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Vorwort der Herausgeber zur 2. Auflage
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Vorwort der Herausgeber zur 2. Auflage Knapp 20 Jahre sind seit dem Erscheinen der ersten Auflage des Österreichischen Bankvertragsrechts vergangen. In dieser langen Zwischenzeit hat sich vieles geändert. Das betrifft vor allem die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Bankrechts, das durch Einflüsse des europäischen Gemeinschaftsrechts in vielen Bereichen wesentlich an Regelungsdichte zugenommen hat. Diese Vorgaben, die sich nicht immer ohne Systembrüche in das österreichische Recht einfügen, führen des Öfteren zu Harmonisierungsproblemen zwischen der innerstaatlichen und der EU-einheitlichen Rechtsschicht. Vor allem wegen dieser neuen Herausforderungen, aber auch allgemein ist eine deutliche Zunahme der literarischen Beschäftigung mit diesen Materien festzustellen und werden wesentlich häufiger als vor zwanzig Jahren Sachverhalte mit bankrechtlichen Problemen an den OGH herangetragen, wovon Verbandsverfahren nach dem KSchG einen beträchtlichen Teil ausmachen. Diese haben in der Unwirksamerklärung mehrerer Regelungen der – gerade wegen des drohenden Nichtigkeitsverdikts über zahlreiche Bestimmungen der alten AGB der Banken neu gefassten – Allgemeinen Bankbedingungen und der bis dahin gebräuchlichen Zinsanpassungsklauseln im Aktiv- und Passivgeschäft ihren publikumswirksamen Höhepunkt gefunden. Alle diese neuen Entwicklungen müssen in der nunmehr in Angriff genommenen Neuauflage des Bankvertragsrechts berücksichtigt werden. Die damit verbundene enorme Aufgabe, aber auch die beträchtliche Ausweitung der behandelten Gebiete auf das Kreditkartengeschäft, Leasing, POS-System, E-Banking und die Kreditsicherheiten ließen es sinnvoll erscheinen, das Werk auf neun Bände aufzuteilen, um mit dem Erscheinen der ersten Teile möglichst bald beginnen und in Hinkunft auch flexibler auf den Bedarf nach einer Neuauflage reagieren zu können. Zur besseren Bewältigung der erhöhten Anforderungen soll auch die Erweiterung des Autorenteams durch zusätzliche Fachleute aus Wissenschaft und Praxis beitragen. Um die Brauchbarkeit der umfassenden Darstellung des Bankvertragsrecht für die tägliche Arbeit mit einschlägigen Problemen zu erhöhen, wurden für viele Bereiche Mitarbeiter aus der Bankpraxis gewonnen, die dem betreffenden Autor beratend beistehen und aufzeigen sollen, wo in der Praxis „der Schuh drückt“. Überdies werden in manchen Abschnitten auch Muster aus der Praxis abgedruckt. In formaler Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass bei den angeführten Entscheidungen nur mehr die Fundstelle im ÖBA und in der SZ, soweit das Erkenntnis dort veröffentlicht ist, sonst in derjenigen Zeitschrift, in der es am ausführlichsten wiedergegeben oder in einer Anmerkung besprochen wurde, zitiert wird. Dafür wird bei Entscheidungen, die ab 1990 ergangen sind, die
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Vorwort der Herausgeber zur 2. Auflage
Geschäftszahl angegeben, um den Zugang zu ihrem vollen Wortlaut über das RIS zu erleichtern. An weiteren Änderungen ist besonders hervorzuheben, dass Univ.-Prof. Dr. Peter Avancini auf eigenen Wunsch aus dem Herausgeber- und Autorenteam ausgeschieden und Univ.-Prof. Dr. Peter Apathy an seine Stelle getreten ist. Ferner erscheint das Bankvertragsrecht in der zweiten Auflage wegen unüberwindlicher Differenzen nicht mehr im Verlag Manz, sondern im Springer-Verlag. Diesem sind wir für die bereitwillige Übernahme des Projekts und für die besonders erfreuliche Zusammenarbeit sehr verbunden. Wir haben das Vorliegen des gesamten Werkes mit Ausnahme der Bände über die Kreditsicherheiten für Ende 2008 geplant. Die Streuung des Erscheinens der einzelnen Bände innerhalb dieses zeitlichen Rahmens macht es bei der Neubearbeitung leider notwendig, hinsichtlich noch nicht vorliegender Teile auf die erste Auflage zu verweisen. Wien/Linz im Jänner 2007
Die Herausgeber
Vorwort der Autoren des 5. Bandes
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Vorwort der Autoren des 5. Bandes Dieser mit „Akkreditiv und Garantie“ betitelte Band behandelt das Akkreditiv, das Dokumenteninkasso und die Bankgarantie. Der Verfasser des Garantiegeschäftes blieb derselbe, wurde jedoch nun von Michael Potyka unterstützt, dem wertvolle Anregungen zu verdanken sind. Die Bearbeitung der beiden anderen Abschnitte hat nunmehr Peter Apathy – unterstützt von Thomas Katzenberger – an Stelle von Peter Avancini, aber auf dessen Darstellung aufbauend, weitergeführt. Das Kapitel über das Akkreditivgeschäft musste in Hinblick auf die Rechtsprechung, das Schrifttum und die Neufassung der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive der Internationalen Handelskammer, die als ERA 600 seit dem 1. Juli 2007 in Verwendung stehen, grundlegend überarbeitet werden. Weiters war den seit dem 1. Oktober 2008 geltenden Einheitlichen Richtlinien für Rembourse zwischen Banken unter Dokumenten-Akkreditiven (ERR 725) Rechnung zu tragen. Ebenso mussten beim Dokumenteninkasso die Einheitlichen Richtlinien für Inkassi (ERI 522) eingearbeitet und Weiterentwicklungen insbesondere im Schrifttum berücksichtigt werden. Herrn Dr. Thomas Katzenberger (UniCredit Bank Austria AG), der als österreichischer Delegierter bei der Bankenkommission der Internationalen Handelskammer in besonderer Weise in die Fortbildung der Einheitlichen Richtlinien eingebunden ist, sei für seine Mitarbeit und viele wertvolle Anregungen aus der Bankpraxis zu beiden Themenbereichen gedankt. Das Garantiegeschäft bedurfte nicht nur wegen der Weiterentwicklung von Rechtsprechung und Lehre, sondern auch aufgrund der Änderung so mancher einschlägiger Normen – insbesondere für grenzüberschreitende Garantiegeschäfte – einer erheblichen Überarbeitung. Die Bearbeitung ist auf dem Stand von Dezember 2008. Bis dahin veröffentlichte Entscheidungen und Literatur wurden möglichst umfassend berücksichtigt. Wesentliche deutsche und schweizerische Literatur wurde eingearbeitet; Entscheidungen aus diesen Nachbarländern werden hingegen nur dort zitiert, wo es den Umständen nach sinnvoll erscheint. Wir danken Herrn MMag. Dr. Albert Haunschmidt, Frau Mag. Christine Affenzeller und Frau Mag. Simone Högl sowie Herrn Mag. Christian Jöllinger, Frau Mag. Barbara Wehr und Frau Dr. Nora Wallner für ihre tatkräftige und wertvolle Unterstützung sowohl durch vorbereitende Hilfestellungen inhaltlicher Art als auch durch Tätigkeiten im formalen Bereich, wie insbesondere das Korrekturlesen und die Anfertigung der Register. Wien, im Dezember 2008
Peter Apathy Helmut Koziol
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Inhaltsverzeichnis
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Vorwort der Herausgeber zur 2. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vorwort der Autoren des 5. Bandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abgekürzt zitierte Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII Autoren- und Mitarbeiterliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIX
1. Kapitel Das Dokumentenakkreditiv Von Peter Apathy unter Mitarbeit von Thomas Katzenberger I. Allgemeines zum Akkreditivgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Begriff und Arten des Akkreditivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zahlungsakkreditiv – Akzeptierungsakkreditiv – Negoziierungsakkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelakkreditiv – revolvierendes Akkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gegenakkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die am Akkreditivgeschäft Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundkonstellation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einschaltung einer weiteren Bank (Zweitbank) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Wirtschaftliche Funktionen des Akkreditivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zahlungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kreditfunktion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Abgrenzung zur abstrakten Bankgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Rechtsgrundlagen des Akkreditivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (ERA 600) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Allgemeine Bedingungen für Bankgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 3 6 7 8 8 8 10 10 10 11 12 13 13
II. Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – Begünstigter . . . . . . . . . . . . . A. Vereinbarung und Bedeutung einer Akkreditivklausel . . . . . . . . . . . . . . . B. Pflichten der Parteien aus der Akkreditivklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pflichten des Akkreditivauftraggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflichten des Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Auswirkung von Mängeln im Grundgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vor Akkreditiveröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zwischen Akkreditiveröffnung und -honorierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nach Akkreditivhonorierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18 18 22 22 24 25 25 25 26
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III. Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank . . . . . . . . . . A. Akkreditiveröffnungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zustandekommen des Auftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Inhalt des Akkreditivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begünstigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Akkreditivbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Leistungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verfalldatum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Ort für die Dokumentenvorlage, Leistungsort . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Eröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Übertragbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Waren- oder Leistungsbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Warentransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Verladedatum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erlöschen des Auftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Pflichten der eröffnenden Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beratung des Auftraggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eröffnung des Akkreditivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weisungen des Auftraggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Benachrichtigung des Auftraggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Überprüfung der Dokumentenvorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Behandlung der vorgelegten Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Honorierung des Akkreditivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Erhebung des Rechtsmissbrauchseinwands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Pflichten des Akkreditivauftraggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bevorschussung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Provision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rüge einer fehlerhaften Dokumentenvorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aufwandersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bei Zahlungen an den Begünstigten vor Fälligkeit des Akkreditivs
27 27 27 28 28 29 29 30 32 32 33 33 34 34 35 36 37 37 37 38 40 42 42 42 43 43 44 44 45 45 46 46 48
IV. Das Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Inhalt der Akkreditivverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sichtzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hinausgeschobene Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Akzeptierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Negoziierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsnatur der Akkreditivverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zahlungsakkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Akzeptierungsakkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Negoziierungsakkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Entstehen der Akkreditivverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Inanspruchnahme des Akkreditivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Dokumentenaufnahme und Dokumentenrüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Einwendungen gegen die Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die grundsätzliche Unzulässigkeit von Einwendungen . . . . . . . . . . . . 2. Zulässige Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ungültigkeit des Akkreditivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50 50 50 51 52 53 57 58 62 62 63 65 73 86 86 88 88
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G. H. I.
J. K. L. M.
b) Einwendungen aus dem Inhalt des Akkreditivs, insbesondere Einwand der mangelnden Akkreditivgerechtheit der Dokumente c) Einwendungen aus dem persönlichen Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . d) Einwendungen aus dem Inhalt der Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zulässige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis, insbesondere der Einwand des Rechtsmissbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . Abtretung des Zahlungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übertragung des Akkreditivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pfändung der Ansprüche aus dem Akkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pfändung nach Dokumentenvorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pfändung vor Dokumentenvorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abänderung des Akkreditivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erlöschen der Akkreditivverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tod und Geschäftsunfähigkeit des Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI
89 97 98 99 101 103 108 108 110 110 112 112 113
V. Einschaltung weiterer Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einschaltung einer avisierenden Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Rechtsverhältnis avisierende Bank – eröffnende Bank . . . . . . . . . 2. Das Verhältnis avisierende Bank – Akkreditivauftraggeber . . . . . . . . . 3. Das Rechtsverhältnis avisierende Bank – Begünstigter . . . . . . . . . . . . . 4. Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – Begünstigter . . . . . . . . B. Einschaltung einer benannten Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Rechtsverhältnis benannte Bank – eröffnende Bank . . . . . . . . . . . 2. Das Rechtsverhältnis benannte Bank – Akkreditivauftraggeber . . . . . . 3. Das Rechtsverhältnis benannte Bank – Begünstigter . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Rechtsverhältnis Begünstigter – eröffnende Bank . . . . . . . . . . . . . C. Einschaltung einer bestätigenden Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Rechtsverhältnis bestätigende Bank – eröffnende Bank . . . . . . . . 2. Das Rechtsverhältnis bestätigende Bank – Akkreditivauftraggeber . . . 3. Das Rechtsverhältnis bestätigende Bank – Begünstigter . . . . . . . . . . . . a) Die Rechtsnatur der Bestätigung von Zahlungsakkreditiven . . . . . . b) Die Rechtsnatur der Bestätigung von Akzeptierungsakkreditiven c) Die Rechtsnatur der Bestätigung von Negoziierungsakkreditiven d) Gemeinsamkeiten aller Akkreditivbestätigungen . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Verhältnis Begünstigter – eröffnende Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Einschaltung einer Remboursbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsverhältnis Remboursbank – eröffnende Bank . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis Remboursbank – benannte Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsverhältnis eröffnende Bank – benannte Bank . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsverhältnis Begünstigter – eröffnende Bank (bestätigende Bank) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Haftung der eröffnenden Bank gegenüber ihrem Auftraggeber für eine Zweitbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Zweitbank als avisierende Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Zweitbank als benannte Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Zweitbank als bestätigende Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VI. Einstweiliger Rechtsschutz für den Akkreditivauftraggeber . . . . . . . . . . . . . . A. Einstweilige Verfügung gegen den Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. An die eröffnende Bank gerichtetes Zahlungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . C. An die bestätigende Bank gerichtetes Zahlungsverbot . . . . . . . . . . . . . . .
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VII. Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Problematik im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Mängel im Verhältnis eröffnende Bank – Begünstigter . . . . . . . . . . . . . . . C. Mängel im Verhältnis Akkreditivauftraggeber – Begünstigter (Valutaverhältnis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Mängel im Verhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank (Deckungsverhältnis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Fehlerhaftigkeit von Deckungs- und Valutaverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . F. Irrtümliche Akkreditivhonorierung durch die benannte Bank . . . . . . . . . G. Zahlung der bestätigenden Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
145 145 146
VIII. Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die für die rechtsgeschäftlichen Beziehungen maßgebenden Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Akkreditiveröffnungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Akkreditivverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Akkreditivbestätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Rechtsbeziehung zwischen eröffnender Bank und Zweitbank . . . B. Die für Schadenersatz- und Bereicherungsansprüche maßgebenden Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
150 150 150 150 152 152
IX. Insolvenz eines Beteiligten am Akkreditivgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Insolvenz des Akkreditivauftraggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auswirkungen im Verhältnis zum Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen im Verhältnis zur eröffnende Bank . . . . . . . . . . . . . . . . B. Konkurs der eröffnenden Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auswirkungen im Verhältnis zum Akkreditivauftraggeber . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen im Verhältnis zum Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Insolvenz des Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auswirkungen im Verhältnis zum Akkreditivauftraggeber . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen im Verhältnis zur eröffnenden Bank . . . . . . . . . . . . . . . D. Konkurs der Zweitbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Avisierende Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Benannte Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bestätigende Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
153 153 153 154 156 156 157 158 158 158 159 159 159 161
147 147 148 149 149
152
X. Anhang: ERA 600 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive, Revision 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
2. Kapitel Das Dokumenteninkasso Von Peter Apathy unter Mitarbeit von Thomas Katzenberger I. Allgemeines zum Dokumenteninkasso . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Umschreibung des Dokumenteninkassos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Kreis der Beteiligten am Dokumenteninkasso . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Unabhängigkeit vom Grundgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Funktionen des Dokumenteninkassos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Rechtsgrundlagen des Dokumenteninkassos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
183 183 185 186 187 188
II. Das Rechtsverhältnis Inkassoauftraggeber (Verkäufer) – Bezogener (Käufer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
Inhaltsverzeichnis
XIII
III. Das Rechtsverhältnis Inkassoauftraggeber (Verkäufer) – Einreicherbank . . . A. Inkassoauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Pflichten der Einreicherbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prüfung des Inkassoauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beauftragung einer weiteren Bank mit dem Inkasso . . . . . . . . . . . . . . 3. Herausgabe des Erlöses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Benachrichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Pflichten des Inkassoauftraggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Sicherungsrechte der Einreicherbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
192 192 197 197 198 200 201 201 201
IV. Das Rechtsverhältnis Einreicherbank – Inkassobank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Inkassoauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Pflichten der Inkassobank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prüfung des Inkassoauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorlage der Papiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausfolgung der Papiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausfolgung gegen Barzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausfolgung gegen Akzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausfolgung gegen sonstige Verpflichtungserklärungen . . . . . . . . . . 4. Herausgabe des Inkassoerlöses bzw Rückstellung der Inkassodokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Benachrichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Pflichten der Einreicherbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Einschaltung einer weiteren Bank zur Durchführung des Inkassos . . . . .
204 204 205 205 206 207 208 209 210 211 212 213 213
V. Das Verhältnis Inkassobank – Bezogener (Käufer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 VI. Anhang: ERI 522 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einheitliche Richtlinien für Inkassi, 1995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Allgemeine Regeln und Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Form und Gliederung von Inkassi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Form der Vorlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Haftung und Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Zinsen, Gebühren und Auslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Andere Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
215 215 215 216 217 219 221 222 223
3. Kapitel Die Bankgarantie Von Helmut Koziol unter Mitarbeit von Michael Potyka I. Begriff und Arten der Bankgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Begriff der Bankgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zahlungspflicht der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sicherungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Abstraktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Liquiditätsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Bedeutung der Präambel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Arten der Bankgarantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Einteilung nach dem Gegenstand der Sicherung . . . . . . . . . . . . . . a) Die Bietungs- oder Ausschreibungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Anzahlungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
225 225 225 226 226 227 230 230 231 231 231 232
XIV
Inhaltsverzeichnis c) Die Erfüllungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gewährleistungsgarantie und Haftrücklassgarantie . . . . . . . . . . . . . e) Die Konossementsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zahlungsgarantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nach der Art der Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einmalig abrufbare und revolvierende Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Direkte und indirekte Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Abgrenzung der Bankgarantie von verwandten Geschäften . . . . . . . 1. Bürgschaft und Bankgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Abgrenzung im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Auslegungsbedürftigkeit der Haftungsübernahmen . . . . . . . . . c) Die Auslegungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Wortlaut der Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Absicht der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Mischformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kreditauftrag und Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition und Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Kreditauftrag als Bürgschafts- oder Garantievertrag . . . . . . . . . c) Der Kreditauftrag als Auftragsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Versicherungsvertrag und Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anweisung (Akkreditiv) und Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
233 233 236 237 237 238 238 239 239 239 240 241 243 243 245 248 251 251 251 252 254 257
II. Das Rechtsverhältnis zwischen Garantieauftraggeber und Begünstigtem . . . A. Die Pflicht zur Garantieerstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Auswirkungen der Garantieerstellung auf das Valutaverhältnis . . . . . . . . C. Ansprüche des Garantieauftraggebers auf Unterlassung oder Widerruf der Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
258 258 259
III. Das Rechtsverhältnis zwischen Bank und Garantieauftraggeber . . . . . . . . . . A. Die Pflichten der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eröffnung der Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Überprüfung des Eintritts des Garantiefalles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Benachrichtigung des Auftraggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Erhebung des Rechtsmissbrauchseinwandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Pflicht zur Unterlassung der Auszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Liquidität der Beweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nachforschungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Pflichten des Garantieauftraggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufwandersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
261 261 261 261 263 264 264 264 266 267 268 268 270
IV. Das Rechtsverhältnis zwischen der garantierenden Bank und dem Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Entstehung der Garantieverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Voraussetzung eines Vertragsabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Zustandekommen eines Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Frage der Formbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Dissensprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Devisenrechtliche Gültigkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Auslegung des Garantievertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Art und Umfang der Garantieleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
271 271 271 272 273 275 276 277 280
259
Inhaltsverzeichnis
XV
D. Die Inanspruchnahme der Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inanspruchnahme durch den Begünstigten gegenüber dem Garanten 2. Die inhaltlichen Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Substantiierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Bezifferung des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorsorgliche Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Erbringung von Nachweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Form der Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Rechtzeitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Beanstandung mangelhafter Inanspruchnahme und Fristerstreckung E. Einwendungen des Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Grundsatz des Einwendungsausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zulässige Einwendungen aus dem Verhältnis zwischen Garant und Begünstigtem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Ungültigkeit des Garantievertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mangelhafte Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Garantiefall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zug-um-Zug-Einrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Aufrechnungseinrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Einwand des Eigenverschuldens des Begünstigten . . . . . . . . . . . . . g) Der Einwand der schlechten Vermögensverhältnisse . . . . . . . . . . . 3. Zulässige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Einwendungsmöglichkeiten im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Einwand des Rechtsmissbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Liquide Beweisbarkeit der Einwendungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Hinterlegung des Garantiebetrages durch den Garanten . . . . . . . . . . . F. Die Übertragung der Rechte des Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Übertragbarkeit des Zahlungsanspruches und des Rechts auf Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abtretung des Zahlungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abtretung des Rechts auf Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Abtretung der gesicherten Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Zession nach den §§ 1358 und 1422 ABGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Die Sorgfaltspflichten des Begünstigten gegenüber dem Garanten . . . . . H. Die Beendigung der Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Befristung und Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verjährungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beginn des Fristenlaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
281 281
306 306 307 309 310 311 312 312 312 313 313 315
V. Die Rechtsverhältnisse bei einer Mehrheit von Sicherheiten oder einer Mehrheit von Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Mehrheit von Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Konsortialgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unabhängig voneinander übernommene Garantien . . . . . . . . . . . . . . . B. Garantien neben anderen Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Mehrheit von Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
315 315 315 317 317 318
VI. Die Einschaltung einer zweiten Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einschaltung einer Avis-Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Verhältnis zwischen dem Begünstigten und der zweiten Bank . . 2. Das Verhältnis zwischen dem Begünstigten und der Garantiebank . .
318 318 318 318
283 283 285 286 286 288 290 292 293 293 294 294 295 296 297 297 298 298 299 299 300 303 305 306
XVI
Inhaltsverzeichnis 3. Das Verhältnis zwischen dem Begünstigten und dem Garantieauftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Verhältnis zwischen dem Garantieauftraggeber und der Erstbank B. Bestätigung der Garantie durch eine Zweitbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Stellung des Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verhältnis zwischen dem Garantieauftraggeber und der Erstbank 3. Das Verhältnis zwischen den beiden Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die indirekte Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verhältnis zwischen dem Begünstigten und der Zweitbank . . . . . 3. Das Verhältnis zwischen der Zweitbank und der Erstbank . . . . . . . . . a) Das Auftragsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Rückgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Verhältnis zwischen der Erstbank und dem Auftraggeber . . . . . . 5. Das Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Begünstigten . . 6. Das Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und der Zweitbank . . . . .
319 319 320 320 321 322 322 322 323 323 323 323 324 325 325
VII. Einstweilige Verfügungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Bei direkten Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einstweilige Verfügungen gegen den Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zur Sicherung von Unterlassungsansprüchen gegen die Bank . . . . b) Zur Sicherung von Ansprüchen gegen den Begünstigten . . . . . . . . 2. Einstweilige Verfügungen gegen den Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . B. Bei indirekten Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einstweilige Verfügung gegen die Erstbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einstweilige Verfügung gegen die Zweitbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einstweilige Verfügung gegen den Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zuständigkeitsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Zuständigkeit gemäß § 387 EO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inländische Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Direkte Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Indirekte Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
326 326 326 326 328 329 330 330 331 331 331 331 332 332 333 334
VIII. Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Mängel im Verhältnis zwischen Garant und Begünstigtem . . . . . . . . . . . . B. Mängel des Deckungsverhältnisses zwischen Garant und Auftraggeber . C. Mängel des Valutaverhältnisses zwischen Auftraggeber und Begünstigtem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Das Fehlen beider Grundverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bei wirksamer Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bei unwirksamer Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
335 335 338
IX. Internationales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Direkte Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die für die rechtsgeschäftlichen Beziehungen maßgebenden Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die für Schadenersatz- und Bereicherungsansprüche maßgebenden Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Indirekte Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die für die rechtsgeschäftlichen Beziehungen maßgebenden Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die für Schadenersatz- und Bereicherungsansprüche maßgebenden Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
338 341 341 342 343 343 343 344 345 345 345
Inhaltsverzeichnis
XVII
X. Die Bankgarantie im Konkurs des Auftraggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Frage der Wirksamkeit des Auftrags zur Garantieeröffnung . . . . . . . . 1. Auftragserteilung nach Konkurseröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auftragserteilung vor Konkurseröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eröffnung des Konkurses vor Hinauslegung der Garantie . . . . . . . b) Eröffnung des Konkurses nach Hinauslegung der Garantie . . . . . . B. Fragen der Gläubigeranfechtung im Konkurs des Auftraggebers . . . . . . . 1. Anfechtungsmöglichkeiten gegenüber dem Garanten . . . . . . . . . . . . . a) Die Anfechtbarkeit der Ermächtigung des Garanten . . . . . . . . . . . . b) Die Anfechtbarkeit der Zahlung des Aufwandersatzes an den Garanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Anfechtbarkeit der Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Begünstigte als Anfechtungsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Anfechtung des Valutaverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Anfechtung der Zahlung durch den Garanten an den Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Anfechtung der Zahlung des Auftraggebers an den Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
346 346 346 347 347 347 348 348 348 349 349 350 350 351 352
Anhänge I. Anhang I – Einheitliche Richtlinien der Internationalen Handelskammer für auf Anfordern zahlbare Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begünstigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Garant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Rückgarant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Anwendungsbereich der Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Haftung und Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Verfallregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
353 353 354 355 355 355 355 356 359 360 361
II. Anhang II – Muster für Bankgarantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Anzahlungsgarantie (Inland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Anzahlungsgarantie (Ausland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Bietgarantie (Inland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Bietgarantie (Ausland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Deckungsrücklassgarantie (Inland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Gewährleistungsgarantie (Inland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Haftrücklassgarantie (Inland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Haftrücklassgarantie (Ausland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Liefergarantie (Inland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . J. Liefergarantie (Ausland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . K. Vertragserfüllungsgarantie (Inland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . L. Vertragserfüllungsgarantie (Ausland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M. Vorauszahlungsgarantie (Inland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . N. Vorauszahlungsgarantie (Ausland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O. Zahlungsgarantie (Inland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P. Zahlungsgarantie (Ausland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
364 364 365 366 367 368 369 370 371 372 373 374 375 376 377 378 379
XVIII
Inhaltsverzeichnis
Register der Allgemeinen Bedingungen für Bankgeschäfte, Fassung 2000/2003 . . 381 Register der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Oesterreichischen Kontrollbank AG betreffend Garantien – Fassung 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 Register der Gesetzesstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389
Abkürzungsverzeichnis
XIX
Abkürzungsverzeichnis aA aaO AB ABB
= = = =
anderer Ansicht am angegebenen Ort Ausschussbericht Allgemeine Geschäftsbedingungen für Bankgeschäfte 2000, Revision 2003 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch Abgabenexekutionsordnung Amtsblatt Absatz Archiv für die civilistische Praxis am Ende alte Fassung 1. Aktiengesellschaft 2. Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen 3. Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen (deutsches) Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditunternehmungen 1979 Amtshaftungsgesetz Allgemeines Handelsgesetzbuch Aktuelle Juristische Praxis (Schweizer Zeitschrift) Aktiengesetz anderer Meinung Anfechtungsordnung Anhang Anlage Anmerkung Österreichisches Anwaltsblatt Ausgleichsordnung Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen argumento Artikel Allgemeiner Teil Außerstreitgesetz Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters (seit 1975 RIW) (Zeitschrift)
ABGB AbgEO ABl Abs AcP aE aF AG
= = = = = = = =
AGB AGBG
= =
AGBKr AHG AHGB AJP AktG aM AnfO Anh Anl Anm AnwBl AO ArbSlg arg Art AT AußStrG AVG AWD
= = = = = = = = = = = = = = = = = = =
BAO BB Bd
= Bundesabgabenordnung = Der Betriebsberater (Zeitschrift) = Band
XX
Abkürzungsverzeichnis
BDG BeteilFG BG BGB BGBl BGE BGH BGHZ BlgNR BMF BStFG BT BVerwG B-VG BVS BWA BWG bzw
= = = = = = = = = = = = = = = = = =
Beamtendienstrechtsgesetz Beteiligungsfondsgesetz Bundesgesetz (deutsches) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts (deutscher) Bundesgerichtshof Entscheidungen des (deutschen) Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrats Bundesminister(ium) für Finanzen Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz Besonderer Teil (deutsches) Bundesverwaltungsgericht Bundes-Verfassungsgesetz Bedingungen für die Vermietung von Safes Bundes-Wertpapieraufsicht Bankwesengesetz beziehungsweise
ca cic
= circa = culpa in contrahendo
d = deutsch (in Verbindung mit einer weiteren Abkürzung) dAGB-Banken = (deutsche) Allgemeine Geschäftsbedingungen der privaten Banken und der Genossenschaftsbanken, Fassung 2002 dAGB-Sparkassen = (deutsche) Allgemeine Geschäftsbedingungen der Sparkassen, Fassung 2002 DB = Der Betrieb (Zeitschrift) DepG = Depotgesetz DevG = Devisengesetz dh = das heißt Diss = Dissertation DRGBl = Deutsches Reichsgesetzblatt DSG = Datenschutzgesetz E EB ECG ecolex ECU EDV EFSlg EG
= = = = = = = =
EGBGB EGEO EGZPO EIB EKHG EMRK EO ERA (ERG)
= = = = = = = =
Entscheidung Erläuternde Bemerkungen E-Commerce-Gesetz ecolex, Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht European Currency Unit Elektronische Datenverarbeitung Ehe- und familienrechtliche Entscheidungen 1. Europäische Gemeinschaften 2. Einführungsgesetz Einführungsgesetz zum (deutschen) Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zur Exekutionsordnung Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung Europäische Investitionsbank Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz Europäische Menschenrechtskonvention Exekutionsordnung Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive
Abkürzungsverzeichnis
XXI
ErbStG ErgBd ERI Erk EStG etc EU-GesRÄG EuGH EuGVÜ EuGVVO
= = = = = = = = = =
Euro-JuBeG EUV EuZW EV EvBl EVHGB
= = = = = =
EVÜ EWG EWiR EWR EZB
= = = = =
Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz Ergänzungsband Einheitliche Richtlinien für Inkassi Erkenntnis Einkommensteuergesetz et cetera EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz Europäischer Gerichtshof Brüsseler Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen V (EG) über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollsteckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Euro-Justiz-Begleitgesetz Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Einführungsverordnung Evidenzblatt der Rechtsmittelentscheidungen in der ÖJZ Vierte Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften im Lande Österreich Europäisches Schuldvertragsübereinkommen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum Europäische Zentralbank
f FAB FamRZ FBG FernFinG ff FinSG FinStrG FLF FMA FMA-AG FMAG FN FS
= = = = = = = = = = = = = =
und der (die) folgende Bericht des Finanzausschusses Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Firmenbuchgesetz Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz und die folgenden Finanzsicherheiten-Gesetz Finanzstrafgesetz Finanzierung, Leasing, Factoring (Zeitschrift) Finanzmarktaufsicht Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz Finanzmarktaufsichtsgesetz Fußnote Festschrift
G
= 1. Geld (Kurstaxe) 2. Gesetz = Allgemeines Grundbuchsgesetz = Gebührengesetz = Gedenkschrift = Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften = Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz = Gesellschaft bürgerlichen Rechts = Der Gesellschafter, Zeitschrift für Gesellschaftsrecht = Gewerbeordnung = (deutsches) Grundgesetz = Glaser/Unger (Hrsg), Sammlung von zivilrechtlichen Entscheidungen des kk Obersten Gerichtshofes
GBG GebG GedS GenG Geo GesBR GesRZ GewO GG GlU
XXII GlUNF GmbH GmbHG GP GroßKomm GUG GZ
Abkürzungsverzeichnis = Glaser/Unger (Hrsg), Sammlung von zivilrechtlichen Entscheidungen des kk Obersten Gerichtshofes, Neue Folge = Gesellschaft mit beschränkter Haftung = Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung = Gesetzgebungsperiode = Großkommentar = Grundbuchsumstellungsgesetz = 1. Österreichische Allgemeine Gerichtszeitung 2. Geschäftszahl
H hA HaRÄG HAVE HB HGB hL hM Hrsg HS HypBG
= = = = = = = = = = =
Heft herrschende Ansicht Handelsrechts-Änderungsgesetz Haftung und Versicherung (Zeitschrift) Handbuch Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Herausgeber Handelsrechtliche Entscheidungen Hypothekenbankgesetz
ICC idF idgF idR ieS IHK ImmoInvFG InvFG IPR IPRax IPRE IPRG IRÄG iS iSd iVm IWF iwS
= International Chamber of Commerce (Internationale Handelskammer) = in der Fassung = in der geltenden Fassung = in der Regel = im engeren Sinn = Internationale Handelskammer = Immobilien-Investmentfondsgesetz = Investmentfondsgesetz = Internationales Privatrecht = Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift) = Österreichische Entscheidungen zum internationalen Privatrecht = BG über das internationale Privatrecht = Insolvenzrechtsänderungsgesetz = im Sinne = im Sinne des/der = in Verbindung mit = Internationaler Währungsfonds = im weiteren Sinn
JA JAB JB JBl JGS JN JR JuS JW JZ
= = = = = = = = = =
Justizausschuss Bericht des Justizausschusses Judikatenbuch Juristische Blätter Justizgesetzsammlung (1780 – 1884) Jurisdiktionsnorm Juristische Rundschau (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristische Wochenschrift (deutsche) Juristenzeitung
Abkürzungsverzeichnis
XXIII
KartG KautSchG KEG KESt KG
= = = = =
Kartellgesetz Kautionsschutzgesetz Kraftloserklärungsgesetz Kapitalertragsteuer 1. Kammergericht Berlin 2. Kommanditgesellschaft kaiserlich-königlich Kapitalmarktgesetz Konkursordnung Kommentar Konsumentenschutzgesetz Konkurs,- Treuhand- und Schiedsgerichtswesen (Zeitschrift) Kreditwesengesetz
kk KMG KO Komm KSchG KTS KWG
= = = = = = =
LG LGVÜ LGZ lit LM
= = = = =
Landesgericht Lugano Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen Landesgericht für Zivilrechtssachen litera Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, hrsg von Lindenmaier und Möhring
Mat MDR mE MGA MietSlg MRK MünchKomm mwN
= = = = = = = =
Materialien Monatsschrift für deutsches Recht meines Erachtens Manzsche Große Gesetzesausgabe Mietrechtliche Entscheidungen Europäische Menschenrechtskonvention Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen
NBG nF NJW NJW-RR NO Nr NZ NZG
= = = = = = = =
Nationalbankgesetz neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Notariatsordnung Nummer Österreichische Notariats-Zeitung Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
O ö ÖBA OECD OeKB OeNB OGH ÖJZ OLG OLSchV ÖSpkZ österr
= = = = = = = = = = = =
Ordnung österreichisch (in Verbindung mit einer weiteren Abkürzung) Österreichisches Bank-Archiv (Zeitschrift) Organization for Economic Co-Operation and Development Oesterreichische Kontrollbank Oesterreichische Nationalbank Oberster Gerichtshof Österreichische Juristen-Zeitung Oberlandesgericht Orderlagerscheinverordnung Österreichische Sparkassenzeitung österreichisch
XXIV
Abkürzungsverzeichnis
ÖStZ OTC ÖZW
= Österreichische Steuerzeitung = over the counter = Österreichische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
P pa PKG Prot PSG PSKG
= = = = = =
QuHGZ
= Quartalshefte der Girozentrale
RabelsZ RAO RatG RdA RdM RdW rG RG RGBl RGRK RGZ RIS RIW RL RPflSlgE Rom I
= = = = = = = = = = = = = = = =
Rom II
=
Rsp
=
RV rW RWZ Rz RZ
= = = = =
S s SchG SigG SJZ SpG SR SSt
= = = = = = = =
StGB StGG StPO
Punkt(e) per annum Pensionskassengesetz Protokoll Privatstiftungsgesetz Postsparkassengesetz
Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rechtsanwaltsordnung Ratengesetz Das Recht der Arbeit (Zeitschrift) Recht der Medizin (Zeitschrift) Österreichisches Recht der Wirtschaft (Zeitschrift) repartiert Geld (Kurszusatz) (deutsches) Reichsgericht Reichsgesetzblatt Kommentar der Reichsgerichtsräte Entscheidungen des (deutschen) Reichsgerichtes in Zivilsachen Rechtsinformationssystem des Bundes Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Richtlinie Sammlung von Rechtsmittelentscheidungen in Exekutionssachen V (EG) über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht V (EG) über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht 1. Die Rechtsprechung (Zeitschrift) 2. Rechtsprechung Regierungsvorlage repartiert Ware (Kurszusatz) Österreichische Zeitschrift für Rechnungswesen Randzahl Österreichische Richterzeitung
Seite siehe Scheckgesetz Signaturgesetz Schweizerische Juristenzeitung Sparkassengesetz Schuldrecht Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Strafsachen und Disziplinarangelegenheiten = Strafgesetzbuch = 1. Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger = Strafprozessordnung
Abkürzungsverzeichnis SWK SZ SZW
= Österreichische Steuer- und Wirtschaftskartei (Zeitschrift) = Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen = Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
TKG TNG TP
= Telekommunikationsgesetz = Teilzeitnutzungsgesetz = Tarifpost
ua uä ÜbG Übk ÜbV UGB UHG UN UNCITRAL URR
= = = = = = = = = =
US UStG usw uU UVS
= = = = =
V VAG VbVG VerG VersR VersVG VfGH VfSlg
= = = = = = = =
vgl vH VO Vorbem VStG VwGH VwSlg
= = = = = = =
W WAG wbl WG WKÖ WM wobl WrKommStGB
= = = = = = = =
XXV
unter anderem und ähnliche(s) Übernahmegesetz Übereinkommen Übernahmeverordnung Unternehmensgesetzbuch Urkundenhinterlegungsgesetz Vereinte Nationen United Nations Commission on International Trade Law Einheitliche Richtlinien für Rembourse zwischen Banken unter Dokumenten-Akkreditiven United States (of America) Umsatzsteuergesetz und so weiter unter Umständen Unabhängiger Verwaltungssenat Verordnung Versicherungsaufsichtsgesetz Verbandsverantwortlichkeitsgesetz Vereinsgesetz Versicherungsrecht (Zeitschrift) Versicherungsvertragsgesetz Verfassungsgerichtshof Sammlung der Erkenntnisse und wichtigsten Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes, Neue Folge vergleiche von Hundert Verordnung Vorbemerkungen Verwaltungsstrafgesetz Verwaltungsgerichtshof Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes, Neue Folge Ware (Kurstaxe) Wertpapieraufsichtsgesetz Wirtschaftsrechtliche Blätter (Beilage zu JBl) Wechselgesetz Wirtschaftskammer Österreich Wertpapier-Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Wohnrechtliche Blätter Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch
XXVI
Abkürzungsverzeichnis
WTBO WuB WuR
= Bundesgesetz über das Berufsrecht der Wirtschaftstreuhänder = Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht = Wirtschaft und Recht (Zeitschrift)
XETRA
= Exchange Electronic Trading (Handelssystem an der Wiener Wertpapierbörse)
Z ZAS zB ZBB ZBJV ZBl ZessRÄG ZEuP ZfgG ZfRV ZfV ZfVB
= = = = = = = = = = = =
ZGK ZGR ZGV ZHR ZIK ZinsRÄG ZIP ZKW Zl ZPO zT ZTG ZVR ZZP
= = = = = = = = = = = = = =
Ziffer, Zahl Zeitschrift für Arbeitsrecht und Sozialrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins Zentralblatt für die juristische Praxis Zessionsrechts-Änderungsgesetz Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zeitschrift für Verwaltung Die administrativrechtlichen Entscheidungen des VwGH und die verwaltungsrechtlich relevanten Entscheidungen des VfGH in lückenloser Folge (Beilage zur ZfV) Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für Gebühren und Verkehrsteuern Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Insolvenzrecht und Kreditschutz Zinsenrechts-Änderungsgesetz Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zahl Zivilprozeßordnung zum Teil Ziviltechnikergesetz Zeitschrift für Verkehrsrecht Zeitschrift für Zivilprozeß
Abgekürzt zitierte Literatur
XXVII
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Autoren- und Mitarbeiterliste
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Autoren- und Mitarbeiterliste o. Univ.-Prof. Dr. Peter Apathy Institut für Zivilrecht, Universität Linz Dr. Thomas Katzenberger UniCredit Bank Austria AG o. Univ.-Prof. i. R. Dr. Dr. h. c. Helmut Koziol Direktor-Stellvertreter des Instituts für Europäisches Schadenersatzrecht der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Dr. Michael Potyka UniCredit Bank Austria AG
Allgemeines zum Akkreditivgeschäft
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1. Kapitel Das Dokumentenakkreditiv Von Peter Apathy unter Mitarbeit von Thomas Katzenberger*
Literatur: Apathy, Aktuelle Fragen des Dokumentenakkreditivs, ÖBA 2009; P. Bydlinski, Rückgriff der Akkreditivbank kraft Legalzession (§ 1358 ABGB), ÖBA 2002, 680; Diwok, Kondiktion der Akkreditivzahlung bei Dokumentenfälschung unter besonderer Berücksichtigung der UCP 500, ÖBA 2001, 360; Griß-Reiterer, Analyse der Rechtsprechung zum Dokumentengeschäft, ÖBA 1999, 175; Internationale Handelskammer, International Standard Banking Practice for the Examination of Documents under Documentary Credits (ISBP, 2007, IHK-Publikation Nr 681); Nielsen, Grundlagen des Akkreditivgeschäfts2 (1985); derselbe, Neue Richtlinien für Dokumenten-Akkreditive (1994); Raith, Das Recht des Dokumentenakkreditivs in den USA und in Deutschland (1985); Schärrer, Die Rechtsstellung des Begünstigten im Dokumenten-Akkreditiv (1980); Schütze, Das Dokumentenakkreditiv im Internationalen Handelsverkehr6 (2008); Stapel, Die einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive der Internationalen Handelskammer in der Fassung von 1993 (1998); Wessely, Die Unabhängigkeit der Akkreditivverpflichtung von Deckungsbeziehung und Kaufvertrag (1975); Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel7 (2001).
I. Allgemeines zum Akkreditivgeschäft A. Begriff und Arten des Akkreditivs Das Akkreditiv dient der bargeldlosen Zahlungsabwicklung vor allem im 1/1 Außenhandel; es hat seine Bedeutung mit der Entwicklung des Welthandels im 20. Jahrhundert erlangt1. Das Akkreditiv im weitesten Sinn ist die von einem Kreditinstitut (Akkreditivbank, eröffnende Bank) im Auftrag eines Kunden oder im eigenen Interesse2 dem Begünstigten gegenüber rechtsgeschäftlich eingegangene abstrakte Verpflichtung, ihm auf Rechnung ihres * 1 2
Dieser Abschnitt basiert in Teilen auf der von Rechtsanwalt Univ.-Prof. Dr. Peter Avancini bearbeiteten Vorauflage. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 9. Dies betrifft die Eröffnung eines Standby Letter of Credit: Nielsen, Neue Richtlinien Rz 7; Stapel, Richtlinien 87.
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Das Dokumentenakkreditiv
Auftraggebers unter bestimmten Voraussetzungen – insbesondere bei fristgerechter Vorlage der vereinbarten Dokumente – eine Leistung zu erbringen3. Jedes Akkreditivgeschäft setzt mithin idR zumindest drei Parteien voraus: Es dient der Abwicklung (bisweilen auch der Finanzierung) eines Geschäfts (im Valutaverhältnis = Zuwendungsverhältnis) zwischen dem Akkreditivauftraggeber (zB Käufer, Importeur) und dem Begünstigten (zB Verkäufer, Exporteur), die im Kaufvertrag (Exportvertrag) vereinbaren, dass die Zahlungsabwicklung durch Akkreditiv erfolgen solle (Akkreditivklausel)4. Der Auftraggeber beauftragt hierauf die eröffnende Bank (Deckungsverhältnis), gegenüber dem Begünstigten das Akkreditiv zu eröffnen, sich also (im Einlösungsverhältnis) zu einer Leistung zu verpflichten. Der Begünstigte erhält schließlich Zug um Zug gegen die Vorlage (auch: Einreichung) von akkreditivgerechten Dokumenten die vereinbarte Gegenleistung von der eröffnenden Bank oder einer anderen, der sogenannten benannten Bank. Das heute praktisch allein gebräuchliche Dokumentenakkreditiv5 zeichnet sich dadurch aus, dass die Leistung der Bank an den Begünstigten Zug um Zug gegen Vorlage bestimmter Dokumente erfolgt. Nur diese Akkreditivform wird im Folgenden dargestellt. 1/2
Unserem Akkreditiv entspricht im anglo-amerikanischen Rechtsbereich weitgehend der Letter of Credit6. Bei den vor allem in den USA7 gebräuchlichen Standby Letters of Cre8 (einer besonderen Ausprägung des vorgenannten Letter of Credit) handit 3
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OGH 1 Ob 554/94 in ÖBA 1996, 64 mit Anm von Avancini = SZ 67/111; 1 Ob 203/ 03i in ÖBA 2004, 708; 7 Ob 282/06f in ÖBA 2007, 903 mit Anm von Apathy. Vgl Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 1 und 21: dokumentäre Leistungsversprechen aller Art. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg, Handelsgesetzbuch II (2001) BankR II Rz II 456 f; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 38; unten Rz 1/21. Daher ist das sogenannte Barakkreditiv (Reiseakkreditiv; auch: einfaches, freies, offenes Akkreditiv), zu dessen Inanspruchnahme es genügt, dass der Begünstigte seine Identität nachweist (Canaris, BVR3 Rz 916; Schlegelberger/Hefermehl, Handelsgesetzbuch5 IV [1976] Anh § 365 Rz 139; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 3; Zahn/ Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/1), hier nicht weiter von Interesse. Das Barakkreditiv steht dem Kreditbrief und dem Reisescheck nahe (Schlegelberger/Hefermehl Rz 139 mwN); an seinen Platz sind zum Teil auch Kreditkarten getreten, die es dem Karteninhaber auch ermöglichen, sich bei Banken Bargeld zu beschaffen. Vgl Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 8/1 ff mit Hinweisen auf gewisse Besonderheiten. – Der Letter of Credit ist stets gegen Wechsel benutzbar, die in Verbindung mit den Dokumenten vorzulegen sind, wobei die Wechselziehung nur eine Modalität des technischen Ablaufs des Geschäftsvorgangs bildet: Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 67 f. Vgl aber auch OGH 9 Ob 83/04b in ÖBA 2005, 282: Standby Letter of Credit einer weißrussischen Bank im Auftrag eines weißrussischen Unternehmens; OGH 1 Ob 294/98m in ÖBA 1999, 832: Letter of Credit einer österreichischen Bank im Auftrag eines österreichischen Käufers zugunsten einer in China domizilierten Verkäuferin. Dazu Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 8/5 f; Eberth, Der Standby Letter of Credit im Recht der Vereinigten Staaten von Amerika, ZVglRWiss 80 (1981) 29; Riesenfeld, Recent Developments in the Law relating to Letters of Credit, von Caemmerer-
Allgemeines zum Akkreditivgeschäft
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delt es sich um Haftungsübernahmen, deren Einkleidung in die Form des Akkreditivs deshalb erfolgt, weil den amerikanischen Banken bis 1996 das eigentliche Bürgschafts- und Garantiegeschäft grundsätzlich untersagt war9. Der Ausweg, sich zur Haftungsübernahme der Akkreditivform zu bedienen, wurde hingegen als zulässig anerkannt10. Wie bei einem Akkreditiv wird die Zahlungspflicht der Bank von einer fristgerechten Vorlage bestimmter Dokumente abhängig gemacht, die jedoch nicht (wie beim Akkreditiv) die Erfüllung, sondern die Nichterfüllung belegen11. Dementsprechend erfolgt die Abwicklung eines Standby Letter of Credit im Prinzip wie beim Akkreditiv. Dem wurde dadurch Rechnung getragen, dass die ERA bei der Revision 1983 ausdrücklich den Standby Letter of Credit in ihren Anwendungsbereich einbezogen haben12. Damit wurde klargestellt, dass er einem (sonstigen) Akkreditiv grundsätzlich gleichsteht. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die ERA für ein Akkreditiv bzw für einen Standby Letter of Credit gelten, s unten Rz 1/19. 1. Zahlungsakkreditiv – Akzeptierungsakkreditiv – Negoziierungsakkreditiv Die ERA 60013 definieren in Art 2 das Akkreditiv als „jede wie auch immer 1/3 benannte oder bezeichnete Vereinbarung, die unwiderruflich ist14 und dadurch eine feststehende Verpflichtung der eröffnenden Bank begründet, eine konforme Dokumentenvorlage zu honorieren“. Honorieren bedeutet dabei: a) bei Sicht zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch Sichtzahlung benutzbar ist,
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FS (1978) 997; Richter, Standby Letter of Credit (1990), eine Untersuchung hauptsächlich im Hinblick auf das Schweizer Recht; Schinnerer, Zur Neufassung der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive, Fassung 1983, ÖBA 1984, 231, 244 ff. Nielsen, Internationale Bankgarantie, Akkreditiv und anglo-amerikanisches Standby nach Inkrafttreten der ISP 98, WM 1999, 2005, 2007f; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 5. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 79; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 8/6. Typischerweise handelt es sich hier bei den Dokumenten nicht um Warenpapiere, sondern um solche, in denen der Eintritt des Haftungsfalls dargelegt wird, wobei auch eine diesbezügliche Erklärung des Begünstigten oder gar dessen bloße Zahlungsaufforderung als hinreichend vorgesehen sein kann (vgl MünchKommHGB/Nielsen Bd 5 (2001) ZahlungsV Rz H 11; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 8/5). Ein Standby Letter of Credit kann allerdings auch den Rules of International Standby Practices – IPS 98 (IHK-Publikation Nr 590) unterstellt werden. Dazu Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 5 FN 5 und 24 ff. Näheres zu diesen unten Rz 1/16. Bis zur Revision 2007 war zwischen widerruflichen und unwiderruflichen Akkreditiven zu unterscheiden, wobei seit der Reform 1993 ein Akkreditiv im Zweifel unwiderruflich war; zuvor war es im Zweifel widerruflich. In der Praxis kamen widerrufliche Akkreditive wegen der Unsicherheit für den Begünstigten allerdings nur selten vor: Avancini in BVR1 I Rz 4/6; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 68.
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Das Dokumentenakkreditiv
b) eine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung zu übernehmen (Rz 1/72) und bei Fälligkeit zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch hinausgeschobene Zahlung benutzbar ist, c) einen vom Begünstigten gezogenen Wechsel („Tratte“) zu akzeptieren und diesen bei Fälligkeit zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch Akzeptleistung benutzbar ist. Hierbei handelt es sich, wie schon bei den früheren Fassungen von Art 215, um keine Definition im rechtstechnischen Sinn; von jeder den Geltungsbereich einschränkenden rechtlichen Einordnung und Spezifikation des Akkreditivs wurde abgesehen16. Art 2 ERA beschränkt sich vielmehr auf eine Erläuterung des wirtschaftlichen Geschäftsvorgangs. Weitere Ergänzungen und Präzisierungen finden sich in Art 7 lit a ERA 600, wonach ein Akkreditiv und die konforme Dokumentenvorlage die Verpflichtung der eröffnenden Bank zu honorieren begründen, wenn das Akkreditiv benutzbar ist durch: „i. Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung oder Akzeptleistung bei der eröffnenden Bank; ii. Sichtzahlung bei einer benannten Bank und diese benannte Bank nicht zahlt; iii. hinausgeschobene Zahlung bei einer benannten Bank und diese benannte Bank keine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernimmt oder, falls sie eine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernommen hat, bei Fälligkeit nicht zahlt; iv. Akzeptleistung bei der benannten Bank und diese benannte Bank eine auf sie gezogene Tratte nicht akzeptiert oder, nachdem sie die Tratte akzeptiert hat, bei Fälligkeit nicht zahlt; v. Negoziierung bei einer benannten Bank und diese benannte Bank nicht negoziiert“. Dabei definiert Art 2 ERA 600 die Negoziierung als den „Ankauf von Tratten (die auf eine andere Bank als die benannte Bank gezogen sind) und/oder von Dokumenten aus einer konformen Dokumentenvorlage durch die benannte Bank unter Vorleistung oder Übernahme einer Verpflichtung zur Vorleistung von Geldmitteln an den Begünstigten vor oder an dem Bankarbeitstag, an dem der Rembours an die benannte Bank fällig ist“ (Näheres folgt unten Rz 1/76 ff). 1/4
Die Akkreditivverpflichtung kann nicht nur auf Zahlung an den Begünstigten gerichtet sein, weshalb Art 6 lit b ERA 600 bestimmt, dass das Akkreditiv angeben muss, ob es durch Sichtzahlung, durch hinausgeschobene Zahlung, durch Akzeptleistung oder durch Negoziierung benutzbar ist. Dementsprechend lassen sich nach dem Leistungsinhalt folgende Akkreditive unterscheiden, wobei die Abwicklungsformen nicht kombiniert werden können17: Zahlungsakkreditiv: Die eröffnende Bank hat an den Begünstigten Geld zu zahlen, wobei hinsichtlich der Fälligkeit entweder Zahlung Zug um Zug gegen Vorlage der Dokumente (Sichtzahlung; „sight payment“) oder aber Zahlung zu einem späteren Termin („hinausgeschobene Zahlung“, „deferred 15 16 17
Avancini in BVR1 II Rz 4/3; Schinnerer/Avancini III 27 FN 2. Vgl Nielsen, Neue Richtlinien Rz 8; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 37. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 33.
Allgemeines zum Akkreditivgeschäft
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payment“) vorgesehen sein kann18. Der Fälligkeitstermin muss sich aus den Akkreditivbedingungen selbst ergeben19. Akzeptierungsakkreditiv: Die eröffnende Bank hat vom Begünstigten auf sie gezogene Wechsel (Tratten) zu akzeptieren und bei Fälligkeit zu zahlen (Art 7 lit a Z i iVm Art 2 ERA 600). Hingegen darf ein Akkreditiv zufolge Art 6 lit c ERA 600 nicht (mehr) durch eine Tratte gezogen auf den Auftraggeber benutzbar gestellt sein20. Wird dennoch – wie in der Praxis weiterhin vorkommend – eine solche Tratte verlangt, so ist sie als weiteres erforderliches Dokument zu behandeln (so noch ausdrücklich in Art 9 lit a Z iv ERA 500), nicht aber als das zahlungsauslösende Dokument, mit dem das Akkreditiv benutzbar gestellt ist. Ist die Akzeptleistung durch eine andere bezogene Bank im Akkreditiv vorgesehen, so hat die eröffnende Bank zu honorieren (vor Fälligkeit hat sie vom Begünstigten auf sie gezogene Wechsel zu akzeptieren), wenn die im Akkreditiv vorgeschriebene bezogene Bank die Wechsel nicht akzeptiert oder bei Fälligkeit nicht bezahlt (Art 7 lit a Z iv ERA 600). Ob statt eines Wechsels eine – aus gebührenrechtlichen Gründen (zunächst) nicht auf Order lautende – Anweisung gemäß § 363 UGB Verwendung finden kann, bestimmt sich nach dem Inhalt des Akkreditivs und dessen Auslegung. Negoziierungsakkreditiv: Die benannte Bank soll entsprechend Art 7 lit a Z v iVm Art 2 ERA 600 vom Begünstigten auf eine andere Bank als die benannte Bank gezogene Wechsel (Tratten) und/oder Dokumente aus einer konformen Dokumentenvorlage unter Vorleistung oder Übernahme einer Verpflichtung zur Vorleistung an den Begünstigten ankaufen. Die Negoziierung besteht also im Ankauf von Wechseln bzw Dokumenten21 und die eröffnende Bank hat zu honorieren, wenn die benannte Bank nicht negoziiert (Rz 1/76). Von den österreichischen Banken werden fast ausschließlich Zahlungsakkre- 1/5 ditive eröffnet. Ob die Zahlung Zug um Zug gegen Vorlage der vorgeschriebenen Dokumente zu erfolgen hat oder ob sie hinausgeschoben ist, hat für die rechtliche Beurteilung dieser Akkreditivformen im Grundsätzlichen keine Bedeutung22. Deshalb wurde zu Recht kritisiert, dass die ERA das Akkreditiv 18
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Akkreditive können hinsichtlich der Zahlungsbedingungen auch so ausgestaltet sein, dass sie eine Zweitbank ermächtigen, einen Teil des Akkreditivbetrags schon vor Vorlage der Dokumente dem Begünstigten vorschussweise auszuzahlen, damit der Begünstigte in die Lage versetzt wird, die zu liefernde Ware einzukaufen und die Transportkosten zu bezahlen (Packing Credit oder Anticipatory Credit mit näherer Festlegung der Auszahlungsbedingungen durch früher farblich hervorgehobene Klauseln: Red Clause, Green Clause) – vgl Avancini in BVR1 II Rz 4/4 FN 9; MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 199; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 61, 437 f; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 8/34. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 35; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 439. Vgl Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 36. Art 2 ERA 600; Nielsen, Neue Richtlinien Rz 44, 72; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 38 f; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/122. Demgegenüber meint Schinnerer, ÖBA 1984, 246 f, dass bei Akkreditiven mit hinausgeschobenem Zahlungsziel mit der Aufnahme der Dokumente durch die eröffnende Bank das Akkreditiv abgewickelt sei und sich aus dieser Aufnahme eine
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Das Dokumentenakkreditiv
mit hinausgeschobener Fälligkeit als eine eigene Akkreditivart herausgestellt haben23, und dementsprechend werden auch im Weiteren beide Akkreditive weitgehend gemeinsam erörtert. Eine wesentliche praktische Konsequenz eines Akkreditivs mit hinausgeschobener Zahlung ist allerdings, dass ein allfälliger Rechtsmissbrauch noch vor Fälligkeit aufgedeckt und eingewendet werden kann (Rz 1/132 ff), was bei Sichtakkreditiven kaum je der Fall ist. Wenn auch Akzeptierungs- und Negoziierungsakkreditive in Österreich kaum eröffnet werden, ist diesen Akkreditivformen doch insofern Beachtung zu schenken, als österreichische Banken als Zweitbanken in die Abwicklung solcher Akkreditive ausländischer Banken (insbesondere aus dem angloamerikanischen Rechtskreis und dem Fernen Osten) eingeschaltet sein können24. 2. Einzelakkreditiv – revolvierendes Akkreditiv 1/6
Das Einzelakkreditiv kann vom Begünstigten bis zum darin angegebenen Akkreditivbetrag geltend gemacht werden, wobei die Inanspruchnahme grundsätzlich auch in Teilen möglich ist (Art 31 lit a ERA 600). Die Verpflichtung der Bank erlischt nach Maßgabe ihrer Leistungen unter dem Akkreditiv. Mangels einer entsprechenden Zusage kann ein Akkreditiv nicht neuerlich (oder mehrmals) in Anspruch genommen werden.
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Das in der Praxis seltene revolvierende Akkreditiv erlaubt hingegen erneute Inanspruchnahmen, lebt also nach einer Inanspruchnahme in der ursprünglichen Höhe zu einem neuen Termin automatisch wieder auf25. So lässt sich ein bestimmter Betrag in regelmäßigen Abständen akkreditivmäßig zur Verfügung stellen, ohne dass jeweils ein neues Akkreditiv eröffnet werden muss. Revolvierungen sind unter verschiedenen Voraussetzungen möglich26. Um die Verpflichtung der Bank betraglich insgesamt zu begrenzen, kann das revolvierende Akkreditiv zeitlich befristet werden oder auch einen Höchstbetrag vorsehen, bis zu dem Inanspruchnahmen insgesamt möglich sind27. Bei kumulativ revolvierenden Akkreditiven erhöht der in einer Periode
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zusätzliche Verpflichtung der eröffnenden Bank, der Zahlstelle bzw der bestätigenden Bank ergebe, die akkreditivgemäße Leistung zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen. Dagegen ist mit Avancini in BVR1 II Rz 4/5 FN 10 einzuwenden, dass die (bedingte) Verpflichtung, das Akkreditiv nicht Zug um Zug gegen die Dokumente, sondern erst später zu honorieren, von Anfang an besteht und nicht erst nachträglich (zu Lasten des Begünstigten) einseitig eingeführt werden könnte. Weiters ist unerklärlich, auf welcher rechtlichen Basis eine Dokumentenaufnahme nunmehr auch die bloße Zahlstelle dem Begünstigten gegenüber selbständig sollte verpflichten können. So Nielsen, Akkreditivgeschäft 23. OGH 1 Ob 38/03z in ÖBA 2004, 382 mit Anm von Apathy = SZ 2003/98; Avancini in BVR1 II Rz 4/70; Nielsen, Neue Richtlinien Rz 44. Schärrer, Rechtsstellung 21 mwN. S auch Grader van der Maas, Handbuch des Dokumenten-Akkreditivs (1963) 101ff. Vgl OGH 1 Ob 38/03z in ÖBA 2004, 382 mit Anm von Apathy = SZ 2003/98; Avancini in BVR1 II Rz 4/8, Schärrer, Rechtsstellung 21.
Allgemeines zum Akkreditivgeschäft
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nicht in Anspruch genommene Betrag den in der nächsten Periode verfügbaren; verfällt hingegen der unausgenützte Betrag, so ist das Akkreditiv nicht kumulativ28. 3. Gegenakkreditiv Das Gegenakkreditiv (auch: Unterakkreditiv, Back-to-Back Credit) erfüllt 1/8 wirtschaftlich eine ähnliche Funktion wie die Übertragung des Akkreditivs (Rz 1/136 ff) oder die Abtretung des Zahlungsanspruchs (Rz 135)29. Es steht mit einem anderen Akkreditiv, dem Hauptakkreditiv (auch Grundakkreditiv), wirtschaftlich in Verbindung und ist auf dieses abgestimmt, doch rechtlich sind Haupt- und Gegenakkreditiv voneinander unabhängig30. Auftraggeber des Gegenakkreditivs ist der Begünstigte des Hauptakkreditivs (Verkäufer); seine (bedingten) Ansprüche aus dem Hauptakkreditiv bilden die Kreditbasis für die Erstellung des Gegenakkreditivs durch die eröffnende oder bestätigende Bank zugunsten des Vorlieferanten31. Daher ist vor allem im Interesse der kreditierenden Akkreditivbank das Hauptakkreditiv so auszugestalten, dass mit den unter dem Gegenakkreditiv vorgelegten und etwa sonst bei der Bank schon erliegenden Dokumenten das Hauptakkreditiv in Anspruch genommen werden kann. Dabei ist nicht nur darauf zu achten, dass in beiden Akkreditiven weitestgehend idente Dokumente vorgeschrieben werden32, auch die Laufzeiten 33 müssen so abgestimmt sein, dass nach einer zum spätesten Zeitpunkt erfolgten Ausnutzung des Gegenakkreditivs eine Inanspruchnahme des Hauptakkreditivs technisch noch möglich ist. Auch wenn das Hauptakkreditiv noch so abgestimmt ist, ist sein Sicherungswert begrenzt 34. Wenn die das Gegenakkreditiv erstellende Bank nicht auch das Hauptakkreditiv eröffnet hat, könnte dieses ohne ihre Zustimmung geändert oder gar aufgehoben werden35; verfällt der Auftraggeber des Gegenakkreditivs in Konkurs, so erlischt seine Vollmacht an die (kreditgewährende) Bank, die Dokumente für ihn unter dem Hauptakkreditiv vorzulegen (§ 1024 ABGB, § 26 Abs 1 KO). Ob die Vollmacht an die Bank zur Dokumentenvorlage vom Begünstigten mangels eines ausdrücklichen Widerrufverzichts widerrufen werden könnte, erscheint fraglich: In der Vereinbarung, ein Akkreditiv als Gegenakkreditiv zu erstellen, wird wegen deren Eigeninteresse im Zweifel eine unwiderrufliche Vollmacht für die Bank enthalten sein, alle Schritte namens des Begünstigten aus dem Hauptakkreditiv zu setzen, die für eine Inanspruchnahme dieses Akkreditivs erforderlich sind. Nach Nielsen 36 28 29 30 31
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Schärrer, Rechtsstellung 21. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 356. Nielsen, Akkreditivgeschäft 171; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 81 und 356. Baumbach/Hopt, HGB33 Akkreditivgeschäft Rz 24; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 357. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 357. Nielsen, Akkreditivgeschäft 172; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 82. Avancini in BVR1 II Rz 4/9. Nielsen, Akkreditivgeschäft 172. Akkreditivgeschäft 173.
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Das Dokumentenakkreditiv
soll der Masseverwalter des in Konkurs verfallenen Begünstigten aus dem Hauptakkreditiv sogar verpflichtet sein, etwa noch fehlende Dokumente für die Bedienung des Hauptakkreditivs auszustellen und der kreditgewährenden Bank zur Verfügung zu stellen, wenn die Bank Sicherungsrechte an den unter dem Gegenakkreditiv vorgelegten Dokumenten und der durch sie repräsentierten Ware hat. Eine dahin gehende Sicherungsvereinbarung wird für den Fall der Erstellung von Gegenakkreditiven auf der Basis eines (Haupt)Akkreditivs von Nielsen empfohlen. Probleme können sich auch daraus ergeben, dass gleichlautende Akkreditivbedingungen von den beiden Akkreditivbanken, zumal wenn sie verschiedenen Rechtsordnungen angehören, unterschiedlich ausgelegt werden37. Schließlich weist Nielsen darauf hin, dass die das Gegenakkreditiv eröffnende Bank das wirtschaftliche Risiko trägt, dass dem Begünstigten des Hauptakkreditivs, also ihrem Kreditnehmer und Sicherungsgeber, der Einwand rechtsmissbräuchlicher Akkreditivinanspruchnahme entgegengesetzt wird38; seine Vertrauenswürdigkeit ist daher auch für ihre Kreditentscheidung wesentlich. Akkreditivrechtlich weist das Gegenakkreditiv keine Besonderheiten auf. B. Die am Akkreditivgeschäft Beteiligten 1. Grundkonstellation 1/9
An einem Akkreditiv sind regelmäßig39 mindestens drei Personen beteiligt: Erstens der Auftraggeber des Akkreditivs, also diejenige Person, in deren Auftrag das Akkreditiv eröffnet wird (bzw werden soll) (Art 2 ERA 600; auch: Akkreditivsteller; zB Käufer, Importeur); zweitens das Kreditinstitut, das im Auftrag seines Kunden oder im eigenen Interesse das Akkreditiv eröffnet (Akkreditiv[eröffnungs]bank; Art 2 ERA: eröffnende Bank); und drittens die Person, zu deren Gunsten das Akkreditiv eröffnet, also die Verpflichtung von der eröffnenden Bank eingegangen wird (Begünstigter oder Akkreditivempfänger; zB Verkäufer, Exporteur). 2. Einschaltung einer weiteren Bank (Zweitbank)
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Dieses Dreipersonenverhältnis bildet in der Praxis freilich die Ausnahme. Mögen Akkreditive gelegentlich auf das Inland beschränkt sein40, so haben sie ihren Hauptanwendungsbereich doch im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr. Gerade dort kann die Einschaltung einer weiteren Bank (Zweitbank), meist im Heimatland des Begünstigten, die banktechnische 37 38 39
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Nielsen, Akkreditivgeschäft 173. Akkreditivgeschäft 174. Eröffnet ein Kreditinstitut ein Akkreditiv im eigenen Interesse (dazu Rz 1/1), so kann nach österreichischem Recht keine abstrakte Akkreditivverpflichtung entstehen (s Rz 1/86). Vgl OGH 2 Ob 563/91 in ÖBA 1992, 169 = SZ 64/139; Griß-Reiterer, ÖBA 1999, 176.
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Abwicklung erleichtern und überdies nach Maßgabe der Funktion der Zweitbank auch oder vor allem im Interesse des Begünstigten gelegen sein41. Nach der Funktion der Zweitbank unterscheidet man zwischen: – der bloßen Avisierung des Akkreditivs – im Auftrag der eröffnenden Bank – gegenüber dem Begünstigten (Zweitbank als Avisbank; Art 2 ERA 600: avisierende Bank); – der Ermächtigung zur Honorierung des Akkreditivs (Zweitbank als Zahlstellenbank42; Art 2 ERA 600: benannte Bank); – der Übernahme einer eigenen Leistungsverpflichtung – aufgrund Ermächtigung oder im Auftrag der eröffnenden Bank – durch die Zweitbank gegenüber dem Begünstigten in Form einer „Akkreditivbestätigung“ (Zweitbank als Bestätigungsbank; Art 2 ERA 600: bestätigende Bank). Diese drei Funktionen können von einer Zweitbank auch unterschiedlich kombiniert übernommen werden. So wird eine benannte Bank regelmäßig auch mit der Avisierung betraut sein, und eine bestätigende Bank wird zweckmäßigerweise auch als benannte Bank fungieren. Welche Funktionen eine Zweitbank tatsächlich hat, kann nur dem jeweiligen Auftrag der eröffnenden Bank entnommen werden. Entsprechend Art 12 lit a ERA 600 trifft die benannte Bank grundsätzlich keine Verpflichtung zur Honorierung oder Negoziierung. Nach Art 6 lit a ERA 600 muss ein Akkreditiv die Bank angeben, bei der es „benutzbar“ ist43. Es ist dies diejenige Bank, die die Dokumente prüfen und das Akkreditiv (primär) honorieren soll, insbesondere die Zweitbank, die mit der Zahlstellenfunktion betraut ist (benannte Bank). Allerdings ist ein bei einer benannten Bank benutzbares Akkreditiv auch bei der eröffnenden Bank benutzbar (Rz 1/100). Regelmäßig sind die Dokumente bei derjenigen Bank vorzulegen, bei der das Akkreditiv benutzbar ist (Art 6 lit d Z ii ERA 600), doch könnte man auch vorsehen, dass die Dokumente zur Fristwahrung nicht bei der Zahlstelle vorzulegen sind, sondern bei einer anderen Bank44. Das Akkreditiv kann aber auch bei jeder Bank benutzbar sein (Art 6 lit a ERA 600); solche frei benutzbare Akkreditive entsprechen dem Circular Letter of Credit insbesondere der englischen Banken45, doch wird vor der Eröffnung eines solches Akkreditivs gewarnt, weil die Möglichkeit besteht, dass sich die eröffnende Bank mit völlig unbekannten Banken in exotischen Ländern auseinandersetzen muss, wenn Differenzen bezüglich der Dokumente bestehen46. 41 42
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OGH 1 Ob 16/01m in ÖBA 2002, 316 mit Anm von Apathy. Besser wäre die Bezeichnung Abwicklungsbank (OGH 1 Ob 554/94 in ÖBA 1996, 64 mit Anm von Avancini = SZ 67/111 mit Bezug auf Avancini; MünchKommHGB/ Nielsen ZahlungsV Rz H 16), doch ist der Terminus Zahlstellenbank im deutschen Sprachraum gebräuchlich. Deutlicher wäre wohl, statt „benutzbar“ zu sagen: „verfügbar“, was auch dem englischen Originalbegriff „available“ besser entspräche (vgl auch OLG Frankfurt in RIW 1986, 905). Zur Zweckmäßigkeit einer solchen Regelung s MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 19 mit Hinweis auf die Konsequenz späterer Zahlung. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 45. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 46.
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Das Dokumentenakkreditiv
C. Wirtschaftliche Funktionen des Akkreditivs 1. Zahlungsfunktion 1/11
Das Akkreditiv dient im Allgemeinen zunächst und primär der bargeldlosen Zahlungsabwicklung vor allem im Bereich des Außenhandels, gelegentlich aber auch im inländischen Geschäftsverkehr47. Der Akkreditivauftraggeber leistet im Wege über das Akkreditiv eine dem Begünstigten (im Valutaverhältnis) geschuldete Zahlung Zug um Zug gegen Vorlage akkreditivkonformer Dokumente48. Das Akkreditiv soll also dem Begünstigten, ähnlich wie eine Garantie, umgehend und verlässlich Liquidität verschaffen49, entsprechend der Maxime: „Erst zahlen, dann prozessieren“ (dazu Rz 1/133; 3/8). Die Schuld gründet sich idR auf ein Warengeschäft oder/und eine Werkleistung, aber auch beliebige andere Verpflichtungen können über ein Akkreditiv beglichen werden50. Nicht immer soll aber die Zahlung aus dem Grundgeschäft von vornherein über das Akkreditiv durchgeführt werden. Es gibt auch Akkreditive, die davon ausgehen, dass die Zahlung außerhalb der Akkreditivbeziehung erfolgen soll (oder erfolgen kann), und bei denen der Begünstigte die eröffnende oder bestätigende Bank erst dann heranzieht, wenn die Zahlung von dritter Seite ausbleibt51. In solchen Fällen dient das Akkreditiv primär Sicherungszwecken und die Zahlungsfunktion tritt demgegenüber zurück52; so besonders auch beim Standby Letter of Credit (Rz 1/2). 2. Sicherungsfunktion
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Neben der Zahlungsfunktion hat das Akkreditiv eine Sicherungsfunktion, und zwar im Prinzip für beide Parteien des Grundgeschäfts53. Bei gewissen Konstellationen steht die Sicherung der Zahlung aus dem Grundgeschäft im Vordergrund: Das Akkreditiv soll erst eingreifen, wenn es zu dieser Zahlung nicht kommt. In erster Linie wird durch das Akkreditiv der Begünstigte gesichert: Er erhält einen Anspruch gegen die eröffnende Bank, der grundsätzlich unabhängig ist sowohl von seinen Rechtsbeziehungen zum Akkreditivauftrag47 48 49 50
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Vgl etwa Canaris, BVR3 Rz 916. Vgl auch OGH in SZ 52/163; 7 Ob 282/06f in ÖBA 2007, 903 mit Anm von Apathy. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 8: Liquiditätsfunktion. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 488; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 1, 4; Schinnerer/Avancini III 28; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 44. ZB 9 Ob 83/04b in ÖBA 2005, 282: Zahlung, wenn der Begünstigte innerhalb von 120 Tagen nach der Lieferung keine Zahlung aus dem Grundgeschäft erhält. S ferner Rz 1/90 und 1/92. Nach Avancini in BVR1 II Rz 4/12 hat die Zahlungsfunktion hier keine eigenständige Bedeutung. OGH 1 Ob 203/03i in ÖBA 2004, 708; 7 Ob 282/06f in ÖBA 2007, 903 mit Anm von Apathy; Avancini in BVR1 II Rz 4/13; P. Bydlinski, ÖBA 2002, 681; Canaris, BVR3 Rz 917; Einsele, BankR § 5 Rz 3; Heymann/Horn, Handelsgesetzbuch2 IV (2005) Anh § 372 Bankgeschäfte Rz VI/22; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 7.
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geber, als auch von jenen zwischen eröffnender Bank und Akkreditivauftraggeber (s Rz 1/119 ff). So wird ihm einerseits das Risiko der Zahlungsunfähigkeit seines Geschäftspartners durch die eröffnende Bank abgenommen; zum Zweiten verbessert sich seine Position dadurch, dass die eröffnende Bank ihm grundsätzlich keine Einwendungen aus dem Valutaverhältnis und aus dem Deckungsverhältnis entgegensetzen kann. Dementsprechend erhält der Begünstigte über das Akkreditiv jedenfalls zunächst Zahlung zB des Kaufpreises, und die Frage, ob er nach dem Grundverhältnis weniger oder gar nichts zu beanspruchen gehabt hätte, kann erst im Rahmen eines Rückforderungsprozesses aufgerollt werden. Für die Leistungspflicht der Bank kommt es grundsätzlich nur darauf an, dass fristgerecht die im Akkreditiv geforderten Dokumente vorgelegt werden. Problematisch für die Sicherungsposition des Begünstigten ist daher eine Vereinbarung solcher Dokumente, bei deren Beschaffung der Begünstigte vor allem nach Erbringung seiner Leistung noch auf die Mitwirkung des Akkreditivauftraggebers angewiesen ist54. Dem Akkreditivauftraggeber bietet das Akkreditiv dagegen nur eine geringere Sicherheit. Zwar leistet die eröffnende Bank Zahlung auf Rechnung des Akkreditivauftraggebers nur gegen die vorgeschriebenen Dokumente, doch hängt es von der Art der Dokumente ab, ob der Auftraggeber über sie tatsächlich in den Besitz der Ware gelangt, und auch dann ist noch nicht sichergestellt, dass die Ware dem Vertrag entspricht55. Der Akkreditivauftraggeber sollte daher bei jedem Geschäft sorgfältig prüfen, welche Dokumente seinen Sicherungsinteressen am ehesten gerecht würden. Diese Prüfung kann ihm die eröffnende Bank nicht abnehmen; sie kann ihn allenfalls zu ganz konkreten Fragen beraten, doch auch hierbei muss sich der Auftraggeber im Klaren sein, dass die Bank sein Geschäft nur aus einem begrenzten Blickwinkel sieht56. 3. Kreditfunktion? Dem Akkreditiv wird auch eine Kreditfunktion zugeschrieben57, zumal die 1/13 eröffnende Bank ihre Bonität zur Verfügung stellt. Allerdings bildet das Akkreditiv als solches keinen Kreditvertrag, doch es kann in Zusammenhang mit einem Akkreditiv in zweifacher Richtung zu einer Kreditgewährung kommen: Zum einen kann der Begünstigte seinen Anspruch aus dem Akkredi54
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Ein von der Vorlage solcher Dokumente abhängiges Akkreditiv erleichtert auch den Einwand des Rechtsmissbrauchs, insbesondere wenn hinausgeschobene Zahlung vereinbart ist: vgl OLG Frankfurt am Main in WM 1997, 609: Abnahmeprotokoll des Auftraggebers, Bestätigung des Auftraggebers über den Empfang der kompletten technischen Dokumentation; zahlbar 180 Tage nach Abnahme des Fahrzeugs. S auch bei Rz 1/22. Vgl auch Schinnerer/Avancini III 16. Avancini in BVR1 II Rz 4/13. Zur Frage einer Beratungspflicht der eröffnenden Bank s Rz 1/35 und 49. Vgl etwa Einsele, BankR § 5 Rz 3; Schlegelberger/Hefermehl Rz 144; Canaris, BVR3 Rz 918; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 7; Ulrich, Rechtsprobleme des Dokumentenakkreditivs (1989) 24.
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Das Dokumentenakkreditiv
tiv, insbesondere im Fall einer hinausgeschobenen Zahlung und bereits erfolgter Dokumentenvorlage, als Kreditsicherheit verwerten58. Zum andern kann die eröffnende Bank eine gewisse Sicherheit für ihren aus der Akkreditivhonorierung sich ergebenden Aufwandersatzanspruch in den Akkreditivdokumenten (genauer: in der durch die Dokumente repräsentierten Ware) sehen und deshalb von ihrem Auftraggeber keine oder nur eine geringere anderweitige Vorausdeckung verlangen. In diesem zweiten Fall ist aber nicht einmal das Akkreditiv selbst Sicherungsmittel für eine Kreditierung, so dass es noch weniger angebracht erscheint, von einer Kreditfunktion zu sprechen. Mit einer Kreditierung hat das Akkreditiv hier nur insoweit zu tun, als es „auf Kredit“ eröffnet wird59. D. Abgrenzung zur abstrakten Bankgarantie 1/14
Das Akkreditiv soll dem Begünstigten entsprechend Art 4 lit a ERA 600 eine abstrakte, von dessen Grundverhältnis zum Auftraggeber (Valutaverhältnis) losgelöste Verpflichtung der akkreditiveröffnenden Bank verschaffen. In diesem Punkt weist es Gemeinsamkeiten mit einer gleichfalls abstrakten Bankgarantie (Rz 3/4 ff ) auf60. Nur soweit einem Akkreditiv nach dem ihm zugrunde liegenden Geschäft – wie idR – primär eine Zahlungsfunktion zukommt, unterscheidet es sich von der Bankgarantie. Diese dient nämlich primär der Sicherung eines Erfolgs61; sie soll grundsätzlich erst dann eingreifen, wenn der Auftraggeber nicht selbst fristgerecht geleistet hat und es somit zum Garantiefall gekommen ist (Subsidiarität der Garantie)62. Dem gegenüber haben die bei den österreichischen Banken gebräuchlichen Akkreditive den Hauptzweck, dass durch ihre Honorierung auch und gerade eine Verbindlichkeit des Akkreditivauftraggebers gegenüber dem Begünstigten erfüllt wird; die im Grundgeschäft geschuldete Zahlung soll von vornherein durch die eröffnende Bank erfolgen. Die Sicherungsfunktion des Akkreditivs ist hier nur eine (dem Begünstigten sehr willkommene und von ihm gewöhnlich einkalkulierte) Begleiterscheinung. Dieser Unterschied zur Bankgarantie fällt bei solchen Akkreditiven allerdings weg, bei denen die im Grundgeschäft geschuldete Zahlung außerhalb 58
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MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 197 f mit dem Hinweis, dass der Begünstigte den Anspruch auf den Akkreditiverlös zur Sicherstellung abtreten kann (unten Rz 1/135). – Canaris, BVR3 Rz 918 weist zutreffend darauf hin, dass es sich hierbei nicht mehr um eine Funktion des Akkreditivgeschäfts selbst handelt, sondern um ein an dieses angelehntes selbständiges Geschäft. Vgl auch oben Rz 1/8 zum Gegenakkreditiv. Zur Bevorschussung s unten Rz 1/34. Zur analogen Anwendung der Regeln über die formgerechte Vorlage von Dokumenten s OGH 7 Ob 608/94 in ÖBA 1995, 632. Zur Praxis amerikanischer Banken, ihre Garantien (weiterhin) in die Form von Akkreditiven (Standby Letters of Credit) zu kleiden, s Rz 1/2. Koziol unten Rz 3/3, 21, 50. Koziol in BVR1 II Rz 3/50 f.
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der Akkreditivbeziehung erfolgen soll, wie bei Standby Letters of Credit, und daher unter wirtschaftlichen wie rechtlichen Gesichtspunkten das Akkreditiv in erster Linie eine Sicherung des Begünstigten bezweckt. Solche Akkreditive sind dann aber in Wahrheit nichts anderes als abstrakte Bankgarantien (s Rz 1/90 und 1/92).
E. Rechtsgrundlagen des Akkreditivs 1. Gesetzliche Regelungen Nur wenige Länder, wie insbesondere die USA63, haben zum Akkreditiv 1/15 besondere gesetzliche Regelungen getroffen. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass das Akkreditiv, obwohl seine Wurzeln schon weit zurückreichen64, seine weltweite Verbreitung erst im 20. Jahrhundert gefunden hat. Zum anderen hat wohl die Internationalität dieses Zahlungsinstruments nationale gesetzgeberische Aktivitäten gar nicht wünschenswert erscheinen lassen65. Denn das Akkreditivgeschäft verlangt detaillierte Regelungen, die international in gleicher Weise verstanden und angewendet werden66. So ist auch in Österreich das Akkreditiv nicht eigens gesetzlich geregelt; das Gleiche gilt für Deutschland und für die Schweiz. Die gesetzlichen Grundlagen für das Akkreditiv müssen daher in Österreich im allgemeinen Zivilrecht gesucht werden (dazu unten Rz 1/83 ff). 2. Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (ERA 600) Die Abwicklung des Akkreditivgeschäfts richtet sich heute weitestgehend 1/16 nach den von der Bankenkommission der Internationalen Handelskammer (IHK) ausgearbeiteten ERA („Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive“). Dieses Regelungswerk, das eine international möglichst einheitliche Handhabung des Geschäfts bezweckt, stammt aus dem Jahre 1933, wurde inzwischen mehrmals revidiert, wobei es schrittweise immer größere Gefolgschaft gefunden hat. Es wird heute praktisch auf der ganzen Welt angewendet67. Die gegenwärtige Fassung (Revision 2007) ist in der IHK-Publikation Nr 600 veröffentlicht und zur Anwendung ab 1. 7. 2007 vorgesehen, wobei die in englischer Sprache gehaltene Version als offi63
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Art 5 Uniform Commercial Codex (UCC); dazu MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 5. Nähere Hinweise, auch auf gesetzliche Bestimmungen in anderen Ländern, bei Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 573 ff (noch ausführlicher ist die Darstellung in der Vorauflage); ferner Schütze/Fontane, Documentary Credit Law throughout the world (2001, Nachdruck 2003). S etwa Krauß, Die Konformität der Dokumente im Akkreditivgeschäft (1990) 1f mwN. S auch Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 1/2. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 10. Vgl Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 10 ff; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 3 ff.
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Das Dokumentenakkreditiv
zieller Text gilt und Vorrang vor der von der ICC Deutschland eV veröffentlichten Übersetzung hat. Bei Abfassung eines Akkreditivs in deutscher Sprache, was allerdings höchst selten vorkommt, soll die deutsche Übersetzung der ERA gegenüber dem englischen Originaltext den Vorrang haben68; dies lässt sich freilich dadurch vermeiden, dass dem Kunden die Möglichkeit der Kenntnisnahme des Originals geboten wird69. Unter dieser Voraussetzung kann auch ein unklarer Sinn der Übersetzung durch Heranziehung des Originals aufgehellt werden70. Die ERA enthalten keine komplette Regelung des für Akkreditive maßgeblichen Rechts, sondern beschränken sich auf die Abwicklung des dokumentären Teils des Geschäfts71, und zwar die Eröffnung, den Inhalt der Akkreditivverpflichtung, die Grundsätze der Dokumentenprüfung, die Behandlung mangelhafter Dokumente sowie die Übertragung von Akkreditiven. Die Wirksamkeit des Akkreditivauftrags im Deckungsverhältnis, des Geschäfts zwischen dem Auftraggeber und dem Begünstigten im Valutaverhältnis sowie der Akkreditivverpflichtung bestimmt sich nach dem entsprechend den Regeln des IPR anwendbaren nationalen Recht. Für Standby Letters of Credit können die Parteien anstatt der ERA auch die Geltung der vom US-amerikanischen Institute of International Banking Law & Practice herausgegebenen und von der IHK approbierten Rules of International Standby Practices (ISP 98; IHK-Publikation Nr 590) vereinbaren72. 1/17
Zur Rechtsnatur der ERA werden ganz unterschiedliche Meinungen vertreten. Die Palette reicht von einem autonomen Welthandelsrecht73 und einer internationalen Ordnung sui generis74 über Gewohnheitsrecht75 und Handelsbräuche76 (Gebräuche im Geschäftsverkehr: § 346 UGB) bis zu bloßen AGB77 68 69
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Avancini in BVR1 II Rz 4/17; Canaris, BVR3 Rz 933. Zu den Erfordernissen für die Geltung von AGB s Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 864a Rz 2; Bollenberger in KBB2 § 864a Rz 2; Rummel in Rummel, ABGB3 § 864a Rz 2 ff. Dazu Canaris, BVR3 Rz 933. Nielsen in BankR-HB2 § 120 Rz 14. Dazu Nielsen, WM 1999, 2005, 2049; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 5 FN 5 mit dem Hinweis, dass die Mehrzahl der Garantien amerikanischer Banken weder den ERA noch den ISP 98 unterstellt, sondern nach Standardmustern abgefasst werden. S insbesondere bei Schmitthoff (Hrsg), The Sources of the Law of International Trade (1964). Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 19 f. Herold/Lippisch, Bank- und Börsenrecht2 (1962) 51 sprechen von „gewohnheitsrechtlicher Bedeutung“; in Teilbereichen auch Wessely, Unabhängigkeit 47 ff. Dem Abstraktheitsgrundsatz misst Schönle, Missbrauch von Akkreditiven und Bankgarantien, SJZ 1983, 55 „weltweiten, dispositiven Gewohnheitsrechtscharakter“ bei. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 1/17 f. Canaris, BVR3 Rz 927; Einsele, BankR § 5 Rz 8; Schlegelberger/Hefermehl Rz 148; Hoeren/Florian, Rechtsfragen des internationalen Dokumentenakkreditivs und -inkassos unter besonderer Berücksichtigung der ICC-Richtlinie vom 1. 1. 1996 (1996) Rz 25; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/24; Th. Koller/Kissling, Anweisung und Dokumentenakkreditiv im Zahlungsverkehr, in Wiegand (Hrsg), Rechtli-
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oder einer Mischung aus Handelsbrauch und AGB78. In Österreich wurden die ERA vorübergehend auch als international festgestellter Handelsbrauch gesehen79. Dieser Handelsbrauch soll sich von dem im herkömmlichen Sinn grundsätzlich dadurch unterscheiden, dass er nicht durch tatsächliche und langdauernde Übung entstanden sein muss, was freilich mit § 346 HGB bzw § 346 UGB nicht vereinbar ist80. Objektives Recht, also auch eine „Rechtsordnung sui generis“, können die ERA nicht sein, da die sie aufstellende Organisation, die IHK, eine private Institution ohne Rechtssetzungsbefugnis ist81. Dazu kommt, dass die IHK selbst den Richtlinien den Charakter von Empfehlungen beimisst82; andererseits hat man bewusst in Art 1 ERA 600 den Begriff „Regeln“ („rules“) gewählt, möglicherweise um ihr stärkeres Gewicht zu betonen. Gewohnheitsrecht scheidet – jedenfalls wenn man die ERA als Ganzes betrachtet – ebenfalls aus. Schon die wiederholten Änderungen der ERA und die Divergenzen bei ihrer Anwendung in der Praxis sprechen dagegen und auch gegen die globale Annahme eines Handels- bzw Unternehmensbrauchs83. Nielsen 84 sieht allerdings im überwiegenden Teil der ERA Handelsbrauch, zumal die anlässlich der Revisionen neu aufgenommenen Bestimmungen in kurzer Zeit Handelsbrauch werden. Somit hat man die ERA – mit der auch in Deutschland und der Schweiz hA – 1/18 grundsätzlich als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren85. Dieses Verständnis entspricht insbesondere Art 1 ERA 600, wonach die ERA für jedes Dokumenten-Akkreditiv (einschließlich, soweit anwendbar, für jeden Standby Letter of Credit) gelten, „wenn der Wortlaut des Akkreditivs ausdrücklich besagt, dass es diesen Regeln unterliegt“. Als AGB unterliegen
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che Probleme des Zahlungsverkehrs (2000) 23, 88f mwN zur Beurteilung der ERA als AGB in der Schweiz; Schönle, BankR 119; derselbe, Die Rechtsnatur der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, NJW 1968, 726ff; Stapel, Richtlinien 29 ff (auch zur Rechtslage in Großbritannien, Kanada und in den USA); von Westphalen, AGB-rechtliche Erwägungen zu den neuen Einheitlichen Richtlinien und Gebräuchen für Dokumenten-Akkreditive – Revision 1993, RIW 1994, 453, 454. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 461. Schinnerer, Um ein Recht des Internationalen Handels, ZfRV 1968, 200 ff; dazu kritisch Avancini in BVR1 II Rz 4/18 mit dem zutreffenden Hinweis, ein Brauch enthalte notwendigerweise ein in die Vergangenheit reichendes zeitliches Element. Damit sei es unvereinbar, eine neu geschaffene Regelung als Brauch zu qualifizieren. Ein Handelsbrauch lasse sich feststellen, wenn er besteht, er könne aber nicht für die Zukunft dekretiert werden. Dies gilt auch für die Auffassung, es handle sich um „antizipierten Handelsbrauch“: Schweinfest, Bankenhaftung im Internationalen Dokumentengeschäft im deutschen, französischen und englischen Recht (1999) 22. Avancini in BVR1 II Rz 4/18; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 15. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 11. Avancini in BVR1 II Rz 4/18; Canaris, BVR3 Rz 926. Neue Richtlinien 15. Das schließt natürlich nicht aus, dass in den ERA auch Handelsbräuche bzw Gebräuche im Geschäftsverkehr (§ 346 UGB) wiedergegeben sind: Schlegelberger/ Hefermehl Rz 148; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 18.
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Das Dokumentenakkreditiv
die ERA der entsprechenden Geltungs- und Inhaltskontrolle durch die Gerichte, wobei allerdings der weltumspannende Anwendungsbereich es nahe legt, bei der Inhaltskontrolle das allseitige Interesse an einer auch international möglichst einheitlichen Abwicklung des Akkreditivgeschäfts auf der Basis der ERA zu berücksichtigen. Nach Nielsen 86 und Schütze 87 spreche gegen eine Einstufung der ERA als AGB, dass diese Richtlinien nicht von einem Vertragspartner (Verwender) im Sinne von § 1 dAGBG (jetzt § 305 BGB) der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrags gestellt werden. Dieser Einwand überzeugt mangels Alternativen nicht, zumal auch kollektiv vorformulierte Vertragsbestandteile als AGB angesehen bzw wie solche vereinbart werden, insbesondere die ÖNormen88. 1/19
Als AGB gelten die ERA nur kraft Vereinbarung zwischen den Parteien89, wobei Art 1 Satz 2 ERA 600 klarstellt, dass die Parteien von den ERA abweichende Regelungen treffen können. Diese Vereinbarung sollte entsprechend Art 1 ERA 600 ausdrücklich im Wortlaut des Akkreditivs aufscheinen90, doch ist – wie schon bisher91 – auch eine konkludente Vereinbarung möglich, da die ERA die Regeln über die Geltung von AGB nicht ändern können und die Geltung auch bei konkludenter Vereinbarung von den Parteien gewollt ist. Diese Vereinbarung muss sowohl zwischen dem Akkreditivauftraggeber und der eröffnenden Bank (Deckungsverhältnis) als auch zwischen der eröffnenden Bank und dem Begünstigten sowie in den Verhältnissen zwischen eröffnender Bank und Zweitbank sowie Zweitbank und Begünstigtem getroffen werden. Im Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Begünstigten (Valutaverhältnis) wird empfohlen zu vereinbaren, das zu eröffnende Akkreditiv solle den ERA unterstellt sein92. Unter Unternehmern ist die Einbeziehung der ERA vielfach üblich, so dass die eröffnende Bank häufig darauf vertrauen darf, der andere Teil wolle sich den ERA unterwerfen93. 86 87 88
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In BankR-HB § 120 Rz 19. Dokumentenakkreditiv Rz 18. Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 861 Rz 5; Bollenberger in KBB2 § 864a Rz 5; Krejci in Rummel, ABGB3 §§ 1165, 1166 Rz 23; Rummel in Rummel, ABGB3 § 861 Rz 12. Zu deren Auslegung s OGH 7 Ob 110/01d in RdW 2001, 661: objektive Auslegung unter Beschränkung auf den Wortlaut, dh unter Verzicht auf außerhalb des Textes liegende Umstände, gemäß § 914 ABGB; sie sind daher so zu verstehen, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen des angesprochenen Adressatenkreises erschließen. OGH 1 Ob 44/05k in ÖBA 2006, 139. Zur Frage der Geltung von AGB s auch Iro in BVR2 I Rz 1/11 ff. – Inwieweit Teile der ERA als Gebräuche im Geschäftsverkehr zu berücksichtigen wären, ist eine Frage, die sich freilich nicht pauschal beantworten lässt. Zu einem Akkreditiv, für das die Geltung der ERA nicht vereinbart worden ist, s OGH 1 Ob 203/03i in ÖBA 2004, 708. Durch die stets zunehmende Verwendung von SWIFT, das eine ausdrückliche Anwendung der ERA vorsieht, wird dies auch immer mehr erreicht. Avancini in BVR1 II Rz 4/19; Nielsen, Neue Richtlinien Rz 2. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 462 mwN. Vgl Apathy/Riedler in Schwimann § 864a Rz 3; Bollenberger in KBB2 § 864a Rz 4; Rummel in Rummel, ABGB3 § 864a Rz 3.
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Für die Auslegung der ERA gibt es keine zentrale Instanz94. Sie hat daher nach den einschlägigen Regeln des nationalen Rechts zu geschehen (unten Rz 1/126)95, doch ist das den ERA zugrunde liegende Bestreben nach internationaler Rechtseinheit als Auslegungselement zu berücksichtigen96. Allfällige Lücken sind primär durch dispositives Recht und erst in zweiter Linie durch ergänzende Vertragsauslegung zu füllen97. Um eine möglichst einheitliche Anwendung der ERA sicherzustellen, hat die Bankenkommission der IHK eine umfangreiche Gutachtenspraxis entwickelt98. Allerdings werden auch deren opinions zwar als eine grundsätzlich beachtete, nützliche Hilfe bei der Auslegung der ERA angesehen; sie entheben aber den im konkreten Streitfall entscheidenden Richter nicht der Verantwortung, weil der IHK kein Vorrecht bei der Auslegung der ERA zukommt99. Auch nach dem Verständnis der Bankenkommission kommt ihren opinions keine Rechtsverbindlichkeit zu100. Außer diesen opinions bietet die IHK seit 1997 für streitige Fälle als Alternative oder Vorstufe zu (schieds)gerichtlicher Auseinandersetzung ein Streitbeilegungsverfahren namens DOCDEX an (nach den ICC Rules for Documentary Instruments Dispute Resolution Expertise, ICC Publ No 811, derzeitige Fassung aus 2002). Anfragen werden dabei durch drei von der ICC aus einer Liste ausgewählte Gutachter entschieden, das Verfahren ist nicht notwendigerweise zweiseitig (keine Verpflichtung des Gegners zur Einlassung), die Entscheidung ist – falls zwischen den Parteien nicht anders vereinbart – nicht bindend. Das Verfahren gilt als relativ rasch und kostengünstig. 3. Allgemeine Bedingungen für Bankgeschäfte Ist für die Geschäftsbeziehung zwischen dem Kunden, zB dem Akkreditivauf- 1/20 traggeber, und dem Kreditinstitut die Geltung der ABB vereinbart101, so erübrigt dies nicht die ausdrückliche oder schlüssige Vereinbarung der ERA. ABB 94 95
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MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 8. Vgl Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 22. Demgegenüber wird etwa bei Schinnerer/ Avancini III 8 ein „Grundsatz einer internationalen einheitlichen Auslegung“ in den Vordergrund gestellt, dessen Existenz jedoch von Canaris, BVR3 Rz 930 mit Recht bestritten wird. Canaris, BVR3 Rz 930; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 463. Zum ganzen Problemkreis ausführlich Wolf, Auslegung und Inhaltskontrolle von AGB im internationalen kaufmännischen Verkehr, ZHR 153 (1989) 300. Binder in Schwimann, ABGB § 914 Rz 178; Bollenberger in KBB2 § 914 Rz 8; Kramer in Straube, HGB § 346 Rz 18; Krejci, UR4 29; Rummel in Rummel, ABGB3 § 914 Rz 22; aM Avancini in BVR1 I Rz 4/19; Canaris, BVR3 Rz 931, der aber darauf hinweist, dass die ERA von vornherein keine vollständige Behandlung aller Probleme des Akkreditvrechts anstreben, so dass auch nach seiner Beurteilung Raum für eine ergänzende Anwendung des nationalen dispositiven Rechts bleibe; Kerschner in Jabornegg, HGB § 346 Rz 44. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 23. Canaris, BVR3 Rz 930. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 24. Dazu Iro in BVR2 I Rz 1/11 ff.
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und ERA gelten, wenn vereinbart, nebeneinander, wobei die ERA als Sonderbedingungen102 Vorrang genießen (Z 1 Abs 1 Satz 2 ABB)103.
II. Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – Begünstigter A. Vereinbarung und Bedeutung einer Akkreditivklausel 1/21
Das Akkreditivgeschäft geht regelmäßig auf eine Vereinbarung zurück, nach der Verpflichtungen aus einem zwischen den Vertragsteilen geschlossenen Geschäft (Grundgeschäft) – dabei kann es sich um einen internationalen Warenkauf nach dem Wiener UN-Übereinkommen (BGBl 1988/96) handeln104 – über ein Akkreditiv erfüllt werden sollen (Akkreditivklausel)105. Diese Vereinbarung im Valutaverhältnis sollte ausdrücklich getroffen werden. Die Akkreditivklausel modifiziert die Pflichten der Parteien aus dem Grundgeschäft dahin, dass der eine Teil (Käufer) die Pflicht zur Akkreditiveröffnung und der andere Teil (Verkäufer) die Pflicht zur Dokumentenvorlage übernimmt106. Demzufolge wird die Forderung des Verkäufers aus dem Grundgeschäft erst mit der Vorlage akkreditivgerechter Dokumente – oder mit dem Verfall des Akkreditivs (Rz 1/23) – fällig107. Kann der Begünstigte keine akkreditivkonformen Dokumente vorlegen, so kann er das Akkreditiv nicht in Anspruch nehmen; der Akkreditivauftraggeber ist nicht verpflichtet, der Auszahlung des Akkreditivbetrags gegen nicht ordnungsgemäße Dokumente zuzustimmen108. Ist zwischen den Vertragsteilen des Grundgeschäfts vereinbart, dass die Zahlung mit einem von einer bestimmten Bank bestätigten Akkreditiv erfolgen solle, so sorgt der Akkreditivauftraggeber für keine vertragskonforme Eröffnung des Akkreditivs und gerät daher in Zahlungsverzug, wenn dieses von der Zweitbank mangels Deckung nicht bestätigt wird109. Auf die Festlegung aller wesentlichen Akkreditivbedingungen ist besonders zu achten, weil es sonst an der nötigen Bestimmtheit mangeln und die Akkreditivklausel damit unwirksam sein könnte. Über diese Mindesterfordernisse hinaus wird es allerdings zweckmäßig sein, den Inhalt des Akkredi102 103
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So ausdrücklich noch P 62 AGBöKr. Zur Anwendbarkeit der AGB im Verhältnis zu ausländischen Kunden und im Verhältnis zwischen Banken s Iro in BVR2 I Rz 1/22 f und 1/29 f. Vgl Georgiades, Das Zustandekommen des Vertrages beim internationalen Kauf und der Grundsatz der Autonomie des Dokumentenakkreditivs, Einheit und Folgerichtigkeit im Juristischen Denken (1998) 89. – Allerdings wird die Geltung des Übereinkommens regelmäßig abbedungen. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II: 488: „Kasse gegen Akkreditiv“, „Zahlung durch Akkreditiv“. OGH 4 Ob 2009/96m in ÖBA 1996, 962 = SZ 69/128; Griß-Reiterer, ÖBA 1999, 179. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 489; vgl OGH in ÖBA 1996, 962: die Kaufpreisforderung ist „gehemmt“, solange das Akkreditiv ausnützbar ist. OGH in ÖBA 1996, 962. OGH in HS 12.230/8.
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – Begünstigter
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tivs schon bei Abschluss des Grundgeschäfts möglichst umfassend zu fixieren110; denn später hat der Begünstigte keine rechtliche Handhabe mehr, auf diesen Inhalt noch Einfluss zu nehmen111. Bei einvernehmlichen Änderungen nach der Akkreditiveröffnung müsste überdies die eröffnende Bank mitwirken. Genau überlegt werden sollte insbesondere, welche Dokumente einerseits 1/22 vom Akkreditivauftraggeber benötigt werden, andererseits der Begünstigte auch beschaffen kann112. Denn Akkreditivbedingungen113 sind nur zu beachten, wenn das Akkreditiv auch die zum Erfüllungsnachweis vorzulegenden Dokumente angibt (Art 14 lit h ERA 600)114. Mit dieser Bestimmung sollen undifferenzierte Bezugnahmen auf das Grundgeschäft verhindert werden115. Zudem würde es der Funktion des Akkreditivs als abstraktem Leistungsversprechen widersprechen, wenn eine Klausel Einwendungen aus dem Grundgeschäft gegen die Akkreditivverpflichtung der Bank ermöglichte116. Insbesondere ist eine Untersuchung der Ware durch den Auftraggeber vor Akkreditivleistung sowie eine Mängeleinrede grundsätzlich ausgeschlossen117. Allerdings ist die in Art 14 lit h ERA 600 getroffene Regelung nicht unproblematisch, da nach allgemeinen Grundsätzen über das Verhältnis von AGB und Individualabreden118 die im Einzelfall vereinbarte nichtdokumentäre Zahlungsbedingung Vorrang vor der allgemeinen Regelung der ERA hat. Daher wird den Banken empfohlen, von der Eröffnung und Bestätigung, ja sogar von der Avisierung von Akkreditiven mit nichtdokumentären Zahlungsbedingungen Abstand zu nehmen119. Soweit man dieser Empfehlung nicht folgt, sollte darauf geachtet werden, dass die Bedingung möglichst in irgendeinem vorgelegten Dokument ausgewiesen ist, jedenfalls dass kein Dokument das Gegenteil einer nichtdokumentären Bedingung ausweist. Bei Warengeschäften wird der Akkreditivauftraggeber vor allem an Dokumenten interessiert sein, mit denen er über die Ware verfügen kann, und die 110
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Zur späteren schlüssigen Genehmigung eines angebotenen Akkreditivs vgl OGH in ÖBA 1953, 131. Das betonen mit Recht Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/24. Vgl ISBP Z 1, wo auch empfohlen wird, dass Akkreditivauftraggeber und Begünstigter sorgfältig überlegen, wer diese Dokumente herstellen soll und in welchem Zeitraum sie vorzulegen sein sollen. Gemeint sind Bedingungen im technischen Sinn, also ungewisse künftige Ereignisse, nicht aber zB Verfalldatum, Verladedatum udgl; derartige Klauseln sind also auch dann zu beachten, wenn für sie kein Dokument vorgeschrieben ist: Nielsen, Neue Richtlinien Rz 99; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 191 FN 258. Zur Qualifikation derartiger Vereinbarungen als Individualabreden mit Vorrang vor den ERA s Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 191. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 98. Schlegelberger/Hefermehl Rz 163. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 488; zum Rechtsmissbrauch s Rz 1/132 f. Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 864a Rz 1. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 191 mit Bezug auf Dolan, The Law of Letters of Credit2 (1994) Cumulative Supplement No 1, SA-15, der darauf hinweist, dass amerikanische Gerichte nichtdokumentäre Zahlungsbedingungen von besonderer Bedeutung als Garantie behandeln.
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Das Dokumentenakkreditiv
er für die Erfüllung von Einfuhrbestimmungen benötigt; Dokumente zur Beschaffenheit der Ware sollen tunlichst von unabhängigen Dritten ausgestellt sein; der Aussteller soll genau bezeichnet sein120. Der Begünstigte sollte darauf achten, dass nur solche Dokumente vorgesehen werden, zu denen er auch ohne Mitwirkung des Auftraggebers gelangen kann, andernfalls er Gefahr läuft, das Akkreditiv nicht in Anspruch nehmen zu können121. Im Auge zu behalten ist auch, dass die eröffnende Bank nur eine formale Prüfung der Dokumente vorzunehmen hat, ihre inhaltliche Richtigkeit dagegen grundsätzlich weder prüfen kann noch prüfen soll122. Die ERA sowie die für die Dokumentenprüfung hilfreichen ISBP enthalten zahlreiche Bestimmungen darüber, wie einzelne Dokumente beschaffen sein müssen, um akkreditivgerecht zu sein (Art 17 ff ERA 600; unten Rz 1/38). Diese Bestimmungen gelten, soweit nichts anderes im Akkreditiv festgelegt ist. Die Verpflichtung, bei einer bestimmten Bank ein Akkreditiv zu eröffnen, kann auch so erfüllt werden, dass eine andere Bank das Akkreditiv eröffnet und dieses durch die an sich für die Akkreditiveröffnung vorgesehene Bank im Sinne von Art 8 ERA 600 „bestätigen“ lässt123. 1/23
Die Eröffnung des Akkreditivs bringt den Anspruch des Begünstigten aus dem Grundgeschäft nicht zum Erlöschen, da sie nur zahlungshalber erfolgt124. Der Begünstigte muss daher grundsätzlich zunächst versuchen, 120
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Ist im Akkreditiv kein Dritter als Dokumentenaussteller bestimmt, können etwa Qualitätsbescheinigungen und ähnliche Dokumente – soweit nicht die in Art 3 ERA 600 genannten Ausnahmen vorliegen (‚Begriffe wie „erstklassig“, „gut bekannt“, „qualifiziert“, „unabhängig“, „offiziell“, „kompetent“ oder „örtlich“, die zur Beschreibung eines Ausstellers eines Dokuments verwendet werden, lassen jeden Aussteller mit Ausnahme des Begünstigten für die Ausstellung dieses Dokuments zu.‘) – auch vom Begünstigten selbst ausgestellt sein: vgl Nielsen, Neue Richtlinien Rz 156. In 2 Ob 538/87 (nicht veröffentlicht) hat der OGH darauf hingewiesen, dass es den Voraussetzungen und Zwecken eines Dokumentenakkreditivs im Allgemeinen widerspreche, die Zahlungspflicht der Bank davon abhängig zu machen, dass ihr ein von ihrem Auftraggeber ausgestelltes Dokument (im konkreten Fall eine Warenübernahmebestätigung) vorgelegt wird. In Verbindung mit anderen Umständen hat dann der OGH die Qualifikation der von ihm zu beurteilenden „Haftungserklärung“ als Dokumentenakkreditiv abgelehnt. S zu dem Problem auch Schinnerer, ÖBA 1984, 240 f. Allerdings muss es den Parteien unbenommen bleiben, für eine Akkreditivinanspruchnahme auch eine vom Akkreditivauftraggeber auszustellende Urkunde vorzusehen und die Abwicklung eines solchen Akkreditivs den ERA zu unterstellen (Avancini in BVR1 II Rz 4/22 FN 68; vgl auch Ulrich, Rechtsprobleme des Dokumentenakkreditivs [1989] 21; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/61). OGH 9 Ob 83/04b in ÖBA 2005, 282. OGH in SZ 52/163. OGH 4 Ob 2009/96m in ÖBA 1996, 962 = SZ 69/128; Canaris, BVR3 Rz 1055; Einsele, BankR § 5 Rz 12; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 489; Schlegelberger/Hefermehl Rz 247; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/93; Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1414 Rz 13; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/23.
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – Begünstigter
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seine Forderung im Wege über das Akkreditiv einzuziehen125. Wenn dies aber endgültig126 misslingt – wozu es keiner vorherigen Klage des Begünstigten gegen die eröffnende Bank bedarf, sondern der Nachweis genügt, dass ein ernsthafter Versuch, von der Bank gegen ordnungsgemäße Dokumente Zahlung zu erhalten, erfolglos geblieben ist127 –, kann er sich direkt an den Akkreditivauftraggeber halten. Lässt der Begünstigte aus von ihm zu vertretenden Gründen das Akkreditiv verfallen, so kann er zwar die Forderung aus dem Grundgeschäft gegen den Akkreditivauftraggeber geltend machen, haftet diesem jedoch für den verursachten Schaden128. Zahlt die eröffnende Bank an den aus dem Akkreditiv Begünstigten, so erwirbt sie dessen Forderung aus dem Grundgeschäft gemäß § 1358 ABGB, da sie eine materiell fremde Schuld begleicht129. Die Akkreditivklausel beinhaltet einen konkludent vereinbarten beiderseiti- 1/24 gen Aufrechnungsausschluss: Der Akkreditivauftraggeber kann seine Verpflichtung aus dem Grundgeschäft nicht mehr durch Aufrechnung tilgen130. Das gilt aber grundsätzlich nur so lange, als das Akkreditiv nicht verfallen ist131, doch wird ein Weiterbestehen des Aufrechnungsausschlusses dann angenommen, wenn die Nichtausnutzung des Akkreditivs zumindest überwiegend vom Auftraggeber zu vertreten ist132. Andererseits ist der Begünstigte gehindert, sich durch Aufrechnen zu befriedigen, solange er wegen des erfüllungshalber erstellten Akkreditivs seine Forderung nicht direkt gegen den Akkreditivauftraggeber geltend machen darf. Unerlaubtheit der Akkreditiveröffnung – insbesondere wegen devisenrechtlicher Hindernisse – macht, zumal es um eine Hauptpflicht geht (Rz 1/26), idR das gesamte Grundgeschäft ungültig133. Allerdings bleibt der Grundvertrag 125
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Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 489; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/93; Wolff in Klang VI 330 (zur Anweisung). – Zu Akkreditiven mit vorrangiger Sicherungsfunktion s oben Rz 1/11. OGH in ÖBA 1996, 962: endgültig gescheitert ist die Inanspruchnahme mit dem Verfall des Akkreditivs. OGH in ÖBA 1996, 962; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/23; ferner Insolvenz der Bank: Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/94. OGH in ÖBA 1996, 962: entgangenes Skonto; Griß-Reiterer, ÖBA 1999, 179. P. Bydlinski, ÖBA 2002, 682; Mader/W. Faber in Schwimann, ABGB § 1358 Rz 6; vgl auch Koziol unten Rz 3/51. Nielsen, Akkreditivgeschäft 42 f; Schlegelberger/Hefermehl Rz 248; Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 2/28. – Solange das Aufrechnungsverbot besteht, ist es dem Akkreditivauftraggeber auch verwehrt, exekutiv auf die Forderung des Begünstigten aus dem zwischen ihnen bestehenden Grundgeschäft zu greifen, soweit diese Forderung über das Akkreditiv beglichen werden soll (vgl Kremser, BB 1978, 64 gegen OLG Hamburg in BB 1978, 63). Canaris, BVR3 Rz 1060; Schlegelberger/Hefermehl Rz 248; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/28. Canaris, BVR3 Rz 1060; Nielsen, Akkreditivgeschäft 43 unter Berufung auf BGH in BGHZ 60, 262. Avancini in BVR1 II Rz 4/29; Canaris, BVR3 Rz 1054; aM Schlegelberger/Hefermehl Rz 246.
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Das Dokumentenakkreditiv
aufrecht, wenn der Akkreditivauftraggeber seinem Geschäftspartner eine Barzahlung als Vorleistung statt der Akkreditiveröffnung anbietet oder dieser auf ein Akkreditiv verzichtet134. Jener Teil, der bei Abschluss des Grundgeschäfts die Unerlaubtheit kannte oder kennen musste, haftet dem anderen, den nicht der gleiche Vorwurf trifft, für den Vertrauensschaden (§ 878 Satz 2 ABGB); bei gleichteiligem Mitverschulden des Verletzten kommt es nach hA zur Kulpakompensation135, doch entspricht die Schadensteilung gemäß § 1304 ABGB besser allgemeinen Grundsätzen und der Intention des Gesetzgebers der III. TN136. B. Pflichten der Parteien aus der Akkreditivklausel 1. Pflichten des Akkreditivauftraggebers 1/26
Der Schuldner der über ein Akkreditiv zu erfüllenden Verpflichtung hat für dessen fristgerechte Eröffnung zu sorgen. Dem ist erst dann entsprochen, wenn der Geschäftspartner den (durch die Dokumentenvorlage bedingten) Anspruch gegen die eröffnende Bank erworben hat. Allgemeiner Ansicht nach ist die Pflicht zur Akkreditiveröffnung keine bloße Nebenpflicht aus dem Grundgeschäft, sondern eine Hauptpflicht137, deren Nichterbringung zur Zurückbehaltung (§ 1052 Satz 1 ABGB) und zum Rücktritt entsptrechend § 918 ABGB berechtigt. Die Akkreditivklausel verpflichtet den Schuldner zu einer Vorleistung; erst mit der Akkreditiveröffnung hat er Anspruch auf die vereinbarte Gegenleistung des Begünstigten und deren Versendung138. Die Vorleistung ist allerdings eine insofern beschränkte, als durch die Akkreditiveröffnung die nach dem Grundgeschäft vorgesehene Zahlung als die zentrale Hauptleistung ja noch nicht erbracht, sondern nur vorbereitet und sichergestellt wird. Ob bei Sichtakkreditiven die Zahlung der eröffnenden Bank eine Vorleistung des Akkreditivauftraggebers ist, hängt davon ab, ob dieser die ihm vom Begünstigten geschuldete Gegenleistung auch über die vorgelegten Dokumente noch nicht erhalten hat139. Wird das zugesagte Akkreditiv nicht fristgerecht eröffnet, so ist zu prüfen, ob die Akkreditiveröffnung als Fixgeschäft vereinbart war140, weil sich 134 135
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Canaris, BVR3 Rz 1054. Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 I 172; Mayrhofer, SR AT 307; Rummel in Rummel, ABGB3 § 878 Rz 6. Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 878 Rz 13; Kerschner, Irrtumsanfechtung insbesondere beim unentgeltlichen Geschäft (1984) 118f. Canaris, BVR3 Rz 1050; Schlegelberger/Hefermehl Rz 242; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/29. – Zur gleichgelagerten Rechtslage bei der Garantie s Koziol unten Rz 3/52. OGH in HS ErgBd 55; ÖBA 1958, 450; HS 12.230/8; Ebenroth/Boujong/Joost/ Hakenberg Rz II 488; Schlegelberger/Hefermehl Rz 241. Zu pauschal eine Vorleistung annehmend Schlegelberger/Hefermehl Rz 241. An einer Vorleistung fehlt es etwa, wenn ein Versendungskauf (§ 429 ABGB) oder sonst eine Schickschuld vorliegt. Dazu Schlegelberger/Hefermehl Rz 245. Zwar wird die Verpflichtung, ein Akkreditiv stellen zu lassen, häufig ein Fixgeschäft sein (vgl Zahn/Ehrlich/Neumann, Zah-
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – Begünstigter
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dann die Verzugsfolgen nach § 919 ABGB bestimmen und der Vertrag grundsätzlich von selbst aufgelöst wird, während bei einem einfachen Termingeschäft141 der Rücktritt zu erklären und dem Schuldner eine angemessen Nachfrist einzuräumen ist (§ 918 ABGB). Weitergehend vertritt Georgiades 142, dass der internationale Warenkauf im Zweifel erst dann zustande kommt, wenn das Akkreditiv wirksam zugunsten des Verkäufers eröffnet ist. Nach verbreiteter Ansicht werde der Erfüllungsort für die Leistungspflicht 1/27 des Auftraggebers (im Valutaverhältnis) durch die Akkreditivklausel grundsätzlich auch dann nicht geändert, wenn die eröffnende Bank ihren Sitz nicht am Ort der Niederlassung des Auftraggebers oder des Begünstigten hat143. Dem hat Avancini 144 entgegengehalten, es werde das Problem des Erfüllungsortes bei einem Abstellen bloß auf den Sitz der eröffnenden Bank verkürzt gesehen; richtigerweise komme es darauf an, an welchem Ort das Akkreditiv zahlbar sein soll. Dieser Ort kann freilich mit dem Sitz der eröffnenden Bank zusammenfallen, häufig werden Akkreditive jedoch bei einer anderen Bank an einem anderen Ort zahlbar gestellt. Das führte ihn zu folgender Überlegung: Bei der Vereinbarung einer Akkreditiveröffnung gehen die Parteien davon aus, dass die Leistung des Akkreditivauftraggebers über das Akkreditiv erbracht werden soll145. Wird nun im Rahmen der Akkreditivklausel auch gleich festgelegt, wo das Akkreditiv zahlbar sein soll, so müsse wohl angenommen werden, dass dies auch jener Ort sei, an dem der Akkreditivauftraggeber seine Leistungspflicht aus dem Grundgeschäft auch dann erfüllen solle, wenn die Akkreditivzahlung ausbleibt146. Da es um eine Auslegungsfrage geht, kann keine pauschale Beurteilung der Frage erfolgen, ob die Akkreditivklausel immer den Erfüllungsort bestimmt. Allerdings kann sie im Einzelfall durchaus den vertraglichen Erfüllungsort auch für die Zahlungspflicht des Akkreditivauftraggebers gegenüber dem Begünstigten festlegen, ist sie doch Bestandteil des Grundvertrags. Ist an anderer Stelle dieses
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lung Rz 2/31), letztlich kommt es aber doch auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl auch OGH in HS ErgBd 55). Zu diesem im Zusammenhang mit einer Akkreditiveröffnungspflicht OGH in HS ErgBd 1641; ferner HS ErgBd 66. Einheit und Folgerichtigkeit im Juristischen Denken 94f. Canaris, BVR3 Rz 1055; Schlegelberger/Hefermehl Rz 241; OLG Frankfurt in NJW 1951, 965. In BVR1 I Rz 4/27. Darauf nimmt der BGH in WM 1981, 789 zu wenig Bedacht, wenn es dort heißt, das Akkreditiv werde nur erfüllungshalber hingegeben und diene in erster Linie einer Sicherung des Zahlungsanspruchs, also einem anderen Zweck als der Vereinbarung eines Erfüllungsortes. Immerhin wird aber konzediert, dass die Vereinbarung eines Akkreditivs Anzeichen dafür sein könne, dass die Parteien den Sitz der eröffnenden Bank auch generell als Erfüllungsort für den Zahlungsanspruch vereinbaren wollten, wenn auch noch sonstige Umstände darauf hinweisen. Vgl auch Reichardt, Das Akkreditiv, ZHR 88 (1926) 15 f, der zu Recht darauf verweist, dass die vom Akkreditivauftraggeber geschuldete Zahlung im Wege über das vereinbarte Akkreditiv und daher eben grundsätzlich am Sitz der eröffnenden Bank geleistet werden soll.
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Das Dokumentenakkreditiv
Vertrags ein Erfüllungsort ausdrücklich vereinbart, so kann sich aus der Festlegung einer bestimmten Zahlstelle für das Akkreditiv ein auf die Durchführung der Zahlung eingeschränkter zweiter Erfüllungsort ergeben, soweit nicht Erfüllung durch Barzahlung Zug um Zug gegen Übergabe der Gegenleistung (§ 1052 ABGB) geschuldet wird. 1/28
Eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Geschäftspartners, die dem Akkreditivauftraggeber beim Vertragsschluss nicht bekannt sein musste, kann sich auf die Akkreditiveröffnungspflicht auswirken. Sie entfällt, wenn durch die Vermögensverschlechterung der Anspruch auf die Gegenleistung gefährdet wird147. Diese Auffassung berücksichtigt nach Avancini 148 nicht ausreichend, dass die vom Akkreditivauftraggeber aus dem Grundgeschäft geschuldete Leistung letztlich eine Zahlung ist, die nicht schon durch die Eröffnung des Akkreditivs, sondern erst bei dessen Honorierung erbracht wird. Sollte das Akkreditiv dokumentär so ausgestaltet sein, dass seine Inanspruchnahme die Erbringung der Gegenleistung des Begünstigten voraussetzt, so sei die Akkreditiveröffnung keine Vorleistung im Sinne des § 1052 ABGB: Entweder verfalle das Akkreditiv unausgenützt oder es werde Zug um Zug gegen die oder (bei hinausgeschobener Zahlung) sogar erst nach der Leistung des Begünstigten honoriert. Nach Avancini sei daher zu differenzieren: Nur wenn der Begünstigte nach den Akkreditivbedingungen eine Honorierung des Akkreditivs erreichen kann, bevor er seine nach dem Grundgeschäft geschuldete Leistung erbringt, sei entsprechend § 1052 Satz 2 ABGB die Akkreditiveröffnungspflicht bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung suspendiert. Diese Beurteilung steht freilich in Gegensatz zu der auch von Avancini 149 geteilten Auffassung, die Pflicht zur Akkreditiveröffnung sei eine Hauptpflicht. Da es für die Anwendbarkeit der Unsicherheitseinrede nicht darauf ankommt, ob der nach § 1052 Satz 2 ABGB zu schützende Vertragsteil mit seiner gesamten Leistung vorleistungspflichtig ist oder nur mit einem Teil, spricht nichts dagegen, dem Akkreditivauftraggeber die Einrede nach § 1052 Satz 2 ABGB zu gewähren. Dazu kommt, dass ihm ein Rücktritt vom Vertrag aus wichtigem Grund analog § 918 ABGB offen steht150. 2. Pflichten des Begünstigten
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Die Akkreditivklausel verpflichtet den Begünstigten zur Vorlage der vorgeschriebenen Dokumente151, sie kann aber auch für die sonst aus dem 147
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Canaris, BVR3 Rz 1049; Schlegelberger/Hefermehl Rz 241 unter Hinweis auf § 321 BGB, der sein Gegenstück im österreichischen Recht in § 1052 ABGB hat; ferner für das Schweizer Recht Schärrer, Rechtsstellung 62 f mit dem Hinweis, die Gefahr einer mangelhaften Warenlieferung könne bei einem konkursreifen Verkäufer erhöht sein und die Kosten der Akkreditiveröffnung würden allenfalls vergeblich aufgewendet. In BVR1 I Rz 4/28. In BVR1 I Rz 4/26. Apathy in KBB2 § 1052 Rz 5; P. Bydlinski in KBB2 § 918 Rz 16. Vgl Schlegelberger/Hefermehl Rz 249; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/33.
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – Begünstigter
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Grundgeschäft folgende Pflicht zur ordnungsgemäßen Lieferung der Ware Bedeutung haben152. Andererseits ist der Begünstigte grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Auftraggeber eine Überprüfung der Vertragsgemäßheit der Gegenleistung vor Honorierung des Akkreditivs zu ermöglichen. Ein solches Prüfungsrecht besteht zwar an sich auch nicht bei Akkreditiven mit hinausgeschobener Zahlung153, die zwischenzeitig beim Auftraggeber eingelangte Lieferung kann von ihm jedoch überprüft werden. Ob bzw unter welchen Voraussetzungen die Möglichkeit besteht, auf Grund eines negativen Prüfungsergebnisses die Honorierung des Akkreditivs noch zu unterbinden, wird in Rz 1/61, 1/133 und 1/203 behandelt. C. Auswirkung von Mängeln im Grundgeschäft 1. Vor Akkreditiveröffnung Mängel im Grundgeschäft, die dessen Nichtigkeit bewirken oder zu einer 1/30 erfolgreichen Anfechtung vor der Akkreditiveröffnung führen, heben die Pflicht zur Akkreditiveröffnung auf, da ja die Akkreditivklausel Teil des Grundgeschäfts ist. Wird – insbesondere in Unkenntnis der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit – das Akkreditiv dennoch gestellt, so erwächst dem Akkreditivauftraggeber gegen den Begünstigten ein Bereicherungsanspruch gemäß § 877 ABGB, der darauf gerichtet ist, dass der Begünstigte den Anspruch aus dem Akkreditiv nicht geltend macht (Unterlassung, Verzicht; unten Rz 1/31). Eine Vereinbarung, dass bei Scheitern des in Aussicht genommenen Vertrags eine Partei alle vertraglich aufgewendeten Kosten des Akkreditivs zu tragen habe, ist jedenfalls dann nicht sittenwidrig, wenn dieser Partei das Scheitern zuzurechnen ist154. 2. Zwischen Akkreditiveröffnung und -honorierung Der Begünstigte ist – im Verhältnis zum Akkreditivauftraggeber – zur Inan- 1/31 spruchnahme des Akkreditivs nicht berechtigt, wenn sich erst nach der Akkreditiveröffnung die Nichtigkeit des Grundgeschäfts erweist oder dieses erfolgreich angefochten und somit aufgehoben ist oder wenn ihm aus anderen Gründen keine Forderung aus dem Grundgeschäft (mehr) zusteht155, etwa weil der Auftraggeber wegen Verzugs vom Vertrag zurückgetreten ist oder wegen mangelhafter Lieferung unter den Voraussetzungen des § 932 ABGB die Wandlung erwirkt hat. Wird der Anspruch des Begünstigten aus dem Grundgeschäft entsprechend § 872 ABGB reduziert oder macht sein Vertragspartner beispielsweise Preisminderung wegen mangelhafter Vertragser152
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Zur Auslegung der Lieferverpflichtung im Wege über den Inhalt der Akkreditivklausel vgl bei Canaris, BVR3 Rz 1048. BGH in BGHZ 101, 84 = WM 1987, 977. OGH in ÖBA 1988, 1027. Vgl Canaris, BVR3 Rz 1064; im Ergebnis wohl auch Schlegelberger/Hefermehl Rz 252.
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Das Dokumentenakkreditiv
füllung geltend, so darf er aus dem Akkreditiv nur in einem entsprechend eingeschränkten Umfang Zahlung verlangen. Dies alles unter der Voraussetzung, dass Entfall oder Minderung der Forderung zwischen den Parteien unstrittig oder zumindest nicht mit vertretbaren Argumenten bestreitbar ist. Allgemein wird dazu vertreten, dass der Akkreditivauftraggeber in solchen Fällen einen Anspruch gegen den Begünstigten habe, dass dieser auf seine Rechte aus dem Akkreditiv verzichte156. Das scheint auf den ersten Blick eigenartig, weil der Eindruck entstehen könnte, dass der Begünstigte auf ein Recht verzichten soll, welches ihm ohnedies gar nicht mehr zusteht157. Ein Verzichtsanspruch des Auftraggebers lässt sich jedoch damit begründen, dass es hier auch um die Rechtsposition des Begünstigten gegenüber einem Dritten, und zwar gegenüber der eröffnenden Bank geht. Darf der Begünstigte in seinem Verhältnis zum Auftraggeber (Valutaverhältnis) das Akkreditiv nicht (mehr) in Anspruch nehmen, so hat letzterer ein schutzwürdiges Interesse daran, dass die eröffnende Bank als Dritte vom Begünstigten aus ihrer abstrakten Haftung auch formell entlassen wird. Der Verzichtsanspruch bezieht sich also auf die formale Rechtsposition, die der Begünstigte aus der abstrakten Verpflichtung der eröffnenden Bank dieser gegenüber hat. Streitigkeiten der Parteien über die Gültigkeit des Grundgeschäfts oder die Vertragsgemäßheit der Erfüllung dürfen jedoch nicht in das Akkreditiv hineingetragen werden. Diese Fragen sind grundsätzlich im Rahmen des Valutaverhältnisses zu klären 158, also gegebenenfalls in einem Prozess zwischen Akkreditivauftraggeber und Begünstigtem. Das entspricht der umfassenden Sicherungsfunktion des Akkreditivs und folgt aus dem das Akkreditivgeschäft beherrschenden Prinzip der strengen Trennung zwischen Akkreditiv und Grundgeschäft (vgl Rz 1/119). Ist allerdings evident oder leicht beweisbar, dass der Begünstigte aus dem Grundgeschäft nichts oder nur einen Teilbetrag zu fordern hat, oder ist ihm dies bewusst, so kann ihm, wenn er dennoch das Akkreditiv (voll) einzuziehen versucht, in ausnahmsweiser Durchbrechung des Abstraktionprinzips im Akkreditivverhältnis der Rechtsmissbrauchseinwand entgegengehalten werden (dazu unten Rz 1/133). 3. Nach Akkreditivhonorierung 1/32
Stellen sich Mängel im Grundgeschäft, gleich welcher Art, nach vollständiger Honorierung des Akkreditivs heraus, so kann sich der Akkreditivauftraggeber mit seinen Rückforderungsansprüchen nur an den Begünstigten halten (dazu Rz 1/210). 156
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Vgl Canaris, BVR3 Rz 1064; Schlegelberger/Hefermehl Rz 251; Wessely, Unabhängigkeit 74. Demgemäß spricht sich Paul Doralt, Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer rechtsmissbräuchlichen Garantieinanspruchnahme oder Klage auf Unterlassung bzw. Widerruf?, ÖBA 1990, 182 für eine Feststellungsklage statt der üblichen Leistungs- oder Unterlassungsklage aus. OGH 1 Ob 554/94 in ÖBA 1996, 64 mit Anm von Avancini = SZ 67/111. S dazu bei Rz 1/122 ff und 1/132 f; ferner Schlegelberger/Hefermehl Rz 252.
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank
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III. Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank A. Akkreditiveröffnungsauftrag 1. Zustandekommen des Auftrags Für die Auftragserteilung gelten die allgemeinen Regeln über den Vertrags- 1/33 schluss159. IdR stellt der Auftraggeber den Antrag schriftlich unter Verwendung eines Formulars160, doch ist die Schriftform nicht zwingend geboten. Akzeptiert die Bank einen mündlich erteilten Auftrag161, so sollte sie auf eine schriftliche Bestätigung dringen162. Die Annahme des Auftrags durch die Bank ist formfrei und auch konkludent163 möglich. Solange gegenüber dem Begünstigten keine Verpflichtung der eröffnenden Bank entstanden ist, kann der Auftrag vom Auftraggeber widerrufen werden (§ 1020 ABGB; unten Rz 1/ 48). Nach Art 11 lit b ERA 600 soll eine Voranzeige (Voravis) über die Eröffnung oder Änderung nur versendet werden, wenn die eröffnende Bank bereit ist, das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung zu erstellen. Im Falle eines Voravis ist die eröffnende Bank unwiderruflich verpflichtet, das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung unverzüglich, mit Bedingungen, die dem Voravis nicht widersprechen, zu erstellen. Daher sollte die eröffnende Bank bei unvollständigen oder unklaren Angaben im Antrag des Auftraggebers auf Klarstellung oder Ergänzung durch den Auftraggeber bestehen, bevor sie die Eröffnung oder Änderung voravisiert. Allerdings erwächst der eröffnenden Bank nach allgemeinen Grundsätzen keine Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten, wenn sie im Voravis deutlich zum Ausdruck bringt, dass diese Mitteilung unverbindlich ist, also keine Verpflichtung begründen soll164. Denn Art 11 lit b ERA 600 vermag keinen Kontrahierungszwang zu Lasten der eröffnenden Bank zu begründen. Allerdings wird vertreten, der Versand eines Voravis könne eine Schadenersatzpflicht der avisierenden Bank begründen, wenn später kein Akkreditiv eröffnet wird. Daher sollte ein Voravis nur abgegeben werden, wenn tatsächlich die Bereitschaft besteht, das Akkreditiv unverzüglich zu eröffnen165. 159
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164 165
Vgl OGH 1 Ob 203/03i in ÖBA 2004, 708: Ein an ein Kreditinstitut gerichtetes „Ersuchen“, an ein (begünstigtes) Unternehmen einen Geldbetrag unter der Bedingung zu überweisen, dass bestimmte Dokumente vorgelegt würden, ist als Auftrag (genauer: Angebot für einen Auftrag) zu verstehen. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 464. Vgl etwa Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/39. Avancini in BVR1 II Rz 4/33; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 89. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 464; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/36: Zusendung einer Kopie des an den Begünstigten abgegangenen Akkreditivs. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 81; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 241. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 81.
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Das Dokumentenakkreditiv
2. Vertragspflichten 1/34
Der Akkreditiveröffnungsauftrag verpflichtet die Bank, im Interesse und auf Rechnung des Auftraggebers eine Akkreditivverpflichtung zugunsten eines Dritten einzugehen sowie bei einer konformen Dokumentenvorlage die vereinbarte Akkreditivleistung zu erbringen und die Dokumente dem Auftraggeber herauszugeben166. Inhalt des Geschäfts ist somit die Übernahme einer Geschäftsbesorgung, die den Abschluss eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand hat; es wird daher ein Auftragsverhältnis iS der §§ 1002 ff ABGB begründet167, auf das auch die Bestimmungen des Kommissionsrechts anzuwenden sind168. Auf der anderen Seite trifft den Auftraggeber die Pflicht zur Leistung des Entgelts (Provision) sowie zum Aufwandersatz (§ 396 UGB; §§ 1004, 1014 ABGB)169, wobei die eröffnende Bank die Bevorschussung des Akkreditivbetrags verlangen kann (unten Rz 1/62). 3. Inhalt des Akkreditivs
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Der Auftrag soll das zu eröffnende Akkreditiv möglichst genau umschreiben170. Zu diesem Zweck legen die Banken Formulare auf, deren Verwendung dringendst anzuraten ist. Auch die IHK hat Standard-Formulare für den Akkreditiveröffnungsauftrag ausgearbeitet171. Die eröffnende Bank trifft idR keine Pflicht, den Auftraggeber bei der Abfassung seines Antrags zu beraten (Rz 1/49), doch hat sie ihn auf offensichtliche Fehler, Widersprüche oder Unvollständigkeiten aufmerksam zu machen172 und darf konkret gestellte Fragen nicht falsch beantworten173. Empfohlen wird174, dass der Auftraggeber bereits den Akkreditivtext selbst formuliert. Doch soll das Akkreditiv von zu weitgehenden Einzelheiten frei166
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Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 465. Nach Canaris, BVR3 Rz 939 ist die Bank in erster Linie verpflichtet, Zahlungen an den Begünstigten zu leisten. Diese Zahlungspflicht ist jedoch nur eine weitere, zeitlich nachgeordnete Hauptpflicht der Bank; zunächst steht die Akkreditiveröffnung im Vordergrund. Die Einordnung in den Werkvertrag bei Schinnerer/Avancini III 39 f ist daher, wie schon Avancini in BVR1 II Rz 4/34 FN 104 bemerkt hat, nicht zutreffend; sie wird aber im Übrigen nicht durchgehalten (s dort S 136). Schauer in Krejci, RK § 383 UGB Rz 5; vgl auch Apathy in Jabornegg, HGB § 406 Rz 2: uneigentliche Geschäftsbesorgungskommission; Avancini in BVR1 II Rz 4/34 mwN; Schlegelberger/Hefermehl, HGB5 VI (1977) § 406 Rz 3; I. Koller, Die Dokumentenstrenge im Licht von Treu und Glauben beim Dokumentenakkreditiv, WM 1990, 293, 296 ff. Vgl Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 465: zB Prozesskosten, die die eröffnende Bank zur Abwehr unberechtigter Inanspruchnahme berechtigterweise aufwendet. Vgl Art 5 lit a ERA 500. IHK-Publikation Nr 516; Schütze, Dokumentenakkreditiv 341 ff. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 87: Hinweis auf Einfuhr- und Ausfuhrvorschriften sowie devisenrechtliche Normen. OGH 7 Ob 282/06 f in ÖBA 2007, 903: Risiko der Einschaltung einer ausländischen Bank als Zahlstelle. Avancini in BVR1 II Rz 4/35; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 107.
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank
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gehalten werden. Auf Angaben, die für die Erfüllung des Akkreditivzwecks nicht notwendig sind, sollte der Auftraggeber möglichst verzichten175. Auch die Aufnahme von Kopien des zugrunde liegenden Vertrags oder Hinweise allgemeiner Art auf das Grundgeschäft sind tunlichst zu unterlassen176. Wird die Bank beauftragt, ein Akkreditiv zu den gleichen Bedingungen eines von ihr früher eröffneten, aber später geänderten Akkreditivs zu eröffnen, so sah Art 5 lit a Z ii ERA 500 vor, dass die Bank dies ablehnen soll, um Irrtümern vorzubeugen. Es sollte also der Akkreditivtext vollständig wiedergegeben werden177. Die ERA 600 sehen diesbezüglich keine Regelung mehr vor, doch vermeidet die vollständige Wiedergabe oder die Rückfrage beim Auftraggeber spätere Unsicherheiten bei der Auslegung des Akkreditivauftrags. Wesentlich für einen Akkreditiveröffnungsauftrag sind: die genaue Bezeichnung des Begünstigten (a), die Angabe des Akkreditivbetrags (b), die Auflistung der Dokumente, gegen die das Akkreditiv zu honorieren ist (c), die Art der Honorierung (d) und die Laufzeit des Akkreditivs (e). Darüber hinaus empfiehlt sich im Hinblick auf das konkrete Geschäft eine Reihe weiterer Angaben, die nur überblicksweise darzustellen sind. a) Begünstigter Er ist so präzise zu bezeichnen, dass eine eindeutige Identifzierung möglich 1/36 ist178. Dabei ist besonderes Augenmerk auf Zusätze zur Rechtsform zu legen179. Es sollte auch darauf geachtet werden, dass der Begünstigte (nach seinem Heimatrecht) Rechtspersönlichkeit hat bzw wie eine Rechtsperson im Geschäftsverkehr auftreten kann. Zur ausreichenden Bezeichnung gehört auch die Angabe der Anschrift (vgl Art 14 lit j ERA 600)180. b) Akkreditivbetrag Zum Akkreditivbetrag sind Höhe und Währung anzugeben, wobei die 1/37 Angabe des Betrags in Zahlen und in Buchstaben empfohlen wird181; zuzuschlagende Nebenkosten (Versicherung, Verpackung) sind zu spezifizieren182. Ist die genaue Spezifizierung des Akkreditivbetrags noch nicht möglich und wird deshalb das Wort „etwa“, oder „circa“ oder ein ähnlicher Ausdruck beigefügt, so greift die Auslegungsregel des Art 30 lit a ERA 600 ein: Vom 175 176 177 178
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Nielsen, Neue Richtlinien Rz 15; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 109. Art 4 lit b ERA 600; Schinnerer/Avancini III 31. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 94. Vgl OLG München in WM 1996, 2335, in welchem Fall die Änderung der Bezeichnung des Begünstigten dazu geführt hat, dass die Handelsrechnung als nicht akkreditivkonform erachtet wurde. Avancini in BVR1 II Rz 4/36; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 91. Schinnerer/Avancini III 71; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 111. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 95. – Vgl OGH 1 Ob 38/03z in ÖBA 2004, 382 mit Anm von Apathy = SZ 2003/98: mehrfach ausnützbares Akkreditiv. Canaris, BVR3 Rz 953.
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Das Dokumentenakkreditiv
angegebenen Betrag kann bei der Inanspruchnahme bis zu 10% in beiden Richtungen abgewichen werden. Eine Toleranz um bis zu 5% weniger als der Akkreditivbetrag ist nach Art 30 lit c ERA 600 zudem zulässig, wenn die im Akkreditiv gegebenenfalls genannte Warenmenge in vollem Umfang geliefert wird und der gegebenenfalls im Akkreditiv vorgeschriebene Preis pro Einheit nicht unterschritten wird183. Dadurch soll ein Exporteur in die Lage versetzt werden, Kostenvorteile an den Importeur weiterzugeben, wenn sich zB Frachtkosten oder Versicherungsprämien ermäßigen184. Nach Art 18 lit a Z iii ERA 600 muss die Handelsrechnung in der Währung des Akkreditivs aufgemacht sein. c) Dokumente 1/38
Zentrale Bedeutung für das Akkreditiv hat die Angabe der Dokumente, gegen deren Vorlage die Honorierung erfolgen soll185. Durch ihre Auswahl kann der Auftraggeber bis zu einem gewissen Grad sicherstellen, dass das Akkreditiv nur bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Grundgeschäfts honoriert wird. Hierfür bieten sich beispielsweise Abnahmebestätigungen und Qualitätszertifikate an, die von einem bestimmten vertrauenswürdigen Dritten ausgestellt sind186. Über Art und Inhalt verschiedener Dokumente findet sich in den Art 17 ff ERA 600 eine Reihe von Bestimmungen187, die zur Anwendung kommen, soweit Akkreditivauftrag bzw Akkreditiv nichts Abweichendes vorsehen. So sieht Art 18 lit a ERA 600 zwar vor, dass die Handelsrechnung grundsätzlich auf den Namen des Akkreditivauftraggebers lauten und (dem Anschein nach) vom Begünstigten ausgestellt sein muss, doch braucht sie von diesem nicht unterschrieben zu sein. Wünscht der Käufer und Akkreditivauftraggeber hingegen eine unterzeichnete Handelsrechnung, so bedarf es einer besonderen Festlegung im Akkreditiv. 183
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187
Die Toleranzregeln nach Art 30 lit a und b ERA 600 haben allerdings ebenso Vorrang wie im Akkreditiv ausgewiesene besondere Toleranzen. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 278. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 101; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 150. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass solche Dokumente auch vom Begünstigten selbst oder einem beliebigen Dritten ausgestellt sein dürfen (und daher von beschränktem Wert sein können), wenn nicht ein (bestimmter) Dritter als Aussteller im Akkreditiv ausdrücklich vorgeschrieben ist (Art 14 lit f ERA 600; vgl Nielsen, in BankR-HB § 120 Rz 101; Schinnerer/Avancini III 88) oder in Art 3 ERA 600 genannte Begriffe wie „erstklassig“, „gut bekannt“, „qualifiziert“, „unabhängig“, „offiziell“, „kompetent“ oder „örtlich“ zur Beschreibung des Ausstellers eines Dokuments verwendet werden. Zur Ausstellung von Transportdokumenten s auch Art 14 lit l ERA 600. Vgl im Einzelnen zu den ERA 500 Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 152 ff; Nielsen, Die Aufnahmefähigkeit von Transportdokumenten im Akkreditivgeschäft, WM 1993, Sonderbeilage 3; zu den ERA 1974 Schinnerer/Avancini III 77 ff und 121 ff.
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Die Regelungen der Art 19 ff ERA 600 über die verschiedenen Transportdokumente weisen trotz der mit den ERA 500 eingeführten Differenzierungen gewisse Gemeinsamkeiten auf: Nicht die Bezeichnung, sondern der Inhalt des Transportdokuments ist entscheidend, so dass zB bei einem Seekonnossement die Bezeichnung als Konnossement fehlen kann, ohne dass dies die Aufnahmefähigkeit des betreffenden Dokuments beeinträchtigt188. Das Dokument muss (dem Anschein nach) den Namen des Frachtführers (carrier) angeben189, woraus sich die Nichtaufnahmefähigkeit von Speditionspapieren ergibt190, wenn nach dem Akkreditiv ein Transportdokument vorzulegen ist, und der Spediteur keine Transportverpflichtung übernimmt191. Im Gegensatz zum Spediteur, der die Beförderung organisiert und den Beförderungsvertrag im eigenen Namen und auf fremde Rechnung abschließt, ohne selbst eine Beförderungspflicht zu übernehmen192, schließt der Frachtführer einen Beförderungsvertrag (Werkvertrag) ab und verpflichtet sich, die Beförderung des Frachtguts in vollständigem und unbeschädigtem Zustand durch das vereinbarte Beförderungsmittel durchzuführen oder sie durchführen zu lassen193. Der Frachtführer braucht also nicht Eigentümer des Transportmittels zu sein194. Transportdokumente müssen unterschrieben sein, wobei entsprechend dem Transparenzgebot aus dem Dokument hervorgehen muss, in welcher Eigenschaft die Unterschrift geleistet wird, ob dem Anschein nach als Frachtführer, als Agent des Frachtführers, (oder bei Seetransporten auch) als Kapitän (Master) oder als dessen Agent195. Das Transportdokument muss die im Akkreditiv vorgeschriebene Reiseroute ausweisen; Umladeverbote sind zu beachten196, doch werden Klauseln in einem Dokument, mit denen sich der Frachtführer das Recht zur Umladung vorbehält, nicht beachtet197. 188 189
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Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 249, 263. Zur Angabe des Namens des Frachtführers auf der Vorderseite des Dokuments s Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 267. – Nach Art 14 lit l ERA 600 kann ein Transportdokument auch von anderen Personen (etwa Spediteuren) ausgestellt sein, sofern es die Anforderungen der Art 19 ff ERA 600 erfüllt, wozu auch die Unterschrift gehört. Kritisch zur Formulierung Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 248. ZB Spediteurübernahmebescheinigung FIATA FCR; Spediteurtransportbescheinigung FIATA FCT: vgl MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 126; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 197. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 173; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 247; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 196; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/291. Kerzendorfer/Geist in Jabornegg, HGB § 407 Rz 1 f; I. Koller, Transportrecht4 (2000) § 407 HGB Rz 5; Krejci, UR4 417; Schütz in Straube, HGB § 407 Rz 4 ff. Kerzendorfer/Geist in Jabornegg, HGB § 425 Rz 1 f; I. Koller, Transportrecht4 § 425 HGB Rz 14; Krejci, UR4 442; Nielsen, Neue Richtlinien Rz 172; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 244; Schütz in Straube, HGB § 407 Rz 6. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 245. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 175; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/292. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/289; zur Umladung s auch unten Rz 1/45. Vgl Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 275.
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Das Dokumentenakkreditiv
d) Leistungsinhalt 1/39
Nach Art 6 lit b ERA 600 muss ein Akkreditiv angeben, ob es durch Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung, Akzeptleistung oder Negoziierung benutzbar ist. Demzufolge kann sich die eröffnende Bank zu einer Zahlung bei Sicht oder zu einer hinausgeschobenen Zahlung198 verpflichten oder zur Akzeptleistung. Ferner kann sie die Haftung dafür übernehmen, dass die benannte Bank bei Sicht oder hinausgeschoben zahlt, einen auf sie gezogenen Wechsel akzeptiert (und bei Fälligkeit zahlt) oder auf eine andere Bank gezogene Wechsel oder Dokumente aus einer konformen Dokumentenvorlage negoziiert. Der Akkreditivauftrag hat daher anzugeben, ob das Akkreditiv bei der Eröffnungsbank oder bei einer benannten Bank benutzbar sein soll; ferner ob eine andere Bank zu honorieren ermächtigt werden soll oder (auch) zu bestätigen199. Vorzuschreiben sind zudem dazu die erforderlichen Details, wie Wechselbezogener, (Wechsel)Fälligkeit etc. Für eine Akkreditivbestätigung (dazu Rz 1/175 ff) braucht die eröffnende Bank einen Auftrag ihres Kunden; andernfalls kann sie das Akkreditiv nicht auf dessen Rechnung bestätigen lassen200. Ein Auftrag, für eine Bestätigung zu sorgen, sollte zweckmäßigerweise die – meist vom Begünstigten seinem Vertragspartner nominierte – Bank bezeichnen, welche das Akkreditiv bestätigen soll201. e) Verfalldatum
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Nach Art 6 lit d Z i Satz 1 ERA 600 muss ein Akkreditiv ein Verfalldatum für die Dokumentenvorlage enthalten. Fehlt dieses, so ist das Akkreditiv nach verbreiteter Ansicht ungültig202. Es wird angenommen, dass dann nur ein unverbindliches Aviso vorliegt203, während sich Avancini dafür aussprach, ein unter angemessener Frist kündbares Akkreditiv anzunehmen204; diese Beurteilung ist aber mit der letzten Revision der ERA obsolet, da es nur mehr unwiderrufliche Akkreditive gibt (oben Rz 1/3). Ein für die Honorierung oder 198
199 200
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Bei Zahlungsakkreditiven ist unter Berücksichtigung einer angemessenen Prüfungspflicht grundsätzlich Zug um Zug gegen Vorlage der Dokumente zu leisten: eine hinausgeschobene Zahlung ist daher eigens vorzusehen (vgl Canaris, BVR3 Rz 955). Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 99. Vgl Art 2 ERA 600, wonach die bestätigende Bank „im Auftrag der eröffnenden Bank ihre Bestätigung hinzufügt“. Avancini in BVR1 II Rz 4/42. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 473; Nielsen, Neue Richtlinien Rz 283; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 47 und 195; Schinnerer/Avancini III 75; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 127; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/70. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 127. Unterbleibt eine Klarstellung der Unverbindlichkeit, so kann die Bank dem Empfänger aus cic schadenersatzpflichtig werden (vgl Schlegelberger/Hefermehl Rz 207; ebenso Canaris, BVR3 Rz 990). In BVR1 II Rz 4/40. Ähnlich Hartmann, Der Akkreditiv-Eröffnungsauftrag (1974) 47, der ein als unwiderruflich eröffnetes Akkreditiv bei Fehlen einer Laufzeitangabe als widerruflich beurteilt hat.
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Negoziierung angegebenes Verfalldatum gilt nach Art 6 lit d Z i Satz 2 ERA 600 als Verfalldatum für die Dokumentenvorlage. Das Verfalldatum bestimmt das Ende der Frist, innerhalb derer der Begünstigte die Dokumente bei der Bank, bei der das Akkreditiv abläuft, vorzulegen hat, damit er (auch nach diesem Termin) seine Ansprüche aus dem Akkreditiv geltend machen kann205. Ist allerdings nach den Akkreditivbedingungen vorgesehen, dass Zahlung aus dem Akkreditiv nur zu leisten ist, wenn der Begünstigte innerhalb von 120 Tagen nach der Lieferung keine Zahlung aus dem Grundgeschäft erhalten hat, so muss ihm bewusst sein, dass für Lieferungen innerhalb dieser 120 Tage vor dem Ablauf des Akkreditivs keine Zahlung aus dem Akkreditiv verlangt werden kann206. f) Ort für die Dokumentenvorlage, Leistungsort Bei der gewünschten Einschaltung einer weiteren Bank soll auch angegeben 1/41 werden, wo die Dokumente zur Fristwahrung vorzulegen sind (Ort für die Dokumentenvorlage, Verfallort207) und wo das Akkreditiv zu honorieren sein wird. Hierfür könnten zwar verschiedene Banken bestimmt werden, dies wird aber die seltene Ausnahme sein; meist wird beides bei einer einzigen Zweitbank konzentriert208. Nach Art 42 lit a ERA 500 mussten alle Akkreditive einen Ort für die Dokumentenvorlage zwecks Zahlung, Akzeptleistung oder – ausgenommen frei negoziierbare Akkreditive – Negoziierung vorschreiben. Fehlte diese Angabe im Akkreditiv, so war es jedoch nicht nichtig, sondern die Dokumente konnten bei der Bank vorgelegt werden, bei der das Akkreditiv benutzbar ist209. Art 6 lit d Z ii ERA 600 sieht daher folgerichtig keine Verpflichtung mehr vor, den Ort für die Dokumentenvorlage vorzuschreiben. Vielmehr ist der Ort der Bank, bei der das Akkreditiv benutzbar ist, der Ort der Dokumentenvorlage. Ist das Akkreditiv bei jeder Bank benutzbar, so gibt es entsprechend viele Orte für die Dokumentenvorlage. Allerdings bleibt es dem Begünstigten auch bei Einsetzung einer benannten Bank oder einer sonst zur Entgegennahme der Dokumente autorisierten Bank unbenommen, die Dokumente fristwahrend direkt bei der eröffnenden Bank vorzulegen (Rz 1/100). g) Eröffnung Die Eröffnung des Akkreditivs (unten Rz 1/93) erfolgt durch einen Brief der 1/42 eröffnenden Bank an den Begünstigten, sofern nicht der Auftraggeber ein bestimmtes Telekommunikationsmittel (zB Telex, SWIFT) vorgibt210. Ist dies der Fall, so ist das Akkreditiv grundsätzlich entsprechend dem Zugang 205 206 207
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Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 115. OGH 9 Ob 83/04b in ÖBA 2005, 282. Dies kann auch durch die Angabe des Landes, in dem die Dokumente vorzulegen sind, erfolgen (zB: place of expiry: Austria). Avancini in BVR1 II Rz 4/47; Nielsen, Akkreditivgeschäft 26 f und 45 f. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 47; Schütze, Dokumentenakkreditiv5 Rz 133. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 92; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/148.
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Das Dokumentenakkreditiv
mittels authentisierter Telekommunikation eröffnet und eine briefliche Bestätigung wird entsprechend Art 11 lit a ERA 600 „nicht beachtet“. Abweichungen im Bestätigungsschreiben ändern daher den Inhalt des Akkreditivs nicht211. Allerdings kann die nicht briefliche Verständigung durch den Hinweis „vollständige Einzelheiten folgen“ oder eine ähnliche Formulierung zum Ausdruck bringen, dass erst die briefliche Bestätigung das operative Akkreditiv sein soll. Die eröffnende Bank trifft dann die Verpflichtung unverzüglich das operative Akkreditiv zu erstellen, und zwar mit Bedingungen, die dem mittels Telekommunikation Mitgeteilten nicht widersprechen (vgl auch Rz 1/ 33). h) Übertragbarkeit 1/43
Akkreditive sind unter der Voraussetzung übertragbar, dass das Akkreditiv ausdrücklich als „übertragbar“ bezeichnet ist (Art 38 lit b ERA 600; Rz 1/ 136). Nur wenn der Auftraggeber es gestattet, darf daher ein Akkreditiv „übertragbar“ erstellt werden. Will er ausschließen, dass dann auch Teilübertragungen vorgenommen werden können, so muss er dies eigens verbieten oder Teilinanspruchnahmen und Teilverladungen untersagen (Art 38 lit d ERA 600). i) Waren- oder Leistungsbeschreibung
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Entsprechend Art 5 ERA 600 befassen sich Banken mit Dokumenten, nicht aber mit Waren sowie Leistungen (zB Dienstleistungen), auf die sich die Dokumente möglicherweise beziehen. Daher sind die im Valutaverhältnis getroffenen Vereinbarungen über die Waren (Art, Menge, Eigenschaften) von der eröffnenden Bank nur zu beachten, wenn sie Inhalt des Akkreditivauftrags sind, wobei sich die Verpflichtung der Bank auf die Prüfung der Dokumente beschränkt. Empfohlen wird, die Angaben über Waren oder Dienstleistungen möglichst kurz zu halten; die Aufnahme weitgehender Einzelheiten belastet die Abwicklung, schützt andererseits idR aber nicht vor betrügerischen Machenschaften212. Nach Art 30 lit b ERA 600 ist mangels anderer Festlegung im Akkreditiv eine Abweichung von der angegebenen Warenmenge bis zu 5% in beiden Richtungen idR statthaft, sofern der Akkreditivbetrag dadurch nicht überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn die Warenmenge in einer bestimmten Anzahl von Verpackungseinheiten oder Stücken spezifiziert ist. Ist der Mengenangabe das Wort „etwa“, „circa“ oder ein ähnlicher Ausdruck beigefügt, so sind nach Art 30 lit a ERA 600 Abweichungen von der angegebenen Menge bis zu 10% nach oben oder unten statthaft. 211
212
Zur Problematik von Bestätigungsschreiben s Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 863 Rz 6 und 22; Bollenberger in KBB2 § 861 Rz 9; Rummel in Rummel, ABGB3 § 861 Rz 13. Avancini in BVR1 II Rz 4/44; Nielsen, Aktuelle Rechtsfragen zum DokumentenAkkreditiv (1984) 41; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 135; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/47.
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank
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j) Warentransport Bei Warenversendungen kann der Auftraggeber insbesondere an einer 1/45 bestimmten Transportart und an einem bestimmten Transportweg interessiert sein, ferner an der Einhaltung vereinbarter Lieferbedingungen, die idR durch handelsübliche Klauseln nach INCOTERMS festgelegt werden213, sowie am Abschluss (Nachweis) einer Versicherung. Dabei sollte das Akkreditiv entsprechend Art 28 lit g ERA 600 vorschreiben, welche Art von Versicherung verlangt wird und gegebenenfalls welche zusätzlichen Risiken zu decken sind. Zu „Versicherung gegen alle Risiken“ und Ausschlussklauseln s unten Rz 1/127. Sollen Teilverladungen nicht gestattet sein, so muss der Akkreditivauftraggeber dies eigens vorschreiben (Art 31 lit a ERA 600); sonst kann der Begünstigte bis zum letzten Tag eine Teillieferung veranlassen, auch wenn zu diesem Zeitpunkt offensichtlich ist, dass eine vollständige Lieferung bis zum Verfallstag nicht erbracht werden kann214. Allerdings handelt es sich um keine Teilverladung, wenn auf demselben Beförderungsmittel, auf derselben Reise und mit demselben Ziel Waren von unterschiedlichen Verladehäfen, Übernahme- oder Versandorten (auch mit unterschiedlichen Verladedaten) versandt werden (Art 31 lit b ERA 600). Gleiches gilt für Sendungen mit demselben Kurier- oder Postdienst von demselben Ort mit gleichem Datum aus und für dasselbe Ziel (Art 31 lit c ERA 600). Zur Frage der Umladung s Art 19 lit b und c, Art 20 lit b und c, Art 21 lit b und c, Art 23 lit b und c sowie Art 24 lit d und e ERA 600. An diesen Regelungen ist überaus problematisch, dass Umladeverbote mitunter unbeachtlich sein sollen und Transportdokumente, die ausweisen, dass eine Umladung der Ware stattfinden kann oder wird, trotz eines Umladeverbots im Akkreditiv aufnahmefähig sein sollen (Art 20 lit c Z ii, Art 21 lit c Z ii, Art 23 lit c ii, Art 24 lit e Z ii ERA 600). Sieht man das im Akkreditiv enthaltene Umladeverbot als Individualabrede an, so hat es Vorrang vor der generellen Regelung in der ERA. Vorsichtshalber sollte der Akkreditivauftraggeber sein Interesse am Umladeverbot aber dadurch absichern, dass er die problematische Klausel ausdrücklich ausschließt215. Nach Art 20 lit a Z ii ERA 600 muss ein Konnossement216 (bill of lading, besser: marine bill of lading, ocean bill of lading, on board ocean bill of lading217) ausweisen, dass die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen 213 214 215
216
217
Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 137. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 279; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 139. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 304. Zur Aufklärungspflicht der eröffnenden Bank s Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 190. – Zur Umladung in Seenotfällen s Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 275. Im Konnossement erklärt der Verfrachter, bestimmte Güter vom Ablader empfangen zu haben, und verpflichtet sich, sie im Löschungshafen dem in der Urkunde bezeichneten Empfänger oder dessen Order gegen Rückgabe einer quittierten Ausfertigung des Konnossements auszuhändigen: Kerschner in Jabornegg, HGB § 363 Rz 25; Schuhmacher in Straube, HGB § 363 Rz 15; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/294. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 262.
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Das Dokumentenakkreditiv
Ort an Bord eines namentlich genannten Schiffes verschifft worden ist; dies kann durch Vordruck (im Konnossement)218 oder einen gesonderten, datierten An-Bord-Vermerk geschehen219. Ein datierter An-Bord-Vermerk ist auch erforderlich, wenn das Konnossement oder der nichtbegebbare Seefrachtbrief in Bezug auf den Namen des Schiffes einen Hinweis wie zB „intended vessel“ enthält. Ferner, wenn ein Konnossement oder nichtbegebbarer Seefrachtbrief nicht den im Akkreditiv vorgeschriebenen Verladehafen ausweist, für welchen Fall der An-Bord-Vermerk auch den vorgeschriebenen Verladehafen angeben muss (Art 20 lit a Z iii ERA 600; Art 21 lit a Z iii ERA 600). Unter dieser Voraussetzung kann ein Konnossement einen vom Verladeort verschiedenen Übernahmeort oder einen vom Löschungshafen verschiedenen Bestimmungsort ausweisen und im Rahmen eines kombinierten Transports eingesetzt werden, ohne dass man ein Transportdokument über mindestens zwei verschiedene Beförderungsarten im Sinne des Art 19 ERA 600220 ausstellen müsste221. 1/46
Für die Abwicklung von Sukzessivlieferungsverträgen kann der Auftraggeber an der strikten Einhaltung vereinbarter Termine für die Teilleistungen interessiert sein. Führt infolge des Auftrags das Akkreditiv bestimmte Zeiträume für die Inanspruchnahme oder für die Verladung in Raten an, so kann der Begünstigte, der nicht innerhalb des entsprechenden Zeitraums eine Rate in Anspruch nimmt oder für die Verladung sorgt, gemäß Art 32 ERA 600 das Akkreditiv für die betreffende Rate sowie alle weiteren Raten nicht mehr benutzen222. Ein Rücktrittsrecht bloß für die ausstehende Teilleistung (vgl § 918 Abs 2 ABGB) müsste also besonders vereinbart werden. k) Verladedatum
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Eine Fristsetzung ist zwar nicht notwendig, liegt aber meist im Interesse des Auftraggebers, der damit vorbeugt, dass der Begünstigte sich mit der Verladung der Ware so lange Zeit nimmt, als eine rechtzeitige Dokumentenvorlage möglich ist223. Wenn nichts anderes im Akkreditiv vorgesehen wird, müssen die Original-Transportdokumente gemäß den Art 19 – 25 ERA 600 innerhalb von 21 Tagen nach dem Verladedatum vorgelegt werden (Art 14 lit c ERA 218
219
220
221 222 223
Diese Variante ist allerdings nicht verwendbar, wenn bereits eine Vorreise von einem Übernahmeort zum Verladehafen stattgefunden hat und der Verladehafen nicht im Konnossement aufscheint: Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 270, 272. Ähnliche Regelungen finden sich für andere Versandarten in Art 19 lit a Z ii ERA 600 für Transportdokumente über mindestens zwei verschiedene Beförderungsarten, in Art 21 lit a Z ii ERA 600 für nichtbegebbare Seefrachtbriefe, in Art 22 lit a Z ii ERA 600 für Charterpartie-Konnossemente, in Art 23 lit a Z iii ERA 600 für Lufttransportdokumente, in Art 24 lit a Z ii ERA 600 für Dokumente des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports. Zur geringen praktischen Bedeutung von Akkreditiven, die einen solchen Transport verlangen, s Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 252. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 256. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 282; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 143 ff. Avancini in BVR1 II Rz 4/46; Nielsen, Akkreditivgeschäft 47.
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank
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600; sogenannte Präsentationsfrist). Zur Auslegung der Worte „bis“, „bis zum“, „ab“ und „zwischen“ in Zusammenhang mit der Bestimmung der Verladefrist s Art 3 ERA 600. Das Ausstellungsdatum eines Konnossements gilt als Verladedatum, sofern das Verladedatum nicht in einem An-Bord-Vermerk angegeben ist (Art 20 lit a Z ii ERA 600)224. 4. Erlöschen des Auftrags Der Akkreditiveröffnungsauftrag kann vom Auftraggeber grundsätzlich so 1/48 lange ohne weiteres widerrufen werden, als die eröffnende Bank (oder eine Zweitbank) dem Begünstigten gegenüber noch keine rechtliche Bindung eingegangen ist (§ 1020 ABGB)225. Auf der anderen Seite kann zwar auch die eröffnende Bank das Auftragsverhältnis vor Vollendung des Geschäfts aufkündigen, sie haftet dann aber dem Auftraggeber für allen dadurch entstandenen Schaden; nur ein „unvorhergesehenes und unvermeidliches Hindernis“, also zufällige Unmöglichkeit der Durchführung des aufgetragenen Geschäfts226 würde eine Schadenersatzpflicht ausschließen (§ 1021 ABGB). Konkurs des Auftraggebers oder der eröffnenden Bank bringt das Auftragsverhältnis ebenfalls zum Erlöschen (§ 1024 ABGB, § 26 KO; unten Rz 1/ 224 und 1/228). Der Tod des Auftraggebers führt nach der Auslegungsregel des § 1022 ABGB idR zum Erlöschen des Auftrags. Davon macht jedoch § 1403 Abs 1 ABGB eine Ausnahme für die Anweisung227. Die Anweisung des Akkreditivauftraggebers (dazu unten Rz 1/83 ff) erlischt durch seinen Tod gerade nicht. Der Verlust der Geschäftsfähigkeit des Akkreditivauftraggebers hat auf den mit ihm vereinbarten Auftrag keinen Einfluss228. B. Pflichten der eröffnenden Bank 1. Beratung des Auftraggebers Die eröffnende Bank ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Akkreditiv- 1/49 auftraggeber bei der Abfassung seines Auftrags hinsichtlich der einzelnen Akkreditivbedingungen zu beraten229. Eine ordnungsgemäße Beratung 224
225 226
227 228 229
Gleiche oder ähnliche Regelungen finden sich in Art 19 lit a Z ii ERA 600, Art 21 lit a Z ii ERA 600, Art 22 lit a Z ii ERA 600, Art 23 lit a Z iii ERA 600, Art 24 lit a Z ii ERA 600. Vgl Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 464. Apathy in Schwimann, ABGB § 1021 Rz 2; Strasser in Rummel, ABGB3 §§ 1020 – 1026 Rz 11; zur Entbehrlichkeit der Kündigung in diesem Fall s Bydlinski in KBB2 § 1021 Rz 3 sowie § 1020 Satz 2 ABGB. Ertl in Rummel, ABGB3 § 1403 Rz 2; Neumayr in KBB2 § 1403 Rz 3. Ertl in Rummel, ABGB3 § 1403 Rz 2; Stanzl in Klang IV/1, 874. Avancini in BVR1 II Rz 4/49; Canaris, BVR3 Rz 966; Ebenroth/Boujong/Joost/ Hakenberg Rz II 467; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 87; Schinnerer/Avancini III 31
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Das Dokumentenakkreditiv
würde Einblicke in das Grundgeschäft voraussetzen, welche die Bank regelmäßig nicht hat (s auch Rz 1/126), so dass insbesondere von ihr auch keine Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Akkreditivbedingungen erwartet werden kann. Vor allem ist es auch allein Sache des Akkreditivauftraggebers, sich über die „Akkreditivwürdigkeit“ seines Geschäftspartners zu informieren; die Bank kann davon ausgehen, dass der Auftraggeber sich nur mit einem zuverlässigen und leistungsfähigen Partner auf Geschäfte einlässt, die über ein Akkreditiv abgewickelt werden sollen230. Soweit freilich die Bank Kenntnis zB von der drohenden Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Begünstigten hat, trifft sie die Verpflichtung, den Auftraggeber zu informieren231. Die Bank wird ferner einen für sie erkennbar im Akkreditivgeschäft noch völlig Unkundigen oder einen Kunden, der Beratung verlangt232, über die mit einem Akkreditiv für den Auftraggeber verbundenen besonderen Gefahren und über die erforderliche Ausgestaltung im Allgemeinen aufzuklären haben. Auch sonst kann zur bankgeschäftlichen Seite einer Akkreditiveröffnung im Einzelfall eine Beratungspflicht der Bank gegeben sein, wenn für sie auf der Hand liegt, dass der Auftraggeber hierüber nicht ausreichend Bescheid weiß. Ist dem Auftraggeber offensichtlich ein Fehler unterlaufen, so hat die Bank ihn darauf aufmerksam zu machen233. Insbesondere trifft sie eine Hinweispflicht, wenn nach dem Auftragsinhalt kein wirksames Akkreditiv eröffnet werden könnte234. 2. Eröffnung des Akkreditivs 1/50
Der Geschäftsbesorgungsvertrag verpflichtet die Bank zunächst zur fristgemäßen bzw unverzüglichen Eröffnung des Akkreditivs235. Vorweg (unverbindlich) zu avisieren ist die Eröffnung dem Begünstigten nur dann, wenn der Auftrag dies eigens vorsieht236. Bei der Textierung des Akkreditivs sind die einschlägigen Stellen aus dem Eröffnungsauftrag tunlichst wörtlich zu übernehmen; insbesondere soll die Bank nicht versuchen, selbständig einen unklaren Text zu verdeutlichen237.
230 231 232 233
234 235 236
237
und 48; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 93; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/127; s auch oben Rz 1/35. Vgl auch Schinnerer/Avancini III 48 f. Canaris, BVR3 Rz 966a; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 95 und 112. Vgl OGH 7 Ob 282/06f in ÖBA 2007, 903. Canaris, BVR3 Rz 966; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 87; Kenntnis der Bank voraussetzend Avancini in BVR1 II Rz 4/49; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/128. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 96. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 91; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/148. Canaris, BVR3 Rz 940 und Schlegelberger/Hefermehl Rz 157 nehmen ganz allgemein eine eigene Avisierungspflicht an. Demgegenüber weist Avancini in BVR1 II Rz 4/50 FN 130 darauf hin, dass eine gesonderte Avisierung nur dort einen Sinn habe, wo es nicht gleich zur Akkreditiveröffnung kommt, weil diese dem Begünstigten notwendigerweise zur Kenntnis gebracht werden müsse (vgl Rz 1/85). Avancini in BVR1 II Rz 4/50; Schinnerer/Avancini III 51.
