GertUeding
Von der Aufklärung bis zur Gegenwart
Dieses Buch spannt einen weiten Bogen von der Aufklärung bis zur Gege...
169 downloads
1261 Views
6MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
GertUeding
Von der Aufklärung bis zur Gegenwart
Dieses Buch spannt einen weiten Bogen von der Aufklärung bis zur Gegenwart, erläutert das Verhältnis der Rhetorik zur Philosophie und Literaturwissenschaft, zur Kunst und Politik. Dabei entsteht eine spannende Verfallsgeschichte, in der sich die größten Gegner der Rhetorik oft als ihre größten Meister erweisen, so daß sich im
20.
Jahrhundert zahlreiche Anknüp
fungspunkte für neue Rhetorikentwürfe finden.
Gert Ueding
'
•
ist Professor für Allgemeine Rhetorik an der Uni
versität Tübingen und trat mit zahlreichen Veröffentlichungen zu Theorie und Geschichte der Rhetorik hervor. Ueding ist Herausgeber des auf acht Bände angelegten Kompendiums
C. H.
Historisches Wörterbuch der Rhetorik.
In der Reihe
Beck Wissen ist von ihm erschienen:
Klassische Rhetorik
f
(32000). I
Verlag C.H.Beck
Peter Weit gewidmet
Inhalt
Anstatt einer Einleitung: Was ist Rhetorik?
...........
7
I. Aufklärungsrhetorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 7
Die erste Auflage dieses Buches erschien 2000.
1.
Kritik und Neubegründung der Rhetorik im 1 8 . Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Philosophie der Rhetorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 . Die klassischen Redegattungen . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Briefkunst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 . Rhetorik und Poetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Rhetorik und die Künste . . . . . . . . . . . . . . . . .
,
17 24 29 40 43 47
II. Rhetorik im 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
Verfall der Beredsamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Redegattungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rhetorik als Stilkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rhetorische Literaturgeschichte und Literaturkritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Romantische Beredsamkeit als "enthusiastische Rhetorik". . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Rhetorik-Unterricht in der Schule . . . . . . . . . . . . . . 7. Der große Stil und die Universalisierung der Rhetorik durch Nietzsche . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. 2. 3. 4.
56 59 65 68 73 77 79
111. Rhetorik im 20. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 ·
2. Auflage. 2009
I
Originalausgabe ©Verlag C. H . Beck oHG, München 2000 Gesamtherstellung: Druckerei C. H . Beck, Nördlingen Umschlagentwurf: Uwe Göbel, München Printed in Germany ISBN 978 3 406 44 734 1
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Nullpunkt der Rhetorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3 Rede in der Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Neue Rhetorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 8 Angewandte Rhetorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 06 Rhetorik und Ästhetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 08 Rhetorische Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 1 Rhetorik in Schule und Hochschule heute . . . . . . . . 1 1 8 •
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 30
Literaturverzeichnis
www.beck.de
Register
5 l
•
Anstatt einer Einleitung: Was ist Rhetorik?
I I
I
l
In der modernen berufsbürgerlichen Gesellschaft sind Dis kussion, Debatte, Gespräch die wichtigsten Instrumente und Medien zugleich, unvereinbare Standpunkte zu vermitteln, kontroverse Fragen zu klären und im Streit der Meinungen dennoch Entscheidungen herbeizuführen. Diese rhetorischen Situationen sind zugleich die historische Voraussetzung von Rhetorik überhaupt: sie steht seit ihren Anfängen mit dem sozialen Leben in unmittelbarem Austausch, ist dessen direk ter Ausdruck und zugleich die Lehre (doctrina), wie man sich im sozialen Leben zu verhalten hat, wenn man erfolgreich sein und sein Recht bekommen will. Zunächst muß man wissen: Die Rhetorik ist eine Erfah rungswissenschaft, denn, so erläuterte Aristoteles, "man kann die Ursache untersuchen, weshalb die einen Erfolg erzielen aufgrund der Gewohnheit, die andern durch Zufall; alle möchten aber wohl zugeben, daß etwas Derartiges bereits Aufgabe einer Theorie ist" (Rhetorik I,1 ,2 1 354a). Sie bedient sich dabei auch der Einsichten und Ergebnisse der Sprecher ziehung und Sprechwissenschaft, die traditionell einen Teil der Rhetorik und der rhetorischen Erziehung darstellen und die mündliche Realisierung der Rede durch Sprechen sowie ihre mimische und gestische Darstellung zum Gegenstand ha ben . .Auch Schreibübungen gehören von Anfang an in dieses Programm. Von ihren Voraussetzungen her gesehen, ist die rhetorische Erziehung ein Produkt der griechischen Überzeu gung, daß Kunst und Tugend lehrbar seien, und richtet sich an den ganzen Menschen, an seine intellektuelle, emotionale und ethische Natur. Ihre theoretischen Voraussetzungen fußen auf der anthropologischen Annahme von der Redefä higkeit als einer allgemein menschlichen Naturanlage (natu ra). Kunst und Wissen (ars, doctrina) müssen notwendig hin zukommen, damit durch Erfahrung und Übung (exercitatio) die natürliche Rede- und Kommunikationsfähigkeit vervoll kommnet werden kann. Das regulative Ideal der rhetorischen
I
7
I
I •
-.
I
Aus bildu ng ist nach Cato ausdrücklich der "vir bonus dicendi peritus" , ein Ehrenmann, der die Kunst der Rede beherrscht, und seine Erzi ehun g bedeutet daher auch Charakterbildung, die schon früh in der Kin dhe it ansetzen muß . Drei Redegattungen haben die antiken Rhetoriker unter schieden: die Gerichtsrede (genus iudiciale), die politische Re de (genus deliberativum) und die Fest- oder Prunkrede (genus demonstrativum). Jede Rede ist entscheidungs- und hand lungsbezogen; ob der Gegenstand zweifelhaft ist, weil eine Tat in der Vergangenheit ungeklärt blieb, oder ob man des halb nicht sicher sein kann, weil erst die Zukunft das Richtige oder Falsche erweisen wird: jedesmal bemüht sich der Redner, im Sinne seiner eingestandenermaßen parteilichen Einsicht, den Streitfall zur Entscheidung zu bringen. Das gilt, wenn auch abgeschwächt, selbst für die dritte Redegattung, die als Lob- oder Tadelrede sich zwar auf einen allgemeinen Konsens oder Dissens bezieht, aber ebenfalls verstärkend, abschwä chend und relativierend wirken kann, so daß sich das Publi kum zur Einstellungsveränderung oder zur Bestätigung seiner Meinung geführt sieht. Auch zur ästhetischen Beurteilung der rhetorischen Demonstration selber kann sich der Adressat der Festrede aufgerufen fühlen, so daß seine Entscheidung jetzt über die Kunstfertigkeit des Redners ergeht. Unter dem Ein fluß des Christentums entstand als vierte Hauptgattung die geistliche Rede oder Predigt (genus praedicandi), die die christliche Botschaft an Gläubige und Ungläubige zu verkün digen und sich mit dem Glaubenszweifel auseinanderzusetzen hatte. Wie bei dieser Einteilung ganz aristotelisch der Zuhörer richtunggebend ist, der sich betrachtend oder beurteilend ver hält, so auch bei einer zweiten Gliederung der Redegegen stände, die den Grad angibt, in dem ein Thema oder Problem vom Adressaten akzeptiert wird. Das System der Rhetorik insgesamt ist in allen wesentlichen Zügen bereits in der Antike besonders von Aristoteles, Cicero und Quintilian entwickelt worden und in dieser Form bis heu te mehr oder weniger bewußt Grundlage der Allgemeinen und Augewandten Rhetorik. Die Produktionsstadien der Rede bil-
I
t
I '
I
t
t '
t
8
den das wichtigste Einteilungsprinzip. Am Anfang steht die Erkenntnis des Themas. Aus der Fülle der Ereignisse und Si tuationen (materia ) muß zunächst die Hypothese gewonnen werden, die den Einzelfall konturiert (z. B. einen Grundwider spruch), sodann muß der Redner den einzelnen Streitstand (status) ermitteln, den strittigen Punkt und seine Zugehörig keit zu den Redegattungen (also etwa der politischen und der ·forensischen Rede) oder, im Falle der Gerichtsrede, seine Zuordnung zu juristischen Tatbeständen (Statuslehre). Der Arbeitsprozeß selber umfaßt erstens das Auffinden aller zur wirkungsvollen Behandlung des Gegenstandes nötigen Argu mente und Materialien (inventio ), wobei der Autor deren Stichhaltigkeit und jeweilige Tauglichkeit für die verschiede nen Redeteile schon jetzt überprüft. Zur möglichst vollständi gen Erforschung und Sammlung der im Einzelfall gewünsch ten Beweismittel steht dem Redner ein eigenes System von Suchkategorien, die Topik, zur Verfügung, die personen- oder problembezogen alle möglichen Fundorte für Argumente, Be lege oder Beweise erschließt. Rhetorische Argumentations kunst erwächst aus der Topik, in welcher der soziale Konsens oder der Konsens einzelner sozialer Gruppen sich in Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsmustern sedimentiert hat und einen verfügbaren Fundus von Meinungswissen (endoxa) dar stellt. Dieser "ganze topische Bereich von Leben und Sitte [muß] vom Redner gründlich studiert werden."(Cicero, Über den Redner, I, 69) Das. zweite Arbeitsstadium regelt nach bestimmten Mustern die·Gliederung des Stoffes und der Argumente (dispositio) un ter den leitenden Aspekten der Sachangemessenheit, der Über zeugung des Adressaten und der Redeteile. Die Rhetorik hat verschiedene Dispositionsmöglichkeiten entwickelt, die von der zweigliedrigen, antithetischen Ordnung bis zu vielgliedri ger Aneinanderreihung reichen, wobei die dreigliedrige und die fünfgliedrige Disposition (welch letztere auch der Dispo sition des klassischen Dramas in fünf Akten zugrunde liegt) besondere Bedeutung erlangten. Das dritte Arbeitsstadium umfaßt die sprachlich-stilistische 9
•
I
I
•
Produktion der Rede gemäß der Theorie des rednerischen Ausdrucks (elocutio), die das differenzierteste Teilgebiet der Rhetorik ausmacht. Es umfaßt die Figuren und Tropen sowie den Wortgebrauch und die Satzfügung, soweit diese nicht grammatischen, sondern stilistisch-rhetorischen Zwecken die nen. Sprachrichtigkeit (puritas), Deutlichkeit (perspicuitas), Angemessenheit an Inhalt und Zweck der Rede (aptum, de corum), Redeschmuck (ornatus) und Vermeidung alles Über flüssigen (brevitas) sind die obersten Stilqualitäten. Um allen Wirkungsintentionen zu entsprechen, hat die Rhetorik zum Teil sehr komplizierte Stillehren entwickelt, ihrer Überzeu gung gemäß, daß allein die Fähigkeit, fehlerfrei und deutlich zu reden und zu schreiben, noch nicht die eigentliche und wirkungsvollste Kunst des sprachlichen Ausdrucks ausmacht. Beweisen allein genügt in den seltensten Fällen, den Adressa ten zu überzeugen, und in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, in Politik und Kultur, kann immer nur ein Konsens über das Wahrscheinliche erreicht, nie eine Wahrheit ermittelt werden. Die Rhetorik lehrt also nicht primär die Kunst des Spezialistischen Ausdrucks und einer Schreibweise, die sich allein an ein wissenschaftlich gebildetes Publikum wendet. Der Normalfall ist das Laienpublikum, das zwar auch nicht ungebildet ist, dem aber auf jeden Fall die genaueren Fach kenntnisse fehlen. Die Ausgangslage des antiken Redners un terscheidet sich - zumindestens in diesem Punkt - nicht we sentlich von den Grundbedingungen, die ein Journalist in den modernen Massenmedien, ein Autor von Sachbüchern, aber auch ein Politiker oder ein Lehrer in der Erwachsenenbildung vorfindet. Die Aufgabe besteht jedesmal darin, besondere Fachkenntnisse aus den verschiedensten Gebieten oder auch ein spezielles Erfahrungswissen in einer sprachlichen Form mitzuteilen, die sowohl sachangemessen als auch allgemein verständlich und gegebenenfalls unterhaltsam und wirkungs voll ist. Es geht dabei nicht um eine Popularisierung im land läufigen Sinne des Wortes, durch die der Gegenstand zwar vereinfacht, aber ebenso trivialisiert wird, so daß er nicht mehr in sachangemessener Weise zum Ausdruck kommt. 10
I
I
•
I I '
•
I
• •
Vielmehr fällt der Sprache hier die Aufgabe zu, auch schwie rige Tatbestände derart einleuchtend zu formulieren, daß sie sogar an ein ganz unterschiedlich zusammengesetztes Publi kum mit uneinheitlichen Voraussetzungen vermittelt werden können. Im vierten Stadium konzentriert sich der Redner auf das Einprägen der Rede ins Gedächtnis (memoria) mittels mne motechnischer Regeln und bildlieber Vorstellungshilfen. Im abendländischen Bildungssystem spielte die memoria bis in die Neuzeit eine wichtige Rolle und galt vielfach als 9ie Vor aussetzung fürs Studium. Bis in Emblematik und Moritatenta feln, in Werbespruch und Werbeplakat hinein reichen die De rivate der rhetorischen Memorierkunst, deren Funktion heute in der Regel durch technische Medien übernommen wird. Womit wir das fünfte und letzte Produktionsstadium er reicht haben. Es besteht in der Verwirklichung der Rede durch Vortrag (pronun tiatio ) , Mimik, Gestik und sogar Han dlu ngen (actio ). Diesen Anforderungen entsprechend ent wickelte die Rhetorik eine ausgefeilte Sprechtechnik und die körperliche Beredsamkeit. "De r äußere Vortrag, sage ich, hat in der Beredsamkeit die größte Macht, ohne ihn kan n der größte Redner in keinen Betracht kommen, mit ihm ausgerü stet der mittelm äßige oft über den größten siegen." (Cicero, Über den Redner, III, 2 1 3 ) In neuerer Zeit hat sich mit der "Rhetorik der Präsentati on" eine Spielart der actio heraus gebildet, deren besondere Aufgabe die wirkungsbezogene Vorführung von Gegenständen und die Gestaltung des gesam ten Am bientes der Rede ist. In Dekoration, Design und mo derner Verkaufsrhetorik hat die Rhetorik der Präsentation heute ihre wichtigsten Anwendungsbereiche, da es sich dabei ebenfa lls um die wirkungsorientierte Vermittlung bestimmter Inh alte , z. B. von Kon sumgütern, handelt und die Rhetorik dafür Techniken bereith ält. In diesem letzten rhetorischen Ar beitsstadiu m liegt auch der Urspru ngsort der Sch auspieler und Theatertheorien sowre der ,"gesell schaftlichen Beredsam keit ", wie A. v. Knigge seine Kunst des "Umgangs mit Men schen" nannte . •
11
Die Redeteile (partes orationis) bilden einen zweiten Schwerpunkt systematischer rhetorischer Theoriebildung·. Sie bestehen aus Einleitung (exordium), der Darlegung des Sach verhalts oder der Erzählung des Geschehens (narratio ) , der Argumentation und Beweisführung (argumentatio), schließ lich dem Redeschluß ( conclusio, peroratio). Die Kunst der Übergänge ( transgressio, transitus ) verhindert das Auseinan derfallen in selbständige Teile. Der Anfang der Rede entschei det oft schon über den Erfolg und dient zugleich der Einführung in das Thema wie der Gewinnung des Publikums. Man unterscheidet zwischen prooemium und insinuatio, wobei das erstere die Aufmerksamkeit der Adressaten erregen, ihre Ge lehrigkeit erwecken oder ihr Wohlwollen erlangen soll. In der insinuatio ist der Redeanfang gänzlich auf den emotionalen Erfolg beim Hörer konzentriert, wie das die Rhetoriker emp fehlen, wenn der Sachverhalt für das Publikum schockierend ist. Die parteiliche Schilderung des Sachverhalts, die . soge nannte narratio oder Erzählung, fundiert die übrige Rede und kann zum Nutzen der eigenen Sache mit Auslassungen oder Färbungen arbeiten. Schon hier wird die rhetorische Skepsis bemerkbar, die keinen einzigen allgemeingültigen Aspekt ei ner Sache anerkennen kann, sondern nur die polyperspektivi sche Annäherung an ihn. Erst die Gesamtheit der verschiede nen Ansichten vermittelt ein zureichendes Bild und vermag die Argumentation, die das Hauptziel der Erzählung ist, umfas send zu begründen. In ihr kulminiert die Rede, auf sie hin sind Redeanfang und parteiliche narratio angelegt, und in ihr wird die Streitfrage gemäß den eigenen Interessen formuliert. Da die argumentatio der wichtigste Teil in der persuasiven Rede ist, kommt der angemessenen Erörterung (aptum) hier die größte Bedeutung zu. Den Anfang der Beweisführung macht oft die Aufzählung der Redeziele (partitio). Die Darlegung der eigenen Argumen te und die Widerlegung der gegnerischen Gründe sind die bei den Richtungen der Argumentation, die sich ihre Belege von außen, durch Urkunden, Zeugenaussagen, Vorentscheidun gen holt (genus inartificiale) oder sie auf rhetorischem Wege 12
•
I
I
I
I
I
n he isc or et rh n ste tig ich w ie D . e) al ici tif ar us en (g t ier uz prod n , de em ym th En s da h rc e du di , te en m gu Ar e di d sin e eis Bew l as al w f et au m te af elh eif Zw as w et n vo uß hl Sc n he isc rhetor d Er un n de er w n ne on w ge s, ne he se ge An iß w ge s al gemein e ein er W d. sin k pi To r de hs uc ra eb G n te ck hi sc ge s gebnis de h rc du g) da un hr fü ns be Le e nd su ge er üb a w (et ht eigene Ansic s re he sic ch un no ein ht zie be i, se ch rli tü na sie ß da begründet, ß s, da en ns Ko en ein em lg al n de f au n he oc pr es sg Faktum unau . natürlich zu leben auch ric ht ig se i. Au ch sin nl ich wahrnehm e di en ög rm ve , na sig te nn na ge so n, zie di In d un en ich Ze re ba e ein ) als um pl em (ex iel isp Be s da , en tz stü zu n tio ta en m gu Ar r t vo t ha en m gu Ar es en nn wo ge rie pi Em r de s iv au kt du in t Ar ho et m ne Ei n. ne on w ge g un ut de Be an it ze eu N r de in all em ng lu äh rz lle Fa d n un tio ta en m gu Ar in en iel sp lle Ro e oß disch gr r de nd re äh . W ng llu te rs Da r de n de ho et M e di en aß gleicherm de n Re de en ch re sp kt un dp an St en en eig en in se r fü Redner die , ht hö er d un rt ße rö rg ve n tio ka ifi pl m A h rc du e gegenständ h rc h du lic ög m ie w eit w so e ch Sa he isc er gn ge e schwächt er di n tio ka ifi pl e Am di uß m ne Sin n te es eit w Im . Verminderung ab t ns r Ku de h uc (a t ns ku de Re r de n re ah rf Ve re als das elementa ng lu nd ha e Be tiv jek ob e ein da n, de er w t aß überhaupt) au fgef n vo ng ru te ör e Er di ht ge ts ste : ist h lic ög m un en en eb eg G s de e di äß m ge ird w e en eb eg G s da d un s, au e ss re te In em ich parteil . llt te es rg da d un t aß ef fg au t itz sp ge e zu ss re te sem In Womit wir beim Ende, dem Redeschluß, angelangt sind. Er faßt die wichtigen Tatsachen und Gesichtspunkte noch einmal zusammen, um sie· dem Gedächtnis des Publikums einzuprä gen, und gibt darüber hinaus direkt oder indirekt meist eine Entscheidungs- oder Handlungsanweisung. Dieser Redeteil ist auch deshalb so bedeutend, weil er die letzte Gelegenheit bie tet, die eigene Angelegenheit und Sicht überzeugungskräftig zu formulieren und die Adressaten auf die eigene Linie einzu schwören. Daher die oft höchst pathetischen, beschwörenden Redeausgänge, die Konzentration aller rhetorischen Mittel zum Schluß oder gar der direkte Aufruf zur Tat. Soviel in aller Kürze und Komprimiertheit über Begriff und Systemgedanken einer wissenschaftlichen und ihrer Geschich13
•
•
•
te verpflichteten Rhetorik, deren Kontinuität in der Neuzeit allerdings nicht bloß durch Popularisierung gefährdet ist. Der Niedergang der Rhetorik als wissenschaftliche Disziplin (als Redepraxis blieb sie erhalten) ist in allen europäischen Natio nalkulturen spätestens seit den 30er Jahren des 19. Jahrhun derts zu verzeichnen, zeigte aber in keiner so durchschlagende und anhaltende Wirkung wie in Deutschland, wo der An schluß an eine seit Beginn des 20. Jahrhunderts besonders in den USA einsetzende, inzwischen lebhafte internationale For-.. schung erst seit etwa 1 960 gelungen ist. Der wachsende An spruch einer mündigen Gesellschaft auf Information und Durchsichtigkeit aller Entscheidungsprozesse erzeugt einen zunehmenden Bedarf an Rhetorik in sämtlichen Wissenschaf ten. Dabei gerät die Vielfalt der Rezeptionen schon wieder in Gefahr, unübersichtlich zu werden, und es gibt inzwischen ei ne kaum noch übersehbare Fülle von Einzelforschungen zur Geschichte der Rhetorik in ihrer Theorie und Praxis seit der Antike, zu ihrer grundlegenden Wirksamkeit in der gesamten europäischen Bildungs- und Wissenschaftstradition, zu ihrem Einfluß auf die Analyseverfahren der modernen Textwissen schaften, der Homiletik und Forensik und der Kommunikati ons- und Medienwissenschaften. Die "Ubiquität der Rheto rik" (H. G. Gadamer), ein Erbteil ihrer Geschichte, hat diese Renaissance ebenso begünstigt wie die Bedürfnisse einer sich zunehmend versprachlichenden Gesellschaft, in der Kommu nikationsfähigkeit, Textproduktion und Textanalyse, die pragmatischen Aspekte der Redekunst, immer wichtiger ge worden sind. Die Gründe dafür hat der Philosoph Hans Blu menberg in wenigen Sätzen genannt, aus denen ich hier einige Ausschnitte zitieren möchte: "Evidenzmangel und Hand lungszwang sind die Voraussetzungen der rhetorischen Situa tion" (Blumenberg, Wirklichkeiten, 1 1 7), so faßt er unsere heutige Lage zusammen und fährt nach einigen Überlegungen fort: "Als Verhaltensmerkmal eines Wesens, das trotzdem lebt, ist sie (die Rhetorik) im Sinne des Wortes ein ,Ar mutszeugnis'. Ich würde mich scheuen, sie eine ,List der Ver nunft' zu nennen; nicht nur, weil sie da in noch eine zweifel•
14
'
haftere Gesellschaft kommt, sondern weil ich daran festhalten möchte, in ihr eine Gestalt von Vernünftigkeit selber zu sehen, das vernünftige Arrangement mit der Vorläufigkeit der Ver nunft." (Blumenberg, Wirklichkeiten, 1 30)
I
I
-
I
!
•
I. Aufklärungsrhetorik 1 . Kritik und Neubegründung der Rhetorik im 18. Jahrhundert
I I
Es ist immer noch ein geläufiges Vorurteil unserer Geschichts schreibung, die Aufklärung habe sich wie von anderen Mäch ten der Tradition, so auch von der Rhetorik emanzipiert. In Wahrheit liegen die Verhältnisse sehr viel weniger offen zuta ge, und nur der oberflächliche Blick kann zu einer derart simplen These verführen. Bevor der Begriff Aufklärung zur Epochenbezeichnung wurde, nannte man im 1 8. Jahrhundert eine Geisteshaltung aufgeklärt, die den Menschen als ver nünftiges, mündiges, sich selbst bestimmendes Wesen in den Mittelpunkt des Denkens stellte, und nur die Sprache mar kiert die Grenzen für die Möglichkeiten des Gedankens nicht die Religion, die Tradition, der Mythos. Eine solche aufgeklärte Denkweise ist prinzipiell jederzeit möglich, und einer frühen Ausprägung dieser überhistorischen Tendenz verdankt tatsächlich auch die Rhetorik ihre Entstehung im Griechenland des 5. Jahrhunderts. Im Zuge eines neuen Poli tikverständnisses, das methodisches Handeln im Rahmen der Polis, vernunftkontrollierte Regeln des Zusammenlebens, planvolles und pragmatisches Agieren nach innen und außen verband, geriet die Rhetorik zunehmend in die Stellung einer Haupt- und Staatswissenschaft. Für die Erneuerung ihrer prägenden Kraft waren insbesondere jene Epochen verantwortlich, die den klassischen griechischen Aufklärungsgedanken immer wieder aufgriffen, erneuerten, den Erfordernissen der historischen Entwicklung zwar anpaßten, ohne aber die me thodischen Prinzipien anzutasten, also vor allem: zweite So phistik, Renaissance und eben Aufklärung. Es kann daher auch nicht verwundern, daß die Rhetorik zur Begriffsgeschichte von "Aufklärung" einen Beitrag gelei stet hat, der für den Gebrauch des Terminus im 18. Jahrhun dert und besonders für seine Bindung an das rednerisch literarische Selbstverständnis der Epoche prägend geworden •
•
I
'
17
ist. Aufklären ist an eine deutliche, verständliche Schreib- und Redeweise gebunden, so daß sich Aufklärung mit der rhetori schen Tugend der Klarheit (perspicuitas) verbindet, der neben Angemessenheit (aptum!decorum) und Sprachrichtigkeit (lati nitas) dritten grundlegenden Qualität rhetorischen Sprechens. Sie verlangt vom Redner und seiner Rede Transparenz und Deutlichkeit und ist in allen Produktionsstadien der Rede maßgebend, besonders freilich bei der Formulierung der Ge danken in wirksamen Worten. Das Ziel hatte schon Marcus Tullius Cicero (106-43 v. Chr.) sehr genau bestimmt, nämlich "so treffend [ . . . ] im Ausdruck und genau [zu reden], daß man nicht weiß, ob die Sache mehr durch den Vortrag oder die �orte mehr durch die Gedanken erhellt werden" (Cicero, Uber den Redner, II, 56). Wenn die Beredsamkeit für die Aufklärer verdächtig wird, sie auf den Spuren Francis Bacons ( 1 56 1-1 626) oder Rene Descartes ( 1569-1650) gar als Quelle von Irrtümern und Dunkelheiten angesehen und Immanuel Kant ( 1724-1 804) sie als schein- und lügenhaft denunzieren wird, so ist damit bei näherem Zusehen nur eine bestimmte historisch gewachsene Gestalt der Beredsamkeit gemeint, in welcher rhetorischer Schmuck und poetische Bildlichkeit dominieren. Man kann diesen rhetorischen Paradigmenwechsel am be sten als einen Wechsel des Stil-Ideals beschreiben, der aber den Rahmen der Stilarten nicht sprengt. Abgelehnt wird jetzt die metaphern- und figurenreiche pathetische Redeweise (genus vehemens), kultiviert dagegen ein sachlicher, natürli cher und klarer Ausdruck der Gedanken (genus humile), der allerdings in der Praxis immer zu einer mittleren, eleganten, gelassenen Stilart (genus mediocre) tendiert. Über die nationa len Grenzen hinweg vollzog sich dieser Wandel. Der englische Empirismus propagierte den an der· Alltagsred� orientie.r:ten schlichten Stil ebenso wie die Gottsched-Schule in Deutschland oder wie die It�liener, die jede Übertreibung, jede Rä ffinesse des secentismo aus ihrer Literatur vertreiben wollten und statt dessen Einfachheit und Natürlichkeit favorisierten. Der Maßstab der Klarheit setzt sich in allen Redegattungen •
•
,
18
durch, er dominiert die Literatur ebenso wie das Theater, die Poesie ebenso wie die Prosa, und er ist natürlich auch mit dem Aufkommen der neuen literarischen Gattung des Romans eng verknüpft, dieser am meisten zukunftsweisenden ästhetischen Neuerung der Aufklärung aus rhetorischem Geist. Wobei Klarheit und Deutlichkeit immer gemäß der Angemessenheits forderung doppelt bestimmt sind, sich also einmal auf den in neren Aufbau der Sache selber beziehen, zugleich aber auch deren verständliche Vermittlung ausmachen. Im Ideal einer philosophischen Rhetorik sollen beide zur Synthese kommen, wie es Johann Andreas Fabricius ( 1 696-1769) in seiner Philo
sophische[n] Oratorie. Das ist: Vernünftige Anleitung zur ge lehrten und galanten Beredsamkeit von 1724 ausführt: "Er
läutern oder illustriren heist, die sache welche man für sich hat, auf ihre principia zurück führen, nach allen ihren theilen auseinander legen, zusammen setzen und beschreiben, daß sie denen zuhörern recht begreiflich werde, und sie auch wohl auf der seite beleuchten, da wir wollen, daß sie der zuhörer oder Ieser ansehen solle, oder mit solchen farben fürbilden, welche mit ·u nsern absichten g�mäß dieselbe bemercken. " (Fabricius, Philosophische Oratorie, 97f.) en st er r de in ß da n, ge sa an m n n ka d rn Etwas verallgemeine ch is ph so ilo h p r ne ei an e ss re te In s da H äl fte der Aufklärung do k ri to he R er d it ke am ks ir W d un ng d ia lektischen Grundlegu r zu d ir w ng su ei w er nt U e ig ft ün rn ve m in ie rt . D ie Lehre und o em ie d r be nü ge ge r de t, är kl er n rhetorischen Hauptfunktio r he er d ie W r zu se ie D . en et tr ck ti o n al en Wirkungsarten zurü n ei ch o d , ge di en tw no ng tu el G stellung des Ansehens und der in E em d r te un ch si t er d än k ri to he R er d seitige Orientierung in , ur lt ku ls üh ef G er n ei d un n ge un ll te es fluß ästhetischer Frag ng ra D d un m ur St , it ke m sa d in pf m E der si ch R o usseauismus, ht ic n er ab t is is n eb rg E as D . en ch is te ils abwechseln teils verm e n ei in ng ilu te rb E re ih n er nd so k, ri die Abkehr von der Rheto i sd g n ku ir W en al n o ti o em ie d rhetorische Psychologie und n te nf sa n de n vo a al Sk e di e di , os th Pa d mensionen Ethos un be n ge un eg w be ls üh ef G en ig ft he h lic ft bi s zu den leidenscha g un är kl uf A ie d s al , er d en hr fü re ir er ah grenzen. Nichts ist d .
