55 Qualitätsbeurteilung 165, 166
Stichwortverzeichnis Querfinanzierung über Werbung 57 Radio 217, 222 Radio-Spot 222 Reason Why 140, 227, 243 Re-Briefing 139 Recall 236 Rechtssprechung 101 Rechtsvorschriften 101 Recognition 236 Reichweite 216 Reklame 23 Reminderspot 221 Reputation 166 Risikogesellschaft 79 role-making 171 role-taking 171 Rollenselbstbilder 183 Rundfunkrecht 103 sachliche Ausblendungsregel 129 Schleichwerbung 40, 253 Schockwerbung 82 Schweizer Werbung SW 103 Schweizerische Lauterkeitskommission 104 Screening 166 Segmentierung 239, 240, 241, 252 Segmentierungsverfahren 31, 202 Selbstbeobachtung 125 Selbstbeobachtung der Branche 157 Selbstdarstellung 145, 183 Selbstreferenz 124 Semiotik 20 share of advertising 233 share of mind 233 share of voice 233 Signaling 165 Sinnstiftungsagenturen 95 Sinus-Milieus 94, 239, 242 Situationsanalyse 134, 136 soziale Ausblendungsregel 129 soziodemografische Merkmale 241 soziodemographische Merkmale 199 Soziologie 20 Splitscreen 221 Sponsoring 80, 114, 150, 253 Sportstättenwerbung 199 staatliches Anzeigenwesen 71
321 StandAlone-Agenturen 150 Standortanalysen 203 Steuerungsmedien 123 Strategieentwicklung 134 Streuverluste 199, 240, 270 Studentenbewegung 77 Stufen- und Hierachiemodelle 234 Sympathie 233 System-Umwelt-Differenz 123 Tandemspot 221 Tausenderkontaktpreis 202, 216 Teilsysteme 123 Televoting 115 Test 168 Testmarkt 233 TIME-Märkte 100 Tonality 140, 227, 243 Top-Down-Prozess 146 total coverage 31 Transaktionskosten 48 Transkulturalität 89 Transnationalisierung 88 TV-Formate 169 TV-Spot 221 Typologisierung 240, 241 Unique Advertising Proposition 101 Unique Communication Proposition 81, 101 Unique Selling Proposition 101, 138 Unparteilichkeit der Medien 146 Unterhaltung 52 Unternehmenskonzentration 101 Verhandlungskonstellationen 158 Verhandlungsmacht 156 Verkehrsmittelwerbung 32, 191 Vermarkter 198, 260 Vernetzung von Systemlogiken 131 Veröffentlichungsrationalität 128, 298 virales Marketing 86 virtuelle Gemeinschaften 93 Volkswirtschaftslehre 19 Warehouse-Konzept 257 Warenproben 220 Weltökonomie 88 Werbeagentur 142, 146, 150, 163 Werbebotschaft 226, 228, 243 Werbebrief 210
322 Werbedruck 216 Werbeerfolgskontrolle 141, 233 Werbeflächen 192 Werbeinvestitionen 106, 109 Werbekritik 76, 90 Werbemanagement 134 Werbemetropolen 88 Werbemittel 28 Werbemittelproduktion 92 Werbeparodien 83 Werbeplanung 140 Werbeplattformen 27 Werbeproduktion 136 Werbeprozess 134, 168 Werbestatistik Schweiz 18 Werbestrategie 137 Werbeträger 23, 24, 27, 192, 215 Werbeträgerleistung 224 Werbeverbote 88, 103 Werbevermarkter 154, 192 Werbewirkung 23, 141, 233 Werbewirkungsforschung 233
Stichwortverzeichnis Werbewirtschaftssystem 143 Werbeziele 26, 138 Werbeziele, kommunikative 26, 137 Werbeziele, marketing-orientierte 137 Werbeziele, unternehmenspolitische 137 Werbung als Finanzierungsquelle der Medien 22, 114, 292 Werbung als Indikator soziokulturellen Wandels 70 Werbung als Kommunikationsprozess 25, 135 Werbung für die Werbung 83 Wertewandel 68 Wettbewerbspräsentationen 166 Wirtschaftswunder 74 Word-of-Mouth 31, 86 Zeitung 217, 218 Zentralausschuss der deutschen Werbewirtschaft ZAW 74, 103 Zielgruppen 48, 79, 199, 203, 238, 245 Zielgruppenaffinität 216, 240, 252, 270