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank
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Zur Akkreditiveröffnung ist die Bank nur ihrem Auftraggeber verpflichtet, nicht auch dem vorgesehenen Begünstigten. Verletzt sie schuldhaft ihre Pflicht, so haftet sie dementsprechend nur dem Auftraggeber auf Schadenersatz; der Begünstigte kann gegebenenfalls eine Verletzung der Akkreditivklausel im Grundgeschäft geltend machen und sich hiezu an seinen Vertragspartner halten. Da dieser nur die Akkreditivbeschaffung schuldet (er selbst kann das Akkreditiv ja nicht eröffnen), ist die von ihm für die Akkreditiveröffnung herangezogene Bank in diesem Bereich nicht seine Erfüllungsgehilfin 238. Er haftet daher nicht allgemein für ein Verschulden der Bank, sondern hat nur eigenes Auswahl- und Überwachungsverschulden zu vertreten. In diesem Zusammenhang ist die Freizeichnungsklausel des Art 35 Abs 1 1/51 ERA 600 zu erwähnen, nach der Banken keine Haftung für die Folgen von Verzögerungen, Verlusten, Verstümmelungen oder sonstigen Irrtümern bei der Übermittlung von Nachrichten oder Versand von Briefen oder Dokumenten übernehmen, wenn diese Nachrichten, Briefe oder Dokumente gemäß den im Akkreditiv gestellten Anforderungen übermittelt oder abgesandt werden oder wenn die Bank, mangels entsprechender Weisungen im Akkreditiv, selbst die Initiative bei der Auswahl des Beförderungsdienstes ergriffen hat. Dieser Haftungsausschluss kann freilich nur innerhalb der allgemeinen Grenzen der Zulässigkeit von Freizeichnungsklauseln wirksam sein. Grundsätzlich wird daher die eröffnende Bank ihrem Auftraggeber, der Unternehmer ist, für leicht fahrlässig verursachte Sach- und Vermögensschäden nicht einzustehen haben239. Problematisch ist der Haftungsausschluss – selbst für leichte Fahrlässigkeit – in AGB jedoch, wenn der Schaden kaum vorhersehbar ist, ferner wenn es um die Verletzung vertraglicher Hauptpflichten geht240, was in Zusammenhang mit der Akkreditiveröffnung grundsätzlich der Fall sein wird. Auch der Ausschluss der Haftung der Bank für Irrtümer bei der Übersetzung oder Auslegung von technischen Begriffen (Art 35 Abs 3 ERA 600) ist nach diesen Grundsätzen zu beurteilen. Für die Pflicht zur Akkreditiveröffnung gilt das Zug-um-Zug-Prinzip: Sie 1/52 muss nur erfüllt werden, wenn auf der anderen Seite auch der Auftraggeber seinen korrespondierenden Vertragspflichten gegenüber der eröffnenden Bank nachkommt, ihr also – sofern sie nicht darauf ausdrücklich oder konkludent verzichtet hat – einen angemessenen Vorschuss (Deckung) für die einzugehende Akkreditivverpflichtung leistet (§ 1014 ABGB)241. 238
239
240
241
Vgl auch unten Rz 3/53. – Anders ist die Rechtslage, soweit es um die vom Auftraggeber aus dem Grundgeschäft geschuldete Zahlung geht. Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 879 Rz 12 lit d; Iro in BVR2 I Rz 1/102; Koziol, HaftpflichtR I Rz 18/11 sowie zum Ausschluss der Haftung für Erfüllungsgehilfen Rz 18/17; Krejci in Rummel, ABGB3 § 879 Rz 116. Vgl OGH 4 Ob 179/02f in ÖBA 2003, 141 = SZ 2002/153; Apathy, Die neuen ABB auf dem Prüfstand. Anmerkungen zu OGH 4 Ob 179/02f, ÖBA 2003, 177, 180; Bollenberger in KBB2 § 879 Rz 24. Zur Bevorschussung s unten Rz 1/62.
40
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Das Dokumentenakkreditiv
Mangels anderer Weisung hat die Bank das Akkreditiv unverzüglich, dh unter Berücksichtigung einer nach dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb für den Auftrag angemessenen Bearbeitungsfrist zu eröffnen242. Eine gegenüber dem normalen (Luft)Postweg243 beschleunigte Übermittlung der Akkreditiveröffnung setzt an sich eine entsprechende Anordnung des Auftraggebers voraus244, doch dominiert in der Praxis ohnedies die spezielle Telekommunikation zwischen den Banken (SWIFT) und die Verwendung von Kurierdiensten. 3. Weisungen des Auftraggebers
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Grundsätzlich steht es dem Akkreditivauftraggeber in Übereinstimmung mit allgemeinen Grundsätzen frei, der eröffnenden Bank auch nachträglich Weisungen für die Durchführung seines Auftrags zu erteilen245. Weisungen können die Geschäftsbesorgungspflicht der eröffnenden Bank konkretisieren, dürfen aber deren Rechtsstellung nicht beeinträchtigen246. Selbstverständlich können sie die vom Begünstigten bereits erworbenen Rechte nicht schmälern247. Im Allgemeinen sind Weisungen im Akkreditivgeschäft als bindend (imperativ) anzusehen; sie müssen vom Auftragnehmer genau befolgt werden (Auftragsstrenge; Weisungsstrenge)248. Allerdings trifft die eröffnende Bank bei für sie klar erkennbarer Unzweckmäßigkeit die Pflicht, den Auftraggeber aufzuklären und grundsätzlich dessen Entscheidung abzuwarten249.
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Fraglich ist, ob die eröffnende Bank in gewissen Fällen eigenmächtig das Akkreditiv honorieren darf, obwohl die Dokumentenvorlage fehlerhaft ist und sie daher gegenüber dem Begünstigten keine Honorierungspflicht träfe250. Grundsätzlich ist es der Bank nicht gestattet, bei der Aufnahme der Dokumente von den Akkreditivbedingungen und Weisungen des Auftraggebers abzugehen. Ausnahmsweise soll sie jedoch in besonders gelagerten Fällen geringfügige Abweichungen tolerieren können. Dies gilt zunächst, wenn die Bank nach den Umständen annehmen darf, dass der Akkreditivauf242 243 244 245
246
247 248 249
250
Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/148. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 92. Oben Rz 1/42; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/148. Apathy in Schwimann, ABGB § 1009 Rz 12; P. Bydlinski in KBB2 § 1009 Rz 2; Strasser in Rummel, ABGB3 § 1009 Rz 14. Zum Widerruf des Auftrags durch Erteilung von die Geschäftsbesorgungspflicht abändernden Weisungen s Apathy in Schwimann, ABGB § 1009 Rz 12. Stanzl in Klang IV/1, 815. Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/33. Apathy in Schwimann, ABGB § 1009 Rz 13. Zur beschränkten Beratungspflicht der Bank s oben Rz 1/49. Unter welchen Voraussetzungen die eröffnende Bank eine (vermeintlich) fehlerhafte Dokumentenvorlage dem Begünstigten nicht entgegenhalten kann und ihm zur Honorierung des Akkreditivs verpflichtet ist, ist eine andere Frage (dazu Rz 1/ 126).
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank
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traggeber bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde, wobei mit einem Aufschub bis zu seiner Entscheidung Gefahr verbunden wäre251. Weiters wird vertreten, dass der Akkreditivauftraggeber eine Akkreditivhonorierung als auf seine Rechnung gehend akzeptieren muss, wenn ihm keinerlei Nachteile erwachsen oder die Bank ihm allfällige geringfügige Nachteile ausgleicht252. Diese Ansicht kann sich auf das Schikaneverbot bzw auf eine Analogie zu dem im Verhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank geltenden § 385 Abs 2 UGB stützen253. Schließlich soll der Auftraggeber eine Abweichung von den Akkreditivbedingungen dann hinnehmen müssen, wenn die Bank ohne Hinzuziehung von Fachleuten völlig einwandfrei beurteilen kann, dass es sich um unerhebliche und für ihn unschädliche Abweichungen handelt254. Dies ist jedoch problematisch, da zum einen die Gehorsamspflicht (und damit Weisungsgebundenheit) des Beauftragten – außer bei Gefahr in Verzug (§ 385 Abs 2 UGB) sowie Rechtsmissbrauch255 – Vorrang vor der selbständigen (fachmännischen) Entscheidung des Beauftragten über fremde Interessen hat256 und zum anderen vom Grundsatz der Dokumentenstrenge abgewichen wird257. Dazu kommt schließlich, dass eine Beurteilung der Unschädlichkeit von Abweichungen idR nur bei Kenntnis des Grundgeschäfts verlässlich möglich ist; in das Grundgeschäft aber haben die Banken, wie stets zu Recht betont wird, keinen Einblick (vgl Art 4 und 5 ERA 600; Rz 1/49). Darüber hinaus hat die Bank noch insoweit einen Freiraum für ihre Ent- 1/56 scheidung, nicht akkreditivkonforme Dokumente aufzunehmen oder zurückzuweisen, als ihr eine solche Befugnis im Einzelfall von ihrem Auftraggeber eingeräumt ist, was freilich kaum einmal vorkommt, oder nach den ERA zusteht258. So ist es der Bank nach Art 18 lit b ERA 600 überlassen, mangels einer konkreten Weisung Handelsrechnungen, die auf einen die Akkreditivsumme übersteigenden Betrag lauten, aufzunehmen oder zurück251
252 253
254
255
256 257
258
Canaris, BVR3 Rz 944; Schlegelberger/Hefermehl Rz 185; ablehnend jedoch Zahn/ Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/243. I. Koller, WM 1990, 299 ff, 302 f. Apathy in Jabornegg, HGB § 385 Rz 2; Griss in Straube, HGB § 385 Rz 3; GroßkommHGB4/Koller § 385 Rz 6. OGH 2 Ob 563/91 in ÖBA 1992, 169 = SZ 64/139; Avancini in BVR1 II Rz 4/55; Canaris, BVR3 Rz 945; Schlegelberger/Hefermehl Rz 185; BGH in WM 1984, 1214; WM 1987, 977; OLG München in WM 1998, 554; dagegen jedoch: Nielsen, Akkreditivgeschäft 97 f; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/243; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 382. OLG München in WM 1998, 554: Transportpapiere nennen statt des Akkreditivauftraggebers die eröffnende Bank als Warenempfänger. Eine Weisung, das Akkreditiv deswegen nicht zu honorieren, ist als rechtsmissbräuchlich nicht zu beachten. Apathy in Jabornegg, HGB § 385 Rz 5; GroßkommHGB4/Koller § 385 Rz 13. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 382; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 141. Vgl Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/257 ff, die in Rz 2/258 auch darauf hinweisen, dass der Ermessensspielraum im Zuge der Revisionen der ERA im Interesse einer vereinfachten Geschäftsabwicklung immer weiter eingeschränkt wurde; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 403.
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Das Dokumentenakkreditiv
zuweisen. Weiters kann sie Dokumente auch außerhalb ihrer Schalterstunden entgegennehmen (Art 33 ERA 600; unten Rz 1/101), was vor allem am letzten Gültigkeitstag des Akkreditivs von praktischer Bedeutung ist259. Kommt es im Rahmen dieses Ermessensspielraumes zu einer Aufnahme der Dokumente durch eine benannte Bank, so ist die eröffnende Bank (und im Weiteren deren Auftraggeber) auch im Innenverhältnis daran gebunden. 4. Benachrichtigung des Auftraggebers 1/57
Als Beauftragte ist die Bank verpflichtet, ihren Auftraggeber über alle wesentlichen Vorkommnisse unverzüglich zu informieren260. Insbesondere hat sie ihm die Eröffnung des Akkreditivs und dessen Inanspruchnahme anzuzeigen und ihn von einer ihr bekannt gewordenen Insolvenz des Begünstigten zu unterrichten261. 5. Überprüfung der Dokumentenvorlage
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Nimmt der Begünstigte das Akkreditiv durch Dokumentenvorlage in Anspruch, so hat die eröffnende Bank die Ordnungsgemäßheit der Dokumentenvorlage mit pflichtgemäßer Sorgfalt (§ 1299 ABGB) zu prüfen (Näheres s Rz 1/122 ff). Diese Prüfungspflicht wird als eine Hauptpflicht angesehen262. Zwar prüft die Bank auch im eigenen Interesse, da sie gegenüber ihrem Auftraggeber grundsätzlich keinen Aufwandersatzanspruch hat, wenn sie das Akkreditiv honoriert, obwohl den Akkreditivbedingungen nicht entsprochen ist und der Auftraggeber die Honorierung nicht nachträglich genehmigt. Darüber hinaus hat aber auch der Auftraggeber ein Interesse daran, dass die Bank sich überzeugt, dass sie auf seine Rechnung honorieren darf, weil sie ihn für die Honorierung belastet und so – jedenfalls zunächst – seinen finanziellen Spielraum entsprechend einengt. 6. Behandlung der vorgelegten Dokumente
1/59
Die unter dem Akkreditiv aufgenommenen Dokumente sind grundsätzlich unverzüglich an den Auftraggeber weiterzuleiten oder sonst nach seinen Weisungen zu verwenden (beispielsweise zu einem anderen Akkreditiv, dessen Begünstigter der Auftraggeber ist, vorzulegen). Dieser Pflicht kann die Bank allfällige Sicherungsrechte an den Dokumenten (s Rz 1/227) entgegenhalten. 259
260
261
262
Avancini in BVR1 II Rz 4/56; vgl auch Schinnerer, Zur Neufassung der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive, Fassung 1983, ÖBA 1984, 253 f. Apathy in Jabornegg, HGB § 384 Rz 12; derselbe in Schwimann, ABGB § 1009 Rz 4; P. Bydlinski in KBB2 § 1009 Rz 2. Avancini in BVR1 II Rz 4/57; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 95; aM Obermüller, Handbuch Insolvenzrecht für die Kreditwirtschaft4 (1991) Rz 1483. Schlegelberger/Hefermehl Rz 159; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/38; Schärrer, Rechtsstellung 47; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 92.
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank
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Umgekehrt hat die benannte, bestätigende oder eröffnende Bank, bei der der Begünstigte die Dokumente vorgelegt hat, eine nicht akkreditivkonforme Dokumentenvorlage dem Einreicher gegenüber zu rügen (s Rz 1/ 107 ff) und kann ihm dann die Dokumente zurückstellen oder bis zum Erhalt weiterer Anweisungen behalten (Art 16 lit c und e ERA 600; Näheres unten Rz 1/107). 7. Honorierung des Akkreditivs Unter der Voraussetzung der rechtzeitigen Vorlage akkreditivgemäßer 1/60 Dokumente und der Erfüllung aller sonstigen Akkreditivbedingungen hat die eröffnende Bank das Akkreditiv auf die vorgesehene Weise (s Rz 1/3 f) zu honorieren (Art 15 lit a ERA 600). Dazu ist sie nicht nur dem Begünstigten gegenüber verpflichtet, der seinen Anspruch aus dem Akkreditiv ableitet, sondern auf Grund des Auftragsverhältnisses auch dem Auftraggeber. Verletzt sie diese Verpflichtungen schuldhaft, so wird sie schadenersatzpflichtig263. 8. Erhebung des Rechtsmissbrauchseinwands Wie bei der Garantie so kann auch bei einem Akkreditiv einer Inanspruch- 1/61 nahme der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengesetzt werden. Die Problematik ist in beiden Fällen ident264. Parallel zur Garantie lassen sich daher für das Akkreditiv folgende Grundsätze feststellen: Die eröffnende Bank ist ihrem Auftraggeber gegenüber verpflichtet, das Akkreditiv dann nicht zu honorieren, wenn der Rechtsmissbrauch des Begünstigten für sie liquide beweisbar ist265. Der Auftraggeber hat allerdings nur Anspruch darauf, dass die Bank die Honorierung nicht auf seine Rechnung vornimmt. Möchte sie etwa im Hinblick auf ihren Ruf das Akkreditiv auf eigene Rechnung honorieren, so kann er sie daran nicht hindern266. Umstritten ist, ob sie dem Begünstigten Rechtsmissbrauch auch dann einzuwenden berechtigt ist, wenn dieser nicht liquide beweisbar ist267. Bejaht man dies, weil der Begünstigte den Mangel seiner Berechtigung kennt, so ist die Bank in diesem Fall zur Erhebung des Einwands bloß berechtigt, nicht aber (im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber) verpflichtet. Liquide Beweisbarkeit des Rechtsmissbrauchseinwandes ist nur dann anzunehmen, wenn eine objektive Beurteilung der Beweismittel, die der Bank zur Verfügung stehen, zu dem Ergebnis führt, dass der für den Rechtsmissbrauch relevante Sachverhalt in einem Prozess für jeden vernünftigen 263 264 265 266
267
Vgl Canaris, BVR3 Rz 939 und 956. Zur Begründung s Rz 1/133. Nielsen, WM 1999, 2013; zur Garantie s Koziol unten Rz 3/62 und 65. Avancini in BVR1 II Rz 4/61; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 92; derselbe, Kollisionsrechtliche Probleme des Dokumentenakkreditivs, WM 1982, 229. Ebenso zur Garantie Koziol unten Rz 3/63. So Avancini in BVR1 II Rz 4/61; Koziol unten Rz 3/110; ferner Erman, Einwirkungen des Kaufvertragsverhältnisses auf die Akkreditivverpflichtung der Bank, Rittershausen-FS (1968) 261.
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Das Dokumentenakkreditiv
Betrachter überzeugend dargetan werden kann. Das Beweisrisiko, das bei einer Prozessführung naturgemäß stets gegeben sein wird, darf für die eröffnende Bank nicht nennenswert sein268. In der Praxis bestehen Banken regelmäßig darauf, dass sich der Auftraggeber bemüht, eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Eigene Nachforschungen zur Frage des Rechtsmissbrauchs hat die eröffnende Bank grundsätzlich nicht anzustellen, sie muss aber ihr bekannte Verdachtsmomente dem Auftraggeber mitteilen, wenn sie nicht davon ausgehen darf, dass er sie ohnehin kennt (s auch unten Rz 3/66). Für weitere Details kann auf die Ausführungen zum Rechtsmissbrauch bei Inanspruchnahme einer Garantie verwiesen werden (unten Rz 3/62 ff). C. Pflichten des Akkreditivauftraggebers 1. Bevorschussung 1/62
Mit der Akkreditiveröffnung übernimmt das Kreditinstitut eine bedingte Verpflichtung. Für die zu erwartenden Auslagen kann es nach § 1014 ABGB einen angemessenen Vorschuss verlangen269: Der Akkreditivbetrag ist als künftige bare Auslage vom Auftraggeber vorzustrecken, wobei ein Abzug von Zwischenzinsen nur dann in Frage kommt, wenn und soweit Inanspruchnahmen nicht sogleich möglich sind. Da die eröffnende Bank nicht in Vorlage zu treten braucht, muss sie auch das Akkreditiv erst nach Anschaffung einer hinreichenden Deckung eröffnen. Diese hat sie dann aber gleich bei Auftragsübernahme zu verlangen; tut sie das nicht, darf der Auftraggeber wohl annehmen, dass ihm kreditiert wird, soweit er bei der Bank kein Guthaben bzw nicht ohnehin schon Kredit hat. Zudem hat das Kreditinstitut gemäß Z 47 f ABB einen vertraglichen Anspruch auf Bestellung angemessener Sicherheiten oder deren Verstärkung für seinen bedingten Aufwandersatzanspruch270. Ferner besteht ein Sicherstellungsanspruch analog § 1364 Satz 1 und § 1365 ABGB, wenn der Anspruch des Akkreditivbegünstigten fällig ist sowie bei begründeter Besorgnis der künftigen Zahlungsunfähigkeit des Akkreditivauftraggebers oder dessen dauerhafter Entfernung ins Ausland271. 268
269
270 271
Ein darüber hinausgehendes Restrisiko würde die „liquide Beweisbarkeit“ ausschließen; nur im Rahmen eines Verfahrens auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung könnte der Antragsteller über eine Sicherheitsleistung bis zu einem gewissen Grad einen Mangel in der Anspruchsbescheinigung ausgleichen (§ 390 Abs 1 EO – vgl OGH in SZ 50/25; SZ 54/189; RdW 1988, 134). Apathy in Jabornegg, HGB § 396 Rz 18; Avancini in BVR1 II Rz 4/52; Griss in Straube, HGB § 396 Rz 14; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 103; Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 2/145; nach Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 90, ist die Verpflichtung zur Vorschussleistung in der Praxis regelmäßig durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung ausgeschlossen; vgl auch Einsele, BankR § 5 Rz 3. Dazu Iro in BVR2 I Rz 1/220 ff. Da die Rechtsprechung § 1364 Satz 1 ABGB nur bei Subsidiarität der Bürgschaftsverpflichtung anwendet und demgemäß den Bürgen und Zahler ausnimmt (OGH in SZ 26/170; QuHGZ 1980/185), ist die analoge Anwendung dieser Bestimmung
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank
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2. Provision Der Akkreditivauftrag ist typischerweise entgeltlich; dies folgt auch aus Z 43 1/63 ABB272. Sofern nicht Unentgeltlichkeit vereinbart ist, kann die eröffnende Bank schon nach § 354 Abs 1 UGB sowie § 1004 ABGB angemessenes Entgelt, also eine ortsübliche Provision verlangen273. Mangels abweichender Vereinbarung ist der Entgeltsanspruch mit der Erledigung der Geschäftsbesorgung fällig274. Die Praxis kennt verschiedene Arten von Provisionen (für Avisierung, Dokumentenprüfung, Aufnahme usw); häufig werden detaillierte Spesentragungsregelungen getroffen. 3. Rüge einer fehlerhaften Dokumentenvorlage Nach hA kann der Akkreditivauftraggeber der eröffnenden Bank eine Ord- 1/64 nungswidrigkeit der Dokumentenvorlage nur entgegenhalten, wenn er den Mangel nach Erhalt der Dokumente unter Berücksichtigung einer angemessenen Prüfungsfrist unverzüglich gerügt hat275; andernfalls wird eine Genehmigung angenommen. Demgegenüber meint Canaris 276, eine Verletzung der Rügepflicht begründe nur einen Schadenersatzanspruch der Bank, wobei ein Mitverschulden die Ersatzpflicht mindere. Avancini 277 hat sich für eine Kombination beider Ansichten ausgesprochen. Die Pflicht des Auftraggebers, die Dokumente innerhalb angemessener Frist zu 1/65 prüfen und Akkreditivwidrigkeiten umgehend zu rügen, wird zwar nicht durch die ERA ausdrücklich auferlegt, sie ergibt sich aber in Verbindung mit diesen aus dem Auftragsverhältnis278. Das Unterlassen der Rüge einer mangelhaften Dokumentenvorlage kann unterschiedliche Rechtsfolgen haben: – Hat die eröffnende Bank ihren Auftraggeber pflichtgemäß auf Mängel hingewiesen und um deren Genehmigung ersucht (Rz 1/109), so
272 273 274 275
276 277 278
auf den Akkreditivverpflichteten fraglich, weil dessen Verpflichtung gleichfalls nicht subsidiär ist. Für Unabhängigkeit des Sicherstellungsanspruch von der Subsidiarität der Haftung jedoch mit Recht P. Bydlinski in KBB2 § 1364 Rz 2; Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1364 Rz 2a; Koziol, Garantievertrag (1981) 80. Dazu Iro in BVR2 I Rz 1/185 ff. Avancini in BVR1 II Rz 4/63. P. Bydlinski in KBB2 § 1004 Rz 4. Avancini in BVR1 II Rz 4/64; Schlegelberger/Hefermehl Rz 188; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 106; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/472. – Der Sachverhalt, welcher der E des OGH 2 Ob 194/03y in ÖBA 2004, 392 mit Anm von Leitner zugrunde liegt, war insofern anders gelagert, als dem Akkreditivauftraggeber nicht die Dokumente übermittelt, sondern (wie vereinbart) per Fax die Abweichungen unter Übermittlung von Kopien der Urkunden mitgeteilt wurden. BVR3 Rz 969 und 948. In BVR1 II Rz 4/64. Canaris, BVR3 Rz 969; Schlegelberger/Hefermehl Rz 188; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 106; Schweizer Bundesgericht in BGE 111 II 76; eingehend Avancini, Eine rechtliche Beurteilung der Dokumentenaufnahme im Akkreditivgeschäft, Kastner-FS (1992) 57, 68.
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Das Dokumentenakkreditiv
bewirkt das Ausbleiben einer fristgerechten Rüge eine Genehmigung. Da den Auftraggeber eine Äußerungspflicht trifft, ist sein Schweigen hier ausnahmsweise als konkludente Zustimmung zu werten279. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn der Mangel so gravierend ist, dass die Bank seine Genehmigung für ausgeschlossen halten musste. – Unterlässt die Bank einen Hinweis auf einen von ihr erkannten Mangel, so ist weiter zu differenzieren: Wenn der Auftraggeber den Mangel innerhalb des ihm offen stehenden Prüfungszeitraumes selbst erkannt hat oder die Bank davon ausgehen durfte, dass ihm der Mangel unzweifelhaft auffallen werde, kommt es durch sein Schweigen zu einer Genehmigung. Liegen diese Voraussetzungen jedoch nicht vor, so kann sein Schweigen nicht als Genehmigung gewertet werden. Das Schweigen wird aber grundsätzlich auch keine Schadenersatzpflicht auslösen, da das Verschulden der Bank, die auf einen von ihr erkannten Mangel nicht hinweist, weitaus überwiegt und damit selbst eine Schadensteilung ausscheidet280. – Hat die Bank einen erkennbaren Mangel selbst nicht erkannt (und daher den Auftraggeber auf ihn nicht hingewiesen), so ist aus ihrem Horizont das Ausbleiben einer Rüge keine (genehmigende) Willenserklärung. Allerdings macht sich der Auftraggeber, wenn er seine Rügepflicht schuldhaft verletzt, schadenersatzpflichtig; dann wird andererseits wohl aber auch ein Verschulden der Bank mit der Konsequenz einer Schadensteilung vorliegen. 1/66
Rügt der Auftraggeber einen Dokumentenmangel, so muss er alle Dokumente unverzüglich der eröffnenden Bank zurückstellen. Vor allem darf er mit Hilfe der Dokumente die Ware nicht an sich bringen oder sonst darüber verfügen. Tut er das dennoch, so gilt der Mangel zwar nicht als genehmigt, weil einer rechtsgeschäftlichen Genehmigung ja die erklärte Rüge entgegensteht. Die Bank, die ihrerseits sich gegenüber dem Begünstigten wegen Verfristung auf den Mangel nicht mehr berufen kann und honorieren muss (s Rz 1/113), kann vom Auftraggeber aber die Herausgabe des erlangten Vorteils nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen verlangen281; darüber hinaus haftet ihr der Auftraggeber bei Verschulden auf Schadenersatz. 4. Aufwandersatz a) Im Allgemeinen
1/67
Die eröffnende Bank hat Anspruch auf Ersatz aller notwendigen und nützlichen Aufwendungen, die sie in Zusammenhang mit der Durchführung des Akkreditivgeschäfts gemacht hat (§ 1014 ABGB)282. Insbesondere ist ihr der 279 280 281
282
S auch OGH in HS ErgBd 1647. Karner in KBB2 § 1304 Rz 4. Vgl F. Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäftes (1967) 99 ff. Nicht dazu gehören die durch den Geschäftsbetrieb entstandenen allgemeinen Kosten und Auslagen sowie Kosten, die durch die Provision abgegolten werden: Apathy in Jabornegg, HGB § 396 Rz 12 mwN.
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank
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ausgelegte Akkreditivbetrag zu ersetzen bzw kann sie, wenn das Akkreditiv durch Akzeptierung eines auf sie gezogenen Wechsels honoriert worden ist, unmittelbare Zahlung der Wechselsumme an den legitimierten Wechselinhaber verlangen283. Voraussetzung dieser Ersatzpflicht ist, dass die Bank zur Honorierung des Akkreditivs auf Grund einer ordnungsgemäßen Vorlage akkreditivgerechter Dokumente auch tatsächlich verpflichtet war oder sich zumindest bei pflichtgemäßer Sorgfalt für verpflichtet halten durfte284 bzw der Auftraggeber auf eine Geltendmachung der Unstimmigkeiten verzichtet und damit einer Honorierung zugestimmt hat285. Zudem erwirbt die eröffnende Bank mit der Zahlung an den Begünstigten dessen Forderungen aus dem Grundgeschäft (Valutaverhältnis) gemäß § 1358 ABGB; denn die eröffnende Bank bezahlt eine zwar formell eigene, aber materiell fremde Schuld286. Das Risiko einer Honorierung des Akkreditivs im Falle einer Vorlage gefälschter Dokumente trifft nach Art 34 ERA 600 den Auftraggeber, wenn die Fälschung für die Bank bei verkehrsüblich sorgfältiger Prüfung nicht erkennbar war. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um keine Freizeichnungsklausel, sondern um eine Leistungsbeschreibung in dem Sinn, dass sich die Prüfpflicht der Bank nicht auf die Echtheit des Dokuments erstreckt287. Diese Risikoverteilung entspricht allgemeinem Auftragsrecht, da die Bank dann mit der Honorierung einen aus objektiver Sicht „notwendigen“ Aufwand gemacht hat, der ihr vom Auftraggeber gemäß § 1014 ABGB „selbst bei fehlgeschlagenem Erfolge“ zu ersetzen ist288. Bei objektiv erkennbaren Fälschungen hat die Bank hingegen keinen Aufwandersatzanspruch, da der Aufwand nicht notwendig war289. Daran ändert Art 34 ERA 600 nichts, da diese Bestimmung die Sorgfaltsanforderungen an die Bank bei der Dokumentenprüfung nicht mindert290. Die Bank hat daher auch leichte Fahrlässigkeit zu vertreten291. 283 284 285
286
287
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289
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Vgl Stanzl in Klang IV/1, 847. Die Bank darf kein Verschulden treffen: Canaris, BVR3 Rz 950. Zu weiteren Fällen einer für den Aufwandersatzanspruch der Bank unschädlichen Honorierung trotz fehlerhafter Dokumentenvorlage s oben Rz 1/55. P. Bydlinski, ÖBA 2002, 682; Mader/W. Faber in Schwimann, ABGB § 1358 Rz 6; Koziol unten Rz 3/51. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 119; derselbe in in BankR-HB § 120 Rz 187. – Keine Prüfpflicht trifft die Hausbank des Begünstigten, die für diesen die Dokumentenvorlage bei der eröffnenden Bank besorgt: OGH 2 Ob 344/97w in ÖBA 1998, 559; Griß-Reiterer, ÖBA 1999, 179 f. Zur Risikotragung bei Verbraucherverträgen s jedoch OGH 4 Ob 179/02f in ÖBA 2003, 141 = SZ 2002/153; Apathy, ÖBA 2003, 177; Iro/Koziol, Risikotragung bei gefälschten Aufträgen an die Bank, ÖBA 2003, 129. OGH 6 Ob 628/89 in ÖBA 1991, 666 mit Anm von Avancini; Griß-Reiterer, ÖBA 1999, 175 f. Vgl Canaris, BVR3 Rz 965; Schlegelberger/Hefermehl Rz 184. Nach dem BGH in WM 1989, 1713 = BGHZ 108, 348 könne sich die Bank hinsichtlich der Echtheitsprüfung als dem „ungleich schwierigeren und risikoreicheren Teil der ihr obliegenden Prüfungspflicht“ von einer Haftung für leichte Fahrlässigkeit freizeichnen. Dazu Nielsen, Neue Richtlinien Rz 120. Avancini in BVR1 II Rz 4/67.
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Das Dokumentenakkreditiv
Zum nützlichen Aufwand gehören auch Rechtsanwalts- und sonstige Prozesskosten, die der eröffnenden Bank bei Auseinandersetzungen mit dem Begünstigten entstehen292. Die Bank muss sich allerdings bei der Prozessführung nach den Interessen und Wünschen des Auftraggebers richten, der dementsprechend auch Weisungen geben kann. Unterlässt er das, so kann die Bank nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen handeln, in welchem Fall der Auftraggeber sie (weiterhin) schadlos zu halten hat. Insbesondere muss er den Aufwand auch dann ersetzen, wenn der erstrebte Erfolg unverschuldet ausgeblieben ist (§ 1014 ABGB)293. 1/68
Der eröffnenden Bank ist infolge der Risikohaftung des Auftraggebers nach § 1014 ABGB auch jeder Schaden zu ersetzen, der mit der Ausführung des Geschäfts verbunden ist, also infolge erhöhter typischer Gefahren des aufgetragenen Geschäfts (ex causa mandati) entstanden ist294. Zu denken ist hierbei vor allem daran, dass die eröffnende Bank in einem anderen Staat zur Honorierung des Akkreditivs verhalten worden ist, obwohl im Heimatstaat ihre Leistungsfreiheit gerichtlich rechtskräftig festgestellt wurde295. Nach Art 37 lit d ERA 600 muss der Auftraggeber alle Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten übernehmen, die auf ausländischen Gesetzen und Gebräuchen beruhen. b) Bei Zahlungen an den Begünstigten vor Fälligkeit des Akkreditivs
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Bei Akkreditiven mit hinausgeschobener Zahlung oder Akzeptierungsakkreditven kann es vorkommen, dass die eröffnende Bank oder insbesondere eine in die Akkreditivabwicklung als Zahlstelle oder zur Akkreditivbestätigung eingeschaltete Zweitbank vor Fälligkeit des Akkreditivs an den Begünstigten eine Zahlung leistet. Da der Anspruch auf Aufwandersatz nach § 1014 ABGB die Notwendigkeit oder Nützlichkeit des Aufwands im Zeitpunkt der Aufwendung voraussetzt296, diese aber grundsätzlich erst bei Fälligkeit bejaht werden kann, erwächst der zahlenden Bank der Aufwandersatzanspruch gegenüber ihrem Auftraggeber erst bei Fälligkeit des Akkreditivs. Darüber hinaus stellt sich aber die Frage, wer das Risiko trägt, wenn sich in der Folge herausstellt, dass der Begünstigte den Akkreditivbetrag bei 292
293 294
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296
BGH XI ZR 294/97 in WM 1998, 1769: Zweitbegünstigter klagt die eröffnende Bank auf Zahlung, die geltend macht, die vorgelegten Dokumente seien nicht akkreditivkonform; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 101. Apathy in Schwimann, ABGB § 1014 Rz 5. Apathy in Schwimann, ABGB § 1014 Rz 9; P. Bydlinski in KBB2 § 1014 Rz 7; Strasser in Rummel, ABGB3 §§ 1014, 1015 Rz 10. Avancini in BVR1 II Rz 4/68 mit dem Beispiel, dass der im Heimatstaat der eröffnenden Bank anerkannte Einwand des Rechtsmissbrauchs in einem Land, in dem die eröffnende Bank Vermögen hat und daher auch faktisch zur Leistung verhalten werden kann, nicht durchsetzbar ist. Dass die eröffnende Bank einen solchen Zugriff durch Abzug ihrer Vermögenswerte verhindert, kann von ihr nicht verlangt werden; hier gehen die eigenen geschäftlichen Interessen der Bank vor. Apathy in Schwimann, ABGB § 1014 Rz 5; Avancini in BVR1 II Rz 4/69.
Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank
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Fälligkeit nicht mehr zu Recht hätte einfordern können, etwa weil bis dahin die Akkreditivdokumente als gefälscht erkannt wurden, so dass der Einwand des fehlenden Bedingungseintritts hätte erfolgreich erhoben werden können. Dies wird kontrovers beurteilt: Nach der einen Ansicht trifft das Risiko die zahlende Bank297. Auf der anderen Seite steht die Auffassung, dass die Bank mit einer vorzeitigen Zahlung keine Pflichten gegenüber ihrem Auftraggeber verletze: Sie könne daher, wenngleich erst ab der vorgesehenen Fälligkeit des Akkreditivs, Aufwandersatz ungeachtet dessen verlangen, dass dem Begünstigten bei Fälligkeit der Akkreditivbetrag nicht mehr hätte ausbezahlt werden dürfen298. Eine differenzierende Meinung will darauf abstellen, ob die Bank (als eröffnende oder bestätigende Bank) eine eigene Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten hat, die sie nur „vorzeitig erfülle“, oder ob die Bank (etwa als bloße Zahlstelle) dem Begünstigten im Zusammenhang mit dem Akkreditiv nicht selbst verpflichtet ist, in welchem Fall sie ihm bei der vorzeitigen Auszahlung des Akkreditivbetrages in Wahrheit einen Kredit auf eigenes Risiko gewähre299. Entscheidend ist, ob die Bank nach dem internen Auftragsverhältnis zu einer vorzeitigen Zahlung an den Begünstigten befugt ist300. Im Zweifel wird das – jedenfalls für die eröffnende und die bestätigende Bank – zu verneinen sein: Der Auftraggeber wird grundsätzlich kein Interesse an einer vorzeitigen Zahlung haben, und der Beauftragte seinerseits hat alles zu unterlassen, was den Auftraggeber schädigen könnte301. Im Übrigen wird eine von der Bank vor Fälligkeit vorgenommene Zahlung sich wohl stets außerhalb des Auftragsverhältnisses abspielen und sohin ein Eigengeschäft der Bank sein. Andernfalls müsste die Bank den aus der vorzeitigen Zahlung erzielten Nutzen – die Vorzeitigkeit der Zahlung wird sie sich gewiss vom Begünstigten abgelten lassen – ihrem Auftraggeber herausgeben. Das hat sie aber sicherlich nicht im Sinne, womit der Charakter der Zahlung als bloße Vorfinanzierung des Begünstigten durch die Bank unterstrichen ist, die dann aber auch das Risiko dieses Geschäfts zu tragen hat. Zahlt die benannte Bank vor Fälligkeit, so gilt sie allerdings nach Art 12 lit b ERA 600 als von der eröffnenden Bank ermächtigt, im Voraus zu zahlen. Wesentliche (und beabsichtigte) Konsequenz dieser Neuregelung ist, dass ein vor Fälligkeit aufgedeckter und nachgewiesener Rechtsmissbrauch für die 297
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300
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BGH in BGHZ 101, 84 = WM 1987, 977; zustimmend Schütze, EWiR 1987, 1005; vgl auch Eberding, WuB I H 2. – 2.87; Canaris, BVR3 Rz 955; diesem folgend Nielsen, Neue Richtlinien Rz 37; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 35; Plagemann, Rechtsprobleme bei der Arrestierung des Auszahlungsanspruches aus einem deferred payment-Akkreditiv, RIW 1987, 29; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/388 f. Vgl BG in BGE 100/1974 II 145; Stauder, Das Dokumentenakkreditiv mit hinausgeschobener Zahlung, Schnitzer-FS (1979) 433, 443; Eberth, Deferred-Payment-Akkreditive in der jüngsten französischen Rechtsprechung, RIW 1986, 349f. Schönle, Rechtsprobleme des Dokumentenakkreditivs mit hinausgeschobener Zahlung, ÖBA 1988, 311. Avancini in BVR1 II Rz 4/69; Nielsen, Aktuelle Fragen aus Praxis und Rechtsprechung zum Inkasso-, Akkreditiv- und Garantiegeschäft (1989) 22. Stanzl in Klang IV/1, 816.
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Das Dokumentenakkreditiv
Remboursforderung der Bank, die im Voraus zahlt, unbeachtlich sein soll302. Denn die Remboursforderung hängt nicht davon ab, dass der Begünstigte bei Fälligkeit einen (durchsetzbaren) Anspruch hat (Art 7 lit c und Art 8 lit c jeweils letzter Satz ERA 600). Diese Bestimmung widerspricht freilich den typischen Interessen des Akkreditivauftraggebers und sollte daher von diesem abbedungen werden303. Wird Art 12 lit b ERA 600 nicht abbedungen, so ist die Wirksamkeit der Klausel fraglich, da man sie wohl als ungewöhnlich iS des § 864a ABGB oder zumindest als gröblich benachteiligend iS des § 879 Abs 3 ABGB ansehen kann304.
IV. Das Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter A. Inhalt der Akkreditivverpflichtung 1/70
Nach den ERA kann ein Akkreditiv Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung, Akzeptleistung oder Negoziierung vorsehen (oben Rz 1/3 ff). Die Leistungen, zu denen sich eine eröffnende Bank dem Begünstigten gegenüber verpflichtet, sind in Art 7 lit a ERA 600 näher beschrieben. 1. Sichtzahlung
1/71
Die Zusage einer Sichtzahlung bedeutet, dass der nach den Akkreditivbedingungen geschuldete Betrag mit Vorlage der vorgeschriebenen Dokumente grundsätzlich bei der Stelle, die für die Vorlage bestimmt ist, unter Berücksichtigung einer Frist von maximal 5 Bankarbeitstagen305 für die von der Bank vorzunehmende Dokumentenprüfung (Art 14 lit b ERA 600) fällig wird. Eine Verpflichtung zur Sichtzahlung ist auch dann anzunehmen, wenn sie ausnahmsweise nicht ausdrücklich bedungen sein sollte. Mangels anderer Bestimmung im Akkreditiv ist der geschuldete Betrag auf Gefahr und Kosten der eröffnenden Bank an den Begünstigten zu überweisen (§ 905 Abs 2 ABGB); für die Rechtzeitigkeit der Zahlung genügt es, dass die eröffnende Bank am Fälligkeitstag die Überweisung veranlasst306. Lautet das Akkreditiv auf eine fremde Währung, so hat die Bank nach 302
303 304 305
306
Damit wird eine beim Akzeptierungsakkreditiv vergleichbare Risikotragung geschaffen. Wird nämlich ein von der eröffnenden Bank akzeptierter Wechsel von einer anderen (gutgläubigen) Bank diskontiert, so kann die eröffnende Bank einen Rechtsmissbrauch im Rahmen des Valutaverhältnisses nicht mehr einwenden, so dass sie und nicht die diskontierende Bank das Risiko zu tragen hat. Freilich ergibt sich diese Risikotragung beim Akzeptierungsakkreditiv aus dem Grundsatz der formellen Wechselstrenge und nicht aus akkreditivrechtlichen Wertungen. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 58. Vgl Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 14 und 35. Nach Art 2 ERA 600 ist ein Bankarbeitstag ein Tag, an dem eine Bank an dem Ort, an dem eine Handlung unter diesen Regeln auszuführen ist, üblicherweise geöffnet ist. Bollenberger in KBB2 § 905 Rz 5.
Das Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter
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§ 905a Abs 1 ABGB grundsätzlich die Befugnis, in inländischer Währung zu zahlen, wenn der Betrag im Inland zahlbar ist. Hat der Begünstigte seinen Sitz im Ausland, so wird bei einem Akkreditiv in fremder Währung eine effektive Fremdwährungsschuld als „ausdrücklich bedungen“ iS von § 905a Abs 1 ABGB anzunehmen sein, so dass keine Ersetzungsbefugnis besteht. Auch wenn im Akkreditiv neben den Dokumenten die Vorlage einer Sichttratte vorgeschrieben sein sollte307, wird in Österreich davon regelmäßig im Einvernehmen zwischen dem Begünstigten und der auszahlenden Stelle Abstand genommen; die Sichttratte hätte keine eigenständige Bedeutung und würde nur Gebühren auslösen308. 2. Hinausgeschobene Zahlung Die Besonderheit dieser Akkreditive liegt darin, dass sie nicht bei Dokumen- 1/72 tenvorlage zu honorieren sind, sondern ihre Fälligkeit erst später zu einem im Akkreditiv bestimmten Zeitpunkt eintritt. Dadurch soll dem Käufer ein Zahlungsziel eingeräumt werden, das ihn zB in die Lage versetzt, den Erwerb aus dem Verkaufserlös zu finanzieren309. Für den Begünstigten sind Akkreditive mit hinausgeschobener Zahlung insofern nicht unproblematisch310, als unter Umständen die Auszahlung vom Auftraggeber durch Erwirkung einer gerichtlichen Verfügung noch blockiert werden kann. Auch wenn sich in der Folge ergeben sollte, dass diese Maßnahme unberechtigt war, muss sich der Begünstigte doch auf ein Verfahren einlassen, welches ihm bei einer Zug-um-Zug-Zahlung erspart geblieben wäre. Festzuhalten ist aber, dass sich durch einen hinausgeschobenen Zahlungstermin nichts an der Abstraktheit der Akkreditivverpflichtung ändert311. Nach der Definition des Honorierens in Art 2 ERA 600 für den Fall der hinausgeschobenen Zahlung (lit b) besteht dieses nicht nur in der Zahlung bei Fälligkeit, sondern auch darin, dass eine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernommen wird. Da die eröffnende Bank diese Verpflichtung ohnedies bereits mit der Akkreditiveröffnung eingegangen ist, ergibt eine neuerliche Übernahme einer solchen Verpflichtung an sich keinen Nutzen für den Begünstigten312. Dieser wäre freilich zu bejahen, wenn man die freiwillige Übernahme einer Verpflichtung durch die benannte Bank ins Auge fasste; allerdings ist die benannte Bank nach Art 12 lit a ERA 600 gerade nicht zur Honorierung verpflichtet und eine Übernahme einer Verpflichtung in Österreich nicht üblich. 307
308 309 310 311 312
Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 34 mit Hinweis auf die Praxis der Banken aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum. Avancini in BVR1 II Rz 4/71. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 62. Avancini in BVR1 II Rz 4/72; s auch Schinnerer/Avancini III 100. Vgl Stauder, Schnitzer-FS 439 ff. Denkbar wäre freilich, dass eine schriftliche Verpflichtungserklärung der eröffnenden Bank die Grundlage einer Diskontierung bildet.
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Das Dokumentenakkreditiv
3. Akzeptierung 1/73
Der Begünstigte soll auf Grund des Akkreditivs von ihm ausgestellte Wechsel mit späterer Fälligkeit zunächst akzeptiert erhalten313. Auch hier ist die Zahlung hinausgeschoben, der Begünstigte kann sich aber durch Diskontierung des akzeptierten Wechsels idR leichter vorzeitig Geld beschaffen, als ihm dies bei einem schlicht (dh ohne wechselmäßige Verpflichtung) später fällig werdenden Akkreditiv möglich wäre. Denn der vorfinanzierende Dritte kommt hier in den Genuss des wechselrechtlichen Gutglaubensschutzes mit seinem weitgehenden Einwendungsausschluss, den er bei der Abtretung des bloßen Zahlungsanspruchs aus einem noch nicht fälligen Zahlungsakkreditiv nicht hätte314. Soweit freilich Art 12 lit b ERA 600 nicht abbedungen wird (Rz 1/69), kann der Begünstigte von der benannten Bank im Voraus Zahlung erhalten.
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Das Akzeptierungsakkreditiv kann entweder vorsehen, dass der Begünstigte den Wechsel auf die eröffnende Bank zieht. Die Verpflichtung der eröffnenden Bank beschränkt sich dann nicht darauf, den Wechsel zu akzeptieren und dem Begünstigten zurückzugeben315, sondern umfasst nach Art 2 ERA 600 („Honorieren“ lit c) auch die Verpflichtung, den akzeptierten Wechsel bei Fälligkeit einzulösen316.
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Oder der Wechsel ist nicht auf die eröffnende Bank, sondern auf eine andere Bank zu ziehen317; dann haftet die eröffnende Bank gemäß Art 7 lit a Z iv ERA 600 dem Begünstigten dafür, dass der Wechsel von der anderen Bank akzeptiert und bei Fälligkeit eingelöst wird318. Akzeptiert die dritte Bank den unter dem Akkreditiv auf sie gezogenen Wechsel nicht, so kann der Begünstigte einen entsprechenden Wechsel auf die eröffnende Bank ziehen, den diese aus ihrer Akkreditivverpflichtung heraus zunächst zu akzeptieren und dann bei Fälligkeit einzulösen hat319. Löst die dritte Bank einen von ihr 313
314
315 316 317
318
319
Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 36, 59. – Theoretisch kann es auch ein Sichtwechsel sein, doch ist dies wenig sinnvoll. Dabei geht es nicht um Einwendungen aus dem dem Akkreditiv zugrunde liegenden Geschäft, vor denen auch der bloße Zessionar des Zahlungsanspruchs grundsätzlich geschützt ist, sondern um Einwendungen, welche die eröffnende Bank dem Begünstigten noch entgegensetzen könnte, würde er aus dem Akkreditiv Zahlung fordern. So entsprechend Art 10 lit a Z iii ERA 400 Avancini in BVR1 II Rz 4/74. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 59. Zufolge Art 6 lit c ERA 600 darf ein Akkreditiv nicht durch eine Tratte gezogen auf den Auftraggeber benutzbar gestellt sein. Vgl Nielsen, Neue Richtlinien Rz 38; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 36, 40, 60. Sieht das Akkreditiv trotzdem einen auf den Auftraggeber gezogenen Wechsel vor, so hat nach Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 60 die eröffnende Bank das Akzept zu leisten, wenn dieses vom Auftraggeber verweigert wird, bzw bei Fälligkeit zu zahlen. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 59 mit dem Hinweis, dass Art 6 lit a ERA 600, wonach ein Akkreditiv stets auch bei der Eröffnungsbank benutzbar ist, auf Akzeptierungsakkreditive nicht anzuwenden sei. Dies entspricht der in Art 2 ERA 600 enthaltenen Definition von „Honorieren“ lit c.
Das Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter
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akzeptierten Wechsel in der Folge nicht ein, so muss ihn die eröffnende Bank selbst bezahlen. Die Akkreditivbeziehung endet daher nicht bereits mit der Ausfolgung des akzeptierten Wechsels, sondern erst mit dessen Bezahlung 320. 4. Negoziierung Der Begriff „Negoziierung“ wurde aus der anglo-amerikanischen Rechts- 1/76 sprache übernommen, wo man unter „negotiation“ – grob gesprochen – die Übertragung eines Wertpapiers, insbesondere eines Wechsels, auf einen neuen Berechtigten versteht321. Damit ist für die Klärung der Frage, was nun Negoziierung im Rahmen des Akkreditivgeschäfts bedeutet, aber noch nicht viel gewonnen. Im Allgemeinen wird die Negoziierung als ein Kauf der Wechsel verstanden, die vom Begünstigten gezogen und mit den Akkreditivdokumenten bei der negoziierenden Bank vorgelegt werden. Allerdings war sich die Bankpraxis offenbar nicht völlig darüber klar, ob bei einem durch Negoziierung benutzbaren Akkreditiv „Kauf“ und „Negoziierung“ gleichbedeutend sind322. Während die ERA 1974 noch die Wortkombination „Ankauf/Negoziierung“ verwendet haben, hat sich in der Fassung 1983 die Auffassung von der Identität des Begriffsinhalts durchgesetzt; statt des Begriffspaars „Ankauf/Negoziierung“ ist seitdem nur mehr von „Negoziierung“ die Rede. Seit den ERA 500 ist der Begriff der Negoziierung insofern erweitert, als auch der Erwerb von unter dem Akkreditiv vorgelegten Dokumenten, sei es mit oder ohne Wechsel, erfasst wird323; außerdem sollten Tratten nicht mehr auf den Auftraggeber gezogen sein324. Während in den ERA 500 in Zusammenhang mit der Umschreibung der Negoziierung der Begriff „Kauf“ vermieden wurde, bringt die in Art 2 ERA 600 aufgenommene Definition der Negoziierung nunmehr insofern Klarheit, wenn darunter der Ankauf von Tratten (die auf eine andere Bank als die benannte Bank gezogen sind) und/oder von Dokumenten aus einer konformen Dokumentenvorlage durch die benannte Bank unter Vorleistung oder Übernahme einer Verpflichtung zur Vorleistung von Geldmitteln an den Begünstigten vor oder an dem Bankarbeitstag, an dem der Rembours an die benannte Bank fällig ist, zu verstehen ist. Keine ausdrückliche Beantwortung findet freilich die Frage, ob ein Ankauf von Dokumenten zugleich den Ankauf der Akkreditivforderung bedeutet, da zwei Lösungen möglich erscheinen: Einerseits kann man den Ankauf bejahen, so dass die benannte Bank neben der Remboursforderung die Akkreditivforderung erwirbt; oder man vertritt, dass die Akkreditivforderung mit der Zahlung des Kaufpreises für die Dokumente erlischt. Jedenfalls steht dem durch die Zahlung des Kauf320 321 322
323
324
Avancini in BVR1 II Rz 4/75. Vgl Kozolchyk, Commercial Letters of Credit in the Americas (1966) 521ff. Avancini in BVR1 II Rz 4/76; Wheble, ERA Revisionen 1974/1983 verglichen und erläutert, IHK-Publikation Nr 411 (1983, in der deutschen Übersetzung von 1986) 23. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 44 und 72; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 38; Zahn/ Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/122. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 40 und 63.
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Das Dokumentenakkreditiv
preises befriedigten Begünstigten die Akkreditivforderung gegen die eröffnende Bank nicht mehr zu. Schließlich kann man sich die Frage stellen, welchen Sinn die Ausdehnung der Negoziierung auf den Ankauf von Dokumenten hat. Nach Nielsen 325 unterscheidet sich die Bezahlung der Dokumente durch Ankauf nicht wirklich von der Bezahlung von Dokumenten im Rahmen eines Sichtakkreditivs; vielmehr werde einer Praxis im ostasiatischen Raum Rechnung getragen, wo der Begriff Negoziierung auch dann verwendet wird, wenn tatsächlich nur eine Barzahlung gemeint ist. In wirtschaftlicher Hinsicht besteht insofern ein Unterschied, dass die Bank bei Negoziierung nicht den vollen Dokumentengegenwert zu bezahlen hat, sondern einen Zinsabschlag geltend macht326. 1/77
Während beim Zahlungs- und beim Akzeptierungsakkreditiv die eröffnende Bank zur Zahlung oder zur Akzeptierung eines vom Begünstigten auf sie gezogenen Wechsels verpflichtet ist, obliegt die Negoziierung niemals der eröffnenden Bank selbst, und zwar auch dann nicht, wenn das Negoziierungsakkreditiv bei ihr benutzbar gestellt sein sollte327. Das ergibt sich aus Art 7 lit a ERA, der die Verpflichtungen der eröffnenden Bank näher regelt. Danach muss die eröffnende Bank honorieren, wenn das Akkreditiv durch Negoziierung bei einer benannten Bank benutzbar ist und diese benannte Bank nicht negoziiert. Die eröffnende Bank hat also nur dafür zu sorgen, dass die vom Begünstigten gezogenen Wechsel oder die Dokumente aus einer konformen Dokumentenvorlage von einer anderen Bank negoziiert werden328. Geschieht dies nicht, so ist die eröffnende Bank zur Honorierung, also zur Zahlung verpflichtet; handelt es sich um einen Nachsichtwechsel, so kann sie die Vorzeitigkeit der Zahlung durch einen entsprechenden Diskont ausgleichen329. Stehen für eine Negoziierung mehrere Banken zur Wahl, so genügt es für den Eintritt der Honorierungspflicht, dass der Begünstigte bei einer dieser Banken vergeblich um Negoziierung eingekommen ist. Die Benennung einer Mehrzahl zur Negoziierung ermächtigter Banken soll es dem Begünstigten erleichtern, das Akkreditiv honoriert zu erhalten, so dass er nicht darauf verwiesen werden kann, alle diese Banken erfolglos anzusprechen, bevor überhaupt die Haftung der eröffnenden Bank zum Tragen kommt330. Dass die eröffnende Bank selbst nicht negoziiert, sondern die vom Begünstigten gezogenen Wechsel oder die konformen Dokumente immer nur bezahlt, fügt sich ganz in das Konzept des Akkreditivgeschäfts, 325 326 327 328
329 330
Neue Richtlinien Rz 44. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/122 und 2/389. Avancini in BVR1 II Rz 4/77. Diese Bank kann im Akkreditiv individuell benannt sein, oder das Akkreditiv gestattet Negoziierung durch jede hiezu bereite Bank (so genanntes „frei negoziierbares Akkreditiv“) oder durch einen beschränkten Kreis von Banken, der nach generellen Merkmalen bestimmt wird (zB alle Banken in einem bestimmten Land oder einer bestimmten Stadt). Vgl Nielsen, Akkreditivgeschäft 25; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 38. Avancini in BVR1 II Rz 4/77.
Das Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter
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wonach der Begünstigte für seine Forderung aus dem Grundgeschäft Zahlung über die eröffnende Bank erhalten soll und er sich notfalls zur Erlangung dieser Zahlung unmittelbar an die ihm aus dem Akkreditiv selbständig verpflichtete Bank halten kann331. Der Erwerb des Wechsels durch die negoziierende Bank ist von seiner Ein- 1/78 lösung zu unterscheiden332. Da es nach Art 2 ERA 600 um Tratten geht, die auf eine andere Bank als die benannte Bank gezogen sind, handelt es sich bei Zahlungen der negoziierenden Bank nicht um die Einlösung des Wechsels. Als Grund für einen Wechselerwerb durch eine Bank könnte an sich auch eine Darlehensgewährung in Betracht kommen. Allerdings geht es dem Begünstigten eines Negoziierungsakkreditivs typischerweise nicht darum, bloß eine Zwischenfinanzierung zu erhalten333, er möchte vielmehr über das Akkreditiv seine Forderung aus dem Grundgeschäft bezahlt erhalten. Daher ist sein erkennbares Interesse darauf gerichtet, sich durch einen Verkauf des Wechsels zu befriedigen und die erwerbende Bank für ihren Aufwand jedenfalls zunächst an die eröffnende Bank zu verweisen. Dieser Interessenlage entspricht auch die Definition der Negoziierung in Art 2 ERA 600. Bekommt die negoziierende Bank keinen Aufwandersatz, so kann sie sich aus dem Wechsel an den Begünstigten halten334, sofern sie nicht gegenüber dem Begünstigten auf den Regress verzichtet hat335. Dieser Fall ist ebenso zu behandeln, als ob eine Negoziierung von vornherein unterblieben wäre, so dass der im Regressweg von der negoziierenden Bank in Anspruch genommene Begünstigte nunmehr direkt die eröffnende Bank auf Zahlung des Akkreditivbetrages belangen kann. Für den Anwendungsbereich des Negoziierungsakkreditivs sind noch fol- 1/79 gende Feststellungen wesentlich: – Die zu negoziierenden Wechsel des Begünstigten sind nicht akzeptiert und sollen im Rahmen der unmittelbaren Akkreditivabwicklung auch nicht akzeptiert werden336. – Die Negoziierung erfolgt, sofern die negoziierende Bank das Akkreditiv nicht auch bestätigt hat (dazu Rz 1/175), grundsätzlich nicht unter Verzicht auf einen Rückgriff auf den Begünstigten337. 331 332 333
334 335 336 337
Vgl auch Wheble, Revisionen 12. Dazu eingehend Avancini in BVR1 II Rz 4/78. Ein Akzeptierungsakkreditiv soll hingegen in seiner ersten Phase eine Vorfinanzierung ermöglichen (s Rz 1/73). Nielsen, Neue Richtlinien Rz 73; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 294. Diese Vereinbarung wird vielfach nur mündlich getroffen. S dagegen die Honorierung beim Akzeptierungsakkreditiv: Rz 1/73 ff. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 294 f differenziert: Nur wenn das Negoziierungsakkreditiv bei einer namentlich genannten Zweitbank zahlbar gestellt sei, wäre diese Bank als Erfüllungsgehilfin der eröffnenden Bank verpflichtet, bei der Negoziierung auf einen Rückgriff auf den Aussteller zu verzichten. Dazu hat bereits Avancini in BVR1 II Rz 4/79 FN 203 angemerkt, dass die Zweitbank nicht Erfüllungsgehilfin ist. Die eröffnende Bank selbst negoziiert nicht (s Rz 1/77), sondern hat nur für eine Negoziierung durch eine andere Bank zu sorgen, so dass sie sich
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Das Dokumentenakkreditiv
– Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der zu negoziierende Wechsel des Begünstigten ein Sichtwechsel oder ein Nachsichtwechsel sein kann, der auf eine andere Bank als die benannte Bank, die eröffnende Bank eingeschlossen, gezogen ist. Dementsprechend sind folgende Fallkonstellationen auseinander zuhalten. 1/80
Theoretisch könnte die Bank einen auf eine andere Bank gezogenen Sichtwechsel für Rechnung des Bezogenen mit Tilgungswirkung einlösen, doch das liegt nicht in ihrem typischen Interesse. Wenn nämlich nach dem Akkreditiv ein solcher Sichtwechsel negoziiert werden soll, so kann das objektiv wohl nur dahin verstanden werden, dass letztlich der bezogene Dritte gegen Vorlage des Wechsels Zahlung leisten soll. Zur Einziehung der Wechselsumme kann ein eingelöster Wechsel aber verständlicherweise nicht mehr verwendet werden. Wenn daher die Bank anlässlich der Negoziierung eine Einlösungsabsicht nicht eindeutig kundtut, ist anzunehmen, dass sie das Papier nicht einlösen, sondern wechselrechtlich erwerben will, um dann auf ihn gestützt die Wechselsumme beim Bezogenen einzufordern. Deshalb ist die Negoziierung eines auf einen Dritten gezogenen Sichtwechsels entsprechend Art 2 ERA 600 grundsätzlich Kauf.
1/81
Sollte die Bank ausnahmsweise den Sichtwechsel unter Rückgriffsverzicht negoziieren (und so dem Begünstigten eine akkreditivrechtlich grundsätzlich endgültige Zahlung verschaffen), so ist die Qualifikation dieses Vorgangs als Kauf fraglich. Die Bank erhält nämlich mit dem Wechsel durch dessen Indossierung zwar die formale Rechtsposition des Wechselinhabers, aber mangels eines Akzepts einerseits und wegen ihres Rückgriffsverzichts andererseits keinerlei materielle Ansprüche. Wenn die Bank den Wechsel auch nicht für Rechnung des Bezogenen einlösen will, kann der Grund für eine regresslose Negoziierung nur in der von der eröffnenden Bank dem Begünstigten gegenüber übernommenen Verpflichtung liegen, dessen Wechsel notfalls selbst zu honorieren. Dann ist die Negoziierung durch die Zweitbank nach Avancini 338 nichts anderes als eine vorgriffsweise Erfüllung dieser Zahlungsverpflichtung der eröffnenden Bank: Die negoziierende Zweitbank löst den Wechsel für Rechnung der eröffnenden Bank ein.
1/82
Die Vorschreibung eines Nachsichtwechsels für eine Negoziierung impliziert, dass die Forderung des Begünstigten aus dem Grundgeschäft noch nicht fällig ist, da andernfalls kein Grund für ein Zuwarten bestünde und eine Zahlungsanweisung daher wohl auf Sicht lauten würde. Die Negoziierung eines solchen Nachsichtwechsels ohne Rückgriffsverzicht ist Kauf; die negoziierende Bank diskontiert den Wechsel.
338
der Zweitbank nicht zur Erfüllung eigener Pflichten bedient. Weiters hat die Zweitbank, wenn das Akkreditiv von ihr nicht bestätigt wurde, dem Begünstigten gegenüber überhaupt keine Pflicht zur Negoziierung, weder mit noch ohne Rückgriffsvorbehalt. Eine Negoziierungspflicht könnte sich nur aus dem Verhältnis zur eröffnenden Bank (aus einem angenommenen Auftrag zur Negoziierung) ergeben. In BVR1 II Rz 4/82.
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Im Falle eines Rückgriffsverzichts auf den Begünstigten erlangt dieser endgültige Zahlung. Der Vorgang ist nach Avancini 339 grundsätzlich ebenso zu beurteilen wie die regresslose Negoziierung eines Sichtwechsels (dazu Rz 1/81), nur dass hier bei der Ermittlung des Betrags, den der Begünstigte aus der Negoziierung erhalten soll, auch noch der Diskont zu berücksichtigen ist.
B. Rechtsnatur der Akkreditivverpflichtung In Österreich wird das Akkreditiv überwiegend als ein spezieller Fall der 1/83 Anweisung qualifiziert340. Es ist aber auch als Vertrag sui generis, welcher in die Kategorie der Verträge zugunsten Dritter einzureihen wäre, verstanden worden341. Vertreten wurde weiters, dass es eine einseitige, verpflichtende, entgeltfremde Willenserklärung besonderer, vom Gesetz nicht geregelter Art wäre342. Die Qualifikation als Vertrag zugunsten Dritter hat schon Avancini 343 mit Recht kritisiert. Ein echter Vertrag zugunsten Dritter wird durch Art 4 lit a ERA 600 ausgeschlossen, wonach sich ein Begünstigter keinesfalls auf die vertraglichen Beziehungen berufen kann, die zwischen dem Akkreditivauftraggeber und der eröffnenden Bank bestehen. Durch das Akkreditiv soll eine abstrakte Verpflichtung der eröffnenden Bank gegenüber dem Begünstigten 339 340
341
342
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In BVR1 II Rz 4/83. Avancini in BVR1 II Rz 4/84; Diwok, ÖBA 2001, 360; Dullinger, SR AT Rz 5/77; Ertl in Rummel, ABGB3 § 1400 Rz 5; Ehrenzweig, System II/1, 285; Gschnitzer, SR AT 213 f; Hämmerle, Handelsrecht2 III (1969) 103; Heidinger in Schwimann, ABGB § 1400 Rz 16; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 II 163; Mayrhofer, SR AT 539 f; Neumayr in KBB2 § 1400 Rz 4; Pisko, Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes (1923) 313; Schlesinger, Die Geschäftsbestimmungen für das Warenakkreditivgeschäft und die Beschlüsse der Internationalen Handelskammer, Mitteilungen des Verbandes österreichischer Banken und Bankiers 1933, 228ff; Wolff in Klang VI 328 („Kreditbrief“); Stanzl, Wechsel-, Scheck- und sonstiges Wertpapierrecht (1957) 143; OGH in JBl 1920, 60; vgl auch OGH in SZ 7/394; ZBl 1926/35; SZ 30/79. In Deutschland wird das Akkreditiv überwiegend als abstraktes Schuldversprechen iS von § 780 BGB angesehen (Berger, Die Auslegung von Dokumentenakkreditiven durch die deutsche Rechtsprechung, Schütze-FS (1999) 103, 107; Canaris, BVR3 Rz 984; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 76; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 45a; BGH in WM 1989, 1713 = BGHZ 108, 348; anders Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/51: Forderungsgarantie), in der Schweiz als Anweisung (Kleiner, Die Zahlungspflicht der Bank bei Garantien und unwiderruflichen Akkreditiven, SJZ 1976, 353; Th. Koller/Kissling in Wiegand, Probleme des Zahlungsverkehrs 31, 80; Schönle, Missbrauch von Akkreditiven und Bankgarantien, SJZ 1983, 54; Schweizer Bundesgericht in BGE 114 II 45), zum Teil auch als Innominatsvertrag (vgl Schärrer, Rechtsstellung 49 ff). Offner, Die Bankusancen im Warenakkreditivgeschäft, Mitteilungen des Verbandes österreichischer Banken und Bankiers 1933, 213ff. Schinnerer/Avancini III 140 ff; dazu mit Recht kritisch Avancini in BVR1 II Rz 4/84 und 4/190. In BVR1 II Rz 4/84; so auch Nielsen in BankR-HB2 § 120 Rz 465.
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Das Dokumentenakkreditiv
entstehen, was im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter nicht zu erreichen ist. Aber auch ein unechter Vertrag zugunsten Dritter scheidet aus. Dem Begünstigten wäre nicht damit gedient, wenn nur der Akkreditivauftraggeber die Bank zur Honorierung des Akkreditivs verhalten könnte. Vielmehr soll ja der Begünstigte einen eigenen Anspruch gegenüber der Bank haben. 1/84
Die Zuordnung des Akkreditivs zur Anweisung ist noch dahin zu präzisieren, dass nicht schon durch die Anweisung des Akkreditivauftraggebers, sondern erst durch die in der Akkreditiveröffnung liegende344 Anweisungsannahme die abstrakte Akkreditivverpflichtung der eröffnenden Bank gegenüber dem Begünstigten entsteht. Zudem muss bei den in Österreich als Sonderformen anzusehenden Akzeptierungs- und Negoziierungsakkreditiven auf gewisse Eigenheiten Bedacht genommen werden, die eine differenzierende rechtliche Beurteilung erfordern. In Deutschland wird gegen eine Beurteilung des Akkreditivs als Anweisung (im engeren Sinn) der Einwand erhoben345, es könne keine echte Anweisung (im Sinne des BGB) vorliegen, weil dem Begünstigten keine Urkunde des Akkreditivauftraggebers ausgehändigt wird, auf die dann gemäß § 784 BGB die Annahmeerklärung gesetzt werden muss. Dieses Argument ist für das österreichische Recht von vornherein ohne Bedeutung, da nach § 1400 Satz 2 ABGB für eine Anweisungsannahme keine besondere Form normiert ist und sie daher auch außerhalb einer Anweisungsurkunde möglich ist346. Eine Nähe zur Anweisung wird freilich auch in Deutschland häufig zugestanden347, und man bezeichnet dort das Akkreditiv auch als Anweisung im weiteren Sinn348. 1. Zahlungsakkreditiv
1/85
Die Anweisung ist ein dreipersonales Schuldverhältnis, das zwei Ermächtigungen des Anweisenden enthält349: Der Angewiesene wird ermächtigt350, im eigenen Namen auf Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten; der Anweisungsempfänger wird ermächtigt, eine Leistung 344 345 346 347 348
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S dazu unten Rz 1/85. Canaris, BVR3 Rz 920. Vgl nur Mayrhofer, SR AT 546. Vgl nur Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/23. Canaris BVR3 Rz 920; dagegen Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung 2/20. E. Ulmer, Akkreditiv und Anweisung, AcP 126 (1926) 129 beurteilt in seiner sehr umfassenden Untersuchung die Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten überhaupt nach Anweisungsrecht. Dullinger, SR AT Rz 5/63; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 II 159; zur logisch notwendigen Verknüpfung der beiden Wirkungen der Anweisung sowie zu der durch die Anweisung bewirkten Umänderung der Schuldverhältnisse s Spielbüchler, Anweisung und Rechtsgrund. Unter Berücksichtigung der Bankgeschäfte, ÖBA 2002, 423. Bei der Anweisung auf Schuld (§ 1401 ABGB) wird er nicht nur ermächtigt, sondern verpflichtet. Dazu Haberl, Die rechtliche Konstruktion der Anweisung, RZ 2006, 247.
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des Angewiesenen auf Rechnung des Anweisenden in Empfang zu nehmen. Die im abgekürzten Weg im Einlösungsverhältnis erbrachte Leistung des Angewiesenen wird dann so behandelt, als hätte sie der Angewiesene dem Anweisenden (Deckungsverhältnis) und dieser (im Valutaverhältnis) dem Anweisungsempfänger erbracht351. Einen Anspruch gegen den Angewiesenen erhält der Anweisungsempfänger erst mit dem Zugang der durch den Angewiesenen erklärten Annahme der Anweisung (§ 1400 Satz 2 ABGB)352. Der Anweisungsempfänger braucht die Anweisungsannahme seinerseits nicht mehr anzunehmen; ein Vertrag ist – zum Unterschied von der Garantie – zur Begründung der Verpflichtung im Einlösungsverhältnis nicht erforderlich353. Die Anweisungsannahme ist also eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die eine abstrakte Schuld mit dementsprechend sehr beschränkten Einwendungsmöglichkeiten begründet (§ 1402 ABGB)354. Das alles passt auf das Zahlungsakkreditiv: Der Akkreditivauftraggeber weist die eröffnende Bank an, diese nimmt die Anweisung durch Eröffnung des Akkreditivs an, und mit dem Zugang der Annahmeerklärung erhält der Begünstigte einen durch die Vorlage der vorgeschriebenen Dokumente bedingten abstrakten Anspruch gegen die Bank. Demnach gründen sich die Rechtsbeziehungen zwischen der eröffnenden Bank und dem Begünstigten auf die Annahme einer vom Akkreditivauftraggeber erteilten Anweisung355. Diese Konstruktion ist allerdings aus der Sicht des Begünstigten mit der 1/86 Unzulänglichkeit belastet, dass das Fehlen einer gültigen Anweisung auf die Rechtsstellung des (vermeintlichen) Anweisungsempfängers durchschlägt. Es ist in Österreich herrschende und zutreffende Ansicht, dass bei Ungültigkeit der Anweisung auch deren Annahme durch den scheinbar Angewiesenen gegenüber dem vermeintlichen Anweisungsempfänger unwirksam ist356. Voraussetzung dafür, dass aus einer Anweisungsannahme 351 352
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Neumayr in KBB2 § 1400 Rz 1. Ertl in Rummel, ABGB3 § 1402 Rz 1; Heidinger in Schwimann, ABGB § 1400 Rz 8; Koziol in BVR2 III Rz 1/83; Neumayr in KBB2 § 1400 Rz 1 und § 1402 Rz 1. Vgl auch Gschnitzer, SR AT 205; Mayrhofer, SR AT 546; Spielbüchler, Der Dritte im Schuldverhältnis (1973) 47; ferner OGH in SZ 27/260; QuHGZ 1977/149. Allerdings kann der Anweisungsempfänger die Anweisungsannahme zurückweisen (indem er etwa erklärt, von ihr keinen Gebrauch machen zu wollen – OGH in SZ 11/90) und ihr so die rechtliche Wirkung nehmen (Wolff in Klang VI 326). Mat III. TN 411 f; Mayrhofer, SR AT 547 f; Näheres unten Rz 1/119 ff. – Nach Spielbüchler, ÖBA 2002, 426 stellt die Annahme einer abstrakten Verpflichtung – von der man bei III. TN allerdings ausgegangen ist – eine „Verlegenheitslösung“ dar. Vielmehr begründe die Annahme der Anweisung die Verpflichtung zur derjenigen Leistung, die durch zwei Kausalverhältnisse (Deckung, Zuwendung) erklärt werde. So schon OGH in Rsp 1918, 67; vgl auch HG Wien in Rsp 1920, 8. – Mit der Einordnung des Akkreditivs in das Anweisungsrecht ist gut vereinbar, dass mangels eines anderen Schuldverhältnisses zwischen dem Akkreditivauftraggeber und der eröffnenden Bank die Vorschriften über den Auftrag gelten (§ 1403 Abs 1 ABGB; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 II 160). OGH in SZ 38/218; 4 Ob 129/06h in ÖBA 2007, 222 mit Anm von Koziol; Koziol unten Rz 3/51 sowie in BVR2 III Rz 1/91; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 II 162;
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Das Dokumentenakkreditiv
eine abstrakte Verpflichtung entsteht, ist nämlich, dass die angenommene Anweisung einem Dritten als Anweisendem zugerechnet werden kann. Denn das österreichische Recht lehnt zweipersonale abstrakte Verpflichtungen grundsätzlich ab357. Diese Hürde kann auch nicht durch ein Rechtsgeschäft „sui generis“ (oben Rz 1/83) überwunden werden, allenfalls aber durch die Annahme weltweiten Gewohnheitsrechts, dessen Vorliegen jedoch umstritten ist358. Auf der Grundlage der in Österreich hA zur Anweisung und deren Annahme durch den Angewiesenen ergibt sich für das Akkreditiv Folgendes: Ohne gültigen Akkreditivauftrag eines Dritten kann die Bank aus einem dennoch von ihr eröffneten Akkreditiv dem Begünstigten gegenüber nicht abstrakt verpflichtet werden. Das „Akkreditiv“ ist in diesem Fall jedoch nicht immer als völlig wirkungslos zu betrachten; man wird es im Einzelfall umdeuten können, und zwar nach dem akkreditivtypischen Zahlungs- und Sicherungszweck in einen Beitritt der Bank zur Schuld des Vertragspartners des Begünstigten aus dem Grundgeschäft oder in eine Bürge-und-Zahler-Haftung359. Die Funktion des Akkreditivs, dem Begünstigten vorerst Zahlung zu verschaffen und Streitigkeiten aus dem Grundgeschäft mit einer Umkehr der Parteirollen in einen Rückforderungsprozess zu verlagern, ist auch über eine nicht völlig abstrakte Verpflichtung der Bank zu erreichen, wie die anerkannten Rechtsinstitute der Bürgschaft auf erstes Anfordern sowie der bloß formell abstrakten Garantie (Rz 3/41) zeigen360. Darauf hat die Umdeutung, die ja jenes Rechtsgeschäft auffinden soll, das dem ungültigen wirtschaftlich möglichst nahe kommt, Rücksicht zu nehmen. Demzufolge zeichnet sich der aus der Umdeutung hervorgegangene Schuldbeitritt bzw die
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Mayrhofer, SR AT 547 FN 8; Wolff in Klang VI 332; aM jedoch Ehrenzweig, System II/1, 288. – Ob nach deutschem Recht dem Begünstigten das Fehlen einer wirksamen Akkreditivanweisung entgegengehalten werden kann, ist strittig. Für die Zulässigkeit dieses Einwandes etwa Canaris, BVR3 Rz 1027; Schlegelberger/Hefermehl Rz 219; dagegen Raith, Recht 156. Koziol, Zur Gültigkeit abstrakter Schuldverträge im österreichischen Recht, Gschnitzer-GedS (1969) 233; derselbe, Der Garantievertrag (1981) 30 f; derselbe unten Rz 3/ 5 f; ferner Apathy, Das Saldoanerkenntnis nach österreichischem Recht, ÖBA 1999, 679, 684 ff. – Auch die Neuregelung des Saldoanerkenntnisses beim Kontokorrent bedeutet keine völlig abstrakte Verpflichtung, sondern bloß eine abgeschwächt abstrakte Verpflichtung, da der Einwand ungerechtfertigter Bereicherung zulässig ist: dazu Apathy in BVR2 II Rz 2/43. Dazu Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 76. Avancini in BVR1 II Rz 4/86; dazu zustimmend P. Bydlinski, ÖBA 2002, 682; hingegen kritisch Spielbüchler, ÖBA 2002, 431, der den Abschluss einer Drittzahlungsvereinbarung vorschlägt. Für einen Schuldbeitritt könnte sprechen, dass die Zahlung primär von der Bank geleistet werden soll; diese hat aber andererseits kein eigenes wirtschaftliches Interesse am Grundgeschäft, was wiederum eine Bürgschaft als bloße Haftung nahe legen würde (vgl etwa OGH in SZ 61/174 = ÖBA 1989, 432 mit Anm von P. Bydlinski). Dazu OGH 7 Ob 559/95 in ÖBA 1996, 221; 1 Ob 208/99s in ÖBA 2000, 418 mit Anm von Apathy = SZ 72/131; Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 880a Rz 7; P. Bydlinski in KBB2 § 1344 Rz 2; Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1346 Rz 3a; Mader/ W. Faber in Schwimann, ABGB § 1346 Rz 73 mwN.
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Solidarbürgschaft dadurch aus, dass der Begünstigte im Prozessfall erstens nur den Rechtsgrund seiner Forderung aus dem Grundgeschäft darzulegen braucht und zweitens die eröffnende Bank, bei akkreditivgemäßer Dokumentenvorlage, zunächst zahlen muss, ohne Einwendungen aus dem Grundgeschäft erheben zu können. Die Bank kann dann allerdings ihre Leistung zurückfordern, soweit diese durch das Grundverhältnis des Begünstigten zum vermeintlichen Anweisenden nicht gedeckt war. Bei einer bloß irrtümlichen Überschreitung des Akkreditiveröffnungs- 1/87 auftrags durch die Bank (indem sie etwa das Akkreditiv mit einem höheren Betrag oder mit geringeren Anforderungen hinsichtlich der vorzulegenden Dokumente eröffnet) ist nach Ansicht von Avancini 361 dessen ungeachtet die sich aus dem Akkreditiv ergebende Verpflichtung der Bank abstrakt, denn die Anweisung sei im Umfang ihrer Annahme dem Akkreditivauftraggeber noch zurechenbar. Er habe die Bank zur Übermittlung der für die Anweisung charakteristischen Einziehungsermächtigung an den Begünstigten als Botin eingesetzt und müsse deshalb deren unbeabsichtigt fehlerhafte Erklärung gegen sich gelten lassen362. Diese Beurteilung setzt freilich voraus, dass der Begünstigte darauf vertrauen durfte363, das Akkreditiv habe den ihm von der Bank bekannt gegebenen Inhalt. Weicht dieser von der Akkreditivklausel (Rz 1/21) oder der bestehenden Verpflichtung des Akkreditivauftraggebers gegenüber dem Begünstigten im Valutaverhältnis ab, so wird er idR nicht darauf vertrauen können, sein Vertragspartner habe die Bank mit der Eröffnung eines inhaltlich weitergehenden Akkreditivs beauftragt. Kommt es zu keiner wirksamen Akkreditiveröffnung, weil es an einem 1/88 gültigen Auftrag dazu fehlt (und kommt im konkreten Fall auch eine Umdeutung als Schuldbeitritt oder Bürgschaft nicht in Betracht), so können dem Begünstigten allenfalls doch zumindest Schadenersatzansprüche gegen die Bank erwachsen: Die Bank, die sich dem Begünstigten durch ein Akkreditiv verpflichten will, muss in dessen Interesse darauf achten, dass sie für die Akkreditiveröffnung einen gültigen Auftrag hat. Verletzt sie schuldhaft diese Pflicht, so haftet sie aus cic für den Vertrauensschaden. Auf diesem Weg wird vor allem das Problem einer mangelnden Vertretungsmacht der für den vermeintlichen Akkreditivauftraggeber handelnden Personen, welches in der Praxis die größte Rolle spielen dürfte, weitgehend entschärft364. 361
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In BVR1 II Rz 4/87. Weitergehend Schärrer, Rechtsstellung 50 f für das Schweizer Recht, wenn er das absichtliche Abweichen vom Akkreditiveröffnungsauftrag dem bloß irrtümlichen gleichstellt und offenbar auch im ersten Fall die Bank für abstrakt verpflichtet hält. Vgl Apathy in Schwimann, ABGB § 1002 Rz 7; P. Bydlinski, AT Rz 9/13; Koziol/ Welser Bürgerliches Recht13 I 221; OGH in JBl 1986, 784 mit Anm von Wilhelm. Zur Bedeutung einer Willenserklärung nach der Vertrauenstheorie s Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 863 Rz 1; Bollenberger in KBB2 § 863 Rz 3; Rummel in Rummel, ABGB3 § 863 Rz 8. Avancini in BVR1 II Rz 4/88.
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Das Dokumentenakkreditiv
2. Akzeptierungsakkreditiv 1/89
Bei einem Akzeptierungsakkreditiv ist zu unterscheiden, ob der Wechsel vom Begünstigten auf die eröffnende Bank oder auf eine andere Bank (Rz 1/90) zu ziehen ist. Im ersten Fall verpflichtet sich die eröffnende Bank, den Wechsel zu akzeptieren. Die Ausgestaltung dieses Akkreditivs beruht darauf, dass der Auftraggeber nach dem Grundgeschäft (im Valutaverhältnis) dem Begünstigten ein Wechselakzept der eröffnenden Bank zu beschaffen hat. Seiner diesbezüglichen Verpflichtung entspricht er (erfüllungshalber) dadurch, dass er die eröffnende Bank zur Akzeptleistung beauftragt. Darin liegt eine Anweisung an die Bank, welche durch die Akkreditiveröffnung dem Begünstigten gegenüber die Annahme erklärt. Die Verpflichtung aus der Akkreditiveröffnung lässt sich somit ohne Schwierigkeit aus einer Anweisungsannahme ableiten; eine Akzeptverschaffung ist möglicher Inhalt einer Anweisung365.
1/90
Anders ist die Rechtslage jedoch bei solchen Akzeptierungsakkreditiven, die vorsehen, dass der Wechsel auf eine von der eröffnenden Bank verschiedene Bank zu ziehen ist. Das Akkreditiv hat hier keine primäre Zahlungsfunktion. Die vom Akkreditivauftraggeber nach dem Grundverhältnis geschuldete Leistung soll nicht über die eröffnende Bank erbracht werden, sondern von einem Dritten, der den Wechsel akzeptiert und in der Folge auch einlöst. Die eröffnende Bank trifft die Verpflichtung zur Honorierung, wenn die benannte Bank eine auf sie gezogene Tratte nicht akzeptiert oder, nachdem sie die Tratte akzeptiert hat, bei Fälligkeit nicht zahlt (Art 7 lit a Z iv ERA 600). Damit steht sie dem Begünstigten für die Erbringung von Leistungen (Wechselakzeptierung und -honorierung) eines anderen ein. Diese im Auftrag ihres Kunden (des Akkreditivauftraggebers) eingegangene subsidiäre Verpflichtung ist aber der klassische Fall einer dreipersonalen abstrakten Bankgarantie366. 3. Negoziierungsakkreditiv
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Bei einem Negoziierungsakkreditiv kann die Verpflichtung der eröffnenden Bank einmal dahin gehen, den vom Begünstigten auf sie gezogenen Wechsel selbst zu bezahlen. In diesem Fall lässt sich das Akkreditiv zwanglos als Anweisungsannahme erklären: Die eröffnende Bank wird vom Auftraggeber zur Bezahlung seiner Schuld aus dem Grundgeschäft angewiesen und sie nimmt diese Anweisung gegenüber dem Begünstigten an367.
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Sieht das Akkreditiv jedoch Negoziierung durch eine andere Bank vor, wobei der Begünstigte auch die Wahl unter mehreren Banken haben kann 365
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Die angewiesene Leistung kann von beliebiger Art sein: vgl Ertl in Rummel § 1400 Rz 2; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 II 160; Neumayr in KBB2 § 1400 Rz 2; Wolff in Klang VI 326. Avancini in BVR1 II Rz 4/91. Avancini in BVR1 II Rz 4/92.
Das Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter
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(s Rz 1/77), so hat die eröffnende Bank für diese Negoziierung zu sorgen und erst bei ihrem Ausbleiben selbst zu honorieren. Primär soll der Begünstigte seine Forderung aus dem Grundgeschäft über einen Dritten, die zur Negoziierung benannte Bank, einziehen. Erst wenn dies fehlschlägt, hat ihm die eröffnende Bank dafür einzustehen, dass sein Wechsel und/oder die Akkreditivdokumente nach Maßgabe der Akkreditivbedingungen von der benannten Bank nicht negoziiert worden ist (Art 7 lit a Z v ERA 600). Diese Art von Akkreditivverpflichtung ist als eine dreipersonale abstrakte Garantie zu qualifizieren368: Das Akkreditiv ist hier nicht darauf angelegt, dass primär die eröffnende Bank zahlt; im Vordergrund steht vielmehr auch rechtlich der Sicherungszweck, was charakteristisch für die Garantie ist. Die Zweitbank wird von der eröffnenden Bank ermächtigt, auf deren Rechnung die Negoziierung vorzunehmen. Die Ermächtigung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die ohne Annahme seitens des Ermächtigten wirksam wird. Sie verpflichtet die Zweitbank nicht zur Negoziierung, sondern erlaubt ihr diese nur. Negoziiert die Zweitbank, so hat diese nach Art 7 lit c ERA 600 und in Übereinstimmung mit § 1014 ABGB369 einen Aufwandersatzanspruch gegen die eröffnende Bank auf Grund von deren Ermächtigung zur Negoziierung. C. Entstehen der Akkreditivverpflichtung 1/93 Die Akkreditivverpflichtung entsteht, – wenn sie aus einer Anweisungsannahme resultiert, mit Zugang der Erklärung der Akkreditiveröffnung beim Begünstigten (Rz 1/85), – wenn sie sich aus einer Garantie ergibt, mit Abschluss des Garantievertrags, der wohl auch und in aller Regel durch bloßes Schweigen des Begünstigten zustande kommt370. Vor dieser Akkreditiveröffnung hat der „Begünstigte“ gegen die mit der Eröffnung beauftragte Bank weder einen akkreditivrechtlichen Anspruch (weil der Eröffnungsauftrag kein Vertrag zu seinen Gunsten ist – s Rz 1/83), noch einen Anspruch auf Eröffnung des Akkreditivs371. Diesbezüglich ist ihm nur sein Vertragspartner im Valutaverhältnis nach Maßgabe der vereinbarten Akkreditivklausel verpflichtet. 368 369
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Avancini in BVR1 II Rz 4/93. Vgl nur Apathy in Schwimann, ABGB § 1014 Rz 1; Strasser in Rummel, ABGB3 §§ 1014, 1015 Rz 2 ff. Zur konkludenten Annahme bei der Garantie eingehender Koziol unten Rz 3/71 f. Nach Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/151 ist eine ausdrückliche Annahme eines Akkreditivs nicht verkehrsüblich, so dass der Vertrag nach § 151 BGB (entspricht § 864 ABGB) durch (nicht zugangsbedürftige) Willensbetätigung zustande kommt. Allerdings ist sofort danach von einer konkludenten Kundgabe des Annahmewillens die Rede, so dass nicht klar wird, worin die Autoren die Willensbetätigung sehen. – Nach Schinnerer/Avancini III 56 soll die Bindung der Bank bereits mit der Absendung der Akkreditiveröffnungserklärung an den Begünstigten eintreten. Dazu mit Recht kritisch Avancini in BVR1 II Rz 4/84. Vgl Canaris, BVR3 Rz 981.
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Das Dokumentenakkreditiv
Ein Akkreditiv könnte auch formfrei eröffnet werden372; diese Überlegung ist aber reine Theorie, weil sich ohne schriftliche Fixierung der Akkreditivbedingungen das Akkreditivgeschäft kaum ordnungsgemäß abwickeln ließe373. Ein wirksam eröffnetes Akkreditiv kann die Bank nicht mehr einseitig widerrufen374. Sie ist auf die nach allgemeinem bürgerlichem Recht bestehenden Anfechtungsmöglichkeiten und Nichtigkeitsgründe verwiesen, will sie sich von ihren Verpflichtungen lösen. 1/94
IdR wendet sich die eröffnende Bank nicht unmittelbar an den Begünstigten, sondern sie schaltet eine andere Bank (Zweitbank) – idR im Land des Begünstigten – ein, die das Akkreditiv dem Begünstigten „avisiert“ (unten Rz 1/154). Durch diese Avisierung erwächst der avisierenden Bank keine Verpflichtung zu honorieren oder zu negoziieren (Art 9 lit a ERA 600). Von der Avisierung zu unterscheiden ist die unverbindliche Unterrichtung des Begünstigten von der beabsichtigten Akkreditiveröffnung. Dazu kann es kommen, wenn die eröffnende Bank nur einen unvollständigen oder unklaren Auftrag zur Eröffnung hat (zu einem solchen Voravis s oben Rz 1/ 33). Der von der eröffnenden Bank einer anderen Bank im Telekommunikationsweg erteilte Auftrag zur Akkreditivavisierung gilt gemäß Art 11 lit a ERA 600 bereits als das „operative Akkreditiv“, wenn aus der Textierung nicht seine Unverbindlichkeit hervorgeht (oben Rz 1/42 auch zur Nichtbeachtung brieflicher Bestätigungen). Die Zweckmäßigkeit einer Akkreditiveröffnung per Telekommunikation wird zwar wegen der Möglichkeit von Übertragungsfehlern in Frage gestellt375, doch ist die Eröffnung insbesondere mittels SWIFT gängige Praxis.
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Der Begünstigte braucht sich Akkreditivrechte nicht einseitig aufdrängen zu lassen. Dies ist zwar nicht der Fall, wenn das von der eröffnenden Bank im Auftrag des Vertragspartners des Begünstigten eröffnete Akkreditiv der Akkreditivklausel entspricht, wohl aber wenn es davon abweicht376. Beruht 372
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Vgl auch Schlegelberger/Hefermehl Rz 199; Schönle, BankR 118. Gegen die Formfreiheit kann nicht eingewendet werden, dass die ERA von einer schriftlichen Akkreditiveröffnung ausgehen (so aber Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 252 mit Bezug auf Art 11 ERA und den Grundsatz der Akkreditivstrenge), denn gegenüber den ERA hat die Individualerklärung der eröffnenden Bank auch zur Formfrage Vorrang. Zum Teil wird (abdingbare) Formbedürftigkeit kraft Handelsbrauch angenommen, der aber auch durch Telefax entsprochen wäre (vgl Canaris, BVR3 Rz 985). Allgemein zur Formfreiheit einer Anweisungsannahme: Wolff in Klang VI 326. Avancini in BVR1 II Rz 4/94; Schinnerer/Avancini III 52; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 252. Zu der nach früheren Fassungen der ERA möglichen Eröffnung eines widerruflichen Akkreditivs s Avancini in BVR1 II Rz 4/98; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 68; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 47 ff; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 157 ff. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 247. Avancini in BVR1 II Rz 4/96.
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die Verpflichtung der Bank auf einer Annahme der vom Akkreditivauftraggeber erklärten Anweisung, so entsteht sie zwar schon mit deren Zugang, doch kann der Begünstigte das Akkreditiv analog § 882 Abs 2 ABGB ausschlagen. Ist die Akkreditivverpflichtung als Garantie zu sehen (Rz 1/90 und 1/ 92), so kann er schon das Zustandekommen des Garantievertrags verhindern, wozu er freilich das in der Eröffnungserklärung der Bank gelegene Offert ausdrücklich ablehnen müsste, da sein Schweigen hier ausnahmsweise als Zustimmung gelten würde (Rz 1/93). Diese dogmatische Differenzierung ist für die Praxis kaum von Bedeutung: In beiden Fällen ist eine Erklärung des Begünstigten gegenüber der Bank, dass er das Akkreditiv (so) nicht haben will, erforderlich, aber auch ausreichend. Allerdings wird man an die Deutlichkeit der Zurückweisung erhöhte Anforderungen zu stellen haben. Denn im Zweifel wird anzunehmen sein, dass der Begünstigte, der sich mit einem Akkreditiv nicht einverstanden zeigt, bloß eine Besserstellung anstrebt, so ihm das aber nicht gelingt, doch zumindest das zugedachte Akkreditiv haben möchte377. Vgl auch Art 10 lit c ERA 600 (unten Rz 1/148). An einer Zurückweisung des Akkreditivs wird der Begünstigte dann interessiert sein, wenn es zu seinen Lasten von den im Grundgeschäft vereinbarten Bedingungen abweicht. Unterlässt er eine Zurückweisung gegenüber der Bank und reklamiert er auch nicht gegenüber dem Auftraggeber, so kann sein Schweigen als Einverständnis mit den Änderungen zu werten sein378. Unklarheiten im Akkreditivtext wird der Begünstigte wohl schon im eigenen Interesse für gewöhnlich aufklären lassen. Tut er das jedoch nicht, so gehen sie keineswegs grundsätzlich zu seinen Lasten379. Es greifen die allgemeinen Regeln für die Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen ein und der Begünstigte kann sich in diesem Zusammenhang daher auch auf § 915 ABGB berufen, was auch dem Standpunkt der IHK entspricht.
D. Inanspruchnahme des Akkreditivs Das Akkreditiv begründet eine bedingte Forderung des Begünstigten. 1/96 Bedingung ist die fristgerechte Vorlage der im Akkreditiv vorgeschriebenen Dokumente (Art 6 lit e ERA 600) sowie die Erfüllung anderer Akkreditivbedingungen380; zB muss ein ins Akkreditiv aufgenommenes Ver377
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Nach Schärrer, Rechtsstellung 80 soll man sich in Bankkreisen darüber einig sein, dass bei einer Ablehnung von Änderungswünschen des Begünstigten das Akkreditiv in der ihm zugegangenen Fassung bestehen bleibe. Im Hinblick auf die bestehende Rechtsbeziehung wird man im Allgemeinen verlangen können, dass der mit den Akkreditivbedingungen nicht einverstandene Begünstigte sich nicht darauf beschränkt zu schweigen, sondern seine Ablehnung aktiv äußert. Vgl zu diesem Problemkreis Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 863 Rz 19 ff; Bollenberger in KBB2 § 863 Rz 8; Rummel in Rummel, ABGB3 § 863 Rz 13 ff. So aber Schinnerer/Avancini III 72; zustimmend Schärrer, Rechtsstellung 94. Vgl 9 Ob 83/04b in ÖBA 2005, 282: Zahlungspflicht, wenn der Begünstigte innerhalb von 120 Tagen nach der Lieferung keine Zahlung aus dem Grundverhältnis erhalten hat.
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ladedatum eingehalten sein. Unter welchen Voraussetzungen die eröffnende Bank zu honorieren hat, ergibt sich daher aus den Akkreditivbedingungen. Fraglich ist, ob der Eintritt dieser Bedingungen durch eine Tathandlung, insbesondere durch die bloße Vorlage der Dokumente, bewirkt wird381, oder ob dazu auch noch eine rechtsgeschäftliche Erklärung der Akkreditivinanspruchnahme (vergleichbar dem Abruf einer Bankgarantie382) erforderlich ist. Nun kann es für den Bedingungseintritt wohl nicht darauf ankommen, dass die eröffnende Bank bloß irgendwie in den Besitz der Akkreditivdokumente gelangt, sondern sie müssen ihr willentlich zugehen383. Die Dokumentenvorlage ist eine Wollensbedingung, denn ihre Herbeiführung steht bei Verfügbarkeit der Dokumente im Belieben des Akkreditivbegünstigten. Er kann die Rechtslage insofern einseitig gestalten, als seine Forderung aus dem Akkreditiv durch die Dokumentenvorlage zu einer unbedingten wird. Das Dokumentenvorlagerecht ist ein dem Begünstigten zustehendes Gestaltungsrecht384. Mit einer Tathandlung ist es nur soweit verbunden, als eine Willenserklärung alleine für den Bedingungseintritt nicht ausreicht, sondern noch die Vorlage akkreditivgemäßer Dokumente hinzutreten muss. 1/97
In der Praxis werden diese beiden Akte häufig zusammenfallen: Regelmäßig wird schon in der Dokumentenvorlage die (zumindest) schlüssige Erklärung liegen, das Akkreditiv (auch) in Anspruch zu nehmen, dh die Bedingung, unter der die Honorierungspflicht der eröffnenden Bank steht, herbeiführen zu wollen. Die Inanspruchnahme des Akkreditivs ist nach hA dem Begünstigten vorbehalten (s Rz 1/98; vgl auch Rz 3/81); er kann sich dazu auch eines Vertreters oder eines Boten bedienen385. Wird das Akkreditiv durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht in Anspruch genommen, so ist der Mangel durch eine nachträgliche Genehmigung (§ 1016 ABGB) nur innerhalb der Akkreditivlaufzeit heilbar. Da die Ausübung von Gestaltungsrechten wegen des Interesses des Erklärungsempfängers an sofortiger Erkennbarkeit der Rechtslage idR bedingungsfeindlich ist386, kann nur durch Genehmigung vor Fristablauf eine rechtzeitige, wirksame Inanspruchnahme erklärt werden. Dementsprechend muss die eröffnende Bank bzw jene Bank, bei der die Inanspruchnahme sonst erfolgen konnte, noch vor Ablauf des Akkreditivs von der Genehmigung in Kenntnis gesetzt werden. 381 382 383 384
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So offenbar Canaris, BVR3 Rz 1033. S Koziol, Garantievertrag 66; derselbe unten Rz 3/82. Avancini in BVR1 II Rz 4/99. Vgl auch Wassermann, Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven (1981) 90 ff; P. Bydlinski, Die Übertragung der Rechte aus einer Bankgarantie, ZBB 1989, 153, 165. Vgl etwa Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/224; zur Garantie s Koziol unten Rz 3/81. Davon unterscheiden diese Autoren (Rz 2/225 f) die Dokumentenvorlage über eine Bankenkette, wenn die Banken im eigenen Namen handeln; dazu unten Rz 1/99. Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 897 Rz 3; P. Bydlinski in KBB2 § 897 Rz 2; Rummel in Rummel, ABGB3 § 897 Rz 10.
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Das Recht zur Inanspruchnahme des Akkreditivs kann nach hA387 ohne 1/98 die Zustimmung der eröffnenden Bank nicht vom Begünstigten auf einen Dritten übertragen werden. Dies ergibt sich aus Art 39 Satz 2 ERA 600, wonach sich die Regelung über die Abtretung von Akkreditiverlösen (dazu unten Rz 1/135) nicht auf die Abtretung des Rechts auf Inanspruchnahme des Akkreditivs bezieht; um diesen Zweck zu erreichen, sieht Art 38 ERA 600 das besondere Rechtsinstitut der Übertragung eines Akkreditivs vor, wozu es der Zustimmung der Bank bedarf (Rz 1/136 ff). Diese Rechtslage entspricht dem Umstand, dass dem Begünstigten bei einem Akkreditiv typischerweise besonderes Vertrauen entgegengebracht wird388. Dazu kommt, dass Art 6 lit e und Art 14 lit c ERA 600 nunmehr ausdrücklich vorsehen, die fristgerechte Dokumentenvorlage habe durch oder für den Begünstigten zu erfolgen (Art 42 lit b und Art 43 lit a ERA 500 haben diese Formulierung noch nicht enthalten). Daher lässt sich auch aus der neu in die ERA aufgenommenen Definition des Einreichers389 nicht ableiten, dass das Recht zur Akkreditivinanspruchnahme ohne die Zustimmung der eröffnenden Bank vom Begünstigten auf einen Dritten übertragen werden könne. Denn die starke Rechtsposition, die der Begünstigte durch den weitgehenden Einwendungsausschluss hat, fordert 387
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Avancini in BVR1 II Rz 4/101; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 487; Schärrer, Rechtsstellung 124; Schinnerer/Avancini III 72, 102f und 140; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 344; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/224. AM P. Bydlinski, ZBB 1989, 164 f in gewisser Anlehnung an Canaris, BVR3 Rz 1033, der eine Mitwirkung der eröffnenden Bank jedoch schon deshalb für überflüssig hält, weil nach ihm die Dokumentenvorlage nur Tathandlung sei und der Schutz des Akkreditivauftraggebers dadurch gewährleistet werde, dass der Zessionar wirksam nur die Dokumente des Begünstigten, nicht aber „eigene“ vorlegen könne (dazu jedoch sogleich im Text). Wassermann, Verwertung 90 ff, nimmt zwar ein Gestaltungsrecht an, hält aber ebenfalls die Befugnis zur Dokumentenvorlage mit der Begründung für übertragbar, dass sich an dem Inhalt der Bedingung, die in der Vorlage der Dokumente des Begünstigten besteht, nichts ändere (S 161 f). Damit wird unterstellt, dass die Person des Dokumenteneinreichers keine Rolle spielt, was bei Bedachtnahme auf die Interessen des Akkreditivauftraggebers nicht zutrifft. S ferner Griß-Reiterer, ÖBA 1999, 180, derzufolge es offen sei, ob der OGH der Dokumentenvorlage höchstpersönlichen Charakter zuerkenne. – Zur ähnlich gelagerten Problematik der Abtretung des Rechts auf Inanspruchnahme einer Garantie s Koziol unten Rz 3/113 ff. Nielsen, Selbständige Abtretbarkeit des Zahlungsanspruchs aus einem Akkreditiv, DB 1964, 1727 f spricht vom persönlichen Charakter der Dokumentenvorlage und verweist darauf, dass nach der Entstehungsgeschichte des Art 46 ERA 1962 (Art 38 ERA 600) die grundsätzliche Nichtübertragbarkeit des Akkreditivs dem Käufer Gewähr dafür bieten solle, dass er es nur mit einem bestimmten, ihm als vertrauenswürdig bekannten Partner und nur mit von diesem vorgelegten Urkunden zu tun hat. Durch die Abtretung des Zahlungsanspruchs werde keine der beabsichtigten Schutzwirkungen beeinträchtigt, da sich nämlich „an der Person des Begünstigten, dh an seiner Stellung als Dokumenteneinreicher“ nichts ändere. Nur darauf komme es aber für den Käufer an. In dem Ausschluss unbekannter Dritter als Dokumenteneinreicher erschöpfe sich die Bedeutung des Art 46 ERA 1962. Art 2 ERA 600: „Im Sinne dieser Regeln bedeutet: . . . Einreicher ein Begünstigter, eine Bank oder ein Dritter, der eine Dokumentenvorlage tätigt“.
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auf der anderen Seite das Vertrauen, dass er diese Stellung nicht ungerechtfertigt ausnutzen wird. Dieses Vertrauen wird beim unübertragbaren Akkreditiv nur dem Begünstigten geschenkt. Dem wurde entgegengehalten, dass ein Zessionar der (noch bedingten) Akkreditivforderung ja nicht etwa seine eigenen Dokumente vorlegen könne, sondern die Dokumente des Begünstigten vorlegen müsse und die Bank folglich genau jene Gegenstände erhält, die sie erhalten soll; dadurch wäre den Interessen der Bank sowie denjenigen des Akkreditivauftraggebers hinreichend Rechnung getragen390. Dieser auf der Vorlage von „Dokumenten des Begünstigten“ aufbauenden Argumentation hält Avancini 391 entgegen, man müsse sich vergegenwärtigen, dass von den Akkreditivdokumenten nur jene dem Begünstigten als dessen „eigene“ zugeordnet werden können, die von ihm selbst ausgestellt sind. Das wird häufig nur die Faktura sein. Hingegen ist etwa ein Konnossement, ein Ladeschein, ein behördliches Ursprungszeugnis kein „eigenes“ Dokument des Begünstigten. Überhaupt braucht der Begünstigte nicht der Absender der Waren in einem Dokument zu sein (Art 14 lit k ERA 600). Gerade wegen des Vertrauensvorschusses im Akkreditivgeschäft wird der Akkreditivauftraggeber aber sehr wohl ein Interesse daran haben, dass der Begünstigte selbst und nicht ein beliebiger Dritter jene Personen aussucht, die diese Dokumente ausstellen, und dass auch er es ist, der die für die Ausstellung der Dokumente erforderlichen Angaben macht und Handlungen setzt392. Ob diese Dokumente tatsächlich unter der Verantwortung des Begünstigten ausgestellt worden sind, ersieht die eröffnende Bank nicht. Aber selbst das Ausstellen der Rechnung durch den Begünstigten sagt noch nicht, dass dieser sie seinem Vertragspartner auch (schon) legen wollte: Das Einfordern des Rechnungsbetrags als geschuldet erfolgt nicht mit der Ausstellung der Rechnung, sondern erst mit deren Legung. Das Vertrauen, das dem Begünstigten beim Akkreditivgeschäft entgegengebracht wird, fordert nach Avancini 393 nicht nur, dass der Begüns390 391 392
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Canaris, BVR3 Rz 1033; in diesem Sinne auch P. Bydlinski, ZBB 1989, 164 f. In BVR1 II Rz 4/101. Ähnliche Überlegungen finden sich bei Wassermann, Verwertung 95 ff, nach dem als „eigene“ Dokumente des Begünstigten diejenigen anzusehen sind, von deren ordnungsgemäßem Entstehen sich der Begünstigte selbst überzeugt hat bzw überzeugen konnte. In BVR1 II Rz 4/101. Dem hält Canaris, BVR3 Rz 1033 entgegen, dass es dem Erwerber eines bedingten Rechts grundsätzlich frei stehe, den Eintritt der Bedingung durch seine eigene Erfüllungshandlung herbeizuführen, und er verweist hiezu als Beispiel auf die Zahlung der restlichen Kaufpreisraten durch den Erwerber des Anwartschaftsrechts auf das vorbehaltene Eigentum. Gerade dieses Beispiel zeigt aber die Notwendigkeit einer Differenzierung: Erstens stellt sich bei einer bloßen Geldleistung nicht die Frage, wieviel die Zahlung tatsächlich wert sein mag, und zweitens geht das Eigentum erst über, wenn der Kaufpreis voll bezahlt ist, der Verkäufer die ihm geschuldete Leistung also zur Gänze erhalten hat. Der Akkreditivauftraggeber ist dagegen in einer ganz anderen Position. Er soll in der Ungewissheit, ob er tatsächlich die im Grundgeschäft zugesagte Leistung bekommt, bloß gegen wertmäßig nicht objektiv fassbare Dokumente Geld (über die eröffnende
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tigte für die Ausstellung der Dokumente verantwortlich ist, sondern auch, dass alleine er es sein kann, der durch die Dokumentenvorlage die Bedingung herbeiführt, unter der die Honorierungspflicht der eröffnenden Bank steht. Eine Inanspruchnahme des Akkreditivs durch einen Dritten im eigenen Namen ist somit nur dann möglich, wenn auch die eröffnende Bank, die sich im Innenverhältnis mit ihrem Auftraggeber abstimmen muss, dem zugestimmt hat. Für dieses Ergebnis spricht auch die Sonderform des übertragbaren Akkreditivs gemäß Art 38 ERA 600 (dazu Rz 1/136 ff), weil ausdrücklich vorgesehen ist, dass ein übertragenes Akkreditiv im Auftrag des Zweitbegünstigten nicht an einen nachfolgenden Begünstigten übertragen werden kann (Art 38 lit d Abs 2 Satz 1 ERA 600). Diese Regelung beruht darauf, dass zwar dem Erstbegünstigten das Vertrauen entgegengebracht wird, dass er seinerseits nur einen vertrauenswürdigen Zweitbegünstigten aussuchen wird, dieses Vertrauen sich aber nicht ohne weiteres auf den (noch) unbekannten Zweitbegünstigten erstreckt394. Allerdings lassen sich der Übertragung des Rechts zur Akkreditivinanspruchnahme ähnliche Wirkungen dadurch erzielen, dass der Begünstigte den Dritten (unwiderruflich) bevollmächtigt, die Vorlage in seinem Namen durchzuführen395. Dies ist üblich bei Finanzierungen zusammen mit der sicherungsweisen Abtretung des Anspruchs auf den Akkreditiverlös. Wenn der Begünstigte die Dokumente nicht selbst vorlegt, sondern dazu eine 1/99 Bank einschaltet, so ist diese Bank auch zur Entgegennahme des Akkreditivbetrags legitimiert396. Nach Zahn/Ehrlich/Neumann 397, reicht die vom Begünstigten beauftragte Bank die Dokumente grundsätzlich im eigenen Namen als beauftragte Treuhänderin des Begünstigten ein. Dies wird von Avancini 398, der eine Bestellung zur Botin oder Bevollmächtigten annimmt, in Zweifel gezogen, ist doch auch nach Zahn/Ehrlich/Neumann 399 das Vorlagerecht eine nicht übertragbare Obliegenheit. Dazu kommt, dass nach den ERA 600 die Dokumentenvorlage durch oder für den Begünstigten zu erfolgen hat (Rz 1/98). In diesem Sinne hat der OGH400 die Hausbank des Begünstigten, die (für diesen) die Vorlage bei der eröffnenden Bank besorgt hat, als nicht am Akkreditiv beteiligt angesehen.
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Bank) hingeben und er hat obendrein wegen der Abstraktheit des Akkreditivs nur in der extremen Situation des liquide beweisbaren Rechtsmissbrauchs die Möglichkeit, sich einem unberechtigten Zahlungsverlangen mit (von der Bank vorzubringenden) Einwendungen aus dem Grundgeschäft zu widersetzen. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 330; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 109. Vgl P. Bydlinski, ZBB 1989, 165. Avancini in BVR1 II Rz 4/102; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/225; BGH in WM 1988, 1298; vgl OGH 2 Ob 344/97w in ÖBA 1998, 559. Zahlung Rz 2/225 f sowie 2/428 und 2/430, wobei sie doch nicht umhin können, eine ausdrückliche Abtretung des Zahlungsanspruchs aus dem Akkreditiv zu empfehlen. In BVR1 II Rz 4/102. Zahlung Rz 2/224. In ÖBA 1998, 559.
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Bei einer Dokumentenvorlage über eine Kette von mehreren Banken handle nach Zahn/Ehrlich/Neumann (FN 397) jede Bank in der Bankenkette aus eigenem Recht im eigenen Namen, so dass der Akkreditivbetrag auch ohne Abtretung der Ansprüche aus dem Akkreditiv an die jeweilige Bank auf demselben Weg (dh über die ganze Bankenkette) zurückfließen müsse. Die gerichtliche Geltendmachung der Akkreditivforderung im eigenen Namen durch eine vom Begünstigten eingeschaltete Bank setzt jedoch eine entsprechende Abtretung voraus. Kommt es dazu nicht, so kann der Begünstigte von der eröffnenden Bank selbstverständlich Zahlung unmittelbar an sich verlangen (er ist ja noch immer der Gläubiger) und die Bank kann schuldbefreiend direkt an ihn leisten. 1/100
Die Inanspruchnahmeerklärung (Dokumentenvorlage) ist an die eröffnende Bank401 oder die benannte Bank, bei der das Akkreditiv benutzbar gestellt ist (Art 2 ERA 600), zu richten. Hat die eröffnende Bank Zweigniederlassungen im Ausland, so gelten diese trotz Einheit der Rechtsperson nach Art 3 ERA 600 als separate Banken402: Daher ist die Inanspruchnahme gegenüber derjenigen Niederlassung zu erklären, die das Akkreditiv eröffnet hat403, es sei denn, das Akkreditiv benennt hiezu eine andere Niederlassung. Wird für die Inanspruchnahme (Vorlage der Dokumente) bloß ein Ort genannt (Ort des Verfalls) und hat die eröffnende Bank an diesem Ort mehrere Niederlassungen, von denen aber keine das Akkreditiv eröffnet hat, so kann die Inanspruchnahmeerklärung an eine beliebige Niederlassung dieses Ortes gerichtet werden. Vielfach sieht das Akkreditiv vor, dass die Inanspruchnahme einer anderen Bank gegenüber zu erklären ist. Diese benannte Bank ist dann Empfangsbotin der eröffnenden Bank404 (vgl auch Rz 1/167 f). Eine direkte Vorlage bei der eröffnenden Bank ist nach Art 6 lit a ERA 600 jedoch ebenso 401 402 403
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Zum Problem des Bypassing bei bestätigten Akkreditiven s jedoch unten Rz 1/187. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 9; Stapel, Richtlinien 88 f. Avancini in BVR1 II Rz 4/103; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 199; so zur Garantie OGH in ÖBA 1987, 263 = SZ 59/217; vgl ferner Schinnerer/Avancini III 143. – Die bei einer anderen Niederlassung der eröffnenden Bank vorgelegten Dokumente müssen der Niederlassung, von der das Akkreditiv stammt, bankintern noch vor Ablauf des Akkreditivs zukommen. Gehen sie innerhalb der Bank verloren oder langen sie verspätet bei dieser Niederlassung ein, weil die Bank saumselig war (was nach dem normalen Postverkehr innerhalb der Bank bei banküblicher Organisation zu bemessen ist), so gelten sie als rechtzeitig vorgelegt. Gehen Dokumente dann auf dem weiteren Weg zur eröffnenden Bank verloren, so trägt das Verlustrisiko nicht mehr der Begünstigte. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/444 fordern für den Übergang des Verlustrisikos zunächst, dass die (Zahlstellen)Bank die Dokumente vor dem Verlust geprüft und den Gegenwert an den Begünstigten ausbezahlt haben müsse (dazu kritisch auch Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 203), sie geben diesen unhaltbaren Standpunkt aber sogleich wieder auf, wenn sie einen Absatz später schreiben, dass die Dokumente mit der Entgegennahme durch die eröffnende Bank oder die Zahlstelle auch schon vor der Prüfung in den Herrschaftsbereich des Akkreditivauftraggebers mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen übergehen.
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möglich; sie spielt jedoch in der Praxis nur dann eine Rolle, wenn eine Vorlage bei der benannten Bank infolge Krieg, Unruhen udgl nicht möglich ist405. Ob die Vorlage bei der bestätigenden Bank für wirksam zu erachten ist, auch wenn diese keine Zahlstellenfunktion hat406, ist zu bezweifeln. Art 8 lit a ERA 600407 ist wohl dahin zu verstehen, dass auch die bestätigende Bank (wie im Regelfall) eine benannte Bank ist. Das Argument von Nielsen, die Präsentation der Dokumente bei einem Hauptschuldner sei stets fristwahrend, ist insofern nicht zwingend, als Art 6 lit a ERA 600 nur die Vorlage bei der eröffnenden, nicht aber auch bei der bestätigenden Bank erlaubt. Die bloße Avisbank ist als solche nicht zur Entgegennahme der Dokumente für die eröffnende Bank berechtigt; übergibt der Begünstigte ihr trotzdem die Dokumente, so handelt sie als seine Botin/Vertreterin bei der Dokumentenvorlage und er trägt somit weiterhin das Verlustrisiko408 und das Risiko einer verspäteten Vorlage. Damit die Inanspruchnahme rechtzeitig erfolgt, muss nach Art 6 lit e ERA 1/101 600 die Dokumentenvorlage durch oder für den Begünstigten bis zum Verfalldatum (Rz 1/40) erfolgen, es muss also die Erklärung (mit den erforderlichen Dokumenten) der empfangsberechtigten Stelle, dh dort, wo das Akkreditiv abläuft (Rz 1/41), innerhalb der Akkreditivlaufzeit zugehen409. Ausnahmsweise kommt es nach Art 29 lit a ERA 600 zur Verlängerung der Laufzeit des Akkreditivs bzw der Dokumentenvorlagefrist410, wenn die Bank, der die Dokumente vorzulegen sind, aus anderen als den in Art 36 ERA 600 genannten Gründen411 am Verfalltag geschlossen ist, insbesondere wenn das Verfalldatum auf einen (arbeitsfreien) Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt412. Die Frist endet dann am nächstfolgenden Bankarbeitstag. Erfolgt an diesem Tag die Dokumentenvorlage, so hat die benannte Bank der eröffnenden oder bestätigenden Bank in ihrem Dokumentenversandschreiben mitzuteilen, dass die Dokumentenvorlage innerhalb der gemäß Art 29 lit a ERA verlängerten Frist erfolgt ist (Art 29 lit b ERA 600). 405
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Nielsen in BankR-HB2 § 120 Rz 200; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/230. – Zum Negoziierungsakkreditiv s allerdings Rz 1/77 und 1/175. Dies bejaht Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 199. „Werden die vorgeschriebenen Dokumente der bestätigenden Bank oder einer anderen benannten Bank vorgelegt . . .“ Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 200; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 363. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/234. Ebenso zur Garantie Koziol unten Rz 3/92; zur analogen Anwendbarkeit von § 862a ABGB s Koziol Rz 3/93. Zur Vorlage von Transportdokumenten spätestens 21 Kalendertage nach dem Verladedatum s Art 14 lit c ERA 600; dazu Rz 1/102. Nach Art 36 ERA 600 ist die Haftung der Banken bei höherer Gewalt, Unruhen, Aufruhr, Aufständen, Kriegen, Terrorakten, Streiks, Aussperrungen oder anderen Ursachen außerhalb ihrer Kontrolle ausgeschlossen. Zur Konsequenz auf die durch diese Ereignisse verzögerte Dokumentenvorlage s sogleich im Text. Unter Streik ist mit Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 201 nur eine rechtmäßige Arbeitskampfmaßnahme zu verstehen; Gleiches gilt für die Aussperrung. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 197 auch zur Frage, ob der Rosenmontag als Arbeitstag anzusehen ist; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/232.
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Wird der Begünstigte hingegen infolge einer auf höherer Gewalt beruhenden Unterbrechung der Geschäftstätigkeit der Bank daran gehindert, dieser die Dokumente vor Ablauf der Akkreditivfrist vorzulegen, so verfällt nach Art 36 ERA 600 das Akkreditiv413; andererseits wird die Bank jedoch von ihrer Akkreditivverpflichtung nicht befreit, wenn nach ordnungsgemäßer und fristgerechter Dokumentenvorlage höhere Gewalt eintritt und sie deshalb ihre Leistung nicht mehr innerhalb der Akkreditivfrist erbringen kann414. Nach Art 33 ERA 600 sind Banken nicht verpflichtet, Dokumente (am Verfallstag) außerhalb ihrer Öffnungszeiten entgegenzunehmen. Es liegt aber in ihrem Ermessen, dies doch zu tun415, wenngleich Nielsen 416 annimmt, die Banken seien verpflichtet, außerhalb der Schalterzeiten vorgelegte Dokumente als verspätet zurückzuweisen. Nach Auffassung der Bankenkommission der IHK sei es das Risiko der Bank, wenn ihre Postabteilung außerhalb der Schalterzeiten (zB am Wochenende) geöffnet ist und Dokumentensendungen entgegennimmt, obwohl die Dokumentenabteilung geschlossen ist; allerdings können die Dokumente auch mit Wirkung vom nächsten Bankarbeitstag entgegengenommen werden. 1/102
Bei Akkreditiven, die ein Original-Transportdokument vorschreiben, ist eine weitere Befristung zu beachten, so dass ihre Inanspruchnahme schon vor dem Verfalldatum wegfallen kann. Denn Art 14 lit c ERA 600 sieht für die Vorlage der Original-Transportdokumente gemäß Art 19 – 25 ERA 600 eine weitere Frist von 21 Tagen ab Verladedatum (Rz 1/47) vor (sogenannte Präsentationsfrist, die in der Praxis häufig individuell vereinbart und der Transportart angepasst wird). Die rechtzeitige Inanspruchnahme des Akkreditivs erfordert danach die Vorlage aller im Akkreditiv vorgeschriebener Dokumente innerhalb der Präsentationsfrist. Die äußerste zeitliche Begrenzung des Akkreditivs durch das Verfalldatum darf bei der Dokumentenvorlage auch dann nicht überschritten werden, wenn die ab dem Verladedatum zu rechnende (zweite) Frist nach Art 14 lit c ERA 600 noch nicht abgelaufen sein sollte.
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Bis zum Einlangen bei einer empfangsberechtigten Stelle trägt der Begünstigte das Risiko, dass die Dokumente in Verlust geraten. Soweit er Ersatzdokumente rechtzeitig zu beschaffen und vorzulegen vermag, kann er dieses Risiko noch auffangen; unter ganz engen Voraussetzungen soll er eine Nachfrist für die Ersatzbeschaffung beanspruchen können (vgl Rz 1/126). Ist die dokumentenempfangsberechtigte Zweitbank nicht gleichzeitig auch Zahlstelle (vgl Rz 1/41), so soll bei einem Verlust der Dokumente auf 413
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Fontane, Höhere Gewalt im Dokumentenakkreditivgeschäft (2001) 148; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 453. Vgl BGH in WM 1960, 38; Nielsen, Neue Richtlinien Rz 123; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 202. Oben Rz 1/56; Avancini in BVR1 II Rz 4/104; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 369: wenn eine ordnungsgemäße Bearbeitung noch gewährleistet ist. Neue Richtlinien Rz 293.
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dem weiteren Weg zur Zahlstelle noch der Begünstigte das Risiko der Ersatzbeschaffung neuer Dokumente tragen417. Das wurde damit begründet, die Zahlstelle könne ohne Dokumente die Erfüllung der Akkreditivbedingungen nicht beurteilen418. Das ist aber nach Avancini 419 bereits ein internes Problem in der Sphäre der eröffnenden Bank, welches den Begünstigten nicht mehr tangieren könne. Allerdings hat der Begünstigte zu beweisen, dass die vom ihm eingereichten Dokumente akkreditivkonform waren. E. Dokumentenaufnahme und Dokumentenrüge Nach der Dokumentenvorlage sind alle Beteiligten, vor allem der Begüns- 1/104 tigte, an einer raschen Entscheidung darüber interessiert, ob honoriert oder negoziiert wird, damit im Falle der Beanstandung der Dokumente eine Nachbesserung innerhalb der Akkreditivfrist bewirkt oder anderweitig über die Dokumente und Waren disponiert werden kann420. Dazu haben die benannte, bestätigende und eröffnende Bank die Dokumentenvorlage zu prüfen, um allein aufgrund der Dokumente 421 zu entscheiden, ob die Dokumente ihrer äußeren Aufmachung nach eine konforme Dokumentenvorlage zu bilden scheinen (Art 14 lit a ERA 600). Für diese Dokumentenprüfung (Rz 1/126 f) stehen ihnen jeweils maximal fünf Bankarbeitstage zur Verfügung (Art 14 lit b ERA 600; Rz 1/112). Demzufolge besteht auch im Verhältnis der benannten Bank zur bestätigenden oder zur eröffnenden Bank sowie im Verhältnis der bestätigenden Bank zur eröffnenden Bank die Maximalfrist von fünf Bankarbeitstagen zur Dokumentenprüfung (Art 14 lit b ERA 600). Dadurch kann sich zwar die Maximalfrist verdreifachen, doch soll es dadurch gegenüber dem Begünstigten zu keiner Kumulierung der Fristen kommen422. Reicht er die Dokumente bei der benannten Bank ein, so ist für seinen Anspruch aus dem Akkreditiv (gegenüber der eröffnenden und bestätigenden Bank) nur von Bedeutung, wie die benannte Bank innerhalb von maximal fünf Bankarbeitstagen entscheidet. Aufgrund dieser Prüfung hat die jeweilige Bank zu entscheiden, ob die Dokumentenvorlage akkreditivkonform ist oder nicht. Je nach dem Ergebnis der Dokumentenprüfung werden die Dokumente „aufgenommen“ oder aber „zurückgewiesen“ und die Honorierung bzw Negoziierung abgelehnt. Die Dokumentenaufnahme ist daher jener Vorgang, aus dem sich ergibt, dass die Bank eine Dokumentenvorlage – gegebenenfalls trotz einer Mangelhaftig417
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Art 35 Abs 2 ERA 600 regelt nur das Postrisiko, wenn die Dokumente auf dem Weg von der benannten Bank zur eröffnenden Bank oder bestätigenden Bank oder zwischen der bestätigenden und der eröffnenden Bank verloren gehen. Nielsen, Akkreditivgeschäft 62; anders aber derselbe in BankR-HB § 120 Rz 203. In BVR1 II Rz 4/105. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 101; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 358. Vgl auch Art 5 ERA 600: Banken befassen sich mit Dokumenten und nicht mit Waren, Dienstleistungen oder Leistungen, auf die sich die Dokumente möglicherweise beziehen. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 97; Stapel, Richtlinien 157; Schütze, Dokumentenakkreditiv5 Rz 410.
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keit – als Erfüllung der Bedingung für ihre Pflicht zur Honorierung des Akkreditivs ansieht, auch wenn in der Praxis keine ausdrückliche Erklärung über die Anerkennung der Dokumente als akkreditivkonform abgegeben wird423. Die rechtliche Beurteilung der Dokumentenaufnahme kann sich freilich nicht auf die Frage beschränken, ob die Dokumente ihrer äußeren Aufmachung nach den Akkreditivbedingungen entsprechen424. Denn die Dokumentenaufnahme gestaltet die Rechtslage vor allem dann, wenn die Dokumente nicht akkreditivkonform sind. Erfolgt die Dokumentenaufnahme durch eine benannte Bank, so ist deren Entscheidung, die Dokumentenvorlage sei konform, für die bestätigende und die eröffnende Bank bindend (Rz 1/114 und 171). Dies folgt auch425 aus Art 35 Abs 2 ERA 600, wonach die eröffnende oder bestätigende Bank honorieren oder negoziieren oder der benannten Bank Aufwandersatz leisten muss, selbst wenn nach deren Entscheidung, die Dokumentenvorlage sei konform, die an die eröffnende oder bestätigende Bank übersandten Dokumente am Postweg verloren gehen. Diese Zuweisung des Postrisikos entspricht allgemeinen Grundsätzen des Auftragsrechts (§ 1014 ABGB); dies verbietet nicht abweichende Vereinbarungen im Einzelfall. Für die dargelegte Wirkung der Dokumentenaufnahme durch die benannte Bank kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob diese nach ihrer Entscheidung, die Dokumente seien konform, selbst honoriert oder negoziiert hat. 1/105
Ist die Dokumentenvorlage unstrittig objektiv akkreditivkonform, so steht es trotz Art 15 lit a und b ERA 600 nicht im Belieben der eröffnenden (oder bestätigenden) Bank, über eine Dokumentenaufnahme als Voraussetzung ihrer Honorierungspflicht zu befinden. Diese tritt automatisch mit der Dokumentenvorlage ein, so dass für ein zusätzliches Rechtsgeschäft kein Raum ist426. Die Bank, die ohnedies aus dem Akkreditiv haftet, hat auch nicht den Willen, sich durch die Dokumentenaufnahme dem Begünstigten gegenüber ein weiteres Mal zu verpflichten427. Wird in einem solchen Fall die „Akkreditivkonformität“ dennoch gegenüber dem Begünstigten eigens anerkannt, so kann es sich hierbei nur um ein deklaratives Anerkenntnis handeln. Honoriert oder negoziiert die benannte Bank nach ihrer Entscheidung, die Dokumentenvorlage als konform anzusehen, so hat sie gemäß Art 15 lit c ERA 600 die Dokumente an die bestätigende oder die eröffnende Bank zu 423
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Diwok, ÖBA 2001, 361. – Soweit bei Nachsicht-Akkreditiven sogenannte Fälligkeitsbestätigungen abgegeben werden, enthalten diese implizit die Aufnahme der Dokumente. Ausführlicher Avancini, Eine rechtliche Beurteilung der Dokumentenaufnahme im Akkreditivgeschäft, Kastner-FS (1992) 59 ff. Zum Unterlassen der Dokumentenrüge s unten Rz 1/113 f. Avancini in BVR1 II Rz 4/107; Diwok, ÖBA 2001, 364. Vgl auch den Hinweis von Canaris, BVR3 Rz 992, dass die Dokumentenaufnahme ohne Belang wäre. Dies trifft sicherlich auch zu, wenn die Bank unberechtigt die Honorierung ablehnt, nicht aber, wenn die Dokumentenaufnahme trotz Mangelhaftigkeit erfolgt. Diwok, ÖBA 2001, 364.
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senden428. Ebenso muss die bestätigende Bank, die entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage konform ist, die Dokumente an die eröffnende Bank senden (Art 15 lit b ERA 600). Ist die Frage der Akkreditivgemäßheit einer Dokumentenvorlage zwischen 1/106 der Bank und dem Begünstigten allerdings zunächst strittig, gibt die Bank dann aber nach, so kann darin ein konstitutives Anerkenntnis liegen. Ein Streit darüber, ob eine Dokumentenvorlage akkreditivkonform ist, ist nicht nur ein Streit über eine Tatsache, sondern auch und vor allem ein Streit über die Verpflichtung zur Akkreditivhonorierung. Die eröffnende oder bestätigende Bank, die in der Folge vorbehaltlos erklärt, die Dokumente nun doch als akkreditivkonform zu akzeptieren, anerkennt hiermit konstitutiv ihre Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten zur Honorierung des Akkreditivs. Eine solche Dokumentenaufnahme ist kein bloß tatsächlicher Vorgang, sondern ein Rechtsgeschäft. Ein von der benannten Bank im Namen der eröffnenden Bank abgegebenes Anerkenntnis ist letzterer bei entsprechender Vertretungsmacht der benannten Bank zurechenbar. Für den Fall der Vorlage nicht akkreditivkonformer Dokumente ist in Art 16 1/107 lit c ERA 600 vorgesehen, dass die benannte, bestätigende oder eröffnende Bank dem Einreicher429 mitzuteilen hat, dass sie sich weigert zu honorieren oder zu negoziieren. Ferner muss sie jede Unstimmigkeit, deretwegen sie sich weigert, mitteilen (Mängelrüge). Schließlich muss sie mitteilen, welche der vier gemäß Art 16 lit c Z iii ERA 600 möglichen Varianten sie wählt: Ob sie sie die Dokumente bis zum Erhalt weiterer Anweisungen vom Einreicher bei sich hält (lit a) oder zurücksendet (lit c); oder ob die eröffnende Bank die Dokumente hält, bis sie einen Verzicht vom Auftraggeber erhält und diesen annimmt oder vor ihrer Verzichtsannahme weitere Instruktionen vom Einreicher erhält (lit b); oder ob sie in Übereinstimmung mit den vom Einreicher (schon zuvor in Zusammenhang mit der Vorlage der Dokumente) erhaltenen Weisungen handelt (lit d). Diese Mitteilung muss durch Telekommunikation spätestens am Ende des fünften Bankarbeitstags nach dem Tag der Dokumentenvorlage erfolgen (Art 16 lit d ERA 600). Kann die Rüge nicht durch Telekommunikation mitgeteilt werden, so muss sie auf anderem schnellen Weg erfolgen. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, welche Bedeutung das Unterlassen einer solchen Rüge für die Honorierungs- bzw Negoziierungspflicht der bestätigenden oder eröffnenden Bank hat (Rz 1/113 f). Eine weitere Frage ist, ob nur eine Mangelhaftigkeit der Dokumente selbst gerügt werden muss, oder ob die Bank verhalten ist, jedwede Akkreditivwidrigkeit der Dokumentenvorlage insgesamt, also insbesondere auch eine Verspätung unter Beachtung der Präsentationsfrist (Rz 1/47 und 102), zu beanstanden (Rz 1/110). 428
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Zur Weiterleitung der Dokumente an die eröffnende Bank kann es aber auch dann kommen, wenn die benannte Bank, ohne zu honorieren oder negoziieren, bloß entscheidet, dass die Dokumentenvorlage konform ist: Art 35 Abs 2 ERA 600. Art 2 ERA 600: „Im Sinne dieser Regeln bedeutet: . . . Einreicher ein Begünstigter, eine Bank oder ein Dritter, der eine Dokumentenvorlage tätigt“.
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Das Dokumentenakkreditiv
Dokumentenmängel beheben kann der Begünstigte noch grundsätzlich bis zum Ablauf des Akkreditivs430. 1/108
Art 16 lit c ERA 600 regelt nun ausdrücklich, wer wem eine entsprechende Mitteilung zu senden hat, um geltend zu machen, dass die Dokumentenvorlage nicht konform ist. Die Rügepflicht trifft die benannte Bank, eine allfällige bestätigende Bank und die eröffnende Bank gegenüber dem Einreicher, also dem Begünstigten, der Bank oder dem Dritten, der die Dokumentenvorlage tätigt (Art 2 ERA 600). Reicht der Begünstigte die Dokumente bei der benannten Bank ein und rügt diese die nicht konformen Dokumente nicht, sondern leitet sie diese an die bestätigende oder eröffnende Bank weiter (Rz 1/105), so kann diese innerhalb von maximal fünf Bankarbeitstagen – zwar nicht gegenüber dem Begünstigten (Rz 1/104), aber – gegenüber der benannten Bank rügen. Im Falle ihrer fristgerechten Rüge kann die eröffnende oder bestätigende Bank entsprechend Art 16 lit g ERA 600 die Rückzahlung eines geleisteten Rembourses (Aufwandersatz) zuzüglich Zinsen verlangen.
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Die Vorlage nicht akkreditivkonformer Dokumente muss nicht in jedem Fall dazu führen, dass erkannte Mängel auch tatsächlich gerügt werden. Wenn nicht eigene Interessen der eröffnenden Bank entgegenstehen, kann der Auftraggeber auch unstimmige Dokumente gegenüber der Bank mit der Wirkung akzeptieren, dass sie zu einer Zurückweisung nicht (weiter) berechtigt ist431. Art 16 lit b ERA 600 ermöglicht es daher der eröffnenden Bank, die eine Dokumentenvorlage als nicht konform beurteilt, sich innerhalb der Maximalfrist von fünf Bankarbeitstagen an den Akkreditivauftraggeber zu wenden, um diesen entscheiden zu lassen, ob er auf die Geltendmachung der Unstimmigkeiten verzichtet und die unstimmigen Dokumente genehmigt. Die Bank wird daher beanstandete Dokumente im Allgemeinen auch nicht gleich an den Einreicher zurücksenden. Ob die eröffnende Bank bei ihrem Auftraggeber zurückfragt, ob er bereit sei, über den Mangel hinwegzusehen, ist nach Art 16 lit b ERA 600 ins Ermessen der Bank gestellt432, doch kann sich eine Verpflichtung zur Rückfrage aus dem Auftragsverhältnis ergeben. Diese erstmals in den ERA 500 aufgenommene Regelung trägt einer schon zuvor bestehenden Praxis Rechnung, den Auftraggeber vor der Honorierung oder deren 430
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Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/376; Schinnerer/Avancini III 104; vgl oben Rz 1/101 f. So im Ergebnis auch Schlegelberger/Hefermehl Rz 182, der zwar zunächst betont, der Auftraggeber sei nicht berechtigt, von der Bank die Einlösung mangelhafter Dokumente zu verlangen, weil das eine unzulässige einseitige Änderung des Akkreditivauftrags wäre, im Weiteren aber vertritt, dass unwesentliche Änderungen, die die Interessen der Bank nicht berühren, von ihr nach Treu und Glauben (doch) hinzunehmen seien. Ebenso Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/386 f. – Nach BGH in MDR 1964, 396 braucht sich die eröffnende Bank keine wesentliche Schmälerung ihrer Sicherung oder Deckung durch den Auftraggeber im Wege nachträglicher Änderung des durchzuführenden Geschäfts gefallen zu lassen. Vgl auch Liesecke, WM 1966, 465. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 408.
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Ablehnung zu verständigen433. Dadurch wird der Bank aber nicht erlaubt, die Akkreditivdokumente dem Akkreditivauftraggeber zur Einsicht zu überlassen. Vielmehr hat die eröffnende Bank die Entscheidung über die Aufnahme oder Zurückweisung der Dokumente eigenverantwortlich zu treffen434, weshalb nach Ansicht der Bankenkommission der IHK ein (vom Begünstigten mit den unstimmigen Dokumenten übermittelter schriftlicher) Vorausverzicht des Auftraggebers grundsätzlich die Bank nicht binden soll. Da eine Rückfrage beim Auftraggeber die Dokumentenrügefrist nicht verlängert 435, sollte die Bank vorsichtshalber die Zurückweisung erklären, wenn sie nicht innerhalb kürzester Zeit eine positive Stellungnahme ihres Auftraggebers erhält436. Der OGH437 hat jedenfalls eine volle Ausnützung der damaligen Maximalfrist von sieben Bankarbeitstagen438 nicht akzeptiert, wenn kein zeitaufwendiger Prüfaufwand erforderlich ist und die Prüfung am vierten Bankarbeitstag nach Vorlage der Dokumente abgeschlossen ist. Die unverzügliche Zurückweisung der nicht akkreditivkonformen Dokumente – bei gleichzeitiger Rückfrage beim Akkreditivauftraggeber, ob er die Vorlage doch genehmigt – hat, wie Leitner (in seiner Anmerkung zu dieser höchstgerichtlichen E) hervorkehrt, aber auch den Vorteil, dass der Dokumenteneinreicher von den Unstimmigkeiten der vorgelegten Dokumente Kenntnis erlangt und daher bei der nächsten Dokumentenvorlage darauf achten kann, die richtigen Dokumente vorzulegen. Zum Umfang der Rüge: Nach Art 14 lit a 600 ERA hat die Bank allein auf- 1/110 grund der Dokumente zu entscheiden, ob die vorgelegten Dokumente ihrer äußeren Aufmachung nach eine konforme Dokumentenvorlage bilden. Sie muss weiters jede Unstimmigkeit, deretwegen sie sich weigert zu honorieren oder zu negoziieren, dem Einreicher mitteilen (Art 16 lit c Z ii ERA 600; Rz 1/ 111). Dies darf nicht so verstanden werden, dass es bei der Prüfung nur um die formale Ordnungsgemäßheit der Dokumente selbst geht. Denn die Honorierungspflicht der Bank hängt davon ab, dass die Dokumentenvorlage in allen Belangen den Akkreditivbedingungen, den ERA sowie dem Standard internationaler Bankpraxis entspricht439. Es genügt also insbesondere nicht, dass alle im Akkreditiv vorgeschriebenen Dokumente vorgelegt werden, sondern die Vorlage muss auch noch innerhalb der Gültigkeitsdauer des Akkre433
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OGH 2 Ob 194/03y in ÖBA 2004, 392 mit Anm von Leitner; Nielsen, Neue Richtlinien Rz 105; Stapel, Richtlinien 174. OGH in ÖBA 2004, 392 mit Anm von Leitner; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 361 f. OGH in ÖBA 2004, 392 mit Anm von Leitner. Avancini in BVR1 II Rz 4/115. In ÖBA 2004, 392 mit Anm von Leitner. Nach Art 13 lit b ERA 500 stand den Banken eine angemessene, sieben Bankarbeitstage nach dem Tag des Dokumentenerhalts nicht überschreitende Zeit für die Prüfung der Dokumente zu. Vgl die Definition der konformen Dokumentenvorlage in Art 2 ERA 600. Der von der IHK herausgegebene Leitfaden „International Standard Banking Practice for the Examination of Documents under Documentary Credits“ (ISBP Fassung 2007, angepasst an die ERA 600, IHK-Publikation Nr 681) versteht sich dennoch nicht als Ergänzung der ERA.
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Das Dokumentenakkreditiv
ditivs erfolgt sein. Die Bank muss also über eine Akkreditivwidrigkeit der Dokumente hinaus jede Fehlerhaftigkeit der Dokumentenvorlage beanstanden. 1/111
Zum Inhalt der Mitteilung: Nach Art 16 lit c ERA 600 muss die Bank ausdrücklich angeben, dass sie sich weigert zu honorieren oder zu negoziieren. Ferner sind die Akkreditivwidrigkeiten, welche die Bank geltend machen will, in einer einzigen Mitteilung vollständig und konkret anzuführen. Weitere Ablehnungsgründe können später nicht mehr nachgeschoben werden440. Dadurch soll es dem Begünstigten ermöglicht werden, neue akkreditivgerechte Dokumente vor dem Verfalldatum des Akkreditivs vorzulegen441. Selbst innerhalb der Maximalfrist von fünf Bankarbeitstagen wird eine Rüge in Raten für unzulässig angesehen442; dies kommt im Wortlaut von Art 16 lit c ERA 600 insofern zum Ausdruck, als die Bank dem Einreicher eine einzige dementsprechende Mitteilung senden muss. Die pauschale Behauptung, die Dokumente wären nicht akkreditivkonform, ist jedenfalls unzureichend. Schließlich muss die Bank angeben, in welcher Weise sie mit den Dokumenten verfährt (vgl dazu die in Art 16 lit c Z iii ERA 600 angeführten vier Alternativen; oben Rz 1/107). Unterbleibt bloß diese Erklärung, so ist die Rüge nach Avancini 443 nicht unbeachtlich. Die Rüge soll erst dann wirkungslos sein, wenn die Bank entweder in ihr erklärt, mit den Dokumenten anderweitig verfahren zu wollen, oder wenn sie sonst faktisch in einer ihrer Pflicht widerstreitenden Weise vorgeht. Nach hA ist allerdings die Rüge nur dann wirksam, wenn in der Mitteilung der Bank an den Einreicher auch die entsprechende Erklärung hinsichtlich der Dokumente enthalten ist444.
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Rügefrist: Da im Akkreditivgeschäft alle Beteiligten, insbesondere aber der Dokumenteneinreicher, auf eine schnelle Entscheidung über die Aufnahme der Dokumente angewiesen sind, damit im Fall einer Ablehnung entweder innerhalb der Akkreditivfrist noch eine Nachbesserung oder aber eine anderweitige Disposition über Dokumente und Ware vorgenommen werden kann, ist eine unverzügliche Rüge einer nicht akkreditivkonformen Dokumentenvorlage geboten445. Gemäß Art 14 lit b ERA 600 haben die benannte, bestätigende und eröffnende Bank jeweils maximal fünf Bankarbeitstage nach Erhalt der Dokumente Zeit für die Prüfung und Entscheidung, ob eine Dokumentenvorlage konform ist. Die in früheren Fassungen der ERA enthaltene Formulierung „angemessene Zeit“ ist in den ERA 600 nicht mehr enthalten. 440
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Nielsen, Akkreditivgeschäft 145; Schinnerer/Avancini III 128; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 413; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/375. Stapel, Richtlinien 170. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 365 mit Hinweis auf IHK-Publikation Nr 596 Rz 271. In BVR1 II Rz 4/113. Eberth, Die Revision von 1983 der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive, WM 1984, Sonderbeilage Nr 4, 13; Nielsen, Akkreditivgeschäft 145; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 364; Schinnerer/Avancini III 128; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 413; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 375. OGH 2 Ob 194/03y in ÖBA 2004, 392 mit Anm von Leitner.
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Die Frage, welche Frist angemessen ist, wurde recht unterschiedlich beurteilt446. Die Regelung der Bearbeitungszeit mit einer Höchstfrist bedeutet zwar nicht, dass der Bank in jedem Fall fünf Bankarbeitstage zur Verfügung stehen; allerdings ist der Spielraum nach der Verkürzung der Höchstfrist auf fünf Arbeitstage deutlich geringer. Immerhin vertritt Nielsen 447 – sowohl zu Art 13b ERA 500 als auch zu Art 14b ERA 600 –, dass die Bank bei einfachen Fällen mit drei bis vier Tagen das Auslangen finden sollte. Gehen die Dokumente der Bank nacheinander in verschiedenen Sendungen zu, so kann mit der Prüfung grundsätzlich bis zum Vorliegen aller Dokumente zugewartet werden448, zumal die Dokumente auch auf ihre Stimmigkeit untereinander zu prüfen sind. Zur Übermittlung der Entscheidung über die Ablehnung der Honorierung im Wege der Telekommunikation s oben Rz 1/107. Unterbleibt die Rüge einer mangelhaften Dokumentenvorlage seitens einer 1/113 eröffnenden oder bestätigenden Bank, so kann sie gemäß Art 16 lit f ERA 600 nicht geltend machen, dass die Dokumente nicht konform vorliegen. Dazu hat ein Teil der deutschen Lehre den Standpunkt eingenommen, die Dokumentenaufnahme sei ein rechtsgeschäftlicher Vorgang; demnach komme es zu einer Genehmigung der Mängel, welche die Bank erst nach §§ 119 ff BGB anfechten müsse449. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass sich eine vergleichbare Situation bei der Abnahme des abgelieferten Werkes gemäß § 640 BGB ergäbe und einer solchen Abnahme geschäftsähnlicher Charakter zuerkannt werde450. Zumal es im österreichischen Recht keine dem § 640 BGB entsprechende Regelung gibt, liegt, wie schon Avancini 451 hervorgehoben hat, eine andere Parallele viel näher, und zwar die Ähnlichkeit mit der Regelung des § 377 UGB bei Unterlassen der Rüge einer mangelhaften Lieferung beim Warenkauf (§§ 373 ff UGB). Wenn nach Art 16 lit f ERA 600 die eröffnende oder bestätigende Bank, die nicht gemäß den Bestimmungen dieses Artikels handelt, nicht mehr geltend machen kann, dass die Dokumente nicht konform vorliegen, so bedeutet dies nach Avancini die schlichte Präklusion eines Rechts durch ungenütztes Verstreichen einer Frist. Genau genommen geht es aber nicht um die Präklusion eines Rechts der Bank, sondern darum, dass sie das Bestehen des Anspruchs aus dem Akkreditiv nicht mehr bestrei446
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Vertreten wurden Fristen von ein bis zwei Tagen einerseits bis zu mehreren Wochen andererseits: s OGH 2 Ob 563/91 in ÖBA 1992, 169 = SZ 64/139 : 6 Tage, wenn ein Wochenende eingeschlossen ist; OGH in ÖBA 2004, 392 mit Anm von Leitner: 4 Bankarbeitstage; Nielsen, Akkreditivgeschäft 144; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/373. Eine Höchstfrist gibt es seit der ERA-Fassung von 1993 (damals betrug sie 7 Bankarbeitstage); Schütze, Dokumentenakkreditiv5 Rz 410. In BankR-HB § 120 Rz 192; so auch OGH in ÖBA 2004, 392 mit Anm von Leitner. Avancini in BVR1 II Rz 4/114; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/228; vgl auch Schinnerer/Avancini III 104. Grundlegend Nielsen, Werner-FS 573, 576 ff; ihm folgend Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 445; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/403 f. Ein Rechtsgeschäft verneinen hingegen Canaris, BVR3 Rz 996; Liesecke, WM 1966, 469. Nielsen, Werner-FS 577 f; vgl dazu Diwok, ÖBA 2001, 361 f. In BVR1 II Rz 4/112.
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Das Dokumentenakkreditiv
ten kann (Ausschlusswirkung452). Während nach § 377 UGB die Gestaltungsrechte des Käufers nach §§ 871 f und § 932 ABGB, das Recht auf Austausch oder Verbesserung sowie der Schadenersatzanspruch wegen des Mangels selbst verloren gehen, entsteht in unserem Zusammenhang durch das Unterbleiben der Rüge das Recht des Begünstigten gegenüber der eröffnenden bzw bestätigenden Bank auf Honorierung des Akkreditivs. Die Dokumente gelten mangels Rüge als aufgenommen453. Diese Ausschlusswirkung betrifft die Verpflichtungen der eröffnenden und der bestätigenden Bank, nicht hingegen die benannte Bank mit bloßer Zahlstellenfunktion, da diese keine Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten trifft, das Akkreditiv zu honorieren454. Dementsprechend ist die benannte Bank auch in Art 16 lit f ERA 600 nicht angeführt. Rügt die benannte Bank den Dokumentenmangel nicht, so ist dieses Unterbleiben der Rüge der eröffnenden Bank im Verhältnis zum Begünstigten zurechenbar (unten Rz 1/171); dies gilt gleichermaßen bei Honorierung und Nichthonorierung. Allerdings hat die benannte Bank, die trotz eines Dokumentenmangels, den sie hätte erkennen müssen, honoriert, keinen Aufwandersatzanspruch gegenüber der eröffnenden Bank455, die ihrer Rügeobliegenheit gegenüber der Zweitbank rechtzeitig nachkommt (Rz 1/108), bzw trifft sie die Rückzahlungspflicht gemäß Art 16 lit g ERA 600 (Rz 1/108). 1/114
Die Orientierung an der Regelung beim Warenkauf ermöglicht auch eine sachgerechte Lösung der Frage, welche Mängel einer Dokumentenvorlage nicht mehr geltend gemacht werden können: Die Ausschlusswirkung erfasst nicht solche Mängel, deren Genehmigung der Begünstigte als ausgeschlossen betrachten musste 456 oder die bei banküblicher Prüfung nicht erkennbar waren; letztere sind allerdings, wenn sie sich später zeigen, zur Vermeidung einer nachträglichen Genehmigung unverzüglich nach ihrer Entdeckung doch noch zu rügen457. Vom Begünstigten arglistig oder grob fahrlässig verschwiegene Mängel brauchen ebenfalls nicht gerügt zu werden458. Im Übrigen können nicht fristgerecht gerügte erkannte oder erkennbar gewesene Mängel nicht geltend gemacht werden, so dass die Honorierungspflicht besteht. Daher stellt eine Akkreditivhonorierung keine rechtsgrundlose Leistung dar, so dass die eröffnende oder bestätigende Bank, die einen solchen Dokumentenmangel später entdeckt, den Begünstigten auch nicht bereicherungsrechtlich zur (Teil)Rückzahlung des Akkreditivbetrages verhalten kann459. 452 453 454 455 456 457 458
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Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 365. Stapel, Richtlinien 171. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 366 f; Stapel, Richtlinien 172. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 314. Entsprechend dem Ausnahmetatbestand des § 378 UGB. S auch § 377 Abs 3 UGB. S auch § 377 Abs 5 UGB; vgl OGH 9 Ob 83/04b in ÖBA 2005, 282: Begünstigter legt rückdatierte Faktura und Transportdokumente vor. Avancini in BVR1 II Rz 4/112. Gegenteilig aber die hA, wobei man sich im Wesentlichen nur darüber uneins ist, ob der Rückforderung eine Anfechtung der Doku-
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Die vereinbarungsgemäß eintretende Ausschlusswirkung ist selbst kein Rechtsgeschäft, so dass die eröffnende oder bestätigende Bank, die einen erkennbaren Dokumentenmangel übersehen hat, sich auch nicht über eine Irrtumsanfechtung von ihrer Honorierungspflicht lösen und in weiterer Folge einen schon ausbezahlten Betrag zurückfordern kann460. Der Begünstigte macht sich mit einer akkreditivwidrigen Dokumentenvorlage der eröffnenden Bank gegenüber idR auch nicht schadenersatzrechtlich verantwortlich, da die Geltendmachung eines vermeintlich bestehenden Rechts nicht rechtswidrig ist461. Seine Verpflichtung zur Lieferung einwandfreier Dokumente besteht nur im Verhältnis zu seinem Vertragspartner im Grundgeschäft, also zum Akkreditivauftraggeber462. Gegenüber der eröffnenden Bank hat er bei der Dokumentenvorlage im Allgemeinen keine Pflicht, Akkreditivwidrigkeiten aufzuzeigen 463. Die Bank ist nämlich offenkundig selbst ohne weiteres in der Lage, eine Dokumentenvorlage auf erkennbare Mängel zu prüfen, und der Begünstigte darf zudem davon ausgehen, dass sie schon im Hinblick auf ihre diesbezügliche Verpflichtung gegenüber dem Akkreditivauftraggeber die Prüfung auch tatsächlich sorgfältig vornimmt464.
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mentenaufnahme vorangehen muss. Das Erfordernis der Anfechtung verneinen Canaris, BVR3 Rz 996; Schlegelberger/Hefermehl Rz 214; Liesecke, WM 1966, 469; bejahend hingegen Nielsen, Werner-FS 580 f; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 445; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 404. So im Ergebnis auch Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/405, die zwar eine rechtsgeschäftliche Dokumentenaufnahme annehmen, deren Anfechtung wegen eines Irrtums aber nicht zulassen, wenn die Mängel der Dokumente bei banküblicher Prüfung zu erkennen gewesen wären. Demgegenüber soll nach Nielsen, Werner-FS 580 die Bank auch dann anfechten können, wenn sie Dokumentenmängel aus Nachlässigkeit übersehen hat. Canaris, BVR3 Rz 996 räumt der Bank auch bei erkennbar gewesenen Mängeln einen Bereicherungsanspruch gegen den Begünstigten ein. Von seinem Standpunkt aus, dass die Dokumentenaufnahme reine Tathandlung wäre, hält er eine vorangehende Irrtumsanfechtung für nicht nötig und rechtlich auch gar nicht möglich. Vgl zur gerichtlichen Geltendmachung nicht bestehender Rechte F. Bydlinski, Schadenersatz wegen materiell rechtswidriger Verfahrenshandlungen, JBl 1986, 626; M. Bydlinski, Der Kostenersatz im Zivilprozeß (1992) 97ff; Harrer in Schwimann, ABGB § 1295 Rz 178. Avancini in BVR1 II Rz 4/112 kritisch zu Nielsen, Werner-FS 581. AM Schinnerer/Avancini III 142 mit für die Annahme einer spezifischen Sorgfaltspflicht des Begünstigten nicht ausreichender Berufung auf § 347 HGB. In diesem Zusammenhang verdient die Feststellung Beachtung, dass im Akkreditivgeschäft ein erheblicher Teil aller Dokumentenvorlagen fehlerhaft sein soll (s Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 407 FN 82, wo nach einer allerdings schon älteren Umfrage von 40 – 50% fehlerhaften Vorlagen die Rede ist. Nach Slongo, Die Zahlung unter Vorbehalt im Akkreditiv-Geschäft [1980] 9 soll eine in der Schweiz tätige Großbank eine Fehlerquote von gar 80% genannt haben. In der Entscheidung des OGH 2 Ob 194/03y in ÖBA 2004, 392 mit Anm von Leitner ist davon die Rede, dass etwa 70% der Dokumente von den Akkreditivbedingungen abweichen, was aber so gut wie immer gütlich gelöst werde.). Überdies erklärt der Begünstigte mit seiner Dokumentenvorlage keineswegs etwa, dass die Dokumente akkreditivgemäß wären. Er wird die Dokumente zwar idR als ausreichend dafür ansehen,
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Rücknahme einer Rüge: Fraglich ist, ob die Bank eine fristgerecht erhobene Rüge einseitig, also ohne die Zustimmung des Einreichers, zurücknehmen kann. Dabei ist zu unterscheiden: Wurde entsprechend Art 16 lit c Z iii b (oben Rz 1/107) dem Begünstigten mitgeteilt, dass die eröffnende Bank die Dokumente hält, bis sie einen Verzicht vom Auftraggeber erhält und diesen annimmt oder vor ihrer Verzichtsannahme weitere Instruktionen vom Einreicher erhält, und wird dann der Verzicht des Auftraggebers wirksam, weil der Einreicher bis dahin keine Instruktionen erteilt hat, so ist eine Rücknahme der Rüge ohne Eingriff in die Rechte des Einreichers möglich. Hält hingegen die Bank die Dokumente bis zum Erhalt weiterer Anweisungen oder hat sie diese zurückzusenden oder in Übereinstimmung mit Weisungen des Einreichers zu handeln, so darf sie in das wieder gegebene Verfügungsrecht des Begünstigten nicht mehr einseitig eingreifen465. Tut sie das dennoch durch Ausfolgung an den Auftraggeber, so macht sie sich grundsätzlich schadenersatzpflichtig. Eine Frage des Einzelfalls ist es, ob der Begünstigte aus der Entziehung der Dokumente tatsächlich einen Schaden erleidet, etwa weil ihm eine Disposition über die Ware unmöglich gemacht wird. In diesem Zusammenhang wird seine Verpflichtung aus dem Grundgeschäft, dem Auftraggeber (auch) akkreditivgemäße Dokumente zu liefern, eine wesentliche Rolle spielen466. Hält der Begünstigte die Rüge für berechtigt und ist sie es auch, erwartet er aber, dass die Dokumente dennoch (nach Abstimmung mit dem Akkreditivauftraggeber; oben Rz 1/109) unter dem Akkreditiv akzeptiert werden, so handelt es sich bei einer von der Bank später erklärten Dokumentenaufnahme um eine entsprechende einvernehmliche Abänderung des Akkreditivs467. Diese einvernehmliche Abänderung gilt aber nach zahlreichen opinions der Bankenkommission der IHK nicht auch für weitere Teileinreichungen unter demselben Akkreditiv. Selbst bei einer berechtigten Rüge mit ausdrücklicher Ablehnung der Aufnahme der Dokumente wird die eröffnende Bank doch zur Akkreditivhonorierung verpflichtet, wenn sie die Dokumente behält und mit ihnen über die Ware verfügt468 oder die Dokumente dem Auftraggeber auch nur zwecks Besichtigung der Ware ausfolgt469. Die Honorierungspflicht ergibt sich aus Art 16 lit f ERA 600, wonach die eröffnende Bank eine Akkreditivwidrigkeit der Dokumente nicht geltend machen kann, wenn sie nicht gemäß den Bestimmungen dieses Artikels handelt, insbesondere mit den Dokumenten
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dass die Bank das Akkreditiv honoriert, er erweckt aber kein Vertrauen bei der Bank, dass sie auch objektiv akkreditivgemäß sind. Avancini in BVR1 II Rz 4/116; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 369; vgl auch Leitner, ÖBA 2004, 395. Nielsen, Akkreditivgeschäft 146. Sollte die Bank hierfür allerdings keine rechtsgeschäftliche Deckung von ihrem Auftraggeber haben, wäre ihre Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten, da nur zweipersonal, allerdings nicht abstrakt – vgl bei Rz 1/86. Schlegelberger/Hefermehl Rz 214 unter Berufung auf eine Entscheidung des Schweizer Bundesgerichtes (BGE 90 II 302); s auch BGE 104 II 275 und BGE 111 II 76. Vgl BGH in WM 1987, 977 = BGHZ 101, 84; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 378.
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nicht entsprechend Art 16 lit c Z iii ERA 600 (Rz 1/107) verfährt. Akkreditivrechtlich unschädlich ist dagegen eine ohne Benutzung der Dokumente vorgenommene Verfügung über die Ware. Die in früheren Fassungen der ERA470 ausdrücklich geregelte Honorierung 1/116 unter Vorbehalt oder gegen Garantie (Rz 1/117), findet sich in den ERA 600 nicht mehr. Dies bedeutet aber keineswegs, dass es diese „Ersatzlösung“471 nicht mehr gibt. Sie spielt insbesondere bei geringfügigen und wirtschaftlich unbedeutenden Dokumentenmängeln eine Rolle, wenn man nicht rechtzeitig die Zustimmung des Auftraggebers zur Aufnahme der vorgelegten Dokumente erwirken kann (Rz 1/109). Dadurch soll im Interesse des Begünstigten und des Auftraggebers trotz der Dokumentenmängel die Abwicklung des Grundgeschäfts im Valutaverhältnis ermöglicht werden. Bei Unstimmigkeit der Dokumente kann die benannte Bank472, die erwartet, dass ihr Auftraggeber (eröffnende Bank) den Mangel tolerieren werde, das Akkreditiv unter Vorbehalt honorieren473. Die Dokumente werden dabei von der benannten Bank unter Hinweis auf die erkannten Mängel (externer Vorbehalt) zum Gutbefund an die eröffnende (oder bestätigende) Bank übermittelt. Der Vorbehalt geht dahin, dass die benannte Bank die Leistung vom Begünstigten ohne weiteres zurückfordern kann, wenn ihr Auftraggeber wider Erwarten die mangelhaften Dokumente nicht akzeptiert474. Die benannte Bank hat in diesem Fall keinen Bereicherungsanspruch, sondern einen vertraglichen Rückzahlungsanspruch475. Der Begünstigte hat keinen Anspruch auf Zahlung unter Vorbehalt; er braucht aber andererseits eine Honorierung unter Vorbehalt nicht anzunehmen, wenn er die dokumentären Beanstandungen für unberechtigt erachtet476. Nimmt der Begünstigte die Zahlung unter Vorbehalt an, so bleiben seine (allfälligen) Ansprüche gegenüber der eröffnenden und der bestätigenden Bank bestehen, wenn er später zB an die benannte Bank zurückzahlen muss. Bei Honorierung unter Vorbehalt stellt sich die Frage, welche Folgen es hat, dass die unstimmigen Dokumente nicht dem Einreicher zurückgestellt, sondern an die eröffnende Bank weitergeleitet werden. Kann diese dann 470
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Vgl Avancini in BVR1 II Rz 4/117; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 370 ff; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 419 ff; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/379 ff. So Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/379. Hingegen muss die eröffnende Bank nach Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 370 endgültig sofort entscheiden, ob sie die Dokumente aufnimmt oder zurückweist. Dazu ausführlich Slongo, Die Zahlung unter Vorbehalt im Akkreditiv-Geschäft (1980); vgl ferner Eberth, Rechtsfragen der Zahlung unter Vorbehalt im AkkreditivGeschäft, WM 1983, 1302. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 372; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 422; Zahn/ Ehrlich/Neuman, Zahlung Rz 2/382. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/384; Eberth, WM 1983, 1305 f. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 371; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 423. – Das kann entgegen Schinnerer/Avancini III 130 FN 407 nicht fraglich sein, da es bei der Vorbehaltszahlung um eine zumindest vorläufige Kreditierung mit bedingter Rückzahlungspflicht geht, also Rechte und Pflichten begründet werden, was einseitig nicht möglich ist.
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womöglich entsprechend Art 16 lit f ERA 600 nicht mehr geltend machen, dass die Dokumente nicht konform vorliegen? Wollte man dies vertreten, so wäre die Zahlung unter Vorbehalt zur Bewältigung geringfügiger Dokumentenmängel unbrauchbar. Dieses Ergebnis lässt sich freilich vermeiden, wenn die benannte Bank die nach Art 16 lit c ERA 600 gebotene Erklärung etwa im Rahmen ihres Angebots der Honorierung unter Vorbehalt – in der nach Art 16 lit d ERA 600 gebotenen Weise (insbesondere mittels Telekommunikation: Rz 1/107) – abgibt und dabei vor allem dem Einreicher mitteilt, sie werde in Übereinstimmung mit vorher von ihm erhaltenen Weisungen handeln (Art 16 lit c Z iii d) ERA 600). Sollte eine dem Art 16 lit c ERA 600 entsprechende Vorgangsweise nicht eingehalten worden sein, so könnte man noch die Vorbehaltsvereinbarung zwischen der benannten Bank und dem Begünstigten dahin zu verstehen haben, dass die Regelung des Art 16 ERA 600 nachträglich für die in der Vorbehaltsvereinbarung angeführten Mängel abbedungen wird, wobei dies auch der eröffnenden und der bestätigenden Bank zugute kommen soll. Insofern käme der Vorbehaltsvereinbarung eine Wirkung gegenüber Dritten zu (Vertrag zugunsten Dritter)477. Da ein Verzicht des Begünstigten auf die sich aus Art 16 lit f ERA 600 ergebende Ausschlusswirkung gravierende Folgen hat, die Drittwirkung der Vereinbarung möglicherweise bezweifelt wird und die Annahme eines stillschweigenden Verzichts nicht ohne Risiko ist478, ist anzuraten, durch ausdrückliche Abreden im Rahmen der Vorbehaltsvereinbarung vorzusorgen, hat doch die benannte Bank die Interessen ihres Auftraggebers zu wahren. Fraglich ist, welche Folgen eine Vorbehaltszahlung hat, wenn der Begünstigte sich zwar darauf einlässt, aber an sich der Meinung ist, die vorgelegten Dokumente seien akkreditivkonform, und die Dokumente schließlich von der eröffnenden oder bestätigenden Bank nicht aufgenommen werden. Für den vertraglichen Rückzahlungsanspruch der benannten Bank soll es grundsätzlich unerheblich sein, aus welchen Gründen die Dokumente schließlich nicht akzeptiert werden; es können auch andere Gründe als die dem Begünstigten genannten sein, etwa von der Zweitbank übersehene Mängel479. Es wird aber als zweckmäßig angesehen, in die Vorbehaltsvereinbarung eine ausdrückliche Klausel dahin aufzunehmen, dass der Vorschuss zurückzuzahlen ist, gleichviel, aus welchem Grund die eröffnende Bank die Dokumente nicht honoriert480. Die benannte Bank ist daher unabhängig vom tatsächlichen Vorliegen eines Dokumentenmangels berechtigt, ihre Zahlung vom Begünstigten zurückzufordern, wenn der Auftraggeber die Dokumente als 477
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Zur Drittwirkung des Verzichts auf ein Ersatzfahrzeug im Rahmen der Kfz-Haftpflichtversicherung s Koziol, HaftpflichtR I Rz 18/34. Vgl nur Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 863 Rz 25 ff; Bollenberger in KBB2 § 863 Rz 7; Rummel in Rummel, ABGB3 § 863 Rz 17 f. Avancini in BVR1 II Rz 4/117; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 372. Nach Eberth, WM 1983, 1306 muss hingegen die Zurückweisung der Dokumente durch den Auftraggeber zumindest auf einem der Mängel beruhen, die Gegenstände der Vorbehaltsvereinbarung sind. Letztlich wird es wohl immer auf den genauen Inhalt dieser Vereinbarung ankommen. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 372.
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nicht konform zurückweist481, und der Begünstigte kann gegenüber der benannten Bank nicht geltend machen, die Dokumente seien in Wahrheit akkreditivkonform. Der Begünstigte kann aber dann die Honorierung von der eröffnenden Bank fordern, wobei diese nur solche Dokumentenunstimmigkeiten einwenden darf, die gegenüber dem Einreicher fristgerecht releviert wurden482. Der Fall kann nicht anders beurteilt werden, als wenn die Zahlung unter Berufung auf Dokumentenmängel von vornherein rundweg abgelehnt worden wäre; hiezu ist anerkannt, dass ein „Nachschieben“ von Ablehnungsgründen, welche sich auf Dokumentenmängel beziehen, unzulässig ist (oben Rz 1/111). Äußerst problematisch ist der sogenannte interne Vorbehalt, bei dem die unter Vorbehalt leistende Bank die Dokumente an ihren Auftraggeber (die eröffnende Bank bzw den Akkreditivauftraggeber) weiterleitet, ohne ihn auf die von ihr erkannten Mängel der Dokumentenvorlage und die mit dem Begünstigten vereinbarte Vorbehaltszahlung hinzuweisen. Dies geschieht, um zu vermeiden, dass der Akkreditivauftraggeber die Vorbehaltsmitteilung zu einer schikanösen Ausnutzung der Dokumentenstrenge missbraucht483. Damit werden aber die Pflichten aus dem Auftragsverhältnis verletzt, wonach die Bank die Dokumente auch im Interesse des Auftraggebers zu prüfen hat, so dass sie sich schadenersatzpflichtig machen kann484. Bei eindeutigen und schwerwiegenden Mängeln wird diese Vorgangsweise jedenfalls als mit dem Standing einer internationalen Bank unvereinbar angesehen485. Außer einer Zahlung unter Vorbehalt kommt als wirtschaftliche Lösung bei 1/117 Unstimmigkeit der Dokumente oder bei technischen Pannen, wie Verlust eines Dokuments oder einer von mehreren vorgeschriebenen Ausfertigungen, noch eine Zahlung gegen Garantie in Betracht486. Die Bank honoriert das Akkreditiv gegen Beibringung einer Bankgarantie durch den Begünstigten, aus der sie sich gegebenenfalls schadlos halten kann, wenn die an sich auftragswidrige Honorierung von ihrem Auftraggeber doch nicht genehmigt werden sollte. Ob sich die Bank auf eine solche Vorgangsweise einlassen will, ist allein ihre Sache487. Schließlich kommt als weitere „Ersatzlösung“488 ein Einzug des Akkreditivbe- 1/118 trags durch die eine Honorierung ablehnende Bank auf Basis eines vom 481 482 483 484
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Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 424. Vgl Avancini in BVR1 II Rz 4/117; Schinnerer/Avancini III 132. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 375. Vgl Slongo, Zahlung 260 ff. Für eine Pflicht der Zweitbank, von ihr festgestellte Mängel der eröffnenden Bank mitzuteilen, auch Eberth, WM 1983, 1304. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 375. Dazu Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 419 ff; ferner Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/380 f. So grundsätzlich auch Schlegelberger/Hefermehl in Rz 183, doch könne die Bank nach Treu und Glauben verpflichtet sein, etwa einen unvollständigen „full set“ aufzunehmen, wenn ihr eine ausreichende Bankgarantie gestellt wird (aaO Rz 169); s zu dieser Problematik ferner Canaris, BVR3 Rz 994. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/379.
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Begünstigten darauf hin erteilten Inkassoauftrags in Frage489. In diesem Fall erledigt sich nach Zahn/Ehrlich/Neumann 490 das Akkreditiv von selbst und erlischt; der Begünstigte erklärt sich also ausdrücklich oder konkludent damit einverstanden, das Akkreditiv nicht in Anspruch zu nehmen, die Dokumente also nicht unter dem Akkreditiv, sondern unter dem Inkassoauftrag (Rz 2/1 ff) vorzulegen, um den ihm im Valutaverhältnis zustehenden Betrag auf diesem Wege zu erhalten. Jedenfalls mit Ablauf des Verfalldatums ist das Akkreditiv endgültig unausgenützt (Rz 1/151). Problematisch wäre es hingegen, wenn die benannte Bank zwar im Hinblick auf die Dokumentenmängel die Honorierung ablehnt, aber ohne einen entsprechenden Inkassoauftrag des Begünstigten die mangelhaften Dokumente der eröffnenden Bank zum Inkasso übermittelt. In diesem Fall hat der Begünstigte die Dokumente rechtzeitig unter dem Akkreditiv vorgelegt und es bleiben ihm daher die Rechte aus dem Akkreditiv erhalten; andererseits können die Mängel von der eröffnenden Bank nach Verstreichen der Rügefrist zufolge Art 16 lit f ERA 600 nicht mehr geltend gemacht werden, weil mit den Dokumenten nicht entsprechend Art 16 lit c ERA 600 verfahren worden ist.