'
19
des 1 8 . Jah rhu nderts generell als eine Epoche des Niedergangs der Rhetorik zu beschreiben, auch wenn sich die Stimmen der demonstrativen Abk ehr von der rhetorischen Tradition im Fortgang der Geschichte zu meh ren scheinen. Sie wurde oft mal s ganz entgegen der eigenen Dek laration gar nich t wirk lich vollzogen, sondern beschränkte sich auf die Veränderung, auch Modernisierung der Terminologie (das Paradebeispiel bietet die Aus rufung der Ästhetik als einer neuen phil osophi schen Dis zipl in durch Alexander Gottlieb Baumgarten [ 1 7141 762 ] ) oder betraf das schu lrhetorische Regelwesen, jene oft mal s scholastisch erscheinende Gestalt der Rhetorik, die schon in der Antike imm er wieder zu Erneuerungsbewegun gen oder Transformationen geführt hatte. Auch der Kanon der. weiterhin als musterhaft angesehenen antiken Rhetorik texte blieb erhalten (Aristoteles, Cicero, Qui ntil ian, Horaz, Pseudolongin ); sie bildeten die Bas is neuer Interpretationen im Lichte veränderter historischer Erfahrungen, und wenn es galt, die Rhetorik mit den Prinzipi en einer vern unftbestimm ten, bürgerlich ausgerichteten Kult ur und Bild ung zu verknüp fen, so vergewisserte man sich der Positionen, die in der Re- · naissance schon einm al erreicht, dan n aber bei der Integration der hum anistischen Bild ung in die neuhöfische Kultur verlo rengegangen waren. Und die italienische Auf klär ung knü pft geradezu programmatisch an den historischen und philologi schen Studien der hum anistischen Gelehrten an. Ein Ma nn wie Gia mbattista Vico ( 1 668 -1 744 ) propagiert eine auf To pik und Rhetorik beruhende humanistische Bild ung, die die durch den Cartesianismus und die Logik von Port Roy al zer rissene Verbindung zwischen Antike und Moderne wiederher stellen soll . Vor dem Stud ium von Erkenntniskritik und Phil o sophie müssen Gedächtnis und Phantasie geübt werden, erk lärt Vico in seiner Schrift Über die Bildung in unserer Zeit ( 1 709 ), deren Methode auf dem senso commune beruht, je nem Instinkt, Gewohnheit und Übe rlieferung in sich aufhe benden Gemeinsinn·, in dem die rhetorische Bildung spätestens seit Cicero verankert ist. Es kann nach allen überlieferten Zeugnissen kein Zweifel
sein daß der Wa hrheits- oder Wahrscheinlichk eitsbeweis für die antike Rhetorik im allgemeinen die Grundlage und Voraussetzung der Überredung im Sin ne einer wir klichen Über zeugungsherstell ung bildete, und so verwundert es nicht, daß die Au fkl ärer zur Entwicklung einer den wissenschaftlichen Errungenscha ften des Zeitalters angemessenen Rhetorik sich dennoch weitgehend auf die Antike stützen konnten. Erstaun lich dab ei bleibt, daß die Aristotelische Rhetorik, die doch die Korrespondenz von Rhetorik und Dia lektik begründet hatte, für die Au fklä rungsrhetorik von geringerer Bedeutung als Ciceros und Marcus Fab ius Qu intilia ns (um 35- 1 00 n. Ch r.) Lehrschriften gewesen ist. Dennoch verweist imm erh in Vo l taire entschieden auf die Leistung des Aristoteles (38 4-322 v. Ch r.) ( "er brachte die Erkenntnis, daß die Dia lektik die Grundlage der Überzeugungskunst ist und daß beredt sein be deutet, beweisen können ." [Voltaire, Eloquence, in: Encyclo pedie, Bd . 5, 529 ]) und referiert recht aus füh rlic h den Inh alt seines Lehrbuchs, so daß wenigstens dessen Ausrichtung und seine Gegen stände einem größeren Pub liku m bekannt wur den. Durch die Lektüre der Kla ssik er - das ist die allgemeine Üb ere ink unft - gelingt es am besten, "die wa hrhaften Gründe für die Prin zip ien der Rhetorik begreif lich zu ma che n" (La my , De l'art de par/er, 66) , wie es der französische Rh eto rik er Bernard Lamy ( 1 640-1 715 ) in seiner Kunst der Rede ( 1 676 ) formulierte. Doch das ist nicht alles: Die Autorität der Antike ist so ungebroch�n, daß alle Neuerungen vor ihr gerechtfertigt werden müssen. Gottfried Polycarp Müller ( 1 6 84-174 7) begründet 1 722 die parallele Anführung von "teutscher und Lateinischer Benennung", um "nach und nach auch die teutschen Kunst Wörter einzuführen und gewöhnlich zu machen und doch zugleich alle Dunckelheit zu vermeiden" (Müller, Oratorie, § 9). Johann Christoph Gottsched ( 1 700-1 766) wird Cicero, diesem "vollkommensten Lehrmeister der Redekunst" (Gott sched, Redekunst, 44) in seinen eigenen Lehrbüchern weitge hend folgen können. Man könnte eine Fülle von Belegen aus allen Perioden der Aufklärung anführen, die die Geltung Cice'
·
t
'
'
I
·
•
•
•
20
21 I
•
I
ros und Quintilians ausdrücklich bestätigen. Dabei darf man sich nicht davon verwirren lassen, wenn dieselben Gewährs männer als Zeugen für ganz verschiedene, sich sogar auszu schließen scheinende Konzeptionen herhalten müssen. So be rufen sich die Schweizer Rhetoriker und Literaturkritiker Johann Jakob Bodmer ( 1 698-1 783) und Johann Jakob Brei tinger ( 1 701-1 776) ebenso auf Quintilian wie ihr Gegner Gottsched, und für Jean Baptiste Dubos ( 1 670-1742), den man ob seiner unverhohlenen Vorliebe den "Quintilian von Frankreich" (Herder, Abhandlung über die Grazie, 33) ge nannt hat, spielt die römische Rhetorik bei der Entwicklung seiner Gefühlsästhetik eine ebenso große Rolle wie für die eher rationalistisch argumentierenden Theoretiker de la Motte oder Charles Rollin ( 1 66 1-1 741 ). Rollin, der über vier Jahr zehnte seine Vorlesungen am College de France vor allem über Quintilian hielt, war es auch, der mit seiner zwar nicht vollständigen, doch gewissenhaft kommentierten Ausgabe der Institutio oratoria die europäische Wirkung Quintilians ent scheidend beeinflußt hat. Das Buch war über ganz Europa verbreitet, mehrere Auflagen sind in Frankreich, zwei in Lon don und je eine in Deutschland und in Spanien erschienen, noch Friedrich der Große ( 1 740-1786) wird darauf seine Kenntnis dieses Lehrbuchs gründen und es für den Rheto rikunterricht empfehlen: "In Absicht der Rhetorik sollte man sich bloß an Quintilian halten. Wer ihn studiert und nicht zur Beredsamkeit gelangt, wird sie sicher niemals lernen. Der Stil dieses Werks ist hell und deutlich, er enthält alle Vorschriften und Regeln der Kunst." (Friedrich II, Über die deutsche Lite ratur, 78) Auch in England gibt es vergleichbare Konstellatio nen, wenn die Rhetorik, hier vornehmlich diejenige Ciceros, auf der einen Seite durch ihre Orientierung an der Lehen spraxis in John Lackes ( 1 632-1 704) Pädagogik wiederaufge griffen wird, andererseits aber auch Anthony Ashley Cooper Shaftesbury ( 1 671-1 713) zur Begründung seines Gefühlspan theismus dient. . Die Nationalisierung der europäischen Kultur bildet den Rahmen für die neben ihrer Anpassung an den zeitgenössi22
I
r de be ga uf ta p au H te ei zw rd da an sehen wissenschaftlichen St s de ng su as np A ie D h: ic kl ir w nd U aufklärerischen Rheto ri k . ng la ge en ch ra Sp n ne er d o m er d Systems an d ie Erfordernisse n he lic tz sä d un gr e hn o n ge un tz se us ra o V aufgrund günstiger ie d , ik at m m ra G en ch is in te la er d an g B ru ch . D ie O ri entierun d un eed R n he lic ch ra sp al n io at n er Ausrichtung auch d t ha n re o ut A en ch is m rö er d m le al r Schreibweisen am St il vo e, ch is at kr o em d ie d d un t, er ht ic le er ten d ie Übertragung sehr ar w as it an m u h er d ee Id e d en bn al le Standesunterschiede eine ie d f au in le al r eh m ht ic n n, ne er d o m s ne auch al s Funktion ei ie D . n he ic kl ir rw ve zu ns se is sw ng u ild B A n ti ke au sgerichteten i ch ra sp ch is in te la er d ng su ö bl A er d i rhetorische Konstanz be an r ga so ch si t ß lä g un ild B e ig ch ra gen durch d ie nationalsp 06 7 (1 s in kl n ra F in m ja en B n. er ut lä einem extremen B ei sp ie l er l hu Sc ie d et d n bi ) 1 75 1 ( le hu Sc 1 7 90 ) Idee der englischen r be o s al ) ty li ti (u t ei hk ic zl üt N ie reform ganz pragmatisch an d hi ec ri g d un er ch is in te la in g n u ild sb u A ster M ax im e. A uf d ie et ht ic rz ve ar zw er ah d n n ka ur at er it scher Sprache und L f au n nu ie d , ng hu ie rz E e ch is or et rh ie werden, nicht ab er au f d r he sc si as kl en ng zu et rs be Ü e ch is gl en englische Autoren oder le al ßt ie hl sc n la p ts ch ri er nt U s in kl n Texte abgestel lt wurde. Fra , ia or em m , io ut oc el ( n ei k ri to fünf T ei le der alten Schulrhe r de in o ti si po is d d un io nt ve in pronuntiatio in de r Unterstufe, he ic tl if hr sc d un he lic d ün m f au ch si t ck Oberstufe), er erstre en ng tu at G en ch is or et rh n te al ie d Übungen, berücksichtigt r de : kt un p he ö H m de it m er eg bl A n ebenso wie ih re moderne re ba ch ei gl er V a. os Pr er ch is st yi sa es praktischen A us bi ld un g in r eh L ns lli o R as w d un n, er d än L Phänomene gibt es in al len ng E ie d r fü k gi go da Pä es ck a L buch für die Franzosen oder r fü en ft ri ch rs eh L he sc ri o et rh länder das waren Gottscheds g un kl ic tw n E r zu r se ei w eg W h lic äm n , m das deutsche P u b lik u h sc gi go da pä s ne ei d un k ri to he R n einer muttersprachl ic he . ät it rs ve ni U d un le hu Sc an ts ch ri er nt ausgerichteten Rhetoriku '
23
2. Philosophie der Rhetorik I
I
I
I
Vollends einig waren sich die meisten Rhetoriker der frühen Aufklärung in der Aufgabe, ihre Disziplin mit der Philosophie in eine fruchtbare und neue Verbindung zu bringen. Sie haben sich dabei einerseits gegen die in Verruf geratene galante Be redsamkeit abzusetzen, und so betont zum Beispiel Fran\=ois Fenelon ( 1 65 1-1 715): Rhetorik sei keine "art frivole". Ande rerseits müssen sie sich mit der Rhetorik-Kritik der Schulphi losophie und vor allem des Cartesianismus auseinandersetzen. Diesen Absichten entspricht auf der einen Seite die philoso phische Zwecksetzung der Beredsamkeit als einer "Klugheit I alle erkannte Warheiten I so einem Wiederspruch unterworfen sind I andern durch Vorstellung derselben nach dero Ge müths-Beschaffenheit I und also durch eine Rede I zu überre den" (Müller, Oratorie, 1 ), wie es Gottfried Polycarp Müller schon 1 722 formulierte. Andererseits fühlt man sich dabei durchaus als Erbe und Fortsetzer der antiken Tradition, deren ursprüngliche, erst von den Späteren verfälschten Intentionen man wiederherstellen will. Voltaire beruft sich ausdrücklich auf Aristoteles, wenn er die Rhetorik als Kunst, die Wahrheit zu vermitteln, behandelt und im Beweis ihre wichtigste Auf gabe sieht. Auch der Autor des Enzyklopädie-Artikels Rheto rique pflichtet Aristoteles darin bei, bemerkt aber auch umge kehrt, daß der Philosoph, wenn er denn wirken wolle, auf Beredsamkeit nicht verzichten könne: "die Beredsamkeit ist für die Wissenschaften, was die Sonne für die Welt ist; die Wissenschaften sind nur Nebel, wenn diejenigen, die sie be treiben, nicht schreiben können." (Voltaire, Rhetorique, in: Encyclopedie, Bd. 14, 250) Aufklärung wird hier direkt me taphorisch an die Beredsamkeit gebunden, und auch wo das nicht so ausdrücklich geschieht, gehen Philosophie und Rhe torik eine oft kaum mehr unterscheidbare Verbindung ein. Müller will "ein wahrer I bescheidener und vernünfftiger Philosophus und Redner" (Müller, Oratorie, § 1 ) sein und be . trachtet die "Verbindung der Logic und Oratorie" (ebd. § 7) als seine wichtigste Aufgabe. George Campbeils ( 1 719-1769) 24
l
Philosophie der Rhetorik
•
ist von der zeitgenössischen engli schen Philosophie, besonders von John Locke und David Hume ( 1 71 1-1 776), beeinflußt und basiert auf dem Konzept einer "allgemeinen Kunst des Diskurses" (Campbell, Philoso phie der Rhetorik, XIV). Für Diderot bestimmt die Vernunft zwar den Philosophen, und er sieht seine wichtigste Aufgabe darin, die Ursachen der Dinge zu erforschen, doch dann grenzt er ihn deutlich gegen den weltfremden Denker und Stubengelehrten ab und nennt ihn einen "honnete homme" (Diderot, Philosophie, in: Encyclopedie, Bd. 12, 5 1 0), einen rechtschaffenen Menschen, der sich gefällig und nützlich er weisen will, außerdem von Ideen für das Wohl der Gemein schaft erfüllt ist und sich nicht als kontemplativer Geist, sondern als Handelnder versteht. Rationalismus und Empirismus sind die beiden Pole der Aufklärung, doch die anfängliche Trennung beider Richtun gen sollte bald einer wechselseitigen Durchdringung weichen, und die gegenüber England und Frankreich verspätet einset zende Aufklärung in Deutschland zeigt seit Christian Thoma sius ( 1 655-1 728) eine Synthese von empiristischem und ra tionalistischem Denken. Nicht dem Denkinhalt, sondern der Denkart wurde von allen Aufklärern die Priorität eingeräumt; und die Vernunft galt nicht als Reservoir von Erkenntnissen, sondern als Kraft und Methode, zu neuen Wahrheiten zu gelangen. Zuerst aber erweist sich diese Funktionalität der Vernunft in der Sprache, die damit also mehr als bloß deren Medium, nämlich ihr konstitutiver Bestandteil, ist. Die Auf merksamkeit, die schon die ersten Aufklärer, Descartes und Bacon, Locke und Gottfried Wilhelm Leibniz ( 1 646- 1 716), dem Zustand und der Vervollkommnung der Nationalsprache widmeten, ist nur von dieser Voraussetzung her zu verstehen, und sie erklärt auch die Bedeutung, die die Rhetorik für die Aufklärung trotz aller Kritik an ihr gewinnen mußte. Denn wenn die sprachliche Ausübung notwendiger Teil der Ver nunfttätigkeit ist und damit, aufklärerischer Überzeugung nach, zur Vernunft selber gehört und über deren Verwirkli chung, ihr Praktisch-Werden, entscheidet, treten der Wir25
I
kungsaspekt der Sprache und ihre kommunikative Funktion in den Vordergrund. Nicht bloß als richtiger, korrekter Aus druck des Denkens (wofür besonders die Grammatik zustän dig ist), sondern auch als sein klares und wirkungsvolles Or gan: " la clarte & l'elegance"(Voltaire, Rhetorique, 530), wie Voltaire formulierte, beide zusammengenommen ergeben die Bedingung, wodurch überhaupt nur die Philosophie und die Wissenschaften in die Lebenspraxis integriert werden können. "Unsere Nation", schreibt Voltaire 1 73 7, "liebt alle Arten von Literatur, von der Mathematik bis zum Epigramm" (Voltaire, Conseils a un journaliste, 35 8 ) , und er pointiert damit nicht nur den universalen Anspruch der Aufklärung in allen Wissenschaften, sondern bekennt sich auch zu der Auffassung, daß menschliche Erkenntnis, in welchem Bereich auch immer, zu einem gesellschaftlichen Faktum nur in lite rarischer Form, als Rede und Literatur, werden kann. Wenn man das 1 8 . Jahrhundert das Jahrhundert der Philo sophie genannt hat und die französischen Aufklärer generell als philosophes bezeichnet wurden, so ist damit nicht, trotz gelegentlicher Schulbildungen (der Cartesianismus oder die Leibniz-Wolffsche Philosophie), die Herrschaft der Schulphi losophie gemeint, sondern die einer rednerisch bestimmten Kultur des Denkens, die im wesentlichen humanistische Im pulse aufnahm und entfaltete. Rhetorisch inspiriert war auch das ehrgeizige Ziel, Wissen und Erkenntnis über den engen Kreis der Gelehrtenrepublik hinaus zu verbreiten und ein neu es bürgerliches Publikum zu schaffen, dem die Beziehung der Bildung auf das Leben konstitutiv für das eigene Selbstver ständnis wurde. "Geschaffen für das Leben in der Gesell schaft" (Montesquieu, Esprit des Iais, 4 ) , soll der Mensch sich sein soziales und staatliches Wirkungsfeld selber erringen, es nach der Struktur der Vernunft ordnen, ihm aber darüber hinaus eine eigene individuelle Form geben. Wichtig ist dieser letzte Punkt deswegen, weil es dem auf klärerischen Denken eben nicht nur darauf ankommt, die ein heitlichen Gesetze des Lebens zu entdecken, sondern ebenso, die Vielfalt der Welt und die Individualität der Erscheinungen 26
·
in ihren Nuancierungen zu erkennen und als solche zum Ge genstand des Denkens zu machen. Daraus erwächst ein mächtiger Impuls, der die rhetorische Argumentationsgrund lage, die Lehre vom Beweisen und Überzeugen ( Topik), ver ändert. Nicht mehr die überlieferten Weisheiten, die Autorität der Tradition, der Bezug auf die bereits gewonnenen Gewiß heiten machen eine Rede überzeugungstüchtig, und ein so ehrgeiziges Unternehmen wie das der großen französischen Enzyklopädie, die Diderot und D' Alembert herausgegeben haben, geht gerade aus einem neuen Realienverständnis her vor. Beredsamkeit soll nicht mehr aus Topiken und Sprich . wort- oder Sentenzensammlungen ( Kollektaneen ) ihre Argu mente beziehen, sondern aus der Erfahrung selber und somit der neuen wissenschaftlichen Realitätserfassung entsprechen: " Reden aus collectaneis haben gemeiniglich mehr Spielwerck, Vanitäten, unnützes Zeug, als rechte Realien." ( Hallbauer, Teutsche Oratorie, 29 3 )
Von dieser Orientierung der Beredsamkeit an der Erfahrung bleibt auch ein rhetorisches Herzstück nicht unberührt, das der emotionalen Wirkungsdimension der Rede entspricht: die Affekten/ehre. Denn das eigentliche psychologische Interesse gilt seit etwa Mitte des 18. Jahrhunderts der empirischen Er forschung der menschlichen Seelenvermögen, um sich dann unter dem Einfluß der Empfindsamkeit und der allgemeinen Hinwendung zur individuellen Erfahrung in der Spätaufklä rung auf die psychische Verfassung des einzelnen Menschen zu konzentrieren. Es war Karl Philipp Moritz ( 1 756-1 793 ), der Freund Goethes ( 1 749-1 832) und Autor des berühmten autobiographischen Romans Anton Reiser, der mit seiner Erfahrungsseelenkunde einerseits Empfindsamkeit und sen sualistische Psychologie verbindet, andererseits aber auch in dividual- und gesellschaftsethische Theorien einbezieht. Dies geschieht vor allem dort, wo die Seelenkunde praktische Re geln für einzelne Lebensprobleme jeder Art gibt und damit an die gesellschaftliche Beredsamkeit grenzt. Menschenkenntnis ist das Rhetorik und Psychologie verknüpfende und ganz praktisch ausgerichtete Ziel, denn sie soll zu einem besseren 27
Umgang miteinander und zur effektiveren Durchsetzung der aufklärerischen Ideale führen, hinter denen sich das Emanzi pationsbestreben des Bürgertums verbirgt. Man hat vom Geist der Propaganda gesprochen, der die bürgerliche Aufklärung von der Renaissance besonders un terscheide. Abgesehen davon, daß auch die humanistische Bewegung bürgerlich begann und rhetorisch war mit ihrem über die Gelehrtenzirkel hinausreichenden Wirkungsinteresse, stimmt an dieser These, daß die Aufklärung in einem viel grö ßeren und radikalen Sinne publikumsbezogen denkt, doch un terscheidet sie gerade der vernunftgemäße Überzeugungswille von jeder propagandistischen Überredungskunst. "Die Natur schafft den Menschen als beredtes Wesen" (Voltaire, Rhetori que, in: Encyclopedie, Bd. 5, 529), sagt Voltaire ganz im Sin ne Quintilians, und eben dieser natürliche Ursprung der Beredsamkeit gilt dem Zeitalter auch als ihre wichtigste Legi timation. Durch das rhetorische Wirkungsinteresse unter scheidet man sich von der scholastischen Schultradition und später der neuen Schulphilosophie Cartesianischer oder Leib niz-Wolffscher Prägung. Wenn auch der kämpferische Geist der Aufklärung außerhalb Frankreichs nur hier und da sich regt oder ganz fehlt oder in anderen Ländern erst im Gefolge der Französischen Revolution gleichsam importiert auftritt: die Popularisierung der Philosophie und des Wissens gehört zum Kernbestand im Programm d· er europäischen Aufklä rung; um es zu verwirklichen, bedarf es nach allgemeiner Überzeugung der Rhetorik. Dialog und Gespräch gelten als die geeignetste Form der praktischen Unterrichtung, die beste Methode, den Menschen zum Selbstdenken, zum richtigen und freien Gebrauch seines Verstandes zu erziehen, wie das Kant in seiner berühmten, die Epoche begrifflich beschließen den Schrift Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? ( 1 783) dann erläutert hat. In seinem Essay Leben und Cha rakter des Sokrates ( 1 767) hat Moses Mendelssohn ( 1 7291 786) die Vorzüge des sokratischen Gesprächs ebenfalls darin gesehen, "daß man von Frage zu Frage, ohne sonderliche An strengung, ihm folgen konnte, ganz unvermerkt aber sich am 28
Ziele sah, und die Wahrheit nicht gelernet, sondern selbst er funden zu haben glaubte"(Mendelssohn, Charakter des So krates, 3 1 ). 3. Die klassischen Redegattungen
In der Antike hatte sich die juristische Rhetorik zum Musterfall für die gesamte Beredsamkeit entwickelt. In den rhetorischen Lehrbüchern des 1 8 . Jah rhu nderts findet sich die Ge richtsrede auch in Deutschland zwar noch berücksichtigt, doch gescha h dies mehr unter dem Traditionszwang, als daß sich dar in ihre Geltung widerspiegelte. In ganz Eur opa hatte sich seit dem Spätmittelalter von Ob erit alie n aus die Sch rift lich kei t als Verfahrensgrundsatz durchgesetzt, auc h in dieser Zeit erst treten Ziv ilprozeß und Strafprozeß aus ein and er. Da s ist karger Boden für rhetorische Ku nstfertigkeit, denn im ersteren Fall dominiert der Schriftsatz ( "quod non est in actis . non est in mu ndo ", was nicht in den Akten steht, ist nicht in der Welt, lau tete der Verfahrensgrund satz ), im zweiten Fal l unstrittige Sachverhalte und Indizien. An die Stelle des rhetorischen Parteienstreits treten das richterliche Protokoll (im In quisitionsprozeß), die Anklage- und Verteidigungsschrift (im summarischen Prozeß) und, nach Abschaffung der Folter, die sogenannte Relation, in der ein Tatbestand und das Verfahren selber auf ihr bloßes Datengerüst reduziert sind und die Grundlage für die Entscheidung nach Aktenlage liefern. Die feudale Gerichtsbarkeit war eine geheime, ohne Ge schworene, ohne jegliche Form der Öffentlichkeit, und die Rechte der Verteidigung waren so gering, daß der Advokat nicht einmal zu seinem Kliepten vorgelassen wurde, der sogar ganz ohne Verfahren, durch eine bloße lettre de cachet, ins Gefängnis geworfen werden konnte. Das galt für Frankreich und Deutschland gleichermaßen. " Bei den Römern", sagt Voltaire, "wurden die Zeugen öffentlich verhört, in Gegen wart des Angeklagten, der ihnen zu antworten, sie einem Kreuzfeuer zu unterwerfen - entweder in eigener Person oder durch seinen Verteidiger - berechtigt war. Das war eine edle, •
•
\
•
29
•
I
'ine fr imütige, eine der römischen Hochherzigkeit würdige Be timm ung. Bei uns gesch ieht alles heim lich; es ist der Rich ter allein , der mit seine m Sekretär die Zeugen verhört." (Volt aire, Delits et peines, 821 ) Nur in England lagen nach der Revolution von 1 68 8 die Umstände anders, dort waren die Naturrechtslehren eines Hugo Grotius ( 1583 -1 645) oder Sam uel Pufendorf ( 1 632- 1 694) von Locke aufgegriffen und zur Grundlage neuer Rechtsverhältn isse gemacht worden, in denen Legislative und Exekutive getrennt und sogar die Legi timit ät des Rechts zur Aufl ehnu ng bewiesen wurde. In der juristischen Ausbildung traten rhetorische und argu mentative Techniken ziemlich in den Hintergrund oder wur den gar als störend für die rein sachliche Rekonstruktion empfunden: am Wiener Kriminalgericht war der mündliche Vortrag in den achtziger Jahren noch ausdrücklich verboten. Doch wäre es auch hier voreilig, aus diesen Zeugnissen nichts anderes als die Abkehr von der Rhetorik zu entnehmen. Die Verlagerung auf den Schriftverkehr, die demonstrative Ab wendung von der Gerichtskunst des 1 7. Jahrhunderts, in der das Verfahren nach dem Muster des theatrum mundi ablief, die Bürokratisierung der Entscheidungstindung - alle diese Einflüsse erweisen sich zwar für die Ausbildung einer avan cierten juristischen Rhetorik als Hemmnisse, bringen aber auf der anderen Seite eine eigene Spielart hervor, die ebenfalls rhetorische Qualität aufweist und mit vergleichbaren Ent wicklungen in Literatur und Kunst korrespondiert. So dekre tiert der einflußreiche Christian Thomasius in seinem Stu dienplan für Juristen 1 71 3 : "Es ist aber der Stylus heut zu Tage in vielen Stücken unterschieden von dem gerichtlichen Stylo der Römer, derowegen hat ein Advocat wohl in acht zu nehmen, daß er nicht nach Art der Römischen und Griechi sehen Redner, oder auch nach Art der Romanschreiber aller . hand Oratorische Figuren in seine Sätze einmische, und da durch die Affecten zu bewegen suche: sondern er muß vielmehr dahin sehen, daß er die Sache seines Clienten deut lich vortrage und beweise." (Thomasius, Höchstnöthige Cau
•
besonders in R ücksicht auf die Schreibart in rechtlichen Ge schäften von 1 784 rückt er die rhetorische Wirkungsintention
telen)
•
30
Wom it nicht etwa, wie man meine n könnte, eine eigene, noch dazu unrhe torisc he Fachstilisti k begründet wird, son dern sich der einfache, schlichte Stil ( stilus humilis) der rheto rischen Dreistillehre mit gewissen Konz ession en zur mittleren Stillage hin zum Parad igma der jurist ischen Schre ibart erho ben findet. Fried rich Andr eas Hallb auer ( 1 692- 1 750) hat sich dann schon als Chro nist dieser Stilno rm versucht und läßt in seinem Referat auch bereits die zieml ich katas troph alen Fol gen der neuen juristischen Stilpr agma tik ankli ngen: "Der juri stische stilus ist eine Schre ib-Art, welche in Canzeleyen, in Gerichtsco llegiis und von practicic iuris gebra ucht wird [ . . . ]. Der eigentliche jurist ische stilus ist derjenige, dessen sich die Advocaten in recht lichen Sachen bedie nen. Der stilus iuris publici wird gebra ucht in Sache n, die das geme ine Recht und den Staat betreffen, daher er auch wol der Staatsstilus genen net wird. Es hat Herr D. Glafey vor, etwas de stilo publico herau s zu gegeben. Siehe Antonii Fabri electa iures publici. Der Canzeley-stilus ist der, dessen man sich in Canzeleyen, Regierungen und ander n collegiis bedienet zu Abfassung der Befeh le, Bescheide, Urthe l, usw. Der Cammer-stilus ist in Re scripten und Verordnungen, welche die Oeconomie und das Camm er- Interesse betreffen, üblich . Der Curial-stilus, stilus curiae ist eine Schre ib-Ar t, welch e von Fürsten, oder diesen gleichen Personen, oder auch von Canzeleyen und collegiis im Nam en der hohe n Obrigkeit gebraucht wird. " (Hall bauer , Teutsche Oratorie, 524ff. ) Die Kritik trug Früchte. Im Laufe des 1 8. Jahrhunderts mehrten sich die Stimmen, die eine bessere Ausbildung der Juristen auch in rhetorischer Hinsicht etabliert sehen wollten. Eine besonders verdient hervorgehoben zu werden: diejenige des August Ludwig Schott ( 175 1-1 787). In seinem vielver breiteten Lehrbuch zur Vorbereitung zur juristischen Praxis
wieder ins Zentrum und will auch die Gefühlsgründe nicht vernachlässigt finden. " Damit der Verstand oder das Herz dessep, dem etwas vorzutragen ist, unterhalten und beschäfti31
•
get wird, mus die Schreibart noch eine besondere Eigenschaft haben, nemlich Kraft und Nachdruck [ . . . ] , die Lebhaftigkeit, die den Ausdrücken beygelegt wird, macht eigentlich die Kraft der Schreibart aus." (Schott, Vorbereitung zur juristischen Praxis, 24f) Erst mit Beginn des 1 9. Jahrhunderts wird das freiere Verfahren nach französischem Vorbild Zivilprozeß und Strafprozeß auch in Deutschland zunehmend bestimmen und eine - freilich bescheidene - Renaissance der juristischen Rhetorik bewirken. In einer auf dem königlichen Absolutismus beruhenden Staatenwelt - und das war das 1 8. Jahrh undert in Europa kann sich eine politische Rhetorik im klassischen Sinne , näm lich als Beratungsrede vor der Volksversammlu ng, nicht durchsetzen. Doch ist die höfische Rede desha lb nicht unpo li tisch, weil sie sich an den Institutionen des absol utistischen Staates orientiert. In der Innen - und Auße npolit ik wird nach wie vor rednerische Kompetenz verlangt; Diplomatie und Konversation, Huld igung und politische Disputation unter den Herrschaftsträgern bringen eine eigene politi sche Bered samk eit hervor, die in ihren Methoden und Techniken aber ganz von der Tradition abhängig bleibt . Diese politischen Mög lichk eiten bestimmen die Beha ndlu ng der Gattung in den Lehrbüchern, die "Hul digungs- Reichs- Kriegs- Land -Stifts-tags reden" (Fabr icius, Philosophische Oratorie, 474) aufführen oder, wie es Gottsched tut, unter der Rubrik "Hof- und Staatsreden " (Gottsched, Ausführliche Redekunst) dann im wesentlichen Huld igungsreden Revue passieren lassen . Den Grundstock dafür bilde t die Festrede, das einstige genus de monstrativum, das nun gleich sam politi sch aufge laden wird eine Allian z der beiden Redegattungen, die nicht zum letzten Mal in der Geschichte der Beredsamkeit zu beobachten ist, sondern im modernen demokratischen Staat unter ganz ande ren Bedingungen abermals auftreten wird. Man braucht nicht lange zu raten, wo das Mekka der politischen Rhetorik für die europäische Aufklärung lokali siert war: das englische Parlament gilt als der erste und mäch tigste Ort politischer Beredsamkeit in ihrem antik-demo32
•
kratischen Verständnis. Der Einfluß politischer Rhetorik auf sämtliche Bereiche des öffentlichen Lebens und der litera rischen Produktion läßt sich in England noch kaum über sehen. John Locke ( 1 632-1 704), der den Schlüsselbegriff des Konsenses (consent) zur Grundlage seiner politischen Lehre machte, legt nahe, daß auch das politische Denken der Aufklärung sich in weiten Bereichen als Interpretati onsübung an rhetorischen Texten entfaltete: Locke begann seine Laufbahn als Dozent für Rhetorik und Moralphiloso phie am Christ Church College in Oxford. Als das wichtigste Ergebnis der politischen Entwicklung in England hatte man erkannt, daß der Opposition eine selbständige und für das Wohl des Ganzen unverzichtbare Funktion zugebilligt wur de und man ein neues positives Verständnis von Parteilich keit gewann - man geht nicht fehl, wenn man darin einen Einfluß des rhetorischen Parteiverständnisses sieht. Auch die Tatsache, daß die führenden Schriftsteller in jener Blüte zeit der englischen Literatur von Addison bis Swift und von Defoe bis Pope in erster Linie politische Schriftsteller, Verfas ser von Pamphleten, Satiren und Flugschriften waren, hat den gleichen Grund. Noch bis zu Adam Müller ( 1 779-1 829) wird das Lob des britischen Parlaments als "Schule der Bered samkeit" (Müller, Zwölf Reden, 86) ertönen, in der William Pitt ( 1 759-1 806), Charles James Fox ( 1 749-1 806) und Ed mund Burke ( 1 729-1797), die "großen Heerführer der briti schen Beredsamkeit" (ebd. 88), wirkten. Und auch die Ein schätzung der politischen Rede als des höchsten Grades der Beredsamkeit, wie sie etwa der schottische Schriftsteller Hugh Blair ( 1 7 1 8-1 800) in seinen Vorlesungen über Rhetorik und die schöne Literatur vorträgt, ist Ausdruck der historischen Begünstigung der Rhetorik durch die englische Staatsverfas sung. Positiv bestätigt sich hier der Gemeinplatz rhetorischer Geschichtsschreibung von der Zusammengehörigkeit von Beredsamkeit und Republik, den auch Voltaire aufgreift, wenn er ihr Fehlen in der Gegenwart konstatiert: " Diese Beredsamkeit ging ebenso wie die Athens mit der Republik unter" (Voltaire, Eloquence, in: Encyclopedie, Bd. 5, 529), 33
bemerkt er zum Untergang der politischen Beredsamkeit in Rom. Für Frankreich gilt ebenso wie für die anderen Länder des Kontinents, daß es eine politische Beredsamkeit im klassi schen Verständnis nicht besaß, daß diese sich vielmehr in die verschiedenen politischen Schreibweisen der Literatur (Kritik, Satire, Journalismus) zurückgezogen hatte. Der konservative Verdacht auf ein rhetorisches Komplott, das schließlich zur Revolution geführt habe, liegt also gar nicht so fern: "Eine Rotte Afterphilosophen erfindet ein paar Zauberworte, Frei heit und Gleichheit, murmelt sie anfangs ganz leise [ . . ], stellt sich zuletzt auf offene Plätze, und ruft sie so laut aus, daß sie in allen Theilen von Europa widerhallen; und Millionen der Menschen verlieren durch diesen Wörterschwall Leben und Eigenthum", heißt es in einem Wörterbuch der französischen Revolutionssprache (IV) von 1 799. Eine Theorie der politi schen Rede mag man vergeblich unter den Revolutionsführern und großen Rednern von 1 789 suchen, sie ist in Gestalt der Rhetorikrezeption immanent bei allen vorhanden, verrät sich im antiken Sprech-Stil, in Aufbau und Form der Rede. Sogar in Toga-ähnlichen Kleidern vergewissert man sich der Ver wandtschaft mit dem republikanischen Rom. Ihren wichtigsten Ort findet die politische Rede in Deutsch land in der gesellschafts- und hofkritischen Literatur der Aufklärung, in Fürstenspiegeln und Satiren, in den morali schen Wochenschriften und schließlich in der revolutionären Publizistik, die von Frankreich ihren Ausgang nahm, sich über ganz Europa verbreitete und dabei die Rhetorik der Französi schen Revolution (Mirabeaus und Dantons, Robespierres und St. Justs) auf unterschiedliche Weise fortführte, auch ent schärfte. In Deutschland markieren Christoph Martin Wie lands oder Adolf Freiherr von Knigges ( 1 75 1-1796) politische Schriften die eher liberale Position, während Georg Forster oder Johann Benjamin Erhard die jakobinische Seite verkör pern. Eine Zweck- und Tendenzliteratur entsteht, die in Deutschland freilich mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, weil sie der ästhetischen Orientierung der Poe.