F. Einwendungen gegen die Inanspruchnahme 1. Die grundsätzliche Unzulässigkeit von Einwendungen 1/119
Nach Art 4 lit a ERA 600 ist das Akkreditiv seiner Natur nach ein vom ihm zugrunde liegenden Kauf- oder anderen Vertrag (zwischen dem Auftraggeber und dem Begünstigten im Valutaverhältnis) getrenntes Geschäft491. Ebenso ist es unabhängig von der Beziehung des Auftraggebers zur eröffnenden Bank (Deckungsverhältnis). Weder kann die Bank ihre Verpflichtung zu honorieren oder negoziieren mit Bezug auf Deckungs- oder Valutaverhältnis bestreiten, noch kann sich der Begünstigte auf die vertraglichen Beziehungen zwischen den Banken oder zwischen dem Akkreditivauftraggeber und der eröffnenden Bank berufen. Diese Abstraktheit des Akkreditivs hat – nach den gesetzlichen Regeln zur angenommenen Anweisung – zur Folge, dass Einwendungen aus anderen Rechtsverhältnissen zwischen den Beteiligten von der eröffnenden Bank dem Begünstigten grundsätzlich nicht entgegengehalten werden können. Nur so kann das Akkreditiv – ähnlich wie die Bankgarantie (Rz 3/95) – seine Sicherungsfunktion gegenüber dem Begünstigten erfüllen, indem dieser zunächst jedenfalls Zahlung erhält und der Streit über die Berechtigung seiner Ansprüche aus dem Grundgeschäft erst im Rahmen eines Rückforderungsprozesses auszutragen ist, in welchem der Begünstigte dann die Beklagtenstellung hat492. 489 490 491 492
Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/385. Zahlung Rz 2/385. Vgl OGH 1 Ob 554/94 in ÖBA 1996, 64 mit Anm von Avancini = SZ 67/111. Dazu Canaris, Einwendungsausschluss und Einwendungsdurchgriff bei Dokumentenakkreditiven und Außenhandelsgarantien, ÖBA 1987, 776. Der Rückforderungs-
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Damit sind der Bank freilich nicht alle Einwendungen abgeschnitten: Für das Akkreditiv als Anweisungsannahme regelt zunächst § 1402 ABGB die Einwendungsmöglichkeiten493. Danach kann die Bank dem Begünstigten (nur) solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit des Akkreditivs betreffen oder sich aus dessen Inhalt oder aus ihren persönlichen Beziehungen zum Begünstigten ergeben. Darüber hinaus kann – mit Einschränkungen – die Ungültigkeit des Akkreditivauftrags eingewendet werden. Einwendungen aus dem Kausalverhältnis zwischen dem Akkreditivauftraggeber und dem Begünstigten kann die Bank in Ausnahmefällen dann erheben, wenn die Akkreditivinanspruchnahme durch den Begünstigten den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs erfüllt. Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis zwischen der eröffnenden Bank und ihrem Auftraggeber sind grundsätzlich unzulässig494. Auch auf einen „Doppelmangel“, also die Ungültigkeit des Deckungs- und des Valutaverhältnisses, kann sich nach hL die Bank nicht berufen495. Für diese Beurteilung wird von Canaris 496 ins Treffen geführt, eine Ablehnung des Einwendungsausschlusses bei Doppelmängeln sei sachwidrig, weil dadurch ein Streit über die Wirksamkeit des Valutaverhältnisses in den Prozess zwischen dem Begünstigten und der Bank hineingetragen werde, was der Funktion des Akkreditivs nicht gemäß sei. Diese Auffassung trägt der Regelung des Art 4 lit a ERA 600 voll Rechnung. Andererseits sollte man in den seltenen Fällen497 eines Doppelmangels nicht übersehen, dass weder der Begünstigte noch der Akkreditivauftraggeber ein Recht haben, die von der Bank erbrachte Leistung zu behalten. Vielmehr ist eine von der Bank im Hinblick auf ihre abstrakte Verpflichtung im Einlösungsverhältnis erbrachte Zahlung letztlich wieder an diese zurückzustellen. Die abstrakte Verpflichtung der Bank im Einlösungsverhältnis vermag daher zwar zunächst einen Erwerb des Begünstigten zu rechtfertigen498, sie rechtfertigt aber nicht das Behaltendürfen der erbrachten Leistung. Dafür sind die Schuldverhältnisse im Deckungs- und im Valutaverhältnis maßgebend, so dass man mit Spielbüchler 499 vertreten könnte, ein Mangel beider Grundverhältnisse mache die (abstrakte) Verpflichtung des
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prozess wird häufig im Heimatland des Begünstigten geführt werden müssen, wogegen ein Gläubiger, der auf kein Akkreditiv greifen kann, den Zahlungsanspruch gegen den Geschäftspartner nun seinerseits im Ausland verfolgen müsste (vgl auch Canaris, BVR3 Rz 917). Dazu Koziol in BVR2 III Rz 1/87 ff; Neumayr in KBB2 § 1402 Rz 3. Vgl etwa Canaris, BVR3 Rz 1010. Avancini in BVR1 II Rz 4/119 und 4/210; Canaris, BVR3 Rz 1026; Schlegelberger/ Hefermehl Rz 218; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 83; Lücke, Das Dokumentenakkreditiv in Deutschland, Frankreich und der Schweiz – Eine rechtsvergleichende Darstellung (1976) 188 ff mit Hinweisen auf eine gegenteilige ältere deutsche und in der Schweiz herrschende Auffassung. BVR3 Rz 1026. Dies betont Spielbüchler, Der Dritte 49. Vgl Apathy/Riedler, SR BT Rz 15/42; Koziol in BVR2 III Rz 1/114. Der Dritte 49; ÖBA 2002, 427: Wozu soll eine im Ergebnis ungerechtfertigte Leistung erzwungen werden können?
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Angewiesenen gegenüber dem Anweisungsempfänger rechtsgrundlos. Unter dieser Voraussetzung erscheint es aber keineswegs sachwidrig, die Vermögensverschiebung im Einlösungsverhältnis erst gar nicht durchzuführen, wenn feststeht, dass sie vollständig rückgängig gemacht werden muss. Daher wird auch von einem Teil des österreichischen Schrifttums für die angenommene Anweisung die Auffassung vertreten, dass über die in § 1402 ABGB (nicht abschließend)500 genannten Fälle hinaus ein Doppelmangel geltend gemacht werden könne501. Folgt man dieser Auffassung, so bedeutet dies für das Akkreditiv noch nicht, dass die eröffnende Bank jeden Doppelmangel einwenden kann, sind doch abweichende Parteienvereinbarungen möglich. Im Hinblick auf Art 4 lit a ERA 600 wird man daher den Einwand des Doppelmangels für unzulässig ansehen können, außer es liegt ein Fall von Rechtsmissbrauch vor502. Damit wird auch dem Interesse des Begünstigten, der die zur Disposition über die Waren erforderlichen Dokumente bereits aus der Hand gegeben hat, Rechnung getragen, zunächst Zahlung zu erhalten. 2. Zulässige Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter a) Ungültigkeit des Akkreditivs 1/120
Wie bei jedem Rechtsgeschäft können auch beim Akkreditiv alle Einwendungen erhoben werden, die sich gegen seine Gültigkeit richten (§ 937 ABGB; vgl unten Rz 3/96). So kann das Akkreditiv etwa wegen eines beachtlichen Willensmangels der eröffnenden Bank angefochten (§§ 870 f ABGB)503 oder ein Verstoß gegen die guten Sitten oder gegen ein gesetzliches Verbot (§ 879 ABGB) geltend gemacht werden504. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass unter besonderen Umständen die Ungültigkeit des Grundgeschäfts zwischen dem Akkreditivauftraggeber und dem Begünstigten auf das Akkreditiv durchschlägt (dazu auch unten Rz 1/132 f). Auch die Fälschung des Akkreditivs und der Mangel der Vertretungsmacht sind zulässige Gültigkeitseinwendungen. Zu prüfen ist allerdings jeweils, ob sich die eröffnende Bank die gefälschte bzw vollmachtslose Erklärung nicht doch zurechnen lassen muss, weil sie fahrlässig den Schein einer 500
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Ertl in Rummel, ABGB3 § 1402 Rz 2; Heidinger in Schwimann, ABGB § 1402 Rz 5; Neumayr in KBB2 § 1402 Rz 3. Dullinger, SR AT Rz 5/71; Ehrenzweig, System II/1, 289; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 II 162; Mayrhofer, SR AT 547 f mwN in FN 12; Spielbüchler, Der Dritte 49 f; vgl auch Ertl in Rummel, ABGB3 § 1402 Rz 2; aM Wilburg in Klang VI 451. Vgl Spielbüchler, ÖBA 2002, 428. Auch ein wesentlicher Irrtum in der Person des Begünstigten berechtigt zur Anfechtung (dazu Avancini, ÖBA 1991, 668; s auch Schärrer, Rechtsstellung 126 f); aM Raith, Recht 135 f. Zur Problematik eines Verstoßes gegen zwingende Gesetze eines fremden Staates vgl Nielsen, Akkreditivgeschäft 40; Koziol unten Rz 3/96 mit Hinweis auf das Devisenrecht.
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wirksamen Willenserklärung herbeigeführt hat, auf den der Begünstigte berechtigterweise vertraute505. Schließlich kann auch eine Ungültigkeit des Akkreditivauftrags (Fälschung, mangelnde Vertretungsmacht usw) eingewendet werden, weil sie auf die Gültigkeit des Akkreditivs als Anweisungsannahme durchschlägt. Im Ergebnis wird die Bank dem Begünstigten allerdings haften, wenn das Akkreditiv im Wege einer Konversion als kausales Rechtsgeschäft aufrechterhalten werden kann, oder es kann eine Schadenersatzpflicht aus cic eingreifen (s Rz 1/86 und 1/88).
b) Einwendungen aus dem Inhalt des Akkreditivs, insbesondere Einwand der mangelnden Akkreditivgerechtheit der Dokumente Das Akkreditiv begründet eine bedingte Verpflichtung der eröffnenden Bank 1/121 (Rz 1/96). Daher ist die aus dem Akkreditiv verpflichtete Bank berechtigt einzuwenden, dass die vorgeschriebenen Bedingungen gar nicht erfüllt worden sind. Dazu gehört, dass die Inanspruchnahme durch den Berechtigten nicht fristgerecht gegenüber der hierfür vorgesehenen Stelle erklärt worden ist und dass insbesondere die vorgelegten Dokumente nicht akkreditivgemäß, sondern zB gefälscht sind506. Allerdings kann die (eröffnende oder bestätigende) Bank bei Zulässigkeit von Teillieferungen nicht geltend machen, dass ein Teil der Lieferung verspätet erfolgt ist, und deshalb auch die Honorierung des Akkreditivs im Hinblick auf den Teil, der rechtzeitig geliefert wurde, verweigern507. Die Bank hat grundsätzlich nur die formelle Übereinstimmung der vorge- 1/122 legten Dokumente mit den Akkreditivbedingungen zu prüfen508. Dies folgt aus Art 14 lit a ERA 600, wonach die benannte, bestätigende und eröffnende Bank die Dokumentenvorlage prüfen müssen, „um allein aufgrund der Dokumente zu entscheiden, ob die Dokumente ihrer äußeren Aufmachung nach eine konforme Dokumentenvorlage zu bilden scheinen“509. Auf das Grundgeschäft braucht die Bank bei ihrer Prüfung, ob das Akkreditiv ordnungsgemäß in Anspruch genommen worden ist, nicht einzugehen und darf es auch nicht; es tangiert idR die Bank und die von ihr eingegangene abstrakte Akkreditiv505 506
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S F. Bydlinski, Privatautonomie 155 ff. Diwok, ÖBA 2001, 363 ff; OGH 9 Ob 83/04b in ÖBA 2005, 282: rückdatierte Dokumente. OGH in ÖBA 2005, 282. Avancini in BVR1 II Rz 4/122; Canaris, BVR3 Rz 957; Schlegelberger/Hefermehl Rz 182; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/39; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/241 f. S auch unten Rz 1/126. Hervorhebung vom Verf. – Nach BGH in MDR 1958, 407 soll die Bank ausnahmsweise gehalten sein, einen zweifelhaften Sinn vorgelegter Dokumente durch eigene Ermittlungen klarzustellen, wenn sich ihr hiezu ein einfacher Weg bietet. Vorweg betont wird aber der Grundsatz, dass die Bank im Allgemeinen keine Ermittlungen über den Sinn der Dokumente anzustellen habe.
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verpflichtung nicht510. Im Akkreditivgeschäft befassen sich Banken511 nur mit den Dokumenten und nicht mit Waren, Dienstleistungen oder Leistungen, auf die sich die Dokumente möglicherweise beziehen (Art 5 ERA 600). So wie einerseits Störungen im Grundgeschäft die Akkreditivverpflichtung normalerweise nicht berühren, berechtigt andererseits die ordnungsgemäße Erfüllung des Grundgeschäfts durch den Begünstigten die eröffnende Bank nicht zur Honorierung des Akkreditivs, sollte die Dokumentenvorlage mangelhaft sein512. Anderes gilt, wenn der Auftraggeber den Mangel genehmigt (Rz 1/109). Stehen eigene Interessen der Bank einer Honorierung nicht entgegen, wird sie bei Genehmigung durch den Auftraggeber dazu sogar verpflichtet sein513, eine Verpflichtung, die freilich nur dem Auftraggeber gegenüber besteht. 1/123
Dem „Abstraktionsgrundsatz“ entsprechend ist die (aus den Urkunden nicht erkenntbare) inhaltliche Richtigkeit der Dokumente im Allgemeinen ebenfalls nicht Gegenstand der Prüfung der eröffnenden Bank514. Auch Verdachtsmomente in dieser Richtung braucht die Bank grundsätzlich nicht aufzugreifen. Sie wird zwar ihren Auftraggeber davon zu informieren haben, ist aber andererseits sogar gehalten, das Akkreditiv trotz Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit eines Dokuments zu honorieren. Wenn ihr allerdings der Aussteller eines Akkreditivdokuments selbst erklärt, dass das Dokument in einem akkreditivrechtlich wesentlichen Punkt unrichtig sei, hat sie es unter Berücksichtigung dieser berichtigenden Erklärung auf seine Akkreditivkonformität (neu) zu beurteilen und, falls diese dann nicht mehr gegeben sein sollte, eine Honorierung abzulehnen515. Dem Begünstigten muss aber der Beweis offen stehen, dass die vom Aussteller vorgenommene „Berichtigung“ selbst unrichtig ist und somit das Dokument in der vorgelegten Fassung richtig und akkreditivkonform war. Es kommt hier zu einer Umkehr der Beweislast: Der Begünstigte muss die spätere Erklärung des Dokumentenausstellers als falsch widerlegen; solange ihm dies nicht gelingt, braucht und darf die Bank nicht leisten. Wird einem Akkreditivdokument die inhaltliche Richtigkeit nicht von dessen Aussteller selbst aberkannt, sondern wird der Bank von anderer Seite eine Unrichtigkeit dargetan, so kann sie dies nur in den 510
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Das wird in Art 4 lit a ERA 600 besonders betont (oben Rz 1/119). Vgl auch OGH in HS ErgBd 85; ÖBA 1965, 141. Vgl hingegen Art 4 ERA 500, wo dies für „alle Beteiligten“, nicht nur für Banken vorgesehen war. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 178; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/241; s ferner Canaris, BVR3 Rz 957, der allerdings die Meinung vertritt, in einem solchen Fall werde die in der Dokumentenaufnahme liegende Abweichung von den Akkreditivbedingungen meist nach § 242 BGB unerheblich sein. Auf die Lage des Einzelfalles abstellend Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/387. S im Übrigen bei Rz 1/109. Canaris, BVR3 Rz 959; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 377; Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 2/242; Schweizer Bundesgericht in BGE 115 II 67. S dazu Avancini, ÖBA 1991, 668 ff; vgl auch BGH in MDR 1964, 396, der gleichfalls darauf abstellt, wie sich die vom Aussteller stammenden urkundlichen Erklärungen in ihrer Gesamtheit der Bank darstellen.
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engen Grenzen des Rechtsmissbrauchseinwandes (dazu Rz 1/133) geltend machen. Auch die Echtheit der Akkreditivdokumente braucht die Bank an sich 1/124 grundsätzlich nicht zu prüfen. Aus der Fokussierung des Akkreditivgeschäfts auf die Dokumente516 ist allerdings der Grundsatz abzuleiten, dass gefälschte Dokumente für eine Erfüllung von Akkreditivbedingungen überhaupt ungeeignet sind517. Gefälschte Dokumente sind nicht die nach Art 7 lit a und Art 8 lit a ERA 600 vorgeschriebenen Dokumente bzw sie bedeuten keine konforme Dokumentenvorlage, weil sie keine rechtlich relevanten Erklärungen ihres angeblichen Ausstellers sind518. Zum Problem, unter welchen Voraussetzungen eine Bank, die auf gefälschte Dokumente hin ein Akkreditiv honoriert hat, Aufwandersatz von ihrem Auftraggeber verlangen kann s oben Rz 1/67. Da ein Akkreditiv gegen gefälschte Dokumente nicht zu honorieren ist, hat die Bank (im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber) einen begründeten Fälschungsverdacht stets zu beachten: Erhält sie vor der Honorierung eine unbedenklich scheinende Erklärung des angeblichen Ausstellers, in der dieser das Dokument als Fälschung bezeichnet, so muss sie davon ausgehen, dass ihr ein Akkreditivdokument gar nicht vorliegt. Dann sind die Akkreditivbedingungen nicht erfüllt und sie darf das Akkreditiv nicht mehr (auf Rechnung ihres Auftraggebers) honorieren. Die Erklärung der als Dokumentenaussteller aufscheinenden Person, es liege eine Fälschung vor, kann nur die Beweislast verschieben, nicht aber ein in Wahrheit doch echtes Dokument vernichten und so den Begünstigten um einen berechtigten Anspruch bringen. Dem Begünstigten muss es freistehen, den Gegenbeweis zu führen und gegebenenfalls auch auf dem Prozesswege die Echtheit des von ihm vorgelegten Akkreditivdokuments darzutun. Erfährt die Bank vor Akkreditivhonorierung von anderer Seite als von dem angeblichen Dokumentenaussteller, dass ein Akkreditivdokument gefälscht sein soll, so kann sie eine solche Mitteilung nicht ohne weiteres abtun; sie ist vielmehr (im Sinne einer Obliegenheit) gehalten, einem Fälschungsverdacht nachzugehen. Auf eine zusätzliche Beweisbarkeit des Verdachts kommt es dabei nicht an519. 516
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Das Akkreditiv ist von der Bank bloß auf die vom Begünstigten vorgelegten Dokumente hin zu honorieren; andererseits soll typischerweise die Dokumentenvorlage den Akkreditivauftraggeber davor schützen, dass er zahlt, ohne die Gegenleistung im Grundgeschäft zu erhalten. OGH 1 Ob 16/01m in ÖBA 2002, 316 mit Anm von Apathy unter Berufung auf Avancini in BVR1 II Rz 4/124; ferner Diwok, ÖBA 2001, 363. Zur näheren Begründung: Avancini, ÖBA 1991, 668 f. Vgl auch Wessely, Unabhängigkeit 60; Schönle, BankR 123. Nach dem BGH in WM 1989, 1713 = BGHZ 108, 348 ergibt sich die Verpflichtung einer Bank, Zahlung nicht auf der Grundlage gefälschter Dokumente zu leisten, schon aus allgemeinen Gesichtspunkten; sie sei keine Besonderheit des Akkreditivgeschäfts (zustimmend Nielsen in seiner Anmerkung WuB I H 2. – 1.90). Auch das US-amerikanische Recht verlangt grundsätzlich Echtheit der vorgelegten Dokumente (vgl Raith, Recht 146). Etwas unklar, im Ergebnis aber doch wohl auf der gleichen Linie OGH 6 Ob 628/89 in ÖBA 1991, 666 mit Anm von Avancini.
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Das Dokumentenakkreditiv
Macht die Bank gegenüber dem Begünstigten die Fälschung eines Akkreditivdokuments geltend, so wendet sie nicht etwa Rechtmissbrauch ein520, ein Einwand, der aus dem Grundverhältnis zwischen Begünstigtem und Akkreditivauftraggeber abgeleitet wird, sie ficht aber andererseits auch nicht ihre Akkreditivverpflichtung als solche an521. Sie macht vielmehr schlicht geltend, dass die Bedingung, unter der ihre Honorierungspflicht steht, nicht erfüllt wurde, weil sie nur durch die Vorlage echter Dokumente erfüllt wird. 1/125
„Berichtigungen“ eines Akkreditivdokuments durch dessen Aussteller sowie Dokumentenfälschungen überhaupt sind von der Bank über die Dokumentenvorlage hinaus bis zur Akkreditivhonorierung zu beachten522. Zur Beurteilung der Frage, ob der Begünstigte einen Anspruch auf Honorierung hat, sind alle der Bank über die Dokumente bekannten Umstände heranzuziehen; neue Erkenntnisse seit der Dokumentenvorlage dürfen nicht unberücksichtigt bleiben. Denn Entscheidungsgrundlage kann die Sachlage nur zu jenem Zeitpunkt sein, in dem die Bank das Akkreditiv zu honorieren beabsichtigt. Praktische Bedeutung wird dieses Problem vorwiegend bei Akkreditiven mit hinausgeschobener Zahlung haben.
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Die Übereinstimmung der vorgelegten Dokumente mit den Akkreditivbedingungen, also die Akkreditivgerechtheit, haben die benannte, bestätigende und eröffnende Bank auf das Genaueste und Förmlichste zu überprüfen523. Entsprechend der Definition der konformen Dokumentenvorlage in Art 2 ERA 600 kommt es auf die Übereinstimmung der Dokumentenvorlage mit den Akkreditiv-Bedingungen, den anwendbaren Bestimmungen der ERA und dem Standard internationaler Bankpraxis an. Bei der Orientierung an der internationalen Bankpraxis spielt eine Rolle, dass eine Übereinstimmung zwischen den Dokumenten und den Akkreditivbedingungen „Wort für Wort, Buchstabe für Buchstabe“ eine für die Praxis nicht erfüllbare Anforderung ist. Nach den Vorstellungen der Verfasser soll es darauf ankommen, wie ein redlicher, verständiger Dokumentenprüfer in einer Bank unter den gegebenen Umständen entscheiden würde524. Daher begründet die Verwendung gängi520
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OGH in ÖBA 1991, 666 mit Anm von Avancini; Avancini in BVR1 II Rz 4/124; aM Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/418. Vgl OGH in ÖBA 1991, 666 mit Anm von Avancini; dazu auch Diwok, ÖBA 2001, 364 f. Vgl auch Nielsen, DB 1964, 1728; aM wohl Canaris, BVR3 Rz 959. Avancini in BVR1 II Rz 4/126; Canaris, BVR3 Rz 942, 962; Schlegelberger/Hefermehl Rz 181 ff; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 177 ff; OGH 2 Ob 563/91 in ÖBA 1992, 169 = SZ 64/139 (dazu Griß-Reiterer, ÖBA 1999, 176); OLG München in WM 1996, 2335. – Gleiche Grundsätze sind bei bei Prüfung der rechtmäßigen Inanspruchnahme einer Garantie zu beachten: dazu Koziol unten Rz 3/84, 87. Ausführlich erörtert den Grundsatz der Dokumentenstrenge auf rechtsvergleichender Basis: Krauß, Die Konformität der Dokumente im Akkreditivgeschäft (1990). Seine Untersuchung führt ihn zu Grundzügen eines „Modells abgestufter Dokumentenstrengestandards“ (aaO 200 ff). Avancini in BVR1 II Rz 4/126 FN 336 mit dem Hinweis, dass auch damit Streitigkeiten über die Akkreditivgemäßheit einer Dokumentenvorlage keinesfalls ausge-
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ger Abkürzungen ebenso keine Akkreditivwidrigkeit525 wie Schreibfehler, die die Bedeutung des Wortes nicht beeinträchtigen526. Zudem soll die Orientierung am Standard internationaler Bankpraxis eine Bedachtnahme auf Ortsusancen ausschließen527. Der Grundsatz der Dokumentenstrenge findet seine Rechtfertigung darin, dass die Bank in aller Regel keinen Einblick in die Beziehungen zwischen dem Käufer und dem Verkäufer hat (Rz 1/49) und daher sowie mangels Sach- und Branchenkenntnis vielfach nicht beurteilen kann, welche Folgen eine Abweichung vom Akkreditivauftrag für den Auftraggeber haben kann528. Dadurch wird allerdings eine Auslegung der Akkreditivbedingungen nach den §§ 914 f ABGB nicht ausgeschlossen (vgl auch Rz 1/19). So hat der BGH529 in Zusammenhang mit der Auslegung eines Standby Letter of Credit hervorgekehrt, dass die Auslegung nicht nur auf den Wortlaut, sondern auch auf den aus der Urkunde erkennbaren Sinn und Zweck der in ihm enthaltenen Bestimmungen abstellt. Allerdings ist für die Auslegung des Akkreditivs allein die Urkunde, nicht aber das Grundgeschäft maßgebend530. Auch Nielsen 531, demzufolge allein die grammatische Auslegung dem Grundsatz der Auftrags- und Dokumentenstrenge gerecht werde, warnt vor einer reinen Buchstabeninterpretation und kehrt hervor, dass nicht bloß auf den Wortlaut einer einzelnen Vertragsbestimmung abzustellen, sondern stets der Inhalt des ganzen Vertrags heranzuziehen sei. Ob auch die Dokumente selbst nach diesen Regeln ausgelegt werden können, wird bezweifelt532, da es bei den Dokumenten nicht um an die eröffnende Bank gerichtete rechtsgeschäftliche Erklärungen des Vertragspartners der Bank geht. Gerade die Formalisierung des Akkreditivgeschäfts fordert, dass die Dokumente so zu lesen sind, wie sie sich äußerlich präsentieren. Das soll freilich nicht heißen, dass die Bank die Dokumente ausschließlich nach deren Buchstaben am Akkreditiv zu messen hätte. Maßgebend ist der sich ohne Schwierigkeiten und Zweifel aus der Fassung der Dokumente ergebende
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schlossen sind. Ferner Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 185, für den der Standard der internationalen Bankpraxis ein schwer fassbarer Begriff ist, der mangels Beweisbarkeit kaum praktische Auswirkungen auf die Dokumentenprüfung haben dürfte. ISBP Z 6. – Nach Ansicht der Bankenkommission der IHK sind die IATA-Codes für Flughäfen akzeptabel, nicht aber die für Fluglinien. ISBP Z 25; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 220. Avancini in BVR1 II Rz 4/126 FN 336; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 186. OGH in ÖBA 1992, 169 mwN. XI ZR 114/93 in WM 1994, 1063; dazu Berger, Schütze-FS 108 ff; Nielsen in BankRHB § 120 Rz 182; derselbe, Auslegung von Zahlungsversprechen und – dokumenten bei Abwicklung grenzüberschreitender Verträge im Spannungsfeld zwischen teleologischer Sinnermittlung und Buchstabentreue, Kümpel-FS (2003) 411, 416; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 397 ff; s auch I. Koller, Dokumentenstrenge im Licht von Treu und Glauben beim Dokumentenakkreditiv, WM 1990, 298f. ISBP Z 1; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 182. Kümpel-FS 413 f. Avancini in BVR1 II Rz 4/126 zu Canaris, BVR3 Rz 962. Nach I. Koller, WM 1990, 299 erübrige sich bei einer sachgerechten Interpretation der Akkreditivbedingungen eine Auslegung der Dokumente.
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typische Sinn der Erklärung 533. Übereinstimmung ist beispielsweise eindeutig gegeben, wenn das Akkreditiv von „Erdäpfel“ spricht und im Dokument „Kartoffel“ steht534. Auch die Angabe einer falschen Postleitzahl bei der Adresse des Begünstigten in der Faktura wird unerheblich sein535 (vgl dazu überhaupt Art 14 lit j ERA 600). Vertreten wird, dass trotz einer Abweichung der Dokumentenvorlage von den Akkreditivbedingungen die Bank in ganz besonderen Fällen dem Begünstigten gegenüber verpflichtet sein könnte, das Akkreditiv doch zu honorieren536. Auf eine Akkreditivwidrigkeit der Dokumentenvorlage wird sich die Bank nur dann nicht berufen dürfen, wenn sie im Zeitpunkt der Dokumentenprüfung zuverlässig ausschließen kann, dass eine Honorierung weder für sie noch für ihren Auftraggeber auch nur die abstrakte Gefahr von Nachteilen hervorrufen würde537. Sobald es zweifelhaft sein kann, ob trotz der Abweichungen die Interessen des Auftraggebers und ihre eigenen voll gewahrt sind, ist die Bank berechtigt, eine akkreditivwidrige Dokumentenvorlage zurückzuweisen538. Nach Canaris 539 können Treu und Glauben bei Vorliegen besonderer Umstände gebieten, dem Begünstigten eine Nachfrist zur Beschaffung akkreditivkonformer Dokumente oder zur Behebung sonstiger Hindernisse einzuräumen, wobei jedoch strenge Anforderungen zu stellen seien. Avancini 540 stimmt dem zu, wenn der Mangel objektiv ganz leicht behebbar ist, den Auftraggeber und die eröffnende Bank kein Nachteil daraus trifft, so dass die Verweigerung der Nachfrist sich geradezu als Schikane darstellte. 1/127
Die Akkreditivgerechtheit der Dokumente ist in drei Richtungen zu prüfen: – Einmal ist zu prüfen, ob alle geforderten Dokumente vorgelegt worden sind541, wobei von jedem im Akkreditiv vorgeschriebenen Dokument mindestens ein Original vorzulegen ist (Art 17 lit a ERA 600). Als Original wird ein Dokument behandelt, wenn es Originalunterschriften, Zei533 534 535 536
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Schlegelberger/Hefermehl Rz 182. Schinnerer/Avancini III 108 FN 343 mit weiteren Beispielen. Nielsen, Kümpel-FS 420. Vgl Liesecke, WM 1966, 464. – Eine ganz andere Frage ist, worauf I. Koller, WM 1990, 298 zutreffend hinweist, unter welchen Voraussetzungen die eröffnende Bank im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber über eine Fehlerhaftigkeit der Dokumentenvorlage eigenmächtig hinwegsehen und das Akkreditiv honorieren kann, obwohl sie wegen dieser Fehler zur Honorierung dem Begünstigten an sich nicht verpflichtet wäre (für Näheres s Rz 1/55). I. Koller, WM 1990, 298 ff mit eingehender Begründung. Problematisch die in SZW 1990, 56 referierte und dabei von Lanzi/Wille wohl mit Recht als vom Grundsatz der Dokumentenstrenge zu weit abrückend kritisierte Entscheidung des Schweizer Bundesgerichtes vom 11. 1. 1989, BG E 115 II 67. Vgl Liesecke, WM 1966, 464. BVR3 Rz 990. In BVR1 II Rz 4/126. Avancini in BVR1 II Rz 4/127; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 214; Schütze, Dokumentenakkreditiv 381; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/248.
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chen, Stempel oder Aufkleber des Dokumentenausstellers zu tragen scheint und kein Hinweis darauf enthalten ist, dass es sich um kein Original handle (Art 17 lit b ERA 600). Ferner, wenn es vom Aussteller handschriftlich oder eigenhändig mit der Maschine geschrieben, perforiert oder gestempelt zu sein scheint, wenn es auf Originalpapier des Ausstellers erstellt zu sein scheint, wenn es sich als Original deklariert (Art 17 lit c ERA 600). Zur Vollständigkeit iS von Vollzähligkeit gehört, dass bei Traditionspapieren der volle Satz auch ohne dahingehendes Verlangen vorgelegt wird542; bei Dokumenten ohne Traditionswirkung genügt das für den Absender543 bestimmte Exemplar des Frachtbriefs, wenn das Akkreditiv nichts anderes vorschreibt. Ist letzteres der Fall, so muss die geforderte Anzahl beigebracht werden; für eine Ermessensentscheidung ist hier – entgegen mancher Ansicht544 – kein Raum. Allerdings können statt der im Akkreditiv verlangten Kopien auch Originale verwendet werden (Art 17 lit d ERA 600). Sind mehrere Exemplare eines Dokuments vorzulegen, so genügt die Vorlage eines Originals sowie von der entsprechenden Anzahl von Kopien, soweit nichts anderes angegeben ist (Art 17 lit e ERA 600). Die Zusammenfassung mehrerer Urkunden in einer Urkunde und die Aufteilung des Inhalts einer vorgeschriebenen Urkunde auf mehrere Urkunden wird grundsätzlich für unzulässig gehalten545. – Ferner ist zu prüfen, ob die Dokumente ihrer äußeren Aufmachung nach ordnungsgemäß sind546. Hier geht es auch darum, dass die Dokumente untereinander übereinstimmen. Eine solche Übereinstimmung erfordert allerdings nicht völlig identische Angaben in verschiedenen Dokumenten und ist daher gegeben, wenn die Dokumente einander nicht widersprechen547. Zur äußerlichen Ordnungsgemäßheit der Dokumente gehört ferner, dass keine bei üblicher bankmäßiger Prüfung erkennbare Fälschung vorliegt 542
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Art 20 lit a Z iv ERA 600; Canaris, BVR3 Rz 961; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 215, 276. Oder das Dokument darf keinen Hinweis darauf enthalten, für wen es erstellt wurde: Art 24 lit b Z i ERA 600. Zum Meinungsstreit Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 382 f. Vgl Schinnerer/Avancini III 109 FN 343 und S 142. Keine Bedenken gegen eine Aufspaltung eines an sich einheitlichen Dokuments in zwei Teildokumente hat Krauß, Konformität 144; eine Zusammenfassung mehrerer Dokumente lehnt auch er grundsätzlich ab (S 143 f). Avancini in BVR1 II Rz 4/127; Schütze, Dokumentenakkreditiv 385; Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 2/249. Art 14 lit d ERA 600. Die Adressen des Begünstigten und des Auftraggebers in einem vorgeschriebenen Dokument müssen nicht mit den entsprechenden Adressen im Akkreditiv übereinstimmen, aber in demselben Land angesiedelt sein: Art 14 lit j ERA 600 (vgl zur früheren Rechtslage OLG München in WM 1996, 2335). Vgl ferner Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 177a, 221 f mit Beispielen; Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 2/255; für Beispiele Schinnerer/Avancini III 116 f. – Das weitere Erfordernis, die Dokumente müssen (entsprechend älteren opinions der Bankenkommission der IHK) einen Zusammenhang („linkage“) untereinander bzw zum Akkreditiv erkennen lassen, wurde bei der Formulierung der ERA 600 intensiv diskutiert, letztlich aber nicht in die Neufassung aufgenommen.
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und dass das einzelne Dokument in seinen wesentlichen Punkten auch in sich widerspruchsfrei ist und keine sonstigen auffälligen Mängel formeller Natur aufweist548. – Schließlich ist zu prüfen, ob die Dokumente nach Art und Inhalt den Akkreditivbedingungen (im weiteren Sinn) entsprechen549. Dabei sind in erster Linie die für die Dokumente in das Akkreditiv aufgenommenen Bestimmungen maßgeblich; nur subsidiär ist die Übereinstimmung der Dokumente mit den in den ERA getroffenen Regelungen zu prüfen550. Hier ist der zu Recht vielfach zitierte551 Ausspruch von Lord Sumner in einem vom House of Lords entschiedenen Fall zu beherzigen: „There is no room for documents which are almost the same, or which will do just as well.“ Grundsätzlich genügt es allerdings, wenn die Angaben im Dokument nicht im Widerspruch zum Akkreditiv oder irgendeinem anderen vorgeschriebenen Dokument stehen (Art 14 lit d ERA 600). Für die Handelsrechnung bestimmt darüber hinaus Art 18 lit c ERA 600, dass die Beschreibung der Waren, Dienstleistungen oder Leistungen mit der Beschreibung im Akkreditiv übereinstimmen muss, während in anderen Dokumenten die Beschreibung der Waren, Dienstleistungen oder Leistungen in allgemeinen Begriffen erfolgen kann, die nicht in Widerspruch zu ihrer Beschreibung im Akkreditiv stehen (Art 14 lit e ERA 600). Nach Art 14 lit k ERA 600 muss der Absender der Waren in einem Dokument nicht auch der Begünstigte aus dem Akkreditiv sein. Versicherungsdokumente dürfen zufolge Art 28 lit Z i ERA 600 einen Hinweis auf jegliche Ausschlussklauseln enthalten, und zwar auch dann, wenn das Akkreditiv „Versicherung gegen alle Risiken“ vorschreibt (vgl Art 28 lit h ERA 600). Wie weit diese Ausschlussklauseln gehen können, ohne den Zweck der Akkreditivbestimmung zu gefährden, ist im Einzelfall entsprechend § 914 ABGB zu beurteilen. 1/128
Ist die Inanspruchnahme ordnungsgemäß, so kann die eröffnende Bank noch einwenden, dass die von ihr verlangte Leistung über das hinausgeht, wozu sie sich im Akkreditiv verpflichtet hat. Dazu gehört beispielsweise der Einwand, dass die Zahlung noch nicht fällig oder nicht in der vom Begünstigten geforderten Währung zu leisten sei. 548
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Vgl Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 386, der allerdings eine Beanstandung nur von „ins Auge springenden“ formellen Mängeln fordert. Zur Prüfung der einzelnen Dokumente auf Akkreditivgemäßheit s insbesondere Nielsen, Akkreditivgeschäft 104 ff; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 217 ff; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 391 ff; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/254 f und 2/276 ff; auf Basis der ERA 1973: Schinnerer/Avancini III 121 ff. – Beispiele typischer Mängel in Akkreditivdokumenten bei Schinnerer/Avancini III 118 ff. Vgl OGH 9 Ob 83/04b in ÖBA 2005, 282: Straßentransportdokumente müssen (nunmehr nach Art 24 lit a Z iii ERA 600) den „Verladeort und Bestimmungsort, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind, ausweisen“; ist im Akkreditiv kein Verladeort (Bestimmungsort) vorgeschrieben, so kann aus dem Fehlen entsprechender Angaben im Transportdokument keine Akkreditivwidrigkeit abgeleitet werden. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 178; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 391: Zahn/ Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/244.
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c) Einwendungen aus dem persönlichen Verhältnis Hierunter fallen diejenigen Einwendungen, die außerhalb der Akkreditiv- 1/129 beziehung liegen, sich aber aus einer unmittelbaren Beziehung der eröffnenden Bank zum Begünstigten ergeben552. Von praktischer Bedeutung ist vor allem der Bestand einer Gegenforderung der eröffnenden Bank gegenüber dem Begünstigten, also der Aufrechnungseinwand553. Diesen kann die eröffnende Bank unter den allgemeinen Voraussetzungen für eine Aufrechnung grundsätzlich erheben, da die Aufrechnung eine gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Gläubigerbefriedigung ist (§ 1438 ABGB). Die Akreditiveröffnung inkludiert keinen stillschweigenden generellen Aufrechnungsverzicht554. Eine Einschränkung ergibt sich allerdings aus der Unabhängigkeit des Akkreditivs vom Grundgeschäft: Um diesem Prinzip gerecht zu werden, darf die Bank zur Aufrechnung keine Forderungen gegen den Begünstigten heranziehen, die sie von ihrem Auftraggeber abgetreten erhalten hat und die aus dessen Grundverhältnis zum Begünstigten stammen555. Aber auch mit anderen ihr vom Auftraggeber abge552
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Schärrer, Rechtsstellung 52 und 112f nimmt beim Akkreditiv einen Verzicht der Bank auf alle persönlichen Einreden, welche ihren Rechtsgrund außerhalb der eigentlichen Zahlungsverpflichtung haben, an. Er begründet dies damit, dass der Begünstigte regelmäßig gerade deshalb auf Akkreditivzahlung bestehe, weil er sicher sein will, dass er über den Akkreditivbetrag später auch tatsächlich verfügen kann. Kritisch zur Annahme eines stillschweigenden Verzichts auf alle persönlichen Einreden der Bank Avancini in BVR1 II Rz 4/129 FN 352; vgl auch Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 863 Rz 25; Bollenberger in KBB2 § 863 Rz 7; Rummel in Rummel, ABGB3 § 863 Rz 14. Dullinger in Rummel, ABGB3 § 1441 Rz 6; Ertl in Rummel, ABGB3 § 1402 Rz 2; Heidinger in Schwimann, ABGB § 1402 Rz 4; Neumayr in KBB2 § 1402 Rz 3. – In der Praxis wird die Aufrechnung vor allem für die bestätigende Bank, wenn diese mit dem Begünstigten auch sonst in Geschäftsverbindung steht, von Bedeutung sein. – Zur Garantie s Koziol unten Rz 3/102. Avancini in BVR1 II Rz 4/129; Canaris, BVR3 Rz 1009; Kerschner, Aufrechnungsprobleme bei Bankgeschäften, ÖBA 1989, 254, 265f (kritisch zu Schönle, Rechtsprobleme des Dokumentenakkreditivs mit hinausgeschobener Zahlung, ÖBA 1988, 311); MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 36; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 426; aM Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/63; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/391 mit dem Argument, dem Begünstigten sei daran gelegen, den Akkreditivbetrag zur freien Verfügung ausgezahlt zu erhalten. Soweit sich Zahn/Ehrlich/Neumann auf die Entscheidung BGH in WM 1973, 483 = BGHZ 60, 262 berufen, ist ihnen entgegenzuhalten, dass der BGH die Aufrechnung nur dann für ausgeschlossen angesehen hat, wenn der Bank ein Anspruch des Akkreditivauftraggebers abgetreten wurde, mit dem sie nun aufrechnen will (dazu sogleich im Text). – Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 426 nimmt einen stillschweigenden Ausschluss der Aufrechnung für Ansprüche der Bank an, die nicht liquide sind; denn die Finanzierungsfunktion des Akkreditivs würde durch lange Streitigkeiten über das Bestehen des Anspruchs gefährdet. Diesem Anliegen ist jedoch mit § 391 Abs 3 ZPO Rechnung getragen, so dass ein stillschweigender Verzicht auf die Aufrechnung nur bei strikter Beachtung der Voraussetzungen nach § 863 ABGB bejaht werden kann. BGH in WM 1973, 483 = BGHZ 60, 262; Canaris, BVR3 Rz 1009 und 1014; Schlegelberger/Hefermehl Rz 217; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 426; Wessely, Unabhängigkeit 70.
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tretenen Forderungen kann sie insoweit nicht aufrechnen, als im Grundverhältnis ein Aufrechnungsverbot besteht (s Rz 1/24); sonst könnte sie dieses unterlaufen. Die Beschränkungen der Aufrechenbarkeit müssen auch dann zum Tragen kommen, wenn bei einem Akzeptierungsakkreditiv die Akkreditivverpflichtung von der durch die Akkreditivhonorierung begründeten Wechselverpflichtung abgelöst worden ist556. 1/130
Auch für das Akkreditiv ist zu erwägen, ob bei einer dem Akkreditivauftraggeber erst nachträglich bekannt gewordenen Gefährdung einer allfälligen Rückabwicklung wegen schlechter Vermögensverhältnisse des Begünstigten in Analogie zu § 1052 ABGB die Leistung bis zur Entscheidung über das Zurechtbestehen der Ansprüche im Grundverhältnis bzw bis zu einer Sicherheitsleistung verweigert werden kann. Auf die Ausführungen zur identen Problematik bei der Garantie wird verwiesen (unten Rz 3/104). d) Einwendungen aus dem Inhalt der Anweisung
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Bei diesen nach § 1402 ABGB zulässigen Einwendungen geht es um den Inhalt der in der Anweisung gelegenen Ermächtigungen des Akkreditivauftragebers an die eröffnende Bank einerseits und an den Begünstigten andererseits. Die eröffnende Bank erhält ihre Ermächtigung zu honorieren im Rahmen des Akkreditiveröffnungsauftrags; der Begünstigte erhält seine Ermächtigung im Regelfall nicht direkt vom Anweisenden (Akkreditivauftraggeber), sondern erst durch das Akkreditiv, wobei die eröffnende Bank als Erklärungsbotin des Auftraggebers fungiert. Die Akkreditiveröffnung ist also sowohl Mitteilung der Ermächtigung des Begünstigten zur Einhebung der Leistung bei der eröffnenden Bank als auch gleichzeitig Übernahme der Leistungsverpflichtung der Bank durch Annahme der Anweisung. Grundsätzlich werden sich beide Ermächtigungen decken, so dass dem Akkreditiv, und nur diesem, zu entnehmen ist, welche inhaltlichen Einwendungen die Bank gegenüber dem Begünstigten hat. Aber auch wenn das Akkreditiv vom Eröffnungsauftrag abweichen sollte, weil der Bank bei der Umsetzung des Auftrags ein Fehler unterlaufen ist, bleibt im Allgemeinen alleine das Akkreditiv für die inhaltlichen Einwendungen maßgeblich. Bei der Übermittlung der Ermächtigung an den Begünstigten ist die Bank Botin des Akkreditivauftraggebers, so dass dieser sich eine fehlerhafte Weitergabe – außer bei absichtlicher Entstellung557 – zurechnen lassen muss: Die Ermächtigung gilt mit dem Inhalt, mit dem sie dem Begünstigten von der Bank zugegangen ist. Danach bestimmen sich auch die inhaltlichen Einwendungen, weil der Begünstigte grundsätzlich wird annehmen dürfen, dass die Anweisung in ihrer Gesamtheit einen Inhalt hat, der für ihn aus dem Akkreditiv hervorgeht. Unter den Voraussetzungen der §§ 871 f ABGB kann die Bank freilich einen Erklärungs- oder Geschäftsirrtum gegenüber dem Begünstigten geltend machen; ebenso kann der Akkreditivauftraggeber die Ermächtigung des Begünstigten anfechten. 556 557
Ausführlich zu dieser Problematik Wessely, Unabhängigkeit 83 ff. Apathy in Schwimann, ABGB § 1002 Rz 7 mwN.
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Anders wird bei einem vom Akkreditiv abweichenden Eröffnungsauftrag dann zu entscheiden sein, wenn der Auftraggeber ausnahmsweise die Ermächtigung in allen ihren Details dem Begünstigten (auch) direkt zugemittelt haben sollte oder der Akkreditivtext derart von den im Grundgeschäft getroffenen Vereinbarungen abweicht, dass beim Begünstigten Zweifel daran aufkommen müssen, ob der Akkreditivauftraggeber das Akkreditiv tatsächlich inhaltlich so eröffnet haben wollte. In diesem Fall ist die dem Begünstigten (im Wege über die eröffnende Bank) zugegangene Erklärung über die Ermächtigung und folglich das Akkreditiv dem Akkreditivauftraggeber nicht zurechenbar. 3. Zulässige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis, insbesondere der Einwand des Rechtsmissbrauchs Das Akkreditiv wird von dem schon mehrfach erwähnten Prinzip getragen, 1/132 die eröffnende Bank solle grundsätzlich keine Einwendungen aus dem Valutaverhältnis erheben können. Das entspricht der Sicherungsfunktion. Dieser Grundsatz wird allerdings dann durchbrochen, wenn der Begünstigte ausnahmsweise nicht schutzwürdig erscheint, weil er den Akkreditivauftraggeber durch List oder rechtswidrige Drohung zum Abschluss des Grundgeschäfts veranlasst hat, das dann nach § 870 ABGB anfechtbar ist558, oder weil seine Inanspruchnahme des Akkreditivs nach der Sachlage im Grundverhältnis als Rechtsmissbrauch zu werten wäre. Rechtsmissbrauch ist freilich nur in den seltensten Ausnahmefällen anzu- 1/133 nehmen559, weil eine zu exzessive Handhabung die Gefahr eröffnete, dass 558
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Vgl zum deutschen Recht Canaris, BVR3 Rz 1020 mit dem Hinweis, die Bank sei zur Abgabe ihres Zahlungsversprechens durch die Drohung oder Täuschung „bestimmt“ worden, da diese nicht nur für den Abschluss des Vertrags im Valutaverhältnis, sondern auch für die Herauslegung des Akkreditivs kausal gewesen seien. – Zur Garantie s Koziol unten Rz 3/105. OGH 1 Ob 554/94 in ÖBA 1996, 64 mit Anm von Avancini = SZ 67/111, in welcher E das Höchstgericht den Rechtsmissbrauch bei Leistungsstörungen (Verzug) verneint hat; BGH XI ZR 138/95 in BGHZ 132, 313 = WM 1996, 995; Canaris, BVR3 Rz 1016; Griß-Reiterer, ÖBA 1999, 178; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/97; Th. Koller/Kissling in Wiegand, Probleme des Zahlungsverkehrs 113, 118ff; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 435; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 428; s etwa das Beispiel bei Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/418: Steine statt Maschinenteile. Insbesondere sind auch schwerwiegende Mängel der Ware nicht geeignet, einen Rechtsmissbrauchseinwand zu begründen. Ein solcher soll nach einer auf deutsche höchstgerichtliche Entscheidungen zurückgehenden Meinung erst dann erhoben werden können, wenn die Ware zur Vertragserfüllung „offensichtlich ganz ungeeignet ist“: Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/418 mwN; bestätigt durch BGH in WM 1987, 977 = BGHZ 101, 84; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/99; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 429: Jeans statt Smoking; aM jedoch Canaris, BVR3 Rz 1021, dem zufolge der Einwand des Rechtsmissbrauchs nur möglich sei, wenn sich der Begünstigte einer Straftat oder eines zivilrechtlich ähnlich schwerwiegenden Verhaltens schuldig macht. Demgegenüber betonen Nielsen in BankR-
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kein Verlass mehr auf die Abstraktheit des Akkreditivgeschäfts besteht, womit die Funktionsfähigkeit dieses Rechtsinstituts nicht mehr gewährleistet wäre. Grundsätzlich muss es bei der strengen Trennung des Akkreditivs vom Grundgeschäft bleiben, so dass die eröffnende Bank – ähnlich wie eine garantierende Bank (Rz 3/8 und 106) – zuerst zahlen muss, bevor die mangelnde Berechtigung des Begünstigten im Valutaverhältnis vom Akkreditivauftraggeber geltend gemacht werden kann. Insofern liegt der Zweck des Akkreditivs auch in einer Umkehrung der Prozesssituation nach der Maxime: „Erst zahlen, dann prozessieren“560. Für den Rechtsmissbrauchseinwand beim Akkreditiv gelten auch nach Auffassung des OGH561 die gleichen Grundsätze wie bei der abstrakten Bankgarantie562. Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn der Begünstigte das Akkreditiv bewusst grundlos in Anspruch nimmt, also in Kenntnis, dass ihm kein Anspruch gegenüber dem Akkreditivauftraggeber aus dem Valutaverhältnis zusteht563; ferner wenn die fehlende Berechtigung evident oder leicht beweisbar ist564. Rechtsmissbrauch wegen mangelnder Berechtigung im Grundverhältnis kann dem Begünstigten eines Akzeptierungsakkreditivs auch noch nach einer durch Wechselakzeptierung erfolgten Honorierung des Akkreditivs eingewendet werden. Die Rechtsstellung des Begünstigten verbessert sich durch das Wechselakzept insofern nicht, als der akzeptierenden Bank ihm gegenüber als dem ersten Wechselnehmer alle Einwendungen erhalten blei-
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HB § 120 Rz 436 und Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/420, der (aus § 242 BGB hergeleitete) Missbrauchsvorwurf sei objektiver Natur. Canaris, BVR3 Rz 1016; derselbe, ÖBA 1987, 776 f; Griß-Reiterer, ÖBA 1999, 178; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 443; Th. Koller/Kissling in Wiegand, Probleme des Zahlungsverkehrs 93, 97; ferner OGH ÖBA 1996, 64 mit Anm von Avancini. In ÖBA 1996, 64 mit Anm von Avancini unter Berufung auf Avancini und Nielsen. – Zweifel an der Übertragbarkeit der Rechtsprechung zum Rechtsmissbrauchseinwand bei der abstrakten Bankgarantie auf das Akkreditiv hat hingegen das OLG Linz 2 R 340/88 geäußert und zu bedenken gegeben, dass es zur Inanspruchnahme der Bankgarantie aus wohlerwogenen wirtschaftlichen Gründen eben nur der Behauptung des Begünstigten bedarf, der Garantiefall sei eingetreten, während der spezielle Garantiefall des Dokumenten-Akkreditivs des Nachweises bestimmter Voraussetzungen bedarf, der durch formell genau umschriebene Dokumente zu erbringen ist. Dazu Avancini in BVR1 II Rz 4/133. Dazu Koziol unten Rz 3/106 ff; Mader, Rechtsmißbrauch und unzulässige Rechtsausübung (1994) 209; ferner Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 880a Rz 6; P. Bydlinski in KBB2 § 880a Rz 4; Rummel in Rummel, ABGB3 § 880a Rz 5. Avancini, ÖBA 1996, 66: Lieferung wertlosen Zeugs statt der vereinbarten Ware; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 429: Lieferung von Steinen statt Kaffee. Zur Orientierung an den Grundsätzen des § 1295 Abs 2 ABGB s Koziol unten Rz 3/106 f. BGH in WM 1996, 995; OLG Frankfurt am Main in WM 1997, 609: mangelhafte Vertragserfüllung; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/98; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 436, 443; vgl Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 431, die Geltendmachung eines Akkreditivanspruchs bei fehlendem Anspruch aus dem Grundverhältnis sei immer rechtsmissbräuchlich, doch müsse die Bank die Rechtsmissbräuchlichkeit nur dann beachten, wenn sie liquide beweisbar oder offenkundig ist. – Liquide Beweisbarkeit ist allerdings kein generelles Erfordernis für die Geltendmachung des Rechtsmissbrauchs: Koziol unten Rz 3/110.
Das Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter
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ben565; geschützt vor dem Rechtsmissbrauchseinwand ist erst der gutgläubige Dritterwerber des Akzepts (Art 17 WG). Einer Auseinandersetzung über die Frage, ob die Inanspruchnahme eines 1/134 Akkreditivs rechtsmissbräuchlich ist, kann sich die eröffnende Bank nicht dadurch entziehen, dass sie den Akkreditivbetrag gemäß § 1425 ABGB zugunsten des Akkreditivbegünstigten und des Akkreditivauftraggebers bei Gericht hinterlegt566. Denn hier gibt es keine Zweifel über die Person des Gläubigers, sondern es geht einfach darum, ob die Bank aus dem Akkreditiv überhaupt etwas schuldet. Das ist kein Grund für einen befreienden Gerichtserlag, da dieser als ein Fall der Schuldtilgung eine Schuld voraussetzt. Sollte nun die Akkreditivforderung nicht bestehen, so kann niemand, also auch nicht der Akkreditivauftraggeber, Forderungsprätendent sein; besteht sie aber doch, so kann nur der Begünstigte, nicht aber der Akkreditivauftraggeber Anspruch auf sie erheben, weshalb dieser wiederum nicht als Forderungsprätendent in Frage kommt567.
G. Abtretung des Zahlungsanspruchs Nach Art 39 ERA 600 ist der Anspruch des Begünstigten auf den Erlös aus 1/135 dem Akkreditiv abtretbar568, wenn das anwendbare nationale Recht eine Abtretung zulässt569. Diese Regelung wurde in die ERA nur aufgenommen, um klarzustellen, dass die grundsätzliche Unübertragbarkeit des Akkreditivs 565
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Aicher/F. Schuhmacher in Krejci, UR4 551. – Das scheinen Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/423 zu übersehen, wenn sie den Rechtsmissbrauchseinwand schon mit der Beendigung des Akkreditivverhältnisses durch Akzepterteilung untergehen lassen. Avancini in BVR1 II Rz 4/134; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 432; OLG Frankfurt in WM 1988, 214, das zu einer von ihm für nicht rechtmäßig erklärten Hinterlegung eines Akkreditivbetrags für das vergleichbare deutsche Recht (§ 372 BGB) feststellt: Der Hinterlegungsgrund der Ungewissheit über die Person des Gläubigers setzt voraus, dass es sich um eine bestimmte Verbindlichkeit handelt und nur zweifelhaft ist, wer der Gläubiger ist. Stehen mehrere Verbindlichkeiten in Frage, deren Erfüllung verschiedene Gläubiger aus verschiedenen Rechtsgründen fordern, so würden Zweifel des Schuldners, welche von diesen Verbindlichkeiten begründet ist, nicht zur Hinterlegung berechtigen. So im Ergebnis auch OGH 8 Ob 566/90 in ÖBA 1991, 925 mit Anm von Harrer für den vergleichbaren Fall einer Garantieinanspruchnahme; dazu auch Heidinger in Schwimann, ABGB3 § 1425 Rz 22; Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1425 Rz 5e; aM jedoch Schinnerer/Avancini III 22 und Schinnerer, ÖBA 1984, 243; OGH in SZ 30/ 79. ZB an den Vorlieferanten des Begünstigten: Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 344; an den Finanzierer: OLG Frankfurt am Main in WM 1997, 609: Fortfaitierung. – Zur Abtretung an die eröffnende Bank s OLG Frankfurt am Main in WM 1992, 569: Scheingeschäft. Avancini in BVR1 II Rz 4/135. Unterliegt das Akkreditiv einer fremden Rechtsordnung (dazu Iro in BVR2 I Rz 1/409: Sitzrecht der Bank), so bestimmt sich die Übertragbarkeit der Forderung nach dieser Rechtsordnung (Art 12 Abs 2 EVÜ).
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Das Dokumentenakkreditiv
(Rz 1/136) eine Abtretung (bloß) des Zahlungsanspruchs nicht ausschließt570. Art 39 Satz 2 ERA 600 stellt zudem klar, dass sich die Regelung über die Abtretung von Akkreditiverlösen nicht auf die Abtretung des Rechts auf Inanspruchnahme des Akkreditivs (dazu Art 38 ERA 600; Rz 1/136 ff) erstreckt. Für das österreichische Recht ergeben sich aus Art 39 ERA 600 keine besonderen Probleme571; im Falle einer Sicherungszession ist § 452 ABGB zu beachten572. Der gegen den Begünstigten berechtigte Einwand des Rechtsmissbrauchs kann auch gegen den Zessionar erhoben werden573. Abtretbar ist nicht nur der Anspruch des Begünstigten insgesamt; auch eine Teilabtretung an verschiedene Zessionare ist möglich574. Auch ein durch die Dokumentenvorlage bedingter Anspruch ist abtretbar; die Dokumente kann aber weiterhin nur der Begünstigte (entweder selbst oder durch einen Vertreter oder Boten) vorlegen575. Zur Verbesserung seiner Position braucht daher der Zessionar nicht nur akkreditivgerechte Dokumente, sondern auch eine (unwiderrufliche) Vollmacht des Begünstigten für die Inanspruchnahme des Akkreditivs576. Selbst dann ist der Schutz des Zessionars nur unvollkommen: Abgesehen davon, dass er den gegen den Begünstigten bestehenden Einwendungen ausgesetzt ist (§ 1394 ABGB), kann auch eine unwiderrufliche Vollmacht aus wichtigem Grund widerrufen werden577 und sie erlischt ex lege mit Konkurs des Begünstigten (§ 1024 ABGB, § 26 KO). Die eine schuldbefreiende Zahlung an den Begünstigten ausschließende Verständigung von einer Abtretung wird (auch) an die benannte Bank erfolgen können578; die benannte Bank hat dann auf Grund des Auftragsverhältnisses (Rz 1/162) die eröffnende Bank zu verständigen, damit diese insbesondere für den Fall informiert ist, dass der Begünstigte die Dokumente bei ihr vorlegt (Art 6 lit a ERA 600). Nicht ausreichend wäre hingegen die Verständigung einer Zweitbank, die bloß mit der Akkreditivavisierung beauftragt war. 570 571
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Avancini in BVR1 II Rz 4/135. Ebenso für das deutsche Recht Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 348. Zur Abtretung des Zahlungsanspruchs aus einer Bankgarantie und zur Vereinbarung eines Zessionsverbots s Koziol unten Rz 3/112. Dazu die Darstellung in Band IX. OLG Frankfurt am Main in WM 1997, 609. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 352; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/217. Vgl OGH 2 Ob 344/97w in ÖBA 1998, 559; s oben Rz 1/99; vgl aber Griß-Reiterer, ÖBA 1999, 180 mit Hinweis auf die Rspr zur Abtretbarkeit des Rechts auf Inanspruchnahme einer Bankgarantie, derzufolge es offen sei, ob der OGH der Dokumentenvorlage höchstpersönlichen Charakter zuerkenne. Zur Qualifizierung der Dokumentenvorlage als Ausübung eines Gestaltungsrechts s Rz 1/96. Apathy in Schwimann, ABGB § 1020 Rz 9 mwN. Stellt sich für den Begünstigten nach Vollmachtserteilung heraus, dass er selbst das Akkreditiv nicht in Anspruch genommen hätte, etwa weil er inzwischen entdeckt hat, dass die zu liefernde Ware schwere Mängel aufweist, so muss es ihm auch möglich sein, durch Widerruf der Vollmacht zu verhindern, dass der Zessionar das Akkreditiv in Anspruch nimmt. Avancini in BVR1 II Rz 4/135; anders MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 203: Verständigung der benannten Bank, nicht der eröffnenden Bank.
Das Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter
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H. Übertragung des Akkreditivs Von der Abtretung des Anspruchs auf den Erlös (Rz 1/135) ist die Übertra- 1/136 gung des Akkreditivs selbst zu unterscheiden579. Sie ist in Art 38 ERA 600 geregelt und setzt voraus, dass das Akkreditiv ausdrücklich als „übertragbar“ („transferable“580) bezeichnet wird; andernfalls ist das Akkreditiv nicht übertragbar. Denn dem Akkreditivauftraggeber, der im Akkreditivgeschäft dem Begünstigten wegen der abstrakten Zahlungspflicht der Bank erhöhtes Vertrauen entgegenbringt, soll nicht unerwartet ein anderer Begünstigter aufgedrängt werden können. Das muss vielmehr eigens vorgesehen sein und selbst die Übertragbarstellung bedeutet nicht, dass die Übertragung ohne weitere Mitwirkung der eröffnenden Bank zustande kommt, sondern bloß, dass der Begünstigte einen Anspruch auf diese Mitwirkung hat581; nur ein wichtiger Grund berechtigt die eröffnende Bank zur Ablehnung einer vom Begünstigten gewünschten Übertragung582. Die wirtschaftliche Bedeutung des übertragbaren Akkreditivs liegt darin, dass der Erstbegünstigte (als Zwischenhändler) seinem Lieferanten der Ware, die er unter der Akkreditivdeckung weiterverkauft, einen unmittelbaren akkreditivrechtlichen Anspruch auf kurzem Wege verschaffen kann. Für ein übertragbares Akkreditiv besteht daher Bedarf, wenn der Verkäufer die Ware nicht selbst erzeugt583. Statt der Eröffnung eines selbständigen weiteren Akkreditivs zugunsten des Lieferanten des Begünstigten wird das Akkreditiv auf diesen Lieferanten (als Zweitbegünstigten) übertragen. Dabei braucht gegenüber dem Akkreditivauftraggeber die Identität des Zweitbegünstigten nicht offen gelegt zu werden584. Der Zweitbegünstigte kann in einem anderen Land als der Erstbegünstigte beheimatet sein. 579
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Zur Akkreditivübertragung ausführlich Wassermann, Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven (1981) 45ff. Zu anderen früher üblichen Ausdrücken s Nielsen, Neue Richtlinien Rz 305; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 327. Zutreffend Canaris, BVR3 Rz 1035 gegen anders lautende Meinungen. Hingegen vertritt Wassermann, Verwertung 116 ff die Auffassung, die Übertragbarkeitsklausel im Akkreditiv sei nur eine invitatio ad offerendum, auf deren Basis der Erstbegünstigte ein Angebot auf Abschluss einer Übertragungsvereinbarung stelle, das von der Bank nach ihrem Belieben angenommen oder abgelehnt werden könne. Für freies Ermessen der Bank sprechen sich auch Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/110 und 2/207 im Hinblick auf den Wortlaut von Art 48 lit c ERA 500 (jetzt Art 38 lit a ERA 600) aus. Ferner Stauder, Die Übertragung des Dokumentenakkreditivs, ADW 1968, 49; ebenso der Standpunkt der Bankenkommission der IHK, IHK-Publikation Nr 371, 93. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 306; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 334. Ulrich, Rechtsprobleme 197 lehnt einerseits eine Übertragungspflicht der Bank ohne deren „zweite“ Zustimmung zu einem konkreten Übertragungsverlangen des Begünstigten ab, räumt aber (aaO FN 115) andererseits ein, dass die Bank bei einer willkürlichen Weigerung ihre auftragsrechtlichen Pflichten grob verletzen und gegebenenfalls schadenersatzpflichtig werden würde. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/198: Export von Massengütern; vgl BGH XI ZR 294/97 in WM 1998, 1769. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 325.
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Das Dokumentenakkreditiv
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Ein übertragbares Akkreditiv kann nach Art 38 lit b ERA 600 im Auftrag des Begünstigten („Erstbegünstigter“) ganz oder teilweise für einen anderen Begünstigten („Zweitbegünstigter“) benutzbar gestellt werden. Dh der Zweitbegünstigte soll berechtigt sein, gegen Vorlage der Dokumente von der aus dem Akkreditiv verpflichteten Bank Zahlung zu verlangen585. Dabei werden die Rechte aus dem Akkreditiv jedoch nicht, wie der Ausdruck „Übertragung“ vielleicht vermuten ließe, vom Erstbegünstigten (ohne die Zustimmung der Bank) an den Zweitbegünstigten abgetreten586, sondern es ist eine (neuerliche) Zustimmung der übertragenden Bank zur Neubegründung einer Forderung des Zweitbegünstigten erforderlich587. Diese komplizierte Gestaltung der Übertragung des Akkreditivs folgt aus Art 38 lit a ERA 600, wonach keine Bank verpflichtet ist, ein Akkreditiv zu übertragen – „außer in dem Umfang und in der Art, wie ausdrücklich von der Bank zugestimmt“. Vielmehr wird das vom Erstbegünstigten übertragene Akkreditiv durch die übertragende Bank für den Zweitbegünstigten benutzbar gemacht (Art 38 lit b ERA 600); es kommt also diesem gegenüber zu einer Neubegründung akkreditivrechtlicher Verpflichtungen. Übertragende Bank kann dabei nach Art 38 lit b Abs 2 ERA 600 die eröffnende Bank sein, ferner eine benannte Bank (Zahlstellenbank; unten Rz 1/141). Ist das Akkreditiv bei jeder Bank benutzbar, so kann nur diejenige Bank das Akkreditiv übertragen, die von der eröffnenden Bank ausdrücklich zur Übertragung ermächtigt worden ist588. Die Kosten der Übertragung hat grundsätzlich der Erstbegünstigte zu tragen (Art 38 lit c ERA 600).
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Die rechtliche Beurteilung der Akkreditivübertragung hat davon auszugehen, dass der Zweitbegünstigte einen abstrakten Anspruch gegen die eröffnende Bank erhalten soll589, der von den Grundgeschäften des Erstbegünstigten mit dem Akkreditivauftraggeber einerseits und mit dem Zweitbegünstigten andererseits losgelöst ist, und dass nunmehr der Zweitbegünstigte diejenigen Dokumente ausstellen können soll, deren Aussteller nach den Akkreditivbedingungen ursprünglich der Erstbegünstigte hätte sein müssen oder sein können. Diesen Anforderungen wird eine bloße Zession der Ansprüche des Erstbegünstigten aus dem Akkreditiv nicht gerecht, weil dann weiterhin der Erstbegünstigte die Dokumente vorlegen müsste und keinerlei inhaltliche Änderungen möglich wären (vgl Rz 1/139). Einen unmittelbaren abstrakten Anspruch gegen die eröffnende Bank erwirbt der Zweitbegünstigte allerdings, wenn diese sich ihm durch ein eigenes Rechtsgeschäft, aus dem abstrakte Ansprüche hervorgehen können, verpflichtet590. 585 586 587
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Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 333. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 303. Dazu auch Koziol unten Rz 3/113. – Zur grundsätzlichen Übertragungspflicht der eröffnenden Bank s Rz 1/136; hingegen trifft eine benannte Bank keine Übertragungspflicht (Rz 1/141). Nach Art 48 lit a ERA 500 musste diese Ermächtigung im Akkreditiv aufscheinen (Nielsen, Neue Richtlinien Rz 304); Art 38 lit b ERA 600 enthält diese Beschränkung nicht mehr. Vgl Nielsen, Akkreditivgeschäft 164; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/208; Wassermann, Verwertung 80 und 131. Avancini in BVR1 II Rz 4/138.
Das Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter
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Diese Verpflichtung liegt in der gegenüber dem Zweitbegünstigten erklärten „Übertragung“ des Akkreditivs591. Sie ist (soweit das Akkreditiv als Anweisungsannahme zu qualifizieren ist) rechtlich eine neuerliche Annahme der Anweisung gegenüber dem Zweitbegünstigten als weiterem Anweisungsempfänger auf Grund einer durch den Erstbegünstigten erfolgten Weiteranweisung (Übertragung der Anweisung)592. Diese neuerliche Anweisungsannahme hat nicht bloß die Wirkung eines Anerkenntnisses nach § 1396 ABGB593, sondern sie ist eine eigenständige Annahmeerklärung mit allen sich aus einer solchen ergebenden Rechtswirkungen, insbesondere also der grundsätzlich abstrakten Verpflichtung des Annehmenden. Die Rechtsposition eines Zweitbegünstigten gegenüber der eröffnenden Bank ist mit der eines „gewöhnlichen“ Akkreditivbegünstigten vollkommen ident594. Die Akkreditivbedingungen müssen bei der Übertragung grundsätzlich 1/139 beibehalten werden; gewisse Ausnahmen lässt Art 38 lit g ERA 600 jedoch zu, wobei jedoch nur solche Änderungen erlaubt sind, die dem Akkreditivauftraggeber nicht nachteilig sein können595. Da die ERA aber dispositiv sind, könnten einvernehmlich auch noch weitere Ausnahmen vorgesehen werden, die, wenn erst nachträglich vereinbart, das Akkreditiv als solches eben entsprechend modifizieren. Irreführend könnte die Aussage sein, dass bei einem übertragenen Akkreditiv der Zweitbegünstigte die Leistung gegen Vorlage seiner „eigenen“ Dokumente verlangen könne596. Treffender ist nach Avancini 597 die Formu591
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Vgl auch Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 343 mwN: Anders als nach österreichischem Recht versteht man in Deutschland die Übertragungserklärung der Bank gegenüber dem Zweitbegünstigten als ein abstraktes Schuldversprechen iS von § 780 BGB. Vgl Ertl in Rummel, ABGB3 § 1400 Rz 4; Heidinger in Schwimann, ABGB3 § 1400 Rz 12. – Wassermann, Verwertung 119 ff geht konstruktiv einen anderen Weg: Wenn die Bank ein Angebot des Erstbegünstigten auf Abschluss einer Übertragungsvereinbarung annimmt, werde sie hierdurch verpflichtet, dem Zweitbegünstigten ein annahmefähiges Anbot auf Abschluss eines Akkreditivvertrages abzugeben. Darin liege die Stellung eines neuen rechtlich unabhängigen Akkreditivs, wodurch die eröffnende Bank im Umfang der Übertragung ihrer Verpflichtung aus dem Originalakkreditiv durch eine Leistung an Erfüllungs Statt (auflösend bedingt durch die Nichtinanspruchnahme seitens des Zweitbegünstigten) nachkäme. So aber Wolff in Klang VI 327, der allerdings einem solchen Anerkenntnis generell konstitutive Wirkung beimisst (S 318 f), welche Auffassung jedoch überholt ist. Zum Drittschuldneranerkenntnis s OGH 4 Ob 1/97v in SZ 70/24; 4 Ob 6/02i in ÖBA 2004, 138 = SZ 2002/145; Avancini, Anerkennung einer abgetretenen Forderung, ÖBA 1989, 451; Hügl, Drittschuldneranerkenntnis und Einwendungsausschluß im Zessionsrecht, Frotz-FS (1993) 67; Popp, Das Schuldanerkenntnis des Schuldners gegenüber dem Zessionar (2001); derselbe, Vertrauenshaftung wegen fehlender Zurechenbarkeit der Auskunft eines Dritten im rechtsgeschäftlichen Verkehr, ÖBA 2004, 111. So auch, wenngleich mit anderer Begründung Wassermann, Verwertung 129 f. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/201. So etwa Canaris, BVR3 Rz 1030; Nielsen, Akkreditivgeschäft 163; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 333. In BVR1 II Rz 4/139.
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Das Dokumentenakkreditiv
lierung, dass (nunmehr) dem Zweitbegünstigten die Dokumentenvorlagebefugnis – und zwar an die übertragende Bank (Art 38 lit k ERA 600) – zukommt. Nur soweit ein Akkreditiv vorschreibt, dass ein bestimmtes Dokument vom Begünstigten auszustellen ist, wie das etwa – zumindest implizit – für die Faktura der Fall ist, muss nunmehr der Zweitbegünstigte der Aussteller dieses Dokuments sein. Hingegen ist für andere Dokumente mit der Bezeichnung als eigenes Dokument des Einreichers nichts gewonnen (ausführlicher dazu Rz 1/98). Zur Faktura als Akkreditivdokument ist anzumerken, dass der Erstbegünstigte berechtigt ist, seine eigenen Rechnungen gegen jene des Zweitbegünstigten, die dieser auf den Erstbegünstigten ausgestellt und gemäß den Akkreditivbedingungen bei der eröffnenden Bank vorgelegt hat, auszutauschen (Art 38 lit h ERA 600). Auf diese Weise kann er den Differenzbetrag einziehen, um den die Übertragung des Akkreditivs hinter dem ursprünglichen Akkreditivbetrag allenfalls zurückgeblieben ist. Der Fakturentausch ermöglicht dem Erstbegünstigten, seinen Lieferanten gegenüber dem Auftraggeber geheim zu halten, gleichzeitig aber im Rahmen des Akkreditivs seine Gewinnspanne zu realisieren598. Insoweit bleibt dem Erstbegünstigten ein akkreditivrechtlicher Anspruch erhalten 599. Zudem fällt die Möglichkeit einer Inanspruchnahme des ursprünglichen Akkreditivs, sofern dieses noch nicht abgelaufen sein sollte, an den Erstbegünstigten zurück, wenn der Zweitbegünstigte das übertragene Akkreditiv, das regelmäßig ein früheres Verfalldatum enthält, nicht rechtzeitig in Anspruch nimmt600. Der Erstbegünstigte muss nach Art 38 lit Z i ERA 600 einer ersten Aufforderung der eröffnenden Bank zum Fakturentausch unverzüglich nachkommen, will er verhindern, dass die übertragende Bank die Faktura des Zweitbegünstigten mit den anderen Dokumenten an die eröffnende Bank weiterleitet601. Zu einer solchen Vorlage der Austauschfaktura kann es auch noch nach Ablauf des Originalakkreditivs kommen602. Soweit der Erstbegünstigte aber die ihm verbliebenen Ansprüche auf einen Differenzbetrag geltend machen will, muss er seine diesbezügliche Faktura innerhalb der Gültigkeitsdauer des Akkreditivs nachreichen603. Bei einer grundsätzlich zulässigen Verlagerung der Zahlstelle (vgl Art 38 lit j ERA 600) ohne Verkürzung der Dokumentenvorlagefrist kann es durch Ausnützung des Fakturentauschrechts dazu kommen, dass die Dokumente mit einer recht erheblichen Verzögerung zur eröffnenden Bank und damit zum Auftraggeber gelangen604. 598
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602 603 604
Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 340 auch zur Schadenersatzpflicht der Bank, die die Rechnung des Vorlieferanten offenlegt; Nielsen, Akkreditivgeschäft 167 f. Vgl Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 343. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 343; Nielsen, Akkreditivgeschäft 165; Schinnerer/ Avancini III 95. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 340; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 203. Vgl Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/203 FN 350. Vgl Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/203. Für Weiteres Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 337.
Das Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter
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Art 38 lit d ERA 600 gestattet nur eine einmalige605 Übertragung des Akkredi- 1/140 tivs, lässt in diesem Rahmen aber Teilübertragungen (auch) an verschiedene Zweitbegünstigte zu, soweit Teilverladungen der Ware nicht verboten sind und daher die Möglichkeit besteht, Dokumente für Teilinanspruchnahmen zu schaffen. Die Beschränkung der Übertragbarkeit hat ihren Grund in der dem Akkreditivgeschäft typischerweise immanenten Vertrauensbeziehung zwischen den Parteien des Grundgeschäfts606. Als zulässig wird angesehen, dass der schon eingesetzte Zweitbegünstigte auf seine Akkreditivrechte verzichtet oder sie dem Erstbegünstigten zurücküberträgt und es dann zu einer erneuten Übertragung an einen anderen Zweitbegünstigten kommt607. Ohne die (zumindest konkludente) Zustimmung der eröffnenden Bank ist der Verzicht allerdings nach österreichischem Recht nicht wirksam608. Ist eine benannte Bank in die Abwicklung des Akkreditivs eingeschaltet, so 1/141 richtet der Erstbegünstigte im Regelfall seinen Antrag auf Übertragung des Akkreditivs an diese609. Die benannte Bank agiert dann als übertragende Bank (Rz 1/137) und erklärt im Namen und in Vertretung der eröffnenden Bank die Zustimmung zur Übertragung des Akkreditivs auf den Zweitbegünstigten, ohne diesem selbst zu haften, wenn sie bloß Zahlstelle ist610; vielmehr wird die eröffnende Bank dem Zweitbegünstigten gegenüber akkreditivrechtlich verpflichtet611. Die entsprechende Vollmacht braucht der Zweitbank von der eröffnenden Bank nicht ausdrücklich erklärt zu werden; vielmehr ist sie von vornherein im Auftrag inkludiert, dem Begünstigten ein übertragbares Akkreditiv zu avisieren oder zu bestätigen612. Die Zweitbank trifft grundsätzlich keine Übertragungspflicht gegenüber dem Erstbegünstigten; ob dies auch gilt, wenn sie bestätigende Bank ist, ist umstritten613. Da nach allgemeiner Praxis eine Übertragung des Akkreditivs durch die Zweitbank ohne vorherige 605
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Eine Weiterübertragung könnte jedoch im Akkreditiv gestattet sein (Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 329; aM jedoch Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/205 FN 353), wobei sich dann aber nach Schinnerer/Avancini III 93 weitere Übertragungen nicht mehr nach den Übertragungsbestimmungen der ERA richten würden, was Avancini in BVR1 II Rz 4/140 FN 385 mit Recht als nicht einsichtig erachtet. Vgl etwa Schlegelberger/Hefermehl Rz 233; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 329 f; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/109 und 2/198. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/205. – Nach Art 38 lit d ERA 600 gilt der Erstbegünstigte nicht als nachfolgender Begünstigter, so dass eine Rückübertragung an ihn zulässig ist. Vgl Griss in KBB2 § 1444 Rz 2. MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 207; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 335; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/213. Freilich könnte er seinen Antrag auch direkt an die eröffnende Bank richten: Avancini in BVR1 II Rz 4/141 FN 388. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 335; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 213. Vgl Canaris, BVR3 Rz 1041; Nielsen, Akkreditivgeschäft 166; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 335; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/213. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/213. Die Verpflichtung verneint Avancini in BVR1 II Rz 4/141; aM jedoch Nielsen, Akkreditivgeschäft 166.
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Das Dokumentenakkreditiv
Zustimmung der eröffnenden Bank vorgenommen wird614, sollte Letztere eine Übertragung, auf die sie direkt angesprochen wird, erst nach Rücksprache mit der Zweitbank vornehmen, damit so die Gefahr einer Doppelübertragung gebannt wird615. Eine erfolgte Übertragung sollte die Zweitbank unverzüglich der eröffnenden Bank anzeigen616, wenngleich dies in der Praxis kaum der Fall ist. 1/142
Bei der Übertragung eines bestätigten Akkreditivs erwirbt der Zweitbegünstigte nicht automatisch auch die Ansprüche aus der Bestätigung. Diese Ansprüche beruhen auf einer abstrakten Verpflichtung der bestätigenden Bank (s Rz 1/182 ff) und sind daher keine Nebenrechte zum Akkreditiv, so dass sie eigens abgetreten werden müssen. Dazu genügt nicht eine Erklärung der das Akkreditiv selbst übertragenden Bank617; da es um die Abtretung eines Rechts des (Erst)Begünstigten geht, muss die Abtretungserklärung von ihm ausgehen. Wenn der Begünstigte ein bestätigtes Akkreditiv übertragen lässt, wird freilich im Zweifel anzunehmen sein, dass er seine Rechte aus der Bestätigung an den Zweitbegünstigten abtreten will. Die Akkreditivübertragungserklärung der Bank beinhaltet dann das konkludente Abtretungsanbot, zu dessen Abgabe der Erstbegünstigte die Bank mit seinem Verlangen auf Übertragung des Akkreditivs konkludent bevollmächtigt618. I. Pfändung der Ansprüche aus dem Akkreditiv
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Gläubiger des Begünstigten können versuchen, auf dessen Ansprüche aus dem Akkreditiv exekutiv zu greifen. Hierbei ist zu unterscheiden, ob der Honorierungsanspruch durch Dokumentenvorlage bereits unbedingt geworden ist oder ob die Bedingung mangels Dokumentenvorlage noch nicht eingetreten ist. 1. Pfändung nach Dokumentenvorlage
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Nach Dokumentenvorlage ist der Anspruch des Begünstigten gegen die eröffnende Bank auf Honorierung des Akkreditivs unzweifelhaft pfändbar. 614
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Das ist nicht unproblematisch, da ja die Zweitbank nicht erfährt, ob die eröffnende Bank etwa einen wichtigen Grund hätte, die Übertragung im konkreten Fall abzulehnen (s bei Rz 1/136). Avancini in BVR1 II Rz 4/141; Nielsen, Akkreditivgeschäft 165. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/213. Allerdings ist es nicht üblich, die eröffnende Bank über nähere Details einer Übertragung zu informieren (s Bankenkommission der IHK, IHK-Publikation Nr 371, 91 f). Offenbar aM Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/213. Unter diesen Voraussetzungen kann der Ansicht von Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/213, durch die Übertragungserklärung der Zweitbank erhalte der Zweitbegünstigte einen Anspruch auch gegen die bestätigende Bank, im Ergebnis beigepflichtet werden. Wassermann, Verwertung 136 meint, wenn die übertragende Bank das dem Erstbegünstigten eröffnete Akkreditiv bestätigt hat, übernehme sie im Fall der Übertragung auch dem Zweitbegünstigten gegenüber die Verpflichtung einer bestätigenden Bank. Wie Wassermann konstruktiv dazu kommt, bleibt unklar.
Das Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter
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Handelt es sich – wie idR – um eine Geldforderung, so ist gemäß § 294 EO vorzugehen. Hat der Begünstigte bei einem Akzeptierungsakkreditiv Anspruch auf Retournierung eines akzeptierten Wechsels, so kann der Herausgabeanspruch nach den §§ 325 ff EO gepfändet werden. Nur wenn der (dritte) Inhaber des Wechsels von vornherein zur Herausgabe bereit sein sollte, könnte (auch) nach § 253 EO vorgegangen werden (§ 262 EO); dieser Weg ist freilich nur bei einem Orderwechsel gangbar, nicht bei einem Rektawechsel, da letzterer keine körperliche Sache im Sinne des § 249 EO ist. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber, dass der gepfändete Anspruch (materiell) wegfällt, wenn vor dessen Einziehung der Begünstigte außerhalb des Akkreditivs Zahlung im Rahmen des Grundgeschäfts erhält. Ein solches Unterlaufen der Akkreditivpfändung kann der Gläubiger dadurch verhindern, dass er gleichzeitig auch die Forderung des Begünstigten aus dem Grundgeschäft pfändet619. Der Akkreditivauftraggeber selbst kann den Auszahlungsanspruch des 1/145 Begünstigten freilich nicht pfänden, weil die Vereinbarung einer Akkreditiveröffnung ihm über ein Aufrechnungsverbot (s Rz 1/24) hinaus jeden Zugriff auf diesen Anspruch verwehrt620. Nach Gutschrift des Akkreditivbetrags auf dem Konto des Begünstigten kann jedoch die Kontoforderung auch vom Akkreditvauftraggeber gepfändet werden. Reichlich unklar erscheint, wie bei einer Pfändung des Anspruchs aus 1/146 einem bestätigten Akkreditiv vorzugehen ist. Vorsichtsweise wird ein Zahlungsverbot sowohl gegenüber der eröffnenden Bank als auch gegenüber der bestätigenden Bank zu beantragen sein, was freilich dann praktische und rechtliche Schwierigkeiten aufwerfen kann, wenn beide Banken verschiedenen Gerichtsbarkeiten unterstehen621. Soweit – ausnahmsweise – nur österreichisches Recht zur Anwendung kommt, wird (für Solidarschuldner) vertreten, dass sich der Rang des Pfandrechts nach dem Zeitpunkt der ersten Zustellung an einen der Drittschuldner richtet, die anderen Drittschuldner ihrem Gläubiger, dh dem Verpflichteten im Exekutionsverfahren (hier also dem Akkreditivbegünstigten), aber so lange noch schuldbefreiend (für alle) zahlen können, bis auch ihnen das Zahlungsverbot zugestellt ist622. Wenn freilich schon die Zustellung an nur einen Drittschuldner rangbegründend für das Pfandrecht ist, wird man wohl auch eine außergerichtliche Verständigung der 619
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Avancini in BVR1 II Rz 4/144; Nielsen, Akkreditivgeschäft 178; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/491. Vgl Erman, Einwirkungen des Kaufvertragsverhältnisses auf die Akkreditivverpflichtung der Bank, Rittershausen-FS (1968) 261. S auch OLG Hamburg in BB 1978, 63 mit insoweit zustimmender Anm von Kremser. In konsequenter Weiterverfolgung dieser Ansicht wendet sich Kremser zu Recht gegen den vom OLG Hamburg weiters eingenommenen Standpunkt, dass trotz Akkreditivklausel die Forderung des Begünstigten aus dem Grundgeschäft selbst vom Akkreditivauftraggeber hingegen gepfändet werden könne. Avancini in BVR1 II Rz 4/146. Heller/Berger/Stix, Kommentar zur EO4 (1976) 2124 f; Oberhammer in Angst, EO § 294 Rz 25.
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Das Dokumentenakkreditiv
anderen Drittschuldner von der Pfändung genügen lassen müssen, um die Möglichkeit einer noch schuldbefreienden späteren Zahlung auszuschließen. Das wird durch eine höchstgerichtliche E623 unterstützt, nach der dem von einem Verfügungsverbot getroffenen Verpflichteten die Einziehung einer gepfändeten Forderung, für die eine Solidarhaftung besteht, schlechthin untersagt ist, nämlich auch gegenüber jenen Solidarschuldnern, die nicht als weitere Drittschuldner in der Exekutionsbewilligung angeführt wurden. 2. Pfändung vor Dokumentenvorlage 1/147
Da auch bedingte Forderungen gepfändet werden können624, ist der durch die Dokumentenvorlage bedingte Anspruch des Begünstigten auf Honorierung eines Akkreditivs pfändbar625; der Pfändungsgläubiger ist jedoch darauf angewiesen, dass der Begünstigte den Bedingungseintritt herbeiführt. Unpfändbar ist nämlich das Dokumentenvorlagerecht626. Das Recht auf Inanspruchnahme des Akkreditivs ist wegen der Vertrauensposition des Begünstigten grundsätzlich nicht übertragbar (s Rz 1/98); aber auch wenn eine Übertragung gestattet sein sollte, wird hierbei vorausgesetzt, dass der Begünstigte den Dritten aussucht, der zur Dokumentenvorlage nunmehr berechtigt sein soll (s Rz 1/140). Im Wege über eine Pfändung kann daher dem Akkreditivauftraggeber ein anderer Dokumentenvorlageberechtigter nicht aufgedrängt werden627. Eine andere Auffassung würde die Personsbezogenheit des Dokumentenvorlagerechts ignorieren. Hier geht es nicht um ein rechtsgeschäftliches Abtretungsverbot, sondern um die grundsätzliche Unabtretbarkeit und damit Unpfändbarkeit einer Vertrauensposition628. Jedenfalls empfiehlt es sich, bei einer trotz dieser Problematik unternommenen Pfändung des bedingten Zahlungsanspruchs auch die Forderung des Begünstigten aus dem Grundgeschäft mitzupfänden, um so zu verhindern, dass die Parteien das Geschäft außerhalb des Akkreditivs abwickeln629. J. Abänderung des Akkreditivs
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Nach der Eröffnung sind Abänderungen des Akkreditivs oder dessen Annullierung (Art 10 lit a ERA 600) – soweit Art 38 ERA 600 nichts anderes vorsieht 623 624
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OGH in SZ 46/37; vgl auch OGH 2 Ob 285/99x in ÖBA 2001, 653. OGH in EvBl 1970/284; 3 Ob 63/95 in SZ 68/158; Oberhammer in Angst, EO § 294 Rz 2. Avancini in BVR1 II Rz 4/147. Nicht erklärlich ist, warum eine Pfändung nicht zulässig sein soll, wenn die Bedingung darin besteht, dass der Verpflichtete eine Leistung erbringt (so Heller/Berger/Stix, EO 2113); allerdings ist zudem fraglich, ob die Vorlage der Akkreditivdokumente überhaupt eine Leistung im Sinne dieser Meinung wäre. Avancini in BVR1 II Rz 4/147; aM Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/487 mit dem Hinweis, dass eine solche Pfändung praktisch nicht vorkomme. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 462; vgl auch Schinnerer/Avancini III 73. Vgl auch Schlegelberger/Hefermehl Rz 237. Avancini in BVR1 II Rz 4/147; Schlegelberger/Hefermehl Rz 238.
Das Rechtsverhältnis eröffnende Bank – Begünstigter
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(dazu Rz 1/139) – durch die eröffnende Bank nur im Einvernehmen mit dem Begünstigten möglich630. Es gelten dafür die allgemeinen Grundsätze der §§ 861 ff ABGB, soweit die ERA keine Abweichungen vorsehen. Schlägt die eröffnende Bank eine Änderung vor, so kann dieser Antrag631 vom Begünstigten nur insgesamt (ausdrücklich oder konkludent) angenommen oder ausgeschlagen werden; eine teilweise Annahme gilt nach Art 10 lit e ERA 600 als Ablehnung der Änderung632, könnte aber auch als Angebot zu einer von der (seitens der eröffnenden Bank) gewünschten Änderung abweichenden Neugestaltung des Akkreditivs zu verstehen sein. Die Änderung wird nicht schon dadurch herbeigeführt, dass der Begünstigte, dem die von der eröffnenden Bank gewünschte Änderung mitgeteilt wird, darauf nicht reagiert; denn nach Art 10 lit f ERA 600 sind Klauseln, wonach die Änderung wirksam werden soll, sofern der Begünstigte sie nicht binnen einer bestimmten Frist ablehnt, nicht zu beachten. Allerdings wird die Änderung des Akkreditivs auch dann wirksam, wenn der Begünstigte zwar zunächst auf den Antrag der Bank nicht reagiert, danach aber die Dokumentenvorlage in der Weise tätigt, dass sie dem Akkreditiv samt den Änderungen entspricht (Art 10 lit c ERA 600). Damit hat der Begünstigte bis zur Dokumentenvorlage die Wahl, ob er die Änderung (ausdrücklich oder konkludent) akzeptiert oder aber sie ablehnt633. Nach Art 10 lit d ERA 600 soll die Bank, die eine Änderung avisiert, derjenigen Bank, von der sie die Änderung erhalten hat, von jeglicher Mitteilung über die Annahme oder Ablehnung informieren. Nach Art 10 lit a und b ERA 600 muss gegebenenfalls auch die bestätigende 1/149 Bank zustimmen, nicht hingegen eine Bank mit bloßer Zahlstellenfunktion634. Das bedeutet aber nicht, dass eine ohne Zustimmung der bestätigenden Bank erfolgte Akkreditivänderung unwirksam wäre635; sie kann allerdings die bestätigende Bank nicht zusätzlich belasten. Deren Haftung bleibt grundsätzlich unverändert bestehen, sie kann aber auch wegfallen, wenn nämlich eine Ausnutzung des geänderten Akkreditivs nicht gleichzeitig auch den alten Akkreditivbedingungen entspricht. Avisiert die bestätigende Bank dem Begünstigten die von der eröffnenden Bank erstellte Änderung, ohne ihre Bestätigung auf die geänderten Akkreditivbedingungen zu erstrecken, so muss sie dies unverzüglich der eröffnenden Bank und dem Begünstigten im Rahmen der Avisierung mitteilen (Art 10 lit b ERA 600). Andernfalls erstreckt sich die Bestätigung auf die avisierte Änderung. Eine fehlende Zustimmung des Akkreditivauftraggebers wirkt sich auf 1/150 sein Innenverhältnis zur eröffnenden Bank aus, kann darüber hinaus aber 630 631
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Nielsen, Neue Richtlinien Rz 60. Zur Bindung der eröffnenden Bank an die Änderung noch vor dem Zugang beim Begünstigten (Art 10 lit b ERA 600) s Nielsen, Neue Richtlinien Rz 62. Davon zu unterscheiden ist die Annahme eines von mehreren in verschiedenen Änderungsanzeigen übermittelten Änderungsvorschlägen: Nielsen, Neue Richtlinien Rz 65. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 64. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 61. Avancini in BVR1 II Rz 4/148; Raith, Recht 132 f.
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Das Dokumentenakkreditiv
auch die Akkreditivabänderung im Verhältnis zum Begünstigten berühren. Denn die Bank kann sich dem Begünstigten grundsätzlich nur im Rahmen des ihr erteilten Auftrags abstrakt verpflichten (s bei Rz 1/86 ff). K. Erlöschen der Akkreditivverpflichtung 1/151
Die Akkreditivverpflichtung erlischt nach allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen (§§ 1411 ff ABGB), etwa durch deren einvernehmliche Aufhebung, durch Zahlung (§ 1412 ABGB) oder Aufrechnung (Rz 1/129). Ferner erlischt sie bei Unterlassung der Inanspruchnahme innerhalb der Gültigkeitsfrist. Eine Kündigung durch die eröffnende Bank ist ausgeschlossen, soweit ein Zielschuldverhältnis vorliegt, wohl aber möglich bei einem zeitlich unbefristet revolvierend erstellten Akkreditiv. Nach Zahn/Ehrlich/Neumann 636 kann die Bank ihre Akkreditivverpflichtung aus wichtigem Grund widerrufen, wenn ihr der Begünstigte von ihm selbst oder von einem Dritten gefälschte oder betrügerisch ausgestellte Dokumente vorlegt. Der Betrugsversuch erschüttert das gegenseitige Vertrauen, so dass der Bank der Fortbestand der Rechtsbeziehung nicht zugemutet werden kann und ihr ein Rücktrittsrecht zusteht637. Als Rechtsgeschäft gelten für das Akkreditiv die allgemeinen Anfechtungsregeln, insbesondere also auch die im Streitfall nach der Rspr nur gerichtlich durchsetzbare Irrtumsanfechtung. Zu den Auswirkungen einer Konkurseröffnung s unten Rz 1/228 f und 1/231 ff. L. Tod und Geschäftsunfähigkeit des Begünstigten
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Tod oder Eintritt der Geschäftsunfähigkeit eines Gläubigers führen im Allgemeinen nicht dazu, dass der Schuldner von seiner Leistungspflicht befreit wird. Auf der anderen Seite hat bei einem Akkreditiv der Begünstigte eine Vertrauensposition, die er nicht ohne Zustimmung der eröffnenden Bank (die ihrerseits intern wieder der Zustimmung ihres Auftraggebers bedarf) auf einen Dritten übertragen kann (s Rz 1/98). Demgemäß ist insbesondere das Recht zur Dokumentenvorlage nicht rechtsgeschäftlich abtretbar. Damit stellt sich die Frage, ob das Vorlagerecht auch unvererblich ist, ob also durch den Tod des Begünstigten ein noch nicht ausgenütztes Akkreditiv notwendigerweise verfallen muss. Das ist jedoch zu verneinen638: Erstens ist der Tod des Begünstigten ein Ereignis, mit dem ganz allgemein gerechnet werden muss und von dem deshalb angenommen werden darf, dass es typischerweise die Abwicklung auch eines Akkreditivgeschäfts nicht stören soll. Wäre anderes gewollt, kann der Einbau einer entsprechenden Kautel erwartet 636 637
638
Zahlung Rz 2/398. Binder/Reidinger in Schwimann, ABGB3 § 918 Rz 96; P. Bydlinski in KBB2 § 918 Rz 16; Reischauer in Rummel, ABGB3 Vor §§ 918 – 933 Rz 7; anders Avancini in BVR1 II Rz 4/149: Wegfall der Geschäftsgrundlage. Avancini in BVR1 II Rz 4/150.
Einschaltung weiterer Banken
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werden. Hinzu kommt, dass der Erbe notwendigerweise auch in das Grundgeschäft eintritt und ihn im Unterschied zu einem Zessionar alle Haftungen aus einer dem Grundgeschäft zuwiderlaufenden Akkreditivinanspruchnahme voll treffen würden. Vom Erben ist daher grundsätzlich zu erwarten, dass auch er das Akkreditiv nur in Anspruch nehmen wird, wenn er dazu im Rahmen des Grundverhältnisses berechtigt ist. Diese Überlegungen gelten gleichermaßen für eine sonstige Gesamtrechtsnachfolge, wie etwa bei einer Fusion, und sie können ferner auch Zweifeln entgegengehalten werden, ob der Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Begünstigten das Dokumentenvorlagerecht hinfällig macht, weil es nur mehr durch den gesetzlichen Vertreter ausgeübt werden könnte, dieser aber nicht mehr selbst vom Begünstigten ausgewählt wird. Als Ergebnis ist festzustellen, dass Tod und Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Begünstigten eine Vorlage der Akkreditivdokumente durch den Erben bzw den gesetzlichen Vertreter nicht hindern. M. Verjährung Soweit die Ansprüche des Begünstigten aus einer Anweisungsannahme 1/153 abgeleitet werden, verjähren sie gemäß § 1403 Abs 2 ABGB in drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit der Fälligkeit des Anspruchs, bei Sichtakkreditiven also mit der Dokumentenvorlage. Dass der Begünstigte berechtigt gewesen wäre, die Dokumente schon früher vorzulegen und damit idR eine frühere Fälligkeit herbeizuführen, ist für den Beginn des Fristenlaufs unbeachtlich639. Eine worauf immer zurückzuführende Ausnutzung der dem Begünstigten nach dem Grundgeschäft für seine Leistung offen stehenden Frist kann die Verjährungsfrist für seinen Entgeltanspruch und damit auch für seinen diesen sichernden Anspruch aus dem Akkreditiv nicht verkürzen. Gründet sich der Anspruch des Begünstigten auf eine Garantie (Rz 1/90 und 1/92), so verjährt er nach § 1489 ABGB, da die Garantie Schadenersatzfunktion hat640.
V. Einschaltung weiterer Banken A. Einschaltung einer avisierenden Bank Nach Art 9 lit a Satz 1 ERA 600 kann ein Akkreditiv – und jegliche Änderung – 1/154 dem Begünstigten durch eine avisierende Bank (Avisbank) avisiert werden, die sich ihrerseits einer anderen Bank zur Avisierung bedienen kann (Art 9 lit c ERA 600: „zweite avisierende Bank“). Mangels besonderer Weisungen des Auftraggebers ist es daher der eröffnenden Bank freigestellt, ob sie sich 639
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Avancini in BVR1 II Rz 4/151; Koch, Zur Verjährung von Rechten aus Garantien, ÖBA 1991, 249 FN 23. Koziol unten Rz 3/125 ff; Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 880a Rz 13; M. Bydlinski in Rummel, ABGB3 § 1489 Rz 2.
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Das Dokumentenakkreditiv
zur Avisierung einer Zweitbank bedient, bzw welche Bank sie hierfür auswählt. Es handelt sich bei der Avisierung nur um eine Hilfstätigkeit, zu deren Ausführung ein Beauftragter auch Dritte heranziehen kann. Die Zweitbank, meist mit Sitz im Lande des Begünstigten641, hat als avisierende Bank die Aufgabe, dem Begünstigten ohne eigene Verpflichtung die Eröffnung des Akkreditivs mitzuteilen (Art 9 lit a ERA 600). Gleiches gilt für eine „zweite avisierende Bank“, derer sich die avisierende Bank zur Avisierung des Akkreditivs bedient (nunmehr in Art 9 lit c ERA 600 der bisherigen Praxis entsprechend ausdrücklich geregelt). Zum davon zu unterscheidenden Voravis s Rz 1/33 und 1/94. 1. Das Rechtsverhältnis avisierende Bank – eröffnende Bank 1/155
Bei der Durchführung des (auf eine Akkreditiveröffnung gerichteten) Avisierungsauftrags sowie bei der Vereinbarung von Akkreditivabänderungen handelt die Zweitbank als Botin; sie bildet nicht selbst den Willen, sondern übermittelt bloß Willenserklärungen der eröffnenden Bank642. Diese muss sich daher idR Fehler zurechnen lassen, die der avisierenden Bank bei der Weitergabe ihrer Erklärungen an den Begünstigten etwa unterlaufen. Wird ein Akkreditiv von der Zweitbank irrtümlich unrichtig avisiert, insbesondere die Bedingungen des Akkreditivs nicht genau wieder gegeben (vgl Rz 1/158), so ist die eröffnende Bank, wenn sie überhaupt einen Avisierungsauftrag erteilt hat, an das Akkreditiv grundsätzlich mit dem durch die Avisierung mitgeteilten Inhalt gebunden und, sofern die Voraussetzungen hierfür gegeben sind, auf eine Irrtumsanfechtung verwiesen, um sich von dieser Bindung zu lösen. Nach Nielsen 643 wird die Beurteilung der Stellung der avisierenden Bank als Botin deren Funktion nicht gerecht, weil sie nicht nur den Akkreditivtext übermittelt, sondern nach Art 9 lit b ERA 600 zu erkennen gibt, dass sie sich der augenscheinlichen Echtheit des Akkreditivs (oder der Änderung) vergewissert habe (dazu Rz 1/158). Dass die avisierende Bank infolge der ERA weitergehende Pflichten treffen als andere Überbringer einer Willenserklärung, steht jedoch der Qualifikation als Botin nicht entgegen.
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Die Übernahme der Botenstellung begründet ein Auftragsverhältnis nach den §§ 1002 ff ABGB zwischen eröffnender und avisierender Bank644, da die 641
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OGH 4 Ob 366/97w in ÖBA 1998, 563; 1 Ob 16/01m in ÖBA 2002, 316 mit Anm von Apathy; Avancini in BVR1 II Rz 4/153; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 114; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 266; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 165. OGH in ÖBA 2002, 316; Avancini in BVR1 II Rz 4/154; Canaris, BVR3 Rz 971; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 274; dagegen eher einer Vertreterstellung zuneigend Raith, Recht 175 f. Zur Abgrenzung von Stellvertreter und Bote vgl Apathy in Schwimann, ABGB § 1002 Rz 5 ff. In BankR-HB2 § 120 Rz 116. Vgl Art 9 lit f ERA 600; OGH 10 Ob 303/99b in ÖBA 2000, 1013; OGH in ÖBA 2002, 316 mit Anm von Apathy; 7 Ob 282/06f in ÖBA 2007, 903 mit Anm von Apathy.
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der Zweitbank übertragene Tätigkeit auf das Zustandekommen eines Rechtsgeschäfts (Akkreditiveröffnung) gerichtet ist. Der Vertrag kommt idR dadurch zustande, dass die avisierende Bank das Angebot der eröffnenden Bank durch tatsächliches Entsprechen, und zwar Avisierung des Akkreditivs an den Begünstigten, annimmt (§ 864 ABGB)645. Aus dem Auftragsverhältnis folgt einerseits die Pflicht zur rechtzeitigen Avisierung des Akkreditivs in entsprechender Form646, insbesondere mittels Kurierdienst647. Andererseits trifft die Zweitbank eine Warnpflicht (Verständigungspflicht) gegenüber der eröffnenden Bank, wenn deren offenkundiges Interesse eine Benachrichtigung erfordert. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Begünstigte insolvent ist und die Zweitbank annehmen muss, dass die eröffnende Bank davon nichts weiß648. Eine Rückfragepflicht besteht nur ausnahmsweise, da die Zweitbank auch im Hinblick auf eine im Grundgeschäft für die Akkreditiveröffnung möglicherweise vereinbarte Frist grundsätzlich gehalten ist, eine Avisierung (Eröffnung) unverzüglich durchzuführen649. Für die Avisierung hat die Zweitbank Anspruch auf Aufwandersatz (§ 1014 ABGB) und Provision (vgl § 354 Abs 1 UGB). 2. Das Verhältnis avisierende Bank – Akkreditivauftraggeber Die avisierende Bank wird nicht vom Akkreditivauftraggeber, sondern von 1/157 der eröffnenden Bank eingeschaltet. Diese vereinbart mit ihr das Auftragsverhältnis und ist alleine weisungsbefugt. Der Akkreditivauftraggeber tritt daher zur avisierenden Bank in keine Rechtsbeziehung650. Er kann ihr daher Weisungen nicht unmittelbar erteilen, sondern nur im Wege über die eröffnende Bank. 3. Das Rechtsverhältnis avisierende Bank – Begünstigter Die Avisbank avisiert dem Begünstigten das Akkreditiv, ohne hierbei eine 1/158 Verpflichtung zu honorieren oder zu negoziieren einzugehen (Art 9 lit a ERA 600); vielfach weist die Zweitbank ausdrücklich darauf hin, dass sie das Akkreditiv nicht bestätigt651. Das entspricht ihrer Stellung als Botin der eröffnenden Bank bzw als „technische Durchleitstelle“652. 645
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Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 272; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 166. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 271. Bei entsprechender Vereinbarung zwischen dem Begünstigten und der avisierenden Bank erfolgt die Mitteilung mittels E-Mail oder Telefax. Canaris, BVR3 Rz 973; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 271. Avancini in BVR1 II Rz 4/155. Canaris, BVR3 Rz 977; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/48; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 270; s auch OGH in HS III/46. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/180; vgl OGH in HS 12.230/8: Bestätigung nur gegen Deckung. OGH 1 Ob 16/01m in ÖBA 2002, 316 mit Anm von Apathy.
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Das Dokumentenakkreditiv
Allerdings wird wegen des rechtsgeschäftlichen Kontakts zum Begünstigten ein gesetzliches Schuldverhältnis (ohne primäre Leistungspflicht) angenommen653, das Schutz- und Sorgfaltspflichten begründet, um Fälschungsfällen vorzubeugen654. Nach Art 9 lit b ERA 600 gibt die avisierende Bank zu erkennen, dass sie sich der augenscheinlichen Echtheit des zu avisierenden Akkreditivs oder der Änderungen vergewissert hat und dass das Avis die Bedingungen655 des ihr zugegangenen Akkreditivs oder der ihr zugegangenen Änderung genau wiedergibt656. Kann die mit der Avisierung beauftragte Bank sich nicht von der augenscheinlichen Echtheit des Akkreditivs, der Änderung oder des Avis vergewissern, so muss sie unverzüglich die Bank, von der sie den Auftrag erhalten zu haben scheint, davon unterrichten. Entschließt sie sich dennoch zur Avisierung des Akkreditivs oder der Änderung, so muss sie den Begünstigten (oder eine zweite avisierende Bank) davon unterrichten, dass sie sich nicht der augenscheinlichen Echtheit des Akkreditivs oder der Änderung oder des Avis vergewissern konnte (Art 9 lit f ERA 600). Die avisierende Bank darf daher eine Akkreditiveröffnung nicht unbesehen weitergeben, sondern hat die Existenz der als eröffnende Bank aufscheinenden Bank und die Zeichnungsberechtigung der Firmanten einschließlich der Echtheit der Unterschriften bzw sonstige Authentisierungen (gemäß den SWIFT-Regeln) zu prüfen657. Die avisierende Bank haftet bei Sorgfaltswidrigkeit dem Begünstigten für dessen Schaden infolge der Avisierung eines unwirksamen Akkreditivs658. 1/159
Zur Empfangnahme der Akkreditivdokumente wird die avisierende Bank von der eröffnenden Bank grundsätzlich nicht ermächtigt. Wenn der Begünstigte, was häufig geschieht, die Dokumente der avisierenden Bank zur Vorlage bei der eröffnenden Bank oder bei der benannten Bank übergibt, ist die avisierende Bank in diesem Bereich Gehilfin des Begünstigten, also dessen Beauftragte659. Dementsprechend hat der Begünstigte sich alle Vorkommnisse bei dieser Bank – sie hier als avisierende Bank zu bezeichnen, wäre irreführend, untechnisch wird sie gelegentlich als einreichende Bank (presenting bank) tituliert – zurechnen zu lassen; insbesondere werden die Dokumente 653
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Avancini in BVR1 II Rz 4/157; Canaris, BVR3 Rz 978; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 275. Ebenso zur Garantie Koziol unten Rz 3/133. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 274. Dies bezieht sich auf diejenigen Bedingungen, die der Begünstigte zur Inanspruchnahme des Akkreditivs kennen muss. Nachrichten der eröffnenden Bank, die nur für eine andere Bank bestimmt sind, müssen dem Begünstigten nicht bekannt gegeben werden. Ebenso Art 9 lit c ERA 600 für eine „zweite avisierende Bank“. Avancini in BVR1 II Rz 4/157; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 276. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 278; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 180. OGH 4 Ob 366/97w in ÖBA 1998, 563; 10 Ob 303/99b in ÖBA 2000, 1013 unter Berufung auf Avancini: Die Zweitbank kann dabei auch als Vertreterin des Begünstigten ein konstitutives Anerkenntnis der eröffnenden Bank entgegennehmen.
Einschaltung weiterer Banken
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noch auf seine Gefahr eines Verlustes oder einer Verspätung weitergeleitet660. Ist ihm hingegen eine Vorlage bei der avisierenden Bank im Akkreditiv vorgeschrieben, so geht die Gefahr des zufälligen Untergangs der Dokumente mit der Vorlage auf die eröffnende Bank bzw deren Auftraggeber über661. 4. Das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber – Begünstigter Das Grundverhältnis verpflichtet den Akkreditivauftraggeber, für die fristge- 1/160 rechte Stellung des vereinbarten Akkreditivs zu sorgen (s Rz 1/26). Da die eröffnende Bank in diesem Zusammenhang nicht seine Erfüllungsgehilfin ist (s Rz 1/50), ist die avisierende Bank auch nicht mittelbare Erfüllungsgehilfin662. Der Akkreditivauftraggeber hat daher im Grundgeschäft ein Verschulden der avisierenden Bank bei der Akkreditiveröffnung nicht zu vertreten. Für das Rücktrittsrecht nach § 918 ABGB genügt freilich objektiver Verzug des Schuldners (Käufers) mit der Stellung des Akkreditivs. B. Einschaltung einer benannten Bank Grundsätzlich ist ein Akkreditiv von der eröffnenden Bank unmittelbar zu 1/161 honorieren. Häufig wird jedoch – vor allem im Interesse des Begünstigten, aber auch deswegen, weil die eröffnende Bank über keine Zweigstelle im Heimatland des Begünstigten verfügt663 – vorgesehen, dass die Honorierung durch eine andere Bank (im Heimatland des Begünstigten) als sogenannte „Zahlstelle“664 der eröffnenden Bank (Art 2 ERA 600: benannte Bank) erfolgt. 1. Das Rechtsverhältnis benannte Bank – eröffnende Bank Die benannte Bank hat grundsätzlich selbständig und eigenverantwortlich665 die bei ihr vorgelegten Akkreditivdokumente zu prüfen und kann bei 660 661
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Vgl Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/442. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/443. Anders für die Garantie Koziol unten Rz 3/134. Avancini in BVR1 II Rz 4/159; anders aber Canaris, BVR3 Rz 978; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 267. OGH 1 Ob 203/03i in ÖBA 2004, 708. Üblicherweise bezeichnet man als Zahlstelle eine zum Empfang – nicht aber zur Erbringung – der Leistung berechtigte Person (vgl § 1424 ABGB), doch ist der Ausdruck Zahlstellenbank seit jeher gebräuchlich. Vgl auch Rz 1/10. OGH 7 Ob 282/06f in ÖBA 2007, 903 mit Anm von Apathy; Avancini in BVR1 II Rz 4/161; von Gablenz, Die Haftung der Banken bei Einschaltung Dritter (1983) 280 f; Nielsen, Neue Richtlinien Rz 126; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 139 und 410: Substitution; von Westphalen, Rechtsprobleme der Exportfinanzierung3 (1987) 255; derselbe, Die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (1974) und die Einheitlichen Richtlinien für Inkassi im Licht des AGB-Gesetzes, WM 1980, 178, 185; aM Canaris, BVR3 Rz 974; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 300, der die Zahlstelle als Erfüllungsgehilfin der eröffnenden Bank ansieht. Dazu eingehend unten Rz 1/198.
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Das Dokumentenakkreditiv
Mängelfreiheit der Vorlage auf Rechnung der eröffnenden Bank das Akkreditiv honorieren666. Sie besorgt ein Geschäft der eröffnenden Bank, so dass ein Auftragsverhältnis gemäß den §§ 1002 ff ABGB gegeben ist667. Dem Auftragsrecht entsprechend muss die benannte Bank Weisungen der eröffnenden Bank befolgen, und zwar auch dann, wenn sie im Verhältnis der eröffnenden Bank zum Begünstigten rechtswidrig wären (zB Verbot einer Honorierung des Akkreditivs trotz Vorlage akkreditivgerechter Dokumente)668. Die eröffnende Bank kann den der benannten Bank erteilten Auftrag jederzeit widerrufen (§ 1020 ABGB)669. 1/163
Für Fehler, die der benannten Bank bei der Prüfung der Dokumente unterlaufen, ist sie der eröffnenden Bank grundsätzlich verantwortlich. Rügt sie eine mangelhafte Dokumentenvorlage nicht fristgerecht gegenüber dem Begünstigten, so wird die eröffnende Bank diesem zur Honorierung des Akkreditivs verpflichtet (s Rz 1/171). Für einen daraus der eröffnenden Bank entstehenden Schaden haftet die benannte Bank bei Verschulden (§ 1012 ABGB).
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Allerdings hat die eröffnende Bank die ihr von der benannten Bank weitergereichten Dokumente ebenfalls zu prüfen und darüber zu entscheiden, ob sie diese als akkreditivkonform akzeptiert (Art 16 lit f ERA 600). Dabei gelten die gleichen Grundsätze wie bei einer unmittelbar durch den Begünstigten vorgenommenen Vorlage (s Rz 1/100 ff), nur dass es hier um das Verhältnis der eröffnenden Bank zur benannten Bank geht und daher auch eine Zurückweisung der Dokumente gegenüber dieser Bank zu erklären ist. Unterbleibt eine fristgerechte Zurückweisung, so kann die eröffnende Bank gegenüber der benannten Bank nicht mehr geltend machen, diese hätte bei der Dokumentenaufnahme vertragswidrig gehandelt und habe daher keinen Anspruch auf Aufwandersatz (wenn die benannte Bank inzwischen das Akkreditiv honoriert haben sollte)670 bzw sei ihr gegenüber ersatzpflichtig (wenn die eröffnende Bank selbst auf Grund der Dokumentenaufnahme durch die benannte Bank honorieren muss). Vielmehr entfällt eine Schadenersatzpflicht der benannten Bank zur Gänze und es käme nicht bloß zu einer Kürzung wegen eines Mitverschuldens der eröffnenden Bank. 666
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MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 76; Schönle, BankR 123; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 303; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/100. – Zur Frage, ob eine Zweitbank als avisierende Bank oder als Zahlstelle eingeschaltet war, s OLG Frankfurt in RIW 1986, 905. OGH 1 Ob 16/01m in ÖBA 2002, 316 mit Anm von Apathy; 1 Ob 38/03z in ÖBA 2004, 382 mit Anm von Apathy = SZ 2003/98; 1 Ob 203/03i in ÖBA 2004, 708; 7 Ob 282/06f in ÖBA 2007, 903 mit Anm von Apathy. OGH in ÖBA 2004, 382; Avancini in BVR1 II Rz 4/161; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 144; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 306. MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 77. Zu dem gleichgelagerten Problem im Verhältnis eröffnende Bank – bestätigende Bank s auch BGH in WM 1984, 1214.
Einschaltung weiterer Banken
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Eine rechtzeitige Zurückweisung der Dokumente gegenüber der benannten Bank wirkt nur intern und ersetzt daher eine im Verhältnis zum Begünstigten versäumte Rüge nicht. Die benannte Bank hat Anspruch auf Provision (vgl § 354 Abs 1 UGB) und 1/165 auf Aufwandersatz (Rembours) bzw Bevorschussung671 eines von ihr auszuzahlenden Akkreditivbetrags (§ 1014 ABGB). Den Anspruch auf Aufwandersatz regelt Art 7 lit c ERA 600 dahin, dass die eröffnende Bank672 – unabhängig von ihrer Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten673, also auch dann, wenn dieser wegen inzwischen erwiesenen Rechtsmissbrauchs keinen Anspruch haben sollte oder diesen nicht durchsetzen könnte – zu remboursieren verpflichtet ist, wenn die benannte Bank eine konforme Dokumentenvorlage honoriert oder negoziiert und die Dokumente an die eröffnende Bank versandt hat. Rembours in Höhe des Betrags der konformen Dokumentenvorlage unter einem Akkreditiv, das durch Akzeptleistung oder hinausgeschobene Zahlung benutzbar ist, ist bei Fälligkeit zu leisten, unabhängig davon, ob die benannte Bank vor Fälligkeit gezahlt oder angekauft hat. Das Akkreditiv kann vorsehen, dass der Anspruch der benannten Bank im Weg über eine Remboursbank bezahlt wird; dazu unten Rz 1/191 ff. 2. Das Rechtsverhältnis benannte Bank – Akkreditivauftraggeber Zwischen der benannten Bank und dem Akkreditivauftraggeber besteht 1/166 grundsätzlich674 keine direkte Rechtsbeziehung675. Demgemäß kann ihr der Akkreditivauftraggeber Weisungen nicht selbst erteilen; er muss sich dazu stets der eröffnenden Bank bedienen. Allerdings haftet die benannte Bank unmittelbar dem Akkreditivauftraggeber nach vertraglichen Grundsätzen auch für bloße Vermögensschäden676, denn aus ihrem Auftragsverhältnis zur eröffnenden Bank ergeben sich Schutzpflichten gegenüber dem Akkreditivauftraggeber, dem ihre Hauptleistung (Prüfung der Dokumente, gegebenenfalls Durchführung der Akkreditivhonorierung) ersichtlich zukommen soll677. Ist die benannte Bank Erfüllungsgehilfin der eröffnenden Bank (dazu Rz 1/ 198), so ist die Haftung aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vom Standpunkt der Rspr aus jedoch fraglich. 671
672
673 674
675 676
677
Vgl OGH 1 Ob 203/03i in ÖBA 2004, 708; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/ 46. – Da die ERA davon ausgehen, dass die benannte Bank zuerst honoriert und sich erst dann remboursiert, wird vom Recht auf Bevorschussung in der Praxis nur selten Gebrauch gemacht. Zur gleichartigen Verpflichtung der bestätigenden Bank gegenüber der benannten Bank s Art 8 lit c ERA 600. Vgl § 1014 ABGB: selbst bei fehlgeschlagenem Erfolg. Die eröffnende Bank könnte freilich ihre Ansprüche gegen die benannte Bank ihrem Auftraggeber abtreten (vgl Z 8 Abs 2 ABB). Vgl Schlegelberger/Hefermehl Rz 194; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 302. Vgl zur Banküberweisung OGH 1 Ob 503/92 in SZ 65/20 = JBl 1992, 713 mit Anm von Iro; Koziol in BVR2 III Rz 1/20. Vgl Koziol in BVR2 III Rz 1/20 zur mehrgliedrigen Überweisung im Giroverkehr.
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Das Dokumentenakkreditiv
3. Das Rechtsverhältnis benannte Bank – Begünstigter 1/167
Die Benennung einer Zahlstelle begründet zwischen dieser und dem Begünstigten grundsätzlich keine vertragliche Beziehung678, da die benannte Bank entsprechend Art 12 lit a ERA 600 keine Verpflichtung zur Honorierung oder Negoziierung trifft. Allerdings kann die benannte Bank eine solche Verpflichtung (ausdrücklich) übernehmen und dies dem Begünstigten mitteilen (vgl Rz 1/72). Nach Canaris 679 bestehen jedenfalls gesetzliche Schutzpflichten der benannten Bank gegenüber dem Begünstigten, deren Verletzung die benannte Bank schadenersatzpflichtig macht. Avancini 680 hat dies bezweifelt, da die benannte Bank nicht im eigenen Interesse tätig werde. Er teilt deshalb auch nicht die Ansicht, dass die benannte Bank dem Begünstigten schadenersatzpflichtig werden kann, wenn sie Dokumente, die sie als mangelhaft gerügt hat, ihm nicht unverzüglich zurückstellt bzw ausdrücklich zur Verfügung hält681. Die Rückstellungspflicht treffe die eröffnende Bank, da ja die Dokumente ihr vorgelegt werden, so dass nur sie der Adressat von Schadenersatzansprüchen sei; die benannte Bank fungiere für die eröffnende Bank bloß als Empfangsstelle. Geht man davon aus, dass die benannte Bank bei der Dokumentenprüfung idR nicht als Erfüllungsgehilfin der eröffnenden Bank, sondern als Substitutin selbständig handelt (Rz 1/198)682, so kann an der Schadenersatzpflicht bei schuldhaftem Handeln der benannten Bank nicht gezweifelt werden.
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Die Akkreditivdokumente können vom Begünstigten fristwahrend bei der benannten Bank vorgelegt werden (oben Rz 1/100 f); die Weiterleitung erfolgt dann nicht mehr auf sein Risiko, sondern bereits auf das des Akkreditivauftraggebers (Art 35 Abs 2 ERA 600)683. Die benannte Bank hat die vorgelegten Dokumente auf ihre Akkreditivgemäßheit innerhalb von maximal fünf Bankarbeitstagen zu prüfen (Rz 1/ 104, 112) und sie bei Mangelhaftigkeit unverzüglich zurückzuweisen. Dabei hat sie so vorzugehen, wie es die eröffnende Bank müsste, wären die Dokumente direkt bei ihr vorgelegt worden (s Rz 1/107 ff). Unterbleibt seitens der 678
679
680 681 682 683
OGH 10 Ob 303/99b in ÖBA 2000, 1013; Avancini in BVR1 II Rz 4/166; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 146; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 310. BVR3 Rz 979; ihm folgend Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 147 f: zB Überschreitung der Maximalfrist für die Dokumentenprüfung; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 310. In BVR1 II Rz 4/166. So aber Canaris, BVR3 Rz 995. So auch Avancini in BVR1 II Rz 4/161. MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 84; Schütze, Dokumentenakkreditiv 312. Nicht geteilt werden kann die Auffassung von Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/444, der Begünstigte trage die Verlustgefahr nicht mehr, wenn die Zahlstelle sowohl die Dokumente vor dem Verlust geprüft als auch den Gegenwert an ihn ausbezahlt hat. Auf diese Vorgänge kann es für den Gefahrenübergang nicht mehr ankommen; dieser erfolgt schon mit der Vorlage, durch die die Dokumente in die Sphäre der eröffnenden Bank eintreten. S auch oben Rz 1/100 FN 404.
Einschaltung weiterer Banken
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benannten Bank eine ordnungsgemäße Rüge einer mangelhaften Dokumentenvorlage, so ist es der eröffnenden Bank verwehrt, die Mangelhaftigkeit dem Begünstigten einzuwenden (Rz 1/171). Die benannte Bank wird dem Begünstigten auch durch eine fristgerechte Vorlage akkreditivkonformer Dokumente nicht verpflichtet (Art 12 lit c ERA 600); verweigert sie die Honorierung des Akkreditivs, so kann sich der Begünstigte nur an die eröffnende Bank halten684. Bei einer unautorisierten rechtsgeschäftlichen Dokumentenaufnahme in fremdem Namen haftet die Zweitbank dem Begünstigten nach den Regeln der Scheinvertretung (§ 1019 ABGB). Die eröffnende Bank wird von ihrer Verpflichtung nicht schon dann befreit, 1/169 wenn sie den Akkreditivbetrag dem Begünstigten bei der benannten Bank zur Verfügung hält685, sondern erst mit der Auszahlung durch die Zahlstelle. Wann eine solche Auszahlung schuldbefreiend ist, ist nicht anders zu beurteilen als bei einer von der eröffnenden Bank selbst vorgenommenen Zahlung686. 4. Das Rechtsverhältnis Begünstigter – eröffnende Bank Die Einschaltung einer Zahlstelle wirkt sich insofern auf dieses Verhältnis aus, 1/170 als der Begünstigte zunächst versuchen muss, die Honorierung des Akkreditivs von der benannten Bank zu erreichen. Dieser Weg ist an sich auch dann einzuhalten, wenn die Dokumente – was in der Praxis allerdings nur selten geschieht – entsprechend Art 6 lit a Satz 2 ERA 600 unmittelbar bei der eröffnenden Bank vorgelegt worden sein sollten687, doch können eröffnende Bank und Begünstigter die Zahlungsmodalitäten einvernehmlich ändern. 684
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Nach Schinnerer/Avancini III 64 soll hingegen die benannte Bank bei Zug um Zug zahlbaren Akkreditiven unter gewissen Umständen dem Begünstigten selbständig zur Honorierung verpflichtet werden. Diese Ansicht kann nicht geteilt werden, da sie sich darüber hinwegsetzt, dass die Zweitbank auch in den angeführten Fällen die Dokumente für die eröffnende Bank zu dem von dieser eröffneten und nur diese verpflichtenden Akkreditiv entgegennimmt. Zu den Akkreditiven mit hinausgeschobener Zahlung vertrat Schinnerer, Zur Neufassung der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive, Fassung 1983, ÖBA 1984, 246 f den unhaltbaren Standpunkt, dass mit der Aufnahme der Dokumente durch die eröffnende Bank ein Anspruch des Begünstigten auf spätere Honorierung des Akkreditivs auch gegenüber der benannten Bank selbst entstünde, diese also eine selbständige Honorierungspflicht träfe. So aber offenbar Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/104; dagegen auch Schinnerer/Avancini III 63 FN 165. Wenn Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/104 in der Zahlbarstellung des Akkreditivs bei einer Zweitbank ein Problem für den Begünstigten etwa darin sehen, dass ihm die Zahlstelle den Akkreditivbetrag auf einem debitorischen Konto gutbringt, so ist das nichts Besonderes, denn die eröffnende Bank kann dies ebenfalls tun. Verbindet man dagegen mit einem Akkreditiv eine „Barzahlungsabrede“, so dürfte auch die benannte Bank durch Gutschrift auf einem debitorischen Konto keine Aufrechnungslage schaffen. Avancini in BVR1 II Rz 4/169; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 313.
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Das Dokumentenakkreditiv
Bleibt die Honorierung durch die benannte Bank bei Fälligkeit aus, so muss die eröffnende Bank honorieren. 1/171
Die benannte Bank hat – auf Grund des Auftragsverhältnisses mit der eröffnenden Bank – eine nicht akkreditivgerechte Dokumentenvorlage gegenüber dem Begünstigten fristgerecht zu rügen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob durch auftragswidriges Unterlassen der Rüge die eröffnende Bank zur Honorierung des an sich nicht ordnungsgemäß in Anspruch genommenen Akkreditivs überhaupt verpflichtet wird. Dieses Problem wird im Schrifttum recht unterschiedlich beurteilt. Nach einer Meinung habe die benannte Bank im Allgemeinen Vollmacht (nur) zur Aufnahme akkreditivgemäßer Dokumente688. Unter diesem Aspekt würde die rechtsgeschäftliche Verpflichtung der eröffnenden Bank durch die danach vollmachtlos agierende benannte Bank ausscheiden. Auf der anderen Seite findet man jedoch die Behauptung, dass die eröffnende Bank im Verhältnis zum Begünstigten auch eine Aufnahme mangelhafter Dokumente durch die benannte Bank grundsätzlich gegen sich gelten lassen müsse689. Nach Nielsen 690 wäre es vertretbar, der eröffnenden Bank das Verhalten der benannten Bank zuzurechnen, da diese bevollmächtigt sei; andererseits kehrt er hervor, dass die Ausschlusswirkung des Art 14 lit e ERA 500 (nunmehr Art 16 lit f ERA 600; oben Rz 1/114) nur die eröffnende und die bestätigende Bank, nicht hingegen die benannte Bank betreffe, da diese keine Erfüllungsgehilfin der eröffnenden Bank, sondern Substitutin sei. Daher rechnet er der eröffnenden oder bestätigenden Bank eine Überschreitung der Bearbeitungszeit von maximal 5 Bankarbeitstagen (Rz 1/112) nicht zu691. Avancini 692 geht hingegen mit Recht davon aus, dass die Verpflichtung der eröffnenden Bank infolge des Unterbleibens einer Mängelrüge nicht durch ein Rechtsgeschäft bewirkt wird, weshalb sich die Frage nach einer Vollmacht überhaupt nicht stellt. Die eröffnende Bank setzt die benannte Bank (auch) dazu ein, die vom Begünstigten vorgelegten Dokumente für sie zu prüfen und gegebenenfalls zu rügen. Wenn diese nun auftragswidrig nicht rügt, so sei das ein in der Sphäre der eröffnenden Bank eingetretenes Versäumnis mit der Folge, dass die Rügeobliegenheit gegenüber dem Begünstigten eben nicht wahrgenommen wurde. Diese Versäumung einer 688
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690 691 692
Canaris, BVR3 Rz 996. Nach von Bar, Kollisionsrechtliche Aspekte der Vereinbarung und Inanspruchnahme von Dokumentenakkreditiven, ZHR 152 (1988) 44 habe die benannte bzw bestätigende Bank keine Vollmacht zur Aufnahme der Dokumente mit Wirkung für und gegen die eröffnende Bank, so dass diese grundsätzlich ihr Recht zur Beanstandung auch dann behalte, wenn die Zweitbank sie für in Ordnung befunden hat. Von Bar beruft sich hiezu auf BGH in WM 1984, 1214, doch trägt diese Entscheidung seine Ansicht nicht, da sie die anstehende Frage gar nicht behandelt. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 314; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 407. In BankR-HB § 120 Rz 367. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 194. In BVR1 II Rz 4/170; oben Rz 1/113.
Einschaltung weiterer Banken
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Rügefrist spielt sich ausschließlich im faktischen Bereich ab693, so dass es im Verhältnis zum Begünstigten nicht darauf ankomme, ob die von der eröffnenden Bank herangezogene Zweitbank auftragsgemäß oder auftragswidrig handelt. Zu einer bloß deklarativen Anerkennung der Akkreditivgemäßheit 1/172 einer Dokumentenvorlage ist die benannte Bank schon auf Grund ihrer Stellung regelmäßig konkludent bevollmächtigt694. Anders ist die Situation wenn es darum geht, Dokumente, die berechtigterweise zunächst als mangelhaft gerügt worden waren, später doch rechtsgeschäftlich aufzunehmen oder bei strittigen Mängeln die Akkreditivgemäßheit in der Folge konstitutiv anzuerkennen. Die hiezu erforderliche Vollmacht ist mit der Bestellung als Zahlstelle nicht automatisch verknüpft, so dass ihr Bestand vom Begünstigten nicht unterstellt werden kann. Hat die eröffnende Bank die benannte Bank nicht eigens bevollmächtigt, so ist eine von dieser erklärte rechtsgeschäftliche Dokumentenaufnahme unwirksam; die benannte Bank ist Scheinvertreterin. Nach hA wird der Erfüllungsort für die Zahlungspflicht der eröffnenden 1/173 Bank durch die Einschaltung einer benannten Bank nicht geändert; es handle sich also um eine Schickschuld (Rz 1/174) mit Erfüllungsort am Sitz der eröffnenden Bank695. Diese Auffassung hat Avancini 696 mit Recht kritisiert: Die im Zusammenhang mit dem Eingehen der Akkreditivverpflichtung erfolgende Bestellung einer benannten Bank kann doch nur bedeuten, dass das Akkreditiv bei dieser Bank honoriert werden soll. Der Begünstigte soll ja zunächst versuchen, von der benannten Bank Zahlung zu erhalten (Rz 1/ 170). Dann ist der Sitz der benannten Bank aber, zumindest was die Akkreditivhonorierung anlangt, auch (ein) Erfüllungsort. Diskutieren ließe sich allenfalls darüber, ob dieser Erfüllungsort wahlweise zur Verfügung steht, die eröffnende Bank also auch am eigenen Sitz erfüllen könnte. Dagegen spricht nach Avancini die Einsetzung einer anderen Bank als gerade jener Stelle, die zahlen soll („Zahlstelle“!); allerdings erscheint es vertretbar, den Sitz der eröffnenden Bank dann als Erfüllungsort anzusehen, wenn die benannte Bank die 693
694 695
696
Vgl zum Verständnis des Unterbleibens der Mängelrüge nach § 377 Abs 2 und 3 HGB als unwiderlegliche gesetzliche Fiktion, die ohne Rücksicht auf den Parteiwillen eintritt: Hopt in Baumbach/Hopt, HGB33 § 377 Rz 45; Kramer in Straube, HGB I §§ 377, 378 Rz 4; Krejci, UR4 350; vgl auch Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 I 104: fingierte Willenserklärung; Kerschner in Jabornegg, HGB §§ 377, 378 Rz 125: unwiderlegliche Vermutung. Dadurch dass in § 377 Abs 2 und 3 UGB diese Genehmigungsfiktion nicht mehr enthalten ist (dazu Schauer in Krejci, RK § 377 UGB Rz 8 ff), hat sich im Hinblick auf das hier zu erörternde Problem nichts geändert. Konstruktiv könnte man im Hinblick auf die Verpflichtung der eröffnenden (und bestätigenden) Bank daran denken, dass eine negative Bedingung (keine berechtigte Dokumentenrüge) eingetreten ist. Avancini in BVR1 II Rz 4/171. Canaris, BVR3 Rz 979; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 148a; Schinnerer/Avancini III 62; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 299; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/97. In BVR1 II Rz 4/172.
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Das Dokumentenakkreditiv
Honorierung ablehnt. Weiters ist anzunehmen, dass es für alle nicht die Honorierung betreffenden Belange (zB Gerichtsstand) beim Sitz der eröffnenden Bank als Erfüllungsort bleibt, dieser also bei (vereinbarter) Bestellung einer Zahlstelle aufgespalten wird. 1/174
Die Zahlungsverpflichtung der eröffnenden Bank ist im Zweifel qualifizierte Schickschuld697; die eröffnende Bank trägt die Gefahr dafür, dass das Geld beim Begünstigten auch ankommt (§ 905 Abs 2 ABGB). Für die Rechtzeitigkeit der Erfüllung kam es nach bisherigem Verständnis698 nur darauf an, wann die benannte Bank – und im Falle deren Weigerung die eröffnende Bank – die Honorierung veranlasst, also etwa eine Überweisung an den Begünstigten in die Wege leitet. Nach Auffassung des EuGH699 gerät der Schuldner jedoch in Verzug, wenn der im Wege einer Banküberweisung gezahlte geschuldete Betrag dem Gläubiger nicht rechtzeitig gutgeschrieben wird. C. Einschaltung einer bestätigenden Bank
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Die ERA sehen vor, dass ein Akkreditiv durch eine andere Bank aufgrund Ermächtigung oder im Auftrag der eröffnenden Bank „bestätigt“ werden kann. Diese Bestätigung bedeutet eine zusätzliche, selbständige und unwiderrufliche Verpflichtung der bestätigenden Bank neben derjenigen der eröffnenden Bank, eine konforme Dokumentenvorlage zu honorieren oder negoziieren (Art 2 und Art 8 lit b ERA 600). Sie verstärkt damit die Sicherheit, die der Begünstigte in einem Akkreditiv hat, dadurch, dass ihm nunmehr eine weitere Bank haftet, die überdies meist ihren Sitz in seinem Land hat, was eine Verfolgung des Anspruchs nicht unwesentlich erleichtert700. Bei Zahlungsakkreditiven muss die bestätigende Bank nicht unbedingt auch Zahlstelle (benannte Bank) sein, wenngleich diese Kombination zweckmäßig ist und auch regelmäßig praktiziert wird701. Ist die bestätigende Bank nicht zugleich benannte Bank, so soll sie die Erfüllung durch die benannte Bank garantieren702. Für die bestätigende Bank besteht dabei die Gefahr, dass sie von der Dokumentenvorlage nichts erfährt und die Dokumente auch nicht selbst prüfen kann, weshalb empfohlen wird, Zahlungs- und Akzeptierungsakkreditive nur dann zu bestätigen, wenn sie bei der bestätigenden Bank selbst benutzbar sind703. 697
698 699
700
701 702 703
Avancini in BVR1 II Rz 4/173; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 299; zu Z 19 ABB s Iro in BVR2 I Rz 1/146. Bollenberger in KBB2 § 905 Rz 5. C-306/06 in ÖBA 2008, 594 zu Art 3 Abs 1 lit c Z ii RL 2000/35/EG des Rates vom 29. 6. 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr. Avancini in BVR1 II Rz 4/174; P. Bydlinski, ÖBA 2002, 682. Zur Bestätigung von Garantien s Koziol unten Rz 3/137 ff. MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 87. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 154. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 56. – Zum Währungsrisiko für den Begünstigten, wenn die bestätigende Bank nicht Zahlstelle ist s MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 88.
Einschaltung weiterer Banken
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Bei Akzeptierungsakkreditiven ist zu unterscheiden: Sind die Wechsel auf die bestätigende Bank zu ziehen, so muss das Akkreditiv bei dieser Bank auch „zahlbar“ gestellt sein; ist hingegen eine andere Bank (Person) Wechselbezogener, so kann die bestätigende Bank keine Zahlstellenfunktion haben704. Auch bei Negoziierungsakkreditiven ist zu unterscheiden: Ist das Akkreditiv durch Negoziierung bei der bestätigenden Bank benutzbar, so hat die bestätigende Bank Wechsel des Begünstigten ohne Regress selbst zu negoziieren (Art 8 lit a Z ii ERA 600). Sind die Wechsel hingegen bei einer anderen benannten Bank zu negoziieren, so hat die bestätigende Bank keine Zahlstellenfunktion; sie hat zu honorieren, wenn die benannte Bank nicht negoziiert (Art 8 lit a Z i lit e ERA 600). Von der Bestätigung eines Negoziierungsakkreditivs, das bei einer anderen Bank als der bestätigenden Bank benutzbar ist, wird jedoch abgeraten705. 1. Das Rechtsverhältnis bestätigende Bank – eröffnende Bank Die bestätigende Bank kann von der eröffnenden Bank zur Bestätigung des 1/176 Akkreditivs beauftragt oder auch nur bloß ermächtigt werden706. Der Auftrag (request) wird als Vertrag (§ 1002 ABGB) erst mit der Annahme durch die Zweitbank verbindlich und verpflichtet diese, das Akkreditiv zu bestätigen; idR erfolgt die Annahme durch Bestätigung gegenüber dem Begünstigten (§ 864 ABGB). Die bloße Ermächtigung (authorization) zur Bestätigung ist hingegen nicht annahmebedürftig707, verpflichtet die Zweitbank aber auch nicht, solange sie von der Ermächtigung keinen Gebrauch macht708. Daher steht es der Zweitbank zB frei, die Bestätigung davon abhängig zu machen, dass sie von der eröffnenden Bank Deckung erhält709. Das Rechtsverhältnis zwischen der eröffnenden Bank und der bestätigenden Bank bestimmt sich in beiden Fällen nach den §§ 1002 ff ABGB sowie den Bestimmungen des Kommissionsrechts (oben Rz 1/34). Inhalt des Auftrags bzw der Ermächtigung ist ja die Übernahme einer rechtsgeschäftlichen Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten auf Rechnung der eröffnenden Bank. Sobald sich die bestätigende Bank gegenüber dem Begünstigten verpflichtet hat, kann die eröffnende Bank den Auftrag nicht mehr widerrufen. Nach Nielsen ist dann auch ein Entzug der Zahlstellenfunktion nicht mehr möglich710. 704 705 706
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708
709 710
Vgl Nielsen, Akkreditivgeschäft 64. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 67. S die Definition der bestätigenden Bank in Art 2 ERA 600; vgl ferner Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 2/190 ff. – Zur Bestätigung im Auftrag eines Dritten s Avancini in BVR1 II Rz 4/191: keine Bestätigung iS der ERA. Avancini in BVR1 II Rz 4/175; Strasser in Rummel, ABGB3 § 1009 Rz 1; aM Nielsen, Neue Richtlinien Rz 57; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 161; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 284: unbefristetes Vertragsangebot; vgl auch P. Bydlinski, AT Rz 9/8. Vgl Apathy in Schwimann, ABGB § 1009 Rz 1; P. Bydlinski, AT Rz 9/8; Strasser in Rummel, ABGB3 § 1009 Rz 1. OGH in HS 12.230/8. MünchKommHGB/Nielsen ZahlungsV Rz H 91; vgl Art 10 lit a ERA 600.
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Das Dokumentenakkreditiv
Die Banken mancher Staaten wünschen keine Bestätigung oder verbieten diese711, doch haben Begünstigte auch in diesen Fällen mitunter Interesse an der zusätzlichen Haftung einer Zweitbank. Dafür werden in der Praxis des Akkreditivgeschäfts „stille Bestätigungen“ (auch „Schutzklauseln“) verwendet, in denen die Zweitbank den Anspruch des Begünstigten auf den Erlös gemäß den Akkreditivbedingungen garantiert (schützt), sofern die Bedingungen des Akkreditivs erfüllt sind712. Wenngleich die Zweitbank in diesen Fällen nicht bestätigende Bank im Sinne der ERA ist, entspricht ihre Funktion weitgehend einer solchen. Im Verhältnis zur eröffnenden Bank sind allerdings die §§ 1002 ff ABGB nicht anwendbar (s auch Rz 1/179). 1/177
Nach Art 8 lit d ERA 600 hat die Zweitbank die eröffnende Bank unverzüglich darüber zu informieren, wenn sie einer Ermächtigung oder einem Ersuchen (Auftragsangebot), das Akkreditiv zu bestätigen, nicht nachkommen will713. Das bedeutet: Gelten zwischen den beiden Banken für das betreffende Akkreditivgeschäft die ERA (etwa weil die Zweitbank bereits einen Avisierungsauftrag übernommen hat), so kommt ein Bestätigungsauftrag auch durch Schweigen zustande714. Ein Schweigen auf eine bloße Bestätigungsermächtigung soll hingegen nach Avancini 715 keine besonderen Rechtsfolgen nach sich ziehen, weil die Zweitbank von ihr ja nicht Gebrauch machen müsse. Allerdings hat Art 8 lit d ERA 600 den Zweck, dass rasch Klarheit über die Bestätigung hergestellt wird, so dass eine Schadenersatzpflicht der Zweitbank in Betracht zu ziehen ist, wenn die Geltung der ERA schon vereinbart ist. Zudem kann sie das Akkreditiv ohne Bestätigung avisieren und sollte den Begünstigten informieren, dass sie dem Bestätigungsersuchen nicht entsprechen will; ist sie auch dazu nicht bereit, so hat sie die eröffnende Bank auch darüber in Kenntnis zu setzen716. Nach Nielsen 717 soll die bloße Bestätigungsermächtigung dem Begünstigten die Wahl lassen, ob er auch unter Kostengesichtspunkten überhaupt eine Bestätigung haben will. Avancini 718 versteht dies als einen bedingten Auftrag zur Bestätigung: Verlangt der Begünstigte eine Bestätigung, so habe die Zweitbank zu entsprechen. Dies entspricht allerdings nicht dem auch von Nielsen vertretenen Verständnis der Ermächtigung als unbefristetes Angebot (Rz 1/176 und FN 707). 711 712 713 714
715 716 717
718
Schütze, Dokumentenakkreditiv5 Rz 59: China, Iran. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 59. Vgl OGH 1 Ob 38/03z in ÖBA 2004, 382 mit Anm von Apathy = SZ 2003/98. Vgl Apathy/Riedler in Schwimann § 863 Rz 19; Bollenberger in KBB2 § 863 Rz 8; Rummel in Rummel, ABGB3 § 863 Rz 15; zur Aufhebung von § 362 HGB s Schauer in Krejci, RK § 362 UGB Rz 2. – Nach Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 284 kommt bei Unterbleiben einer unverzüglichen Ablehnung der Vertrag zwar nicht zustande, doch mache sich die Zweitbank schadenersatzpflichtig. In BVR1 II Rz 4/176. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 59. Akkreditivgeschäft 80; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 161; vgl Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/192. In BVR1 II Rz 4/176.
Einschaltung weiterer Banken
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Einen Bestätigungsauftrag hat die Zweitbank nach den Weisungen der eröff- 1/178 nenden Bank durchzuführen719. Insbesondere darf sie von sich aus ihrer Bestätigung keine Einschränkungen hinzufügen. Tut sie das dennoch, so kann sie sich im Innenverhältnis schadenersatzpflichtig machen, wenn der Begünstigte die Bestätigung nicht in jenem Umfang erhält, auf den er nach dem Grundverhältnis Anspruch hat. Die Zweitbank sollte die Durchführbarkeit des Bestätigungsauftrags prüfen. Allenfalls muss die Zweitbank vor der Bestätigung weitere Weisungen der eröffnenden Bank einholen720. Weiters soll die Zweitbank im eigenen Interesse auch prüfen, ob ihr die für das Akkreditiv vorgesehenen Abwicklungsmodalitäten konvenieren721. So lehnen Banken beispielsweise vielfach ab, ein Akkreditiv zu bestätigen, wenn ihnen nicht auch die Zahlstellenfunktion übertragen wird. Die bestätigende Bank hat Anspruch auf Provision (§ 354 Abs 1 UGB) und 1/179 auf Aufwandersatz bzw Bevorschussung ihrer Auslagen, die aus der Bestätigung auf sie zukommen können (§ 1014 ABGB); zum vertraglichen Aufwandersatzanspruch nach Art 7 lit c ERA 600 s oben Rz 1/165; zur Einschaltung einer weiteren Bank als Remboursbank s Rz 1/191 ff. Bei sogenannter stiller Bestätigung (Rz 1/176) kann unter den Voraussetzungen des § 1037 ABGB ein Aufwandersatzanspruch der Zweitbank gegenüber der eröffnenden Bank bestehen722; zudem geht die garantierte Forderung des Begünstigten gegenüber der eröffnenden Bank auf die zahlende Zweitbank gemäß § 1358 ABGB über. Im Falle von Geschäftsführung gegen den Willen der eröffnenden Bank schließt § 1040 ABGB aber einen Aufwandersatz aus; der Regress gemäß § 1358 ABGB gegen den Akkreditivauftraggeber (Rz 1/180) bleibt freilich erhalten. Hingegen wird ein Regress gemäß § 1358 ABGB gegen die eröffnende Bank bei Geschäftsführung gegen deren Willen zu versagen sein, weil bei Unvereinbarkeit von Innenverhältnis und übergegangener Forderung das Innenverhältnis vorgeht723. 2. Das Rechtsverhältnis bestätigende Bank – Akkreditivauftraggeber Umstritten ist, ob die bestätigende Bank in eine direkte vertragliche Bezie- 1/180 hung (auch) zum Auftraggeber tritt724. Das ist zu verneinen, da (und sofern) die eröffnende Bank den Auftrag zur Bestätigung im eigenen Namen erteilt. Wenn demgegenüber Schütze 725 geltend macht, die bestätigende Bank sei 719 720 721
722 723
724
725
Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 285. Vgl Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 285. Avancini in BVR1 II Rz 4/178; Nielsen, Akkreditivgeschäft 81 mit einer detaillierten Darstellung der Interessenlage. Vgl Koziol in KBB2 § 1037 Rz 2. Gschnitzer, SR AT 273; Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1358 Rz 11; Mader/W. Faber in Schwimann, ABGB § 1358 Rz 10, 23. So Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 283; dagegen Avancini in BVR1 II Rz 4/180; Canaris, BVR3 Rz 977. Dokumentenakkreditiv Rz 283.
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Das Dokumentenakkreditiv
Substitutin und nicht bloß Erfüllungsgehilfin, so geht dies am Problem vorbei: Entscheidend ist, ob die eröffnende Bank als (befugte) Vertreterin des Auftraggebers oder im eigenen Namen handelt726. Allerdings begründet der Bestätigungsauftrag Schutzpflichten der bestätigenden Bank gegenüber dem Akkreditivauftraggeber, der bei einer schuldhaften Verletzung dieser Pflichten Schadenersatzansprüche wie bei einer Vertragsverletzung unmittelbar gegen die bestätigende Bank hat727. Kommt die bestätigende Bank ihrer Verpflichtung aus dem Akkreditiv gegenüber dem Begünstigten nach und bezahlt sie, so erwirbt sie die Forderung des Begünstigten gegen den Akkreditivauftraggeber aus dem Grundgeschäft (Valutaverhältnis) gemäß § 1358 ABGB, da sie ja eine bloß formell eigene, aber materiell fremde Verpflichtung erfüllt728. Zum Regress gegen die eröffnende Bank s Rz 1/179. 3. Das Rechtsverhältnis bestätigende Bank – Begünstigter 1/181
Primärer Zweck einer Bestätigung729 ist es, dem Begünstigten Sicherheit dafür zu verschaffen, dass das Akkreditiv bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen tatsächlich honoriert wird; die Bestätigung schützt nicht nur bei Zahlungsunfähigkeit der eröffnenden Bank, sondern insbesondere auch dann, wenn die (zahlungsfähige) eröffnende Bank auf Grund von Devisenoder Transferbeschränkungen nicht honorieren oder Deckung verschaffen kann. Indirekt kommt es dadurch zu einer weiteren Absicherung der Ansprüche des Begünstigten aus dem Grundgeschäft.
1/182
Für die rechtliche Beurteilung der Bestätigung ist zunächst wesentlich, dass die bestätigende Bank nach allgemeiner Auffassung eine selbständige, vom Akkreditiv und auch von dem diesem zugrunde liegenden Geschäft unabhängige Verpflichtung übernehmen soll730. Daher ist die Akkreditivbestätigung stets darauf gerichtet, dem Begünstigten einen abstrakten Anspruch zu verschaffen. Dies kann grundsätzlich über eine Anweisungsannahme von Seiten der bestätigenden Bank gegenüber dem Begünstigten (vgl Rz 1/85) oder über eine (abstrakte) Garantie der bestätigenden Bank geschehen, die vom Begünstigten noch angenommen werden muss. Für die weitere Einordnung unter eine dieser Rechtsfiguren muss in Betracht gezogen werden, 726 727
728
729
730
Dazu Apathy in Schwimann, ABGB § 1010 Rz 3. Da die eröffnende Bank in mittelbarer Stellvertretung gegenüber der bestätigenden Bank handelt, ist ausnahmsweise auch das bloße Vermögen des Akkreditivauftraggebers in den Schutzbereich einbezogen (vgl Koziol, HaftpflichtR II 88). P. Bydlinski, ÖBA 2002, 682 f; Mader/W. Faber in Schwimann, ABGB § 1358 Rz 6; vgl Koziol unten Rz 3/51. Zum wirtschaftlichen Zweck der Bestätigung vgl Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 158; Schinnerer/Avancini III 69. OGH 7 Ob 282/06f in ÖBA 2007, 903 mit Anm von Apathy; Avancini in BVR1 II Rz 4/182; Schlegelberger/Hefermehl Rz 210f; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 152 ff; Schinnerer/Avancini III 67; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 59; Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 2/187; OGH in HS 12.230/8.
Einschaltung weiterer Banken
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wozu sich die bestätigende Bank verpflichten soll, was sich einerseits nach der Art des zu bestätigenden Akkreditivs (Zahlungs-, Akzeptierungs- oder Negoziierungsakkreditiv) und andererseits nach dessen Ausgestaltung (Wechselziehung auf die bestätigende Bank oder auf einen Dritten) bestimmt731: a) Die Rechtsnatur der Bestätigung von Zahlungsakkreditiven Bei einem Zahlungsakkreditiv verpflichtet sich die bestätigende Bank, eine 1/183 konforme Dokumentenvorlage zu honorieren (Art 8 lit a Z i ERA 600), also bei Sicht zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch Sichtzahlung bei ihr benutzbar ist, oder bei Fälligkeit zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch hinausgeschobene Zahlung bei ihr benutzbar ist (Art 2 ERA 600: Honorierung). Unter welchen Voraussetzungen die bestätigende Bank Zahlung zu leisten hat, ergibt sich aus den Akkreditivbedingungen732, genauer aus der Bestätigungserklärung gegenüber dem Begünstigten. Ist das Akkreditiv nicht bei der bestätigenden Bank, sondern bei einer anderen Bank benutzbar, so hängt die Verpflichtung der bestätigenden Bank zu honorieren noch davon ab, dass die benannte Bank nicht zahlt (Art 8 lit a Z i b) und c) ERA 600). Durch die Bestätigung soll nicht bloß die Erfüllung einer gültigen Akkreditivforderung gesichert werden, sondern der Erhalt der im Akkreditiv zugesagten Leistung, also dessen Honorierung durch die eröffnende Bank, und zwar unabhängig davon, ob überhaupt ein wirksames Akkreditiv besteht. Damit scheidet die Annahme einer Bürgschaft oder eines Schuldbeitritts wegen des für diese geltenden Akzessoritätsprinzips aus; für die rechtliche Einordnung der Bestätigung eines Zahlungsakkreditivs weist nach Avancini 733 alles auf eine abstrakte Bankgarantie hin. Dieses Ergebnis bedarf jedoch noch einer Überprüfung unter dem Gesichtspunkt, dass die bestätigende Bank regelmäßig nicht erst subsidiär einspringen soll, wenn die eröffnende Bank nicht leistet, sondern von vornherein auch zur Honorierung des Akkreditivs selbst eingesetzt wird, der Begünstigte sich somit nicht vorerst einmal um Zahlung direkt an die eröffnende Bank zu wenden hat. In der Beauftragung der Zweitbank sowohl mit einer Bestätigung als auch mit einer Honorierung des Akkreditivs könnte man die für eine Anweisung charakteristische Doppelermächtigung an die Zweitbank einerseits und (bei entsprechender Weitergabe) an den Begünstigten andererseits sehen, nämlich das Akkreditiv auf Rechnung der eröffnenden Bank zu honorieren bzw die Honorierung bei der Zweitbank als Leistung der eröffnenden Bank anzusprechen734. 731
732 733
734
Zur rechtlichen Qualifikation der Verpflichtung der eröffnenden Bank s oben Rz 1/ 83 ff. OGH 9 Ob 83/04b in ÖBA 2005, 282. In BVR1 II Rz 4/183 auch zum Weiteren. – Zur Qualifikation nach deutschem Recht als abstraktes Schuldversprechen iS von § 780 BGB s Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 152; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 287; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/187. Vgl Th. Koller/Kissling in Wiegand, Probleme des Zahlungsverkehrs 85.
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Das Dokumentenakkreditiv
Die Bestätigung gegenüber dem Begünstigten wäre dann nichts anderes als die Annahme dieser Anweisung mit allen sich daraus (wie bei einem Akkreditiv) ergebenden Konsequenzen. Mit dieser Konstruktion ist nach Avancini jedoch der Fall nicht lösbar, dass die Zweitbank zunächst nur mit der Honorierung und erst in der Folge auch mit einer Akkreditivbestätigung beauftragt wird. Denn hier liegt bei Erteilung des Bestätigungsauftrags der Auftrag zur Honorierung bereits vor. Man könnte zwar noch immer argumentieren, dass dessen ungeachtet der Bestätigungsauftrag eine Anweisung beinhalte, weil der bereits vorliegende Honorierungsauftrag in ihm aufgehe. Schon das erscheint reichlich gekünstelt. Vollends ausscheiden muss aber die Heranziehung der Anweisungskonstruktion für die Qualifizierung der Bestätigung, wenn ein Honorierungsauftrag dem Bestätigungsauftrag nachfolgt. Die schon vorgenommene und als Garantie wirksame Bestätigung kann sich nicht durch einen nachfolgenden Honorierungsauftrag in eine Anweisungsannahme verwandeln. Andererseits ist nicht einsichtig, dass es für die Qualifizierung der Bestätigung als Anweisungsannahme oder als Garantie auf die zeitliche Reihenfolge von Honorierungs- und Bestätigungsauftrag ankommen soll. Die richtige und wohl auch dem Parteiwillen entsprechende Lösung kann daher nur darin liegen, jede einer Zweitbank übertragene Funktion stets für sich allein rechtlich zu beurteilen 735. Das heißt im Ergebnis: Die Bestätigung eines Zahlungsakkreditivs bezweckt nur eine (zusätzliche) Sicherung des Begünstigten und ist daher auch dann als abstrakte Bankgarantie zu qualifizieren, wenn die Zweitbank, gleichgültig ob in Verbindung mit dem Bestätigungsauftrag oder davon gesondert, auch mit der Akkreditivhonorierung beauftragt sein sollte. Die bestätigende Bank hat in diesem Fall zusätzlich die Funktion einer Zahlstelle mit der Folge, dass durch eine von ihr vorgenommene Honorierung des Akkreditivs auch der Anspruch des Begünstigten aus der Akkreditivbestätigung erfüllt ist. Auch bei sogenannter stiller Bestätigung (Rz 1/176) lässt sich die Zusage der Zweitbank gegenüber dem Begünstigten als Garantie der von der eröffnenden Bank geschuldeten Zahlung ansehen, wobei die Kosten der Begünstigte zu tragen hat736. b) Die Rechtsnatur der Bestätigung von Akzeptierungsakkreditiven 1/184
Bei Akzeptierungsakkreditiven ist zu unterscheiden, ob nach den Akkreditivbedingungen der Wechsel vom Begünstigten auf die bestätigende Bank oder aber auf einen Dritten zu ziehen ist. – Wechselziehung auf die bestätigende Bank: In diesem Fall soll die vom Auftraggeber nach dem Grundgeschäft dem Begünstigten geschuldete Leistung nicht primär von der eröffnenden Bank selbst erbracht werden, sondern von der bestätigenden Bank, indem diese den vom Begünstigten auf sie gezogenen Wechsel zunächst (zahlungshalber) akzeptiert und bei Fälligkeit einlöst. Bei dieser Fallkonstellation garantiert die bestätigende Bank nicht 735 736
Avancini in BVR1 II Rz 4/183. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 290.
Einschaltung weiterer Banken
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etwa die Akkreditivhonorierung als eine von einem anderen geschuldete Leistung, sondern sie verpflichtet sich mit ihrer Bestätigung gegenüber dem Begünstigten, den von diesem auf sie gezogenen Wechsel zu akzeptieren. Eine solche Akkreditivbestätigung ist mit Avancini 737 als die Annahme einer der bestätigenden Bank von der eröffnenden Bank erteilten Anweisung anzusehen. Dieser Qualifikation steht nicht entgegen, dass die Akkreditivbestätigung die Bank zu einer Wechselakzeptierung verpflichtet, denn die angewiesene Leistung kann von beliebiger Art sein und muss insbesondere nicht in einer Geldzahlung bestehen738. Im Verhältnis zwischen eröffnender und bestätigender Bank liegt eine selbständige Anweisung vor; es sollte ja nicht ursprünglich die eröffnende Bank selbst den Wechsel akzeptieren, so dass die Erteilung einer Unteranweisung nicht in Betracht kommt. – Wechselziehung auf einen Dritten: Soll der Wechsel vom Begünstigten nicht auf die bestätigende, sondern auf eine andere Bank (die eröffnende Bank eingeschlossen) gezogen werden, so hat die bestätigende Bank zu honorieren, wenn die benannte Bank den Wechsel nicht akzeptiert oder wenn sie trotz Akzept bei Fälligkeit nicht zahlt (Art 8 lit a Z i d) ERA 600). Die Honorierung erfolgt entsprechend Art 2 ERA 600 dadurch, dass die bestätigende Bank einen vom Begünstigten gezogenen Wechsel akzeptiert und bei Fälligkeit zahlt. Die bestätigende Bank steht dem Begünstigten demnach dafür ein, dass ein Dritter einen Wechsel akzeptiert und ihn dann auch bezahlt. Sie übernimmt also eine subsidiäre Haftung. Rechtlich ist die Bestätigung mit Avancini 739 als zweifache Garantie zu werten: einmal für die Akzepterteilung und im Weiteren für die Wechseleinlösung. War der Wechsel auf die eröffnende Bank zu ziehen, so haftet diese dem Begünstigten zunächst aus einer Anweisungsannahme, dann aus dem von ihr gegebenen Akzept. Soll nach den Akkreditivbedingungen der Wechsel von einem anderen Dritten akzeptiert werden, haben sowohl die eröffnende als auch die bestätigende Bank die Stellung von Garantinnen. c) Die Rechtsnatur der Bestätigung von Negoziierungsakkreditiven Für Negoziierungsakkreditive trifft Art 8 lit a ERA 600 unterschiedliche Rege- 1/185 lungen, je nachdem bei welcher Bank das Akkreditiv benutzbar ist. – Ist es bei der bestätigenden Bank benutzbar, so muss diese ohne Regress negoziieren (Art 8 lit a Z ii ERA 600), also den – nicht akzeptierten (Rz 1/79) – Wechsel des Begünstigten, der auf eine andere als die benannte Bank gezogen ist, und/oder Dokumente aus einer konformen Dokumentenvorlage ankaufen740. Die Bestätigung eines solchen Akkreditivs ist als die Annahme einer von der eröffnenden Bank erteilten Anweisung zu verstehen741: Die bestätigende Bank wird zum Ankauf der Wechsel bzw Dokumente 737 738 739 740
741
In BVR1 II Rz 4/184. Vgl oben Rz 1/89 aE. In BVR1 II Rz 4/184. Zum Verständnis der Negoziierung als Ankauf s oben Rz 1/76; anders noch Avancini in BVR1 II Rz 4/185. Avancini in BVR1 II Rz 4/185.
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Das Dokumentenakkreditiv
ermächtigt; der Akkreditivbegünstigte wird ermächtigt, die Zahlung bei der bestätigenden Bank als solche der eröffnenden Bank einzuheben. Für die aus der Anweisungsannahme resultierende Verpflichtung der bestätigenden Bank haftet dem Begünstigten die eröffnende Bank als Garantin (s Rz 1/92). – Ist das Akkreditiv hingegen bei einer anderen benannten Bank benutzbar, so trifft die bestätigende Bank die Verpflichtung zu honorieren, wenn die benannte Bank nicht negoziiert (Art 8 lit a Z i e) ERA 600). Nach Avancini 742 versteht sich auch die Bestätigung eines solchen Akkreditivs als Annahme einer Anweisung. Allerdings sei die Anweisung der eröffnenden Bank zweifach bedingt: Zum einen setzt der Anspruch des Begünstigten, wie auch sonst, eine akkreditivkonforme Dokumentenvorlage voraus, zum andern hängt sie vom Unterbleiben der primär vorgesehenen Negoziierung durch die benannte Bank ab. Da in diesem Fall der Begünstigte primär Zahlung durch die benannte Bank erhalten soll, auch wenn diese nicht zur Zahlung verpflichtet ist (Rz 1/167), liegt die Beurteilung der Verpflichtung der bestätigenden Bank als Garantie näher. d) Gemeinsamkeiten aller Akkreditivbestätigungen 1/186
Bestätigende Bank und eröffnende Bank sind im Verhältnis zum Begünstigten Solidarschuldner743; dies gilt auch, wenn die beiden Ansprüche des Begünstigten nach verschiedenen Rechtsordnungen zu beurteilen sind744. Soweit der Begünstigte durch eine Bank befriedigt wird, ist auch die andere Bank von ihrer Verbindlichkeit befreit. Sollte die eröffnende Bank das Akkreditiv selbst honorieren, so kann die bestätigende Bank dies dem Begünstigten, der auch sie in Anspruch nehmen will, daher trotz der Abstraktheit ihrer Verpflichtung entgegenhalten. Auf sonst der eröffnenden Bank zustehende Einwendungen kann sich die bestätigende Bank grundsätzlich nicht berufen, da ihre Verpflichtung von der Akkreditivverpflichtung unabhängig ist745. Insbesondere muss sie dem Begünstigten dann leisten, wenn die eröffnende Bank durch obrigkeitliche Maßnahmen, etwa durch eine gerichtliche Verfügung, an einer Honorierung des Akkreditivs gehindert ist746. Allerdings kann eine gerichtliche Verfügung gegen die eröffnende Bank, wenn sie auf Rechtsmissbrauch des Begünstigten gestützt ist, den erforderlichen liquiden Nachweis dafür bieten, so dass auch die bestätigende Bank die Zahlung verweigern darf. Umgekehrt kann die vom Begünstigten in Anspruch genommene eröffnende Bank einwenden, dass der Begünstigte sich zuvor an die bestätigende Bank wenden muss, wenn diese auch Zahlstelle ist (Rz 1/170 und 1/173). 742 743
744 745 746
In BVR1 II Rz 4/185. OGH 1 Ob 16/01m in ÖBA 2002, 316 mit Anm von Apathy; 7 Ob 282/06f in ÖBA 2007, 903 mit Anm von Apathy; Avancini in BVR1 II Rz 4/186; Schlegelberger/ Hefermehl Rz 211; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 152; Schinnerer/Avancini III 67; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 288; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 187. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 153. Avancini in BVR1 II Rz 4/186 kritisch zu Schinnerer/Avancini III 99. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 158.
Einschaltung weiterer Banken
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Voraussetzung einer Haftung der bestätigenden Bank ist im Allgemeinen, 1/187 dass der Begünstigte allen Akkreditivbedingungen entsprochen hat und ihm kein Rechtsmissbrauch vorzuwerfen ist (Rz 1/132 ff). Nach Art 8 lit a ERA 600 hat die bestätigende Bank zu honorieren, wenn „die vorgeschriebenen Dokumente der bestätigenden Bank oder einer anderen benannten Bank vorgelegt“ werden und eine konforme Dokumentenvorlage darstellen. Dem Wortlaut dieser Bestimmung nach ist die Vorlage der Dokumente bei der eröffnenden Bank, die nicht auch benannte Bank ist, nicht geeignet, den Anspruch gegen die bestätigende Bank entstehen zu lassen. Dies wird im Schrifttum kritisiert747, doch ist es offenkundig das Ziel der in Art 8 lit a ERA 600 getroffenen Regelung, zu vermeiden, dass der Begünstigte die bestätigende Bank durch sogenanntes Bypassing übergeht748. Allerdings ist nach Art 6 lit a Satz 2 ERA 600 ein bei einer benannten Bank benutzbares Akkreditiv auch bei der eröffnenden Bank benutzbar, ohne dass diese Bestimmung eine Einschränkung auf unbestätigte Akkreditive enthält. Man wird daher eine Direktvorlage der Dokumente bei der eröffnenden Bank als zulässig und fristwahrend ansehen können; ob damit neben dem Anspruch gegen die eröffnende Bank auch ein solcher gegen die bestätigende Bank entsteht, ist aber angesichts des Wortlauts von Art 8 lit a ERA 600 und des Zwecks dieser Regelung eher zu bezweifeln. Akzeptiert die eröffnende Bank eine unzulängliche Akkreditivinanspruchnahme, so haftet die bestätigende Bank dem Begünstigten grundsätzlich nicht. Anderes gilt, wenn die bestätigende Bank selbst unstimmige Dokumente, die bei ihr vorgelegt werden (weil sie auch benannte Bank ist) nicht gemäß Art 16 ERA 600 zurückweist; gegebenenfalls auch, wenn sie die Dokumente unter dem erklärten Vorbehalt einer Aufnahme durch die eröffnende Bank an diese zur Genehmigung weiterleitet (vgl Rz 1/116). Rügt die bestätigende Bank eine fehlerhafte Dokumentenvorlage nicht ordnungsgemäß, so kann auch die eröffnende Bank dem Begünstigten gegenüber den Mangel später nicht mehr geltend machen (s Rz 1/171). Genehmigt die eröffnende Bank die unter Vorbehalt an sie weitergereichten Dokumente, so muss sie das Akkreditiv honorieren; ob auch die bestätigende Bank dem Begünstigten daneben aus der Bestätigung haftet, bestimmt sich nach dem Vorbehalt, den sie gegenüber dem Begünstigten erklärt hat. Will sie vermeiden, dass eine Genehmigung durch die eröffnende Bank auf sie durchschlägt, so sollte sie den Vorbehalt hinzufügen, dass eine etwaige Dokumentenaufnahme seitens der eröffnenden Bank nichts daran ändern würde, dass sie wegen der Dokumentenmängel die Bedingung für eine Haftung aus der Akkreditivbestätigung als nicht erfüllt betrachtet749. Unterbleibt dieser Hinweis, so könnte der Begünstigte annehmen, dass die bestätigende Bank mit dem Vorbehalt einer Dokumentenaufnahme durch die eröffnende Bank die747 748 749
Avancini in BVR1 II Rz 4/187 FN 464a; Nielsen, Neue Richtlinien Rz 50. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 49; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 171. Avancini in BVR1 II Rz 4/187. Die Bankenkommission der IHK nimmt in einer unveröffentlichten opinion den Standpunkt ein, die bestätigende Bank hafte nach einer den ERA entsprechenden Mitteilung über die Zurückweisung nur, wenn sie in der Zurückweisungserklärung ihren Willen zu honorieren geäußert hat.