,
sie, ihrem Ausweichen vor der politischen Misere in Schön heitskult und Innerlichkeit, vehement widerspricht und zudem die bedeutenden Autoren (oft nach anfänglicher Sympathie) sich von den französischen Zuständen distanzieren. Sammel ort der jakobinischen Bewegung wurde das Rheinland und die Mainzer Republik ihr Gelobtes Land. Hier auch wirkte der bedeutendste revolutionäre Autor, Georg Forster ( 1 7541 794 ), dessen Reden und Schriften einen Höhep·unkt poli tischer Rhetorik im Deutschland des 1 8. Jahrhunderts dar stellen und die wie selbstverständlich aus dem oratori schen Kapital der Vergangenheit höchst aktuelle Funken schlagen. Die Konjunktur der Festrede in ihren mannigfachen Spielar ten folgt aus denselben Bedingungen, die im 1 8 . Jahrhundert die Ausbildung von politischer und juristischer Rede behin derten. Gegenstand dieser Redegattung ist eine Person oder Sache unter der Perspektive von Lob oder Tadel, wobei der Redner durchaus nicht etwa von vornherein mit einem Kon sens rechnen kann, wie vielfach angenommen wird, sondern er eine Übereinstimmung über das Thema, sei es in tadeln dem, sei es in lobendem Sinne, erst herstellen muß. Insofern hat natürlich auch die Lob- und Tadelrede eine über ihren äs thetischen Schaucharakter hinausweisende ideologische und damit vermittelt politische Funktion; sie läßt sich etwa in den Lobreden auf bürgerliche Tugenden und Fertigkeiten sehr ge nau ablesen, die ein beliebter Gegenstand von Musterreden, Schulreden oder häuslichen Ansprachen waren. In den rhetorischen Lehrbüchern des 1 8 . Jahrhunderts wird die Festrede ausführlich beschrieben und auf die verschiede nen Gelegenheiten hin zugeschnitten. " Lob-Reden 1 ) werden auf hohe Personen 2) in einem hohen und scharfsinnigen stilo geschrieben 3) und müssen also auch hohe und auserlesene Sachen vortragen" (Hallbauer, Teutsche Oratorie, 753). So Hallbauer, die antike Tradition bekräftigend, wie das auch die anderen Rhetoriker tun. " Diese Art von Beredsamkeit richtet sich allgemein auf das Lob irgendeines hochgestellten Mannes, welches die alleinige Absicht des Redners sein sollte;
•
34
35
der Name ,demonstrativum' belegt jedoch, daß die wahre Absicht des Redners darin bestand, seine eigene Beredsamkeit zu demonstrieren" (Smith, Lectures on Rhetoric, 128), kon statiert Adam Smith ( 1 723-1 790) in seinen Rhetorikvorle sungen. In Form der Eloge wird diese Lobrhetorik in Frank reich seit dem 1 7. Jahrhundert besonders gepflegt. Bernhard Le Bovier Fantenelle (1 657-1 757) gilt als ihr unangefochtener Meister. Gottsched begründet im entsprechenden Kapitel sei ner Ausführlichen Redekunst den hohen Rang, den er dieser Gattung einräumt: "Zuerst nehme ich die grossen Lobreden vor, die auf grosse Herren, Helden, Staatsbediente, und andre hochverdiente Männer, sowohl bey ihrem Leben, als nach ih rem Tode gehalten zu werden pflegen. Ich setze aber dieselben nicht ihrer Leichtigkeit halber voran: Sondern darum, weil sie dasjenigen sind, worinn ein Redner ein rechtes Meisterstück seiner Kunst ablegen kan." (Gottsched, Ausführliche Rede kunst, 41 6). Die Festrede ist für die meisten Rhetoriker jedenfalls gilt das auf dem Kontinent bis 1 78 9 allgemein zum eigentlichen Paradigma ihrer Kunst geworden, und wenn dieser Wechsel auch gewiß eine Folge der sozialen und politi schen Verhältnisse und lange vorbereitet war, darf man ihn doch nicht nur, was naheliegt, aus der Perspektive der Machtlosigkeit und Handlungshemmung des bürgerlichen In tellektuellen bewerten. Die Lobrede und alle ihre Unterarten (Glückwunsch-, Empfangs- und Willkommensrede� , Vermäh lungs- und Geburtstagsreden, Kondolenz- und Trauerreden, Stand- und Personalreden) eröffneten der Rhetorik im priva ten bürgerlichen Leben ebenso wie bei Staatsakten, in der Li teratur und in der Philosophie ein Betätigungsfeld, wie man es sich umfassender gar nicht vorstellen kann. Zweifellos ist es deshalb auch der Rhetorik zu verdanken, wenn die deutsche Literatur innerhalb nur weniger Jahrzehnte die Höhe errei chen konnte, die Wielands ( 1 733-1 8 1 3 ) Werk früh schon bei spielhaft repräsentiert. Er war es auch, der das Rezept dazu seinen Schülern verraten hat: "Es bleibt daher einem, der ein Redner zu werden verlangte, außer seinem eignen Fleiß, we nig Hülfe übrig. Er muß zuvorderst die Schriften, die uns von 36
•
den alten Rhetoribus übrig geblieben sind, studieren, und sich daraus die Regien der Kunst sammeln." (Wieland, Theorie und Geschichte der Red-Kunst, 3 1 4) Es ist ein Gemeinplatz der Rhetorikgeschichtsschreibung geworden, daß die protestantische Predigt den Geist der Rhe torik trotz mancher Kritik und Animosität über die Zeiten des Verfalls der Beredsamkeit hinweg erhalten habe. Johann Gottfried Herder ( 1 744-1 803), der zwar für die Homiletik, für die Predigtlehre, "eine ganz andre Beredsamkeit" fordert, zugleich aber verlangt, daß diese "ihrem wahren Begriffe nach ihr [der politischen Beredsamkeit der Antike] ganz und gar nicht nachstehe" (Herder, Sollen wir Ciceronen auf der Kanzel haben?, 5 1 3 ), verkörpert das doppelköpfige Wesen der Kannzelberedsamkeit besonders deutlich. Auch Gotthold Ephraim Lessing ( 1 729-1 78 1 ) hat es nicht anders gehalten und die rednerische Kunst einerseits zum bloßen Hilfsmittel erklärt, andererseits den Bildungsauftrag der Predigt, "das Vergnügen an der Erkenntnis der Wahrheit" (Lessing, Briefe, die neueste Litteratur betreffend, 4 79), über alle anderen Zwecke gesetzt - und damit wieder eine genuin rhetorische Maxime bestärkt, ohne sich dessen freilich bewußt zu sein. Die Kenntnis vom Umfang rhetorischer Bildung war selbst bei einem Gelehrten vom Schlage des Wolfenbüttler Bibliothekars auf Schwundstufen zusammengeschrumpft, so daß er sogar den Sophisten, den Redelehrern des antiken Griechenland und Vätern der europäischen Bildungsidee und Pädagogik - eben die pädagogische Absicht bestreitet. Was immer man der Rhetorik nachsagt, auch die Kanzelbe redsamkeit entrinnt ihr an keiner Stelle, und daran änderte sich auch nichts, als sie sich dem rationalen Geist des neuen Jahrhunderts zu fügen beginnt. In Frankreich wird der Jesui tenpater Louis Bourdaloue ( 1 632-1 704 ), der nach 1 670 auch oft vor dem König predigte, zum Vorbild für die großen Pre diger der Aufklärung, für Fenelon oder Jacques Benigne Bossuet ( 1 627-1 704), weil er eben auch die Vernunft zu Wor te kommen ließ und auf die Klarheit der Darstellung ebenso viel Sorgfalt verwandte wie auf seine Argumente. In England 37
war es Gilbert Burnet ( 1 643-1 71 5), der spätere Bischof von Salisbury, der die Rolle des musterhaften Vorbilds aufkläreri scher Kanzelberedsamkeit spielte. Die Rhetoriker integrierten derart zwar auch die Predigt in den allgemeinen Diskurs der Aufklärung, doch sahen sie auch ihre besondere Schwierigkeit im Vergleich zu anderen Redearten. George Campbell poin tiert den Unterschied in seiner Phi�osophie der 'R hetorik : "Anders dagegen ist die Absicht des christlichen Redners. Er zielt nic ht au f den momentanen, sondern den da ue rh aften Ef fekt. Ih n wi rd ke ine un mittelbare und sofortige Zustimmung zufriedenstellen, sondern nur eine vo llständige Veränderung des Gefühls un d· der Ein ste llu ng . " (C am p bell, Philosophy of Rhetoric, 10 8) Di e besondere Be de ut un g, die der Ka nz el als Vermittlungsinstanz rhetorischer Theorie und Praxis zu ko mm t, akzentuiert au ch W iel an d: "D ie christliche Religion hat zu einer neuen Art von Beredsamkeit An laß gege be n, wel ch e die geistliche· Beredsamkeit [ . . . ] genennt wi rd . Die großen Veränderungen, die seit der Zerstörung der alten Re pu bli ke n in Europa vorgegangen, haben de r Beredsamkeit fast keinen andern Ort übrig gelassen, wo sie sic h in ihrer ganzen Stärke de ployieren ka nn , als die Canzel. " (W iel an d, Th eorie und Ge schichte der Red-Kunst, 33 1 ) De ren Bedeutung für die Au f klä rung erschöpft sich ab er nic ht in solcher Statthalterschaft. In einer Zeit, da die Ku lturtechniken im me r noch nu r einem kleinen Kr eis von Ge bil deten un d Gelehrten zugänglich sind und selbst in Fran kreich der Rückgang der An alp ha beten in de m Ja hr hu ndert von 1 68 5 bis 1 78 5 von 79 o/o au f 63 % ge schätzt wird (was hoch gegriffen ist ), war die Predigt für den überwiegenden Teil der Bevölkerung das wichtigste M ed ium fü r die modernen Ideen. Ch ris tia n Go tth ilf Sa lzm an n ( 1 744� 1 8 1 1 ) rü hm t im Vorwort zu seiner Predigtsamm lun g die Ka n zelredner als die einzigen, die de m les eu nk un digen Vo lk in den Angelegenheiten des täglichen Lebens Ra t und Hi lfe gäben. Hallbauer ( 1 692-1750), außerordentlicher Professor der Theologie in Jena und herzoglich sächsischer Kirchenrat, hat te schon 1 723 sein hof!1iletisches Hauptwerk geschrieben
( Nöthiger Unterricht I Zur Klugheit I Erbaulich zu Predigen zu Catechisieren und andere geistliche Reden zu halten. Nebst einer Vorrede von der Homiletischen Pedanterey) und war
·darin gegen homiletische Kollectaneen und pedantisches Nachbeten zu Felde gezogen. In der Teutschen Oratorie faßt er seine Predigttheorie in 41 Maximen zusammen; die wich tigsten: "4) Die Texte sind nicht zu dem Ende verordnet, daß man sie weitläuftig erklären solle, sondern daß man daher Anlaß nehme, eine wichtige Glaubens-Lehre, oder eine nöthi ge Lebens-Pflicht abzuhandeln. 5) Wenn man selbst Texte er wehlet; soll man solche nehmen, die eine Glaubens-Lehre oder Lebens-Pflicht vortragen. Dabey man sich denn zugleic � nach der Beschaffenheit der Zuhörer, der Zeit und übrigen Umständen zu richten hat. 15) Eine Predigt muß man aus eigener Meditation schreiben I nicht aus andern Schriften zusammen stoppeln. 1 8 ) Eine Predigt soll nicht lang, aber durch und durch erbaulich seyn [ . . . ] . 24) In der Erklärung richtet man sich nach dem Begriff des gemeinen Volcks. Criti ca und Philologica gehören hieher nicht. 36) Wer einfältig (erbaulich) predigt, predigt gelehrt; wer gelehrt predigt, predigt einfältig." Der Sonderfall für die Homiletik des 1 8 . Jahrhunderts ist die pietistische Rhetorik, die sich zwar in erklärter Opposition zur überlieferten Theorie und Praxis der Predigt ausbildete, deshalb aber nicht weniger rhetorische Züge aufweist. Zunächst scheinen die Glaubenssätze pietistischer Frömmig keit jeder Rhetorisierung zu widersprechen: die Bezeugung des Glaubens in subjektiver Innerlichkeit, die Kirchenfeind lichkeit oder wenigstens -gleichgültigkeit, die Konzentration auf Seelengem�inschaft und Selbstentäußerung, Hingabe, Ge lassenheit, innere Ruhe, ein auf innerer Übereinstimmung be ruhendes Gemeinschaftsgefühl, das sich gleichwohl in Näch stenliebe und rastloser Tätigkeit verwirklicht. Auch die Selbst aussagen der führenden pietistischen Theologen sprechen für sich. Philipp Jacob Spener ( 1635-1 705 ): "Die Göttlichen warheiten aber sind von solchem liecht und krafft I daß sie auch in ihrer einfalt vorgetragen selbst in die seelen eindrin-
38
•
•
39
•
gen I und ihr e kra fft nicht erst von menschlicher wolredenheit zu entlehnen bedörffen . " Doch die sch ein bar antirhetorische Tendenz erweist sich bei näherem Zusehen als bloße Verlage rung der rhetorischen Wirkungsintentionen. Wenn Spener als seinen Predigtzweck verkündet, dem "affectui ani mi [ . . . ] in sprach un d gebärden alle ma l den zau m zu lassen I und als o zu reden I wie mir s gerade die sm al um s hertz war I oh n ein ige af fectatio n, daß die zuhörer wa rha fftig an mi r den unterschied sehen I wie ma n ein ma l käl ter I ein and erm al erwärmter I ein ma l freudig I ein andermal niedergeschlagener seye I und also im me r von meiner gemüths bewegung I die sich in der rede treulich ausdrückete I urtheilen könten I un d nic ht in gezwun gener gleichartigkeit erkennen mü sten I da ß es ein blo ß studir tes werck seye I welches nachm al weniger afficir t", wenn er als o die Gemütsbewegungen, die der Ausdruck seiner religiö sen Erfahrungen sin d, durch deren wahre Darstellung in den Zu hö rern hervorrufen und derart von Herz . zu Herz wirken wi ll, so beschreibt er nichts anderes als die emotionale Wir ku ngsweise des kla ssischen Redners. Denn die Emotionsdar stellung basiert nach rhetorischer Überzeugung au f den Affek ten, die der Redner wir klic h durch visiones, Phantasiebilder, in sich hervo rgerufen hat. 4. Briefkunst •
Die Briefschreiblehre ist seit der Antike eine rhetorische Kunst, und Korrespondenz bedeutet Dia log , "Gespräch von Freunden in Abwesenheit" (Cicero, Philippica II, 4, 7), wie Cicero sagte. Da ran änderte sich im 1 8. Jah rhu ndert nichts im Gegenteil : die Behinderung öffentlicher Rede begünstigte ihre schriftliche Fo rm . Da s ist zwar nicht der einzige, aber doch der wic htigste politische Grund dafür, daß der Brief zur bevorzugten Au sdr uck s- un d Ko mm un ika tionsform des 1 8 . Jah rhunderts wurde, ob es sic h da bei um den artistisch sim u lierten oder den privaten Brief han del t. Fra nk rei ch lieferte mi t seiner ausgeprägten Konversationskultur besonders günstige Voraussetzungen für die Briefliteratur, deren Rhetorik daher 40
früh schon differenziert ausgebildet wurde. Jean Chapelain ( 1 595-1 674) empfiehlt gegenüber den schmuckreichen und hochstilisierten Briefen der Vergangenheit die einfache und spontane Äußerung, sie sollen ganz natürlich wirken und jede angestrengte Künstlichkeit vermeiden. Seine Berufung auf Ci cero zeigt, wie rhetorisch auch dieses natürliche Briefstil-Ideal ist, changierend zwischen stilus humile und stilus mediocre. Mme de Sevigne ( 1 626-1 696) fordert Klarheit in Gedanken und Ausdruck, die dem Inhalt angemessene sprachliche Form und eine wie spielerisch wirkende Raffinesse. Im Laufe des 1 8 . Jahrhunderts wird sich diese Tendenz zur Natürlichkeit noch verstärken. Der entsprechende Artikel der Encyclopedie konstatiert kurz und bündig: "Unsere modernen Briefe, die sich sehr von denjenigen unterscheiden, von denen wir gerade gesprochen haben, können für ihren einfachen, freien, fami liären, lebhaften & natürlichen Stil gelobt werden." (Diderot, Lettres des modernes, in: Encyclopedie, Bd. 9, 4 1 3 ) Die zunehmende Orientierung der Briefstellerei am natürli chen Sprachgebrauch bedeutet weder bei den französischen epistoliers noch bei den englischen Theoretikern und Schrift stellern wie Blair, Locke, Shaftesbury oder Harris eine Absage an die Rhetorik des Briefs, sondern ihre Anpassung an die neuen Erfordernisse der Zeit. Die Verbreitung dieser neuen Brief-Rhetorik geschieht nicht allein durch Briefsammlungen oder die fiktiven Briefessays, wie sie Locke oder Shaftesbury vorgelegt haben, sondern vor allem auch in den Moralischen Wochenschriften. Der Popularphilosoph Johann Joachim Eschenburg ( 1 743-1 820) hat mit seiner Briefdefinition impli zit auch den Grund für die journalistische Beliebtheit dieser Prosaform angegeben. "Ein Brief ist eigentlich nichts anders, als die schriftliche Rede einer Person an eine andre von ihr abwesende Person gerichtet, und vertritt die Stelle der münd lichen Rede, die man an diese Person richten würde, wenn sie anwesend wäre. Der Briefwechsel ist folglich eine schriftliche Unterredung abwesender Personen." (Eschenburg, Theorie und Literatur der schönen Wissenschaften, 234) Er wird zu einer Unterredung zwischen Schriftsteller und Leser, wenn 41
•
•
diesem die Rolle des Adressaten zufällt, da die Antwortbriefe ausgespart werden. Damit wird der Brief, ehemals Dokument und Zeugnis, zum didaktischen Kunstgriff, in dem die Wirkungsabsicht der aufklärerischen popularphilosophischen Prosa besonders deutlich zum Ausdruck kommt: den Leser in ein erhellendes Gespräch ZLJ. verwickeln, ihn zum aktiven Mitdenken zu bewegen, ihn derart zum "Selbstdenker" zu machen, wie das Sokrates (469-399 v. Chr.), auch darin das große Vorbild, bezweckt hatte. Für Gottsched war die Brief stellerei ein Sonderfall der Rhetorik und benötigte keine ei genen Regeln. Während er noch im Grundriß zu einer Ver nunfftmäßigen Redekunst dem Brief eine besondere Erörte rung widmet, wird er in der Ausführlichen Redekunst nur beiläufig als Exempel zitiert. Im übrigen empfahl er Benja min Neukirchs (1 655-1 729) Anweisung zu Teutschen Briefen ( 1 709), in welcher er schon manche seiner stilistischen Vor stellungen vorweggenommen sah. Wenn also seine rhetori schen Lehrschriften in der Geschichte der Epistolographie auch nur indirekt wirkten, ist ihr Einfluß für eine Neube stimmung des Briefstils entscheidend geworden. Vernünftige, regelmäßige Schreibart, Abstimmung der Stilhöhe auf den ständischen Rang des Adressaten, zwanglose Natürlichkeit, Deutlichkeit, Lebhaftigkeit, das sind die Forderungen, mit de nen die späteren Briefsteller - allen voran Christian Fürchte gott Geliert (1 715-1 769) - die Kultivierung des brieflichen Ausdrucks im 1 8 . Jahrhundert vollendeten: " Ich will einmal setzen, ein guter Brief muß natürlich, deutlich, lebhaft, und nach der Absicht der Sache überzeugend geschrieben sein. Wird nun wohl ein Insinuationsbrief eine andre Regel, als ein galanter, ein Freundschaftsbrief eine andere als ein vertrautes und geschäftliches Schreiben erfordern? [ . . . ] Wer gut schrei ben will, der muß gut von einer Sache denken können. Wer seine Gedanken gut ausdrücken will, muß die Sprache in der Gewalt haben. Das Denken lehren uns alle Briefsteller nicht. Eine geübte Vernunft, eine lebhafte Vorstellungskraft, eine Kenntnis der Dinge, wovon man reden will, richten hier das meiste aus." ( Gellert, Gedanken von einem guten deutschen
I
I
42 I
1 32f. ) Mehr als auf die Theorie, auf feste Regeln und Muster setzt Geliert auf Nachahmung ( imitatio) und prakti sche Übung. Die Analyse von guten und schlechten Beispielen (wie er sie in seiner Praktischen Abhandlung von dem guten Geschmacke in Briefen - 1 75 1 - vorexerziert) und die bewuß te Nachahmung der großen Vorbilder (er nennt etwa Cicero, Plinius, Seneca), das sind die best�n Wege zu guten Briefen. Oberste Maxime freilich: Der Brief vertritt "die Stelle einer mündlichen Rede, und deswegen muß er sich der Art zu den ken, die in Gesprächen herrscht, mehr nähern, als einer sorg fältigen und geputzten Schreibart. " (ebd. 1 37) So weit wie Geliert in der Forderung nach einem natürlichen, doch weite rer Regeln nicht bedürftigen Briefstil mochte kaum einer der späteren Theoretiker gehen, die Bedürfnisse des Alltags und die überlieferten Briefkonventionen erwiesen sich insgesamt als stärker. Auch in den Rhetorik-Lehrbüchern findet man später meist wieder differenziert entfaltete Briefstil-Lehren. Der Brief wurde (und darin liegt besonders Gellerts großes Verdienst) zum Medium des Individualstils und entfaltete vor allem in der Empfindsamkeit (nach Richardsons und Rous seaus Beispiel) seine ganze literarische Wirksamkeit.
Briefe,
5 . Rhetorik und Poetik
die , te ich ch es rg tu ra te Li r de n ile rte ru Vo en kig äc rtn ha n Zu de hlt zä , en rd wu ht eic er rg ite we n tio ra ne Ge zu n tio ra ne von Ge ra ge e ier fe ts er nd hu hr Ja 8. 1 s de e hr ille St e di , di e Au ffassung die int he sc er el sib au Pl ik. or et Rh r de n vo d dezu ihren Abschie in h lic ht sic fen of nz ga tik ilis St d un ik et Po h sic il we e, es se Th n te ch su ge n, he eic rtr wo , len ol kv uc hm sc r de zu on Oppositi ge an rg ve r de ise we eib hr Sc d un de n Re he isc et th und au ch pa il St le ta en m na or r de d un n be ha elt ick tw en er eit w he oc Ep ne n o Ep r de en ift hr Sc en ch gis olo et po n de in ts er nd hu hr 7. Ja 1 des e. rd wu t ier fiz ali qu " ch ris to he "r als nd ha er rz ku t of r che selbe ier rm fo in d un m re ue na ge ch na i be da h sic es Doch ha nd elt e di r de el, nd wa ur kt ru St en ein um h lic ig led n he se Zu tem s Da e. llt ste e ag Fr in s eg sw ine ke ik or et Rh r de eit igk nd Zustä 43
Gegenteil ist richtig. Zunächst muß man nämlich wissen, daß das jetzt bevorzugte Stilideal der mittleren, natürlichen Rede weise direkt rhetorischen Ursprungs ist. Wieder war es ein Franzose, Charles Rollin ( 1 661-174 1 ), der die Mittler-Rolle für die gesamte Aufklärungsstilistik spielte: seine Empfehlung des mittleren Stils (genre tempere), der auch in Deutschland alle Autoren von Gottsched bis Adelung und von Hallbauer bis Geliert mitunter geradezu enthusiastisch folgten, verdankt sich seiner Lektüre der römischen Rhetorik-Lehrbücher, ins besondere der Institutio oratoria Quintilians, aus der er die Regeln für eine verständige Deutlichkeit, sparsamen Schmuck und natürlichen Ausdruck übernahm. Diese stilistische Über einkunft ist allgemein und grenzüberschreitend, sie zeigt, daß das Bemühen um eine muttersprachliche Rhetorik zwar auf die Entwicklung und Verfeinerung der jeweiligen National sprache und die sprachliche Einbürgerung der rhetorischen Terminologie von großem Einfluß war, daß aber die Prinzipi en selber nicht oder nur unwesentlich davon berührt wurden. In Deutschland sind es Gottsched und seine Schüler, die dieses Stilideal wirkungsmächtig kodifizieren, womit die von Tho masius bis Peucer und Hallbauer entwickelte Tendenz zum allgemeinen Schulfall wird. Die gute Schreibart "muß 1 ) deutlich, 2) artig, 3 ) ungezwungen, 4) vernünftig, 5) natürlich, 6) edel, 7) wohlgefaßt, 8) ausführlich, 9) wohlverknüpft und 10) wohlabgetheilet seyn." (Gottsched, Ausführliche Rede kunst, 326) Diesem Stilideal entsprechend wird der Rede schmuck (ornatus) auf einen moderaten Gebrauch zurückge führt. "Insonderheit ist es nöthig, daß man mit denen tropis und figuren, vernünftig umzugehen wisse, und selbige nicht ungeschickt austheile." (Fabricius, Philosophische Oratorie, 233) Friedrich Andreas Hallbauer geht dann sogar soweit, die Figurenlehre für überflüssig zu erklären, weil der Schmuck als natürliche Folge aus den Affekten selber hervorgehe. Trotz der Schwulstkritik und des Stilideals einer verständlichen und klaren, zwar lebhaften, doch nur mäßig geschmückten Aus drucksweise, die alle Extreme meidet und mit dem antiken mittleren Stil (stilus mediocris ) so ziemlich zusammenfällt, 44
verschwindet aber die alte Dreistillehre nicht, die einen niedrigen, einfachen, an der Alltagsrede orientierten, un� schmückten Stil .für profane Gegenstände und die Lehrabsicht vorgesehen, einen mittleren, mäßig geschmückten Stil für - 8 �'1d!( Themen von mittlerer Bedeutung und zum Unterhaltungs.r zweck bestimmt und schließ lich einen hohen , mit Tropen und h L V� t
�
45
•
'
I
•
will. "Wie nun die gebundene Schreibart eher, als die unge bundene ins Geschick gebracht worden: also können wir auch . den Wohlklang der Poesie nicht von dem Wohlklange der Redner herleiten. " ( Gottsched, Critische Dichtkunst, 3 78) Solche Autonomietendenzen, die der traditionellen Bestim mung der Poesie als gebundener Rede widersprechen, ändern freilich nichts am rhetorischen Charakter der Poetik und des Dichters (poeta rhetor) . Daß Gottsched seiner Critischen Dichtkunst Text und Übersetzung von Horaz' (65-8 v. Chr.) De arte poetica voranstellt, ist programmatisch zu verstehen, und bis zum Ende des Jahrhunderts bleibt die Dominanz der Rhetorik auf poetologischem Gebiet erhalten. Das gilt auch für den vorromantischen Irrationalismus, also alle jene Gei stes- und Kulturtendenzen, die auf den Grundpfeilern der an tiken Rhetorik, Ethos und Pathos, fußen, für deren Entwick lung also besonders die rhetorische Affektenlehre bedeutsam wurde und die in Pseudolongins rhetorischer Lehrschrift Vom Erhabenen ihre wichtigste Berufungsinstanz gefunden haben. Von hier zweigt die ganze Diskussion über das Schöne und Erhabene, über Anmut und Würde und über die sympatheti sche Wirkung der Gefühlsrede ebenso ab wie etwa die Leideu schaftsästhetik von John Dennis ( 1 657-1734) oder die Beto nung des Wunderbaren, Phantasievollen und Neuen in der Poesie, durch welche die Schweizer Bodmer und Breitinger Empfindsamkeit und Geniebewegung vorbereiteten. Der Dichtungsbegriff selber folgt rhetorischem Verständnis, wenn er, wie etwa bei Gottsched, mit der beispielhaften Veran schaulichung einer moralischen Idee die docere-Funktion der poetischen persuasio weiterführt oder wie bei Ludovico An tonio Muratori ( 1 672-1 750) oder den Schweizern Bodmer und Breitinger im Anschluß an die movere-Funktion die rhe torisch-psychologische Wirkung von Dichtung auf den Ge fühlsbereich hervorhebt. Beherrschend bleibt in der Poetik auch nach 1 750 die rhe torische Kategorie des Wirkungszwecks, ob er nun mehr mit einer moralpädagogischen Zielsetzung oder mit emotionaler Rührung erreicht werden soll. 46
Der Ro ma n, der erst zögernd als neue, gleich berechtigte en mm no fge au k eti Po r de m ste Sy elle ion dit tra s da in ng ttu Ga wird, untersteht zunächst als Form der ungebundenen Rede besonders augenfäll ig rhetorischem Ein flu ß. Lo uis de Jau cou rt ( 1704- 1779) erk lär t den Erfolg der Ro ma ne einerseits mi t t mi ren de an zum d un , ern ild sch sie die n, fte ha nsc ide Le den der Em oti on , die sie hervorrufen. Von Pierre Da nie l Huets ( 163 0- 1 72 1 ) Tra ktat über den Ursprung des Romans ( 168 2) 6) 79 1 474 1 ( rgs bu en nk Bla n vo h r:ic ed Fri n tia ris Ch zu bis Versuch über den Ro ma n ( 1 774) un d da rüb er hin au s wird diese Prosaform als mittelständisch-b ürgerliche Epopöe ver standen, die durch Vergnügen ihre Leser unterrichten sol l, hen isc tor rhe dem , ch au en ng ttu Ga ren de an die e wi , sie t mi wo docere un d delectare verpflichtet wird . 6. Die Rhetorik und die Künste \
Seit Aristoteles ist der Einfluß der Rhetorik au f die Kunst theorie und die ph ilo sop hische Reflexion des Schönen von Anfang an au fkl ärender Art, das Ku nstwerk Produkt eines Ar ein ler nst Kü der es, ess roz gsp un ell rst He ren ba faß al ration tist, der seine Produktion bewußt und theoriegeleitet ins Werk setzt un d da mi t eine ganz bestimmte W irk ungsintention ver ch na a hem ssc ng rku Wi hen isc tor rhe zum g alo an die , det bin dem Muster vo n Belehren, Unterhalten un d Bewegen be schrieben wi rd. Die üb lich e Personalu nio n von Dichter und Lehrer der Beredsamkeit, Verfasser von Dr am en und Verfas sie n ma e wi en, rift Sch hen isc tor rhe d un hen tisc ore the n vo ser be i Diderot oder Voltaire, Gottsched oder Lessing, Dryden, Pope oder Muratori findet, verweist au f eine Kunsttheorie, die im Wandel des Arbeitsbegriffs da s bürgerliche Em an zip ati onsstreben reflektiert un d derzufolge au ch Ku nst keine ex klu sive un d göttlicher Ins pir ati on zu dankende Tätigkeit da r stellt, sondern ler nb ar ist un d der Dichter zugleich als gelehrter Ma nn au ftritt: Ku nst ist da s Können von Ku nst . tik the Äs r de g un nd grü Be ns rte ga um Ba ch au rt de än Da ran (die Aesthetica erschien 1 750/5 8 in zwei Bä nd en ) nic hts , de47
ren überwiegende Abhängigkeit von der rhetorischen Traditi on sich inzwischen erwiesen hat. Doch betreten wir an dieser Stelle immer noch Neuland, denn der Einfluß der Rhetorik auf die Theorie der speziellen Künste ist erst in wenigen An sätzen erforscht. Der Bann, den die idealistische Ästhetik des 1 9. Jahrhunderts über die Rhetorik verhängt hat, wirkt sich bis heute aus und hat dazu geführt, daß fast. die gesamte For schungsliteratur über die neuzeitliche Kunst-, Architektur und Musiktheorie von falschen Voraussetzungen ausgeht und nur eingeschränkt brauchbar ist. Das verwundert um so mehr, als die Zuständigkeit der Rhetorik als der für alle Künste grundlegenden Produktionstheorie, die damit auch für die Auslegung der Werke unverzichtbare Voraussetzung ist, in allen kunsttheoretischen Schriften spätestens seit Aristoteles ausdrücklich wird. Das gilt für die ästhetischen Prinzipien ebenso wie für die Systematiken und die Terminologien. Auch die Platonische Philosophie hat diese Vormachtstellung nicht ernsthaft gefährden können. Im Gegenteil hat man zeigen können, wie der auch von Platon (427-347 v. Chr.) verwende te Begriff der Nachahmung, "Mimesis", gerade in seiner Viel deutigkeit die Unterschiede zwischen den Kunstgattungen Malerei und Dichtung einebnete. Aristoteles wird in seiner Poetik gleichfalls Mimesis als grundlegendes gattungsüber greifendes künstlerisches Prinzip bezeichnen, in dem Epos, Tragödie, Komödie und Dithyrambendichtung ebenso wie Flöten- und Zitherspiel, die Tanzkunst oder die kunstgemäße "Übung in Farben und Formen" (die Malerei also) zusam menkommen. (Aristoteles, Poetik, 1 , 144 7a14) Als unter scheidende Merkmale gelten ihm die Darstellungsmittel: Sprache, Rhythmus, Melodie, Form und Farbe, doch sind sie gegenüber der auf dem Nachahmungsbegriff basierenden Grundkonzeption nicht von wirklich wesentlicher Bedeutung. Nun gehört zwar die Rhetorik nicht zu den mimetischen Kün sten, auch wenn sie mimetische Techniken als Instrumente benutzt und in der Festrede der mimetischen Absicht der Dichtung nahekommt, doch schon Horaz hat dieses bereits ursprünglich so unsichere Unterscheidungsmerkmal durch
•
I ,
Ein füh ru ng eines rhetorischen Na ch ah mu ngsbegriffs weiter ch Na als h, ac eif zw ihm n vo rd wi tio ita Im rt. sie ali utr ne hin l" de an W en ich ttl "si im s ild rb Vo en dig en leb es ein ah mu ng (Horaz, A rs poetica, 3 17 ) un d als Na ch ah mu ng literarischer Muster, aufgefaßt. r: wi so ne sei ch au en mm sti be en eit hk lic ög M n ide be Diese kungsmächtig gewordene Fo rm el für die grundsätzliche Ver s" esi po a tur pic t "u : rei ale M d un g tun ch Di n vo it rke ba ein ng eru uli rm Fo e Di ht. dic Ge s da sei d Bil ein e wi ), 1 (eb d. 36 vermochte sich theoretisch zu verselbständigen, we il sie au f eine ältere Idee au fgetragen erschien, deren erste Fa ssu ng Si e: rd wu n be rie sch ge zu r.) Ch v. 68 6-4 (55 os Ke n vo es monid e ein d Bil s da d un d Bil es nd he rec sp ein g tun ch Di da ß nä ml ich schweigende Di ch tun g sei . Di e Idee entwickelte ein mä ch tiges alt elf svi ng utu de Be r ne sei in e rd wu d Bil s da d un , en leb en Eig te. ns Kü r de g tun ch tra Be e ch itli he ein die für t nk pu itt zu m Sc hn Wobei sich drei Hauptperspektiven in den rhetorischen un d poetischen Lehrwerken unterscheiden las sen . i be wo d, bil Ab ne be rie sch be s da er od lte ma ge s da Ersteq.s beide sich wi e po ietische und rhetorische mimesis zueinander Bil n de e wi ht ste ) sis ra ph (ek g un eib hr esc db Bil r De . en alt ve rh se Ar ein ng llu ste or gsv lun nd Ha r de i be r be sel r ale M dern der na l fester Formen der M im ik, Gestik, Körperhaltung und Ra um mo de liie ru ng zu r Verfügung, die für die rhetorische er üb g un ild sb au ler pie us ha Sc r de s au er od elt ick tw en Aktion no mm en wu rd en . Da mi t avancierte die körperliche Bered Re n vo ed gli de Bin n ige äll nf ge au ers nd so be em ein zu eit mk sa n de f au on kti oje Pr die s da t, ns ku en hn Bü d un ldde-, Bi gesel lsc ha ftlichen Umgang noch verstärkte. Die zweite Perspektive öffnet den Blick auf den psycholo gischen Begriff einer in Bildern denkenden Seele, die auf Ari stoteles zurückgeht und der rhetorischen Lehre von der Ima gination und Einbildungskraft zugrunde liegt. In Bildern (imagines) nämlich, so Quintilian, vergegenwärtigen wir uns Abwesendes und Vergangenes, und die bildliehe Vergegendte fur hl wo so en 1el sp r de Btl ve at1 or em M t. ing br rvo he gen