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Das Dokumentenakkreditiv
ser auch hinsichtlich ihrer eigenen Verpflichtung aus der Bestätigung die Entscheidung überlassen wollte. 1/188
Nicht die ERA, wohl aber Theorie und Praxis kennen sogenannte „weiche Bestätigungen“750. In diesem Fall fügt die Zweitbank ihrer Bestätigung eine Einschränkung hinzu, durch die sie bestimmte Risiken von ihrer Haftung ausnimmt. Häufig geht es dabei um die Ausschaltung des Risikos, dass die an sich solvente eröffnende Bank aus lokalen währungsrechtlichen Gründen den Akkreditivbetrag nicht transferieren kann; aber auch andere Einschränkungen, wie etwa eine zeitliche Befristung der Bestätigung, sind denkbar. Wie weit die Einschränkung geht, ist von Fall zu Fall an Hand des jeweiligen Textes zu entscheiden. Will die Zweitbank trotz eines Bestätigungsauftrags nicht voll bestätigen, so muss sie davon die eröffnende Bank unverzüglich verständigen (Art 8 lit d ERA 600); dies auch dann, wenn sich der Begünstigte mit einer eingeschränkten Bestätigung einverstanden zeigt751. Auch zu einer bloßen Bestätigungsermächtigung wird vertreten, dass die Zweitbank ohne vorherige Zustimmung der eröffnenden Bank keine eingeschränkte Bestätigung abgeben darf752. Dem ist beizupflichten, weil der Akkreditivauftraggeber daran interessiert sein kann, dass, wenn es zu einer Bestätigung kommt, diese uneingeschränkt gegeben wird. Sollte sich nämlich für ihn noch die Notwendigkeit der Verschaffung einer Bestätigung in der Folge ergeben, so muss unter Umständen auf eine andere Zweitbank ausgewichen werden, wobei es, abgesehen von den Kosten, fraglich ist, ob die beiden Bestätigungen sinnvoll miteinander harmonisiert werden können. 4. Das Verhältnis Begünstigter – eröffnende Bank
1/189
Neben seinen Rechten gegenüber der Zweitbank aus einer Akkreditivbestätigung hat der Begünstigte seine Ansprüche aus dem Akkreditiv gegen die eröffnende Bank. Diese trifft eine Solidarhaftung mit der bestätigenden Bank (s Rz 1/186). Soweit der bestätigenden Bank auch die Honorierung eines Zahlungsakkreditivs aufgetragen worden ist, sie also zugleich Zahlstellenfunktion hat, ist der Begünstigte gehalten, vor Inanspruchnahme der eröffnenden Bank zu versuchen, von der Zweitbank die (auch) in der Bestätigung zugesagte Leistung (und damit auch gleichzeitig die Honorierung des Akkreditivs) zu erhalten753. Weiters muss sich der Begünstigte zunächst an die bestätigende Bank wenden, wenn er bei einem Akzeptierungsakkreditiv 750 751
752 753
Avancini in BVR1 II Rz 4/189. Es könnte ja sein, dass der Begünstigte eine eingeschränkte Bestätigung nur deshalb akzeptiert, weil er sonst gar keine bekäme, er aber andererseits nach dem Grundgeschäft Anspruch auf eine volle Bestätigung hat. Wenn der Akkreditivauftraggeber nun nicht davon erfährt, dass eine volle Bestätigung unterblieben ist, hat er keinen Anlass, sich um eine solche über die eröffnende Bank noch weiter zu bemühen. S Nielsen, Akkreditivgeschäft 31. Vgl Canaris, BVR3 Rz 987; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 289.
Einschaltung weiterer Banken
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den vorgeschriebenen (Nach)Sichtwechsel auf diese Bank zu ziehen hat (Rz 1/184) oder eine Negoziierung seiner Wechsel bei ihr vorgesehen ist und daher die eröffnende Bank nur Garantinnenstellung hat (s Rz 1/185). Tritt der Begünstigte seinen Zahlungsanspruch aus einem bestätigten Akkre- 1/190 ditiv ab (Rz 1/135), so gehen seine Ansprüche aus der Bestätigung nicht ipso iure auf den neuen Gläubiger über, weil sie keine Nebenrechte sind754. Dazu ist vielmehr eine eigene Abtretung, die man auch konkludent vereinbaren kann, erforderlich. Gegen die Abtretbarkeit der Ansprüche aus einer Akkreditivbestätigung an den Zessionar des Zahlungsanspruchs aus dem Akkreditiv bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist sie nicht dadurch ausgeschlossen, dass Art 39 ERA 600 nur die Abtretung des Anspruchs auf den Akkreditiverlös regelt. Die Inanspruchnahme der Bestätigung im Sinne einer Herbeiführung der Leistungspflicht der bestätigenden Bank ist zwar, wie das Recht auf Inanspruchnahme des Akkreditivs, ein grundsätzlich höchstpersönliches Recht des Akkreditivbegünstigten (Rz 1/98). Sind die Dokumente aber einmal vom hierzu Berechtigten vorgelegt worden, was ja Voraussetzung auch für die Leistungspflicht der bestätigenden Bank ist, dann besteht kein Grund, eine Inanspruchnahme der bestätigenden Bank dem Begünstigten weiter vorzubehalten und dieses Recht dem Zessionar der Akkreditivforderung zu versagen. Dem Akkreditivauftraggeber entsteht in diesem Fall normalerweise kein zusätzliches Risiko, denn die für ihn gefährliche Abstraktheit des Anspruchs des Begünstigten gegenüber dem Grundgeschäft verwirklicht sich schon in der Akkreditivforderung. Dann kann aber der Begünstigte (vorbehaltlich des bei ihm verbleibenden Dokumentenvorlagerechts) mit seinem Anspruch auf den Erlös aus dem Akkreditiv auch seine Ansprüche gegen die bestätigende Bank, einschließlich seines Rechts auf Abruf der durch die Bestätigung übernommenen Garantie abtreten. Ist das Akkreditiv selbst ungültig, so kann nur der Anspruch aus der Bestätigung abgetreten werden755. Bei Akzeptierungs- und Negoziierungsakkreditiven mit auf die bestätigende Bank zu ziehenden bzw von dieser zu negoziierenden Wechseln ist zur Abtretung die Vertauschung der Rollen zu beachten: Der Primäranspruch besteht gegenüber der bestätigenden Bank; die eröffnende Bank ist Garantin (s Rz 1/184 f). D. Einschaltung einer Remboursbank Zur Leistung des nach Art 7 lit c ERA 600 und § 1014 ABGB geschuldeten Auf- 1/191 wandersatzes (Rembours; Rz 1/165) kann das Akkreditiv vorsehen, dass Rembours seitens der benannten (und Rembours beanspruchenden) Bank durch Anforderung bei einer anderen Partei756 (Remboursbank) erlangt wer754 755 756
Avancini in BVR1 II Rz 4/193; Koziol, Garantievertrag 69; derselbe unten Rz 3/111. Vgl Avancini in BVR1 II Rz 4/193. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 140: Diese muss nicht notwendig Bankstatus haben. – Auch eine andere Zweigniederlassung der eröffnenden Bank ist eine andere Partei iS von Art 13 lit a ERA 600; vgl Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 322.
136
Das Dokumentenakkreditiv
den soll757. Häufig hat die Remboursbank ihren Sitz im Land der Akkreditivwährung, wenn diese nicht die im Land der eröffnenden Bank geltende Währung ist. Die IHK hat mit Wirkung vom 1. Oktober 2008 Einheitliche Richtlinien für Rembourse zwischen Banken unter Dokumenten-Akkreditiven (ERR 725) herausgegeben und in der Publikation Nr 725 veröffentlicht, deren Geltung nicht schon dadurch gewährleistet ist, dass auf das Akkreditiv die ERA anwendbar sind758. Vielmehr ist es dazu entsprechend Art 13 lit a ERA 600 erforderlich, dass das Akkreditiv angibt, die Regeln für Bank-zu-Bank Rembourse (im Zeitpunkt der Eröffnung des Akkreditivs) seien anwendbar, oder dass die Remboursermächtigung die Geltung der ERR 725 vorsieht759. Soweit dies nicht der Fall ist, sieht Art 13 lit b ERA 600 vor: – dass die eröffnende Bank der Remboursbank eine Remboursermächtigung erteilt, die mit der Benutzbarkeit des Akkreditivs in Einklang steht; diese Ermächtigung sollte kein Verfalldatum tragen; – von einer Rembours beanspruchenden Bank solle nicht verlangt werden, der Remboursbank eine Bestätigung über die Erfüllung der Akkreditivbedingungen zu übermitteln; – eine eröffnende Bank haftet für jeglichen Zinsverlust sowie jegliche Auslagen, wenn der Rembours von der Remboursbank nicht auf erstes Anfordern gemäß den Akkreditivbedingungen geleistet wird; – die Spesen der Remboursbank gehen (grundsätzlich) zu Lasten der eröffnenden Bank. Sollen sie zu Lasten des Begünstigten gehen, so hat die eröffnende Bank einen entsprechenden Hinweis in das Akkreditiv und die Remboursermächtigung aufzunehmen. In diesem Fall müssen die Spesen bei Leistung des Rembourses von dem an die Rembours beanspruchende Bank zu zahlenden Betrag abgezogen werden. Wird kein Rembours geleistet, so bleibt die eröffnende Bank für die Spesen der Remboursbank haftbar. 1. Rechtsverhältnis Remboursbank – eröffnende Bank 1/192
Indem die eröffnende Bank die Remboursbank ermächtigt oder beauftragt760, an die benannte Bank Aufwandersatz zu leisten, soll sie ein Geschäft der eröffnenden Bank besorgen, so dass in diesem Verhältnis die §§ 1002 ff ABGB Anwendung finden761. Dabei soll die eröffnende Bank entsprechend Art 13 lit b Z ii ERA 600 nicht verlangen, dass sich die Remboursbank von der Rembours beanspruchenden Bank die Erfüllung der Akkreditivbedingungen bestätigen lässt, da die Remboursbank keine Verpflichtung zur Dokumentenprüfung trifft762. Überhaupt ist die Remboursbank mit der Abwicklung des 757 758
759 760 761 762
Dazu eingehend Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 377 ff. Zur Qualifikation als AGB s Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 389. – Zuvor gab es mit Wirkung vom 1. Juli 1996 die ERR 525. Vgl zu ERR 525 Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 389. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 391. Vgl Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 382; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 320. Nielsen, Neue Richtlinien Rz 141; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 383.
Einschaltung weiterer Banken
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Akkreditivs nicht befasst763; Remboursermächtigung und Akkreditiv sind vielmehr zwei selbständige Rechtsverhältnisse764. Die Remboursbank soll auf Grund des bloßen Begehrens der Rembours beanspruchenden Bank zahlen765. Nach Art 13 lit b Z iv ERA 600 gehen die Spesen der Remboursbank grundsätzlich zu Lasten der eröffnenden Bank. Die Remboursbank hat entsprechend allgemeinen Grundsätzen des Auftragsrechts Anspruch auf Aufwandersatz bzw Bevorschussung und Entgelt (Provision; Spesen). Leistet die eröffnende Bank nicht den von der Remboursbank begehrten Vorschuss, so trifft die Remboursbank keine Pflicht zur Zahlung an die benannte Bank766. Die Verweigerung des Vorschusses kann im Einzelfall als Widerruf iS von § 1020 ABGB verstanden werden oder die Remboursbank zur Kündigung des Auftrags berechtigen767. 2. Verhältnis Remboursbank – benannte Bank Die Remboursbank ist seitens der eröffnenden Bank zur Zahlung an die 1/193 benannte Bank ermächtigt, letzterer gegenüber aber grundsätzlich nicht verpflichtet. Insbesondere ist ein Auftrag der eröffnenden Bank an die Remboursbank idR nicht als ein Vertrag zugunsten der benannten Bank zu verstehen768. Verständigt die Remboursbank die benannte Bank von der Remboursermächtigung, so begründet dies allein keine Verpflichtung gegenüber der benannten Bank769. Dazu wäre vielmehr erforderlich, dass sich die Remboursbank gegenüber der benannten Bank zB durch Anweisungsannahme verpflichtet (bestätigter Rembours, reimbursement undertaking)770. 3. Rechtsverhältnis eröffnende Bank – benannte Bank Ist nach dem Akkreditiv zur Erlangung des nach Art 7 lit c ERA 600 und § 1014 1/194 ABGB geschuldeten Aufwandersatzes eine Remboursbank eingeschaltet, so hat sich die Zweitbank für ihren Ersatzanspruch zunächst an die Remboursbank zu wenden771, auch wenn sie keinen eigenen Anspruch gegen diese hat 763
764
765
766 767 768 769 770
771
Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 383: Zahlstelle (aber nicht im Sinne einer benannten Bank); Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/173. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 391 f; vgl Art 3 ERR 725: A reimbursement authorization is separate from the credit to which it refers, and a reimbursing bank is not concerned with or bound by the terms and conditions of the credit, even if any reference whatsoever to it is included in the reimbursement authorization. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 383: ähnlich wie bei einer Bankgarantie; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 320. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 321: Zurückbehaltungsrecht. Apathy in Schwimann, ABGB § 1014 Rz 3. Vgl Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 383. Avancini in BVR1 II Rz 4/164; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 319. Vgl OGH 1 Ob 38/03z in ÖBA 2004, 382 mit Anm von Apathy = SZ 2003/98: bestätigende Bank als Remboursbank; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 391. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 318.
138
Das Dokumentenakkreditiv
(Rz 1/193). Die Einschaltung der Remboursbank erfolgt zahlungshalber, so dass die benannte Bank erst dann befriedigt ist, wenn sie tatsächlich Rembours erhält772. Erhält die benannte Bank nicht prompt Rembours, so muss die eröffnende Bank selbst zahlen und ihr gemäß Art 13 lit b Z iii ERA 600 den durch einen verzögerten Aufwandersatz eingetretenen Zinsverlust sowie jegliche Auslagen vergüten. Maßgebend hierfür soll nach einer Meinung der am Sitz der zum Aufwandersatz berechtigten benannten Bank übliche Interbankensatz sein773, nach einer anderen Meinung die Zinssätze am Remboursplatz774. Auf letztere kann es schon deshalb nicht ankommen, weil sie mit einem Verlust der Zweitbank nichts zu tun haben. Da die Regelung auf den Ausgleich eines Verlustes gerichtet ist, wird wohl entscheidend sein, zu welchen Konditionen die Zweitbank den ausstehenden Betrag im normalen Bankverkehr veranlagen hätte können775; die Untergrenze liegt infolge § 352 UGB bei 8% über dem Basiszinssatz pa.
4. Rechtsverhältnis Begünstigter – eröffnende Bank (bestätigende Bank) 1/195
Die Einschaltung einer Remboursbank berührt die Rechte des Begünstigten idR nicht. Anderes gilt freilich, wenn entsprechend dem Akkreditiv der Begünstigte die Spesen der Remboursbank, also das dieser gebührende Entgelt, tragen soll. Für diesen Fall sieht Art 13 lit b Z iv ERA 600 vor, dass diese Spesen bei der Leistung des Rembourses an die benannte Bank abzuziehen sind. Dementsprechend wird die benannte Bank von vornherein nicht die volle Akkreditivsumme auszahlen, sondern die vom Begünstigten zu tragenden Spesen abziehen, also im Namen der eröffnenden Bank die Aufrechnung erklären.
E. Haftung der eröffnenden Bank gegenüber ihrem Auftraggeber für eine Zweitbank 1/196
Die Haftung der eröffnenden Bank für Schäden infolge fehlerhafter Ausführung des Auftrags richtet sich danach, ob die Zweitbank als ihre Erfüllungsgehilfin oder aber als Substitutin eingeschaltet ist776, oder ob ihre Aufgabe nur darin besteht, im eigenen Namen eine Zweitbank mit einer Geschäftsbesorgung zu beauftragen. Für ein Verschulden der als Erfüllungsgehilfin herangezogenen Zweitbank haftet die eröffnende Bank grundsätzlich wie für ihr eigenes (§ 1313a ABGB). Allerdings sieht Art 37 lit a ERA 600 einen sehr weit formulierten und 772 773 774
775 776
Nielsen, Neue Richtlinien Rz 141. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 318. Eberth, Die Revision von 1983 der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive, WM 1984 Sonderbeilage 4, 13. Avancini in BVR1 II Rz 4/164. Zur Abgrenzung s OGH 7 Ob 282/06f in ÖBA 2007, 903 mit Anm von Apathy; Iro in BVR2 I Rz 1/93; Koziol in Iro/Koziol, ABB Z 8 Rz 3.
Einschaltung weiterer Banken
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daher problematischen Haftungsausschluss vor777. Schon Avancini hat sich für eine geltungserhaltende Reduktion der damaligen Regelung der ERA ausgesprochen und nur die Haftung für leichte Fahrlässigkeit als ausgeschlossen angesehen778. Allerdings kann auch ein Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit, nicht nur bei Personenschäden (vgl §§ 6 Abs 1 Z 9 und 31 f KSchG; § 10 EKHG) problematisch sein, wie auch die höchstgerichtliche E 4 Ob 179/ 02f779 gezeigt hat. Insbesondere bei Verletzung vertraglicher Hauptpflichten ist ein in AGB formulierter Haftungsausschluss auch für leicht fahrlässige Schädigung vielfach als gröblich benachteiligend anzusehen, und zwar nicht nur bei Verträgen mit Verbrauchern. Dazu kommt, dass eine geltungserhaltende Reduktion von Art 37 lit a ERA 600 an sich schon fragwürdig ist, weil es offenkundig ist, dass die Klausel die Grenzen des Zulässigen überschreitet780. Wird die Zweitbank (erlaubterweise) als Substitutin tätig, so muss die eröffnende Bank gemäß § 1010 ABGB nur für ihr eigenes Auswahlverschulden, nicht aber für die Fehler der Zweitbank einstehen; die Haftung für Auswahlverschulden besteht allerdings nicht, wenn der Auftraggeber ihr die Einschaltung gerade dieser Zweitbank vorgeschrieben haben sollte. Für eine Oberaufsicht bleibt die eröffnende Bank dennoch verantwortlich781. Allfällige (Schadenersatz)Ansprüche der eröffnenden Bank gegenüber der Zweitbank sind, soweit der Schaden wirtschaftlich den Akkreditivbeauftragten trifft, diesem auf sein Verlangen abzutreten (§ 1009 ABGB; Z 8 Abs 2 ABB). Art 37 lit b ERA 600 sieht einen völligen Ausschluss der Haftung für Auswahlverschulden vor, der nach Nielsen 782 nur wirksam ist, wenn der Auftraggeber die Einschaltung einer bestimmten Bank vorgeschrieben hat. Soweit dies nicht der Fall ist, verstößt der Haftungsausschluss – ähnlich wie der nach Art 37 lit a ERA 600 – gegen § 879 Abs 1 ABGB und § 879 Abs 3 ABGB. Hat die eröffnende Bank, wenngleich im eigenen Namen, eine andere Bank mit einer selbständigen Geschäftsbesorgung zu beauftragen, so haftet sie ihrem Auftraggeber für ein Fehlverhalten der von ihm vorgegebenen Zweitbank nicht. Ist ihr aber freigestellt, welche Bank sie heranzieht, so ist sie für ihr Auswahlverschulden verantwortlich783. 1. Die Zweitbank als avisierende Bank Die Avisierung (= Eröffnung) eines Akkreditivs ist eine Hauptpflicht der eröff- 1/197 nenden Bank gegenüber dem Akkreditivauftraggeber. An sich könnte die 777 778
779
780 781 782
783
Vgl auch Nielsen, Neue Richtlinien Rz 124. In BVR1 II Rz 4/194. Zum Haftungsausschluss in AGB s Apathy in BVR2 I Rz 2/158; Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 879 Rz 32 f; Bollenberger in KBB2 § 879 Rz 24; Krejci in Rummel, ABGB3 § 879 Rz 246. In ÖBA 2003, 141 = SZ 2002/153; dazu Apathy, Die neuen ABB auf dem Prüfstand, ÖBA 2003, 177, 180; Iro in BVR2 I Rz 1/102. Vgl Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 879 Rz 38. Strasser in Rummel, ABGB3 § 1010 Rz 4. Neue Richtlinien Rz 128; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 405; vgl auch Zahn/ Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/178. Avancini in BVR1 II Rz 4/194; Koziol in Iro/Koziol, ABB Z 8 Rz 3.
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Das Dokumentenakkreditiv
eröffnende Bank diese Pflicht selbst ausführen, indem sie sich direkt an den Begünstigten wendet, was aber nur beim seltenen Inlandsgeschäft vorkommt. Wenn sie eine Zweitbank mit der Avisierung beauftragt, so überträgt sie ihre Avisierungspflicht nicht auf diese Bank, sondern kommt ihr mit deren Hilfe nach784. Daher ist die avisierende Bank nach hA grundsätzlich Erfüllungsgehilfin der eröffnenden Bank785. Sollte allerdings der Akkreditivauftraggeber eine Avisierung durch eine bestimmte Zweitbank vorschreiben, so ist diese Bank der eröffnenden Bank nach Avancini 786 nicht als Erfüllungsgehilfin zuzurechnen. Denn hier geht die Pflicht der eröffnenden Bank gegenüber dem Auftraggeber nicht auf Avisierung des Akkreditivs, sondern auf Beauftragung der Zweitbank mit der Durchführung der Avisierung. Die von der Zweitbank auf Grund dieses Auftrags vorzunehmenden Tätigkeiten sind dann keine von der eröffnenden Bank ihrem Auftraggeber geschuldeten Leistungen. Ist nach dem Akkreditivauftrag Avisierung durch irgendeine Bank im Land des Begünstigten vorgesehen, so bestimmt die eröffnende Bank die avisierende Bank, die ihr als Erfüllungsgehilfin zuzurechnen ist. 2. Die Zweitbank als benannte Bank 1/198
Ob die benannte Bank im Verhältnis der eröffnenden Bank zum Akkreditivauftraggeber Erfüllungsgehilfin oder Substitutin der eröffnenden Bank ist, ist im deutschen Schrifttum umstritten. Nach Canaris 787 ist die Zahlstellenbank Erfüllungsgehilfin der Akkreditivbank, da sie insbesondere bei der Dokumentenprüfung in deren Namen oder zumindest als deren mittelbare Stellvertreterin handelt. Berücksichtigt man freilich, dass auch ein Substitut als Stellvertreter oder mittelbarer Stellvertreter handelt, so ist damit die Abgrenzung des Erfüllungsgehilfen vom Substituten noch offen. Gleiches gilt für die Ausführungen von Schütze 788, für den entscheidend ist, dass Prüfung und Honorierung der Dokumente eine wesensnotwendige Aufgabe der Akkreditivbank ist. Die Substitution besteht ja gerade darin, dass der Beauftragte – unter den Voraussetzungen des § 1010 ABGB – seine hauptsächlichen Verpflichtungen aus dem Auftragsverhältnis (ganz oder teilweise) mit der Wirkung weitergibt, dass er insoweit nicht mehr zur Geschäftsbesorgung verpflichtet ist789. Nach Nielsen 790 ist die Einschaltung einer Zweitbank als Zahl784 785
786 787 788 789
790
Zur Botenfunktion der avisierenden Bank s oben Rz 1/155. Avancini in BVR1 II Rz 4/195; Canaris, BVR3 Rz 974; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 268; von Westphalen, RIW 1994, 456; aM Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 408 f, der eine Unterbeauftragung annimmt; ebenso Stapel, Richtlinien 195; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/178. In BVR1 II Rz 4/195. BVR3 Rz 974; dazu kritisch Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 410. Dokumentenakkreditiv Rz 300; ferner Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/49. Apathy in Schwimann, ABGB § 1010 Rz 1; Strasser in Rummel, ABGB3 § 1010 Rz 5: Auftragsverhältnis mit stark reduzierten Inhalt; vgl auch P. Bydlinski in KBB2 § 1010 Rz 2. Neue Richtlinien Rz 126; BankR-HB § 120 Rz 139, 410; desgleichen von Westphalen, Exportfinanzierung 244; derselbe, die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (1974) und die Einheitlichen Richtlinien für Inkassi im
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stelle als Unterbeauftragung anzusehen, weil zu ihren Aufgaben keineswegs nur die technische Abwicklung des Akkreditivs, sondern die selbständige Prüfung der Dokumente gehöre. Einsele 791 bejaht zwar ebenfalls, dass die Zahlstellenbank die Dokumente selbständig prüft, zweifelt aber dennoch an der rechtlichen Einordnung als Substitutin. Bei der Abgrenzung von Gehilfenbestellung und Substitution ist die übertragene Tätigkeit als Ganzes zu beurteilen792. Maßgeblich ist nicht die Vereinbarung zwischen dem Auftraggeber und dem (ersten) Beauftragten, also zwischen dem Akkreditivauftraggeber und der eröffnenden Bank, sondern die des Beauftragten mit der Person, die den Auftrag durchführen soll793, also die Vereinbarung zwischen der eröffnenden Bank und der Zweitbank. Während der an die Weisungen des Beauftragten gebundene Gehilfe für den Geschäftsbesorger tätig sein soll, zielt die Bestellung eines Substituten darauf ab, dass dieser selbständig anstelle des Substituenten im Interesse des Geschäftsherrn agieren soll794. Weisungsgebunden ist freilich auch der Substitut795; denn Weisungsrechte stehen jedem Auftraggeber zu, auch wenn der Beauftragte Fachmann ist796. Erachtet man mit Seiler 797 die Selbständigkeit als wesentliches Kriterium für die Substitution, so muss man freilich berücksichtigen, dass auch selbständig tätige Personen im konkreten Fall als Erfüllungsgehilfinnen eingeschaltet sein können798. Entscheidend ist daher nicht die formale Stellung der vom Machthaber eingeschalteten Person, sondern ihre konkrete Funktion und Aufgabe. Je mehr Selbständigkeit ihr bei der Entscheidung im Rahmen der übertragenen Tätigkeit eingeräumt wird, desto mehr spricht für Substitution und gegen die Stellung als Erfüllungsgehilfin. Handelt die benannte Bank bei der Prüfung der vorgelegten Dokumente selbständig, so ist sie daher Substitutin; müsste sie hingegen bei der eröffnenden Bank rückfragen, so spricht dies dafür, sie als Erfüllungsgehilfin anzusehen. Dabei ist nach Avancini und dem OGH zu berücksichtigen, ob die eröffnende Bank auf Grund der technischen Gegebenheiten eine benannte Bank einschalten muss, weil sie an dem für die Dokumentenvorlage bzw Akkreditivhonorierung vorgesehenen Ort über keine eigene Niederlassung verfügt; in diesem Fall ist die benannte Bank Substitutin799. Die Einschaltung der Zweitbank ist hier nach den Umständen unvermeidlich, so dass eine zulässige Substitution vorliegt (§ 1010 ABGB). Die Pflichten der eröffnenden Bank gegen-
791 792 793
794 795 796 797 798
799
Licht des AGB-Gesetzes, WM 1980, 185; von Gablenz, Die Haftung der Banken bei Einschaltung Dritter (1983) 280 f. BankR § 5 Rz 15. OGH in SZ 40/68. W. Hofer, Substitution und Untervertretung, JBl 1980, 625, 638f; Koziol, Haftung der Notare für Substituten, Weissmann-FS (2003) 431, 440f. Apathy in Schwimann, ABGB § 1010 Rz 2. OGH 7 Ob 282/06f in ÖBA 2007, 903 mit Anm von Apathy. OGH 4 Ob 83/02p in SZ 2002/46: Rechtsanwalt. MünchKommBGB/Seiler (2005) § 664 Rz 4; so auch Einsele, BankR § 5 Rz 15. Vgl nur OGH 4 Ob 2112/96h in ÖBA 1996, 895 = SZ 69/115: Rechtsanwalt soll vorbereitetes Grundbuchsgesuch überreichen. Avancini in BVR1 II Rz 4/196; OGH 7 Ob 282/06f in ÖBA 2007, 903 mit Anm von Apathy.
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Das Dokumentenakkreditiv
über ihrem Auftraggeber erschöpfen sich in einem solchen Fall darin, die Zweitbank sorgfältig auszuwählen und mit jenen Abwicklungsaktivitäten zu betrauen, die sie nicht selbst durchführen kann. Dementsprechend wird die Zweitbank nicht bei der Erfüllung fremder Pflichten tätig, sondern sie erfüllt eigene. Für Substitution spricht ferner, wenn die benannte Bank – im Interesse des Begünstigten (Rz 1/161) – auf Wunsch des Akkreditivauftraggebers eingeschaltet wird. Denn typischerweise hat die benannte Bank selbständig und eigenverantwortlich die bei ihr vorgelegten Dokumente zu prüfen (Rz 1/162). Insofern ist der mit Art 37 lit a ERA 600 (Rz 1/196) angestrebte Effekt, dass der Auftraggeber das Risiko der Einschaltung der Zweitbank tragen solle, realisierbar, da nach § 1010 ABGB die Substitution nicht nur im Notfall, sondern auch bei Erlaubnis von Seiten des Auftraggebers zulässig ist. Könnte die eröffnende Bank die einer anderen Bank übertragenen Tätigkeiten hingegen selbst ausführen und erfolgte überdies die Einschaltung der Zweitbank nicht auf Wunsch des Akkreditivauftraggebers, so hat die benannte Bank nach Avancini 800 die Stellung einer Erfüllungsgehilfin der eröffnenden Bank: Diese bedient sich der Zweitbank zur Erfüllung ihr obliegender Pflichten. 1/199
Im Verhältnis der eröffnenden Bank zum Begünstigten ist die benannte Bank Erfüllungsgehilfin, da jene sie zur Erfüllung ihrer Honorierungspflicht einsetzt801. 3. Die Zweitbank als bestätigende Bank
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Die bestätigende Bank ist als solche weder Erfüllungsgehilfin noch Substitutin der eröffnenden Bank802. Soweit die eröffnende Bank vom Akkreditivauftraggeber beauftragt ist, ihr Akkreditiv bestätigen zu lassen, erledigt sie diesen Auftrag dadurch, dass sie der Zweitbank den Bestätigungsauftrag erteilt. Die Akkreditivbestätigung gehört dann nicht mehr zur Ausführung des Auftrags, den die eröffnende Bank erhalten hat, sondern sie ist Ausführung des von dieser Bank erteilten Auftrags. Die bestätigende Bank erledigt somit kein der eröffnenden Bank obliegendes Geschäft, sondern führt einen Auftrag zur selbständigen Geschäftsbesorgung aus, den die eröffnende Bank von vornherein selbst gar nicht erfüllen könnte: Für eine Akkreditivbestätigung kommt ja nur eine weitere Bank in Frage.
VI. Einstweiliger Rechtsschutz für den Akkreditivauftraggeber 1/201
Der Begünstigte darf das Akkreditiv nicht rechtsmissbräuchlich in Anspruch nehmen (s Rz 1/133). Wenn der Rechtsmissbrauch für die 800 801 802
Avancini in BVR1 II Rz 4/196. In BVR1 II Rz 4/197; Canaris, BVR3 Rz 979; Raith, Recht 178 FN 127. Apathy, ÖBA 2007, 907; Avancini in BVR1 II Rz 4/198 mit Bezug auf von Westphalen, WM 1980, 185; Substitution nehmen hingegen an: Nielsen, Neue Richtlinien Rz 127; derselbe in BankR-HB § 120 Rz 411; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 283; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/178.
Einstweiliger Rechtsschutz für den Akkreditivauftraggeber
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eröffnende Bank liquide beweisbar ist, muss sie im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber eine Honorierung des Akkreditivs verweigern (s Rz 1/61). Eine solche eindeutige Beweislage, nach welcher die Bank nicht mehr auf Rechnung des Auftraggebers honorieren könnte, wird freilich nur selten gegeben sein803. Für den Akkreditivauftraggeber stellt sich daher die Frage, unter welchen Voraussetzungen und auf welche Weise er zumindest vorläufig eine Honorierung des Akkreditivs verhindern kann804. Als Mittel hierfür bietet sich eine einstweilige Verfügung gemäß § 381 EO805 an, wobei als Adressaten in erster Linie der Begünstigte, aber auch die eröffnende Bank und gegebenenfalls die bestätigende Bank in Frage kommen. Jedenfalls muss nach der Rspr der durch die einstweilige Verfügung zu sichernde Anspruch mit dem Klagsanspruch im Hauptprozess identisch sein806. A. Einstweilige Verfügung gegen den Begünstigten Zunächst ließe sich daran denken, dem Begünstigten eine Inanspruchnahme 1/202 des Akkreditivs durch Dokumentenvorlage zu verbieten oder ihm den Widerruf einer solchen Inanspruchnahme zu gebieten. Eine solche Verfügung ist jedoch jedenfalls unzulässig, weil sie den Begünstigten wegen der Akkreditivbefristung endgültig um seine Rechte bringen könnte807. Dieses Hindernis ist jedoch letztlich dadurch überwindbar, dass man dem Begünstigten nicht die Dokumentenvorlage, sondern bloß die Einziehung des Anspruchs gegen die eröffnende (und gegebenenfalls die bestätigende) Bank nach erfolgter Dokumentenvorlage untersagt808. In diesem Sinne wird in Deutschland eine einstweilige Verfügung gegen den Begünstigten auf Unterlassung der Geltendmachung des Auszahlungsanspruchs überwiegend für zulässig erachtet809, doch sei sie wegen der Notwendigkeit der Zustellung im 803
804 805
806 807
808 809
Vgl OGH 4 Ob 366/97w in ÖBA 1998, 563 (dazu Griß-Reiterer, ÖBA 1999, 180 f), in welchem Fall der Akkreditivauftraggeber im Wege einer einstweiligen Verfügung die Rückstellung eines Konnossements an den Begünstigten (bzw die avisierende Bank) verhinderte. Th. Koller/Kissling in Wiegand, Probleme des Zahlungsverkehrs 126ff. OGH 1 Ob 554/94 in ÖBA 1996, 64 mit Anm von Avancini = SZ 67/111 auch zur inländischen Gerichtsbarkeit, wenn der Antragsgegner keinen allgemeinen Gerichtsstand in Österreich hat, der Drittschuldner aber eine österreichische Bank ist. OGH 1 Ob 294/98m in ÖBA 1999, 832; E. Kodek in Angst, EO § 378 Rz 2. Avancini in BVR1 II Rz 4/200; Canaris, BVR3 Rz 1065; Konecny, Zur Wirksamkeit einstweiliger Verfügungen nach Ablauf der Verfügungsfrist, ÖBA 1997, 987, 994; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 542; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 434; vgl aber OLG Frankfurt am Main in WM 1997, 609. Zum parallelen Problem bei der Garantie s König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren3 (2007) Rz 3/72; Koziol unten Rz 3/154. Zur Garantie s Koziol unten Rz 3/154. Eschmann, Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditiv-Auftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz (1994) 150 ff; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 541; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/432.
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Das Dokumentenakkreditiv
Ausland von geringer praktischer Bedeutung810. Immerhin würde es zur Wahrung der Interessen des Akkreditivauftraggebers als gefährdeter Partei genügen, wenn zusammen mit dem an den Begünstigten gerichteten Einziehungsverbot (Verfügungsverbot) ein an die eröffnende (und bestätigende) Bank gerichtetes Zahlungsverbot (Honorierungsverbot) erlassen wird (Rz 1/203 ff). In diesem Fall ist der Begünstigte der Antragsgegner811, doch steht der (den) vom Verbot betroffenen Bank(en) als Verfahrensbeteiligten das Rekursrecht zu812.
B. An die eröffnende Bank gerichtetes Zahlungsverbot 1/203
Die Bank kann ein Akkreditiv jedenfalls nicht zu Lasten ihres Auftraggebers honorieren, solange ihr die Honorierung gerichtlich untersagt ist813. Bei einem solchen Honorierungsverbot handelt es sich nach einem Teil des Schrifttums um kein Drittverbot iSd § 382 Abs 1 Z 7 EO, weil dieses voraussetzt, dass der Dritte dem Gegner der gefährdeten Partei tatsächlich etwas schuldet814. In dem hier in Rede stehenden Fall wird das Verbot aber gerade deshalb erlassen und darauf gestützt, dass der Begünstigte nur scheinbar forderungsberechtigt ist, in Wahrheit aber aus dem Akkreditiv keine Ansprüche hat. Da andererseits die Sicherungsmittel im Gesetz anerkanntermaßen nicht taxativ aufgezählt sind815, bestehen nach Avancini 816 gegen die Zulässigkeit eines an die eröffnende Bank gerichteten Honorierungsverbots keine rechtlichen Bedenken; zudem lässt sich das Verbot auf § 382 Abs 1 Z 5 EO stützen817. Dieses Verbot wird mit Zustellung an die eröffnende Bank wirksam. Es kann in einem gegen den Begünstigten angestellten Verfahren zur Erlangung eines Verfügungs- und Einziehungsverbots erlassen werden (Rz 1/202), aber 810
811
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Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 450; vgl aber König, Einstweilige Verfügungen3 Rz 7/ 9 f mit dem Hinweis, der OGH habe sich in der Vergangenheit nicht kleinlich gezeigt, wenn es galt, einstweilige Verfügungen gegen Gegner der gefährdeten Partei mit (Wohn)Sitz im Ausland zu erlassen. Vgl OGH 1 Ob 554/94 in ÖBA 1996, 64 mit Anm von Avancini = SZ 67/111; König, Einstweilige Verfügungen3 Rz 3/72. Koziol in BVR1 II Rz 3/153. Zur zeitlichen Begrenzung von Sicherungsmaßnahmen s Konecny, ÖBA 1997, 987. Avancini in BVR1 II Rz 4/201; Koziol unten Rz 3/151; Konecny, ÖBA 1997, 994 kritisch zur gegenteiligen Judikatur zur Bankgarantie; vgl auch E. Kodek in Angst, EO § 382 Rz 26; aM jedoch König, Einstweilige Verfügungen3 Rz 3/72; Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 382 Rz 20: Analogie oder Drittverbot eigener Art. OGH in SZ 51/20; Heller/Berger/Stix, EO 2729; E. Kodek in Angst, EO § 382 Rz 1; Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 382 Rz 2. In BVR1 II Rz 4/201; aM Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 537 mit dem Hinweis, die Bank zahle auf eigene Gefahr, wenn sich im Prozess der Bank gegen den Auftraggeber herausstellt, dass die Inanspruchnahme rechtsmissbräuchlich war. Vgl aber Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 455. Vgl OGH 1 Ob 294/98m in ÖBA 1999, 832; E. Kodek in Angst, EO § 382 Rz 26; Konecny, Grundlagen der einstweiligen Verfügungen gegen Mißbrauch von Bankgarantien, ÖBA 1989, 775, 786 ff; derselbe, ÖBA 1994, 994; König, Einstweilige Verfügungen3 Rz 3/72; Koziol unten Rz 3/149 und 151.
Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung
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auch in einem Verfahren, in dem die eröffnende Bank Antragsgegnerin ist818. Ein zu sichernder Anspruch des Akkreditivauftraggebers gegen die eröffnende Bank liegt vor, wenn der Begünstigte das Akkreditiv rechtsmissbräuchlich in Anspruch nimmt und dies liquide nachgewiesen werden kann (Rz 1/ 201). Bei einem bestätigten Akkreditiv bindet ein an die eröffnende Bank gerich- 1/204 tetes Honorierungsverbot zwar nicht die bestätigende Bank, doch kann im Einzelfall schon damit auch für die bestätigende Bank der Rechtsmissbrauch liquide beweisbar sein. Trifft dies in concreto nicht zu, so kann die bestätigende Bank honorieren und von der eröffnenden Bank Rembours verlangen (Art 7 lit c ERA 600), wenn nicht auch ihr die Honorierung gerichtlich untersagt wird, denn sie ist eigenständig verpflichtet819. C. An die bestätigende Bank gerichtetes Zahlungsverbot Um bei einem bestätigten Akkreditiv die Honorierung zu verhindern, emp- 1/205 fiehlt es sich nach Avancini 820, ein gerichtliches Honorierungsverbot auch gegen die bestätigende Bank zu erwirken. Für ein solches Verbot gelten die gleichen Grundsätze wie sie bei der Erörterung des an die eröffnende Bank zu erlassenden Verbots dargelegt worden sind (s Rz 1/203), doch können sich – ähnlich wie bei einer gegen den Begünstigten gerichteten einstweiligen Verfügung (Rz 1/202) – praktische Probleme ergeben, da die bestätigende Bank ihren Sitz idR im Ausland hat.
VII. Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung A. Die Problematik im Allgemeinen Das Problem der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung stellt sich, wenn 1/206 der Begünstigte von der eröffnenden oder von der bestätigenden Bank eine Leistung erhalten hat, auf die er entweder von vornherein kein Anrecht hatte oder die er aus anderen Gründen jedenfalls nicht behalten darf. Die besondere Problematik ergibt sich daraus, dass am Akkreditivgeschäft mehrere Personen beteiligt sind und daher nicht nur zu klären ist, ob ein Rückforderungsanspruch besteht, sondern auch, wem er zusteht. Zu diesem Zweck ist zu fragen, in welcher Rechtsbeziehung der Mangel liegt, der den Rückforderungsanspruch begründet. Ferner muss geklärt werden, wer die rückabzuwickelnde Leistung erbracht hat, die eröffnende oder bestätigende Bank oder aber der Akkreditivauftraggeber821. 818
819 820 821
In diesem Fall muss sich aber auch das Hauptverfahren gegen die eröffnende Bank richten: vgl OGH 1 Ob 294/98m in ÖBA 1999, 832. S Rz 1/182; weiters Schinnerer/Avancini III 67 FN 181. In BVR1 II Rz 4/203; aM Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 540. Zur parallelen Problematik bei der Giroüberweisung s Koziol in BVR2 III Rz 1/ 112 ff.
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Das Dokumentenakkreditiv
B. Mängel im Verhältnis eröffnende Bank – Begünstigter 1/207
Die Ungültigkeit des Akkreditivs berechtigt im Allgemeinen die eröffnende Bank zur Rückforderung gegenüber dem (vermeintlich) Begünstigten gemäß § 877 ABGB, denn ihre Leistung an ihn erfolgte rechtsgrundlos822. Wird die Verpflichtung aus dem Akkreditiv wegen List, Drohung, wesentlichen Irrtums oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage angefochten, so handelt es sich um eine condictio causa finita (§ 1435 ABGB), die keinen Irrtum des Leistenden voraussetzt. Ist die Ungültigkeit des Akkreditivs darauf zurückzuführen, dass es an einer gültigen Anweisung fehlt (s Rz 1/ 120), so hat die Bank unter den Voraussetzungen des § 1431 ABGB (irrtümliche Zahlung einer Nichtschuld) einen Bereicherungsanspruch gegenüber dem Begünstigten823; denn die Bank ist infolge der Zahlung entreichert und dem scheinbar anweisenden angeblichen Akkreditivauftraggeber kann die Zahlung grundsätzlich nicht zugerechnet werden824. Eine andere Beurteilung ist freilich dann geboten, wenn der Begünstigte darauf vertrauen durfte, dass eine Anweisung des angeblichen Akkreditivauftraggebers vorliegt, und dieser in zurechenbarer Weise den Schein einer Anweisung erweckt hat825. Dann ist die Rückabwicklung wie bei gültiger Anweisung vorzunehmen826, so dass bei fehlender Berechtigung des Begünstigten im Valutaverhältnis der Akkreditivauftraggeber kondiktionsberechtigt ist.
1/208
Bei einer irrtümlichen Aufnahme mangelhafter Dokumente soll nach in Deutschland verbreiteter Ansicht die eröffnende Bank nach Anfechtung der Dokumentenaufnahme einen Bereicherungsanspruch gegen den Begünstigten haben827. IdR wird jedoch die Bank an eine irrtümliche Aufnahme mangelhafter Dokumente gebunden bleiben: Soweit die Dokumentenaufnahme kein Rechtsgeschäft ist, steht einer Rückforderung des Akkreditivbetrags die durch das Unterlassen einer fristgerechten Dokumentenrüge eingetretene Präklusion, sich auf Mängel der Dokumentenvorlage berufen zu können (s Rz 1/114), entgegen. Bei einer konstitutiven Anerkennung einer Dokumentenvorlage als akkreditivgemäß wird es schon deshalb an den Voraussetzungen für eine Irrtumsanfechtung fehlen, weil gerade die Akkreditivgemäßheit der Dokumente jener strittige Punkt ist, der durch das Anerkenntnis endgültig bereinigt werden sollte, so dass ein Irrtum darüber unbeachtlich bleiben muss828. 822 823
824 825 826 827
828
Avancini in BVR1 II Rz 4/205; vgl Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 447. Koziol in BVR2 III Rz 1/115 zur Giroüberweisung; derselbe unten Rz 3/162 zum Dissens beim Garantievertrag. Apathy, Der Verwendungsanspruch (1988) 50; Apathy/Riedler, SR BT Rz 15/43. Vgl Koziol in BVR2 III Rz 1/116 zur Giroüberweisung. Koziol in KBB2 Vor §§ 1431 – 1437 Rz 5 mwN. Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 445; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/ 405; vgl auch Canaris, BVR3 Rz 996, der den Bereicherungsanspruch bejaht, aber eine Anfechtung der Dokumentenaufnahme für nicht nötig und auch nicht möglich ansieht. P. Bydlinski in KBB2 § 1385 Rz 1; Ertl in Rummel, ABGB3 § 1385 Rz 1.
Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung
147
War das Verlangen des Begünstigten auf Honorierung des Akkreditivs 1/209 rechtsmissbräuchlich, so ist eine von der eröffnenden Bank dennoch erbrachte Leistung ohne Rechtsgrund erfolgt829. Denn die Bank hätte dem Anspruch des Begünstigten den Rechtsmissbrauch erfolgreich entgegenhalten können und war ihm gegenüber daher nicht zur Zahlung verpflichtet. Rückforderungsberechtigt ist daher nicht nur der Akkreditivauftraggeber830, sondern auch die eröffnende Bank831, es sei denn, sie hätte bewusst unterlassen, einen liquide beweisbaren Rechtsmissbraucheinwand zu erheben und somit im Sinne des § 1432 ABGB wissentlich auf eine Nichtschuld geleistet. Unter den gleichen Voraussetzungen ist die eröffnende Bank kondiktionsberechtigt, wenn der Begünstigte gefälschte Dokumente vorgelegt hat, weil dann die Bedingung nicht eingetreten ist, von der die Zahlungspflicht der Bank abhängt (Rz 1/121). C. Mängel im Verhältnis Akkreditivauftraggeber – Begünstigter (Valutaverhältnis) War die Akkreditivbeziehung fehlerlos, stand dem Begünstigten aber die 1/210 über das Akkreditiv eingezogene Forderung im Valutaverhältnis nicht zu, so ist er dem Akkreditivauftraggeber zum Bereicherungsausgleich verpflichtet832. Der Anspruch des Akkreditivauftraggebers geht, solange das Akkreditiv von der Bank noch nicht honoriert worden ist, dahin, dass der Begünstigte auf seinen abstrakten Anspruch aus dem Akkreditiv verzichtet833. Nach der Honorierung ist er auf Geldzahlung in Höhe des erlangten, aber dem Begünstigten nicht gebührenden Vorteils gerichtet. Die eröffnende Bank hat keinen Rückforderungsanspruch, da im Hinblick auf die Abstraktheit der Verpflichtung der eröffnenden Bank ein Mangel im Valutaverhältnis – solange kein Rechtsmissbrauch vorliegt – auf ihre Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten nicht durchschlägt. D. Mängel im Verhältnis Akkreditivauftraggeber – eröffnende Bank (Deckungsverhältnis) War lediglich das Deckungsverhältnis mangelhaft, so steht der eröffnenden 1/211 Bank ein Bereicherungsanspruch gegenüber ihrem (vermeintlichen) Auftrag829
830 831 832
833
So mit Recht Avancini in BVR1 II Rz 4/207; aM Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 443, der einen Bereicherungsanspruch der Bank verneint, wenn diese ohne Kenntnis des Rechtsmissbrauchs oder jedenfalls ohne Nachweis mit liquiden Beweismitteln zahlt; denn dann erfolge die Leistung im Verhältnis zum Akkreditivauftraggeber zu Recht. Schütze sieht in diesem Fall den Akkreditivauftraggeber für kondiktionsberechtigt an. Auch dieser hat eine rechtsgrundlose Leistung erbracht (Rz 1/210). Diwok, ÖBA 2001, 365. Zur Garantie s Koziol unten Rz 3/163. Avancini in BVR1 II Rz 4/208; Schütze, Dokumentenakkreditiv Rz 441. Zur Garantie s Koziol unten Rz 3/163 und 166 ff. Vgl § 812 Abs 2 BGB sowie zur Feststellung des Saldos beim Kontokorrent Apathy in BVR2 II Rz 2/43.
148
Das Dokumentenakkreditiv
geber zu834. Durch die Honorierung des Akkreditivs hat sie nämlich auch ihm eine Leistung erbracht (sie wollte ja auf seine Rechnung honorieren), dies jedoch rechtsgrundlos. Vom Begünstigten kann die eröffnende Bank ihre Leistung grundsätzlich nicht kondizieren, da dieser die Zahlung infolge der Abstraktheit der Verpflichtung der Bank nicht rechtsgrundlos erhalten hat. Nur wenn der Grund für die Unwirksamkeit des Deckungsverhältnisses auch zur Unwirksamkeit der Anweisung an die eröffnende Bank führt, etwa weil der Akkreditivauftraggeber geschäftsunfähig war, schlägt das auf die Gültigkeit der Akkreditivverpflichtung durch (s Rz 1/120). Dann steht die Kondiktion der eröffnenden Bank gegenüber dem Begünstigten zu, weil das Akkreditiv unwirksam ist (Rz 1/207).
E. Fehlerhaftigkeit von Deckungs- und Valutaverhältnis 1/212
Auch im Fall eines sogenannten „Doppelmangels“, also bei Fehlen eines Rechsgrundes im Deckungs- und im Valutaverhältnis, muss nach hA (Rz 1/ 119) die Rückabwicklung entsprechend den zugrunde gelegten Leistungsbeziehungen erfolgen. Demnach habe die eröffnende Bank sich für einen Bereicherungsausgleich grundsätzlich an den (vermeintlichen) Auftraggeber zu halten und dieser sich seinerseits an den Begünstigten835. Erachtet man es im Hinblick auf Art 4 lit a ERA 600 für unzulässig, dass die eröffnende Bank gegenüber dem Begünstigten den Einwand des Doppelmangels erhebt (Rz 1/119), so muss dies jedoch noch nicht bedeuten, dass die Bank nach der Honorierung des Akkreditivs einen Bereicherungsanspruch nur gegen den (vermeintlichen) Akkreditivauftraggeber und nicht auch gegen den Begünstigten hat. Steht fest, dass der Begünstigte – wegen des Mangels im Valutaverhältnis – die empfangene Zahlung nicht behalten darf, und dass das Geld – wegen des Mangels im Deckungsverhältnis – wieder an die eröffnende Bank zurückfließen soll, so spricht nichts gegen eine Kondiktion der Bank gegenüber dem Begünstigten (ebenso zur Garantie Koziol unten Rz 3/171). Dabei muss man freilich, um nicht die Interessen der Beteiligten entsprechend dem Deckungs- und Valutaverhältnis zu verletzen, eventuelle Einreden auch gegenüber der Direktkondiktion der angewiesenen Bank beachten. Insbesondere schuldet der Begünstigte die Rückzahlung des erhaltenen Geldbetrags nur Zug um Zug gegen Rückgabe der von ihm versendeten Ware. Die Einrede der Zug-um-Zug-Leistung kann er nicht nur gegenüber dem Akkreditivauftraggeber im Valutaverhältnis, sondern auch gegenüber der kondizierenden Bank geltend machen. Diese erlangt daher das von ihr mit der Honorierung des Akkreditivs Geleistete nur dann, wenn der Akkreditivauftraggeber die Ware dem Begünstigten zurückstellt. 834 835
Vgl Koziol in BVR2 III Rz 1/112 zur Giroüberweisung. Avancini in BVR1 II Rz 4/210.
Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung
149
F. Irrtümliche Akkreditivhonorierung durch die benannte Bank Honoriert die benannte Bank ein Akkreditiv, so ist das gegenüber dem 1/213 Begünstigten an sich eine Leistung der eröffnenden Bank. Erfolgt diese Honorierung in irrtümlicher Annahme, dass die Akkreditivbedingungen erfüllt, insbesondere die vorgelegten Dokumente akkreditivkonform wären, so ist die Leistung nach Avancini 836 grundsätzlich nicht der eröffnenden Bank zuzurechnen; zu einer solchen Leistung sei die benannte Bank nicht ermächtigt. Demgemäß stehe der benannten Bank selbst der Bereicherungsanspruch gegen den Begünstigten zu837. Diese Beurteilung steht in Widerspruch zu der sonst von Avancini 838 entwickelten und vertretenen Auffassung, durch das Unterlassen der Rüge des Dokumentenmangels werde das Recht der eröffnenden (oder bestätigenden) Bank, die Honorierung wegen nicht konformer Dokumente zu verweigern, präkludiert (vgl Rz 1/113 f, 171, 208). Damit sind aber Bereicherungsansprüche gegen den Begünstigten ausgeschlossen. Zum Aufwandersatzanspruch der benannten Bank s Rz 1/113 aE. G. Zahlung der bestätigenden Bank Ist die bestätigende Bank – wie idR – auch Zahlstelle, so muss zunächst 1/214 geklärt werden, ob sie die Zahlung an den Begünstigten in ihrer Zahlstellenfunktion oder auf Grund ihrer Bestätigungsverpflichtung erbringt. Ausgehend davon, dass jedenfalls bei Zahlungsakkreditiven die Verpflichtung der bestätigenden Bank zur Verpflichtung der eröffnenden Bank subsidiär ist, wird man im Zweifel anzunehmen haben, dass die bestätigende Bank in erster Linie als bloße Zahlstelle der eröffnenden Bank honoriert und das gleichzeitige Erlöschen ihrer Verpflichtung aus der Bestätigung des Akkreditivs nur ein sich aus dem Solidarschuldverhältnis ergebender Nebeneffekt dieser Zahlung ist. Denn an die bestätigende Bank als solche kann sich der Begünstigte erst halten, wenn der Garantiefall eingetreten ist, der eben darin besteht, dass eine Honorierung des Akkreditivs ausbleibt (Rz 1/183). Honoriert die bestätigende Bank das Akkreditiv als Zahlstelle, so ist die Honorierung eine Leistung der eröffnenden Bank, der unter den oben (Rz 1/207 ff) dargestellten Voraussetzungen ein Bereicherungsanspruch gegen den Begünstigten oder den Akkreditivauftraggeber zusteht. Wird hingegen die Bank vom Begünstigten aus ihrer Akkreditivbestätigung 1/215 in Anspruch genommen, so leistet sie auf ihre eigene (allenfalls nur vermeintliche) Verpflichtung. Rückabzuwickeln ist dann eine der bestätigenden Bank zuzurechnende Leistung. Diese Rückabwicklung verläuft nach den gleichen Grundsätzen wie sie oben für die Rückabwicklung der Leistung der eröffnenden Bank dargelegt wurden; dabei steht dann im Deckungsverhältnis der bestätigenden Bank die eröffnende Bank gegenüber. 836 837 838
In BVR1 II Rz 4/211. Vgl Canaris, BVR3 Rz 996. In BVR1 II Rz 4/112, 4/170 und 4/206.
150
Das Dokumentenakkreditiv
VIII. Anwendbares Recht A. Die für die rechtsgeschäftlichen Beziehungen maßgebenden Rechtsordnungen 1. Akkreditiveröffnungsauftrag 1/216
Im Normalfall wird sich für Akkreditiveröffnungsaufträge die Frage nach dem anwendbaren Recht gar nicht stellen, weil sie kaum je grenzüberschreitend sind und daher in diesem Verhältnis zwischen den Parteien regelmäßig eine reine Inlandsbeziehung besteht. Ist jedoch ausnahmsweise eine Auslandsberührung gegeben, so findet primär das von den Parteien gewählte Recht Anwendung (Art 3 EVÜ; Art 3 Rom I)839. Eine Rechtswahl ist auch mit der Vereinbarung der ABB verbunden, nach deren Z 20 für alle Rechtsbeziehungen zwischen dem Kunden und dem Kreditinstitut österreichisches Recht gilt840. Fehlt es an einer Rechtswahl, so ist das Recht des Staates maßgebend, mit dem der Vertrag die engsten Verbindungen aufweist, wobei es insbesondere auf die charakteristische Leistung ankommt841. Da die charakteristische Leistung beim Akkreditiveröffnungsauftrag von der eröffnenden Bank erbracht wird, ist grundsätzlich das Recht am Ort der Hauptverwaltung (= Sitz) der eröffnenden Bank im Zeitpunkt des Vertragsschlusses anzuwenden842. An diesem Ergebnis ändert sich durch Art 4 Abs 1 lit b Rom I nichts; danach unterliegen Dienstleistungsverträge dem Recht des Staates, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt, also Ort der Hauptverwaltung, hat843. Wird allerdings das Akkreditiv im Rahmen des Betriebs einer Zweigniederlassung (in einem anderen Staat) eröffnet, so ist zufolge Art 19 Abs 2 Rom I der Ort, an dem sich die Zweigniederlassung befindet, maßgebend.
2. Akkreditivverpflichtung 1/217
Auch für die Akkreditivverpflichtung gilt mangels einer (kaum vorkommenden) Rechtswahl844 das Recht des Staates, in dem sich der Sitz der Bank befindet, die das Akkreditiv eröffnet hat (Art 4 Abs 1 und 2 EVÜ; Art 4 839
840
841 842
843
844
Iro in BVR2 I Rz 1/406; Posch, Internationales Privatrecht4 (2008) Rz 15/10. – Die Verordnung (EG) Nr 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2007 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl 2008 L 177/6 ist auf Verträge anzuwenden, die nach dem 17. Dezember 2009 geschlossen werden. Dazu Iro in Iro/Koziol, ABB Z 20 Rz 1; derselbe in BVR2 I Rz 1/406; Koziol unten Rz 3/173. Art 4 Abs 1 und 2 EVÜ. Iro in BVR2 I Rz 1/409; Posch, IPR4 Rz 10/5 („Sitztheorie“) und 15/11; Verschraegen in Rummel, ABGB3 Art 4 EVÜ Rz 104. Lurger/Augenhofer, Österreichisches und Europäisches Konsumentenschutzrecht2 (2008) 314 f. Avancini in BVR1 II Rz 4/215; vgl aber OGH 10 Ob 303/99b in ÖBA 2000, 1013.
Anwendbares Recht
151
Abs 1 lit b Rom I)845. Die Einschaltung einer benannten Bank mit Sitz in einem anderen Land als dem der eröffnenden Bank hat keinen Einfluss auf das anwendbare Recht846. Nach dem für die Akkreditivverpflichtung maßgebenden Recht ist auch zu beurteilen, ob und unter welchen Voraussetzungen die eröffnende Bank einen Rechtsmissbrauch dem Begünstigten entgegenhalten kann. Ob eine Inanspruchnahme des Akkreditivs durch den Begünstigten (bloß) materiell unberechtigt war, ist nach dem Recht zu entscheiden, welches für das Valutaverhältnis maßgebend ist. Hat die eröffnende Bank ihren Sitz im Ausland, so dass die Akkreditivverpflichtung nach ausländischem Recht zu beurteilen ist, so ist dennoch nach österreichischem Recht zu beurteilen, ob der – an ein österreichisches Kreditinstitut abgetretene – Anspruch aus dem Akkreditiv durch einstweilige Verfügung gesichert werden kann847. Dabei trifft die gefährdete Partei die Pflicht zu Bescheinigung des ausländischen Sachrechts. Erbringt sie diese Bescheinigung nicht, so ist der Sicherungsantrag dennoch nicht abzuweisen, sondern das Gericht hat das fremde Recht von Amts wegen zu ermitteln (§ 4 Abs 1 IPRG), sofern dies innerhalb eines dem Zweck des Sicherungsverfahren angemessenen, kurzen Zeitraums möglich ist. Gelingt dies nicht, so ist gemäß § 4 Abs 2 IPRG österreichisches Recht anzuwenden, so dass der Anspruch im Sicherungsverfahren und im Hauptverfahren nach verschiedenen Rechtsordnungen beurteilt wird. Wegen mangelnder Richtigkeitsgewähr ist in diesem Fall die einstweilige Verfügung nur gegen Sicherheitsleistung zu erlassen848. Die Sicherung eines fremdem Recht unterliegenden Anspruchs nach österreichischem Recht ist freilich nur dann sinnvoll, wenn anzunehmen ist, dass es auch im Hauptverfahren nicht möglich sein werde, das fremde Recht zu ermitteln, oder wenn es naheliegend erscheint, dass der geltend gemachte Anspruch auch nach fremdem Recht bestehe, 845
846
847 848
OGH 1 Ob 16/01m in ÖBA 2002, 316 mit Anm von Apathy; 1 Ob 38/03z in ÖBA 2004, 382 mit Anm von Apathy = SZ 2003/98 mit dem Hinweis auf die vorrangige Beurteilung nach den ERA; Iro in BVR2 I Rz 1/409; Verschraegen in Rummel, ABGB3 Art 4 EVÜ Rz 104. Im Falle der Eröffnung durch eine Zweigniederlassung ist der Ort, an dem sich diese befindet, maßgebend: vgl Rz 1/216 aE. Zur Garantie s Koziol unten Rz 3/174. Vgl OGH 1 Ob 554/94 in ÖBA 1996, 64 mit Anm von Avancini = SZ 67/111 (ablehnend zu Schwimann in Rummel, ABGB2 § 38 IPRG Rz 3); 1 Ob 203/03i in ÖBA 2004, 708; Avancini in BVR1 II Rz 4/215; Verschraegen in Rummel, ABGB3 Art 4 EVÜ Rz 104 (mit Hinweis auf die in Deutschland auch vertretene Ansicht, es sei das Sitzrecht der Zweitbank maßgebend; so auch Schwimann, aaO). Wie hier auch Schütze, Kollisionsrechtliche Probleme des Dokumentenakkreditivs, WM 1982, 227 f; derselbe, Dokumentenakkreditiv Rz 471 mit dem Hinweis, dass bei einer Änderung der Zahlstelle nach Eröffnung des Akkreditivs keine Änderung des anwendbaren Rechts eintreten soll; ferner Einsele, BankR § 5 Rz 33. OGH in ÖBA 2002, 316 mit Anm von Apathy. OGH in ÖBA 2002, 316 mit Anm von Apathy, unter Berufung auf Konecny, Zur Anwendung fremden Rechts bei der Anspruchsprüfung im Provisorialverfahren. Aus Anlaß einer einstweiligen Verfügung gegen die mißbräuchliche Inanspruchnahme einer Bankgarantie, ÖBA 1988, 1184, 1190.
152
Das Dokumentenakkreditiv
setzt sich doch der Antragsteller sonst der Gefahr aus, nach § 394 EO ersatzpflichtig zu werden849. 3. Akkreditivbestätigung 1/218
Die Akkreditivbestätigung untersteht mangels einer Rechtswahl der Parteien dem Sitzrecht jener Bank, welche die Bestätigung vorgenommen hat (Art 4 Abs 1 und 2 EVÜ; Art 4 Abs 1 lit b Rom I)850. Ob sie als Anweisungsnahme oder als Garantie zu qualifizieren ist, ist dabei unerheblich, denn in beiden Fällen erbringt die bestätigende Bank die charakteristische Leistung. Bestätigende und eröffnende Bank haben ihre Sitze regelmäßig in verschiedenen Staaten. Das führt dann dazu, dass die (solidarische) Verpflichtung der beiden Banken gegenüber dem Begünstigten nach unterschiedlichen Rechtsordnungen zu beurteilen ist (Rz 1/186). 4. Die Rechtsbeziehung zwischen eröffnender Bank und Zweitbank
1/219
Das Rechtsverhältnis zwischen der eröffnenden Bank und der Zweitbank ist – unabhängig davon, ob diese als avisierende Bank, als benannte Bank oder als bestätigende Bank tätig werden soll, – stets ein Auftragsverhältnis (s Rz 1/ 156, 1/162 und 1/176). Soweit es zu keiner Rechtswahl kommt, ist daher die jeweilige Rechtsbeziehung zwischen den Banken nach dem Sitzrecht der beauftragten Zweitbank zu beurteilen (Art 4 Abs 1 und 2 EVÜ; Art 4 Abs 1 lit b Rom I)851. Unterbleibt die Ermittlung des dementsprechend maßgeblichen Rechts durch das Gericht, so stellt dies einen „Verfahrensmangel eigener Art“ dar852. B. Die für Schadenersatz- und Bereicherungsansprüche maßgebenden Rechtsordnungen
1/220
Schadenersatzansprüche aus der Verletzung von Pflichten aus einem Schuldverhältnis richten sich nach der Rechtsordnung, die für das betreffende Schuldverhältnis maßgebend ist (Art 10 EVÜ; Art 12 Rom I)853. Außervertragliche Schadenersatzansprüche – zB der eröffnenden Bank gegen den Verfrachter wegen falscher Angaben im Konnossement854 – sind bei Schädigung vor 849 850
851
852
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854
OGH in ÖBA 2002, 316 mit Anm von Apathy; E. Kodek in Angst, EO § 389 Rz 27. OGH 1 Ob 554/94 in ÖBA 1996, 64 mit Anm von Avancini = SZ 67/111; 9 Ob 83/ 04b in ÖBA 2005, 282; Verschraegen in Rummel, ABGB3 Art 4 EVÜ Rz 104. Vgl OGH 1 Ob 16/01m in ÖBA 2002, 316 mit Anm von Apathy; 1 Ob 38/03z in ÖBA 2004, 382 mit Anm von Apathy = SZ 2003/98; 1 Ob 203/03i in ÖBA 2004, 708. OGH in ÖBA 2004, 708; Rechberger in Rechberger, ZPO3 § 271 Rz 5: unrichtige rechtliche Beurteilung. Posch, IPR4 Rz 15/23; Verschraegen in Rummel, ABGB3 Art 10 EVÜ Rz 14; Koziol unten Rz 3/176. Zur Haftung wegen sittenwidriger Schädigung s BGH II ZR 247/01 in WM 2004, 1138.
Insolvenz eines Beteiligten am Akkreditivgeschäft
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dem Inkrafttreten der Rom II-Verordnung855 am 11. 1. 2009 nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem das den Schaden verursachende Verhalten gesetzt worden ist (§ 48 Abs 1 Satz 1 IPRG). Nach Art 4 Abs 1 Rom II ist hingegen – soweit keine engere Beziehung zum Recht eines anderen Staates besteht (Art 4 Abs 3 Rom II) – grundsätzlich das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt; haben Schädiger und die geschädigte Person allerdings zum Zeitpunkt des Schadenseintritts ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat, so unterliegt die unerlaubte Handlung dem Recht dieses Staates (Art 4 Abs 2 Rom II)856. Dies gilt auch für deliktische Schadenersatzansprüche des Akkreditivauftraggebers gegen eine ausländische Zweitbank; zur gleichgelagerten Problematik bei den indirekten Garantien siehe unten Rz 3/178. Die Leistungskondiktionen sind gemäß § 46 IPRG und – soweit keine 1/221 engere Verbindung zum Recht eines anderen Staates besteht – Art 10 Abs 1 Rom II857 nach den Sachnormen des Staates zu beurteilen, dessen Sachnormen auf das Rechtsverhältnis anzuwenden sind, welches im Leistungszeitpunkt subjektive Grundlage für die nun rückabzuwickelnde Leistung war858. Keinen Unterschied macht es, ob das Rechtsverhältnis schon von Anfang an ungültig war oder erst später mit Rückwirkung beseitigt worden ist859.
IX. Insolvenz eines Beteiligten am Akkreditivgeschäft Gemäß § 82 Abs 1 BWG kann über das Vermögen eines Kreditinstituts ein 1/222 Ausgleichsverfahren nicht eröffnet werden. Daher stellt sich auch das Problem eines Ausgleichs insbesondere der eröffnenden Bank für die weitere Betrachtung nicht. A. Insolvenz des Akkreditivauftraggebers 1. Auswirkungen im Verhältnis zum Begünstigten Ist das Grundgeschäft ein zweiseitiger Vertrag, der bei Eröffnung des 1/223 Insolvenzverfahrens von beiden Teilen noch nicht (vollständig) erfüllt worden ist860, so kann der Masseverwalter bzw der Ausgleichsschuldner mit Zustimmung des Ausgleichsverwalters vom Vertrag zurücktreten (§ 21 KO 855
856 857 858 859 860
Verordnung (EG) Nr 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), ABl 2007 L 199/40; dazu Heiss/Loacker, Die Vergemeinschaftung des Kollisionsrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse durch Rom II, JBl 2007, 613; Posch, IPR4 Rz 15/37 f. Heiss/Loacker, JBl 2007, 624 ff; Posch, IPR4 Rz 15/38. Heiss/Loacker, JBl 2007, 641; Posch, IPR4 Rz 15/40; Koziol unten Rz 3/176. OGH 1 Ob 203/03i in ÖBA 2004, 708. Verschraegen in Rummel, ABGB3 § 46 IPRG Rz 3. Dazu Gamerith in Buchegger, InsolvenzR I § 21 KO Rz 8; Widhalm-Budak in Konecny/Schubert, InsolvenzG § 21 KO Rz 115 ff.
154
Das Dokumentenakkreditiv
bzw § 20b AO). Das Rücktrittsrecht endet, wenn der Begünstigte die Akkreditivdokumente vorgelegt und den Akkreditivbetrag erhalten hat861. Die Akkreditiveröffnung allein bewirkt, da sie bloß zahlungshalber erfolgt, keine volle Erfüllung des Vertrags durch den Akkreditivauftraggeber; ob mit der Akkreditivhonorierung alle Pflichten des Auftraggebers erfüllt sind, muss von Fall zu Fall geprüft werden. Eine solche fallbezogene Prüfung der Erfüllung ist auf der anderen Seite zur Dokumentenvorlage durch den Begünstigten anzustellen, denn die Erfüllung setzt, wenn es um einen Warenkauf geht, Eigentumsverschaffung voraus, was mit der Übergabe der Dokumente an die eröffnende Bank noch nicht bewirkt sein muss. Kommt es zu einem solchen Rücktritt vom Vertrag, so kann der Begünstigte seinen Schaden als Konkursforderung bzw Ausgleichsforderung geltend machen (§ 21 Abs 2 KO bzw § 20d AO). Mit dem Rücktritt vor Akkreditiveröffnung entfällt die Pflicht, die vereinbarte Eröffnung zu veranlassen. Für einen Rücktritt nach Akkreditiveröffnung ist zu beachten, dass das Akkreditiv gemäß Art 4 lit a ERA 600 ein vom Kaufvertrag oder anderen Vertrag, auf dem es möglicherweise beruht, getrenntes Geschäft ist862. Daher könnte man versucht sein anzunehmen, der Konkurs des Akkreditivauftraggebers ändere nichts an der Verpflichtung der eröffnenden Bank gegenüber dem Begünstigten. Allerdings muss man beachten, dass sich der Rücktritt trotz der Abstraktheit der Akkreditivverpflichtung auf die Rechtmäßigkeit einer Akkreditivinanspruchnahme auswirkt, wenn dem Begünstigten Rechtsmissbrauch vorzuwerfen ist (Rz 1/133), was wohl grundsätzlich der Fall sein wird, wenn er in Kenntnis des Rücktritts Zahlung begehrt863. Den Schadenersatzanspruch gemäß § 21 Abs 2 KO kann der Begünstigte jedenfalls nicht im Rahmen des Akkreditivs geltend machen. Bei Fixgeschäften über Waren, die einen Markt- oder Börsepreis haben, entfällt das Wahlrecht des Masseverwalters zwischen Erfüllung und Rücktritt, wenn der für die Erfüllung des Vertrags vereinbarte Zeitpunkt nach Eröffnung des Konkursverfahrens eintritt. Der Vertragspartner des Gemeinschuldners kann dann sofort mit der Konkurseröffnung Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen (§ 22 KO)864. 2. Auswirkungen im Verhältnis zur eröffnende Bank 1/224
Der Konkurs des Auftraggebers bringt seinen Auftrag zum Erlöschen, sofern dieser nicht durch die Eröffnung des Akkreditivs bereits ausgeführt ist 861 862
863 864
Canaris, BVR3 Rz 1075. Entgegen Avancini in BVR1 II Rz 4/222 ist es unerheblich, ob man mit dem OGH dem Rücktritt nur die beschränkte Wirkung zubilligt, dass die Ansprüche auf (weitere) Erfüllung erlöschen, oder ob man – wie auch sonst – den Vertrag infolge des Rücktritts als aufgelöst ansieht (so F. Bydlinski in Klang IV/2, 541 f FN 517). Dazu Gamerith in Buchegger, InsolvenzR I § 21 KO Rz 24; Widhalm-Budak in Konecny/ Schubert, InsolvenzG § 21 KO Rz 187 ff. Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 469. Gamerith in Buchegger, InsolvenzR I § 22 KO Rz 10; Widhalm-Budak in Konecny/ Schubert, InsolvenzG § 22 KO Rz 18.
Insolvenz eines Beteiligten am Akkreditivgeschäft
155
(§ 1024 ABGB, § 26 Abs 1 KO; vgl Rz 3/181). Das Gleiche gilt für die von ihm der eröffnenden Bank erteilte Anweisung, solange diese nicht vor der Konkurseröffnung angenommen worden ist865. Eine angenommene Anweisung kann der Masseverwalter nicht mehr widerrufen (§ 1403 ABGB). Macht der Masseverwalter im Rahmen des Grundverhältnisses von seinem Rücktrittsrecht (s Rz 1/223) keinen Gebrauch, so muss er in Erfüllung der Pflichten aus dem Grundgeschäft den noch nicht ausgeführten Akkreditiveröffnungsauftrag erneuern oder einen anderen Akkreditivauftrag erteilen866. Zur Auftragserteilung nach Konkurseröffnung s unten Rz 3/179. Führt die eröffnende Bank einen Akkreditiveröffnungsauftrag nach Kon- 1/225 kurseröffnung noch durch, so ist dies den Konkursgläubigern gegenüber grundsätzlich ohne Wirkung und auch für die Masse nicht bindend867. Zahlt die eröffnende Bank in weiterer Folge an den Begünstigten, so hat sie grundsätzlich nur eine Konkursforderung; nur wenn dem Begünstigten kein Anspruch gegenüber dem Akkreditivauftraggeber im Valutaverhältnis zusteht, kann die Bank die rechtsgrundlose Leistung vom Begünstigten kondizieren (Rz 3/180). Bei Durchführung des Eröffnungsauftrags in schuldloser Unkenntnis der Konkurseröffnung ist die Bank zwar Geschäftsführer ohne Auftrag868, sie wird dann aber in Analogie zu § 3 Abs 2 KO geschützt; ihre Ersatzansprüche gemäß § 1036 f ABGB sind als Masseforderungen zu behandeln869. Durch die Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens werden bereits erteilte 1/226 Akkreditiveröffnungsaufträge nicht berührt. Kommt es zu einem Rücktritt im Grundgeschäft, so liegt es am Ausgleichsschuldner, seinen Auftrag – soweit dies nach allgemeinen Grundsätzen noch möglich ist (§ 1020 ABGB) – zu widerrufen. Während des Ausgleichsverfahrens kann der Schuldner ohne Zustimmung des Ausgleichsverwalters Akkreditiveröffnungsaufträge nur im Rahmen des § 8 Abs 2 AO erteilen; überschreitet er seine Befugnisse, so wird die eröffnende Bank nur in den Grenzen des § 8 Abs 3 AO geschützt. Muss die eröffnende Bank ein vor dem Insolvenzverfahren eröffnetes Akkre- 1/227 ditiv honorieren, so fragt es sich, ob sie Sicherungsrechte für ihren Aufwandersatzanspruch (Konkursforderung) an den vorgelegten Dokumenten bzw an der durch diese etwa repräsentierten Ware hat. Das ist zu bejahen870: Gegenüber dem Herausgabeanspruch ihres Auftraggebers steht ihr ein 865
866 867
868 869 870
OGH 3 Ob 515/95 in ÖBA 1996, 144 = SZ 68/114; 2 Ob 331/98k in ÖBA 1999, 650; Koziol in BVR2 III Rz 1/157 f; so auch Gamerith in Buchegger, InsolvenzR I § 21 KO Rz 43 und § 26 Rz 18; Heidinger in Schwimann, ABGB § 1400 Rz 26; Weber-Wilfert/ Widhalm-Budak in Konecny/Schubert, InsolvenzG § 26 KO Rz 34. Canaris, BVR3 Rz 1075. Eine nachträgliche Genehmigung durch den Masseverwalter ist möglich: vgl Stanzl in Klang IV/1, 876. Gamerith in Buchegger, InsolvenzR I § 26 KO Rz 9. Gamerith in Buchegger, InsolvenzR I § 26 KO Rz 9. Avancini in BVR1 II Rz 4/226; vgl auch Canaris, BVR3 Rz 1079.
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Das Dokumentenakkreditiv
Zurückbehaltungsrecht nach § 471 ABGB an den Dokumenten für den Aufwand zu, den sie zu deren Erlangung gemacht hat871. In der Insolvenz des Auftraggebers wird ein solches Zurückbehaltungsrecht formal wie ein Pfandrecht behandelt (§ 10 Abs 2 KO, § 10 Abs 2 AO); dh den Zurückbehaltungsberechtigten trifft die Prozesssperre im Konkurs nicht, soweit es um die Befriedigung aus dem Zurückbehaltungsrecht geht872. Inhaltlich ändert sich allerdings durch den Konkurs das Zurückbehaltungsrecht nicht. Eine Verwertung wird daher durch die Insolvenz nicht erleichtert und richtet sich weiterhin nach den hierfür beim Zurückbehaltungsrecht nach § 471 ABGB allgemein maßgebenden Grundsätzen873. Ist der Auftraggeber Unternehmer, was bei Akkreditivverhältnissen regelmäßig der Fall ist, so hat die eröffnende Bank (auch) das mit einem Verwertungsrecht ausgestattete Zurückbehaltungsrecht nach §§ 369 ff UGB an den Dokumenten, soweit diese verwertbar sind874. Dass das Zurückbehaltungsrecht nach §§ 369 ff UGB solche Dokumente nicht erfasst, die keinen Vermögenswert haben und daher zur Befriedigung untauglich sind, hat Avancini kritisiert875. Da an diesen jedoch das Zurückbehaltungsrecht nach § 471 ABGB begründet werden kann876, ist dem Interesse der eröffnenden Bank, auf den Zurückbehaltungsgegner Druck auszuüben, ohnedies Rechnung getragen. Wird der Konkurs erst nach der Vorlage der Dokumente eröffnet, so hat die eröffnende Bank an diesen – soweit sie verwertbar sind und sich noch in ihrer Gewahrsame befinden – (auch) ein Pfandrecht auf Grund von Z 49 ABB877. B. Konkurs der eröffnenden Bank 1. Auswirkungen im Verhältnis zum Akkreditivauftraggeber 1/228
Durch die Eröffnung des Konkurses erlischt nach § 1024 ABGB der (noch nicht erfüllte) Akkreditiveröffnungsauftrag878. 871 872
873
874
875 876 877 878
Vgl Hofmann in Rummel, ABGB3 § 471 Rz 8; Koch in KBB2 § 471 Rz 5. Apathy in Buchegger, InsolvenzR I § 10 KO Rz 17; Braumüller, Das Zurückbehaltungsrecht in Exekution und Insolvenz (1991) 108. OGH in SZ 59/84; Apathy in Buchegger, InsolvenzR I § 10 KO Rz 20; Hofmann in Rummel, ABGB3 § 471 Rz 11; Rummel, Gutgläubiger Erwerb von Retentionsrechten?, JBl 1977, 521, 527. Krejci, HR1 292; Schuhmacher in Straube, HGB I § 369 Rz 9: Inhaber- und Orderpapiere. Kein Zurückbehaltungsrecht besteht an Beweis- und Legitimationsurkunden, da eine Zurückbehaltung dieser Urkunden die Befriedigung des Zurückbehaltungsgegners nicht wirklich hindert: Jabornegg, Zurückbehaltungsrecht und Einrede des nicht erfüllten Vertrages (1982) 215; Kerschner in Jabornegg, HGB § 369 Rz 14. In BVR1 II Rz 4/226. – Vgl etwa Klang in Klang II 546. OGH in SZ 59/84. Vgl Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 470. Apathy in Schwimann, ABGB § 1024 Rz 5; Gamerith in Buchegger, InsolvenzR I § 26 KO Rz 4; Stanzl in Klang IV/1, 876; Strasser in Rummel, ABGB3 §§ 1020 – 1026
Insolvenz eines Beteiligten am Akkreditivgeschäft
157
Vom Begünstigten vorgelegte Dokumente gehören nicht zum Vermögen der eröffnenden Bank, so dass der Akkreditivauftraggeber ein Aussonderungsrecht hat879. Die Bank „erwirbt“ die Dokumente nicht für den Auftraggeber, sondern übernimmt sie zur Weiterleitung880. Daher hat der Auftraggeber nicht etwa einen bloßen Verschaffungsanspruch, der kein Aussonderungsrecht begründen würde, sondern einen zur Aussonderung berechtigenden schuldrechtlichen Herausgabeanspruch881. Eine an die eröffnende Bank etwa erfolgte Übereignung, die nur Sicherungscharakter hat882, steht einer Aussonderung grundsätzlich nicht entgegen; die Bank kann aber ihre Sicherungsrechte, insbesondere ihr Zurückbehaltungsrecht (s Rz 1/227, aber auch § 44 Abs 3 KO), dem Aussonderungsanspruch entgegensetzen883. 2. Auswirkungen im Verhältnis zum Begünstigten Der Begünstigte ist im Konkurs der eröffnenden Bank Konkursgläubiger884. 1/229 Seine Ansprüche gegen die bestätigende Bank werden aber von der Eröffnung des Konkurses über die eröffnende Bank nicht berührt. Zahlt daher die bestätigende Bank, so geht der Anspruch des Begünstigten gegenüber dem Akkreditivauftraggeber (Valutaverhältnis) gemäß § 1358 ABGB auf sie über (oben Rz 1/180). Bei Akkreditiven, die Zug um Zug gegen Dokumentenvorlage zu honorieren sind, kann der Begünstigte die Rückgabe der Dokumente verlangen, wenn die eröffnende Bank nicht voll honoriert885. In diesem Fall sind die Dokumente der eröffnenden Bank zur Prüfung bis zur Honorierung anvertraut, so dass ein Aussonderungsrecht des Begünstigten gegeben ist. Ist das Akkreditiv vor Konkurseröffnung durch Gutschrift auf ein Konto des Begünstigten bei der eröffnenden Bank noch honoriert worden, so wird der Begünstigte hinsichtlich dieses Betrags durch Konkurseröffnung zum Konkursgläubiger. An den Akkreditivauftraggeber kann er sich dann nicht mehr halten, denn im Umfang der Honorierung wurde auch seine Forderung aus dem Grundgeschäft beglichen. Das Risiko eines nachfolgenden Konkurses trägt ausschließlich der Begünstigte886.
879 880 881
882 883 884
885 886
Rz 30; anders jedoch Bartsch/Pollak, KO I § 26 Anm 10 f; Ehrenzweig II/1, 563; Gschnitzer, SR BT 273; Hämmerle/Wünsch, HR III 275; Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht5 (1996) 56; Iro in BVR1 II Rz 7/168; Weber-Wilfert/ Widhalm-Budak in Konecny/Schubert, InsolvenzG § 26 KO Rz 6. Canaris, BVR3 Rz 1083. Avancini in BVR1 II Rz 4/227. Zur unterschiedlichen Behandlung von Verschaffungs- und Herausgabeansprüchen im Hinblick auf ein Aussonderungsrecht s Holzhammer, Insolvenzrecht5, 59. Vgl Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/509. Vgl nur Bartsch/Pollak, KO I § 44 Anm 11 und II § 21 Anm 46. Avancini in BVR1 II Rz 4/228 f: kein Rücktrittsrecht des Masseverwalters nach § 21 KO; Canaris, BVR3 Rz 1084; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 472. – Zur Unterbrechung des Verfahrens (Aufhebung einer einstweiligen Verfügung) wegen Konkurseröffnung (§ 7 Abs 1 KO) s OGH 8 Ob 580/93 in ÖBA 1994, 567. Vgl Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 472. Avancini in BVR1 II Rz 4/228.
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Das Dokumentenakkreditiv
C. Insolvenz des Begünstigten 1. Auswirkungen im Verhältnis zum Akkreditivauftraggeber 1/230
Handelt es sich beim Grundgeschäft um einen zweiseitigen Vertrag, der zur Zeit der Konkurs- bzw Ausgleichseröffnung noch von keinem Teil vollständig erfüllt worden war, so kann der Masseverwalter bzw der Ausgleichsschuldner vom Vertrag zurücktreten (§ 21 KO bzw § 20b AO; vgl Rz 1/223). Erfüllt ist der Vertrag frühestens, wenn die Bank das Akkreditiv gegen Vorlage der Dokumente honoriert hat887. Wird am Vertrag festgehalten, so muss auch die vorgesehene Abwicklung des Akkreditivs eingehalten werden: Eine etwa noch nicht erfolgte Akkreditiveröffnung ist vom Vertragspartner zu veranlassen; auf der anderen Seite ist ein vertragsgemäß eröffnetes Akkreditiv durch Dokumentenvorlage in Anspruch zu nehmen. 2. Auswirkungen im Verhältnis zur eröffnenden Bank
1/231
Wird der Begünstigte vor Akkreditiveröffnung insolvent, so hat die eröffnende Bank, die davon Kenntnis erlangt, den Auftraggeber zu informieren, um ihn entscheiden zu lassen, ob er vom Vertrag mit dem Begünstigten (samt Akkreditivklausel) zurücktritt (§ 918 ABGB)888. Die bereits begründete Akkreditivverpflichtung der eröffnenden Bank wird durch einen Konkurs oder Ausgleich des Begünstigten an sich nicht berührt. Kommt es im Grundgeschäft zu keinem Rücktritt, so ist die vorgesehene Abwicklung über das Akkreditiv weiterhin einzuhalten. Die Akkreditivdokumente sind nunmehr aber durch den Masseverwalter vorzulegen, der hierzu auch akkreditivrechtlich legitimiert ist. Soweit Dokumente vom Begünstigten auszustellen sind, hat ab Konkurseröffnung der Masseverwalter sie auszustellen; dies beeinträchtigt die formelle Akkreditivgerechtheit der Dokumente nicht889.
1/232
Eine nach Konkurseröffnung noch vom Gemeinschuldner vorgenommene Dokumentenvorlage ist den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam (§ 3 Abs 1 KO). Soweit die Masse durch eine nachfolgende Honorierung des Akkreditivs bereichert ist, ist der erhaltene Betrag zurückzustellen (§ 3 Abs 1 Satz 2 KO). Dieser Rückstellungsanspruch der eröffnenden Bank ist eine Masseforderung gemäß § 46 Abs 1 Z 6 KO. Eine Dokumentenvorlage des Gemeinschuldners kann vom Masseverwalter nachträglich genehmigt und damit saniert werden890. Da die Unwirksamkeit nur gegenüber den Konkursgläubigern bestanden hat, nicht aber auch gegenüber der eröffnenden Bank, wird eine Genehmigung durch den Masseverwalter auch noch nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Akkreditivs zulässig sein891. 887 888 889 890 891
Canaris, BVR3 Rz 1080; Schlegelberger/Hefermehl Rz 258. Avancini in BVR1 II Rz 4/234; Nielsen in BankR-HB § 120 Rz 471. Avancini in BVR1 II Rz 4/231; Nielsen, Akkreditivgeschäft 183. Buchegger in Buchegger, InsolvenzR I § 3 KO Rz 31. Avancini in BVR1 II Rz 4/232.
Insolvenz eines Beteiligten am Akkreditivgeschäft
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Hat der Begünstigte vor Konkurseröffnung die Dokumente vorgelegt, wird 1/233 das Akkreditiv aber erst nach Konkurseröffnung noch durch Leistung an ihn persönlich honoriert, so wird die eröffnende Bank von ihrer Verpflichtung nur dann befreit, wenn sie zur Zeit der Leistung in schuldloser Unkenntnis der Konkurseröffnung war oder die Leistung im Endergebnis doch noch in die Masse gelangt (§ 3 Abs 2 KO). D. Konkurs der Zweitbank 1. Avisierende Bank Mit Konkurseröffnung erlischt nach § 1024 ABGB das Auftragsverhältnis 1/234 zur eröffnenden Bank (vgl Rz 1/228). Soll die in Konkurs verfallene Zweitbank das Akkreditiv dennoch avisieren, müsste der Auftrag von der eröffnenden Bank erneuert und vom Masseverwalter der Zweitbank angenommen werden. Unterbleibt infolge des Konkurses der Zweitbank die fristgerechte Akkreditiveröffnung, so haftet der Akkreditivauftraggeber dem Begünstigten nicht für Schadenersatz (s Rz 1/50). 2. Benannte Bank Auch hier liegt ein Auftragsverhältnis zur eröffnenden Bank vor, das durch 1/235 den Konkurs der Zweitbank erlischt (s Rz 1/234). Im Verhältnis zum Begünstigten erlischt nach § 1024 ABGB mit der Konkurs- 1/236 eröffnung die Befugnis der Zweitbank zur Entgegennahme der Akkreditivdokumente. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Zweitbank Empfangsvollmacht hatte oder zur Empfangsbotin bestellt war. Der Grund für das Erlöschen der Vollmacht liegt darin, dass das Gesetz den Konkursanten nicht mehr für verlässlich hält. Unter diesem Gesichtspunkt ist er aber ebenso wenig geeignet, für den Geschäftsherrn weiter als Bote zu agieren, so dass der Konkurs entsprechend § 1024 ABGB die Zweitbank auch einer Botinnenstellung enthebt. Der gutgläubige Begünstigte wird aber nach § 1026 ABGB geschützt: Wenn er in entschuldbarer Unkenntnis der Konkurseröffnung die Akkreditivdokumente noch bei der benannten Bank vorgelegt hat, ist die Dokumentenvorlage wirksam. Für die Frage der Gutgläubigkeit wird es auf jenen Zeitpunkt ankommen, ab dem der Begünstigte keinen Einfluss auf den Weg der Dokumente zur Zweitbank mehr nehmen kann, sie also nicht mehr auf die eröffnende Bank umleiten kann. Dies wird bei einer Übermittlung der Dokumente etwa auf dem Postwege die Postaufgabe sein. Aus der rechtsgeschäftlichen Beziehung zum Begünstigten ergibt sich die 1/237 Verpflichtung der eröffnenden Bank, ihn umgehend darüber zu informieren, dass die benannte Bank nicht mehr zur Entgegennahme der Dokumente befugt ist. Zudem hat die eröffnende Bank nach Möglichkeit eine andere
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Das Dokumentenakkreditiv
Zahlstellenbank zu benennen. Die eröffnende Bank hat den Begünstigten vor einer unwirksamen Dokumentenvorlage bei der (bisherigen) benannten Bank zu warnen, um ihn vor einem Schaden zu bewahren, der ihm daraus entsteht, dass er die Akkreditivdokumente nicht mehr rechtzeitig direkt der eröffnenden Bank vorlegen kann, das Akkreditiv somit verfällt, und seine Forderung aus dem Grundgeschäft auch anderweitig nicht einbringlich ist. In diesem Fall muss freilich auch dem Begünstigten ein Verschulden anzulasten sein, weil nur dann die noch bei der benannten Bank vorgenommene Dokumentenvorlage für die eröffnende Bank nicht bindend wäre. Ein Schaden wäre daher gemäß § 1304 ABGB zwischen eröffnender Bank und Begünstigtem zu teilen. 1/238
Nach Konkurseröffnung kann es zwar wegen des oben dargelegten Gutglaubensschutzes noch zu einer wirksamen Dokumentenvorlage bei der benannten Bank kommen, da aber im Übrigen deren Befugnis, für die eröffnende Bank zu handeln, gemäß § 1024 ABGB erloschen ist, hat die benannte Bank weder das Recht noch die Pflicht, eine mangelhafte Dokumentenvorlage gegenüber dem Begünstigten zu rügen. Die Dokumentenprüfung erfolgt erst durch die eröffnende Bank, die dann auch die Rügeobliegenheit selbst wahrzunehmen hat. Die dazu offen stehende Frist beginnt nach Avancini 892 erst mit dem Einlangen der Dokumente bei der eröffnenden Bank, sofern sie von der benannten Bank – unter Tolerierung einer gewissen Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs durch einen Konkurs – doch alsbald an die eröffnende Bank weitergeleitet wurden. Grundsätzlich ist es aber Sache der eröffnenden Bank, sich darum zu kümmern, dass sie zu ihren Akkreditiven noch bei der benannten Bank eingegangene Dokumente erhält. Verzögert sich die Weiterleitung bei der benannten Bank über Gebühr, so verlängert sich hierdurch die Rügefrist für die eröffnende Bank nicht, denn die Verzögerung ist ihr zuzurechnen, da die Dokumente mit der Vorlage in ihre Sphäre eingetreten sind893.
1/239
Fällt die benannte Bank wegen des Konkurses als Dokumentenvorlagestelle aus, so muss sich der Begünstigte direkt an die eröffnende Bank (oder eine andere benannte Bank) wenden. Langen die Dokumente erst nach dem Ablaufdatum des Akkreditivs bei der eröffnenden Bank ein, so ist dies entsprechend Art 29 lit a ERA 600 unschädlich, wenn die Verspätung nur darauf zurückzuführen ist, dass die Dokumente bis zu ihr länger unterwegs waren, als es bei einer (nicht mehr zulässigen) Vorlage bei der benannten Bank der Fall gewesen wäre894. Zu prüfen ist also, ob die Dokumentensendung, wäre sie zur selben Zeit an die benannte Bank abgegangen, diese noch innerhalb der Akkreditivlaufzeit erreicht hätte. Alle diese Probleme stellen sich nicht, wenn die eröffnende Bank nach Konkurseröffnung die benannte Bank mit Einverständnis des Masseverwal892 893 894
In BVR1 II Rz 4/239. Avancini in BVR1 II Rz 4/239. Avancini in BVR1 II Rz 4/240.
Anhang: ERA 600
161
ters neuerlich (oder eine andere benannte Bank) als Dokumentenvorlagestelle einsetzt. 3. Bestätigende Bank Ein noch nicht ausgeführter Auftrag zur Bestätigung erlischt durch die Kon- 1/240 kurseröffnung (§ 1024 ABGB KO; vgl Rz 1/128). Der Begünstigte ist im Konkurs der bestätigenden Bank Konkursgläubiger (vgl Rz 1/229).
X. Anhang: ERA 600895 Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive, Revision 2007 Die ERA 600 finden Anwendung ab 1. Juli 2007. Artikel 1 Anwendbarkeit der ERA Die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive, Revision 2007, ICC-Publikation Nr. 600 („ERA“), sind Regeln, die für jedes Dokumenten-Akkreditiv („Akkreditiv“) gelten (einschließlich, soweit anwendbar, für jeden Standby Letter of Credit), wenn der Wortlaut des Akkreditivs ausdrücklich besagt, dass es diesen Regeln unterliegt. Sie sind für alle Beteiligten bindend, soweit sie im Akkreditiv nicht ausdrücklich geändert oder ausgeschlossen sind. Artikel 2 Definitionen Im Sinne dieser Regeln bedeutet: avisierende Bank die Bank, die das Akkreditiv im Auftrag der eröffnenden Bank avisiert; Auftraggeber die Partei, in deren Auftrag das Akkreditiv eröffnet wurde; Bankarbeitstag ein Tag, an dem eine Bank an dem Ort, an dem eine Handlung unter diesen Regeln auszuführen ist, üblicherweise geöffnet ist; Begünstigter die Partei, zu deren Gunsten das Akkreditiv eröffnet ist; konforme Dokumentenvorlage eine Dokumentenvorlage in Übereinstimmung mit den Akkreditiv-Bedingungen, den anwendbaren Bestimmungen dieser Regeln und dem Standard internationaler Bankpraxis; Bestätigung eine feststehende Verpflichtung der bestätigenden Bank, zusätzlich zu derjenigen der eröffnenden Bank, eine konforme Dokumentenvorlage zu honorieren oder negoziieren; bestätigende Bank die Bank, die einem Akkreditiv aufgrund Ermächtigung oder im Auftrag der eröffnenden Bank ihre Bestätigung hinzufügt; Akkreditiv jede wie auch immer benannte oder bezeichnete Vereinbarung, die unwiderruflich ist und dadurch eine feststehende Verpflichtung der eröffnenden Bank begründet, eine konforme Dokumentenvorlage zu honorieren; 895
Abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der ICC Austria.
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Das Dokumentenakkreditiv
Honorieren a. bei Sicht zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch Sichtzahlung benutzbar ist, b. eine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung zu übernehmen und bei Fälligkeit zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch hinausgeschobene Zahlung benutzbar ist, c. einen vom Begünstigten gezogenen Wechsel („Tratte“) zu akzeptieren und diesen bei Fälligkeit zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch Akzeptleistung benutzbar ist; eröffnende Bank die Bank, die ein Akkreditiv im Auftrag des Auftraggebers oder in eigenem Interesse eröffnet; Negoziierung der Ankauf von Tratten (die auf eine andere Bank als die benannte Bank gezogen sind) und/oder von Dokumenten aus einer konformen Dokumentenvorlage durch die benannte Bank unter Vorleistung oder Übernahme einer Verpflichtung zur Vorleistung von Geldmitteln an den Begünstigten vor oder an dem Bankarbeitstag, an dem der Rembours an die benannte Bank fällig ist; benannte Bank die Bank, bei der das Akkreditiv benutzbar gestellt ist, oder im Fall eines Akkreditivs, das bei jeder Bank benutzbar gestellt ist, jede Bank. Dokumentenvorlage entweder die Vorlage der Dokumente unter einem Akkreditiv bei der eröffnenden Bank oder der benannten Bank oder die vorgelegten Dokumente selbst; Einreicher ein Begünstigter, eine Bank oder ein Dritter, der eine Dokumentenvorlage tätigt. Artikel 3 Auslegungen Im Sinne dieser Regeln gilt: Wo immer anwendbar, schließen Worte im Singular den Plural ein, und Worte im Plural schließen den Singular ein. Ein Akkreditiv ist selbst dann unwiderruflich, wenn es keine dementsprechende Angabe enthält. Ein Dokument kann handschriftlich, durch Faksimile-Unterschrift, perforierte Unterschrift, Stempel, Symbol oder durch irgendeine andere mechanische oder elektronische Authentisierungsmethode unterzeichnet sein. Eine Bedingung, wonach ein Dokument legalisiert, mit einem Sichtvermerk versehen, beglaubigt sein muss oder ähnliches, gilt als erfüllt durch irgendeine Unterschrift, ein Zeichen, einen Stempel oder Aufkleber auf dem Dokument, wodurch diese Bedingung erfüllt zu sein scheint. Filialen einer Bank in unterschiedlichen Ländern gelten als separate Banken. Begriffe wie „erstklassig“, „gut bekannt“, „qualifiziert“, „unabhängig“, „offiziell“, „kompetent“ oder „örtlich“, die zur Beschreibung eines Ausstellers eines Dokuments verwendet werden, lassen jeden Aussteller mit Ausnahme des Begünstigten für die Ausstellung dieses Dokuments zu. Worte wie „prompt“, „unverzüglich“ oder „baldmöglichst“ werden nicht beachtet, soweit nicht gefordert ist, dass sie in einem Dokument zu verwenden sind. Der Begriff „am oder um den“ oder ähnliche Begriffe werden als eine Bestimmung ausgelegt, wonach ein Ereignis innerhalb eines Zeitraums von fünf Kalendertagen vor bis fünf Kalendertagen nach dem angegebenen Datum eintreten muss, wobei der erste und letzte Tag eingeschlossen sind. Die Worte „bis“, „bis zum“, „ab“ und „zwischen“ schließen, wenn sie zur Bestimmung einer Verladefrist verwendet werden, das angegebene Datum oder die angegebenen Daten ein, und die Worte „vor“ und „nach“ schließen das angegebene Datum aus. Die Worte „ab“ und „nach“ schließen, wenn sie zur Bestimmung eines Fälligkeitsdatums verwendet werden, das angegebene Datum aus.
Anhang: ERA 600
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Die Begriffe „erste Hälfte“ und „zweite Hälfte“ eines Monats bedeuten „1. bis 15. einschließlich“ bzw. „16. bis letzter Tag des Monats einschließlich“. Die Begriffe „Anfang“, „Mitte“ oder „Ende“ eines Monats bedeuten „1. bis 10. einschließlich“, „11. bis 20. einschließlich“ bzw. „21. bis letzter Tag des Monats einschließlich“. Artikel 4 Akkreditive im Verhältnis zu Verträgen a. Ein Akkreditiv ist seiner Natur nach ein von dem Kauf- oder anderen Vertrag, auf dem es möglicherweise beruht, getrenntes Geschäft. Banken haben in keiner Hinsicht etwas mit einem solchen Vertrag zu tun und sind durch ihn auch nicht gebunden, selbst wenn im Akkreditiv irgendein Bezug darauf enthalten ist. Folglich ist die Verpflichtung einer Bank zu honorieren, negoziieren oder irgendeine andere Verpflichtung unter dem Akkreditiv zu erfüllen, nicht abhängig von Ansprüchen oder Einreden des Auftraggebers, die sich aus seinen Beziehungen zur eröffnenden Bank oder zum Begünstigten ergeben. Ein Begünstigter kann sich keinesfalls auf die vertraglichen Beziehungen berufen, die zwischen den Banken oder zwischen dem Auftraggeber und der eröffnenden Bank bestehen. b. Eine eröffnende Bank sollte jedem Versuch des Auftraggebers, Kopien des zugrunde liegenden Vertrags, Proforma-Rechnung und Ähnliches als integralen Bestandteil des Akkreditivs aufzunehmen, entgegentreten. Artikel 5 Dokumente im Verhältnis zu Waren, Dienstleistungen oder Leistungen Banken befassen sich mit Dokumenten und nicht mit Waren, Dienstleistungen oder Leistungen, auf die sich die Dokumente möglicherweise beziehen. Artikel 6 Benutzbarkeit, Verfalldatum und Ort für die Dokumentenvorlage a. Ein Akkreditiv muss die Bank angeben, bei der es benutzbar ist, oder, ob es bei jeder Bank benutzbar ist. Ein bei einer benannten Bank benutzbares Akkreditiv ist auch bei der eröffnenden Bank benutzbar. b. Ein Akkreditiv muss angeben, ob es durch Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung, Akzeptleistung oder Negoziierung benutzbar ist. c. Ein Akkreditiv darf nicht durch eine Tratte gezogen auf den Auftraggeber benutzbar gestellt sein. d. i. Ein Akkreditiv muss ein Verfalldatum für die Dokumentenvorlage angeben. Ein für die Honorierung oder Negoziierung angegebenes Verfalldatum gilt als Verfalldatum für die Dokumentenvorlage. ii. Der Ort der Bank, bei der das Akkreditiv benutzbar ist, ist der Ort für die Dokumentenvorlage. Der Ort für die Dokumentenvorlage unter einem bei jeder Bank benutzbaren Akkreditiv ist der Ort jeder Bank. Ein Ort für die Dokumentenvorlage, der vom Ort der eröffnenden Bank abweicht, gilt zusätzlich zum Ort der eröffnenden Bank. e. Vorbehaltlich der Bestimmung von Artikel 29 (a) muss eine Dokumentenvorlage durch oder für den Begünstigten am oder vor dem Verfalldatum erfolgen.
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Das Dokumentenakkreditiv
Artikel 7 Verpflichtung der eröffnenden Bank a. Werden die vorgeschriebenen Dokumente der benannten Bank oder der eröffnenden Bank vorgelegt und stellen eine konforme Dokumentenvorlage dar, muss die eröffnende Bank honorieren, wenn das Akkreditiv benutzbar ist durch: i. Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung oder Akzeptleistung bei der eröffnenden Bank; ii. Sichtzahlung bei einer benannten Bank und diese benannte Bank nicht zahlt; iii. hinausgeschobene Zahlung bei einer benannten Bank und diese benannte Bank keine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernimmt oder, falls sie eine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernommen hat, bei Fälligkeit nicht zahlt; iv. Akzeptleistung bei der benannten Bank und diese benannte Bank eine auf sie gezogene Tratte nicht akzeptiert oder, nachdem sie die Tratte akzeptiert hat, bei Fälligkeit nicht zahlt; v. Negoziierung bei einer benannten Bank und diese benannte Bank nicht negoziiert. b. Eine eröffnende Bank ist ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Akkreditivs unwiderruflich zur Honorierung verpflichtet. c. Eine eröffnende Bank verpflichtet sich, die benannte Bank, die eine konforme Dokumentenvorlage honoriert oder negoziiert und die Dokumente an die eröffnende Bank versandt hat, zu remboursieren. Rembours in Höhe des Betrags der konformen Dokumentenvorlage unter einem Akkreditiv, das durch Akzeptleistung oder hinausgeschobene Zahlung benutzbar ist, ist bei Fälligkeit zu leisten, unabhängig davon, ob die benannte Bank vor Fälligkeit gezahlt oder angekauft hat. Die Verpflichtung der eröffnenden Bank, die benannte Bank zu remboursieren, ist unabhängig von der Verpflichtung der eröffnenden Bank gegenüber dem Begünstigten. Artikel 8 Verpflichtung der bestätigenden Bank a. Werden die vorgeschriebenen Dokumente der bestätigenden Bank oder einer anderen benannten Bank vorgelegt und stellen eine konforme Dokumentenvorlage dar, muss die bestätigende Bank: i. honorieren, wenn das Akkreditiv benutzbar ist durch a) Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung oder Akzeptleistung bei der bestätigenden Bank; b) Sichtzahlung bei einer anderen benannten Bank, und diese benannte Bank nicht zahlt; c) hinausgeschobene Zahlung bei einer anderen benannten Bank und diese benannte Bank keine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernimmt oder, falls sie eine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernommen hat, bei Fälligkeit nicht zahlt; d) Akzeptleistung bei einer anderen benannten Bank und diese benannte Bank eine auf sie gezogene Tratte nicht akzeptiert oder, nachdem sie die Tratte akzeptiert hat, bei Fälligkeit nicht zahlt; e) Negoziierung bei einer anderen benannten Bank und diese benannte Bank nicht negoziiert. ii. ohne Regress negoziieren, wenn das Akkreditiv durch Negoziierung bei der bestätigenden Bank benutzbar ist. b. Eine bestätigende Bank ist ab dem Zeitpunkt der Hinzufügung ihrer Bestätigung zu dem Akkreditiv unwiderruflich zur Honorierung oder Negoziierung verpflichtet.
Anhang: ERA 600
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c. Eine bestätigende Bank verpflichtet sich, eine andere benannte Bank, die eine konforme Dokumentenvorlage honoriert oder negoziiert und die Dokumente an die bestätigende Bank versandt hat, zu remboursieren. Rembours in Höhe des Betrags der konformen Dokumentenvorlage unter einem Akkreditiv, das durch Akzeptleistung oder hinausgeschobene Zahlung benutzbar ist, ist bei Fälligkeit zu leisten, unabhängig davon, ob die benannte Bank diesen Betrag vor Fälligkeit gezahlt oder angekauft hat. Die Verpflichtung einer bestätigenden Bank, eine andere benannte Bank zu remboursieren, ist unabhängig von der Verpflichtung der bestätigenden Bank gegenüber dem Begünstigten. d. Wenn eine Bank von der eröffnenden Bank ermächtigt oder beauftragt ist, ein Akkreditiv zu bestätigen, hierzu aber nicht bereit ist, muss sie die eröffnende Bank unverzüglich davon unterrichten und kann das Akkreditiv ohne Bestätigung avisieren. Artikel 9 Avisierung von Akkreditiven und Änderungen a. Ein Akkreditiv und jegliche Änderung kann dem Begünstigten durch eine avisierende Bank avisiert werden. Eine avisierende Bank, die nicht bestätigende Bank ist, avisiert das Akkreditiv und jegliche Änderungen, ohne irgendeine Verpflichtung zu honorieren oder zu negoziieren. b. Durch die Avisierung des Akkreditivs oder der Änderung gibt die avisierende Bank zu erkennen, dass sie sich der augenscheinlichen Echtheit des Akkreditivs oder der Änderung vergewissert hat und dass das Avis die Bedingungen des ihr zugegangenen Akkreditivs oder der ihr zugegangenen Änderung genau wieder gibt. c. Eine avisierende Bank kann sich einer anderen Bank („zweite avisierende Bank“) zur Avisierung des Akkreditivs und jeglicher Änderung an den Begünstigten bedienen. Durch die Avisierung des Akkreditivs oder der Änderung gibt die zweite avisierende Bank zu erkennen, dass sie sich der augenscheinlichen Echtheit des bei ihr eingegangenen Avises vergewissert hat und dass ihr Avis die Bedingungen des ihr zugegangenen Akkreditivs oder der ihr zugegangenen Änderungen genau wieder gibt. d. Eine Bank, die sich der Dienste einer avisierenden oder zweiten avisierenden Bank zur Avisierung eines Akkreditivs bedient, muss dieselbe Bank zur Avisierung von jeder Änderung dazu benutzen. e. Wenn sich eine Bank, die mit der Avisierung eines Akkreditivs oder einer Änderung beauftragt ist, entschließt, dies nicht zu tun, muss sie darüber unverzüglich die Bank unterrichten, von der sie das Akkreditiv, die Änderung oder das Avis erhalten hat. f. Wenn eine Bank mit der Avisierung eines Akkreditivs oder einer Änderung beauftragt ist, sich jedoch nicht der augenscheinlichen Echtheit des Akkreditivs, der Änderung oder des Avises vergewissern kann, muss sie unverzüglich die Bank, von der sie den Auftrag erhalten zu haben scheint, davon unterrichten. Wenn die avisierende oder zweite avisierende Bank sich dennoch zur Avisierung des Akkreditivs oder der Änderung entschließt, muss sie den Begünstigten oder die zweite avisierende Bank davon unterrichten, dass sie sich nicht der augenscheinlichen Echtheit des Akkreditivs oder der Änderung oder des Avises vergewissern konnte. Artikel 10 Änderungen a. Soweit Artikel 38 nichts anderes vorsieht, kann ein Akkreditiv ohne die Zustimmung der eröffnenden Bank, der möglicherweise vorhandenen bestätigenden Bank und des Begünstigten weder geändert noch annulliert werden.
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Das Dokumentenakkreditiv
b. Eine eröffnende Bank ist ab dem Zeitpunkt der Erstellung einer Änderung unwiderruflich an die Änderung gebunden. Eine bestätigende Bank kann ihre Bestätigung auf eine Änderung erstrecken und ist ab dem Zeitpunkt ihrer Avisierung der Änderung unwiderruflich verpflichtet. Eine bestätigende Bank kann jedoch dem Begünstigten eine Änderung auch avisieren, ohne ihre Bestätigung darauf zu erstrecken, und muss dann die eröffnende Bank unverzüglich und den Begünstigten in ihrer Avisierung unterrichten. c. Die Bedingungen des ursprünglichen Akkreditivs (oder eines Akkreditivs mit zuvor angenommenen Änderungen) bleiben für den Begünstigten in Kraft, bis der Begünstigte seine Annahme der Änderung der Bank mitteilt, die ihm die Änderung avisiert hat. Der Begünstigte sollte mitteilen, ob er eine Änderung annimmt oder ablehnt. Wenn der Begünstigte diese Mitteilung unterlässt, gilt die Dokumentenvorlage, die dem Akkreditiv und jeglicher noch nicht angenommener Änderung entspricht, als Mitteilung der Annahme der Änderung durch den Begünstigten. Ab diesem Zeitpunkt ist das Akkreditiv geändert. d. Eine Bank, die eine Änderung avisiert, sollte die Bank, von der sie die Änderung erhalten hat, von jeglicher Mitteilung über die Annahme oder Ablehnung informieren. e. Eine teilweise Annahme einer Änderung ist nicht erlaubt und gilt als Mitteilung über die Ablehnung der Änderung. f. Eine Bestimmung in einer Änderung des Inhalts, dass die Änderung wirksam werden soll, sofern der Begünstigte sie nicht binnen einer bestimmten Frist ablehnt, wird nicht beachtet. Artikel 11 Akkreditive und Änderungen per Telekommunikation und Voravis a. Eine authentisierte Telekommunikation eines Akkreditivs oder einer Änderung gilt als das operative Akkreditiv oder als die operative Änderungsmitteilung; eine darauf folgende briefliche Bestätigung wird nicht beachtet. Wenn eine Telekommunikation den Hinweis „vollständige Einzelheiten folgen“ (oder Worte ähnlicher Bedeutung) enthält oder angibt, dass die briefliche Bestätigung das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung sein soll, dann wird die Telekommunikation nicht als das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung angesehen. Die eröffnende Bank muss dann unverzüglich das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung erstellen mit Bedingungen, die der Telekommunikation nicht widersprechen. b. Eine Voranzeige („Voravis“) über die Eröffnung oder Änderung eines Akkreditivs soll nur versendet werden, wenn die eröffnende Bank bereit ist, das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung zu erstellen. Die eröffnende Bank, die ein Voravis versendet, ist unwiderruflich verpflichtet, das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung unverzüglich, mit Bedingungen, die dem Voravis nicht widersprechen, zu erstellen. Artikel 12 Nominierung a. Sofern die benannte Bank nicht die bestätigende Bank ist, begründet die Ermächtigung zu honorieren oder zu negoziieren, keine Verpflichtung der benannten Bank zur Honorierung oder Negoziierung, es sei denn, die benannte Bank hat diese ausdrücklich übernommen und dies dem Begünstigten mitgeteilt.
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b. Durch die Benennung einer Bank zur Akzeptierung einer Tratte oder zur Übernahme einer Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung ermächtigt die eröffnende Bank diese benannte Bank, ihr Akzept oder ihre eingegangene Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung im Voraus zu zahlen oder anzukaufen. c. Erhalt oder Prüfung und Weiterleitung von Dokumenten durch eine benannte Bank, die keine bestätigende Bank ist, verpflichtet die benannte Bank nicht zur Honorierung oder Negoziierung, stellt aber auch keine Honorierung oder Negoziierung dar. Artikel 13 Bank-zu-Bank Remboursvereinbarungen a. Wenn ein Akkreditiv bestimmt, dass Rembours seitens der nominierten Bank („Rembours beanspruchende Bank“) durch Anforderung bei einer anderen Partei („Remboursbank“) erlangt werden soll, muss das Akkreditiv angeben, ob der Rembours den ICC-Regeln für Bank-zu-Bank Rembourse unterliegen soll, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Akkreditivs in Kraft sind. b. Wenn ein Akkreditiv nicht angibt, dass der Rembours den ICC-Regeln für Bank-zuBank Rembourse unterliegt, gilt Folgendes: i. Eine eröffnende Bank muss der Remboursbank eine Remboursermächtigung erteilen, die mit der Benutzbarkeit des Akkreditivs in Einklang steht. Die Remboursermächtigung sollte kein Verfalldatum tragen. ii. Von einer Rembours beanspruchenden Bank soll nicht verlangt werden, der Remboursbank eine Bestätigung über die Erfüllung der Akkreditiv-Bedingungen zu übermitteln. iii. Eine eröffnende Bank haftet für jeglichen Zinsverlust sowie jegliche Auslagen, wenn der Rembours von der Remboursbank nicht auf erstes Anfordern gemäß den Akkreditiv-Bedingungen geleistet wird. iv. Die Spesen der Remboursbank gehen zu Lasten der eröffnenden Bank. Wenn jedoch die Spesen zu Lasten des Begünstigten gehen, liegt es in der Verantwortung der eröffnenden Bank, einen entsprechenden Hinweis in das Akkreditiv und die Remboursermächtigung aufzunehmen. Wenn die Spesen der Remboursbank zu Lasten des Begünstigten gehen, müssen sie bei Leistung des Rembourses von dem an die Rembours beanspruchende Bank zu zahlenden Betrag abgezogen werden. Wenn kein Rembours geleistet wird, bleibt die eröffnende Bank für die Spesen der Remboursbank haftbar. c. Eine eröffnende Bank wird von ihren Verpflichtungen zur Remboursleistung nicht befreit, wenn die Remboursbank nicht auf erstes Anfordern Rembours leistet. Artikel 14 Grundsatz der Dokumentenprüfung a. Eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank und die eröffnende Bank müssen die Dokumentenvorlage prüfen, um allein aufgrund der Dokumente zu entscheiden, ob die Dokumente ihrer äußeren Aufmachung nach eine konforme Dokumentenvorlage zu bilden scheinen. b. Eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank und die eröffnende Bank haben jeweils maximal fünf Bankarbeitstage nach dem Tag der Dokumentenvorlage um zu entscheiden, ob
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c.
d.
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g. h.
i. j.
k. l.
Das Dokumentenakkreditiv
eine Dokumentenvorlage konform ist. Dieser Zeitraum wird nicht verkürzt oder anderweitig beeinflusst von einem Verfalldatum oder letzten Tag für die Dokumentenvorlage an oder nach dem Tag der tatsächlichen Dokumentenvorlage. Eine Dokumentenvorlage, die ein oder mehrere Original-Transportdokumente gemäß Artikeln 19, 20, 21, 22, 23, 24 oder 25 mit einschließt, muss von dem oder für den Begünstigten nicht später als 21 Kalendertage nach dem gemäß diesen Regeln bestimmten Verladedatum, aber in jedem Fall nicht später als an dem Verfalldatum des Akkreditivs vorgelegt werden. Angaben in einem Dokument, im Zusammenhang mit dem Akkreditiv, dem Dokument selbst und dem Standard internationaler Bankpraxis gelesen, müssen nicht identisch sein mit Angaben in diesem Dokument, irgendeinem anderen vorgeschriebenen Dokument oder dem Akkreditiv, dürfen damit aber auch nicht im Widerspruch stehen. In anderen Dokumenten als der Handelsrechnung kann die Beschreibung der Waren, Dienstleistungen oder Leistungen, soweit angegeben, in allgemeinen Begriffen gehalten sein, die nicht im Widerspruch zu ihrer Beschreibung im Akkreditiv stehen. Wenn ein Akkreditiv die Vorlage eines anderen Dokuments als ein Transportdokument, Versicherungsdokument oder eine Handelsrechnung verlangt, ohne den Aussteller des Dokuments oder dessen Inhaltsmerkmale zu bestimmen, nehmen Banken das Dokument so an, wie es vorgelegt wird, wenn sein Inhalt die Funktion des verlangten Dokuments zu erfüllen scheint und im übrigen Artikel 14 (d) entspricht. Ein vorgelegtes Dokument, das in dem Akkreditiv nicht verlangt ist, wird nicht beachtet und kann dem Einreicher zurückgegeben werden. Wenn ein Akkreditiv eine Bedingung enthält, ohne das zum Erfüllungsnachweis vorzulegende Dokument anzugeben, betrachten die Banken eine solche Bedingung als nicht angegeben und werden sie nicht beachten. Ein Dokument kann vor dem Ausstellungsdatum des Akkreditivs datiert sein, darf aber nicht später datiert sein als das Datum der Dokumentenvorlage. Wenn die Adressen des Begünstigten und des Auftraggebers in einem vorgeschriebenen Dokument enthalten sind, müssen sie nicht den Adressen entsprechen, die im Akkreditiv und in einem anderen vorgeschriebenen Dokument angegeben sind, müssen aber in demselben Land angesiedelt sein wie die entsprechenden im Akkreditiv erwähnten Adressen. Kontaktdaten (Telefax, Telefon, E-Mail und ähnliches), die als Teil der Adresse des Begünstigten und Auftraggebers genannt sind, werden nicht beachtet. Ist jedoch die Adresse und Kontaktdaten des Auftraggebers in einem Transportdokument gemäß Artikel 19, 20, 21, 22, 23, 24 oder 25 als Teil der Empfänger- oder „Notify-Address“-Angaben anzugeben, müssen sie den AkkreditivBedingungen entsprechen. Der Ablader oder Absender der Waren in einem Dokument muss nicht der Akkreditiv-Begünstigte sein. Ein Transportdokument kann von jeder anderen Person als dem Frachtführer, Eigentümer, Master oder Charterer ausgestellt sein, vorausgesetzt das Transportdokument erfüllt die Anforderungen der Artikel 19, 20, 21, 22, 23 oder 24 dieser Regeln.
Artikel 15 Konforme Dokumentenvorlage a. Wenn eine eröffnende Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage konform ist, muss sie honorieren.
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b. Wenn eine bestätigende Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage konform ist, muss sie honorieren oder negoziieren und die Dokumente an die eröffnende Bank senden. c. Wenn eine benannte Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage konform ist, und honoriert oder negoziiert, muss sie die Dokumente an die bestätigende Bank oder die eröffnende Bank senden. Artikel 16 Unstimmige Dokumente, Verzicht auf Geltendmachung der Unstimmigkeiten und Benachrichtigung a. Wenn eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank oder die eröffnende Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage nicht konform ist, kann sie ablehnen zu honorieren oder zu negoziieren. b. Wenn eine eröffnende Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage nicht konform ist, kann sie sich in eigenem Ermessen zwecks Verzichts auf Geltendmachung der Unstimmigkeiten („Verzicht“) an den Auftraggeber wenden. Dadurch verlängert sich jedoch nicht der in Artikel 14 (b) erwähnte Zeitraum. c. Wenn eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank oder die eröffnende Bank sich entscheidet, abzulehnen zu honorieren oder zu negoziieren, muss sie dem Einreicher eine einzige dementsprechende Mitteilung senden. Diese Mitteilung muss angeben, i. dass die Bank sich weigert zu honorieren oder zu negoziieren; und ii. jede Unstimmigkeit, wegen der sich die Bank weigert zu honorieren oder zu negoziieren; und iii. a) dass die Bank die Dokumente bis zum Erhalt weiterer Anweisungen vom Einreicher bei sich hält; oder b) dass die eröffnende Bank die Dokumente hält, bis sie einen Verzicht von dem Auftraggeber erhält und diesen annimmt oder vor ihrer Verzichtsannahme weitere Instruktionen von dem Einreicher erhält; oder c) dass die Bank die Dokumente zurücksendet; oder d) dass die Bank in Übereinstimmung mit vorher von dem Einreicher erhaltenen Weisungen handelt. d. Die in Artikel 16 (c) verlangte Mitteilung muss durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Weg nicht später als am Ende des fünften Bankarbeitstags nach dem Tag der Dokumentenvorlage erfolgen. e. Eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank oder die eröffnende Bank kann, nachdem sie die Mitteilung gemäß Artikel 16 (c) (iii) (a) oder (b) gemacht hat, die Dokumente jederzeit dem Einreicher zurücksenden. f. Wenn eine eröffnende Bank oder eine bestätigende Bank nicht gemäß den Bestimmungen dieses Artikels handelt, kann sie nicht geltend machen, dass die Dokumente nicht konform vorliegen. g. Wenn eine eröffnende Bank sich weigert zu honorieren oder eine bestätigende Bank sich weigert zu honorieren oder zu negoziieren und eine dementsprechende Mitteilung gemäß diesem Artikel gemacht hat, dann ist sie berechtigt, Rückzahlung jedes geleisteten Rembourses zuzüglich Zinsen zu verlangen.
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Das Dokumentenakkreditiv
Artikel 17 Originale und Kopien von Dokumenten a. Es ist mindestens ein Original von jedem im Akkreditiv vorgeschriebenen Dokument vorzulegen. b. Eine Bank behandelt jedes Dokument als Original, das Originalunterschriften, Zeichen, Stempel oder Aufkleber des Ausstellers des Dokuments zu tragen scheint, es sei denn, das Dokument weist aus, kein Original zu sein. c. Soweit sich aus einem Dokument nichts anderes ergibt, akzeptiert eine Bank auch ein Dokument als Original, wenn es i. vom Aussteller handschriftlich oder eigenhändig mit der Maschine geschrieben, perforiert oder gestempelt zu sein scheint; oder ii. auf dem Originalbriefpapier des Ausstellers erstellt zu sein scheint; oder iii. angibt, dass es ein Original ist, es sei denn, diese Angabe scheint sich nicht auf das vorgelegte Dokument zu beziehen. d. Wenn ein Akkreditiv die Vorlage von Kopien von Dokumenten verlangt, ist die Vorlage entweder von Originalen oder von Kopien zulässig. e. Wenn ein Akkreditiv die Vorlage von mehrfachen Exemplaren von Dokumenten durch Begriffe wie „doppelt“, „zweifach“ oder „zwei Exemplare“ verlangt, gilt dies als erfüllt, wenn mindestens ein Original und in verbleibender Anzahl Kopien vorgelegt werden, es sei denn, das Dokument gibt selbst etwas anderes an. Artikel 18 Handelsrechnung a. Eine Handelsrechnung: i. muss dem Anschein nach vom Begünstigten ausgestellt sein (vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 38); ii. muss auf den Namen des Auftraggebers lauten (vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 38 (g)); iii. muss in der Währung des Akkreditivs aufgemacht sein; und iv. braucht nicht unterzeichnet zu sein. b. Eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank oder die eröffnende Bank kann eine Handelsrechnung akzeptieren, die auf einen die Akkreditivsumme übersteigenden Betrag lautet, und ihre Entscheidung bindet alle Beteiligten, vorausgesetzt, die in Frage stehende Bank hat nicht für einen höheren Betrag honoriert oder negoziiert, als im Akkreditiv erlaubt ist. c. Die Beschreibung der Waren, Dienstleistungen oder Leistungen in der Handelsrechnung muss mit der Beschreibung im Akkreditiv übereinstimmen. Artikel 19 Transportdokument über mindestens zwei verschiedene Beförderungsarten a. Ein wie auch immer benanntes Transportdokument über mindestens zwei verschiedene Beförderungsarten (Dokument für multimodalen oder kombinierten Transport) muss dem Anschein nach: i. den Namen des Frachtführers angeben und unterzeichnet sein vom • Frachtführer oder einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer oder • Master oder einem namentlich genannten Agenten für den Master.
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Jede Unterschrift des Frachtführers, Master oder Agenten muss als diejenige des Frachtführers, Master oder Agenten gekennzeichnet sein. Jede Unterschrift eines Agenten muss angeben, ob der Agent für den Frachtführer oder für den Master gezeichnet hat. ii. ausweisen, dass die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort versandt, übernommen oder an Bord verladen worden ist, und zwar durch: • vorgedruckten Wortlaut oder • Stempel oder Vermerk, der das Datum angibt, an dem die Ware versandt, übernommen oder an Bord verladen worden ist. Das Ausstellungsdatum des Transportdokuments gilt als das Datum der Versendung, Übernahme oder Verladung an Bord und als das Verladedatum. Wenn jedoch das Transportdokument durch Stempel oder Vermerk ein Datum der Versendung, Übernahme oder Verladung an Bord angibt, gilt dieses Datum als das Verladedatum; iii. den Versand-, Übernahme- oder Verladeort und einen endgültigen Bestimmungsort gemäß dem Akkreditiv ausweisen, unabhängig davon, ob: a) das Transportdokument zusätzlich einen anderen Versand-, Übernahme-, oder Verladeort oder endgültigen Bestimmungsort ausweist oder b) das Transportdokument den Hinweis „intended“ oder einen ähnlichen Vorbehalt in Bezug auf das Schiff, den Verlade- oder Löschungshafen enthält. iv. das einzige Original des Transportdokuments oder, wenn es in mehr als einem Original ausgestellt ist, der im Transportdokument angegebene volle Satz sein. v. die Beförderungsbedingungen enthalten oder auf eine andere Quelle verweisen, die diese Beförderungsbedingungen enthält, (Kurzform-/Blanko-RückseiteTransportdokument); der Inhalt der Beförderungsbedingungen wird nicht geprüft. vi. keinen Hinweis enthalten, dass es einer Charterpartie unterliegt. b. Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Beförderungsmittel und Wiederverladen auf ein anderes Beförderungsmittel (derselben Beförderungsart oder einer anderen Beförderungsart) während des Transports vom Versand-, Übernahme- oder Verladeort zum endgültigen Bestimmungsort, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind. c. i. Ein Transportdokument darf vorsehen, dass Umladung der Ware stattfinden wird oder kann, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und dasselbe Transportdokument gedeckt ist. ii. Ein Transportdokument, das vorsieht, dass Umladung stattfinden wird oder kann, ist aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet. Artikel 20 Konnossement a. Ein wie auch immer benanntes Konnossement muss dem Anschein nach: i. den Namen des Frachtführers ausweisen und unterzeichnet sein vom • Frachtführer oder einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer oder • Master oder einem namentlich genannten Agenten für den Master. Jede Unterschrift des Frachtführers, Master oder Agenten muss als diejenige des Frachtführers, Master oder Agenten gekennzeichnet sein. Jede Unterschrift eines Agenten muss angeben, ob der Agent für den Frachtführer oder für den Master gezeichnet hat.
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Das Dokumentenakkreditiv
ii. ausweisen, dass die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort an Bord eines namentlich genannten Schiffes verschifft worden ist, und zwar durch • vorgedruckten Wortlaut oder • einen An-Bord-Vermerk, der das Datum angibt, an dem die Ware an Bord verladen worden ist. Das Ausstellungsdatum des Konnossements gilt als das Verladedatum, es sei denn, das Konnossement enthält einen An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum angibt, wodurch das im An-Bord-Vermerk angegebene Datum als das Verladedatum gilt. Weist das Konnossement den Hinweis „intended vessel“ oder eine ähnliche Einschränkung in Bezug auf den Namen des Schiffes aus, ist ein An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum und den Namen des tatsächlich benutzten Schiffes ausweist, erforderlich. iii. den Transport vom Verladehafen zum Löschungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind, ausweisen. Wenn das Konnossement nicht den Verladehafen ausweist, der im Akkreditiv als Verladehafen vorgeschrieben ist oder wenn es den Hinweis „intended“ oder eine ähnliche Einschränkung in Bezug auf den Verladehafen enthält, ist ein AnBord-Vermerk erforderlich, der den Verladehafen, wie er im Akkreditiv vorgeschrieben ist, das Verladedatum und den Namen des Schiffes angibt. Diese Bestimmung gilt auch, wenn die Verladung an Bord oder die Verschiffung auf einem namentlich genannten Schiff durch einen auf dem Konnossement vorgedruckten Wortlaut ausgewiesen ist. iv. das einzige Original des Transportdokuments oder, wenn es in mehr als einem Original ausgestellt ist, der im Transportdokument angegebene volle Satz sein. v. die Beförderungsbedingungen enthalten oder auf eine andere Quelle verweisen, die diese Beförderungsbedingungen enthält (Kurzform-/Blanko-RückseiteTransportdokument); der Inhalt der Beförderungsbedingungen wird nicht geprüft. vi. keinen Hinweis enthalten, dass es einer Charterpartie unterliegt. b. Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Schiff und Wiederverladen auf ein anderes Schiff während des Transports vom Verladehafen zum Bestimmungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind. c. i. Ein Konnossement darf vorsehen, dass Umladung der Ware stattfinden wird oder kann, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und dasselbe Konnossement gedeckt ist. ii. Wenn gemäß Angabe im Konnossement die Ware im Container, Anhänger oder „LASH“-Leichter verladen ist, ist ein Konnossement, das ausweist, dass Umladung der Ware stattfinden kann oder wird, aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet. d. Klauseln in einem Konnossement, mit denen sich der Frachtführer das Recht zur Umladung vorbehält, werden nicht beachtet. Artikel 21 Nichtbegebbarer Seefrachtbrief a. Ein wie auch immer benannter Nichtbegebbarer Seefrachtbrief muss dem Anschein nach: i. den Namen des Frachtführers ausweisen und unterzeichnet sein vom • Frachtführer oder einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer oder • Master oder einem namentlich genannten Agenten für den Master.
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Jede Unterschrift des Frachtführers, Master oder Agenten muss als diejenige des Frachtführers, Master oder Agenten gekennzeichnet sein. Jede Unterschrift eines Agenten muss angeben, ob der Agent für den Frachtführer oder für den Master gezeichnet hat. ii. ausweisen, dass die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort an Bord eines namentlich genannten Schiffes verschifft worden ist, und zwar durch • vorgedruckten Wortlaut oder • einen An-Bord-Vermerk, der das Datum angibt, an dem die Ware an Bord verladen worden ist. Das Ausstellungsdatum des Nichtbegebbaren Seefrachtbriefs gilt als das Verladedatum, es sei denn, der Nichtbegebbare Seefrachtbrief enthält einen An-BordVermerk, der das Verladedatum angibt, wodurch das im An-Bord-Vermerk angegebene Datum als das Verladedatum gilt. Weist der Nichtbegebbare Seefrachtbrief den Vermerk „intended vessel“ oder eine ähnliche Einschränkung in Bezug auf den Namen des Schiffes aus, ist ein An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum und den Namen des tatsächlich benutzten Schiffes ausweist, erforderlich. iii. den Transport vom Verladehafen zum Löschungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind, ausweisen. Wenn der Nichtbegebbare Seefrachtbrief nicht den Verladehafen ausweist, der im Akkreditiv als Verladehafen vorgeschrieben ist, oder wenn er den Hinweis „intended“ oder eine ähnliche Einschränkung in Bezug auf den Verladehafen enthält, ist ein An-Bord-Vermerk erforderlich, der den Verladehafen, wie er im Akkreditiv vorgeschrieben ist, das Verladedatum und den Namen des Schiffes angibt. Diese Bestimmung gilt auch, wenn die Verladung an Bord oder die Verschiffung auf einem namentlich genannten Schiff durch einen auf dem Konnossement vorgedruckten Wortlaut ausgewiesen ist. iv. das einzige Original des Transportdokuments oder, wenn es in mehr als einem Original ausgestellt ist, der im Transportdokument angegebene volle Satz sein. v. die Beförderungsbedingungen enthalten oder auf eine andere Quelle verweisen, die diese Beförderungsbedingungen enthält (Kurzform-/Blanko-Rückseite-Transportdokument). Der Inhalt der Beförderungsbedingungen wird nicht geprüft. vi. keinen Hinweis enthalten, dass es einer Charterpartie unterliegt. b. Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Schiff und Wiederverladen auf ein anderes Schiff während des Transports vom Verladehafen zum Bestimmungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind. c. i. Ein Nichtbegebbarer Seefrachtbrief darf vorsehen, dass Umladung der Ware stattfinden wird oder kann, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und denselben Nichtbegebbaren Seefrachtbrief gedeckt ist. ii. Wenn gemäß Angabe im Nichtbegebbaren Seefrachtbrief die Ware im Container, Anhänger oder „LASH“-Leichter verladen ist, ist ein Nichtbegebbarer Seefrachtbrief, der ausweist, dass Umladung der Ware stattfinden kann oder wird, aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet. d. Klauseln im Nichtbegebbaren Seefrachtbrief, mit der sich der Frachtführer das Recht zur Umladung vorbehält, werden nicht beachtet. Artikel 22 Charterpartie-Konnossement a. Ein wie auch immer benanntes Konnossement, das einen Hinweis enthält, dass es einer Charterpartie unterliegt (Charterpartie-Konnossement), muss dem Anschein nach:
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Das Dokumentenakkreditiv
i. unterzeichnet sein vom: • Master oder einem namentlich genannten Agenten für den Master oder • Schiffseigner oder einem namentlich genannten Agenten für den Schiffseigner oder • Charterer oder einem namentlich genannten Agenten für den Charterer. Jede Unterschrift des Master, Eigentümers, Charterer oder Agenten muss als diejenige des Master, Eigentümers, Charterer oder Agenten gekennzeichnet sein. Jede Unterschrift des Agenten muss angeben, ob der Agent für den Master, Eigentümer oder Charterer gezeichnet hat. Ein Agent, der für einen Eigentümer oder Charterer zeichnet, muss den Namen des Eigentümers oder Charterer angeben. ii. ausweisen, dass die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort an Bord eines namentlich genannten Schiffes verschifft worden ist, und zwar durch • vorgedruckten Wortlaut oder • einen An-Bord-Vermerk, der das Datum angibt, an dem die Ware an Bord verladen worden ist. Das Ausstellungsdatum des Charterpartie-Konnossements gilt als das Verladedatum, es sei denn, das Charterpartie-Konnossement enthält einen An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum angibt, wodurch das im An-Bord-Vermerk angegebene Datum als das Verladedatum gilt. iii. den Transport vom Verladehafen zum Löschungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind, ausweisen; der Löschungshafen kann auch in der Form mehrerer Häfen oder einer geografischen Region ausgewiesen sein, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind. iv. das einzige Original des Transportdokuments oder, wenn es in mehr als einem Original ausgestellt ist, der im Transportdokument angegebene volle Satz sein. b. Banken prüfen Charterpartie-Verträge nicht, selbst wenn sie nach den AkkreditivBedingungen vorzulegen sind. Artikel 23 Lufttransportdokument a. Ein wie auch immer benanntes Lufttransportdokument muss dem Anschein nach: i. den Namen des Frachtführers angeben und unterzeichnet sein vom: • Frachtführer oder • einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer. Jede Unterschrift des Frachtführers oder Agenten muss als diejenige des Frachtführers oder Agenten gekennzeichnet sein. Jede Unterschrift eines Agenten muss angeben, dass der Agent für den Frachtführer gezeichnet hat. ii. ausweisen, dass die Ware zur Beförderung angenommen worden ist; iii. das Ausstellungsdatum ausweisen. Dieses Datum gilt als das Verladedatum, es sei denn, das Lufttransportdokument enthält einen speziellen, das tatsächliche Verladedatum ausweisenden Vermerk, wodurch das in diesem Vermerk ausgewiesene Datum als das Verladedatum gilt. Sonstige Angaben, die auf dem Lufttransportdokument zu Flugnummer und Flugdatum erscheinen, werden für die Bestimmung des Verladedatums nicht beachtet. iv. den im Akkreditiv vorgeschriebenen Abflughafen und Bestimmungsflughafen ausweisen; v. das für den Absender oder Ablader bestimmte Original sein, selbst wenn das Akkreditiv einen vollen Satz Originale vorschreibt.
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vi. Beförderungsbedingungen enthalten oder auf eine andere Quelle verweisen, die diese Beförderungsbedingungen enthält. Der Inhalt der Beförderungsbedingungen wird nicht geprüft. b. Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Flugzeug und Wiederverladen auf ein anderes Flugzeug während des Transports vom Abflughafen zum Bestimmungsflughafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind. c. i. Ein Lufttransportdokument darf vorsehen, dass Umladung der Ware stattfinden wird oder kann, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und dasselbe Lufttransportdokument gedeckt ist. ii. Ein Lufttransportdokument, das ausweist, dass Umladung der Ware stattfinden kann oder wird, ist aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet. Artikel 24 Dokumente des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports a. Ein wie auch immer benanntes Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffs-Transportdokument muss dem Anschein nach: i. den Namen des Frachtführers ausweisen und: • vom Frachtführer oder einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer unterzeichnet sein oder • den Empfang der Ware durch Unterschrift, Stempel oder Vermerk des Frachtführers oder eines namentlich genannten Agenten für den Frachtführer ausweisen. Jede(r) Unterschrift, Stempel oder Vermerk über den Empfang der Ware durch den Frachtführer oder Agenten muss als diejenige des Frachtführers oder Agenten gekennzeichnet sein. Jede(r) Unterschrift, Stempel oder Vermerk über den Empfang der Ware durch den Agenten muss angeben, dass der Agent für den Frachtführer gezeichnet oder gehandelt hat. Wenn ein Eisenbahn-Transportdokument den Frachtführer nicht identifiziert, ist jede Unterschrift oder Stempel der Eisenbahngesellschaft als Nachweis dafür, dass das Dokument vom Frachtführer gezeichnet ist, akzeptabel. ii. das Verladedatum oder das Datum ausweisen, an dem die Ware zur Verladung, Versendung oder Beförderung an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort in Empfang genommen worden ist. Sofern das Transportdokument nicht einen datierten Empfangstempel oder eine Angabe des Empfangsdatums oder des Verladedatums enthält, gilt das Ausstellungsdatum des Transportdokuments als Verladedatum. iii. den Verladeort und den Bestimmungsort, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind, ausweisen. b. i. Ein Straßen-Transportdokument muss dem Anschein nach das für den Absender oder Ablader bestimmte Original sein oder darf keinen Hinweis darauf enthalten, für wen das Dokument erstellt wurde. ii. Ein Eisenbahn-Transportdokument, das als „Duplikat“ gekennzeichnet ist, ist als Original aufnahmefähig. iii. Ein Eisenbahn- oder Binnenschiffs-Transportdokument wird als ein Original akzeptiert, unabhängig davon, ob es als Original gekennzeichnet ist. c. Mangels Angabe der Zahl der ausgestellten Originale in dem Transportdokument gilt die Zahl der vorgelegten Dokumente als voller Satz.
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Das Dokumentenakkreditiv
d. Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Beförderungsmittel und Wiederverladen auf ein anderes Beförderungsmittel innerhalb derselben Transportart im Verlauf des Transports vom Ort der Verladung, Versendung oder Beförderung zum Bestimmungsort, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind. e. i. Ein Dokument des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports darf ausweisen, dass Umladung der Ware stattfinden kann oder wird, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und dasselbe Transportdokument gedeckt ist. ii. Ein Dokument des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports, das ausweist, dass Umladung stattfindet, ist aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet. Artikel 25 Kurierempfangsbestätigung, Postversandnachweis
Posteinlieferungs-/Postempfangsschein
oder
a. Eine wie auch immer benannte Kurierempfangsbestätigung, die den Empfang der Ware zum Transport ausweist, muss dem Anschein nach: i. den Namen des Kurierdienstes ausweisen und durch einen namentlich genannten Kurierdienst an dem Ort, von dem das Akkreditiv den Versand der Ware vorschreibt, gestempelt oder unterzeichnet sein; und ii. ein Abhol- oder Empfangsdatum oder einen entsprechenden Wortlaut ausweisen. Dieses Datum gilt als Verladedatum. b. Eine Bedingung, wonach die Spesen des Kuriers bezahlt oder vorausbezahlt sein müssen, kann durch ein von einem Kurierdienst ausgestelltes Transportdokument erfüllt werden, das ausweist, dass Kurierspesen zu Lasten eines anderen Beteiligten als des Empfängers gehen. c. Ein Posteinlieferungs-/Postempfangsschein oder Postversandnachweis, der, wie auch immer benannt, den Empfang der Ware für den Transport ausweist, muss dem Anschein nach an dem Ort, von dem das Akkreditiv den Versand der Ware vorschreibt, gestempelt oder unterzeichnet und datiert sein. Dieses Datum gilt als Verladedatum. Artikel 26 „An Deck“, „Shipper’s Load and Count“, „Said by Shipper to Contain“ und zusätzliche Kosten zur Fracht a. Ein Transportdokument darf nicht ausweisen, dass die Ware an Deck verladen ist oder wird. Eine Klausel in einem Transportdokument, wonach die Ware an Deck verladen werden kann, ist annehmbar. b. Ein Transportdokument mit einer Klausel wie “Shipper’s Load and Count” bzw. “Said by Shipper to Contain” ist annehmbar. c. Ein Transportdokument darf durch Stempel oder auf andere Weise auf zusätzlich zur Fracht anfallende Kosten hinweisen. Artikel 27 Reine Transportdokumente Banken nehmen nur reine Transportdokumente an. Ein reines Transportdokument enthält keine Klauseln oder Vermerke, die ausdrücklich auf einen mangelhaften
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Zustand der Ware oder deren Verpackung hinweisen. Das Wort „rein“ muss nicht auf dem Transportdokument erscheinen, selbst wenn das Akkreditiv eine Bedingung enthält, nach der ein Transportdokument „clean on board“ sein soll. Artikel 28 Versicherungsdokument und -deckung a. Ein Versicherungsdokument, wie eine Versicherungspolice, ein Versicherungszertifikat oder eine „declaration“ unter einem Open Cover („laufende Police“) muss dem Anschein nach von einer Versicherungsgesellschaft, einem Versicherer („underwriter“) oder deren Agenten oder deren Bevollmächtigten ausgestellt sein. Jede Unterschrift eines Agenten oder Bevollmächtigten muss ausweisen, ob der Agent oder Bevollmächtigte für eine Versicherungsgesellschaft oder einen Versicherer gezeichnet hat. b. Wenn das Versicherungsdokument ausweist, dass es in mehr als einem Original ausgestellt ist, müssen alle Originale vorgelegt werden. c. Deckungsbestätigungen („cover notes“) werden nicht angenommen. d. Eine Versicherungspolice ist anstelle eines Versicherungszertifikats oder einer „declaration“ unter einer laufenden Police annehmbar. e. Das Versicherungsdokument darf nicht nach dem Verladedatum datiert sein, es sei denn, aus dem Versicherungsdokument geht hervor, dass die Deckung ab einem Datum, das nicht nach dem Verladedatum liegt, wirksam wird. f. i. Das Versicherungsdokument muss den Betrag der Versicherungsdeckung ausweisen und in derselben Währung wie das Akkreditiv ausgestellt sein. ii. Verlangt ein Akkreditiv, dass die Versicherungsdeckung auf einen Prozentsatz des Werts der Waren, des Rechnungswerts oder eines ähnlichen Werts lauten muss, gilt dies als Anforderung eines Mindestbetrags der erforderlichen Versicherungsdeckung. Wenn im Akkreditiv keine Angabe zur Höhe der erforderlichen Versicherungsdeckung enthalten ist, muss der Betrag der Versicherungsdeckung mindestens 110% des CIF- oder CIP-Werts der Ware sein. Wenn der CIF- oder CIP-Wert aufgrund der Dokumente nicht bestimmt werden kann, muss der Betrag der Versicherungsdeckung auf der Basis des Betrags berechnet werden, für den Honorierung oder Negoziierung verlangt wird, oder des Bruttowerts der Ware gemäß Handelsrechnung, je nachdem, welcher Betrag höher ist. iii. Das Versicherungsdokument muss ausweisen, dass die Risiken mindestens zwischen dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Übernahme- oder Verladeort und dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Auslieferungs- oder endgültigen Bestimmungsort gedeckt sind. g. Das Akkreditiv sollte vorschreiben, welche Art von Versicherung verlangt wird und, gegebenenfalls, welche zusätzlichen Risiken zu decken sind. Ein Versicherungsdokument wird ungeachtet der Risiken, die nicht gedeckt sind, angenommen, wenn im Akkreditiv ungenaue Begriffe wie „übliche Risiken“ oder „handelsübliche Risiken“ verwendet werden. h. Wenn ein Akkreditiv „Versicherung gegen alle Risiken“ vorschreibt und ein Versicherungsdokument mit einem Vermerk oder einer Klausel über „alle Risiken“ vorgelegt wird, wird das Versicherungsdokument unabhängig davon, ob es mit der Überschrift „alle Risiken“ versehen ist oder nicht, ohne Rücksicht darauf angenommen, ob irgendwelche Risiken ausdrücklich ausgeschlossen sind.
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Das Dokumentenakkreditiv
i. Ein Versicherungsdokument darf einen Hinweis auf jegliche Ausschlussklauseln enthalten. j. Ein Versicherungsdokument darf ausweisen, dass die Deckung einer Franchise oder einer Abzugsfranchise unterworfen ist. Artikel 29 Verlängerung des Verfalldatums oder des letzten Tags der Dokumentenvorlage a. Wenn das Verfalldatum des Akkreditivs oder der letzte Tag der Dokumentenvorlagefrist auf einen Tag fällt, an dem die Bank, der die Dokumente vorzulegen sind, aus anderen als den unter Artikel 36 genannten Gründen geschlossen ist, wird das vorgeschriebene Verfalldatum oder der letzte Tag der Dokumentenvorlage auf den nächstfolgenden Bankarbeitstag hinausgeschoben. b. Wenn eine Dokumentenvorlage an dem nächstfolgenden Bankarbeitstag erfolgt, muss die benannte Bank der eröffnenden oder bestätigenden Bank eine Erklärung in ihrem Dokumentenversandschreiben abgeben, dass die Dokumentenvorlage innerhalb der gemäß Artikel 29 (a) hinausgeschobenen Fristen erfolgt ist. c. Das letzte Verladedatum wird durch Artikel 29 (a) nicht hinausgeschoben. Artikel 30 Toleranz bzgl. Akkreditivbetrag, Menge und Preis pro Einheit a. Die Worte „etwa“ oder „ungefähr“ im Zusammenhang mit dem Akkreditivbetrag oder der im Akkreditiv angegebenen Menge oder dem im Akkreditiv angegebenen Preis pro Einheit sind dahingehend auszulegen, dass eine Toleranz von bis zu 10% nach oben oder bis zu 10% nach unten von dem Betrag, der Menge oder dem Preis pro Einheit, auf die sie sich beziehen, statthaft ist. b. Eine Toleranz in der Warenmenge von bis zu 5% nach oben oder bis zu 5% nach unten ist statthaft, vorausgesetzt, dass das Akkreditiv die Menge nicht in einer bestimmten Anzahl von Verpackungseinheiten oder Stücken vorschreibt und dass der Gesamtbetrag der Inanspruchnahmen den Akkreditivbetrag nicht überschreitet. c. Selbst wenn Teilverladungen nicht erlaubt sind, ist eine Toleranz um bis zu 5% weniger als der Akkreditivbetrag zulässig, vorausgesetzt, dass bei einer im Akkreditiv gegebenenfalls vorgeschriebenen Warenmenge diese in vollem Umfang geliefert und bei einem im Akkreditiv gegebenenfalls vorgeschriebenen Preis pro Einheit dieser Preis nicht unterschritten wird oder dass Artikel 30 (b) nicht anwendbar ist. Diese Toleranz ist nicht anwendbar, wenn im Akkreditiv eine besondere Toleranz ausgewiesen ist oder die Begriffe gemäß Artikel 30 (a) verwendet werden. Artikel 31 Teilinanspruchnahmen oder Teilverladungen a. Teilinanspruchnahmen oder Teilverladungen sind zulässig. b. Eine Dokumentenvorlage, die aus mehr als einem Satz von Transportdokumenten besteht, die Verladungsbeginn auf demselben Beförderungsmittel und für dieselbe Reise ausweisen, vorausgesetzt sie geben dasselbe Ziel an, wird nicht als eine Teilverladung abdeckend angesehen, selbst wenn die Transportdokumente unterschiedliche Verladedaten oder unterschiedliche Verladehäfen, Übernahme- oder Versandorte ausweisen. Besteht die Dokumentenvorlage aus mehr als einem Satz von Transportdokumenten, gilt das letzte Verladedatum, wie es sich aus einem der Sätze von Transportdokumenten ergibt, als das Verladedatum.
Anhang: ERA 600
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Eine Dokumentenvorlage, die aus einem oder mehreren Sätzen von Transportdokumenten besteht und Verladung auf mehr als einem Beförderungsmittel innerhalb derselben Beförderungsart ausweist, wird als eine Teilverladung abdeckend angesehen, selbst wenn die Beförderungsmittel an demselben Tag zu demselben Ziel abgehen. c. Eine Dokumentenvorlage bestehend aus mehr als einer Kurierempfangsbestätigung, Posteinlieferungs-/Postempfangsschein oder Postversandnachweis wird nicht als eine Teilverladung angesehen, wenn die Kurierempfangsbestätigungen, Posteinlieferungs-, Postempfangsscheine oder Postversandnachweise dem Anschein nach von demselben Kurier oder Postdienst an demselben Ort und Datum für dasselbe Ziel abgestempelt oder unterzeichnet sind. Artikel 32 Inanspruchnahme oder Verladung in Raten Ist im Akkreditiv Inanspruchnahme oder Verladung in Raten innerhalb bestimmter Zeiträume vorgeschrieben und ist irgendeine Rate nicht innerhalb des für sie vorgeschriebenen Zeitraums in Anspruch genommen oder verladen worden, kann das Akkreditiv für diese betreffende und jede weitere Rate nicht mehr benutzt werden. Artikel 33 Vorlegungszeiten Banken sind nicht verpflichtet, Dokumente außerhalb ihrer Öffnungszeiten entgegenzunehmen. Artikel 34 Haftungsausschluss für Wirksamkeit von Dokumenten Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für Form, Vollständigkeit, Genauigkeit, Echtheit, Verfälschung oder Rechtswirksamkeit irgendeines Dokuments oder für die allgemeinen oder besonderen Bedingungen, die in irgendeinem Dokument angegeben oder demselben hinzugefügt sind; Banken übernehmen auch keine Haftung oder Verantwortung für Bezeichnung, Menge, Gewicht, Qualität, Beschaffenheit, Verpackung, Lieferung, Wert oder Vorhandensein der durch irgendein Dokument repräsentierten Waren, Dienstleistungen oder anderen Leistungen oder für Treu und Glauben oder Handlungen oder Unterlassungen sowie für Zahlungsfähigkeit, Leistungsvermögen oder Ruf von Absender, Frachtführer, Spediteur, Empfänger oder Versicherer der Waren oder irgendeiner anderen Person. Artikel 35 Haftungsausschluss für Nachrichtenübermittlung und Übersetzung Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen von Verzögerungen, Verlusten, Verstümmelungen oder sonstigen Irrtümern bei der Übermittlung von Nachrichten oder Versand von Briefen oder Dokumenten, wenn diese Nachrichten, Briefe oder Dokumente gemäß den im Akkreditiv gestellten Anforderungen übermittelt oder abgesandt werden oder wenn die Bank, mangels entsprechender Weisungen im Akkreditiv, selbst die Initiative bei der Auswahl des Beförderungsdienstes ergriffen hat.
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Das Dokumentenakkreditiv
Wenn eine benannte Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage konform ist und die Dokumente an die eröffnende oder bestätigende Bank versendet, unabhängig davon, ob die benannte Bank honoriert oder negoziiert hat, muss die eröffnende oder bestätigende Bank honorieren oder negoziieren oder diese benannte Bank remboursieren, selbst dann, wenn die Dokumente auf dem Weg von der benannten Bank zur eröffnenden Bank oder bestätigenden Bank oder zwischen der bestätigenden und der eröffnenden Bank verloren gegangen sind. Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für Irrtümer bei der Übersetzung oder Auslegung von technischen Begriffen und können Akkreditiv-Bedingungen unübersetzt weiterleiten. Artikel 36 Höhere Gewalt Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen der Unterbrechung ihrer Geschäftstätigkeit durch Fälle höherer Gewalt, Unruhen, Aufruhr, Aufstände, Kriege, Terrorakte oder durch irgendwelche Streiks oder Aussperrungen oder irgendwelche anderen Ursachen außerhalb ihrer Kontrolle. Banken werden nach Wiederaufnahme ihrer Geschäftstätigkeit unter einem Akkreditiv, das während einer solchen Unterbrechung ihrer Geschäftstätigkeit verfallen ist, nicht honorieren oder negoziieren. Artikel 37 Haftungsausschluss für Handlungen einer beauftragten Partei a. Bedient sich eine Bank einer anderen Bank, um die Weisungen des Auftraggebers auszuführen, tut sie dies für Rechnung und Gefahr des Auftraggebers. b. Eine eröffnende oder avisierende Bank übernimmt keine Haftung oder Verantwortung, wenn die von ihr einer anderen Bank übermittelten Weisungen nicht ausgeführt werden, selbst wenn sie die Initiative bei der Auswahl dieser Bank ergriffen hat. c. Eine Bank, die eine andere Bank beauftragt, Leistungen zu erbringen, haftet für alle Provisionen/Kommissionen, Gebühren, Kosten oder Auslagen („Spesen“), die dieser Bank im Zusammenhang mit ihren Weisungen entstanden sind. Wenn ein Akkreditiv vorschreibt, dass die Spesen für Rechnung des Begünstigten gehen und die Spesen nicht eingezogen oder von Erlösen abgezogen werden können, bleibt die eröffnende Bank für die Zahlung der Spesen haftbar. Ein Akkreditiv oder dessen Änderung sollte nicht vorschreiben, dass die Avisierung an den Begünstigten davon abhängig ist, dass die avisierende Bank oder zweite avisierende Bank ihre Spesen erhält. d. Der Auftraggeber muss alle Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten übernehmen, die auf ausländischen Gesetzen und Gebräuchen beruhen, und muss die Banken für alle hieraus resultierenden Folgen schadlos halten. Artikel 38 Übertragbare Akkreditive a. Keine Bank ist verpflichtet, ein Akkreditiv zu übertragen außer in dem Umfang und in der Art, wie ausdrücklich von der Bank zugestimmt. b. Im Sinne dieses Artikels bedeutet: übertragbares Akkreditiv, ein Akkreditiv, das ausdrücklich als „übertragbar“ bezeichnet ist. Ein übertragbares Akkreditiv kann im Auftrag des Begünstigten
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(„Erstbegünstigter“) ganz oder teilweise für einen anderen Begünstigten („Zweitbegünstigter“) benutzbar gestellt werden; übertragende Bank eine benannte Bank, die das Akkreditiv überträgt, oder, bei einem bei jeder Bank benutzbaren Akkreditiv, eine Bank, die von der eröffnenden Bank ausdrücklich zur Übertragung ermächtigt ist und das Akkreditiv überträgt. Eine eröffnende Bank kann eine übertragende Bank sein; übertragenes Akkreditiv ein Akkreditiv, das durch die übertragende Bank für einen Zweitbegünstigten benutzbar gemacht worden ist. Soweit zum Zeitpunkt der Übertragung nichts anderes vereinbart ist, gehen alle Spesen (wie Provisionen/Kommissionen, Gebühren, Kosten oder Auslagen), die durch die Übertragung anfallen, zu Lasten des Erstbegünstigten. Ein Akkreditiv kann in Teilen an mehr als einen Zweitbegünstigten übertragen werden, vorausgesetzt, dass Teilinanspruchnahmen oder Teilverladungen zulässig sind. Ein übertragenes Akkreditiv kann im Auftrag des Zweitbegünstigten nicht an einen nachfolgenden Begünstigten übertragen werden. Der Erstbegünstigte gilt nicht als nachfolgender Begünstigter. Jeder Übertragungsauftrag muss angeben, ob und unter welchen Bedingungen Änderungen dem Zweitbegünstigten avisiert werden können. Das übertragene Akkreditiv muss diese Bedingungen klar ausweisen. Wird ein Akkreditiv an mehr als einen Zweitbegünstigten übertragen, macht die Ablehnung einer Änderung durch einen oder mehrere Zweitbegünstigte die Annahme durch andere Zweitbegünstigte nicht unwirksam, denen gegenüber das übertragene Akkreditiv entsprechend geändert ist. Für jeden Zweitbegünstigten, der die Änderung abgelehnt hat, bleibt das übertragene Akkreditiv unverändert. Das übertragene Akkreditiv muss die Bedingungen des Akkreditivs, einschließlich einer möglicherweise vorhandenen Bestätigung, genau widerspiegeln. Davon ausgenommen sind: – Akkreditivbetrag, – jeden im Akkreditiv angegebenen Preis pro Einheit, – Verfalldatum, – Dokumentenvorlagefrist oder – letztes Verladedatum oder angegebene Verladefrist, die einzeln oder insgesamt ermäßigt oder verkürzt werden können. Der Prozentsatz, auf den die Versicherungsdeckung lauten muss, kann erhöht werden, um den im Akkreditiv oder in diesen Artikeln vorgeschriebenen Deckungsbetrag zu erreichen. Der Name des Erstbegünstigten kann an die Stelle des Namens des Auftraggebers des Akkreditivs gesetzt werden. Wenn im Akkreditiv ausdrücklich verlangt wird, dass der Name des Auftraggebers in irgendeinem anderen Dokument als der Rechnung erscheint, muss sich diese Bedingung im übertragenen Akkreditiv widerspiegeln. Der Erstbegünstigte hat das Recht, seine eigene Rechnung und, gegebenenfalls, Tratte an die Stelle derjenigen des Zweitbegünstigten zu setzen und zwar in einem Betrag, der den im Akkreditiv angegebenen Betrag nicht übersteigt; und aufgrund eines solchen Austauschs kann der Erstbegünstigte unter dem Akkreditiv den Differenzbetrag in Anspruch nehmen, der gegebenenfalls zwischen seiner Rechnung und der des Zweitbegünstigten besteht. Wenn der Erstbegünstigte seine eigene Rechnung und, gegebenenfalls, Tratte vorzulegen hat, aber der ersten Aufforderung hierzu nicht nachkommt oder wenn die vom Erstbegünstigten vorgelegte Rechnung Unstimmigkeiten herbeiführt, welche die Dokumentenvorlage des Zweitbegünstigten nicht aufwies und die der Erstbegünstigte nicht auf erste Aufforderung korrigiert, dann hat die übertragende Bank
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Das Dokumentenakkreditiv
das Recht, der eröffnenden Bank die Dokumente, die sie vom Zweitbegünstigten erhalten hat, zu präsentieren, ohne weitere Verantwortlichkeit gegenüber dem Erstbegünstigten. j. Der Erstbegünstigte kann in seinem Übertragungsauftrag verlangen, dass die Honorierung oder Negoziierung gegenüber dem Zweitbegünstigten an dem Ort, an den das Akkreditiv übertragen worden ist, vorgenommen wird, und zwar bis zum Verfalldatum des Akkreditivs einschließlich. Dies gilt unbeschadet des Rechts des Erstbegünstigten gemäß Artikel 38 (h). k. Die Dokumentenvorlage durch oder für den Zweitbegünstigten muss an die übertragende Bank erfolgen. Artikel 39 Abtretung von Akkreditiverlösen Die Tatsache, dass ein Akkreditiv nicht als übertragbar bezeichnet ist, berührt nicht die Rechte des Begünstigten, seinen unter einem solchen Akkreditiv bestehenden oder künftig entstehenden Anspruch auf den Erlös gemäß den Bestimmungen des anzuwendenden Rechts abzutreten. Dieser Artikel bezieht sich nur auf die Abtretung des Akkreditiverlöses und nicht auf die Abtretung des Rechts auf Inanspruchnahme des Akkreditivs.
Allgemeines zum Dokumenteninkasso
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2. Kapitel Das Dokumenteninkasso Von Peter Apathy unter Mitarbeit von Thomas Katzenberger*
Literatur: Avancini, Sicherungslücke für die Einreicherbank bei Bevorschussung eines Dokumenteninkassos?, Frotz-FS (1993) 469; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht (2006); Hoeren/Florian, Rechtsfragen des internationalen Dokumentenakkreditivs und -inkassos unter besonderer Berücksichtigung der ICC-Richtlinie vom 1. 1. 1996 (1996); Menkhaus, Kreditsicherung beim Dokumenteninkasso (1984); Nielsen, Das Inkassogeschäft (1987); Schweinfest, Bankenhaftung im Internationalen Dokumentengeschäft im deutschen, französischen und englischen Recht (1999) 172ff; von Westphalen, Rechtsprobleme der Exportfinanzierung3 (1987); Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel7 (2001).
I. Allgemeines zum Dokumenteninkasso A. Umschreibung des Dokumenteninkassos Inkasso in einem weiteren Sinn ist der Einzug von Forderungen. Das bank- 2/1 mäßige Inkassogeschäft ist eine Erscheinungsform der bargeldlosen Zahlungsabwicklung im Außenhandel; es hat den Einzug von Forderungen zum Gegenstand, die gegen Vorlage von Dokumenten zahlbar sind1. Die von der IHK vor allem für das internationale Inkassogeschäft aufgestellten, aber entsprechend der Parteienvereinbarung auch bei reinen Inlandsinkassi anwendbaren „Einheitlichen Richtlinien für Inkassi“, Fassung 1995 (ERI 522; unten Rz 2/7), umschreiben in Art 2 lit a das Inkasso als die Bearbeitung von dort noch näher definierten Dokumenten durch Banken in Übereinstimmung mit erhaltenen Weisungen, um i. Zahlung und/oder Akzeptierung zu erhalten oder * 1
Dieser Abschnitt basiert in Teilen auf der von Rechtsanwalt Univ.-Prof. Dr. Peter Avancini bearbeiteten Vorauflage. Avancini in BVR1 I Rz 5/2; Einsele, BankR § 6 Rz 85; Ebenroth/Boujong/Joost/ Hakenberg, Handelsgesetzbuch II (2001) BankR II Rz II 433; Heymann/Horn, Handelsgesetzbuch2 IV (2005) Anh § 372 Bankgeschäfte Rz VI/1; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 1; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/1.
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Das Dokumenteninkasso
ii. Dokumente gegen Zahlung und/oder Akzeptierung auszuhändigen oder iii. Dokumente unter anderen Bedingungen auszuhändigen. Art 2 lit b ERI 522 teilt die Inkassodokumente in zwei Gruppen ein, und zwar in Zahlungspapiere einerseits und in Handelspapiere andererseits. Als Zahlungspapiere gelten Wechsel, Solawechsel, Schecks oder andere ähnliche zum Erlangen von Zahlungen dienende Dokumente; hingegen versteht man unter Handelspapieren Rechnungen, Transportdokumente, Dispositions- oder andere ähnliche Dokumente sowie irgendwelche andere Dokumente, die keine Zahlungspapiere darstellen. Nach diesen beiden Dokumentengruppen unterscheiden die ERI weiters zwischen dem „einfachen Inkasso“ als dem Inkasso von Zahlungspapieren, die nicht von Handelspapieren begleitet sind (Art 2 lit c ERI 522), und dem „dokumentären Inkasso“ als dem Inkasso von Zahlungspapieren, die von Handelspapieren begleitet sind, sowie von Handelspapieren, die nicht von Zahlungspapieren begleitet sind (Art 2 lit d ERI 522)2. Nur das dokumentäre Inkasso wird in diesem Kapitel behandelt. 2/2
Das Dokumenteninkasso als Bankgeschäft3 wird, stark vereinfacht, dadurch charakterisiert, dass eine Bank es übernimmt, die ihr vom Gläubiger einer Forderung übergebenen Dokumente seinem Schuldner entsprechend den erhaltenen Weisungen gegen Zahlung, Wechselakzept oder gegen eine andere bestimmte Verpflichtungserklärung auszufolgen4. Obwohl die Inkassoforderung einen beliebigen Rechtsgrund haben kann, handelt es sich bei ihr meist um eine Kaufpreisforderung. Wohl deshalb gehen die Erörterungen zum Dokumenteninkasso gewöhnlich von einem Kaufgeschäft aus, was hier beibehalten wird. Die Inkassoforderung wird daher im Weiteren einer Kaufpreisforderung gleichgesetzt; dementsprechend wird der Gläubiger, der seine Forderung im Wege eines Dokumenteninkassos einziehen lassen will, exemplarisch auch als Verkäufer bezeichnet, sein Schuldner als Käufer und die dem Käufer geschuldete Leistung als Ware. Nicht selten vergeht zwischen der Versendung der Ware und der Gutschrift des Inkassoerlöses ein längerer Zeitraum. In solchen Fällen kann dem Verkäufer von seiner Hausbank, die mit dem Inkasso beauftragt ist, ein Vorschuss auf den künftigen Inkassoerlös gewährt werden5. Dann ist das Inkassogeschäft mit einem Kreditgeschäft kombiniert, was Auswirkungen auf die Rechtsstellung von Verkäufer und Bank hat (Rz 2/25). 2
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Wesentlich ist also die Vorlage von Handelspapieren: Avancini in BVR1 I Rz 5/1 und FN 2; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 8. Die wirtschaftliche Bedeutung des Dokumenteninkassos ist trotz Rückläufigkeit beträchtlich. OGH 6 Ob 619/91 in ÖBA 1992, 1035 mit Anm von Avancini; Avancini in BVR1 I Rz 5/2; Canaris, BVR3 Rz 1088; Kramberg, Die rechtliche Beziehung zwischen Inkassobank und Bezogenem beim Dokumenteninkasso, ÖBA 1960, 435; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 1; Schinnerer/Avancini III 144; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/1. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 437; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 49.
Allgemeines zum Dokumenteninkasso
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B. Der Kreis der Beteiligten am Dokumenteninkasso Im einfachsten Fall sind am Inkasso drei Personen beteiligt: Der Gläubiger, 2/3 der eine Bank mit der Bearbeitung des Inkassos betraut (Inkassoauftraggeber6, Auftraggeber, principal, auch Einreicher); die mit dem Inkasso beauftragte Bank (Einreicherbank; remitting bank; Art 3 lit a ii ERI 522); der Schuldner, von dem die Bank die Forderung gegen bestimmte Dokumente einziehen soll (Bezogener, drawee)7. Im Regelfall wird vor allem im internationalen Geschäft in den Inkassovorgang nicht eine Bank allein eingeschaltet, sondern es werden mit unterschiedlichen Aufgaben idR zwei (unten Rz 2/4), mitunter aber mehrere Banken herangezogen: Der Kreis der Beteiligten erweitert sich dann zunächst um eine ausländische Bank. Denn die Einreicherbank, die vom Gläubiger mit dem Inkasso beauftragt wird und hierzu von ihm auch die Inkassodokumente erhält, kann dieses im Ausland idR nicht selbst besorgen, sondern sie betraut mit der unmittelbaren Durchführung des Inkassos unter Weiterleitung der Dokumente eine andere Bank (im Heimatland des Schuldners) als Inkassobank (collecting bank; Art 3 lit a iii ERI 522). Bei der im Inkassoablauf der Einreicherbank nachgeordneten Inkassobank wird wieder danach unterschieden, ob sie die Dokumentenvorlage gegenüber dem Bezogenen selbst vornimmt, dann ist sie nach Art 3 lit a iv ERI 522 zugleich vorlegende Bank (presenting bank), oder ob das nicht der Fall ist, sie also zwischen Einreicherbank und vorlegender (Inkasso)Bank steht. Im Weiteren wird das Dokumenteninkasso an dem an der üblichen prakti- 2/4 schen Handhabung ausgerichteten Modellfall erörtert, dass die Abwicklung über zwei Banken, und zwar die Einreicherbank und eine weitere Bank als vorlegende Inkassobank erfolgt8. Die bei dieser Betrachtung gewonnenen Erkenntnisse können unschwer auf den seltenen Fall übertragen werden, dass der Inkassovorgang in der Hand einer einzigen Bank konzentriert 6
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Art 3 lit a i ERI 522 bezeichnet den Gläubiger als „Auftraggeber“. Da beim Dokumenteninkasso auch andere Beteiligte die rechtliche Stellung eines Auftraggebers haben können, wie vor allem eine Einreicherbank gegenüber der von ihr eingeschalteten Inkassobank, ist der schon von Avancini verwendete Begriff Inkassoauftraggeber deutlicher. Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 8 zählt hingegen den Bezogenen nicht zu den Beteiligten, weil zwischen ihm und den in die Ausführung des Inkassoauftrags eingeschalteten Banken keine Rechtsbeziehungen begründet werden (dazu Rz 2/46); ferner Schweinfest, Bankenhaftung 173. Dementsprechend handelt Art 3 lit a ERI 522 von den Beteiligten (ieS) und Art 3 lit b ERI 522 vom Bezogenen als demjenigen, demgegenüber in Übereinstimmung mit dem Inkassoauftrag die Vorlegung zu erfolgen hat. In einem weiteren Sinn ist aber auch der Bezogene als am Dokumenteninkasso beteiligt anzusehen. Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 8 mit dem Hinweis, dass Inkassobank und vorlegende Bank idR identisch sind, weil die Dokumente möglichst an die Hausbank des Bezogenen übersendet werden; so auch Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 446 mit Hinweis auf Kostengründe.