•
48
49
emotionale Wirkung der Rede selbst wie auch im vierten Pro duktio nsstad ium der Rede, in dem es um das Einprägen des Redeablaufs geht, eine dominierende Rolle. Die dritte Weise der Verschränkung von Bild und Poesie bezieht sich auf das stilistische Verfahren, das Phantasiebilder (phantasiai oder visiones) hervorruft und in der rhetorischen Figurenlehre systematisiert wurde. Das rhetorische Verständ nis der Figuren als Sprache der Gefühle, wobei die Tropen in hervorgehobener Weise als affekterzeugende Bildfiguren (die man im Mittelalter synkretistisch "colores rhetorici" nannte) verstanden wurden, reicht bis zur Aufklärung. Die Figuren lehre ist auch ein besonders ausgezeichnetes Bindeglied zwi schen sprachlicher, musikalischer und bildlicher Rede: unter dem Begriff der figura musica betrachtet man Tropen und Fi guren ganz analog zur rhetorischen elocutio, Bild (Sinnbild), Metapher, Allegorie und Symbol fungieren auch als maleri sche Tropen. Die Verpflichtung des rhetorischen Kunstwerks auf die per suasio und des poietischen Kunstwerks auf die Mimesis wirkt nur auf den ersten Blick als schroffe Distanzierung und hat die Herausbildung auf einen gemeinsamen Zweckbegriff nicht verhindert. Schon der Aristotelische Nachahmungsbegriff ist ja nicht auf die bestehende Wirklichkeit fixiert, sondern zielt vielmehr auf die Nachahmung einer möglichen Wirklichkeit, gestattet also die Abweichung zum Besseren oder Schlechteren hin - je nach der Absicht des Dichters, entweder ein ideales Vorbild oder ein abschreckendes Negativbild zu zeichnen. Damit ist die Ansatzstelle zu einer rhetorischen Wirkungsäs thetik gegeben, die - basierend auf der Trias von Sache (pragma), Charakter (ethos) und Leidenschaften (pathos) bzw. Belehren (docere), Unterhalten (delectare) und Bewegen (movere) - die Künste in Europa bis in die Neuzeit hinein be herrscht. Wirkungssteigerung und Persuasion bestimmen die Absicht der Festzüge der Renaissance, der Triumphzüge des Barock, der höfischen "Intermedien" und der Oper, in der sich Gefühls- und Bildüberschwang der Texte mit musikali scher Gefühlsstimulierung wechselseitig steigerten. Nicht an50
ders die Raumkünste, die Werke der Architektur, Malerei und Plastik, die in Kirchenbauten, in Schloß- und Parkanlagen, aber auch in ganzen Stadtentwürfen auf eine ästhetische Ge samtwirkung hin realisiert wurden und auf repräsentative To angelegt sind. Buchmalerei, Literaturillustratiotalwirkung . nen, Figurengedichte belegen den engen Zusammenhang von Literatur und Malerei. Wie sehr es auch in diesen Fällen nicht allein auf didaktische Ziele, sondern auf affektsteigernde Wirkung abgesehen war, belegt die Historienmalerei mit ihrem Pathos. Das Band einer einheitlichen rhetorischen Pro duktionstheorie war den Werken immer schon immanent, brauchte anhand ihrer ebensowenig thematisiert zu werden wie bei der theoretischen Reflexion, die uns in den Lehrbü chern bis zum 18. Jahrhundert überliefert ist. Auch in der Aufklärung findet die Reflexion über die Vor aussetzungen und den praktischen Vollzug der Künste zu nächst noch in dem traditionellen Rah men rhetorischer Theoriebildung statt, also entweder in den Rhetoriklehrbü chern oder in. speziellen Abh andl ungen, die oft von denselben Verfassern stammen oder sich jedenfal ls selbstverstän dlich in die rhetorische Tradition stellen. Leon Battista Alberti ( 1 4041472 ) und Andrea Palla dio ( 1 508- 1580 ) bleib en die Autori täten der Architekturtheorie, Perrault übersetzt und kommen tiert das klassische Werk Vitruvs aus dem 1 . Jahrhundert v. Chr . (Die zehn Bücher über die Architektur von Vitruv, ·
korrigiert und neu ins Französische übersetzt, mit den Anmer kungen und Figu ren, 1 673 ) und bestimmt dam it den Dis
kussionsrahmen in Euro pa. Die Malerei-Theorie entwickelt sich in dem Span nungsfeld, das die Horazische ut-pictura poesis-formel eröffnet, mac ht sich die eloquentia corporis, die Körperberedsamkeit, zunutze, und Roger de Piles ( 1 6351 709 ) bringt unter dem Einf luß Pseudolongins das akad emi sche Lehrgebäude ins Wan ken. Nich t anders die Erneuerung der mus ikalischen Rhetorik; sie geschieht direkt unter Gott sehecis Ägide, dessen Lehrbücher Leopold Mozarts ( 1 7 1 91787) ründliche Via/inschule ebenso beeinflußt hab en wie die fü die Mus iktheorie des 1 8 . Jahr hunderts grundlegenden 51
·
'
Werke von Johann Mattheson (1661-1764) und Johann Adolf Scheibe ( 1 708-1 776), der in Leipzig bei Gottsched stu diert hatte. Konsequenterweise bestimmt auch die rhetorische Begriff lichkeit die Terminologie der speziellen Kunsttheorien. Die Bezeichnungen für die bildende Kunst als "redende Malerei" (De Piles, Cours de peinture par principes, 427), dem antiken Verständnis folgend: "man nennt allgemein die Malerei eine stumme Poesie und die Poesie eine redende Malerei" (de Pi les); für die Architektur als "redende Architektur"; für die Musik als "Klang-Rede" (Mattheson, Capellmeister, 1 80), pointieren die Perspektive einer grundsätzlichen Verwandt schaft der Künste in ihrem rhetorischen Charakter. Der ge meinsame rhetorische Nenner gestattet es auch, Verbindungs linien untereinander zu ziehen, also etwa, wie Charles-Etienne Briseux ( 1 660-1 754) es tut, zwischen Architektur und Musik. Gabriel Germain Boffrand ( 1667-1754) gründet sogar das ganze System seiner Architekturtheorie auf die Ars poetica des Horaz ( Grundsätze gezogen aus der Poetik des Horaz), um das Gebäude als Ausdrucksträger unter dem Aspekt ihrer Wirkung beschreiben zu können. Auch die Erneuerung des Ideals des gelehrten Künstlers (pictor doctus ) , das seit Alberti die �unsttheorie bestimmt, wird mit neuem Leben erfüllt. Auf allegorischen Darstellungen erscheint der Maler in Gesell schaft Minervas (Weisheit) und Merkurs (Beredsamkeit). Aus der Wechselbeziehung zwischen Text und Bild entwik kelt sich die Illustrationskunst zu einer neuen Höhe. Die Kup ferstichromane von William Hogarth ( 1697-1 764 ) (Der Weg der Buhlerin, Der Weg des Liederlichen), die Bildergeschich ten Rodolphe Toepffers ( 1799-1 846) (Le docteur Festus, Hi stoire de M. Crepin) oder Daniel Nikolaus Chodowieckis ( 1726-1801) Monatskupfer sind erfolgreiche Zeugnisse . künstlerischer Grenzüberschreitung. Die wortlosen Mittel der Rhetorik, Körperhaltung, Gebärden, Mimik, die dem Bereich der actio zugehören, werden für die Bilderzählung reklamiert und garantieren über die derart rhetorisch geprägte Affekt darstellung auch die emotionale Wirkung der Kunst. Matthe52
son überträgt- in seinem Vollkommenen Capellmeister ( 1 739) sowohl die rednerischen Produktionsstadien von der inventio bis zur actio als auch die Redeteile vom exordium über nar ratio, propositio, confutatio, conformatio bis zur peroratio auf die Musik. Auch Johann Nikolaus Forkel ( 1749-18 1 8 ) gliedert seine Musiktheorie (Einleitungsschrift zu musikali
s �hen Vorlesungen - Über die Theorie der Musik, insofern sie Liebhabern und Kennern notwendig und nützlich ist, 1 777) in
fünf Teile: 1. Musikalische Prosodie, 2. Musikalische Schreib arten, 3. die verschiedenen Musikgattungen, 4. die Einord nung musikalischer Gedanken, nebst der Lehre von den Figu ren, 5. Vortrag oder Deklamation der Tonstücke. Gemeinsam ist allen Reflexionen über Wesen und Funktion der Künste der Ausgang von der Wirkungskategorie und die Ausrichtung nach dem rhetorischen Wirkungsschema von Nutzen und Vergnügen, wobei sich freilich die Gewichte verschieben kön nen. Die Musiktheorie betont vor allem die Affektwirkung, und Mattheson fordert, daß "wir uns bey einer ieden Melodie eine Gemüths=Bewegung [ . . . ] zum Haupt=Zweck setzen müs sen" (Mattheson, Capellmeister, 1 45). Philipp Emmanuel Bach ( 1 7 14-1 788) ergänzt im Sinne Matthesons und rhetori scher Tradition folgend: " Indem ein Musickus nicht anders rühren kan, er sey dann selbst gerührt; so muß er nothwendig sich selbst in alle Affecten setzen können, welche er bei seinen Zuhörern erregen will" (Bach, Wahre Art das Clavier zu spielen, 1 . Teil, 1 22). Auch die Malerei wird derart vor allem auf die emotionale ,·W irkung festgelegt, die Theoretiker wid men daher der Affektdarstellung durch Mimik und Gebärden erhöhte Aufmerksamkeit. In der Architekturtheorie liegen die Verhältnisse anders. Die Trias von Dauerhaftigkeit, Brauchbarkeit und Zierlichkeit bzw. Schönheit strukturiert alle Überlegungen über den Wir kungsbezug der Architektur in der Aufklärung. Ma n konnte sich dabei auf Pall adio oder Vitruv berufen, und die Fixierung der Architektur auf den Nutzen hat denn auch Theoretiker wie Ab e Batteux ( 1 71 3-1 778 ) die Bau kun st mit der Rheto rik zus mmen in eine Kun st-K lasse einordnen lassen. Betrach53
•
tet man die Entwicklung der Architektur unter der Perspekti ve ihrer Wirkungsintention in der Aufklärung, so erkennt man eine Verschiebung in dem Wechselverhältnis von Funk tionalität und Ausdruckswert. Perrault läßt die Schönheit des Baus noch von s�iner Zweckbestimmung abhängen (und er regt damit den Widerspruch der klassizistischen Akademiker), doch Etienne Louis Boullee ( 1 728-1 799) wird die Bauformen dann "ausschließlich nach dem Gesichtspunkt [beurteilen], welche Gefühle sie in dem Menschen auszulösen vermögen" (Hernandez, Ideengeschichte der französischen Architektur theorie, 57), und Franz Ludwig von Cancrin ( 1 738-1 8 12) wird gegen Ende des Jahrhunderts einerseits die "Überein stimmung der Zierlichkeit mit der Schönheit der Gebäude" fordern und andererseits sein Augenmerk den "Bauzierra then" widmen, "womit man die Gebäude verziert" ( Cancrin, Grundlehren der bürgerlichen Baukunst, 296 ). Derart rückt jener Teil der elocutio in den Mittelpunkt des Interesses, der für den Schmuck der Rede ( ornatus) verantwortlich ist und die Tropen und Figuren behandelt. Es sind dieselben rhetori schen Kategorien, nach denen die Architekturtheorie die Ge bäudeverzierung ausgerichtet sehen will. Sie soll "nach denen Regeln des Wohlstandes, der Schönheit, der Symmetriae, Dis position, Ordonnance, Proportion, Gusto, Kunst und inventi on des Architecti sich richten" ( Schübler, Civilbaukunst, V). Doch auch der Bau selber hat schmückende Funktion. Boullee benutzt Pyramiden, Kegel und Kugel als sinnbildliche Formen, er spricht vom Pathosgehalt, vom Eindruck der Unendlich keit, und die Kugel ist ihm der Inbegriff des Idealbaus, weil sie Vollkommenheit suggeriert, die auf den Menschen eine unbegrenzte Macht ausübt. Die Musiktheorie vollends hat die gesamte Figurenlehre der Rhetorik beerbt und sie unter dem Begriff figura musica ganz analog zu den rhetorischen Figuren betrachtet. Das gilt auch für die praktischen Musikwerke des 1 8. Jahrhunderts, und von Bach bis Haydn und Mozart zeigen auch die großen Komponisten eine umfangreiche Figurenkenntnis. Johann Da vid Heinichens ( 1 683-1 729) Generalbaßschule arbeitet ganz 54
e th at M d n u , o ti a rd ta re ie w selbstverstän d li ch m it Begriffen so is D en d ey b ch u ra eb G ] san betont z . B . den " fi g ü rl ic h e [n e d n re lie u g re e in E ). 1 3 3 , er st ei lm el n an tz ie n " ( Mattheson, Cap ek it h rc a er d o en ch is er n d il b , F u n k ti o n für den m usi k a li sc h en e h sc ri o et rh ie d , m ru o ec /d m tonischen ornatus sp ie lt d a s ap tu 5 1 6 1 ( n li te es T is u o L b O t. ei h Kategorie der Angemesse n so es d il B es n ei le ei T e ll a ß a d t, 1 6 5 5 ) v o m K ü n st le r verlang e n se es em g an d n u re ah w e n ei zusammenstimmen m ü ss en , d a ß i h rc A er d er d o e, m m o k e d an st zu Vorstel lu n g im Betrachter e g n (A ce n a en v n co er d ch a n rf tekt sc h o n b ei se in em E n tw u u a B es d g n u ll te S e ch li ft a ch messenheit, z . B . a n d ie gesells eh k se ei W en er d an er d o n ei er d in h er rn ) si ch zu richten h a t: n A en er ß u ä d n u en er n in er d ren d ie rhetorischen Tugenden . er d ie w en ri eo th st n u K en ll a gemessenheit in
I '
•
II. Rhetorik im 1 9 . Jahrhundert
1 . Verfall der Beredsamkeit
" K önnen w ir Deutsche v o n Beredsamkeit sprechen, nachdem lä ngst a ller höhere Verkehr bei uns st u m m und schriftlich oder in ei n er a u swärtigen Sprache getrieben wird ? - Wen n d ie gesamten Staatsgesch ä fte ei n er Nation m it der Feder abge m a ch t werden; w en n a lle größeren Geister, welche si ch in ih r regen u n d sie ergreifen oder hoch berühren wo ll en , statt der Rednerbühne ei n en Schreibtisch bereitet finden; wenn d ie h ei li gsten u n d erhabensten Ideen n ie m a ls m it der Gewalt, welche d ie N a tu r in d ie Brust des Menschen u n d in seine S ti m m e leg te, u n m itte lb a r a n das Herz der Nation schlagen können; en d li ch , wenn in der höheren G es el ls ch a ft, wenn d a , wo si ch a ll e besonderen Sitten d er N a ti o n in ei n e einzige S itte v er ei n i gen, wo si ch a u s unzä h ligen Besch rä n k u ngen u n d Rücksichten n u n d ie eigentüm lich e, vaterländische Grazie des Lebens, des Umgangs und der Mitteilung ergeben so ll ; wenn in der G es el l sc h a ft, da - wo n u n en d li ch a lles Vorlaute zu r R u h e gebracht ist, wo n ie m a n d reden darf, der n ic h t zu hören versteht, wo a ls o S ch ic k li ch k ei t u n d Anstand n u n en d li ch eine w a h re S ch u le der B er ed sa m k ei t eröffnet hätten - wenn d a d ie S p ra ch e des Landes verdrängt is t v o n einer fremden, wo so ll en d ie Redner h er k o m m en ?" (M ü ll e r, Z w ö lf Reden, 5 f. ) Gleich in der e in leitenden Vorlesung seiner Z w ö lf R eden ü b er die Beredsa m k ei t und deren Verfall in D eu tschland, d ie A d a m M ü ll er ( 1 77 9 - 1 8 2 9 ) a m 15 . M a i 1 8 12 im Wiener k . k . Redoutensaal h ie lt , beginnt d ie pessimistische D ia g t:J. o se . D er romantische P h il oso p h , e in Freund H e in ri c h v o n K le ists ( 1 777- 1 8 1 1 ) u n d F ri ed ri ch Gentz' ( 1 7 64- 1 8 3 2 ), e in Partei m a n n Mette rn ic h s u n d sc h il lernder Charakter, w a r selber e in h i nreißender Redner. W ie sehr ih m d ie Rhetorik a m Herzen li egt, wird a u s jed em Satz sp ü rb a r u n d verleitet ih n sogar d a zu , d a s demokratische E n g la n d ganz en tgegen seinen eigenen p o li ti sc h en G es in n u n gen a ls rhetorisches V o rb il d zu preisen ganz im S in n e des alten, schon a n ti k e n G em ei n p latzes v o n der '
56
Zusammengehörigkeit von Rhetorik und Republik. Die kriti sche Bestandsaufnahme der deutschen Verhältnisse macht auch vor keiner Autorität halt. Leblos und stumm sei die deutsche Literatur, konstatiert er, die wissenschaftliche wie die schöne Literatur gleichermaßen (nur eine Ausnahme läßt er zu: Friedrich Schiller), dann spricht er von der Dominanz der Innerlichkeit in der Philosophie, vom fehlenden Publikum, der eingeschränkten Öffentlichkeit, der unzu�eich �nden � schmacksausbildung, der Staatsverfassung, d1e ke1ne pohtl sche Debatte, keine parlamentarische Entscheidungsfindung zulasse. In den meisten Fällen greift Müller auf Argumente zurück die in der Rhetorikgeschichte wohlbekannt und durch die Ja hrhunderte gewandert sind. Wenn Platon, später Quin tilian oder Tacitus (etwa 5 5-1 1 6/20 n. Chr.) den Niedergang der Rhetorik beklagten, klingen sie kaum anders, und auch die positive Gegenthese, die Begründung einer neuen Rheto rik vereint diese Reformer über die Epochen hinweg. Ganz aus der Ideologie seiner romantischen Zeitgenossen heraus, die sich durch die Rückkehr in den Schoß der (katholischen) Kirche zu salvieren suchten, empfiehlt Adam Müller als Anti dot gegen den Verfall der Beredsamkeit ihre Allianz mit de� Glauben: · er selber war schließlich schon 1 805 zum Kathoh zismus konvertiert. "Diese Vorlesungen aber haben gehandelt von der christlichen Beredsamkeit: alles andre, was wir vorbe reitend beibringen mußten, war nur Gerüst [ . . . ]. (Müller, Zwölf Reden, 1 63) Wie immer diese Wende zu verstehen ist, mit der Müller schließlich einen beträchtlichen Teil seiner ge rade , gehaltenen Reden entwertet - rhetorisch bekräftigt sie die Misere, die er vorher beklagt hat. Doch was man sehr deutlich aus seinen Thesen, seinen Ausführungen und zuletzt seinen Vorkehrungen heraushören kann, gibt zu wenig Op timismus Anlaß und wirkt manchmal wie der Abgesang auf längst vollendete Tatsachen, die zudem in der Wissenschafts geschichte bereits kodifiziert wurden. Doch im Gegensatz zu der bislang so allgemein akzeptierten These vom Ende der Rheto ik im 19. Jahrhundert kommt die neuere Forschung '
I
57
chen Untersuchungen immer mehr zu der Ansicht daß viel leicht keine Revision, aber doch jedenfalls eine D ifferenzie rung jener Niedergangsdiagnose fällig ist. Unumstößlich bleibt zunächst gewiß die Tatsache, daß die Rhetorik seit Anfang des Jahrhunderts sehr schnell ihren wis senschaftlichen Einfluß verlor. Die ihr gewidmeten Lehrstüh le, oftmals schon zuvor mit Moral, Historie oder Poesie kombiniert, wurden nun auf diese einstigen Zusatzbeschrei bungen eingeschränkt, auch anderen Disziplinen wie der Phi losophie zugeschlagen oder in Ordinariate für die national �prachlichen Philologien (besonders die Germanistik), für Asthetik und die alten Sprachen umgewandelt. Auf der ande ren Seite blieben selbst in der Universitätsausbildung rhetori sche Inhalte mitunter sehr weitgehend erhalten: in der Stili stik, in den Vorlesungen über die schönen Wissenschaften und Kü �ste � in p �aktischen Schreib- und Redeübungen. Altphilo . logie, Asthettk und Poetik (z. B. Wilhelm Scherers ( 1 8411 886) Poetik, posthum 1 888 erschienen) überlieferten wei terhin rhetorisches Wissen. Auch in der außerhalb der Uni versitäten stattfindenden theoretischen Reflexion, die über die Einzeldisziplinen hinausreichte, bleiben rhetorische Positionen erhalten, und das mitunter auf einer Reflexionshöhe (man de� ke an �riedrich Schlegel [ 1 772-1 829] zu Anfang und . Fnednch Ntetzsche [ 1 844-1 900] am Ende der Epoche), die dem Vergleich mit der antiken oder humanistischen Rhetorik durchaus standhält. Angesichts dieses Sachverhalts liegt es nahe, statt von einem Verfall oder Niedergang der Rhetorik genauer von einem Übergangsprozeß zu sprechen, womit die angedeuteten Transformationsphänomene gewiß besser be schrieben sind, als es die These vom Traditionsabbruch ver mag. Hinzu kommt, daß die Phändmene, für welche die Rhe torik die zuständige Theorie darstellte und die von keiner anderen Disziplin adaptiert wurden, im 1 9. Jahrhundert an Bedeutung sogar noch gewonnen haben, denn es ist nicht nur das Zeitalter des Liberalismus, sondern auch der Massenor ganisation, nicht nur die Epoche der L 'art-pour-l'art-Ästhetik, sondern auch der Propaganda und zweckgerichteten Pressein58
formation. Das politische Leben ist selbst in Deutschland nicht allein auf den Kompromiß der soz}lalen Interessen, son dern ebenso auf Parteibildung und Auseinandersetzung der Programme gerichtet, im kulturellen Bereich entwi�keln sich Formen der Repräsentation, die auf Eindruck und Uberwälti gung zielen, und ein pragmatischer, auf Nützlichkeit und Par teiinteresse setzender Bildungsbegriff dominiert in den Erzie hungsinstitutionen. In der Tat: "Weiche Widersprüche sind in dieser Epoche beschlossen! Widersprüche, an denen wir noch zu tragen, die wir noch auszutragen haben." (Sternberger, Gerechtigkeit für das 1 9. Jahrhundert, 1 7) Denn wenn man von der "Ubiquität der Rhetorik" (Hans-Georg Gadamer) oder der "Rhetorisierung des bürgerlichen Lebens" (Ueding, Rhetorik der Tat, 342) gesprochen hat, so steht dieser Befund zwar im Gegensatz zur Haupttendenz der Wissenschaftsge schichte, kann aber auch als Bestandteil ihrer Erklärung die nen. Denn die Ausschaltung rhetorischer Lehrinhalte aus der akademischen Ausbildung bedeutete auch einen Verlust an kritischer rhetorischer Rationalität und förderte · die Entste hung einer manipulierbaren Öffentlichkeit in der Massenge sellschaft. 2. Die Redegattungen
•
Was die Rhetorik im 1 9. Jahrhundert an wissenschaftlichem Terrain verliert, gewinnt sie an praktischer Ausübung: die Be redsamkeit triumphiert auf allen Gebieten, freilich oftmals un ter Verlust von Funktionen, die ihr ehemals wesentlich waren. Das gilt besonders für die geistliche Rede und für die Festrede; die juristische und die politische Beredsamkeit gewinnen in Deutschland überhaupt zum ersten Mal eine weiterreichende, doch freilich eigentümliche Bedeutung. Für die Gerichtsrede liegt das auf der Hand: erst das mündliche Gerichtsverfahren, das in Strafprozessen dem Angeklagten mehr Chancen zur Verteidigung bietet und im Widerstreit der kontroversen Po sitionen die richterliche Entscheidung herbeiführt, ergibt auch den Nährboden für eine juristische Rhetorik. Karl Salomo 59
I.
Zachariä ( 1 769-1 843 ) ist ihr Vorreiter, seine Anleitung zur Gerichtlichen Beredsamkeit erschien 1 8 1 0 in Heidelberg, in einem Rheinbundstaat also. Er habe als Modellfall "nur den Anklageproceß vor Augen, weil nur in dieser Proceßart die Sache öffentlich und mündlich verhandelt wird" (Zachariä, Gerichtliche Beredsamkeit, 1 6); auf deutschem Gebiet immer noch eine Rarität und nur im "Königreich Westphalen" mit seiner Napoleonischen Rechtsordnung verwirklicht, wie der Autor bedauernd feststellt. Überzeugt, daß sich "in den rhe torischen Werken der Griechen und Römer so ziemlich alles [findet], was sich über die gerichtliche Beredsamkeit sagen läßt" ( ebd. VIII), sieht sich Zachariä als Vermittler der anti ken Auffassungen. Breiten Raum nehmen die fünf redneri schen Produktionsstadien ein, deren erste (die rednerische Er forschung und Auffindung [inventio] aller belangvollen Mate rien, Argumente, Beweise) auch die Statuslehre enthält, also die Lehre von den Streitfragen und ihren rechtlichen Bezügen. Zachariäs Vorstoß blieb lange Zeit konkurrenzlos; spätere Lehrbücher wie Oskar Ludwig Bernhard Wolffs (1 799-1 85 1 ) Lehr- und Handbuch der gerichtlichen B eredsamkeit ( 1 850) oder schließlich Hermann Friedrich Ortloffs ( 1 828-1 920) Gerichtliche Redekunst ( 1 887) sind schon wieder von Ein schränkungen bestimmt, die dem positivistischen Geist der Jurisprudenz Rechnung tragen. Danach ist es vor allem die Aufgabe aller am Gerichtsverfahren Beteiligten, das Recht als ein System von Verhaltensregeln in jedem einzelnen Fall gleichsam deduktiv richtig anzuwenden. Allein die Form, in der dies geschieht, fällt noch unter rhetorische Zuständigkeit. Daß damit keine idealen Voraussetzungen zur Entfaltung vorbildlicher juristischer Beredsamkeit gegeben sind, machen schon die Beispielreden solcher Lehrbücher deutlich, die mei stens aus der französischen oder englischen Gerichtspraxis stammen. Die Vorschule der gerichtlichen Beredsamkeit für Rechtsanwälte von W. Schall und E. Boger ( 1 855) bemüht sich zwar, aus der allgemeinen rechtspositivistischen Front auszuscheren, muß sich aber von Ortloff harsche Kritik gefal len lassen: allzu großes Gewicht räumten die Verfasser den
d un eit hh fac Ein die an h sic tt sta , ein ln tte mi de Re n t•tnotion ale Nüchternheit der Rechtsverw irk lic hu ng zu ha lte n. "Der Um ng gu eu erz Üb en ich erl ht ric r de g un nn wi Ge die für ß da stand, der Gesamteindruck mi tw irk en d se in darf, berechtigt die Pa r h sic an er lch we , ses die ng tzu stü ter Un r zu , ht nic r ne teired zu n de s , au ält th en s are ibb re sch be Un u ez rad ge i rle tnanche beurteilenden Thatsachen un d Persönlich ke ite n, der Reflexion ß, Ha er od be Lie n, be ge zu en ng tu ch Ri e tig sei ein ter ch der Ri M itle id, Ho ffnung, Fu rch t, Ab sch eu , Zorn un d Schrecken zu r ve zu aft sch en eid itl M in ter ch Ri r de t mü Ge s da d un en eg err r de aft ch rrs he er Ob die rch du ke ec Zw e tig sei ein um führen, Gefü hle zu erreichen. " ( Ortloff, Gerichtliche Redekunst, in h lic nz gä t fas r he da rd wi ck ru sd Au e ch ris ne red r De 1 12 f.) h wä zt, set ge g un ell rst Da r de it he ar Kl d un eit nh Angemesse rend für die spezifisch rhetorischen Mittel "n ur wenige Sätze als beachtenswert" ( ebd. 1 3 9) gelten. Ortloffs Rhetorik bewegt sich in den engen Grenzen, die durch die rechtspositivistische Bindung des Richters und der gegnerischen Parteien an das Gesetz aufgerichtet werden; ihr bleibt schließlich nur noch die geschickte Auffindung, Ord nung und Verwendung geeigneter Argumente zu � Zwec �e der Beweisführung. Doch wie unbefriedigend man Immer d1e Begründung und gleichzeitige Einschränkung der juristischen _ Rhetorik in Deutschland empfinden mag, so knüpfen die theoretischen Konzepte (und sei es Kritik) doch immer wieder an die überlieferten Auffassungen an, was man bei der politi schen Rede vermißt. Das mag damit zusammenhängen, daß es für sie nur kurzzeitig in der Frankfurter Nationalversamm lung günstige Entwicklungsbedingungen gab. Die rheto risc ?en _ Lehrbücher die den Markt beherrschen und - wenn sie nicht allein der g�istlichen Rede gelten - meist für den Gebrauch in der Schule verfaßt wurden, erwähnen das genus deliberati vum, die politische Beratungsrede, allenfalls am Ran�e. Fra�z _ Theremin ( 1 780-1 846), der übrigens Hofpredtger m Berhn war und mit seinen Grundlinien einer systematischen Rheto rik Adam Müller beeindruckt hatte, spricht von den "alten Freistaaten", in denen "nur das politische Verhältniß ausge-
60
61 •
•
b ildet war" (D ie Beredsamkeit eine Tugend, 3 9 ), eher ab fäl lig. So ko m m t es, d aß sich d ie p o litische Rede recht w ill kür lic h , n ac h in d iv id u el le n Vorlieben, zufälligen Vorbildern und beruflichen Sprechstandards entwickelte. Schon d ie p atrioti sche R h etorik der Befreiungskriege (Görres, Arndt, F ic ht e) kn üp fte mehr an d ie literarischen M uster an , wie sie Friedrich Sc hi lle r ( 1 7 59 - 1 80 5 ) oder K ar l Theodor Körner ( 1 79 1- 1 8 1 3 ) g el ie fert hatten, al s d aß sie sich an Perikles (etwa 50 0-429 v. C hr .) , Demosthenes (3 84-322 v. Chr.) oder Cicero orien tierten. D ie F ra n k furter Nationalversammlung, in der auch die meisten der p u b lizistischen K o m ba ttanten gegen Napole on ( 1 76 9- 1 82 1 ) saßen, litt besonders unter ak ad em ischer D o m in an z: über 60 0 von den 8 3 1 Vertretern besaßen U n i versitätsa us bi ld ung, un d m it Grund ha t m an vom "Profes sorenparlament" gesprochen. D ie. B ild ungssprache, d ie hier oft vorherrschte, stammte au s dem Hörsaal, Pathos und Er ha be n he it der Rede waren dem theatralischen F o ru m meist näher al s der p o litischen T ri bü n e. Auch eine weitere Bedin gung verdient, exemplarisch hervorgehoben zu werden. Es entbehrt gewiß n ic ht der Ironie, d aß der R au m , in dem d as er ste deutsche Parlament zusam mentrat, ausgerechnet eine K ir che war. Winston Spencer C h u rc h ill s ( 1 874- 1 9 6 5 ) D ik tu m , m it dem er für den Wiederaufbau des House o f C o m m o n s in seiner al tü berl ieferten Form argumentierte, �rifft au ch schon d ie .F unktion der P au ls k irche: "Wir scha ffen unsere Bauwer ke, ·aber danach scha ffen unsere B au werke uns. " (Ch u rc h ill , R ede zum Wiederaufbau des House of Commons, 4 0 6 ) D ie A k us ti k der K ir ch e war ganz au f den A lt ar ausgerichtet, wo desh al b das Rednerpult au fgeste llt werden m u ßte, doch auch von d ieser Stelle au s drang n u r eine Stimme m it großem Um fang wie diejenige Robert B lu m s ( 1 80 7- 1 84 8 ) noch in d ie h intersten R ei he n . Es bedarf keiner weiteren Erklärung, d aß diese ak ustischen Bedingungen ei n e voll m undig-pathetische, au ch pastorale Redeweise begünstigten, deren Neigung zu m Sc hw ul st bei zweit- u n d drittklas sigen Rednern oftmals pene trant zutage trat. Wie die p o litische Leistung des .F ra nk furter Parlaments ab er in einer Festigung, D ifferenzierung und p ra -
xisbezogenen Ausarbeitung der Idee von einer souveränen deutschen Nation bestand, so entwickelte sich in seinem Rah men erst die Gestalt einer konkreten politischen Beredsam keit. Ob Ludwig Sirnon oder Robert Blum, Heinrich von Ga gern oder Ludwig Uhland: mit rhetorischen Mitteln, rhetori scher Argumentation und rednerischer Leidenschaft gelang es ihnen das Parlament zur obersten moralischen und politisehen Autorität zu machen. Nach dem Scheitern der Paulskirche, dem Exodus der poli tischen Rede in die oppositionelle Publizistik und die Arbei tervereine, ihrer eher zaghaften Fortführung in den Landes parlamenten oder dem Preußischen Abgeordnetenhaus dau erte es einige Zeit, bis im Deutschen Reichstag wieder ein Forum entstand, auf dem sich nationale Rednerpersönlichkei ten wie Eugen Richter, August Bebel und natürlich Bismarck entwickeln und vollenden konnten. Es mag verwirren, den Reichskanzler in einer Reihe mit seinen Gegnern aufgeführt zu finden, denen er am liebsten bloß rhetorische Kunstfertig keit nachsagte, um sich selber als Praktiker und nüchternen Realpolitiker herauszustellen. Doch läßt man sich von solchen Deklarationen nicht blenden - und die Bismarckforschung tut dies schon lange nicht mehr -, so entdeckt man in ihnen bald eine seit der Antike vertraute Figur: rhetorica contra rhetori cam - Distanzierung als besonderer rhetorischer Kunstgriff. Tatsächlich beherrschte Otto von Bismarck ( 1 8 1 5- 1 898) das rhetorische Instrumentarium in seiner ganzen Breite: Sach lichkeit und Leichtigkeit auf der einen, Gewissenspathos und Polemik auf der anderen Seite. Er glänzte in der höfischen Rede ebenso wie im geistreichen Gespräch, war ein Meister des Arguments wie des Scheinarguments: "Ich bin kein Red ner, ein Vorzug, den ich dem Herrn Vorredner bereitwillig einräume. Ich vermag nicht, mit Worten spielend, auf ihr Ge fühl zu wirken, um damit Thatsachen zu verdunkeln." (Bis marck, Politische Reden, Bd. 3, 22f.) ' Der geistlichen Rede geht es ähnlich wie der politischen: ih re rhetorische Theorie ( Homiletik ) verfällt oder gerät in Ver gessenheit, die praktische Ausübung zehrt noch von den Mu'
62
63 I
�.