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Das Dokumenteninkasso
wird9, die dann mit den aus diesem Umstand folgenden Modifikationen die Position der Einreicherbank und der Inkassobank in sich vereint 10. Auf der anderen Seite hat eine der Einreicherbank nachgeschaltete Inkassobank, die das Inkasso nicht selbst durchführt, sondern ihrerseits erst eine weitere Bank mit der Vorlage der Inkassodokumente beim Bezogenen und dem Einzug des Gegenwertes unter Ausfolgung der Dokumente beauftragt, im wesentlichen nur die Funktion einer Einreicherbank. Das Rechtsverhältnis einer solchen Inkassobank zur Einreicherbank einerseits und zu einer weiteren Inkassobank andererseits bestimmt sich dann aber im grundsätzlichen nach der einer Einreicherbank gegenüber ihrem Auftraggeber (dem Dokumenteneinreicher) bzw gegenüber einer Inkassobank zukommenden Rechtsstellung (siehe Rz 2/16 ff und 2/28 ff). Das erübrigt eine gesonderte Erörterung der Rechte und Pflichten einer in der Bankenkette bloß zwischengeschalteten Inkassobank. C. Unabhängigkeit vom Grundgeschäft 2/5
Das Dokumenteninkasso ist wie das Dokumentenakkreditiv vom Grundgeschäft (Kaufvertrag) insofern unabhängig11, als sich die Bank bei der Abwicklung im Allgemeinen nur mit den Dokumenten zu befassen hat und auf das Grundgeschäft keinen Bedacht nimmt. Daher sollen auch nach Art 10 lit a ERI 522 Waren nicht an die Adresse einer Bank (ohne deren Zustimmung) versendet werden. Anders als eine eröffnende (oder bestätigende) Bank beim Akkreditiv übernimmt die Inkassobank12 als solche aber dem Gläubiger gegenüber keine Haftung für dessen Forderung aus dem Grundgeschäft13 und sie hat auch nicht die Dokumente im Interesse des Schuldners darauf hin zu prüfen, ob sie „andienungsfähig“ sind, dh der im Rahmen des Grundge-
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Vgl Merkhaus, Kreditsicherung 22; Nielsen, Inkassogeschäft 16; Schinnerer/Avancini III 148; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/5. Nach dem Schwerpunkt ihrer Tätigkeit sollte diese Bank dann als Inkassobank bezeichnet werden. OGH 6 Ob 619/91 in ÖBA 1992, 1035 mit Anm von Avancini. Nicht zu folgen ist dem OGH jedoch, wenn er in dieser Entscheidung die Auffassung vertritt, den Bankgeschäften der Bankgarantie, des Dokumentenakkreditivs und des Dokumenteninkassos sei die Abstraktheit des Zahlungsversprechens der Bank gegenüber dem Valutaverhältnis gemeinsam (kritisch dazu Avancini, ÖBA 1992, 1037). Denn einerseits verspricht die Inkassobank dem Käufer keine Zahlung, andererseits ist ihre Verpflichtung gegenüber dem Inkassoauftraggeber bzw der sie beauftragenden Einreicherbank keine abstrakte Verpflichtung. Allerdings ist in der genannten Entscheidung auch von einer Bankgarantie der Inkassobank die Rede. Zur Übernahme einer Haftung durch die Inkassobank s OGH 8 Ob 137/07s. Avancini in BVR1 I Rz 5/5; Canaris, BVR3 Rz 1088; Einsele, BankR § 6 Rz 85; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 435; Schlegelberger/Hefermehl, Handelsgesetzbuch5 IV (1976) Anh § 365 Rz 264; Hoeren/Florian, Rechtsfragen Rz 156; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/3; Kramberg, ÖBA 1960, 435; Nielsen in BankRHB § 119 Rz 1; Schinnerer/Avancini III 14; von Westphalen, Exportfinanzierung 204; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/3, 9.
Allgemeines zum Dokumenteninkasso
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schäfts getroffenen Vereinbarung entsprechen14. Daher sind auch Banken aus dem Inkassogeschäft kaum mit komplexeren Rechtsfragen konfrontiert. Die Inkassobank wird für den (Geld)Gläubiger (Verkäufer) tätig, eine eröffnende Bank dagegen für den Schuldner (Käufer)15. D. Funktionen des Dokumenteninkassos Das Dokumenteninkasso dient in erster Linie der Zahlungsabwicklung16, 2/6 es hat in diesem Zusammenhang aber auch die Funktion, die Abwicklung eines Distanzgeschäfts einem Zug um Zug erfolgenden Leistungsaustausch anzunähern, und kommt damit den Sicherungsinteressen der Parteien des Grundgeschäfts (in unterschiedlichem Maße) entgegen. Es erfordert aber höheres Vertrauen der Parteien des Kaufvertrags als ein Akkreditivgeschäft17. Der Verkäufer wird beim Dokumenteninkasso typischerweise dadurch begünstigt, dass vereinbarungsgemäß Zahlung schon gegen Aushändigung der vereinbarten Dokumente zu leisten ist und der Käufer ihm grundsätzlich keine Einwendungen entgegensetzen kann. Eine Sicherheit durch einen Anspruch gegen eine Bank, wie dies etwa beim Akkreditiv der Fall ist, erlangt der Verkäufer jedoch nicht (Rz 2/5). Wenn der Käufer die Inkassodokumente benötigt, um den Besitz der Ware zu erwerben, wie dies bei Traditionspapieren der Fall ist18, so ist der Verkäufer immerhin davor gesichert, dass er selbst leistet, ohne die Gegenleistung zu erhalten; dies allerdings auch nur dann, wenn das Inkasso auf Barzahlung geht und sich nicht bloß in der Hereinnahme einer Verpflichtungserklärung des Käufers erschöpft. Haben die Inkassodokumente keine Sperrwirkung in dem Sinne, dass der Käufer nur mit ihrer Hilfe die Verfügungsgewalt über die Ware erlangt, so kann der Verkäufer nur hoffen, dass die Geltendmachung seiner Forderung über eine Inkassobank im Heimatland des Schuldners dessen Zahlungswilligkeit fördert19. Das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Käufers trägt freilich auch bei optimalen Inkassodokumenten der Verkäufer; auch wenn er die Ware wiedererlangt, treffen ihn die damit verbundenen Kosten20. Der Käufer hat bei einem Dokumenteninkasso gegenüber einer Abwicklung des Geschäftes Zug um Zug, von der das Gesetz grundsätzlich ausgeht 14
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Vgl Canaris, BVR3 Rz 1088; Schlegelberger/Hefermehl Rz 264; Nielsen, Inkassogeschäft 31; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/17. OGH in ÖBA 1992, 1035 mit Anm von Avancini. Avancini in BVR1 I Rz 5/6; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 433; Hoeren/ Florian, Rechtsfragen Rz 156; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/2; Schinnerer/ Avancini III 14. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 436; vgl Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 1; Schweinfest, Bankenhaftung 172; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/1. Aicher/F. Schuhmacher in Krejci, UR4 575; Iro, SachenR Rz 2/36. – Soll die Ware zur Verfügung der Bank versendet werden, so bedarf es deren Zustimmung: Art 10 lit a ERI 522 (unten Rz 2/42). Avancini in BVR1 I Rz 5/6; Schinnerer/Avancini III 145. Schweinfest, Bankenhaftung 172 f.
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Das Dokumenteninkasso
(§ 1052 ABGB), eine schlechtere Position21. Da er bloß auf die Inkassodokumente hin leisten muss (Näheres Rz 2/9), ist für ihn ungewiss, ob er die vereinbarte Gegenleistung auch tatsächlich erhält. Dieses Risiko lässt sich über die Auswahl der Dokumente 22 aber doch einigermaßen steuern. Insoweit kann das Dokumenteninkasso eine gewisse Sicherungsfunktion auch für den Käufer haben23. E. Rechtsgrundlagen des Dokumenteninkassos 2/7
Das Dokumenteninkasso ist in Österreich nicht besonders gesetzlich geregelt; anzuwenden ist daher das allgemeine Zivilrecht. Von der IHK sind – erstmals 1957 – „Einheitliche Richtlinien für Inkassi“ ausgearbeitet worden, deren aktuelle Fassung (ERI 522) seit dem 1. 1. 1996 in Geltung steht24. Sie werden von den Banken der wichtigsten Industrienationen akzeptiert und den Dokumenteninkassi zugrunde gelegt25. Diese Richtlinien sind – wie die ERA für Dokumentenakkreditive (Rz 1/17 ff) – rechtlich Allgemeine Geschäftsbedingungen, die zum Teil auch Gebräuche im Geschäftsverkehr (Handelsbräuche) festhalten26. Ihre Geltung erlangen die ERI erst durch Vereinbarung im Rahmen des jeweiligen Rechtsverhältnisses, sofern keine anderen Vereinbarungen getroffen werden und zwingende gesetzliche Bestimmungen nicht entgegenstehen (Art 1 lit a ERI 522). Regelmäßig enthalten – auch in Österreich – die Auftragsformulare der Banken eine Klausel über die Einbeziehung der ERI27. Schließlich enthalten auch die Z 76 ff ABB einige Regelungen zum Inkassogeschäft, die aber hauptsächlich auf das Inkasso von Wechseln und Schecks, also das einfache Inkasso in der Terminologie der ERI, ausgerichtet 21
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Nach der gesetzlichen Regelung muss dem Käufer vor Annahme Gelegenheit geboten werden, die als Erfüllung angebotene Ware auf ihre Vertragsgemäßheit zu untersuchen; die Gewahrsame an ihr braucht ihm hiezu aber nicht überlassen zu werden (Aicher in Rummel, ABGB3 § 1052 Rz 5; Wahle in Klang IV/2, 71). Schweinfest, Bankenhaftung 173. Vgl Schinnerer/Avancini III 14 und 145 (die dort als Beispiel auch erwähnte Übernahmebestätigung würde, wenn sie vom Käufer auszustellen wäre, eine gänzliche Vorleistung des Verkäufers voraussetzen, so dass dieser in einem solchen Dokumenteninkasso keine Sicherheit mehr hätte). Siehe etwa den vom OGH in SZ 62/138 entschiedenen Fall, bei dem unter den Inkassodokumenten ein „Luftfrachtbriefdritt“ war, durch dessen Übergabe sich der Verkäufer seines Verfügungsrechts über die versandte und noch in Händen des Spediteurs befindliche Ware zugunsten des Käufers begeben hatte. IHK-Publikation Nr 522. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 440; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/6. Canaris, BVR3 Rz 1089; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 439; Schlegelberger/Hefermehl Rz 265; Hoeren/Florian, Rechtsfragen Rz 152; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 4. – Schinnerer, Bemerkungen zu den „Einheitlichen Richtlinien für Inkassi (1979)“, ÖBA 1982, 439 ist wieder davon abgerückt, die ERI in ihrer Gesamtheit als eine Art international festgestellten Handelsbrauch zu sehen, und misst ihnen ebenfalls primär den Charakter von AGB zu. Vgl Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 440.
Das Rechtsverhältnis Inkassoauftraggeber (Verkäufer) – Bezogener (Käufer)
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sind28. Die Geltung der ABB sowie der ERI ist gesondert zu vereinbaren. Soweit in beiden Bedingungen dieselbe Materie nicht übereinstimmend geregelt ist, haben die ERI auf Grund ihrer Spezialität Vorrang (Z 1 S 2 ABB)29.
II. Das Rechtsverhältnis Inkassoauftraggeber (Verkäufer) – Bezogener (Käufer) Dem Dokumenteninkasso liegt meist ein Warengeschäft zugrunde (Rz 2/2), 2/8 in dessen Rahmen die Parteien diese besondere Form der Zahlungsabwicklung vereinbaren30. Danach hat der Forderungsgläubiger (Verkäufer) dem Schuldner (Käufer) bestimmte Dokumente zu übergeben („anzudienen“) und der Schuldner muss seinerseits bloß gegen diese Dokumente eine bestimmte Leistung erbringen. Die Vereinbarung einer Geschäftsabwicklung auf Inkassobasis erfolgt häufig über sogenannte dokumentäre Zahlungsklauseln wie: „Dokumente gegen Kassa“, „Dokumente gegen Akzept“31. Diese Klauseln haben einen durch internationalen Geschäftsbrauch typisierten Inhalt, wonach Barzahlung bzw Akzept allein gegen Vorlage kontraktgemäßer Dokumente bei (vorläufigem) Ausschluss aller Einwendungen zu leisten ist32. Die Vereinbarung einer Kassaklausel hat beiderseitige Vorleistungspflichten zur Folge33: Der Verkäufer muss die Ware absenden, um die Vorlage der vereinbarten Transportdokumente an den Käufer in die Wege leiten zu können. Der Käufer ist zur Zahlung (oder Akzeptierung eines Wechsels) gegen 28 29 30
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Zur rechtzeitigen Auftragserteilung siehe unten Rz 2/13. Iro in BVR2 I Rz 1/11. Zu einem Dokumenteninkasso kann es freilich auch ohne vorangehende Vereinbarung kommen, da es dem Gläubiger nicht verwehrt ist, zum Einzug seiner Forderung dem Schuldner Dokumente über eine Bank präsentieren zu lassen. Als Beispiel wäre der Fall zu nennen, dass die vorgesehene Zahlungsabwicklung über ein Akkreditiv scheitert, weil die Dokumente nicht beigebracht oder wegen Unstimmigkeit von der Bank nicht aufgenommen werden, und der Akkreditivbegünstigte daraufhin die Bank beauftragt, sie dem Akkreditivauftraggeber als nunmehrigem „Bezogenen“ zum Einzug vorzulegen (siehe Rz 1/118; ferner Ebenroth/Boujong/ Joost/Hakenberg Rz II 452; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/385). Der so Bezogene ist anders als bei einem vereinbarten Dokumenteninkasso (dazu gleich im Text) nicht zur Aufnahme der angedienten Dokumente und zur Zahlung verpflichtet. Ob auf das „einseitige“ Inkasso die ERI anzuwenden sind, ist auch hier eine Frage der Vereinbarung. Canaris, BVR3 Rz 1100; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 433; Hoeren/ Florian, Rechtsfragen Rz 153; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/20; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 9; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/1. – Zu der an das Dokumenteninkasso weitestgehend angelehnten Geschäftsabwicklung auf der Basis „Dokumente gegen unwiderruflichen Zahlungsauftrag“ siehe: Canaris, BVR3 Rz 397a; von Bernstorff, „Dokumente gegen unwiderruflichen Zahlungsauftrag“ als Zahlungsform im Außenhandel, RIW 1985, 14. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg II 453; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 10. Siehe im übrigen Rz 2/9. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 453; Hoeren/Florian, Rechtsfragen Rz 153; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 10 ff.
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Das Dokumenteninkasso
Vorlage der Dokumente verpflichtet, bevor er noch die Vertragsgemäßheit der Ware überprüfen kann. Wie die vereinbarten Dokumente im Einzelnen beschaffen sein müssen, bestimmt sich mangels näherer Festlegung durch die Parteien nach der Verkehrsüblichkeit34. Im Übrigen genügt für die Andienungsfähigkeit der Dokumente, dass nach ihrem Inhalt die Lieferung vertragsgemäß erscheint35 bzw sich aus ihnen keine wesentliche Vertragsverletzung (Art 25, 49 UNKaufrecht) ergibt36. Der dem Akkreditivgeschäft eigene Grundsatz der Dokumentenstrenge gilt für das Dokumenteninkasso nicht in gleichem Maße37. Die Andienung kontraktgemäßer Dokumente ist grundsätzlich eine Hauptpflicht des Lieferanten38. Gerät der Lieferant mit der Andienung in Verzug, so kann sein Vertragspartner unter Nachfristsetzung grundsätzlich vom ganzen Vertrag zurücktreten (§ 918 ABGB); liegt hinsichtlich der Dokumente ein Fixgeschäft vor, richten sich die Verzugsfolgen nach § 919 ABGB. Sind die angedienten Dokumente nicht vertragsgemäß, müssen die Mängel, aus denen eine Zurückweisung erfolgt, gemäß § 377 UGB gerügt werden39. 2/9
Bei Andienung vertragsgemäßer Dokumente muss der Bezogene die vereinbarte Gegenleistung uneingeschränkt erbringen. Die Vereinbarung der Zahlungsabwicklung im Wege eines Dokumenteninkassos bewirkt, dass der Bezogene dem Anspruch des Lieferanten grundsätzlich keinerlei Einwendungen entgegensetzen kann, mögen sie aus dem betreffenden Liefergeschäft abgeleitet werden oder sich aus einem anderen Rechtsgrund ergeben40. Er ist zur Barzahlung verpflichtet und kann daher weder mit Gegenforderungen aufrechnen, noch Zurückbehaltungsrechte geltend machen41. Der 34 35
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Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/1: Handelsüblichkeit. So wohl auch Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 14, wenn er unter Berufung auf den BGH in WM 1964, 476 meint, aus den Dokumenten müsse erkennbar sein, dass kontraktgemäß geliefert ist. Ferner Hoeren/Florian, Rechtsfragen Rz 153: „wenn aus den Dokumenten die Vertragsgemäßheit der Ware zuverlässig zu erkennen ist“. Dabei geht es allerdings nur um die grundsätzliche, nicht unbedingt wörtliche Übereinstimmung der Leistungsbezeichnung in den Inkassodokumenten einerseits und im Inkassoauftrag andererseits. BGH WM 1996, 1594; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 14 FN 18 und Rz 15 f. BGH in WM 1964, 476; Canaris, BVR3 Rz 1100; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 454; Schlegelberger/Hefermehl Rz 272; Liesecke, Die typischen Klauseln des internationalen Handelsverkehrs in der neueren Praxis, WM 1978 Sonderbeilage Nr 3, 12; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 14. Avancini in BVR1 I Rz 5/8; zum Überseekauf: GroßkommHGB4/Koller (1984) Vor § 373 Rz 42. Vgl Avancini in BVR1 I Rz 5/8; Nielsen, Inkassogeschäft 13; vgl auch GroßkommHGB4/Koller Vor § 373 Rz 61. Canaris, BVR3 Rz 1100; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 453; Hoeren/ Florian, Rechtsfragen Rz 153; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 11 f. Avancini in BVR1 I Rz 5/9; Canaris, BVR3 Rz 1100; Einsele, BankR § 6 Rz 87; Schlegelberger/Hefermehl Rz 272; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 10 ff; Zahn/ Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/9; BGH in BGHZ 14, 61; WM 1984, 1572 mwN. Eine Aufrechnung mit titulierten Gegenforderungen ist allerdings auch nach Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 12 zulässig. Ferner kann ein Aufrechnungsverzicht bei Zah-
Das Rechtsverhältnis Inkassoauftraggeber (Verkäufer) – Bezogener (Käufer)
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Bezogene hat auch kein Recht, die Ware vor der Bezahlung zu untersuchen42. Eine Zahlung kann er grundsätzlich auch nicht wegen vertragswidriger Beschaffenheit der Lieferung ablehnen43. Seine Zahlungspflicht fällt erst weg, wenn das Zahlungsverlangen des Lieferanten rechtsmissbräuchlich wäre44; dies trifft insbesondere zu, wenn die fehlende Berechtigung des Lieferanten evident oder leicht beweisbar ist (Rz 1/133). Durch die Vereinbarung der Zahlungsabwicklung über ein Dokumenteninkasso entsteht jedoch keine abstrakte Zahlungsverpflichtung des Bezogenen45. Dazu kann es schon deshalb nicht kommen, weil das österreichische Recht bei zweipersonalen Rechtsgeschäften abstrakten Verpflichtungen ablehnend gegenübersteht46. Die dokumentäre Zahlungsklausel begünstigt den Verkäufer allerdings doch insofern, als der Bezogene bar vorzuleisten hat. Die Forderung des Verkäufers ist daher grundsätzlich ohne Rücksicht auf allfällige Einwendungen und Gegenrechte des Bezogenen (beispielsweise Aufrechnung, Wandlung, Kaufpreisminderung) – entsprechend dem Grundsatz: „erst zahlen, dann untersuchen, eventuell rügen und arbitrieren“ (vgl Rz 1/133) – vorerst einmal durchsetzbar47; eine Ungültigkeit des Vertrags kann allerdings eingewendet werden (§ 937 ABGB). Der Käufer ist aber hinsichtlich der Geltendmachung seiner Rechte nicht über den Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung hinaus eingeschränkt; er verzichtet infolge der Vereinbarung eines Dokumenteninkassos nur darauf, der Kaufpreisforderung selbst allfällige Einwendungen entgegenzusetzen, und er
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lungsunfähigkeit des Gläubigers sowie auf Aufrechnung mit anerkannten Forderungen unwirksam sein: Apathy in Schwimann, ABGB § 6 KSchG Rz 35; Griss in KBB2 § 1440 Rz 9; Heidinger in Schwimann, ABGB § 1440 Rz 24; Rummel in Rummel, ABGB2 § 1440 Rz 29; einschränkend Dullinger in Rummel, ABGB3 § 1440 Rz 31 auf Fälle einer Ungleichgewichtslage. Canaris, BVR3 Rz 1100; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 453; Hoeren/ Florian, Rechtsfragen Rz 153; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 12; Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 3/3; BGH in WM 1964, 507; WM 1967, 1215 (zweiter Rechtsgang zu WM 1964, 507). Der Käufer gerät grundsätzlich in Schuldnerverzug, wenn er die Vorausleistung des Kaufpreises unter Berufung auf vertragswidrige Beschaffenheit der Ware verweigert (BGH in WM 1987, 503 mit insoweit zustimmender Anm von Nielsen, WuB 1 H 1. – 1.87, der dann aber dem vom BGH weiters noch eingenommenen Standpunkt entgegentritt, dass es dem Käufer möglich sein soll, sich gegenüber einem Schadenersatzanspruch des Verkäufers, den dieser nach Vornahme eines Deckungsverkaufs geltend macht, auf ein Wandlungsrecht zu berufen). Liesecke, WM 1978 Sonderbeilage Nr 3, 12; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 454; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 17; BGH in WM 1963, 844 mwN; vgl auch OGH 6 Ob 619/91 in ÖBA 1992, 1035 mit Anm von Avancini. Anders anscheinend Nielsen, Inkassogeschäft 12. Apathy, Das Saldoanerkenntnis nach österreichischem Recht, ÖBA 1999, 679, 684ff; Koziol, Zur Gültigkeit abstrakter Schuldverträge im österreichischen Recht, Gschnitzer-GedS (1969) 233; derselbe, Der Garantievertrag (1981) 30 f; Rummel in Rummel, ABGB3 § 859 Rz 31. Canaris, BVR3 Rz 1100; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 453; Hoeren/ Florian, Rechtsfragen Rz 153; Liesecke, WM 1978 Sonderbeilage Nr 3, 11 f; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 11.
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Das Dokumenteninkasso
behält sich die gesonderte Geltendmachung seiner Rechte nach erfolgter Zahlung vor48. Mit der Einzahlung des Kaufpreises bei der vorlegenden Inkassobank erlischt die Kaufpreisforderung (siehe Rz 2/48). Ab diesem Zeitpunkt kann der Käufer seine Gegenrechte uneingeschränkt geltend machen. Insbesondere ist es ihm auch nicht verwehrt, eine Weiterleitung des bei der Inkassobank eingezahlten Betrags an den Verkäufer durch gerichtliche Maßnahmen zu hindern, wenn ausnahmsweise diesem selbst der Anspruch auf Herausgabe des Inkassoerlöses gegen die Inkassobank zusteht49. In einem solchen Fall kann der Käufer diesen Anspruch dann wie einen sonstigen Vermögenswert seines Vertragspartners pfänden oder über eine einstweilige Verfügung in Beschlag nehmen50. Da der Bezogene grundsätzlich auch bei Vertragswidrigkeit der Lieferung leisten muss, liegt in der Leistung keine Präjudizierung seiner Rechte aus dem dem Inkasso zugrundeliegenden Geschäft51.
III. Das Rechtsverhältnis Inkassoauftraggeber (Verkäufer) – Einreicherbank A. Inkassoauftrag 2/10
Die Einreicherbank wird vom Verkäufer damit beauftragt, seinem Schuldner (dem Bezogenen) durch eine andere Bank bestimmte Dokumente gegen Barzahlung oder Ausstellung einer Verpflichtungserklärung aushändigen zu lassen. Die Betrauung eines Dritten mit der Durchführung des Inkassos erfordert jedenfalls eine rechtsgeschäftliche Tätigkeit der Einreicherbank, und zwar die Erteilung eines Auftrags an die Inkassobank. Die im Interesse des Einreichers tätigen Banken übernehmen jedoch idR keine Haftung für die Bezahlung der Dokumente oder für ein Akzept des Bezogenen, sondern verpflichten sich bloß dazu, ihm die Dokumente vorzulegen und den Erlös abzuführen52. Auf die Rechtsbeziehungen zwischen Verkäufer und Einreicherbank ist daher Auftragsrecht (§§ 1002 ff ABGB) und – wenn die Einreicherbank im eigenen Namen tätig werden soll (siehe Rz 2/18) – Kommissionsrecht (§§ 383 ff UGB) anzuwenden (vgl oben Rz 1/35). Der Vertragsabschluss erfolgt nach allgemeinen Regeln; nach Art 1 c ERI 522 muss die Bank, die den Antrag des Verkäufers nicht annehmen und das Inkasso nicht 48
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Avancini, ÖBA 1992, 1038 mit dem Hinweis auf die vergleichbare Rechtslage bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern. Im Regelfall steht der Anspruch nicht dem Verkäufer, sondern der Einreicherbank zu, die mit dem Inkasso im eigenen Namen die Inkassobank beauftragt hat (siehe Rz 2/18). Anders OGH 6 Ob 619/91 in ÖBA 1992, 1035 mit kritischer Anm von Avancini. Der OGH geht dabei von einem abstrakten Zahlungsversprechen der Bank aus, was aber für das Dokumenteninkasso nicht zutrifft (oben Rz 2/5 und 2/9). Vgl Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/4; Schinnerer/Avancini III 146. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 441; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 19. – Zur Übernahme einer Haftung durch die Inkassobank siehe OGH 8 Ob 137/07s.
Das Rechtsverhältnis Inkassoauftraggeber (Verkäufer) – Einreicherbank
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besorgen will, diesen davon unverzüglich durch Telekommunikation (oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Weg) unterrichten (vgl auch § 1003 ABGB). Die Regelung in Art 11 lit c ERI 522, wonach der Auftraggeber alle Ver- 2/11 pflichtungen übernehmen muss, die auf ausländischen Gesetzen beruhen, und er die Bank für alle hieraus resultierenden Folgen schadlos halten muss, hat keine selbständige Bedeutung; sie entspricht der schon nach allgemeinem Auftragsrecht gegebenen Risikoverteilung53. Nach Art 14 lit a ERI 522 soll die mit dem Inkasso befassten Banken keine Haftung treffen „für die Folgen von Verzögerungen und/oder Verlusten bei Übermittlung von Nachrichten, Briefen oder Dokumenten, sowie für Verzögerung, Verstümmelung oder sonstige Irrtümer, die aus der Übermittlung einer Telekommunikation resultieren, sowie für Irrtümer bei der Übersetzung und/oder Auslegung von technischen Ausdrücken“. Diese Regelung hat ihr Pendant im Akkreditivgeschäft in Art 35 ERA 600. Dieser Haftungsausschluss kann freilich nur innerhalb der allgemeinen Grenzen der Zulässigkeit von Freizeichnungsklauseln wirksam sein (dazu oben Rz 1/51)54. Nach Art 15 ERI 522 übernehmen die mit dem Inkasso befassten Banken keine Haftung „für die Folgen der Unterbrechung ihrer Geschäftstätigkeit durch Fälle höherer Gewalt, Unruhen, Aufruhr, Aufstand, Krieg oder irgendwelche andere Ursachen, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen, sowie durch irgendwelche Streiks oder Aussperrungen“. Eine gleiche Regelung enthält Art 36 ERA 600 für das Akkreditivgeschäft (oben Rz 1/102). In den angeführten Fällen trifft die Bank schon nach allgemeinen Grundsätzen mangels Verschuldens ohnehin keine Schadenersatzpflicht; auch als Regelung der Gefahrtragung entspricht Art 15 ERI 522 allgemeinen Grundsätzen (§ 1014 ABGB)55. Der Inkassoauftrag kann vom Auftraggeber vor seiner Ausführung jederzeit 2/12 widerrufen werden (§ 1020 ABGB)56. Die Bank hat dann Anspruch auf Ersatz bereits entstandener Kosten, eines erlittenen Schadens sowie auf einen der Bemühung angemessenen Teil der Entlohnung. Auf der anderen Seite kann die Bank das Auftragsverhältnis vor Vollendung des Geschäfts aufkündigen57; sie haftet aber dem Auftraggeber für allen dadurch entstandenen Schaden; nur ein „unvorhergesehenes und unvermeidliches Hindernis“, also zufällige Unmöglichkeit der Durchführung des aufgetragenen Geschäfts58 würde eine Schadenersatzpflicht ausschließen (§ 1021 ABGB). Konkurs des 53 54
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Avancini in BVR1 I Rz 5/11; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 32. Zur Beurteilung nach deutschem Recht als Verstoß gegen § 307 Abs 2 S 2 BGB siehe Einsele, BankR § 6 Rz 89 mwN. Apathy in Schwimann, ABGB § 1014 Rz 1. Vgl auch OGH in SZ 47/55. Zur Fortsetzungspflicht siehe § 1015 ABGB. Apathy in Schwimann, ABGB § 1021 Rz 2; Strasser in Rummel, ABGB3 §§ 1020 – 1026 Rz 11; zur Entbehrlichkeit der Kündigung in diesem Fall siehe Bydlinski in KBB2 § 1021 Rz 3 sowie § 1020 Satz 2 ABGB.
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Das Dokumenteninkasso
Auftraggebers oder der Einreicherbank59 bringen den Inkassoauftrag zum Erlöschen (§ 1024 ABGB, § 26 KO), nicht aber ein Ausgleichsverfahren über das Vermögen des Auftraggebers60. Der Inkassoauftrag erlischt mit dem Tod des Auftraggebers idR nicht, weil davon auszugehen ist, dass sich das Geschäft „ohne offenbaren Nachteil der Erben“ nicht unterbrechen lässt (§ 1022 ABGB)61 bzw das Inkasso zu jenen Geschäften gehört, die „keinen Aufschub leiden“ (§ 1025 ABGB)62. Dazu kommt für die Fälle, in denen eine Anweisung vorliegt (Rz 2/15), dass diese gemäß § 1403 ABGB nicht durch den Tod des Anweisenden erlischt (vgl auch Rz 1/48). 2/13
Inkassoaufträge müssen nach Z 78 ABB so rechtzeitig beim Kreditinstitut eingehen, dass sie im regelmäßigen Geschäftsgang ohne Zuhilfenahme von besonderen Eilmitteln ausgeführt werden können. Aber auch bei objektiv rechtzeitiger Auftragserteilung haftet die Bank nach Auftragsrecht (§ 1012 ABGB) für eine verspätete Vorlegung nur bei Verschulden. Will der Kunde den Einsatz besonderer Eilmittel, so muss er dies von der Bank eigens verlangen, was allerdings auch konkludent erfolgen kann63.
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Der Inkassoauftrag soll inhaltlich so abgefasst sein, dass die Bank ihn ohne Rückfragen durchführen kann. Dementsprechend bestimmt Art 4 lit a i ERI 522, dass alle zum Inkasso übersandten Dokumente von einem Inkassoauftrag begleitet sein müssen, mit dem vollständige und genaue Weisungen erteilt werden. Weisungen, die nicht im Inkassoauftrag, sondern nur in den Dokumenten enthalten sind, brauchen von den Banken nicht beachtet zu werden64; jedenfalls brauchen die Banken die Dokumente nicht auf darin enthaltene Weisungen zu prüfen (Art 4 lit a ii ERI 522). Erkennt die Bank Unklarheiten oder Lücken oder kann sie sonst einer im Auftrag enthaltenen Weisung nicht entsprechen, so muss sie beim Auftraggeber rückfragen65; das Risiko einer damit verbundenen Verzögerung trägt der Auftraggeber (Art 14 lit b ERI 522)66. Auch für das Inkassogeschäft gilt der Grundsatz der formalen Auftragsstrenge, nach dem sich die Bank in aller Regel strikt an die Vorgaben des Inkassoauftrags zu halten hat67; eigenmächtige Abwei59
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Apathy in Schwimann, ABGB § 1024 Rz 5; Gamerith in Buchegger, InsolvenzR I § 26 KO Rz 4; Stanzl in Klang IV/1, 876; Strasser in Rummel, ABGB3 §§ 1020 – 1026 Rz 30; anders jedoch Bartsch/Pollak I § 26 Anm 10 f; Ehrenzweig II/1, 563; Gschnitzer, SR BT 273; Hämmerle/Wünsch, HR III 275; Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht5 (1996) 56; Iro in BVR1 II Rz 7/168. Nach § 82 Abs 1 BWG kann über das Vermögen eines Kreditinstituts kein Ausgleichsverfahren eröffnet werden. Schinnerer/Avancini III 177. Avancini in BVR1 I Rz 5/12. Graf, Geschäftsbedingungen 187; Koziol in Iro/Koziol, ABB Z 78 Rz 2. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 442; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 20. Apathy in Schwimann, ABGB § 1009 Rz 8 mwN; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 443; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 21. Schweinfest, Bankenhaftung 179. OGH 8 Ob 253/02t; Canaris, BVR3 Rz 1090; Einsele, BankR § 6 Rz 88; Ebenroth/ Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 443; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/8; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 20; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/11.
Das Rechtsverhältnis Inkassoauftraggeber (Verkäufer) – Einreicherbank
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chungen muss der Auftraggeber nur hinnehmen, wenn die Abweichung seine Interessen nicht beeinträchtigt68 oder bei Gefahr in Verzug69. Zu den Angaben, die ein Inkassoauftrag enthalten soll, gehören nach Art 4 lit b ERI 522: i. Einzelheiten über die Bank, von der das Inkasso zuging einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift, SWIFT Adresse, Telex-, Telefon-, Telefax-Nummern und Referenz ii. Einzelheiten über den Auftraggeber einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift und gegebenenfalls Telex-, Telefon-, TelefaxNummern iii. Einzelheiten über den Bezogenen einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift oder der Domizilstelle, bei der die Vorlegung zu erfolgen hat und gegebenenfalls Telex-, Telefon-, Telefax-Nummern iv. Einzelheiten über die etwaige vorlegende Bank einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift, SWIFT Adresse, Telex-, Telefon-, Telefax-Nummern v. Einzuziehende(r) Beträge (Betrag) und Währung(en) vi. Auflistung der beigefügten Dokumente und Angabe der Anzahl jedes einzelnen Dokumentes vii. a. Bedingungen, unter denen Zahlung und/oder Akzeptierung zu erhalten ist b. Bedingungen für die Aushändigung von Dokumenten gegen: 1) Zahlung und/oder Akzeptierung 2) andere Bedingungen viii. Einzuziehende Gebühren mit der Angabe, ob oder ob nicht auf sie verzichtet werden kann ix. Falls zutreffend, einzuziehende Zinsen mit der Angabe, ob oder ob nicht auf sie verzichtet werden kann, einschließlich: a. Zinssatz b. Berechnungszeitraum c. Art der anzuwendenden Zinsberechnung (zB das Jahr zu 360 oder 365 Tagen) x. Art der Zahlung und Form des Zahlungsavises xi. Weisungen für den Fall von Nichtzahlung, Nichtakzeptierung und/ oder Nichterfüllung anderer Weisungen Darüber hinaus wird die Angabe einer Notadresse (Art 25 ERI 522) für den Fall eines Scheiterns des Inkassos, obwohl in Art 4 ERI 522 nicht angeführt, für zweckmäßig erachtet70. 68
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Canaris, BVR3 Rz 1090; vgl auch BGH in WM 1976, 630; WM 1980, 587. Nielsen, Inkassogeschäft 20 f hält die Entscheidungen des BGH für problematisch und verlangt eine Beschränkung auf „extreme Ausnahmefälle“. Dazu ferner Schweinfest, Bankenhaftung 179. Siehe zu diesem Problem auch die Ausführungen zum Akkreditivgeschäft in Rz 1/ 55. Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 20 FN 35; vgl auch Avancini in BVR1 I Rz 5/14.
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Das Dokumenteninkasso
Die rechtliche Position der Einreicherbank hinsichtlich der Inkassoforderung ist in den ERI nicht geregelt; sie kann unterschiedlich gestaltet sein71: IdR wird die Forderung vom Verkäufer und Inkassoauftraggeber an die Einreicherbank zum Inkasso abgetreten72. Die Bank erhält in diesem Fall die Befugnis, die formell eigene, materiell jedoch fremde Forderung im eigenen Namen geltend zu machen; sie handelt dabei aber auf Rechnung des Inkassoauftraggebers, zu dessen Vermögen die Forderung gehört73. Zur Klagsführung ist nach der Inkassozession nur mehr der Zessionar, nicht aber der Zedent berechtigt74, doch wird die Bank, wenn der Bezogene nicht freiwillig zahlt, mangels eigenen Interesses an der abgetretenen Forderung deren Weiterverfolgung regelmäßig dem Inkassoauftraggeber überlassen und eine Rückzession vornehmen75. Durch die Ablieferungspflicht gegenüber dem Zedenten gemäß § 1009 ABGB unterscheidet sich die Inkassozession von Abtretungen, die zahlungshalber oder sicherungsweise vorgenommen werden76. Unterliegt die Inkassoforderung einem fremden Recht, so ist nach hA gemäß Art 12 Abs 2 EVÜ (in Zukunft Art 14 Abs 2 Rom I77) dieses Recht auf das Verfügungsgeschäft der Zession anzuwenden78; daran kann dann insbesondere eine nur „stille“ Abtretung scheitern79. Die in Deutschland – vor allem im Verhältnis der Einreicherbank zur Inkassobank – beim Inkasso praktizierte Einziehungsermächtigung80, bei der die Bank ohne Abtretung (Einräumung einer zumindest formalen Gläubigerstellung) die Befugnis erhält, die Inkassoforderung im eigenen Namen 71
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Zum Fall, dass die Einreicherbank wegen einer Kreditierung Sicherungsrechte an der Inkassoforderung erhalten soll, siehe unten Rz 2/25. Einsele, BankR § 6 Rz 90; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 445; Hoeren/ Florian, Rechtsfragen Rz 165; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 33. OGH in SZ 12/295; SZ 34/114; SZ 36/46; SZ 44/108; SZ 45/82; Apathy in Schwimann, ABGB § 1002 Rz 18; Heidinger in Schwimann, ABGB § 1392 Rz 52 f; Neumayr in KBB2 § 1392 Rz 10; Strasser in Rummel, ABGB3 § 1002 Rz 34. – Bei der Inkassozession kann der Schuldner auch solche Einwendungen dem Zessionar entgegensetzen, die gegenüber dem Zedenten erst nach einer Verständigung von der Zession entstanden sind (Apathy, aaO; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 II 126; Mayrhofer, SR AT 487; OGH in SZ 34/114; vgl auch Nielsen, Inkassogeschäft 24 f; Canaris, BVR3 Rz 1099). Für das reine Dokumenteninkasso ist dies aber kaum praktisch bedeutsam, weil die Bank in diesem Fall idR eine Rückzession vornehmen wird (siehe dazu sogleich im Text). OGH 1 Ob 546/90 in RZ 1991, 203. Avancini in BVR1 I Rz 5/15; Nielsen, Inkassogeschäft 29. Neumayr in KBB2 § 1392 Rz 10; Strasser/Grillberger, Probleme des Zessionskredites (1976) 35 f; Strasser in Rummel, ABGB3 § 1002 Rz 34. Die Verordnung (EG) Nr 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2007 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl 2008 L 177/6 ist auf Verträge anzuwenden, die nach dem 17. Dezember 2009 geschlossen werden. Verschraegen in Rummel, ABGB Art 12 EVÜ Rz 4. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 445; Hoeren/Florian, Rechtsfragen Rz 165; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/14. Canaris, BVR3 Rz 1092; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 446; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 33, 35.
Das Rechtsverhältnis Inkassoauftraggeber (Verkäufer) – Einreicherbank
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einzuziehen, wird in Österreich überwiegend abgelehnt, weil eine gewillkürte Prozessstandschaft (anders als in Deutschland)81 nach österreichischem Recht unzulässig ist82. Die Einreicherbank kann auch Vollmacht erhalten, die (ihr nicht zedierte) Inkassoforderung im Namen ihres Auftraggebers einzuziehen83. Eine andere Frage ist, ob sie beim Inkasso dann tatsächlich als Bevollmächtigter auftritt84 oder ob sie sich nicht als solcher deklariert und im eigenen Namen tätig wird. Schließlich kann die Einreicherbank ermächtigt werden, die Leistung des Bezogenen auf die Inkassoforderung für Rechnung des Verkäufers im eigenen Namen entgegenzunehmen85. Diese Ermächtigung begründet nur eine Empfangszuständigkeit und unterscheidet sich dadurch von der Inkassozession (und einer Einziehungsermächtigung), die auch zur aktiven Betreibung der Forderung berechtigt. Eine Zahlstelle ist darauf beschränkt, die Leistung des Schuldners mit für diesen befreiender Wirkung in Empfang zu nehmen. Welche der vorangeführten Konstruktionen bei einem Inkasso Platz greift, kann nur nach dem Einzelfall beurteilt werden; die ERI und die ABB enthalten dafür keine Regelung. Wenn die Einreicherbank die Inkassoforderung weder auf Grund einer Abtretung zum Inkasso noch als Bevollmächtigter ihres Auftraggebers geltend machen kann, so erhält sie durch den Inkassoauftrag aber doch zumindest die Berechtigung, eine Leistung des Bezogenen auf die Inkassoforderung im eigenen Namen in Empfang zu nehmen bzw eine andere Bank, die „vorlegende Inkassobank“, als derart ermächtigte Zahlstelle einzusetzen. Da auf der anderen Seite der Bezogene vom Gläubiger ermächtigt ist, an die Einreicherbank zu zahlen, liegt hier dem Inkasso rechtlich eine Anweisung (auf Schuld) zugrunde86. B. Pflichten der Einreicherbank 1. Prüfung des Inkassoauftrags Die Einreicherbank – und Gleiches gilt für andere eingeschaltete Banken – 2/16 hat nach Art 9 ERI 522 mit angemessener Sorgfalt (§ 1299 ABGB) zu handeln. Sie hat den Inkassoauftrag nur dahin zu überprüfen, ob sie dem äußeren Anschein nach alle im Auftrag angeführten Dokumente auch tatsächlich 81
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Wiegand, Die Einziehungsermächtigung im deutschen, österreichischen und schweizerischen Recht, Honsell-FS (2002) 119, 125ff. OGH 3 Ob 522/95 in ÖBA 1995, 906 = SZ 68/36; 7 Ob 137/02a in ÖBA 2003, 786; Apathy in Schwimann, ABGB § 1002 Rz 20; Ertl in Rummel, ABGB3 § 1392 Rz 7. Vgl OGH in SZ 47/55. Diese Konstruktion kommt in der Praxis freilich kaum vor (Canaris, BVR3 Rz 1092; Einsele, BankR § 6 Rz 90; Menkhaus, Kreditsicherung 42). Das ist etwa der Fall, wenn auf indossablen Inkassodokumenten ein offenes Vollmachtsindossament des Verkäufers an die Einreicherbank aufscheint. Vgl OGH 3 Ob 515/95 in ÖBA 1996, 144 = SZ 68/114; Gschnitzer in Klang VI 404 f; Koziol in KBB2 § 1424 Rz 3; Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1424 Rz 2. Avancini in BVR1 I Rz 5/15 mit Hinweis auf Kramberg, ÖBA 1960, 438 f.
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Das Dokumenteninkasso
erhalten hat; ist das nicht der Fall oder wurden ihr andere als die im Auftrag angeführten Dokumente übermittelt, so muss sie den Inkassoauftraggeber sofort verständigen (Art 12 lit a ERI 522)87. Die ERI stellen klar, dass keine weitere Verpflichtung zur Prüfung der Dokumente besteht. Das ist eine Selbstverständlichkeit, da sich die Bank darauf verlassen kann, dass ihr Auftraggeber selbst am besten weiß, wie die Dokumente beschaffen sein sollen, die er dem Bezogenen vorlegen lassen will. Nur dann sind seine Interessen erkennbar gefährdet, wenn von ihm als übersandt aufgelistete Dokumente nicht bei der Bank eintreffen. Dem Fehlen eines Dokumentes wird gleichzustellen sein, wenn die Bank ein Dokument als Fälschung erkennt; entdeckte Fälschungen sind dem Inkassoauftraggeber sofort anzuzeigen. Konkreten Verdachtsmomenten hinsichtlich der Echtheit hat die Bank nachzugehen88. Sonst braucht sie die Dokumente aber nicht einer Echtheitsprüfung zu unterziehen, da sie davon ausgehen kann, dass ihr vom Inkassoauftraggeber keine Fälschungen zukommen. 2/17
Allgemein ist anerkannt, dass die Einreicherbank keine besonderen Beratungspflichten zum Inkassoauftrag hat. Von sich aus muss sie den Inkassoauftrag nicht unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten beurteilen und sie braucht den Auftraggeber grundsätzlich nicht über eine ihr bekannte mangelnde Kreditwürdigkeit des Bezogenen aufzuklären89. Auf eine akute Insolvenzgefahr muss sie aber doch hinweisen, ebenso auf Bedenken gegen die Durchführbarkeit des Inkassoauftrags selbst. Bei Unklarheiten oder Unmöglichkeit der Durchführung des Auftrags in der gewünschten Weise besteht eine Rückfragepflicht (siehe Rz 2/14). 2. Beauftragung einer weiteren Bank mit dem Inkasso
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Die Einreicherbank hat normalerweise das Inkasso gegenüber dem Bezogenen nicht selbst vorzunehmen, sondern mit der selbständigen Durchführung eine andere Bank (Inkassobank) zu betrauen90. Dies erfolgt auf Rechnung und Gefahr des Inkassoauftraggebers (§§ 1014 f ABGB; Art 11 lit a ERI 522)91. Bei der Beauftragung der Inkassobank handelt die Einreicherbank regelmä87
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Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 444; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 21; Schweinfest, Bankenhaftung 183; vgl auch Avancini in BVR1 I Rz 5/16. Auf das Fehlen von Dokumenten soll die Einreicherbank auch dann hinzuweisen haben, wenn sie den Auftrag ablehnt (Canaris, BVR3 Rz 1090; aM von Westphalen, Exportfinanzierung 209; offen gelassen vom BGH in WM 1970, 11). Einen solchen Hinweis wird die Bank zweckmäßigerweise schon machen, um einem Vorwurf vorzubeugen, Dokumente wären bei ihr in Verstoß geraten. Canaris, BVR3 Rz 1090; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/9. Canaris, BVR3 Rz 1090; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 444; Schlegelberger/Hefermehl Rz 267; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 22; Schinnerer/Avancini III 153; Schinnerer, ÖBA 1982, 443; BGH in WM 1960, 1320. Art 5 lit d ERI 522; Avancini, Frotz-FS 470; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 24 f, 30. Abweichende Vereinbarungen, wonach die Einreicherbank die Haftung für Fehler der Inkassobank – insbesondere eine Freigabe der Dokumente ohne vollständige Zahlung – übernimmt, sind allerdings möglich.
Das Rechtsverhältnis Inkassoauftraggeber (Verkäufer) – Einreicherbank
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ßig im eigenen Namen 92, so dass dem Einreicher und Inkassoauftraggeber kein Weisungsrecht gegenüber der Inkassobank zusteht93. Es kann allerdings auch zu einer Auftragserteilung im Namen des Inkassoauftraggebers kommen. Nur im zweiten Fall entsteht, entsprechende Vollmacht vorausgesetzt, eine direkte Rechtsbeziehung zwischen dem Inkassoauftraggeber und der Inkassobank. Die Inkassobank kann vom Inkassoauftraggeber vorgegeben sein; ist das nicht der Fall, so obliegt es der Einreicherbank, sie auszuwählen (Art 5 lit d ERI 522). Die Einreicherbank hat ihr einen entsprechenden Inkassoauftrag zu erteilen und die Dokumente zu übersenden. Dazu sehen die ERI vor, dass dies direkt oder über eine zwischengeschaltete andere Bank geschehen kann (Art 5 lit e ERI 522). Die Haftung der Einreicherbank für Auswahlverschulden wird durch Art 11 lit a ERI 522 nicht aufgehoben94. Die Inkassobank ist nach Avancini 95 weder Erfüllungsgehilfin der Einrei- 2/19 cherbank, noch deren Substitutin. Die Einreicherbank ist nur verpflichtet, eine andere Bank mit dem Inkasso zu beauftragen und die vom Inkassoauftraggeber erhaltenen Dokumente an sie weiterzuleiten96, nicht aber das Inkasso selbst durchzuführen; die Vorlage und gegebenenfalls Aushändigung der Dokumente gegen die vom Bezogenen zu erbringende Leistung gehören nicht mehr zu ihrem Pflichtenkreis97. Daher ist die Beauftragung der Inkassobank und Weiterleitung der Dokumente schon die Ausführung des der Einreicherbank erteilten Auftrags98. 92
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OGH in SZ 41/163; Avancini, Frotz-FS 470; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 446; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/17; Menkhaus, Kreditsicherung 30; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 27; von Westphalen, Exportfinanzierung 213. Canaris, BVR3 Rz 1097; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 450; Schlegelberger/Hefermehl Rz 270; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 28. Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 31. In BVR1 I Rz 5/19; Frotz-FS 470; dazu Schweinfest, Bankenhaftung 186 FN 1148; ferner OLG Wien in OGH 8 Ob 137/07s; offen lassend OGH 8 Ob 253/02t. Für Substitution aber: OLG Frankfurt in WM 2000, 1637; Canaris, BVR3 Rz 1095; Ebenroth/ Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 451; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 25; W. Obermüller, Sicherungsrechte der Bank beim Dokumenteninkasso, Bärmann-FS (1975) 724 ff; von Westphalen, Exportfinanzierung 214 f; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/13; im Ergebnis auch Menkhaus, Kreditsicherung 34 mit dem Zugeständnis, dass „streng genommen“ keine Substitution vorliege. Nach Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/18 ist die Inkassobank als Erfüllungsgehilfin der Einreicherbank anzusehen, doch sei dieser eine volle Übernahme des Risikos eines vertragswidrigen Verhaltens der Inkassobanken nicht zumutbar. Horn vertritt daher, die Einreicherbank könne ihre Haftung nach § 278 BGB auf das von der Inkassobank Erlangte beschränken. Zur Abgrenzung von Erfüllungsgehilfen und Substituten siehe auch oben Rz 1/198. Avancini, Frotz-FS 470; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 24. Vgl auch Menkhaus, Kreditsicherung 32 f; Nielsen, Die Rechte am Inkassoerlös bei der Bevorschussung von Exportinkassi, ZIP 1985, 779; von Westphalen, Exportfinanzierung 214. Vgl Menkhaus, Kreditsicherung 33; Nielsen, Inkassogeschäft 22; Schinnerer/Avancini III 144.
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Das Dokumenteninkasso
Da die Inkassobank nicht als Erfüllungsgehilfin agiert, haftet die Einreicherbank nur für die von ihr selbst begangenen Fehler99, einschließlich Auswahlverschulden, sofern nicht der Inkassoauftraggeber ihr die Inkassobank vorgeschrieben hat100. Ansprüche der Einreicherbank gegen die Inkassobank sind aber dem Inkassoauftraggeber abzutreten (Z 8 Abs 2 ABB; § 1009 ABGB). Im übrigen können (direkte) Schadenersatzansprüche des Inkassoauftraggebers gegen die Inkassobank auch dann entstehen, wenn die Einreicherbank die Inkassobank im eigenen Namen beauftragt hat, weil mit dem Vertrag Schutzwirkungen zu Gunsten des Inkassoauftraggebers eintreten (wenn und insoweit nach dem Innenverhältnis das Ergebnis des Inkassos wirtschaftlich ihm und nicht auf Grund einer Sicherungsabrede der Einreicherbank zukommen soll)101. Ob die Inkassobank dann aber auch eine im Verhältnis zwischen Einreicherbank und Inkassoauftraggeber allenfalls bestehende Haftungsbeschränkung für sich in Anspruch nehmen kann102, hängt davon ab, ob man die Sorgfaltspflichten auf (objektive) Vertragsauslegung gründet103 oder als gesetzliche Pflichten ansieht, was vorzuziehen ist104. 3. Herausgabe des Erlöses
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Nach Art 16 lit a ERI 522 müssen eingezogene Beträge (gegebenenfalls abzüglich Gebühren und/oder Aufwendungen und/oder Auslagen) in Übereinstimmung mit dem Inkassoauftrag unverzüglich dem Beteiligten zur Verfügung gestellt werden, von dem der Inkassoauftrag zuging. Der Inkassoerlös durchläuft daher die Kette der eingeschalteten Banken in umgekehrter Richtung wie die vorgelegten Dokumente105. Letztlich hat die Einreicherbank dem Inkassoauftraggeber alles herauszugeben, was sie im Zusammenhang mit der Durchführung des Inkassos von der Inkassobank erlangt (§ 1009 ABGB). Meist wird es dabei um Buchgeld gehen, wobei jedoch zu beachten ist, dass nicht jede Buchung auch tatsächlich der Einreicherbank schon einen entsprechenden Nutzen verschafft106. Daher ist die Auffassung von Nielsen 107, der Anspruch des Einreichers auf Herausgabe des Erlöses sei in dem Augenblick 99
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Zur Überwachung der Einhaltung der Inkassobedingungen siehe OGH 8 Ob 137/ 07s. Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 31; von Westphalen, WM 1980, 190. Avancini in BVR1 I Rz 5/20; aM Einsele, BankR § 6 Rz 94, die sich für Drittschadensliquidation ausspricht. So Avancini in BVR1 I Rz 5/20. Siehe auch OGH in JBl 1992, 713 mit Anm von Iro = ÖBA 1992, 841; ferner SZ 51/169. Franz Bydlinski, Vertragliche Sorgfaltspflichten zugunsten Dritter, JBl 1960, 359, 360; OGH in SZ 58/4; vgl aber Schmaranzer, Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (2006) 223 ff mit Bezug auf § 1295 Abs 2 ABGB. Apathy/Riedler, SR BT3 Rz 13/30; Karner in KBB2 § 1295 Rz 19; Koziol, HaftpflichtR I 18/40; OGH 7 Ob 513/96 in SZ 69/258. Menkhaus, Kreditsicherung 19; Nielsen, ZIP 1985, 780; derselbe in BankR-HB § 119 Rz 45 mit Hinweis auf Komplikationen, wenn das Inkasso nicht in der Heimatwährung des Bezogenen zahlbar ist; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/42. Vgl auch Canaris, BVR3 Rz 1093. In BankR-HB § 119 Rz 48.
Das Rechtsverhältnis Inkassoauftraggeber (Verkäufer) – Einreicherbank
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fällig, in dem die Einreicherbank buchmäßige Deckung erhält, zu konkretisieren. Erfolgt die Abbuchung von einem bei der Einreicherbank geführten Konto der Inkassobank, das ein ausreichendes Guthaben ausweist, so steht der Nutzen fest. Bucht aber beispielsweise die Inkassobank den Erlös auf ein bei ihr geführtes Konto der Einreicherbank, das keinen Debetsaldo aufweist, so hängt der Nutzen von der Bonität der Inkassobank sowie von der rechtlichen Verfügbarkeit des so entstandenen Guthabens ab108. Bei einem Fehlschlagen des Inkassos sind die an die Einreicherbank 2/22 zurückgelangten Inkassodokumente dem Inkassoauftraggeber zurückzugeben; war die einzuziehende Forderung an die Einreicherbank zum Inkasso abgetreten, ist sie rückabzutreten. 4. Benachrichtigungen Schon nach allgemeinem Auftragsrecht ist die Einreicherbank verpflichtet, 2/23 dem Inkassoauftraggeber auf Verlangen Auskunft über die Abwicklung des Inkassos zu geben, und sie hat ihn außerdem von sich aus zu benachrichtigen, wenn es sein Interesse oder die Natur des Geschäftes erfordert109. Die in Art 26 ERI 522 für Benachrichtigungen aufgestellten Regeln wenden sich ihrem Wortlaut nach nur an die Inkassobanken. Gleichwohl werden sie sinngemäß auch auf die Einreicherbank im Verhältnis zum Inkassoauftraggeber anwendbar sein.
C. Pflichten des Inkassoauftraggebers Für ihre Tätigkeit hat die Einreicherbank Anspruch auf Provision (§ 354 2/24 Abs 1 UGB, § 1004 ABGB). Deren Höhe wird durch die für das Inkassogeschäft am Sitz der Einreicherbank (ihrer beauftragten Niederlassung) üblichen Sätze bestimmt. Eine abweichende Vereinbarung geht vor. Weiters hat die Einreicherbank einen Aufwandersatzanspruch (§ 1014 ABGB). Im Wesentlichen geht es dabei um den Baraufwand, der mit dem Inkasso verbunden ist, insbesondere um Vergütungen, die der Inkassobank für deren Mühewaltung und Aufwand gebühren. Zur Bestreitung der baren Auslagen kann die Einreicherbank einen angemessenen Vorschuss verlangen.
D. Sicherungsrechte der Einreicherbank In Zusammenhang mit einem Dokumenteninkasso können der Einreicher- 2/25 bank für Forderungen, die sie gegen den Inkassoauftraggeber aus einer 108 109
Avancini in BVR1 I Rz 5/21; Koziol in BVR2 III Rz 1/75. OGH 8 Ob 253/02t; Apathy in Schwimann, ABGB § 1009 Rz 4; Bydlinski in KBB2 § 1009 Rz 2; Stanzl in Klang IV/1, 816, 840.
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Das Dokumenteninkasso
Bevorschussung des Inkassos (Rz 2/2)110 oder aus anderen Rechtstiteln hat, Sicherungsrechte an der Inkassoforderung und/oder an der verkauften Ware (unmittelbar oder über mit Traditionswirkung ausgestattete Inkassodokumente) eingeräumt werden111. Als Sicherungsrechte kommen im Wesentlichen ein Pfandrecht112 oder eine Sicherungsabtretung bzw Sicherungsübereignung in Betracht; weiters ein Zurückbehaltungsrecht nach § 369 UGB oder auf Grund einer Vereinbarung, insbesondere über Z 58 ABB113. Den pfandrechtlichen Publizitätsvorschriften muss in Österreich auch bei der Sicherungsabtretung und bei der Sicherungsübereignung entsprochen werden114. Bei einer Sicherungsabtretung bzw Verpfändung der Inkassoforderung ist das Verfügungsgeschäft nach dem für diese Forderung maßgebenden Recht vorzunehmen115; für die schuldrechtliche Sicherungsabrede gilt, sofern keine Rechtswahl getroffen wurde, gemäß Art 12 Abs 1 EVÜ bzw Art 14 Abs 1 Rom I das Vertragsstatut und damit die Sachnormen im Staat des Zedenten116. Für die Begründung von Sicherungsrechten an der versandten Ware kommt es darauf an, ob zu ihr Traditionspapiere vorliegen. Die für eine Ver110
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Die Bevorschussung kann nach Avancini entweder Vorauszahlung der Einreicherbank auf ihre Pflicht zur Ablieferung des erwarteten Erlöses aus dem noch durchzuführenden Inkasso sein (Bevorschussung durch Vorauszahlung) oder Gewährung eines Kredits bis zum Einlangen des Inkassoerlöses bzw Scheitern des Inkassos (Bevorschussung durch Kreditierung). Im ersten Fall gilt es den durch ein Scheitern des Inkassos bedingten (vertraglichen oder bereicherungsrechtlichen) Rückzahlungsanspruch gegen den Inkassoauftraggeber zu sichern, bei einer Bevorschussung durch Kreditierung geht es um die Sicherung einer betagten Kreditforderung des Kreditinstituts. Für weitere Einzelheiten siehe Avancini, FrotzFS 474 f. Zur Konzeption als Kauf (Diskontierung), der rückgängig zu machen ist, wenn sich die Dokumente als unverwertbar herausstellen, siehe BGH in WM 1968, 985; Nielsen, Sicherungsverträge der Import- und Exportfinanzierung im Lichte der aktuellen Rechtsprechung zur Deckungsgrenze und Sicherheitenfreigabe, WM 1994, 2221, 2261, 2264. Siehe dazu auch Avancini, Frotz-FS 469; für das deutsche Recht: W. Obermüller, Bärmann-FS 709; Liesecke, Die Stellung der kreditgebenden Bank beim Dokumenten-Inkasso und Dokumenten-Akkreditiv, Fischer-FS (1979) 397; Menkhaus, Kreditsicherung 60 ff. Vgl OLG Köln 2 U 143/93 in WM 1994, 1877: Nr 44 AGB-Banken. Dazu Iro in BVR2 I Rz 1/321 ff. OGH in SZ 11/15; SZ 56/188; 3 Ob 531/91 in JBl 1992, 652; 3 Ob 2403/96w in ÖBA 1998, 123 = SZ 70/118; 6 Ob 116/05k in JBl 2007, 379; Apathy, Die Forderungsabtretung, insbesondere zur Kreditsicherung, im österreichischen Recht, in: Hadding/ Schneider, Die Forderungsabtretung, insbesondere zur Kreditsicherung, in ausländischen Rechtsordnungen (1999) 509, 518; Frotz, Aktuelle Probleme des Kreditsicherungsrechts (1970) 109 ff; Hofmann in Rummel, ABGB3 § 451 Rz 1; Koch in KBB2 § 451 Rz 2. Zur Sicherungsübereignung: Iro in BVR2 I Rz 1/424: Art 12 Abs 2 EVÜ; anders die hA, die für die Sicherungszession keine schuldrechtliche, sondern eine dingliche Qualifikation vornimmt: Schwimann, Internationales Privatrecht3 (2001) 143 f; Verschraegen in Rummel, ABGB3 Art 12 EVÜ Rz 33. Zum Pfandrecht an Forderungen: Verschraegen in Rummel, ABGB3 § 31 IPRG Rz 49. Iro in BVR2 I Rz 1/422.
Das Rechtsverhältnis Inkassoauftraggeber (Verkäufer) – Einreicherbank
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pfändung oder Sicherungsübereignung erforderliche Übergabe der Ware kann dann durch die Übergabe des Traditionspapiers vollzogen werden117; andernfalls bedarf es einer Besitzanweisung an den dritten Inhaber der Ware118. Sicherungsrechte können auch an den Inkassodokumenten selbst begründet werden, sie beziehen sich aber nur auf die in den Dokumenten verbrieften Ansprüche, nicht jedoch auch auf die durch sie etwa repräsentierte Ware119. Zweckmäßig ist es, Sicherungsrechte an Ware und Dokumenten zu vereinbaren120. Nach umstrittener Auffassung soll die Einreicherbank, die dem Verkäufer ein 2/26 Inkasso gegen Sicherheiten an der Ware bevorschusst hat, in eine Sicherungslücke geraten, wenn über das Vermögen des Verkäufers zwischen der Einzahlung des Inkassobetrags durch den Bezogenen bei der Inkassobank und dessen Eingang bei der Einreicherbank der Konkurs eröffnet wird und der Einreicherbank die Inkassoforderung selbst nicht (wirksam) sicherungsweise abgetreten ist121. Denn mit der Bareinlösung der Inkassodokumente durch den Bezogenen erlöschen zweifellos die Sicherungsrechte der Einreicherbank an der Ware und an den Dokumenten122; andererseits könne ein Pfandrecht der Einreicherbank am Anspruch des Inkassoauftraggebers auf Ausfolgung des Erlöses erst mit dessen Eingang bei der Einreicherbank entstehen. Mit der Einlösung der Dokumente endet aber auch ein Sicherungsbedarf der Einreicherbank, denn dieser steht der Inkassobetrag nach Maßgabe der Bevorschussung schon im Zeitpunkt seiner Einzahlung bei der Inkassobank auch materiell zu123; sie vereinnahmt ihn daher von vornherein auf eigene Rechnung, da sie auf Grund des Kreditgeschäfts nicht zur Herausgabe des Erlöses an den Inkassoauftraggeber gemäß § 1009 ABGB verpflichtet ist124. 117
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Avancini, Frotz-FS 475; Eccher in KBB2 § 427 Rz 3; Kerschner in Jabornegg, HGB § 363 Rz 3; Klang in Klang II 320; Roth, Grundriß des österreichischen Wertpapierrechts2 (1999) 112 ff; Spielbüchler in Rummel, ABGB3 § 427 Rz 4. Avancini, Frotz-FS 475; Frotz, Probleme 34 ff und 109 ff; OGH in HS I/73; SZ 60/29. Avancini in BVR1 I Rz 5/25 FN 89: Die Sicherungsübereignung eines Konnossements überträgt den Herausgabeanspruch hinsichtlich der Ware; soll diese selbst sicherungsübereignet werden, ist die Verfügung über das Konnossement nur ein Übergabesurrogat, zu dem die weiteren Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine Sicherungsübereignung der Ware (Sicherungsabrede und Einigung über den Eigentumsübergang) hinzutreten müssen (Roth, Grundriß2 122). Vgl die bei Nielsen, WM 1994, 2264 angeführte Standardformulierung. Eine solche Sicherungslücke bejahen etwa: BGH in BGHZ 95, 149 = WM 1985, 1057; Liesecke, Fischer-FS 402 f; W. Obermüller, Bärmann-FS 115 f; dagegen: Canaris, BVR3 Rz 1094; Hoeren/Florian, Rechtsfragen Rz 189; Heymann/Horn, HGB, Anh § 372 Rz VI/16; Menkhaus, Sicherungsrechte der kreditgebenden Einreicherbank am Inkassoerlös im Konkurs des Dokumenteneinreichers beim Dokumenteninkasso, ZIP 1985, 1313 f; derselbe, Kreditsicherung 183 ff; Nielsen, ZIP 1985, 781 ff; derselbe, WM 1994, 2269; derselbe in BankR-HB § 119 Rz 52. So auch Avancini, Frotz-FS 471. Ausführlich dazu Avancini, Frotz-FS 478 ff; ferner Hoeren/Florian, Rechtsfragen Rz 189; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 52. Das ist besonders evident bei Bevorschussung durch Vorauszahlung, gilt aber auch bei Bevorschussung durch Kreditierung, wenn man die Zahlung des Bezogenen im
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Das Dokumenteninkasso
Dass die Einreicherbank für Forderungen, die sie gegen den Inkassoauftraggeber hat, nach Z 49 ABB ein Pfandrecht an (verwertbaren) Inkassodokumenten und insbesondere an der durch Traditionspapiere repräsentierten Ware erwirbt, ist idR zu bezweifeln. Zwar wird vertreten, dass sich das AGBPfandrecht grundsätzlich auch auf Inkassopapiere erstrecke125, doch spricht dagegen, dass diese Papiere – für die Einreicherbank erkennbar126 – „vom Kunden vor Entstehung des Pfandrechtes für die Durchführung eines bestimmten Auftrags gewidmet wurden“, für welchen Fall Z 51 Abs 1 ABB eine Ausnahme vom Pfandrecht nach Z 49 ABB vorsieht.
IV. Das Rechtsverhältnis Einreicherbank – Inkassobank A. Inkassoauftrag 2/28
In Ausführung des ihr erteilten Auftrags beauftragt die Einreicherbank – idR im eigenen Namen (Rz 2/18) – die Inkassobank, die an diese weitergeleiteten Dokumente dem Bezogenen Zug um Zug gegen eine bestimmte Leistung (Barzahlung, Wechselakzept oder sonstige Verpflichtungserklärung) zu übergeben. Die Tätigkeit der Inkassobank ist primär rechtsgeschäftlicher Art (Übertragung von Besitz und Eigentum an den Inkassodokumenten, Entgegennahme von Zahlungen), so dass bei Anwendbarkeit österreichischen Rechts ein nach den §§ 1002 ff ABGB zu beurteilendes Auftragsverhältnis zwischen Einreicherbank und Inkassobank vorliegt. Die tatsächlichen Verrichtungen, die mit der Durchführung des Inkassos verbunden sind, sind nur notwendige Hilfsdienste und daher auf die rechtliche Einordnung ohne Einfluss. Im Übrigen würde auch bei einer Unterstellung unter den „freien Dienstvertrag“127 als einzig in Betracht kommende Alternative praktisch nur Auftragsrecht zur Anwendung gelangen128. Zu den Angaben, die der Inkassoauftrag enthalten soll, kann grundsätzlich auf die entsprechenden Ausführungen zum Auftrag des Inkassoauftraggebers an die Einreicherbank verwiesen werden (siehe Rz 2/14). Die Inkassobank übernimmt keine Aufgaben, mit deren Durchführung die Einreicherbank selbst beauftragt worden ist, zur Erledigung, sondern sie erhält einen selbständigen Auftrag, der ihr andere Aufgaben zuweist, als der Einreicherbank obliegen. Sie ist daher weder Erfüllungsgehilfin noch Substitutin der Einreicherbank (siehe Rz 2/19).
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Rahmen einer Anweisung dahin versteht, dass nicht nur die Kaufpreisschuld getilgt ist (unten Rz 2/48), sondern zugleich auch die Kreditforderung der Einreicherbank gegen den Verkäufer und Inkassoauftraggeber: Avancini, Frotz-FS 480 f. Vgl Canaris, BVR2 Rz 2663; Liesecke, Die Sicherheiten der Bank nach Nr. 19 ff AGB in der neueren Praxis, WM 1969, 551. Iro in BVR2 I Rz 1/264. Diese Qualifizierung in Kombination mit der Annahme eines Auftragsverhältnisses findet sich bei Schinnerer/Avancini III 173 und 175. Vgl Krejci in Rummel, ABGB3 § 1151 Rz 122.
Das Rechtsverhältnis Einreicherbank – Inkassobank
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Haben Einreicherbank und Inkassobank ihren Sitz in verschiedenen Staaten, so findet primär das von den Parteien gewählte Recht Anwendung (Art 3 EVÜ; Art 3 Rom I)129. Fehlt es an einer Rechtswahl, so ist das Recht des Staates maßgebend, mit dem der Vertrag die engsten Verbindungen aufweist, wobei es insbesondere auf die charakteristische Leistung ankommt (Art 4 Abs 1 und 2 EVÜ). Da die charakteristische Leistung beim Dokumenteninkasso von der Inkassobank erbracht wird, ist das Recht am Sitz der Inkassobank anzuwenden130. Daran ändert sich durch Art 4 Abs 1 lit b Rom I nichts; nach dieser Bestimmung unterliegen Dienstleistungsverträge dem Recht des Staates, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ausgehend von der jeweiligen Rechtsstellung, welche die Einreicherbank bei 2/29 der Abwicklung des Inkassos hinsichtlich der Inkassoforderung erlangt hat (siehe Rz 2/15), kommen auch für die Legitimation der Inkassobank unterschiedliche rechtliche Konstruktionen in Betracht: Ist die Einreicherbank auf Grund einer Inkasso- oder Sicherungszession Gläubigerin der Inkassoforderung geworden, so kann sie diese durch eine Inkassozession an die Inkassobank weiter übertragen131, sie kann dieser aber auch bloß eine Vollmacht zur Einziehung erteilen. Eine andere Möglichkeit (auf welche die Einreicherbank mangels einer Abtretung von Seiten des Inkassoauftraggebers sogar beschränkt ist) ist die Einsetzung der Inkassobank als Zahlstelle zur Empfangnahme der Leistung des Bezogenen auf die entweder ihr oder noch dem Inkassoauftraggeber zustehende Inkassoforderung. In diesem Fall hat die Inkassobank bloß eine Empfangsermächtigung, die sie berechtigt, die Leistung des Bezogenen für Rechnung des Forderungsgläubigers im eigenen Namen entgegenzunehmen (siehe Rz 2/15). B. Pflichten der Inkassobank 1. Prüfung des Inkassoauftrags Die Inkassobank hat hinsichtlich des ihr erteilten Auftrags nur eine 2/30 begrenzte Prüfungspflicht, die grundsätzlich jener der Einreicherbank entspricht (siehe Rz 2/16). Zur Beratung ist sie der Einreicherbank nicht verpflichtet, aber auch nicht dem Bezogenen. Diesen zu beraten sollte sie sich überhaupt enthalten; auch wenn sie sonst seine Hausbank ist, ist sie bei der Durchführung des Inkassos im Auftrag der Einreicherbank tätig und sie hat 129 130 131
Iro in BVR2 I Rz 1/406; Verschraegen in Rummel, ABGB3 Art 4 EVÜ Rz 106. Iro in BVR2 I Rz 1/419; Verschraegen in Rummel, ABGB3 Art 4 EVÜ Rz 106. Zu einer theoretisch noch möglichen Sicherungsabtretung wird es aus zwei Gründen nicht kommen: Erstens wird die Inkassobank anders als die Einreicherbank nicht vorfinanzieren, so dass kein Sicherungsbedürfnis entsteht; zweitens darf die Einreicherbank als Sicherungsnehmer die ihr bestellten Sicherheiten grundsätzlich nicht für eigene Sicherungszwecke verwenden. Bei indossablen Papieren wird die Übertragung zum Inkasso formal meist durch ein offenes Vollmachtsindossament erfolgen (Art 18 WG), aber auch ein verdecktes Vollmachtsindossament ist möglich. Siehe auch Nielsen, ZIP 1985, 780.
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Das Dokumenteninkasso
dabei vorrangig deren Interessen und die Interessen des Verkäufers zu wahren. Eine Beratung des Bezogenen könnte zu Interessenkonflikten führen132. 2/31
Zu beachten ist, dass Wechsel und Anweisungen (soweit es sich nicht um „kaufmännische Anweisungen133 von Kaufleuten oder auf Kaufleute“ handelt) unter bestimmten Voraussetzungen einer Rechtsgeschäftsgebühr unterliegen134. Diese Frage hat die inländische Inkassobank zu prüfen. Zur Anbringung etwa notwendiger Stempel oder Erkennungszeichen ist sie nach Art 5 lit c ERI 522 berechtigt; inwieweit sie selbst Gebührenschuldner wird, ergibt sich aus § 28 Abs 2 GebG. 2. Vorlage der Papiere
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Die Inkassobank hat die Dokumente dem Bezogenen zu präsentieren und ihm dabei eine Prüfung zu ermöglichen, ob sie vertragsgemäß sind. Nach Art 5 lit c ERI 522 müssen die Dokumente dem Bezogenen in der Form vorgelegt werden, in der sie empfangen worden sind. Allerdings ist sie zur Anbringung etwa notwendiger Stempel oder Erkennungszeichen sowie zur Vornahme von Indossamenten berechtigt. Wenn der Auftrag nichts Näheres darüber bestimmt, wann die Dokumente zu präsentieren sind135, hat die Bank nach Art 6 ERI 522 bei Sicht zahlbare Dokumente unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern136, zur Zahlung vorzulegen; nicht bei Sicht zahlbare Dokumente sind bei verlangter Akzeptierung unverzüglich zur Akzeptierung und im Falle verlangter Zahlung am Fälligkeitstag vorzulegen. Vorzulegen sind die Dokumente dem Bezogenen grundsätzlich in den Geschäftsräumen der Inkassobank (vorlegenden Bank)137. Die Inkassobank hat den Bezogenen davon zu verständigen, dass die Dokumente zur Prüfung bei ihr bereitliegen. Sie ist mangels einer dementsprechenden Ermächtigung nicht berechtigt, die Dokumente zum Zwecke der Prüfung aus der Hand zu geben, also dem Bezogenen mitzugeben oder zu übersenden138. In der Praxis kommt dies gleichwohl nicht so selten vor139: Die Inkassobank überlässt in einem solchen Fall dem Bezogenen die Dokumente „zu treuen Händen“. 132
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Nielsen, Inkassogeschäft 31 hält eine Beratung des Bezogenen für rechtlich unzulässig; nach Canaris, BVR3 Rz 1098 kann die Inkassobank eine Beratung zwar übernehmen, doch sei dies „wenig ratsam“. Vgl auch Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/18. Vgl nunmehr §§ 363 ff UGB, doch blieb § 33 TP 4 GebG insoweit unverändert. Vgl § 33 TP 22 und TP 4 GebG. Beispiel: Bei Ankunft des Schiffes im Bestimmungshafen. – In Zusammenhang mit der Frist sind Ausdrücke wie „erster“, „prompt“, „unverzüglich“ udgl zu vermeiden; sie werden von den Banken nach Art 5 lit b ERI 522 nicht beachtet. Schweinfest, Bankenhaftung 190 verlangt Vorlage am zweiten Tag nach Eingang der Dokumente. Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 37; Schinnerer/Avancini III 159 f. Vgl Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/21. Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 448; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 37: Hamburger Platzusance; von Westphalen, Exportfinanzierung 216; Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 3/21.
Das Rechtsverhältnis Einreicherbank – Inkassobank
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Eine solche Überlassung erfolgt nur zur Prüfung der Vertragsgemäßheit der Dokumente selbst; insbesondere darf der Bezogene sich ihrer in keiner Weise, etwa zur Untersuchung der bereits eingelangten Ware, bedienen140. Wenn der Bezogene die Leistung, gegen die ihm die Inkassodokumente von der Bank auszuhändigen sind, nicht uneingeschränkt erbringt, hat er die ihm treuhändig überlassenen Dokumente der Bank zurückzugeben, und zwar auch bei einem zwischenzeitigen Vermögensverfall des Verkäufers141. Erfolgt die Überlassung der Inkassodokumente „zu treuen Händen“ ohne ent- 2/33 sprechende Ermächtigung, so geht dies auf Risiko der Inkassobank142. Da ihre Hauptleistung (Aushändigung der Inkassodokumente gegen eine bestimmte Leistung des Bezogenen) ersichtlich dem Verkäufer (Inkassoauftraggeber) zukommen soll, hat sie diesem gegenüber Schutzpflichten, die in ihrem Auftragsverhältnis zur Einreicherbank gründen, und sie haftet dem Inkassoauftraggeber nach vertraglichen Grundsätzen auch für bloße Vermögensschäden143. Wären die Dokumente gegen Barzahlung auszufolgen gewesen, so kann die Inkassobank, wenn sie die dem Bezogenen treuhändig überlassenen Dokumente nicht zurückerhält, auf Schadenersatz in Höhe des Inkassobetrags in Anspruch genommen werden. Der Schaden des Inkassoauftraggebers liegt schon darin, dass er den Inkassobetrag nicht erhalten hat, obwohl die Inkassodokumente ausgefolgt sind144; allerdings muss er, wenn er die Inkassobank zum Schadenersatz heranzieht, dieser seine Ansprüche gegen den Bezogenen aus dem Grundgeschäft abtreten, wenn dies nicht von vornherein geschehen ist. 3. Ausfolgung der Papiere Die Inkassodokumente sind dem Bezogenen nur Zug um Zug145 gegen die im Auftrag bezeichnete Leistung an die Inkassobank 146 auszufolgen. Der 140
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Avancini in BVR1 I Rz 5/32; Nielsen, Inkassogeschäft 17 f; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/22. Vgl Canaris, BVR3 Rz 1098; Nielsen, Die Stellung des Käufers aufgrund der Andienung von Dokumenten „zu getreuen Händen“, ZIP 1983, 535f. Von Bernstorff, RIW 1985, 18; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 448; Schlegelberger/Hefermehl Rz 271; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 37; Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 3/21. Vgl Koziol in BVR2 III Rz 1/20 zur mehrgliedrigen Überweisung im Giroverkehr. Die Inkassobank kann ihm nicht entgegenhalten, dass er nach dem Grundgeschäft nichts oder nur weniger vom Bezogenen hätte fordern können. Der Zweck des Dokumenteninkassos, diese Frage erst nach erfolgter Zahlung in einem Rückforderungsprozess mit umgekehrten Prozessparteirollen auszutragen, erfordert eine gleiche Vorgangsweise bei der Liquidierung eines dem Inkassoauftraggeber von der Inkassobank durch ermächtigungslose Ausfolgung der Dokumente zugefügten Schadens. Avancini in BVR1 I Rz 5/34; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 38; Schweinfest, Bankenhaftung 189. Eine Leistung unmittelbar an den Inkassoauftraggeber (Verkäufer) ist keine „Einlösung der Dokumente“ und berechtigt – selbst wenn sie nachgewiesen wird – die
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Das Dokumenteninkasso
Bezogene kann aufgefordert sein, eine Barzahlung zu leisten, einen Wechsel zu akzeptieren oder eine sonstige Verpflichtungserklärung abzugeben: a) Ausfolgung gegen Barzahlung 2/35
Die Zahlung an die Inkassobank hat so zu erfolgen, dass der Betrag sofort verfügbar ist147, die Inkassobank also gemäß den erhaltenen Weisungen mit ihm verfahren kann. Daher ist etwa die Übergabe von Schecks, die auf dritte Banken gezogen sind, noch keine Zahlung, es sei denn, es handelt sich in Österreich um einen auf die Oesterreichische Nationalbank gezogenen und von dieser gemäß Art 4a ScheckG bestätigten Scheck148. Erteilt der Bezogene der Inkassobank einen entsprechend gedeckten Überweisungsauftrag, so ist darauf zu achten, dass dieser zugunsten des Auftraggebers der Inkassobank ausgestellt ist, der regelmäßig die Einreicherbank und nicht der Verkäufer ist; gleicherweise ist bei einer Bareinzahlung vorzugehen. Denn die Inkassobank hat den Inkassoerlös ihrem Auftraggeber herauszugeben (§ 1009 ABGB149; oben Rz 2/21), was eine entsprechende Verwendungsbestimmung des Zahlers voraussetzt150. Steht eine Verwendungsbestimmung damit in Widerspruch, so ist es zu einer Einlösung der Inkassodokumente gar nicht gekommen und eine Ausfolgung der Dokumente wäre auftragswidrig. Weiters kann sich in einem solchen Fall das Problem stellen, dass der Bezogene auf einen von ihm zugunsten des Inkassoauftraggebers (Verkäufers) einbezahlten Betrag exekutiv greift151, wozu es nicht kommen könnte, wäre Zahlungsbegünstigter die Einreicherbank (oder eine andere zwischengeschaltete Bank).
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Die Höhe des Inkassobetrags ist grundsätzlich dem Inkassoauftrag zu entnehmen; hiervon abweichende Angaben in den beigefügten Handelspapieren sind unbeachtlich. Lauten dagegen Zahlungspapiere auf einen anderen Betrag, so muss die Inkassobank rückfragen und darf vor einer Klärung die Dokumente nur gegen Zahlung oder Sicherstellung des höheren Betrags ausfolgen152. Über die Annahme von Teilzahlungen und die Einziehung von Zinsen, Gebühren und Kosten enthalten die ERI detailliertere Regelungen, auf die verwiesen wird (Art 19 ff ERI 522). Mangels anderer Weisung dürfen die Inkassodokumente erst ausgefolgt werden, wenn Zahlung vollständig geleis-
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Inkassobank nicht, dem Bezogenen die Dokumente auszuhändigen (Nielsen, Inkassogeschäft 33 f). Vgl Art 16 ff ERI 522; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 38. Avancini in BVR1 I Rz 5/35; Schinnerer/Avancini III 166; zum parallelen deutschen Recht: Nielsen, Inkassogeschäft 34. Avancini, Frotz-FS 471. Demnach darf etwa ein Inkassobetrag nicht zur Überweisung an den Verkäufer eingezahlt werden, wenn die Inkassobank von der Einreicherbank im eigenen Namen beauftragt worden ist (vgl Schinnerer/Avancini III 148 und 165 f). Darauf wird von Schinnerer, ÖBA 1982, 440 zu Recht eindringlich hingewiesen. Avancini in BVR1 I Rz 5/36; Schinnerer/Avancini III 163; zustimmend Nielsen, Inkassogeschäft 34.
Das Rechtsverhältnis Einreicherbank – Inkassobank
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tet ist153. Hat der Bezogene Teilzahlungen ohne Vorbehalt gemacht, werden sie den Charakter von Vorauszahlungen haben und als solche von der Inkassobank weiterzuleiten sein154. Befindet sich bei einem dokumentären Inkasso unter den Inkassopapieren ein Wechsel, der erst später fällig wird, so soll der Inkassobank vorgeschrieben werden, ob die Handelspapiere bereits gegen Akzeptierung des Wechsels oder erst gegen Zahlung (Einlösung des Akzepts durch den Bezogenen) freizugeben sind. Fehlt eine entsprechende Weisung, darf die Freigabe nur gegen Zahlung erfolgen (Art 7 lit b ERI 522)155. b) Ausfolgung gegen Akzept Bei entsprechender Weisung (vgl Rz 2/36) sind die zum Inkasso gegebenen 2/37 Handelspapiere dem Bezogenen bereits auszufolgen, wenn dieser den ihm von der Inkassobank vorgelegten Wechsel akzeptiert156. Andernfalls darf die Ausfolgung erst gegen (spätere) Einlösung des Akzeptes vorgenommen werden157. Für den Inhalt des Wechsels ist die Inkassobank, außer sie hat ihn selbst vorgeschrieben, nicht verantwortlich158, wohl aber dafür, dass das Akzept formell ordnungsgemäß ist. Nicht verantwortlich ist die Bank nach Art 22 ERI 522 für die Echtheit von Unterschriften oder für die Zeichnungsberechtigung irgendeines Unterzeichners des Akzepts159. Damit soll, wie die Gegenüberstellung zur Prüfungspflicht im Hinblick auf die formale Seite des Akzeptes deutlich macht, eine Pflicht der Bank ausgeschlossen werden, die Rechtsverbindlichkeit des Akzepts in materieller Hinsicht zu prüfen. Das bedeutet aber nur, dass die Bank keine Ermittlungen anzustellen hat; wenn sie jedoch Verdacht schöpft, muss sie diesem nachgehen. Bei einem Nachsichtwechsel hat die Bank auch auf eine Datierung des Akzepts zu achten bzw gegebenenfalls Protest mangels Datierung erheben zu lassen160. 153 154
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Art 19 lit b ERI 522; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 39; Schinnerer/Avancini III 168. Das folgt aus Art 19 lit c letzter Satz ERI 522 und entspricht allgemeinen Grundsätzen: Apathy in Schwimann, ABGB § 1009 Rz 17. Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 39. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/25 heben hervor, dass ein Käuferakzept den Verkäufer gegenüber einer Zahlungsabwicklung gegen „offene Rechnung“ (dazu aaO Rz 4/1 ff) nur geringfügig besserstelle, zumal die Inkassobanken für die Einlösung des Wechsels nicht haften. Anders, wenn anstelle des Käuferakzepts ein Bankakzept verlangt wird. Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 39; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/26. – Akzeptierte Wechsel werden im Allgemeinen nicht zurückgestellt, sondern von der Inkassobank zurückbehalten und (außerhalb des Inkassoauftrags) bei Fälligkeit dem Bezogenen/Akzeptanten zur Einlösung wieder vorgelegt (Menkhaus, Kreditsicherung 20). Vgl Schinnerer/Avancini III 170. Bedenken gegen diese Haftungsfreizeichnung erhebt von Westphalen, Exportfinanzierung 210. Vgl Schinnerer/Avancini III 170.
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Das Dokumenteninkasso
Zur Veranlassung eines Protestes wegen Nichtzahlung oder Nichtakzeptierung ist die Bank nur verpflichtet, wenn sie dazu speziell angewiesen wurde (Art 24 ERI 522). Fehlt es an einer Weisung, so trifft die Inkassobanken keine Verantwortung für das Unterlassen der Protesterhebung: Während es in Deutschland verkehrsüblich ist, dass die Banken auch ohne Weisung Protest erheben161, trifft dies für Österreich nicht zu. In Hinblick auf die Kosten des Protestes spricht sich Schweinfest 162 dagegen aus, die Protesterhebung ins Ermessen der Inkassobank zu stellen. Bei einer Protesterhebung nach österreichischem Wechselrecht ist der Protestbeamte nicht Erfüllungsgehilfe der Inkassobank. Diese haftet daher auch nicht für ein dem Protestbeamten unterlaufenes Verschulden. Sie hat nur für eine rechtzeitige Beauftragung der Protesterhebung einzustehen, wenn ihr deren Veranlassung aufgetragen ist. c) Ausfolgung gegen sonstige Verpflichtungserklärungen 2/38
Die Inkassobank kann auch beauftragt sein, die Dokumente dem Bezogenen gegen eine andere Verpflichtungserklärung als ein Wechselakzept auszufolgen163. Tunlichst soll der Text der Verpflichtungserklärung schon vom Verkäufer und Inkassoauftraggeber zur Gänze vorformuliert sein164. Wird der Inkassobank kein Text vorgegeben, soll sie sich grundsätzlich mit einer Erklärung des Bezogenen begnügen können, die sich so bezeichnet, wie dies im Auftrag vorgesehen ist165. Auf Grund der einem Beauftragten obliegenden Interessenwahrungspflicht wird die Inkassobank aber doch gehalten sein, die Erklärung dahingehend zu prüfen, ob ihr Inhalt mit ihrer Bezeichnung im Einklang steht. Ist das nicht der Fall, wird die angebotene Verpflichtungserklärung zurückzuweisen und mit dem Auftraggeber Rücksprache zu nehmen sein. Soweit die Inkassobank keinen Text vorgeschrieben bekommt, kann sie ihn auch selbst entwerfen, ohne für dessen Inhalt zu haften (Art 8 ERI 522)166. Dieser Haftungsausschluss kann freilich nur innerhalb der allgemeinen Grenzen der Zulässigkeit von Freizeichnungsklauseln wirksam sein (Rz 2/11). Daher wird von eigenen Entwürfen eher abzuraten sein.
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Ist der Inhalt der Verpflichtungserklärung, die der Bezogene abgeben soll, nicht näher umschrieben, so wird doch üblicherweise erwartet, dass er erklärt, die Inkassodokumente und die durch sie repräsentierte Ware nur 161
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Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 39; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/27. – Die Wirksamkeit dieser Regelung in den ERI wurde in Deutschland unter Hinweis auf § 9 Abs 2 Z 2 AGBG (jetzt § 307 Abs 2 Z 2 BGB) in Frage gestellt (vgl Canaris, BVR3 Rz 1091; von Westphalen, Exportfinanzierung 211). Bankenhaftung 192. Diese Abwicklungsform wird in den ERI nicht mehr eigens erwähnt; sie gehört zur Aushändigung der Dokumente „unter anderen Bedingungen“ (vgl Art 2 lit a iii ERI 522; oben Rz 2/1). Avancini in BVR1 I Rz 5/38; Schinnerer/Avancini III 171; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/30. Schinnerer/Avancini III 171; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/30; zurückhaltender Nielsen, Inkassogeschäft 37. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/30.
Das Rechtsverhältnis Einreicherbank – Inkassobank
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treuhändig für den Verkäufer zu halten und den noch offenen Kaufpreis zu einem bestimmten Termin oder bei einem früheren Weiterverkauf zu bezahlen167. Für derartige Verpflichtungserklärungen ist auch die Bezeichnung „Trust-Receipt“ gebräuchlich, doch ist zu beachten, dass es für Trust Receipts keinen international standardisierten Text gibt168. Auch hier ist es daher Sache des Verkäufers, den genaueren Inhalt eines von ihm gewünschten Trust Receipts vorzuschreiben. Ob die Erklärung des Bezogenen, die Ware treuhändig für den Verkäufer zu halten, dazu führt, dass dieser weiterhin das Eigentum an ihr behält169, ist eine Frage des für den Eigentumsübergang jeweils maßgeblichen Rechts. Insbesondere kommt eine Deutung als Eigentumsvorbehalt in Betracht170. Normalerweise soll der Verkäufer aus der Verpflichtungserklärung des Bezo- 2/40 genen berechtigt werden; daher ist grundsätzlich er Adressat der Erklärung171. Verpflichtungserklärungen mit einem anderen Adressaten sind von der Inkassobank zurückzuweisen, wenn der Inkassoauftrag nichts anderes bestimmt172. 4. Herausgabe des Inkassoerlöses bzw Rückstellung der Inkassodokumente Die Inkassobank hat gemäß § 1009 ABGB ihrem Auftraggeber das aus dem 2/41 Inkasso vom Bezogenen Erlangte (Geld, Wechselakzept173 oder sonstige Verpflichtungserklärung) herauszugeben174. Gläubiger dieses Herausgabeanspruchs ist der Auftraggeber der Inkassobank, idR also die Einreicherbank (Rz 2/21). Der Verkäufer kann sich nur dann unmittelbar an die Inkassobank halten, wenn er sie selbst oder durch die als seine Stellvertreterin handelnde Einreicherbank mit dem Inkasso beauftragt hat, ferner wenn die Einreicherbank ihm ihren Herausgabeanspruch abgetreten hat. Scheitert das Inkasso, so muss die vorlegende Bank gemäß Art 26 lit c iii 2/42 ERI 522 den unmittelbaren Auftraggeber (idR die Einreicherbank) unverzüg167 168 169
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Vgl Nielsen, Inkassogeschäft 37; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/28. Vgl Nielsen, Inkassogeschäft 37; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/30. Dazu und zu den anglo-amerikanischen Wurzeln des Trust Receipt siehe Zahn/ Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/29. Nielsen, Das Risiko der Wiedererlangung der Akkreditivsumme bei fehlerhafter Auszahlung durch akkreditivbestätigende (Zweit)Bank, WM 1985, 154 weist darauf hin, dass bei Vereinbarung von dokumentären Zahlungsklauseln der Verkäufer sein Eigentum an der Ware grundsätzlich nur bei Bezahlung der Warendokumente aufgeben wolle. Nielsen, Inkassogeschäft 37; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/30. So wird etwa bei einer notifizierten Zession darauf zu achten sein, dass der Bezogene nunmehr dem Zessionar leisten muss, was sich dann aber auch in der Verpflichtungserklärung niederschlägt, die ihm abverlangt werden kann. Soweit der Wechsel nicht von der Inkassobank einbehalten werden soll, um ihn bei Fälligkeit dem Akzeptanten zur Einlösung vorzulegen. Zur Auslandsüberweisung in diesem Zusammenhang Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 45 ff.
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Das Dokumenteninkasso
lich benachrichtigen; weiters sollte sie versuchen, die dafür maßgeblichen Gründe festzustellen; schließlich sind die Inkassodokumente mangels anderer Weisung an den unmittelbaren Auftraggeber zurückzustellen. Art 26 lit c iii ERI 522 sieht eine Frist von 60 Tagen für die Erteilung entsprechender Weisungen vor. Eine zum Inkasso abgetretene Forderung ist an den Zedenten rückabzutreten. Grundsätzlich hat die Inkassobank keine Fürsorgepflicht hinsichtlich der Ware (Art 10 lit b ERI 522). Insbesondere braucht sie sich nicht um eine Rücksendung oder Einlagerung zu sorgen, wenn es zu keiner Ausfolgung der Dokumente an den Bezogenen kommt175. Andererseits darf sie nichts tun, was Bemühungen des Bezogenen unterstützen würde, unbefugterweise in den Besitz nicht bezahlter Ware zu gelangen176. Nur mit vorheriger Zustimmung darf die Ware direkt an die Inkassobank oder zu ihrer Verfügung versandt werden (Rz 2/5); in der Praxis geschieht dies jedoch meist ohne Einholung der Zustimmung177. Liegt eine solche Zustimmung der Inkassobank vor, so hat sie sich dann aber auch um das weitere Schicksal der Ware zu kümmern178, insbesondere zumutbare Weisungen, wie bei einem Scheitern des Inkassos mit ihr zu verfahren ist, zu befolgen. 5. Benachrichtigungen 2/43
Eine Benachrichtigungspflicht über wesentliche Vorkommnisse179 ergibt sich für die Inkassobank schon nach Auftragsrecht (vgl Rz 2/23). Detailliertere Regelungen für Benachrichtigungen finden sich in Art 26 ERI 522. Danach hat die Inkassobank eine Bezahlung oder Akzeptierung bzw Nichtzahlung oder Nichtakzeptierung unverzüglich zu melden180. Zur Benachrichtigung vom Scheitern des Inkassos siehe Rz 2/42. Wird der Einreicherbank das Scheitern mitgeteilt, so hat sie innerhalb angemessener Frist etwa fehlende Weisungen, wie die Inkassodokumente weiter zu behandeln sind, nachzuholen. Die Art der Übermittlung aller Benachrichtigungen bestimmt sich nach den Weisungen der Einreicherbank. Ohne entsprechende Weisung kann die Inkassobank die Benachrichtigung nach eigener Wahl – die jedoch mit ent175
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Canaris, BVR3 Rz 1091; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg Rz II 444; Schlegelberger/Hefermehl Rz 268; Heymann/Horn, HGB Anh § 372 Rz VI/11; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 44. Götte, Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Dokumenteninkasso, WM 1962, 594. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/39: keine Haftung der Bank. Vgl Nielsen, Inkassogeschäft 39; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/10, 3/39; Canaris, BVR3 Rz 1091. Dazu gehören alle der Inkassostelle bekannten Ereignisse, welche die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäftes zu vereiteln drohen und ein sofortiges Eingreifen des Inkassoauftraggebers im eigenen Interesse erfordern (Götte, WM 1962, 594 f). Das gilt natürlich gleicherweise für den Fall, dass eine andere Verpflichtungserklärung vom Bezogenen abgegeben oder verweigert wurde (Schinnerer/Avancini III 172). Siehe auch Vorpeil, Schadensersatzanspruch gegen US-Inkassobank, RIW 1991, 245.
Das Verhältnis Inkassobank – Bezogener (Käufer)
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sprechender Sorgfalt zu treffen ist181 – auf Kosten des unmittelbaren Auftraggebers vornehmen (Art 26 lit b ERI 522). C. Pflichten der Einreicherbank Die Inkassobank hat gegenüber der Einreicherbank Anspruch auf Provision 2/44 (§ 354 Abs 1 UGB, § 1004 ABGB) und auf Aufwandersatz (§ 1014 ABGB). Soweit die Höhe der Provision nicht durch Vereinbarung geregelt ist, bestimmt sie sich nach den am Sitz der Inkassobank (ihrer beauftragten Niederlassung) üblichen Sätzen. D. Einschaltung einer weiteren Bank zur Durchführung des Inkassos Es ist möglich, dass auch die von der Einreicherbank beauftragte Inkassobank 2/45 das Inkasso nicht selbst durchführt, sondern ihrerseits eine weitere Bank mit dem Inkasso beauftragt und erst diese Bank dem Begünstigten die Dokumente vorlegt und gegen Entrichtung des Gegenwertes ausfolgt. Eine so nur zwischengeschaltete Inkassobank hat gegenüber der „vorlegenden“ Inkassobank die gleiche Stellung wie eine Einreicherbank gegenüber der Inkassobank bei der Einschaltung von nur zwei Banken. Auf die oben vorgenommene Erörterung dieses Rechtsverhältnisses (Rz 2/28 ff) kann deshalb verwiesen werden.
V. Das Verhältnis Inkassobank – Bezogener (Käufer) Durch den der Inkassobank erteilten Inkassoauftrag entsteht zwischen dieser 2/46 und dem Bezogenen noch keine Rechtsbeziehung182. Die Inkassobank begründet aber mit der Aufforderung, die vorliegenden Dokumente zu beheben und zu honorieren, einen rechtsgeschäftlichen Kontakt zu dem Bezogenen, aus dem sich Sorgfaltspflichten ergeben können183. Aus den ERI selbst ergeben sich keine Sorgfaltspflichten der Inkassobank gegenüber dem Bezogenen184, da ohne rechtsgeschäftliche Beziehung auch eine Geltung der ERI im Verhältnis Inkassobank – Bezogener nicht vereinbart sein kann. Auch wenn die Inkassobank Hausbank des Bezogenen sein sollte, wird sie bei 2/47 der Abwicklung des Inkassos nicht für ihn tätig, sondern sie steht ihm in Verfolgung fremder Interessen gegenüber185. Insbesondere folgt daraus, dass die Inkassobank die Inkassodokumente nicht für den Bezogenen darauf hin zu 181 182
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Vgl Apathy in Schwimann, ABGB3 § 1009 Rz 5 und § 1012 Rz 2. OGH 6 Ob 619/91 in ÖBA 1992, 1035 mit Anm von Avancini; Canaris, BVR3 Rz 1098; Schlegelberger/Hefermehl Rz 271; Hoeren/Florian, Rechtsfragen Rz 172; Nielsen in BankR-HB § 119 Rz 8; Schinnerer/Avancini III 147. Im Weiteren kann es dann aber doch auch zu Rechtsgeschäften kommen, wie etwa bei der Einzahlung des Inkassobetrags und bei der Übertragung von Inkassodokumenten. Avancini in BVR1 I Rz 5/46; vgl aber Schinnerer, ÖBA 1982, 441. OGH in ÖBA 1992, 1035; Avancini in BVR1 I Rz 5/47.
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Das Dokumenteninkasso
prüfen hat, ob sie auch vertragskonform sind186, und dass sie wegen der Möglichkeit eines Interessenkonflikts einem Ansinnen des Bezogenen, eine solche Prüfung vorzunehmen, gar nicht nähertreten sollte (siehe Rz 2/30). Wird sie für Fehler, die ihr bei einer dennoch vorgenommenen Dokumentenprüfung unterlaufen sind, dem Bezogenen verantwortlich, so kann sie sich nicht an der Einreicherbank oder gar an dem Inkassoauftraggeber regressieren187. 2/48
Durch die Einzahlung des Inkassobetrags bei der Inkassobank tilgt der Bezogene in diesem Umfang die Inkassoforderung (Kaufpreisforderung)188. Ein von ihm der Inkassobank erteilter Überweisungsauftrag wird mit Aushändigung der Inkassodokumente an ihn auch schon vor seiner Ausführung unwiderruflich. Auch wenn die Forderung an die Inkassobank nicht zum Inkasso abgetreten gewesen sein sollte, ist die Bank jedenfalls eine Zahlstelle für den Gläubiger mit der Wirkung, dass eine bei ihr erfolgte Zahlung den Schuldner befreit189. Dem Bezogenen gegenüber wird die Inkassobank als zum Empfang ermächtigte Zahlstelle durch den Inkassoauftrag und die Inkassodokumente ausgewiesen190. Für Forderungen, die der Bezogene gegen den Verkäufer aus dem Geschäft, das dem Inkasso zugrunde liegt, oder aus einem anderen Titel hat, kann er auf den von ihm bei der Inkassobank eingezahlten Betrag unter den allgemeinen Voraussetzungen, die für eine Pfändung oder eine einstweilige Verfügung erfüllt sein müssen, nur dann greifen, wenn der Anspruch auf Ablieferung des Inkassoerlöses dem Verkäufer unmittelbar zusteht. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn die Inkassobank den Inkassoauftrag von einer Einreicherbank in deren Namen erhalten hat191; dann ist sie dieser und nicht dem Verkäufer zur Ablieferung verpflichtet. Wird im Wege einer einstweiligen Verfügung oder durch eine Pfändung auf einen angeblichen Herausgabeanspruch des Verkäufers und Inkassoauftraggebers gegen die Inkassobank gegriffen und ihr eine Weiterleitung des eingezogenen Betrags an den Verkäufer gerichtlich untersagt, steht der Herausgabeanspruch aber der Einreicherbank zu, so erfasst das gerichtliche Verbot diesen Anspruch gar nicht und die Inkassobank kann an die Einreicherbank zahlen192. 186
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Vgl Canaris, BVR3 Rz 1098; Schlegelberger/Hefermehl Rz 271; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/17. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/18. Avancini, ÖBA 1992, 1038; Kramberg, ÖBA 1960, 440; Menkhaus, Kreditsicherung 37. Eine Leistung an den zum Empfange geeigneten Machthaber (Rz 2/15) gilt mit Eingang bei ihm als dem Gläubiger zugegangen (Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1424 Rz 1). Siehe speziell zum Dokumenteninkasso auch Menkhaus, Kreditsicherung 40. Siehe auch Kramberg, ÖBA 1960, 440. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 3/13 ff. Avancini in BVR1 I Rz 5/48; Schinnerer/Avancini III 19. Der Umstand, dass eine gepfändete oder mit einstweiliger Verfügung in Beschlag genommene Forderung nicht dem Verpflichteten bzw dem Gegner der gefährdeten Partei zusteht, sondern einem anderen Gläubiger, kann im Exekutionsverfahren bzw im Provisorialverfahren nicht geltend gemacht werden (vgl OGH in EvBl 1958/ 259). Sollte allerdings das gerichtliche Verbot sprachlich so weit gefasst sein, dass
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Waren dem Bezogenen die Inkassodokumente „zu treuen Händen“ ange- 2/49 dient (siehe Rz 2/32 f), stellt er sie aber nicht zurück und bleibt auch seine Gegenleistung aus, so wird er der Inkassobank schadenersatzpflichtig, soweit nun diese selbst die Inkassoforderung bezahlen muss. Dem Schadenersatzanspruch der Inkassobank kann er keine Einwendungen aus seinem Verhältnis zum Inkassoauftraggeber (Verkäufer) entgegensetzen193. Außerdem haftet der Bezogene der Inkassobank auch bereicherungsrechtlich insoweit, als er aus den Dokumenten, etwa durch einen Weiterverkauf der Ware, einen Vorteil erlangt hat.
VI. Anhang: ERI 522194 Einheitliche Richtlinien für Inkassi, 1995 A. Allgemeine Regeln und Begriffsbestimmungen Artikel 1. Anwendbarkeit der ERI 522 a. Die Einheitlichen Richtlinien für Inkassi, Revision 1995, ICC-Publikation 522, gelten für alle Inkassi wie in Artikel 2 definiert, soweit sie in den Text eines „Inkassoauftrags“ gemäß Artikel 4 einbezogen sind und sind für alle Beteiligten bindend, sofern nicht ausdrücklich anderweitige Vereinbarungen getroffen worden sind oder nicht nationale, staatliche oder örtliche Gesetze und/oder Verordnungen entgegenstehen, von denen nicht abgewichen werden darf. b. Banken sind nicht verpflichtet, ein Inkasso oder irgendeine Inkassoweisung oder spätere sich darauf beziehende Weisungen zu bearbeiten. c. Wenn eine Bank sich aus irgendeinem Grund entschließt, ein erhaltenes Inkasso oder sich darauf beziehende Weisungen nicht zu bearbeiten, muss sie unverzüglich denjenigen Beteiligten, von dem sie das Inkasso oder die Weisungen erhalten hat, durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Wege davon unterrichten. Artikel 2. Definition des Inkassos Im Sinne dieser Richtlinien bedeuten: a. „Inkasso“ die Bearbeitung von nachstehend unter Artikel 2 (b) definierten Dokumenten durch Banken in Übereinstimmung mit erhaltenen Weisungen, um: i. Zahlung und/oder Akzeptierung zu erhalten
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eine Zahlung auch an die Einreicherbank untersagt wird, greift die Verfügung in Rechte Dritter ein. In diesem Fall wird es sich für die Inkassobank empfehlen, die Unzulässigkeit eines solchen Eingriffs mit Rekurs geltend zu machen und den Inkassoerlös einstweilen zurückzuhalten. Die Einreicherbank, die durch das Zahlungsverbot beschwert wäre, ist ebenfalls zur Rekurserhebung legitimiert (vgl OGH in SZ 15/131; JBl 1957, 372; Jakusch in Angst, EO § 65 Rz 3). Vgl auch OLG Hamburg in ZIP 1983, 153 und die Anm dazu von Nielsen, ZIP 1983, 535. Abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der ICC Austria.
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Das Dokumenteninkasso
oder ii. Dokumente gegen Zahlung und/oder Akzeptierung auszuhändigen oder iii. Dokumente unter anderen Bedingungen auszuhändigen. b. „Dokumente“ Zahlungspapiere und/oder Handelspapiere: i. „Zahlungspapiere“ Wechsel, Solawechsel, Schecks oder andere ähnliche zum Erlangen von Zahlungen dienende Dokumente; ii. „Handelspapiere“ Rechnungen, Transportdokumente, Dispositions- oder andere ähnliche Dokumente sowie irgendwelche andere Dokumente, die keine Zahlungspapiere darstellen. c. „Einfaches Inkasso“ das Inkasso von Zahlungspapieren, die nicht von Handelspapieren begleitet sind. d. „Dokumentäres Inkasso“ das Inkasso von: i. Zahlungspapieren, die von Handelspapieren begleitet sind; ii. Handelspapieren, die nicht von Zahlungspapieren begleitet sind. Artikel 3. Beteiligte an einem Inkasso a. Im Sinne dieser Richtlinien sind die „Beteiligten“: i. der „Auftraggeber“, das ist derjenige, der eine Bank mit der Bearbeitung eines Inkassos betraut; ii. die „Einreicherbank“, das ist die vom Auftraggeber mit der Bearbeitung des Inkassos betraute Bank; iii. die „Inkassobank“, das ist jede mit der Durchführung des Inkassos befasste Bank mit Ausnahme der Einreicherbank; iv. die „vorlegende Bank“, das ist diejenige Inkassobank, die gegenüber dem Bezogenen die Vorlegung vornimmt. b. Der „Bezogene“ ist derjenige, demgegenüber in Übereinstimmung mit dem Inkassoauftrag die Vorlegung zu erfolgen hat.
B. Form und Gliederung von Inkassi Artikel 4. Inkassoauftrag a. i. Alle zum Inkasso übersandten Dokumente müssen von einem Inkassoauftrag begleitet sein, der angibt, dass das Inkasso den ERI 522 unterliegt und in dem vollständige und genaue Weisungen erteilt werden. Banken sind nur berechtigt, gemäß den in einem solchen Inkassoauftrag erteilten Weisungen sowie in Übereinstimmung mit diesen Richtlinien zu verfahren. ii. Banken werden Dokumente nicht auf darin enthaltene Weisungen prüfen. iii. Sofern im Inkassoauftrag nicht anderweitig ermächtigt, werden Banken Weisungen von einem anderen Beteiligten/einer anderen Bank als dem Beteiligten/der Bank, von welchem/welcher sie das Inkasso erhalten haben, keine Beachtung schenken. b. Ein Inkassoauftrag sollte die folgenden Informationen, soweit anwendbar, enthalten: i. Einzelheiten über die Bank, von der das Inkasso zuging einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift, SWIFT Adresse, Telex-, Telefon-, TelefaxNummern und Referenz.
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ii. Einzelheiten über den Auftraggeber einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift und gegebenenfalls Telex-, Telefon-, Telefax-Nummern. iii. Einzelheiten über den Bezogenen einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift oder der Domizilstelle, bei der die Vorlegung zu erfolgen hat und gegebenenfalls Telex-, Telefon-, Telefax-Nummern. iv. Einzelheiten über die etwaige vorlegenden Bank einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift und gegebenenfalls Telex-, Telefon-, Telefax-Nummern. v. Einzuziehende(r) Beträge (Betrag) und Währung(en). vi. Auflistung der beigefügten Dokumente und Angabe der Anzahl jedes einzelnen Dokumentes. vii. a. Bedingungen, unter denen Zahlung und/oder Akzeptierung zu erhalten ist. b. Bedingungen für die Aushändigung von Dokumenten gegen: 1) Zahlung und/oder Akzeptierung 2) andere Bedingungen. Der Beteiligte, der den Inkassoauftrag erstellt, ist verantwortlich dafür, dass die Bedingungen für die Aushändigung von Dokumenten klar und eindeutig angegeben sind, anderenfalls übernehmen Banken für daraus resultierende Folgen keine Verantwortung. viii. Einzuziehende Gebühren mit der Angabe, ob oder ob nicht auf sie verzichtet werden kann. ix. Falls zutreffend, einzuziehende Zinsen mit der Angabe, ob oder ob nicht auf sie verzichtet werden kann, einschließlich: a. Zinssatz b. Berechnungszeitraum c. Art der anzuwendenden Zinsberechnung (z.B. das Jahr zu 360 oder 365 Tagen). x. Art der Zahlung und Form des Zahlungsavises. xi. Weisungen für den Fall von Nichtzahlung, Nichtakzeptierung und/oder Nichterfüllung anderer Weisungen. c. i. Inkassoweisungen sollen die vollständige Anschrift des Bezogenen enthalten oder die Domizilstelle, bei der die Vorlage zu erfolgen hat. Wenn die Anschrift unvollständig oder unrichtig ist, kann die Inkassobank ohne eigene Haftung und Verantwortlichkeit versuchen, die richtige Anschrift festzustellen. ii. Die Inkassobank ist nicht haftbar oder verantwortlich für Verzögerungen aufgrund unvollständiger/unrichtiger Adresse.
C. Form der Vorlegung Artikel 5. Vorlegung a. Im Sinne dieser Richtlinien bedeutet Vorlegung das Verfahren, mit dem die vorlegende Bank die Dokumente dem Bezogenen weisungsgemäß verfügbar macht. b. Der Inkassoauftrag sollte die genaue Frist angeben, innerhalb derer der Bezogene Maßnahmen zu ergreifen hat. Ausdrücke wie „erster“, „prompt“, „unverzüglich“ und ähnliche sollten nicht im Zusammenhang mit der Vorlegung oder in Bezug auf eine Frist verwendet werden, innerhalb der die Dokumente aufzunehmen sind oder der Bezogene anderweitige Maßnahmen zu ergreifen hat. Wenn solche Ausdrücke verwendet werden, werden die Banken sie nicht beachten.
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Das Dokumenteninkasso
c. Dokumente müssen dem Bezogenen in der Form vorgelegt werden, in der sie empfangen worden sind. Banken sind jedoch berechtigt, etwa notwendige Stempelmarken anzubringen, und zwar, sofern keine anderen Weisungen erteilt worden sind, auf Kosten des Beteiligten, von dem ihnen das Inkasso zugegangen ist, und etwa erforderliche Indossamente vorzunehmen oder irgendwelche Stempel oder andere Erkennungszeichen oder -symbole anzubringen, die für den Inkassovorgang üblich oder erforderlich sind. d. Um die Weisungen des Auftraggebers anzuführen, betraut die Einreicherbank als Inkassobank die vom Auftraggeber benannte Bank. Mangels einer solchen Benennung wird die Einreicherbank eine Bank nach eigener Wahl oder Wahl einer anderen Bank im Lande der Zahlung oder Akzeptierung oder in dem Land, in dem andere Bedingungen zu erfüllen sind, betrauen. e. Dokumente und Inkassoauftrag können von der Einreicherbank direkt oder über eine zwischengeschaltete andere Bank der Inkassobank übersandt werden. f. Falls die Einreicherbank keine spezielle vorlegende Bank benennt, kann sich die Inkassobank einer vorlegenden Bank nach eigener Wahl bedienen. Artikel 6. Sicht/Akzeptierung Bei Sicht zahlbare Dokumente muss die vorlegende Bank unverzüglich zur Zahlung vorlegen. Nicht bei Sicht zahlbare Dokumente muss die vorlegende Bank im Falle verlangter Akzeptierung unverzüglich zur Akzeptierung und im Falle verlangter Zahlung nicht später als am betreffenden Fälligkeitsdatum zur Zahlung vorlegen. Artikel 7. Freigabe von Handelspapieren Dokumente gegen Akzept (D/A) und Dokumente gegen Zahlung (D/P) a. Inkassi sollten keine erst später fälligen Wechsel mit Weisungen enthalten, dass die Handelspapiere gegen Zahlung auszuhändigen sind. b. Wenn ein Inkasso einen erst später fälligen Wechsel enthält, sollte im Inkassoauftrag bestimmt werden, ob die Handelspapiere dem Bezogenen gegen Akzeptierung (D/A) oder gegen Zahlung (D/P) freizugeben sind. Fehlt eine solche Bestimmung, werden Handelspapiere nur gegen Zahlung freigegeben und die Inkassobank ist nicht verantwortlich für jegliche Folgen irgendwelcher Verzögerungen in der Aushändigung der Dokumente. c. Wenn ein Inkasso einen erst später fälligen Wechsel enthält und der Inkassoauftrag angibt, dass Handelspapiere gegen Zahlung freizugeben sind, werden die Dokumente nur gegen entsprechende Zahlung freigegeben und die Inkassobank ist nicht verantwortlich für jegliche Folgen irgendwelcher Verzögerungen in der Aushändigung der Dokumente. Artikel 8. Erstellung von Dokumenten Hat die Inkassobank oder der Bezogene gemäß Weisung der Einreicherbank Dokumente zu erstellen (Wechsel, Solawechsel, Trust Receipts, Verpflichtungsschreiben oder andere Dokumente), die nicht dem Inkasso beigefügt waren, müssen Form und
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Wortlaut derartiger Dokumente von der Einreicherbank vorgeschrieben werden; anderenfalls ist die Inkassobank für Form und Wortlaut solcher von ihr und/oder dem Bezogenen gelieferten Dokumente nicht haftbar oder verantwortlich.
D. Haftung und Verantwortlichkeit Artikel 9. Treu und Glauben und angemessene Sorgfalt Banken handeln nach Treu und Glauben und mit angemessener Sorgfalt. Artikel 10. Dokumente und Waren/Dienstleistungen/Leistungen a. Waren sollten nicht direkt an die Adresse einer Bank oder zur Verfügung oder an die Order einer Bank versandt werden, ohne dass diese Bank zuvor zugestimmt hat. Wenn der Bank dennoch ohne ihre vorherige Zustimmung Waren direkt an ihre Adresse oder zu ihrer Verfügung oder an ihre Order zwecks Freigabe an einen Bezogenen gegen Zahlung, Akzeptierung oder unter anderen Bedingungen zugesandt werden, ist diese Bank nicht zur Entgegennahme der Waren verpflichtet, für welche Gefahr und Verantwortlichkeit beim Absender verbleiben. b. Banken sind nicht verpflichtet, irgendwelche Maßnahmen hinsichtlich der Waren zu ergreifen, auf die sich das dokumentäre Inkasso bezieht, einschließlich ihrer Einlagerung und Versicherung, selbst wenn spezielle Weisungen, dies zu tun, erteilt wurden. Banken werden derartige Maßnahmen nur ergreifen, wenn und in dem Ausmaß, in dem sie dazu im Einzelfall bereit sind. Ungeachtet der Bestimmungen des Artikels 1 (c) findet diese Regelung auch bei Fehlen einer diesbezüglichen Benachrichtigung durch die Inkassobank Anwendung. c. Falls Banken dennoch, ob beauftragt oder nicht, Maßnahmen zum Schutze der Waren ergreifen, übernehmen sie keine Haftung oder Verantwortlichkeit für Schicksal und/oder Zustand der Waren und/oder irgendwelche Handlungen und/oder Unterlassungen Dritter, die mit der Verwahrung und/oder dem Schutz der Waren betraut wurden. Die Inkassobank muss jedoch diejenige Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich über alle ergriffenen Maßnahmen benachrichtigen. d. Alle Gebühren und/oder Auslagen, die den Banken im Zusammenhang mit irgendeiner Maßnahme zum Schutze der Ware entstanden sind, gehen zu Lasten des Beteiligten, von dem sie das Inkasso erhalten haben. e. i. Wenn die Waren, ungeachtet der Bestimmungen des Artikels 10 (a), zur Verfügung der Inkassobank oder an deren Order gesandt werden, und der Bezogene das Inkasso durch Zahlung, Akzeptierung oder andere Bedingungen honoriert hat und die Inkassobank die Freigabe der Ware veranlasst, gilt die Inkassobank als von der Einreicherbank hierzu ermächtigt. ii. Wenn eine Inkassobank auf Weisungen der Einreicherbank oder nach den vorstehenden Bedingungen von Artikel 10 (e) i die Freigabe der Waren veranlasst, muss die Einreicherbank diese Inkassobank für alle entstandenen Schäden und Auslagen entschädigen.
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Das Dokumenteninkasso
Artikel 11. Haftungsausschluss für Handlungen einer beauftragten Partei a. Bedienen sich Banken einer oder mehrerer anderer Banken, um die Weisungen des Auftraggebers auszuführen, tun sie dies für Rechnung und Gefahr dieses Auftraggebers. b. Die Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung, wenn die von ihnen übermittelten Weisungen nicht ausgeführt werden sollten, auch wenn sie selbst die Auswahl dieser anderen Bank(en) getroffen haben. c. Ein Beteiligter, der einen anderen Beteiligten beauftragt, Leistungen zu erbringen, muss alle Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten übernehmen, die auf ausländischen Gesetzen und Gebräuchen beruhen, und er muss den beauftragten Beteiligten für alle hieraus resultierenden Folgen schadlos halten. Artikel 12. Haftungsausschluss für erhaltene Dokumente a. Die Banken müssen prüfen, ob die erhaltenen Dokumente den im Inkassoauftrag aufgelisteten Dokumenten zu entsprechen scheinen und vom Fehlen irgendwelcher Dokumente, oder, wenn andere als die aufgelisteten festgestellt wurden, denjenigen Beteiligten, von dem ihnen der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Wege benachrichtigen. Banken haben in dieser Hinsicht keine weitere Verpflichtung. b. Wenn die Dokumente nicht aufgelistet zu sein scheinen, kann die Einreicherbank nicht Art und Anzahl der von der Inkassobank erhaltenen Dokumente bestreiten. c. Unter Berücksichtigung der Artikel 5 (c) und 12 (a) und 12 (b) werden Banken Dokumente wie erhalten, ohne weitere Prüfung vorlegen. Artikel 13. Haftungsausschluss für Wirksamkeit von Dokumenten Die Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für Form, Vollständigkeit, Genauigkeit, Echtheit, Verfälschung oder Rechtswirksamkeit von Dokumenten oder für die allgemeinen und/oder besonderen Bedingungen, die in den Dokumenten angegeben oder denselben hinzugefügt sind. Sie übernehmen auch keine Haftung oder Verantwortung für Bezeichnung, Menge, Gewicht, Qualität, Beschaffenheit, Verpackung, Lieferung, Wert oder Vorhandensein der durch Dokumente ausgewiesenen Waren, oder für Treu und Glauben oder Handlungen und/oder Unterlassungen sowie für Zahlungsfähigkeit, Leistungsvermögen oder Ruf der Absender, Frachtführer, Spediteure, Empfänger oder Versicherer der Waren oder irgendwelcher anderer Personen. Artikel 14. Haftungsausschluss für Verzögerungen, Verlust bei Übermittlung und Übersetzung a. Die Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen von Verzögerungen und/oder Verlusten bei Übermittlung von Nachrichten, Briefen oder Dokumenten, sowie für Verzögerung, Verstümmelung oder sonstige Irrtümer, die aus der Übermittlung einer Telekommunikation resultieren oder für Irrtümer bei der Übersetzung und/oder Auslegung von technischen Ausdrücken. b. Banken sind nicht haftbar oder verantwortlich für Verzögerungen, die aus der Notwendigkeit der Klärung erhaltener Weisungen resultieren.
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Artikel 15. Höhere Gewalt Die Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen der Unterbrechung ihrer Geschäftstätigkeit durch Fälle höherer Gewalt, Unruhen, Aufruhr, Aufstand, Kriege oder irgendwelche anderen Ursachen, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen, sowie durch Streiks oder Aussperrungen.
E. Zahlung Artikel 16. Unverzügliche Zahlung a. Eingezogene Beträge (gegebenenfalls abzüglich Gebühren und/oder Aufwendungen und/oder Auslagen) müssen in Übereinstimmung mit dem Inkassoauftrag unverzüglich dem Beteiligten zur Verfügung gestellt werden, von dem der Inkassoauftrag zuging. b. Ungeachtet der Bestimmungen des Artikels 1 (c) wird die Inkassobank, sofern sie keiner anderweitigen Vereinbarung zugestimmt hat, Zahlung des eingezogenen Betrages nur zugunsten der Einreicherbank vornehmen. Artikel 17. Zahlung in inländischer Währung Dokumente, die in der Währung des Zahlungslandes (inländische Währung) zahlbar sind, darf die vorlegende Bank, sofern im Inkassoauftrag keine anderen Weisungen erteilt worden sind, dem Bezogenen nur dann gegen Zahlung in inländischer Währung freigeben, wenn diese Währung gemäß der im Inkassoauftrag vorgeschriebenen Art sofort verfügbar ist. Artikel 18. Zahlung in ausländischer Währung Dokumente, die in einer anderen Währung als der des Zahlungslandes (ausländische Währung) zahlbar sind, darf die vorlegende Bank, sofern im Inkassoauftrag keine anderen Weisungen erteilt worden sind, dem Bezogenen nur dann gegen Zahlung in der betreffenden ausländischen Währung freigeben, wenn diese ausländische Währung gemäß der im Inkassoauftrag erteilten Weisungen sofort verfügbar ist. Artikel 19. Teilzahlungen a. Bei einfachen Inkassi können Teilzahlungen angenommen werden, wenn und soweit Teilzahlungen nach dem am Zahlungsort geltenden Recht gestattet sind. Die Zahlungspapiere werden dem Bezogenen erst nach Erhalt der vollen Zahlung freigegeben. b. Bei dokumentären Inkassi werden Teilzahlungen nur angenommen, wenn der Inkassoauftrag eine ausdrückliche Ermächtigung hierzu enthält. Jedoch wird die vorlegende Bank, sofern keine anderen Weisungen erteilt worden sind, die Dokumente dem Bezogenen erst nach Erhalt der vollen Zahlung freigeben, und die vorlegende Bank ist nicht verantwortlich für Folgen von Verzögerungen in der Aushändigung von Dokumenten.
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Das Dokumenteninkasso
c. In allen Fällen werden Teilzahlungen nur entsprechend den jeweils anwendbaren Bestimmungen der Artikel 17 oder 18 angenommen. Angenommene Teilzahlungen werden gemäß den Bestimmungen des Artikels 16 behandelt.
F. Zinsen, Gebühren und Auslagen Artikel 20. Zinsen a. Wenn der Inkassoauftrag angibt, dass Zinsen einzuziehen sind und der Bezogene deren Bezahlung verweigert, kann die vorlegende Bank das (die) Dokument(e) je nach Lage des Falles gegen Zahlung oder Akzeptierung oder unter anderen Bedingungen ohne Einzug solcher Zinsen aushändigen, sofern nicht Artikel 20 (c) Anwendung findet. b. In Fällen, in denen solche Zinsen eingezogen werden sollen, muss der Inkassoauftrag den Zinssatz, den Berechnungszeitraum und die Art der Zinsberechnung angeben. c. In Fällen, in denen der Inkassoauftrag ausdrücklich vorschreibt, dass auf die Zinsen nicht verzichtet werden darf und der Bezogene sich weigert, solche Zinsen zu zahlen, wird die vorlegende Bank die Dokumente nicht aushändigen und keine Verantwortung für Folgen von Verzögerungen in der Aushändigung der Dokumente tragen. Wenn die Zahlung von Zinsen verweigert wurde, muss die vorlegende Bank, unverzüglich die Bank, von der der Inkassoauftrag zuging, durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Wege unterrichten. Artikel 21. Gebühren und Auslagen a. Wenn der Inkassoauftrag angibt, dass Inkassogebühren und/oder Auslagen zu Lasten des Bezogenen gehen und der Bezogene deren Zahlung verweigert, kann die vorlegende Bank das (die) Dokument(e) je nach Lage des Falles gegen Zahlung oder Akzeptierung oder unter anderen Bedingungen ohne Einzug der Inkassogebühren und/oder Auslagen aushändigen, sofern nicht Artikel 21 (b) Anwendung findet. Wird so auf Inkassogebühren und/oder Auslagen verzichtet, gehen diese zu Lasten des Beteiligten, von dem das Inkasso zuging und dürfen vom Erlös abgezogen werden. b. In Fällen, in denen der Inkassoauftrag ausdrücklich vorschreibt, dass auf die Gebühren und/oder Auslagen nicht verzichtet werden darf und der Bezogene sich weigert, solche Gebühren und/oder Auslagen zu zahlen, wird die vorlegende Bank die Dokumente nicht aushändigen und keine Verantwortung für Folgen von Verzögerungen in der Aushändigung der Dokumente tragen. Wenn die Zahlung von Gebühren und/oder Auslagen verweigert worden ist, muss die vorlegende Bank unverzüglich die Bank, von der der Inkassoauftrag zuging, durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Wege unterrichten. c. Sind gemäß den ausdrücklichen Bedingungen des Inkassoauftrags oder nach diesen Richtlinien Aufwendungen und/oder Auslagen und/oder Inkassogebühren vom Auftraggeber zu tragen, ist (sind) die Inkassobank(en) berechtigt, sich für ihre Aufwendungen, Auslagen und Gebühren sofort bei der Bank zu erholen, von der ihr (ihnen) der Inkassoauftrag zuging; die Einreicherbank ist berechtigt, sich für solche
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von ihr geleisteten Zahlungen sowie für eigene Aufwendungen, Auslagen und Gebühren unabhängig vom Ergebnis des Inkassos sofort beim Auftraggeber zu erholen. d. Banken behalten sich das Recht vor, von dem Beteiligten, von dem ihnen der Inkassoauftrag zuging, Zahlung von Gebühren und/oder Auslagen im voraus zu verlangen, um Kosten abzudecken, die im Zusammenhang mit der Ausführung von Weisungen entstehen; sie behalten sich das Recht vor, solche Weisungen bis zum Erhalt dieser Zahlung nicht auszuführen.
G. Andere Regeln Artikel 22. Akzeptierung Die vorlegende Bank ist dafür verantwortlich, darauf zu achten, dass die Form der Akzeptierung eines Wechsels vollständig und richtig erscheint, jedoch ist sie für die Echtheit von Unterschriften oder für die Zeichnungsberechtigung irgendeines Unterzeichners des Akzeptes nicht verantwortlich. Artikel 23. Solawechsel und andere Dokumente Die vorlegende Bank ist für die Echtheit von Unterschriften oder für die Zeichnungsberechtigung irgendeines Unterzeichners eines Solawechsels, einer Quittung oder anderer Dokumente nicht verantwortlich. Artikel 24. Protest Der Inkassoauftrag sollte spezielle Weisung hinsichtlich des Protestes (oder eines entsprechenden rechtlichen Verfahrens) im Falle der Nichtzahlung oder Nichtakzeptierung enthalten. Bei Fehlen solcher speziellen Weisungen sind die mit dem Inkasso befassten Banken nicht verpflichtet, die Dokumente wegen Nichtzahlung oder Nichtakzeptierung protestieren (oder einem entsprechenden rechtlichen Verfahren unterwerfen) zu lassen. Alle Gebühren und/oder Auslagen, die den Banken im Zusammenhang mit einem solchen Protest oder entsprechenden rechtlichen Verfahren entstehen, gehen zu Lasten des Beteiligten, von dem ihnen der Inkassoauftrag zuging. Artikel 25. Notadresse Wenn der Auftraggeber einen Vertreter bestellt, der als Notadresse bei Nichtzahlung und/oder Nichtakzeptierung tätig werden soll, dann sollte der Inkassoauftrag die Befugnisse einer solchen Notadresse klar und vollständig angeben. Bei Fehlen einer solchen Angabe nehmen die Banken keinerlei Weisungen der Notadresse entgegen. Artikel 26. Benachrichtigung Inkassobanken sind gehalten, Benachrichtigungen nach folgenden Regeln vorzunehmen.
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Das Dokumenteninkasso
a. Form der Benachrichtigung Sämtliche Meldungen oder Nachrichten seitens der Inkassobank an diejenige Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, müssen geeignete Einzelheiten enthalten, und zwar in jedem Fall auch die Referenznummer des Inkassoauftrags der letzteren Bank. b. Art der Benachrichtigung Die Einreicherbank ist verantwortlich dafür, dass der Inkassobank Weisungen über die Art der Übermittlung der in den Absätzen (c) i, (c) ii und (c) iii dieses Artikels beschriebenen Benachrichtigungen erteilt werden. Bei Fehlen solcher Weisungen wird die Inkassobank die Benachrichtigung nach eigener Wahl auf Kosten der Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, vornehmen. c. i. Bezahltmeldung Die Inkassobank muss derjenigen Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich eine Bezahltmeldung zusenden mit detaillierter Angabe des eingezogenen Betrags oder der eingezogenen Beträge, der gegebenenfalls abgezogenen Gebühren und/oder Aufwendungen und/oder Auslagen sowie der Art der Verfügbarstellung des Erlöses. ii. Akzeptmeldung Die Inkassobank muss derjenigen Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich eine Akzeptmeldung zusenden. iii. Meldung über Nichtzahlung und/oder Nichtakzeptierung Die vorlegende Bank sollte versuchen, die Gründe einer solchen Nichtzahlung und/oder Nichtakzeptierung festzustellen, und diejenige Bank unverzüglich entsprechend benachrichtigen, von der ihr der Inkassoauftrag zuging. Die vorlegende Bank muss derjenigen Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich eine Meldung über Nichtzahlung und/oder Nichtakzeptierung zusenden. Bei Erhalt einer solchen Benachrichtigung muss die Einreicherbank geeignete Weisungen hinsichtlich der weiteren Behandlung der Dokumente erteilen. Falls die vorlegende Bank solche Weisungen nicht innerhalb von 60 Tagen nach ihrer Meldung über Nichtzahlung und/oder Nichtakzeptierung erhält, können die Dokumente ohne eine weitere Verantwortlichkeit seitens der vorlegenden Bank derjenigen Bank zurückgesandt werden, von der ihr der Inkassoauftrag zuging.
Begriff und Arten der Bankgarantie
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3. Kapitel Die Bankgarantie Von Helmut Koziol unter Mitarbeit von Michael Potyka
Literatur: Auhagen, Die Garantie einer Bank auf „erstes Anfordern“ zu zahlen (1966); Berensmann, Bürgschaft und Garantievertrag im englischen und deutschen Recht (1988); Büsser, Einreden und Einwendungen der Bank als Garantin gegenüber dem Zahlungsanspruch des Begünstigten (1997); Dohm, Bankgarantien im internationalen Handel (1985); Eberl, Rechtsfragen der Bankgarantie im internationalen Wirtschaftsverkehr nach deutschem und schweizerischem Recht (1992); Goerke, Kollisionsrechtliche Probleme internationaler Garantien (1982); Hadding/Häuser/Welter, Bürgschaft und Garantie, in Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III (1983) 571 ff; Hein, Der Zahlungsanspruch des Begünstigten einer Bankgarantie „auf erstes Anfordern“ (1982); Horn, Bürgschaften und Garantien8 (2001); Kleiner, Bankgarantie4 (1990); Koziol, Der Garantievertrag (1981); Mülbert, Mißbrauch von Bankgarantien und einstweiliger Rechtsschutz (1985); Streule, Bankgarantie und Bankbürgschaft (1987); von Westphalen/Jud (Hrsg), Die Bankgarantie im internationalen Handelsverkehr3 (2005); Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel7 (2001); Zobl, Die Bankgarantie im schweizerischen Recht, in Wiegand (Hrsg), Personalsicherheiten (1997) 23 ff.
I. Begriff und Arten der Bankgarantie A. Der Begriff der Bankgarantie 1. Definition Nach der üblichen Definition übernimmt in einem Garantievertrag (Gewähr- 3/1 vertrag) der Garant gegenüber dem Begünstigten die Haftung für den Erfolg eines Unternehmens, wobei Unternehmen im weitesten Sinn verstanden wird1. Der Garantievertrag ist somit auf die Abdeckung des sich aus einem ungewissen künftigen Ereignis ergebenden Risikos gerichtet2. Bei der 1
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Vgl Ohmeyer/Klang in Klang VI 203; OGH in JBl 1978, 37; SZ 50/93; ÖBA 1988, 623; 3 Ob 546/95 in ÖBA 1996, 69; 4 Ob 595/95 in ÖBA 1997, 61; 1 Ob 318/98s in ÖBA 1999, 484 mit Anm von Rummel; 4 Ob 124/00i in ÖBA 2000, 1098. Siehe Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand (1994) 366 .
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Die Bankgarantie
Bankgarantie 3 wird von einer Bank die Gewähr dafür übernommen, dass der Begünstigte von einem Dritten eine Leistung erhält 4; das gesicherte „Unternehmen“ ist hier die Abwicklung eines Rechtsgeschäftes. Diese Art der Garantie wird in § 880a ABGB angesprochen: Hat jemand einem anderen eine Leistung eines Dritten versprochen und ist er für den Erfolg eingestanden, so haftet er, wenn die Leistung des Dritten ausbleibt5. 2. Zahlungspflicht der Bank 3/2
Die Leistungen, deren Erhalt dem Begünstigten garantiert wird, können sehr verschiedenartig sein: Es kann sich etwa um eine Geldzahlung, eine Warenlieferung oder eine Dienstleistung handeln. Garantierende Banken haben üblicherweise nicht den erwarteten Erfolg selbst herbeizuführen, also etwa Waren zu liefern, sondern nur das wirtschaftliche Interesse des Begünstigten in Geld abzudecken (vgl § 1350 ABGB)6, wobei die Verpflichtungen der Banken regelmäßig durch Höchstbeträge begrenzt sind. 3. Sicherungsfunktion
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Da der Garant nur dann vom Begünstigten in Anspruch genommen werden soll, wenn dieser die Leistung des Dritten nicht erhalten hat, kommt der Garantie eine Sicherungs- und nicht eine Zahlungsfunktion zu7: Sie dient dem Zweck, dem Begünstigten das Risiko des Erhaltes einer Leistung abzunehmen. Keine Rolle spielt es hiebei, aus welchen Gründen der Begünstigte die Leistung nicht erhält; der Garant hat gleichermaßen einzustehen, wenn der Dritte eine bestehende Verpflichtung wegen seiner Zahlungsunfähigkeit nicht erfüllt, oder wenn der Dritte nicht leistet, weil ihn in Wahrheit keine Verpflichtung trifft8. Dass es im Grundverhältnis an einer Leistungspflicht fehlte und dem Begünstigten daher kein Anspruch zustand, verhindert in der Regel nicht die Wirksamkeit der Inanspruchnahme einer Garantie und das Entstehen der Zahlungspflicht des Garanten. Dies kann vielmehr nur nachträglich zu einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung führen (siehe Rz 3/162 ff), wobei aber zu berücksichtigen ist, dass Garantien auch die sich aus der Ungültigkeit oder vorzeitigen Auflösung des Grundverhältnisses ergebenden Ansprüche 3
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Formulierungsbeispiele bringt Mader, Überlegungen zur Formulierung von Bankgarantien, in Kühnelt (Hrsg), Basel II – Der Notar und die Kreditbesicherung im europäischen Umfeld (2005) 91. Siehe OGH 1 Ob 557/95 in ÖBA 1996, 717 mit Anm von Koziol; 4 Ob 2330/96t in ÖBA 1997, 482. Zur ähnlichen schweizerischen Regelung siehe Büsser, Einreden 28 f; Zobl in Wiegand, Personalsicherheiten 29. Siehe Koziol, Garantievertrag 45 f, und unten Rz 3/80. Canaris, BVR3 Rz 1102; Büsser, Einreden 81 ff; OGH in ÖBA 1997, 482. Vgl OGH in SZ 56/55; ÖBA 1987, 500 mit Anm von Dullinger/Rummel; ÖBA 1989, 1026. Abweichend Streule, Bankgarantie 105 ff.
Begriff und Arten der Bankgarantie
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des Begünstigten gegen den Garantieauftraggeber sichern können, wenn dies in der Garantieerklärung so vorgesehen ist.9. Der OGH10 betont allerdings zu Recht, dass in der Garantieerklärung der Sicherungszweck eingeschränkt und genau umschrieben werden kann; dann ist die Inanspruchnahme der Garantie aus anderen als dem angegebenen Zweck unzulässig. Um der Bank in derartigen Fällen die Überprüfung zu ermöglichen, muss nach Ansicht des OGH die Geltendmachung des Anspruchs aus der Garantie so konkret erfolgen und dargetan werden, dass die Geltendmachung dieses Anspruchs der Erfüllung des Sicherungszwecks dient. Damit gelangt der OGH zu einer weitgehenden Substantiierungspflicht bei der Inanspruchnahme, die keineswegs unproblematisch ist (dazu Rz 3/83). 4. Abstraktheit Da nicht bloß die Erfüllung einer bestehenden Verpflichtung garantiert wird, 3/4 sondern schlechthin der Eintritt eines bestimmten Erfolges, nämlich der Erhalt der Leistung des Dritten, stellt die Garantie auf die Erlangung eines Wertes durch den gesicherten Gläubiger und nicht auf die Leistungsverpflichtung des Garantieauftraggebers ab; die Garantie ist insofern losgelöst von dem Valutaverhältnis zwischen dem Begünstigten und dem Dritten, also nicht akzessorisch11. Da sie auch unabhängig vom Deckungsverhältnis zwischen Garant und Drittem ist12 und keine causa in sich trägt13, ist die Bankgarantie nach richtiger Auffassung ein abstraktes Rechtsgeschäft14. Die Loslösung vom Grundgeschäft kann endgültig sein, so dass auch eine Rückabwicklung ausgeschlossen ist (materielle Abstraktheit) oder bloß vorübergehend, so dass zwar das Grundgeschäft für die Inanspruchnahme nicht entscheidend ist, wohl aber nach Zahlung eine Rückforderung in Betracht kommt (formelle Abstraktheit). Materiell abstrakte Rechtsgeschäfte sind nach österreichischem Recht nur 3/5 dann wirksam, wenn es sich um dreipersonale Verhältnisse handelt15; das zei9 10 11
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OGH 7 Ob 2410/96d in ÖBA 1997, 826. 7 Ob 311/99g in ÖBA 2000, 1099 mit kritischer Anm von B. Koch. Siehe hiezu die Ausführungen zur Abgrenzung von Garantie und Bürgschaft Rz 3/26. Dazu Schönle, Mißbrauch von Akkreditiven und Bankgarantien, SJZ 1983, 58f. Vielfach wird die Garantie als kausal bezeichnet, da sie einen Sicherungszweck verfolgt, vgl etwa aus neuerer Zeit wieder Büsser, Einreden 121 ff. Gegen die Berücksichtigung dieses „Artzwecks“ bei der Beurteilung als kausales Rechtsgeschäft Koziol, Garantievertrag 29 f. So Koziol, Garantievertrag 21 ff mwN; ferner Canaris, Einwendungsausschluß und Einwendungsdurchgriff bei Dokumentenakkreditiven und Außenhandelsgarantien, ÖBA 1987, 769 f; OGH in JBl 1985, 425; 3 Ob 546/95 in ÖBA 1996, 69; ÖBA 1997, 482; ÖBA 1988, 1230; 7 Ob 145/97t in ÖBA 1998, 229; 8 Ob 190/98v in ÖBA 2000, 322 mit Anm von Rummel. Gegen das Vorliegen einer abstrakten Verbindlichkeit hingegen noch OGH in QuHGZ 1983/222; ÖBA 1988, 615 mit Anm von Jabornegg, und Lindinger, Aktuelle Rechtsprechung zur Bankgarantie, wbl 1992, 137, 141ff. Koziol, Zur Gültigkeit abstrakter Schuldverträge im österreichischen Recht, Gschnitzer-GedS (1969) 233; derselbe, Garantievertrag 31 ff. Vgl auch OGH in ÖBA 1987,
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Die Bankgarantie
gen insbesondere die Bestimmungen über die Anweisung (§ 1402 ABGB) und über den in die Hände eines Dritten gelangten Wechsel (Art 17 WechselG). Für die Zulässigkeit abstrakter Geschäfte, an denen drei Personen beteiligt sind, spricht zunächst der Gedanke der Verkehrssicherheit: Der Begünstigte soll nicht von einem Rechtsverhältnis zwischen anderen Personen, dem Deckungsverhältnis, abhängig sein, an dessen Abschluss er nicht mitgewirkt hat und in das er keinen Einblick hat. Ferner ist entscheidend, dass die Verbindlichkeit des Garanten durch eine Kette von Grundverhältnissen gerechtfertigt wird16 und auf dem Umweg über den Dritten eine Berufung auf den Rechtsgrund17 und auf Einwendungen möglich ist. Das genügt für eine ausreichende Inhaltskontrolle und zur Vermeidung des Ergebnisses, dass der Garant ohne materielle Grundlage eine endgültige Zuwendung an den Begünstigten vornehmen müsste: Der Garant kann Rückgriff gegen den Dritten nehmen und diesem stehen bei Mängeln im Valutaverhältnis Rückabwicklungsansprüche gegen den Begünstigten zu (Rz 3/166). 3/6
Übernimmt die Bank ausnahmsweise die Garantie ohne Ermächtigung des Dritten, sondern allein auf Grund ihrer Rechtsbeziehung zum Begünstigten, dann ist eine materielle Loslösung der Garantieverpflichtung von dem zwischen Garant und Begünstigtem bestehenden Grundverhältnis nicht möglich18: Dies würde eine Berufung auf die zugrunde liegende Rechtsbeziehung endgültig ausschließen. Soll nämlich die Verpflichtung des Garanten unabhängig von der Verpflichtung des Dritten bestehen, dann handelt es sich in Wahrheit um eine zweipersonale Garantie und die endgültige Zuwendung der Leistung des Garanten an den Begünstigten muss ihre Rechtfertigung im Verhältnis zwischen diesen beiden finden. Das ergibt sich daraus, dass bei Nichtbestehen der Verpflichtung des Dritten der Garant dennoch dem Begünstigten zahlen müsste, aber keine Möglichkeit hätte, Regress gegen den Dritten zu nehmen. Zwischen ihm und dem Dritten besteht keine Rechtsbeziehung, aus der ein Regressrecht abgeleitet werden könnte; er hat nicht dessen Schuld bezahlt, so dass eine Legalzession nach § 1358 ABGB ausscheidet; er hat dem Dritten auch keinen Vorteil zugewendet, weil dieser ohnehin nicht verpflichtet war, so dass auch bereicherungsrechtliche Ansprüche ausscheiden.
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Zulässig wäre aber nicht nur bei dreipersonalen sondern auch bei zweipersonalen Garantien, die auf die Sicherung der Leistung eines Dritten gerichtet sind, eine bloß formelle Abstraktion vom Verhältnis des Begünstigten zum Dritten19: Der Begünstigte könnte den Garanten aus der Garantie in Anspruch
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505; ÖBA 1997, 482; 1 Ob 318/98s in ÖBA 1999, 484 mit Anm von Rummel; 8 Ob 74/99m in ÖBA 2000, 328; ÖBA 2000, 1098. Vgl auch OGH in ÖBA 1996, 69. Deshalb muss das Grundverhältnis inhaltlich bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Zu dieser Problematik bei der Sicherung künftiger Forderungen OGH in ÖBA 2000, 1098; 9 Ob 18/04v in ÖBA 2005, 54. Das übersah der OGH in ÖBA 1988, 615 mit Anm von Jabornegg. Koziol, Garantievertrag 34 f; derselbe, Die Rückforderung bei unberechtigter Inanspruchnahme der Garantie, ÖBA 1999, 254 f; Jabornegg, ÖBA 1988, 621; G. Graf,
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nehmen, ohne das Bestehen eines Rechtsgrundes gegenüber dem Dritten beweisen zu müssen; der Garant hätte aber nach Auszahlung die Möglichkeit, das Fehlen des Rechtsgrundes geltend zu machen und die Rückabwicklung zu begehren20. Da dem Garanten im Ergebnis die Berufung auf das Valutaverhältnis möglich ist, liegt bei dieser Sicherstellung eine materiell akzessorische Verbindlichkeit vor21. Der OGH22 geht allerdings davon aus, dass die Vereinbarung der formellen Abstraktheit der Zustimmung des Garantieauftraggebers bedürfe23, da der Rückforderungsanspruch aus dem Valutaverhältnis an sich in dessen Rechtszuständigkeit falle. Als Wirksamkeitsvoraussetzung ist diese Einschränkung mE allerdings höchst zweifelhaft, da die Parteien des Garantievertrages – also Bank und Begünstigter – eben von Anfang an keine materiell abstrakte Garantie vereinbaren, die zu einem Rückforderungsanspruch allein des Garantieauftraggebers führen würde (siehe unten Rz 3/163), sondern eben eine bloß formell abstrakte Verpflichtung der Bank vorsehen, die eine Rückforderung des Verpflichteten nach erfolgter Zahlung grundsätzlich nicht ausschließt. Die Lage ist daher nicht anders als bei einer Bürgschaft, wenn Bürge und Schuldner vereinbaren, dass auf erste Anforderung zu zahlen ist (siehe unten Rz 3/32 und 41); der Bürge bedarf selbstverständlich für die Wirksamkeit seiner Erklärung nicht der Zustimmung des Hauptschuldners, wenn er seine Haftung gegenüber der üblichen Ausgestaltung verschärft, indem er sich zur sofortigen Zahlung und erst nachträglichen Geltendmachung der Einwände aus dem Grundverhältnis verpflichtet. Richtig ist aber, dass die Vereinbarung einer bloß formellen Abstraktheit dem Garantieauftrag widersprechen kann; intern hätte dann, wenn eine materiell abstrakte Garantie hinausgelegt hätte werden sollen, der Garant einer Zustimmung des Garantieauftraggebers bedurft. Unzulässig wären ganz allgemein materiell oder formell abstrakte zweipersonale Garantieverpflichtungen, bei denen nicht die Leistung eines Dritten gesichert werden soll24. Diese spielen im bankgeschäftlichen Bereich jedoch keine Rolle.
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Übermäßige Inanspruchnahme der Garantie: Voraussetzungen der Rückforderung durch den Garanten, ecolex 1998, 15. Zustimmend OGH 1 Ob 208/99s in ÖBA 2000, 418 mit Anm von Apathy = SZ 72/131 = ecolex 2000, 33 mit Anm von G. Wilhelm; 8 Ob 200/02y in ÖBA 2003, 954. Diese bloß formelle Abstraktheit hat wohl Gröschler, Einwendungsausschluß bei der Garantie auf erstes Anfordern und der einfachen Garantie, JZ 1999, 822, im Auge, wenn er bei „einfachen“ Garantien und Garantien auf erste Anforderung davon ausgeht, dass dem Garant bei unberechtigter Inanspruchnahme ein Rückforderungsanspruch zustehe. Von der typischen Bürgschaft unterscheidet sie sich dadurch, dass der Begünstigte nicht seine Anspruchsgrundlage gegenüber dem Dritten angeben muss. So wie bei der Bürgschaft auf erste Anforderung (Rz 3/41) muss der Garant überdies zunächst zahlen und kann allfällige Streitigkeiten erst im Nachhinein austragen. OGH in ÖBA 2000, 418 mit Anm von Apathy; ÖBA 2003, 954. Zustimmend Apathy, ÖBA 2000, 425. Dem Begünstigten wird zB eine Zahlung für den Fall versprochen, dass sein Unternehmen keinen Gewinn abwirft. Vgl auch P. Bydlinski in KBB2 § 880a Rz 7.
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Die Bankgarantie
5. Liquiditätsfunktion 3/8
Aus der Abstraktheit der Garantieverpflichtung ergibt sich, dass der Begünstigte beim Abruf der Garantie seine materielle Berechtigung nicht zu beweisen hat, sondern umgekehrt es dem Schuldner des Valutaverhältnisses obliegt, die fehlende Berechtigung im Rückforderungsverfahren zu beweisen; es findet insofern eine Umkehrung der Parteirollen und damit der Beweislast statt25. Ferner stehen dem Garanten grundsätzlich auch keine Einwendungen aus dem Grundverhältnis zwischen Begünstigtem und Garantieauftraggeber zu; der Garant hat nach der üblichen Ausgestaltung vielmehr auf erste Aufforderung zu zahlen und eine allfällige bereicherungsrechtliche Rückabwicklung findet erst später zwischen den Parteien des Grundverhältnisses statt26. Für den Garanten gilt daher der Grundsatz „Zuerst zahlen, dann streiten“ und dem Begünstigten steht damit eine weitgehend liquide Forderung zu. Durch diese hohe Liquidität war die Garantie in der Lage, das früher übliche Bardepot als Sicherheit abzulösen27. 6. Die Bedeutung der Präambel
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Der eben hervorgehobenen Abstraktheit scheint die übliche Ausgestaltung der Garantieerklärung zu widersprechen, weil sich in dieser regelmäßig eine Präambel findet28, in der auf das Grundverhältnis zwischen dem Dritten, also dem Garantieauftraggeber, und dem Begünstigten hingewiesen wird. So heißt es etwa: „Sie haben mit der Firma A. einen Vertrag über die Lieferung von Treibstoffen zum Preis von E 80.000,– geschlossen. Die Bezahlung der gelieferten Ware soll durch eine Bankgarantie sichergestellt werden.“ Oder: „Wir haben Kenntnis davon, dass zwischen Ihnen und der Firma B. ein Mietvertrag über die in der Vereinbarung vom 4. 8. 2008 angeführten Objekte besteht.“ Durch diese Präambel wird jedoch die Verbindlichkeit zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Begünstigten nicht zum Bestandteil der Garantie und deren Wirksamkeit nicht vom Bestehen dieser Verbindlichkeit abhängig gemacht. Es handelt sich vielmehr um eine bloße Umschreibung jener Leistung des Dritten, deren Erhalt dem Begünstigten garantiert werden 25
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Vgl OGH 7 Ob 145/97t in ÖBA 1998, 229; 9 Ob 319/99y in ÖBA 2000, 703. Dagegen Gröschler, JZ 1999, 826 f. Siehe Büsser, Einreden 145 ff; Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 3; Zobl in Wiegand, Personalsicherheiten 26; OGH in ÖBA 2000, 703; 6 Ob 105/05t in ÖBA 2006, 141. Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 4; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/2; vgl auch OGH 1 Ob 557/95 in ÖBA 1996, 717 mit Anm von Koziol. Bankgarantien werden deshalb auch einem Barerlag (§ 56 ZPO) gleichgehalten, siehe OGH 3 Ob 4/97b in ÖBA 1997, 735. Allgemeiner zur Bankgarantie als verfahrensrechtliche Sicherheitsleistung OGH 5 Ob 81/98t in ÖBA 1999, 56, und hiezu Schoibl, Die Bankgarantie als prozessuale Sicherheitsleistung nach § 56 ZPO, ÖBA 1997, 159; P. Oberhammer, Befristete und kündbare Bankgarantien als prozessuales Sicherungsmittel? ÖBA 1999, 26. Zur typischen Ausgestaltung einer Bankgarantie siehe Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 83 ff; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 20 ff.
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soll, also des Erfolges, für den die Gewähr übernommen wird 29. Dass die Haftung des Garanten unabhängig vom Bestehen der Leistungsverpflichtung des Dritten sein soll, wird in der Garantieklausel regelmäßig deutlich ausgedrückt, etwa wenn die Formulierung verwendet wird: „Im Auftrag der Firma A. verpflichten wir uns hiemit, Ihnen ungeachtet der Gültigkeit und der Rechtswirkungen des eingangs erwähnten Vertrages und unter Verzicht auf jegliche Einwendungen und Einreden aus demselben, jeden Betrag bis maximal E 80.000,– zu bezahlen.“ B. Arten der Bankgarantien30 1. Die Einteilung nach dem Gegenstand der Sicherung Da es bei den Bankgarantien stets um die Sicherung des Erhaltes von Leistun- 3/10 gen Dritter geht, können im Wesentlichen zwei Arten unterschieden werden: Garantien, die der Sicherung von Geldleistungen dienen, und Garantien zur Sicherung anderer Leistungen, insbesondere der vertragstypischen Leistungen, wie Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen31. In der Praxis haben sich einige Arten herausgebildet, die die Haftung für häufiger auftretende Risikobereiche erfassen, insbesondere die Bietungsgarantie, die Anzahlungsgarantie, die Erfüllungsgarantie und die Haftrücklassgarantie. a) Die Bietungs- oder Ausschreibungsgarantie Bei Ausschreibungen wird häufig vorgesehen, dass Anbieter mit ihrer 3/11 Offerte auch eine Garantie beizubringen haben, deren Höhe üblicherweise zwischen 1% und 10% der Anbotsumme beträgt. Durch diese Garantie soll der Ausschreibende eine Sicherheit dafür erhalten, dass der Anbotsteller, der den Zuschlag erhält, sich an sein Angebot hält, den Vertrag zu den vorgesehenen Bedingungen abschließt oder den erhaltenen Auftrag tatsächlich durchführt32. Häufig soll auch die Verpflichtung des Anbietenden abgesichert werden, im Falle des Zuschlages eine Erfüllungsgarantie beizubringen. Die Leistungen, deren Erbringung gesichert werden soll, können je nach der Ausgestaltung des Ausschreibungsvorganges sehr verschiedenartig sein, so dass die Bietungsgarantie manchmal ein Unterfall der Erfüllungsgarantie, manchmal hingegen eine Zahlungsgarantie sein kann: Ist das Angebot als 29
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Vgl hiezu Koziol, Garantievertrag 7 f, 55; folgend OGH 5 Ob 540/93 in ÖBA 1994, 320 = SZ 66/140; 3 Ob 546/95 in ÖBA 1996, 69; ÖBA 1997, 482; 8 Ob 190/98v in ÖBA 2000, 322 mit Anm von Rummel; 9 Ob 265/99g in ÖBA 2000, 704. Siehe ferner Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 83. Auhagen, Garantie 3 ff; Dohm, Bankgarantien Rz 15 ff; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 11 ff; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/44 ff. Dies deckt sich weitgehend mit der Einteilung von Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/45 und 9/58 in Garantien im Auftrag des Verkäufers und im Auftrag des Käufers. Das Abstellen auf den Verkäufer ist jedoch zu eng, da neben dem Kauf auch alle anderen Vertragstypen erfasst werden müssen. Siehe etwa Büsser, Einreden 110.
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Die Bankgarantie
Offerte zum Vertragsabschluss zu verstehen und der Zuschlag als Annahme dieser Offerte, so entsteht mit dem Zuschlag der Vertrag und damit auch die Erfüllungspflicht des Anbietenden. Hier ist die Bietungsgarantie eine Erfüllungsgarantie, die nur die Besonderheit aufweist, dass bei Hinauslegung der Garantie das Entstehen der Verpflichtung des Anbietenden noch von einer Bedingung, nämlich dem Zuschlag, abhängig ist. Ist das Angebot keine Offerte und entsteht daher durch den Zuschlag noch nicht der Vertrag, so könnte die grundlose Weigerung, nach dem Zuschlag den Hauptvertrag abzuschließen, Schadenersatzpflichten auslösen33; die Garantie dient somit der Absicherung einer Zahlungsverpflichtung. Wird schließlich nach dem Zuschlag die vorgesehene Erfüllungsgarantie nicht beigebracht, so liegt – wenn der Vertrag schon entstanden ist – die Verletzung einer Nebenleistungspflicht vor und die Garantie ist als eine Art Erfüllungsgarantie anzusehen; wird durch die Nichtbeibringung der Garantie hingegen das Zustandekommen des Vertrages vereitelt, so wird wieder die Zahlung eines Schadenersatzbetrages gesichert. 3/12
Da die Bietungsgarantie den Erhalt von Leistungen absichern soll, die der Garantieauftraggeber dem Begünstigten nur im Falle des Zuschlages zu erbringen hat, scheint es den berechtigten Interessen der Beteiligten am besten zu entsprechen, wenn auch die Garantieverpflichtung nur unter der Bedingung des Zuschlages an den Garantieauftraggeber entstünde und der Begünstigte bei Inanspruchnahme den Zuschlag nachzuweisen hätte34. Wird eine derartige Ausgestaltung durch die Parteien nicht vorgenommen, dann könnte nämlich der Garant die Inanspruchnahme der Garantie trotz nicht erfolgtem Zuschlag nur über den Rechtsmissbrauchseinwand abwehren; das gilt selbst dann, wenn der Begünstigte erklären muss, dass der Zuschlag erfolgt sei35. b) Die Anzahlungsgarantie
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Die Anzahlung ist eine Vorleistung des Bestellers. Er setzt sich damit dem Risiko aus, dass der ihm bei Nichterbringung der Gegenleistung zustehende Rückforderungsanspruch nicht erfüllt wird. Der Abdeckung dieses Risikos dient die Anzahlungsgarantie. Abgesichert wird somit nicht der sich aus dem Vertrag ergebende Anspruch auf die Hauptleistung, sondern der Anspruch auf Rückgabe36 der geleisteten Zahlung37. Es handelt sich daher um eine Zah33
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Vgl hiezu Ostheim, Zur Haftung für culpa in contrahendo bei grundloser Ablehnung des Vertragsabschlusses, JBl 1980, 522 und 570; Koziol, HaftpflichtR II 75 ff; Bollenberger in KBB2 § 861 Rz 8; OGH 4 Ob 515, 516/91 in JBl 1992, 118. Eine derartige „Effektivklausel“ verursacht allerdings häufig Unsicherheiten über die Zahlungspflicht; siehe dazu unten Rz 3/87. Zu den Einwendungsmöglichkeiten des Garanten siehe Rz 3/96 ff. Es ist dies regelmäßig ein Bereicherungsanspruch gemäß § 1435 ABGB, bei Anfechtung oder Nichtigkeit des Vertrages nach § 877 oder § 1431 ABGB, und nicht, wie von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 13 meint, ein Schadenersatzanspruch.
Begriff und Arten der Bankgarantie
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lungsgarantie. Es empfiehlt sich, nicht nur den Erhalt der Zahlung als Voraussetzung für die Inanspruchnahme vorzusehen, sondern zur Vermeidung von Unsicherheiten für den Garanten auch den Eingang der Anzahlung auf ein bestimmtes Konto des Garantieauftraggebers bei der garantierenden Bank vorzusehen. c) Die Erfüllungsgarantie Von Liefergarantie (delivery guarantee) wird gesprochen, wenn der Erhalt 3/14 von Waren, von Leistungsgarantie (performance guarantee), wenn die Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung abgesichert wird. Nach allgemeiner Auffassung38 decken Liefer- und Leistungsgarantie regelmäßig nicht das Gewährleistungsrisiko ab, sondern bloß die Erfüllungsansprüche im eigentlichen Sinn39. Das heißt, dass der Begünstigte nur dann berechtigt ist, die Garantie in Anspruch zu nehmen, wenn die Lieferung oder Leistung überhaupt ausbleibt oder sie zwar angeboten, jedoch vom Begünstigten wegen ihrer Mangelhaftigkeit nicht angenommen wird. Hingegen darf der Begünstigte die Garantie nicht mehr abrufen, wenn er die Lieferung oder Leistung schon angenommen hat und sich erst danach, wenn auch innerhalb der Gewährleistungsfristen, Mängel zeigen. Es ist jedoch durchaus gebräuchlich, dass nicht bloß die Erfüllungsansprüche 3/15 im engeren Sinn abgesichert werden, sondern auch die nach Übergabe der Sache wegen der Mangelhaftigkeit der Leistung bestehenden Ansprüche. Dann liegt eine umfassende Garantie für die ordnungsgemäße Abwicklung des Vertrages vor. In diesem Fall wird von einer Erfüllungsgarantie (performance bond) gesprochen40. Wegen möglicher Zweifel darüber, welches Risiko im Einzelfall durch eine Garantie abgedeckt werden soll, ist es empfehlenswert, im Garantietext eine genaue Umschreibung des Haftungsfalles vorzunehmen. Bei umfangreicheren Lieferungen oder Leistungen bestünde die Gefahr, dass 3/16 wegen eines Erfüllungsmangels in einem Teilbereich der gesamte Garantiebetrag abgerufen wird. Es ist deshalb zweckmäßig, auch die Garantieverpflichtung aufzuteilen, wenn die Lieferung oder Leistung in gegenständlich oder zeitlich abgrenzbare Teile zerfällt. d) Gewährleistungsgarantie und Haftrücklassgarantie Durch die Gewährleistungsgarantie sollen jedenfalls die wegen der Man- 3/17 gelhaftigkeit der Lieferung oder Leistung entstehenden Gewährleistungs37 38
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So auch OGH 1 Ob 44/07p in ÖBA 2008, 434. Vgl Dohm, Bankgarantien Rz 19 ff; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 14 f; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/53 ff. Zur Abgrenzung von Erfüllungs- und Gewährleistungsrechten siehe P. Bydlinski in KBB2 § 922 Rz 5. Vgl Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 44.
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rechte des Begünstigten gesichert werden41. Zweifelhaft kann allerdings sein, ob dadurch auch Ansprüche wegen Mangelhaftigkeit, die schon vor Abnahme erhoben werden können, abgedeckt werden. Falls bei unbehebbaren Mängeln die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten vor Abnahme zugelassen wird42, müssen diese auch von der Garantie gedeckt sein. Andere Rechte, die aus der Mangelhaftigkeit entstehen, hingegen wohl nur dann, wenn sich aus dem Garantietext ergibt, dass nicht bloß Gewährleistungsrechte gesichert werden sollen, sondern alle Rechte, die sich aus der Mangelhaftigkeit ergeben. Bezüglich der Gewährleistungsrechte stellt sich allerdings die Frage, ob bloß Geldzahlungsansprüche oder auch andere Ansprüche gesichert werden. Das ist bedeutsam, da dem Übernehmer gemäß § 932 Abs 2 ABGB zunächst nur Ansprüche auf Verbesserung oder Austausch der mangelhaften Sache zustehen. Grundsätzlich können zwar durch Garantien – in analoger Anwendung der für Bürgschaften geltenden Regel des § 1350 ABGB – nicht nur Geldansprüche gesichert werden. Allerdings kann der Bürge – wenn er die vom Hauptschuldner geschuldete Sachleistung nicht erbringen kann oder soll – erst dann in Anspruch genommen werden, wenn sich die Verpflichtung des Hauptschuldners in einen Geldanspruch gewandelt hat43. Dies wäre erst dann der Fall, wenn dem Übernehmer wegen der Nichtbehebung des Mangels auf Grund der Minderung oder Wandlung ein Rückforderungsanspruch zustünde. Ein vorheriger Abruf der Garantie mag zwar geeignet sein, erhöhten Druck auf den Garantieauftraggeber auszuüben, wäre aber insofern nicht sinnvoll, als dies keine Tilgung des nicht auf Geld gerichteten Anspruchs bewirken könnte, und schon durch die Garantie die Ausübung eines Druckes auf den Veräußerer zur Vornahme der Verbesserung erfolgt. Es ist daher anzunehmen, dass der Begünstigte während der Laufzeit der Garantie diese erst dann abrufen darf, wenn eine Geldleistung nicht rechtzeitig erbracht wurde44. Wohl aber wird die Inanspruchnahme dann gerechtfertigt sein, wenn bei Ablauf der befristeten Garantie wegen eines vorhandenen Mangels erst Verbesserungs- oder Austauschansprüche, die sich noch nicht in einen Anspruch auf Geldersatz gewandelt haben, geltend gemacht werden können. Wegen des Zwecks der Garantie, die Erfüllung der Gewährleistungsrechte zu sichern und Druck auf den Veräußerer auszuüben, muss es hier zulässig sein, die potentiellen Geldansprüche durch den Abruf zu sichern und damit den Veräußerer anzuhalten, die Behebung des Mangels vorzunehmen. Eine weitere Frage stellt sich bezüglich der bei Mangelhaftigkeit der Leistung bestehenden und mit den Gewährleistungsrechten konkurrierenden Schadenersatzansprüche. Soweit sich die Gewährleistungsrechte inhaltlich 41
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Nicht jedoch Ansprüche wegen Verzugs oder völligen Ausbleibens der Leistung, siehe Canaris, ÖBA 1987, 771. Dazu P. Bydlinski in KBB2 § 922 Rz 5 mwN. P. Bydlinski in KBB2 § 1350 Rz 1; Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1350 Rz 1. Eccher, Die Haftrücklaßgarantie im Lichte des neuen Gewährleistungsrechts, ÖBA 2004, 78, geht bei der Gewährleistungsgarantie im Gegensatz zur Haftrücklassgarantie offenbar davon aus, dass für deren Inanspruchnahme bloß die Entdeckung eines Mangels vorauszusetzen ist.
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mit dem Schadenersatzanspruch decken, es also um die Wertminderung der gelieferten Sache geht, darf der Begünstigte sicherlich die Garantie in Anspruch nehmen, wenn ohnehin zugleich die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten gegeben sind. Wird hingegen vom Begünstigten nur ein Ersatzanspruch wegen der Folgeschäden geltend gemacht und sind – etwa wegen Fristablaufs – keine Gewährleistungsrechte mehr offen, so wäre die Inanspruchnahme einer reinen Gewährleistungsgarantie unberechtigt. Anderes gilt wiederum dann, wenn schlechthin eine Garantie für die Mangelfreiheit der Leistung übernommen wurde. Durch die Bereitstellung einer Gewährleistungsgarantie erreicht der Veräu- 3/18 ßerer, dass der Erwerber schon vor Ablauf der Gewährleistungsfrist die volle Gegenleistung erbringt und kein Teilbetrag als Sicherheit zurückbehalten wird. Diesem Ziel dienen auch die Haftrücklassgarantien: Wurde im Vertrag die Zurückbehaltung eines Haftrücklasses vereinbart, so findet sich in der Regel der Erwerber bereit, auch den Rücklass dann auszubezahlen, wenn für die allfällige Verpflichtung, diesen Rücklass zurückzustellen, eine Bankgarantie beigebracht wird. Diese Garantie sichert allerdings einen anderen Anspruch als die Gewährleistungsgarantie: Während die Haftrücklassgarantie die Verpflichtung des Veräußerers, wegen der Entdeckung von Mängeln den schon erhaltenen Haftrücklassbetrag dem Erwerber wieder zurückzugeben, sichert45, somit eine Zahlungsgarantie ist und daher nur mittelbar über die Herstellung einer Zurückbehaltungsmöglichkeit der Durchsetzung der Gewährleistungsansprüche dient, bezweckt die Gewährleistungsgarantie unmittelbar die Absicherung der Gewährleistungsansprüche selbst. Ähnlich wie bei der Gewährleistungsgarantie stellt sich auch bei der Haftrücklassgarantie die Frage, ob diese erst bei Bestehen eines zu sichernden Geldanspruches abgerufen werden darf oder schon bei Vorliegen eines Mangels, auch wenn erst Verbesserungs- oder Austauschansprüche geltend gemacht werden können. Eccher 46 geht davon aus, dass die Haftrücklassgarantie erst bei Vorliegen eines nicht erfüllten Geldanspruches zum Abruf berechtigt, da ein vorheriger Abruf den Druck auf den Veräußerer gegenüber dem Weiterbestehen der Garantie nicht erhöhen kann, so dass der Abruf erst bei Bestehen eines nicht erfüllten Geldanspruches Sinn macht, da dieser zu deren Tilgung führen kann. Würde allerdings eine befristete Bankgarantie inzwischen ablaufen, so steht dem Begünstigten das Recht zu, diese auch dann abzurufen, wenn er zu diesem Zeitpunkt nur Verbesserungs- oder Austauschansprüche geltend machen kann47. 45
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Schadenersatzansprüche des Bestellers gemäß § 21 Abs 2 KO deckt der Haftrücklass nach überwiegender Auffassung nicht; so OGH in EvBl 1982/52; aA OGH 7 Ob 538/91 in SZ 64/63. Siehe dazu Riss, Sicherung von Gewährleistungsansprüchen in der Insolvenz des Werkunternehmers. Überlegungen zum Rücktrittsrecht des Masseverwalters nach § 21 KO und zu Wesen und Konkursfestigkeit des Haftrücklasses, ÖBA 2008, 19 f mwN. ÖBA 2004, 77 ff. Eccher, ÖBA 2004, 79.