•
.
'
.
die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern
=
= �
3 . Rhetorik als Stilkunde
..
64
..
en ch ir K m ne ei in e tt hä so , en nn kö en ren Platz hätten find n ge ri üb Im . en nd fu ge rt ie az pl de d an sc hi ffe auch si e ni em , en ng tu at G en ch is or et rh n re de an le do m in iert die Festrede al e ed sr um lä bi Ju e, ed lr hu Sc e, ed kr en D , de re its ob al s Gelegenhe i pr r de in te ie eb sg ng du en nw A re Ih e. ed oder ak ad em ische R ) de re ch is T , de re gs ta ts ur eb G , de re ts ei hz vaten Sp hä re (a ls Hoc a ks an D d un bLo ls (a t ei hk ic tl en ff Ö oder in der ku lturellen st fa nd si n) de re ts aa St he ic rl ie fe er od gungsreden, Ansprachen in rt ie in m do d, en lg fo ie or he T n he sc si as kl unübersehbar. Der s au g un er ist ge Be , ng ltu ha er nt U f au e, tiv ih ne n eine demonstra it m g, un tt ga ch is M ne ei e si bt ei bl h lic ei gerichtete T ec hn ik . Fr r lle hi Sc ie D n. de er w gt ol rf ve le ie Z der oftmals auch andere i ep ne ei r fü e el pi is Be en st be e di rn feiern des Jahres 1 85 9 lie fe st Fe en st ei m e di : it ke am ds re Be he isc lit po deiktisch getarnte s, nd la ch ts eu D g un ig in E e ch tli aa st e di reden beschworen ge d un n ge un fn of H en ch is lit po d un z ol zeugten von Bürgerst g. un eb dg un lk na io at N en tiv ra st on m de r zu n te rie
stern der Vergangenheit. Franz Theremins "Grundlagen einer systematischen Rhetorik" mit dem Titel Die Beredsamkeit ei ne Tugend erscheint 1 8 14 als letzter belangvoller Versuch ei ner zusammenfassenden Homiletik, die mehr ist als ein bloßes technisches Anleitungsbuch und die Predigt schon in die Nähe ethisch-artistischer Praxis rückt. Eine Entwicklung, die Fried rich Daniel Ernst Schleiermacher ( 1 768-1 834) vollendet, wenn er die Predigt der darstellenden, festlichen Rede annä hert und "die Meisterschaft in der Behandlung der Elemente" als "die Hauptsache" bezeichnet. Offensichtlich handelt es sich dabei um eine Verweltlichung, Ästhetisierung der Predigt, sie wird salonfähig, zu einem gesellig-gesellschaftlichen Er eignis. Wenn Schleiermacher in der Berliner Dreifaltigkeits kirche predigte, versammelte sich oftmals alles, was Rang und Namen hatte. Seine Reden griffen ins volle Leben, politische Themen gehörten ebenso dazu wie solche aus dem bürgerli chen oder häuslich-familiären Dasein. In seiner Schrift Über hatte er schon 1 799 diese Tendenzen vorweggenommen, die durch Kanzelredner wie Friedrich Wilhelm Krummacher ( 1 796-1868) oder den Bischof Johann Heinrich Bernhard Dräseke ( 1 774-1 849) vollendet wurden. Das waren Kanzel Stars, vom Publikum jubelnd gefeiert, Vorläufer jener Mas senprediger des 20. Jahrhunderts, die wie Pater Leppich oder Billy Graham den Gottesdienst zum gigantischen Show-Ereig nis machten. Dieser Eingliederung der Predigt in eine gebildete Unterhal tungskultur entspricht im Gegenzuge eine Durchdringung der Festrede durch die geistliche Beredsamkeit: die Grenzen wa ren nach beiden Seiten durchlässig geworden. Wenn Heinrich von Treitschke ( 1 834-1 896) die Erinnerung an die Leipziger Völkerschlacht beschwört ( 1 863), Richard Wagner ( 1 8 1 31 883) das Bayreuther Festspielhaus mit einer Rede einweiht ( 1 872) oder Gottfried Keller ( 1 8 1 9-1 890) im Auftrage des Kantons Zürich das Bettagsmandat verkündet ( 1 872), so fal len sie alle ganz zwanglos in Predigtton und Predigtsprache; und so wie Schleiermachers Kanzelreden in jeder Festhalle ih-
.
·
i
, re eh ill St e ch is et po ne ei f au k ri to he D ie Zurücknahme der R r, ah ef G de en ch au ft au r de ie w er m im e ik nt eine seit der A e di er ed w e si ie w , an e aß m us A t er nd hu ni m m t im 19 . Ja hr r Fü . en tt ha t nn ka ge ik et Po he sc ti is an m römische noch die hu n de en T n ge ni ei n vo an m ht ie (s ch no lt da s 1 8. Ja hrhu ndert ga d un k ri to he R n vo it he in E e di ) ab zen der Weimarer K la ss ik , io ut oc el r de h ic re Be m zu so ie w so Poetik ; di e Stili st ik gehörte en ch is or et rh im t ie eb G e st te er zi en er ff di s da di e se it der Antike ie D e. llt te rs da n er ch bü hr Le en ch is or et rh System �nd in den h, lic äh lm al t eh hi sc ge es ss ni nd tä rs ve st Veränderung dieses Se lb re ih st ch nä zu e ch po E n ue ne r de die Lehrbücher behalten in ch na ch au n be ei bl ng lu de A , er lz Su , rg bu Gültigkeit: Eschen n ei ch no en nd fi d un en am N e ut ra rt ve de der Ja hrhundertwen e, ch po E r de nz de en T ne ei em lg al e di r be zelne Gefolgsleute. A m nä , nn ka en ht ac ob be n te ie eb G n di e m an auch au f andere zu is ax Pr r de n vo on xi le ef R e ch is ph so ilo ph d lic h Theorie un h rc du t ie eb G em ch is or et rh f au lls fa en eb trennen, setzt si ch 65
•
t ei h n h o ew G ie d . ] . . [ t ei k h ic fl ö H rt [ . . . ] bezeichnet d as Wo en M zu en h sc en M n o v g n u h ie ez u n d K u n st in jeglicher B n o T en d n fe ef tr zu en d s et st , n el d schen, im Reden, w ie im H an ) ] 1 5 , it ke ch li öf H er d le u h Sc [ zu finden u n d an zu sc h lagen ." , n vo e tt Si en in fe er d d n u es n o T n te u oder d as Handbuch des g e h sc ri o et rh as d ) 0 0 9 1 . fl u A . 3 Konstanze von Fra n k en (2 e üg Z en ch is at m g ra p e in se f au B il d u ng si d ea l ist v o llk o m m en er d o r eh m e ll a ie d r, le el st ef ri B ie d s er d veräußerlicht. Nicht an to u A en st h ic re lg fo er r re ih es n ei e weniger genau dem V o rb ild al rs ve ni U n se es d r, le m am R ch ren n ac h ei fern : Otto Friedri
./
und führt zur Trennung der Stilistik von der Rhetorik, die entweder als Lehre von der Auftindung und Anordnung des Stoffes aufgefaßt wird (wie von Karl Friedrich von Reinhard ( 1 76 1-1 837) in seinem Entwurf der Theorie und Literatur des Deutschen Styles, 1 796) oder nur noch für die mündliche Rede zuständig erscheint (bei Christian Wilhelm Snell, [ 1 7551 834], oder Karl Ferdinand Becker, [ 1 775-1 849]). Ganz kon sequent hielt Ludwig Uhland ( 1 787-1 862) daher andererseits seine praktischen Rede- und Schreibübungen an der Universi tät Tübingen ( 1 830-1 832) unter dem Titel Stilistikum ab und erläuterte seine Absicht mit den Worten: "Im übrigen wird mein Anteil darin bestehen, daß ich vorzüglich über die tech nische Behandlung des Stoffes, die Zweckmäßigkeit der An ordnung, die Angemessenheit der Darstellung für ihren Ge genstand, über Stil und Ausdruck im allgemeinen meine Meinung äußre. Erscheinen in dieser Beziehung unsre Übun gen zunächst als ein Stilistikum, so w�rde ich doch, wenn der G�genstand im Bereiche meiner eigenen Beschäftigungen liegt, kemen Anstand nehmen, auch auf die Sache selbst einzuge hen." (Uhland, Poetologische Schriften, 6 1 3 ) Kein. Zweifel, daß diese Veranstaltung wenige Jahrzehnte zuvor unter rhe torischer Ägide und mit entsprechendem Titel angekündigt worden wäre, zumal sie auch zur "Übung im freien, mündli chen Vortrage" (ebd. 612) anleiten sollte und die Gegenstän de �om Studenten "in der gemeinfaßlichen Sprache des Le bens, des geistig geselligen Verkehrs" ( ebd.) zu fassen waren. Die Tendenz zur Instrumentalisierung einzelner Bereiche der Rhetorik läßt sich auf verschiedenen Ebenen beobachten. Die auf den emotionalen Qualitäten beruhende Stillehre wird zur Töne-Rhetorik, die dem Wohllaut der Rede höchsten Wert beimißt und sie in die Nähe der Musik rückt. Die noch von Knigge zur umfassenden gesellschaftlichen Beredsamkeit gedachte Umgangskunst verkommt zum bloßen Regelbuch des "Complimentierwesens", wie sich an den Bearbeitungen seines Werks ebenso wie an dessen zahlreichen Nachahmun gen zeigen läßt. Ob Carl Friedrich von Rumohrs ( 1 785-1 843) Schule der Höflichkeit für A lt und Jung ( 1 834) ("Gegenwärtig
l al en d in r le al ng u ss a bf A r zu Briefsteller oder Musterbuch ie w so en ss ni lt hä er sv en eb L en ch li ft gemeinen und freundscha d n u te en m cu o D e, ef ri B en d en m m im Geschäftsleben vo rk o r ve e ag fl u A n te te ei rb ea b . 0 4 er A u fsätze ( 1 8 3 6 ) 1 8 6 7 in ei n
re h le rt o W , re eh tl au L en it Se 0 breitet war, handelt a u f etwa 5 d un il St em d er et m id w en it Se 0 2 und Satzlehre ab ; weitere n an d m u , n re tu la u it T en d er ab m le der Form der Briefe, vor al fü zu an en ef ri b er st u M n o v g n a u f fast 3 0 0 Seiten eine Sa m m lu llt fü " er ic ss la C er ch ts eu "D se le n te lü B gen. E in e u m fangreiche re lä fk u -a g li el es g ie d as d , es ch u B es d ie letzten 2 0 0 Seiten d h rc u d ie d f au lt el st ab z an g s en ib rische K u n st des B ri efesch re e, h lic ft ri ch "s t, ei k g ti er F e h lic tz N ac h ah m u n g erworbene nü " en g n lu ei th it M te te h ic er g en n so er P an ei n e oder mehrere . en ss a rf ve zu ) 1 5 r, le el st ef ri B lsa er (Ram m le r, Univ g n su ei w n A ie d , k ri o et h R e h sc ti k Während d em n ac h d ie pra in re s al k ti is il St er d in ch si , zu r Rede- u n d Schreibübung ie d en eh g t, ig d n tä bs el rs ve n se is sw g technisches Anwendun r eh m d n u r eh m en ab fg u A en ch is at theoretischen u n d system ie d ch li ei fr ie d , er b ü ik et o P d n u au f d ie Gebiete · der Ästhetik ar g er d o e d an R am r u n sa ro zweckgebundene rhetorische P s au t m am st en m ah sn u A en ig en w n ic h t b eh an d el n . Eine der u az d ch o n em n ei n vo n an k en g gerechnet, w ie m an h in zufü . er er h Sc m el h il W n vo t, ei Z er in pro m inenten Germanisten se st o p 8 8 8 1 er ey M . M d ar h ic Dessen Poetik , vom K o llegen R n ge la d n ru G n he sc ri o et rh f au z an g ht h u m veröffen tl ic h t, beru e B e h ic tl af h sc n se is -w h sc ti re eo th e u n d strebt eine ei n h ei tl ic h n lle a s au n u n ch si bt ie g er s E " : h an d lu n g der Redekunst an
I
66
67
diesen Betrachtungen sofort, d aß eine umfassende u n d re in ab zugrenzende W is se n sc h aft m ö g lic h is t, welche d ie K u n st der Rede sy st em at is ch �b eh an d e lt. D iese g es am te K u n st der Rede is t in dem tr ad it io n el le n Titel ,R h et o ri k Poetik St ili st ik ' ent h al te n . Aber dieser deutet h in au f ei n Fachwerk, welches au f Vereinzelung d er D isci p li nen b er u h t. W ir constatirten dage gen, . d aß si ch d ie Forderung gerade n ac h ei n er u m fassenden Betrachtung der K u n st der Rede ergiebt. " (Scherer, Poetik, 2 7 ) Im m er wieder weist Scherer a u f d ie Bedeutung der an ti ken Rhetorik für d ie w is senschaftliche A n al ys e der literari schen Werke h in und strukturiert auch ganz au sd rü ck lic h se i ne eigene Poetik n ac h den rhetorischen G liederung sp ri n zi p ie n . D ie zu k u nftsweisende Bedeutung dieses Entwurfs, der den Prozeß der Entstehung ei n es Werkes, d as Machen von K u n st au f fast schon n oderne Weise th em at is ie rte und der ontologi schen K u n st p h ilo so p h ie eb en o w ie der verselbständ igten Stil i st ik ei n en rhetorischen Kontrap u n k t setzte, wurde n ac h der Veröffentl ic h u ng im al lgemeinen g ar n ic ht wahrgeno mmen . 4 . R h et o ri sc h e L it er at u rg es ch ic h te u n d L it er at u rk ri ti k
Literatur und Beredsamkeit, Literaturgeschichte und Rhetorik stehen seit ih re n griechischen Anfängen in ei n em engen u n d fruchtbaren Wechselverh äl tn is . A us g ie b ige K en n tn is der Lite ratur hatte sc ho n Isokrates (4 36 -3 3 8 v. C h r. ) al s M er km al rh etorischer B ild u n g beschrieben, u n d d as erste K ap it el des 1 0 . B u ch es vo n Q u inti li an s A u sb ildung des R edners (I nstitu tio oratoria ), ei n A br iß der an ti ke n L it er at ur ge sc hi ch te , g ilt zu Recht al s Beginn literaturhistorischer D ar st el lu n g in unserem Si n n e - im 1 8 . u n d 1 9 . Ja hrhundert war dieses K ap it el d ah er d as m ei st übersetzte un d bekannteste Stück au s Q ui n ti lia ns W er k . F ü r ih n bestand der Zweck li teraturges ch ic ht lic he r K en n tn is se für d en Redner zuerst d ar in , M u ster un d M o d el le für d ie N ac h ah m ung (imitatio) zu r Verfügung zu st el le n . D ie Literaturgeschichte er h ie lt dadurch ei n kr it is ch es A us w ah l p ri n zi p , d as die b isherigen an n al istischen D is p o si ti o n en über lagerte . D as h ei ß t: U m ei n vo llk o m mener Redner zu werden·, 68
sind erstens nötig die Lektüre der besten Autoren, zweitens die Lektüre der besten Werke der besten Autoren und drittens die imitatio dieser Muster. Wobei Nachahmung übrigens im tner mit dem Ziel der Überbietung gemeint ist, wofür die la teinische Rhetorik den Begriff aemulatio bereitstellte, der ge rade das Überschreiten des Vorbilds, nicht dessen epigonale Kopie meinte. Hier nun war (der virtuellen Konzeption nach) die Literaturgeschichte auch im engeren Verständnis geboren. In der Renaissance, im Humanismus waren eben deshalb Quintilian und die rhetorische Tradition für die Entdeckung des historischen Sinns von großer Bedeutung geworden. Wo bei freilich die Nachahmung der Muster niemals allein um der Kunst willen geschah. Die auctores dienen ebenso als Vor bilder für die Lebensführung: Größe, Erhabenheit, Würde (dignitas) erschienen als die Merkmale, an denen sie erkenn bar sind, gleichsam der Ausweis des Exemplarischen. Es ist nur konsequent, wenn insbesondere die biographische Ge schichtsschreibung Vorrang gewann; Cicero, Cato, Seneca, aber auch die großen Heerführer und Staatsmänner der Anti ke wurden zu Vorbildern in literarischer und existentieller Hinsicht. Aus aufklärerischen Anfängen hat erst das 1 9. Jahrhundert die Literaturhistorie zu einer eigenen Disziplin entwickelt, aber auch dabei Ansätze und Vorarbeiten der Antike und des Humanismus im wesentlichen nur zu vollenden brauchen. Zwei neue Akzente schuf das bürgerliche Zeitalter allerdings, die vollkommen gegen die rhetorische Tradition gerichtet waren: Erstens die Nationalisierung der Literaturgeschichte. Die rhetorische Literaturgeschichte war immer Geschichte der Weltliteratur, zumindest Geschichte der europäischen Welt literatur gewesen. Und zweitens die Verwissenschaftlichung der Geschichtsschreibung, die einem positivistischen Wissen schaftsideal angepaßt wurde und zu einer "Tatsachenwissen schaft" entwickelt werden sollte. Dies vor allem unter dem Einfluß neuer Theorien: der politischen Ökonomie, der Evo lutionslehre und der Sozialwissenschaften. Doch sehen wir uns ein herausragendes Beispiel an: Georg 69
Gottfried Gervinus ( 1 805-1 871 ), der Begründer der moder nen Literaturgeschichtsschreibung, steht noch besonders fest in der rhetorischen Tradition seiner Disziplin. Wenn er seine Geschichte der Deutschen Dichtung von 1 853 an "Herz, Ge müth und Verstand" ( Gervinus, Geschichte der Deutschen Dichtung, 1 6 ) des Volkes adressiert, wenn er die Literatur als Antidot gegen die nationale Selbstpreisgabe empfiehlt und um dieses Zweckes willen auf ihre rhetorische Wirkung vertraut, wenn er sie für die praktische Funktion der Entscheidungstin dung reklamiert und damit der Sphäre des politischen Handelns wieder annähert, so spricht sich in solcher Konzeption ein genuin rhetorisches Verstä ndnis von Geschichte aus, das freilich auch erklärt, warum Gervinus im Laufe des 1 9. Jahr hunderts schon so schnell in Vergessenheit geraten konnte. Der szientistische Wahn der Diszipl in, die die Methoden der Naturwissenschaften auf die Geisteswissenschaften übertra gen wollte , wird zwar erst noch undeutlich sichtba r, doch melden sich bald andere, ideologische Bestrebungen, die die Rhetorik mehr und mehr verdrängen. Als der erste Germa ni stentag am 24. September 1 846 in Frankfurt eröffnet wurde, war man sich der Eigenart der noch jungen Universitätsdis ziplin bewußt. Denn wenn Jacob Grimm ( 1 785-1 863), einer der promin entesten Redner, auch die eigeJ) t liche Politik vom germanistischen Gegenstandsbereich unterschieden wissen woJJ te, so plädierte er doch dafür, die "auf dem Boden der Geschichte, des Rechts und selbst der Sprache aufsteigenden Fragen, die an das politische Gebiet streifen, mit wissenschaft licher Strenge aufzunehmen und zu verhandeln." (Grimm , Über die wechselseitigen Beziehungen, 563) Die Wortwahl verrät den immer noch unterschwell ig rhetorischen Wissens begriff, der hier gemeint war. Diese Fragen sollen aufgenommen und "verhandelt", also argumentativ für den öffentlichen Diskurs verarbeitet werden. Verhandeln, argumentieren kann aber immer nur zu wahrscheinlichen, plausiblen, niemals zu sicheren Ergebnissen führen - das wußten die ersten Erben je ner Disziplin, die sie an den Hochschulen ablösten, der Rhe torik nämlich, genau. Diese war europäisch ausgerichtet ge•
•
70
•
wesen, mit dem griechisch-lateinischen Bildungsideal untrenn bar verknüpft und die Mutter der grenzüberschreitenden hu manistischen Philologie, daher also nicht mehr zeitgemäß in der Epoche des Nationaldenkens; doch ihr argumentatives, auf Glaubwürdigkeit, Überzeugung und den Strukturwandel öffentlicher Meinung ausgerichtetes Erkenntnisinteresse bilde te am Anfang noch die Grundlage der neuen germanistischen Sprach- und Literaturforschung. Ob die Brüder Grimm und Uhland, ob Gervinus oder Hermann Hettner ( 1 82 1-1 8 82): die großen Gelehrten der germanistischen Gründerzeit waren sich in diesem Punkte einig und verknüpften daher in ihrem Denken ganz zwanglos Nationalstaatsidee und Liberalismus, das Ziel der deutschen Einheit und die Verwirklichung von Demokratie und Freiheit. Einige von ihnen, die beiden Grimms und Gervinus, gehörten mit den Göttinger Sieben zu den prominentesten Vertretern der politischen Opposition. Wie hier, so wehte überall ein kräftiger Zug frischen Vor märz-Geistes alles Muffige, Verstockte, Intolerante aus dem Nationalitätenkabinett heraus. Erst die Germanistik nach dem Scheitern der bürgerlichen Revolution verengte sich zu jener deutschen Wissenschaft im nationalistisch-bornierten und ·k onservativen Sinne. Nation alisierung, szientistische Verkürzung und zuneh mende Distanz zur rhetorischen Tradit ion, die schließ lich bei nah in Vergessenheit geriet, hatten aber noch eine weitere Wirkun g in Deutsc hland, die in den angelsächsischen und romanischen Ländern so nicht zu beobachten ist: die Tren nung der Kritik von der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Literatur. Zunächst muß man wissen, daß das kritische Vermögen in der Rhetorik und im Produktionsprozeß der Re de seinen festen Platz hat. Aristoteles erkennt dem Redner die Aufgabe zu, beim Urteilen "über bestimmte Fälle" (Aristote les, Rh�torik, 2 7) entscheidend mitzuw irken. Cicero unter scheidet zwischen der Entdeckung und Erfindung einer Sache (inv'entio) durch den Redner und der ebenfa lls von ihm vor zunehmenden anschl ießenden Beurte ilung und Prüfung (iudi cium ). In der Folgezeit entwic kelte sich der Begriff der Kritik 71
vor allem aus diesem Begriff. der rhetorischen Beurteilungs kunst, wurde im humanistischen Verständnis allerdings prä zisiert durch die hinzutretende Bedeutung von analysis, die auch schon im rhetorischen Unterricht von Bedeutung war, wenn es darum ging, die klassischen Autoren zu lesen und an der Kunstfertigkeit ihrer Werke für die eigene Praxis zu ler nen. Die Ganzheit wurde aufgelö.st und das Werk in seinen Teilen geprüft. Diese auflösende, zersetzende Wirksamkeit ist mit Begriff und Funktion der Kritik untrennbar verknüpft und hatte sich im 1 8. Jahrhundert auch durchgängig erhalten. Noch die romantischen Schriftsteller konnten daran anknüpfen. Friedrich Schlegel bestimmte sie in seinem Lessing Essay sowohl als "historische Konstruktion des Ganzen der Kunst und der Dichtkunst" wie auch als "Absonderung des Unechten": "Damit nun wenigstens Raum geschafft werde für die Keime des Bessern, müssen die Irrtümer und Hirngespinste jeder Art erst weggeschafft werden." (Schlegel, Kritische Schriften, 397) Auch hat die Kritik populär zu sein und "im Kreise des allgemein Verständlichen " zu bleiben, sie ist gleich sam "ein Mittelglied der Historie und Philosophie" (ebd. 399). Denn man kann "nur dann sagen, daß man ein Werk, einen Geist verstehe, wenn man den Gang und Gliederbau nachkonstruieren kann. Dieses gründliche Verstehen nun, welches, wenn es in bestimmten Worten ausgedrückt wird, ch
'
sprächs vor sich gehen, wie Müller dann in seiner Erläuterung der Kunstkritik für die Leser des Phöbus ausführt, denn sie werden Zeugen "eines recht bunten und klugen Gesprächs" (Müller, Kritische Miszellen, 504) sein. Am rhetorischen Ursprung un d Grundzug der romantischen Literatur kri tik kan n kei n Zweifel bestehen, wenn auc h etwa Friedrich Sch legel das Schwergewicht nic ht auf die Methode, sondern den ind ivid uel len "Kritischen Geist" (Schlegel, Ent wicklung der Philosophie, 3 1 3) legt un d die rhetorischen Techn ike n der kritischen Analyse mehr un d me hr an Bedeu tung verlieren. Diese zwiespältige Tendenz setzt sic h fort und wird für. die Folgezeit herrschend, das gilt gerade auch in der Literatur der Jungdeutschen und des Vormärz, in der die Po liti sierung der Kr itik ihren rhetorischen Charakter deu tlic h hervortreten läßt, doch die Abneigung gegen vorgegebene Kri terien noch wächst, so daß die rhetorische Methode der Ana lyse von Literatur sch ließ lich auc h auf diesem für sie so ge nu ine n Felde in Vergessenh eit gerät. 5. Romantische Beredsamkeit als " enthusiastische Rhetorik "
In den geläufigen Vorstellungen von der romantischen Sch ule hat die Rhetorik keinen Platz, doch zeigt sic h dar in eher die Eigenart des späteren Ro ma nti k-B ildes als die der romanti schen Sch riftsteller selbst. Wenn Noval is ( 1 772- 1 80 1 ) den Dichter zum "transcendental e[n ] Arzt" (N ova lis, Schriften, Bd . 2, 53 5) und die Poesie zur An tiz ipa tio n "der zuk ün ftigen Welt" (eb d. Bd . 3, 39 8) macht, so ist da mi t im me r schon der Wi rku ngszweck eingeschl.ossen: "Poesie Gemütherregungs ku nst " (eb d. 63 9), notierte er, rechnete die Ästhetik zur Psy chologie und kri tisi erte die blo ß ku nst im ma nente Betrach tungsweise: "K ünstlerische Einseitigkeit - Ku nstwercke, blo s ht Nic h auc für e rck we nst Ku t itae lar pu Po ler nst Kü für 0) Diesen Gedanken und theoreti57 2, . Bd d. (Eb r." stle kün . sehen Skizzen liegt die rhetorische Affektenlehre zugrunde, die die eigentliche Kunst und ·Aufgabe der Rede in die emotionale =
73
Stimulierung des Publikums setzte. Dieses Kernstück der Rhe torik (Klaus Dockhorns Forschungen, etwa zu �j_l liam �_s>_rd$worth. ( 1770- 1 850), haben es erwiesen) strukturiert die romantische Ästhetik und liefert ihr die entscheidenden Kate gorien, auch wenn sie oftmals terminologisch neu gefaßt wer den. So nennt Noval is ästhetische Wirkung zwar (dem ro mantischen Sprachgebrauch folgend) Bezauberung, definiert sie dann aber ganz analo g und bis in die Wortwahl hinein nach rhetorischem Vorbi lde: "Alle Bezauberung geschi eht durch partielle Identification mit dem Bezauberten - den ich so zwingen kann, eine Sache so zu sehn, zu glauben, zu fühlen, wie ich will." (Novalis, Schriften, Bd. 2, 3 9 5) Der Zweck . der romantischen Beredsamkeit unterscheidet sich nur gra duell von der überlieferten Doktrin, und es verwundert nicht, wenn sich die romantische Stillehre ebenso nach der ästhe tisch-emotionalen Wirkung richtet wie bisher schon und die Stilabsicht in der heftigen, überwältigenden Gemütserregung kulminiert: "Es giebt verschiedene Grade des eindringlichen Sprechens und Schreibens. Entscheidend sprechen und schrei ben - befehlend kategorisch - das ist der höchste Grad. Die Abstimmungen d[ es] Grads nach den Menschen, die man vor sich hat - können nun bestimmt werden." (Ebd. Bd; 3, 346) Friedrich Schlegel hat für die romantische Beredsamkeit den prägnanten Begriff "enthusiastische Rhetorik" geprägt, die heftige, bezaubernde, das Alltagsleben transzendierende Gefüh lserregung bildet ihren Fluch tpunk t. "Es gibt eine materiale, enthusiastische Rhetorik die unendlich weit erhaben ist über den sophistischen Mißbrauch der Philosophie, die deklamatorische Stylübung, die angewandte Poesie, die im provisierte Politik, welche man mit demselben Namen zu be zeichnen pflegt. Ihre Bestimmung ist, die Philosophie prak tisch zu realisieren, und die praktische Unphilosophie und Antiphilosophie nicht bloß dialektisch zu besiegen, sondern real zu vernichten." (Schlegel, Kritische Schriften, 42) Schlegel will also die Rhetorik auf die Beredsamkeit in ihrer affekti schen Qualität konzentrieren, weil er in der emotionalen Wir kungskraft. ihr eigentliches bewegendes Prinzip erkennt - auch •
•
I
dies gemäß rhetorischer Übere inkun ft. Das dritte Überzeu gungsmittel, die heftige Gemütserreg_u ng (movere), zielt auf praktische Entscheidung und Hand lung, ihre bewegende Macht zeigt sich in der Beeinflussung des Willens, nicht der Erkenntnisvermögen. Freilic h werden damit die emotionalen Wirku ngsfunktionen der Beredsamkeit (durchaus der klas sisch- antik en wie auch der aufkl ärerischen Bestimmung wi dersprechend) vom rationalen Überzeugungszweck getrennt, dem sie, der überli eferten Theorie gemäß, zum Erfolg und zur realen Durchsetzung zu verhelfen hätten. In den Überlegungen von Noval is und Schlegel erhält die Rhetorik auf diese Weise insgesamt eine neue Aufgabe. Denn zum Selbstzweck soll sie nicht werden. Gefühlserschütterung, Enthu siasm us, Rührung, ja sogar Berauschung versetzen den Menschen in die Lage, die engen Grenzen des Gewöhnlichen zu überschreiten, den Alltag, die Prosa des Le bens hinter sich zu lassen und eine Freiheit zu gewinnen, die ihm das soziale Leben sonst versperrt. "Die Freiheit durch Rhetorik und das sollte wohl die einzige Bestim mung der Rhetorik sein. - ,Das Werk Bestimmung des Menschen, sollte von dieser Art sein'. Die unend liche Sehnsucht, Wehmuth und Erinnerung kann nur durch Musik erweckt werden. Musik und Rhetorik sind also der Philo sophi e und auch der Relig ion unentbehrl ich." (Schlegel, Zur Philosophie, 25 ) Der unbe kannte Autor der spätantiken Schrift Vom Erhabenen, Pseu do-Lo ngin, konnte als Gewährsman� dieser Rhetorik-Inter pretation dienen: denn auch für ihn erhebt das Große, Hohe, Hinreißende den Menschen "weit über alles nur Sterbl iche", macht ihn wirkli ch erhaben und der "Seelengröße des Gottes" (Pseudon-Longin, Vom Erhabenen, 36, 1 ) verwandt, versetzt ihn gar in einen "rausc hhaften Taum el" (ebd. 39,2) und übt einen "betörenden Zaube r" (ebd.) aus - Maxim en, deren Fruchtbarkeit sich nicht nur in der romantischen, sondern (von ihr aus) auch in der avantgardistischen Poetik des 1 9. Jahrhhnderts erweisen sollte : wir finden sie bei Charles Bau delaire ( 1 821- 1 867) und Stefane Malla rme ( 1 842- 1 898) ebenso wie in der Moderne. •
74
75 •
•
•
Der vielleicht wichtigste zusammenfassende Versuch einer Neubegründung der Rhetorik, weil er über die Aneignung und Weiterführung einzelner rhetorischer Theoreme hinaus geht, stammt von dem bereits erwähnten Adam Müller ( 1 779-1 829). In seinen berühmten Zwölf Reden über die Be redsamkeit und deren Verfall in Deutschland gibt er keine schulmäßige Darstellung der Rhetorik, sondern eine Analyse ihrer Voraussetzungen und aktuellen historischen Gesta l t sowie die prinzipielle Rekonstruktion ihrer Theorie. Müllers Hauptgründe für den Verfall der Beredsamkeit in Deutsch land: die Schriftlichkeit und Sel bstgenügsamkeit der deutschen Literatur ( "die Beschreibsamkeit unsrer Nation" Müller Zwölf Reden, 127); das fehlende Publikum, die Unfähigkeit, differenziert zuzuhören, und schließlich die fehlende republi kanische Tradition. Eine wichtige Voraussetzung der Bered samkeit sieht Müller, romantischer Geselligkeits-Kultur ent sprechend und die Ansätze der Aufklärungsrhetorik aufgrei fend, im Gespräch. Für ihn vereinigt der Redner drei Personen in sich: zuerst die beiden Teilnehmer eines Gesprächs, in ihrer eigentümlichen Farbe und Manier, These und Antithese ex plizierend, sodann aber, diese beiden dämpfend, veredelnd und unsichtbar versöhnend, eine höhere Instanz, "die Seele des Redners, die über dem Streite der Glieder thront." (Müller, Zwölf Reden, 1 2 7) Ersichtlich ist diese Interpretation der Rede als eines dialektischen Streits der Argumente, in welchem Spruch und Widerspruch, die eigene These und die Antithese des Gegners gegeneinandergeführt werden um des jeweiligen Parteiinteresses willen, aus der rhetorischen Über lieferung entwickelt, wenn Müller auch die Parteilichkeit die jedes rhetorische Erkenntnis- und Handlungsinteresse leitet, zurücksetzt zugunsren eines Antagonismus prinzipiell gleich berechtigter Standpunkte. Diese sind nun nicht mehr auf zwei Parteien verteilt, sondern in der Person jedes einzelnen Red ners verkörpert. Doch die Verinnerlichung der dritten Instanz, also, nach dem Modellfall der forensischen Rede, des richter lichen Prinzips, worin Müller das eigentliche Wesen seiner neuen Beredsamkeit sehen möchte, bringt die Rhetorik nun '
'
'
76
r de ng ltu tfa En die f au t ch ni lt zie , nn wi Ge en ihr gänzlich um aß M e di , he lic ein ch rs ah W s da n ne ih s au um Widersprüche, er od bLo s da s, en alt rh Ve n he lsc fa d un n ige ht ric s de stäbe d un ng rfu we ter Un f au n er nd so , eln ick tw en zu rte we Tadelns en ein es ß da , ge sa er ab h "ic it: ke dig en tw No die Ei ns ich t in t, gib it ke ar stb en Di r de z ol St en ein , am rs ho würdevollen Ge Re ölf Zw , ler ül (M e." alt die er üb elt W ue ne e di bt he er dies den, 1 8 1 ) 6. Rh eto rik -U nt er ric ht in der Sc hu le