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Die Bankgarantie
Nach Ansicht des OGH48 wird der Anspruch auf Rückzahlung des Haftrücklasses nicht durch eine Deckungsrücklassgarantie gesichert. Richtig ist, dass Deckungsrücklass und Haftrücklass an sich verschiedenen Zwecken dienen: Der Deckungsrücklass soll der Gefahr von Überzahlungen wegen Ungenauigkeiten der Abschlagsrechnungen begegnen, der Haftrücklass sichert hingegen die Durchsetzung von Gewährleistungsrechten49. B. Koch 50 hat jedoch zurecht darauf hingewiesen, dass der Begünstigte bei Einbehalt des Deckungsrücklasses jedenfalls in der Lage gewesen wäre, bei Vorliegen der Schlussrechnung aus dem Deckungsrücklass sowohl die allfällige Differenz zwischen den Abschlagsrechnungen und der Summe der Schlussrechnung als auch den vereinbarten, aus der Schlussrechnung berechneten Haftrücklass einzubehalten. Der Deckungsrücklass dient daher immer auch der Sicherung des Haftrücklasses und gleiches muss auch für die Deckungsrücklassgarantie gelten. e) Die Konossementsgarantie
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Diese Garantie wird eingesetzt, wenn bei Ankunft der Ware im Bestimmungshafen der Empfangsberechtigte noch nicht alle Dokumente vorlegen kann, die Ware daher nicht ausgefolgt werden könnte, sondern vom Verfrächter gelöscht und eingelagert werden müsste. Um die Ausfolgung der Ware trotz verspätetem Einlangen oder Verlust der Dokumente zu erreichen, wird dem Verfrächter im Auftrag des Empfangsberechtigten von einer Bank eine Garantie eröffnet, die der Abdeckung von Schäden dienen soll, die dem Verfrächter durch die Ausfolgung trotz Fehlens von Dokumenten entstehen können. Um eine Garantie für die Leistung eines Dritten, nämlich des Empfängers der Waren, handelt es sich, wenn die Bank garantiert, dass der Empfänger alle bei der Übernahme der Waren eingegangenen Verpflichtungen einhalten werde51; ebenso auch dann, wenn sich der Empfänger zum Ersatz aller dem Verfrächter durch die Aushändigung der Ware trotz Fehlens der Dokumente entstehenden Nachteile verpflichtet hat und die Bank die Erbringung dieser Ersatzleistungen garantiert. Es ist aber auch möglich, dass die Bank dem Verfrächter den Ersatz jenes Nachteils zusichert, den dieser aus der Auslieferung ohne Vorlage der Dokumente erleidet52; hier wird nicht die Erlangung der Leistung eines Dritten garantiert, sondern der Erfolg eines Unternehmens, nämlich der Auslieferung der Ware, obwohl die Dokumente nicht vorliegen53. 48
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ÖBA 1990, 300 mit Anm von B. Koch = JBl 1990, 177 mit Anm von Dullinger; 7 Ob 311/99g in ÖBA 2000, 1099 mit kritischer Anm von B. Koch. Vgl auch OGH 6 Ob 126/04d in ÖBA 2005, 212. G. Larcher, Die neuen ÖNORMEN des Verdingungswesens A 2060 und B 2110, RdW 1984, 240. ÖBA 1990, 304; ÖBA 2000, 1101 f. Diesen Inhalt hat die Konossementsgarantie nach Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/59. Vgl den Mustertext bei Dohm, Bankgarantie 201. Auch diese dem Versicherungsvertrag ähnliche Garantie ist eine dreipersonale und daher zulässigerweise abstrakte Garantie (vgl Koziol, Garantievertrag 27): Der
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Eine Konossementsgarantie liegt auch dann vor, wenn der Akkreditivbegünstigte nicht die erforderlichen Dokumente vorzulegen vermag und der Akkreditivbank durch eine Garantie die Abdeckung der ihr durch die dennoch erfolgende Auszahlung entstehenden Nachteile versprochen wird54. Es wird allgemein betont, dass die Konossementsgarantien nur zur Überbrückung technischer Schwierigkeiten, wie vor allem Verzögerungen beim Postlauf, dienen dürfen, nicht aber zur Umgehung anderer Mängel, weil dies zu einer Durchbrechung des Grundsatzes der Dokumentenstrenge führen würde55. f) Zahlungsgarantien Ihnen ist gemeinsam, dass die Bank dem Begünstigten gegenüber für den 3/21 Erhalt einer bestimmten Geldsumme haftet. Es kann sich um die Sicherung der Zahlung einer Kaufpreis- oder Werklohnforderung, der Rückzahlung eines Kreditbetrages oder der Erfüllung einer sonstigen Zahlungsverpflichtung, etwa der Rückleistung einer Anzahlung oder eines ausbezahlten Haftrücklasses handeln. Die Zahlungsgarantien, insbesondere die Kreditgarantien, können entweder nur den Anspruch auf Kapitalrückzahlung decken oder auch jenen auf die Zinszahlung56. Ein Zahlungsanspruch kann auch durch ein Akkreditiv gesichert werden, das ebenfalls dem Begünstigten einen abstrakten Anspruch einräumt. Ein Unterschied besteht jedoch insofern, als das Akkreditiv primär der Zahlung, also der Abwicklung einer Verbindlichkeit dient, während die Garantie Sicherungszwecke verfolgt und daher der Garant nur subsidiär leisten soll, wenn der primär Verpflichtete die Leistung nicht erbringt57. 2. Nach der Art der Inanspruchnahme 58 In den Bankgarantien wird überwiegend vorgesehen, dass der Garant auf 3/22 erste Anforderung zu zahlen hat; für die Inanspruchnahme genügt hier eine bloße Erklärung des Begünstigten und es bedarf keines Nachweises, dass der garantierte Erfolg ausgeblieben sei59. Diese Form der Garantie entspricht zweifellos am besten den Interessen des Begünstigten; für den Garantieauf-
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Grund für die Garantieübernahme findet sich einerseits im Auftragsverhältnis zwischen der Bank und dem Empfänger, anderseits im Verhältnis zwischen diesem und dem Verfrächter, weil der Empfänger die Risikoübernahme als Gegenleistung für die Ausfolgung der Ware ohne Dokumente zusichert. Vgl Büsser, Einreden 117 ff. Von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 18 f; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/59 f. Wird in der Garantieerklärung nur vorgesehen, dass der Höchstbetrag durch Zinsen überschritten werden könne, dann sollte stets der Zinssatz angegeben werden, da sonst der abzurufende Betrag nicht der Garantie entnommen werden kann. Zur Unterscheidung siehe Rz 3/50. Dohm, Bankgarantie Rz 32 ff. Zur Substantiierungspflicht siehe unten Rz 3/83.
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traggeber und den Garanten birgt sie anderseits die Gefahr einer unberechtigten Inanspruchnahme. Diese Gefahr wird manchmal dadurch einzuschränken versucht, dass die Inanspruchnahme an die Abgabe bestimmter Erklärungen gebunden wird, etwa die gesicherte Leistung nicht erhalten zu haben. Es wird dabei davon ausgegangen, dass der Begünstigte doch davor zurückscheuen werde, ausdrücklich eine unwahre Erklärung abzugeben (siehe unten Rz 3/83). Noch weitergehend werden die Interessen von Garantieauftraggeber und Garant gewahrt, wenn die Inanspruchnahme an die Vorlage von bestimmten Dokumenten, von Schieds- oder Gerichtsurteilen oder von sonstigen Beweisen geknüpft wird60. Dadurch wird die Abstraktheit der Garantie gemindert und eine Zwischenstufe zwischen der Bürgschaft und der vom Grundverhältnis völlig losgelösten Garantie geschaffen (dazu Rz 3/39 und 95). Die Einfügung derartiger „Effektivklauseln“ (unten Rz 3/87) bringt allerdings den Nachteil mit sich, dass leichter Unklarheiten über die Zahlungspflicht des Garanten entstehen können. 3. Einmalig abrufbare und revolvierende Garantien 3/23
Die Garantien sehen üblicherweise den einmaligen Abruf des in der Garantie genannten Betrages vor, der allerdings auch in Teilbeträgen erfolgen kann. Selten sind hingegen revolvierende Garantien, die wiederholt in Anspruch genommen werden können61. Für derartige Garantien besteht dann ein Bedürfnis, wenn Verpflichtungen auf wiederkehrende Leistungen gerichtet sind, wie zB bei Sukzessivlieferungsverträgen, oder eine Sicherheit für laufend entstehende Schäden bei andauernden Unterlassungen, etwa der Räumung einer Betriebsstätte, bestellt werden soll62. Legt die Garantieerklärung eindeutig fest, in welchen Zeiträumen und in welcher Höhe die Garantie abgerufen werden kann63, so wirft sie keine besonderen Schwierigkeiten auf. Auslegungsprobleme entstehen jedoch dann, wenn dies nicht der Fall ist64. Zu der bei revolvierenden Garantien besonders bedeutsamen Kündigungsmöglichkeit siehe unten Rz 3/123. 4. Direkte und indirekte Garantien
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Bei den direkten Garantien legt die vom Verpflichteten beauftragte Bank selbst die Garantie hinaus. Im internationalen Wirtschaftsverkehr ist es jedoch 60 61
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Siehe hiezu bei der Erörterung der Einwendungsmöglichkeiten, Rz 3/95. Siehe zu diesen Koziol, Auslegungsprobleme rund um die wiederholte Inanspruchnahme revolvierender Garantien, Hadding-FS (2004) 905; für die Schweiz Büsser, Einreden 63. Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/29. Vgl BGH in WM 1984, 689: „Diese Garantie ist revolvierend und erneuert sich automatisch in Höhe desselben Rial-Betrages. Der Begünstigte ist berechtigt, unter dieser Garantie den Deutsche-Mark-Gegenwert von iranischen Rials 2,5 Mio für jeden dem Monat Juli 1980 nachfolgenden Monat zu fordern, bis zu dem die Räumung verzögert wird.“ Siehe die Beispiele bei Koziol, Hadding-FS 905 f.
Begriff und Arten der Bankgarantie
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durchaus üblich, dass die Bank des Verpflichteten (die Erstbank) nicht selbst mit dem im Ausland befindlichen Begünstigten einen Garantievertrag abschließt, sondern eine Zweitbank im Lande des Begünstigten beauftragt, die Garantie hinauszulegen; in diesen Fällen wird von einer indirekten Garantie gesprochen65. Häufig wird allerdings dabei auch von der Erstbank eine Garantie übernommen, und zwar eine Rückgarantie gegenüber der Zweitbank. Durch diese wird der Zweitbank, der ohnehin aus dem Auftragsverhältnis ein Anspruch auf Aufwandsersatz zusteht, eine besondere Sicherheit dafür eingeräumt, dass sie nach ihrer Inanspruchnahme durch den Begünstigten die Zahlung ersetzt erhält66. C. Die Abgrenzung der Bankgarantie von verwandten Geschäften Keine Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung der Bankgarantie von den 3/25 unselbständigen Garantien, die zwischen den Parteien des Grundverhältnisses, also etwa zwischen Verkäufer und Käufer, begründet werden67. Bedeutsam ist hingegen die Grenzziehung gegenüber der Bürgschaft, dem Kreditauftrag, dem Versicherungsvertrag und dem Akkreditiv. 1. Bürgschaft und Bankgarantie a) Die Abgrenzung im Allgemeinen Da die Bankgarantie in aller Regel dem Begünstigten den Erhalt der Leistung 3/26 eines Dritten absichern soll, besteht eine offenkundige Verwandtschaft zur Bürgschaft, die der Sicherung der Erfüllung einer fremden Schuld dient. Ganz allgemein68 wird die Akzessorietät als das entscheidende Abgrenzungskriterium angesehen: Die Bürgschaftsverpflichtung ist abhängig vom Bestehen der Hauptverbindlichkeit des Schuldners gegenüber dem gesicherten Gläubi65 66 67
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Vgl etwa OGH 1 Ob 44/07p in ÖBA 2008, 434. Zu den bei der indirekten Garantie auftretenden Fragen siehe näher Rz 3/141 ff. Vgl hiezu ausführlich Reidinger, Rechtsprobleme der Garantieabrede (1987) 14ff; derselbe, Rechtsprobleme der Garantieabrede im Lichte des neuen Gewährleistungsrechtes, Welser-FS (2004) 889; ferner OGH in JBl 1986, 46 mit Anm von Reidinger; 7 Ob 506/91 in JBl 1991, 385; 1 Ob 138/05h in ÖBA 2007, 146. OGH in SZ 50/32; SZ 50/66; 1 Ob 525/91 in ÖBA 1991, 822 mit Anm von P. Bydlinski = ecolex 1991, 530 mit Anm von G. Wilhelm; 1 Ob 544/95 in ÖBA 1995, 804 mit Besprechungsaufsatz von G. Graf = SZ 68/64 = JBl 1995, 651 mit Anm von Mader; 7 Ob 559/95 in ÖBA 1996, 221; 4 Ob 2330/96t in ÖBA 1997, 482; 7 Ob 11/ 01w in ÖBA 2002, 249 mit Anm von Bollenberger; Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB3 § 880a Rz 4; Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1346 Rz 3; Koziol, Garantievertrag 7 ff; Mader/W. Faber in Schwimann, ABGB3 § 1346 Rz 11; Rummel in Rummel, ABGB3 § 880a Rz 5; Schinnerer, Bankgarantie und Bürgschaft, ÖBA 1953, 219; derselbe, Garantie oder Bürgschaft, ÖBA 1972, 439. Zum deutschen Recht Berensmann, Bürgschaft 137; Canaris, BVR3 Rz 1124; Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 14; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung 9/11 ff; zum schweizerischen Recht Dohm, Bankgarantien Rz 72 ff; Kleiner, Bankgarantie 30 ff.
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ger (§ 1346 Abs 1, 1351, 1363 ABGB); hingegen ist die Verpflichtung des Garanten unabhängig vom Bestehen der Hauptschuld eines Dritten gegenüber dem Begünstigten. Der Garant haftet daher auch dann, wenn der Dritte, dessen Leistung dem Begünstigten garantiert wurde, in Wahrheit nichts schuldet. Wegen ihrer Unabhängigkeit dient die Bankgarantie nicht bloß der Sicherung der Einbringlichkeit einer bestehenden Forderung, sondern auch der Absicherung des Bestehens einer Forderung; der Gläubiger soll jedenfalls die Leistung erhalten. Der Unterschied zwischen Bürgschaft und Garantie kann daher kurz folgendermaßen charakterisiert werden: Der Bürge sichert die Einbringlichkeit einer bestehenden Forderung, der Garant den Erhalt einer Leistung. Aus der Selbständigkeit der Bankgarantie darf aber nicht geschlossen werden, dass bei Bezugnahme auf ein Grundgeschäft stets eine Bürgschaft vorliegt69. Auch in der Garantieerklärung muss nämlich – wie schon erwähnt – regelmäßig in der Präambel auf das Valutaverhältnis zwischen Begünstigtem und Drittem hingewiesen werden, weil sonst nicht feststellbar wäre, welche Leistung garantiert wird. Dementsprechend heißt es etwa70: „Es ist uns bekannt, dass Sie mit der Firma A. einen Vertrag über die Lieferung von Treibstoffen zum Preis von E 80.000,– geschlossen haben. Wir garantieren hiemit . . .“. Trotz diesem Hinweis auf das Grundverhältnis kann die Verpflichtung des Sicherungsgebers von dessen wirksamem Bestand oder von Einreden aus diesem Verhältnis unabhängig sein. b) Die Auslegungsbedürftigkeit der Haftungsübernahmen 3/27
So klar und einfach die theoretische Grenze zwischen Garantie und Bürgschaft allgemein umschrieben werden kann, so schwierig ist uU die Einordnung eines konkreten Geschäftes, weil häufig kaum feststellbar ist, ob die Parteien eine akzessorische oder eine unabhängige Sicherheit begründen wollten: Die Formulierungen der Vereinbarungen sind vielfach unklar und widersprüchlich. Auch die Benennung des Vertrages durch die Parteien kann keinen festen Anhaltspunkt liefern: In der Praxis werden keineswegs selten Bürgschaften als Garantien bezeichnet und umgekehrt71. So werden etwa die nach dem AusfuhrförderungsG 1981 von der Kontrollbank im Namen des Bundes zu übernehmenden Haftungen als Garantien bezeichnet (§ 1 Abs 1 AusFG; ebenso § 1 Abs 1 lit a AusfFV 1981), obwohl sie eindeutig akzessorische Bürgschaften sind72. Dass die Begriffe Bürgschaft und Garantie 69
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So auch Kleiner, Bankgarantie 37 ff; Pleyer, Die Bankgarantie im zwischenstaatlichen Handel, WM Sonderbeilage 2/1973, 14; Schinnerer/Avancini II 308; Schinnerer, Garantie oder Bürgschaft, ÖBA 1972, 443; OGH in ÖBA 1991, 822; 9 Ob 265/99g in ÖBA 2000, 704. Vgl auch die Garantieerklärung in SZ 50/66. Vgl die E des OGH in EvBl 1970/202; SZ 52/18; ÖBA 1988, 615 mit Anm von Jabornegg; 1 Ob 109/00m in ÖBA 2001, 922. Kleiner, Bankgarantie 29; Schinnerer, ÖBA 1953, 217 f; Zobl in Wiegand, Personalsicherheiten 33. So setzte § 6 Abs 1 Z 2 AusfFV 1981 voraus, dass der ausländische Partner seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt; in der Fassung 1999 wird in § 1 Abs 1 lit a
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vielfach gleichgesetzt werden, zeigt sich auch darin, dass nicht selten in ein und derselben Erklärung abwechselnd von Bürgschaft und Garantie gesprochen wird. Die schwankende Bezeichnung beruht einerseits darauf, dass der Begriff Garantie auch in einem weiten Sinn gebraucht wird, der die Bürgschaft umfasst73; anderseits darauf, dass die Parteien sich häufig über die Unterschiede nicht völlig klar sind und deshalb auch nicht akzessorische Sicherungsgeschäfte als Bürgschaften bezeichnen74. Die Frage, ob Bürgschaft oder Garantie vorliegt, kann daher vielfach nur durch Auslegung beantwortet werden. c) Die Auslegungsregeln Bei der Auslegung ist gemäß den § 914, 915 ABGB und § 346 UGB vorzuge- 3/28 hen75. Ausgangspunkt ist nach § 914 ABGB der gewöhnliche Wortsinn. Dieser ist jedoch letztlich nicht entscheidend, insbesondere auch deshalb nicht, weil die Banken noch zu keiner einheitlichen Terminologie gefunden haben76; es ist vielmehr die „Absicht der Parteien“ zu erforschen. Darunter ist nicht der innere Wille einer Partei, der dem anderen Teil nicht erkennbar ist, zu verstehen, sondern nur die dem Erklärungsgegner objektiv erkennbare Absicht des Erklärenden77. Damit der erkennbare Wille einer Seite Vertragsinhalt wird, bedarf es allerdings noch der Zustimmung des anderen Teiles: Maßgebend für den Vertragsinhalt ist somit der erkennbare und übereinstimmende Wille beider Parteien78. Ist keine gemeinsame Absicht eindeutig zu ermitteln, so sind die Erklärungen so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht.
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von der Haftung für die ordnungsgemäße Erfüllung der Rechtsgeschäfte und für die wirtschaftlichen und/oder politischen Risken gesprochen. Siehe hiezu Hanreich, Die Garantieverträge nach dem Ausfuhrförderungsgesetz, ÖZW 1977, 105; Koziol, Garantievertrag 9; Petsche/Riedlmayer, Absicherung von Exportgeschäften (2007) 23 f. Dies übersah der OGH, wenn er in JBl 1978, 37, ebenso in ÖBA 1987, 409 und 3 Ob 582/91 in ÖBA 1992, 1039, die Exportgarantien der Kontrollbank generell als echte Garantien bezeichnete; vgl hingegen OGH 7 Ob 379/97d in ÖBA 1999, 150. So versteht zB Berensmann, Bürgschaft 136, die Bürgschaft als Sonderform der Garantie. Vgl OGH 5 Ob 56/97i in ÖBA 1998, 225 mit Anm von Apathy = SZ 70/177. Dazu OGH 5 Ob 151/93 in ÖBA 1993, 730; 1 Ob 318/98s in ÖBA 1999, 484 mit Anm von Rummel; 8 Ob 190/98v in ÖBA 2000, 322 mit Anm von Rummel; 4 Ob 124/00i in ÖBA 2000, 1098; 1 Ob 163/00b in ÖBA 2001, 477 mit Anm von P. Bydlinski; 7 Ob 11/01w in ÖBA 2002, 249 mit Anm von Bollenberger; 1 Ob 143/ 01p in ÖBA 2002, 509. OGH in ÖBA 1993, 730. Siehe OGH in SZ 49/59; SZ 52/18; JBl 1982, 142; JBl 1986, 173; ÖBA 1989, 1026; 7 Ob 559/95 in ÖBA 1996, 221; 4 Ob 207/98i in ÖBA 1999, 306; ÖBA 2001, 477 mit kritischer Anm von P. Bydlinski; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 I 107; Rummel in Rummel, ABGB3 § 914 Rz 4. Bollenberger in KBB2 § 914 Rz 5 f. Diese Auslegungsgrundsätze berücksichtigt der OGH durchaus in ÖBA 1991, 822 mit Anm von P. Bydlinski (dieser weist deshalb zu Recht die Kritik von G. Wilhelm in ecolex 1991, 530 zurück).
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Das bedeutet, dass alle Umstände bei der Erklärung sowie die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche bei der Ermittlung der Bedeutung zu berücksichtigen sind (vgl § 346 UGB)79. Von besonderem Gewicht sind dabei die „Erklärungssitten“80: Diese geben Auskunft darüber, was unter bestimmten Ausdrücken zu verstehen ist. Insbesondere bei Banken ist es vorstellbar, dass sich im Zusammenhang mit der Übernahme von Haftungen Übungen entwickeln, nach denen bestimmte Klauseln eine ganz bestimmte Bedeutung haben. Dies ist wohl bei der Formel „auf erste Anforderung“ (Rz 3/32) der Fall. Der OGH betont jedoch zu Recht, dass auch bei Fehlen der üblichen, auf die Abstraktheit hinweisenden Formulierungen von einer Garantie auszugehen sein kann, wenn die Übung des redlichen Verkehrs dafür spricht oder die Absicht der Parteien darauf gerichtet war81. 3/29
Bleibt auch unter Heranziehung dieser Hilfsmittel die Erklärung undeutlich, so ist die Unklarheitenregelung des § 915 ABGB heranzuziehen. Da Bankgarantien in aller Regel keine unentgeltlichen Geschäfte sind82, kommt der zweite Unklarheitensatz zur Anwendung: Bei zweiseitig verbindlichen Verträgen sind undeutliche Formulierungen zum Nachteil dessen auszulegen, der sich derselben bedient hat, der also diese undeutliche Formulierung gewählt hat. Ist zwischen Bürgschaft und Garantie zu entscheiden, so ist für denjenigen, der die Haftung übernimmt, die Garantie nachteiliger, für den Begünstigten hingegen die Bürgschaft. Das ergibt sich daraus, dass der Bürge nur dann zu zahlen hat, wenn auch der Hauptschuldner verpflichtet ist; seine Haftung ist also eingeschränkt gegenüber jener des Garanten, der unabhängig vom Bestehen einer Verpflichtung des Dritten zu leisten hat. Wurde die Haftungsübernahmeerklärung von der Bank formuliert, so ist daher – wenn die Auslegung gemäß § 914 ABGB zu keinem eindeutigen Ergebnis führt – das Vorliegen einer Garantie anzunehmen. Wird die Garantieerklärung von der Bank einem Verbraucher gegenüber abgegeben und dabei ein Formblatt verwendet, so könnte die Unklarheit einer Klausel gemäß § 6 Abs 3 KSchG zu deren Unwirksamkeit führen. Es wird jedoch überwiegend davon ausgegangen, dass diese Unwirksamkeitsregel nicht zur Anwendung gelangt, wenn die unklare Klausel gemäß § 915 ABGB zu Gunsten des Verbrauchers auszulegen ist83. Dies ist aber regelmäßig der Fall, da sich die Bank der Formulierung in ihrem Formblatt bedient hat und daher die Erklärung im Zweifel im Sinne einer Garantie zu verstehen ist, die für den Verbraucher günstiger als eine Bürgschaft ist. 79 80
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Siehe OGH in JBl 1978, 387. Zu diesen Rummel, Vertragsauslegung nach der Verkehrssitte (1972) 78ff; derselbe, Verkehrssitten und Vertragsauslegung, JBl 1973, 70. Siehe auch OGH in ÖBA 1988, 615 mit Anm von Jabornegg. OGH in ÖBA 1999, 306; ÖBA 2000, 322 mit Anm von Rummel. Dazu F. Bydlinski, Entscheidungsanmerkung, OGH 1 Ob 326/98t in ÖBA 1999, 826; ferner unten Rz 3/79. Siehe Bollenberger in KBB2 § 916 Rz 4; Kathrein in KBB2 § 6 KSchG Rz 31, jeweils mwN.
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d) Einzelfragen aa) Der Wortlaut der Erklärung Verpflichtet sich die Bank „unter Verzicht auf jede Einrede und Einwen- 3/30 dung“ einen bestimmten Betrag zu zahlen, so liegt eindeutig eine Garantie vor: Die Loslösung vom Grundverhältnis, also die Selbständigkeit der Verpflichtung wurde deutlich erklärt84. Entsprechendes gilt auch für die Formulierung „ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses“85. Schinnerer/Avancini 86 meinten, die Klausel „unter Verzicht auf alle Einwendungen“ gehöre so sehr zu allen Bankgarantien, dass sie in aller Regel kraft Handelsbrauchs auch in jenen Fällen als vereinbart gelten müsse, in denen sie in den Text eines Garantievertrages nicht aufgenommen wurde. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass eine Garantie nur dann vorliegt, wenn die Auslegung ergibt, dass der Versprechende auf Einwendungen und Einreden aus dem Grundverhältnis verzichtet hat. Geht dies aus dem Vertrag hervor, dann bedarf es keiner Ergänzung unter Hinweis auf den Handelsbrauch. Wird hingegen die Loslösung vom Valutaverhältnis gerade nicht erklärt, so darf selbstverständlich nicht auf Grund eines Handelsbrauches der Ausschluss von Einreden und Einwendungen hinzugefügt werden, weil die Parteien eben das Gegenteil vereinbart haben. Es geht auch nicht an zu sagen, stets dann, wenn eine Bank eine „Garantie“ abgab, sei kraft Handelsbrauchs diese Ergänzung vorzunehmen. Schinnerer/ Avancini 87 führen selbst aus, dass das Wort „Garantie“ keineswegs eindeutig ist und daher die Bezeichnung nicht entscheidend sein kann. Es wäre schließlich auch unzulässig, damit zu argumentieren, dass Banken in aller Regel Garantieverträge abschließen und daher stets davon auszugehen sei, dass sie auf Einreden und Einwendungen verzichten. Ganz abgesehen davon, dass Banken auch durchaus echte Bürgschaften übernehmen88, könnte daraus, dass sonst in aller Regel auf Einreden verzichtet wird, nicht geschlossen werden, dass dies auch im konkreten Geschäft der Fall sei, obwohl eine entsprechende Vereinbarung gerade fehlt: Derartige „Verkehrssitten“ können, wie Rummel 89 überzeugend dargelegt hat, nicht zur Vertragsergänzung herangezogen werden. Wird die Selbständigkeit der Haftung der Bank durch den Ausschluss aller Einwendungen und Einreden klar umschrieben, so ist es ohne Bedeutung, wenn die Bank als Bürge und Zahler bezeichnet wird90. Ebenso hindert es die 84
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Canaris, BVR3 Rz 1124; Kleiner, Bankgarantie 48f; Schinnerer/Avancini II 315. OGH in EvBl 1970/202; 8 Ob 74/99m in ÖBA 2000, 328; 6 Ob 105/05t in ÖBA 2006, 141. OGH 7 Ob 2135/96p in ÖBA 1997, 191 mit Anm von Rummel; ÖBA 2000, 328; Kleiner, Bankgarantie 40 f. II 315. II 296. Siehe dazu etwa Retemeyer, Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft (1995). Vertragsauslegung 83 ff. Siehe OGH in JBl 1965, 202; EvBl 1970/202; SZ 50/32; ÖBA 1988, 606 = SZ 61/63 ; ÖBA 1991, 822 mit Anm von P. Bydlinski; 5 Ob 56/97i in ÖBA 1998, 225 mit Anm von Apathy = SZ 70/177.
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Qualifikation als Garantie nicht, wenn zunächst gesagt wird, dass die Garantie für die Erfüllung aller Forderungen übernommen werde: Wird die Selbständigkeit der Haftung ausdrücklich festgelegt, so bedeutet diese Formulierung nur, dass dem Begünstigten der Erhalt jener Beträge garantiert wird, die ihm nach dem – sei es auch ungültigen – Vertrag geschuldet sein sollten. Trotz der an sich eindeutigen Formulierung, dass auf alle Einreden und Einwendungen verzichtet werde, kann ausnahmsweise aber dennoch eine akzessorische Bürgschaft vorliegen, wenn daneben ausdrücklich festgelegt wird, dass das Bestehen des Grundverhältnisses zwischen Drittem und Begünstigtem Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Haftung ist. Das ist der Fall, wenn für die Inanspruchnahme der „Garantie“ der Nachweis des Bestehens der Hauptschuld gefordert wird. So hieß es in einer Garantie: „Im Auftrag der Firma A. verpflichten wir uns, nach Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils oder eines unwiderruflichen Vergleichs, auf Grund dessen die Firma A. den angesprochenen Betrag an Sie zu leisten verpflichtet ist, unter Verzicht auf jede Einwendung und Einrede jeden Betrag bis zu höchst E . . . . . zu zahlen.“ Hier wird eindeutig eine Abhängigkeit vom Grundverhältnis geschaffen und nur andere Einreden werden ausgeschlossen; unzulässig wäre etwa die Aufrechnungseinrede. Möglich ist auch, dass der Bank bloß bestimmte Einwendungen aus dem Grundverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger eingeräumt werden; es kommt dadurch zu Zwischenstufen zwischen Bürgschaft und Garantie91. Es kann etwa in einer sogenannten Effektivklausel vorgesehen werden, dass der Garant nur in Anspruch genommen werden kann, wenn der Begünstigte die Absendung der von ihm an den Dritten zu liefernden Waren nachgewiesen hat92; dem Garanten steht damit die Einrede des nicht erfüllten Vertrages zu, nicht hingegen Einreden bezüglich der Gültigkeit oder Anfechtbarkeit des Grundverhältnisses. 3/32
Strittig ist die Bedeutung der Formel, dass „auf erstes Anfordern“ gezahlt werde. Schinnerer/Avancini meinten, dieser Formulierung komme lediglich die Bedeutung zu, dass die Bank auf die Aufforderung des Begünstigten warte und in der Regel den Eintritt der in ihrer Zahlungsverpflichtung vorgesehenen Bedingungen erst nach dieser Aufforderung prüfen werde93. Der OGH94 und die deutsche Lehre95 verstehen hingegen die Klausel als Erklärung 91 92 93
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Siehe Rz 3/95. Vgl auch OGH 3 Ob 627/89 in ÖBA 1990, 636 mit Anm von Koziol. II 315. Eigenartig ist, dass sie dieser Klausel keine Bedeutung bezüglich des Ausschlusses von Einwendungen und Einreden zubilligen, hingegen dann, wenn nicht einmal ein derartiger Anhaltspunkt gegeben ist, kraft Ergänzung durch Handelsbrauch einen Einredeausschluss annehmen wollen. SZ 50/32; EvBl 1982/23; RZ 1984/37; 8 Ob 645/91 in ÖBA 1992, 573 mit Anm von Koziol = ÖZW 1992, 92 mit Anm von Lindinger; ÖBA 2000, 328; ÖBA 2006, 141. Auhagen, Garantie 24 ff; Canaris, BVR3 Rz 1124; Liesecke, Rechtsfragen der Bankgarantie, WM 1968, 25; von Marschall in Horn/von Marschall/Rosenberg/Pavicevic, Dokumentenakkreditive und Bankgarantien im internationalen Zahlungsverkehr (1977) 35; Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 78 ff, 86; Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 9; Schlegelberger/Hefermehl, HGB IV5 (1976) § 349 Rz 33; von Westphalen,
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des Ausschlusses von Einreden und Einwendungen. Für diese Auffassung spricht, dass die Klausel deutlich ausdrückt, der Verpflichtete habe sofort zu zahlen, dürfe also nicht die Berechtigung nachprüfen und eine zweite Aufforderung abwarten. Alleinige Voraussetzung für die Zahlung soll die Aufforderung sein. Kleiner 96 sagt zu Recht, dass bei einer Überprüfung nicht auf erste Anforderung hin bezahlt werden könne, und wertet daher diese Formulierung als Indiz für eine selbständige Sicherung, also eine Garantie. Er nimmt allerdings an, dass derartige Klauseln weniger eindeutig sind als jene, die eine ausdrückliche Verselbständigung der Sicherungsverpflichtung oder einen ausdrücklichen Verzicht auf die Überprüfung des Rechtsgrundes der Inanspruchnahme oder auf die Erhebung von Einwendungen und Einreden enthalten. Dem ist beizupflichten: Während der Verzicht auf Einwendungen und Einreden grundsätzlich zu einer selbständigen Verpflichtung, also einer Garantie führt, kann die Klausel, es werde auf erste Anforderung gezahlt, auch im Zusammenhang mit einer Bürgschaft Bedeutung haben. In Deutschland wird nämlich zu Recht eine Bürgschaft auf erstes Anfordern anerkannt97. Enthält der Vertragstext daher neben der Klausel, auf erste Anforderung zu zahlen, Anhaltspunkte dafür, dass eine akzessorische Verpflichtung begründet werden soll, so müssen weitere Auslegungskriterien zu Hilfe gezogen werden, wenn die Abhängigkeit von der Hauptschuld nicht so deutlich ist, dass eine Bürgschaft angenommen werden muss98. Wenn in der Haftungserklärung die Unwiderruflichkeit der Verpflichtung 3/33 der Bank vorgesehen wird, ist dies hingegen kein Indiz für das Vorliegen einer Garantie, da die Unwiderruflichkeit nichts mit der entscheidenden Frage der Akzessorietät zu tun hat. Auch Bürgschaften sind – wenn sie eine bestimmte Verbindlichkeit betreffen – unwiderruflich. Ebenso bietet die Befristung keine Anhaltspunkte für die Einordnung der Haftungserklärung99. bb) Die Absicht der Parteien Die Absicht der Parteien kann vor allem aus dem Geschäftszweck und der 3/34 Interessenlage abgeleitet werden100. Beim Garantievertrag sind unter Umständen nicht nur die Absichten des Garanten, sondern auch jene des Begünstigten zu berücksichtigen101, selbst dann, wenn er mit dem Garanten keine Vertragsverhandlungen führte und der Begünstigte nach Erhalt der
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Neue Tendenzen bei Bankgarantien im Außenhandel? WM 1981, 295; Zahn/ Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/19. Bankgarantie 52. Siehe Rz 3/41. Diese Problematik übersieht der OGH in ÖBA 1987, 505 mit Anm von Koziol. Siehe OGH in HS 14.421; NZ 1974, 77. Siehe OGH in SZ 48/130; SZ 52/18; 4 Ob 124/00i in ÖBA 2000, 1098; 1 Ob 109/00m in ÖBA 2001, 922. Etwas einseitig die Interessen des Begünstigten aus einer „Finanzierungszusage“ berücksichtigend OGH 8 Ob 190/98v in ÖBA 2000, 322 mit kritischer Anm von Rummel; 7 Ob 11/01w in ÖBA 2002, 249 mit Anm von Bollenberger.
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Garantieerklärung des Garanten bloß schweigt oder der Vertrag nach § 864 ABGB zustande kommt102: Die Absichten des Begünstigten können dem Garanten dadurch erkennbar sein, dass der Begünstigte vom Dritten die Bestellung einer ganz bestimmten Sicherheit begehrte und der Dritte der Bank unter Hinweis auf das Valutaverhältnis den Auftrag erteilt, eine entsprechende Erklärung abzugeben103. Dann kann auch der Inhalt dieses Verhältnisses für die Auslegung des Garantievertrages von Bedeutung sein104. 3/35
Auf Seiten der Bank kann ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Durchführung eines Unternehmens ein Indiz dafür sein, dass sie eine möglichst weitgehende, also selbständige Sicherheit gewähren will105. Ein derartiges Interesse kann zB bei der Bank dann gegeben sein, wenn sie ihrer in Schwierigkeiten geratenen Tochtergesellschaft einen Auftrag durch den Begünstigten verschaffen will, der befürchtet, dass die Tochter den Liefervertrag nicht mehr erfüllen kann und ihm dadurch Nachteile entstehen.
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Ist der Garant eine Bank, so wird vielfach angenommen, dass diese generell ein Interesse an der Übernahme einer selbständigen Garantie und nicht an einer akzessorischen Bürgschaft habe und daher im Zweifel stets Garantien anzunehmen seien106. Für diese Auffassung wird ins Treffen geführt, dass die Bank im Interesse des Ansehens und der besonderen Wertschätzungen der Einrichtung der Bankgarantie in Kauf nehme, dass ihre Zusagen im Zweifel als Garantie und nicht als Bürgschaft behandelt werden. Neben dem Prestigegedanken auf Seiten der Bank wird ferner noch angeführt, dass die Bank bei akzessorischen Verpflichtungen zu leicht in die Rolle eines Schiedsrichters gedrängt werden könnte, da sie Einwendungen erheben müsste, anderseits aber nicht die Möglichkeit habe, eine Prüfung des Grundverhältnisses vorzunehmen, und überhaupt nicht interessiert sei, in die Streitigkeiten zwischen Drittem und Begünstigtem hineingezogen zu werden. Diese Argumentation ist keineswegs überzeugend: Erstens übernehmen Banken häufig auch Bürgschaften, ohne dass dies offenbar für sie negative Auswirkungen zeigt. Zweitens werden die Fragen miteinander verwechselt, ob die Bank Einwendungen erheben kann und ob sie Einwendungen erheben muss; die erste Frage betrifft ihr Verhältnis zum Begünstigten, die letztere hingegen das Verhältnis zu ihrem Auftraggeber. Ihr Risiko, mögliche Einwendungen zu versäumen, wäre keinesfalls erhöht, wenn sie zwar Einwendungen erheben könnte, aber dem Auftraggeber gegenüber nicht zur Geltendmachung verpflichtet ist; dies ist eine häufiger gewählte Variante. Drittens kann 102 103
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Dazu Rz 3/71 f. Die Bedeutung der Interessen der Partner des Grundgeschäftes für die Auslegung der Sicherung betont Kleiner, Bankgarantie 58 f. Vgl auch OGH in EvBl 1983/3. OGH in ÖBA 1989, 1026. Vgl Kleiner, Bankgarantie 59 ff; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/11. Gegen eine derartige Indizwirkung der Interessenlage aber Berensmann, Bürgschaft 141 ff. OGH in SZ 48/130; RZ 1984/37; 5 Ob 151/93 in ÖBA 1993, 730; Auhagen, Garantie 41 f; von Marschall in Horn/von Marschall/Rosenberg/Pavicevic, Dokumentenakkreditive 36; Schinnerer/Avancini II 300. Vgl auch Kleiner, Bankgarantie 61.
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es sehr wohl im Interesse der Bank sein, Einwendungen erheben zu können, nämlich dann, wenn sie sonst an den Begünstigten zahlen müsste, aber wegen Zahlungsunfähigkeit ihres Auftraggebers ihre Rückgriffsrechte nicht realisieren könnte. Es darf nicht übersehen werden, dass die Einräumung von Rechten, und daher auch von jenen zur Erhebung von Einwendungen, stets vorteilhaft ist und deshalb im Zweifel auch eher der Absicht der Bank entspricht. Hinzu kommt, dass die Bank dem Begünstigten eine Sicherheit einräumen will, die dem Auftrag des Dritten entspricht; dieser beabsichtigt aber sicherlich keineswegs stets, seinem Gläubiger eine Garantie zu verschaffen. Aus all diesen Gründen ist auch bei Banken davon auszugehen, dass sie eher die Absicht auf die Erklärung einer Bürgschaft als auf die Abgabe einer Garantie gerichtet haben. Besteht auf Seiten des Begünstigten nur ein Interesse an der Abdeckung des 3/37 Risikos der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so ist Bürgschaft anzunehmen, weil diese dem Zweck der Sicherung der Erfüllung einer Verbindlichkeit am besten dient107. Befürchtet der Begünstigte hingegen erkennbar zB die Verweigerung einer notwendigen staatlichen Genehmigung des Vertrages auf Seiten des Dritten108 oder für ihn wirtschaftlich ruinöse langwierige Streitigkeiten über die Mangelfreiheit seiner Lieferung oder soll ihm auch das Risiko für Zufälle abgenommen werden109, so ist die Absicht auf Abdeckung des Risikos des Bestehens eines Anspruchs und damit auf Erhalt einer abstrakten Garantie gerichtet110. In jüngerer Zeit verwendet der OGH häufig die Formulierung, dass es für eine Garantie spreche, wenn die Interessenlage erkennbar die Sicherung des Begünstigten gegen Einwendungen aus dem Valutaverhältnis oder sonst eine Verstärkung seiner Stellung im Vergleich zur bloßen Bürgenhaftung fordere, selbst wenn der Ausdruck Garantie nicht verwendet oder sogar von einer Bürgschaft gesprochen werde111. Ebenso besteht die Absicht, eine Garantie abzuschließen, wenn die Sicherstellung einen Barerlag 112 oder einen Haftrücklass 113 zu ersetzen hat: Der Begünstigte soll im Ergebnis möglichst so gestellt werden, als hätte er das Geld schon in Händen; er muss daher das Geld sofort und ohne die Gefahr von Einwendungen erhalten können. Ergibt die Auslegung der Erklärungen, dass der Sichernde eine Bürgschaft, der Begünstigte hingegen eine Garantie abschließen wollte, so scheint Dis107
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Vgl auch Koziol, Über den Anwendungsbereich des Bürgschaftsrechts, JBl 1964, 311. Dies betonen Schinnerer/Avancini II 288. Vgl Kleiner, Bankgarantie 76 f. In diesem Sinn auch OGH 1 Ob 525/91 in ÖBA 1991, 822 mit Anm von P. Bydlinski; 8 Ob 190/98v in ÖBA 2000, 322 mit Anm von Rummel; ÖBA 2001, 477 mit Anm von P. Bydlinski. Siehe OGH ÖBA 2001, 477 mit Anm von P. Bydlinski; 1 Ob 109/00m in ÖBA 2001, 922. Dazu Schinnerer, ÖBA 1972, 441; Auhagen, Garantie 40; von Caemmerer, Bankgarantie im Außenhandel, Riese-FS (1964) 298; Liesecke, WM 1968, 22 und 26. Vgl OGH in SZ 52/18.
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sens vorzuliegen und keine gültige Verbindlichkeit entstanden zu sein. Dies ist jedoch letztlich nicht stets anzunehmen: Da die Garantie über die Bürgschaft hinausgeht, diese sozusagen mit einschließt, ist häufig davon auszugehen, dass sich die Beteiligten – die ja jedenfalls eine Sicherheit bestellen wollten – zumindest über den Abschluss eines Bürgschaftsvertrages geeinigt haben114. e) Mischformen 3/39
Wird in der Haftungserklärung nur auf manche Einwendungen verzichtet, die dem Bürgen zustehen, werden andere hingegen zugelassen, so entstehen – wie schon erwähnt – Zwischenformen zwischen Bürgschaften und Garantien115. Dies ist der Fall, wenn der Begünstigte nur Zahlung begehren kann, wenn er die Verpflichtung des Dritten ihm gegenüber durch ein rechtskräftiges Urteil nachweist116, daneben aber alle anderen Einwendungen ausgeschlossen werden. Die Notwendigkeit des Nachweises der Verpflichtung führt einerseits ohne Zweifel zu einer Akzessorietät; es ist jedoch anderseits etwa die Berufung auf eine nach Urteilsfällung erfolgte Zahlung oder auf das Bestehen aufrechenbarer Gegenansprüche abgeschnitten, so dass insofern eine Unabhängigkeit vom Grundverhältnis eintritt. Entsprechendes gilt dann, wenn dem Garanten zwar der Einwand eingeräumt wird, dass „die Zahlung durch den Schuldner wegen nicht ordnungsgemäßer Erfüllung des zugrundeliegenden Exportvertrages verweigert“ wurde, alle anderen Einwendungen aus dem Valutaverhältnis jedoch ausgeschlossen sind117.
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Wie bei allen gemischten Verträgen entstehen allerdings auch hier Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Frage, welchen Bestimmungen diese unterworfen sind. Da vielfach die gleichen Regeln gelten und viele Normen aus dem Bürgschaftsrecht analog bei Garantien anzuwenden sind (siehe etwa Rz 3/68 f und 120 f), wird die praktische Bedeutung dieser Problematik etwas gemildert. Manche Fragen spielen ferner bei der Haftungsübernahme durch 114
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Für das entsprechende Problem bei Bürgschaft und Schuldbeitritt ebenso schon Koziol, JBl 1964, 311; zustimmend Jud/Spitzer in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 393; vgl aber Dullinger/Rummel, ÖBA 1987, 503 f. Ausführlicher zu diesem Problem Rz 3/75 f. Auf Grund der im Schuldrecht herrschenden Vertragsfreiheit (vgl Bollenberger in KBB2 § 859 Rz 15 mwN) können auch Mischformen zwischen zwei Vertragstypen, von denen jede von der Rechtsordnung für zulässig erachtet wird, wirksam vereinbart werden. Für die Zulässigkeit von Zwischenformen zwischen Bürgschaft und Garantie Kleiner, Bankgarantie 87 ff; Berensmann, Bürgschaft 137; P. Bydlinski, Moderne Kreditsicherheiten und zwingendes Recht, AcP 190 (1990) 169; OGH in ÖBA 1989, 1131 = SZ 62/75; 7 Ob 559/95 in ÖBA 1996, 221; 7 Ob 11/01w in ÖBA 2002, 249 mit Anm von Bollenberger; abweichend noch Schinnerer, ÖBA 1972, 448 und in Schinnerer/Avancini II 283. Vgl OGH in RZ 1983/69; SZ 56/55. Siehe die E des OGH 2 Ob 585/95 in ÖBA 1997, 1016, die sich mit einer von der Kontrollbank abgeschlossenen Garantie für gebundene Finanzkredite und Forderungskäufe (§ 7 Abs 1 Z 7 AGB der OeKB) beschäftigte.
Begriff und Arten der Bankgarantie
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Banken keine entscheidende Rolle, wie etwa jene der Formbedürftigkeit: Selbst dann, wenn man § 1346 Abs 2 ABGB nur bei Bürgschaften, nicht aber bei Garantien für anwendbar hielte (dazu Rz 3/74) und daher die Zuordnung der Haftung wegen der Formfrage bedeutsam sein könnte, bestünden bei Haftungsübernahmen durch Banken kaum Schwierigkeiten bezüglich der Einhaltung der Form, weil Banken ohnehin regelmäßig nur schriftliche Haftungserklärungen abgeben. Bedeutsam bleibt die Einordnung jedenfalls wegen der unterschiedlichen Behandlung im Gebührenrecht, aber auch wegen einiger zivilrechtlicher Fragen. So läuft insbesondere die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung verschieden: Während dem Garanten grundsätzlich kein Bereicherungsanspruch gegen den Begünstigten zusteht, wenn dieser nach dem Grundverhältnis mit dem Dritten in Wahrheit keinen Anspruch auf die Leistung hatte (Rz 3/166), kann der Bürge die von ihm erbrachte Leistung selbst vom Gläubiger kondizieren, wenn dieser keinen Anspruch gegen den Hauptschuldner hatte118. Dieser Unterschied bei der Rückabwicklung erklärt sich daraus, dass die Bürgschaftsverpflichtung wegen des Akzessorietätsprinzips nicht besteht, wenn keine Hauptverbindlichkeit vorhanden ist, der Bürge somit eine Nichtschuld erbringt, während die Leistung des Garanten wegen der Abstraktheit seiner Verpflichtung auch bei Mangelhaftigkeit des Grundverhältnisses noch gerechtfertigt ist. Dadurch entstehen bei Mischformen jedoch keine unüberwindbaren Schwierigkeiten: Soweit die Haftung der Bank vom Bestehen der Hauptverbindlichkeit abhängig ist, ihr also diesbezüglich Einwendungen zustehen, erfolgt die Rückabwicklung nach den für die Bürgschaft geltenden Regeln, das heißt die Kondiktion steht der Bank selbst zu, weil sie eine Nichtschuld erbrachte. War der Bank hingegen die betreffende Einwendung aus dem Valutaverhältnis abgeschnitten, bestand insofern eine nicht akzessorische, abstrakte Verbindlichkeit der Bank, so dass ihre Zahlung an den Begünstigten gerechtfertigt ist; der Rückabwicklungsanspruch steht daher dem Dritten zu. Überdies ist zu bedenken, dass die erwähnten Unterschiede bei der Rückabwicklung praktisch nur mehr von geringerer Bedeutung sind, da bei Garantien häufig die Rückabwicklungsansprüche schon im Voraus vom Dritten an den Garanten zediert werden (siehe unten Rz 3/163) und daher bei der Rückabwicklung letztlich keine Unterschiede bestehen. In Deutschland wird schon seit längerer Zeit eine besondere Mischform, 3/41 nämlich die „Bürgschaft auf erste Anforderung“, von Rechtsprechung119 und Lehre120 anerkannt; in der Schweiz wird sie hingegen als unzulässig 118
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Koziol, Die Rückabwicklung rechtsgrundloser Zahlungen eines Bürgen, ZBB 1989, 16 mwN. AA allerdings Canaris, Der Bereicherungsausgleich im Dreipersonenverhältnis, Larenz-FS (1973) 799. Siehe schon BGH in BGHZ 74, 244 = NJW 1979, 1500; eine kritische Darstellung der höchstrichterlichen Rechtsprechung bietet Kreft, Garantie und Bürgschaft auf erstes Anfordern, in Hadding/Nobbe (Hrsg), Bankrecht 2000 (2000) 115. St. Arnold, Die Bürgschaft auf erstes Anfordern im deutschen und englischen Recht (2008); P. Bydlinski, AcP 190, 168 ff; derselbe, Die Bürgschaft auf erstes Anfordern: Darlegungs- und Beweislast bei Rückforderung durch den Bürgen, WM 1990, 1401;
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angesehen121. Der OGH hatte bisher nur selten Gelegenheit, zu dieser Mischform Stellung zu nehmen; er hatte jedoch das Vorhandensein der bürgschaftsrechtlichen Elemente übersehen und die Haftung daher ohne weitere Überlegung als Garantie eingestuft122. In jüngerer Zeit geht er jedoch ebenfalls von der Zulässigkeit einer „Bürgschaft auf erste Anforderung“ aus123. Bei der Bürgschaft auf erste Anforderung wird zwar die Position des Sicherungsgebers insofern der eines Garanten angenähert, als ihm bei Inanspruchnahme durch den Begünstigten die Erhebung von Einwendungen aus dem Grundverhältnis verwehrt ist, er eben sofort, also ohne Möglichkeit der Prüfung des Grundverhältnisses, zu zahlen hat124. Er kann jedoch nach Erbringung der Leistung diese zurückfordern, wenn sie durch das Grundverhältnis nicht gedeckt war125, weil durch die Klausel die Akzessorietät bloß vorläufig eingeschränkt, nicht aber endgültig beseitigt wird126. Zwischenformen zwischen einer über die Rückforderungsansprüche materiell akzessorischen Bürgschaft auf erste Anforderung und einer auf erste Anforderung zu erfüllenden Garantie können127 dadurch geschaffen werden, dass dem Garanten vertraglich die Rückforderung für den Fall eingeräumt wird, dass der Begünstigte zur Zeit der Erbringung der Garantiezahlung die gesicherte Leistung ohnehin schon erhalten hatte und daher der materielle Garantiefall endgültig nicht eingetreten ist128; damit kommt es zu einer bloß formalen Abstraktheit (siehe oben 3/7). Durch den Ausschluss der Rückforderung bei sonstigen Mängeln des Valutaverhältnisses liegt keine vollständige materielle Akzessorität vor und somit keine Bürgschaft.
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derselbe, Personaler numerus clausus bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern? WM 1991, 257; Canaris, BVR3 Rz 1124; Heinsius, Bürgschaft auf erstes Anfordern, MerzFS (1992) 177; Horn, Bürgschaften und Garantien zur Zahlung auf erstes Anfordern, NJW 1980, 2153; Michalski, Bürgschaft auf erstes Anfordern, ZBB 1994, 289; Zahn/ Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/11. Ablehnend hingegen Schnauder, Zahlungsversprechen auf erstes Anfordern im System des Schuldrechts, WM 2000, 2078ff; Weth, Bürgschaft und Garantie auf erstes Anfordern, AcP 189 (1989) 324ff (zur Unhaltbarkeit von dessen Argumentation treffend P. Bydlinski, AcP 190, 168 ff). Büsser, Einreden 162. ÖBA 1987, 505 mit Anm von Koziol; ÖBA 2001, 477 mit Anm von P. Bydlinski. OGH 7 Ob 559/95 in ÖBA 1996, 221; 1 Ob 208/99s in ÖBA 2000, 418 mit Anm von Apathy = SZ 72/131 = ecolex 2000, 33 mit Anm von G. Wilhelm; 8 Ob 200/02y in ÖBA 2003, 954. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs steht allerdings – so wie dem Garanten – auch dem Bürgen, der auf erste Anforderung zu zahlen hat, offen; vgl Kupisch, Bona fides und Bürgschaft auf erstes Anfordern, WM 2002, 1626. Zur Beweislast P. Bydlinski, WM 1990, 1402 ff. BGH in NJW 1979, 1500; St. Arnold, Bürgschaft 27 f; Eberl, Bankgarantie 112 ff; Horn, NJW 1980, 2155. Ob die Bank dazu gegenüber dem Garantieauftraggeber befugt ist, ergibt sich aus dem Auftragsverhältnis. Vgl dazu Canaris, Die Bedeutung des „materiellen“ Garantiefalles für den Rückforderungsanspruch bei der Garantie „auf erstes Anfordern“, ZIP 1998, 499ff; Panagiotopoulos, Die Rückforderung unbegründeter Zahlungen bei einer Bankgarantie „auf erstes Anfordern“ (2007) 98 ff.
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2. Kreditauftrag und Garantie a) Definition und Meinungsstand Unter einem Kreditauftrag wird der jemandem erteilte und von ihm ange- 3/42 nommene Auftrag, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, aber auf Gefahr des Auftraggebers, einem Dritten Kredit zu gewähren, verstanden129. Die rechtliche Einordnung derartiger Vereinbarungen ist strittig130. Teils wird vertreten, dass kein Auftrags- sondern ein Garantieverhältnis vorliege131, teils dass Bürgschaftsrecht anzuwenden sei132. Andere meinen, es liege eine Kombination von Gutstehung und Vertrag zugunsten Dritter vor133. Einige halten den Kreditauftrag für ein Auftragsverhältnis, doch gelte nach dessen Durchführung Bürgschaftsrecht134. Manche qualifizieren ihn als Garantievertrag, bei dem im Innenverhältnis zwischen Garant und Kreditgeber ein modifiziertes Auftragsverhältnis bestehe135. Auch wird der Kreditauftrag als atypischer Vertrag gesehen, der einem modifizierten Auftragsvertrag am ehesten entspricht136.
b) Der Kreditauftrag als Bürgschafts- oder Garantievertrag Wird der Kreditauftrag als Bürgschafts- oder als Garantievertrag angesehen, 3/43 so wird dadurch nur ein Teilaspekt, nämlich jener der Risikotragung, berücksichtigt. Der wesentliche Inhalt des Vertrages kann damit jedoch nicht erfasst werden137: Der Auftraggeber hat ein Interesse daran, dass einem Dritten Kredit eingeräumt wird. Jene Meinung, die den Kreditauftrag als Gutstehung in Kombination mit einem Vertrag zugunsten Dritter verstehen will138, berücksichtigt demgegenüber die entscheidende Verpflichtung des Beauftragten zur Kreditgewährung: Wird die Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Beauftragtem als Kreditvertrag zugunsten des Dritten gesehen, so trifft den Beauftragten die Pflicht zur Kreditauszahlung und bei einem echten Vertrag zugunsten Dritter (§ 881 Abs 2 ABGB) steht dem Dritten der Anspruch auf Auszahlung zu. Dennoch entspricht auch diese Qualifizierung regelmäßig nicht dem Willen der 129
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Ohmeyer/Klang in Klang VI 201 f; Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1346 Rz 4; Mayrhofer, SR AT 148. Ausführlicher hiezu Koziol, Der Kreditauftrag, Kastner-FS (1992) 241. ZB Schey, Die Obligationsverhältnisse I/3 (1907) 476. Etwa Ehrenzweig II/1, 114. Mayrhofer, SR AT 148. Ohmeyer/Klang in Klang VI 121; Kleiner, Bankgarantie 121; Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1346 Rz 4. F. Bydlinski/Koziol, Die persönlichen Sicherheiten im österreichischen Recht des 19. und 20. Jahrhunderts, in Les sûretés personelles III (1969) 382f. Mader/W. Faber in Schwimann, ABGB3 § 1346 Rz 76. Vgl dazu Stammler, Der Garantievertrag, AcP 69 (1886) 119 f; Kleiner, Bankgarantie 121 f. Mayrhofer, SR AT 148.
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Parteien139: Läge ein Kreditvertrag zugunsten Dritter vor, so müsste dieser zwischen dem Auftraggeber und dem Beauftragten geschlossen werden; üblicherweise wird jedoch der Kreditvertrag zwischen dem Beauftragten und dem Dritten vereinbart. Überdies trifft nach der üblichen Ausgestaltung die Rückzahlungsverpflichtung den Dritten; bei einem Kreditvertrag zugunsten Dritter wäre hingegen der Auftraggeber als Vertragspartner des Kreditgebers zur Rückzahlung verpflichtet. 3/44
Eher entspräche es dem tatsächlichen Inhalt der Vereinbarungen, den Kreditauftrag als einen Vorvertrag zugunsten Dritter zu verstehen. Der Beauftragte hätte den Hauptvertrag mit dem Dritten abzuschließen und dieser wäre daher auch zur Rückzahlung verpflichtet. Mit einem Vorvertrag zugunsten Dritter allein ist jedoch noch nicht der zweite wesentliche Inhalt des Kreditauftrages erfasst, nämlich die Risikoübernahme durch den Auftraggeber: Schließt der Beauftragte auf Grund des Vorvertrages den Kreditvertrag mit dem Dritten ab, so trifft die Rückzahlungspflicht allein den Dritten. Dieses Verständnis des Kreditauftrages erfordert es daher, neben dem Vorvertrag zugunsten Dritter noch eine gesonderte Risikotragungsvereinbarung anzunehmen. Wird diese als Bürgschaft ausgestaltet, so wäre sie gebührenpflichtig (§ 33 TP 7 GebührenG). Überdies ist strittig, ob eine Bürgschaft im Falle der Ungültigkeit des Kreditvertrages auch die bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsansprüche sichert140. Wird dies verneint, so hat der Beauftragte ein erhebliches Risiko selbst zu tragen, was jedoch dem Willen der Parteien, dass der Auftraggeber die Gefahr zu tragen hat, widerspricht. All diese Schwierigkeiten treten nicht auf, wenn der Kreditauftraggeber zusätzlich zum Vorvertrag noch eine Garantieverpflichtung eingeht. Die Garantie entspricht allerdings wieder insofern nicht dem typischen Willen des Auftraggebers141, als die Abstraktheit der Garantie dazu führt, dass er unabhängig davon haftet, ob der Kredit an den Dritten überhaupt ausgereicht wurde. Das Verständnis des Kreditauftrags als Vorvertrag zugunsten Dritter, verbunden mit einer Gutstehung, entspricht daher regelmäßig ebenfalls nicht der Absicht der Parteien. c) Der Kreditauftrag als Auftragsverhältnis
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Der Kreditauftrag sieht – abweichend von der gesetzlichen Regelung des Auftrags – typischerweise vor, dass der Beauftragte den Kredit auf eigene Rechnung gewährt. Er soll keinen Anspruch auf Bevorschussung seines Aufwandes, der in der Kredithingabe besteht, haben und überdies den Nutzen aus dem Kreditverhältnis (Zinsen, Provisionen) behalten. Im Übrigen entsprechen jedoch die Rechtsfolgen eines Auftrags dem Willen der Parteien, weil 139 140
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Koziol, Kastner-FS 244. Zum Problem der Haftung des Bürgen für Rückabwicklungsansprüche P. Bydlinski, Einreden des Bürgen, ÖBA 1987, 694; Koziol, ZBB 1989, 23 f. Siehe Ohmeyer/Klang in Klang VI 203 FN 17.
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den Beauftragten die Pflicht zur Krediteinräumung an den Dritten trifft und der Auftraggeber gemäß § 1014 ABGB das Risiko trägt142. Dass der Beauftragte den Kredit auf eigene Rechnung an den Dritten gewährt, ist jedoch kein Hindernis, den Kreditauftrag als Auftragsverhältnis zu verstehen143: Das Charakteristikum des Auftrags, nämlich die Verpflichtung des Beauftragten, im Interesse des Auftraggebers rechtsgeschäftlich tätig zu werden, ist jedenfalls gegeben. Ferner hat der Auftraggeber das Risiko zu tragen. Die Regelung, dass der Beauftragte auf eigene Rechnung zu kreditieren hat, bedeutet nur eine geringfügige Abweichung von der gesetzlichen Ausgestaltung des Auftragsverhältnisses: Der letztlich entstehende Aufwand des Beauftragten liegt nicht schlechthin in der Hingabe der Kreditvaluta, vielmehr entsteht ein Aufwand im Ergebnis nur soweit, als die Rückzahlung ausbleibt. Ein weiterer Aufwand des Beauftragten kann allerdings darin gesehen werden, dass er Geld zur Verfügung zu stellen hat. Dieser Aufwand soll jedoch durch die Zinszahlungen und die sonstigen Gegenleistungen des Kreditnehmers abgegolten werden. Bedeutsam ist hingegen, dass durch die Vereinbarung, der Beauftragte habe den Kredit auf eigene Rechnung einzuräumen, die Vorschusspflicht des Auftraggebers (§ 1014 ABGB) abbedungen wird. Durch die Vereinbarung, dass der Kredit auf Rechnung des Beauftragten zu gewähren ist, wird somit nur eine dem Sinn und Zweck dieses spezifischen Auftragsverhältnisses entsprechende Modifikation vorgenommen: Ein vom Beauftragten getätigter Aufwand oder ein zu ersetzender Schaden liegt letztlich nur dann vor, wenn der Kreditnehmer den Kreditbetrag nicht zurückzahlt oder die vertraglich vorgesehenen Gegenleistungen nicht erbringt. Mit dieser Regelung ist auch eine Risikotragung erreicht, die dem typischen Willen der Parteien entspricht: Der Auftraggeber hat für jeden Ausfall der vertraglich vorgesehenen Leistungen des Dritten einzustehen. Das gilt hier ohne Zweifel auch dann, wenn der Kreditvertrag ungültig sein sollte und der Kreditnehmer den auf Rückzahlung gerichteten Bereicherungsanspruch des Beauftragten nicht erfüllt144. Das Auftragsrecht führt auch zu keiner überschießenden Haftung des Auftraggebers: Er kann vom Beauftragten nur in Anspruch genommen werden, wenn dieser den Auftrag erfüllt, also den Kreditbetrag tatsächlich an den Dritten ausbezahlt hat, da sonst kein Aufwand getätigt wurde. Neben dem Auftragsverhältnis ist die in der Praxis häufig vorgesehene 3/46 zusätzliche Gutstehung weder erforderlich, noch sinnvoll 145: Eine Bürgschaftsverpflichtung des Auftraggebers bietet dem Beauftragten keine zusätzliche Sicherheit. Aber auch dem Auftraggeber bringt die Vereinbarung, dass er als Bürge hafte, keinen Vorteil, weil all jene Sorgfaltspflichten, die das 142
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Auf die Sicherungswirkung des Mandats wird allgemein hingewiesen, siehe zB Stammler, AcP 69, 119. Dazu Koziol, Kastner-FS 246. Unger, Handeln auf fremde Gefahr, Jherings JB 33 (1894) 302f. Koziol, Kastner-FS 248 ff.
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Gesetz dem Gläubiger gegenüber dem Bürgen auferlegt, sich mindestens ebenso aus dem Auftragsverhältnis ergeben. Schließlich ist auch die Möglichkeit des Auftraggebers, bei Inanspruchnahme durch den Beauftragten im Wege der Legalzession nach § 1358 ABGB Rückgriff gegen den Dritten nehmen zu können, nicht von der Vereinbarung einer Bürgschaft abhängig: Der Auftraggeber übernimmt schon allein durch die Auftragserteilung an den Kreditgeber die Haftung (§ 1014 ABGB), und zwar für eine materiell fremde Verbindlichkeit, so dass alle Voraussetzungen für den gesetzlichen Forderungsübergang nach § 1358 ABGB gegeben sind. Aber auch eine Garantieübernahme ist für die Wahrung berechtigter Interessen der Beteiligten nicht erforderlich: Der Beauftragte hat jedenfalls einen Aufwandersatzanspruch gegen den Auftraggeber, wenn er den Kredit tatsächlich ausbezahlt hat, und zwar unabhängig von der Gültigkeit des Kreditvertrages. Vom Standpunkt des Auftraggebers ist umgekehrt zu bedenken, dass eine von der tatsächlichen Auszahlung des Kredits an den Dritten unabhängige Haftung seinen Interessen widerspräche; er hätte einen Aufwand zu ersetzen, der vom Beauftragten nie getätigt wurde. Eine Garantie brächte für den Beauftragten nur den Vorteil, dass der Auftraggeber „auf erste Anforderung“ und „ohne jede Einrede“ zu zahlen hätte. Um dies zu erreichen ist jedoch nicht der Abschluss eines zusätzlichen Garantievertrages erforderlich, vielmehr können die Parteien des Auftragsverhältnisses beliebig den Zeitpunkt und die Voraussetzungen des Aufwandersatzes festlegen. Es kann daher auch der Auftraggeber zur Zahlung auf erste Anforderung ohne jede Einwendung verpflichtet werden146. 3/47
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Kreditauftrag kein Garantievertrag, sondern ein echtes Auftragsverhältnis ist, bei dem allerdings die Vorschusspflicht abbedungen und der Anspruch auf Aufwandersatz regelmäßig besonders geregelt wird. Es besteht keine Notwendigkeit, daneben eine Bürgschaft oder Garantie zu vereinbaren, weil die Risikotragung innerhalb des Auftragsverhältnisses interessegemäß ausgestaltet werden kann. 3. Versicherungsvertrag und Garantie
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Die Unterscheidung dieser beiden Vertragsarten könnte aus gebühren- und konzessionsrechtlichen Gründen bedeutsam sein, ferner auch wegen der Anwendbarkeit des VersVG. Wird die Garantie ohne Entgelt übernommen, so ist die Grenzziehung einfach, weil der Versicherungsvertrag stets entgeltlich ist. Erhält der Garant jedoch vom Begünstigten eine Gegenleistung, so scheidet diese Abgrenzungsmöglichkeit aus; ebenso dann, wenn der Dritte das Entgelt an den Garanten leistet, da auch Versicherungsverträge das Risiko eines Dritten abdecken können. Zwischen dem Versicherungsvertrag und dem entgeltlichen Garantievertrag scheint jedoch dann ein klarer Unterschied 146
Siehe Koziol, Zur Zulässigkeit abstrakter Rückgarantien nach österreichischem Recht, ÖBA 1986, 446.
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zu bestehen, wenn die Garantie im Auftrag des Dritten übernommen wurde: Der Garant handelt hier auf fremde Rechnung und bekommt daher seine Aufwendungen ersetzt, während der Versicherer auf eigene Rechnung zu leisten hat. Jabornegg 147 macht allerdings zu Recht darauf aufmerksam, dass auch bei der Kautionsversicherung ein Rückgriff des Versicherers auf den Versicherungsnehmer in Betracht kommt. Ein Unterschied, der bei der Bewältigung der Abgrenzungsschwierigkeiten helfen könnte, wird nach verbreiteter Auffassung in der Art der Berechnung des Entgelts gesehen148: Bei Versicherungsverträgen wird das Entgelt (die Prämie) nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnet und das Risiko wird somit auf eine Mehrzahl gleichartig gefährdeter Personen verteilt; die Gesamtheit aller Schadensfälle soll durch die Summe aller Prämien abgedeckt werden. Dies ist bei Garantieverträgen zwar regelmäßig nicht der Fall, Jabornegg 149 weist jedoch darauf hin, dass andererseits die versicherungsmathematische Berechnung der Prämien durch das VersVG nicht zwingend vorgesehen ist und daher Versicherungen dieselbe Entgeltsberechnung wählen können wie die Banken. Jabornegg 150 gelangt daher zu dem Ergebnis, dass kein durchgreifender Unterschied zwischen dem Garantiegeschäft und der Kautionsversicherung als echtem Versicherungsgeschäft besteht, dies jedoch nicht bedeutet, dass jedes Unternehmen, das solche Geschäfte planmäßig auf versicherungstechnischer Grundlage nach dem Gesetz der großen Zahl betreibt, als aufsichtspflichtiges Versicherungsunternehmen anzusehen sei: Nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (§ 1 Abs 1 Z 8 BWG) gelte das Garantiegeschäft als Bankgeschäft und könne deshalb von Unternehmen betrieben werden, die als Banken der Aufsicht nach dem BWG unterliegen. Auf Grund der positivrechtlichen Situation könnte daher die gleiche Art von Geschäften entweder als Bankgeschäft oder als Versicherungsgeschäft nach den jeweils maßgebenden Vorschriften betrieben werden. Das führt allerdings zu dem wenig sachgerechten Ergebnis, dass für inhaltlich gleichartige Geschäfte auch unterschiedliche Bestimmungen Geltung haben können. Die Garantien151, die von einem Bevollmächtigten des Bundes (Kontrollbank) 3/49 von diesem übernommen werden und eine Verteilung der Risken bezwecken, werden nicht im Auftrag des Dritten, sondern auf Grund eines entgelt147 148
149 150 151
Wesen und Begriff der Versicherung im Privatversicherungsrecht, Frotz-FS (1993) 574. Boetius, Der Garantievertrag (Diss München 1966) 47f; G. Graf, Kontrollbankgarantie und Kreditversicherung, ÖBA 1992, 1005; Käser in Bergström/Schultsz/ Käser, Garantieverträge im Handelsrecht (1972) 32; Kleiner, Bankgarantie 102 ff; ebenso OGH 3 Ob 582/91 in ÖBA 1992, 1039 = SZ 65/27. Kritisch von Marschall in Horn/von Marschall/Rosenberg/Pavicevic, Dokumentenakkreditive 34. Frotz-FS 574 f. Frotz-FS 574. Zur Frage, wie weit diese – wenn die Haftung für die Leistung eines Dritten übernommen wird – den Bürgschaften zuzuordnen sind, siehe Rz 3/27. Keinesfalls liegt eine Bürgschaft vor, wenn das Kursrisiko übernommen wird, weil dann für einen Erfolg einzustehen ist, der nicht in der Leistung eines Dritten besteht.
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lichen Verhältnisses mit dem Begünstigten selbst gewährt; sie wurden deshalb den Versicherungsverträgen zugeordnet152. Das war jedoch bedenklich, da früher die Summe aller Entgelte nicht die Summe aller Schadensfälle abdeckte153; es bestand also keine vollkommene Äquivalenz zwischen Entgelt und Risiko. Dieser Umstand sprach eher für einen Bürgschafts- oder Garantievertrag154. Da die Risikoübernahmen öffentlich gefördert wurden, konnte allerdings die Art der Entgeltsberechnung letztlich keinen stichhaltigen Anhaltspunkt für die Einordnung der Verträge liefern, weil die staatlichen Zuschüsse die Kalkulation veränderten. Haschek 155 wollte die Qualifikation der Risikoübernahmen davon abhängig machen, ob das Risiko von einer Versicherungsgesellschaft oder von einer Bank übernommen wurde; je nachdem soll ein Versicherungsvertrag oder eine Garantie vorliegen. Damit wurde eingeräumt – was später auch Jabornegg betonte –, dass sich die Verträge ihrem Wesen nach nicht unterscheiden. Da die „Exportgarantien“ aber weder von einem Versicherungsunternehmen noch von einer Bank, sondern vom Bund abgeschlossen wurden und bloß der Bevollmächtigte eine Bank war, sprach diese Gleichartigkeit aber eher dafür, dass nicht die bloße Benennung ausschlaggebend sein kann, sondern auch bei den von der Kontrollbank namens des Bundes übernommenen Haftungen die für Kreditversicherungen zwingenden Bestimmungen des VersVG analog anzuwenden waren und die dispositiven Normen ergänzend eingriffen156. Heute dürften jedoch die vom Bund geforderten Entgelte den Prämien entsprechen, die von den einschlägigen privaten Kreditversicherungsunternehmen aufgrund versicherungsmathematischer Berechnungen festgelegt werden157. Die Kontrollbankgarantien wären daher umso mehr als Versicherungsverträge zu verstehen, auf die an sich das VersVG anzuwenden ist. G. Graf 158 meint jedoch, es könne aus der von den Parteien vorgenommenen – allerdings unzutreffenden (oben Rz 3/27) – Qualifikation als Garantievertrag abgeleitet werden, dass sie in Form einer globalen Rechtsfolgenbestimmung die für Garantieverträge geltenden Bestimmungen für maßgeblich erklären. Durch die beliebige Wahl der Bezeichnung kann aber wohl nicht die Geltung der für Kreditversicherungsverträge zwingenden Normen ausgeschlossen werden; die Gültigkeit der Abweichungen von den dispositiven Bestimmungen des VersVG ist überdies gemäß § 879 Abs 3 ABGB zu beurteilen159. 152
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So Schinnerer/Avancini II 283 FN 8. Vgl auch Hanreich, ÖZW 1977, 105; OGH 7 Ob 379/97d in ÖBA 1999, 150. Zur Entgeltshöhe vgl Haschek, Exportförderung: Finanzierung und Garantie (1976) I/4-4. So der OGH in ÖBA 1992, 1041. Ebenso für die „Hermesgarantien“ in Deutschland Boetius, Garantievertrag 56; Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz8 I (1961) § 1 Anm 8; Schlegelberger/Geßler, HGB IV Anhang zu § 365 Rz 277. Anders für die Exportförderungsgarantien in Österreich Schinnerer/Avancini II 283 FN 8. Haschek, Exportförderung I/4-4.1. So auch Avancini in der Anm zu OGH in ÖBA 1988, 1225. Siehe G. Graf, ÖBA 1992, 1012; Petsche/Riedlmayer, Absicherung 21 f. ÖBA 1992, 1009. Hiezu ausführlich G. Graf, ÖBA 1992, 1007.
Begriff und Arten der Bankgarantie
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4. Anweisung (Akkreditiv) und Garantie Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der Garantie und der Anweisung kön- 3/50 nen entstehen, wenn es sich einerseits um eine Garantie für die Erbringung der Leistung durch einen Dritten und anderseits um eine angenommene Anweisung, insbesondere ein Akkreditiv160, handelt, denn nur diese begründet so wie die Garantie eine eigenständige Verpflichtung des Angewiesenen gegenüber dem Anweisungsempfänger. Angenommene Anweisung und Garantie sind insofern verwandt, als in beiden Fällen eine selbständige, von den Grundverhältnissen unabhängige Schuld des Garanten bzw des die Anweisung annehmenden Angewiesenen gegenüber dem Begünstigten begründet wird. Da durch die Anweisungsannahme dem Begünstigten ein Anspruch eingeräumt wird, dessen Existenz nicht von der Gültigkeit der Grundgeschäfte abhängig ist, stellt die angenommene Anweisung auch eine Sicherung des Begünstigten dar161. Es besteht jedoch vom Zweck her ein wesentlicher Unterschied zwischen der Garantie und der angenommenen Anweisung: Primärer Zweck der Garantie ist die Sicherung eines Erfolges; eigentlicher Zweck der Anweisung, insbesondere auch des Akkreditivs, ist hingegen die Erfüllung der dem Anweisenden gegenüber dem Begünstigten obliegenden Verpflichtung. Kurz gesagt dient die Garantie der Sicherung, die angenommene Anweisung der Zahlung 162. Diese unterschiedlichen Zwecke führen auch zu einigen Abweichungen bei 3/51 den Folgen: Die Garantie darf im Zweifel erst dann in Anspruch genommen werden, wenn der Dritte zum vorgesehenen Zahlungstermin nicht geleistet hat und damit der Garantiefall eingetreten ist; insofern hat die Garantie subsidiären Charakter. Der Angewiesene kann hingegen im Zeitpunkt der Fälligkeit der Verpflichtung des Anweisenden sofort in Anspruch genommen werden, weil dessen Verpflichtung erfüllt werden soll. Die Anweisung dient ferner typischerweise nur der Erbringung der dem Anweisenden obliegenden Leistung; die Garantie kann auch die durch die nicht zeitgerechte Erfüllung entstehenden Schäden abdecken. Da die Anweisung zur Erfüllung der Grundgeschäfte führen soll, ist ferner anzunehmen, dass § 1358 ABGB bei ihr – im Gegensatz zur Garantie (Rz 3/68) – nicht eingreift: Die Verpflichtung aus dem Valutaverhältnis soll durch die Zahlung des Angewiesenen getilgt werden und dessen Verhältnis zum Anweisenden richtet sich allein nach dem Deckungsverhältnis. Anderes gilt allerdings nach hA dann, wenn der Anwei160 161
162
Das Akkreditiv ist nichts anderes als eine angenommene Anweisung, vgl Rz 1/83 ff. Zur Sicherungsfunktion Rz 1/12. Insofern erscheint es verständlich, dass Kübler, Feststellung und Garantie (1967) 164 ff, 397 die Annahme einer Anweisung als Garantievertrag verstehen will. Nach Streule, Bankgarantie 18 f, hat das Akkreditiv primär Sicherungszweck. So auch Canaris, BVR3 Rz 1102; Büsser, Einreden 92 ff; Eberl, Bankgarantie 34 f; Käser, Garantieversprechen als Sicherheit im Handelsverkehr, RabelsZ 1971, 612; Kleiner, Bankgarantie 116; Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 3; von Westphalen, WM 1981, 295; Zobl in Wiegand, Personalsicherheiten 28. Vgl ferner oben Rz 1/11.
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Die Bankgarantie
sung auch Sicherungsfunktion zukommt, wie dies regelmäßig beim Akkreditiv der Fall ist (siehe Rz 1/23). Unterschiede zwischen Anweisung und Garantie scheinen sich nicht nur aus dem Zweck, sondern auch aus der Konstruktion zu ergeben: Die abstrakte Verpflichtung des Angewiesenen entsteht durch die Annahme der Anweisung und ist deshalb davon abhängig, dass eine wirksame und damit annahmefähige Anweisung vorliegt163; die Gültigkeit des Garantievertrages zwischen Bank und Begünstigtem setzt hingegen keine wirksame Erklärung des Garantieauftraggebers voraus. Es ist jedoch zu beachten, dass bei Fehlen einer Ermächtigung durch den Dritten die Garantie nur formell, nicht jedoch materiell abstrakt ist (siehe Rz 3/6 und 171). Es besteht daher insofern letztlich kein wesentlicher Unterschied zwischen angenommener Anweisung (Akkreditiv) und Garantie.
II. Das Rechtsverhältnis zwischen Garantieauftraggeber und Begünstigtem A. Die Pflicht zur Garantieerstellung 3/52
Übernimmt ein Vertragsteil die Pflicht, für die von ihm künftig zu erbringenden Leistungen eine Garantie zu erstellen, so handelt es sich nach Sinn und Zweck der Abrede um eine Vorleistungspflicht164: Der Begünstigte soll eine Sicherheit erhalten, bevor er seinerseits die ihm obliegende Leistung erbringt. Verschlechtern sich vor dem Hinauslegen der Garantie die Vermögensverhältnisse des Begünstigten, so kann der Garantieauftraggeber die Erstellung der Garantie verweigern, wenn ihm die schlechten Vermögensverhältnisse zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mussten (§ 1052 Satz 2 ABGB)165. Die Pflicht zur Garantieerstellung wird als Hauptleistungspflicht angesehen166. Wird die Garantie nicht rechtzeitig erstellt, so kann derjenige Vertragsteil, der durch sie begünstigt werden sollte, die Erbringung seiner Leistung verweigern (§ 1052 Satz 1 ABGB)167 und gemäß § 918 ABGB vom gesamten Vertrag zurücktreten. Handelt es sich um ein Fixgeschäft, so ist der Vertrag ohne Rücktritt mit Ablauf der gesetzten Frist aufgelöst (§ 919 ABGB). Bei zu vertretender Unmöglichkeit stehen dem Begünstigten die Rechte nach § 920 ABGB zu; bei zufälliger Unmöglichkeit greift § 1447 ABGB ein. Die Unmöglichkeit ist auch dann zu vertreten, wenn bei Vertragsabschluss vorhersehbar war, dass die Garantie nicht erstellt werden kann.
3/53
Der Garantieauftraggeber kann dem Begünstigten schadenersatzpflichtig werden, wenn ihn eine culpa in contrahendo trifft, etwa weil er die Aufklärung über Hindernisse bei der Garantieerstellung, die zur Unwirksamkeit führen, 163 164 165 166
167
Ausführlich dazu Koziol in BVR III2 Rz 1/91. Canaris, BVR3 Rz 1151, 1049. Canaris, BVR3 Rz 1049. Canaris, BVR3 Rz 1151; Jud/Spitzer in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 387. Lindinger, wbl 1992, 137 spricht von einer wesentlichen Nebenpflicht. Vgl OGH in wbl 1988, 204; 5 Ob 57/06b in JBl 2006, 795.
Das Rechtsverhältnis zwischen Garantieauftraggeber und Begünstigtem
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unterlassen hat. In diesem Fall hat der Begünstigte einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens168. Trifft den Garantieauftraggeber ein Verschulden an der verzögerten Garantieerstellung (§ 918 ABGB) oder an deren Vereitelung (§ 921 ABGB), so hat er den durch die nicht gehörige Erfüllung verursachten Schaden zu ersetzen (Verzugsschaden, Nichterfüllungsschaden). Der Auftraggeber hat sich das Verschulden der Garantiebank nicht nach § 1313a ABGB anrechnen zu lassen169: Da er sich nur verpflichtet, eine Bank mit der Erstellung einer Garantie zu beauftragen, und er nicht selbst zur Hinauslegung verpflichtet ist, setzt er die Bank nicht zur Erfüllung einer ihm obliegenden Pflicht ein. B. Auswirkungen der Garantieerstellung auf das Valutaverhältnis Die Garantie wird sicherungshalber erstellt und nicht wie das Akkreditiv 3/54 zahlungshalber170. Daraus ergibt sich, dass der Begünstigte seine Ansprüche aus dem Valutaverhältnis weiterhin primär geltend machen kann und soll; er hat nicht zuerst die Garantie in Anspruch zu nehmen. Die Ansprüche aus Garantien sind daher so wie jene aus Bürgschaften nur subsidiär. Daraus, dass die Garantie anders als das Akkreditiv nicht in erster Linie Zahlungsfunktion hat, sondern sicherungshalber erstellt wird, ergibt sich auch, dass dem Garantieauftraggeber weiterhin die Möglichkeit offen steht, die gesicherten Forderungen des Begünstigten durch Aufrechnung mit Gegenforderungen zu erfüllen171. Ist das Bestehen einer Aufrechnungslage und damit die Wirksamkeit der Aufrechnung sowie die Erfüllung strittig, so kann der Begünstigte die Garantie in Anspruch nehmen, ohne dass ihm Rechtsmissbrauch eingewendet werden kann172. Die Garantie hat gerade den Zweck, dem Begünstigten in strittigen Fällen umgehend Zahlung zu verschaffen. Die Verjährung der Ansprüche aus dem Valutaverhältnis wird durch die Bestellung der Garantie nicht berührt; wie der OGH zu Recht festgestellt hat, kann der die Pfandbestellung betreffende § 1483 ABGB bei Sicherung durch eine Bankgarantie nicht analog angewendet werden173. C. Ansprüche des Garantieauftraggebers auf Unterlassung oder Widerruf der Inanspruchnahme Es wird verschiedentlich vertreten174, dass dann, wenn es im Valutaverhältnis 3/55 an den Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Garantie fehle, der 168 169 170 171
172 173 174
Bollenberger in KBB2 § 878 Rz 6 mwN; Mayrhofer, SR AT 392. AA jedoch Canaris, BVR3 Rz 1151. Oben Rz 3/50 f und oben Rz 1/23. Canaris, BVR3 Rz 1151 a; Mülbert, Neueste Entwicklungen des materiellen Rechts der Garantie „auf erstes Anfordern“, ZIP 1985, 1109. Zum Aufrechnungsverbot bei Erstellung eines Akkreditivs siehe oben Rz 1/24. Canaris, BVR3 Rz 1151 a. OGH in ÖBA 1990, 46 mit Anm von Chr. Huber = SZ 62/64. Canaris, BVR3 Rz 1152, 1065 ff; Hein, Zahlungsanspruch 136; ebenso wohl Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 24 und 26.
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Die Bankgarantie
Garantieauftraggeber vom Begünstigten verlangen könne, gegenüber der Bank auf die Garantieforderung zu verzichten und die Geltendmachung zu unterlassen. Diese Auffassung geht jedoch zu weit: Durch die Eröffnung einer Garantie wird gerade der Zweck verfolgt, dem Begünstigten sofort, also schon vor Austragung allfälliger Streitigkeiten, Zahlung zu verschaffen. Dieses Ziel würde vereitelt, wollte man dem Garantieauftraggeber stets einen Anspruch auf Unterlassung der Inanspruchnahme der Garantie gewähren, wenn letztlich dem Begünstigten nach dem Valutaverhältnis kein Anspruch gebühren sollte. Da dem Begünstigten nach der Vereinbarung das Recht zusteht, die Garantie unabhängig von Einwendungen aus dem Grundverhältnis geltend zu machen, kann somit dem Auftraggeber kein Anspruch auf Unterlassung der Inanspruchnahme zustehen175. Davon ist auch hier nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn der Begünstigte die Garantie rechtsmissbräuchlich in Anspruch nehmen will176. Hiezu ist er keinesfalls befugt, so dass dem Auftraggeber ein Unterlassungsanspruch zusteht177. 3/56
Hat der Begünstigte die Garantie schon abgerufen, so wird dem Garantieauftraggeber das Recht eingeräumt, den Widerruf der Inanspruchnahme zu begehren178. Auch für ein derartiges Recht auf Widerruf muss die gleiche Einschränkung wie für den Unterlassungsanspruch gelten: Dem Begünstigten ist bloß eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme untersagt. P. Doralt 179 macht darüber hinaus noch grundlegende Bedenken gegen das Bestehen von Ansprüchen auf Unterlassung oder Widerruf der Inanspruchnahme geltend. Unter Berufung auf Mülbert 180 weist er zurecht darauf hin, dass eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme der Garantie ohnehin unwirksam ist und es daher keines Widerrufs bedürfe, um ihre Wirkungen zu beseitigen; es komme daher nur ein Begehren auf Feststellung der Unwirksamkeit in Betracht. Demgegenüber gibt allerdings Konecny181 zu bedenken, dass eine Feststellung der Unwirksamkeit nur gegenüber dem Begünstigten 175 176
177
178
179
180 181
Siehe OGH 7 Ob 563, 564/91 in ÖBA 1992, 167. So auch Mettenheim, Die mißbräuchliche Inanspruchnahme bedingungsloser Bankgarantien, RIW/AWD 1981, 587 f; Mülbert, Mißbrauch 155; Schönle, SJZ 1983, 76 ff; OGH in RdW 1986, 340; ÖBA 1992, 167; 4 Ob 602/95 in ÖBA 1997, 384; 10 Ob 120/97p in ÖBA 1998, 480; Mader, Neuere Judikatur zum Rechtsmissbrauch, JBl 1998, 677, 682. Diesem Gedanken will Canaris, BVR3 Rz 1152 Rechnung tragen, indem er bei den einstweiligen Verfügungen die liquide Beweisbarkeit als Voraussetzung aufstellt. Es geht jedoch in Wahrheit um die vorgelagerte Frage, ob überhaupt ein Anspruch zusteht. OGH in ÖBA 1986, 486 mit Anm von Koziol = SZ 54/189; SZ 59/128; ÖBA 1988, 609 mit Anm von P. Doralt = SZ 61/39; 4 Ob 602/95 in ÖBA 1997, 384; ÖBA 1998, 480; 1 Ob 93/03p in ÖBA 2004/136; 5 Ob 45/07i in ÖBA 2007, 909. ÖBA 1988, 614 f; derselbe, Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer rechtsmißbräuchlichen Garantieinanspruchnahme oder Klage auf Unterlassung bzw. Widerruf? ÖBA 1990, 182. Mißbrauch 150. Grundlagen der einstweiligen Verfügungen gegen den Mißbrauch von Bankgarantien, ÖBA 1989, 778 f.
Das Rechtsverhältnis zwischen Bank und Garantieauftraggeber
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materielle Rechtskraft entfaltet und somit für das Verhältnis des Begünstigten zur Bank nicht bindend festgestellt wird, dass kein Leistungsanspruch besteht. Seiner Auffassung nach kann daher allein mit Unterlassungs- und Widerrufsurteilen dem Begünstigten wirksam entgegengetreten werden182.
III. Das Rechtsverhältnis zwischen Bank und Garantieauftraggeber A. Die Pflichten der Bank 1. Allgemeines Die Vereinbarung zwischen dem Dritten und der Bank, eine Garantie an den 3/57 Begünstigten hinauszulegen, ist als Auftragsverhältnis (§§ 1002 ff ABGB) zu qualifizieren183: Die Bank verpflichtet sich, und zwar regelmäßig gegen Entgelt, im Interesse und auf Rechnung des Dritten einen Garantievertrag mit dem Begünstigten zu schließen. Die Bank ist daher verpflichtet, das Geschäft entsprechend der Vereinbarung emsig und redlich zu besorgen (§ 1009 ABGB). Verletzt sie ihre Pflichten, so steht ihr einerseits kein Anspruch auf Ersatz jener Aufwendungen zu, die durch das schuldhafte Verhalten zusätzlich entstanden sind (§ 1014 ABGB), anderseits hat sie für den von ihr schuldhaft verursachten Schaden einzustehen (§ 1012 ABGB)184. 2. Eröffnung der Garantie Die Bank hat sich bei der Eröffnung der Garantie genau an den Auftrag zu 3/58 halten185. Sie darf daher nicht, wenn eine Bürgschaftsübernahme vorgesehen wurde, eine Garantie übernehmen186, oder bloß eine formell abstrakte Garantie hinauslegen, wenn eine materiell abstrakte Garantie vorgesehen ist (oben Rz 3/7). Die Bank hat ferner, wenn dies im Auftrag vereinbart wurde, in die Garantie Klauseln aufzunehmen, dass die Inanspruchnahme bestimmte Erklärungen zu enthalten habe oder dass bestimmte Dokumente vorzulegen seien 182
183
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185 186
Zu der von Doralt, ÖBA 1990, 183 f, demgegenüber geltend gemachten Tatbestandswirkung des gegen den Begünstigten erwirkten Feststellungsurteils siehe Konecny, Der Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung (1992) 168. Ebenso OGH 1 Ob 78/02f in ÖBA 2003, 214 = SZ 2002/58; 8 Ob 200/02y in ÖBA 2003, 954; 9 Ob 139/04p in ÖBA 2005, 649. Vgl auch Lindinger, wbl 1992, 138. Nicht zu folgen ist ihm, wenn er jedem Garantievertrag Kreditfunktion zuspricht; dies wäre nur dann der Fall, wenn der Begünstigte dem Auftraggeber kreditieren oder stunden soll. Diese Voraussetzung fehlt jedoch etwa bei den Bietungs-, Ausschreibungs-, Anzahlungs- oder Leistungsgarantien. Siehe OGH in ÖBA 2003, 214. Der OGH betont zutreffend, dass der Aufwandersatzanspruch dem Garanten trotz seinem schuldhaften Verhalten zusteht, wenn der Garant jedenfalls Zahlung an den Begünstigten leisten hätte müssen, der Aufwand daher nicht durch das schuldhafte Verhalten verursacht wurde. Canaris, BVR3 Rz 1107; OGH 1 Ob 44/07p in ÖBA 2008, 434. Vgl den Fall der E des OGH in ÖBA 1987, 836 = SZ 60/121.
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Die Bankgarantie
(Effektivklauseln)187. Die Bank hat aber andererseits etwa nicht Nachforschungen bezüglich des Grundgeschäftes anzustellen, um den Willen des Auftraggebers bezüglich der Ausgestaltung der Garantie zu ermitteln, und sie hat bei der Aushändigung der Garantieurkunde auch nicht die Vertretungsbefugnis eines ihr bekanntgegebenen Vertreters des Begünstigten zu überprüfen188. Hat die Bank den Auftrag überschritten und musste sie gerade deshalb wegen ihrer abstrakten Verpflichtung Zahlung leisten, so kann sie für diesen Aufwand keinen Ersatz begehren189. Hat sie allerdings eine wirklich bestehende Verpflichtung des Dritten beglichen, so steht ihr der Regress gemäß § 1358 ABGB offen (hiezu Rz 3/68). Wurde von der Bank die Garantie überhaupt nicht oder verspätet oder nicht in der vereinbarten und vom Begünstigten gewünschten Art hinausgelegt, so haftet die Bank für die schuldhaft verursachten Schäden (§ 1012 ABGB). Sie hat also etwa für den Nachteil einzustehen, der daraus entsteht, dass der Vertrag zwischen Drittem und Begünstigtem deshalb nicht zustande kam. 3/59
Die Bank hat gemäß § 1010 ABGB den Auftrag grundsätzlich selbst auszuführen, also selbst die Garantie hinauszulegen 190. Der Auftrag kann jedoch ausdrücklich oder konkludent darauf gerichtet sein, eine Zweitbank einzuschalten, die mit dem Begünstigten den Garantievertrag abschließt. Bei derartigen „indirekten Garantien“ ist die Erstbank somit nicht zur Eröffnung einer Garantie, sondern nur zur Auswahl und Beauftragung der Zweitbank verpflichtet191. Die Erstbank haftet daher für ein allfälliges schuldhaftes Verhalten der Zweitbank nicht gemäß § 1313a ABGB, sondern nur für eigenes Auswahlverschulden192. Die Betrauung einer Zweitbank mit der Hinauslegung der Garantie ist ferner dann zulässig, wenn dies unvermeidbar war (§ 1010 ABGB); auch hier trifft die Erstbank bloß eine Haftung für Auswahlverschulden. Aus Z 8 ABB ergibt sich kein weitergehendes Recht zur Betrauung einer anderen Bank, da bei Garantieaufträgen die Heranziehung eines Dritten nicht typischerweise erforderlich ist. Lag kein Notfall und keine Genehmigung vor, so ist die Betrauung einer anderen Bank mit der Eröffnung einer Garantie unerlaubt und die beauftragte Bank haftet für jeden Nachteil des Auftraggebers, den sie dadurch auslöst. Die Einschaltung einer anderen Bank, insbesondere im Lande des Begünstigten, kann für den Auftraggeber aus verschiedenen Gründen nachteilig sein193: Sie kann zB zur Anwendung ausländischen Rechts führen, das 187
188 189 190 191 192
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Siehe unten bei der Erörterung der Inanspruchnahme, Rz 3/84, 87 und der Einwendungsmöglichkeiten, Rz 3/100. Siehe OGH in ÖBA 2008, 434. OGH in ÖBA 1987, 836. Vgl Canaris, BVR3 Rz 1107. Zu den indirekten Garantien siehe Rz 3/141 ff. Koziol, HaftpflichtR II 341 f; von Gablenz, Die Haftung der Banken bei Einschaltung Dritter (1983) 287 ff. Siehe Canaris, BVR3 Rz 1115; von Gablenz, Haftung 289.
Das Rechtsverhältnis zwischen Bank und Garantieauftraggeber
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ungünstiger ist, weil es dem Garanten die Einwendungsmöglichkeiten in noch weitergehendem Maße abschneidet; die Erlassung einstweiliger Verfügungen kann erschwert, ihre Wirksamkeit geringer sein usw. Statthaft ist die Heranziehung einer anderen Bank zur Erfüllung von Nebenpflichten, die der Erstbank obliegen, wenn die Zweitbank für die Erstbank tätig wird und weisungsgebunden ist. Ein Beispiel bietet die Heranziehung einer anderen Bank als Avisbank, die nur die Aufgabe hat, dem Begünstigten die Eröffnung der Garantie zu seinen Gunsten anzuzeigen. In derartigen Fällen haftet die Erstbank gemäß § 1313a ABGB für das Verschulden der beigezogenen Zweitbank.
3. Überprüfung des Eintritts des Garantiefalles Wegen der Abstraktheit der Bankgarantie kann die Bank das Fehlen der 3/60 materiellen Berechtigung des Begünstigten im Verhältnis zum Garantieauftraggeber dem Begünstigten grundsätzlich nicht entgegenhalten (siehe Rz 3/ 99 und 105); sie braucht daher auch keine diesbezüglichen Nachforschungen und Überprüfungen vorzunehmen. Hingegen hat die Bank alle formellen Voraussetzungen der Inanspruchnahme zu prüfen194. Dafür spricht, dass im Garantieauftrag festgelegt wird, welche formellen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Garantie vorzusehen sind, etwa welche Dokumente vorzulegen oder welche Erklärungen vom Begünstigten abzugeben sind. Der Garant ist daher einerseits zu einer entsprechenden Gestaltung der Garantie verpflichtet, anderseits hat er dann aber auch nach Sinn und Zweck der Regelung die Einhaltung dieser Voraussetzungen zu überprüfen. Dies kann dem Garanten – im Gegensatz zur Überprüfung der Berechtigung nach dem Valutaverhältnis – auch durchaus zugemutet werden, weil sich die formellen Voraussetzungen aus dem von der Bank selbst abgeschlossenen Garantievertrag ergeben195. Die Bank hat somit zu prüfen: die Berechtigung dessen, der die Garantie abruft; die Vertretungsmacht dessen, der die Inanspruchnahmeerklärung im Namen des Berechtigten abgibt; das Vorliegen der in der Garantie erwähnten Bestätigungen des Begünstigten oder der erforderlichen Dokumente; die Einhaltung der vereinbarten Form und Frist für die Inanspruchnahme. Der OGH196 nimmt ferner an, die Bank habe auch zu prüfen, ob für sie klar ersichtlich sei, dass sich der Garantiebegünstigte darauf berufe, die Zahlung aus der Garantie diene dem von den Parteien festgelegten Sicherungszweck. Eine derartige Prüfung der Deckung der Inanspruchnahme durch den Sicherungszweck setzt jedoch eine Substantiierungspflicht des Begünstigten voraus, die stets dann, wenn sie im Garantievertrag nicht vorgesehen wurde, höchst problematisch ist (siehe Rz 3/83). 194
195 196
So auch Canaris, BVR3 Rz 1108; B. Koch, Anm zu OGH 7 Ob 311/99g in ÖBA 2000, 1102; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 180. Vgl zur Inanspruchnahme Rz 3/81 ff. ÖBA 2000, 1099 mit kritischer Anm von B. Koch.
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Die Bankgarantie
4. Benachrichtigung des Auftraggebers 3/61
Schinnerer/Avancini 197 erwähnen bloß, dass die Bank nicht verpflichtet sei, vor Zahlung die Meinung des Auftraggebers einzuholen; eine Verpflichtung der Bank, regelmäßig vor Zahlung beim Auftraggeber rückzufragen, würde zu einer erheblichen Verzögerung führen und der Zusage, über erste Aufforderung zu zahlen, widersprechen. Ob Schinnerer/Avancini auch eine Verpflichtung zur Verständigung des Auftraggebers davon, dass die Bank auszuzahlen beabsichtige, verneinen, ist ihren Ausführungen nicht eindeutig entnehmbar. Moschner verneint hingegen ausdrücklich eine Benachrichtigungspflicht, außer es liegen Verdachtsmomente für eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme vor198. Der OGH meint wiederum, dass die Bank – um der Gefahr eines Missbrauchs der Garantie durch den Begünstigten zu begegnen – ihren Auftraggeber von der Inanspruchnahme der Garantie verständigen werde199. Ob eine diesbezügliche Pflicht besteht, wird nicht erörtert. Die herrschende deutsche Auffassung200 nimmt jedoch zu Recht eine Pflicht zur Benachrichtigung des Garantieauftraggebers an. Diese Meinung ist damit zu rechtfertigen, dass die Bank selbst nicht in der Lage ist, die materielle Berechtigung des Begünstigten zu überprüfen und eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme zu erkennen; das kann nur der Garantieauftraggeber, dem das Grundverhältnis bekannt ist und der über den Stand der Abwicklung Bescheid weiß. Dieser ist jedoch zur erforderlichen Überprüfung nur dann in der Lage, wenn er von der erfolgten Inanspruchnahme der Garantie oder drohenden Zahlung erfährt. Die Bank kann deshalb die Interessen ihres Auftraggebers nur wahren – wozu sie nach dem Auftragsrecht verpflichtet ist –, indem sie den Auftraggeber von der Inanspruchnahme und der drohenden Zahlung umgehend verständigt201. 5. Erhebung des Rechtsmissbrauchseinwandes a) Die Pflicht zur Unterlassung der Auszahlung
3/62
Es ist herrschende österreichische Auffassung, dass der Garant nur dann seinem Auftraggeber verpflichtet ist, dem Begünstigten gegenüber den Einwand des Rechtsmissbrauches202 zu erheben und die Garantiesumme nicht auszu197 198 199 200
201 202
II 319. Moschner, Probleme internationaler Bankgarantien, ÖBA 1987, 160f. SZ 50/66; EvBl 1982/23. Canaris, BVR3 Rz 1110; Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 126; Schlegelberger/Hefermehl, HGB § 365 Anh Rz 286; Schütze, Zur Geltendmachung einer Bankgarantie „auf erstes Anfordern“, RIW/AWD 1981, 85; von Westphalen in von Westphalen/ Jud, Bankgarantie 210 ff; dagegen Liesecke, WM 1968, 28; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/86. So auch B. Koch, ÖBA 1990, 304. Grundlegend zum Rechtsmissbrauch im österreichischen Recht Mader, Rechtsmissbrauch und unzulässige Rechtsausübung (1994).
Das Rechtsverhältnis zwischen Bank und Garantieauftraggeber
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zahlen, wenn der Rechtsmissbrauch liquide beweisbar ist203. Dies entspricht im Ergebnis auch der herrschenden deutschen Meinung204. Diese Begrenzung der Pflicht der Bank zur Unterlassung der Auszahlung und eines entsprechenden Anspruches des Garantieauftraggebers auf Erhebung des Missbrauchseinwandes wird in aller Regel damit begründet, dass den Banken nicht zugemutet werden könne, ein schwer kalkulierbares Prozessrisiko einzugehen und ihr „Standing“ zu gefährden205. Dass in diesem Zusammenhang (vgl aber Rz 3/108 ff) die liquide Beweisbarkeit als Voraussetzung für das Bestehen einer Pflicht des Garanten aufgestellt wird, begegnet keinen Bedenken: Da die Bank nicht nur mit dem Auftraggeber in vertraglicher Beziehung steht (Auftragsverhältnis), sondern auch mit dem Begünstigten (Garantievertrag), ist sie einem Interessenkonflikt ausgesetzt, weil die Interessen ihrer beiden Vertragspartner gegenläufig sind. Es ist daher eine sachgerechte Lösung, wenn ihre Pflicht, die Interessen des Auftraggebers wahrzunehmen, auf jene Fälle beschränkt wird, in denen die Lage so klar ist, dass die Bank nicht der Gefahr ausgesetzt ist, durch die Erhebung des Einwandes Pflichten gegenüber dem Begünstigten zu verletzen. Für diese Lösung spricht auch Art 40 Abs 3 WechselG, der bei der Garantie wohl analog angewendet werden kann206. Gegen eine Pflicht des Garanten, den Einwand des Rechtsmissbrauchs zu 3/63 erheben, und gegen den Anspruch des Garantieauftraggebers, dass die Bank den Garantiebetrag nicht auszahlen dürfe, wird allerdings ein grundlegender Einwand erhoben: Der Garantieauftraggeber werde durch die Zahlung ohnehin nicht geschädigt, sondern erst durch die Rückbelastung; es genüge daher, wenn er sich gegen die Rückbelastung wehren könne207. Das ist inso203
204
205 206
207
OGH in EvBl 1982/23; SZ 54/189; JBl 1985, 425; 4 Ob 602/95 in ÖBA 1997, 384; Schinnerer/Avancini II 318 f; Koziol, Garantievertrag 64 f. Bark, Rechtsfragen und Praxis der indirekten Garantien im Außenwirtschaftsverkehr, ZIP 1982, 412; Canaris, BVR3 Rz 1024; Hadding/Häuser/Welter, Gutachten 724; Heinze, Der einstweilige Rechtsschutz im Zahlungsverkehr der Banken (1984) 152, 157 f; Horn, Bürgschaften und Garantien auf erstes Anfordern, NJW 1980, 2157; Mülbert, Mißbrauch 108; Nielsen, Ausgestaltung internationaler Bankgarantien unter dem Gesichtspunkt etwaigen Rechtsmißbrauchs, ZHR 147 (1983) 152; derselbe, Rechtsmißbrauch bei der Inanspruchnahme von Bankgarantien als typisches Problem der Liquiditätsfunktion abstrakter Zahlungsversprechen, ZIP 1982, 260; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 192ff; Jud/Spitzer in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 406ff; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/84. Abweichend aber Coing, Probleme der internationalen Bankgarantie, ZHR 147 (1983) 134ff. Heinsius, Zur Frage des Nachweises der rechtsmißbräuchlichen Inanspruchnahme einer Bankgarantie auf erstes Anfordern mit liquiden Beweismitteln, Werner-FS (1984) 239ff anerkennt zwar eine Pflicht der Bank, leugnet jedoch deren Einklagbarkeit. Mülbert, Mißbrauch 107 f; Koziol, Garantievertrag 65. Diese Bestimmung spricht auch gegen die wesentlich engere Auffassung von Schönle, SJZ 1983, 570, dass der Auftraggeber ohne Urteil oder einstweilige gerichtliche Verfügung der Bank keinen Streit mit dem Begünstigten wegen der Nichterfüllung ihres Zahlungsversprechens zumuten könne. OLG Stuttgart in WM 1981, 631; OLG Frankfurt in WM 1981, 1814; Coing, ZHR 147, 138; Goerke, Kollisionsrechtliche Probleme 135; Nielsen, ZIP 1982, 263.
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Die Bankgarantie
fern richtig, als dem Garanten kein Aufwandersatzanspruch zusteht, wenn der Aufwand weder notwendig noch nützlich war (§ 1014 ABGB)208. Es wird jedoch zu Recht betont, dass der Schutz gegen die spätere Belastung jedenfalls dann nicht ausreicht, wenn die Bank die Auszahlung an den Begünstigten auf Grund eines entschuldbaren Irrtums für erforderlich hielt und sie daher einen Aufwandersatzanspruch gegen den Auftraggeber (§ 1014 ABGB) hätte209. Überdies setzt die Zahlung in Missbrauchsfällen den Garantieauftraggeber meist der Notwendigkeit aus, sich mit dem Garanten in kostspieligen und langwierigen Verfahren darüber auseinanderzusetzen, ob die Auszahlung zu seinen Lasten erfolgen durfte. Festzuhalten ist aber, dass dem Garantieauftraggeber kein Anspruch darauf zuzubilligen ist, dass der Garant schlechthin nicht auszahlt, sondern nur darauf, dass dieser nicht auf Rechnung des Auftraggebers auszahlt 210. Wenn der Garant dennoch zahlen will, so berührt dies die Interessen des Garantieauftraggebers in keiner Weise, so dass ihm auch nicht das Recht zukommen kann, die Zahlung zu verbieten. b) Die Liquidität der Beweise 3/64
Von Westphalen 211 führt aus, dass die Rechtsmissbräuchlichkeit der Inanspruchnahme vom Garantieauftraggeber in einer so eindeutigen, jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden, endgültigen Weise dargelegt werden müsse, dass die Bank nicht Gefahr laufe, die ihr gegenüber dem Begünstigten obliegende Verpflichtung, auf „erstes Anfordern“ Zahlung zu leisten, zu verletzen. Zu beachten ist, dass die Liquidität auch eine zeitliche Komponente hat212: Da die Bank nach Inanspruchnahme der Garantie sofort oder innerhalb kurzer, in der Garantieerklärung festgelegter Frist zu leisten hat, muss der Garantieauftraggeber den Nachweis der Rechtsmissbräuchlichkeit der Inanspruchnahme der Bankgarantie rasch erbringen. Der Garant würde durch ein längeres Hinauszögern der Zahlung an den Begünstigten Gefahr laufen, in Verzug zu geraten und dadurch ersatzpflichtig zu werden. Aus den Ausführungen von Westphalens 213 ließe sich ableiten, dass die Bank dem Auftraggeber eine Frist bis zu maximal drei Arbeitstagen einräumen könne, damit dieser den Nachweis erbringe. Wurde in der Garantieerklärung eine Zahlungsfrist festgelegt, so hat die Bank bis zum Ende dieser Frist auf die Reaktion des Auftraggebers zu warten, falls dieser nicht schon vorher sein Einverständnis mit der Zahlung äußert. 208
209 210 211 212 213
Zu beachten ist, dass der Bank gemäß § 1432 ABGB auch gegenüber dem Begünstigten keine Kondiktion zusteht, wenn sie in Kenntnis des Rechtsmissbrauchs, also wissentlich, eine Nichtschuld bezahlt. Siehe Canaris, BVR3 Rz 1940; Mülbert, Mißbrauch 108. Siehe Mülbert, Mißbrauch 94 f, 118, 122. In von Westphalen/Jud, Bankgarantie 194. Vgl Mülbert, Mißbrauch 105. In von Westphalen/Jud, Bankgarantie 158, 212.
Das Rechtsverhältnis zwischen Bank und Garantieauftraggeber
267
In der österreichischen Rechtsprechung wird der Begriff „liquide Beweise“ 3/65 kaum näher umschrieben. Der OGH gibt aber immerhin Beispiele214. Ein Rechtsmissbrauch könne etwa dann sofort und eindeutig bescheinigt werden, wenn die Bankgarantie für ein Ereignis in Anspruch genommen werde, für das sie nicht übernommen wurde. Er meint ferner, dass in dem von ihm zu beurteilenden Fall keine liquide Beweisbarkeit gegeben sei, weil im Bescheinigungsverfahren Feststellungen nicht nur darüber getroffen werden müssten, zu welchem Zweck die Bankgarantien ausgestellt wurden, sondern auch darüber, ob den von dem Beklagten geleisteten Anzahlungen Werkleistungen in mindestens der gleichen Höhe gegenüberstehen, ob der Kläger zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt war und demnach Erfüllungsansprüche der Beklagten nicht mehr in Frage kommen, oder ob ein schuldhafter Verzug vorliege und durch die Bankgarantien abgesicherte Gewährleistungsrechte der Beklagten noch offen oder bereits verfristet seien. Über alle diese Fragen müssten mehr als 10 von den Parteien beantragte Zeugen vernommen werden. In einer späteren Entscheidung215 meint der OGH, dass keine Liquidität gegeben sei, wenn der Rechtsmissbrauch nach irakischem Recht zu beurteilen sei: Der mit der Feststellung irakischen Rechts verbundene Aufwand lasse keinen eindeutigen Nachweis zu. Über diese Schwierigkeit kann hier216 auch nicht § 4 Abs 2 IPRG hinweghelfen, der die Anwendung österreichischen Rechts zulässt, wenn das ausländische nicht innerhalb angemessener Frist ermittelt werden kann: Die Bank müsste nämlich ein unzumutbares Risiko auf sich nehmen, wenn sie unter Hinweis auf die österreichische Rechtslage die Zahlung zu verweigern hätte, obwohl die Berechtigung des Begünstigten letztlich nach einer ausländischen Rechtsordnung zu beurteilen ist. Zusammenfassend kann zur Liquidität gesagt werden: Der Beweis muss so beschaffen sein, dass der Garant ohne Prozessrisiko dem Begünstigten den Rechtsmissbrauchseinwand entgegensetzen kann, und der Beweis muss innerhalb der dem Garanten für die Auszahlung zur Verfügung stehenden Zeit erfolgen. c) Nachforschungspflichten Der Garant ist nicht verpflichtet, stets Nachforschungen anzustellen, ob eine 3/66 rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme vorliegt217. Zunächst könnte eine derartige Nachforschungspflicht wohl nur angenommen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Verdacht in dieser Richtung gegeben sind. Ferner hat die Bank in aller Regel gar keine Möglichkeit zur Überprüfung, da ihr das Grundverhältnis, der Stand der Abwicklung und allfällige Leistungsstörungen nicht oder zumindest nicht in vollem Umfang bekannt sind; überdies 214 215 216
217
SZ 54/189; vgl auch JBl 1985, 425; 4 Ob 602/95 in ÖBA 1997, 384. ÖBA 1986, 486 mit Anm von Koziol = SZ 59/128 . Wohl aber nach Ansicht des OGH in ÖBA 1988, 609 mit Anm von P. Doralt = SZ 61/39 bei Geltendmachung des Rechtsmissbrauchs durch den Auftraggeber gegenüber dem Begünstigten. Siehe Dohm, Bankgarantien Rz 289.
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Die Bankgarantie
darf der Garant davon ausgehen, dass der Auftraggeber Einblick in die relevanten Umstände hat und seine eigenen Interessen wahrnehmen wird. Schließlich steht dem Garanten, der auf erste Anforderung zu zahlen hat, auch keine ausreichende Zeit für eigene Nachforschungen zur Verfügung. All diese Argumente führen zu dem Ergebnis, dass der Garant keine Nachforschungen anzustellen hat, wohl aber ihm bekannte Verdachtsmomente berücksichtigen muss und sie dem Auftraggeber mitzuteilen hat, es sei denn, er kann davon ausgehen, dass sie diesem ohnehin bekannt sind. B. Die Pflichten des Garantieauftraggebers 1. Aufwandersatz 3/67
Wurde die Bank von einem Dritten beauftragt, eine Garantie an den Begünstigten hinauszulegen, so hat sie als Beauftragte Anspruch auf einen Vorschuss und auf Ersatz der Aufwendungen durch den Auftraggeber gemäß § 1014 ABGB218. Durch die Vereinbarung eines Haftungskredites219 kann die Pflicht zur Gewährung eines Vorschusses abbedungen und Zahlung des Aufwandersatzes hinausgeschoben werden. Was den Aufwandersatzanspruch nach § 1014 ABGB betrifft, so besteht dieser nur dann, wenn die Bank auftragsgemäß gehandelt hat; also vor allem dann nicht, wenn der Aufwand nur deshalb entstand, weil sie die konkret festgelegten Regeln für die Inanspruchnahme nicht beachtet und daher weisungswidrig ausgezahlt hat220. War der Garantieauftrag ungültig oder lag überhaupt keine Vereinbarung vor, so kommen Ansprüche nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht, wenn dem Garanten dies bewusst war und er den Willen hatte, die Interessen des Dritten dennoch wahrzunehmen, also ein entsprechender Geschäftsführungswille vorlag. Nach § 1037 ABGB hat der Dritte den Aufwand jedoch nur zu ersetzen, wenn die Geschäftsführung für ihn subjektiv nützlich war. Das ist dann nicht oder nicht in vollem Umfang der Fall, wenn er seinerseits nicht verpflichtet war zu zahlen, ihm günstige Aufrechnungsmöglichkeiten entgingen oder ihm die Möglichkeit, durch berechtigte Zurückhaltung seiner Leistung auf den Begünstigten Druck auszuüben, entzogen wurde. Die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag kommen jedoch dann nicht zum Tragen, wenn die Bank fälschlich vom Bestehen eines entgeltlichen Garantieauftrages oder von einer Pflicht zur Auszahlung auf Grund des bestehenden Auftrages221 ausging und daher irrtümlich ihr in Wahrheit nicht obliegende Pflichten erfüllen wollte; in derarti218
219
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221
So auch OGH 8 Ob 200/02y in ÖBA 2003, 954; 9 Ob 139/04p in ÖBA 2005, 649; Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 5. Siehe dazu Koziol in BVR1 II Rz 1/191 ff. Vgl auch OGH 7 Ob 586/89 in ÖBA 1990, 466 mit Anm von Jabornegg; in dieser E ging es um einen Garantiekreditvertrag zu Gunsten eines Dritten. Siehe OGH 4 Ob 149/06z in ÖBA 2007, 400; siehe dazu den Besprechungsaufsatz von Fössl/Kurat, Auslegung, Verständigungspflichten und Zinslauf bei abweichenden Garantieabruferklärungen, ecolex 2007, 332. Vgl OGH in ÖBA 2007, 400.
Das Rechtsverhältnis zwischen Bank und Garantieauftraggeber
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gen Fällen verfolgte sie nämlich Eigeninteressen und nicht fremde Interessen222. In diesem Fall sind die Bestimmungen über ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 1431 ff ABGB) heranzuziehen, da die Bank irrtümlich eine Leistung erbrachte, zu der sie nicht verpflichtet war223. Unabhängig von einem Auftragsverhältnis mit dem Dritten erwirbt ferner der 3/68 Garant gemäß § 1358 ABGB die dem Begünstigten gegen den Dritten zustehende Forderung 224 im Wege der Legalzession225. Soweit nämlich die Schuld des Dritten tatsächlich bestand, hat die Zahlung des Garanten ohne Zweifel auch die Wirkung, dass der Begünstigte Befriedigung erlangt, da auch auf die Verbindlichkeit des Dritten geleistet wird226; der Gläubiger kann nicht die Leistung sowohl des Dritten als auch des Garanten in Anspruch nehmen227. Das ergibt sich aus dem Sicherungszweck der Garantie; damit ist aber die 222
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227
So Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag (1993) 215ff; zustimmend Koziol in KBB2 § 1035 Rz 4. Meissel, Geschäftsführung 223 f. Im Konkurs des Auftraggebers kann es bedeutsam sein, dass die eingelöste Forderung eine Masseforderung ist; der Garant ist allerdings bei Begleichung einer Masseforderung des Begünstigten schon durch § 54 Abs 2 KO geschützt. Vgl dazu Nagele, Bankgarantie und § 54 Abs 2 KO, ZIK 1997, 200. So auch OGH 4 Ob 89/97k in ÖBA 1997, 941; ÖBA 2003, 954; ÖBA 2005, 649; Auhagen, Garantie 76; Berensmann, Bürgschaft 144 ff; F. Bydlinski/Koziol, Sûretés personelles 384; von Caemmerer, Riese-FS 306; Canaris, BVR3 Rz 1112; Castellvi, Zum Übergang der gesicherten Forderung auf den zahlenden Garanten, WM 1995, 868; Ehmann, Die Gesamtschuld (1972) 360; Koziol, Garantievertrag 74; von Marschall in Horn/von Marschall/Rosenberg/Pavicevic, Dokumentenakkreditive 33; Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 21; Reindl in Bergström/Schultsz/Käser, Garantieverträge 47. Dagegen Schinnerer, ÖBA 1953, 219; Kleiner, Bankgarantie 247; Boetius, Garantievertrag 102, 113 ff; Eberl, Bankgarantie 76 ff. AM offenbar Boetius, Garantievertrag 115. Hat der Dritte eine Geldleistung geschuldet und wurde der Betrag vom Garanten bezahlt, so kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass der Begünstigte nun nicht mehr die Zahlung vom Dritten begehren kann. Hatte der Dritte Waren zu liefern und begehrte der Begünstigte Zahlung vom Garanten, so hat er damit seinen primären Leistungsanspruch aufgegeben und den Ersatzanspruch geltend gemacht; die Zahlung des Garanten befreit den Dritten von diesem Ersatzanspruch. Ganz entsprechend ist die Lage bei Verbürgung für eine höchstpersönliche Leistung und auch stets dann, wenn der Schuldner keine Geldleistung zu erbringen hat, der Bürge jedoch nur zur Zahlung verpflichtet sein sollte. Leistet der Dritte dem Begünstigten, obwohl dieser vom Garanten schon befriedigt wurde, so steht dem Dritten eine Leistungskondiktion (§ 1431 ABGB) gegen den Begünstigten zu, weil er jemandem zahlte, der nicht mehr Gläubiger war; gemäß § 1358 ABGB erlangte ja der Garant die Gläubigerposition. Es ist jedoch folgendes zu beachten: Wurde der Dritte von der Zahlung des Garanten und damit vom Gläubigerwechsel nicht verständigt, so ist seine Zahlung an den Begünstigten schuldbefreiend (§ 1395 ABGB) und er muss nicht nochmals an den Garanten zahlen, der infolge Legalzession der wahre Gläubiger war. Dem Garanten steht daher nur mehr ein Bereicherungsanspruch gegen den Begünstigten offen (Canaris, BVR3 Rz 1143). Es ist dem Garanten daher zu empfehlen, die Zahlung aus der Garantie an den Begünstigten sofort dem Dritten anzuzeigen.
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Die Bankgarantie
Lage ganz die gleiche wie bei der Zahlung des Bürgen. Gemäß § 1358 ABGB führt die Befriedigung des Gläubigers nicht zum Erlöschen von dessen Forderung, sondern zu deren Übergang auf den Zahlenden im Wege der Legalzession. Der Garant kann sich allerdings dann nicht auf § 1358 ABGB stützen, wenn er ausgezahlt hat, obwohl keine wirksame Inanspruchnahme vorlag oder die Inanspruchnahme rechtsmissbräuchlich war und ihn daher keine Verpflichtung zur Zahlung traf228; in Betracht käme jedoch eine Einlösung gemäß § 1422 ABGB, die allerdings ein entsprechendes Verlangen des Zahlenden voraussetzt. Wurde kein derartiges Begehren gestellt, so kommt § 1042 ABGB zur Anwendung, wenn eine bestehende Verbindlichkeit des Dritten beglichen wurde. Diese Bestimmung greift bei Zahlung fremder Verbindlichkeiten dann ein, wenn den Zahlenden keine Pflicht traf, die fremde Verbindlichkeit zu bezahlen und daher kein Forderungsübergang stattfand, sondern der Dritte von seiner Verbindlichkeit endgültig befreit wurde229. Hat der Dritte in Wahrheit nichts geschuldet, so kann die Bestimmung des § 1358 ABGB dem Garanten nicht helfen, da dem Begünstigten keine übertragbare Forderung zustand. Auch kann sich der Garant hier nicht auf § 1042 ABGB stützen, da er den Dritten von keiner Verbindlichkeit befreite, ihm also keinen Vorteil zuwandte. Dem Garanten steht daher nur allenfalls ein Aufwandersatzanspruch aus dem Auftragsverhältnis (§ 1014 ABGB) zu, nämlich dann, wenn die Zahlung des Garanten notwendig war, das bedeutet, trotz sorgfältigen Verhaltens des Garanten nicht vermeidbar war230. Ist auch das Auftragsverhältnis mit dem Dritten nicht gültig, so können dem Garanten bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche gegen den Begünstigten zustehen (siehe unten Rz 3/170 f). 2. Sicherstellung 3/69
Wird dem Begünstigten eine Garantie für den Erhalt der Leistung eines Dritten eingeräumt, so stellt sich ebenso wie bei der Bürgschaft die Frage, ob der Garant uU eine Sicherstellung seines Rückgriffsanspruches gegen den Dritten von diesem begehren kann. § 1364 Satz 1 ABGB räumt dem Bürgen einen derartigen Sicherstellungsanspruch ein, wenn der Hauptschuldner bei Fälligkeit nicht zahlt. Der OGH231 will allerdings diese Bestimmung nicht beim Bürgen und Zahler anwenden, weil dieser keine subsidiäre Verpflichtung übernommen habe und daher bei Fälligkeit jedenfalls zahlen müsse. Selbst wenn dieser Auffassung gefolgt werden sollte, spricht sie nicht gegen eine analoge Anwendung des § 1364 Satz 1 ABGB auf den Garanten: Der Garant ist nicht verpflichtet, bei Eintritt der Fälligkeit der Verbindlichkeit des Schuldners zu zahlen, sondern erst bei Inanspruchnahme der Garantie nach Eintritt des Garantiefalles. Damit ist seine Position aber nicht mit jener des Bürgen und 228 229 230 231
So OGH 4 Ob 149/06z in ÖBA 2007, 400. Koziol in KBB2 § 1042 Rz 3. Dazu P. Bydlinski in KBB2 § 1014 Rz 2. SZ 26/170; kritisch dazu Koziol, JBl 1964, 309.
Das Rechtsverhältnis zwischen der garantierenden Bank und dem Begünstigten
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Zahlers vergleichbar, sondern mit der des einfachen Bürgen. Der analogen Anwendung des § 1364 Satz 1 ABGB232 steht daher kein Hindernis entgegen233. Gleiches gilt auch für die analoge Anwendung des § 1365 ABGB: Bei Begründung der Besorgnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder dessen Entfernung ins Ausland kann der Garant Sicherstellung seines Rückgriffsanspruches begehren. Für die Bankgarantien werden diese Fragen in aller Regel ohne praktische Bedeutung sein, weil die Banken meist schon bei Übernahme der Verpflichtung, eine Garantie zu eröffnen, ihre Rückgriffsansprüche gegen den Auftraggeber ausreichend sichern oder sich den Anspruch auf spätere Sicherstellung einräumen lassen234. Der OGH235 hat überdies zu Recht angenommen, dass mit der Eröffnung der Garantie ein durch Zahlung an den Begünstigten aufschiebend bedingter Rückgriffsanspruch entsteht236 und dieser daher durch ein Pfandrecht gemäß Z 50 ABB gesichert ist.
IV. Das Rechtsverhältnis zwischen der garantierenden Bank und dem Begünstigten A. Die Entstehung der Garantieverpflichtung 1. Die Voraussetzung eines Vertragsabschlusses Nach fast einhelliger Lehre und Rechtsprechung in Österreich entsteht die 3/70 Garantieverpflichtung durch Vertrag und nicht durch einseitige Erklärung237; dies stimmt mit der deutschen und schweizerischen Auffassung überein238. Für diese Meinung spricht, dass dem österreichischen Recht – so wie dem 232
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Das gilt auch für die umfassenden Sorgfaltspflichten des Gläubigers gegenüber dem Interzedenten (vgl P. Bydlinski in KBB2 § 1364 Rz 4), die auch die Verständigung von der für den Sicherungsstellungsanspruch maßgebende Fälligkeit umfasst. Schinnerer/Avancini II 295; Koziol, Garantievertrag 80. Vgl Schinnerer/Avancini II 295; Koziol, Garantievertrag 80. Gelten zwischen dem Garantieauftraggeber und der Bank die AGB, so ergibt sich ein Anspruch auf Bestellung von Sicherheiten schon aus Z 47 ABB. OGH 9 Ob 139/04p in ÖBA 2005, 649. Vgl auch Bollenberger, Pfandrecht für potenzielle Regressansprüche aus Bankgarantien – Stand der Judikatur, ecolex 2005, 283. Abweichend Juranek/Marko, Pfandrecht für potenzielle Regressansprüche aus Bankgarantien? ecolex 2005, 100. So auch schon OGH 3 Ob 63/95 in SZ 68/158. Bydlinski/Koziol, Sûretés personelles 383; Gschnitzer in Klang IV/1, 222; Koziol, Garantievertrag 35 ff; Mayrhofer, SR AT 145 ff; Ohmeyer/Klang in Klang VI 203; Rummel in Rummel, ABGB3 § 880a Rz 5; Schinnerer/Avancini II 301. OGH in SZ 47/138; SZ 48/20 und 130; JBl 1978, 36; SZ 50/32; 4 Ob 2330/96t in ÖBA 1997, 482; abweichend in ÖBA 1973, 166. Canaris, BVR3 Rz 1121; Schlegelberger/Hefermehl, HGB IV5 (1976) § 349 Rz 31; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 111 ff; Dohm, Bankgarantien Rz 165; Kleiner, Bankgarantie 153.
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Die Bankgarantie
deutschen nach § 305 BGB – der Grundsatz eigen ist, dass die Begründung eines Schuldverhältnisses einen Vertrag voraussetzt239 und dass die mit der Garantie verwandte Bürgschaft durch Vertrag entsteht (vgl § 1346 Abs 1 ABGB)240. 2. Das Zustandekommen eines Vertrages 3/71
Bei den Bankgarantien nimmt häufig der Begünstigte die Offerte des Garanten241 nicht gesondert an. Dadurch ergeben sich selbst dann Probleme, wenn – was in der Bankpraxis häufig anzutreffen ist – der Garant auf eine ausdrückliche Annahmeerklärung verzichtet, der Vertrag also durch Stillschweigen des Empfängers zustande kommen soll. Es ist nämlich grundsätzlich nicht zulässig, dass der Offerent einseitig dem Stillschweigen des Anbotsempfängers eine Bedeutung beilegt, die es nach allgemeinen Regeln nicht hätte, weil er sonst den Erklärungsempfänger zwingen würde, seine Ablehnung ausdrücklich zu erklären, falls er den Vertrag nicht wünscht242. Es wäre allerdings vertretbar, gerade im Fall einer Garantieerklärung das Schweigen des Empfängers auch nach allgemeinen Grundsätzen als Zustimmung zu deuten: Da die Garantie dem Begünstigten typischerweise nur Vorteile bringt, gibt es keinen Grund, auf Seiten des Begünstigten besonders strenge Anforderungen an das Zustandekommen des Vertrages zu stellen. Ganz in diesem Sinne meint auch Gschnitzer 243: „Die bejahende Entscheidung ist natürlich dann am unbedenklichsten, wenn der schweigende Antragsempfänger durch den Vertrag bloß berechtigt werden soll. Stillschweigen auf die Anerkennungserklärung wird zB schlechthin als Zustimmung gelten können.“ Deshalb wäre es erwägenswert, bei Abschluss von Garantieverträgen das Stillschweigen des Begünstigten stets als konkludente Annahmeerklärung anzuerkennen244.
3/72
Selbst wenn man dieser großzügigen Auffassung nicht folgen will, gibt es praktisch befriedigende Lösungsmöglichkeiten. Die Auslegung der Garantieerklärung, insbesondere nach der Verkehrssitte (§ 914 ABGB), wird häufig ergeben, dass das Angebot des Garanten nicht innerhalb der kurzen Frist des § 862 ABGB angenommen werden muss: Es liegt dann eine Offerte mit verlängerter Bindungswirkung vor. Dies kann insbesondere angenommen werden, wenn für die Inanspruchnahme der Garantie bestimmte Fristen vorgesehen werden, weil in der Inanspruchnahme zugleich die Annahme der Offerte gesehen werden kann. Der Absicht der Parteien dürfte dieses Verständnis der Garantieerklärung durchaus entsprechen, weil dem Begünstig239 240 241
242 243 244
Gschnitzer in Klang IV/1, 41 f. Hiezu und zu anderen Argumenten siehe noch Koziol, Garantievertrag 36 f. Zur Frage der Vertretungsmacht auf Seiten der Bank siehe OGH in SZ 48/20 = JBl 1976, 306 mit Anm von Welser; 5 Ob 527/90 in ÖBA 1991, 290. Siehe P. Bydlinski in KBB2 § 863 Rz 10. In Klang IV/1, 80. Siehe auch OGH in ÖBA 1997, 482. Dies vertritt zB Kleiner, Garantievertrag 153 f; ebenso wohl Schinnerer/Avancini II 302.
Das Rechtsverhältnis zwischen der garantierenden Bank und dem Begünstigten
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ten ohnehin nicht sofort ein Anspruch eingeräumt werden, sondern ihm nur bei Eintritt des Garantiefalles und Inanspruchnahme der Garantie ein Forderungsrecht zukommen soll. Ferner könnte die Erklärung des Garanten als Offerte aufgefasst werden, deren ausdrückliche Annahme durch den Begünstigten nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist, so dass schon eine Willensbetätigung den Vertragsabschluss bewirkt (§ 864 ABGB)245. Der Vertrag kommt somit schon zustande, wenn dem Antrag innerhalb der den Umständen nach angemessenen Frist tatsächlich entsprochen wird; der Zugang einer Annahmeerklärung ist hier nicht erforderlich. Der Begünstigte entspricht zB dann tatsächlich dem Angebot, wenn er aufgrund der Garantieerklärung den Vertrag mit dem Dritten abschließt. Darin liegt zwar keine Erfüllungshandlung, doch setzt § 864 ABGB eine solche auch nicht voraus, sondern verlangt nur, dass dem Antrag entsprochen wird. Diese Voraussetzung ist nach hA etwa auch dann erfüllt, wenn der Empfänger einer realen Offerte sich die Sache aneignet, also Handlungen setzt, die einen Zustand schaffen, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann246. Naheliegend ist ferner ein Vertragsabschluss durch Boten: Häufig begehrt 3/73 der Begünstigte die Bereitstellung einer Garantie vom Dritten, wobei er deren wesentlichen Inhalt vorgibt; der Dritte teilt den Wunsch seiner Bank mit und beauftragt sie, eine Garantieerklärung abzugeben. Hier hat der Begünstigte seinen Willen, einen Garantievertrag bestimmten Inhalts abzuschließen, eindeutig erklärt, allerdings nicht dem Garanten, sondern dem Dritten gegenüber. Dieser agiert als Bote, wenn er diesen Wunsch dem Garanten bekanntgibt. Die den Vorgaben entsprechende Garantieerklärung des Garanten ist dann keine Offerte, sondern schon die Annahme des Angebots des Begünstigten. Entsprechende Konstruktionen sind auch bei der Bürgschaft anerkannt247. Schließlich kann uU in der Vereinbarung zwischen dem Dritten, also dem Schuldner und Auftraggeber des Garanten, und dem Garanten ein echter Vertrag zugunsten Dritter (§ 881 ABGB) gesehen werden, der nicht der Annahme des begünstigten Dritten bedarf248. Mit den erwähnten Konstruktionen wird sich wohl in allen Fällen eine befriedigende, sachgerechte Lösung des Abschlussproblems finden lassen. 3. Die Frage der Formbedürftigkeit Die Frage, ob die Garantieerklärung in Analogie zu § 1346 Abs 2 ABGB der 3/74 Schriftform bedarf, stellt sich nun auch bei der Hinauslegung einer Garantie 245
246
247 248
So auch Canaris, BVR3 Rz 1121; Hadding/Häuser/Welter, Gutachten 687; Liesecke, WM 1968, 22; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 114. Dazu P. Bydlinski, Zum Vertragsabschluß durch „stille Annahme“ (§ 864 ABGB), JBl 1983, 171 ff. Vgl Ohmeyer/Klang in Klang VI 204 FN 21. Mayrhofer, SR AT 179.
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Die Bankgarantie
durch eine Bank, weil die nach § 350 HGB für Vollkaufleute geltende Formfreiheit der Übernahme einer Bürgschaft durch das UBG beseitigt wurde. In der Praxis ist allerdings die Verwendung der Schriftform bei Garantien auch schon bisher völlig üblich gewesen249, so dass die Frage der Gültigkeit mündlicher Garantieerklärungen kaum je relevant wird. Die früher hA250 wandte § 1346 ABGB nicht analog auf Garantien an und anerkannte daher die Formfreiheit der Garantieerklärungen, obwohl diese wegen ihrer Abstraktheit sogar noch gefährlicher ist als eine Bürgschaft. Der OGH251 folgt aber seit längerer Zeit der Meinung, die für eine analoge Anwendung des § 1346 ABGB eintritt. In der Schweiz252 und in Deutschland253 wird die analoge Anwendung der bürgschaftsrechtlichen Formvorschriften hingegen bis heute abgelehnt. Begründet wird dies unter anderem damit254, dass die Analogie eine Schutzbedürftigkeit des Garanten erfordere, die jener des Bürgen vergleichbar wäre. Diese Voraussetzung sei jedoch nicht gegeben, da der Garant die Haftung regelmäßig auf Grund eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses mit einem Dritten übernehme und daher ohnehin innerhalb des Deckungsverhältnisses einen Risikoausgleich erhalte. Bei dieser Argumentation wird jedoch übersehen, dass auch der Bürge regelmäßig vom Dritten beauftragt oder zumindest ermächtigt wird, die Haftung zu übernehmen und überdies durch Legalzession der Forderung des befriedigten Gläubigers eine Rückgriffsmöglichkeit erlangt. Insofern ist die Lage des Bürgen und des Garanten völlig gleich. Das besondere Risiko beider Arten der Haftungsübernahme liegt überdies vor allem darin, dass der regresspflichtige Dritte gerade jene Person ist, deren Leistung abgesichert werden soll, insbesondere auch im Hinblick auf deren Zahlungsunfähigkeit. 249
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Canaris, BVR3 Rz 1122 spricht deshalb sogar von einem Formbedürfnis kraft Handelsbrauchs. Bei elektronischen Garantieerklärungen sind allerdings die Voraussetzungen des SignaturG zu berücksichtigen; vgl dazu auch Kröll, Rechtsfragen elektronischer Bankgarantien, WM 2001, 1553. Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1346 Rz 9a; Mayrhofer, SR AT 115, 149; Ohmeyer/ Klang in Klang VI 204; Schinnerer/Avancini II 301; Stölzle, Der Garantievertrag, AnwBl 1978, 103; OGH 1 Ob 702/89 in ÖBA 1990, 843 mit kritischer Anm von P. Bydlinski. Für eine analoge Anwendung hingegen F. Bydlinski/Koziol, Sûretés personelles 383; P. Bydlinski, Die Bürgschaft im österreichischen und deutschen Handels-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht (1991) 11f; Koziol, Garantievertrag 39 ff; Lindinger, wbl 1992, 139 f; Neumayr, Persönliche Sicherungsgeschäfte – Abgrenzungs- und Formfragen, Honsell-FS (2002) 481. 1 Ob 595/92 in ÖBA 1993, 146 mit Anm von Apathy = SZ 65/109; 8 Ob 259/98s in ÖBA 1999, 833 = ecolex 1999, 541 mit Anm von Rabl; 1 Ob 163/00b in ÖBA 2001, 477 mit Anm von P. Bydlinski. Gegen diese Rechtsprechung G. Wilhelm, Die neue Form der Garantie, ecolex 1993, 14. Büsser, Einreden 57 f; Zobl in Wiegand, Personalsicherheiten 36. Kritisch dazu Emmenegger, Garantie, Schuldbeitritt und Bürgschaft – vom bundesgerichtlichen Umgang mit gesetzgeberischen Inkohärenzen, ZBJV 143 (2007) 561. Bamberger/Roth/Rohe, BGB2 § 415 Rz 57 mwN; Henssler, Risiko 374 f; siehe jedoch Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts II/213 § 64 III.3 b. Für eine Gleichbehandlung de lege ferenda Berensmann, Bürgschaft 151 ff. Siehe Henssler, Risiko 375.
Das Rechtsverhältnis zwischen der garantierenden Bank und dem Begünstigten
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4. Dissensprobleme Begehrte der Begünstigte die Hinauslegung einer Garantie, gab die Bank 3/75 jedoch eine Bürgschaftserklärung ab und wurde diese Diskrepanz den Beteiligten nicht bewusst255, dann liegt ein versteckter Dissens vor. Dieser verhindert an sich das Zustandekommen einer gültigen Verbindlichkeit, weil eben keine Einigung erzielt wurde256. Es ist jedoch zu bedenken, dass die gewünschte Garantieerklärung über die tatsächlich abgegebene Bürgschaftserklärung hinausgeht; sie ist vom Valutaverhältnis losgelöst und schließt daher sozusagen die akzessorische Sicherheit mit ein. Es wäre daher zu erwägen, zumindest die Einigung über eine Bürgschaft anzunehmen, da die Beteiligten jedenfalls eine Sicherheit bestellen wollten und das Bestehen eines Bürgschaftsvertrages immerhin noch eher dem Willen des Begünstigten entspricht, als der völlige Entfall einer Sicherheit257. Dullinger/Rummel 258 meinen jedoch, dass dies nur nach den Regeln über die Konversion zu begründen wäre und eine derartige Konversion nur angenommen werden könne, wenn der tatsächliche oder hypothetische Parteiwille entsprechende Anhaltspunkte biete259. In dem von ihnen besprochenen Fall konnte ihrer Auffassung nach jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Begünstigte mit einer bloßen Bürgschaft begnügt hätte: Er habe ein Äquivalent für den Haftrücklass gewollt und hätte diesen mit Sicherheit nicht ausbezahlt, wäre er nicht vom Zustandekommen eines Garantievertrages ausgegangen. Dass ihm im Nachhinein vielleicht eine akzessorische Haftung noch lieber gewesen wäre als gar keine, könne für die Frage der Konversion keine Rolle spielen. Dieser Standpunkt vermag jedoch nicht zu überzeugen. Es ist zwar sicherlich 3/76 richtig, dass die Konversion grundsätzlich unzulässig ist, wenn sie dem Willen eines der Beteiligten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses widerspricht260, und es wird häufig auch in der Tat so sein, dass der Begünstigte im Abschlusszeitpunkt nur einen Garantievertrag, nicht aber einen Bürgschaftsvertrag abgeschlossen hätte. Es ist jedoch zu bedenken, dass es in den hier zu erörternden Fällen nicht um die Umdeutung eines von den Parteien einvernehmlich gewollten Geschäftes geht, sondern nur um die Umdeutung einer der beiden Erklärungen nämlich jener des Begünstigten, da der andere Teil ohnehin stets nur eine Bürgschaft abschließen wollte261. Die Umdeutung der 255 256 257
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261
Vgl den vom OGH in ÖBA 1987, 500 entschiedenen Fall. Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 I 127 f mwN. So Koziol, Garantievertrag 16; ebenso Jud/Spitzer in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 393; zum entsprechenden Problem bei Bürgschaft und Schuldbeitritt Koziol, Über den Anwendungsbereich des Bürgschaftsrechts, JBl 1964, 306. ÖBA 1987, 503 f. Sie berufen sich hiefür vor allem auf M. Binder, Zur Konversion von Rechtsgeschäften (1982) 107 ff. Siehe auch Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts II, Das Rechtsgeschäft3 (1979) 595. Flume, Rechtsgeschäft 593, will in solchen Fällen überhaupt nicht von einer Konversion sprechen.
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Die Bankgarantie
Erklärung des Begünstigten muss aber auch dann möglich sein, wenn er im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keinen Bürgschaftsvertrag abgeschlossen hätte, nun aber mit einer derartigen Änderung einverstanden ist: Einerseits wollte die Bank ohnehin einen Bürgschaftsvertrag abschließen und wird daher nur an dem festgehalten, was sie wollte und erklärte. Anderseits hat die Regel, dass eine Umdeutung gegen den im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Willen nicht erfolgen dürfe, nur den Zweck, die Privatautonomie desjenigen zu wahren, dessen Erklärung umzudeuten wäre; dieser Zweck fällt aber weg, wenn der zu Schützende mit der Änderung nun einverstanden ist. Dies entspricht auch der allgemeinen Auffassung262, dass ein Vertragsschließender nicht widersprechen könne, wenn der andere Teil den Vertrag ohne die ihm günstige, von dem Dissens betroffene Regelung gelten lässt. In den hier zu erörternden Fällen bezieht sich der Dissens nur auf die Loslösung vom Grundgeschäft, also auf die Abstraktheit, und der Begünstigte lässt den Vertrag ohne diese für ihn vorteilhafte Regelung gelten, wenn er sich mit einem Bürgschaftsvertrag einverstanden erklärt. 5. Devisenrechtliche Gültigkeitsvoraussetzungen 3/77
Gemäß § 14 Abs 1 DevG 1946 bedurfte die Bestellung von Sicherheiten für ausländische Gläubiger, also auch die Hinauslegung einer Garantie zugunsten eines Ausländers, bei sonstiger Nichtigkeit der Bewilligung der Oesterreichischen Nationalbank. Allerdings wurden in jüngerer Zeit durch Kundmachungen generelle Bewilligungen erteilt. Nach § 2 DevG 2004 unterliegt nunmehr der Kapital- und Zahlungsverkehr mit dem Ausland, abgesehen von den in den Art 57 bis 60 EGV sowie den §§ 3 und 4 DevG 2004 genannten Fällen, keinen Beschränkungen. § 3 Abs 1 DevG 2004 betrifft die Schritte der Oesterreichischen Nationalbank zur Durchführung von Maßnahmen gemäß Art 57 Abs 2, Art 59 und Art 60 Abs 1 und Abs 2 Satz 3 EGV. Abs 3 sieht ferner vor, dass die Oesterreichische Nationalbank zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrung der auswärtigen Interessen Österreichs, sofern unmittelbar anwendbares Recht der Europäischen Union nicht entgegensteht, Maßnahmen gemäß § 4 DevG zur Einschränkung des Kapital- und Zahlungsverkehrs treffen kann, um die Sicherheit der Republik Österreich zu gewährleisten oder eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker zu verhindern oder die Wirtschaftsbeziehungen Österreichs im Bereich des Kapital- und Zahlungsverkehrs mit Staaten einzuschränken, in denen ein bewaffneter Konflikt herrscht oder wiederholt schwere Menschenrechtsverletzungen stattfinden, oder zu verhüten, dass die auswärtigen Beziehungen der Republik Österreich erheblich gestört werden, oder völkerrechtlich verbindliche Beschlüsse im 262
Flume, Rechtsgeschäft 634; MünchKommBGB/Kramer5 (2006) § 155 Rz 14; RG in Seufferts Archiv 76/109. Diese Auffassung steht auch im Einklang mit der Meinung, dass der Gegner des Irrenden die Rechtsfolgen des Irrtums dadurch abwenden könne, dass er den Irrenden so stelle, wie er stünde, wenn seine irrige Vorstellung zutreffend gewesen wäre; er also das Geschäft so gelten lässt, wie es der andere Teil abzuschließen vermeinte: Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 I 161 mwN.
Das Rechtsverhältnis zwischen der garantierenden Bank und dem Begünstigten
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Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union durchzuführen. In Vollziehung des § 3 kann die Oesterreichische Nationalbank gemäß § 4 Abs 1 DevG 2004 durch Verordnung oder Bescheid Rechtsgeschäfte und Handlungen für bewilligungspflichtig erklären oder untersagen. Für das Garantiegeschäft von Interesse ist, dass gemäß Abs 4 zu derartigen Rechtsgeschäften und Handlungen unter anderen Verfügung über ausländische Zahlungsmittel, Verfügung über inländische Zahlungsmittel und Gold, soweit diese zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der Verfügung beteiligt ist, sowie die Verbringung oder Versendung von Zahlungsmitteln ins Ausland zählen. Wer entgegen den gemäß § 4 Abs 1 erlassenen Verordnungen oder Bescheiden oder entgegen gemäß Art 57 bis 60 EGV erlassenem unmittelbar anwendbarem Recht der EG Rechtsgeschäfte oder Handlungen gemäß § 4 Abs 4 vornimmt, begeht eine Verwaltungsübertretung (§ 8 Abs 1 DevG), bei einem Wert von über E 75.000 eine gerichtlich strafbare Handlung (§ 12 Abs 1 DevG). Rechtsgeschäfte, durch deren Abschluss das Tatbild des § 8 Abs 1 oder des § 12 Abs 1 verwirklicht wird, sind nichtig. Sie sind jedoch vom Zeitpunkt ihrer Vornahme an wirksam, wenn die erforderliche Bewilligung nachträglich erteilt wird (§ 13 Abs 1 DevG). B. Die Auslegung des Garantievertrages Die Anwendung der Auslegungsregel des § 914 ABGB bietet bei den Bank- 3/78 garantien letztlich keine spezifischen Probleme, obwohl die Rechtsprechung auf den ersten Blick den gegenteiligen Anschein erweckt. Sie betont nämlich immer wieder den Grundsatz der „formellen Garantiestrenge“263 und neigte zu einer starren Überbetonung dieses Prinzips, die mit der Auslegungsregel des § 914 ABGB nicht in Einklang zu bringen war. Die Rechtsprechung anerkennt aber heute, dass dieser Grundsatz kein Selbstzweck sei und Garantieerklärungen nach den allgemeinen Regeln auszulegen seien264. Das bedeutet, dass der im konkreten Fall ermittelte Wille der Parteien – entsprechend den gesetzlichen Auslegungsregeln des § 914 ABGB – der Übung des Verkehrs vorgeht. Ist kein derartiger konkreter Wille zu ermitteln, so kann der Grundsatz der formellen Garantiestrenge als Ausdruck der „Absicht der Parteien“ und der „Übung des Verkehrs“ verstanden und daher mit den Auslegungsregeln des § 914 ABGB in Einklang gebracht werden265: Er kann mit den all263
264
265
OGH 1 Ob 529/93 in ÖBA 1993, 985; 1 Ob 557/95 in ÖBA 1996, 717 mit Anm von Koziol; 1 Ob 318/98s in ÖBA 1999, 484 mit Anm von Rummel = ecolex 1999, 318 mit Anm von Wilhelm; 10 Ob 51/03b in ÖBA 2004, 707; 4 Ob 149/06z in ÖBA 2007, 400 (Besprechungsaufsatz von Fössl/Kurat, ecolex 2007, 332). OGH 7 Ob 608/94 in ÖBA 1995, 632; 1 Ob 620/95 in ÖBA 1996, 474 mit Anm von Koziol = SZ 68/230 = ecolex 1996, 447 mit Anm von G. Wilhelm; 7 Ob 2135/96p in ÖBA 1997, 191 mit Anm von Rummel; ÖBA 1999, 484 mit Anm von Rummel; 1 Ob 66/04v in ÖBA 2005, 134; 1 Ob 160/02i in ÖBA 2003, 541; ÖBA 2004, 707; 4 Ob 149/06z in ÖBA 2007, 400. Eine genaue Analyse der Rechtsprechung bietet Rummel, Auslegung von Bankgarantien, ÖBA 2000, 210. Rummel, ÖBA 2000, 217.
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Die Bankgarantie
gemein anerkannten Überlegungen erklärt werden, dass einerseits der Garant keinen Einblick in das Grundverhältnis und als Bank auch nicht die Kompetenz zur Prüfung verschiedenster Fragen aus diesem Verhältnis habe266, anderseits der Garant sowohl die Interessen des Garantieauftraggebers als auch des Begünstigten wahren müsse, da beide seine Vertragspartner seien, und dies nur durch eine genaue Einhaltung der Vereinbarungen erreicht werden kann. Der OGH betont dementsprechend, dass die erkennbaren Interessen der Bank jedenfalls eine strenge, am Wortlaut haftende Auslegung nahelegen, damit sie nicht in den Streit zwischen Begünstigtem und Garantieauftraggeber hineingezogen wird267. Es wird deshalb auch betont, dass die Gründe für ein Abweichen vom Wortlaut sehr gut abgesichert sein müssen268. Zusammenfassend ist daher für die Auslegung des Garantievertrages festzuhalten: Beim Verständnis des Vertrages zwischen Garant und Begünstigtem ist daher zwar vom Wortsinn auszugehen; letztlich entscheidend ist jedoch nicht dieser, sondern der Wille der Parteien, allerdings nur dann, wenn er deutlich erkennbar ist. Kann der Wille der Parteien nicht eindeutig ermittelt werden, so ist die Vereinbarung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht269. Das Interesse der Bank, sich möglichst genau an den Wortlaut der Garantieerklärung zu halten, wird etwa dann als vorrangig angesehen, wenn der Begünstigte eine bestimmte Erklärung abzugeben hat270. Andererseits wird das Interesse des Begünstigten anerkannt, „nicht nur eine schneidige, sondern auch eine einigermaßen ‚wasserdichte‘ Sicherung in der Hand zu haben, aus der sich die Garantin nicht durch Wortklauberei und formale Tüfteleien heraus schleichen kann“271. Dieser Aspekt ist vor allem dann gewichtig, wenn sich der Sachverhalt unvorhergesehen entwickelt hat oder Urkunden vorzulegen sind, deren Inhalt der Begünstigte nicht beeinflussen konnte272. Nur dann, wenn die Auslegung gemäß § 914 ABGB zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, greift die Unklarheitenregel des § 915 ABGB ein273. Nach dieser Bestimmung ist bei einseitig verbindlichen Verträgen im Zweifel anzunehmen, dass der Verpflichtete sich eher die geringere als die schwerere Last auferlegen wollte. Das bedeutet, dass bei unentgeltlichen Geschäften die Erklärung des Versprechenden zu seinen Gunsten auszulegen ist274. Bei zwei266
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270 271 272 273
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Vgl dazu Rüßmann/Britz, Die Auswirkungen des Grundsatzes der formellen Garantiestrenge auf die Geltendmachung einer befristeten Garantie auf erstes Anfordern, WM 1995, 1825. OGH in ÖBA 2007, 400. Rummel, ÖBA 1989, 818; derselbe, ÖBA 2000, 217; OGH in ÖBA 1996, 474 mit Anm von Koziol = ecolex 1996, 447 mit Anm von G. Wilhelm; OGH in ÖBA 1997, 191 mit Anm von Rummel; 9 Ob 319/99y in ÖBA 2000, 703. Vgl OGH 7 Ob 221/00a in ÖBA 2001, 659; 1 Ob 44/07p in ÖBA 2008, 434. Zur Auslegungsfrage, ob Bürgschaft oder Garantie vorliegt, siehe Rz 3/28 ff. OGH in ÖBA 2007, 400. Rummel, ÖBA 2000, 217; OGH in ÖBA 2007, 400. OGH in ÖBA 2007, 400. So die hA: OGH in JBl 1986, 264 und 782; ÖBA 1988, 623; Kerschner, JBl 1985, 575; Rummel in Rummel, ABGB3 § 915 Rz 1. AA Krampe, Die Unklarheitenregel (1982). Gschnitzer in Klang IV/1, 415 f.
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seitig verbindlichen Verträgen sind hingegen undeutliche Formulierungen zu Ungunsten desjenigen zu verstehen, der sich derselben bedient hat. Mit dem Gesetz nicht vereinbar ist die vom OGH275 aufgestellte Unklarheitenregel, dass Garantien stets zum Nachteil des Garanten auszulegen seien. Welche dieser beiden Unklarheitenregeln des § 915 ABGB gilt, ist bei den 3/79 Bankgarantien, bei denen die Risikoübernahme im Auftrag eines Dritten erfolgt, problematisch: In diesen Fällen hat der Begünstigte keine Gegenleistung für die Risikoübernahme zu erbringen. Es stellt sich die Frage, ob allein deshalb in Zweifelsfällen der Garantievertrag stets zu Gunsten des Garanten zu interpretieren ist276. Die Schwierigkeit liegt darin, dass im Garantievertrag nur die Haftungsübernahme des Garanten gegenüber dem Begünstigten geregelt wird, die causa für diese Risikoübernahme jedoch gerade nicht in diesem Verhältnis zu finden ist, sondern in den Beziehungen zum Dritten. Da der Garantievertrag aber von diesen Beziehungen losgelöst und daher abstrakt ist, könnte gesagt werden, dass er entgeltsfremd ist277. Kulka 278 betont allerdings, dass die Annahme, es gebe entgeltsfremde Geschäfte, problematisch sei, weil jedes Geschäft entweder entgeltlich oder unentgeltlich sein müsse und eine dritte Möglichkeit logisch ausscheide. Demgegenüber meint jedoch H. P. Westermann 279, dass sich bei abstrakten Geschäften die Unterscheidung von entgeltlichen und unentgeltlichen Zuwendungen schlecht durchführen lasse. Die Frage der entgeltsfremden Geschäfte soll hier nicht eingehend erörtert werden. Es genügt folgende Feststellung: Aus dem abstrakten, dreipersonalen Garantievertrag allein lässt sich weder auf dessen Entgeltlichkeit noch auf dessen Unentgeltlichkeit schließen. Das bedeutet aber noch nicht, dass § 915 ABGB unanwendbar ist. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass jedes Rechtsgeschäft auf einer causa beruht, die allerdings nicht stets in diesem selbst zum Ausdruck kommt. Bei der Garantie, die keine Vereinbarung zwischen Begünstigtem und Garant über einen Austauschzweck oder eine Schenkungscausa enthält, findet sich der Rechtsgrund für die Risikoübernahme in den Grundverhältnissen zwischen dem Dritten und dem Garanten einerseits, dem Begünstigten und dem Dritten anderseits280. Dieser Rechtsgrund scheint beim abstrakten Garantievertrag nicht auf, er ist aber selbstverständlich vorhanden, so dass auch abstrakte Verträge auf einer causa beruhen281 und diese im Austausch von Leistungen oder in der Freigebigkeit liegen kann282. 275 276
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278 279 280
281 282
ÖBA 1989, 814 mit ablehnender Anm von Rummel. So der OGH in NZ 1974, 77. Schinnerer/Avancini II 300 meinen offenbar, dass § 915 Fall 1 ABGB anwendbar wäre, dies aber nicht der Absicht der Parteien entspreche. Für die Anerkennung entgeltsfremder Geschäfte spricht sich Gschnitzer in Klang IV/1, 435 ff aus. Kulka, Unentgeltlichkeit und Freigebigkeit, ÖJZ 1969, 477. Die causa im französischen und deutschen Zivilrecht (1967) 121. Insofern ist die Lage ähnlich wie bei der Bürgschaft, bei der anerkannt ist, dass § 915 ABGB anwendbar ist. Vgl Ohmeyer/Klang in Klang VI 219; OGH in RZ 1963, 156. Kulka, ÖJZ 1969, 481. Zum Verhältnis von causa und Entgeltlichkeit siehe Näheres bei H. P. Westermann, causa 118 ff.
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Die Bankgarantie
Es stellt sich allerdings die Frage, welche der Beziehungen dafür entscheidend ist, ob die Regeln über die entgeltlichen oder jene über die unentgeltlichen Geschäfte anzuwenden sind. Für die Bürgschaft meint Kulka 283, dass dem Gläubiger gegenüber die Entgeltlichkeit ebenso zu beurteilen sei, als hätte der Schuldner die Sicherheit bestellt. Anders ausgedrückt: Es ist nach ihm das Verhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Hauptschuldner maßgebend; bei der Garantie daher das Valutaverhältnis zwischen Begünstigtem und Drittem. Dieser Ansicht ist im Ergebnis beizutreten, weil der entscheidende Gesichtspunkt des § 915 ABGB nicht jener ist, dass der Freigebige zu schützen ist, sondern dass bei Freigebigkeit das Vertrauen des Empfängers auf eine möglichst weitgehende Zuwendung nicht schutzwürdig ist. Dass es auf die Schutzwürdigkeit des Erklärungsempfängers ankommt, ergibt sich schon aus dem allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsatz, dass Erklärungen vom Empfängerhorizont aus zu beurteilen sind284. Ist nun die Bestellung einer Sicherheit Bestandteil des Vertrages zwischen dem Begünstigten und dem Dritten, also eine Voraussetzung für das Leistungsversprechen des Begünstigten, so ist sie Bestandteil der Gegenleistung des Dritten285. Dann muss der Begünstigte aber auch darauf vertrauen können, dass die Sicherheitsleistung ihm gegenüber nicht als freigebige Leistung gilt286. Anders, wenn der Dritte dem Begünstigten ohne Verpflichtung aus dem Grundgeschäft aus bloßer Freigebigkeit eine Sicherheit bestellt. Dafür, dass die Freigebigkeit oder deren Fehlen auf Seiten des Dritten ausschlaggebend ist, spricht auch, dass dieser letzten Endes die Sicherstellung wirtschaftlich zu tragen hat, weil dem Garanten ihm gegenüber Rückgriffsrechte zustehen (Rz 3/67 ff). Schließlich ist zu bedenken, dass bei der Garantie das Deckungsverhältnis zwischen Drittem und Garant dem Begünstigten gegenüber ohne Bedeutung ist, was sich vor allem darin zeigt, dass der Garant keine Einwendungen aus diesem erheben kann. Daraus ist aber auch abzuleiten, dass die Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit dieses Verhältnisses nicht die Position des Begünstigten berührt. Zusammenfassend ist daher für die Bankgarantie zu sagen: Ist die Bestellung einer Sicherheit ausnahmsweise ein Akt der Freigebigkeit des Dritten gegenüber dem Begünstigten, so ist der Vertrag zwischen Bank und Begünstigtem zu Ungunsten des Begünstigten auszulegen; sonst – und dies sind die Regelfälle – sind jedoch undeutliche Äußerungen zum Nachteil desjenigen zu interpretieren, der diese Formulierung gewählt hat287. C. Art und Umfang der Garantieleistung 3/80
Der Garant hat gemäß § 880a ABGB volle Genugtuung zu leisten, wenn der garantierte Erfolg nicht eintritt. Dies bedeutet, dass er nach dem Gesetz den 283 284 285 286
287
ÖJZ 1969, 481. Zu dessen Argumentation Koziol, Garantievertrag 43. Bollenberger in KBB2 § 863 Rz 3 mwN. Koziol, Garantievertrag 44; OGH in ÖBA 1988, 623; 7 Ob 260/99g in ÖBA 2000, 701. Davon geht auch § 1369 Satz 1 ABGB aus, nach dem die Pfandbestellung ein entgeltliches Geschäft ist. So auch OGH in JBl 1978, 37.
Das Rechtsverhältnis zwischen der garantierenden Bank und dem Begünstigten
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entstandenen Schaden zu ersetzen hat, und zwar nicht bloß den positiven Schaden, der Folgeschäden umfassen kann288, sondern auch den entgangenen Gewinn (§ 1323 ABGB)289. Nach den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen wäre die Schadenersatzleistung primär durch Naturalherstellung zu erbringen. Bei den Bankgarantien wird jedoch regelmäßig die Untunlichkeit der Naturalrestitution gegeben sein290. Überdies ist in Analogie zu § 1350 ABGB im Zweifel davon auszugehen, dass der Garant Ersatz in Geld zu leisten hat291, weil er nur das wirtschaftliche Risiko tragen, nicht aber den Erfolg selbst herbeiführen soll. In der Praxis stellen sich jedoch bei der Bankgarantie kaum je Probleme über die Art und den Umfang des vom Garanten zu leistenden Ersatzes: Regelmäßig wird ausdrücklich vorgesehen, dass der Begünstigte bei Nichteintritt des Erfolges nur einen Geldbetrag begehren kann. Bei den Bankgarantien verspricht die Bank überdies typischerweise, bloß jenen Betrag zu zahlen, dessen Leistung vom Dritten erwartet wurde. In der Beschränkung auf diesen Betrag liegt ein Ausschluss der Risikoübernahme für Folgeschäden. D. Die Inanspruchnahme der Garantie 1. Inanspruchnahme durch den Begünstigten gegenüber dem Garanten Da allein der Begünstigte292 aus der Garantie berechtigt ist, kann auch nur er 3/81 die Garantie wirksam in Anspruch nehmen. Ist etwa in der Garantie eine natürliche Person genannt, erfolgt der Abruf hingegen von einer GmbH, die den Namen dieser Person führt, so ist die Inanspruchnahme unwirksam und die Bank darf nicht an die Gesellschaft auszahlen293. Der OGH betont zwar auch hier, dass der Grundsatz der formellen Garantiestrenge gewiss kein „Selbstzweck“ sei, doch dürfe die Garantiebank vom Begünstigten die strikte, ja geradezu pedantische Erfüllung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Bankgarantie verlangen, um vor allfälligen Einwendungen ihres Auftraggebers beim Rückgriff geschützt zu werden und um überflüssige 288 289
290
291 292
293
Siehe dazu Bollenberger in der Anm zu OGH 7 Ob 2044/96f in ÖBA 1997, 636. Die Frage des Ersatzes des ideellen Schadens, der auch unter die volle Genugtuung fällt (vgl F. Bydlinski, Der Ersatz ideellen Schadens als sachliches und methodisches Problem, JBl 1965, 179 f, 182, 240, 247; Koziol, HaftpflichtR I Rz 11/3 ff), wird bei Bankgarantien praktisch kaum je von Bedeutung sein; siehe hiezu Koziol, Garantievertrag 44 f. Auch für Versicherer wird die Wiederherstellung als untunlich angesehen: OGH in ZVR 1961/313; SZ 41/154; SZ 45/63; ZVR 1973/35 und 158; Apathy, Aufwendungen zur Schadensbeseitigung (1979) 49 ff; kritisch allerdings Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1323 Rz 7. Vgl auch § 1 Abs 1 letzter Satz AHG, der den Naturalersatz ausschließt. Siehe Boetius, Garantievertrag 25 ff; Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 8. Vgl OGH 3 Ob 52/95 in ÖBA 1996, 479. Zur Frage, ob die Berechtigung des Begünstigten auf einen anderen übertragen werden kann, siehe Rz 3/113 ff. Siehe dazu OGH 1 Ob 318/98s in ÖBA 1999, 484 mit Anm von Rummel = ecolex 1999, 318 mit Anm von G. Wilhelm.
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Rechtsunsicherheit zu vermeiden294, außer der Garantieauftraggeber anerkennt die Ordnungsgemäßheit des Abrufes295. Bei Abweichungen müsste derjenige, der behauptet der Begünstigte zu sein, auf eine auch aus der Warte der Garantiebank völlig unbedenkliche Weise dartun, dass er tatsächlich der Begünstigte ist296. Dies kann trotz einer Fehlbezeichnung in der Garantieerklärung insbesondere dann der Fall sein, wenn lediglich eine falsa demonstratio unterlief297. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass eine natürliche Person selbst oder eine juristische Person durch ihre satzungsmäßigen Organe die Erklärung abgibt; es ist vielmehr die Einschaltung sowohl eines Boten als auch eines Stellvertreters zulässig. Um die leichte Überprüfbarkeit der Vertretungsmacht sicherzustellen, wird häufig vereinbart, dass die Inanspruchnahme über die Hausbank des Begünstigten zu leiten ist, damit diese die Möglichkeit hat, die Vertretungsverhältnisse zu prüfen298. Wird die Garantie von einem Stellvertreter im Namen des Begünstigten in Anspruch genommen, hat jedoch die Bank nicht die Möglichkeit, das Vorliegen einer Vertretungsmacht ausreichend zu überprüfen, so soll nach von Westphalen 299 keine ordnungsgemäße Inanspruchnahme vorliegen. Dem ist nicht zu folgen, weil zwischen dem Vorhandensein der Vertretungsmacht und deren Überprüfbarkeit zu unterscheiden ist. Für die Ordnungsmäßigkeit der Inanspruchnahme kann nur entscheidend sein, dass der Begünstigte den Vertreter tatsächlich bevollmächtigt hatte und dieser daher wirksam Erklärungen für den Begünstigten abgeben konnte300 oder dass eine Anscheinsvollmacht gegeben ist301. Wurde im Garantievertrag für die Inanspruchnahme kein bestimmter Nachweis der Vertretungsmacht vorgesehen, so ergibt sich aus dem Grundsatz der Garantiestrenge, dass die Inanspruchnahme auch dann ordnungsgemäß ist, wenn der Erklärende nicht gleichzeitig seine Vollmacht beweist. Bestehen jedoch berechtigte Zweifel an der Vertretungsmacht und damit der Wirksamkeit der Inanspruchnahme, so darf der Garant die Zahlung bis zur Erbringung eines ausreichenden Nachweises verweigern. Eine vollmachtslose Inanspruchnahme kann bis zum Ablauf der Befristung durch nachträgliche Genehmigung geheilt werden302, danach jedoch nicht mehr. Das ergibt sich aus dem Grundsatz, dass einseitige Rechtsgeschäfte bedingungsfeindlich sind303 und die Wirksamkeit der Erklärung des 294
295 296 297 298 299
300 301 302 303
OGH in ÖBA 1989, 1131 = SZ 62/75; ÖBA 1999, 484 mit Anm von Rummel; 1 Ob 160/02i in ÖBA 2003, 541. Vgl Rummel, ÖBA 2000, 212. OGH in ÖBA 1999, 484 mit Anm von Rummel. Siehe dazu Rummel ÖBA 1999, 487. Siehe von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 159 f. In von Wesphalen/Jud, Bankgarantie 159; ihm folgend Dohm, Bankgarantien Rz 191. Abweichend Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 183. So wohl auch der OGH in ÖBA 1988, 601 mit Anm von Koziol. Dazu P. Bydlinski in KBB2 § 1029 Rz 6 ff mwN. Dies nimmt auch der OGH in ÖBA 1988, 601 an. Flume, Rechtsgeschäft 697 ff; Gschnitzer in Klang III 656 ff; P. Bydlinski in KBB2 § 897 Rz 2.
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vollmachtslosen Vertreters vom Eintritt der Bedingung, nämlich der Genehmigung durch den Vertretenen, abhinge. Die Inanspruchnahme muss dem Garanten gegenüber erklärt werden304. Es 3/82 kann in der Garantie aber auch jemand anderer genannt werden, demgegenüber die Erklärung abzugeben ist; diesem kann die Funktion eines Empfangsboten oder Empfangsvertreters zukommen. Hat der Garant mehrere Zweigniederlassungen oder Filialen, so ist Adressat der Inanspruchnahme nur jene Zweigniederlassung oder Filiale, die in der Garantie genannt wird305. Das gilt auch dann, wenn diese keine eigene Rechtspersönlichkeit hat, also die Erklärung gegenüber einer anderen Filiale oder der Hauptniederlassung derselben Rechtsperson zuginge. Diese strenge Anforderung an die Inanspruchnahme ergibt sich daraus, dass in aller Regel nur jene Stelle, von der die Garantie hinausgelegt wurde oder die in der Garantie genannt wird, die Übereinstimmung der Inanspruchnahme mit den in der Garantie genannten Voraussetzungen überprüfen kann. 2. Die inhaltlichen Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Inanspruchnahme a) Die Substantiierung In der Literatur wird die Frage, welche Voraussetzungen die Inanspruch- 3/83 nahme einer Garantie erfüllen muss, unterschiedlich beantwortet. Die strengere Auffassung306, der der OGH in einer Entscheidung folgte307, geht dahin, dass der Begünstigte den Eintritt des Garantiefalles zu behaupten habe und diese Behauptung nicht nur in sich selbst schlüssig, sondern auch in einem gewissen Maße substantiiert sein müsse. Die Substantiierungspflicht wird damit begründet, dass der Garant nur bei Eintritt des Garantiefalles zu leisten habe, weil sonst eine tatbestandliche Voraussetzung fehle, die Bank jedoch die Zahlung nur dann verweigern könne, wenn der Begünstigte wenigstens in groben Umrissen zu erkennen gebe, wofür er die Garantie in Anspruch nehme. Den Zweck des Substantiierungserfordernisses sieht Canaris 308 darin, dass der Begünstigte gezwungen werde, entweder klar zu lügen und damit eventuelle strafrechtliche Konsequenzen in Kauf zu nehmen oder von sich aus das Fehlen der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Garantie aufzudecken. Die verführerische Möglichkeit, sich später auf ein Missverständnis herauszureden und so den Missbrauch der Garantie zu vertuschen, werde dadurch wesentlich eingeschränkt. Auch Canaris betont aber, dass das 304 305
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Vgl OGH in ÖBA 2003, 541. OGH in ÖBA 1987, 263 = SZ 59/217; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 176 ff; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/115. Canaris, BVR3 Rz 1130; derselbe, ÖBA 1987, 772 f; Heinze, Rechtsschutz 148; Lindinger, ÖZW 1992, 95; Schütze, RIW/AWD 1981, 84. ÖBA 1990, 300 mit Anm von B. Koch = JBl 1990, 177 mit Anm von Dullinger; vgl auch 7 Ob 311/99g in ÖBA 2000, 1099 mit Anm von B. Koch. ÖBA 1987, 772.