t, er nd hu hr Ja . 19 im de Re en ch tli fen öf r de rd da an Der hohe St ih al ssa ht ric Ge im er od el nz Ka r de f au t, en ob sie im Parlam in er od ag rtr Vo en ch tli af ch ns sse wi im h sic sie ob t, ha t ren Or s da t leg rt, ße äu , on let uil Fe m de y, sa Es m de , sa ro tp der Kuns il sb Au r he isc or et rh t tä ui in nt Ko e ein r fü s ni ug deutlichste Ze de En it se st Er . ab t ch rri te lun hu Sc im ch no ns ste nig we dung h isc ph so ilo ph die rd wi ts er nd hu hr Ja . 20 s de ng fa An des 1 9. , t se ein 0 1 8 1 ch na ie D n. te tre m ru nt Ze s in g un ld Bi ästhetische zu t ich rr te Un ikor et Rh n de n se las en rm fo zenden Sc hu lre , 0) 86 1 478 1 ( h sc ier Th h ric ied Fr t. hr rü be un nz ga ch no st näch l hu Sc e ch ris pla em ex us ha rc du r lte ita Ze s da r fü se die au f den ur (n ht ge ck rü zu ts er nd hu hr Ja s de el itt Dr n ste reform im er ), ch na g un ät rsp Ve t hn ze hr Ja em ein a etw it Preußen folgt m be s ht ric er nt iku or et Rh s de ele Zi d un en ab fg Au die ch au hat ien ud St n de zu s un t hr fü se as Cl re he hö st ch nä ie "D : schrieben t ns Er it m n de Re n he sc ssi cla r de ng su Le it. ke der Beredsam ist t Ar n te ne ich ze be en ob r de in en eb tri ge it ke ich dl ün Gr d un e lch we g, un üh m Be r de ele Se e di d un ge dla un Gr e di r hie auch en ch tis ak pr hr se n de ch no ch au en ch tli af ch ns sse wi neben dem r de de Re de en ng hä en m m sa zu ie, fre die ll, so Zweck haben ." en rk stä zu t or W e dig en leb s da ] . [ . . d un ] . . . [ , nd Juge (Thiersch, Ueher gelehrte Schulen, 3 14 f.) Mit der Ausbreitung und Emanzipation des Deutschun terrichts ändert sich an der Bedeutung der Rhetorik im The menkanon nichts, wenn auch die Lehrbücher und vorbild lichen Autoren wechseln, oder besser: zu den antiken Klassi77
kern und ihrer Rhetorik treten noch die musterhaften deut schen Schriftsteller und die deutsche Rhetorik. So sieht der Lehrplan für die höheren Schulen in Preußen 1 867 für die Untersekunda außer der Lektüre von "ausgewählten deut schen Schriftstellern" den Unterricht in Poetik und Rhetorik "Recitationen und freie Vorträge" über Gegenstände aus der Literatur und Geschichte sowie Aufsätze und Übersetzungen vor. Der Literaturunterricht wird ergänzt durch philosophi sche Propädeutika und "Aufsätze mit Dispanierübungen und rhetorische Erörterungen (Figuren, Tropen usw.). Freie Vo:r träge." Merkwürdigerweise existieren rhetorische Formen und Stillehre, praktische Beredsamkeit und Organismusästhe tik vielfach einträchtig nebeneinander, so daß etwa in demsel ben Deutschunterricht, in dessen Mittel punkt rhetorische Übungen stattfanden, zugleich Karl Ferdinand Beckers ( 1 7751 849) Buch Der deutsche Stil ( 1 848), und sei es in der gestrafften Form der Schulausgabe, benutzt wurde, um die angeblich organisch vollkommene Stilentwicklung eines lite rarischen Werkes zu · belegen. Immer wieder fällt bei der Durchsicht der Lehrprogramme und Schulbücher auf, daß der rhetorisch ausgerichtete Deutschunterricht des 1 9. Jahrhun derts einen durchaus modern anmutenden Literaturbegriff be saß, der etwa die Essays Lessings und Schillers, Geschichts schreibung und Redekunst miteinschloß. Wenn man genau hi�ieht, verengt sich dieses umfassende Verständnis erst um die Jahrhundertwende (zuerst, nach 1 880, in Preußen) allein auf die Dichtung, um mit ihr, wie es so schön offen formuliert wurde, "die empfänglichen Herzen unserer Jugend für deut sche Sprache, deutsches Volkstum und deutsche Geistesgröße zu erwärmen". (Kratz, Lehrpläne und Prüfungsverordnungen, 19) Eine nicht hoch genug einzuschätzende Konsequenz des all gemeinen Rhetorikunterrichts war die in allen Bereichen des privaten, öffentlichen und wissenschaftlichen Lebens anzutref fende Sprachkultur. Nicht nur ist die im engeren Sinne belle tristische Literatur rhetorisch geprägt, weil ja auch die Schrift steller durchgängig rhetorische Bildung besaßen, so daß die '
78
besonders von der philosophischen Poetik und Kunsttheorie betriebene Rhetorik-Verachtung von der literarischen Wirk lichkeit vielfach aufgehoben und ad absurdum geführt wurde. Auch die sich in Reden, Briefen und Tagebüchern bezeugende Sprachfähigkeit im alltäglichen Leben, vor allem aber die wis senschaftliche Prosa der Epoche zeigen eine rhetorische Form und Kunstfertigkeit, die ganz selbstverständlich war und uns nur heute so außerordentlich dünkt. Ob die Werke Arthur Schopenhauers ( 1 788-1 860), Alfred Edmund Brehms ( 1 8291 8 84) Tier/eben, die Schriften von Hermann Ludwig von Helmholtz ( 1 821-1 894) oder Jakob Burckhardt ( 1 81 8-1 897): die rhetorische Kunstprosa der Epoche kennt keine fachlichen Grenzen, weil sie in der allgemeinen rhetorischen Schulbildung verankert ist. 7. Der große S til und die Universalisierung der Rhetorik durch Nietzsche
r de t ns ku ns tio ta en äs pr Re d un l sti ns be Le er ch lis Theatra g un nd rü sg ich Re en ch tli en eig r de r vo ge lan d sin eit Gründerz er kt un ep öh H n de r ih it m ch au sie nn we , en rd ausgebildet wo n ke ir W . en m ka be n io at im git Le he isc lit po e ihr d un ten reich a etw r tu ek hit rc na ße ra St r de in e ut he ch no se nis ug Ze nen di e l Bi e di ; ge nla na rte Ga r de in , au nb lle Vi im s, ng Ri des Wiener der H an s Makarts (1 84 0- 1 88 4) und Franz von Lenbachs li Ju e wi e iel isp Be de en ch re sp so en eb r fü da d sin 4) 90 1 ( 1 83 6die er od r he zie Er als t nd ra mb Re ) 07 19 185 1 ( s hn us Langbe en ng ru de an W n ine se In . ien W d un en ch ün M in Festumz üge n Fo r do eo Th t eib hr sc be ) 1 86 (1 g ur nb de an Br k ar M e· di h rc du e en leg ge in pp Ru ft ha sc af Gr r de in s da 8) 89 1 91 8 1 ( tane ten an rik ab rff To n rte llie fa er ät sp s de ng zu sit Be die Gentzrode, i ht äc Pr ch ris tle ns kü ufs "a ne sei r hie r de z, nt Alexander Ge ali nt rie "o in ß hlo Sc ein e, ht lic irk rw ve n" ee Id n ete ht ric ge ge e nt sa po "im s de in rra Te em ht hö er f au ", ke ac hm sc Ge schem n ge ge ß hlo Sc m de e ein en ich gle es "d , r" lbe ha ns ren Aussehe e nt hö rsc ve tte ro ng lse Fe e ch tli ns kü e ein h rc du e, en leg ge er üb ier rtn gä ck stü ter eis M ein ] . . [ cä Lu d ar ch Ri die e, lag an rk Pa .
79
•
scher Kunst nannte" ( Wanderungen durch die Mark Branden burg, 52 1 f.). Solche Bauten waren auf Wirkung berechnete Veranstal tungen, denen die Innenarchitektur kongenial korrespondier te. Sie sind das Raum und Bild gewordene Pendant zu der in Reden und Schriften ausgeführten Prunk-Rhetorik. Welches Erfolgsbuch der Epoche man immer aufschlägt, der vorherr schende Stilzug der Zeit ist die Größe und Erhabenheit, die auf Bewunderung und Überwältigung zielt, leidenschaftliche Affekte und Entzücken erregen will. Pathos, Prunk und Schwulst dürfen aber nicht nur als formalästhetische Merk male verstanden werden, sie sind der rhetorische Ausdruck eines Bildungsideals, das mit ihm auch gewaltsam durchge setzt werden sollte. Dem romantischen Ideal des vorbildhaften Sängerdichters korrespondiert das herrscherliehe Künstlerbild der Zeit, das sich seine Muster aus Renaissance und Barock holte und im Rembrandts- oder Rubensgewande kostümiert erschien. In seiner Vorlesung über die historische Größe hat Jakob Burckhardt zugleich die kritische Analyse und die theo retische Begründung für die Größensehnsucht seiner Zeit ge geben: "Unsern Ausgang nehmen wir von unserm Knirpstum, unserer Zerfahrenheit und Zerstreuung. Größe ist, was wir nicht sind." ( Weltgeschichtliche Betrachtungen, 209) Und: "Künstler, Dich ter und Philosophen haben zweierlei Fun kti on:r. den inne rn Geh alt der Zeit und Welt idea l zur Ans chau ung zu bringen und ihn als unvergängliche Kun de auf die Nac hwe lt zu über liefern. " (ebd . 2 1 4) Doc h versteht Burck hardt diese Zeugenschaft nich t als antiq uaris che Erinnerung, wie der anti ke Autor der Schr ift Über das Erhabene faßt er die Größe als men schl iche s Bild ungsideal und zugl eich als ab solu ten Maß stab von Rede und Dich tung auf, in der alle Kunstfertigkeit und die rhetorische Wirk ungs inten tion kul min iere n. Dies war der Weg, auf dem Frie dric h Nietzsche ( 1 844- 1900 ), der den älteren Basl er Koll egen verehrte, fortge schritten ist. Er hat diese Vorstell ung von Größe zum Angel pun kt seiner Lehre vom Übermenschen und sein es Zarathu stra ( 1 885 ) gem acht , in sein er eige nen Rhe torik freil ich, sein er 80
Auffassung über Schr iftstellerei und Stil ganz anders gedacht. " Hauptgrund der Verderbnis des Stils. - Me hr Em pfin dun g für eine Sac he zeigen wol len, als man wir klic h hat, verd irbt den Stil, in der Spra che und in allen Kün sten . Vie lme hr hat eine große Kun st die umgekehrte Nei gun g: sie liebt es, gleich jede m sittl ich bedeutenden Menschen, das Gef ühl auf seinem Wege anz uha lten und nich t ganz ans Ende laufen zu lassen. " (Nietzsche, Menschliches, A llzumenschliches, 9 3 1 ) Nietzsches Wiederentdeckung der Rhe tori k ist für das späte 20. Jah rhundert freil ich in anderer Weise bedeutsam gewor den ; es waren vor alle m die Vor lesu ngen und Lehrveranstal tungen des Jah rzehnts zwischen 1 869 und 1 879 , in denen er sich auf so fruchtbare Weise mit der Rhe tori k besc häftigte, und besonders das Kol leg im Wintersemester 1 872/73 brachte eine sow ohl systema tisc he wie historische Beh and lung des The mas . Nietzsche stützte sich dabei einerseits vor alle m auf Gustav Gerbers ( 1 820-1 901 ) Werk Die Sprache als Kunst, das ihm die spra chp hilo sop hisc he Dimensi on der Rhetorik, auch vermittelt übe r die romantische Spra chp hilosop hie, er schl oß; andererseits auf die altp hilo logischen Arbeiten von Leonhard Spengel ( 1 803 -1 880 ), Rud olf Hir zel (1 846- 1 9 1 7) und vor allem Richard Vol kma nn ( 1 832-1 892 ). Zud em fer tigte er eine eigene Übersetzung der Aristotelischen Rhetorik an. Aus dieser klassischen Perspektive heraus radi kali sierte er die These Gerbers von der grundsätzlichen Rhetorizität der Sprache und machte die rhetorische Methode zum Inst rum en tari um eine r umfassenden, erkenntnistheoretisch zugespitzten Sprachk ritik . "Die Spra che ist Rhetori k" (Nietzsche, Vorle sungsaufzeichnu ngen, 426 ) für Nie tzsc he, wei l sie nich t etwa die Wel t darstellt oder mimetisch abb ildet, sondern sinn lichen Reiz, "sub jekt ive Erregung" (ebd .) überträgt und dam it nich t anders funktioniert als die rhetorischen Übertragungsfiguren, besonders die Me taph er. Ein Ansatz, der alle Erk enn tnis in den Hor izon t der Spra che verweist, wei l nur in ihr es dem Men sche n mög lich ist, sich auf die Wel t zu bezi ehen . Wen n die Spr ach e selber abe r notwendigerweise rhetorisch verfährt, inde m sie die Mö glic hke it eröffnet, subjekt ive Ann ahmen 81
'
über die Welt zu formulieren und auf andere zu übertragen (eine doppelte Übertragungsleistung), bedarf es der Rhetorik und ihrer Kategorien, um diesen Prozeß des Aufbaus unserer Wirklichkeit zu beschreiben. Wenn Nietzsche derart Sprache und Rhetorik identifiziert, so picht allein deshalb, weil die Sprache rhetorisch, insbesondere figurativ, verfährt, wenn sie ein Bild der Wirklichkeit aufbaut, sondern weil sie für 'den Menschen allgemein dieselbe Aufgabe und Wirksamkeit be sitzt, die sie für den Redner hat, nämlich Einfluß auszuüben, sich die Welt verfügbar zu machen, indem er sie von dem Wort stellvertreten läßt. An dieser Stelle wird später Hans Blumenberg ansetzen, wenn er die anthropologische Begrün dung der rhetorischen Funktion im menschlichen Mängelwe sen sucht, das auf Rhetorik angewiesen ist, weil ihm keine fe sten Regelmechanismen zur Bewältigung der gefährlichen Wirklichkeit mitgegeben sind.
'
..
111. Rhetorik im 20. Jahrhundert 1 . Nullpunkt der Rhetorik
Das bürgerliche Zeitalter, wie man das 1 9. Jahrhundert ge nannt hat, war trotz florierender Beredsamkeit keine rheto risch fruchtbare Epoche. Man lebte von den Theorie-Resten der Vergangenheit, soweit sie für den Nationalismus, die po litische Propaganda, das Unterhaltungsbedürfnis eines mas senhaften Publikums verwertbar schienen. Die Redekunst galt selbst bei ihren Meistern wie Bismarck als ein zweifelhaftes Talent, dem in bestimmten historischen Situationen, wie dem Vormärz, und zu genau definierten politischen Zwecken, wie der Propaganda für die Einheit des deutschen Reiches oder den Krieg gegen Frankreich, die Nützlichkeit nicht abgespro chen wurde, das man aber wenig achtete und lieber dem Geg ner als sich selber zuschrieb. Die friderizianische Maxime "Räsoniert, aber gehorcht" triumphierte abermals im Untertanenstaat des 1 9. Jahrhun derts, allerdings meist auch noch unter Preisgabe des Räsonnements; ein verschwommener Kult der Seele, der In nerlichkeit und wortlosen Allgemein-Menschlichkeit siegte über die alte Allianz von ratio und oratio. Die Folgen: das verhängnisvolle Schisma zwischen Gelehrsamkeit, Wissen schaft und öffentlichem Leben, insonderheit der Politik, das noch heute weiterwirkt; die Sprachlosigkeit der Politik sel ber oder vielmehr (weil jede Politik der Sprache bedarf) eine politische Verlautbarungsrhetorik, die arm an Emotionen, arm an Schmuck, arm an Gesprächigkeit, aber natürlich auch an Begründungen und Nachweisen ist; schließlich die Ver breitung einer geschwätzigen, unkultivierten Alltagsrede im Privatleben und in der Familie auf der einen und die Wu cherung eines Schwulststils in der öffentlichen Repräsentation des Staats, der Künste und Wissenschaften auf der anderen Seite. Dieses in seinem Ausmaß kaum zu überschätzende Defizit an bewußtem, und das heißt ausgebildetem theoriegeleiteten 83
Wissen ist die Erbschaft des 1 9. an das 20. Jahrhundert und wiegt in Deutschland um so schwerer, als es hier keine Tradi tion demokratischer Debattenkultur wie in den angelsächsi schen Ländern, keine sich bewußt an rhetorischer Sprachpra xis schulende öffentliche Rede wie in den romanischen Ländern gab. Die Folgen sind vielfältig. Das rhetorische Gat tungssystem löst sich endgültig auf, die Grenzen werden nach allen Seiten hin überschritten. Werbung und politische Rede, Predigt und Unterhaltung, private und öffentliche Beredsam keit gehen ineinander über, die rhetorische Theorie fristet ein kümmerliches Dasein in Schwundstufen wie der Sprecherzie hung, dem professionellen Redetraining. Kurz, mit dem Be ginn des 20. Jahrhunderts nähert sich die deutsche Rhetorik mehr und mehr dem Nullpunkt. Von zwei Seiten kam die Ret tung: von den Erfordernissen der politischen Praxis und von außen, von den neuen rhetorischen Theorien, die zu�rst in den USA entwickelt wurden. 2. Rede in der Politik
Zu näc hst vermag die Nu llpu nktsituation etwas von der Plö tzli chk eit un d exp los iva rtigen Kraft zu erk lär en, mit der die Rhetorik sei t Ende des 1 9. Jahrhunderts das öffent lich e Leben zu beherrschen beginnt, so daß ma n geradezu von red,� nden Zeiten gesprochen hat . Hie r offenbart sich ein Ph äno me n, das ma n in anderen, ind ivid ual psy cho logischen Zu sam menhängen als eine "Wiederkehr des Verdrängten" bezeichnet, wobei diese Wiedererscheinung in verzerrter, entstellter Weise geschieht. Die Analogie ist lehrreich, denn tatsächlic h ist das , was sic h da zun äch st im Ka iserreich, dann in der We ima rer Repu blik und sch ließ lich im Dritten Reich rednerisch Ba hn bricht, einerseits die Erneuerung rhetorischer Soz ialt ech no log ie, wie wir sie seit der An tik e kennen, ande rerseits wird das so lange Abgewehrte und Verdrängte von ei genen Gesetzen beherrscht, die ein em Ko mp rom iß entstam me n: und zwar dem Ko mp rom iß zwischen den historischen, auc h menta litätsgesc hic htl ich en Kr äften, die die Rhetorik seit
Jahrhunderten in Deutschland verdrängt haben, und der überlieferten Gestalt der Beredsamkeit selber. Überlegungen dieser Art waren den Zeitgenossen nicht fremd: "Wir erleben im Kunstgewerbe das Aufkommen eines deutschen Stiles. Möge er reif werden und nicht in neue Kün steleien verfallen! Etwas Aehnliches vollzieht sich in der Rede, nur geht es viel unbewußter vor sich, was kein Schade ist. Bismarck ist ein Wendepunkt gewesen. Die meisten seiner parlamentarischen Zeitgenossen sprachen noch vorbismark kisch, schillerisch, romanisch, waren Schüler der Lateinschu len und wollten klassisch wirken. [ . . . ] Aber Bismarck selber war stärker als sie alle, denn er redete nicht wie die Schriftge lehrten, sondern wie einer, der Macht hat über Menschen und Dinge. Er sprach nicht glatt, war kein Cicero, aber Europa hörte ihm zu, weil er etwas zu sagen hatte." (Naumann, Kunst der Rede, 2 1 f.) Diese Sätze stammen von Friedrich Naumann, dem Ziehva ter der liberalen Bewegung in Deutschland. Er ist ein beson ders geeigneter Zeuge des erwachenden rhetorischen Geistes, . weil seine Lebenszeit ( 1 860-1 9 1 9) mit der Wilhelminischen Epoche so ziemlich übereinstimmt, weil er zudem fast gleich alt mit dem 1 859 geborenen Kaiser, seinem rhetorischen Riva len und Gegenspieler, war und weil er schließlich nicht nur die rednerische Praxis glänzend beherrschte, sondern sich auch über die Kunst der Rede in einer Schrift gleichen Titels Gedanken machte. Nun müssen die gerade zitierten Sätze et was genauer betrachtet werden. In ihnen offenbart sich der Mechanismus einer Wiederkehr des Verdrängten beinah wie in einem Lehrbuch. Der deutsche Stil erscheint als Kompro mißbildung aus jener Redekunst, für die der Name Ciceros und seiner schillerischen und romanischen Nachfahren steht, und einer davon unabhängigen spezifisch deutschen Traditi on, die sich staatlich als autoritäre Monarchie, ideologisch in "Sachlichkeit", "Einfachheit", " Natürlichkeit" (vgl. ebd. 23) darstellt, wie Naumann Bismarck an anderer Stelle charakte risiert - deren Ergebnis dann aber paradoxerweise genau jener Predigtstil ist, in dem Wilhelm II. ( 1 859-1 941 ) so gerne pa·
,
•
84
85 •
radierte und dem au ch der einstige Pfarrer Na um an n ausgie big frönte. "Kais er W ilh elm II. ist ein geborener Redner, un d er ma ch t ausgiebig Gebrauch von se ine m Ta len t, da er es für notwen dig hä lt, au ch seine Person vo lls tä nd ig einzusetzen, wenn es gil t, für seine Ideen Propaganda zu machen oder die von ih m für notwendig und richtig erkannten Plä ne zu r Ausführung zu bringen ." (K lau ßm an n, Kaiserreden, V) Das Rednerporträt sta mm t von dem Herausgeber ka ise rli ch er Reden Os ka r Kl au ßm an n, der schon zu diesem Ze itp un kt ( 1 90 2) weit mehr als 40 0 Reden und Ansprachen des Ka isers zä hlt e, un d es wird auch von späteren Historikern bestätigt. W ilh elm wa r in der Ku ns t der Herrscherrede wohlbewandert, die konventio ne lle n Ansprachen vor Vo lk und Heer, die Toasts und Ei n weihu ngsreden kl ingen bei ihm nic ht vie l untersch ied lic he r als bei anderen gekrönten H äuptern in Eu ro pa , do ch , anders als in ein er wi rk lic he n ko ns tit ut ion ell en M on ar ch ie, m ißa ch tete er da s Parla ment, ob wo hl er an zwei Verfassungen, an den preußischen Landtag und den deutschen Reichstag, gebunden war, fre ilich oh ne au f sie jem als vereidigt worden zu sein - ein fragwürdiges Verdienst Bi sm ar ck s. Jedermann ke nn t die Gr ün de : W ilh elm II. konnte sic h au f seine absolute Ko mm an dogewa lt be im M ilitär und au f da s Al lei nentscheidungsrecht in allen Persona langelegenheiten stützen. De n eigenen Rede stil ein e M isc hu ng au s unangemessener Dr as tik und An a ch ro nis me n, au s neutönenden Sig na len un d hemmungslos au f trumpfender M ilitanz, m uß ma n gle ich fa lls auch als Reflex realer Machtvo llk om me nh eit sehen . Hi nz u tritt ein Sendungs bewußtsein, un d zu seinen bevorzugten Li eb ha bereien gehörte es, an Bord seines Sc hiffes sel ber den Gottesdienst zu ha lten: in vie len seiner Reden ist es fast, als hörte man ein en Pfarrer von der Ka nz el wettern. Wichtig ist dieser Pu nk t deswegen, weil die Beredsamkeit der Pastoren un d ihr er Sc hü ler über Ja hr hu nderte hi nweg die wi ch tigste prägende rhetorische Kr aft in Deutsc hla nd gewesen ist, un d der To nf all der Predigt ebenso wi e ho mi letische Erzä hlu ng un d Argumentation zu je nen verzerrenden Elementen in der Wiederkehr der verdräng86
ten Rhetorik gehören, die seit Wilhelm II. die politische Büh ne beherrschen. Das ist auch buchstäblich gemeint: Der als " Paradekaiser" belächelte Wilhelm mit seiner Vorliebe für Kostüme und Uniformen inszenierte seine rhetorischen Ak�ionen auch als theatralische Ereignisse. Das ist nicht so merk würdig, wie manch zeitgenössischer Kritiker ebenso wie viele spätere Historiker wohl meinen mochten. Auch die Theatra lisierung der Politik gehört zu den Grundzügen der Epoche. Im Stil wirkt sie befremdlich, greift aber in ihrem innersten Begriff und rhetorischen Verständnis auf Strategien und Praktiken unseres Medienzeitalters voraus. Die Aufmerksamkeit auf die Umstände der Rede, auf Raum und Zeit, Artikulation und Sprechtempo, auf den gesamten Bereich der rhetorischen actio also, beherrschte Naumanns rhetorische Reflexionen ebenso wie die Praxis seines kaiserli chen Gegen-Redners. In Ewald Geißler ( 1 880-1 946), dem jungen Hallenser Sprechwissenschaftler, der 1 906 seine uni versitäre Lehrtätigkeit aufnahm, fanden sie einen später be sonders einflußreichen rhetorischen Kompatrioten. Auch Geißler hatte es sich zum Ziel gesetzt, die "alte Rhetorik" durch eine "deutsche Rhetorik" zu ersetzen, deren " Bausteine nicht in Griechenland und Rom (zu) suchen" seien, sondern " von den modernen Wissenschaften und Kulturverhältnissen ausgehen " (Geißler, Rhetorik II, 1 8 ) müsse. Im lebendigen Sprechen, in der mündlichen Rede, in Lautgebärde und Selbstoffenbarung kulminiert diese Redekunst. "Das Endziel aber", schreibt Geißler 1 9 1 8, "dem der Redner über alle Wi derstände hinweg zudrängt, ist, daß die Hörer so werden, wie er sie haben will. So denken, so fühlen, so wollen, so handeln. Alles Reden strebt zum Überreden. Das Überreden aber ist um so vollständiger, je weniger es durch spätere Einwirkungen wieder aufgehoben werden kann, je tiefer es in jenen Kern der Seele greift, der das Dauernde bleibt im Wechsel. " (Ebd.) Das ist beinahe der Gegensatz zu dem rhetorischen Ethos, das Aristoteles und Cicero formuliert und verkörpert hatten, und Geißler stellt sich die Interaktion zwischen Redner und Publikum dann auch folgerichtig als ein "Herrschen" vor, das 87
sich "auf den zu Beherrschenden " einzustellen habe. Wie der art der Aristotelische Grundsatz der Rhetorik, daß das Publi kum allein richtunggebend für den Redner sein müsse in sein Gegenteil verkehrt wird, so wird die persönliche O berzeu gungskraft des vir bonus dicendi peritus, des guten Redners, durch den "Zauber der Einzelpersönlichkeit mit ihren un wägbaren Kräfteausstrahlungen " (Geißler, Rhetorik II, 2 5 ) ersetzt. Man kann schon aus diesen allgemeinen Thesen her aushören, welcher Art die redenden Zeiten sein werden von denen Geißler später spricht, auch wenn es hier zunächs� nur Wilhelminische Gesinnungen sind, die er verrät. J?och gab es auch schon eine alternative Möglichkeit rhe torischer Meinungsbildung in einer inzwischen demokrati schen Gesellschaft. Verkörpert wird sie von einem Politiker wie W�lter Rathenau ( 1 867-1 922), der die seltene Synthese von Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst, von universaler Bil dung und Rhetorik, von demokratischem Pluralismus der Meinun?�n und einer sittlichen Staatsidee, von Utopie und Realpolitik verkörperte wie kein anderer Redner seiner Zeit . Seine Ermordung bedeutete auch das Fanal einer Redekunst die an die klassischen Vorbilder anknüpfte, indem sie die rhe� torisehen Mittel gerade einsetzte, um in kontrovers diskutier ten, ja ideologisch verfestigten politischen Fragen dennoch zu vernünftigen �ntsch_eidungen zu kommen, eine Auffassung vom genus delzberatzvum, von der politischen als einer demo ,kratisch beratenden Rede, die freilich ganz unzeitgemäß war _ und zw1schen den militant erstarrten Fronten keine Chance hatte. Nein, es sind nicht die faktischen Gegebenheiten oder der angeblich eherne Lauf der Geschichte allein, die es hier zu erfah:en__ u?d zu erkennen gilt. Sondern, daß die Möglichkei ten vielfaltiger waren und eine andere Zukunft die Zeitgenos sen am Rock�ip�el ergreifen konnte, als es diejenige war, die dann zur Wirklichkeit drängte. Doch auch die zweifelnde Frage mag hier angebracht sein, ob nicht gerade die von Rathenau repräsentierte Rhetorik des gebildeten informierten Diskurses, der die konkurrierenden Standpunkt; in eine Erör terung von Sachfragen überführen möchte, in die zwar Stim88
I
•
er b a e n h o , en ß ie fl n ei it m en ss re m u ngen u n d herrschende Inte o M e ch is ss la k s se ie d t h ic n b au ss ch la g g eb en d zu werden - o lt ei rt u er v rn te ei h Sc m zu b al h es d e ed d el l p o li ti sc h er Beratungsr n se as M m zu k ri o et h R er d el d an w ar , wei l es d en Strukturw en n ei ch o n ar g so n n a k n a M m ed iu m n ic h t b er ü ck si ch tigte. f u a st h äc w er k ri o et h R s au Schritt weiter g eh en . Denn Ratben er d ie w en en d n o v , en g n u d il b iß d em G ru n d je n er K o m p ro m m m ö k b A s u a e ll a F em in se in h o lt die Rede w a r und d ie si ch . en eb g er ie h p so o il h P en ch is st li lingen der d eu ts ch en id ea t al ew G ie d er n ei in e rt h fü t h ac M Der Weg zu r p o li ti sc h en e G en d n lle fa er v r eh m d n u r eh der Rede entdeckenden, ih r m r ih s a d d n u ät it al n io at R e h se ll sc h aft n ic h t ü ber d ie rhetorisc d n u n te en et p m o k e ll a ie d ch li m ä entsprechende P u b li k u m , n t, ei k h ic tl en ff Ö e rt lä ek fg u a e d v er n ü n ftigen B ü rger u m fassen ie d f u a t h ic n n en D . m iu ed m n sondern ü ber d ie Rede a ls Masse n er d n so , n a es t m m o k , g n u d ei ch ts n Ergebnisse, d ie p o li ti sche E s a m ie D e. ed R er d in g n lu el st ar a u f deren m as se n w ir k sa m e D s se is n eb rl E eed R es d n o ti k n u senkom m u n ik ative V er b in d u ngsf er h sc ti li o p s, en eb tr ts h ac M en h sc wird in den D ienst p o li ti in rf E er d r o V t. ll te es g g n tu al rh Machtergreifung und Machte er d m iu ed M es er d an n ei k ar dung von F il m und Fernsehen w em d d n u ft ra sk n o ti es g g Su an g n jenigen der Rede-Inszenieru t er ti re rp te in er n ed R er D . en g le Sc h ei n d er Authentizität über e ed R er d in g n ru ie en sz In ie d , si ch in u n d m it seiner Rede se lb st e iv at rn te al ß a d , ch li g n ri d n ei d n u ar Arena w ir k t so u n m ittelb te ek ir d er D . en m m o fk au r eh m Vorstellungen dagegen n ic h t r re ö h u Z , en eb h ch o -H er d in K K o n ta k t, das Händeschütteln, rg so se is n eb rg E , en n o ti la u Ansprechen sind in W ah rh ei t S im er d zu es ie w , ch u a n a m t if re eg b fältiger Inszenierung. U n d so en m m o k e ri eo h T er d in st lb se n Hochschätzung der Rede-Aktio ie d f u a in tr k o D en h sc ri o et konnte u n d zur Reduktion der rh f, p m a K n ei M r, le it (H " es rt o W en " Za u b er k ra ft des gesprochen er h sc ri o et rh er st ei M em d it m n o 1 1 6 ), u m es a n d ie se r St el le sc h . en g sa zu ), 5 94 1 9 8 8 1 ( r le it H Selbstinszenierung, A d o lf o et h R er d g n u er si ti ia ed M e n er d o W ie eine solche höchst m d n u t tz se h rc u d n te al h In en ch is ri k si ch unabhängig von p o lit ie d n a n te al h er sv n io at ik n u m in welcher Form si ch d a s K o m. 89
I
Produktionsbedingungen der Redeaufführung anpaßt, dafür sollen zur Verdeutlichung drei Beispiele dienen. Dabei wird sich auch schon zeigen, daß sich die Massenwirkung der Rede durch den Einsatz technischer Medien (vor allem des Rund funks) zwar beträchtlich steigern läßt, die Struktur der Mas senkommunikation selber von ihnen nicht berührt wird, wenn das Regiebuch der Rede mit den leitenden Gesichtspunkten ihrer medialen Wiedergabe übereinstimmt. Das ist freilich nur dann der Fall, wenn der Redner nicht nur Herr der rhetori schen Situation, sondern ebenso der technischen Medien ist. "Ich erfahre abends durch Ferngespräche", so notierte Joseph Goebbels ( 1 897-1 945) am 1 0 . Februar 1 933 in sein Tage buch, "daß die Rede von einer fabelhaften Wirkung auch im Lautsprecher war. Der Lautsprecher ist ein Instrument der Massenpropaganda, das man in seiner Wirksamkeit heute noch gar nicht abschätzen kann. Jedenfalls haben unsere Gegner nichts damit anzufangen gewußt. Um so besser müs sen wir lernen, damit umzugehen." (Goebbels, Tagebücher, Bd. 2, 372) Da s erste Be isp iel für die Fu nk tio nal isierung der Rede als Ma sse nk om mu nik ati on sm ittel liefert eine Rednerin, die eine ganz eigene und durchaus verführerische Au ffassung von ih ren Adressaten entwickelt hat : gemeint ist Rosa Lu xem burg ( 1 87 1- 1 9 1 9) . Ihr Gla ub e an die Pro du kti vit ät un d Spo nta ni tät der Masse trennte sie von den meisten sozialistischen Fü hrern ihrer Epoche. "D ie Masse mu ß selbst ihre Aufgabe und ihren Weg kennen" , forderte sie. "Dies ist eine unerläßliche historische Bedingung der sozialdemokratischen Aktion; in derselben Weise hat die frühere Unwissenheit der Masse die Bedingung für die Aktion der herrschenden Klasse dargestellt. So löst sich der Widerspruch zwischen dem Führer und einer Majorität, die sich hinter ihm herschleppt, auf, und die Bezie hung zwischen Masse und Führer kehrt sich um." (Sperber, Die Achillesferse, 42 ) Ein . heroischer Irrtum, wie sich bald herausstellen sollte, doch hat er eine Rhetorik hervorgebracht, in der die Rede zwar ebenfalls als Massenkommunikations mittel eingesetzt wird, der Adressat aber nicht als passiver .