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Substantiierungserfordernis keinesfalls übertrieben werden dürfe, da sonst die Funktionsfähigkeit der Garantie auf erstes Anfordern beeinträchtigt werde; eine Substantiierung in groben Umrissen beschwöre diese Gefahr aber nicht herauf. Die hL309 lehnt hingegen eine Substantiierungspflicht ab und auch der OGH310 hat früher keine Substantiierung verlangt, sondern ist davon ausgegangen, dass dem Begünstigten auf die bloße Erklärung, die Garantie in Anspruch zu nehmen, Zahlung zu verschaffen sei. Dieser hM ist beizupflichten. Zunächst spricht gegen die Substantiierungspflicht, dass es sehr zweifelhaft ist, ob diese Hemmschwelle tatsächlich wirkt; überdies ist zu befürchten, dass über die Behauptung eines Garanten, eine Zahlungsaufforderung sei nicht genügend substantiiert, wiederum gestritten wird311, da das Ausmaß der notwendigen Substantiierung alles andere als bestimmt ist. Die hA ist ferner deshalb überzeugend, weil dann, wenn nach der Garantieerklärung ein bestimmter Betrag auf erstes Anfordern zu zahlen ist, nach dem Garantietext eben keine weiteren Erklärungen als die Anforderung dieses Betrages erforderlich sind312. Nur dieser Standpunkt entspricht auch dem besonders von Canaris 313 hervorgehobenen Grundsatz der formalen Garantiestrenge 314. Die hM verwirklicht schließlich besser das von den Parteien angestrebte Ziel, eine vom Grundverhältnis unabhängige, abstrakte Verpflichtung zu begründen und den Begünstigten möglichst so zu stellen, als hätte er schon Bargeld in Händen315. 3/84
Anders ist die Lage allerdings, wenn – was häufig geschieht – im Garantietext die vom Begünstigten abzugebende Erklärung mehr oder weniger näher umschrieben wird. So kann etwa vereinbart werden, dass der Begünstigte in der Aufforderung erklären muss, dass der Lieferant den Vertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt habe; ein bestimmter Kaufpreis am Fälligkeitstag nicht gezahlt worden sei; die Ware nicht eingelangt oder fehlerhaft sei316; ein genau 309
310
311 312
313 314 315 316
Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB3 § 880a Rz 5; Auhagen, Garantie 37 ff; Brände, Die rechtzeitige Inanspruchnahme befristeter Sicherheiten, Werner-FS (1984) 49; Diwok, Der Abruf von Bankgarantien auf erstes Anfordern, Frotz-FS (1993) 483 ff; Dohm, Bankgarantien Rz 198; Lohmann, Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch aus einer Bankgarantie und ihre Durchsetzung in rechtsvergleichender Sicht (1984) 119; Mülbert, Mißbrauch 40; Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 187, 193; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/20 und 113. ÖBA 1988, 601 mit Anm von Koziol; ÖBA 1989, 1131 = SZ 62/75; OGH 5 Ob 540/93 in ÖBA 1994, 320 = SZ 66/140. Vgl ferner RdW 1986, 340; ÖBA 1987, 498; in diesen E ging es allerdings nicht um die Substantiierungspflicht, sondern um die Klarstellung, dass das wirkliche Bestehen eines Anspruches nicht Voraussetzung für den Zahlungsanspruch ist. Darauf verweist Lohmann, Einwendungen 119. Von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 178 ff; Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 9/113. ÖBA 1987, 770 f. Darauf weist Koch, ÖBA 1990, 303 zu Recht hin. Vgl OGH in ÖBA 1987, 498. Siehe dazu auch Moschner, ÖBA 1987, 157.
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umschriebener Sicherungszweck verfolgt werde317. Damit wird klargestellt, dass nicht schlechthin eine Aufforderung die Zahlungspflicht auslöst, sondern dass die Aufforderung einen bestimmten Inhalt, nämlich eine Mitteilung, enthalten muss318. Dem bei Akkreditiven und Garantien geltenden Grundsatz der Auftragsstrenge319 entsprechend hat dann der Garant auch im Interesse des Auftraggebers die Einhaltung der vereinbarten Regeln für die Inanspruchnahme genau zu prüfen320. Es ist zwar zweifelhaft, ob der mit solchen Klauseln verfolgte Zweck, das Risiko einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Garantie zu mindern, wirklich in vollem Umfang erreicht werden kann, weil für die Bank lediglich der Zugang der formellen Erklärung maßgebend ist und kein materielles Prüfungsrecht begründet wird. Dennoch sind derartige vertragliche Vereinbarungen zu beachten, weil sie zumindest möglicherweise geeignet sind, den angestrebten Zweck zu fördern und der Begünstigte diesen Garantietext auch akzeptiert hat. Überdies besteht hier kaum eine Gefahr, dass über die ausreichende Substantiierung gestritten wird, weil der Inhalt der Erklärung genau umschrieben ist. b) Die Bezifferung des Anspruchs Die Garantie kann zur Gänze oder auch nur zum Teil in Anspruch genom- 3/85 men werden. Wird die Garantie ohne weitere Konkretisierung abgerufen, dann bedeutet dies im Zweifel, dass der Begünstigte die Zahlung des gesamten Betrages begehrt. Die Teilinanspruchnahme kann dadurch erfolgen, dass der Begünstigte nur eine bestimmte Summe in Anspruch nimmt. Eine Bezifferung ist aber nicht unbedingt nötig321. Sie wäre dem Begünstigten im Zeitpunkt der Inanspruchnahme häufig auch gar nicht möglich, etwa weil die Mangelhaftigkeit der Leistung des Dritten, nicht aber die Schwere des Mangels feststeht. Die Inanspruchnahme ist auch ordnungsgemäß, wenn das Ausmaß des Zahlungsbegehrens noch offen gelassen wird, die Inanspruchnahme sozusagen nur dem Grunde nach erfolgt. Dass dies zulässig sein muss, ergibt sich schon daraus, dass der Begünstigte sicherlich selbst dann nicht rechtsmissbräuchlich handeln würde, wenn er wegen der Ungewissheit der Scha317 318
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Siehe etwa OGH in ÖBA 1994, 320 = SZ 66/140. Rüßmann/Britz, WM 1995, 1826 ff, wollen allerdings selbst dann, wenn eine bestimmte Formulierung der Inanspruchnahme im Garantievertrag vorgesehen ist, etwa dass „der Vertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt wurde“, eine darüber hinausgehende Substantiierung fordern, damit der Garant eine Überprüfungsmöglichkeit habe. Es geht jedoch nicht an, wenn eine bestimmte Formulierung vorgesehen ist und der Begünstigte darauf vertrauen darf, mit deren Verwendung allen Erfordernissen entsprochen zu haben, eine weitere Substantiierung zu fordern. Wenn die Parteien ein höheres Maß der Substantiierung wünschen, haben sie dies im Vertrag festzuhalten und können nicht nachträglich abweichende Erklärungen verlangen. Canaris, BVR3 Rz 1133; ebenso der OGH, etwa in 4 Ob 149/06z in ÖBA 2007, 400 (Besprechungsaufsatz von Fössl/Kurat, ecolex 2007, 332). OGH in ÖBA 1989, 1131; 10 Ob 51/03b in ÖBA 2004, 707; 4 Ob 149/06z in ÖBA 2007, 400; Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 187; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/21 und 113. Brändel, Werner-FS 49 f.
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denshöhe die Garantie schlechthin in Anspruch nimmt, obwohl möglicherweise letztlich nur der Anspruch auf einen Teil gerechtfertigt ist. Die für den Verzug des Garanten maßgebende Fälligkeit tritt allerdings erst dann ein, wenn der Begünstigte einen bestimmten Betrag genannt hat322. c) Vorsorgliche Inanspruchnahme 3/86
Die Inanspruchnahme ist eine Art Gestaltungserklärung und deshalb ist sie grundsätzlich bedingungsfeindlich 323. Dieser Grundsatz hindert jedoch nicht die Wirksamkeit der – bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen erfolgenden – Inanspruchnahme, wenn diese als „vorsorgliche“ bezeichnet wird324. Es ist dies nichts anderes als ein zusätzlicher Hinweis des Begünstigten, dass er uU, etwa bei Verlängerung der Frist, bereit ist, die Inanspruchnahme zurückzuziehen. Diese zusätzliche Erklärung ändert nichts daran, dass der Begünstigte die Garantie in Anspruch nehmen will und dies auch deutlich erklärt. 3. Die Erbringung von Nachweisen
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Die mit der Abstraktheit der Garantie verbundene Gefährlichkeit wird häufig dadurch zu mindern versucht, dass dem Begünstigten auferlegt wird, bei der Inanspruchnahme bestimmte Dokumente vorzulegen oder bestimmte Nachweise zu erbringen. Ferner wird durch „Effektivklauseln“ die Zahlung des Garanten von näher bezeichneten Tatsachen abhängig gemacht325, etwa der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der dem Garantieauftraggeber obliegenden Lieferverpflichtung326, der Einzahlung eines festgelegten Betrages auf ein bestimmtes Konto327, der Übertragung des vorbehaltenen Eigentums, der Übernahme der Waren durch eine Spedition, der Auslieferung der Waren328 oder der Übergabe der Schlüssel des geräumten Geschäftslokals. Der Zweck der Garantie, dass der Begünstigte rasch und ohne Erledigung von Streitigkeiten den Garantiebetrag ausbezahlt erhält, wird jedoch weitgehend vereitelt, wenn ohne nähere Umschreibung der zu erbringenden Nachweise das Vorliegen bestimmter Umstände verlangt würde329: Es wären Streitig322
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Zum vergleichbaren Problem bei Schadenersatzansprüchen siehe Koziol, HaftpflichtR I Rz 15/8. Brändel, Werner-FS 49; allgemein hiezu P. Bydlinski in KBB2 § 897 Rz 1; Flume, Rechtsgeschäft 697 f; Gschnitzer in Klang III 656 ff. So auch Schinnerer/Avancini II 322, 328, 338. Beispiele bieten die E des OGH in ÖBA 1989, 1131; 3 Ob 627/89 in ÖBA 1990, 636 mit Anm von Koziol; 1 Ob 557/95 in ÖBA 1996, 717 mit Anm von Koziol. OGH 1 Ob 529/93 in ÖBA 1993, 985. Vgl OGH in ÖBA 1989, 814 mit Anm von Rummel; ÖBA 1989, 735 mit Anm von Schuhmacher; ÖBA 1990, 390; ÖBA 1996, 717 mit Anm von Koziol. OGH in ÖBA 2004, 707. Ebenso OGH 7 Ob 608/94 in ÖBA 1995, 632. In der E in ÖBA 1993, 985 wurde die Inanspruchnahme der Garantie davon abhängig gemacht, dass „die Vorgenannten ihrer Lieferverpflichtung aus dem mit Ihnen geschlossenen Vertrag nicht ordnungsgemäß nachkommen.“ Der OGH nahm daher wohl zu Recht an, dass der Begüns-
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keiten darüber, ob ausreichende Anhaltspunkte bestehen oder gar Nachweise erbracht wurden oder nicht, unvermeidlich330. Deshalb sollten – so wie beim Akkreditiv – formalisierte Nachweise, insbesondere genau umschriebene Dokumente, vorgesehen werden, wie etwa näher konkretisierte Lieferscheine, Versanddokumente, Baufortschrittsbestätigungen331 oder ein notariell beglaubigter Buchprüfbericht samt Übersetzung ins Deutsche332. Der Garant kann dann ohne schwierige Beweiswürdigung die formelle Übereinstimmung der vorgelegten Urkunden mit den in der Garantie umschriebenen Dokumenten prüfen. Wegen der Gleichheit der Interessenlage haben bei der Garantie dieselben Grundsätze wie beim Akkreditiv (dazu Rz 1/122 ff) zu gelten333. Der OGH anerkennt aber zu Recht, dass grundsätzlich die Auslegung des Garantievertrages ergeben kann, dass der Begünstigte statt der vorgesehenen Unterlagen andere Nachweise mit gleichem Beweiswert erbringen darf334. Fraglich ist, ob sich auch ohne ausdrückliche Vereinbarung aus dem Sinn und 3/88 Zweck der Garantie eine Nachweispflicht ergeben kann. So stellt sich etwa
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tigte die Verletzung der vertraglichen Lieferverpflichtung voll zu beweisen habe. Zu weit ging es aber, dem Begünstigten auch den Beweis der Eröffnung eines Akkreditivs aufzuerlegen, da dies eine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Lieferverpflichtung gewesen sei und nur bei Bestehen eines wirksamen Vertrages von einer Verletzung der vertraglichen Lieferverpflichtung gesprochen werden könne. Bei konsequentem Fortdenken dieser Ansicht hätte der OGH aber auch den Beweis aller sonstigen Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Vertrages, wie etwa die Vertretungsbefugnis der den Vertrag abschließenden Personen, vorsehen müssen. Damit würde die Bank jedoch zur Beurteilung von Sachverhalten gezwungen werden, die nicht in ihrer Sphäre liegen, was ihren anerkannten Interessen widerspricht. Strittig ist auch, welche Anforderungen generell an den Nachweis zu stellen sind, ob also eindeutige und schlüssige Darlegungen (so OGH in ÖBA 1990, 636) oder hinreichend sichere Anhaltspunkte genügen (so etwa Auhagen, Garantie 56), oder ob ein voller Nachweis zu erbringen ist (dies vertreten Canaris, BVR3 Rz 1131; Schlegelberger/Hefermehl, HGB § 365 Anhang Rz 297; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 96 f). Vgl die Sachverhalte der E 8 Ob 566/90 in ÖBA 1991, 925; 7 Ob 608/94 in ÖBA 1995, 632; ÖBA 2004, 707; 1 Ob 44/05k in ÖBA 2006, 139 = ecolex 2005, 762 mit Anm von Friedl. OGH 1 Ob 160/02i in ÖBA 2003, 541. Ebenso OGH in ÖBA 1995, 632. So OGH in ÖBA 2004, 707, im konkreten Fall kamen allerdings nach Ansicht des OGH statt der vorgesehenen Lieferscheine keine gleichwertigen Beweise in Betracht. In ÖBA 2006, 139 = ecolex 2005, 762 mit Anm von Friedl, kam der OGH zu dem Ergebnis, dass ein rechtskräftiges Urteil die vorgesehene Baufortschrittsbestätigung ersetzen könne. In 7 Ob 2135/96p in ÖBA 1997, 191 mit Anm von Rummel ging es darum, dass als Voraussetzung für die Inanspruchnahme entweder eine einvernehmliche Lösung der Parteien des Grundgeschäftes oder ein rechtskräftiges Urteil über eine Oppositionsklage vorgesehen war, bei der Garantievereinbarung jedoch nicht an den Fall des Konkurses desjenigen, dessen Leistungserbringung abgesichert werden sollte, gedacht wurde; der OGH hielt die Berufung des Begünstigten auf die einvernehmliche Lösung mit dem Masseverwalter zu Recht für ausreichend. Vgl auch 1 Ob 66/04v in ÖBA 2005, 134.
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bei den Anzahlungsgarantien das Problem, ob der Begünstigte nachzuweisen hat, dass er die Anzahlung, deren Rückforderung er begehrt, tatsächlich geleistet hat; oder bei den Bietungsgarantien, ob der Nachweis zu erbringen ist, dass der Garantieauftraggeber den Zuschlag erhalten hat. Hier ist wohl zu unterscheiden zwischen der Frage, ob die Inanspruchnahme auch ohne Nachweis ausreichend für die Wahrung der Frist ist, und der Frage, ob die Bank den Eingang der Zahlung bzw den Zuschlag prüfen kann und der Begünstigte diese Voraussetzungen zu beweisen hat. Wenn in der Garantie keine diesbezüglichen Regelungen getroffen wurden, ist entsprechend den allgemeinen Grundsätzen die Inanspruchnahme ohne Nachweis wirksam und reicht auch für die Fristwahrung aus; dem Garanten stehen jedoch Einwendungsmöglichkeiten offen (Rz 3/98) und er hat bis zur Erbringung des Nachweises nicht zu zahlen. Häufig wird jedoch in Anzahlungsgarantien vorgesehen, dass die Garantie erst Gültigkeit erlangt, wenn die Anzahlung dem Auftraggeber oder dem Garanten zugekommen ist335. Es geht hier um eine Voraussetzung der Wirksamkeit der Garantieerklärung, die völlig unabhängig von der Inanspruchnahmeerklärung ist336. 4. Die Form der Inanspruchnahme 3/89
§ 883 ABGB legt den Grundsatz der Formfreiheit für die Verträge fest; Entsprechendes muss auch für die einseitigen Rechtsgeschäfte, zu denen die Inanspruchnahme der Garantie zu zählen ist, gelten337. In den Garantieverträgen wird jedoch regelmäßig die Einhaltung einer bestimmten Form für die Inanspruchnahme vorgesehen. Aus § 884 ABGB338 ergibt sich, dass die Einhaltung der Form Gültigkeitsvoraussetzung ist. Wird die vereinbarte Form der Inanspruchnahme nicht eingehalten, so ist daher grundsätzlich die Garantie nicht ordnungsgemäß in Anspruch genommen worden339. Es ist allerdings allgemein anerkannt, dass bei rechtsgeschäftlich vereinbarten Formerfordernissen der Zweck der Vereinbarung zu ermitteln, also die Formklausel nach § 914 ABGB auszulegen ist. Eine Inanspruchnahmeerklärung kann daher wirksam sein, obwohl die vereinbarte Form nicht eingehalten wurde, wenn dies mit dem Zweck der Formabrede vereinbar ist340. 335
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Zu dieser „Valutierung“ Schröder, Rückzahlungsgarantien oder Bürgschaften ohne Anzahlungseingang beim Avalkreditgeber, DB 1975, 2357; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 123 f. Vgl auch OGH in ÖBA 1989, 814 mit Anm von Rummel; ÖBA 1989, 735; ÖBA 1990, 390. Vgl dazu OGH 5 Ob 56/97i in ÖBA 1998, 225 mit Anm von Apathy = SZ 70/177. Siehe Brändel, Werner-FS 48. Auch dieser gilt unmittelbar nur für Verträge, er wird jedoch auch für einseitige Rechtsgeschäfte herangezogen: Gschnitzer in Klang IV/1, 257. Vgl OGH 7 Ob 608/94 in ÖBA 1995, 632; 7 Ob 2135/96p in ÖBA 1997, 191 mit Anm von Rummel. Vgl H. Böhm, Das Abgehen von rechtsgeschäftlichen Formgeboten, AcP 179 (1979) 432; Gschnitzer in Klang IV/1, 257; OGH in EvBl 1964/203; ÖBA 1995, 632; 1 Ob 620/95 in ÖBA 1996, 474 mit Anm von Koziol = SZ 68/230 = ecolex 1996, 447 mit
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Bei der Inanspruchnahme einer Garantie wird jedoch in aller Regel die ver- 3/90 einbarte Schriftform nicht durch eine mündliche Erklärung ersetzt werden können: Die Schriftlichkeit hat den Zweck, dem Garanten einen Beleg für die Erklärung zu verschaffen und die Bearbeitung zu erleichtern; diese Zwecke würden bei mündlichen Erklärungen vereitelt werden. Wurde hingegen die Inanspruchnahme durch eingeschriebenen Brief vorgesehen, vom Begünstigten dennoch der Brief nicht eingeschrieben aufgegeben, so schadet dies nicht, wenn die Bank die Inanspruchnahmeerklärung erhalten hat und dies auch nicht bestreitet. Die Voraussetzung des Einschreibens hat nur den Zweck, bei Bestreitung den Begünstigten auf den Urkundenbeweis einzuschränken341. Gemäß § 4 Abs 1 SigG sind sicher signierte elektronische Erklärungen den eigenhändig unterschriebenen gleichzuhalten. Fraglich ist jedoch, ob ein Brief durch ein Fernschreiben oder ein Telefax ersetzt werden kann. Der OGH342 hat dies verneint. Die Antwort hängt jedoch wiederum davon ab, welche Zwecke die vereinbarte Form erfüllen soll343. Wird der Zweck verfolgt, dem Empfänger einen Beleg für die Erklärung zu verschaffen, so wird dies auch durch ein Fernschreiben oder Telefax verwirklicht. Denkbar wäre aber, dass der Garant durch die Briefform sicherstellen will, dass die Inanspruchnahme durch einen befugten Vertreter des Begünstigten unterfertigt wird, da gemäß § 886 ABGB eine Unterschrift erforderlich ist. Hier ist jedoch zu bedenken, dass die vorgesehene Schriftform schon dann gewahrt gewesen wäre, wenn irgendjemand mit Vertretungsbefugnis das Schreiben unterfertigt hätte, und dass der Garant in aller Regel die Vertretungsbefugnis des Unterschreibenden nicht kennt. Eine vom Garanten nicht sofort überprüfbare Unterschrift bietet sicherlich keine größere Sicherheit als ein Fernschreiben oder ein Telefax. Dafür, dass Telefax und Fernschreiben dem Schriftformerfordernis genügen, könnte es zusätzlich sprechen, wenn im Garantiegeschäft bisher die telegraphische oder fernschriftliche Inanspruchnahme völlig üblich war, doch dürfte das in Österreich nicht der Fall gewesen sein. Keinesfalls reicht ein Telefax oder ein Fernschreiben dann, wenn vereinbart wurde, dass die Inanspruchnahme durch ganz bestimmte Personen, deren Vertretungsbe-
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Anm von G. Wilhelm; ÖBA 1997, 191 mit Anm von Rummel; 9 Ob 319/99y in ÖBA 2000, 703; 7 Ob 109/01g in ÖBA 2002, 58. Siehe OGH in HS 4.365/11; ÖBA 2000, 703; Heldrich, Die Form des Vertrages, AcP 147 (1941), 125; Rummel in Rummel, ABGB3 § 884 Rz 6; vgl auch OGH in EvBl 1964/203. Nach Reinicke, Rechtsfolgen formwidrig abgeschlossener Verträge (1969) 153, ist die Erklärung sogar stets wirksam, wenn der Erklärende auch auf andere Weise den Beweis des Zuganges führen kann. In ÖBA 1988, 712 mit kritischer Anm von Koziol = SZ 61/79 verneint der OGH hingegen die Wirksamkeit der Inanspruchnahme mangels Einschreibens. ÖBA 1988, 712 mit ablehnender Anm von Koziol. Dem OGH zustimmend Schinnerer, Zur Form der Inanspruchnahme von Garantien, ÖBA 1988, 1097. So auch Rummel, Nochmals: Zur Form der Inanspruchnahme von Garantien, ÖBA 1989, 158; derselbe, Telefax und Schriftform, Ostheim-FS (1990) 223f; ÖBA 1996, 474 mit Anm von Koziol = ecolex 1996, 447 mit Anm von G. Wilhelm; Nach G. Wilhelm, Telefax: Zugang, Übermittlungsfehler und Formfragen, ecolex 1990, 208 erfüllt ein Telefaxzugang das Schriftformerfordernis nicht.
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fugnis für den Garanten außer Zweifel steht und deren Unterschriften ihm bekannt sind, erfolgen muss344 oder wenn die für die Inanspruchnahme gewillkürte Form dem Garanten – etwa durch ein Amtssiegel – auch eine möglichst große Gewähr für einen tatsächlich durch den Begünstigten erfolgten Abruf der Garantieleistung bieten sollte345. 3/91
Sehr weitgehend meint Flume 346, dass bei rechtsgeschäftlicher Festlegung einer bestimmten Form für eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung auch diesen Formerfordernissen nicht entsprechende Erklärungen stets gültig werden, wenn der Empfänger diese nicht unverzüglich zurückweist. Demgegenüber ist jedoch daran festzuhalten, dass eine Formvereinbarung nur durch eine – wenn auch bloß konkludente – Einigung wieder aufgehoben werden kann347. Das bloße Stillschweigen des Empfängers erfüllt diese Voraussetzungen jedoch nicht; vorauszusetzen ist vielmehr, dass dieser die Abweichung von der vereinbarten Form erkennbar akzeptiert hat und dies dem Garanten zur Kenntnis gelangte. 5. Die Rechtzeitigkeit
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Bankgarantien sind typischerweise befristet348. Im Zweifel ist anzunehmen, dass diese Befristung die Inanspruchnahme zeitlich begrenzt349. Möglich, wenn auch praktisch selten, sind Befristungen der Art, dass es nicht auf die Inanspruchnahme der Garantie innerhalb der Frist ankommen soll, sondern auf den Eintritt des Garantiefalles 350. Da die Inanspruchnahmeerklärung zu ihrer Wirksamkeit des Zuganges bedarf (§ 862 a ABGB), ist die Frist nur gewahrt, wenn die Inanspruchnahme dem Garanten vor deren Ablauf zugeht 351. In manchen Garantieverträgen findet sich allerdings auch die Regelung, dass die Frist gewahrt ist, wenn die Aufforderung am letzten Tag zur Post gegeben wurde. Kommt es auf den Zugang an, so ist einerseits § 903 Satz 3 ABGB zu berücksichtigen, wonach der nächstfolgende Werktag maßgebend ist, wenn der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag oder anerkannten Feiertag fällt; anderseits ist zu 344 345
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So auch Rummel, Ostheim-FS 224. OGH in ÖBA 1996, 474 mit Anm von Koziol = ecolex 1996, 447 mit Anm von G. Wilhelm; im zu entscheidenden Fall sollte die schriftliche Anforderung das Amtssiegel einer Landesregierung tragen und dadurch eine größere Sicherheit bieten. Rechtsgeschäft 257, 259; ihm folgend Reinicke, Rechtsfolgen 155 f. Dazu näher H. Böhm, AcP 179, 425; Rummel, Probleme der gewillkürten Schriftform, JBl 1980, 237 ff. Vgl OGH in NZ 1974, 77. Zu beachten ist, dass nach dem Recht mancher Staaten die Beisetzung eines Endtermins nicht oder nur mit gewissen Einschränkungen zulässig ist, siehe Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 17. Canaris, BVR3 Rz 1126; Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 177; Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 17; OGH in ÖBA 1989, 1026. Vgl Canaris, BVR3 Rz 1126; Käser in Bergström/Schultsz/Käser, Garantieverträge im Handelsverkehr (1972) 39; Kleiner, Bankgarantie 153: OGH in ÖBA 1989, 1026. Koziol, Garantievertrag 47; OGH in ÖBA 1987, 263.
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beachten, dass der Zugang nur innerhalb der Geschäftszeiten erfolgen kann352. Rechtzeitig ist die Inanspruchnahme ferner nur, wenn sie der in der Garantie bezeichneten Bankfiliale oder Zweigniederlassung innerhalb der Frist zugegangen ist (siehe oben Rz 3/82); nur diese hat regelmäßig die Unterlagen, die für die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Inanspruchnahme erforderlich sind. Hat eine unzuständige Filiale die Abruferklärung des Begünstigten nicht zurückgewiesen sondern entgegengenommen, so trifft sie die Pflicht, die Erklärung mit der notwendigen Eile an die zuständige Filiale weiterzuleiten353. Ist ihr dies innerhalb der Garantiefrist nicht mehr möglich, hätte der Begünstigte jedoch noch einen fristgerechten Zugang bewirken können, wenn er auf die Unzuständigkeit der Filiale hingewiesen worden wäre, so kann die Bank schadenersatzpflichtig werden. Dabei ist allerdings ein Mitverschulden des Begünstigten (§ 1304 ABGB) zu berücksichtigen. Die Frist für die Inanspruchnahme kann ausdrücklich oder konkludent erstreckt werden; bei Vergleichsverhandlungen – etwa über die von der Bank eingewandten Gegenforderungen – kann es auch zu einer Hemmung des Ablaufes der Frist kommen354. Fraglich ist, ob § 862a Satz 2 ABGB auch bei der Inanspruchnahme gilt. Nach 3/93 dieser Bestimmung kommt ein Vertrag trotz verspäteter Annahme zustande, wenn der Antragsteller erkennen musste, dass die Annahmeerklärung rechtzeitig abgesendet wurde, und er gleichwohl seinen Rücktritt dem anderen nicht unverzüglich anzeigt. Diese für den Vertragsabschluss geltende Regel ist unmittelbar anwendbar, wenn die Inanspruchnahme als Annahme der Offerte anzusehen ist und der Garantievertrag erst hiedurch zustande kommt (dazu Rz 3/72). Ist der Vertrag hingegen schon vorher abgeschlossen worden, so ist die Inanspruchnahme eine einseitige Gestaltungserklärung, auf die § 862a ABGB dem Wortlaut nach nicht unmittelbar anwendbar ist. Diese Bestimmung ist aber so wie andere Regeln für Verträge sinngemäß bei einseitigen Rechtsgeschäften heranzuziehen. Dafür spricht, dass dem Oblaten mit dem Angebot die Möglichkeit eingeräumt wird, durch seine Erklärung Rechtsfolgen, nämlich den Vertragsabschluss herbeizuführen und daher in der Sache kaum ein Unterschied zur Ausübung anderer Gestaltungsbefugnisse, wie vor allem auch der Inanspruchnahme der Garantie, besteht. Es ist daher anzunehmen, dass § 862a ABGB ganz allgemein das Vertrauen desjenigen, der wegen seiner zeitgerechten Absendung mit dem Eintritt der angestrebten Rechtsfolgen rechnen darf, schützen will. Im hier zu erörternden Zusammenhang spricht für die Gleichbehandlung noch, dass häufig kaum feststellbar sein dürfte, ob die Inanspruchnahme als Annahmeerklärung der Offerte zu werten ist oder nicht. 352 353
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Vgl Bollenberger in KBB2 § 903 Rz 1. So auch von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 177. Zu den Schutzpflichten siehe auch gleich anschließend Rz 3/94. So Rummel in seiner Anm zu OGH 6 Ob 668/94 in ÖBA 1995, 810; der OGH hatte bloß darauf hingewiesen, dass der von der Bank erhobene Einwand „Treu und Glauben“ widersprochen habe.
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Ob die Inanspruchnahme rechtzeitig abgesandt wurde, richtet sich auch nach der gewählten Beförderungsart, also etwa danach, ob der normale Postweg oder ein Kurierdienst gewählt wurde. Was der Bank erkennbar sein muss, kann allerdings strittig sein, so dass zu empfehlen ist, das verspätete Einlangen der Inanspruchnahme und die Nichthonorierung der Garantie stets dann unverzüglich, ohne eine Weisung des Garantieauftraggebers abzuwarten, anzuzeigen, wenn die verspätete Absendung nicht völlig außer Zweifel steht. Es genügt, wenn die Bank wegen des verspäteten Einlangens die Zahlungsverweigerung erklärt. 6. Beanstandung mangelhafter Inanspruchnahme und Fristerstreckung 3/94
Es wird angenommen, dass die Bank verpflichtet ist, dem Begünstigten umgehend die Beanstandung einer fehlerhaften Inanspruchnahme mitzuteilen355. Dadurch soll der Begünstigte in die Lage versetzt werden, noch vor Ablauf des Verfalldatums den Mangel zu heilen. Die Existenz dieser Pflicht kann daraus abgeleitet werden, dass zwischen Garant und Begünstigtem ein Schuldverhältnis besteht und jeden Teil gegenüber dem anderen Schutz- und Sorgfaltspflichten treffen356. Die schuldhafte Verletzung357 dieser Beanstandungspflicht macht die Bank schadenersatzpflichtig. Der zu ersetzende Schaden kann der Garantiesumme entsprechen, wenn bei umgehender Mitteilung der Begünstigte noch die Möglichkeit gehabt hätte, die Garantie ordnungsgemäß und rechtzeitig in Anspruch zu nehmen. Es ist allerdings das Mitverschulden (§ 1304 ABGB) des Begünstigten zu berücksichtigen, wenn er in sorgloser Weise versäumte, die vorgesehene Form einzuhalten358. Canaris 359 meint ferner, dass die Bank dann, wenn der Begünstigte innerhalb der Frist die Inanspruchnahme vorgenommen hat, die Bank diese jedoch nicht als vertragskonform ansieht, dem Begünstigten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Nachfrist zur Behandlung des Falles zugestehen müsse. Für diese Auffassung spricht, dass die Befristung der Garantie vor allem den Zweck hat, dem Garanten Klarheit darüber zu verschaffen, ob die Garantie in Anspruch genommen wird oder nicht. Selbst wenn die Inanspruchnahme nicht formgerecht und daher unwirksam ist, hat der Begünstigte immerhin seinen Willen mitgeteilt, die Garantie in Anspruch zu nehmen. Der OGH ist dieser Meinung nicht gefolgt360. Für den Standpunkt des Höchst355
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OGH in ÖBA 1996, 474 mit Anm von Koziol = ecolex 1996, 447 mit Anm von G. Wilhelm; 2 Ob 339/99p in ÖBA 2001, 402 mit Anm von Rummel = SZ 73/24; 1 Ob 160/02i in ÖBA 2003, 541; Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 201. Vgl OGH 1 Ob 44/07p in ÖBA 2008, 434. Die Beweislast trifft gemäß § 1298 ABGB den Garanten: OGH in ÖBA 1996, 474 mit Anm von Koziol = ecolex 1996, 447 mit Anm von G. Wilhelm; ÖBA 2001, 402 mit Anm von Rummel. Siehe OGH in ÖBA 1996, 474 mit Anm von Koziol = ecolex 1996, 447 mit Anm von G. Wilhelm. BVR3 Rz 1127. Ihm folgend Koziol, ÖBA 1990, 639 und wohl auch Rummel, ÖBA 1989, 160; dagegen aber etwa Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 179. ÖBA 2001, 402 mit Anm von Rummel.
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gerichts spricht, dass Unklarheiten über die Dauer der zu gewährenden Nachfrist entstehen können und überdies der Garantieauftraggeber ein Interesse daran hat, über den Haftungskredit möglichst rasch wieder disponieren zu können. Rummel 361 hat in Reaktion auf die OGH-Entscheidung folgende, vom Grundgedanken her überzeugende Differenzierung vorgeschlagen: Wenn der Mangel derart ist, dass die Bank an ihrer Zahlungspflicht mit Recht zweifeln durfte, kann der Mangel nur innerhalb der Garantiefrist verbessert werden; sonst362 reicht unverzügliche Verbesserung nach der geschuldeten Rückfrage der Bank.
E. Einwendungen des Garanten 1. Der Grundsatz des Einwendungsausschlusses Aus der Abstraktheit der Bankgarantie ergibt sich zunächst, dass sie unab- 3/95 hängig von irgendeinem Grundverhältnis zwischen Garant und Begünstigtem ist363. Einwendungen aus einem Kausalverhältnis zwischen den Partnern des Garantievertrages kommen somit regelmäßig nicht in Betracht. Bankgarantien sind jedoch auch insofern abstrakt, als sie von den ihnen zugrundeliegenden und sie wirtschaftlich erklärenden Grundverhältnissen zwischen Garant und Drittem sowie zwischen Drittem und Begünstigtem losgelöst sind364. Nur durch den dadurch bewirkten Ausschluss der Einwendungen sowohl aus dem Deckungsverhältnis als auch aus dem Valutaverhältnis ist die Bankgarantie in der Lage, ihre Aufgabe zu erfüllen: Sie soll dem Begünstigten eine sichere, durch Einwendungen nicht verzögerte Auszahlung gewährleisten365, damit finanzielle Belastungen durch oft langwierige Streitigkeiten über das Bestehen und den Umfang der Zahlungspflicht vermieden werden. Die Garantie hat somit den Zweck, dem Begünstigten jedenfalls die Zahlung zu verschaffen, Streitigkeiten erst danach abzuwickeln 366 und den Begünstigten in die für ihn vorteilhaftere Position des Beklagten zu versetzen. Damit ist sie auch geeignet, ein Bardepot zu ersetzen (Rz 3/8)367. Es bleibt den Parteien aber unbenommen, so wie bei der titulierten Anweisung durch „Effektivklauseln“ eine abweichende Regelung der Ein361 362
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In seiner Glosse zu dieser E, ÖBA 2001, 405. Etwa dann, wenn die selbstverständliche und in der Sache funktionslose Floskel, der Garantiefall sei eingetreten, nicht verwendet wurde. Hiezu Koziol, Garantievertrag 31 ff; OGH in SZ 54/189; ÖBA 1988, 606 = SZ 61/63. Canaris, BVR3 Rz 1134. Vgl auch OGH in SZ 48/130; SZ 50/32; 5 Ob 540/93 in ÖBA 1994, 320 = SZ 66/140; 6 Ob 293/97z in ÖBA 1998, 876 mit Anm von Riedler; 2 Ob 252/98t in ÖBA 1999, 558 = ecolex 1999, 320 mit Anm von G. Wilhelm; 8 Ob 74/ 99m in ÖBA 2000, 328; 7 Ob 311/99g in ÖBA 2000, 1099 mit Anm von B. Koch; 1 Ob 66/04v in ÖBA 2005, 134; ferner Büsser, Einreden 187 ff. Vgl OGH in SZ 48/130. So auch OGH in SZ 54/189; RdW 1986, 340; ÖBA 1987, 836 = SZ 60/121; SZ 61/63; ÖBA 1998, 876 mit Anm von Riedler. Siehe Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/1 f, 92; Eberl, Bankgarantie 15; OGH in ÖBA 1987, 498.
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Die Bankgarantie
wendungsmöglichkeit in den Garantievertrag aufzunehmen368. Die Einwendungen ergeben sich dann aus dem Inhalt der Garantie (vgl § 1402 ABGB für die Anweisung). Werden dem Garanten auch Einreden aus dem Grundverhältnis zwischen Drittem und Begünstigtem eingeräumt, so entstehen Zwischenstufen zwischen der selbständigen Garantie und der akzessorischen Bürgschaft369. Wird jedoch vorgesehen, dass sämtliche Einwendungen aus dem Valutaverhältnis geltend gemacht werden können, so liegt keine Garantie, sondern eine akzessorische Bürgschaft vor. Wenn auch grundsätzlich ohne Vereinbarung keine Einwendungen erhoben werden können, so ist dennoch zu prüfen, ob nicht von der Bank bestimmte Einwendungen, die sich aus der Beziehung zum Begünstigten ergeben, geltend gemacht werden können370. Für eine derartige Möglichkeit spricht schon § 937 ABGB, der den Ausschluss jeglicher Einreden für unzulässig erklärt. 2. Zulässige Einwendungen aus dem Verhältnis zwischen Garant und Begünstigtem a) Die Ungültigkeit des Garantievertrages 3/96
Da die Bank nur auf Grund eines gültigen Vertrages zur Zahlung verpflichtet sein kann, steht ihr jedenfalls der Einwand der Ungültigkeit des Garantievertrages offen371. Eine allgemeine, unbestimmte Verzichtleistung auf diesen Einwand wäre wirkungslos (§ 937 ABGB). Die Ungültigkeit der Garantie kann sich zunächst einmal daraus ergeben, dass die allgemeinen rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Vertrages nicht gegeben sind: Wegen eines versteckten Dissenses lag in Wahrheit keine Einigung vor; der Vertreter der Bank besaß keine ausreichende Vollmacht. Die Garantie kann ferner wegen des Verstoßes gegen die guten Sitten oder ein gesetzliches Verbot nichtig sein (§ 879 ABGB)372. Bei internationalen Garantien könnte – wenn auch heute nur mehr 368
369 370 371
372
Canaris, BVR3 Rz 1135 iVm 1008; Schinnerer/Avancini II 312; OGH in SZ 54/189; ÖBA 1987, 500 mit Anm von Dullinger/Rummel; 1 Ob 529/93 in ÖBA 1993, 985; 6 Ob 105/05t in ÖBA 2006, 141. So auch OGH in ÖBA 1993, 985. Vgl dazu Zobl in Wiegand, Personalsicherheiten 41 f. Canaris, BVR3 Rz 1135; Schinnerer/Avancini II 314; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/124. Kriegner, Vorleistungspflicht und abstrakte Bankgarantie im Bauvertragsrecht gegenüber Verbrauchern, RdW 2006, 264, macht mit beachtenswerten Argumenten darauf aufmerksam, dass die Verpflichtung des Verbrauchers, eine abstrakte Garantie zu bestellen, gegen § 6 Abs 1 Z 6 KSchG verstoßen kann, da die Bestellung der Garantie zu einer Einschränkung des Zurückbehaltungsrechtes führt; er sieht daher derartige Garantien als nichtig an. Vgl BGH in ZIP 2002, 1198, der bei formularmäßiger Übernahme einer Bürgschaft auf erste Anforderung wegen der Möglichkeit einer Zahlungspflicht ohne Eintritt des Sicherungsfalles eine unangemessene Benachteiligung (§ 307 BGB) als gegeben ansieht; dazu Fischer, Schutz vor missbräuchlicher Nutzung der Bürgschaft auf erstes Anfordern, WM 2005, 532ff; Kreft,
Das Rechtsverhältnis zwischen der garantierenden Bank und dem Begünstigten
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in seltenen Fällen – der Verstoß gegen devisenrechtliche Bestimmungen bedeutsam sein373. Es kann aber auch die Unwirksamkeit des Valutaverhältnisses den Garantievertrag erfassen: Verbietet eine Norm eine Leistung, so ergibt sich häufig aus ihrem Sinn und Zweck, dass diese nicht über den Umweg einer Garantie doch erbracht werden darf374. So kann zB die Lieferung von Suchtgift oder die Abwicklung eines verbotenen Waffengeschäftes nicht durch eine Erfüllungsgarantie gesichert werden. Die Ungültigkeit der Garantie kann sich schließlich aus dem Nichteintritt einer aufschiebenden Bedingung ergeben375. Bei Anzahlungsgarantien kann zB die Wirksamkeit der Garantie von der tatsächlichen Erbringung der Anzahlung durch den Begünstigten auf ein bestimmtes Konto abhängig gemacht werden376. Die Bank kann durch Klage oder Einrede auch die Anfechtung der Garantie 3/97 wegen Irrtums geltend machen. In Betracht kommt insbesondere ein Erklärungsirrtum (§ 871 ABGB) oder ein vom Begünstigten durch List herbeigeführter Irrtum (§ 870 ABGB); in letzterem Fall kann auch ein Motivirrtum geltend gemacht werden. Das ist deshalb bedeutsam, weil insbesondere der Irrtum über die Gültigkeit des Grundgeschäftes zwischen Drittem und Begünstigtem, aber auch über die Gültigkeit des Auftragsverhältnisses zwischen Garant und Drittem und über die Vermögenslage des Auftraggebers Motivirrtümer sind, da deren Gültigkeit und die Zahlungsfähigkeit des Partners nicht Inhalt des Garantievertrages sind und somit nicht gemäß § 871 ABGB geltend gemacht werden können. Hat der Dritte, also der Auftraggeber, die garantierende Bank listig über die Gültigkeit des Grundgeschäftes in Irrtum geführt, so kommt eine Anfechtung wegen List nur dann in Betracht, wenn der Begünstigte an der Irreführung teilnahm oder von ihr offenbar wissen musste (§ 875 ABGB)377. b) Mangelhafte Inanspruchnahme Dem Garanten steht auch der Einwand offen, dass die Garantie nicht ord- 3/98 nungsgemäß in Anspruch genommen wurde378: Ohne wirksame Inanspruchnahme besteht keine Zahlungspflicht.
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375 376 377
378
in Hadding/Nobbe, Bankrecht 2000 (2000) 121, 127, 130f; Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 6; Schmitz/Wassermann/Nobbe in BankR-HB § 92 Rz 12; von Westphalen, Ist das rechtliche Schicksal der auf „erstes Anfordern“ zahlbar gestellten Bankgarantie besiegelt? BB 2003, 116. Siehe für die Schweiz Büsser, Einreden 306 ff. Siehe Büsser, Einreden 312 ff; Canaris, ÖBA 1987, 774 f; Koziol, Garantievertrag 55; Liesecke, WM 1968, 22; Schinnerer/Avancini II 291 f, 314, 317 f; Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 9/125. Vgl OGH 5 Ob 56/97i in ÖBA 1998, 225 mit Anm von Apathy = SZ 70/177. Dazu OGH in ÖBA 1989, 814 mit Anm von Rummel, und oben Rz 3/88. Näheres bei Iro, Versuch eines harmonischen Verständnisses der Bestimmungen über Willensmängel bei Verkehrsgeschäften, JBl 1974, 225. Zur Inanspruchnahme Rz 3/81 ff.
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Die Bankgarantie
c) Garantiefall 3/99
Die Bank garantiert dem Begünstigten den Erhalt einer bestimmten Leistung eines Dritten; materiell ist insofern die Nichterlangung dieser Leistung der Garantiefall379. Doch dieser ist nicht Inhalt des Garantievertrages: Hat die Bank schlechthin auf erste Anforderung und unter Verzicht auf Einreden zu zahlen, so ist ihr die Berufung darauf, dass der garantierte Erfolg ohnehin eingetreten sei, grundsätzlich entzogen. Die Verpflichtung, Zahlung zu leisten, entsteht allein durch die Inanspruchnahme, so dass nach dem Garantievertrag diese den formellen Garantiefall darstellt380. Der Einwand, dass der zu sichernde Erfolg ohnehin eingetreten sei, ist daher bei derartigen Garantien kein Einwand aus dem Inhalt des Garantievertrages und damit kein Einwand aus dem Verhältnis des Garanten zum Begünstigten, sondern – abgesehen vom Fall des Rechtsmissbrauchs – eine grundsätzlich unzulässige Einwendung aus dem Valutaverhältnis381. Garant und Begünstigter könnten allerdings vereinbaren, dass der Garant zwar auf erste Anforderung zu zahlen hat und daher nicht den Einwand erheben kann, der garantierte Erfolg sei schon eingetreten, ihm jedoch die Rückforderung für diesen Fall eingeräumt wird; damit wird eine Annäherung an die Bürgschaft auf erste Anforderung erzielt (siehe oben Rz 3/7 sowie 3/41).
3/100
Zur möglichsten Vermeidung eines Auseinanderfallens von formellem und materiellem Garantiefall wird jedoch in den Garantien häufig vorgesehen, dass der Begünstigte zumindest erklären muss, dass er die erwartete Leistung nicht erhalten habe, oder es müssen bestimmte Dokumente vorgelegt werden. Sind dies – wie üblich – schon Voraussetzungen für die wirksame Inanspruchnahme (vgl Rz 3/84, 87), so kann bei deren Fehlen schon die Mangelhaftigkeit der Inanspruchnahme der Garantie eingewendet werden. In der Garantie kann durch „Effektivklauseln“ auch in noch weitergehendem Maß der tatsächliche Nichteintritt des Erfolges für bedeutsam erklärt und dem Garanten der Einwand eingeräumt werden, dass der Erfolg ohnehin eingetreten sei382. Dadurch wird zwar häufig die Auszahlung des Garantiebetrages verzögert, doch hat auch eine solche Garantie noch wesentliche Vorteile für den Begünstigten: Stets wenn der Dritte ihm nicht geleistet hat, kann er den Garanten in Anspruch nehmen, also selbst dann, wenn sein Schuldverhältnis mit dem Dritten ungültig oder einredebehaftet sein könnte383. Unklar ist die Vereinbarung, dass der Garant zur „Zahlung auf erstes Anfordern, falls der Schaden eintritt“ verpflichtet ist. Während die Formel „auf erstes Anfordern“ dafür spricht, dass keine Prüfung der materiellen Berechtigung des Begünstigten vorzunehmen ist, kann die Klausel „falls der 379 380 381 382 383
Dazu Büsser, Einreden 406 ff. Ebenso OGH 4 Ob 2330/96t in ÖBA 1997, 482; Canaris, ZIP 1998, 493. Zu diesem Einwand Rz 3/105. So auch OGH 8 Ob 190/98v in ÖBA 2000, 322 mit Anm von Rummel. Von der Bürgschaft unterscheidet sich diese Garantie dadurch, dass der Garant zahlen muss, falls der Begünstigte nicht die Leistung erhält, während der Bürge nur verpflichtet ist, das zu zahlen, was der Dritte leisten müsste.
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Schaden eintritt“ nur Bedeutung erlangen, wenn eine Überprüfung möglich ist. Es ist wohl davon auszugehen, dass die Auszahlung an den tatsächlichen Eintritt des Schadens gebunden ist; im Übrigen aber auf erste Anforderung zu zahlen ist, also Einwendungen aus dem Grundverhältnis unzulässig sind384. d) Zug-um-Zug-Einrede Hat der Garant nach dem Inhalt des Garantievertrages nur gegen Herausgabe 3/101 bestimmter Dokumente, Rückgabe der Garantieurkunde, Abtretung von Ansprüchen usw zu zahlen, oder stehen ihm sonstige Gegenansprüche zu, so muss er nur Zug um Zug gegen Erbringung dieser Leistung den Garantiebetrag auszahlen385. e) Aufrechnungseinrede Stehen dem Garanten eigene Forderungen gegen den Begünstigten zu, so 3/102 kann er die Aufrechnungseinrede erheben386. Die Aufrechnung ist eine gesetzlich zulässige Form der Befriedigung des Gläubigers (§ 1438 ABGB). Aus Sinn und Zweck der Garantie, dem Begünstigten rasch und ohne langwierigen Streit das Geld zu verschaffen, und aus ihrer Unabhängigkeit vom Valutaverhältnis ist aber abzuleiten, dass der Garant Gegenforderungen des Dritten aus diesem Verhältnis387 selbst dann nicht einredeweise geltend machen kann, wenn der Dritte ihm diese Ansprüche übertragen hat388. Die Aufrechnung ist allerdings unzulässig, wenn der Garant auf sie verzichtet hat. Ein solcher Verzicht liegt auch dann vor, wenn nicht bloß auf die Einwendungen aus dem Valutaverhältnis, sondern auf alle Einwendungen und Einreden verzichtet wird389. Der vertragliche Ausschluss der Aufrechnung ist grundsätzlich zulässig390, ausgenommen allerdings für den Fall, dass der Begünstigte zahlungsunfähig ist und daher die Gegenforderung des Garanten nicht mehr zu befriedigen vermag391. 384
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So Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 10; ihm folgend Koziol, Garantievertrag 57. Abweichend Auhagen, Garantie 54 ff. OGH 3 Ob 291/04x in ÖBA 2005, 649. Vgl auch 7 Ob 260/99g in ÖBA 2000, 701. Canaris, BVR3 Rz 1135; OGH 2 Ob 252/98t in ÖBA 1999, 558 = ecolex 1999, 320 mit Anm von G. Wilhelm; 8 Ob 74/99m in ÖBA 2000, 328. Dagegen Liesecke, WM 1968, 27. Sonstige Gegenforderungen des Dritten kann die Bank als Zessionarin hingegen geltend machen, es sei denn, zwischen Begünstigtem und Drittem bestand ein Aufrechnungsverbot. Siehe von Caemmerer, Riese-FS 295; Canaris, BVR3 Rz 1137; Koziol, Garantievertrag 58; OGH 1 Ob 525/91 in ÖBA 1991, 822 mit zustimmender Anm von P. Bydlinski = ecolex 1991, 530 mit verfehlter Kritik von G. Wilhelm. So Schinnerer/Avancini II 316; ihnen folgend Koziol, Garantievertrag 58, und OGH in EvBl 1970, 209; ÖBA 2000, 328. Koziol, Garantievertrag 58; OGH in ÖBA 1986, 641 = wbl 1987, 11 mit verfehlter Anm von G. Wilhelm; ÖBA 2000, 328. Vgl auch OGH in JBl 1978, 266. Siehe OGH in EvBl 1981/5; ÖBA 1986, 641.
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Die Bankgarantie
Zur Voraussetzung der liquiden Beweisbarkeit der Gegenforderungen siehe unten Rz 3/109. f) Der Einwand des Eigenverschuldens des Begünstigten 3/103
Der Einwand des Selbstverschuldens des Begünstigten wäre dann zulässig, wenn dieser dem Garanten gegenüber zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet war, dieses schuldhaft nicht gesetzt hat und dadurch den Eintritt des Garantiefalles herbeiführte. Hat der Begünstigte jedoch nur eine Leistungsstörung im Valutaverhältnis verschuldet und dadurch die Nichterbringung der erwarteten Leistung des Dritten bewirkt, so kann dies nicht eingewendet werden, weil sonst die Möglichkeit eröffnet würde, alle schuldhaften Leistungsstörungen aus dem Grundverhältnis einzuwenden, und dies der Loslösung von den Grundverhältnissen widerspräche392. g) Der Einwand der schlechten Vermögensverhältnisse
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Die Abstraktheit der Garantie dient der Verwirklichung des Zieles, dass zuerst zu zahlen und dann erst zu streiten ist. Die Zahlung393 führt damit aber in den Fällen, in denen sich nachträglich herausstellt, dass der Begünstigte in Wahrheit materiell keinen Anspruch hatte und ihn Rückabwicklungspflichten treffen, zu denselben Risken wie eine Vorleistung. Es scheint daher gerechtfertigt, hier § 1052 ABGB analog anzuwenden; dies umso mehr als es anerkannt ist (Bd II1 Rz 1/19), dass für Kreditauszahlungen, die ebenfalls keine Vorleistung sind, diese Bestimmung entsprechend zu gelten hat. Es ist allerdings zu bedenken, dass die Auszahlung der Garantiesumme nur dann ein der Vorleistung vergleichbares Risiko in sich birgt, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Inanspruchnahme der Garantie materiell unberechtigt ist und der Begünstigte daher zur Rückzahlung verpflichtet sein wird. Diese Voraussetzung müsste der Garant nachweisen. Ferner ist zu beachten, dass die Zahlung des Garanten wirtschaftlich letztlich den Auftraggeber trifft, was dafür spricht, dass es für die Geltendmachung der Vermögensverschlechterung auf dessen Kenntnis bzw Kennenmüssen der Vermögensverhältnisse ankommt. Die Bank hat jedoch auf Grund der auftragsrechtlichen Schutz- und Sorgfaltspflichten ihre einschlägigen Kenntnisse dem Auftraggeber mitzuteilen. Besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass der Begünstigte materiell nicht berechtigt ist, und waren dessen schlechte Vermögensverhältnisse bei Abschluss des Garantievertrages nicht erkennbar, so kann der Garant entsprechend § 1052 ABGB die Auszahlung der Garantiesumme bis zur Sicherstellung der Rückzahlung oder „der Bewirkung der Gegenleistung“ zurückhal392
393
Koziol, Garantievertrag 60 f. AA Schinnerer/Avancini II 317; vgl auch Stölzle, AnwBl 1978, 103; OGH in SZ 26/81. Die Bestellung der Garantie ist jedenfalls als vom Garantieauftraggeber bei Vertragsabschluss zu erbringende Vorleistung anzusehen, siehe oben Rz 3/52.
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ten, und er ist dem Auftraggeber gegenüber dazu auch verpflichtet, wenn die Geltendmachung ihm auf Grund der Erfolgschancen zumutbar ist. Eine Bewirkung der Gegenleistung im Sinne des § 1052 ABGB ist hier anzunehmen, wenn der Begünstigte das Vorleistungsrisiko durch den Nachweis seiner materiellen Berechtigung beseitigt. War der Begünstigte schon im Zeitpunkt der Hinauslegung der Garantie nicht bloß in schlechten Vermögensverhältnissen, sondern zahlungsunfähig, so kann der Garant sogar den Vertrag wegen Irrtums (§ 871 ABGB) anfechten (dazu Bd II1 Rz 1/200). 3. Zulässige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis a) Die Einwendungsmöglichkeiten im Allgemeinen Aus der Abstraktheit der Bankgarantie ergibt sich, dass dem Garanten keine 3/105 Einwendungen aus dem Valutaverhältnis offenstehen394. Die Wirksamkeit des Ausschlusses von Einwendungen unterliegt allerdings einer grundsätzlichen Begrenzung: Der Einwand des Rechtsmissbrauches kann nicht abbedungen werden; darauf ist sogleich näher einzugehen. Ferner muss die Abwägung zwischen den Interessen des Begünstigten, möglichst rasch Zahlung zu erhalten, sowie die Streitigkeiten erst nachher auszutragen, und dem Interesse des Garanten und auch des Dritten, dass die Garantie nicht materiell unberechtigt in Anspruch genommen wird, zu Ungunsten des Begünstigten ausschlagen, wenn er das Grundgeschäft mit dem Dritten arglistig oder durch Drohung herbeigeführt hat und das Geschäft daher nach § 870 ABGB anfechtbar ist. Hier besteht zwar die Verpflichtung des Dritten noch bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtung395, aber die Anfechtungsmöglichkeit und die Rückwirkung der Anfechtung muss dem Begünstigten bekannt sein und er ist auch wegen seines verwerflichen Verhaltens nicht schutzwürdig. Der Garant kann deshalb dem Begünstigten auch die arglistige Irreführung oder rechtswidrige Bedrohung des Dritten einwenden396. In derartigen Fällen wird allerdings regelmäßig auch eine listige Irreführung des Garanten über die – unanfechtbare – Gültigkeit des Valutaverhältnisses vorliegen, so dass der Garantievertrag selbst der Anfechtung nach § 870 ABGB unterliegt (vgl Rz 3/97). Ist das Grundgeschäft sittenwidrig oder gesetzwidrig, so kann sich aus dem Verbotszweck ergeben, dass auch der Garantievertrag ungültig sein soll. Dann steht dem Garanten ein Einwand aus seinem eigenen Verhältnis zum Begünstigten offen (oben Rz 3/96). Weitergehende Möglichkeiten, Einwendungen aus dem Grundverhältnis zu erheben, können selbstverständlich im Garantievertrag ausbedungen werden (Rz 3/95, 100). Typischerweise findet sich bei Anzahlungsgarantien 394
395 396
Vgl etwa aus neuerer Zeit OGH 5 Ob 540/93 in ÖBA 1994, 320 = SZ 66/140; 6 Ob 293/97z in ÖBA 1998, 876 mit Anm von Riedler. Zur Notwendigkeit gerichtlicher Geltendmachung siehe OGH in JBl 1982, 36 mwN. So für das Akkreditiv Borggrefe, Akkreditiv und Grundverhältnis (1971) 37 f.
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eine Abhängigkeit vom Valutaverhältnis: Wird die „Rückzahlung der Anzahlung“ garantiert, so kann der Garant die Zahlung mit der Begründung verweigern, dass der Begünstigte die Anzahlung überhaupt nicht geleistet hat397. b) Der Einwand des Rechtsmissbrauchs 3/106
Es ist heute allgemein anerkannt, dass dem Begünstigten vom Garanten trotz der Abstraktheit der Garantie der Einwand des Rechtsmissbrauchs398 entgegengehalten werden kann399. Bei der Gewährung des Einwandes wird allerdings in den konkreten Fällen zu Recht Zurückhaltung geübt: Der mit der Abstraktheit der Garantie verfolgte Zweck, dass zuerst zu zahlen und dann erst zu streiten ist, würde sonst wieder vereitelt werden400. Überdies ist zu bedenken, dass der Garant und sein Auftraggeber ganz bewusst dem Begünstigten eine abstrakte Sicherheit einräumen und die damit verbundenen Risken eingehen. Die Antwort auf die Frage, wann der Einwand einer rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme erhoben werden kann, ist entsprechend den Grundsätzen des § 1295 Abs 2 ABGB zu geben401. Diese Bestimmung findet sich zwar im Schadenersatzrecht, doch ist sie ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Gewinnung eines allgemeinen Prinzips402. § 1295 Abs 2 ABGB knüpft Schadenersatzpflichten an die absichtliche, sittenwidrige Schadenszufügung und fährt dann einschränkend fort: „Jedoch falls dies in Ausübung eines Rechtes geschah, nur dann, wenn die Ausübung des Rechtes offenbar den Zweck hatte, den anderen zu schädigen.“ Der Rechtsmissbrauch setzt danach nicht voraus, dass nur die Schädigung bezweckt wird, und erfasst daher nicht bloß das schikanöse Verhalten im engeren Sinn403. Entscheidend ist vielmehr, dass zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des 397 398 399
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Dazu Rz 3/88 und Koziol, Garantievertrag 59 f. Zu diesem allgemein Mader, Rechtsmissbrauch; derselbe, JBl 1998, 682. OGH in SZ 50/66; EvBl 1982/23; SZ 54/189; JBl 1985, 425; 8 Ob 645/91 in ÖBA 1992, 573 mit Anm von Koziol; 4 Ob 2330/96t in ÖBA 1997, 482; ÖBA 1998, 876 mit Anm von Riedler; 9 Ob 319/99y in ÖBA 2000, 703; Canaris, BVR3 Rz 1138; Kleiner, Bankgarantie 204 ff; Koziol, Garantievertrag 56, 58; vgl auch Löw, Missbrauch von Bankgarantien und vorläufiger Rechtsschutz (2002); Rummel in Rummel, ABGB3 § 880a Rz 5. Ablehnend Weth, AcP 189 (1989) 340 f; gegen dessen Thesen treffend P. Bydlinski, AcP 190 (1990) 173. Hiezu Canaris, ÖBA 1987, 776 f. Vgl auch OGH in SZ 54/189; ÖBA 1997, 482; 9 Ob 265/99g in ÖBA 2000, 704. Dies betonen Rummel in Rummel, ABGB3 § 880a Rz 5; Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1295 Rz 89 ff; OGH in ÖBA 1992, 573 mit Anm von Koziol. F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff2 (1991) 496 f ; MayerMaly/Böhm, Die Behandlung des Rechtsmißbrauchs im österreichischen Privatrecht, in Rotondi, Inchieste de Diritto Comperato VII (1979) 228f. Siehe dazu Bydlinski, Methodenlehre 497; Koziol, HaftpflichtR II 99. Ebenso im Ergebnis Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1295 Rz 62; Mayer-Maly/Böhm, Rotondi 232 f, die im Anschluss an die Materialien einen weiteren Schikanebegriff verwenden.
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Anderen404 ein ganz krasses Missverhältnis besteht405. Bedeutsam für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs bei Inanspruchnahme der Garantie406 sind vor allem407 die Absicht408, etwas zu begehren, was nicht gebührt409 und daher sofort wieder zurückzuerstatten ist, der Abruf zu einem anderen Sicherungszweck als dem im Kausalverhältnis begründeten410 und die Gefahr eines Schadenseintritts411. Uneinigkeit besteht bei der Beantwortung der Frage, ob der Abruf einer Garantie schon allein412 deswegen rechtsmissbräuchlich ist, weil er vor Fälligkeit des Anspruchs aus dem Grundverhältnis erfolgt. Der OGH413 sprach sich gegen die Sittenwidrigkeit aus, und zwar unter Berufung auf § 1434 Satz 2 404
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Der Rechtsmissbrauch ist bei der Inanspruchnahme einer Garantie zu bejahen, obwohl letztlich nicht die Bank, der gegenüber das Recht ausgeübt wird, sondern der Auftraggeber geschädigt werden soll; vgl OGH in JBl 1969, 89; Koziol, HaftpflichtR II 99. So nun auch der OGH in JBl 1990, 248; 4 Ob 506/91 in JBl 1991, 518; 7 Ob 563, 564/91 in ÖBA 1992, 167; 8 Ob 645/91 in ÖBA 1992, 573 mit Anm von Koziol = ÖZW 1992, 92 mit Anm von Lindinger; ÖBA 1997, 482; ÖBA 2000, 704; 7 Ob 109/01g in ÖBA 2002, 58. Vgl ferner JBl 1969, 89; wbl 1987, 37. Maßgebend für die Beurteilung des Verhaltens als rechtsmissbräuchlich ist vielfach der Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Garantie, doch kann auch das Beharren auf der Garantieauszahlung rechtsmissbräuchlich sein, wenn dem Begünstigten völlig eindeutig nachgewiesen wird, dass ihm aus dem Grundverhältnis kein Anspruch zusteht; siehe OGH in ÖBA 1994, 320 = SZ 66/140; vgl ferner ÖBA 2002, 58; 2 Ob 233/01f in ÖBA 2003, 956. In 7 Ob 145/97t in ÖBA 1998, 229 hält es der OGH auch für zulässig, die Entwicklung innerhalb der vereinbarten Leistungsfrist zu berücksichtigen. Riedler, ÖBA 1998, 881 mwN hält den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung für maßgebend; dies erscheint bei gerichtlicher Austragung der Auseinandersetzung überzeugend. Hiezu Mayer-Maly/Böhm, Rotondi 229 ff. § 1295 Abs 2 ABGB erfasst nur vorsätzliche Schadenszufügungen; dementsprechend ist ein Rechtsmissbrauch nur anzunehmen, wenn dem Begünstigten bekannt ist, dass er unberechtigt die Garantie in Anspruch nimmt: Koziol, Garantievertrag 59; Nielsen, ZHR 147 (1983) 153 f; Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 18; abweichend Mader, JBl 1998, 682 f; Mülbert, Mißbrauch 66; Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 224. OGH in ÖBA 1994, 320; OGH 6 Ob 253/03d in ÖBA 2005, 902. OGH 5 Ob 45/07i in ÖBA 2007, 909. Es ist daher zu beachten, ob der Begünstigte zahlungskräftig ist und ob Rückforderungsansprüche gegen ihn leicht durchsetzbar sind oder nicht. Vgl auch ÖBA 1997, 482; ÖBA 2005, 902. Es ist unstrittig, dass der sich aus anderen Umständen ergebende Rechtsmissbrauch auch schon vor der Fälligkeit des gesicherten Anspruchs geltend gemacht werden kann. So hat der OGH 6 Ob 293/97z in ÖBA 1998, 876 mit Anm von Riedler zu Recht betont, dass Rechtsmissbrauch vorliegt, wenn im Bewusstsein mangelnder Fälligkeit die Garantie vor Eintritt des Garantiefalles zu vertragsfremden Zwecken zu nutzen versucht wird. ÖBA 1992, 573 mit Anm von Koziol = ÖZW 1992, 92 mit Anm von Lindinger; vgl auch 9 Ob 319/99y in ÖBA 2000, 703. In ÖBA 1990, 304 mit Anm von Konecny nahm der OGH hingegen an, dass eine bewusst unrichtige Erklärung über die Fälligkeit den Abruf rechtsmissbräuchlich mache.
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Die Bankgarantie
ABGB414, der eine Rückforderung von Zahlungen vor Fälligkeit auf eine richtige und unbedingte Schuld ausschließt. Dem habe ich415 mit einer wesentlichen Einschränkung zugestimmt: Erfolgt die Inanspruchnahme der Garantie ganz erheblich vor der Fälligkeit des gesicherten Anspruches aus dem Grundverhältnis und droht dem Schuldner (Garantieauftraggeber) dadurch ein berücksichtigungswürdiger Schaden, so kann die Inanspruchnahme – bei Schädigungsabsicht des Begünstigten – rechtsmissbräuchlich sein. Dieser Ansicht hat sich der OGH angeschlossen416. Es werden jedoch neuerdings vom OGH417 darüber hinaus ganz grundsätzliche Argumente gegen die Heranziehung des § 1434 Satz 2 ABGB vorgebracht: Seiner Ansicht nach scheidet die Anwendung dieser Bestimmung auf die Rückforderung der zu Unrecht abgerufenen Bankgarantien schon deshalb aus, weil diese Bestimmung den Schutz des auf die Erfüllungshandlung des Schuldners vertrauenden Gläubigers bezwecke, in den Garantiefällen jedoch der Schuldner und Garantieauftraggeber auf die Erfüllung keinen Einfluss habe. Dieses Argument hat erhebliches Gewicht. Es ist daher wohl davon auszugehen, dass der Garantieauftraggeber die nach dem Grundverhältnis vorzeitige Zahlung des Garanten wieder zurückfordern könnte; damit ist jedoch die Grundvoraussetzung dafür gegeben, dass die vor Fälligkeit erfolgende Inanspruchnahme als rechtsmissbräuchlich angesehen werden kann. Die Inanspruchnahme der Garantie für eine im Grundverhältnis verjährte Forderung ist nicht rechtsmissbräuchlich418. 3/107
Strittig ist, welche Bedeutung es hat, dass § 1295 Abs 2 ABGB verlangt, die Ausübung des Rechtes müsse „offenbar“ den Zweck haben, den Anderen zu schädigen. Nach Wolff 419 besteht keine Ersatzpflicht, wenn das Verhalten derart sei, dass der bloße Schädigungszweck nicht zu Tage trete, da es wenigstens den Schein berechtigter Zweckverfolgung erwecke. Für die Frage der Verwerflichkeit eines Verhaltens kann jedoch nicht der äußere Schein ausschlaggebend sein420. Mayer-Maly und Böhm 421 meinen, als „offenbar“ gelte, was ohne Beweisermittlung festgestellt werden könne, also unmittelbar einleuchtend sei. Demgegenüber verweist Reischauer 422 zu Recht auf die Materialien, in denen die Bedeutung des Wortes offenbar deutlich umschrieben 414 415
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Beachte die abweichenden Regelungen in § 37 Abs 1 WEG und § 14 Abs 1 BTVG. In der Anm zu ÖBA 1992, 573, unter Berufung auf die Ausführungen von MayerMaly/Böhm, Rotondi 235. 5 Ob 540/93 in ÖBA 1994, 320 = SZ 66/140; vgl auch 6 Ob 293/97z in ÖBA 1998, 876 mit Anm von Riedler. 7 Ob 108/00h in ÖBA 2001, 555. Zustimmend Koziol in KBB2 § 1434 Rz 3; grundsätzliche Bedenken gegen die Anwendung des § 1434 Satz 2 ABGB äußert auch Riedler, Entscheidungsanmerkung, ÖBA 1998, 880 f, der vor allem auch auf das fehlende Sicherungsinteresse des Begünstigten hinweist. Fischer-Czermak, ÖBA 1989, 917 in der Anm zu OGH 5 Ob 501/89 in ÖBA 1989, 910. Wolff in Klang VI 44. Koziol, HaftpflichtR II 99 f. Rotondi 232. In Rummel, ABGB3 § 1295 Rz 62.
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wird: Es dürfen keine Beweiszweifel bestehen. Er führt dann aus: „Sanktioniert werden soll die Verwerflichkeit des Verhaltens und diese Verwerflichkeit bleibt für die Rechtsordnung – will man nicht zu Wertungswidersprüchen gelangen – gleichermaßen ahndenswert, ob sich der einschlägige Sachverhalt leicht oder schwer beweisen lässt. Nicht irgendein Evidenzerlebnis erfordert die Sanktion, sondern die Verwerflichkeit des Verhaltens.“ Dies ist überzeugend, da die Verwerflichkeit eines Verhaltens unabhängig von der Beweissituation ist und sicherlich nicht jener Täter eine bessere Behandlung verdient, der die Verwerflichkeit besonders zu tarnen oder jedenfalls schwer nachweisbar zu gestalten versteht423. Durch das Wort „offenbar“ wird somit nur eine strenge Beweislastregel zu Lasten dessen, der sich auf den Rechtsmissbrauch beruft, aufgestellt, nicht jedoch das Vorliegen des Rechtsmissbrauchs von seiner Evidenz abhängig gemacht. 4. Liquide Beweisbarkeit der Einwendungen? Es wird manchmal allgemein gesagt, dass der Garant Einwendungen nur 3/108 erheben könne, wenn der Nichteintritt des Garantiefalles oder die Nichtberechtigung des Begünstigten liquide beweisbar sei424. Es gibt jedoch keinerlei Gründe dafür, dass der Einwand des Garanten, der Begünstigte sei wegen Ungültigkeit des Garantievertrages nicht berechtigt, nur bei liquider Beweisbarkeit erhoben werden könnte. Wie bei allen Verträgen (§ 937 ABGB) müssen auch beim Garantievertrag alle Einreden bezüglich der Gültigkeit des Garantievertrages unabhängig von der Liquidität des Beweises erhoben werden können. Das gilt nicht nur etwa für den Einwand der mangelnden Vertretungsmacht des Abschließenden oder des Dissenses, sondern auch der listigen, nur schwer nachweisbaren Irreführung des Garanten durch den Begünstigten. Etwas anderes mag für die Aufrechnungseinrede gelten, wenn es nicht um 3/109 Gegenforderungen aus dem Garantievertrag selbst, sondern um sonstige Forderungen des Garanten gegenüber dem Begünstigten geht, etwa um Forderungen aus einem Kreditverhältnis oder aus einem Verkauf von Wertpapieren. Dem Zweck der Garantie, dem Begünstigten umgehend Zahlung zu verschaffen und Streitigkeiten erst nachher abzuwickeln, widerspräche es, wenn der Garant strittige Gegenforderungen aufrechnungsweise einwenden könnte. Der Begünstigte müsste nun zwar vor Erhalt der Zahlung nicht über seine Berechtigung gegenüber dem Garantieauftraggeber aus dem Valutaverhältnis streiten, wohl aber über die Gegenforderungen des Garanten. Da einerseits die Aufrechnung nur dann zur Befriedigung des Begünstigten führt, wenn dem Garanten tatsächlich eine Gegenforderung zusteht, dies aber gerade ungewiss ist, anderseits der Begünstigte sofort Zahlung zu erhalten hat, ist die Aufrechnungseinrede nur dann statthaft, wenn die Gegenforde423
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Dies wollte ich in Koziol, HaftpflichtR II 100 durch die Gleichsetzung von „offenbar“ mit „eindeutig“ ausdrücken. Vgl Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 18 f; Schütze, RIW/AWD 1981, 85. Siehe dazu auch oben Rz 3/62 ff.
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Die Bankgarantie
rung unstrittig ist oder innerhalb der Zahlungsfrist eindeutig nachgewiesen werden kann425. Für diese Lösung spricht auch eine Analogie zu § 391 Abs 3 ZPO, der bei nicht konnexer Gegenforderung ein – vollstreckbares – Teilurteil über die Klagsforderung zulässt, um Verschleppungen zu vermeiden. 3/110
Weit verbreitet ist in Rechtsprechung und Lehre die Auffassung, dass der Rechtsmissbrauchseinwand nur bei liquider Beweisbarkeit zulässig sei426. Dass die Berechtigung zur Erhebung des Einwandes die liquide Beweisbarkeit des Rechtsmissbrauchs voraussetze, wird damit zu begründen versucht, dass die Bankgarantie durch die abstrakte, auf dem Einrede- und Einwendungsausschluss beruhende Rechtsnatur charakterisiert sei427. Dies allein ist jedoch kein überzeugendes Argument: Ohne Zweifel dient die Garantie in besonders ausgeprägter Weise den Sicherungsinteressen des Begünstigten, weil dieser sofort Zahlung erhalten soll. Dieses Interesse am unbedingten Erhalt der Leistung ist aber gerade dann nicht mehr schutzwürdig, wenn der Begünstigte rechtsmissbräuchlich, also besonders verwerflich handelt. Die Voraussetzung der liquiden Beweisbarkeit würde auch zu dem nicht sachgerechten Ergebnis führen, dass der Begünstigte umso mehr geschützt würde, je listiger er vorgegangen ist; denn je durchdachter und geschickter das arglistige Verhalten des Begünstigten ist, desto weniger wird es ihm liquide nachgewiesen werden können. Deshalb ist die liquide Beweisbarkeit als generelle Voraussetzung für die Berechtigung der Bank, den Rechtsmissbrauchseinwand zu erheben, abzulehnen 428. Die liquide Beweisbarkeit kann nur dann von Bedeutung sein, wenn der Begünstigte in Unkenntnis der fehlenden Berechtigung, also ohne Rechtsmissbrauch, die Garantie in Anspruch genommen hat. Wird ihm nun vom Garanten schnell und eindeutig bewiesen, dass er nicht berechtigt ist, so wäre sein weiteres Bestehen auf der Auszahlung rechtsmissbräuchlich, weil er nunmehr bewusst etwas in Anspruch nimmt, was er sofort wieder zurückzugeben hätte429. Der hier abgelehnte Standpunkt kann auch nicht auf die wohl einzige gesetzliche Regelung im österreichischen Recht, die Einwendungen bei abstrakten Verpflichtungen betrifft, nämlich Art 40 Abs 3 WechselG, gestützt wer425 426
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So auch BGH in JR 1986, 59 mit Anm von Rehbein. OGH in SZ 50/66; EvBl 1982/23; SZ 54/189; JBl 1985, 425; ÖBA 1987, 498; RdW 1988, 134; ÖBA 1988, 609 mit Anm von P. Doralt; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/126 mwN. Grundsätzlich ebenso Canaris, ÖBA 1987, 778 ff, der jedoch in den besonders schwerwiegenden Fällen der Sittenwidrigkeit des Valutaverhältnisses und der Anfechtung wegen Drohung oder Täuschung auf die Erfordernisse rechtlicher Evidenz und liquider Beweisbarkeit verzichten will. Von Westpahlen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 200. Auch der OGH betont immer wieder die Sicherheit des Geschäftsverkehrs, vgl SZ 54/189. Koziol, Garantievertrag 62 f; derselbe, ÖBA 1992, 578; Schinnerer, Mißbrauch der Inanspruchnahme einer Bankgarantie, ÖBA 1982, 209; Heinze, Rechtsschutz 151, 168 f; Mülbert, Mißbrauch 76 f, 105. Siehe hiezu Koziol, Garantievertrag 63 f. Dieser differenzierten Bedeutung der Liquidität scheint nun auch der OGH zuzuneigen, siehe ÖBA 1992, 573 mit Anm von Koziol; 2 Ob 233/01f in ÖBA 2003, 956.
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den430. Nach dieser Bestimmung wird der Wechselschuldner nicht mehr geschützt, dh er wird von seiner Verbindlichkeit nicht befreit, wenn er arglistig oder grob fahrlässig an einen nicht Berechtigten gezahlt hat. Daraus kann nämlich nur abgeleitet werden, dass der Wechselschuldner dann, wenn er den Mangel kannte oder kennen musste und diesen Mangel leicht beweisen kann431, den Einwand fehlender Berechtigung erheben muss, wenn er keinen Nachteil erleiden will. Aus dieser Bestimmung kann aber nicht abgeleitet werden, dass der Wechselschuldner sonst die Einwendung nicht erheben kann. Aus Art 40 Abs 3 WechselG ist somit nur ableitbar, dass der Einwand der fehlenden materiellen Berechtigung stets erhoben werden kann, er aber nur in bestimmten Fällen erhoben werden muss432. Dieser wechselrechtliche Grundsatz ist analog auf die Bankgarantie anzuwenden, da der Garantievertrag sicherlich nicht eine schärfere Verpflichtung begründen, also nicht noch abstrakter sein kann, als der Wechsel433, bei dem die Verkehrsschutzinteressen in weitestem Maße berücksichtigt wurden. Der Einwand kann dem Begünstigten gegenüber daher geltend gemacht werden, wenn dieser entweder bewusst rechtsmissbräuchlich handelt oder ihm rasch und eindeutig nachgewiesen werden kann, dass ihm kein Recht zusteht; dann ist das weitere Beharren auf der Zahlung rechtsmissbräuchlich434. 5. Hinterlegung des Garantiebetrages durch den Garanten Hat der Begünstigte die Garantie abgerufen und Zahlung begehrt, verlangt 3/111 jedoch der Garantieauftraggeber von der garantierenden Bank, den Rechtsmissbrauchseinwand zu erheben, dann versucht die Bank häufig, dem Streit durch Hinterlegung des Garantiebetrages zu entkommen. Dieser Ausweg besteht allerdings nicht435: Die Voraussetzungen des § 1425 ABGB sind nämlich nicht gegeben, da keine Hindernisse für die Auszahlung auf Seiten des Gläubigers gegeben sind und auch nicht strittig ist, wer der wirklich berechtigte Gläubiger ist436. Anspruchsberechtigter aus der Garantie kann unzweifelhaft nur der Begünstigte sein; dem Auftraggeber steht kein Anspruch auf Zahlung dieses Betrages an ihn zu, sondern er könnte nur ein Recht auf Unterlassung der Auszahlung auf seine Rechnung geltend machen. 430 431
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Koziol, Garantievertrag 62 f. Insofern zustimmend Canaris, ÖBA 1987, 779. Stanzl, Böser Glaube im Wechselrecht (1950) 116; vgl auch Roth, Wertpapierrecht2 (1999) 54. Diese Auffassung vertritt in Wahrheit auch Erman, Einwirkungen des Kaufvertragsverhältnisses auf die Akkreditivverpflichtung der Bank, Rittershausen-FS (1968) 263 f, der manchmal zu Unrecht als Vertreter der gegenteiligen Ansicht zitiert wird. Vgl Nielsen, ZHR 147, 148. Vgl OGH 2 Ob 233/01f in ÖBA 2003, 956; 6 Ob 253/03d in ÖBA 2005, 902. So auch OGH 8 Ob 566/90 in ÖBA 1991, 925 mit Anm von Harrer; Koziol in KBB2 § 1425 Rz 10; Reischauer, Hinterlegung zu Gunsten mehrerer (potentieller) Gläubiger bzw Forderungspfandgläubiger (§§ 1425 und 455 ABGB [§§ 1395 f ABGB und § 119 Z 3 GBG], §§ 300a und 307 EO), JBl 2001, 541 und 614, insbesondere 553 und 556 f. Siehe dazu Harrer in seiner Anm zu OGH in ÖBA 1991, 925. Zu den Hinterlegungsgründen siehe Koziol in KBB2 § 1425 Rz 3 ff; Reischauer, JBl 2001, 553, 556.
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F. Die Übertragung der Rechte des Begünstigten 1. Die Übertragbarkeit des Zahlungsanspruches und des Rechts auf Inanspruchnahme a) Abtretung des Zahlungsanspruches 3/112
Nach einhelliger Auffassung ist der mit der Inanspruchnahme der Garantie entstehende Zahlungsanspruch des Begünstigten abtretbar437, da es sich um einen gewöhnlichen, auf Geldleistung gerichteten Anspruch handelt. Eine derartige Zession ist nicht erst nach der Inanspruchnahme zulässig, vielmehr kann auch die erst künftig durch die Inanspruchnahme entstehende Forderung abgetreten werden438. Unabtretbar wäre der Zahlungsanspruch jedoch dann, wenn zwischen Garant und Begünstigtem ein Zessionsverbot vereinbart wurde439 und diesem gemäß § 1396a ABGB nicht bloß relative Wirkung zukommt440. Die Abtretbarkeit des Zahlungsanspruches ist jedoch nur dann unbedenklich, wenn der bei unberechtigter Inanspruchnahme der Garantie bestehende Bereicherungsanspruch (Rz 3/166 ff) trotz Zession weiterhin gegen den ursprünglich Begünstigten gerichtet werden kann: Die abstrakte Garantie hat den Zweck, dem Begünstigten Zahlung zu verschaffen, selbst wenn die materielle Berechtigung noch strittig ist; die Auszahlung erfolgt somit nur unter der Bedingung der Rückzahlung, falls sich die mangelnde Berechtigung herausstellt. Dem Begünstigten wird daher ein Vertrauen entgegengebracht, das jenem bei der Vorleistung oder der Kreditierung entspricht. Selbst wenn sonst die Bereicherungsansprüche gegen den Zessionar gerichtet sein sollten441, müssten sie hier wegen der besonderen Vertrauenssituation weiterhin gegen den Zedenten bestehen442. Der OGH443 begründet diese Lösung auch 437
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P. Bydlinski, Die Übertragung der Rechte aus einer Bankgarantie, ZBB 1989, 155; Koziol, Garantievertrag 66; Loser, Die Abtretung und Verpfändung von Garantieansprüchen zur Kreditsicherung, SZW 2006, 205; Mülbert, ZIP 1985, 1105; Zahn/ Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/134; OGH 4 Ob 348/99a in ÖBA 2001, 74 mit Anm von Lukas = SZ 73/10. Strasser, Die Abtretung künftiger Forderungsrechte, Hämmerle-FS (1972) 397; OGH in JBl 1975, 654; SZ 55/32. Der OGH geht von einer absoluten Wirkung des Zessionsverbots aus (SZ 57/8); aA ist allerdings ein Großteil der Lehre (siehe die Nachweise bei Neumayr in KBB2 § 1396a Rz 1). Dazu Neumayr in KBB2 § 1396a Rz 2 f. Siehe dazu OGH in ÖBA 2001, 74 mit Anm von Lukas = SZ 73/10; ÖBA 2005, 902; Karollus, Bereicherungsausgleich bei Zahlung an den Zessionar – Die Rechtsprechung des BGH als Vorbild? JBl 1994, 573; Rahmatian, Der Bereicherungsausgleich in Zessionslagen (1996) 79 ff mwN. Dafür allgemein Canaris, Larenz-FS (1973) 834 ff; für Österreich etwa Spunda, Kondiktionsschuldner bei zedierter Garantieforderung, ÖBA 2004, 374. Für die Garantie ebenso P. Bydlinski, ZBB 1989, 161 und nun auch der OGH in ÖBA 2001, 74 mit Anm von Lukas = SZ 73/10; ÖBA 2005, 902. So OGH in ÖBA 2005, 902 unter Verweis auf P. Bydlinski, ZBB 1989, 161; Canaris, ZIP 1998, 494, 496.
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noch damit, dass die Leistung zwischen Garant und Zessionar allein auf die abstrakte Garantie hin erfolge und daher durch diese gerechtfertigt sei, es sei denn, dass der Zessionar rechtsmissbräuchlich abgerufen hat und ihm daher auch kein Anspruch aus der Garantie zustand. b) Abtretung des Rechts auf Inanspruchnahme Strittig ist hingegen, ob das Recht, die Garantie in Anspruch zu nehmen, ein 3/113 „veräußerliches Recht“ (§ 1393 ABGB) ist, das der Begünstigte unabhängig von der Zustimmung des Garanten übertragen kann. Der OGH geht von der Abtretbarkeit aus444, jedenfalls dann, wenn der Inhalt des Rechts durch die Abtretung keine Änderung zum Nachteil des Garanten erfahre. Er kann sich dafür vor allem auf die gründliche Untersuchung von P. Bydlinski 445, der die Abtretbarkeit gemeinsam mit dem Zahlungsanspruch und der zugrundeliegenden gesicherten Forderung vertritt, stützen. Eine starke Gegenmeinung verneint jedoch die freie Übertragbarkeit des Rechts auf Inanspruchnahme446; zum Teil allerdings nur dann, wenn ein namentlich genau bezeichneter Begünstigter zu erklären hat, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme gegeben seien447. Von Schlechtriem 448 wird die Garantiestrenge betont, die zwar nicht die Übertragung des Rechts auf Inanspruchnahme, wohl aber deren Geltendmachung durch den Erwerber verhindere. Keine Anhaltspunkte für die Lösung der Streitfrage bietet Art 38 der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Akkreditive 449, nach dem ein Akkreditiv nur dann übertragbar ist, wenn es ausdrücklich als übertragbar bezeichnet worden ist. Bei dieser Übertragung geht es nämlich in Wahrheit nicht um eine Abtretung, sondern um die Neubegründung einer Forderung zugunsten eines Dritten450, die selbstverständlich nicht ohne Mitwirkung des Akkreditivverpflichteten erfolgen kann. 444
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SZ 50/66; ÖBA 1988, 390 mit Anm von P. Bydlinski = SZ 60/266; ÖBA 1989, 818 mit Anm von P. Bydlinski; OGH 7 Ob 2410/96d in ÖBA 1997, 826; vgl auch ÖBA 2001, 74 mit Anm von Lukas = SZ 73/10. ZBB 1989, 153. Ebenso Hadding/Häuser/Welter, Gutachten 714 ff; Liesecke, WM 1968, 23; Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 20; Loser, SZW 2006, 206; Schinnerer/ Avancini II 305; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 154f; Zeller, Probleme bei der Abtretung einer Garantie „auf erstes Anfordern“, BB 1990, 363. Canaris, BVR3 Rz 1149; Ertl in Rummel, ABGB3 § 1393 Rz 1; Koziol, Garantievertrag 66 ff; Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 74; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/135 f. Ebenso wohl auch Kleiner, Bankgarantie 243, der die Zession nur dann für unproblematisch hält, wenn die Beanspruchung durch den ursprünglich Begünstigten erfolgt. So Dohm, Bankgarantien Rz 186; vgl auch Büsser, Einreden 178 ff; Zobl in Wiegand, Personalsicherheiten 51. Schlechtriem, Rechtsnachfolge in auf erstes Anfordern zahlbare Garantien, Stoll-FS (2001) 367 ff. Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive der ICC – Revision 2006 (ERA 600). Siehe dazu unten Rz 1/136 ff und Canaris, BVR3 Rz 1034 ff. Dieser Umstand wurde von mir, Garantievertrag 66 f, nicht ausreichend berücksichtigt.
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Bei der Lösung des Auslegungsproblems451, ob es sich um ein auf eine Person bezogenes und daher nur mit Zustimmung des Verpflichteten übertragbares Recht handelt, fällt zunächst die Gefährlichkeit abstrakter Verpflichtungen ins Gewicht: Der Garant hat grundsätzlich auf Anforderung zu zahlen, ohne einwenden zu können, dass das Zahlungsbegehren nach dem Valutaverhältnis ungerechtfertigt ist. Dem Begünstigten wird daher ein erheblicher Vertrauensvorschuss gewährt452. Es mag zwar richtig sein, dass die Banken vielfach nicht dem Begünstigten besonderes Vertrauen schenken, sondern dem Garantieauftraggeber, der ihnen die Aufwendungen zu ersetzen hat453. Es ist aber einerseits zu bedenken, dass diese Rückgriffsmöglichkeit nicht stets ausreichend abgesichert sein wird und es dann auch für die Bank von Bedeutung ist, nicht ungerechtfertigt in Anspruch genommen zu werden. Anderseits besteht unzweifelhaft ein Interesse des Garantieauftraggebers, nicht dem Risiko ausgesetzt zu werden, den unberechtigt ausbezahlten Garantiebetrag vom Begünstigten rückfordern zu müssen454. Der Garantievertrag soll sicherlich entsprechend den erkennbaren Interessen aller Beteiligten ausgestaltet werden (§ 914 ABGB). Sind Garant und Garantieauftraggeber darauf angewiesen, zu vertrauen, dass der Begünstigte seine Rechte nur geltend macht, wenn er sich für materiell berechtigt hält, so besteht ein besonderes Interesse daran, dass auch nur jener abrufen kann, dem dieses Vertrauen entgegengebracht wurde455. Das gilt umso mehr, als grundsätzlich nur der Begünstigte als Vertragspartner des Garantieauftraggebers ausreichend Einblick in das Valutaverhältnis hat, um die Berechtigung zur Inanspruchnahme beurteilen zu können456. P. Bydlinski 457 meint, dieses Argument ziehe nur in äußerst engen Grenzen, weil der Zessionar regelmäßig auch die gesicherte Forderung erwerbe und daher wisse, ob diese schon getilgt wurde. Es geht jedoch nicht nur um die Gefahr einer doppelten Zahlung458, sondern auch darum, dass die Zahlung begehrt wird, obwohl nach dem Valutaverhältnis kein Anspruch besteht. Typischerweise weiß aber der Begünstigte besser als der Zessionar, dass er seine Leistung nicht oder nur mangelhaft erbrachte und daher der Garantieauftraggeber noch nicht zur Zahlung verpflichtet ist, oder dass der Garantieauftraggeber seine Leistung ordnungsgemäß erbrachte und daher die Erfüllungsgarantie nicht in Anspruch genommen werden darf.
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Damit hängt es auch zusammen, dass dem ursprünglich Begünstigten wegen seines Bewusstseins der mangelnden Berechtigung durchaus der Rechtsmiss451
452 453 454
455 456 457 458
Dass es um ein Auslegungsproblem geht, hebt zu Recht P. Bydlinski, ZBB 1989, 159 hervor. Canaris, BVR3 Rz 1149. Hadding/Häuser/Welter, Gutachten 715 f; P. Bydlinski, ZBB 1989, 160. P. Bydlinski, ZBB 1989, 163, meint, ein derartiges Interesse bestehe letztlich nur bei Insolvenz des Begünstigten. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass schon der jahrelange Streit um die Rückforderung des in Wahrheit nicht geschuldeten Betrags den Garantieauftraggeber in größte Schwierigkeiten bringen kann. Koziol, Garantievertrag 67. Canaris, BVR3 Rz 1149. ZBB 1989, 162 f. Siehe dazu OGH 5 Ob 45/07i in ÖBA 2007, 909.
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brauchseinwand entgegengesetzt werden könnte, nicht jedoch dem Zessionar459, wenn diesem die relevanten Umstände nicht bekannt sind und ihm auch nicht liquide nachgewiesen werden können460. Das mögen verhältnismäßig wenige Fälle sein461, es geht jedoch gerade um die gravierendsten Missbrauchsfälle, in denen dem Garanten und damit auch dem Auftraggeber der letzte Schutz genommen wird. Jedenfalls dann, wenn im Garantievertrag die Abrufbefugnis eindeutig einer bestimmten Person vorbehalten wird, kommt entsprechend dem Grundsatz der Garantiestrenge eine einseitige Auswechslung des Abrufberechtigten ohne Zustimmung des Garanten nicht in Betracht462; es hat die genannte Person die Garantie in Anspruch zu nehmen. Der Gedanke des besonderen Vertrauens spricht mE darüber hinaus dafür, den Garantievertrag im Zweifel dahin zu verstehen, dass das Recht auf Inanspruchnahme nur dem Begünstigten persönlich eingeräumt wird463. Das gilt nicht nur dann, wenn dieser erklären muss, dass der Anspruch aus dem Grundverhältnis fällig und noch nicht bezahlt worden sei, sondern auch dann, wenn ein nicht substantiierter Abruf genügt: In jeder Inanspruchnahme einer Garantie liegt konkludent die Erklärung, dass ein Anspruch nach dem Grundverhältnis besteht. Diese Erklärung kann sinnvoller Weise nur der Partner des Valutaverhältnisses und nicht irgendein Dritter abgeben. Anderes könnte dann gelten, wenn dem Begünstigten kein umfassendes Vertrauen entgegengebracht wird und daher nicht die Erklärung des Begünstigten entscheidend sein soll, sondern von anderen Personen (Transporteur, Sachverständigem) ausgestellte Dokumente vorgelegt werden müssen. Der OGH, der von der Abtretbarkeit ausgeht, will all diesen Bedenken unter Berufung auf § 1394 ABGB dadurch begegnen, dass er die Inanspruchnahme durch den Zessionar auch dann als rechtsmissbräuchlich ansieht, wenn der Zedent weiß, dass der gesicherte Anspruch nicht besteht464. Damit wird der Garant immerhin teilweise gegen die negativen Folgen einer Abtretung des Inanspruchnahmerechts abgesichert. 2. Die Abtretung der gesicherten Forderung Tritt der Begünstigte die durch die Garantie gesicherte Forderung aus dem 3/116 Valutaverhältnis ab, so stellt sich die Frage, ob die Rechte aus der Garantie auf den Zessionar mit übergehen. Sind diese nicht übertragbar, so können sie auch nicht gemeinsam mit der gesicherten „Hauptforderung“ abgetreten werden465. Aber auch dann, wenn die Übertragbarkeit vereinbart ist oder ganz 459 460 461
462 463 464 465
Siehe dazu OGH in ÖBA 2007, 909. Koziol, Garantievertrag 67. P. Bydlinski, ZBB 1989, 163, meint, praktisch werde sich das Risiko durch die Abtretung kaum erhöhen. Büsser, Einreden 178 f; Loser, SZW 2006, 206. Skeptisch gegenüber diesem Standpunkt Schlechtriem, Stoll-FS 366 ff. OGH 8 Ob 343/97t in ÖBA 1998, 482. In diesem Sinne auch Loser, SZW 2006, 211. Koziol, Garantievertrag 69 f.
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generell von der Übertragbarkeit ausgegangen wird, können die Rechte des Begünstigten aus der Garantie nicht automatisch mit der Zession der gesicherten Forderung auf den Zessionar übergehen, weil es sich auf Grund der Abstraktheit der Garantie nicht um ein Nebenrecht dieser Forderung handelt. Es bedarf daher einer gesonderten Übertragung466. Bei Abtretung auch der gesicherten Forderung geht die hA dahin, dass allfällige Bereicherungsansprüche – wie auch sonst nach überwiegender Meinung bei der Zession – gegen den Zessionar zu richten sind467.
3. Die Zession nach den §§ 1358 und 1422 ABGB 3/117
Wird die Verbindlichkeit aus dem Valutaverhältnis durch einen Bürgen oder Pfandbesteller, der neben dem Garanten Sicherheit gewährt hat, beglichen, so gehen gemäß § 1358 ABGB die Sicherheiten auf ihn über468. Zu diesen zählt auch die Garantie und es bestehen gegen deren Übergang im Wege der Legalzession keine durchschlagenden Bedenken469. Gegen die rechtsgeschäftliche Abtretung spricht vor allem, dass wegen der Abstraktheit der Garantie die Gefahr besteht, dass der Garant auch bei Fehlen einer materiellen Berechtigung des Begünstigten in Anspruch genommen wird und dem Begünstigten daher eine besondere Vertrauensposition zukommt. Diese Argumente tragen jedoch in den Fällen der Legalzession an den zahlenden Bürgen oder Pfandbesteller nicht: Diese haben bloß eine akzessorische Haftung übernommen und können vom Begünstigten daher nur dann in Anspruch genommen werden, wenn dessen Hauptforderung gegen den Schuldner tatsächlich besteht. Überdies erfolgt die Legalzession nur dann, wenn eine tatsächlich bestehende Forderung des Gläubigers beglichen wird. Haben Bürgen oder Pfandbesteller geleistet, so ist daher sichergestellt, dass dem Begünstigten ein Anspruch zusteht, keine Gefahr einer unberechtigten Inanspruchnahme der Garantie gegeben ist und sich die Risken der Abstraktheit der Garantie nicht auswirken können.
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Zahlt jemand, den keine Haftung trifft, so kann er gemäß § 1422 ABGB durch einseitige Erklärung die Übertragung der Forderung des Begünstigten bewirken. Auch in diesen Fällen gehen mit der „Hauptforderung“ die Rechte des Begünstigten gegen den Garanten auf den Zahlenden über: Es ist vorausgesetzt, dass eine bestehende Schuld beglichen wird, da sonst dem Begünstigten keine Rechte zustehen und eine cessio necessaria mangels Befriedigung einer Forderung ausscheidet470. 466
467 468 469
470
Dohm, Bankgarantien Rz 185; Loser, SZW 2006, 209; Schinnerer/Avancini II 294 FN 75; Schlegelberger/Hefermehl, HGB5 IV (1976) § 349 Anm 34. OGH 6 Ob 253/03d in ÖBA 2005, 902 mwN. Vgl aber oben Rz 3/112. Zur Absicherung der Verbindlichkeit durch eine weitere Garantie siehe Rz 3/128 ff. Hiezu Koziol, Garantievertrag 70 ff; OGH in ÖBA 1988, 390 mit Anm von P. Bydlinski. Koziol, Garantievertrag 72 f.
Das Rechtsverhältnis zwischen der garantierenden Bank und dem Begünstigten
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G. Die Sorgfaltspflichten des Begünstigten gegenüber dem Garanten In Schuldverhältnissen obliegen den Beteiligten gegenseitig Schutz- und 3/119 Sorgfaltspflichten 471. Eine allgemeine und umfassende Umschreibung derartiger Pflichten zwischen Begünstigtem und Garant ist kaum möglich. Bei den Bankgarantien gibt es aber zwei typische Möglichkeiten dafür, dass der Garant durch das Verhalten des Begünstigten gefährdet wird: Einerseits durch die Aufgabe von Sicherheiten durch den Begünstigten, anderseits durch Hinauszögerung der Inanspruchnahme des Schuldners. Das Gesetz hat die entsprechenden Konfliktsfälle bei der Bürgschaft geregelt, so dass deren analoge Anwendung zu prüfen ist. Nach § 1360 ABGB472 ist der Gläubiger nicht befugt, sich der Pfänder, die ihm 3/120 vor oder bei Leistung der Bürgschaft eingeräumt wurden, zum Nachteil des Bürgen zu begeben. Die Freigabe eines Pfandes bedeutet für den Bürgen einen Nachteil, weil er bei Befriedigung des Gläubigers gemäß § 1358 ABGB nicht nur die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner, sondern auch die Sicherungsrechte erwirbt. Da § 1358 ABGB auch bei Befriedigung des Begünstigten durch den Garanten heranzuziehen ist473, entspricht die Interessenlage bei der Garantie jener bei der Bürgschaft, so dass auch § 1360 ABGB analog anzuwenden ist474. Haften dem Begünstigten mehrere Garanten, so schmälert die Entlassung eines Mitschuldners die Rückgriffsansprüche der anderen nicht (§§ 896, 1363 Satz 3 ABGB). Da die Entlassung die Mitschuldner nicht berührt, stellt diese auch keine Sorgfaltspflichtverletzung gegenüber den Mithaftenden dar. Gleiches gilt dann, wenn der Begünstigte nicht nur durch Garantien, sondern auch durch Bürgschaften gesichert ist. Ist der Gläubiger bei der Eintreibung der Schuld saumselig und erleidet der 3/121 Bürge dadurch Schaden, so ist ihm der Gläubiger nach § 1364 ABGB verantwortlich. Da der Garant gleichermaßen durch die Hinauszögerung der Eintreibung und die dadurch später erfolgende Inanspruchnahme der Garantie bei der Durchsetzung seiner Rückgriffsansprüche Nachteile erleiden kann, ist § 1364 ABGB analog anzuwenden475. Der Gläubiger verletzt aber nicht nur dann Sorgfaltspflichten, wenn er saumselig bei der Eintreibung der fälligen Schuld ist, sondern umso mehr dann, wenn er die Fälligkeit der Hauptverbindlichkeit hinausschiebt, etwa den Kredit prolongiert. Wurde vom Begünstigten trotz vorhersehbarer Verschlechterung der Zahlungsfähigkeit des Verpflichteten der Kredit verlängert, so kann der Garant den Begünstigten auf Schadenersatz belangen und dies einredeweise geltend machen. Beide Pro471 472
473 474
475
Bollenberger in KBB2 § 859 Rz 5 mwN. Zu dieser Bestimmung insbesondere Hoyer, Der Rückgriff zwischen Bürgen und Pfandbestellern, JBl 1987, 764. Siehe Rz 3/68. Canaris, BVR3 Rz 1158; Koziol, Garantievertrag 77 f; Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 20; OGH in ÖBA 1986, 641; dagegen Liesecke, WM 1968, 26. OGH in ÖBA 1986, 641. Ausführlicher Koziol, Garantievertrag 79.
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Die Bankgarantie
bleme werden allerdings nur bei den eher seltenen Garantien ohne Befristung oder mit sehr langer Laufzeit praktische Bedeutung erlangen. H. Die Beendigung der Garantie 1. Befristung und Bedingung 3/122
Bankgarantien sind regelmäßig befristet: Die Inanspruchnahme kann nur bis zu einem bestimmten Termin erfolgen (hiezu Rz 3/92). Es ist allerdings zu beachten, dass nach dem Recht mancher Staaten die Beisetzung eines Endtermins nicht oder nur eingeschränkt zulässig ist476. Manchmal findet sich als auflösende Bedingung die Rückgabe der Garantieurkunde: Erst dadurch soll die Garantieverpflichtung beendet werden. Wurden keine näheren Bestimmungen getroffen, so ist eine derartige Regelung bei unbefristeten Garantien für den Garanten höchst nachteilig477, weil die Rückgabe und damit die Laufzeit im Belieben des Begünstigten stehen. Meist wird jedoch eine Rückgabepflicht bei Eintritt bestimmter Ereignisse, insbesondere der Leistung durch den Schuldner, vorgesehen. Dann ist im Zweifel anzunehmen, dass zwar formell die Garantieverpflichtung noch besteht, die Rückgabe der Garantieurkunde also insofern entscheidend sein soll, aber das Recht auf Inanspruchnahme der Garantie materiell schon mit dem Eintritt des Ereignisses beendet und zusätzlich eine Pflicht zur Rückgabe der Urkunde ausgelöst wird478. Andererseits kann aber auch nicht aus jeder Rückgabe der Urkunde der Verzicht des Begünstigten auf eine Inanspruchnahme abgeleitet werden, sondern nur dann, wenn sich aus den Umständen keine Zweifel an einem entsprechenden Willen des Begünstigten ergeben479. 2. Kündigung
3/123
Da Zielschuldverhältnisse unkündbar sind, kommt eine Kündigung nicht in Betracht, wenn durch die Garantie nur eine bestimmte Leistung gesichert wird. Wohl aber ist ein Garantievertrag – ebenso wie ein Bürgschaftsvertrag480 – entsprechend den allgemeinen Regeln481 kündbar, wenn er ein Dauerschuldverhältnis ist482, also zB ein unbefristetes Kreditverhältnis oder 476 477 478 479
480
481 482
Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 17. Schinnerer/Avancini II 320. Kleiner, Bankgarantie 250. Vgl OGH 1 Ob 206/05h in ÖBA 2006, 376 mit Besprechungsaufsatz von Schumacher, Zur Rückstellung von Garantieurkunden, ÖBA 2006, 411; 1 Ob 44/07p in ÖBA 2008, 434. Dazu eingehend P. Bydlinski, Wirksamkeit, Reichweite und Beendigung der Bürgenhaftung: neue Entwicklungen in Österreich? ÖBA 1999, 104ff; derselbe, Die Kündigung der Bürgschaft, Schimansky-FS (1999) 299ff. Dazu Bollenberger in KBB2 § 859 Rz 7 mwN. Canaris, BVR3 Rz 1155; Gschnitzer, Die Kündigung nach deutschem und österreichischem Recht, JheringsJB 78 (1927) 367 f; Koziol, Garantievertrag 49. Dagegen
Das Rechtsverhältnis zwischen der garantierenden Bank und dem Begünstigten
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eine dauernde Geschäftsverbindung gesichert wird. Unbefristete Garantien können demnach ohne Vorliegen eines besonderen Grundes gekündigt werden483, allerdings nur unter Setzung einer angemessenen Frist. Sowohl bei den unbefristeten als auch bei den befristeten Garantien steht dem Garanten überdies eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde offen484. Die Kündigung bewirkt allerdings nur, dass ein weiteres Anwachsen der Verbindlichkeiten des Garanten verhindert wird485: Der Garant haftet bloß nicht mehr für jene Garantiefälle, die sich nach Wirksamkeit der Kündigung ereignen486. Die Zahlungspflicht auf Grund schon eingetretener Garantiefälle wird hingegen nicht berührt. In den Garantieverträgen werden manchmal wichtige Gründe angeführt. So ist nach § 3 der AGB (Fassung 1999) betreffend die Garantien des Bundes entsprechend dem AusfuhrförderungsG487 der Bund berechtigt, den Vertrag mit sofortiger Wirkung zu kündigen, wenn der Begünstigte das Entgelt nicht spätestens innerhalb eines Monats ab schriftlicher Mahnung entrichtet hat, es sei denn, es wird entgegenstehende höhere Gewalt nachgewiesen. Ohne derartige Regelung könnte möglicherweise nicht jeder derartige Verzug als Grund zu sofortiger Auflösung angesehen werden. 3. Verjährung a) Verjährungsfrist Nach der früheren einhelligen Auffassung488 unterlagen Garantieansprüche 3/124 der allgemeinen, dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 1479 ABGB; die Anwendung des für Entschädigungsklagen geltenden § 1489 ABGB wurde abgelehnt. Gegen diese hA wandte ich ein489, dass der Garant gemäß § 880a ABGB für volle Genugtuung hafte, somit den entstandenen Schaden zu ersetzen habe und § 1489 ABGB die Verjährungsfrist für „jede Entschädigungsklage“ festlege, also auch vertraglich geregelte Ersatzansprüche erfasse. Mayrhofer 490 folgte dieser Auffassung mit der Einschränkung, dass § 1489
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Kleiner, Bankgarantie 250, der offenbar davon ausgeht, dass Garantien stets auf einen bestimmten Garantiefall bezogen seien und daher nie als Dauerschuldverhältnisse betrachtet werden könnten. Nach Schinnerer/Avancini II 321 ist eine Kündigung nur aus wichtigem Grund möglich; für eine derartige Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen ist jedoch kein triftiger Grund ersichtlich. Siehe zur Bürgschaft OGH 1 Ob 326/98t in ÖBA 1999, 822 mit Anm von F. Bydlinski = ecolex 1999, 619 mit Anm von Th. Rabl. Zur Wirkung der Kündigung bei revolvierenden Garantien (oben Rz 3/23) siehe Koziol, Hadding-FS 910 ff. Siehe Gschnitzer, JheringsJB 78, 367; P. Bydlinski, ÖBA 1999, 104. Diese sind allerdings wohl als Versicherungsverträge zu verstehen, siehe oben Rz 3/49. OGH in GlUNF 2977 und 2550; Ehrenzweig, II/1, 78; Klang in Klang VI 634; Mader/ Janisch in Schwimann, ABGB3 § 1489 Rz 2; Schinnerer/Avancini II 320. Koziol, Garantievertrag 50 f. Schuldrecht I 151 und 347.
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Die Bankgarantie
ABGB nur gelte, soweit die Ansprüche aus Garantieverträgen Schadenersatzfunktion hätten. Der OGH schloss sich der Ansicht Mayrhofers an491, stellte jedoch dann auf den sichergestellten Anspruch ab492 und kam so zB bei Garantierung laufender Kreditamortisationen zu einer dreijährigen Verjährungsfrist entsprechend § 1480 ABGB. Fischer-Czermak 493, B. Koch 494 und P. Bydlinski 495 haben die Auffassung, § 1489 ABGB sei nur bei Garantien mit Schadenersatzfunktion anzuwenden, zu Recht kritisiert: Da der Garant für volle Genugtuung haftet (§ 880a ABGB), kommt jeder Garantie eine derartige Funktion zu; eine Differenzierung ist deshalb und wegen der Abstraktheit der Garantieverpflichtung nicht möglich. In seiner jüngsten Entscheidung496 lässt der OGH Verständnis für diese Kritik erkennen. 3/125
B. Koch lehnt darüber hinaus grundsätzlich die Anwendung des § 1489 ABGB ab und schlägt für die abstrakten dreipersonalen Garantien in Analogie zu § 1403 Abs 2 ABGB und Art 70 WechselG eine dreijährige Verjährungsfrist vor. Er stützt sich dafür auf die Materialien, die für die Anweisung gerade wegen deren abstrakter Natur eine kurze Verjährungsfrist vorsahen497. Dieser Lösungsansatz erscheint überzeugend: Sieht das Gesetz für eine abstrakte Verbindlichkeit gerade wegen der Abstraktheit eine kurze Verjährungsfrist vor, so ist diese Wertung des Gesetzes auch für die ebenfalls abstrakte und nahe verwandte Garantieverpflichtung zu beachten. Die für abstrakte Verpflichtungen getroffene Regelung verdrängt somit als speziellere die allgemeinere Bestimmung für Entschädigungsansprüche. Für die zweipersonalen und daher nicht abstrakten Garantien, die im Bankgeschäft allerdings nur von geringer Bedeutung sind, ist hingegen daran festzuhalten, dass es sich um Entschädigungsansprüche handelt und daher § 1489 ABGB eingreift. Der Einwand von B. Koch 498, dass nach meiner Auffassung die Grenze der Anwendbarkeit des § 1489 ABGB ganz unbestimmt bliebe, weil etwa auch Bereicherungsansprüche einzubeziehen wären, kann nicht überzeugen, weil diese nicht auf den Ausgleich eines Schadens, sondern auf die Abschöpfung eines ungerechtfertigten Vorteils gerichtet sind und daher sicherlich nicht zu den Entschädigungsansprüchen zu zählen sind.
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Ist die Garantie ausnahmsweise ein Dauerschuldverhältnis, so kann nicht nur der einzelne Anspruch des Begünstigten verjähren, sondern auch das 491
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493 494 495 496 497
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ÖBA 1989, 625 = SZ 61/232 ; ÖBA 1990, 390; 5 Ob 7/06z in ÖBA 2007, 148 mit Anm von B. Koch. Ebenso Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB3 § 880a Rz 13; Schubert in Rummel, ABGB3 § 1489 Rz 2. OGH 2 Ob 585/94 in ÖBA 1997, 379 mit kritischer Anm von P. Bydlinski; vgl auch 1 Ob 138/05h in ÖBA 2007, 146 mit kritischer Anm von B. Koch. ÖBA 1989, 917 f. Zur Verjährung von Rechten aus Garantien, ÖBA 1991, 246f. In seiner Glosse zur E in ÖBA 1997, 379. ÖBA 2007, 148 mit Anm von B. Koch. Kaiserliche Verordnung über die dritte Teilnovelle zum ABGB. Mit Materialien (1916) 413. ÖBA 1991, 248.
Die Rechtsverhältnisse bei einer Mehrheit von Sicherheiten
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Recht, den Garanten überhaupt in Anspruch zu nehmen. Hiefür gilt wohl die allgemeine dreißigjährige Frist; entsprechend § 1484 ABGB ist überdies Voraussetzung, dass der Begünstigte mindestens drei Gelegenheiten innerhalb von 30 Jahren hatte und von ihnen keinen Gebrauch machte499. b) Beginn des Fristenlaufs Wie B. Koch 500 zu Recht hervorhebt, gelangen mangels besonderer Regeln 3/127 die allgemeinen Grundsätze zur Anwendung, so dass gemäß § 1478 ABGB die Verjährungsfrist ab der objektiven Möglichkeit der Rechtsausübung zu laufen beginnt501. Das bedeutet für die Garantie, dass sowohl das Recht auf Inanspruchnahme als auch der Zahlungsanspruch ab jenem Zeitpunkt zu verjähren beginnen, zu dem die Abrufung der Garantie erstmals – ohne Rechtsmissbrauch – möglich gewesen wäre. Die Verjährung beginnt daher auch bei befristeten Garantien nicht stets erst mit Fristablauf. Bei Garantien, die als Dauerschuldverhältnisse ausgestaltet sind, beginnt die Verjährung der Berechtigung auf Inanspruchnahme mit der ersten versäumten Gelegenheit zum Abruf. Die Verjährung tritt aber nur dann ein, wenn auch die folgenden Gelegenheiten nicht genützt werden.
V. Die Rechtsverhältnisse bei einer Mehrheit von Sicherheiten oder einer Mehrheit von Begünstigten Die Rechtsverhältnisse bei einer Mehrheit von Sicherheiten
A. Mehrheit von Garanten 1. Die Konsortialgarantie Bei großen Haftungssummen wird häufig die Garantie nicht von einer Bank 3/128 allein, sondern von einem Bankenkonsortium übernommen. Dieser Zusammenschluss ist wohl als Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen502. Da diese keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt und daher die einzelnen Konsorten mit dem Vertragspartner in einer Rechtsbeziehung stehen, kommt es zu einer Aufspaltung in mehrere Teilschuldverhältnisse (§ 1203 ABGB)503. Die Banken vereinbaren überdies regelmäßig ausdrücklich, dass sie dem Begünstigten nicht solidarisch haften, vielmehr jede von ihnen nur auf einen bestimmten prozentuellen Anteil in Anspruch genommen werden kann. Da es sich somit um ein Teilschuldverhältnis handelt, müsste jeder einzelne Garant in Anspruch genommen werden. Das Konsortium wird jedoch nach den üblichen Vereinbarungen von einer „federführenden Bank“ (Konsortial499 500 501
502
503
Siehe Klang in Klang VI 619. ÖBA 1991, 248 f. Siehe Mader/Janisch in Schwimann, ABGB3 § 1478 Rz 7; Schubert in Rummel, ABGB3 § 1478 Rz 3; OGH in ÖBA 2007, 148 mit Anm von B. Koch. Vgl Hinsch/Horn, Das Vertragsrecht der internationalen Konsortialkredite und Projektfinanzierungen (1985) 156; De Meo, Bankenkonsortien (1994) 34 ff. Dazu Riedler in KBB2 § 1175 Rz 4 mwN.
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Die Bankgarantie
führer, Agent) vertreten und der Begünstigte hat die Inanspruchnahme der Garantien dieser Bank gegenüber zu erklären. Wird die Inanspruchnahmeerklärung an eine der anderen Banken gerichtet, so ist sie nicht ordnungsgemäß504, nicht einmal für die Quote, für die jene Bank einzustehen hat. Für die Wirksamkeit und daher auch für die Rechtzeitigkeit der Inanspruchnahme ist somit der Zugang beim Konsortialführer maßgebend. Das Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und den Banken sowie zwischen den Banken untereinander wird fast stets eingehend vertraglich geregelt. Liegt ausnahmsweise keine Vertragsbestimmung vor oder ist diese lückenhaft, so muss wohl davon ausgegangen werden, dass der Auftraggeber den Widerruf des Auftrages oder die Erteilung einer Weisung nur allen Teilnehmern des Konsortiums gegenüber vornehmen kann: Der Auftrag geht dahin, dass die Banken als Konsortium eine Garantie übernehmen, also ein Vertrag vorliegen soll und die Teilverpflichtungen eine Einheit bilden. Regressprobleme können sich bei dieser üblichen Ausgestaltung grundsätzlich nicht ergeben505, weil die von den Banken dem Begünstigten gegenüber eingegangenen Teilverpflichtungen ohnehin den intern zu tragenden Anteilen entsprechen. 3/129
Sollte ausnahmsweise eine solidarische Haftung übernommen worden sein, so hat der in Anspruch genommene Garant – neben den Rückersatzansprüchen gegen den Auftraggeber – gegenüber den anderen Garanten Ausgleichsansprüche, die sich aus § 896 ABGB ergeben506; auf diese Bestimmung verweist auch § 1359 ABGB für die Bürgschaft. Überdies kann, soweit der Auftraggeber dem Begünstigten gegenüber tatsächlich verpflichtet war und der zahlende Garant daher dessen Verbindlichkeit erfüllte, § 1358 ABGB unmittelbar angewendet werden: Dem Zahlenden sind alle Sicherungsrechte des befriedigten Gläubigers auszuliefern, also auch die Garantieansprüche gegen die mithaftenden Banken (siehe Rz 3/131). Entsprechendes gilt auch dann, wenn die mehreren Garanten zwar anteilsmäßig haften, aber nicht nach bestimmten Quoten, sondern jeder auf einen bestimmten Teilbetrag: Wird vom Begünstigten insgesamt nur ein Teil der Garantie in Anspruch genommen, die Zahlung dieses Teiles aber nur von einem der Garanten begehrt, so hat dieser im vorgesehenen Verhältnis Regressansprüche. Soweit sich die Anteile decken, liegt nämlich eine Solidarhaftung vor507. 504 505 506 507
Dohm, Bankgarantien Rz 299. Vgl P. Bydlinski in KBB2 § 1359 Rz 2. So Koziol, Garantievertrag 76. Zu den entsprechenden Problemen bei der Bürgschaft siehe Gamerith, Die Teilbürgschaft, ÖBA 1988, 759 mwN. Allgemein zu Teilsicherungen Reidinger, Die Berechnung des internen Ausgleichs zwischen zwei Bestellern von Teilsicherheiten, JBl 1990, 73; Bacher, Ausgleichsansprüche zwischen mehreren Sicherern einer fremden Schuld (1994) 180 ff; P. Bydlinski/Coors, Gesamtregress, Freistellungsansprüche und Legalzession unter Mitschuldnern? ÖJZ 2007, 275; OGH 7 Ob 201/ 06v in ÖBA 2007, 316 mit krit Anm von P. Bydlinski.
Die Rechtsverhältnisse bei einer Mehrheit von Sicherheiten
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2. Unabhängig voneinander übernommene Garantien Haben mehrere Garanten dieselbe Leistung garantiert und darf der Begüns- 3/130 tigte den Garantiebetrag nur einmal abrufen, so liegt eine Solidarverpflichtung vor: Die Zahlung eines Garanten hat auch Tilgungswirkung bezüglich der Verpflichtung der anderen Garanten. Der in Anspruch genommene Garant kann gegen die anderen gemäß den §§ 896, 1358, 1359 ABGB Regress nehmen508. Soll der Begünstigte die Garantien nebeneinander in Anspruch nehmen können, so liegt keine Solidarschuld vor und § 896 ABGB scheidet als Grundlage für einen Regressanspruch aus. Der Rückgriff kann auch nicht auf eine Analogie zu § 1359 ABGB gestützt werden, da diese Bestimmung voraussetzt, dass „für den nämlichen ganzen Betrag mehrere Personen Bürgschaft geleistet“ haben. Wurde allerdings durch die Zahlung des Garanten auch jene Forderung des Begünstigten getilgt, die durch die andere Garantie gesichert ist, so eröffnet § 1358 ABGB eine Regressmöglichkeit. Wird nur eine der Garantien in Anspruch genommen, weil der Begünstigte vom Auftraggeber nicht mehr zu verlangen hat, so besteht – soweit sich die mehreren Garantien der Höhe nach decken – eine Solidarverpflichtung und dementsprechend bestehen wiederum Ausgleichspflichten zwischen den Haftenden509.
B. Garantien neben anderen Sicherheiten Zwischen dem Garanten und den anderen Sicherungsgebern bestehen in 3/131 aller Regel keine besonderen Vereinbarungen, so dass sich der Rückgriff nach den gesetzlichen Bestimmungen richtet. Tritt der Garant bei Zahlung gemäß § 1358 ABGB in die Rechte des Gläubigers ein, so erwirbt er dessen akzessorische Sicherheiten, also Pfandrechte510 und Bürgschaftsrechte, aber auch die Rechte gegen Mitschuldner aus dem Valutaverhältnis511. Er hat jedoch auch Anspruch auf die Übertragung nicht akzessorischer Sicherheiten, also insbesondere des zur Sicherung einer Kaufpreisforderung vorbehaltenen Eigentums oder des Sicherungseigentums. Da diese Rechte jedoch keine unselbständigen Nebenrechte sind, bedarf es zu ihrer Übertragung jedenfalls eines gesonderten sachenrechtlichen Übertragungsaktes512. War der Gläubiger sowohl durch eine Garantie als auch durch eine Bürgschaft gesichert, so ist § 1359 ABGB analog anzuwenden. Die fehlende Akzessorietät der Garantie kann für die Frage des internen Ausgleichs keine 508 509
510
511 512
Oben Rz 3/129. Siehe Gamerith, ÖBA 1988, 769; Reidinger, JBl 1990, 73; OGH in ÖBA 1988, 390 = SZ 60/266. Zur Frage des ipso-iure-Übergangs siehe Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 I 388 mwN. OGH 4 Ob 306/99z in ÖBA 2000, 705. Strittig, vgl dazu P. Bydlinski in KBB2 § 1358 Rz 12 mwN.
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Die Bankgarantie
Bedeutung haben513. Auch im Verhältnis zu einem dritten Pfandbesteller ist der Garant gleich wie ein Bürge zu behandeln514. C. Mehrheit von Begünstigten 3/132
Steht der garantierenden Bank eine Mehrheit von Begünstigten gegenüber, so kommt nach den §§ 888, 889 ABGB jedem von ihnen eine Teilforderung auf Auszahlung der Garantiesumme zu, wenn die Leistung in Geld besteht und daher teilbar ist. Dies gilt jedoch nur für den Zahlungsanspruch. Bei der Abrufung der Garantie geht es hingegen um die Ausübung eines Gestaltungsrechts, die regelmäßig unteilbar ist, weil sie sich auf das gesamte Schuldverhältnis auswirkt und deshalb nur von allen Berechtigten gemeinsam ausgeübt werden kann515. Da eine gemeinsame Ausübung des Rechtes auf Inanspruchnahme ohne Zweifel häufig auf Schwierigkeiten stoßen wird, ist sowohl im Interesse der Begünstigten als auch des Garanten zu empfehlen, entweder einen der Begünstigten durch alle anderen zum Abruf zu bevollmächtigen oder nach außen überhaupt nur einen Begünstigten vorzusehen und bloß im Innenverhältnis eine Verteilung zu vereinbaren.
VI. Die Einschaltung einer zweiten Bank A. Einschaltung einer Avis-Bank 1. Das Verhältnis zwischen dem Begünstigten und der zweiten Bank 3/133
Die Avis-Bank, die regelmäßig ihren Sitz im Land des Begünstigten hat, trifft bloß die Aufgabe, die Eröffnung der Garantie dem Begünstigten anzuzeigen; sie übernimmt jedoch selbst keine Zahlungsverpflichtung. Es wird allerdings angenommen, dass die Avis-Bank dem Begünstigten haftbar werden kann, wenn die Garantiebank in Wahrheit überhaupt nicht besteht oder die Unterschriften auf der Garantieurkunde nicht ordnungsgemäß sind516. Dem ist beizupflichten: Die Avisierung der Garantie ist eine Auskunft der Zweitbank gegenüber dem Begünstigten; auf Grund dieses geschäftlichen Kontaktes haftet sie wegen Unrichtigkeit der Auskunft bei Verschulden517. 2. Das Verhältnis zwischen dem Begünstigten und der Garantiebank
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Die Garantie ist – falls keine andere Vereinbarung getroffen wurde – trotz Einschaltung einer Avis-Bank gegenüber der Garantiebank in Anspruch zu 513
514
515 516 517
Schinnerer/Avancini II 295; Koziol, Garantievertrag 75 f; OGH 1 Ob 78/02f in ÖBA 2003, 214 = SZ 2002/58. OGH in ÖBA 2003, 214. Zum Rückgriff zwischen Bürgen und Pfandbestellern siehe F. Bydlinski/Koziol, Sûretés personelles 368 f; Hoyer, JBl 1987, 764; Mayrhofer, SR AT 145; OGH in SZ 57/114 = JBl 1987, 780 = RdW 1985, 9. Siehe dazu P. Bydlinski in KBB2 § 888 Rz 2. Canaris, BVR3 Rz 978; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/180. Hiezu Iro in BVR I2 Rz 3/7 f; vgl überdies zum Dokumentenakkreditiv Rz 1/158.
Die Einschaltung einer zweiten Bank
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nehmen, so dass es für die Rechtzeitigkeit auf das Einlangen bei dieser ankommt518. Häufig wird allerdings vereinbart, dass die Inanspruchnahmeerklärung über die Avis-Bank zu leiten ist, damit diese die Unterschriften prüfen kann519. Auch dies bedeutet jedoch nicht, dass für die Rechtzeitigkeit der Zugang der Inanspruchnahme bei der Avis-Bank maßgebend ist: Sie ist nicht Empfangsbote oder Empfangsvertreter520. Hat der Begünstigte die Inanspruchnahme über die Avis-Bank zu leiten, so ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Garantiebank Verspätungen zurechnen lassen muss, die durch die Avis-Bank verursacht werden und daher nicht dem Begünstigten anzulasten sind, weil die Avis-Bank der Sphäre des Garanten zuzurechnen ist. Die Inanspruchnahme ist daher rechtzeitig, wenn sie der Avis-Bank so zeitgerecht zuging, dass sie bei ordnungsgemäßer Weiterleitung fristgerecht bei der Garantiebank einlangen musste521. Obwohl also auch die infolge eines Versehens der Avis-Bank verspätet bei der Erstbank einlangende Inanspruchnahmeerklärung als rechtzeitig zu gelten hat, kann dem Begünstigten ein Schaden entstehen, und zwar durch eine verspätete Auszahlung. Für diesen Nachteil haftet ihm die Erstbank, weil sie gemäß § 1313a ABGB für die von ihr zur Entgegennahme und Weiterbeförderung eingesetzte Avis-Bank einzustehen hat. 3. Das Verhältnis zwischen dem Begünstigten und dem Garantieauftraggeber Das Verhältnis des Begünstigten zum Garantieauftraggeber wird durch die 3/135 Einschaltung einer Avis-Bank grundsätzlich nicht berührt. Es stellt sich nur die Frage, ob der Auftraggeber auch für ein Versehen der Avis-Bank zu haften hat; entsprechend der Funktion der Zweitbank käme nur die verspätete Anzeige der Garantieeröffnung in Betracht. Da der Garantieauftraggeber regelmäßig nicht die Pflicht übernimmt, selbst dem Begünstigten die Beistellung einer Garantie bis zu einem bestimmten Tag anzuzeigen, setzt er die Bank nicht als Erfüllungsgehilfen ein (siehe Rz 3/53). 4. Das Verhältnis zwischen dem Garantieauftraggeber und der Erstbank Schaltet die Erstbank eine Avis-Bank ein, so bedient sie sich dieser, um ihr 3/136 selbst obliegende Pflichten zu erfüllen. Sie haftet dem Auftraggeber daher für das Verschulden der Zweitbank gemäß § 1313a ABGB522. In Betracht kommt vor allem eine Schädigung des Auftraggebers durch eine verspätete Anzeige der Garantieeröffnung, was uU zu einem Scheitern des Geschäftsabschlusses zwischen Auftraggeber und Begünstigtem führen kann. 518 519 520 521
522
Schinnerer/Avancini III 66; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/181. Vgl Dohm, Bankgarantien Rz 44. Von Westphalen, Die Bankgarantie im internationalen Handelsverkehr1 (1982) 213. Ebenso Canaris, BVR3 Rz 992 und wohl auch Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 2/181. Canaris, BVR3 Rz 1116.
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Die Bankgarantie
Die Beiziehung eines Erfüllungsgehilfen ist hier wie auch sonst grundsätzlich nicht pflichtwidrig (vgl Bd I2 Rz 1/93 ff), so dass allein daraus keine Haftung der Erstbank abgeleitet werden kann. Unzulässig wäre jedoch die Einschaltung der Zweitbank als Substitut (§ 1010 ABGB) und eine damit verbundene Einschränkung der Haftung auf Auswahlverschulden523. B. Bestätigung der Garantie durch eine Zweitbank 1. Die Stellung des Begünstigten 3/137
Die Bestätigung der Garantie durch eine Bank im Lande des Begünstigten soll diesem einen im Inland durchsetzbaren Anspruch verschaffen524: Die Zahlungsverpflichtung der Zweitbank soll jener der Erstbank entsprechen und zu dieser hinzutreten. Es stellt sich die Frage, was unter dieser Bestätigung zu verstehen ist und auf welche Weise durch sie eine – abstrakte – Verpflichtung der Zweitbank gegenüber dem Begünstigten geschaffen werden kann. Nicht gangbar ist in Österreich der Weg, ein abstraktes Schuldversprechen anzunehmen525, da dieses unserem Recht unbekannt ist526. Möglich wäre jedoch, dass die Zweitbank selbst eine zusätzliche Garantie übernimmt, die jener der Erstbank inhaltlich gleicht527. Das wäre auch nach österreichischem Recht zulässig, weil es sich nicht um ein zweipersonales Verhältnis handelt528. Da dem Begünstigten zwei Garanten haften, er aber nur einmal die Zahlung erhalten soll, liegt eine Solidarschuld der mehreren Garanten vor. Die Bestätigung könnte jedoch auch als ein Schuldbeitritt zur Verpflichtung der Erstbank verstanden werden529; auch dadurch entstünde eine Solidarschuld.
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Sowohl bei der Entstehung als auch bei den Rechtsfolgen bestehen Unterschiede zwischen den beiden möglichen Konstruktionen. Eine eigene Garantie der Zweitbank setzt einen Vertrag zwischen ihr und dem Begünstigten 523 524
525
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Zu Z 8 ABB siehe Iro in BVR I2 Rz 1/93 ff. Dies könnte auch durch ein Indossament erreicht werden, siehe Schütze, Bestätigte und indossierte Bankgarantien als Sicherungsmittel im internationalen Handelsverkehr, J. Gernhuber-FS (1993) 466 ff, doch ist dies zumindest in Österreich kaum gebräuchlich, weshalb hier auch nicht näher darauf eingegangen wird. Dies wird in Deutschland bei der Bestätigung eines Akkreditivs angenommen, siehe Canaris, BVR3 Rz 984 und für die bestätigte Garantie ebenso Schütze, J. Gernhuber-FS 466. Vgl Koziol, Gschnitzer-GedS (1969) 233. Siehe Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/96. Die Situation unterscheidet sich von der normalen Bankgarantie nur dadurch, dass die Zweitbank nicht direkt vom Auftraggeber betraut wurde, sondern von der Erstbank; es besteht somit im Deckungsverhältnis eine Auftragskette. Siehe hiezu näher Rz 3/141 zur indirekten Garantie. Das entspricht dem Verständnis von Dohm, Bankgarantien Rz 45 und Kleiner, Bankgarantie 173; Schütze, J. Gernhuber-FS 463, erwähnt ebenfalls diese Konstruktionsmöglichkeit. Auch die übliche englische Formulierung „we hereby join the above guaranty“ deutet auf einen Schuldbeitritt hin.
Die Einschaltung einer zweiten Bank
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voraus; ein Schuldbeitritt wäre auch durch Vereinbarung zwischen Erst- und Zweitbank zu erreichen (§ 1406 Abs 1 ABGB). Dies ist aber letztlich kaum von Bedeutung, weil die Zweitbank ohnehin die Bestätigung gegenüber dem Begünstigten abgibt, und überdies auch eine Garantie in Form eines Vertrages zu Gunsten Dritter begründet werden könnte. Gravierender sind die unterschiedlichen Folgen: Bei einer eigenständigen Garantie der Zweitbank richten sich deren Wirkungen grundsätzlich nach dem Recht im Lande der Zweitbank (dazu Rz 3/177) und überdies ist ihre Gültigkeit selbständig zu beurteilen. Beim Schuldbeitritt wird hingegen dieselbe Verpflichtung übernommen, die der Erstbank obliegt, so dass die Verpflichtung des Beitretenden derselben Rechtsordnung unterliegt wie die Garantie der Erstbank; nur die Wirksamkeit der Übernahmsvereinbarung unterläge dem Recht am Sitz der Zweitbank, die die charakteristische Leistung erbringt. Da die Verpflichtung der Erstbank kumulativ von der Zweitbank übernommen wird, hängt die Verpflichtung der Zweitbank von der Gültigkeit jener der Erstbank ab. Wegen dieser unterschiedlichen Rechtsfolgen sollte von der Zweitbank stets klargestellt werden, ob eine eigene Garantie oder ein Beitritt zur Garantie der Erstbank gewollt ist. Die Stellung des Begünstigten gegenüber der Erstbank wird durch die Bestätigung der Garantie nicht verändert: Da beide Banken Gesamtschuldner sind, kann er nach wie vor auch die Erstbank in Anspruch nehmen. Auch im Verhältnis zum Garantieauftraggeber ergeben sich keine Veränderungen. 2. Das Verhältnis zwischen dem Garantieauftraggeber und der Erstbank Die bestätigende Zweitbank wird anders als eine Avis-Bank von der Erstbank 3/139 nicht zur Erfüllung ihr obliegender Pflichten eingesetzt; sie soll vielmehr selbst eine Garantiehaftung neben der Erstbank übernehmen. Anders als die bloße Anzeige der Eröffnung der Garantie durch die Avis-Bank berührt die Bestätigung durch die Zweitbank auch die Interessen des Auftraggebers. Letzteres gilt insbesondere, wenn die Zweitbank nicht beitritt, sondern eine selbständige Garantie übernimmt: Die Garantie richtet sich nach dem Recht im Lande der Zweitbank; dadurch können unter anderem die rechtlichen und faktischen Möglichkeiten, den Rechtsmissbrauch einzuwenden, geschmälert werden und dem Auftraggeber wird es häufig kaum möglich sein, die Auszahlung durch einstweilige Verfügungen zu verhindern530. Die letzteren Schwierigkeiten können auch beim Schuldbeitritt auftreten. Da somit durch die Bestätigung die Interessen des Auftraggebers beeinträchtigt werden können, darf die Erstbank eine Zweitbank mit der Bestätigung nur dann betrauen, wenn der Auftraggeber sich damit einverstanden erklärt hat oder es nach den Umständen unvermeidbar war und die Zustimmung nicht mehr eingeholt werden konnte531. Bei erlaubter Einschaltung der Zweitbank haftet die Erstbank nicht gemäß § 1313a ABGB für diese, weil die Zweitbank eben nicht hilfsweise zur Erfüllung von Pflichten, die der Erstbank obliegen, herangezogen wird. Die 530 531
Siehe hiezu bei der indirekten Garantie, Rz 3/156 und 161. Dies ist aus den §§ 1009, 1010 ABGB ableitbar.
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Die Bankgarantie
Erstbank haftet daher nur für ein Auswahlverschulden 532. Erfolgt die Beiziehung der Zweitbank ohne Erlaubnis, so haftet die Erstbank dem Auftraggeber für jeden dadurch entstehenden Schaden (§ 1012 ABGB)533. 3. Das Verhältnis zwischen den beiden Banken 3/140
Ersucht die Erstbank die Zweitbank, die Garantie zu bestätigen, so liegt ein Auftragsverhältnis vor, so dass der Zweitbank bei Inanspruchnahme durch den Begünstigten ein Anspruch auf Aufwandersatz gemäß § 1014 ABGB zusteht. Überdies kann sie selbst gegen den Auftraggeber Rückgriff nehmen, wenn sie dessen Verbindlichkeit erfüllte und daher die Rechte des Begünstigten gemäß § 1358 ABGB erwarb. Hat die Erstbank den Aufwand der Zweitbank ersetzt, so stehen ihr wiederum Ersatzansprüche aus ihrem Auftragsverhältnis mit dem Dritten zu. C. Die indirekte Garantie 1. Allgemeines
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Im internationalen Wirtschaftsverkehr ist es durchaus üblich, dass die Bank des Verpflichteten (die Erstbank) nicht selbst direkt mit dem ausländischen Begünstigten einen Garantievertrag abschließt, sondern eine Zweitbank in dessen Land beauftragt, die Garantie hinauszulegen. Die Eröffnung der Garantie zugunsten des Begünstigten erfolgte daher nur „indirekt“. Meist übernimmt die Erstbank gegenüber der Zweitbank eine Rückgarantie; diese dient der Sicherung der Rückersatzansprüche, die der Zweitbank bei Inanspruchnahme durch den Begünstigten zustehen534. Da die Erstbank die Zweitbank stets im eigenen Namen beauftragt, dem Begünstigten die Hauptgarantie hinauszulegen, steht der Zweitbank aber stets auch gemäß § 1014 ABGB ein Aufwandersatzanspruch gegen die Erstbank zu535. Die Rückgarantie der Erstbank dient somit nicht der Sicherstellung der Leistung eines Dritten, sondern einer eigenen Leistung der Erstbank536. Dennoch ist sie 532
533 534
535
536
Canaris, BVR3 Rz 1116. Zu den Warnpflichten bei Auswahl der Zweitbank durch den Auftraggeber vgl Iro in BVR I2 Rz 1/99. Von Gablenz, Haftung 289. Dazu Bark, ZIP 1982, 405; Schinnerer/Avancini II 329; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 251 ff; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/64 ff und 97. Die Garantie ist für die Zweitbank aber deshalb von Bedeutung, weil die Erstbank bei Inanspruchnahme der Rückgarantie auf erste Anforderung zahlen und die Zweitbank nicht das Bestehen eines Anspruchs beweisen muss; vgl Büsser, Einreden 106 ff. Vgl Kleiner, Bankgarantie 177 f; Nielsen, Rechtsmißbrauch bei Inanspruchnahme von Bankgarantien als typisches Problem der Liquiditätsfunktion abstrakter Zahlungsversprechen, ZIP 1982, 257 f; Pietsch, Die einheitlichen Richtlinien für Vertragsgarantien der internationalen Handelskammer aus der Sicht der Kreditinstitute, in Zwei Beiträge zum Auslandsgeschäft der Kreditinstitute (1983) 82; Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 9/66.
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nicht als zweipersonale Garantie anzusehen, die einer kausalen Ausgestaltung bedürfte: Da die Rückgarantie Teil einer Vertragskette ist und über die Grundverhältnisse sowohl die Inhaltskontrolle als auch die Rückabwicklung unberechtigter Zuwendungen möglich sind, kann ihre abstrakte Ausgestaltung zugelassen werden537. 2. Das Verhältnis zwischen dem Begünstigten und der Zweitbank Die von der Zweitbank dem Begünstigten hinaus gelegte Hauptgarantie ist 3/142 eine normale Garantie, so dass grundsätzlich die allgemeinen Regeln über das Zustandekommen, den Inhalt und die Einwendungsmöglichkeiten gelten. Zu beachten ist aber folgendes: Wird eine österreichische Bank von einer ausländischen Bank beauftragt, die Hauptgarantie hinauszulegen, so unterliegt diese grundsätzlich österreichischem Recht; beauftragt hingegen eine österreichische Erstbank eine ausländische Zweitbank, so unterliegt die von dieser eröffnete Garantie regelmäßig dem Recht am Ort der Zweitbank (siehe unten Rz 3/177). Das hat insofern praktische Bedeutung, als sich die Einwendungsmöglichkeiten, insbesondere auch wegen Rechtsmissbrauchs, nach dieser Rechtsordnung richten538. 3. Das Verhältnis zwischen der Zweitbank und der Erstbank a) Das Auftragsverhältnis Die Erstbank beauftragt die Zweitbank im eigenen Namen, die Hauptgarantie 3/143 an den Begünstigten hinauszulegen. Da die Erstbank insofern Garantieauftraggeber ist, gilt für das Verhältnis zur Zweitbank grundsätzlich das gleiche wie bei den direkten Garantien für das Verhältnis des Auftraggebers zum Garanten (oben Rz 3/57 ff). Die Erstbank trifft daher vor allem die Pflicht zum Aufwandersatz, wenn die Zweitbank in Anspruch genommen wird. Die Zweitbank trifft insbesondere die Verpflichtung, die Hauptgarantie hinauszulegen, aber auch zur Erhebung des Rechtsmissbrauchseinwandes, wobei allerdings zu prüfen ist, ob und wie weit dies nach dem Recht, dem die Hauptgarantie unterliegt, überhaupt möglich ist. b) Die Rückgarantie Für das Zustandekommen des Garantievertrages, die Rechte und Pflichten 3/144 aus der Garantie, insbesondere zur Inanspruchnahme, gelten die allgemeinen Regeln, da es sich um eine normale, abstrakte Bankgarantie handelt. Die Erstbank kann als Rückgarantin der Zweitbank demnach auch die rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme einwenden. Hiebei ist jedoch 537
538
Ausführlich Koziol, Die Zulässigkeit abstrakter Rückgarantien nach österreichischem Recht, ÖBA 1986, 443. Ihm folgend OGH in ÖBA 1988, 1230. Hiezu Goerke, Kollisionsrechtliche Probleme 100 f; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 265 und unten Rz 3/156 und 177.
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zu beachten, dass dieser Einwand gegenüber der Zweitbank als der Begünstigten aus der Rückgarantie nur dann erhoben werden kann, wenn der Zweitbank selbst ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden kann; der Einwand des Rechtsmissbrauches steht daher nicht schon dann zur Verfügung, wenn der Begünstigte aus der Hauptgarantie rechtsmissbräuchlich gehandelt hat539. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Zweitbank wird dann angenommen, wenn sie dem Begünstigten aus der Hauptgarantie zahlt, obwohl sie den Rechtsmissbrauch des Begünstigten kennt540, es für sie liquide beweisbar ist, dass der Begünstigte die Hauptgarantie rechtsmissbräuchlich in Anspruch nimmt, und ihr überdies nach dem für die Hauptgarantie maßgebenden Recht der Einwand des Rechtsmissbrauches offensteht541. Kennt das Recht, dem die Hauptgarantie unterliegt, keinen Rechtsmissbrauchseinwand, so kann die Erstbank sich nicht auf die Vorbehaltsklausel berufen; deren Anwendung scheidet grundsätzlich aus542. Es geht nämlich nicht um die Anwendung ausländischen Rechts durch die österreichischen Gerichte, sondern um eine Tatbestandswirkung des ausländischen Rechts; die Möglichkeit der ausländischen Zweitbank, den Missbrauchseinwand gegenüber dem Begünstigten aus der Hauptgarantie zu erheben, ist Tatbestandsvoraussetzung der Rechtsmissbrauchseinwendung ihr gegenüber543. Ein Rechtsmissbrauch der Zweitbank liegt aber auch dann vor, wenn sie die Rückgarantie in Anspruch nimmt, obwohl sie vom Begünstigten aus der Hauptgarantie überhaupt nicht in Anspruch genommen wurde oder sie trotz Inanspruchnahme dem Begünstigten erfolgreich die Auszahlung verweigerte. 4. Das Verhältnis zwischen der Erstbank und dem Auftraggeber 3/145
Gegenüber Auftragsverhältnissen bei direkten Garantien weist das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Erstbank bei indirekten Garantien eine bedeutsame inhaltliche Abweichung auf: Die Erstbank hat dem Begünstigten die 539
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Canaris, BVR3 Rz 1139; derselbe, ÖBA 1987, 782; Koziol, ÖBA 1986, 491; Nielsen, ZHR 147 (1983) 155; OGH in ÖBA 1989, 1134; 9 Ob 265/99g in ÖBA 2000, 704. Koziol, Garantievertrag 59; Nielsen, ZHR 147, 153 f; Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 18; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 269 ff. Zahn/ Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/128 weisen darauf hin, dass nach Maßgabe des jeweils zur Anwendung kommenden Rechts auch grob fahrlässige Unkenntnis des Missbrauchs des Begünstigten genügen kann; vgl auch Mülbert, Mißbrauch 66. Dies steht jedoch in Widerspruch zu § 1295 Abs 2 ABGB, der Vorsatz verlangt. OGH in ÖBA 2000, 704; Canaris, BVR3 Rz 1139; derselbe, ÖBA 1987, 782 f; Dohm, Bankgarantien Rz 283 ff; Mülbert, Mißbrauch 87; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 271; abweichend Heinze, Rechtsschutz 178 f. Dies übersieht der OGH in ÖBA 1986, 486 mit Anm von Koziol = SZ 59/128; der OGH verneinte aber letztlich das Vorliegen eines Verstoßes gegen den ordre public. Siehe dazu auch Moschner, Minimale Chancen auf eine einstweilige Verfügung bei indirekten Garantien, IPRax 1988, 43. Canaris, BVR3 Rz 1139; derselbe, ÖBA 1987, 782 f; Dohm, Bankgarantie Rz 287; Heldrich, Kollisionsrechtliche Aspekte des Mißbrauchs von Bankgarantien, KegelFS (1987) 192; Koziol, ÖBA 1986, 491 f; Mülbert, Mißbrauch 89 f; Zahn/Ehrlich/ Neumann, Zahlung Rz 9/129.
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Garantie nicht selbst hinauszulegen, sondern nur die Pflicht, im eigenen Namen eine Zweitbank im Lande des Begünstigten mit der Hinauslegung der Hauptgarantie zu betrauen und selbst eine Rückgarantie zu übernehmen. Da die Erstbank die Hauptgarantie nicht selbst zu eröffnen hat, ist die Zweitbank kein Erfüllungsgehilfe; die Erstbank haftet für ein Fehlverhalten der Zweitbank daher nicht gemäß § 1313a ABGB, sondern hat bloß für ein Auswahlverschulden einzustehen544. Der Auftraggeber hat bei rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme der Rückgarantie (Rz 3/144) einen Anspruch gegen die Erstbank, dass die Garantiesumme nicht auf seine Rechnung an die Zweitbank ausbezahlt wird. Er hat auch Anspruch darauf, dass die Erstbank die Beweise für eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme der Hauptgarantie an die Zweitbank weiterleitet und dadurch die Verweigerung der Auszahlung an den Begünstigten ermöglicht545. War die Einschaltung der Zweitbank vom Auftraggeber nicht genehmigt und 3/146 liegt auch kein Notfall (§ 1010 ABGB) vor, so ist die Beauftragung der Zweitbank zur Hinauslegung der Hauptgarantie unerlaubt und die Erstbank haftet für allen daraus entstehenden Schaden (§§ 1010, 1012 ABGB)546. 5. Das Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Begünstigten Das Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Begünstigten weist 3/147 keine Besonderheiten gegenüber jenen bei direkten Garantien auf. Dem Auftraggeber steht so wie dort (oben Rz 3/55 f) uU ein Anspruch auf Unterlassung oder Widerruf der Inanspruchnahme der Garantie zu. 6. Das Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und der Zweitbank Da die Erstbank die Zweitbank im eigenen Namen beauftragt, besteht bei den 3/148 indirekten Garantien typischerweise keine vertragliche Beziehung zwischen dem Garantieauftraggeber und der Zweitbank, die auch Begünstigte aus der Rückgarantie ist. Es ist daher zu fragen, ob dem Auftraggeber Ansprüche gegen die Zweitbank auf Unterlassung der Auszahlung an den Begünstigten und auf Unterlassung der Inanspruchnahme der Rückgarantie zustehen können. Aus dem Vertrag zwischen der Erst- und der Zweitbank ergeben sich nach verbreiteter österreichischer und deutscher Auffassung547 auch Schutzwirkungen zugunsten des Auftraggebers; ob derartige Schutzpflichten bestehen, richtet sich jedoch nach dem Recht, dem die Vereinbarung zwischen Erstund Zweitbank unterliegt (siehe unten Rz 3/178). Handelt die Zweitbank deratigen Schutzpflichten entgegen, so stehen dem Auftraggeber Unterlas544
545 546 547
Canaris, BVR3 Rz 1116; von Gablenz, Haftung 289 f; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 248 ff. Von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 267. Von Gablenz, Haftung 289. Vgl auch oben Rz 3/59. Heinze, Rechtsschutz 145 f; Moschner, IPRax 1988, 42.
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sungs- und Schadenersatzansprüche zu. Die Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter beziehen zwar an sich nicht das Vermögen des Dritten in den Schutzbereich ein, doch bestehen Ausnahmen vor allem dann, wenn die Hauptleistung gerade dem Dritten zukommen soll, was insbesondere auch bei mittelbarer Stellvertretung der Fall ist548. Bei indirekten Garantien handelt nun die Erstbank im Auftrag des Garantieauftraggebers und diesem soll wirtschaftlich auch die Leistung der Hauptgarantin zukommen. Es sind daher die Voraussetzungen für die Einbeziehung auch des bloßen Vermögens in den Schutzbereich gegeben. Daneben können Unterlassungsansprüche des Garantieauftraggebers auch darauf gestützt werden, dass die Zweitbank ein deliktisches Verhalten (§ 1295 Abs 2 ABGB) setzt, wenn sie die Rückgarantie missbräuchlich in Anspruch nehmen will. Dem Auftraggeber steht daher auch ein Anspruch auf Unterlassung sittenwidriger Schädigung zu549. Zur Frage, nach welcher Rechtsordnung diese Ansprüche zu beurteilen sind, siehe Rz 3/178.
VII. Einstweilige Verfügungen A. Bei direkten Garantien 1. Einstweilige Verfügungen gegen den Garanten a) Zur Sicherung von Unterlassungsansprüchen gegen die Bank 3/149
Vielfach wurde die Auffassung vertreten, dass einstweilige Verfügungen gegen die Bank, die Zahlung aus der Garantie an die Begünstigten zu unterlassen, nicht zulässig seien550: Durch eine vom Auftraggeber beantragte einstweilige Verfügung dürfe nicht in das Rechtsverhältnis zwischen Garant und Begünstigtem eingegriffen werden551. Die heute hM552 spricht sich jedoch zu 548 549 550
551
552
Vgl dazu Koziol, HaftpflichtR II 87 f; Karner in KBB2 § 1295 Rz 19 mwN. Koziol, ÖBA 1986, 490; Moschner, IPRax 1988, 42. Auhagen, Garantie 66; von Caemmerer, Riese-FS 304; Coing, ZHR 147 (1983) 138; Heinsius, Werner-FS (1984) 242 ff; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/138. Durch das Drittverbot wird die Fälligkeit der Garantieforderung und nicht bloß die Geltendmachung dieser Forderung (reine oder abgeschwächte Stundung) hinausgeschoben: OGH 6 Ob 537/88 in ÖBA 1988, 712 mit Anm von Koziol; 7 Ob 658/89 in ÖBA 1990, 304. OGH in SZ 54/189; JBl 1985, 425; 4 Ob 602/95 in ÖBA 1997, 384; Egger, Probleme des einstweiligen Rechtsschutzes bei auf erstes Verlangen zahlbaren Bankgarantien, SZW 1990, 12; Chr. Hausmaninger, Die Beeinträchtigung Dritter durch einstweilige Verfügungen, JBl 1990, 162 f; Hein, Zahlungsanspruch 150 ff; Heinze, Rechtsschutz 156 ff; Horn, Bürgschaften 162 ff; Kleiner, Bankgarantie 231 ff; Konecny, ÖBA 1989, 786 ff; Koziol, Garantievertrag 65; Lienesch, Rechtsmissbrauch und einstweiliger Rechtsschutz im internationalen Garantiegeschäft, DZWIR 2000, 496 f; Liesecke, WM 1968, 27; Mülbert, Mißbrauch 111 ff; Pleyer, WM Sonderbeilage 2/1973, 25; Schönle, Mißbrauch von Akkreditiven und Bankgarantien (1983) 76; Schumacher, Sperre der Bankgarantie durch einstweilige Verfügung, RdW 1986, 329; Zechner, Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügung (2000) § 382 Rz 7.
Einstweilige Verfügungen
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Recht für die Zulässigkeit von Zahlungsverboten553 im Sinne des § 382 Abs 1 Z 5 EO aus554. Zwar dürfen grundsätzlich Ansprüche des Garantieauftraggebers gegen den Begünstigten aus dem Valutaverhältnis wegen der Abstraktheit der Garantie nicht dazu führen, dass auf dem Umweg über eine einstweilige Verfügung die Garantie vom Grundverhältnis abhängig gemacht wird555. Stehen jedoch dem Garanten selbst Einwendungen zu und ist er gegenüber dem Garantieauftraggeber zu ihrer Geltendmachung verpflichtet, so liegt einerseits ein zu sichernder Anspruch des die einstweilige Verfügung Beantragenden vor und anderseits wird ohnehin nur die Geltendmachung von Einwendungen erzwungen, die dem Garanten gegen den Begünstigten zustehen. Ein zu sichernder Anspruch des Auftraggebers gegen die Bank liegt vor, wenn der Begünstigte die Garantie missbräuchlich in Anspruch nimmt und dies auch liquide nachgewiesen wird: Dann hätte der Auftraggeber einen Anspruch gegen den Garanten, die Auszahlung auf seine Rechnung sowie alle Rückgriffsmaßnahmen556 zu unterlassen (Rz 3/62 ff). Vor Inanspruchnahme kann ein Unterlassungsanspruch entstehen, weil schon bei ernsthafter Androhung eines unberechtigten Abrufs eine konkrete Gefährdung gegeben ist557. Die einstweiligen Verfügungen setzen nach § 381 EO die drohende Gefahr 3/150 der Vereitelung oder erheblichen Erschwerung der Verfolgung oder Verwirklichung des Anspruchs voraus558. Bei Unterlassungsansprüchen trifft regelmäßig die Voraussetzung zu, dass die Verwirklichung des Anspruches sonst vereitelt würde559. Demgegenüber könnte allerdings für die hier interessierenden Fälle eingewendet werden, dass der Auftraggeber der Bank ja nicht schlechthin die Zahlung untersagen könne, sondern nur die Zahlung auf seine Rech553
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Nach Konecny, Zur Wirksamkeit einstweiliger Verfügungen nach Ablauf der Verfügungsfrist, ÖBA 1997, 994 ff, ist der Bank nur die Auszahlung zu verbieten; sie hat daher den Garantieabruf zu beachten. Ein solches Zahlungsverbot durch einstweilige Verfügung begründet keine Unmöglichkeit der Erfüllung der Bankgarantie, da es sich bloß um eine Provisiorialmaßnahme handelt und demnach nur ein vorläufiges Hindernis für die Erbringung der Leistung gegeben ist: OGH 1 Ob 164/01a in JBl 2002, 333. Der OGH hält überdies fest, dass ein von einem ausländischen Gericht verhängtes einstweiliges Zahlungsverbot keine Eingriffsnorm ist, die allenfalls auch in Österreich unmittelbar anzuwenden wäre. Das betonen zu Recht Kleiner, Bankgarantie 223 ff; Zechner, Sicherungsexekution § 382 Rz 7 und auch der OGH in ständiger Rechtsprechung, vgl aus jüngerer Zeit etwa OGH 1 Ob 66/04v in ÖBA 2005, 134; 3 Ob 291/04x in ÖBA 2005, 649; 6 Ob 253/03d in ÖBA 2005, 902; 6 Ob 105/05t in ÖBA 2006, 141. Konecny, ÖBA 1989, 777. Mülbert, Mißbrauch 139, 145. Allgemein hiezu P. Böhm, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage (1979) besonders 54. Hiezu Schumacher, RdW 1986, 330; Zechner, Sicherungsexekution § 382 Rz 7; König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren3 (2007) Rz 2/39 ff; Kodek in Angst, EO2 § 381 Rz 4 ff. Konecny, ÖBA 1989, 782 f, 784.
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Die Bankgarantie
nung. Dürfe die Bank aber nicht auf Rechnung des Auftraggebers auszahlen, so könne dieser den schon gezahlten Aufwand zurückverlangen oder die Rückgängigmachung der durchgeführten Belastungsbuchung begehren, so dass er keines einstweiligen Rechtsschutzes bedürfe560. Dieser Einwand ist jedoch nicht zutreffend: Wird keine einstweilige Verfügung erlassen, so besteht die Gefahr, dass der Garant, obwohl er nicht zahlen dürfte, in entschuldbarem Rechtsirrtum auszahlt, weil er die liquide Beweisbarkeit nicht für gegeben erachtet, und ihm daher Aufwandersatzansprüche gemäß § 1014 ABGB zustehen. Eine noch größere Gefahr besteht, wenn dem Garanten vereinbarungsgemäß selbst dann ein Aufwandersatz zusteht, wenn er die Zahlung auf fremde Rechnung zu unterlassen hätte und er dennoch leicht oder gar grob fahrlässig auszahlt. Derartige Gefahren beseitigt die einstweilige Verfügung jedenfalls561, so dass sie zumindest bei Vorliegen dieser Gefahren zuzulassen ist562. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass sich eine Belastung des Kontos des Auftraggebers durch die Bank wegen eines in Wahrheit nicht bestehenden Aufwandersatzanspruches regelmäßig nachteilig für den Auftraggeber auswirkt, weil er zumindest einige Zeit über diese Beträge nicht verfügen kann. Dass ihm wegen dieser Belastungsbuchung Bereicherungs- oder Schadenersatzansprüche gegen die Bank zustehen, kann kein Argument für das Fehlen eines Schutzbedürfnisses abgeben: Es muss dem Auftraggeber die Wahl überlassen werden, welchen Anspruch er geltend machen will und es ist ihm daher auch ein Schutz bezüglich der Durchsetzung des sonst vereitelten Unterlassungsanspruches zu gewähren563. Es kann letztlich wohl nicht geleugnet werden, dass ohne einstweilige Verfügung die Verwirklichung der Ansprüche des Auftraggebers zumindest erheblich erschwert würde. b) Zur Sicherung von Ansprüchen gegen den Begünstigten 3/151
Der Unterlassungsanspruch gegen den Begünstigten (Rz 3/55 f) kann durch ein an die Bank gerichtetes Zahlungsverbot gesichert werden. Dies ist kein Drittverbot im Sinne des § 382 Abs 1 Z 7 EO564, sondern ein Unterlassungsauftrag, der auf § 382 Abs 1 Z 5 EO gestützt werden kann und bei Verstoß zur Anwendung von Beugemitteln berechtigt565. Ein gerichtliches Zahlungsverbot verpflichtet die Bank, eine bereits in die Wege geleitete Auszahlung wenn möglich abzubrechen. Sie hat deshalb insbesondere den Überweisungsauftrag zu widerrufen, solange noch ein Widerrufsrecht der Bank besteht566. 560 561 562 563 564
565 566
Vgl Canaris, BVR3 Rz 1140, 1025. Mülbert, Mißbrauch 117 f. So auch Canaris, BVR3 Rz 1140, 1025; derselbe, ÖBA 1987, 784. Heinze, Rechtsschutz 174 f; Lienesch, DZWIR 2000, 497; Mülbert, Mißbrauch 118 f. So aber Zechner, Sicherungsexekution § 382 Rz 7; wohl auch König, Einstweilige Verfügungen3 Rz 3/72; OGH 8 Ob 2146/96p in RdW 1997/280; ÖBA 1988, 1230; ÖBA 1988, 712; ÖBA 1988, 609. Konecny, ÖBA 1989, 786 ff; derselbe, ÖBA 1997, 994, 997. Zum Widerruf von Überweisungen vgl Koziol in BVR III2 Rz 1/41 ff.
Einstweilige Verfügungen
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Fraglich ist, ob die Bank die Garantie noch zu Lasten ihres Auftraggebers 3/152 honorieren kann, wenn sie vor Zustellung des Zahlungsverbotes von dem an den Begünstigten ergangenen Einziehungsverbot erfährt. Einerseits wird zu § 382 Abs 1 Z 7 EO zwar vertreten, dass ein Drittschuldner dem Gegner der gefährdeten Partei so lange zahlen könne, als ihm das Drittverbot nicht zugestellt ist567, anderseits ist aber ein Einziehungsverbot nur dann von praktischem Wert, wenn es dem Verbotsbelasteten die Legitimation zur Einforderung und Empfangnahme der Leistung nimmt568. Deshalb wird man wohl annehmen müssen, dass die Bank in Kenntnis eines dem Begünstigten gerichtlich auferlegten Einziehungsverbotes den Garantiebetrag auch dann nicht mehr auszahlen darf, wenn ihr das an sie gerichtete Leistungsverbot noch nicht zugestellt ist569. Daran ist nicht zu zweifeln, wenn das Einziehungsverbot im konkreten Fall einen liquiden Beweis dafür abgibt, dass ein Zahlungsbegehren des Begünstigten rechtsmissbräuchlich wäre. Das ist freilich bei einem im Provisorialverfahren ergangenen Einziehungsverbot nicht stets der Fall, weil das Verfahren bloß summarisch ist und die Entscheidung unter dem Gesichtspunkt der Wahrscheinlichkeit ohne genauere Untersuchung und Feststellung des Sachverhaltes erfolgt570. Obwohl bei einem Zahlungsverbot nicht der Garant, sondern der Begünstigte 3/153 der Antragsgegner ist, ist die Bank als Verbotsbelastete auch Verfahrensbeteiligte und damit rekursberechtigt. Ihre Stellung ist der eines Drittschuldners so ähnlich, dass eine Rekursberechtigung auch aus § 294 Abs 4 EO in Verbindung mit § 402 Abs 2 EO abgeleitet werden kann571. 2. Einstweilige Verfügungen gegen den Begünstigten Dem Auftraggeber steht gegen den Begünstigten572 ein Anspruch auf Unter- 3/154 lassung der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme zu (Rz 3/55 f). Damit scheint die materiell-rechtliche Voraussetzung für eine einstweilige Verfügung gegeben zu sein. Der OGH ging dementsprechend auch von der Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der Garantie oder auf Widerruf573 des schon 567 568
569 570 571 572
573
Heller/Berger/Stix, EO III 2749 f. Der OGH ist in SZ 59/1 der Ansicht, dass ein gemäß § 294 Abs 1 EO erlassenes Einziehungsverbot insoferne auch dem Schutz des Drittschuldners diene, als dieser hiedurch vor versehentlichen Zahlungen an den Verpflichteten bewahrt werden soll, die auf Grund des dem Drittschuldner schon zugestellten Zahlungsverbotes dem betreibenden Gläubiger gegenüber unwirksam wären. Weiters erwähnt der OGH noch, dass das Verfügungsverbot auch einen Schutz des betreibenden Gläubigers bezwecke, doch führt er diesen Gedanken nicht näher aus. Heller/Berger/Stix, EO III 2749 f. OGH in ZBl 1923/107. Konecny, ÖBA 1989, 856; OGH in ÖBA 1988, 1230; wbl 1988, 340. Ebenso gegen den Zessionar der Garantierechte: OGH 5 Ob 45/07i in ÖBA 2007, 909. OGH 4 Ob 602/95 in ÖBA 1997, 384; 9 Ob 11/03p in ÖBA 2004,136; 5 Ob 45/07i in ÖBA 2007, 909.
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erfolgten Abrufes aus, wenn der Rechtsmissbrauch liquide beweisbar574, ja geradezu evident ist575. Gegen eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Inanspruchnahme oder auf Widerruf der Inanspruchnahme bestehen jedoch bei den typischerweise befristeten Garantien erhebliche Bedenken576. Die einstweilige Verfügung würde regelmäßig zur Versäumung der Frist für die Inanspruchnahme führen und damit diese endgültig vereiteln. Eine Unterlassung darf jedoch nur so weit herbeigeführt werden, als durch die Beseitigung der gerichtlichen Maßnahmen der frühere Zustand wieder hergestellt werden kann, wenn im Hauptprozess die einstweilige Verfügung nicht gerechtfertigt werden sollte577. Deshalb darf die Inanspruchnahme der befristeten Garantie jedenfalls nicht bis zum Ablauf der Garantiefrist durch einstweilige Verfügung untersagt werden578. Nach Ansicht Zechners 579 kommt in diesem Fall nur ein Verbot an den Begünstigten in Betracht, den garantierten Betrag nach Inanspruchnahme der Garantie zu fordern. Keine derartigen Bedenken bestehen hingegen bei einstweiligen Verfügungen, die dem Begünstigten die Einziehung des durch die Inanspruchnahme schon entstandenen Anspruchs auf Zahlung des Garantiebetrages untersagen580. B. Bei indirekten Garantien 1. Einstweilige Verfügung gegen die Erstbank 3/155
Die Erstbank ist der Zweitbank aus der Rückgarantie verpflichtet; es gilt daher das in Rz 3/149 ff zu den einstweiligen Verfügungen des Auftraggebers gegen den Garanten Ausgeführte. Bei den indirekten Garantien wird jedoch zu Recht eine Einschränkung der Zulässigkeit von einstweiligen Verfügungen wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses vertreten581: Verweigert die Rückgarantin der Zweitbank 574
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Ausführlich hiezu Konecny, ÖBA 1989, 781 ff. OGH in SZ 54/189; ÖBA 1986, 486 mit Anm von Koziol; 6 Ob 506/88 in ÖBA 1988, 609 mit Anm von P. Doralt; ÖBA 1997, 384; 7 Ob 2410/96d in ÖBA 1997, 826; 10 Ob 120/97p in ÖBA 1998, 480; 1 Ob 93/03p in ÖBA 2004, 136; 10 Ob 41/05k in ÖBA 2006, 62. So etwa OGH 4 Ob 602/95 in ÖBA 1997, 384; 7 Ob 109/01g in ÖBA 2002, 58; ÖBA 2006, 62. Canaris, BVR3 Rz 1152, 1065; Konecny, ÖBA 1989, 783; Koziol, ÖBA 1986, 492; Mülbert, Mißbrauch 160 ff. OGH in JBl 1951, 343; SZ 27/317; EvBl 1983/144; wbl 1989, 341. Anders SZ 55/78 für die einstweilige Verfügung nach § 381 Z 2 EO. Zutreffend weist König darauf hin, dass die einstweilige Verfügung bereits mit dem Fristablauf ihre Wirkung verliert und daher die förmliche Aufhabung nicht abgewartet werden muss: Einstweilige Verfügungen3 Rz 8/13. Sicherungsexekution § 382 Rz 7. Konecny, ÖBA 1989, 783; Mülbert, Mißbrauch 161 f; Zahn/Ehrlich/Neumann, Zahlung Rz 9/139. Mülbert, Mißbrauch 119 f, 145. Ablehnend jedoch Hadding/Häuser/Welter, Gutachten 726 FN 153.
Einstweilige Verfügungen
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die Auszahlung, so könnte sich diese auch durch Aufrechnung oder Pfändung befriedigen, wenn die Rückgarantin bei ihr ein positives Verrechnungskonto unterhält. Auch dieser Aufwand der Rückgarantin wäre vom Auftraggeber gemäß § 1014 ABGB582 zu ersetzen, weil Vergeltungsmaßnahmen gegen einen nicht zahlungsbereiten Garanten zum typischen Risiko des Garantiegeschäftes zählen583. 2. Einstweilige Verfügung gegen die Zweitbank Die Zweitbank ist einerseits die Begünstigte aus der Rückgarantie; nimmt sie 3/156 diese rechtsmissbräuchlich in Anspruch, so stehen dem Garantieauftraggeber Unterlassungsansprüche zu, obwohl er mit der Zweitbank in keiner vertraglichen Beziehung steht (Rz 3/148). Wie oben ausgeführt (Rz 3/154), ist eine einstweilige Verfügung jedoch letztlich nur auf Unterlassung der Einziehung der Forderung auf Zahlung des Garantiebetrages zulässig. Anderseits ist die Zweitbank die Verpflichtete aus der dem Begünstigten hinaus gelegten Hauptgarantie. Dem Auftraggeber stehen auch hier Unterlassungsansprüche zu, wenn die Zweitbank trotz liquider Beweisbarkeit der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme auszahlen will584. Dieser Anspruch kann in demselben Umfang durch einstweilige Verfügung geschützt werden, wie bei direkten Garantien jener des Auftraggebers gegen den Garanten585. 3. Einstweilige Verfügung gegen den Begünstigten Die Frage der einstweiligen Verfügung gegen den Begünstigten weist bei 3/157 indirekten Garantien keine Besonderheiten gegenüber den direkten Garantien auf. C. Zuständigkeitsprobleme586 1. Die Zuständigkeit gemäß § 387 EO Gemäß § 387 Abs 2 EO ist für die Bewilligung einstweiliger Verfügungen, die 3/158 vor Einleitung eines Rechtsstreites beantragt werden, das Bezirksgericht zuständig, bei dem der Gegner der gefährdeten Partei zur Zeit der ersten Antragstellung seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Bei juristischen Perso582
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Vgl hiezu insbesondere Fitz, Risikozurechnung bei Tätigkeit im fremden Interesse (1985); F. Bydlinski, Die Risikohaftung des Arbeitgebers (1986); W. Faber, Risikohaftung im Auftrags- und Arbeitsrecht (2001). Siehe Canaris, BVR3 Rz 1116a; Mülbert, Mißbrauch 120; Nielsen, ZHR 147, 157; von Westphalen in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 375 f. Rz 3/148. Zur Frage des anzuwendenden Rechts siehe Rz 3/178. Zu diesem Verfahren steht der Erstbank keine Rekurslegitimation zu; siehe Konecny, ÖBA 1989, 856 f, abweichend OGH in ÖBA 1988, 1230. Zur Zuständigkeitsregelung in anderen Rechtsordnungen siehe Eilers, Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes im europäischen Zivilrechtsverkehr (1991).