..
90
I
Rezipient, sondern als aktiver, mündiger Partner aufgefaßt und angeredet werden soll. Doch eben dieses Publik um gab es nicht, und die desillu sionierende Erfahrung erzeugte auch ein neues Verstän dnis von Rede, neu jedenfalls, wenn man es an dem Anspruch mißt, den Rosa· Luxemburg in ihren Reden zunächst vertreten hatte. Deren Kunst der Ver einfachung und Zuspitzung, der Verstä ndlich keit durch klare, wirksam gegliederte Argumentreih en, des ironischen Zitats und der schneidenden Widerlegung weicht mehr und mehr ei ner emotional bewegenden Redeweise, die auch zunehmend zu pathetischen und polem ischen Techniken ihre Zuflucht nimmt , entsprechend der Erkenntnis, die sie 1 9 1 8 auf dem Gründungsparteitag der KPD vortrug: daß nämlic h die Mas sen noch unreif seien und der Leitung und Erziehung bedürf ten (wesha lb sie für die Teilnah me der KPD an der Nation al versammlung plädierte, weil dadurch die so dringend nötige Zeit gewonnen werden könnte ). Die rhetorische Produktion von Politik erfährt damit auch auf der Linken eine tiefgreifen de Veränderung: auf das rhetorische Erschei nungsb ild allein kommt es an, um die noch unreifen Massen dennoch zur Zu stimmung für die sozialistische Politik zu bewegen. Was sich bei Rosa Luxemburg erst ankündigt und durch ih re unzweideutige human istische Gesinnung gebremst wird, kommt bei ihrem Mitstreiter Karl Liebknecht ( 1 871-1 9 1 9) nun ganz umfassend zur Geltung. Liebknecht, von Beruf Rechtsanwalt, Sohn des neben August Bebel ( 1 840-1 9 1 3 ) be deutendsten Führers der SPD, Wilhel m Liebknecht ( 1 8 1 61 9 1 6), war ein Praktike r des politischen Kampfes, immer aus der Situation heraus agierend. "Liebk nechts Haltun g ist so wie immer" , spottete Rosa Luxemburg gelegen tlich, "ein Sprung nach rechts, einer nach links." (Kühn, Auf den Barri kaden des mutigen Wortes, 93) Er wußte das auch selber, be kannte, daß ihn "das erste Produzieren, das Heraussprudeln, das eigentlich Zeugen und Gebären" am meisten interessiere und seine ganze Kraft gehöre "dem Tage, wo es gelte, kämp fend eine neue Welt zu schaffen" (ebd.). Die Überzeugungs kraft der lebendigen Redeaktion ist - ganz im Sinne Geißlers 91
auc h sein Metier, und die forensische Bereds amk eit liefert ihm nich t unerwartet das Modell für seine pol itisc hen Auftritte. Dab ei sch lüp ft er abwech seln d in die Rol len von Anw alt Ankläger und Richter, seine Redeauftritte geraten ihm wie von selbst zu spektakulären Gerichtsverfahren, und jedes wir kungskräftige Mittel ist ihm recht, wenn es die Effekte der Rede-Show verlangen. Liebknecht knüpft das rednerische Ethos an den politischen Zweck, der über die rhetorische Ak tion entscheidet, womit der Redner nun gänzlich zum Medi um einer überpersonalen Instanz wird, in deren Auftrag er agiert. Rede geht über in Agitation, erscheint als mediales Er eignis, dessen Modell die Gerichtsarena abliefert. "Du ta delst", so verteidigte er sich gegen einen Vorwurf seiner Frau "ich wiederholte oft dasselbe. Es ist nicht Greisenschwäche ; Es ist Hämmern - bis der Nagel festsitzt. Axtschlagen - bis der Baum fällt. Pochen - bis Schlafende aufwachen. Peitschen - bis Träge und Feige aufstehn und handeln." (Kühn, Auf den Barrikaden des mutigen Wortes, 1 00) Die politische Botschaft gleicht sich ihrem medial-rhetorischen Erscheinungsbild bis zur Verwechslung an. Sogar bis zur Verwechslung mit dem politischen Gegner. Wo mit das dritte Beis piel sch on Konturen gewinnt, und wir klic h erreicht die Um wa ndl ung der Rede in ein Ma ssen med ium in Hit lers Rhe tor ik eine n zu sein er Zeit und weit df.r übe r hin aus nich t wieder erreichten Hö hep unk t. Er wird dur ch Vielfalt und Perfektion der tech nisc hen Medien selb st heute viel leic ht nur noc h von den großen Wa hlka mp fveran staltungen in den USA und jene m Sta: a tstheater überboten, das die amtierenden ame rika nischen Präsidenten anl äßl ich ih rer Reden zur Lage der Na tion aufzub ieten pflegen. Nu n ist es merkwürdig, ja irritierend, daß der Redner Ado lf Hit ler von den Kul turk ritik ern , His tori ker n, Inte llek tue llen nac h 1 945 in der Regel rhetorisch höchst gering eingeschätzt wir d, dagegen sein Propagand am inister Jos eph Go ebb els als die eigentliche rednerische Kra ft des Dri tten Reiches aufgefaßt wird. Rol f Ho chh uth war einer der wenigen, der in j üngerer Zeit an die sem Bild einige Fragezeichen anbrachte, von Go ebb els' '
"krank hafte(r ) Redesucht" ( Ho chh uth , Täter und De nker, 1 82 ) spr ach und ihm ein en Pre dig tsti l bes che inig te, des sen Wirkung vor alle m auf dem unbeirrbaren, geradezu besesse nen Gla uben an seinen Führer beruhte; indem er sich zu des sen ent hus iastischem Ver kün der ma cht e, gelang es auc h ihm , die Ma sse n hin zur eiß en. Zu Hit lers 5 3 . Ge burtstag 1 942 of fen bar t er unverstellt diesen Beweggrund seiner persuasiven Erfolge: "Au s der Glu t der Begeisterung, mit der sich die Mi l lion enm ass en Hit ler und seiner Idee hin gab en, meinte ma n den Schrei herauszuhören, der Deu tsch lan d zur Zeit der Kreuzzüge erbeben ließ : ,Gott wil l es!"' (Hochh uth , Täter und Denker, 2 14 ) Hie r hab en wir etwas, das me hr ist als blo ße hyperbolische Übersteigerung, hie r haben wir das Selbstpor trät ein es fanatischen Jüngers, der alle Kraft vom Meister be zieh t und es ihm mit unb edingter Gefolgschaftstreue vergilt. Auc h Ado lf Hit ler wa r kein blo ß naturwüchsiger Redner. Der Autor von Mein Kampf sch ildert dur cha us glau bw ürd ig, wie seine rhetorischen Fertigkeiten aus der reflektierten Erfah run g wuc hse n: "W ir hab en wah rlich nich t um die ,Gu nst der Massen geb uhl t', sondern sind dem Wa hns inn dieses Vo lke s entgegengetreten, übe rall . Fas t immer wa r es so, daß ich in diesen Jahren vor ein e Ver sam mlu ng von Menschen trat, die an das Gegenteilige von dem gla ubt en, wa s ich sagen wo llte , und das Gegenteil von dem wo llte n, wa s ich gla ubt e. Da nn wa r es die Aufgabe von zwei Stu nde n, zwei- bis dreitausend Menschen aus ihrer bisherigen Überzeugung her aus zuh ebe n, Sch lag um Sch lag das Fun dam ent ihre r bisherigen Ein sich ten , zu zertrümmern und sie sch ließ lich hin überzuleiten auf den Bod en unserer Überzeugung und We ltan sch auu ng. - Ich hab e dam als in kurzer Zeit etwas Wichtiges gelernt, näm lich dem •
Feinde die Waffe seiner En tgegnung gleich selber aus der Hand zu sch lagen. Ma n mer kte bal d, daß uns ere Gegner, be
sonders in Gestalt ihrer Dis kussionsredner, mit ein em gan z bestimmten ,Repertoire' auftraten, in we lch em immer wie derkehrende Ein wä nde gegen unsere Beh auptungen erh obe n wu rde n, so daß die Gle ichartigkeit dieses Vorgangs auf eine ziel bew ußte ein hei tlic he Sch u lun g· hin wie s. Un d so wa r es ja 93
92 I
·
,
• ,
I
auch. Wir konnten hier die unglaubliche Diszipliniertheit der Propaganda unserer Gegner kennenlernen, und es ist heute noch mein Stolz, das Mittel gefunden zu haben, diese Propa ganda nicht nur unwirksam zu machen, sondern ihre Macher endlich selbst damit zu schlagen. Zwei Jahre später war ich Herr in dieser Kunst." (Hitler, Mein Kampf, 522) Die Probe mag genügen. Sie führt eine n Fall vor Augen, der als Mo dell beis piel durch die rhetorischen Leh rbü che r wan dert, daß näm lich die Redekunst aus der kon trol lierten ora torischen Pra xis entsteht und doctrina und ars, Theorie und Lehre, erst ans chließend zum Zuge kommen . Nat ürli ch hat sich Hit ler auc h einschlägig informiert, und die Verabsolutie rung der Redeaktion, auf die hin alle Vorbereitungen ausge richtet werden soll en, weist sch on in die richtige Gegend: die deutsche Rhe tori k, die Geißler, Eric h Dra ch ( 1 8 8 5- 1 935 ) und andere entwickelt hatten. Es bed urfte nich t einm al der Rad i kalisie rung, um dar aus ein nat ion also zial istisches Rede Inst rum ent ariu m zu gewinnen: vom Redeziel der Beherr schung des Pub liku ms und der Vernichtung gegnerischer Me inu ngen bis zur unwiderstehlichen Gewalt der Redesitua tion, von der Verbindung men sch lich er Leid ens cha ften bis hin zum rau sch haften Gem eins cha ftse rleb nis' durch die Redeauf führung. Na tür lich ist die Widerlegung des Gegners in der Hie rarc hie der Redeziele nur eine erste Etappe, die Vorausset zung des eigentlichen Zweckes, näm lich die eigene pol itische de I e der Ma sse so aufzuzwingen, daß jeder einz elne gla ubt, er habe sie selber gefu nde n. Hie r ist es nich t auf Beratung mit dem Zie l eines Konsenses abgesehen, die Wa hrh eit soll dur ch den, der sie besitzt, allen, denen sie noch fehlt, unwiderruflich aufgeprägt werden. Rhetorik wird als reine Technik des Aus tausches von Ideen, Vorurteilen, Stimmungen, Empfindungen verstanden, der Redner erscheint wie ein Operateur, der das gesunde an die Stelle des kranken Organs setzt. Daher spielt die Tageszeit (nicht Vormittag, sondern Abend), spielen Raum und Beleuchtung, Zeichen und Symbole eine so wichtige Rolle für die Narkotisierung, die dem operativen Akt der Implantation vorausgehen muß. Den persuasiven Charakter •
94
·
der pol itischen Rede iden tifiz ierte Hitler mit Überwältigung. Seine pol itisc he Rede ist Ver kün digungsrede, Offenbarungs rede, die die wahre Lehre in das " Herz des Vol kes " transpor tiert, und das auf mil itante mis sion aris che Weise, mit der Vorste llun g des Gla ube nskrieges dah inte r. Um nur ein Bei spie l zu nen nen : Die berühmte Wa hlka mpfrede im Spo rtpa last am 1 0.2. 1 933 gipfelte sich zum Sch luß in eine Predigt peroratio hina uf: "De nn ich kan n mic h nich t löse n von dem Gla ube n an mei n Vol k, kan n mic h nich t lossagen von der Überzeugung, daß diese Nat ion wieder eins t auferstehen wir d, kan n mic h nich t entfernen von der Liebe zu dies em mei nem Vol k und hege felsenfest die Überzeugung, daß eben doch einm al die Stunde kom mt, in der die Mil lion en, die uns heute hassen, hinter uns stehen und mit uns dan n begrüßen werd�n das gem eins am geschaffene, mü hsa m erk ämp fte, bitter er worbene neue deutsche Reich der Größe und der Ehre und der Kraft und der Her rlic hke it und der Gerechtigkeit. Am en. " (Dom aru s; Hit/er, Reden und Proklamationen, Bd. 1 , 208 ) Solche For mel n wirkten wie Sign ale und verdeutlichen noc h heute den engen Zus amm enh ang von Mis sion und Propagan da, der auch historisch verbürgt ist: Congregatio de propa ganda fide hieß die von Gregor XV . ( 1 554- 1 623 ) 1 622 in Rom gegründete Ges ells cha ft zur Verbreitung des Kat hol izis mus unter den Hei den und zur Ausrottung der Ketzere i. Und so verwundert es nicht, daß es überraschende Par alle len zwi schen der trad itio nell en chr istlichen Predigtlehre und Hitlers Rhetorik gibt, die man chm al wie eine geistliche Beredsamkeit ohne Rel igio n erscheint. Doc h dam it genug der Hin wei se auf den theoretischen Hin tergrund, der durch Bausteine aus der zeitgenössischen Massenpsychologie (Le Bon ) noc h ergänzt wurde: aus ihr vor alle m hat er sein Bild vom Ma ssen pub li kum als trie bha ftes, gefühlsgele itetes, pas siv- bewegliches, weibliches Ob jekt der Geschichte bezogen. Aber das ist nicht alles. Hitlers Reden, man weiß es, waren sehr lang, und ihr Erfolg widerlegt einen populärrhetorischen Allgemeinplatz, daß eine Rede alles sein darf - nur nicht län ger als zehn Minuten. Zwei, zweieinhalb Stunden waren nor95
'
•
ma l, drei Stunden nic ht selten, und sogar vier Stu �den kamen vor . Do ch was wie ein rhetorischer Regelverstoß erscheinen kan n, führt in Wa hrh eit zum wichtigsten Beweggrund von Hit lers rednerischem Erfolg. Ganz abs ich tlic h begann er lang sam , gemessen, professoral dozierend, mit schier end losen ge schichtlichen und weltanschaul ichen Betrachtungen, die nur ma nch ma l durch (gle ich sam vorausdeutende) schneidende oder sogar sch rille Aufgipfelungen der Stimme unterbrochen wurden und die Hörer schockartig aus einer gewissen Stim mu ng des ,Ei ng elu llts ein s' un d der entspannten Geistesabwe senheit in die Gegenwart zurückrissen. Dieses Vorgehen stei gerte er im zweiten Teil der Rede, die Wechsel wurden kürzer, das Tempo sch nel ler, die sowieso imm er überreizte Stim me trie b er bis in ekstatische Tonarten hin ein , die in ein kau m noc h artiku liertes Ge brü ll von großer Lautstärke gle ich sam überschnappen kon nte n. Da her bevorzugte er den geschlosse nen Ra um der mit seinen Ha ll-E ffekten großen Kir che nsc hif fen vergle ich bar war (im Freien ging, bei m dam aligen Stand der Tontechn ik, zuv iel von dieser Sprech-Inszenierung ver lo ren ); zud em wirkten die M� rsc hm usi k (de r Badenweiler zur Eröffn ung ), die Parteilieder besser, und der Ko nta kt zum Zu . hörer war enger. Die Rede Ad olf Hitlers wa r nie ma ls po liti sch e Beratungsre de im kla ssis che n, auc h im klassischen par lamentarischen Ve:stä ndn is; ihr e einzige Aufgabe bestand dar in, das eige ne pol itis che Gla ubensbekenntnis, die Ido latr ie der eigenen Führerpersön lich kei t wieder un d wieder massen- un d me die nw irk sam zu inszenieren, also ein Mediep.spektakel auf zuführen, das die vor neh mli ch em oti ona len , ästhetischen Bedürfnisse eines Massenpu blik um s befriedigte. Da die po li tischen Vorste llungen rhetorisch längst an die Produktions bed ingungen dieses Spektakels angepaßt waren, funktionierte die ma sse nko mm uni kat ive Brücke auc h ideologisch - die In hal te wurden mit ihr em rhetorischen Design eingenommen. Seit Mitte des Jah rhunderts und unter dem Ein flu ß ameri kan isch er Verhältnisse nähert sic h die Po liti k wiederum mehr und me hr der Medienunterhaltung. Beratungsreden gibt es 96
\
·
auc h in den Par lamenten - kau m noc h; die in Aqsschüssen, Parteigremien oder internen Bündnissen getroffen en Entschei dungen benötigen die Rhetorik alle in zur nachträglichen .W erb ung um ein e möglichst umfassende Zu stim mu ng bei m Bürger. Un d der Po liti ker selber braucht sie zur Pro duk tio n sein er öffe ntli che n imago. Es kom mt nic ht auf sachliche Er gebnisse an, der Streit der Me inu ngen sol l nic ht den besten Konsens, sondern die spannendste lns�enierung hervorbrin gen. Die Berichterstattung in den Medien ist der Gradmesser für die po liti sch e Kompetenz der Ak teu re. Die Rednerfolge bei großen Pie nardehatten richten sich konseq uenterweise nac h den jou rna listischen Präsenzzeiten auf der Pressetrib üne . Ist das Fernsehen anwesend, entwickeln selbst Hin ter bän kle r rhetorischen Ehrgeiz. Der politische Substanzverlust läßt sich freilich nicht durch Verzicht auf Rhetorik wieder wettmachen, wie es der große und nur historisch verständliche Irrtum der deutschen Nach kriegspolitik suggerierte. Die Reaktion gegen die rednerischen Exzesse der nationalsozialistischen Vergangenheit führte zu größter rhetorischer Enthaltsamkeit. Das Ergebnis ist be kannt: Der Bundestag, in dem sich ein noch von vergangenem Weimarer Pathos zeugender Kurt Schumacher ( 1 9 1 3- 1 952) und der Rhetorikverächter Konrad Adenauer ( 1 876-1 967) gegenüberstanden, bot für Jahrzehnte den Anblick einer rhe torischen Wüste, in der einzelne und oft eher unkultivierte oratorische Begabungen wie Franz Josef Strauß ( 1 9 1 5-1 9 8 8 ) oder Herbert Wehner ( 1 906-1 990) schon herausragten und ein Homme de lettres wie Theodor Heuss ( 1 8 84-1 963), wie Carlo Schmid ( 1 896-1 976) als Fremdkörper wirkte. In den Schulen gab es keine rhetorische Erziehung, der nicht grund los so genannte Besinnun gsaufsatz stand ganz im Banne eines heruntergekommenen Idealismus, die akademischen Geistes wissenschaften verschrieben sich der unpolitischen und unrhe torischen Hermeneutik. Das änderte sich in den sechziger Jah ren ein wenig. Rhetorische Argumentation fand hier und da Ein gang in Deutschunterricht oder Gemeinschaftskunde, in der außerparlamentarischen Opposition knüpfte man gelegentlich 97
•
an die politische Rede des Vormärz und der Weimarer Repu blik an. Doch das blieben Zwischenspiele, die keine rhetorische Kompetenz vermittelten. So kommt es, daß den medienrheto risch oft undurchschaubar, doch perfekt vermittelten politi schen Inszenierungen, die zunehmend die öffentlichen Debatten in Deutschland steuern, in der Bevölkerung kein rhetorisches Wissen und somit kein kritisches Vermögen entspricht. 3 . Neue Rhetorik
D ie Wiederentdeck un g un d systematische Rezeption der R he to ri k im 2 0 . Ja h rh un�ert geht vo n den U SA au s, wo sie si ch seit d en zwanziger Ja h ren zu etab lieren beginnt (New Rheto ric) . D re i F ak to re n w ir kt en d ab ei zu sa m m en : Z un äc hs t m ac he n Werbung un d Propaganda d ie Macht, d ie d ie G es el ls ch aft über den Menschen gewonnen hat, al s M an i p u la ti o n si ch tb ar . D as w ar n ic h t u n p ro b le m at is ch , denn Per su as io n d ie nt hi er al s M ittel vo n G le ic hs ch al tu ng und Unter o rd nu ng . D er A u fstieg totalitärer Staaten in Europa un d A si en motiviert d ah er d ie Versuche zu ei ne r d urchgreifenden N eu b es ti m m u n g der K o m m u n ik at io n , d a in ih ne n Sprache al s M ittel der K o nt ro lle un d zu r Erzeugung m en ta le r A bhängig ke it benutzt wird und die rhetorischen Formen un d Sy m b9 le im Z us am m en sp ie l m it d en neuen M ed ie n ei n e b is la ng n ie er reichte Wirksa m k ei t entfalten. E in erstes zu sa mmenfassendes eb Erg n is der rhetorischen Propagandaforschung legte K en n et h B u rk e ( 1 89 7- 1 9 9 3 ) 1 9 3 9 m it se in em B u ch Die R h etorik in Hitlers ,,M ei n Kampf" vo r. E in e zweite rhetorisch bedeutsame Entwicklung bringt d ie R u n d fu n k -K o m m u n ik at io n in d en zwanziger Ja h re n , an d ie si ch der A uf ba u d es Fernsehens an sc hl o ß . D iese neuen M ed i en eröffnen ganz andere, perfektere M ö gl ic hk ei t�n , d ie D en k weisen, d as Verhalten u n d d ie so zi al en Gewohnheiten m it te ls sp ra ch lic he r q. n d b il dl ieber Sy m bo le zu prägen. Sc hl ie ß lic h e.tZeugt d ie zu ne hm en d e D em o kr at is ie ru ng al le r gesellschaftlichen In st it ut io n en. u n d d as d am it verbundene Po te nt ia l an Mitsprache- un d M it w ir ku ng sm ö gl ic hk ei t der B ür ,
98
ger, also die umfassende "politische Aktivität amerika� ischer Bürger" (J. L. Woodward), ein Bedürfnis nach rhetonschen, argumentativen Fähigkeiten. . Sieht man genauer hin, so bieten die unter der Bezetchnung New Rhetoric zusammengefaßten Forschungsrichtungen ein höchst uneinheitliches Bild. Ihre Rezeption der rhetorischen Tradition ist zufällig und vor allem in den ersten Jahrzehnten in vielen Fällen ungenau. Als kleinster gemeinsamer Nenner bleibt oft nicht mehr als ihr Bezug auf die Rhetorik als einer linguistischen Disziplin, deren Gegenstand die Kunst des per suasiven Ausdrucks ist und die zugleich die Fertigkeiten be reitstellt, Persuasion praktisch zu erreichen. Wobei allerdings die grundlegende Bestimmung der Rhetorik als Persuasion an . die alte Bedeutung des Terminus anknüpft, der schon 1n der Antike Überreden und Überzeugen zugleich meinte. Ausge hend vom persuasiven Charakter jeder menschlichen Kom munikation, entsteht so, aus vielen Facetten zusammengesetzt, in der New Rhetoric ein Bild von der gesellschaftlichen Wirk lichkeit, das durch rhetorische Wirkungszusammenhänge be stimmt wird. Nur über die rhetorische Analyse dieser Me chanismen, so lautet eine zentrale These, kann daher auch das soziale Leben der Individuen erfaßt und verändert werden. Aufk l ärung über das persuasive Wesen der Gesellschaft und Vermittlung von Handlungsorientierungen im Sinne der Rhe torik als · praktischer Philosophie können daher als gemeinsa mer Grundzug der verschiedenen Tendenzen der New Rheto ric gelten. Die heute wohl drei wi�htigsten Richtungen sind: . Als erstes die psychologisch-kommunikationswissenschaftlt che Rhetorik, die "sich um eine objektive Beschreibung und Analyse der Vorgänge bei der Überredung" (Maccoby, Die neue " wissenschaftliche " Rhetorik, 57) bemüht. Sodann die philosophisch orientierten Argumentations- und Kommunikationstheorien, die ihren gemeinsamen Bezugs punkt in der Aristotelischen Rhetorik haben, doch jeweils die Akzente anders setzen. Schließlich die linguistische, auch semiotisch ausgerichtete Rhetorik, die von einer bloßen Rhetorik der Figuren bis zur 99
•
•
Konzeption ei ne s um fassenden Zeichensystems de r R he to rik re ich t. Vor al lem für di e beiden ersten wurde di e A ris to te lis ch e R hetorik zu r w ic ht igsten Q ue lle , denn sie be ha nd el te al s er te s T he or ie w erk di e R he to rik al s abgegrenztes Wissensgebiet, � m w el ch em di e G eg en st än de ni ch t ei nd eu tig bestimmt, so n dern abhä ng ig vo n der Erörterung, vo n Wahl un d Entschei dung sin d und da s da he r au ch besondere und besonders au s zu bi ldend e Fertigkeiten verlangt: nä m lic h bewei sk rä ftig _ argumentieren un d psychologisch gl au bh aft darstellen zu �ön ne n. D er Gebrauch psychologischer Ei ns ic hten für di e Uberzeugungsherste llung, den Aristoteles lehrt, ha t seine R he torik für di e bi s da hi n wenig erfolgreiche K om m un ik atio ns w iss en sc ha ft so attraktiv gemacht. "A ristoteles schied di e Et hi k von ?er Wissenschaft [ . . . ] Er besc hä ftigte sic h m it de r K un st de r Uberredung, den Reaktionen de r Seele, un d er ·be m_� hte sic h um ei ne ob jektive A na lyse dieses Vorgangs, oh ne _ R uc ks te ht au f di e Frage na ch G ut un d Böse [ . . . ] D ie ne ue �hetorik be sc hä ftigt sic h nun gl eic hf al ls m it dem Prozeß der Uberredurig [ . . . ] Im Gegensatz zu A ristoteles ka nn sie sic h da bei aber au f den gesicherten Wissensbestand de r modernen Psychologie im H in bl ic k au f m en sc hl ic he s Verhalten stützen. " (M �ccoby, D ie neue " wissenschaftliche " Rh etorik, 56 f. ) D er zweite Sc hw er pu nk t von A ris to te le s' R hetorik ist di e Theorie des M ei nu ngswissens und de r w ah rs ch ei nl ic he n Sc hl üs se , der gl au ha ften Argumentation aus ei nl euchtenden un d von den meisten akzeptierten Grundan na hm en . A ristoteles ha be so Pe re lm an , "d ie kl are Trennung von pr ak tis ch en D iszip line n u ? d th eo retischen W iss en sc ha fte n" durchgeführt, wodurch _ dte FunktiOn "der di al ek tis ch en Sc hr itte und rhetorischen D i�ku rs e" (Perel m an , Reich der Rhetorik, 1 5 6f. ). au f die ge m ei ns am e G ar an tie für di e R at io na lit ät der pr ak tis ch en Tä tigkeiten festgelegt worden se i. Z un äc hs t w ar es di e Sc hu le Ca rl I. H ov la nd s ( 1 9 1 3- 1 96 1 ), .m de r au f de r Ba sis des Aristote lischen Rhetorikverständnisses und m it H ilfe be ha vi or ist isc h- ve rh al tenspsychologischer M e thoden de r Prozeß der Gesinnungsbeeinflussung untersucht 100
n ge ra itf Le ste tig ich w s Al . de ur w t ob pr er ll te en un d ex pe rim n be ha ß lu nf Ei n he elc W n: de er w zu n be ho ge verdienen hervor ? en at ss re Ad r de ng llu te ns Ei e di f au die D ar bietungsformen en N er od g un ell st ar D e di ß da , gt sa be e iss bn (Ein s de r Erge h äc ts ta de Re er ein ng fa An am te en m gu Ar nung gegnerischer en er ät sp n re de n ge ge g un er isi un m Im ste m sa irk w lic h di e r fo In e di ob , ied ch rs te Un en ein es ht ac M .) Ei nf lu ß da rs te llt m (A t? in he sc er ym on an er od g di ür gw fra s, mationsqu ell e seriö e di de er w r ge rin ge so um t, eh rg ve it Ze r eh m je � Anfang ja , er Ub r de d sin n re to ak sf eit hk lic ön rs Pe he elc Untersch ied e. ) W zu t ch lei s er nd so be ng du re er Üb r de es redung gü ns tig , gi bt or w d un e, er kt ra ha C e en ss lo ch rs ve s er nd so be gängliche oder e di n en w t, eh hi sc ge as W n? ge un äg Pr e au f beru·hen dies i W in r de an in ite m n ite he iß ew G len na io ot em d un n kognitive ä hw sc as D e: es Th gs er nb se Ro J. on ilt (M n? te derstreit gera är st m de h sic ßt pa te en om m gs un ug ze er chere de r be id en Üb keren an .) he sc eli ot ist Ar e ch sis as kl e di ß da , he na gt lie g D ie Vermutun ti re eo th n de lls fa len al en ng hu uc rs te Un e es di r fü Rhetorik in rn fe so in , rt fe lie kt un sp ng ga us A n he isc or st schen un d hi ie eg at str gs un ug ze er Üb n he sc gi lo ho yc ps er ih r di e Theorie ein s eis W er al W d, an � o H r fü ist ng du re er Üb . ist et vorgebild : � t en an m Im ng .ru ße Au n he lic ch ra sp er jed s ni Ja oder Irving L. . ; n. sto ua rs pe g in us e ar e w , ge ua ng la ( "Whenever we us e r ve ik or et Rh s re tä ui iq ub ein ), 4 ic, or et Rh d, Winterwow ng ro st rm A or Iv ie w n er tik re eo Th n re de an n st än dn is, da s vo ) 5 96 1 , ic or et Rh of y ph so ilo Ph e Th ( 9) 97 1 389 1 ( Ri ch ar ds zu n ge un är kl Er he sc gi lo ho yc ps eb tri d un he isc du rc h bi ol og r de in h sic ht zie be ik or et Rh ll. so n de er w t sä tz lic h begründe r � e m t ch ni e eis w er nt ue eq ns ko nn da n ne tio ep nz artigen Ko l un m m Ko es jed eil dt an st Be ist n er nd so , de al lei n au f di e Re o bl er � o n ite ke tig Tä in h sic er n en w ch au s, se e� oz pr ka tio ns r de 1st er m im nn de t; ck rü sd au n ge un er nd sä ng ßen H al tu n sio en eh pr m co , s" ni nd tä rs Ve es m sa irk "w Mensch um ei n lt ta es G r he elc w in t, üh m be n ge un ug ze er Üb er in se ), (Rich ar ds e di , en sm ni ha ec M n he sc gi lo ho yc ps en D . en et sie au ch au ftr lt gi n, he lic ög m er st er sie d un n ge lie de un gr der Pe rs ua sio n z� .