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Die Bankgarantie
nen bestimmt sich der allgemeine Gerichtsstand nach dem Sitz. Bezirksgericht ist das allgemeine Bezirksgericht und nicht jenes für Handelssachen587. Hat der Gegner der gefährdeten Partei keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland, so ist das Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel die Vollzugshandlungen zu setzen sind588. Ist das Verfahren in der Hauptsache schon anhängig, so ist gemäß § 387 Abs 1 EO das Prozessgericht auch für die Bewilligung einstweiliger Verfügungen zuständig. 2. Inländische Gerichtsbarkeit a) Allgemeines 3/159
Inländische Gerichtsbarkeit besteht gemäß § 27a Abs 1 JN dann, wenn die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts gegeben sind589. Für einstweilige Verfügungen ist daher an § 387 EO anzuknüpfen590. Ist nach dieser Regelung ein inländisches Gericht örtlich zuständig, so besteht auch die internationale Zuständigkeit für die Entscheidung über das Sicherungsbegehren591, unabhängig von einer allenfalls gegebenen Zuständigkeit für das Hauptverfahren592. Der Vollzug inländischer einstweiliger Verfügungen im Ausland ist allerdings – außer multilaterale oder bilaterale Verträge sehen anderes vor – unzulässig; in der der Literatur wurde deshalb die Auffassung vertreten, die Schaffung nicht vollstreckbarer Titel sei abzulehnen593. Der OGH meint jedoch, dass auch bei fehlender Vollstreckbarkeit einer Sicherungsmaßnahme im Ausland ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben sei594 und daher die Prüfung der Vollstreckbarkeit der einstweiligen Verfügung im Ausland entfallen könne. Da jede einstweilige Verfügung der Rechtfertigung in einem Hauptverfahren bedarf, ist jedoch von einem österreichischen Gericht dann keine Verfügung zu verhängen, wenn eine im ausländischen Hauptverfahren ergehende Entscheidung in Österreich nicht anerkannt wird595. Die Grundregel des § 27a Abs 1 JN weicht allerdings gemäß Abs 2 entgegenstehendem Völkerrecht oder europarechtlichen Regelungen596. Bedeut587 588 589 590
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Heller/Berger/Stix, EO III 2818. König, Einstweilige Verfügungen3 Rz 6/17; Kodek in Angst, EO2 § 387 Rz 12. König, Einstweilige Verfügungen3 Rz 6/12. Andere Zuständigkeitsregelungen kommen nicht in Betracht, siehe OGH in ÖBA 1986, 486 mit Anm von Koziol = SZ 59/128. Matscher in Fasching (Hrsg), Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen2 (2000) § 27a JN Rz 5; Mayr in Rechberger, ZPO3 (2006) § 27a JN Rz 3. Zuletzt OGH 1 Ob 140/02y in EvBl 2002/216. Deixler-Hübner in Burgstaller/Deixler-Hübner/Dolinar (Hrsg), Praktisches Zivilprozessrecht II5 (1997) 392; Zechner, Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügungen (2000) 80. Kodek in Angst, EO2 § 387 Rz 20. Konecny, ÖBA 1989, 851 f. Matscher in Fasching, ZPO § 27a JN Rz 8; Mayr in Rechberger, ZPO § 27a Rz 4.
Einstweilige Verfügungen
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sam ist in diesem Zusammenhang insbesondere Art 31 EuGVVO, nach dem einstweilige Verfügungen597 bei inländischen Gerichten auch dann beantragt werden können, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache das Gericht eines anderen Mitgliedstaats zuständig ist598. Ist ein ausländisches Gericht zur Durchführung des Hauptverfahrens berufen, so liegt demnach sowohl in- als auch ausländische Gerichtsbarkeit vor599, was zu einem Wahlrecht der gefährdeten Partei führt600. Es ist jedoch ratsam, auf die Voraussetzungen für die Anerkennung und die Vollstreckbarkeit der Maßnahme Bedacht zu nehmen601: Für den Anwendungsbereich der EuGVVO gilt, dass einstweilige Verfügungen des Hauptsachegerichts anerkannt und vollstreckt werden können, wenn der Erlassung ein kontradiktorisches Verfahren vorangegangen ist602. Zusätzliche Schranken setzt der EuGH aber der Anerkennung und Vollstreckung einstweiliger Maßnahmen, die gemäß Art 31 EuGVVO von einem in der Hauptsache nicht zuständigen Gericht erlassen werden: Nur wenn neben der Gewährung rechtlichen Gehörs auch das schwer fassbare Erfordernis der realen Verknüpfung zwischen dem Gegenstand der betreffenden Maßnahme und der Zuständigkeit des jeweiligen Gerichts gegeben ist, kommt deren Anerkennung und Vollstreckung in Betracht603. Aufgrund der Einseitigkeit des österreichischen Exekutionsverfahrens (§§ 402 Abs 4 und § 3 Abs 2 EO)604 empfiehlt es sich demnach, für rechtliches Gehör des Gegners zu sorgen, oder einstweiligen Rechtsschutz in jenem Staat zu beantragen, in dem die Maßnahmen gesetzt werden sollen. b) Direkte Garantien Bei direkten Garantien entstehen Probleme insbesondere dann, wenn der 3/160 Begünstigte seinen Wohnsitz oder Sitz im Ausland hat und der Garantieauftraggeber Maßnahmen gegen die Einziehung der Forderung aus der Garantie ergreifen will. Auch wenn man einen Anspruch auf Unterlassung oder Widerruf der Inanspruchnahme der Garantie bejaht (vgl Rz 3/55 f), gestaltet sich dessen Sicherung durch einstweilige Verfügung als problematisch. Zwar kann gegen 597
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Zu dem der EuGVVO zugrunde liegenden Maßnahmenbegriff siehe Sender in Magnus/Mankowski (Hrsg), Brussels I Regulation (2007) Art 31 Rz 17 ff. Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht8 (2005) Art 31 Rz 14 f; Mayr in Rechberger, ZPO nach § 27a JN Rz 25; Sender in Magnus/Mankowski, Brussels I Art 31 Rz 1, 11. Zum damit verbundenen Problem der mehrfachen Rechtsanhängigkeit siehe Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht Art 31 Rz 19 ff. Kodek in Angst, EO2 § 387 Rz 13; Jud/Spitzer in von Westphalen/Jud, Bankgarantie 425; Sender in Magnus/Mankowski, Brussels I Art 31 Rz 11. Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht Art 32 Rz 23. Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht Art 31 Rz 20 f, Art 32 Rz 22; König, Einstweilige Verfügungen3 Rz 7/13. Vgl EuGH vom 17. 11. 1998, C-391/95; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht Art 31 Rz 24, Art 32 Rz 22; Sender in Magnus/Mankowski, Brussels I Art 31 Rz 29. Hiezu Jakusch in Angst, EO2 § 3 Rz 13 ff.
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Die Bankgarantie
den im Ausland befindlichen Begünstigten seitens inländischer Gerichte eine einstweilige Verfügung erlassen werden, jedoch ist deren Anerkennung und Vollstreckbarkeit nicht gesichert; bei dem Recht auf Inanspruchnahme einer Garantie handelt es sich um eine Gestaltungsmöglichkeit des aus der Garantie Begünstigten, die im Ausland durch einseitiges Rechtsgeschäft ausgeübt werden kann. Zwangsmaßnahmen müssten daher im Ausland gesetzt werden. Die österreichische Gerichtsbarkeit ist zwar gegeben, jedoch besteht die Gefahr des Leerlaufs der Maßnahme. Für den Anwendungsbereich der EuGVVO gilt das oben Gesagte (Rz 3/159). Gleiches gilt für Maßnahmen gegen die Einziehung der Garantieforderung. Diese Problematik ist – so wie beim Drittverbot – nicht gegeben, wenn die Einziehung der Forderung aus der Garantie durch die Erlassung einstweiliger Verfügungen derart verhindert werden soll, dass seitens österreichischer Gerichte Zahlungsverbote gegen österreichische Garanten verhängt werden. Diese sollen die Absicherung des gegen den Begünstigten bestehenden Anspruchs auf Unterlassung der Einziehung der Forderung aus der in Anspruch genommenen Garantie oder den gegen die Bank gerichteten Anspruch, nicht auf Rechnung des Auftraggebers zu zahlen, sichern605. c) Indirekte Garantien 3/161
Soweit es um einstweilige Verfügungen gegen die ausländische Zweitbank des Begünstigten aus der Rückgarantie geht, gilt das zur direkten Garantie Ausgeführte. Für eine einstweilige Verfügung, durch die der ausländischen Zweitbank die Auszahlung an den ausländischen Begünstigten verboten werden soll, besteht hingegen keinesfalls die Zuständigkeit österreichischer Gerichte, weil die Forderung aus der Hauptgarantie nicht in Österreich gelegen ist und die Klage mangels inländischer Gerichtsbarkeit nicht eingebracht werden könnte606. Auch für einstweilige Verfügungen gegen den ausländischen Begünstigten aus der von der ausländischen Zweitbank hinaus gelegten Hauptgarantie fehlt es an der inländischen Gerichtsbarkeit: Der Begünstigte hat keinen allgemeinen Gerichtsstand in Österreich, ebenso auch nicht die Zweitbank. Die Garantieforderung ist somit nicht in Österreich gelegen und eine Klage in Österreich scheidet aus. 605
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Siehe Konecny, ÖBA 1989, 852. Zum Drittverbot ebenso Hoyer in Heller/Berger/ Stix, EO III 2145; ablehnend Schima, Zur Zwangsvollstreckung in Forderungen im internationalen Rechtsverkehr, Dölle-FS II (1963) 354. Sein Argument, schon die Zustellung an den Verpflichteten im Ausland sei ein Akt der Zwangsvollstreckung, ist jedoch nicht überzeugend: § 18 Z 3 EO sieht gerade für solche Fälle die Zuständigkeit österreichischer Gerichte für die Zwangsvollstreckung vor, ebenso § 387 Abs 2 EO für einstweilige Verfügungen. Der entscheidende Akt ist eben die Zustellung der Beschlüsse des österreichischen Gerichtes an den inländischen Drittschuldner, da mit dieser die Wirksamkeit eintritt (§ 294 Abs 3, § 305 Abs 1 EO). Siehe zur Drittschuldnerklage Hoyer in Heller/Berger/Stix, EO III 2145.
Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung
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VIII. Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung A. Mängel im Verhältnis zwischen Garant und Begünstigtem Stellt sich die Ungültigkeit des Garantievertrages heraus, so kann die Bank 3/162 die von ihr dem Begünstigten erbrachte Leistung zurückfordern 607, da sie etwas geleistet hat, ohne hiezu verpflichtet zu sein. Der Rückforderungsanspruch beruht allein auf dem Mangel des Rechtsgrundes im Verhältnis zwischen Garant und Begünstigtem und ist daher unabhängig davon, ob dem Begünstigten nach dem Valutaverhältnis ein Anspruch auf eine derartige Leistung zusteht oder nicht608. Welche Leistungskondiktion eingreift, hängt vom Grund der Ungültigkeit ab: Wird der Garantievertrag wegen eines Willensmangels angefochten (§§ 870 ff ABGB), so steht dem Garanten die condictio sine causa gemäß § 877 ABGB zu. Führt ein Gesetzesverstoß zur Ungültigkeit (§ 879 ABGB, § 13 Abs 1 DevG 2004), so entscheidet der Zweck der Verbotsnorm über die Möglichkeit der Rückforderung609. Kam der Garantievertrag wegen Dissenses oder wegen fehlender Vertretungsmacht des für die Bank Abschließenden nicht zustande, so steht dem Garanten bei irrtümlicher Zahlung die condictio indebiti zu (§ 1431 ABGB)610. Bei wissentlicher Zahlung einer Nichtschuld kann der Garant keine Kondiktion geltend machen (§ 1432 ABGB). Ist die Garantie zwar wirksam abgeschlossen, aber der Abruf nicht ordnungsgemäß, so war die Bank ebenfalls nicht zur Zahlung verpflichtet und es steht ihr eine Kondiktion wegen irrtümlicher Zahlung einer Nichtschuld (§ 1431 ABGB) offen611. Dieser Bereicherungsanspruch kommt insbesondere in Betracht, wenn die vom Begünstigten vorzulegenden Dokumente nicht garantiegerecht waren612. Hat hingegen die Inanspruchnahme bloß nicht die erforderlichen Erklärungen enthalten oder ist sie verspätet eingelangt, so ist die Rückforderung wohl analog § 1432 ABGB ausgeschlossen613; das Fehlen der vorgesehenen Erklärungen kann dem Mangel der Förmlichkeit und die nach dem Vertrag eingetretene Verfristung der Verjährung gleichgehalten werden. Wurde eine gültige Garantie ordnungsgemäß in Anspruch genommen, so 3/163 steht – außer es wurde eine bloß formelle Abstraktheit (oben Rz 3/7) oder sonst eine abweichende Regelung im Garantievertrag vereinbart (siehe Rz 3/41 und 99) – der Bank keine Kondiktion zu, wenn sich bloß die feh607
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Canaris, BVR3 Rz 1145; Koziol, Garantievertrag 82; OGH 9 Ob 97/04m in ÖBA 2005, 899. Dies wird auch für die Bürgschaft trotz deren Akzessorietät vertreten; siehe Koziol, ZBB 1989, 17, 20 mwN. Dazu Wilburg in Klang V 462 ff; Rummel, Kondiktion bei verbotenen und sittenwidrigen Rechtsgeschäften, ÖJZ 1978, 253; Koziol in KBB2 Vor §§ 1431 – 1437 Rz 2; OGH in JBl 1986, 526 mit Anm von Pfersmann; 1 Ob 57/04w in SZ 2004/76. Rummel, ÖJZ 1978, 255; Bollenberger in KBB2 § 877 Rz 2; hingegen will Gschnitzer in Klang IV/1, 155, § 877 heranziehen. OGH in ÖBA 2005, 899. Canaris, BVR3 Rz 1145. Zustimmend OGH 6 Ob 253/03d in ÖBA 2005, 902.
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Die Bankgarantie
lende Berechtigung nach dem Valutaverhältnis herausstellt: Die Bankgarantie begründet eine abstrakte, also vom Valutaverhältnis losgelöste Verpflichtung, so dass die Leistung der Bank durch den Garantievertrag selbst dann gerechtfertigt bleibt, wenn dem Begünstigten kein Anspruch gegen den Garantieauftraggeber zustand (siehe unten Rz 3/166)614. So wie die Abstraktheit die Erhebung von Einwendungen aus dem Grundverhältnis ausschließt, so steht sie auch einer bereicherungsrechtlichen Rückforderung entgegen615. Wegen einer fehlenden Berechtigung im Valutaverhältnis hat daher nur der Garantieauftraggeber eine Kondiktion gegen den Begünstigten616; die Bank könnte sich diesen Bereicherungsanspruch allerdings – schon im Vorhinein – vom Garantieauftraggeber abtreten lassen617; eine solche Zession darf jedoch nicht stets als schlüssig vereinbart angesehen werden, da die vorgesehene Abstraktheit der Garantie gegen einen der Garantin zustehenden Rückforderungsanspruch spricht618. Einen eigenen Bereicherungsanspruch kann die Bank demnach nur geltend machen, wenn sie auch schon das Zahlungsbegehren durch einen Einwand abwehren hätte können. Diese Voraussetzung ist insbesondere in den Fällen rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme gegeben619. Hat die Bank gezahlt, weil sie den Rechtsmissbrauch nicht kannte oder Zweifel620 am Vorliegen des Rechtsmissbrauches oder der Durchsetzbarkeit des Einwandes 614
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Vgl OGH in ÖBA 1987, 505 mit Anm von Koziol; von Caemmerer, Riese-FS 302 f; Canaris, ZIP 1998, 495 ff; abweichend Horn, Der Rückforderungsanspruch des Garanten nach ungerechtfertigter Inanspruchnahme, Brandner-FS (1996) 630f; Koziol in KBB2 Vor §§ 1431 – 1437 Rz 11. Zum Gleichklang zwischen Einwendungsmöglichkeiten und bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung siehe Canaris, BVR3 Rz 1142; Koziol, Garantievertrag 81 f; Panagiotopoulos, Rückforderung 217. Zu den Einwendungsmöglichkeiten siehe oben Rz 3/95 ff. OGH 1 Ob 242/99s in ÖBA 2000, 426 mit Anm von Rummel; ÖBA 2005, 899; ÖBA 2005, 902. Das gilt auch dann, wenn die Zahlung des Garanten an den Vertreter des Begünstigten erfolgte, siehe ÖBA 2000, 426 mit Anm von Rummel. Siehe auch Rz 3/166. Dazu Canaris, BVR3 Rz 1141. Zustimmend auch der OGH 1 Ob 208/99s in ÖBA 2000, 418 mit Anm von Apathy = SZ 72/131 = ecolex 2000, 33 mit Anm von G. Wilhelm; 8 Ob 200/02y in ÖBA 2003, 954, der festhält, dass die Vorausabtretung selbst dann möglich wäre, wenn es sich um Sicherungszessionen handeln sollte, da der erforderliche Publizitätsakt durch Vorausverständigung des Drittschuldners gesetzt werden kann. Gegen das Vorliegen einer Sicherungszession Koziol, ÖBA 1999, 253: Der Garantieauftraggeber macht den Rückforderungsanspruch für den Garanten geltend, dem er zur Herausgabe verpflichtet ist. So Koziol, ÖBA 1999, 253 f; zustimmend OGH in ÖBA 2000, 418 mit Anm von Apathy = ecolex 2000, 33 mit Anm von G. Wilhelm; ÖBA 2003, 954. AA G. Graf, ecolex 1998, 16 f. Auhagen, Garantie 77; Canaris, BVR3 Rz 1145; derselbe, ZIP 1998, 495; Käser, RabelsZ 1971, 627; Koziol, Garantievertrag 83; Schlegelberger/Geßler, HGB5 IV (1976) Anhang zu § 365 Rz 299. Dafür, dass der Zweifel dem Irrtum gleichzusetzen ist, Ehrenzweig II/1, 735; Wilburg in Klang VI 456 f. Zur Frage der Anerkennung der Schuld durch Zahlung vgl OGH in ZAS 1973/6 mit Kommentar von Raber; SZ 52/98; QuHGZ 1986/233.
Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung
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hatte, so kann sie ihre Leistung nach § 1431 ABGB kondizieren 621. Weiß der Garant, dass er den Rechtsmissbrauch einwenden könnte, und zahlt er dennoch, so steht dem Rückforderungsanspruch § 1432 ABGB entgegen622; der Garant kann die Leistung nur dann zurückerlangen, wenn er unter dem Vorbehalt der Rückforderung zahlte623 oder unfreiwillig leistete, also etwa um eine drohende Exekution abzuwenden624. Ist der Rechtsmissbrauch nicht liquide beweisbar, so könnte der Garant zwar den Einwand gegenüber dem Begünstigten erheben, er ist hiezu jedoch dem Auftraggeber nicht verpflichtet (Rz 3/62). Hat der Garant den Einwand nicht erhoben und gezahlt, so stehen ihm zwei Möglichkeiten offen: einerseits unter den eben erwähnten Voraussetzungen die Kondiktion gegen den Begünstigten625, anderseits aber auch der Aufwandersatzanspruch gegen den Auftraggeber. Eine doppelte Befriedigung des Garanten ist jedoch ausgeschlossen: Ein Aufwand ist ihm nur zu ersetzen, wenn er die Zahlung an den Begünstigten gelten lässt oder vom Begünstigten die Leistung ganz oder teilweise nicht mehr zurückerlangen kann. Hingegen steht dem Garanten weder eine Kondiktion gegen den Begünstigten noch ein Aufwandersatzanspruch gegen den Auftraggeber zu, wenn er trotz Kenntnis und liquider Beweisbarkeit des Rechtsmissbrauchs vorbehaltlos und ohne Zwang den Garantiebetrag an den Begünstigten zahlte. Hat der Begünstigte Zahlung vom Garanten erhalten und danach auch noch der 3/164 Garantieauftraggeber die gesicherte Leistung dem Begünstigten erbracht, so steht dem Garanten wegen dieser Doppelzahlung keine Leistungskondiktion wegen Zahlung einer Nichtschuld (§ 1431 ABGB) oder wegen Zweckverfehlung (§ 1435 ABGB) zu626, weil seine Leistung ihre Rechtfertigung im Garantievertrag findet; dem Garanten wäre im Zeitpunkt der Zahlung auch keine Einwendungsmöglichkeit offengestanden. Wohl aber steht der Bank unter Umständen ein Verwendungsanspruch (§ 1041 ABGB) gegen den Begünstigten zu627: Mit der Zahlung an den Begünstigten erwirbt nämlich die Bank gemäß § 1358 ABGB (Rz 3/68) dessen Forderung gegen den Garantieauftraggeber, die durch die Garantie gesichert war. Leistet der Auftraggeber daher nach dem Garanten an den Begünstigten, so zahlt er an den nicht mehr berechtigten Altgläubiger. Wusste er jedoch nichts von der Zahlung des Garanten628 und war ihm daher die 621
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Dieser Ansicht folgend OGH in ÖBA 2005, 902. In 9 Ob 97/04m in ÖBA 2005, 899 lässt der OGH immerhin erkennen, dass er dieser Auffassung nicht ablehnend gegenüber steht. So auch OGH in ÖBA 2005, 899. Rummel in Rummel, ABGB3 § 1432 Rz 6; Koziol in KBB2 § 1432 Rz 4. OGH in SZ 43/60; ÖBA 2005, 902; Wilburg in Klang VI 463 f; Rummel in Rummel, ABGB3 § 1431 Rz 6; Mader in Schwimann, ABGB3 § 1431 Rz 8. So auch OGH in ÖBA 2005, 902. Canaris, BVR3 Rz 1143. Vgl zum deutschen Recht Canaris, BVR3 Rz 1143; abweichend wohl Rummel in Rummel, ABGB3 Vor § 1431 Rz 15. In Fällen der Legalzession muss die Kenntnis von den die Legalzession auslösenden Umständen, also etwa der Zahlung des Garanten, des Bürgen oder des Versicherers (hiezu OGH in SZ 36/121; Ertl in Rummel, ABGB3 § 1395 Rz 3), ausreichen.
338
Die Bankgarantie
Legalzession nicht bekannt, so hat er mit schuldbefreiender Wirkung an den Begünstigten gezahlt und dieser hat durch die Einziehung die schon dem Garanten zustehende Forderung zum Erlöschen gebracht, sie also zu seinem Nutzen verwendet629. Trifft den Begünstigten ein Verschulden, kann der Garant als Zessionar auch Schadenersatz vom Begünstigten begehren630.
B. Mängel des Deckungsverhältnisses zwischen Garant und Auftraggeber 3/165
Da Leistungskondiktionen grundsätzlich nur zwischen den Partnern des vermeintlich bestehenden Kausalverhältnisses gewährt werden631, kann der Garant wegen eines Mangels im Deckungsverhältnis keine Rückforderungsansprüche gegen den Begünstigten geltend machen. Bei der Garantie kommt noch hinzu, dass die Leistung des Garanten durch das abstrakte Rechtsverhältnis der Garantie gerechtfertigt ist632. Hat der Garant aufgrund eines bloß vermeintlich bestehenden Auftrags eines Dritten die Garantie übernommen, so hat er daher nur diesem Dritten irrtümlich eine rechtsgrundlose Leistung erbracht und kann seinen Bereicherungsanspruch633 auch nur gegen diesen richten634.
C. Mängel des Valutaverhältnisses zwischen Auftraggeber und Begünstigtem 3/166
Steht dem Begünstigten in Wahrheit kein Anspruch auf die durch die Garantie gesicherte Leistung zu, so kann grundsätzlich nur der Auftraggeber 635 629 630 631
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Apathy, Der Verwendungsanspruch (1988) 49 ff; Koziol in KBB2 § 1041 Rz 9 mwN. Koziol, HaftpflichtR II 43. Hiezu Wilburg, Die Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung (1934) 113f; Canaris, Larenz-FS (1973) 814 ff; Koziol, Streckengeschäft und Anweisung, JBl 1977, 625; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983) 412f. OGH in ÖBA 1988, 606 = SZ 61/63. Vgl auch Koziol in BVR III2 Rz 1/112. Koziol, Garantievertrag 83 f. Daneben kommt auch noch die durch § 1358 ABGB eröffnete Rückgriffsmöglichkeit in Betracht. Damit scheint ein wesentlicher Unterschied zur Rückabwicklung in den Anweisungsfällen zu bestehen: Fehlt die Anweisung, so hat der vermeintlich Angewiesene auch dann einen Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger, wenn ein gültiges Valutaverhältnis besteht (vgl Koziol in BVR III2 Rz 1/115). Zu ganz entsprechenden Ergebnissen gelangt man jedoch auch bei der Garantie: Ist die Erstellung der Garantie dem vermeintlichen Auftraggeber nicht zurechenbar, so kommen nur dem Garanten Rückforderungsansprüche zu (siehe Rz 3/171). Von Caemmerer, Riese-FS 302 f; Canaris, BVR3 Rz 1142; derselbe, ZIP 1998, 495 ff; Koziol, Garantievertrag 85; derselbe in KBB2 Vor §§ 1431 – 1437 Rz 11; J. Wilhelm, Die Kondiktion der Zahlung des Bürgen oder Garanten „auf erstes Anfordern“ im Vergleich zur Zession, NJW 1999, 3519; vgl auch mit etwas abweichender Begründung Spielbüchler, Anweisung und Rechtsgrund, ÖBA 2002, 431; OGH in ÖBA 1973, 166; ÖBA 1987, 505 mit Anm von Koziol; ÖBA 1988, 606 = SZ 61/63; 1 Ob
Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung
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Bereicherungsansprüche 636 gegen den Empfänger geltend machen637, da zwischen Garant und Begünstigtem die Leistung durch die abstrakte Verbindlichkeit gerechtfertigt wird. Diese Rückforderungsansprüche können dem Garanten jedoch schon im Vorhinein abgetreten werden (siehe Rz 3/163). Der Leistungskondiktion des Auftraggebers gegen den Begünstigten steht nicht entgegen, dass letzterer die Leistung auf Grund eines abstrakten Garantieversprechens erhielt: Die Garantie hat nur den Zweck, dem Begünstigten den sofortigen Erhalt der Leistung zu sichern und die Austragung von Streitigkeiten aufzuschieben; sie hat aber keinesfalls den Zweck, dem Begünstigten unter allen Umständen, also unabhängig von der sich aus dem Valutaverhältnis ergebenden Berechtigung, endgültig die Leistung zu verschaffen638. Gegen die Kondiktion des Auftraggebers gegen den Begünstigten spricht auch nicht, dass die Zahlung an diesen vom Garanten geleistet wurde639: Zunächst ist festzuhalten, dass der Garant die Leistung an den Begünstigten für den Dritten erbracht hat640 und diese Zahlung soll auch dem Begünstigten die Erfüllung verschaffen641. Beim Fehlschlagen einer Zuwendung hat ferner die Rückabwicklung in jenem Verhältnis zu erfolgen, in dem der kondiktionsauslösende Mangel vorliegt642. Die im Auftrag des Dritten von der Bank
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640 641
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591/90 in ÖBA 1991, 293; 4 Ob 2195/96i in ÖBA 1997, 64 = SZ 69/178; 1 Ob 182/ 98s in ÖBA 1999, 555 = ecolex 1999, 319 mit Anm von G. Wilhelm; 9 Ob 97/04m in ÖBA 2005, 899; 6 Ob 253/03d in ÖBA 2005, 902. Für Ansprüche des Garanten jedoch Auhagen, Garantie 80 f; Horn, Brandner-FS 630 f; Liesecke, WM 1968, 27; ebenso Gröschler, JZ 1999, 822, der jedoch dabei offenbar bloß formell abstrakte Haftungen anspricht. G. Faber, Ungerechtfertigte Inanspruchnahme einer Bankgarantie, ÖBA 2003, 353 ff, will dem Garantieauftraggeber auch einen Anspruch nach den Grundsätzen der Risikohaftung (§ 1014 ABGB) einräumen, da die Sicherungsabrede zwischen Garantieauftraggeber und Begünstigtem auftragsrechtliche Elemente aufweise. Dies ist jedoch höchst zweifelhaft, da der Vertragspartner des Begünstigten die Sicherheit nicht auf Rechnung des Begünstigten, sondern im eigenen Interesse als Teil der von ihm selbst zu erbringenden Leistung bestellt, deren Erbringung für die Erlangung der Gegenleistung des Begünstigten erforderlich ist. Der Begünstigte kann jedoch dem Bereicherungsanspruch des Garantieauftraggebers Gegenforderungen aufrechnungsweise entgegensetzen; durch die Schaffung einer Aufrechnungslage kann daher der Begünstigte sogar bei ungerechtfertigtem Abruf der Garantie eine gesicherte Position bezüglich seiner sonstigen Forderungen gegen den Garantieauftraggeber erlangen. Koziol, Garantievertrag 86 f; dort auch zur Frage, ob in der Beistellung einer Garantie die Übernahme eines zusätzlichen Risikos durch den Auftraggeber gesehen werden kann. Siehe demgegenüber jedoch die Diskussion in Deutschland: Einsele, Entscheidungsanmerkung, JZ 1999, 466; Panagiotopoulos, Rückforderung 111 ff; Kupisch, Die Bankgarantie auf erstes Anfordern im Dickicht des modernen Bereicherungsrechts – zum ungerechtfertigten Vorteil des Garantienehmers? WM 1999, 2381. Koziol, Garantievertrag 85. Koziol, Anm zu OGH in ÖBA 1987, 505; Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB3 § 880a Rz 5. Siehe W. Wilburg, Bereicherung 113 f; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213 (1994) § 70 VI 3; Koziol, JBl 1977, 625; Panagiotopoulos, Rückforderung 158 ff.
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Die Bankgarantie
hinaus gelegte Garantie verfolgt den Zweck, erwartete Leistungen aus dem Schuldverhältnis zwischen Drittem und Begünstigtem zu sichern, so dass auch die Kondiktion in dieser Beziehung geltend zu machen ist. 3/167
Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nur dem Auftraggeber ein Rückforderungsanspruch zusteht, wenn die erbrachte Leistung dem Begünstigten nach dem Valutaverhältnis nicht gebührt, besteht allerdings dann, wenn der Garant dem Leistungsbegehren des Begünstigten Einwendungen entgegensetzen hätte können, also insbesondere bei rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme der Garantie: Hier kann der Garant selbst die von ihm erbrachte Leistung zurückfordern (hiezu Rz 3/163). War der Rechtsmissbrauch liquide beweisbar und der Garant daher dem Auftraggeber gegenüber zur Erhebung des Rechtsmissbrauchseinwandes verpflichtet, so konnte er nicht mehr auf dessen Rechnung zahlen: Da diesem die Zahlung des Garanten nicht mehr zurechenbar ist, steht in derartigen Fällen nur dem Garanten die Kondiktion gegen den Begünstigten offen (Rz 3/172). Hätte der Garant hingegen zwar den Einwand erheben können, aber war er mangels liquider Beweisbarkeit hiezu nicht verpflichtet, dann kommt sowohl dem Garanten643 als auch dem Auftraggeber ein Rückforderungsanspruch zu, der Begünstigte hat jedoch selbstverständlich nur einmal die Rückleistung zu erbringen644.
3/168
Die dem Auftraggeber zustehende Leistungskondiktion kann nicht unmittelbar auf § 1431 ABGB gestützt werden, weil es bei Abrufung der Garantie und Zahlung durch den Garanten nicht entscheidend auf den Irrtum des Auftraggebers ankommen kann. Der OGH645 spricht sich für eine analoge Anwendung aus, weil die Lage des Auftraggebers, der zwar erkennt, dass die Garantie zu Unrecht abgerufen wird, aber wegen der abstrakten Ausgestaltung der von ihm in Auftrag gegebenen Bankgarantie die Leistung nicht mehr zu verhindern vermag, jener des Irrenden rechtsähnlich sei. Dem OGH ist beizupflichten, dass nur eine analoge Anwendung in Betracht kommt; es dürfte sich um die anerkannte Analogie bei List oder Zwang646 handeln: Durch die abstrakte Ausgestaltung der Garantie kann der Auftraggeber nicht mehr die Zahlung verhindern und ist insofern einer zwangsweisen Eintreibung ausge643
644
645
646
Dagegen G. Wilhelm, Unrechtmäßig gezogene Garantie – Rückforderungsanspruch der Garantin, ecolex 1998, 614. Da der Garant zwar eine von ihm nicht geschuldete Leistung erbracht hat, jedoch auf Rechnung des Auftraggebers handeln konnte, muss ihm die Wahl offenstehen, die Rückforderung vom Begünstigten oder den Aufwandersatz vom Auftraggeber zu fordern. Macht der Garant die Kondiktion geltend, so kann er vom Auftraggeber nur so weit Aufwandersatz begehren, als sein Anspruch gegen den Begünstigten nicht realisierbar ist. Begehrt der Auftraggeber die Rückabwicklung, so hat er dem Garanten den durch die Leistung entstandenen Aufwand zu ersetzen. ÖBA 1987, 505 mit Anm von Koziol; 4 Ob 2195/96i in ÖBA 1997, 64 = SZ 69/178; ÖBA 1999, 555 = ecolex 1999, 319 mit Anm von G. Wilhelm; ÖBA 2005, 899. Zur Kondiktion bei List oder Zwang Wilburg in Klang VI 463 f; Koziol in KBB2 § 1431 Rz 5.
Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung
341
setzt; bei rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme wird überdies häufig eine listige Herbeiführung der Zahlung gegeben sein. § 1434 Satz 2 ABGB wird auf diese Rückforderungsansprüche nicht angewendet, weil diese Bestimmung den Schutz desjenigen Gläubigers bezwecke, der auf die Erfüllungshandlung des Schuldners vertraue; dieser Gedanke trägt hier nicht, da der Schuldner keinerlei Einfluss auf die Zahlung des Garantiebetrages nehmen kann647. Der Bereicherungsanspruch des Auftraggebers gegen den Begünstigten ver- 3/169 jährt gemäß § 1479 ABGB grundsätzlich in 30 Jahren. Der OGH648 hat dies auch für die Rückforderung bei unberechtigter Inanspruchnahme einer Haftrücklassgarantie vertreten. M. Bydlinski 649 macht jedoch zu Recht darauf aufmerksam, dass nach dem Willen der Parteien die Haftrücklassgarantie den Haftrücklass ersetzen, sonst aber keine Veränderung der Position herbeiführen soll. Da bei einem Haftrücklass der Werkunternehmer den noch zurückbehaltenen Werklohn gemäß § 1486 Z 1 ABGB nur innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist einfordern kann, sollte Entsprechendes auch für die Rückforderung der unberechtigt in Anspruch genommenen Garantie gelten, da sonst der Werkunternehmer ohne sachlichen Grund besser gestellt würde als bei einem Haftrücklass. D. Das Fehlen beider Grundverhältnisse 1. Bei wirksamer Ermächtigung In der Beziehung zwischen dem Garanten und dem Auftraggeber kann zwi- 3/170 schen dem Auftrag bzw der Ermächtigung zur Garantieeröffnung einerseits und einem Grundverhältnis, das den Garanten zur Garantieübernahme bewogen hat, etwa einer Avalkredit-Vereinbarung, anderseits unterschieden werden650. Ist nur das Grundverhältnis, etwa der Kreditvertrag, ungültig, jedoch die Ermächtigung zur Garantieübernahme wirksam erteilt, so kommt es auch dann, wenn es im Valutaverhältnis an einer Verpflichtung des Auftraggebers fehlt, zu keiner direkten Kondiktion des Garanten gegen den Begünstigten: Der Garant hat auf Grund der Ermächtigung wirksam auf Rechnung des Auftraggebers geleistet, so dass auch diesem der Rückforderungsanspruch gegen den Begünstigten zusteht651. 647 648
649
650
651
Siehe dazu OGH 7 Ob 108/00h in ÖBA 2001, 555. Ausführlich dazu OGH in ÖBA 1999, 555 = ecolex 1999, 319 mit Anm von G. Wilhelm. M. Bydlinski, Unberechtigte Inanspruchnahme einer Haftrücklassgarantie und Analogie im Verjährungsrecht, F. Bydlinski-FS (2002) 11 ff. Diese Unterscheidung wurde bisher bei der Garantie zu wenig beachtet. Die Situation ist aber ganz die gleiche wie bei der Anweisung, wo zwischen dem Deckungsverhältnis und der Anweisung selbst (Ermächtigung) unterschieden wird; vgl Koziol in BVR III2 Rz 1/114 f. Für den Doppelmangel bei Anweisungslagen ist das überwiegend anerkannt: Siehe die Ausführungen zur Giroüberweisung Koziol in BVR III2 Rz 1/114.
342
Die Bankgarantie
2. Bei unwirksamer Ermächtigung 3/171
Fehlt es jedoch auch an einer wirksamen Ermächtigung des Garanten652 und an einem Valutaverhältnis, so kommt eine Rückabwicklung über den vermeintlichen Auftraggeber, also im Dreieck, nicht mehr in Frage: Vertragliche Regressansprüche des Garanten gegen den Dritten bestehen keine; eine Rückabwicklung infolge Legalzession (§ 1358 ABGB) kommt mangels einer bestehenden Forderung des Begünstigten nicht in Betracht; eine Leistungskondiktion (§ 1431 ABGB) scheitert an der fehlenden Bereicherung des vermeintlichen Auftraggebers; § 1042 ABGB scheidet aus, da der Garant keinen Aufwand tätigte, den der vermeintliche Auftraggeber nach dem Gesetz machen musste, und ein Aufwandersatzanspruch nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag kann mangels Nützlichkeit nicht begehrt werden. Hier kann eine ungerechtfertigte Vermögensverschiebung nur durch eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zwischen Garant und Begünstigtem ausgeglichen werden653. Dass hier der Garantievertrag die Leistung des Garanten nicht mehr zu rechtfertigen vermag, scheint der Abstraktheit der Bankgarantie zu widersprechen. Es ist jedoch zu bedenken, dass eine materiell abstrakte Ausgestaltung der Garantie nur dann zulässig ist, wenn die Risikoübernahme auf Grund einer Ermächtigung durch den Dritten erfolgt: Ist dies nicht der Fall, so ist trotz Vorliegen eines Dreipersonenverhältnisses bloß eine formelle Abstraktion vom Valutaverhältnis möglich654. Das ergibt sich daraus, dass im österreichischen Recht abstrakte Verpflichtungen nur in Dreipersonenverhältnissen zulässig sind, und auch bei diesen nur, soweit dem abstrakt Verpflichteten Rückgriffsansprüche und damit eine Rückabwicklung im Dreieck offenstehen. Entsprechend dem Zweck der Bankgarantie und dem Schutzbedürfnis des vertrauenden Begünstigten hat der Garant daher zwar zunächst zu zahlen, kann dann aber selbst die Rückabwicklung begehren.
3/172
Etwas anderes könnte dann gelten, wenn zwar keine wirksame Ermächtigung vorliegt, dem vermeintlichen Auftraggeber die Zahlung des Garanten jedoch zugerechnet werden kann und der Begünstigte darauf vertrauen durfte, dass eine Ermächtigung vorliegt655. Ist nämlich dem Dritten die Zahlung des Garanten zurechenbar, so steht dem Dritten eine Kondiktion gegen den Begünstigten zu; er hat somit durch die Leistung des Garanten einen Vorteil, nämlich diese Kondiktion, erlangt und hätte dem Garanten diesen Nutzen gemäß den Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung656 oder die Geschäftsführung ohne Auftrag herauszugeben. 652
653 654 655
656
Siehe OGH in ÖBA 1987, 836 = SZ 60/121. Zu dem entsprechenden Problem des Fehlens einer gültigen Anweisung, vgl Koziol in BVR III2 Rz 1/115. So auch OGH in ÖBA 1987, 836. Rz 3/6 und Koziol, Garantievertrag 34 f, 88 f. Canaris, BVR3 Rz 1146; Koziol, Garantievertrag 87 f (wo allerdings noch nicht auf das Vertrauen des Begünstigten Rücksicht genommen wurde); OGH in ÖBA 1987, 836. Vgl zur Anweisung OGH in SZ 54/162 und 187; ÖBA 1988, 935 mit Anm von St. Frotz, so wie Koziol in BVR III2 Rz 1/116 mwN. Hat der Garant die Garantie in der Meinung übernommen, hiezu dem Dritten verpflichtet zu sein, so hat er irrtümlich eine Nichtschuld erfüllt, so dass die Kondiktion nach § 1431 ABGB eingreift.
Internationales Privatrecht
343
Wann die Leistung des Garanten dem Dritten zurechenbar ist, muss entsprechend den rechtsgeschäftlichen Grundsätzen (vgl § 1026 ABGB) entschieden werden657. Zurechenbar kann dem Dritten die Zahlung des Garanten etwa dann sein, wenn er zunächst einen Garantieauftrag erteilt, dann aber vor Hinauslegung der Garantie widerrufen hat658. Eine Zurechnung ist aber dann nicht mehr möglich, wenn der Rechtsmissbrauch des Begünstigten liquide beweisbar ist und die Zahlung daher nicht mehr auf Rechnung des Auftraggebers erfolgen kann659. Zum Konkurs des Auftraggebers vor Eröffnung der Garantie siehe Rz 3/180.
IX. Internationales Privatrecht660 A. Direkte Garantien 1. Die für die rechtsgeschäftlichen Beziehungen maßgebenden Rechtsordnungen Da gemäß Art 3 Abs 1 Rom I VO primär die Rechtswahl durch die Parteien 3/173 maßgebend ist661, unterliegt das Auftragsverhältnis zwischen dem Auftraggeber und der Bank nach Z 20 ABB österreichischem Recht, wenn die Geltung der AGB vereinbart wurde662. Das gilt auch dann, wenn der Rechtstreit im Ausland geführt wird und die dort maßgeblichen Kollisionsnormen eine Rechtswahl zulassen oder auf das österreichische Recht verweisen663. Haben die Parteien keine Bestimmung getroffen, so führt die gesetzliche Regel des Art 4 Abs 2 Rom I VO664 bei in Österreich niedergelassenen Banken zu demselben Ergebnis: Die Übernahme von Garantien ist nach § 1 Abs 1 Z 8 BWG ein Bankgeschäft und begründet ein vertragliches Schuldverhältnis im Sinne des Art 1 Abs 1 iVm Art 12 Abs 1 lit b Rom I VO. Das anwendbare Recht bestimmt sich demgemäß nach jenem Ort, an welchem die charakteristische Leistung erbracht wird. Da die garantierende Bank die charakteristische Leistung erbringt, ist das Recht am Ort der Niederlassung der Bank, in der der Garantievertrag abgeschlossen wurde, maßgebend. Der Garantievertrag zwischen Bank und Begünstigtem unterliegt gemäß 3/174 Z 20 ABB österreichischem Recht, wenn die Geltung der ABB vereinbart wurde; sonst dem Recht des Staates, in dem die die Garantie eröffnende 657
658 659 660 661
662 663 664
Canaris, BVR3 Rz 1146, 439 f; Hassold, Zur Leistung im Dreipersonenverhältnis (1981) 131 ff; ferner Koziol in BVR III2 Rz 1/116. Canaris, BVR3 Rz 1146; zur Giroüberweisung vgl Koziol in BVR III2 Rz 1/116. Rz 3/62 f. Allgemein hiezu Iro in BVR I2 Rz 1/406 ff; vgl auch Koziol in BVR III2 Rz 1/149 ff. Leible/Lehmann, Die Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom I“), RIW 2008, 528, 532; Mankowski, Die Rom I-Verordnung – Änderungen im europäischen IPR für Schuldverträge, IHR 2008, 133. Dazu Iro in BVR I2 Rz 1/11 ff. Iro in Iro/Koziol, ABB Z 20 Rz 1. Dazu Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 535 f; Mankowski, IHR 2008, 133, 136 f.
344
Die Bankgarantie
Bank ihre Niederlassung hat. Dies ergibt sich wieder aus Art 4 Abs 2 Rom I VO, weil die charakteristische Leistung vom Garanten erbracht wird. Ob der Garant dem Begünstigten den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegensetzen kann, richtet sich nach dem den Garantievertrag beherrschenden Recht665. Ob die Inanspruchnahme materiell unberechtigt ist, muss hingegen nach dem Valutaverhältnis beurteilt werden, das häufig einer anderen Rechtsordnung unterliegen wird666. Die Frage, ob der Garant im Wege der Legalzession (§ 1358 ABGB) bei Zahlung an den Begünstigten dessen Forderung gegen den Garantieauftraggeber erwirbt, bestimmt sich gemäß Art 15 Rom I VO nach dem für die Verpflichtung des Garanten gegenüber dem Begünstigten maßgebenden Recht667, also nach jener Rechtsordnung, die den Garantievertrag beherrscht. 3/175
Das ausländische Recht ist amtswegig zu ermitteln; das gilt auch für das Provisorialverfahren668. Kann das ausländische Recht nicht innerhalb angemessener Frist festgestellt werden, so ist so wie bisher gemäß § 4 Abs 2 IPRG österreichisches Recht anzuwenden669. 2. Die für Schadenersatz- und Bereicherungsansprüche maßgebenden Rechtsordnungen
3/176
Schadenersatzansprüche, die sich aus der Verletzung von Pflichten aus einem Schuldverhältnis ergeben, richten sich gemäß Art 12 Abs 1 lit b der Rom I VO nach jener Rechtsordnung, der das verletzte Schuldverhältnis unterliegt. Dies gilt nicht nur für die Verletzung der Hauptleistungs-, sondern auch der Schutz- und Sorgfaltspflichten. Die Leistungskondiktionen richten sich nach den Sachnormen670 des Staates, dessen Normen das Rechtsverhältnis unterliegt, das Grundlage der Leistung sein sollte (Art 10 Abs 1 Rom II VO). Da der Garantievertrag und das Valutaverhältnis häufig verschiedenen Rechtsordnungen unterworfen sind, müssen auch die Kondiktion des Garanten und jene des Garantieauftraggebers gegen den Begünstigten häufig nach unterschiedlichen Rechtsordnungen beurteilt werden671. Dem kommt besondere Bedeutung zu, wenn der Bank die Wahl offen steht, entweder selbst zu kondizieren oder Aufwandersatz vom Auftraggeber zu begehren und diesen die Rückabwicklung vornehmen zu lassen672. 665 666 667 668 669 670 671
672
Heldrich, Kegel-FS 186. Heldrich, Kegel-FS 186 f; OGH 7 Ob 204/99x in ÖBA 2000, 325. Siehe auch Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 541. OGH in ÖBA 1988, 609 = SZ 61/39 ; abweichend ÖBA 1986, 486 = SZ 59/128 . Vgl Schacherreiter, Leading Decisions IPR (2008) Rz 95 ff. Vgl Art 24 Rom II VO. Entsprechend zur Anweisung und insbesondere zum Akkreditiv Schacherreiter in Beig/Graf-Schimek/Grubinger/Schacherreiter (Hrsg), Rom II-VO – Neues Kollisionsrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse (2008) 79, 83. Rz 3/163.
Internationales Privatrecht
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B. Indirekte Garantien 1. Die für die rechtsgeschäftlichen Beziehungen maßgebenden Rechtsordnungen Für das Auftragsverhältnis zwischen dem Auftraggeber und der österrei- 3/177 chischen Erstbank gilt das zur direkten Garantie Ausgeführte (Rz 3/173). Zwischen der österreichischen Erstbank und der ausländischen Zweitbank müssen zwei Rechtsbeziehungen unterschieden werden, nämlich das Auftragsverhältnis und das Garantieverhältnis673. Die Rückgarantie ist nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Erstbank ihre Hauptverwaltungsstelle bzw Niederlassung hat (Rz 3/174). Das Auftragsverhältnis unterliegt hingegen – wenn keine Rechtswahl nach Art 3 Abs 1 Rom I VO getroffen wurde – gemäß Art 4 Abs 2 Rom I VO dem Recht des Staates, in dem die beauftragte Bank, also die die Hauptgarantie hinauslegende Zweitbank, ihre Niederlassung hat, weil diese die für den Vertrag charakteristische Leistung erbringt. Zu einem anderen Ergebnis könnte man nur gelangen, wenn man das Auftragsverhältnis dem Recht der Rückgarantie unterwirft, weil es dessen Grundlage bildet; dies wird von der hA jedoch abgelehnt674. Das Auftragsverhältnis zwischen Erst- und Zweitbank und die Rückgarantie können somit unterschiedlichen Rechtsordnungen unterworfen sein. Für die Hauptgarantie, die von der ausländischen Zweitbank dem Begünstigten hinausgelegt wird, ist das Recht am Ort der Hauptverwaltung bzw Niederlassung der Zweitbank maßgebend, weil diese im Verhältnis der Kreditunternehmungen untereinander die charakteristische Leistung im Sinne von Art 4 Abs 2 Rom I VO erbringt. 2. Die für Schadenersatz- und Bereicherungsansprüche maßgebenden Rechtsordnungen Für die vertraglichen Schadenersatzansprüche und die Leistungskondiktionen 3/178 gilt das zu den direkten Garantien Ausgeführte gleichermaßen. Spezifische Probleme ergeben sich bei der indirekten Garantie jedoch für die Schadenersatzansprüche des österreichischen Garantieauftraggebers gegen die ausländische Zweitbank, weil hier keine vertragliche Beziehung besteht675. Werden die Pflichten der Zweitbank gegenüber dem Garantieauftraggeber aus dem Vertrag zwischen den Banken abgeleitet (Rz 3/148), der Schutz673 674
675
Hiezu Heldrich, Kegel-FS 189 f. Goerke, Kollisionsrechtliche Probleme 101 f; Heldrich, Kegel-FS 189 f; weitere Nachweise bei Koziol, ÖBA 1986, 491. Vgl aber Moschner, ÖBA 1987, 159. Möglich wäre allerdings, dass die Erstbank mit der Zweitbank eine Rechtswahlvereinbarung zu Gunsten des Garantieauftraggebers über allfällige Schadenersatzansprüche gegenüber der Zweitbank trifft; vgl dazu Leible, Rechtswahl im IPR der außervertraglichen Schuldverhältnisse nach der Rom II-Verordung, RIW 2008, 257, 262.
346
Die Bankgarantie
wirkungen zugunsten des Auftraggebers entfaltet, so entscheidet die das Auftragsverhältnis zwischen den Banken beherrschende Rechtsordnung über das Bestehen und den Umfang dieser Schutzwirkungen676. Ein deliktisches Verhalten der Zweitbank gegenüber dem Garantieauftraggeber ist hingegen gemäß Art 4 Abs 1 Rom II VO nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat sich das schadensbegründende Ereignis zugetragen hat und in welchem indirekte Schadensfolgen eingetreten sind677; es ist somit das Recht am Ort des Garantieauftraggebers entscheidend.
X. Die Bankgarantie im Konkurs des Auftraggebers A. Die Frage der Wirksamkeit des Auftrags zur Garantieeröffnung 1. Auftragserteilung nach Konkurseröffnung 3/179
Erteilt der Auftraggeber den Auftrag oder die Ermächtigung nach Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen, so ist diese Rechtshandlung gemäß § 3 Abs 1 KO unwirksam, wenn sie die Konkursmasse betrifft678. Diese Voraussetzung wird regelmäßig gegeben sein, weil der Aufwandersatz aus Vermögenswerten zu bestreiten wäre, die in die Masse fallen, etwa durch die Belastung eines dem Gemeinschuldner gehörenden Kontos679. Legt die Bank trotz Unwirksamkeit des Auftrages die Garantie hinaus, so kann die Zahlung des Garanten nicht der Masse zugerechnet werden, weil die Rechtshandlung absolut nichtig ist680. Steht dem Begünstigten nach dem Valutaverhältnis kein Anspruch zu, so kann die Bank die von ihr erbrachte Leistung wieder kondizieren (Rz 3/171). War der Begünstigte hingegen nach dem Valutaverhältnis berechtigt, so kann sich die Bank nur an die Masse halten681. Diese kann dadurch bereichert sein, dass sie sich infolge Befriedigung des Begünstigten durch den Garanten eine eigene Zahlung erspart682 oder sie nun die Gegenleistung des Begünstigten erlangt. Da der Anspruch des Garan676 677
678 679
680 681
682
Koziol, ÖBA 1986, 490 f mwN. Dazu Heiss/Loacker, Die Vergemeinschaftung des Kollisionsrechts durch Rom II, JBl 2007, 613, 625; Junker, Die Rom II-Verordnung: Neues Internationales Deliktsrecht auf europäischer Grundlage, NJW 2007, 3675, 3679. Zu Bedenken gegenüber dieser Regelung vgl auch Koziol/Thiede, Kritische Bemerkungen zum derzeitigen Stand des Entwurfs einer Rom II-Verordnung, ZVglRWiss 2007, 235, 244ff. Hiezu Buchegger in Buchegger, InsolvenzR I § 3 Rz 8 f. Vgl Canaris, Aktuelle insolvenzrechtliche Probleme des Zahlungsverkehrs und des Effektenwesens, in Uhlenbruck/Klasmeyer/Kübler (Hrsg), 100 Jahre Konkursordnung 1877/1977 (1977) 97 ff; Koziol, Der Überweisungsauftrag im Konkurs des Überweisenden, Schönherr-GedS (1986) 305f. Siehe dazu Schubert in Konecny/Schubert, InsolvenzG § 3 Rz 17. Es kommen Kondiktionen oder Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht. Zur Rückabwicklung bei mangelfreiem Valutaverhältnis und fehlendem Deckungsverhältnis siehe Rz 3/165. In der Regel wird nur eine Ersparnis in Höhe der Konkursquote gegeben sein.
Die Bankgarantie im Konkurs des Auftraggebers
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ten auf Herausgabe der Bereicherung der Masse gerichtet ist, handelt es sich um eine Masseforderung (§ 46 Abs 1 Z 6 KO)683. 2. Auftragserteilung vor Konkurseröffnung a) Eröffnung des Konkurses vor Hinauslegung der Garantie Liegt zwischen dem Gemeinschuldner und der Bank ein Auftrag vor, so 3/180 erlischt dieser gemäß § 26 Abs 1 KO mit der Konkurseröffnung. Für eine bloße Ermächtigung muss gleiches gelten, obwohl das Gesetz diese nicht erwähnt: Das Gesetz verfolgt das Ziel, die Verwaltung der Konkursmasse durch andere Personen zu unterbinden; dieser Zweck erfordert auch die Unwirksamkeit der Ermächtigung684. Da es im Zeitpunkt der Hinauslegung der Garantie an einer wirksamen Ermächtigung fehlt, bestehen keine rechtsgeschäftlichen Aufwandersatzansprüche und es kann die Zahlung der Bank an den Begünstigten nicht der Masse zugerechnet werden685. Für die Rückabwicklung gilt das zu Rz 3/179 Ausgeführte; soweit die Kondiktionen oder die Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag686 gegen die Masse gerichtet sind, handelt es sich auch hier um Masseforderungen. b) Eröffnung des Konkurses nach Hinauslegung der Garantie Mit der Eröffnung der abstrakten Garantie hat die Bank den vom Gemein- 3/181 schuldner erteilten Auftrag schon durchgeführt 687. Da § 26 Abs 1 KO nur Auftragsverhältnisse betrifft, die noch nicht ausgeführt wurden688, bewirkt die Konkurseröffnung nicht mehr die Unwirksamkeit des Auftrages oder der Ermächtigung689. Da die Bank daher auf Grund einer gültigen Ermächtigung handelt, die Zahlung also dem Gemeinschuldner zurechenbar ist, scheidet ein Bereicherungsanspruch des Garanten gegen den Begünstigten – selbst bei Mängeln des Valutaverhältnisses – aus690. Der Bank steht nur ein Aufwandersatzanspruch (§ 1014 ABGB) gegen den Gemeinschuldner zu, der 683
684
685 686 687 688 689
690
Das ergibt sich auch aus dem Grundgedanken des § 3 Abs 1 Satz 2 KO: Die Masse hat den Nutzen herauszugeben, den sie aus dem unwirksamen Rechtsgeschäft erlangte. So für die Ermächtigung bei der Anweisung Fink, Anweisung auf Schuld und Anfechtung, ÖJZ 1985, 438; Koziol, Schönherr-GedS 308; vgl auch Koziol in BVR III2 Rz 1/157. Canaris, BVR3 Rz 1147. Vgl auch Gamerith in Buchegger, InsolvenzR I § 26 Rz 8. So auch OGH 9 Ob 139/04p in ÖBA 2005, 649. Gamerith in Buchegger, InsolvenzR I § 26 Rz 7. Die Lage ist somit so wie bei der Annahme der Anweisung vor Konkurseröffnung, vgl Koziol in BVR III2 Rz 1/158. Oben Rz 3/170; ferner Canaris, BVR3 Rz 1147; OGH 1 Ob 591/90 in ÖBA 1991, 293. Anderes könnte allerdings bei einer bloß formell abstrakten Garantie (Rz 3/6) gelten; siehe G. Graf, ecolex 1998, 15.
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Die Bankgarantie
als Konkursforderung geltend zu machen ist691. Dies gilt selbst dann, wenn die Zahlung erst nach der Konkurseröffnung erfolgte, weil schon mit Eröffnung der Garantie ein aufschiebend bedingter Anspruch entstand (§ 16 KO)692. Die Bank kann diesen Aufwandersatzanspruch deshalb auch gemäß § 19 Abs 1 KO gegen Kontoforderungen des Gemeinschuldners aufrechnen693. Diese Möglichkeit ist allerdings ausgeschlossen, wenn der Garant die Garantie erst in den letzten 6 Monaten vor Konkurseröffnung eröffnete und dabei von der Zahlungsunfähigkeit des Auftraggebers wissen musste (§ 20 KO); erst im Zeitpunkt der Hinauslegung der Garantie wurde eine bedingte Forderung erworben. Ein Aus- oder Absonderungsanspruch des Garanten im Konkurs seines Auftraggebers im Falle eines in der Masse noch abgesondert vorhandenen Rückflusses des abgerufenen Garantiebetrages lässt sich nach Ansicht des OGH nicht zureichend begründen694.
B. Fragen der Gläubigeranfechtung im Konkurs des Auftraggebers 1. Anfechtungsmöglichkeiten gegenüber dem Garanten a) Die Anfechtbarkeit der Ermächtigung des Garanten 3/182
Erteilt der spätere Gemeinschuldner der Bank eine Ermächtigung zur Hinauslegung einer Garantie, so käme eine Anfechtung gemäß § 28 KO in Betracht, weil die Erteilung der Ermächtigung eine Rechtshandlung des Gemeinschuldners ist. Voraussetzung wäre die Absicht des Ermächtigenden, seine Gläubiger zu schädigen, und die Kenntnis oder das Kennenmüssen dieser Absicht auf Seiten der Bank695. Diese Anfechtungsmöglichkeit wird praktisch kaum von Bedeutung sein. Eine Anfechtung nach § 30 KO oder nach § 31 Abs 1 Z 2 Fall 1 KO scheidet aus, weil die Bank durch die Ermächtigung keine Sicherstellung oder Befriedigung erlangt. Auch die Möglichkeit der Anfechtung gemäß § 31 Abs 1 Z 2 Fall 2 KO ist nicht gegeben, weil unter einem nachteiligen Rechtsgeschäft ein Vertrag verstanden wird696, die Ermächtigung jedoch ein einseitiges Rechtsgeschäft ist. Die 691
692 693 694
695 696
Vgl Heile, Die Anweisung im Konkurs des Anweisenden (1976) 102ff; Hoyer, Übermäßiger Abruf der Haftrücklaßgarantie im Konkurs des Werkunternehmers, wbl 1987, 227; Obermüller, InsolvenzR7 Rz 5.422; Wratzfeld, Kondiktion einer zu Unrecht in Anspruch genommenen Garantie im Konkurs des Auftraggebers? ecolex 1998, 12; OGH in ÖBA 1991, 293; 8 Ob 200/02y in ÖBA 2003, 954. So auch OGH in ÖBA 2003, 954; ÖBA 2005, 649. Vgl Koziol, Schönherr-GedS 309; Obermüller, InsolvenzR Rz 5.422a. OGH 1 Ob 208/99s in ÖBA 2000, 418 mit Anm von Apathy = SZ 72/131 = ecolex 2000, 33 mit Anm von G. Wilhelm; ÖBA 2003, 954; ebenso Panagiotopoulos, Rückforderung 205 ff. Der auf dem Wertverfolgungsgedanken aufbauende, entgegengesetzte Lösungsansatz von Koziol, ÖBA 1999, 250 ff, wird ausdrücklich abgelehnt. Siehe hiezu und zu den Folgen der Anfechtung Koziol in BVR III2 Rz 1/166 f, 173. Dazu Koziol/Bollenberger in Buchegger, InsolvenzR I § 31 Rz 17 ff.
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Anfechtung wäre aber auch dann zu verneinen, wenn zwischen der Bank und dem Dritten ein Auftrag, also ein Vertrag, vorliegt697: Da die Zahlung des Garanten im Ergebnis nur zu einem Gläubigerwechsel führt, kann der Auftrag zur Hinauslegung einer Garantie nicht als nachteiliges Rechtsgeschäft angesehen werden698. Nach der hRspr, die für die Anfechtung gemäß § 31 Abs 1 Z 2 Fall 2 KO eine mittelbare Nachteiligkeit genügen lässt (Bd II1 Rz 1/245), wäre der Vertrag zwischen Auftraggeber und Bank allerdings dann anfechtbar, wenn es sich um einen Avalkredit handelt und objektiv vorhersehbar war, dass sich die Kreditgewährung ungünstig auswirken werde. Die Anfechtung des gesamten Vertrages würde auch die Ermächtigung zur Hinauslegung der Garantie erfassen.
b) Die Anfechtbarkeit der Zahlung des Aufwandersatzes an den Garanten Die Zahlung des Aufwandersatzes an den Garanten kann der Anfechtung 3/183 nach den §§ 28, 30 und 31 Abs 1 Z 2 Fall 1 KO unterliegen. Eine Anfechtung nach Fall 2 der letztgenannten Bestimmung kommt nicht in Betracht, weil die Erfüllung eines Schuldverhältnisses nicht gesondert als nachteiliges Rechtsgeschäft angefochten werden kann (Bd II1 Rz 1/244).
c) Die Anfechtbarkeit der Sicherheiten Wurden dem Garanten vor Hinauslegung der Garantie Sicherheiten für sei- 3/184 nen Rückforderungsanspruch vom Auftraggeber bestellt, so liegt ein Zugum-Zug-Geschäft vor, so dass eine Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 1 und nach § 31 Abs 1 Z 2 Fall 1 KO ausscheidet699. Soweit das gesamte Deckungsverhältnis wegen seiner Nachteiligkeit gemäß § 31 Abs 1 Z 2 Fall 2 KO der Anfechtung unterliegen sollte, wären auch die Sicherheitsbestellungen erfasst. 697
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Zum entsprechenden Problem bei der Anweisung siehe Koziol, Anweisung und Gläubigeranfechtung im Konkurs des Anweisenden, JBl 1985, 594. Dies könnte nur dann zweifelhaft sein, wenn die Garantie zu einer Zahlung führt, zu der der Auftraggeber nach dem Valutaverhältnis nicht verpflichtet war. Da jedoch derartige Leistungen vom Auftraggeber wieder kondiziert werden können, entsteht somit auch hier letztlich kein unmittelbarer Nachteil. Eine mittelbare Nachteiligkeit im Sinne der hRspr könnte daher nur dann allenfalls bejaht werden, wenn schon zur Zeit der Auftragserteilung objektiv vorhersehbar war, dass die Garantie zu einer ungerechtfertigten Zahlung an den Begünstigten führen und die Rückforderung an dessen Zahlungsunfähigkeit scheitern werde. Eine mittelbare Nachteiligkeit könnte wohl auch dann gegeben sein, wenn der Aufwandersatzanspruch sichergestellt wird, während die Forderung des Begünstigten ungesichert ist. Siehe König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung3 (2003) Rz 10/54, 10/60 und 10/70; Koziol, Grundlagen und Streitfragen der Gläubigeranfechtung (1991) 86 ff; Koziol/Bollenberger in Buchegger, InsolvenzR I § 30 Rz 14, § 31 Rz 26.
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Die Bankgarantie
2. Der Begünstigte als Anfechtungsgegner a) Die Anfechtung des Valutaverhältnisses 3/185
Eine Anfechtung des Grundgeschäftes700 zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Begünstigten könnte nach der hRspr insbesondere wegen dessen mittelbarer Nachteiligkeit in Betracht kommen (§ 31 Abs 1 Z 2 Fall 2 KO)701. Die erfolgreiche Anfechtung des Valutaverhältnisses führt zur Rückabwicklung des unwirksam gewordenen (§ 27 KO) Rechtsgeschäfts; die Rückabwicklung hat zwischen der Masse und dem Begünstigten stattzufinden702. Der Anfechtungsgegner hat gemäß § 39 Abs 1 KO nur das herauszugeben, was dem Vermögen des Gemeinschuldners entgangen oder daraus veräußert oder aufgegeben worden ist. Hier stellt sich das Problem, dass dem Begünstigten die Leistung vom Garanten erbracht wurde. Das Argument, die Zahlung des Garanten stamme deshalb nicht aus dem Vermögen der Masse, wäre jedoch unrichtig703. Der Garant kann nämlich auf Grund der Ermächtigung oder des Auftragsverhältnisses Aufwandersatz verlangen und überdies erwirbt er mit der Zahlung an den Begünstigten auch dessen Forderung gegen den Auftraggeber (§ 1358 ABGB). Diese Ansprüche kann der Garant auch im Konkurs des Auftraggebers zumindest als Konkursforderungen geltend machen, so dass insoweit letztlich die Masse wirtschaftlich doch die Zahlung an den Begünstigten trägt704. Ist der Regressanspruch der Bank durch Aufrechnungsmöglichkeiten oder Pfandrechte abgesichert, so trägt die Masse die Zahlung sogar zur Gänze. In jenem Umfang, in dem letztlich die Masse die Zahlung an den Begünstigten tragen muss, hat der Begünstigte etwas aus der Masse erlangt und ist dem Anspruch gemäß § 39 Abs 1 KO ausgesetzt. Es ist allerdings zu beachten, dass bei erfolgreicher Anfechtung des Grundgeschäftes auch dem Begünstigten ein Rückgewähranspruch gegen die Masse zusteht (§ 41 KO). Hat nun einerseits die Masse einen Anspruch gegen den Begünstigten nur in Höhe des von ihr an den Garanten zu leistenden Aufwandersatzes, anderseits der Begünstigte einen Rückgabeanspruch nach § 41 KO, so wird die Anfechtung häufig nicht befriedigungstauglich sein: Hat 700
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Also nicht des Zahlungsvorganges, sondern des der Leistung zugrundeliegenden Kauf- oder Werkvertrages zwischen Garantieauftraggeber und Begünstigtem. Dazu König, Anfechtung Rz 11/60 ff; Koziol/Bollenberger in Buchegger, InsolvenzR I § 31 Rz 17 ff. Ein Rückabwicklungsanspruch des Garanten kommt nicht in Betracht, weil die Unwirksamkeit des Valutaverhältnisses grundsätzlich nicht die Gültigkeit des abstrakten Garantieversprechens berührt; vgl Rz 3/4, 166 und Canaris, BVR3 Rz 1147. Hier kommt noch hinzu, dass die Anfechtung bloß eine relative Unwirksamkeit hervorruft, siehe König, Anfechtung Rz 2/11; Koziol, Gläubigeranfechtung 50 ff. Im Gegensatz zur Anweisung (vgl hiezu Koziol, JBl 1985, 592, 596) entgeht allerdings der Masse keine Leistung, weil der Garant typischerweise nur dem Begünstigten eine Sicherheit verschaffen soll, jedoch keinesfalls an den Auftraggeber geleistet hätte. Die Zahlung eines Dritten betrifft das Vermögen des Gemeinschuldners, wenn durch die Rechtshandlung ein Ersatzanspruch gegen den Gemeinschuldner begründet wird; vgl Koziol/Bollenberger in Buchegger, InsolvenzR I § 27 Rz 37.
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der Garant nur eine Konkursforderung auf Aufwandersatz, der Begünstigte hingegen eine Konkursforderung auf Erstattung seiner dem Auftraggeber erbrachten Leistung (§ 41 Abs 2 KO), so kann die Masse durch die Anfechtung nichts gewinnen. Das gilt umso mehr, wenn die Leistung des Begünstigten unterscheidbar in der Masse vorhanden ist und ihm daher eine Masseforderung nach § 41 Abs 1 KO zusteht. Die Anfechtung ist daher in aller Regel nur befriedigungstauglich, wenn der Rückgriffsanspruch des Garanten gesichert ist und dem Begünstigten anderseits nur eine Konkursforderung zusteht. Dass hier der Begünstigte durch die Garantie nicht vor den Folgen der Insolvenz des Auftraggebers gesichert wird, ist unbedenklich: Der Begünstigte hat mit dem Gemeinschuldner ein nachteiliges, somit missbilligtes Geschäft geschlossen und wird daher von der Rechtsordnung nicht für schutzwürdig erachtet, so dass das Valutaverhältnis für unwirksam erklärt wird; es ist somit der Rechtsgrund der ihm erbrachten Leistung betroffen. b) Die Anfechtung der Zahlung durch den Garanten an den Begünstigten Eine Anfechtung der Zahlung des Garanten käme im Konkurs des Auftrag- 3/186 gebers insbesondere gemäß § 30 und § 31 Abs 1 Z 2 Fall 1 KO in Betracht. Da in den Fällen der Garantieerstellung der Garant dem Auftraggeber auch dann keine Zahlung geleistet hätte, wenn er nicht an den Begünstigten gezahlt hätte, entgeht durch die Zahlung des Garanten an den Begünstigten dem Vermögen des Gemeinschuldners nichts; es wurde auch nichts daraus veräußert oder aufgegeben (§ 39 Abs 1 KO)705. Da durch die Zahlung des Garanten die Forderung des Begünstigten gegen den Auftraggeber auf ihn übergeht (§ 1358 ABGB), hat die Masse nunmehr die Konkursforderung des Garanten statt jener des Begünstigten zu begleichen; es liegt somit bloß ein anfechtungsneutraler Gläubigerwechsel vor706. Anderes scheint jedoch zu gelten, wenn der Garant – durch Sicherheiten oder 3/187 Aufrechnungsmöglichkeiten – eine bessere Rechtsstellung als der Begünstigte gegenüber der Masse erlangt707 und dieser daher durch die höhere Zahlung etwas entgeht; in derartigen Fällen wären die Voraussetzungen des § 39 Abs 1 KO deshalb erfüllt. Auch wenn die Befriedigung des Begünstigten somit auf Rechnung des Gemeinschuldners erfolgt, kommt jedoch regelmäßig keine Anfechtung in Betracht: Der Begünstigte erwirbt die auf Rechnung des Auftraggebers bestellte Sicherheit typischerweise auf Grund eines Anspruchs, der zugleich 705 706
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Zur Anweisung vgl Koziol, JBl 1985, 596. Vgl zu diesem König, Anfechtung Rz 5/8; derselbe, Anweisung und Anfechtung im Konkurs, ÖJZ 1982, 229; Koziol/Bollenberger in Buchegger, InsolvenzR I § 27 Rz 51; OGH in JBl 1979, 325 mit Anm von Koziol; 8 Ob 558/91 in ÖBA 1992, 1113 mit Anm von Koziol; 2 Ob 582/91 in ÖBA 1993, 163. Vgl König, ÖJZ 1982, 230; derselbe, Anfechtung Rz 5/8; Ch. Paulus, Konkursanfechtungsrechtliche Probleme im Zusammenhang mit dem Standby Letter of Credit, ZBB 1990, 207; OGH in JBl 1979, 325 mit Anm von Koziol; ÖBA 1992, 1113 mit Anm von Koziol.
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mit seiner Leistungsverpflichtung begründet wird, so dass ein Zug-um-ZugGeschäft im Sinne des § 30 Abs 1 Z 1 KO vorliegt708, und überdies wird die Garantie vor oder spätestens bei Erbringung der Leistung durch den Begünstigten hinausgelegt, so dass auch eine Zug-um-Zug-Leistung im Sinne des § 31 Abs 1 Z 2 Fall 1 KO gegeben ist. Die Sicherheitsbestellungen unterliegen daher nicht der Anfechtung nach diesen Bestimmungen709. Die Befriedigung aus einer anfechtungsfest erworbenen Sicherheit ist aber ebenfalls nicht der Anfechtung ausgesetzt710, so dass der Begünstigte die vom Garanten erlangte Zahlung im Konkurs des Auftraggebers nicht herauszugeben hat. Nur diese Lösung entspricht auch dem Zweck der Sicherheitsbestellung durch einen Dritten, weil durch diese gerade das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners dem Gläubiger abgenommen und dem Dritten aufgebürdet werden soll. c) Die Anfechtung der Zahlung des Auftraggebers an den Begünstigten 3/188
Hat der Auftraggeber selbst an den Begünstigten geleistet, so ist diese Zahlung insbesondere gemäß den §§ 30 und 31 KO anfechtbar. Hat nun der Begünstigte die Zahlung wieder an die Masse herauszugeben (§ 39 Abs 1 KO), so kann er Zahlung vom Garanten begehren711. Die Inanspruchnahme des Garanten wird jedoch häufig daran scheitern, dass inzwischen die Garantiefrist abgelaufen ist. Einem Begünstigten, der befürchten muss, dass die Zahlung seines Partners aus dem Valutaverhältnis anfechtbar ist, ist deshalb zu empfehlen, die möglicherweise anfechtbare Leistung zurückzuweisen und sofort die Garantie in Anspruch zu nehmen.
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Bei nachträglicher Vereinbarung einer Sicherheit wäre diese hingegen wegen Inkongruenz anfechtbar, siehe Ch. Paulus, ZBB 1990, 206. Siehe Koziol, Gläubigeranfechtung 86 ff mwN. König, Anfechtung Rz 11/55. Hiezu Koziol, Kreditsicherheiten und Anfechtung der Erfüllung, JBl 1983, 517.
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Anhänge I. Anhang I – Einheitliche Richtlinien der Internationalen Handelskammer für auf Anfordern zahlbare Garantien Anhang I – Einheitliche Richtlinien der Internationalen Handelskammer
Literatur: Büsser, Einreden und Einwendungen der Bank als Garantin gegenüber dem Zahlungsanspruch des Begünstigten (1997) 45ff; Hasse, Die Einheitlichen Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien der Internationalen Handelskammer, WM 1993, 1985; Horn, Die Bankgarantie im internationalen Umfeld, in Wiegand (Hrsg), Personalsicherheiten (1997) 93 ff; Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 19 ff; von Westphalen, Die neuen Richtlinien für „Demand Guarantees“, DB 1992, 2017; derselbe, Ausgewählte Fragen zur Interpretation der Einheitlichen Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien, RIW 1992, 961.
Die Internationale Handelskammer hat 1992 Einheitliche Richtlinien publi- 3/189 ziert712, die durch Vereinbarung Geltung erlangen. Im Gegensatz zu den für Akkreditive ausgearbeiteten Bedingungen fanden die Garantie-Richtlinien allerdings keinen großen Anklang in der Praxis713. A. Einleitung Diese „Einheitlichen Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien“ (ICC-Publikation Nr. 458) sind das Ergebnis einer gemeinsamen ICC-Arbeitsgruppe aus Vertretern der Kommission für internationale Handelspraxis und der Kommission für Banktechnik und Bankpraxis sowie einer Redaktionsgruppe für die endgültige Ausformulierung. Die Richtlinien sind für eine weltweite Anwendung für auf Anfordern zahlbare Garantien vorgesehen, nämlich für Garantien, Bonds und andere Zahlungsverpflichtungen, unter denen die Zahlungsverpflichtung des Garanten oder Ausstellers gegen Vorlage einer schriftlichen Anforderung und anderer in der Garantie bestimmter Dokumente entsteht und nicht durch die tatsächliche Pflichtverletzung des Auftraggebers im zugrundeliegenden Geschäft bedingt ist. 712 713
ICC – Publikationen Nr. 458. Siehe Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 20. Noch geringeren Erfolg hatte bisher das UNCITRAL-Übereinkommen über unabhängige Garantien und Standby Letters of Credit (1995), vgl dazu Nielsen in BankR-HB § 121 Rz 33; Heidbüchel, Das UNCITRAL-Übereinkommen über unabhängige Garantien und Standby Letters of Credit (1999).
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Auf Anfordern zahlbare Garantien unterscheiden sich von DokumentenAkkreditiven dadurch, dass sie nur dann ordnungsgemäß in Anspruch genommen sind, wenn der Auftraggeber eine Pflichtverletzung begangen hat. Der Garant ist jedoch ähnlich wie der Akkreditivaussteller nicht mit dem tatsächlichen Eintritt der Pflichtverletzung, sondern nur mit Dokumenten befasst. „Standby credits“ unterliegen bereits den „Einheitlichen Richtlinien und Gebräuchen für Dokumenten-Akkreditive“ („ERA“) (siehe oben Rz 1/2). Sie haben sich zu finanziellen Gewährleistungsinstrumenten für jeden Zweck entwickelt und finden in einem größeren Bereich von finanziellen und kommerziellen Tätigkeiten Anwendung als auf Anfordern zahlbare Garantien; bei ihnen gibt es regelmäßig Gebräuche und Verfahren (zB Bestätigung, Erstellung für eigene Rechnung der Bank, Dokumentenvorlage bei einem anderen Beteiligten als dem Aussteller), die bei den auf Anfordern zahlbaren Garantien selten auftreten, so dass „Standby credits“ mehr mit Dokumenten-Akkreditiven gemein haben. Während „Standby credits“ technisch den auf Anfordern zahlbaren Garantien zurechenbar sind, besteht deshalb die Erwartung, dass die Aussteller von „Standby credits“ weiterhin die „ERA“ anwenden werden, die sowohl detaillierter als auch für die Besonderheiten von „Standby credits“ passender sind. Diese Richtlinien gelten nicht für Bürgschaften, bedingte Bonds oder andere akzessorische Verpflichtungen, unter denen die Zahlungsverpflichtung des Ausstellers nur im Falle einer tatsächlichen Pflichtverletzung durch den Auftraggeber entsteht. Solche Instrumente sind weitverbreitet, unterscheiden sich in ihrem Wesen jedoch von auf Anfordern zahlbaren Garantien und liegen außerhalb des Anwendungsbereichs und -zwecks dieser Richtlinien. Diese neuen Einheitlichen Richtlinien sind eingeführt worden, weil die 1978 von der ICC veröffentlichten „Einheitlichen Richtlinien für Vertragsgarantien“ (Publikation Nr. 325) keine allgemeine Akzeptanz gefunden haben. Die neuen Richtlinien spiegeln die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten an der Erstellung und Abwicklung von auf Anfordern zahlbaren Garantien besser wider. Da jedoch die Publikation Nr. 325 weiterhin in gewissem Umfang Verwendung findet, bleibt sie bis auf weiteres in Kraft, um denen zur Verfügung zu stehen, die sie den neuen Richtlinien vorziehen wollen. Über das Schicksal der Publikation Nr. 325 wird zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund der gewonnenen Erfahrung entschieden.
1. Der Begünstigte Der Begünstigte möchte gegen das Risiko abgesichert sein, dass der Auftraggeber seine Verpflichtungen gegenüber dem Begünstigten aus dem zugrundeliegenden Geschäft nicht erfüllt, auf das sich die auf Anfordern zahlbare Garantie bezieht. Die Garantie erreicht dies, indem sie dem Begünstigten einen schnellen Zugriff auf eine Geldsumme ermöglicht, wenn diese Verpflichtungen nicht erfüllt werden.
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2. Der Auftraggeber Unter Anerkennung der Bedürfnisse des Begünstigten kann der Auftraggeber aufgrund von Treu und Glauben schriftliche Informationen darüber erwarten, dass und in welcher Hinsicht durch ihn begangene Pflichtverletzungen behauptet werden. Das sollte in gewissem Ausmaß Missbräuche von Garantien durch unberechtigte Inanspruchnahmen von Begünstigten vermeiden helfen. 3. Der Garant Damit diese Richtlinien zur Anwendung gelangen, sollte die Garantie keine anderen Zahlungsbedingungen vorsehen als die Vorlage einer schriftlichen Anforderung und anderer genau bezeichneter Dokumente. Insbesondere sollten die Garantie-Bedingungen nicht verlangen, dass der Garant zu entscheiden hat, ob der Begünstigte und der Auftraggeber ihre Verpflichtungen unter dem zugrundeliegenden Geschäft erfüllt haben, mit dem der Garant nichts zu tun hat. Der Wortlaut der Garantie sollte klar und unzweideutig sein. 4. Der Rückgarant Die neuen Richtlinien berücksichtigen auch die weitverbreitete Praxis, wonach ein Rückgarant714 dem Garanten einen Auftrag zur Garantieerstellung, den er vom Auftraggeber oder für dessen Rechnung erhalten hat, übermittelt und hierfür die Rückgarantie übernimmt. 5. Allgemeines Die ICC will eine geeignete Praxis bezüglich auf Anfordern zahlbarer Garantien fördern, die allen Beteiligten gerecht wird, und glaubt, dass diese Richtlinien ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Interessen bewirken und die Rechte und Pflichten aller Beteiligten berücksichtigen. Im Vergleich zu den im Jahr 1978 veröffentlichten ICC-Richtlinien beinhalten die neuen Richtlinien eine wesentliche Änderung zugunsten der Begünstigten, indem sie nicht mehr auf Garantien beschränkt sind, die die Vorlage eines Schiedsurteils oder eines anderen neutralen schriftlichen Beweises zur Unterlegung einer Inanspruchnahme verlangen. Garantien, die solche Nachweise ausdrücklich verlangen, fallen jedoch immer noch in den Anwendungsbereich dieser Richtlinien. Diese neuen Richtlinien enthalten ferner Bestimmungen über Rückgarantien. Es ist für alle diesen Richtlinien unterliegenden Garantien charakteristisch, dass sie gegen Vorlage eines oder mehrerer Dokumente zahlbar sind. Die in den auf Anfordern zahlbaren Garantien verlangten Dokumente sind sehr 714
Siehe Definition in Art. 2 a) bb).
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unterschiedlich. Auf der einen Seite steht die Garantie, die auf einfache schriftliche Anforderung zahlbar ist, ohne dass eine Erklärung über eine Pflichtverletzung oder andere dokumentäre Nachweise verlangt werden. Auf der anderen Seite steht die Garantie, die die Vorlage eines Urteils oder Schiedsurteils verlangt. Zwischen diesen beiden Extremen liegen zahlreiche Ausgestaltungsformen, wie zB Garantien, die eine Erklärung des Begünstigten über die Pflichtverletzung mit oder ohne Angabe der Art der Pflichtverletzung oder die Vorlage eines von einem Ingenieur oder Gutachter ausgestellten Zertifikats verlangen. Alle diese Varianten fallen in den Anwendungsbereich der neuen Richtlinien. Die Interessen des Begünstigten sind jedoch mit dem Schutzbedürfnis des Auftraggebers gegen eine unberechtigte Garantieinanspruchnahme auszubalancieren. Insoweit hält die ICC die Regelung für angemessen, dass gemäß den Grundsätzen von Treu und Glauben und fairem Geschäftsgebaren eine Anforderung schriftlich erfolgen sollte und zumindest von einer Erklärung des Begünstigten begleitet sein sollte, dass und in welcher Hinsicht der Auftraggeber seine Pflicht verletzt hat; Artikel 20 sieht dies auch vor. Will jemand sogar dieses Erfordernis vermeiden oder ändern, dann kann er das tun, muss aber bewusst Artikel 20 im Garantiewortlaut ausschließen oder ändern. Artikel 20 macht jedoch im Zusammenhang mit Artikel 2 b) und c), 9 und 11 auch deutlich, dass Garanten nicht mit der Frage befasst sind, ob eine Erklärung über eine Pflichtverletzung richtig ist. Die Dokumente müssen natürlich der Garantie zu entsprechen scheinen, so dass der Begünstigte keinen Zahlungsanspruch hat, falls es hinsichtlich der äußeren Aufmachung der Dokumente an der Übereinstimmung offensichtlich fehlt. Darüber hinaus lassen diese Richtlinien Grundsätze und Bestimmungen nationalen Rechts bezüglich betrügerischer, offensichtlich missbräuchlicher oder unberechtigter Garantieinanspruchnahme unberührt. Wie die „ERA“ finden auch diese neuen „Einheitlichen Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien“ dann Anwendung, wenn sie ausdrücklich in der Garantie vereinbart sind, und ihr Erfolg hängt davon ab, dass sie von der internationalen Geschäftswelt verwendet werden. Die ICC wird durch ihre nationalen Komitees und internationalen Foren die Industrie- und Finanzkreise intensiv ermutigen, diese Richtlinien zu verwenden, die dazu beitragen werden, dass eine einheitliche Praxis bezüglich der Bedingungen für auf Anfordern zahlbare Garantien sichergestellt wird. B. Anwendungsbereich der Richtlinien Artikel 1 Diese Richtlinien gelten für jede auf Anfordern zahlbare Garantie und deren Änderung, die ein Garant (wie nachfolgend definiert) zu erstellen beauftragt worden ist und die festlegt, dass sie den „Einheitlichen Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien“ der Internationalen Handelskammer (Publikation Nr. 458) unterliegt; sie sind für alle Beteiligten bindend, soweit
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in der Garantie oder deren Änderung nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Artikel 2 a) In diesen Richtlinien bedeutet eine auf Anfordern zahlbare Garantie (im folgenden „Garantie“ genannt) jede wie auch immer benannte oder bezeichnete schriftliche Garantie-, Bond- oder andere Zahlungsverpflichtung einer Bank, Versicherungsgesellschaft oder anderen Stelle oder Person (im folgenden „Garant“ genannt) zur Zahlung von Geld gegen Vorlage einer schriftlichen Zahlungsanforderung und gegebenenfalls weiterer in der Garantie bezeichneter Dokumente (zB ein Zertifikat eines Architekten oder Ingenieurs, ein Urteil oder Schiedsurteil) in Übereinstimmung mit den Bedingungen der Verpflichtung, wobei diese, aa) auf Ersuchen oder Weisung und unter Haftung einer Partei (im folgenden „Auftraggeber“ genannt) oder bb) auf Ersuchen oder Weisung und unter Haftung einer Bank, Versicherungsgesellschaft oder anderen Stelle oder Person (im folgenden „Rückgarant“ genannt), die auf Weisung eines Auftraggebers handelt, gegenüber einer anderen Partei (im folgenden „Begünstigter“) abgegeben wird. b) Garantien sind ihrer Natur nach von den Verträgen oder Angebotsbedingungen715, auf denen sie beruhen, getrennte Geschäfte; die Garanten sind in keiner Hinsicht mit solchen Verträgen oder Angebotsbedingungen befasst oder an sie gebunden, auch wenn die Garantie auf sie Bezug nimmt. Die Verpflichtung des Garanten unter einer Garantie besteht darin, den oder die darin genannten Beträge gegen Vorlage einer schriftlichen Zahlungsanforderung und anderer in der Garantie bezeichneter Dokumente zu zahlen, die nach ihrer äußeren Aufmachung den Garantie-Bedingungen zu entsprechen scheinen. c) In diesen Richtlinien bedeutet „Rückgarantie“ jede wie auch immer benannte oder bezeichnete schriftliche Garantie-, Bond- oder andere Zahlungsverpflichtung des Rückgaranten zur Zahlung von Geld an den Garanten gegen Vorlage in Übereinstimmung mit den Bedingungen dieser Verpflichtung einer schriftlichen Zahlungsanforderung und anderer in der Rückgarantie bezeichneter Dokumente, die nach ihrer äußeren Aufmachung den Rückgarantie-Bedingungen zu entsprechen scheinen. Rückgarantien sind ihrer Natur nach von den Garantien, auf die sie sich beziehen, und von den zugrundeliegenden Verträgen oder Angebotsbedingungen getrennte Geschäfte. Rückgaranten sind in keiner Hinsicht mit solchen Garantien, Verträgen oder Angebotsbedingungen befasst oder an sie gebunden, auch wenn die Rückgarantie auf sie Bezug nimmt. d) Die Begriffe „Schriftform“ und „schriftlich“ umfassen auch authentisierte Teletransmission oder gleichwertige Übermittlung per geschlüsselter Datenfernübertragung („EDI“). 715
Im englischen Original „tender conditions“.
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Artikel 3 Alle Aufträge zur Erstellung von Garantien und deren Änderungen sowie Garantien und deren Änderungen selbst sollen klar und präzise sein sowie zu weit gehende Einzelheiten vermeiden. Folglich sollen alle Garantien folgende Angaben beinhalten: a) Auftraggeber; b) Begünstigter; c) Garant; d) das der Garantieerstellung zugrundeliegende Geschäft; e) Höchstbetrag und Währung, in der sie zahlbar sind; f) Verfalldatum und/oder Verfallereignis der Garantie; g) Bedingungen für die Zahlungsanforderung; h) eventuelle Regelung der Reduzierung des Garantiebetrages. Artikel 4 Das Recht des Begünstigten, eine Garantie in Anspruch zu nehmen, ist nicht übertragbar, sofern nicht ausdrücklich in der Garantie oder deren Änderung etwas anderes geregelt ist. Dieser Artikel berührt jedoch nicht das Recht des Begünstigten, seinen unter einer Garantie bestehenden oder künftig entstehenden Zahlungsanspruch abzutreten. Artikel 5 Alle Garantien und Rückgarantien sind unwiderruflich, sofern nichts anderes angegeben ist. Artikel 6 Eine Garantie ist ab dem Zeitpunkt ihrer Erstellung wirksam, sofern ihre Bedingungen nicht ausdrücklich vorsehen, dass sie erst zu einem späteren Zeitpunkt oder abhängig vom Eintritt von Bedingungen wirksam werden soll, die in der Garantie bezeichnet und vom Garanten auf der Basis von darin bezeichneten Dokumenten bestimmbar sind. Artikel 7 a) Wenn ein Garant Weisung für eine Garantieerstellung erhalten hat, bei deren Ausführung er jedoch aufgrund der Gesetze oder Verordnungen des Erstellungslandes die Garantie-Bedingungen selbst nicht erfüllen könnte, dann hat der Garant die Weisung nicht auszuführen und sofort die Partei, die ihm diese Weisung gab, per Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Weg über die Gründe der Nichtausführbarkeit zu unterrichten und geeignete Weisung von dieser Partei zu erbitten. b) Dieser Artikel verpflichtet keinen Garanten, eine Garantie zu erstellen, wenn er damit nicht einverstanden ist.
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Artikel 8 Eine Garantie kann eine ausdrückliche Regelung für ihre Reduzierung um bestimmte oder bestimmbare Beträge an bestimmten Daten oder gegen Vorlage von in der Garantie dafür bestimmten Dokumenten beim Garanten enthalten.
C. Haftung und Verantwortlichkeit Artikel 9 Alle Dokumente, die in einer Garantie verlangt sind und unter dieser vorgelegt werden, einschließlich der Anforderung, sind vom Garanten mit angemessener Sorgfalt zu prüfen, um sich zu vergewissern, ob sie ihrer äußeren Aufmachung nach den Garantie-Bedingungen entsprechen. Falls sie ihnen nicht entsprechen, oder ihrer äußeren Aufmachung nach einander widersprechen, sind sie zurückzuweisen. Artikel 10 a) Einem Garanten steht eine angemessene Zeit zu, eine Anforderung unter einer Garantie zu prüfen und über deren Bezahlung oder Zurückweisung zu entscheiden. b) Wenn der Garant sich zur Zurückweisung der Anforderung entscheidet, muss er dies sofort dem Begünstigten durch Teletransmission oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Weg mitteilen. Alle unter der Garantie vorgelegten Dokumente sind zur Verfügung des Begünstigten zu halten. Artikel 11 Garanten und Rückgaranten übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Form, Vollständigkeit, Genauigkeit, Echtheit, Verfälschung oder Rechtswirksamkeit irgendwelcher Dokumente, die ihnen vorgelegt werden, oder für die allgemeinen und/oder besonderen Erklärungen, die darin enthalten sind, oder für den guten Glauben oder Handlungen und/oder Unterlassungen jeglicher Personen. Artikel 12 Garanten und Rückgaranten übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen von Verzögerungen und/oder Verlusten bei der Übermittlung von Nachrichten, Briefen, Anforderungen oder Dokumenten, oder für Verzögerung, Verstümmelung oder sonstige Irrtümer, die aus der Übermittlung mittels Telekommunikation resultieren. Garanten und Rückgaranten übernehmen keine Haftung für Irrtümer bei der Übersetzung oder Auslegung von Fachausdrücken und behalten sich das Recht vor, Garantietexte oder Teile davon unübersetzt weiterzuleiten.
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Artikel 13 Garanten und Rückgaranten übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen der Unterbrechung ihrer Geschäftstätigkeit durch Fälle höherer Gewalt, Unruhen, Aufruhr, Aufstand, Krieg oder durch irgendwelche anderen Ursachen, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen, sowie durch Streiks, Aussperrungen und sonstige Arbeitskampfmaßnahmen aller Art. Artikel 14 a) Garanten und Rückgaranten, die sich zur Ausführung der Weisung des Auftraggebers der Dienste eines Dritten bedienen, tun dies für Rechnung und Gefahr des Auftraggebers. b) Garanten und Rückgaranten übernehmen keine Haftung oder Verantwortung, wenn die von ihnen übermittelten Weisungen nicht ausgeführt werden, auch wenn sie selbst die Auswahl des Dritten getroffen haben. c) Der Auftraggeber muss den Garanten und, gegebenenfalls, den Rückgaranten für alle auf ausländischen Gesetzen und Gebräuchen beruhenden Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten schadlos halten. Artikel 15 Garanten und Rückgaranten sind von der Haftung und Verantwortung gemäß vorstehender Artikel 11, 12 und 14 nur insoweit befreit, als sie in gutem Glauben und mit angemessener Sorgfalt handeln. Artikel 16 Ein Garant haftet dem Begünstigten nur gemäß den Garantie-Bedingungen, deren Änderung(en) und diesen Richtlinien, und zwar nur bis zu einem Betrag, der den in der Garantie und deren Änderung(en) bestimmten Betrag nicht überschreitet. D. Anforderungen Artikel 17 Unbeschadet der Regelung in Artikel 10 muss der Garant im Falle einer Anforderung unverzüglich den Auftraggeber davon in Kenntnis setzen oder gegebenenfalls den Rückgaranten, worauf dieser den Auftraggeber entsprechend informieren muss. Artikel 18 Der unter einer Garantie zahlbare Betrag reduziert sich um jeden Betrag, den der Garant auf entsprechende Anforderung darunter gezahlt hat; sobald der unter einer Garantie zahlbare Höchstbetrag durch Zahlung und/oder Reduzierung erreicht worden ist, erlischt die Garantie unabhängig von der Rückgabe der Garantie und deren Änderung(en).
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Artikel 19 Eine Anforderung muss in Übereinstimmung mit den Garantie-Bedingungen vor deren Verfall, nämlich an oder vor deren Verfalldatum und vor dem Verfallereignis gemäß Artikel 22 erfolgen. Insbesondere müssen alle in der Garantie für die Anforderung vorgeschriebenen Dokumente und alle in Artikel 20 verlangten Erklärungen dem Garanten vor Verfall der Garantie am Erstellungsort vorgelegt werden; andernfalls ist die Anforderung durch den Garanten zurückzuweisen. Artikel 20 a) Jede Zahlungsanforderung unter der Garantie muss schriftlich erfolgen und (neben allen anderen in der Garantie vorgeschriebenen Dokumenten) durch eine schriftliche Erklärung (in der Anforderung selbst oder in einem oder mehreren separaten, die Anforderung begleitenden und darin erwähnten Dokumenten) unterlegt sein, aa) dass der Auftraggeber seine Verpflichtung(en) unter dem (den) zugrundeliegenden Vertrag (Verträgen) oder, im Falle einer Bietungsgarantie, unter den Angebotsbedingungen verletzt hat und bb) welcher Art die Verletzung durch den Auftraggeber ist. b) Jede Anforderung unter einer Rückgarantie muss durch eine schriftliche Erklärung unterlegt sein, dass der Garant eine Zahlungsanforderung unter der Garantie in Übereinstimmung mit deren Bedingungen und diesem Artikel erhalten hat. c) Absatz (a) dieses Artikels ist nur in dem Maße nicht anwendbar, als er in den Garantie-Bedingungen ausdrücklich ausgeschlossen ist. Absatz (b) dieses Artikels ist nur insoweit nicht anwendbar, als er in den RückgarantieBedingungen ausdrücklich ausgeschlossen ist. d) Dieser Artikel hat keine Auswirkungen auf die Anwendbarkeit der Artikel 2 (b) und (c), 9 und 11. Artikel 21 Der Garant hat unverzüglich die Anforderung des Begünstigten und die diese begleitenden Dokumente dem Auftraggeber oder gegebenenfalls dem Rückgaranten zur Weiterleitung an den Auftraggeber zu übermitteln. E. Verfallregelung Artikel 22 Der Ablauf der in einer Garantie für die Vorlage von Anforderungen bestimmten Frist erfolgt an einem bestimmten Kalenderdatum („Verfalldatum“) oder durch Vorlage von zur Verfallbestimmung vorgesehenen Dokumenten beim Garanten („Verfallereignis“). Wenn in der Garantie sowohl ein Verfalldatum als auch ein Verfallereignis bestimmt sind, dann verfällt die Garantie unabhängig von der Rückgabe der Garantie und deren Ände-
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rung(en) am Verfalldatum oder Verfallereignis, je nachdem welches zuerst eintritt. Artikel 23 Unabhängig von jeglicher darin enthaltenen Verfallregelung erlischt eine Garantie, wenn dem Garanten die Garantie selbst oder, unabhängig von der Rückgabe der Garantie und etwaiger Änderung(en), die schriftliche Erklärung des Begünstigten über die Haftungsentlassung unter der Garantie vorgelegt wird. Artikel 24 Wenn eine Garantie durch Zahlung, Verfall, Erlöschen oder auf andere Weise erledigt ist, kann der Begünstigte durch die Zurückbehaltung der Garantie oder ihrer Änderungen keine Rechte unter der Garantie wahren. Artikel 25 Wenn der Garant davon Kenntnis hat, dass die Garantie durch Zahlung, Verfall, Erlöschen oder auf andere Weise erledigt oder der darunter zahlbare Gesamtbetrag reduziert ist, muss der Garant unverzüglich den Auftraggeber oder gegebenenfalls den Rückgaranten davon unterrichten, der dann seinerseits den Auftraggeber entsprechend zu informieren hat. Artikel 26 Wenn der Begünstigte eine Verlängerung der Garantielaufzeit als Alternative zu einer Zahlungsanforderung, die in Übereinstimmung mit den Garantie-Bedingungen und diesen Richtlinien erfolgt ist, verlangt, muss der Garant davon unverzüglich denjenigen informieren, von dem er seinen Auftrag erhalten hat. Der Garant hat dann die Zahlung für eine angemessene Zeit auszusetzen, die dem Auftraggeber und dem Begünstigten eine Einigung über die Gewährung einer solchen Verlängerung und dem Auftraggeber die Veranlassung der Durchführung ermöglicht. Sofern binnen der in dem vorhergehenden Absatz vorgesehenen Zeit keine Verlängerung zustandekommt, ist der Garant verpflichtet, die ordnungsgemäße Anforderung des Begünstigten zu bezahlen, ohne irgendwelche weiteren Handlungen vom Begünstigten zu verlangen. Der Garant haftet nicht (für Zinsen oder in anderer Weise) für die Verzögerung irgendeiner Zahlung an den Begünstigten aufgrund des vorstehenden Verfahrens. Auch wenn der Auftraggeber einer Verlängerung zustimmt oder den Auftrag dazu erteilt, kommt die Verlängerung nur zustande, wenn Garant und Rückgarant(en) ebenfalls zustimmen. Falls in der Garantie oder Rückgarantie nichts anderes geregelt ist, gilt das Recht das am Geschäftssitz des Garanten beziehungsweise des Rückgaranten anwendbar ist; falls der Garant oder Rückgarant mehr als eine Geschäftsstelle hat, so gilt das Recht am Sitz der Geschäftsstelle, die die Garantie oder Rückgarantie erstellt hat.
Anhang I – Einheitliche Richtlinien der Internationalen Handelskammer
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F. Anwendbares Recht und Gerichtsstand Artikel 27 Falls in der Garantie oder Rückgarantie nichts anderes geregelt ist, gilt das Recht das am Geschäftssitz des Garanten beziehungsweise des Rückgaranten anwendbar ist; falls der Garant oder Rückgarant mehr als eine Geschäftsstelle hat, so gilt das Recht am Sitz der Geschäftsstelle, die die Garantie oder Rückgarantie erstellt hat. Artikel 28 Falls in der Garantie oder Rückgarantie nichts anderes geregelt ist, sind alle Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Garantie zwischen Garant und Begünstigtem oder bezüglich der Rückgarantie zwischen Rückgarant und Garant ausschließlich vom zuständigen Gericht des Landes zu entscheiden, in dem sich der Geschäftssitz des Garanten beziehungsweise des Rückgaranten oder, wenn der Garant oder Rückgarant mehr als eine Geschäftsstelle hat, die Geschäftsstelle befindet, die die Garantie oder Rückgarantie erstellt hat.
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Die Bankgarantie
II. Anhang II – Muster für Bankgarantien716 A. Anzahlungsgarantie (Inland) An: Begünstigter Name Adresse Garantie-Nr. ............ Käufer/Auftraggeber: ................................................ Verkäufer/Auftragnehmer (unser Kunde): ................................................ betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass Sie sich bereit erklärt haben, an ihn eine Anzahlung in Höhe von .............................. gegen eine zu Ihren Gunsten erstellte Bankgarantie zu leisten. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, .................................................., im Auftrag unseres Kunden hiemit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von zehn Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen bezeichnete Bankkonto zu leisten. Eine Inanspruchnahme der Garantie wird von uns nur honoriert, soferne der volle Anzahlungsbetrag auf dem bei unserem Institut geführten Konto Nr. ................... unseres Kunden unter Anführung unserer Garantienummer eingegangen ist. Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ................................, selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst) spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Eine Inanspruchnahme mittels Telefax bis zum genannten Ablaufdatum wird zur Fristwahrung als ausreichend angesehen, sofern das Original der Inanspruchnahme binnen 7 Tagen ab Einlangen des Telefax (wenn auch erst nach dem genannten Ablaufdatum) bei uns eintrifft. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden. 716
Wir danken der Bank Austria Unicredit Group für die Zurverfügungstellung dieser Muster.
Anhang II – Muster für Bankgarantien
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B. Anzahlungsgarantie (Ausland) An: Begünstigter Name Adresse Land Garantie-Nr. .......................... Käufer ................................... Verkäufer (unser Kunde) ...................... betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass Sie sich bereit erklärt haben, an ihn eine Anzahlung in Höhe von ...................., das sind ..... Prozent des Gesamtwertes, gegen eine zu Ihren Gunsten erstellte Bankgarantie zu leisten. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, ......................, Wien, im Auftrag unseres Kunden hiermit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von .... Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jedwede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Eine Inanspruchnahme der Garantie wird von uns nur honoriert, so ferne der volle Anzahlungsbetrag auf dem bei unserem Institut geführten Konto Nr. .............................. unseres Kunden unter Anführung unserer Garantienummer eingegangen ist. Bei Teillieferungen reduziert sich unsere Garantie automatisch um .... Prozent des Fakturenwertes jeder Teillieferung, sobald uns unser Kunde Kopien sowohl der bezüglichen Faktura als auch des bezüglichen Transportdokuments (beide müssen o.a. Vertrags-/Auftrags-/Bestellungs-Nummer aufweisen) vorlegt (Als Transportdokument gilt: Spediteurübernahmebescheinigung/Spediteurversandbescheinigung/Frachtbriefduplikat/CMR/Konnossement/Luftfrachtbrief). Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ................................, selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst), spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden. Allfällige Spesen im Zusammenhang mit dieser Garantie in Ihrem Lande gehen zu Ihren Lasten. Diese Garantie unterliegt österreichischem Recht. Erfüllungsort ist Wien, Österreich.
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Die Bankgarantie
C. Bietgarantie (Inland) An: Begünstigter Name Adresse Garantie-Nr. ........................... Ausschreibende Stelle: ................................................ ................................................ Anbieter (unser Kunde): ................................................ ................................................ betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass er eine Bietgarantie zu Ihren Gunsten zu erbringen hat. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, ............................................., im Auftrag unseres Kunden hiemit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von zehn Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Angebot nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ........................................, selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst) spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Eine Inanspruchnahme mittels Telefax bis zum genannten Ablaufdatum wird zur Fristwahrung als ausreichend angesehen, sofern das Original der Inanspruchnahme binnen 7 Tagen ab Einlangen des Telefax (wenn auch erst nach dem genannten Ablaufdatum) bei uns eintrifft. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden.
Anhang II – Muster für Bankgarantien
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D. Bietgarantie (Ausland) An: Begünstigter Name Adresse Land Garantie-Nr. ........................... Ausschreibende Stelle ........... Anbieter (unser Kunde) ....................... betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass er eine Bietgarantie zu Ihren Gunsten zu erbringen hat. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, ......................, Wien, im Auftrag unseres Kunden hiermit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von .... Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Angebot nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jedwede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ................................, selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst), spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden. Allfällige Spesen im Zusammenhang mit dieser Garantie in Ihrem Lande gehen zu Ihren Lasten. Diese Garantie unterliegt österreichischem Recht. Erfüllungsort ist Wien, Österreich.
368
Die Bankgarantie
E. Deckungsrücklassgarantie (Inland) An: Begünstigter Name Adresse Garantie-Nr. ........................... Käufer/Auftraggeber: ................................................ ................................................ Verkäufer/Auftragnehmer (unser Kunde): ................................................ ................................................ betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass der von Ihnen einbehaltene Deckungsrücklass gegen eine zu Ihren Gunsten erstellte Bankgarantie an ihn freigegeben wird. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, .............................................., im Auftrag unseres Kunden hiemit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von zehn Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ................................, selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst) spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Eine Inanspruchnahme mittels Telefax bis zum genannten Ablaufdatum wird zur Fristwahrung als ausreichend angesehen, sofern das Original der Inanspruchnahme binnen 7 Tagen ab Einlangen des Telefax (wenn auch erst nach dem genannten Ablaufdatum) bei uns eintrifft. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden.
Anhang II – Muster für Bankgarantien
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F. Gewährleistungsgarantie (Inland) An: Begünstigter Name Adresse Garantie-Nr. ........................... Käufer/Auftraggeber: ................................................ ................................................ Verkäufer/Auftragnehmer (unser Kunde): ................................................ ................................................ betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass er eine Gewährleistungsgarantie zu Ihren Gunsten zu erbringen hat. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, ............................................., im Auftrag unseres Kunden hiemit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von zehn Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ....................................., selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst) spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Eine Inanspruchnahme mittels Telefax bis zum genannten Ablaufdatum wird zur Fristwahrung als ausreichend angesehen, sofern das Original der Inanspruchnahme binnen 7 Tagen ab Einlangen des Telefax (wenn auch erst nach dem genannten Ablaufdatum) bei uns eintrifft. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden.
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Die Bankgarantie
G. Haftrücklassgarantie (Inland) An: Begünstigter Name Adresse Garantie-Nr. ........................... Käufer/Auftraggeber: ................................................ ................................................ Verkäufer/Auftragnehmer (unser Kunde): ................................................ ................................................ betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass der von Ihnen einbehaltene Haftrücklass gegen eine zu Ihren Gunsten erstellte Bankgarantie an ihn freigegeben wird. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, ............................................, im Auftrag unseres Kunden hiemit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von zehn Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ....................................., selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst) spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Eine Inanspruchnahme mittels Telefax bis zum genannten Ablaufdatum wird zur Fristwahrung als ausreichend angesehen, sofern das Original der Inanspruchnahme binnen 7 Tagen ab Einlangen des Telefax (wenn auch erst nach dem genannten Ablaufdatum) bei uns eintrifft. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden.
Anhang II – Muster für Bankgarantien
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H. Haftrücklassgarantie (Ausland) An: Begünstigter Name Adresse Land Garantie-Nr. ........................... Käufer .................................... Verkäufer (unser Kunde) ....................... betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass der von Ihnen einbehaltene Haftrücklass von ...... gegen eine zu Ihren Gunsten erstellte Bankgarantie an ihn freigegeben wird. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, ......................, Wien, im Auftrag unseres Kunden hiermit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von ... Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jedwede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Eine Inanspruchnahme der Garantie wird von uns nur honoriert, so ferne der volle Haftrücklassbetrag auf dem bei unserem Institut geführten Konto Nr. ............... unseres Kunden unter Anführung unserer Garantienummer eingegangen ist. Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ................................, selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst), spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden. Allfällige Spesen im Zusammenhang mit dieser Garantie in Ihrem Lande gehen zu Ihren Lasten. Diese Garantie unterliegt österreichischem Recht. Erfüllungsort ist Wien, Österreich.
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Die Bankgarantie
I. Liefergarantie (Inland) An: Begünstigter Name Adresse Garantie-Nr. ........................... Käufer/Auftraggeber: ................................................ ................................................ Verkäufer/Auftragnehmer (unser Kunde): ................................................ ................................................ betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass er eine Liefergarantie zur Ihren Gunsten zu erbringen hat. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, ............................................, im Auftrag unseres Kunden hiemit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von zehn Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben – spätestens jedoch am ......................................, selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst) spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Eine Inanspruchnahme mittels Telefax bis zum genannten Ablaufdatum wird zur Fristwahrung als ausreichend angesehen, sofern das Original der Inanspruchnahme binnen 7 Tagen ab Einlangen des Telefax (wenn auch erst nach dem genannten Ablaufdatum) bei uns eintrifft. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden.
Anhang II – Muster für Bankgarantien
373
J. Liefergarantie (Ausland) An: Begünstigter Name Adresse Land Garantie-Nr. ........................... Käufer .................................... Verkäufer (unser Kunde) ....................... betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass er eine Liefergarantie zu Ihren Gunsten zu erbringen hat. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir........................., Wien, im Auftrag unseres Kunden hiermit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von ... Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jedwede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. (eventuelle Reduktionsklausel wie folgt: Bei Teillieferungen reduziert sich unsere Garantie automatisch um .... Prozent des Fakturenwertes jeder Teillieferung, sobald uns unser Kunde Kopien sowohl der bezüglichen Faktura als auch des bezüglichen Transportdokuments (beide müssen o.a. Vertrags-/Auftrags-/Bestellungs-Nummer aufweisen) vorlegt (Als Transportdokument gilt: Spediteurübernahmebescheinigung/Spediteurversandbescheinigung/Frachtbriefduplikat/CMR/Konnossement/Luftfrachtbrief).) Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ................................, selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst), spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden. Allfällige Spesen im Zusammenhang mit dieser Garantie in Ihrem Lande gehen zu Ihren Lasten. Diese Garantie unterliegt österreichischem Recht. Erfüllungsort ist Wien, Österreich.
374
Die Bankgarantie
K. Vertragserfüllungsgarantie (Inland) An: Begünstigter Name Adresse Garantie-Nr. ........................... Käufer/Auftraggeber: ................................................ ................................................ Verkäufer/Auftragnehmer (unser Kunde): ................................................ ................................................ betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass er eine Vertragserfüllungsgarantie zu Ihren Gunsten zu erbringen hat. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, ............................................, im Auftrag unseres Kunden hiemit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von zehn Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ......................................, selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst) spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Eine Inanspruchnahme mittels Telefax bis zum genannten Ablaufdatum wird zur Fristwahrung als ausreichend angesehen, sofern das Original der Inanspruchnahme binnen 7 Tagen ab Einlangen des Telefax (wenn auch erst nach dem genannten Ablaufdatum) bei uns eintrifft. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden.
Anhang II – Muster für Bankgarantien
375
L. Vertragserfüllungsgarantie (Ausland) An: Begünstigter Name Adresse Land Garantie-Nr. ........................... Käufer .................................... Verkäufer (unser Kunde) ....................... betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass er eine Vertragserfüllungsgarantie zu Ihren Gunsten zu erbringen hat. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, ......................, Wien, im Auftrag unseres Kunden hiermit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von ... Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jedwede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ................................, selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst), spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden. Allfällige Spesen im Zusammenhang mit dieser Garantie in Ihrem Lande gehen zu Ihren Lasten. Diese Garantie unterliegt österreichischem Recht. Erfüllungsort ist Wien, Österreich.
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Die Bankgarantie
M. Vorauszahlungsgarantie (Inland) An: Begünstigter Name Adresse Garantie-Nr. ........................... Käufer/Auftraggeber: ................................................ Verkäufer/Auftragnehmer (unser Kunde): ................................................ betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass Sie sich bereit erklärt haben, an ihn eine Vorauszahlung in Höhe von ............................. gegen eine zu Ihren Gunsten erstellte Bankgarantie zu leisten. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, .................................................., im Auftrag unseres Kunden hiemit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von zehn Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Eine Inanspruchnahme der Garantie wird von uns nur honoriert, soferne der volle Vorauszahlungsbetrag auf dem bei unserem Institut geführten Konto Nr. ....................... unseres Kunden unter Anführung unserer Garantienummer eingegangen ist. Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ..................................., selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst) spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Eine Inanspruchnahme mittels Telefax bis zum genannten Ablaufdatum wird zur Fristwahrung als ausreichend angesehen, sofern das Original der Inanspruchnahme binnen 7 Tagen ab Einlangen des Telefax (wenn auch erst nach dem genannten Ablaufdatum) bei uns eintrifft. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden.
Anhang II – Muster für Bankgarantien
377
N. Vorauszahlungsgarantie (Ausland) An: Begünstigter Name Adresse Land Garantie-Nr. ........................... Käufer .................................... Verkäufer (unser Kunde) ....................... betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass Sie sich bereit erklärt haben, an ihn eine Vorauszahlung in Höhe von ...................., das sind ..... Prozent des Gesamtwertes, gegen eine zu Ihren Gunsten erstellte Bankgarantie zu leisten. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, ......................, Wien, im Auftrag unseres Kunden hiermit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von .... Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jedwede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Eine Inanspruchnahme der Garantie wird von uns nur honoriert, so ferne der volle Vorauszahlungsbetrag auf dem bei unserem Institut geführten Konto Nr. ....................... unseres Kunden unter Anführung unserer Garantienummer eingegangen ist. Bei Teillieferungen reduziert sich unsere Garantie automatisch um .... Prozent des Fakturenwertes jeder Teillieferung, sobald uns unser Kunde Kopien sowohl der bezüglichen Faktura als auch des bezüglichen Transportdokuments (beide müssen o.a. Vertrags-/Auftrags-/Bestellungs-Nummer aufweisen) vorlegt (Als Transportdokument gilt: Spediteurübernahmebescheinigung/Spediteurversandbescheinigung/Frachtbriefduplikat/CMR/Konnossement/Luftfrachtbrief). Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ................................, selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst), spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden. Allfällige Spesen im Zusammenhang mit dieser Garantie in Ihrem Lande gehen zu Ihren Lasten. Diese Garantie unterliegt österreichischem Recht. Erfüllungsort ist Wien, Österreich.
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Die Bankgarantie
O. Zahlungsgarantie (Inland) An: Begünstigter Name Adresse Garantie-Nr. ........................... Verkäufer/Auftragnehmer: ................................................ ................................................ Käufer/Auftraggeber (unser Kunde): ................................................ ................................................ betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass er eine Zahlungsgarantie zu Ihren Gunsten zu erbringen hat. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, ..........................................., im Auftrag unseres Kunden hiemit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von zehn Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ....................................., selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst) spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Eine Inanspruchnahme mittels Telefax bis zum genannten Ablaufdatum wird zur Fristwahrung als ausreichend angesehen, sofern das Original der Inanspruchnahme binnen 7 Tagen ab Einlangen des Telefax (wenn auch erst nach dem genannten Ablaufdatum) bei uns eintrifft. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden.
Anhang II – Muster für Bankgarantien
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P. Zahlungsgarantie (Ausland) An: Begünstigter Name Adresse Land Garantie-Nr. ........................... Verkäufer ............................... Käufer (unser Kunde) ....................... betreffend: ................................................ Wir hören von unserem Kunden, dass er eine Zahlungsgarantie zu Ihren Gunsten zu erbringen hat. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir, ......................, Wien, im Auftrag unseres Kunden hiermit Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie, indem wir uns verpflichten, innerhalb von ... Bankwerktagen ab Erhalt Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der Sie erklären, dass unser Kunde seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ohne Prüfung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jedwede Einwendung daraus, an Sie Zahlung bis zu einer Gesamtsumme von ................................................ auf das uns von Ihnen zu bezeichnende Bankkonto zu leisten. Jede von unserem Kunden über uns unter ausdrücklicher Anführung unserer Garantienummer zu Ihren Gunsten geleistete Zahlung reduziert den Garantiebetrag um den geleisteten Zahlungsbetrag. Diese Garantie dient ausschließlich zur Regelung von Ansprüchen aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis; etwa zur Abdeckung nicht erforderliche Beträge sind nur an uns zurückzuzahlen. Diese Garantie erlischt automatisch – sobald wir diese Urkunde zurückerhalten haben, – spätestens jedoch am ................................, selbst bei Nichtrückgabe dieser Urkunde, es sei denn, dass Sie uns mittels Briefes (per eingeschriebener Post oder Kurierdienst), spätestens an diesem Tag bei uns eintreffend, in Anspruch genommen haben. Über das Recht zur Inanspruchnahme der gegenständlichen Garantie kann nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung durch Abtretung, Verpfändung oder in anderer Weise zugunsten Dritter verfügt werden. Allfällige Spesen im Zusammenhang mit dieser Garantie in Ihrem Lande gehen zu Ihren Lasten. Diese Garantie unterliegt österreichischem Recht. Erfüllungsort ist Wien, Österreich.
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Register der Allgemeinen Bedingungen für Bankgeschäfte, Fassung 2000/2003 Die Zahlen verweisen auf die Randzahlen
Z 1. . . . . . . . . . . . 8. . . . . . . . . . . . 8 Abs 1. . . . . . . 8 Abs 2. . . . . . . 19 . . . . . . . . . . . 20 . . . . . . . . . . . 43 . . . . . . . . . . .
Rz 1/20 3/59 1/196 2/20 1/174 FN 697 1/216; 3/173 f 1/63
47 . . . . . . . . . . . 47 f . . . . . . . . . . 49 . . . . . . . . . . . 50 . . . . . . . . . . . 51 Abs 1 . . . . . . 58 . . . . . . . . . . . 76 ff . . . . . . . . . . 78 . . . . . . . . . . .
3/69 FN 234 1/62 1/227; 2/27 3/69 2/27 2/25 2/7 2/13
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Register der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Oesterreichischen Kontrollbank AG betreffend Garantien – Fassung 1999 Die Zahlen verweisen auf die Randzahlen
G1/G2 Z Rz 3 . . . . . . . . . . . . 3/123 8 . . . . . . . . . . . . 3/59
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Register der Gesetzesstellen Die Zahlen verweisen auf die Randzahlen; Hauptfundstellen sind kursiv gesetzt
ABGB § 452 . . . . . . . . . . 455 . . . . . . . . . . 471 . . . . . . . . . . 861 . . . . . . . . . . 862 . . . . . . . . . . 862a . . . . . . . . . 863 . . . . . . . . . . 864 . . . . . . . . . . 870 . . . . . . . . . . 870 f . . . . . . . . . 871 . . . . . . . . . . 871 f . . . . . . . . . 872 . . . . . . . . . . 875 . . . . . . . . . . 877 . . . . . . . . . . 878 . . . . . . . . . . 879 . . . . . . . . . . 879 Abs 1. . . . . 879 Abs 3. . . . . 880a . . . . . . . . . 881 . . . . . . . . . . 881 Abs 2. . . . . 882 Abs 2. . . . . 883 . . . . . . . . . . 884 . . . . . . . . . . 886 . . . . . . . . . . 888 . . . . . . . . . . 889 . . . . . . . . . . 896 . . . . . . . . . . 903 . . . . . . . . . . 905 Abs 2. . . . . 905a Abs 1. . . . 914 . . . . . . . . . .
Rz 1/135 3/111 FN 435 1/227 3/11 FN 33 3/72 1/101 FN 409; 3/92 f 1/129 FN 554 1/93 FN 370, 156, 176; 3/34, 72 1/132; 3/97, 105, 162 1/120 3/97, 104 1/113, 131 1/31 3/97 1/30, 207; 3/13 FN 36, 162 1/25 1/120; 3/96, 162 1/196 1/69, 196; 3/49 3/1 ff, 80, 124 3/73 3/43 1/95 3/89 3/89 3/90 3/132 3/132 3/120, 129 f 3/92 1/71, 174 1/71 1/18 FN 88, 126; 3/28 f, 72, 78, 89, 114
915 . . . . . . . . . . 1/18, 95, 126 f; 3/28 f, 78 f 918 . . . . . . . . . . 1/26, 28, 160, 231; 2/8; 3/52 f 918 Abs 2 . . . . . 1/46 919 . . . . . . . . . . 1/26; 2/8; 3/52 920 . . . . . . . . . . 3/52 921 . . . . . . . . . . 3/53 922 . . . . . . . . . . 3/14 FN 39 932 . . . . . . . . . . 1/31, 113 932 Abs 2 . . . . . 3/17 937 . . . . . . . . . . 2/9; 3/95 f, 108 1002 ff . . . . . . . . 1/34, 156, 162, 176, 192; 2/10; 3/57 1004 . . . . . . . . . 1/34, 63; 2/24, 44 1009 . . . . . . . . . 1/196; 2/15, 20 f, 26, 35; 3/57, 139 FN 531 1010 . . . . . . . . . 1/196, 198; 3/59, 136, 139 FN 531, 146 1012 . . . . . . . . . 1/163; 2/13 f; 3/57 f, 139, 146 1014 . . . . . . . . . 1/34, 52, 62, 67 ff, 104, 156, 165, 179, 191, 194; 2/11; 3/45 f, 57, 63, 67 f, 140 f, 150, 155, 166 FN 636, 181 1014 f . . . . . . . . 2/18, 24, 44 1016 . . . . . . . . . 1/97 1019 . . . . . . . . . 1/168 1020 . . . . . . . . . 1/33, 46, 192, 226 1021 . . . . . . . . . 1/48; 2/12 1022 . . . . . . . . . 1/48; 2/12 1024 . . . . . . . . . 1/8, 48, 135, 224, 228, 234, 236, 238, 240; 2/12 1026 . . . . . . . . . 1/236; 3/172 1036 f . . . . . . . . 1/225 1037 . . . . . . . . . 1/179; 3/67 1040 . . . . . . . . . 1/179
386 1041 . . . . . . . . . 3/164 1042 . . . . . . . . . 3/68, 171 1052 . . . . . . . . . 1/26 ff, 130; 2/6f; 3/52, 104 1203 . . . . . . . . . 3/128 1295 Abs 2 . . . . 1/133 FN 563; 3/106 f, 144 FN 540, 148 1298 . . . . . . . . . 3/94 FN 357 1299 . . . . . . . . . 2/16 1304 . . . . . . . . . 1/25, 237; 3/92, 94 1313a . . . . . . . . 1/196; 3/53, 59, 134, 136, 139, 145 1323 . . . . . . . . . 3/80 1346 . . . . . . . . . 3/74 1346 Abs 1 . . . . 3/26, 70 1346 Abs 2 . . . . 3/40, 74 1350 . . . . . . . . . 3/2, 17, 80 1351 . . . . . . . . . 3/26 1356 . . . . . . . . . 3/26 1358 . . . . . . . . . 1/23, 67, 179 f, 229; 3/6, 46, 51, 58, 68, 117, 120, 129 ff, 140, 164, 165 FN 633, 171, 174, 185 f 1359 . . . . . . . . . 3/129 ff 1360 . . . . . . . . . 3/120 1363 . . . . . . . . . 3/120 1364 . . . . . . . . . 1/62; 3/69, 121 1365 . . . . . . . . . 1/62; 3/69 1369 . . . . . . . . . 3/79 FN 286 1393 . . . . . . . . . 3/113 1394 . . . . . . . . . 1/135; 3/115 1395 . . . . . . . . . 3/68 FN 227, 111 FN 435 1396a . . . . . . . . 3/112 1400 . . . . . . . . . 1/84 f 1401 . . . . . . . . . 1/85 FN 350 1402 . . . . . . . . . 1/119, 131; 3/5, 95 1403 . . . . . . . . . 1/48, 224; 2/12 1403 Abs 1 . . . . 1/85 FN 355 1403 Abs 2 . . . . 1/153; 3/125 1406 Abs 1 . . . . 3/138 1411 ff. . . . . . . . 1/151 1412 . . . . . . . . . 1/151 1422 . . . . . . . . . 3/68, 118 1425 . . . . . . . . . 1/134; 3/111 1431 . . . . . . . . . 1/207; 3/13 FN 36, 67, 68 FN 227, 162 ff, 168, 171, 172 FN 656 1432 . . . . . . . . . 1/209; 3/63 FN 208, 162 f 1434 . . . . . . . . . 3/106, 168 1435 . . . . . . . . . 1/207; 3/13 FN 36, 164 1438 . . . . . . . . . 1/129; 3/102
Register der Gesetzesstellen 1447 1478 1479 1480 1483 1484 1486 1489
. . . . . . . . . 3/52 . . . . . . . . . 3/127 . . . . . . . . . 3/124, 169 . . . . . . . . . 3/124 . . . . . . . . . 3/54 . . . . . . . . . 3/126 . . . . . . . . . 3/169 . . . . . . . . . 3/124 f AHG
§ Rz 1 . . . . . . . . . . . . 3/80 FN 290 AO § Rz 8 Abs 2 . . . . . . . 1/226 8 Abs 3 . . . . . . . 1/226 10 Abs 2 . . . . . . 1/227 20b . . . . . . . . . . 1/223, 230 20d . . . . . . . . . . 1/223 AusfFV § Rz 1 . . . . . . . . . . . . 3/27 6 . . . . . . . . . . . . 3/27 FN 72 AusFG § Rz 1 . . . . . . . . . . . . 3/27 BGB § Rz 119 ff . . . . . . . . . 1/113 151 . . . . . . . . . . 1/93 FN 370 242 . . . . . . . . . . 3/94 305 . . . . . . . . . . 1/18; 3/70 307 . . . . . . . . . . 3/96 FN 372 372 . . . . . . . . . . 1/134 FN 566 640 . . . . . . . . . . 1/113 784 . . . . . . . . . . 1/84 BTVG § Rz 14 . . . . . . . . . . . 3/106 FN 414
Register der Gesetzesstellen BWG § Rz 1 Abs 1. . . . . . . 3/48, 173 82 Abs 1. . . . . . 1/222; 2/12 FN 60
387 390 394 402 402
Abs 1 . . . . . .......... Abs 2 . . . . . Abs 4 . . . . .
EVÜ
dAGBG § Rz 1 . . . . . . . . . . . . 1/17 DevG 1946 § Rz 1 Abs 1. . . . . . . 3/77
Art 3............ 4 Abs 1 . . . . . . . 4 Abs 2 . . . . . . . 10 . . . . . . . . . . . 12 Abs 1 . . . . . . 12 Abs 2 . . . . . .
Rz 3/77 3/77 3/77 3/77 3/77 3/77, 162
§ Rz 119 . . . . . . . . . . 3/111 FN 435 GebG § Rz 33 . . . . . . . . . . . 2/31 FN 133 f 33 TP 7 . . . . . . . 3/44
EGV Art Rz 57 ff . . . . . . . . . 3/77 EKHG
HGB § 346 . . . . . . . . . . 350 . . . . . . . . . . 362 . . . . . . . . . .
§ Rz 10 . . . . . . . . . . . 1/196 EO § 3 Abs 2. . . . . . . 18 . . . . . . . . . . . 249 . . . . . . . . . . 253 . . . . . . . . . . 262 . . . . . . . . . . 294 . . . . . . . . . . 300a . . . . . . . . . 305 . . . . . . . . . . 307 . . . . . . . . . . 325 ff . . . . . . . . 381 . . . . . . . . . . 382 Abs 1. . . . . 387 Abs 2. . . . .
Rz 3/159 3/160 FN 605 1/144 1/144 1/144 1/203; 3/152 FN 568, 153, 160 FN 605 3/111 FN 435 3/160 FN 605 3/111 FN 435 1/144 1/201; 3/150, 154 FN 577 1/203; 3/149, 151 f 3/158 f, 160 FN 605
Rz 1/216; 2/28 1/216 ff; 2/28 1/216 ff; 2/28 1/220 2/25 2/15 GBG
DevG 2004 § 2. . . . . . . . . . . . 3 Abs 1. . . . . . . 4. . . . . . . . . . . . 8 Abs 1. . . . . . . 12 Abs 1. . . . . . 13 Abs 1. . . . . .
1/61 FN 268 1/217 3/153 3/159
Rz 1/17 3/74 1/177 FN 714 IPRG
§ 4 Abs 1 . . . . . . . 4 Abs 2 . . . . . . . 46 . . . . . . . . . . . 48 Abs 1 . . . . . .
Rz 1/217 1/217; 3/65, 175 1/221 1/220 JN
§ Rz 27a . . . . . . . . . . 3/159 KO § 3 Abs 1 . . . . . . . 3 Abs 2 . . . . . . . 10 Abs 2 . . . . . .
Rz 1/232; 3/179 1/225, 233 1/227
388
Register der Gesetzesstellen
16 . . . . . . . . . . . 19 Abs 1 . . . . . . 20 . . . . . . . . . . . 21 . . . . . . . . . . . 21 Abs 2 . . . . . . 22 . . . . . . . . . . . 26 . . . . . . . . . . . 27 . . . . . . . . . . . 28 . . . . . . . . . . . 30 . . . . . . . . . . . 31 Abs 1 . . . . . . 39 Abs 1 . . . . . . 41 . . . . . . . . . . . 44 Abs 3 . . . . . . 46 Abs 1 . . . . . . 54 . . . . . . . . . . .
3/181 3/181 3/181 1/223, 229 FN 884, 230; 3/18 FN 45 1/223 1/223 1/8, 48, 135, 224; 2/12; 3/180 f 3/185 3/182 f 3/182 ff, 186 ff 3/182 ff, 186 ff 3/185 ff 3/185 1/228 1/232; 3/179 3/68 FN 224
378 . . . . . . . . . . 1/114 FN 456 383 ff . . . . . . . . . 2/10 385 Abs 2 . . . . . 1/55 396 . . . . . . . . . . 1/34 Verordnung (EG) Nr 44/2001 Art Rz 31 . . . . . . . . . . . 3/159 Verordnung (EG) 864/2007 (Rom II) Art Rz 4 . . . . . . . . . . . . 3/178 4 Abs 1 . . . . . . . 1/220 4 Abs 2 . . . . . . . 1/220 4 Abs 3 . . . . . . . 1/220 10 Abs 1 . . . . . . 1/221; 3/176 24 . . . . . . . . . . . 3/176 FN 672
KSchG § 6 Abs 1 . . . . . . . 6 Abs 3 . . . . . . . 31 f . . . . . . . . . .
Rz 1/196; 3/96 FN 372 3/29 1/196
Richtlinie 2000/35/EG (Zahlungsverzugs-RL) Art Rz 3 Abs 1 . . . . . . . 1/174 FN 699 SigG § Rz 4 Abs 1 . . . . . . . 3/90 UGB § 346 . . . . . . . . . . 352 . . . . . . . . . . 354 Abs 1 . . . . . 363 . . . . . . . . . . 363 ff. . . . . . . . . 369 . . . . . . . . . . 369 ff. . . . . . . . . 373 ff. . . . . . . . . 377 . . . . . . . . . . 377 Abs 3 . . . . . 377 Abs 5 . . . . .
Rz 1/17, 18 FN 85; 3/28 1/194 1/63, 156, 165, 179; 2/24, 44 1/4 2/31 FN 133 2/25 1/227 1/113 1/113; 2/8 1/114 FN 457 1/114 FN 458
Verordnung (EG) 593/2008 (Rom I) Art Rz 1 Abs 1 . . . . . . . 3/173 3 . . . . . . . . . . . . 1/216; 2/28; 3/173, 177 4 Abs 1 . . . . . . . 1/216 ff; 2/28; 3/178 4 Abs 2 . . . . . . . 3/173 f, 177 12 . . . . . . . . . . . 1/220; 3/173, 176 14 Abs 1 . . . . . . 2/25 14 Abs 2 . . . . . . 2/15 15 . . . . . . . . . . . 3/174 19 Abs 2 . . . . . . 2/216 WechselG Art Rz 17 . . . . . . . . . . . 3/5 18 . . . . . . . . . . . 2/29 FN 131 40 . . . . . . . . . . . 3/62, 110 70 . . . . . . . . . . . 3/125 WEG § Rz 37 . . . . . . . . . . . 3/106 FN 414 ZPO § Rz 56 . . . . . . . . . . . 3/8 FN 27 391 Abs 3 . . . . . 1/129 FN 554; 3/109
Sachregister
389
Sachregister Die Zahlen verweisen auf die Randzahlen; Hauptfundstellen sind kursiv gesetzt
A Abstraktheit 3/4 ff, 8 f, 20 FN 53, 21 f, 28, 37, 39 ff, 44, 46 FN 146, 51, 58, 60, 74, 76, 79, 83, 87, 95, 102, 104 ff, 110, 112, 114, 116 f, 124 f, 137, 149, 163, 165 f, 168, 171, 181 –, formelle 3/4, 7, 58 –, materielle 3/4 ff, 7, 51, 58 Abwicklungsbank 1/10 FN 42 Akkreditiv 1/1 ff; 3/20 f, 25, 50 f, 54, 84, 87, 113, 137 FN 528; s auch Dokumente –, Abgrenzung zur Garantie 1/14; 3/50 f –, Abstraktionsgrundsatz 1/1, 83 ff, 119, 123, 133, 182 –, Abtretung s Zession –, Abweichungen vom Auftrag 1/55 –, Anweisung s dort –, Änderung 1/21, 33, 95, 115, 138 f, 148 ff, 154 f, 158 –, Auftrag 1/33 ff, 120, 156, 162, 119, 216, 224, 228 –, Auftragsüberschreitung 1/87 –, Aufwandersatz 1/67, 69, 92, 156, 165, 179 –, Auslegung 1/126 –, Avisierung 1/10, 154 ff, 197 –, Benutzbarkeit 1/10, 41 –, Beratungspflicht 1/49 –, Bestätigung 1/39, 175 ff, 182 ff, 218 –, –, stille 1/176, 179, 183 –, –, weiche 1/188 –, Bevorschussung 1/34, 52, 62, 165, 179 –, Deckungsverhältnis 1/1, 12, 16, 19, 85, 119, 132 f, 180, 207, 211 f, 215 –, Dokumentenstrenge 1/55 –, Dokumentenvorlage 1/96, 104 ff, 168
–, Dokumentenvorlagerecht 1/98, 139, 147 –, Doppelmangel 1/119, 212 –, Einlösungsverhältnis 1/1 –, einstweilige Verfügung s dort –, Einwendungen 1/119 ff –, Entstehen der Akkreditivverpflichtung 1/93 ff –, Erlöschen der Akkreditivverpflichtung 1/151 –, Eröffnung 1/23, 26, 33, 42, 50 ff, 88 f, 93 f, 131, 156, 223 ff, 231, 234 –, Form 1/33, 42, 84, 93 –, Gültigkeitsdauer s Akkreditiv, Verfalldatum –, Gültigstellung 1/10 –, Honorierung 1/3, 60, 77, 162, 168, 170 –, Honorierung gegen Garantie 1/117 –, Honorierung unter Vorbehalt 1/116 –, Inanspruchnahme 1/96 ff –, Inhalt 1/21, 35 ff –, Kommissionsrecht 1/34, 176 –, Kreditfunktion 1/13 –, Mängel im Grundgeschäft 1/30 ff – mit hinausgeschobener Zahlung 1/3 f, 39, 70, 72 –, Pfändung 1/143 ff –, Provision 1/34, 63, 156, 165, 179 –, Rechtsgrundlagen 1/15 ff –, Rechtsnatur 1/83 ff –, Reiseroute 1/38, 45 –, revolvierendes 1/7 –, Sicherungsfunktion 1/12 –, Teilinanspruchnahme 1/43 –, Teillieferung 1/43, 121 –, Teilübertragung 1/43, 140 –, Teilverladung 1/43, 45 f, 140 –, Transportart 1/45
390 –, Transportweg s Akkreditiv, Reiseroute –, Übertragung 1/8, 43, 98, 136 ff –, Umladeverbot 1/38 –, Unerlaubtheit 1/25 –, Ungültigkeit 1/86, 120, 207 –, Unwiderruflichkeit 1/3, 175 –, Valutaverhältnis 1/1, 11 f, 14, 16, 19, 21, 27, 31, 67, 85, 87, 89, 93, 116, 118 f, 132 f, 180, 207, 210, 212, 217, 229 –, Verfalldatum 1/40, 101 f –, Verfallort 1/41 –, Verladedatum 1/47, 102 –, Verladeort 1/45 –, Vorauszahlung 1/69 –, Voravis 1/33 –, Vorfinanzierung 1/69, 73 –, Vorleistung 1/26 –, Zahlungsfunktion 1/11 f, 14 –, Zession s dort Akkreditivauftraggeber 1/1, 9, 21 ff, 33 ff, 157, 166, 180, 210 ff, 228, 230 –, Ausgleichsverfahren 1/226 –, Aussonderungsrecht 1/228 –, einstweiliger Rechtsschutz 1/201 ff –, Geschäftsfähigkeit 1/48 –, Konkurs s Konkurs des Akkreditivauftraggebers –, Risikohaftung 1/68 –, Tod 1/48 –, Weisungen 1/33, 53 ff, 59, 166 –, Widerruf 1/33, 48 Akkreditivbank s eröffnende Bank Akkreditivbetrag 1/37 Akkreditivklausel 1/1, 21, 24, 26 f, 29 f, 50, 87, 93, 95, 231 Akzeptierungsakkreditiv 1/3 ff, 39, 70, 73 ff, 77, 89 f, 129, 133, 144, 175, 184, 189 f Allgemeine Bedingungen für Bankgeschäft 1/20 Allgemeine Geschäftsbedingungen 1/18 f, 51 Anerkenntnis, konstitutives 1/106 Anfechtung; s auch Gläubigeranfechtung – wegen Drohung 1/120, 132; 3/105, 162 – wegen Irrtums 1/113 f, 120; 3/76 FN 262, 97, 104, 162 – wegen List 1/120, 132; 3/97, 105, 108, 162 Anscheinsvollmacht 3/81
Sachregister Anweisung 1/48, 83 ff, 131, 183, 224; 2/15; 3/5, 50 f, 95, 165 FN 634, 170 FN 650 ff, 181 FN 689, 182 FN 697, 185 FN 703 –, Abgrenzung zur Garantie 3/50 f –, Annahme 1/84 f, 89, 91, 93, 95, 138, 153, 182 ff – gemäß § 363 UGB 1/4 Anzahlungsgarantie 3/13, 57 FN 183, 88, 96, 105 Aufrechnung 3/54 – im Konkurs 3/181 Aufrechnungseinrede 3/31, 102, 109 Aufrechnungsverbot – beim Akkreditiv 1/24, 129 – beim Dokumenteninkasso 2/9 – bei Garantie 3/102 Auftrag 3/45, 57; s auch Akkreditiv, Dokumenteninkasso, Kreditauftrag Auftragsstrenge 1/54; 2/14; 3/84 Aufwand 3/45 Aufwandersatz s Akkreditiv, Bankgarantie, Dokumenteninkasso Ausschlusswirkung 1/113 f, 116, 171 Ausschreibungsgarantie s Bietungsgarantie Austauschanspruch 3/17 f Auswahlverschulden 1/196; 2/18, 20; 3/59, 136, 139, 145 Avalkredit 3/170, 182 avisierende Bank 1/10, 94, 100, 154 ff, 197; 3/59, 133 ff, 139 B Back-to-Back-Credit s Gegenakkreditiv Bank –, avisierende s dort –, benannte s dort –, bestätigende s dort –, eröffnende s dort Bankenkonsortium 3/128 Bankgarantie 3/1 ff ; s auch Garantie –, Abgrenzungsfragen 3/25 ff –, Abtretung s Zession –, Akzessorietät 3/39 –, Arten 3/10 ff –, Auftrag 3/57 ff –, Aufwandersatz 3/24, 57 f, 63, 67 f, 140 f, 150, 155, 163, 167 FN 644, 176, 179, 181, 183, 185
Sachregister –, Ausfolgung der Ware 3/20 –, Auslegung 3/27 ff, 34 ff, 72, 78 f, 114 –, Avisierung 3/133 –, Beendigung 3/122 ff –, Befristung 3/33, 92, 94, 122 –, Benachrichtigungspflicht 3/61 –, bereicherungsrechtliche Rückabwicklung s Rückabwicklung, bereicherungsrechtliche –, Bestätigung 3/137 ff –, causa 3/4 f, 79 –, Deckungsverhältnis 3/4, 57 ff –, Devisenrecht 3/77, 96 –, direkte 3/24, 141, 149 ff, 156 f, 160, 173 ff –, Dissens 3/38, 75, 96, 108, 162 –, Dokumente 3/20, 22, 58, 60, 87, 100 f, 115 –, dreipersonale 3/5, 20 FN 53, 125 –, Effektivklausel 3/31, 87, 95 –, Eigeninteressen der Bank 3/35 f –, Eigenverschulden des Begünstigten 3/103 –, einstweilige Verfügung 3/149 ff; s auch einstweilige Verfügung –, Einwendung des Rechtsmissbrauchs s Rechtsmissbrauchseinwand –, Einwendungen 3/95 ff –, Einwendungsverzicht 3/30, 32, 102 –, Einziehungsverbot 3/152, 156 –, Entgeltlichkeit 3/29, 79 –, Ermächtigung, fehlende 3/6, 171 f –, Eröffnung 3/58 f, 133, 179 ff –, Erstbank 3/24, 59, 133 ff, 140 ff, 145 ff, 155, 173, 177 –, Fehlen beider Grundverhältnisse 3/170 ff –, Form 3/40, 74 –, Garantieurkunde, Rückgabe 3/122 –, Gebührenpflicht 3/40 –, Gewährleistungsrisiko 3/14 f –, Gläubigeranfechtung s dort –, Inanspruchnahme s Garantieinanspruchnahme –, indirekte 3/24, 59, 141 ff, 155 ff, 161, 177 f –, Kündigung 3/123 – für Leistung eines Dritten 3/1, 4, 20, 26 –, Liquidität 3/64 f, 108 ff; s auch Beweis, liquider –, Liquiditätsfunktion 3/8
391 –, Mehrheit von Garanten 3/128 f –, Mischformen 3/22, 39 ff, 95 –, Präambel 3/9, 26 –, Prüfpflicht der Bank 3/60 ff, 66, 84 –, Prüfrecht der Bank 3/84 –, Rechtsgrund 3/4 f, 57 ff, 79 –, Rechtsmissbrauch 3/12, 54 ff, 61 ff, 65 FN 216, 85 f, 99, 105 ff, 110 ff, 115, 127, 139, 142 ff, 152, 154, 156, 163, 167 f, 172, 174 –, revolvierende 3/23 –, Rückbelastung 3/63 –, Rückgriff, Sicherstellung 3/69 –, Schadenersatzpflicht der Bank 3/57 ff, 94, 134, 136, 146 –, Sicherheiten 3/131, 170 ff –, Sicherungsfunktion 3/3, 54, 68 –, Subsidiarität 3/21, 51, 54 –, Substantiierung 3/83 –, Übertragbarkeit 3/ 112 ff –, Ungültigkeit 3/88, 96, 108, 162 –, unselbständige 3/25 –, Unwiderruflichkeit 3/33 –, Valutaverhältnis s dort –, Verhältnis Erstbank-Zweitbank 3/140 f, 143 f –, Verjährung 3/124 ff –, Vertragsabschluß 3/70 ff, 93 –, Wirksamkeit 3/88 –, Wortlaut 3/30 ff, 78 –, Zahlungsanspruch 3/80, 113 f, 154 –, Zession s dort –, Zweck 3/3, 21, 34, 50, 54 f, 87, 95, 102, 106, 110, 112, 166, 171 –, zweipersonale 3/6, 125, 137, 141 –, Zweitbank s dort Bankgeschäft 2/2; 3/173 Barakkreditiv 1/1 FN 5 Bardepot 3/95 Barerlag 3/37 bargeldlose Zahlungsabwicklung 1/1, 11 Begünstigter 1/1, 8 f, 21 ff, 36, 70 ff, 120 ff, 137, 152, 158 ff, 167 ff, 181 ff, 195, 199, 202, 207 ff, 223, 229 ff, 236 f benannte Bank 1/10, 100, 141, 161 ff, 175, 183, 191 ff, 198, 213, 217 bestätigende Bank 1/8, 10 f, 100, 104 ff, 113 f, 141, 159, 171, 175 ff, 195, 200 f, 204 ff, 214 f, 218 f, 229, 240 Bestätigung s Akkreditiv Bestätigungsschreiben 1/42
392
Sachregister
Beweis, liquider 2/9; 3/55 FN 177, 62, 64 f, 108 ff, 115, 144, 152, 156, 163, 167, 172 Beweislast 3/6, 41 FN 125, 107 Beweislastumkehr 1/123 f Bietungsgarantie 3/10 ff, 57 FN 183, 88 Bote 3/73, 81; s auch Empfangsbote Bürge und Zahler 1/86; 3/31, 69 Bürgschaft 1/88, 183; 3/6 FN 21, 22, 25, 26 ff, 38 FN 114, 43, 46, 68, 70, 73, 74 ff, 78 FN 269, 79 FN 280, 117, 119 ff, 131, 162 FN 608 –, Abgrenzung zur Garantie 3/26 ff, 49 FN 154, 100 FN 383 –, Akzessorietät 3/26, 40 – auf erste Anforderung 3/6 FN 21, 32, 41 –, Gebührenpflicht 3/40, 44 –, Haftung für Rückabwicklungsansprüche 3/44 Bypassing 1/187 C cessio necessaria 3/118 culpa in contrahendo 1/88, 120 D Dauerschuldverhältnis 3/123, 126 f Deckungsrücklassgarantie 3/19 Deckungsverhältnis s Bankgarantie delivery guarantee s Liefergarantie Diskontierung 1/73, 77, 82 DOCDEX 1/19 Dokumente 1/22, 38, 44 –, Andienung 2/8, 32 f, 49 –, Andienung „zu treuen Händen“ 2/32 f, 49 –, Aufnahme 1/56, 59, 104, 107 –, Berichtigung 1/125 –, Echtheit 1/124 s auch Dokumente, gefälschte –, eigene 1/98 –, gefälschte 1/67, 69, 121, 124 f, 127, 151, 209 –, inhaltlich unrichtige 1/56 –, Mängel 1/64 ff, 104, 107, 109, 113 f, 116, 118, 122, 126 f, 168, 171 f, 187, 208, 213, 238 –, Mängelrüge 1/59, 64 ff, 104 ff, 163 f, 168, 171; 2/8
–, Prüfung 1/58, 104, 163; 2/16 –, Prüfungspflicht –, – des Akkreditivauftraggebers 1/65 –, – der avisierenden Bank 1/158 –, – der benannten Bank 1/122, 104, 112, 126 f, 162, 166 ff, 171, 238 –, – der Einreicherbank 2/16 –, – der eröffnenden Bank 1/22, 44, 58, 104, 112, 122 ff, 126 f, 164, 171 –, – der Inkassobank 2/30 –, – der Remboursbank 1/192 –, Sicherungsrechte 1/59, 227 f; 2/25, 27 –, Speditionspapiere 1/38 –, Traditionspapier 2/6, 25, 27, 127 –, Transportdokument 1/38, 102; 2/1, 8 –, Verlust 1/51, 100, 103, 117, 159; 2/11 –, Zurückweisung 2/8 Dokumentenakkreditiv 1/1; s auch Akkreditiv Dokumenteninkasso 1/118; 2/1 ff; s auch Dokumente –, Akzeptleistung 2/2, 8, 28, 37 –, Auftrag 2/10 ff, 28 –, Aufwandersatz 2/24, 44 –, Barzahlung 2/6, 8 ff, 28, 33 ff –, Benachrichtigungspflicht 2/23, 42 f –, Beratungspflicht 2/17, 30 –, Bevorschussung 2/2, 24 ff –, dokumentäre Zahlungsklauseln 2/8 –, Dokumentenvorlage 2/8, 32 f, 49 –, einfaches 2/1, 7 –, Einreicherbank 2/3 f, 10 ff, 35, 41 ff –, einstweilige Verfügung s dort –, Einziehungsermächtigung 2/15 –, Fehlschlagen des Inkassos 2/22, 42 –, Handelspapiere 2/1, 27, 36 f –, Inkassobank 2/3 ff, 9 f, 15, 18 ff, 26, 28 ff –, Inkassoerlös 2/2, 9 f, 21, 35, 41 –, Notadresse 2/14 –, Pfändung des Inkassoerlöses 2/9, 35, 48 –, Protest 2/37 –, Rechtsgeschäftsgebühr 2/31 –, Sicherungsfunktion 2/6 –, sonstige Verpflichtungserklärung 2/2, 28, 34, 38 ff –, Teilzahlung 2/36 –, Trust Receipt 2/39 –, vorlegende Bank 2/3 f, 9, 14 f, 32, 42, 45 –, Warenmängel 2/9
Sachregister
393
–, Warenprüfung 2/9 –, Zahlstelle 2/15, 29, 48 –, Zahlungspapiere 2/1, 7, 36 Dokumentenstrenge 1/55, 126; 2/8; 3/20 Drittverbot 1/203; 3/151 f Drohung s Anfechtung wegen Drohung E Eigentumsvorbehalt 2/39; 3/87, 131 Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (ERA) 1/16 ff –, Auslegung 1/18 f –, Geltung 1/19 f –, Inhaltskontrolle 1/18 –, Rechtsnatur 1/17 f –, Text s Anhang zu Kapitel 1 –, Vorrang vor ABB 1/20 Einheitliche Richtlinien der IHK 3/189 Einheitliche Richtlinien für Inkassi (ERI) 2/1, 7 –, Geltung 2/1, 7 –, Rechtsnatur 2/7 –, Text s Anhang zu Kapitel 2 Einheitliche Richtlinien für Reimbourse zwischen Banken unter DokumentenAkkreditiven 1/191 Einrede des nicht erfüllten Vertrages 3/101; s auch Zurückbehaltungsrecht Einreicherbank s Dokumenteninkasso, Einreicherbank einstweilige Verfügung 3/56 FN 181, 59, 62 FN 206, 139, 149 ff –, Akkreditiv 1/201 ff, 217 –, Dokumenteninkasso 2/9, 48 – gegen die Erstbank 3/155 – gegen den Garanten 3/149 ff – gegen den Garantiebegünstigten 3/154, 157 – gegen die Zweitbank 3/156 –, inländische Gerichtsbarkeit 3/159 ff –, Rekurslegitimation der Bank 1/202; 3/153 –, Zuständigkeit 3/158 ff Einwendungsverzicht; s auch Abstraktheit der Verpflichtung –, allgemeiner 3/95 f Einzelakkreditiv 1/6 Einziehungsverbot 1/203 Empfangsbote 1/100, 236; 3/82, 134 Empfangsvertreter 3/82, 134
entgeltsfremdes Geschäft 3/79 Erfüllungsgarantie 3/10, 14 ff, 96, 114 Erfüllungsgehilfe 1/50, 160, 166 f, 171, 180, 196 ff; s auch Gehilfenhaftung Erfüllungsort 1/27, 41, 173 Ermächtigung 1/10, 39, 85, 92, 131, 137, 159, 175 ff, 183, 185, 188, 191 ff, 213 Erklärungsirrtum 3/97 eröffnende Bank 1/1, 3 f, 8 ff, 33 ff, 120 ff, 155 f, 162 ff, 166, 170 ff, 176 ff, 186 ff, 192 ff, 196 ff, 203 f, 207 ff, 216 f, 224 ff, 231 ff, 237 ff –, Pflichten gegenüber Akkreditivauftraggeber 1/49 ff Ersetzungsbefugnis 1/71 Erstbegünstigter 1/8, 137 F Fahrlässigkeit 1/120; 3/110, 150 –, grobe 1/114 –, leichte 1/51, 67, 196 Faktura 1/38, 56, 98, 139; 2/1 Fakturentausch 1/139 Fernschreiben 3/90 Fixgeschäft 3/52 Forderungsabtretung s Zession Forderungseinlösung s Zession Forderungskauf s Zession Formvorschriften 3/40, 74 Frachtführer 1/38 Freizeichnung s Haftungsfreizeichnung G Garant; s auch Bankgarantie –, Nachforschungspflicht 3/66 –, Pflicht zur Zahlungsverweigerung 3/62 f, 111, 148 ff, 156, 160 –, Rechte 3/ 67 ff –, Verhältnis zum Auftraggeber 3/57 ff, 165, 182 –, Verhältnis zum Begünstigten 3/70 ff, 134, 166 ff –, Verhältnis zur Zweitbank 3/140 f, 143 f Garantie 1/90, 92 f, 95, 133, 153, 182 ff; 3/1 ff; s auch Bankgarantie Garantieauftraggeber; s auch Bankgarantie –, Verhältnis zum Begünstigten 3/52 ff, 135, 147, 166 ff
394 –, Verhältnis zur Erstbank 3/136, 145 f, 173, 177 –, Verhältnis zum Garanten 3/57 ff, 165, 182 –, Verhältnis zur Zweitbank 3/148 Garantiebegünstigter; s auch Bankgarantie –, Aufgabe von Sicherheiten 3/119 f –, Sitz im Ausland 3/159 ff –, Sorgfaltspflichten 3/119 ff, 164 –, Verhältnis zum Auftraggeber 3/52 ff, 135, 147, 166 ff –, Verhältnis zur Bank 3/70 ff, 134, 166 ff –, Verhältnis zur Zweitbank 3/133, 137 f, 142 –, Zahlungsanspruch 3/112 f, 154 Garantieerklärung 3/3, 9, 26 ff, 64, 70 ff, 81, 83, 88; s auch Bankgarantie –, Absicht der Parteien 3/34 –, Form 3/40 –, Wortlaut 3/30 f Garantieerstellung 3/52 ff; s auch Bankgarantie –, Auswirkung auf Valutaverhältnis 3/54 –, vertragliche Verpflichtung 3/52 f Garantiefall 3/83, 92, 99 f Garantieinanspruchnahme 3/55, 81 ff, 99; s auch Bankgarantie –, Abtretung 3/113 ff –, Art 3/22 –, Avis-Bank 3/134 –, Beanstandung 3/94 –, bedingte 3/81, 86 –, Benachrichtigungspflicht 3/61 –, Bezifferung 3/85 –, Erklärung 3/81 f, 84, 100, 128, 162 –, Form 3/60, 89 ff –, Frist 3/60, 72, 88, 92 f, 154 –, Nachfrist 3/94 –, Nachweise 3/87 f –, ordnungsgemäße 3/81, 83 ff, 89, 94, 98, 128, 162 f –, Prüfung der Voraussetzungen 3/60, 82, 84, 87 –, rechtsmissbräuchliche 3/85, 99, 105 ff, 112, 115, 127, 144 f, 152, 154, 156, 163, 167 f; s auch Rechtsmissbrauchseinwand –, Rechtzeitigkeit 3/92 f, 128, 134 – durch Stellvertreter 3/81, 90 –, Substantiierung 3/83 f, 115
Sachregister –, Teilinanspruchnahme 3/85 –, unberechtigte 3/96, 112, 117, 174 –, Unterlassungspflicht des Begünstigten 3/55 f, 147 f, 154, 156, 160 –, verjährte Forderung 3/106 –, verspätete 3/93, 119, 121, 162, 188 –, vorsorgliche 3/86 –, Widerrufspflicht 3/56, 147, 154, 160 –, Wirksamkeit 3/3, 56, 81, 89, 90 FN 341, 92, 100, 128 –, Zurückziehung 3/86 Garantieleistung; s auch Bankgarantie –, Anfechtbarkeit 3/186 f –, Benachrichtigungspflicht der Bank 3/61 –, Erfüllungswirkung 3/68, 179 –, gerichtliche Hinterlegung 3/111 –, Umfang 3/80 –, Zurechenbarkeit 3/172, 179 ff Garantiestrenge 3/78, 81, 83 Gegenakkreditiv 1/8 Gehilfenhaftung 2/19 f, 28, 37; 3/53, 59, 139, 145; s auch Erfüllungsgehilfe Genehmigung –, staatliche 3/37 – des Vertretenen 3/81 Genugtuung, volle 3/80, 124 Gerichtserlag 1/134; 3/111 Geschäftsbrauch 2/7 f Geschäftsfähigkeit 1/48, 152 Geschäftsführung ohne Auftrag 1/179; 3/67, 179 FN 681, 171 f, 180 Gesellschaft bürgerlichen Rechts 3/128 Gestaltungsrecht 1/96 f, 113; 3/86, 93, 132 Gewährleistungsgarantie 3/17 f Gewährvertrag s Bankgarantie Gewalt, höhere 1/101; 2/11 Gewinn, entgangener 3/80 Gläubigeranfechtung 3/182 ff –, Absichtsanfechtung 3/182 f –, Befriedigungstauglichkeit 3/185 –, Begünstigung 3/182 ff, 186 ff –, Gläubigerwechsel 3/186 –, inkongruente Deckung 3/187 FN 708 – im Konkurs des Garantieauftraggebers 3/182 ff –, Zahlungsunfähigkeit 3/182 ff, 187 f –, Zug-um-Zug-Geschäft 3/101, 184, 187 Grundverhältnis 3/9, 22, 26, 40, 52 ff; s auch Valutaverhältnis
Sachregister
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–, Abhängigkeit 3/31 –, Anfechtbarkeit 3/31 –, Auflösung, vorzeitige 3/3 –, Bestimmbarkeit 3/5 FN 17 –, Einwendungen 3/7 f, 30 f, 41, 55, 95, 105 ff –, Fehlen 3/170 ff –, Loslösung 3/30, 95; s auch Abstraktheit –, Mangel 3/40 –, Prüfung 3/36 –, Risikoübernahme 3/79 –, Unabhängigkeit s Abstraktheit –, verjährte Forderung 3/106 Gutstehung 3/42, 46 H Haftrücklass 3/18 f, 37, 75 Haftrücklassgarantie 3/18 Haftung – solidarische s Solidarhaftung – verschuldensunabhängige s Risikohaftung Haftungsfreizeichnung 1/51, 196; 2/11, 18, 20, 38 Haftungskredit s Avalkredit Handelsbrauch 2/7; 3/28, 30, 32 FN 93; s auch Geschäftsbrauch Handelsrechnung s Faktura Hauptakkreditiv 1/8 Honorierungsverbot 1/203 ff
–, Schadenersatzansprüche 1/220; 3/176, 178 –, Sicherungsabtretung 1/135; 2/25 K Kommission 2/10 Kommissionsgeschäft 1/34; 2/10 Konkurs – des Akkreditivauftraggebers 1/48, 223 ff – des Akkreditivbegünstigten 1/57, 135, 230 ff – der avisierenden Bank 1/234 – der benannten Bank 1/235 – der bestätigenden Bank 1/240 – der Einreicherbank 2/12 – der eröffnenden Bank 1/48, 228 f – des Garantieauftraggebers 3/172, 179 ff – des Inkassoauftraggebers 2/12, 26 Konnossement 1/45, 47, 98 Konnossementsgarantie 3/20 Konsortialgarantie 3/128 f Kontrollbankgarantien 3/27, 49 Konversion 3/75 f Korrespondenzbank 1/10 Kreditauftrag 3/25; s auch Auftrag –, Abgrenzung zur Garantie 3/42 ff –, Aufwandersatz 3/46 –, rechtliche Einordnung 3/45 ff Kreditgarantie 3/21 Kreditversicherung 3/49; s auch Versicherungsvertrag
I ICC-Richtlinie 3/189 Inanspruchnahme s Garantieinanspruchnahme Inhaltskontrolle 3/5, 141; s auch Sittenwidrigkeit Inkassoauftrag 1/118; 2/10 ff Inkassobank s Dokumenteninkasso, Inkassobank Inkassozession 2/15, 29; s auch Zession Interesse, negatives s Vertrauensschaden Internationale Handelskammer 1/16 f; 2/1, 7; 3/189 Internationales Privatrecht 3/173 ff –, Akkreditiv 1/216 ff –, Bereicherungsansprüche 1/221; 3/176, 178 –, Garantie 3/138 f, 142, 173 ff
L Legalzession 3/5, 46, 51, 58, 68, 117, 164, 171, 174, 185 Leistung, zahlungshalber 1/23, 184, 194, 223; 3/54 Leistungsgarantie 3/14, 57 FN 183 Leistungskondiktion s Rückabwicklung, bereicherungsrechtliche Letter of Credit 1/2 Liefergarantie 3/14 Liquidität des Beweises s Beweis, liquider M Masseforderung 1/225, 232; 3/179 ff, 185 Mitverschulden 1/64 Motivirrtum s Anfechtung wegen List
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Sachregister N
Nachfrist 1/26, 103, 126 Nachtsichtwechsel 1/73, 77, 79, 82, 189; 2/37 Nationalbank s Oesterreichische Nationalbank Naturalrestitution 3/80 Negoziierungsakkreditiv 1/3 ff, 39, 70, 76 ff, 84, 91 f, 175, 185, 190 Nichtschuld 3/162, 164; s auch Rückabwicklung, bereicherungsrechtliche –, irrtümliche Zahlung 3/162 f, 165, 172 FN 656 –, wissentliche Zahlung 3/63 FN 208, 162 f O Oesterreichische Nationalbank 2/35; 3/77 ordre-public s Vorbehaltsklausel P Packing Credit 1/4 FN 18 –, Green Clause 1/4 FN 18 –, Red Clause 1/4 FN 18 pactum de non cedendo s Zessionsverbot Pfandklausel der ABB 2/27 Pfandrecht 1/143 ff, 227; 2/25 ff; 3/69, 131, 185 Präklusion 1/113 Präsentationsfrist 1/47, 102, 107 Provision 2/24, 44; 3/45 R Rechnung s Faktura Rechtsmissbraucheinwand 1/55, 61, 132 ff, 187, 201, 209, 217; 2/9; 3/106 f, 110 f, 115, 139, 142 ff, 163, 174 –, Liquidität 1/61, 133, 201, 204; s auch Beweis, liquider –, Pflicht zur Erhebung 1/61 Rembours 1/76, 108, 165, 191 ff; s auch Akkreditiv, Aufwandersatz Remboursbank 1/191 ff Risikohaftung 1/68 Rückabwicklung, bereicherungsrechtliche –, Akkreditiv 1/206 ff, 221 –, Bürgschaft 3/40 f
–, Dokumenteninkasso 2/25 FN 110, 49 –, Garantie 3/4 f, 13 FN 36, 40, 63 FN 208, 68 FN 227, 104, 141, 162 ff, 171, 176, 179, 185 Rückbelastung s Bankgarantie Rückgarantie 3/24, 141, 144 f, 148, 155 f, 161, 177 –, missbräuchliche Inanspruchnahme 3/144 f, 148, 156 Rücktritt – des Masseverwalters 1/223 f – wegen Vertrauenserschütterung 1/28, 151 – wegen Verzugs 1/26, 46, 160, 226, 231 Rügefrist 1/112, 171 S Schaden –, ideeller 3/80 FN 289 –, positiver 3/80 Schadenersatz 1/50 f, 60, 64 ff, 88, 114, 158, 163 f, 166, 177 f, 180, 196, 220; 2/12, 20, 33, 49 –, Anspruch 3/13 FN 36 –, Sicherung durch Garantie 3/17 Schädigung, sittenwidrige 3/106, 148 Scheck 2/1, 7, 35 Schickschuld 1/173 f Schikane 3/106 Schriftform 3/74, 90; s auch Akkreditiv, Form Schuldbeitritt 1/86, 88; 3/38 FN 114, 75 FN 257, 137 f, 139 Schutzpflichten – der avisierenden Bank 1/158 – der benannten Bank 1/166 f – der bestätigenden Bank 1/180 – des Garantiebegünstigten 3/119 ff – der Inkassobank 2/20, 33, 46 –, vertragliche 3/46, 94 –, vorvertragliche 3/53 – zugunsten Dritter 3/148 Sicherheiten –, anfechtbare 3/184; s auch Gläubigeranfechtung –, mehrfache 3/128 ff Sicherungseigentum 2/25; 3/131 Sicherungszession 2/15, 25, 29 Sichtakkreditiv 1/3 f, 26, 39, 70 f, 76, 183 Sichtwechsel 1/79 ff, 189 Sittenwidrigkeit 1/30, 120; 3/96, 105 f, 148; s auch Inhaltskontrolle
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Solidarhaftung 1/146, 179, 186, 189, 214, 218; 3/129 f, 137 –, Entlassung eines Mitschuldners 3/120 Sorgfaltspflichten s Schutzpflichten Standard internationaler Bankpraxis 1/110, 126 Standby Letter of Credit 1/2, 126 stille Bestätigung 1/176, 179, 183 Stillschweigen 3/71, 91 Streitbeilegungsverfahren 1/19 Substitution 1/167, 171, 180, 196, 198, 200; 2/19, 28; 3/136, 146 Sukzessivlieferungsvertrag 1/46 T Teilschuldverhältnis 3/128 Telefax 1/93 FN 372, 156 FN 647; 3/90 Telekommunikation 1/44, 94, 107, 112 U Umladung 1/45 Unmöglichkeit 3/52, 119 FN 554 Unklarheitenregel 3/29, 78 f Unstimmigkeit 1/110 Unterakkreditiv s Gegenakkreditiv Unterbegünstigter 1/8 V Valutaverhältnis 3/4, 9, 26, 31 f, 34, 40, 51, 52 ff, 55, 60, 79, 95, 102 f, 114 ff, 149, 162 f, 171, 176, 179, 181, 185; s auch Grundverhältnis – Akkreditiv s Akkreditiv –, Anfechtung 3/185 –, Auswirkungen der Garantieerstellung 3/54 –, Begleichung der Forderung 3/117 –, Berechtigung, fehlende 3/163 –, fehlendes 3/170 ff –, Berufung 3/7 –, Beweislast 3/8 –, Einwendungen 3/8, 38 ff, 95, 99, 102 f, 105 ff –, Leistungsstörung 3/103 –, Loslösung 3/30, 75, 163; siehe auch Abstraktheit –, mangelhaftes 3/5, 41, 166 ff –, Mitschuldner 3/131
–, Rückforderungsanspruch 3/7 –, Unabhängigkeit s Abstraktheit –, Unwirksamkeit 3/96 Valutierung 3/88 FN 335 Verbesserungsanspruch 3/17 ff Verfügungsverbot 1/146, 203; s auch einstweilige Verfügung Verjährung –, Akkreditiv 1/153 –, Garantie 3/124 ff Verkehrssitte 3/28, 30, 72; s auch Geschäftsbrauch Vermögensverhältnisse, schlechte 1/28, 130; 3/52, 104; s auch Zahlungsunfähigkeit Verschulden 2/11, 13, 37; s auch Auswahlverschulden Versicherungsvertrag 3/20 FN 53, 25 –, Abgrenzung zur Garantie 3/48 f Vertrag – mit Schutzwirkung zugunsten Dritter s Schutzpflichten – zugunsten Dritter 1/83, 93; 3/42 f, 73, 138 Vertragsergänzung 3/30 Vertrauensschaden 1/25, 88; 3/52 f Vertreter 1/88, 97, 100, 106, 120, 135, 141, 152, 168, 171 f, 180, 198; 2/15, 29, 41 Verwendungsanspruch 3/164 Verzug 1/21, 26, 31, 160 – mit Dokumentenandienung 2/8 Vollmacht s Vertreter Vorbehaltsklausel 3/144 vorlegende Bank s Dokumenteninkasso, vorlegende Bank Vorleistung 3/13, 104, 112 Vorleistungspflicht 2/8 f; 3/52, 96 FN 372 – zugunsten Dritter 3/44 Vorschuss 1/34, 52, 62, 165, 179; 2/2, 24 ff Vorvertrag zugunsten Dritter 3/44 W Warnpflicht 2/17 Wechsel 1/3 f, 39; 2/1, 7 f, 31, 36 f, 73 ff, 89 ff, 133, 175, 184 f; s auch Nachsichtwechsel, Sichtwechsel –, Einlösung 1/78, 80, 184 Willenserklärung, konkludente 3/71, 91 f, 115, 163
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Zahlstellenbank s benannte Bank Zahlungsakkreditiv 1/3 ff, 39, 70 ff, 85 ff, 175, 183, 189, 214 Zahlungsgarantie 3/11, 18, 21 Zahlungsunfähigkeit des Garantiebegünstigten 3/102, 104, 114 FN 454, 182 FN 698 Zahlungsverbot 3/149 ff, 151 ff, 160 f, 161 Zession 3/112 ff –, Ansprüche aus Akkreditivbestätigung 1/142, 190 –, Akkreditivinanspruchnahmerecht 1/98, 135 –, garantierte Forderung 3/116 f –, gesetzliche s Legalzession – zum Inkasso 2/15, 29 –, notwendige s cessio necessaria –, Recht auf Inanspruchnahme 3/113 –, Zahlungsanspruch aus Akkreditiv 1/8, 98 f, 135, 190 –, Zahlungsanspruch aus Garantie 3/112
Zessionsverbot 3/112 Zielschuldverhältnis 3/123 Zinsen 2/14, 35; 3/45 Zug-um-Zug-Abwicklung 1/1, 4 f , 11, 27 f, 52, 72, 212, 229; 2/6, 34 Zurückbehaltungsrecht 1/227 f; 2/9, 25; 3/52, 101; s auch Einrede des nicht erfüllten Vertrages Zwangsvollstreckung s Akkreditiv, Pfändung; Dokumenteninkasso, Pfändung des Inkassoerlöses Zweigniederlassung 3/82 Zweitbank 1/10, 154 ff, 196 ff, 219; 3/24, 59, 133 ff, 141 ff, 156, 159, 161, 177; s auch avisierende Bank, Bankgarantie; benannte Bank, bestätigende Bank, Dokumenteninkasso –, Verhältnis zum Auftraggeber 3/148 –, Verhältnis zum Begünstigten 3/133, 137 f, 142 –, Verhältnis zur Erstbank 3/140 f, 143 f Zweitbegünstigter 1/98, 137 ff