''
101
•
auch das Interesse jener Theoretiker, die den Schlüsselbegriff der alten Rhetorik "Überreden/Überzeugen" durch Identifi kation ersetzen, wie das schOn Kenneth Burke vorgeschlagen hatte. Denn wenn es dem Redner oder Autor gelingt, das Publikum mit seiner Botschaft zu identifizieren, so hat er da mit auch die umfassendste und dauerhafteste Wirkung er reicht. Rhetorik geht an dieser Stelle über in die Motivations forschung, die das Identifikationsbedürfnis in seinen verschie denen Formen untersucht, klassifiziert und so instrumentell nutzbar macht; diese Seite der Rhetorik der Identifikation ist übrigens weiterentwickelt worden und liegt den meisten pri vatwirtschaftliehen Rhetorik-Kursen, der Verkäufer- und Manager-Schulung in den USA und der Bundesrepublik zu. grunde. Die Zweideutigkeit der Rhetorik, in ihrem formal-instru mentellen Charakter begründet, hat in ihrer Geschichte spä testens seit Platon immer wieder zu Rechtfertigungsversuchen geführt, die von den Theoretikern der Neuen Rhetorik im Lichte des Manipulationsvorwurfs wiederaufgenommen wur den und zu ebenfalls längst wohlvertrauten Rechtfertigungs versuchen führten. Henry W. Johnstone (geb. 1 920) (From Philosophy to R hetoric and Back, 1 974) unterscheidet die "manipulative, unilateral rhetoric" von der "nomanipulative, bilateral rhetoric" (From Philosophy to Rhetoric, 5 9 ) und mei?t J?it dieser "guten" Rhetorik ihre argumentationstheo retisch-philosophische Rekonstruktion, auch sie fußt auf der Aristotelischen Rhetorik, doch unter Einschluß der Topik, in welcher Aristoteles das dialektische Schlußverfahren behan delt hatte. "Er sah in ihr [der Rhetorik] das Gegenstück (anti�trophos) zur Dialektik: diese bezieht sich auf die in einer Kontroverse oder Diskussion mit einem einzigen Gesprächs partner eingesetzten Argumente, während die Rhetorik die Techniken des Redners betrifft, der sich in der Öffentlichkeit an eine Menge wendet, die über kein spezialisiertes Wissen verfügt und schwierigeren Überlegungen nicht folgen kann. � Die neue Rhetorik bezieht sich jedoch im Gegensatz z r alten auf Reden an sämtliche Arten von Zuhörerschaft [ . . . ] sie •
en er n in er n ei in an m ie d , te nn al y si er t au ch d ie Argumen e h R er d ch ei R , n a m el er (P " t. te ch ri Überlegung a n si ch se lb st torik, 1 4 )
er et tr er V e d en ag sr au er h er d C ha'im P er el m an e h R en eu n er d g n tu h ic R en h sc ti dieser argumentationstheore ie d n a , en eu n er n ei zu k ri o et tori k , bringt D ia le k ti k u n d R h er n ei it m en d n u rb ve t is e Si e. es th n A u fk lä ru n g er in n er n d en Sy d n u ie g lo o ch sy P lle te en im er p ex sc h ro ffen W en d u n g gegen d ie e B ie d an s en b u la G en ch is st vi ti si d ie H y p er tr o p h ie des p o r A e h sc ri o et rh s n a m el er P t. ei k weiskraft d er A ugensc h ei n li ch er d g n ru lä rk E ie d f u a ch si rt ie tr n g u m en ta ti o n sl eh re konze k ir W es d r tu k ru St er d s au ie d "q u as i- logischen Argumente ", en rt h ü ef g an e es h T e in se r fü er n ed R lic h en folgen ( " D ie v o m r o k e n ei m u t h ic n t eh g es : rt A en G rü n d e si n d von ei n er ander e er k är st m u n er d n so , g n ru h ü rekte o d er in k orrekte Beweisf ch u a er b a t el d an eh b ), 0 6 . d eb ; ." te oder schwächere Argumen l, el d o M d n u n o ti ra st lu Il l, ie sp d ie Argumentation durch B ei u ta er d o e x o ad ar p t, ei k ig äß m is tn äl d u rc h A n al og ie u n d V er h n re u ig F er d k ri o et h R ie d lt ie tologische Fügungen. Doch sp · g n u m ar er V d n u g n u k n rä h sc (d ie P er el m an al s u n zu lässige E in er d e lg fo en h ei R ie d d n re äh w e, ll o k ri ti si er t) n u r ei n e geringe R e g an e ed R er d l ie Z en iv as su er p em d Argumente (dispositio) t. er rd fo er g n tu ch ea B e ig lt fä rg so h messen se in m u ß u n d fo lg lic e in u en g e n ei t is e u q ri o et rh e ll K ei n Zweifel: P er el m an s Nouve h ac n ch u a e ad er g , n io it d ra T en h Fortführung der rhetorisc t o n e n ei t at St " r. u lt u ek ed R er d em h u m an istischen G eh al t d ll a er d n o v , en ch su zu t ei rh ah W e w en d ige u n d evidente erst e g ie h p so o il h P re se n u ir w n er d u n se r Wissen ab hängt, ve rä n en M en d n re ie g ra te in ie d es m äß ei n er Sichtweise, n ac h d er re ih r, u lt u K re ih r fü in lle a ie d , d schen u n d G es el ls ch aften si n ie d d n u , d n si h lic rt o tw n ra ve In st it u ti o n en u n d ih re Z u k unft m o k ll o rv ve er b a e ig d än st ll o v n u si ch b em ü h en , v er n ü n ftige, n o v ch ei er B e h ic tl en g ei er D . n m en b ar e Systeme zu en tw ic k el m u es o w , rt o d t eg li k ri o et h R d n u Argumentation, D ia le k ti k em in Se ) 2 6 1 , k ri o et h R er d Werte ge h t. " (Perel m an , Reich o ti o em ie d ch li ei fr er t ß lä , d en ch re p d ia le k ti sc h en A n sa tz ents s au e si te ch ö m d n u t te ch ea b n u g n al e Überzeugungsherstellu n ( 1 9 1 2- 1 9 8 4 ),
1 03
102
I •
dem argumentativen Diskurs ausgeschaltet sehen. Womit zwar den Problemen aus dem Wege gegangen wird, die sich . aus e1ner vermögens- und kollektiv-psychologisch ausgerichte . ten rhetor Ischen Affektenlehre im Zeitalter der empirischen . . Psycholog � e'. Sozialpsychologie und Psychoanalyse ergeben, doch dam1t Ja d �. e Er �ahrung der emotionalen Wirksamkeit je der Argumentation n1cht etwa hinfällig wird. Daß die New Rhetoric schließlich vielfach nur in einer Neubenennung geläufiger rhetorischer Sachverhalte besteht J? acht etwa Richards mit den für seine Rhetorik zentrale � Uberlegungen zur Metapher deutlich: tenor nennt er den ei gentlichen Sinn (underlying idea), vehicle den bezeichnenden Gegenstand, und die Grundbeziehung zwischen tenor und vehicle, das tertium comparationis, bezeichnet er mit ground (Fogarty, I. A. Richards ' Theory, 353 ) . Richards entwickelt also am Beispiel der Metapher eine Zeichentheorie die dem anti � en Pa �adigm a nachgebildet ist. Unter diese � Aspekt _ _ gewinnen d1e traditionellen rhetorischen Kategorien den Cha ra� ter von Zeichen, die Rhetorik selber wird zur allgemeinen Ze1chenlehre, die sprachliche, bildliehe und auditive Phäno mene gleichermaßen zu erfassen vermag. "Wenn wir heute von ,antiker Semiotik' sprechen, dann nicht deshalb weil es die besondere Disziplin der Semiotik im Fächerkano � des an tik�n �chulbetriebes schon gegeben hätte, sondern deshalb, we1l d1e auf das Zeichenphänomen bezogenen Fragen und .. Antworten und die terminologische Fixierung dieser Aktivitä ten und ihrer Resultate in der Antike diese Kennzeichnung rech�fertigen." ( Oehler, Aktualität der antiken Semiotik, 2 1 5 ) D1e Tropen, vor allem Metapher und Metonymie, die schon Roman Jakobson ( 1 896-1 982) als herausgehobene Formen d�r Ersetzung verstand, werden von den meisten Autoren als d1e exemplarischen Zeichen aufgefaßt, an denen sich die se miotische . lnterp.retati.on �er Rhetorik besonders einsichtig . machen laßt. "E1ne E1nhe1t steht anstelle einer anderen kraft einer ihnen gemeinsamen Ähnlichkeit. Aber die Ähnlichkeit hängt von der Tatsache ab, daß im Code schon fixierte Erset zungsbeziehungen bestanden, die auf irgendeine Weise die er-
ie d n n e W . n e d n a b r e v n e d n e z t e s r e n e d m it s •tzten G r ö ß e n r e h p a t e M e t h ic le e in e ir w n e b a h , t is r a Verbindung unmittelb e in e ir w n e b a h , ] . [ t is r a lb e t it m g n u d in b r 1 . . ] W e n n die V e h ü f in E , o c (E " '. a z e d u g ,a ie d ', z it ,W n e d , r ,gewagte' Metaphe .
.
.
) 3 8 1 , k i t o i m e S ie d in rung
r E r e d o g n u g a r t r e b ü s g n u t u e d e B r e s ie d s u m D e n M e c h a n is , n e h c is n o ik n e t r ie d o c t h ic n r e d m e t s y S _ setzung a u s e in e m r ie d o c r e d m e t s y S s e it e w z in e in n io t a m buchstäblichen Infor 5 1 9 1 ( s e h t r a B d n la o R t h c u s r e t n u t h ic r h c a ten ikonischen N r E m e d u z r e i e b o w , s e d il b e m la k e R s e in e 1 9 8 0 ) a m B e is p ie l e t e t u e d e B e � il B m o v s a d , e n e b e s lt a h n I ie d gebnis k o m m t , daß u lt u k r e d ll e t d n a t s e B s a d , t ll e t s r a d t n e e in ideologisches Segm n e t n a ik if n ig s s n io t a t o n n o K m e in e it m d n u rellen Einheit ist d r O s a D . n n a k n e d r e w n e d n u b r e v ) r u ig ( der rhetorischen F e h r s e h t r a B t n n e n n e it e h in E n e t n a ik if n n u n gssystem dieser sig torzque. n o K e g n e ie d r e d ie w r e m im n e r o t u A e ln Auch wenn einze i t is il t s . h . d , n e ll e n io t u c lo e n e d f u a ik t zentration der Semio e G e h c is t k a r p r a g o s , n e h c u s n e d in w r e b ü schen Bereich z u ie r o e h T e r ih in it m g n u g u e z r e d il B r e d o t x _ sichtspunkte der Te a s r e v m u n e r e d d n u ) o c E o t r e b m U s r e d n einbeziehen (wie beso o e Id r e d m r o F e in e ls a e s ly a n a n e h t y M r e d le G ü ltigkeit bei , s g ta ll A s e d n e h t y M , s e h t r a B d n la o (R n logiekritik erweise r e d ik r o t e h R e in e f u a r e m im ie s n e r ie r 1 9 5 7 ): z u letzt r e k u r a u Q e h c is r o t e h r e r ih n e h ic e Z n e d , t r ie d n e t Formen, die d a z u t ß u w e b e r ih , t ä t li a n io t n e t in s g n u k ir W e r ih lität, u n d d a s · ist n e ll a h c o d r e d o n e m h e n u z , e is e w s n io t k zweckgerichtete F u n e b u z n e r e d n a n e b e n s n e t u e d e B s e d e is e W e fa ll s n u r als ein e s ie d f u a ik r o t e h R ie d d ir w t s lö e g s d n e ll o v d rücksichtigen. U n , s m e t s y s s g n u d il B n e h c is t is n a m u h s e d t x e t Weise a u s d e m Kon n e r ih n e m r o f s g n u k ir W n e h c is r o t e h r h c is in d e m erst die spezif . n e r e li r e v r e t k a r a h C n rein instrumentelle n e in e m e g ll A " n e h ic e r ß lu f in e r e in e s u z g In der E in le it u n i s ö z n a r f r ü f r o s s e f o r (P is o b u D s e u q a J R h e t o r ik " ( 1 9 7 0 ), die r e d n e r o t u A n e r e d n a it m n e m m a s u z ) e g ie L sche Literatur in ik r o t e h R ie d ß a d , r e t n o t e b , t a h t ß a f r e v Lütticher Graupe 74 s e d ß lu f in E m e d " m e ll a r o v h ic e r k n a r F in ih r Wiederaufleben •
·
'
1 05
1 04 I
•
Sprachwissenschaftlers Roman Jakobson" (Dubois, A llgemei ne Rhetorik, 1 7 ) zu verdanken habe; auch Dubois' Konzepti on der Rhetorik beschränkt sich im wesentlichen auf die Be gründung und Einleitung eines neuen Figuren-Modells, und er geht dabei von einer Nullstufe der Sprache aus, die ihrem pragmatischen, normalen Gebrauch entspricht und den Maß stab für die Abweichungen liefert, die durch Überschuß (ad jonction) oder Defizit (suppression), Ersatz (suppression-ad jonction) oder Vertauschung (permutation) zustande kommen - Begriffe, in denen man unschwer die von Heinrich Lausberg ( 1 9 1 2- 1 992) in seinem Handbuch der literarischen Rhetorik ( 1_?60) nach antik-rhetorischem Vorbild zusammengestellten "A � derungskategorien" wiedererkennt. Die mit diesen Ope rationskategorien nach ihrem Gegenstandsbereich (Wort, Satz oder Bedeutung) vorgenommene Klassifikation der Figuren weist den gleichen Nachteil auf wie noch alle textsemiotisch oder sprachwissenschaftlich inspirierten Neufassungen der rhetorischen Figurenlehre: Präzision und Konsistenz des elocutionellen Systems werden zum selbstzweckhaften Ideal der Restrukturierung der Rhetorik, worunter die Brauchbar keit in jeder Hinsicht leidet. Zudem entpuppen sich (wie hier) derartige Systeme dann meist als bloße Erneuerung einer ein zelnen Perspektive antiker rhetorischer Stiltheorie die an die Stelle ihres po 1ypers pekti vischen (aber als unwissenschaftlich geltenden) Zugriffs gesetzt und konsequent unter neuer Ter minotogie durchgeführt wird. Das Ergebnis besteht dann in eben jenen "technischen und abstoßenden Termini" die "pedantisch und schwerfällig sind" (Dubois, A llgemeine Rhetorik, 1 8 ) und der alten Rhetorik von ihren Kritikern zu Un recht nachgesagt werden, wie ausgerechnet Dubois feststellte. -
'
'
4. Angewandte Rhetorik
In der Erwachsenen- und Weiterbildung erkannte man nach dem 2. Weltkrieg zunehmend den praktischen Wert der Rhe torik; Manager- und Verkäuferschulungen, Rhetorikseminare für leitende Angestellte sollten sicheres und überzeugendes
a m e h T m e s ie d u z n ie h c s r e h c li ß e li h c s , ln e t it m r Auftreten v e f u a h ic s ie d l, e d ? a h h c u B im n te if r h c _ S n o v l h a z n A e ß o r g e e in m o k r e lt e W s e h c li f u r e b d n u lg o f r E d n u n fe u d ie R h e t o r ik b e r s h c u a r b G e n je e in e t ll e t � s o s , _ " r e d e � w t n E " . n e h c e r p s r e men v , m e d g h 1l w 1t e r e b ie S n e lg fo " , r o v e iv t a n r e lt A rhetoriken die u s r e v ie S r e d o , iß e w n e z t u n e b u z s e t r o W s der d ie M a c h t de e ll o v is n im e h e g e n je m u , n e n r le r e u z t s n u k e d c h e n d ie Re e d n e g u e z r e b ü ie D , r e lt o (W ." n e b ü u z s u a e r e d M a c ht ü b e r an Rede, 7 ) d e r e B r e d r h e L e h c is s s la k ie d it � m a d d ir w n e I m a llgemein e d e R e h c 1s s s la k r e d , t r ie s li a t n e m u r t s in ig d s a m k e it v o ll s t ä n r e t s r e n e r e d , t r ie z u d e r l e m r o -F e t k n u -P 5 e z r u k e in aufbau a u f e , lt ä h n a e d r ie g u e N r e d o e s s e r e t In n o v n e k c e w P u n kt z u m Er . t r e n in r e o ti a r o r e p r e d ll e p p a s g n lu d n a H n e deren letzter a n d lg o f r E d n u g n u it e r e b r o V ie d , t h ic e r e g n e d r e w " C h e c k li s t e n e ig e b n e g n lu m m a s n te a it Z e in le k , n e ll o s n e h c tiberprüfbar ma t f o d n u , n n a � n e d r e w t h c s u ä t e g r o v g n u d il B n e n e geben, m it d n a n e g n u r h u f s u A n e d n e d e r s it e h n e g le e G n o v r werden M u ste im e b p e z R n e n e i e r e � � lg o f r � E � m a t r ? a h c a M n e r e gehängt, d e m a s g a r p 1n e f u a h 1c s t r 1e z u d e r ik r o t e h R . t ß lä ln e A u t o r zweif k r e m f u A ( l" e m r o -F A D I A " ie d a w t e ie w ln e Sätze u n d Reg ) ß lu h c s b A , n e k n a d e g d n u r G r e d n io it in f e D e s s e r e s a m k e it Int s k ic r T " it m � ie s n a m t ß a f e b n e b e n a d ), 9 9 , k i r o (Eb e li 11 �, Rhet a M r e d n e k m h c e T n e ll o v s g n u k ir w n e ll a d n u u n d K n iffe [n ]" e G " r e h ic r lg o f r e u z ie d , n r � e h c ü b r h e L in h c u A n ip u lat io n . , n e ll o s e 1t le n a " g n u r h ü f s g � n lu d n a h r e V d n u . sprächstec h n ik e b e h c s m h c e T m e r s a d f u a n e r o t u A r e d e s s b le ibt d a s Intere n e g u A n e d r ü f n e g lä h c s t a R in h ic s ft p ö h c s r e schränkt u n d n h ä e in E . ik im M d n u ik t s e G r u z n e g n u is e w n k o n t a k t oder A in h c u a n a m t e d in f e h c is t a m g a r P s a d f u a g n u k n ä r li c h e B e s c h l e t fs ie r B in a tw e , ik r o t e h r s h c u a r b e G r e d n e h anderen Bereic u la s u a in h e is e w in h s g n u lt a t s e G le a m r o f f u a lern ' die zumeist , n e s is n g u e Z u z n r e h c ü b r e t s u M d n u s g n u it le n A fen a u c h in r e d l e i z s g n u d il b s u A s a D . n e f ie r b z n _ le o d n o K r e d o s g n u b r e � Be e G 1 e w z f u a r e d ie w r e m im t f u lä r e in a r T d n Autoren u e s s e b r e V e h c is n h c e t ie d f u a : s u a in h n e h c e r p s r e b r a u c h sw e r t v g n lu u h c S r e h c is n h c e t h c e r p s n o v ie d , it e k ig h ä f rung der Rede .
_
·
=
•
1 06
107
•
bis zur Argumentationstechnik reicht, und auf die Persönlich keit�� n�wick � ung, wobei die selbstsichere, freie, produktive Personhchke1t als das Ergebnis rednerischer Vervollkomm nung erwartet wird. I
I
l
I
5 . Rhetorik und Ästhetik
C? bwohl sich im 1 9. Jahrhundert von Georg Wilhelm Fried rtch He�el ( 1 770- 1 83 1 ) bis Friedrich Theodor Vischer ( 1 8071 8 87) dte Genieästhetik durchsetzt und als Autonomieästhe �.ik bi � heute . die Moderne beherrscht, blieb die Wirkungs asthettk zumindest produktionstheoretisch erhalten u�d re aktivierte immer wieder die Verbindung zur überlieferten Rhetorik. Das war im Vormärz und Jungen Deutschland der Fall (z. B. Ludolf Wienbargs ( 1 802-1 872) Ästhetische Feldzü ge), wiederholte sich bei den Linkshegelianern und Marxisten und greift auch ins 20. Jahrhundert über, wenn man an die Expressionismusdebatte, an die Iitterature engagee- Doktrin oder das technische Verständnis des literarischen Prozesses denkt, wie es Majakowskij, Valery oder Enzensberger vertre ten. Der Zugang zur Rhetorik eröffnet sich dabei entweder vom pers�asiven Charakter des Kunstwerks her, der seine ge . se�lschafthche W1rkung ermöglicht, oder aber ganz im Gegen teil von der Kunstlehre her als dem Regelsystem eines nicht end�nden, sich immer erneut aus sich selber generierenden We15ens von Textualität. In vielen Fällen handelt es sich dabei um eine Rhetorik "apres la lettre", die erst in der zweiten H � lfte des 20 .. Jahrhunderts wieder eine bewußte Verbindung m1t der rhetorischen Produktionstheorie eingeht. Die Entwick lung läßt sich deutlich am veränderten Gebrauch der Termini Poesie, Dichtung, Literatur ablesen. l!nter Hamanns und Herders Einfluß hatte der Begriff "Dichtung" dem Begriff der "Poesie" immer mehr den Platz streitig gemacht und sich auch von seinem Bezug auf die gebundene Rede gelöst. Dichtung wurde Ausdruck der Sub jektivität des Dichters, s�ines "Naturtriebs", den man nicht hemmen kann, " ohne das Ge�chöpf zu Grunde zu richten."
S� h il le r (Goethe, n e h tc D ; t r te � t: t k ]e b o r h _ e m r e d ie w f if r g e B Iagegen h a t t e d e n u a t s ll o v t s h c h g ö m n e r ih it e h h c s n e M r e d bedeutete für ih n , " h c o n n e t k ir w ik t e o P r e in e s n I . " n e b e g u z k c u r d s u A n e ig d d n u t s n u K : e ll e d o m k n e D e h c is r o t e h r r a b n n e k r e h c li t u e d r d , r e h c a M in e t is � r e t h ic D r e d , n e m m a s u z n e r ö h e g ik n h c Te tt m a D . t � c a w r e b ü d n e r e li u lk a k t r ie s s e r e t seine Operationen in s a m o h T t e b r e t ä p s ie d , n ie r o e h T n o v r e d w u r d e er z u m B e g r ü n m u z ) 6 5 9 1 6 8 8 1 ( n n e B d ie r f t t o G r e d o ) 5 5 9 1 5 7 8 1 ( n n a M . n e g n la e g h c u r b h c Dur h c u a n n e w , e ln e z in e r e d ie w r e m im r a w z D e r a r t begegnen d n u . 9 1 m i ie r o e h t s g n u t h ic D r e h c is r o t e h r e t n e m o M le a r t n e z e g n u J s a d ie w n le u h c S e z n a g s e t ib g h c u a , t r e d n u h r h a J . 20 h o te d , 5 4 9 1 h c a n r u t a r e it L e t r ie g a g n e ie d r e d o d n la h c s t Deu h c is r o t e h , e t e t � i r e g s u a g n u � k ir W f u a e � in e f if r ne eigenen Beg t m a s e g s m , n e r te s n o v a f g n u t h ic D n o v g n u s s a f f u A e d n e r h a f r e v ie D . f u a h ic s t s lö it e k h c li f if r g e B e r ih , ik t e o P ie d t Ü ä f r e z r e ab e n r e d o M r e d in i e b a _ d h ic s t g n e r e v " g n u t h Bedeutung von " D ic tt e h t m a s e G ie d h c o n s u in m r e T r e d t e n weiter. Zwar bezeich � n u r h c is p e n o v h c u a t � h ic r p s n a m , e k r e w der S p r a c h k u n s t h s e m e n e h c is r e t h ic D m i t k c li b r e d n u g n u t h ic D r e h c is t a m a dr s a D " : r e t k a r a h c t s n u K n e h c li t n e ig e n e in e s terarischen Werks t ib g s E . n e b o h r e it e k m a s t u e d e B r e in e s u Geschehnis wird so z t u e d e b e h lc o s t h ic n ie d , g n u t h ic D e h c is t s li a r u t a n e ß o r g e in e k t s n u K r e d n n a d t is s E . ] . . . ( e h c ä r p s s u a s n e b e L s e d e g ü Z e sam ß a d , n e ll e t s u z in h o s is n h e h c s e G s a d , r e t h griff der größten D ic m h i s u a n in S in e s d n u t s lb e s s n e b e L s e d der Z u s a m m e n h a n g is n d n ä t s r e V s a d ie s e o P ie d s n u t ß e li h c s r e o S . t e t h c u le s u a r e h ) ! 9 1 , g n u t h c i D ie d d n u s i n b e l r E s a D , y e h lt i D ( ." s n e b e L s de l t W o v " g n u t h ic D d n u is n b � le r E " n e d r e w ll ie Derart p r in z ip t r e d n a � c o D . n e g o z e b r e d n a in e f u a ) 6 6 8 1 h e lm D i lthey ( 1 8 3 3 r u t a r e t h e d n e t e r t f u a e n in S n e in e m e g ll a m e s ie d in t is e m r e d ß a d , n a r a d s t h ic n g n u t h ic D n o v h c u a r b e G e h c li t f a h c s n e s w is t k e p s A n e h c is n h c e t n e d r e d ie w r e m im r e d ie S c h r iftsteller selb e G n i E " : n n e B d ie r f t t o G . B . z ie w , n e n der Herstell u n g beto e g d ir w t h ic d e G in e n e lt e s r h e s t p u a h r e b ü t h e t s t n e t h dic g n u s s a f f u A e s ie D ) 5 9 4 , k i r y L r e d e m e l b o m a ch t ." ( Benn, Pr ) 8 7 g u d e S e h c s li a r t a e h t s r e t � � � is e M lm e h il W
•
108
1 09
-
ve �treten modern� D ichter unabhängig von ihrer Zugehörig . poetologischen Richtungen. "Die kelt zu unterschiedlichen Frage nach der Genese eines Werks ist zu [ . . . ] vielleicht der zentralen Frage der modernen Ästhetik geworden" (Enzens berger, Gedichte, 64), betont Hans Magnus Enzensberger (geb. 1 929) und verweist auch auf die solcher Ansicht von Dichtu ng zugrundeliegende Tradition: "Aber spätestens vom . ��llen1smus an hat es in Europa immer eine heimliche Oppo � �t � on ge�en den Mythos der Inspiration gegeben, eine Oppo Sition, d1e vom Dichten vielmehr wie von einem kunstvollen Machen spricht. " (Ebd. 6 1 ) In einer solchen operativen Ästhe tik geh � n J?ichtung und Rhetorik aufs neue eine enge Verbin dung e1n; 1n neostrukturalistischen und postmodernen Theo rien der Literatur ist diese Annäherung schon sehr weit gediehen. Sie basieren nämlich alle auf der Absage an die Maßstäbe der klassis�hen Moderne und plädieren für ein Zusammenge hen von Ehte- und Massenliteratur (Leslie Fiedler, Susan Son tag), so daß auch alle sozialen Schichten angesprochen wer de � und das Publikum wieder, rhetorisch ausgedrückt, zum universalen Laienpublikum werden kann. Der Pluralismus von Methoden, Modellen und Stilen erfordert - ob in der Li teratur, Malerei oder Architektur, welch letztere sogar wieder als Sp �ache definiert wird - eine Vielfalt von Sprechweisen und St1 � ebe �en, wie sie die Rhetorik vor allem im metaphori sc ?en, Ironischen oder allegorischen Reden ausgebildet oder, se1t der Entdeckung des vierfachen Schriftsinns durch die Kir chenväter, auch hermeneutisch ausgenutzt hat. Doch geht die zunehmend bewußte Affinität postmoderner Theorien mit der "vormodernen" rhetorischen Tradition weit über solche Text Be �riffe . hinaus. Für Paul de Man ( 1 9 1 9- 1 9 8 3 ) wird Interpre tation e1n Lektüreprozeß, der eine nie vollendete Produktion von Texten ergibt, hinter deren rhetorischen Modus man nicht sehen kann. Die figurale Struktur der Texte macht ihren r �etorisch �n Charakter aus: "[Ich] würde [ . . . ] nicht zögern, d1e rhetorische figurative Macht der Sprache mit Literatur selber gleichzusetzen." (de Man, Allegorien des Lesens, 40) 1 10
'
n io t k u r t s e D d n u z n e r e f if D f u a t tz e s ik t e h t s l 'o t m o d e r n e Ä d n u it e h t m im t s e b n U . g n u r ie is il b a t S d n u t ä it t n e statt a u f Id d u n te h ic h c s e G n e ß o r g r e d � g n u s lö f u A , g n u r ie is r a t Fragmen ie T d n u n e h c lä f r e b O n o v s d ie h c s r e t n U s e d Aufhebung a P r e d o ie d o r a P ie (w g n u r ie is id r b y H d n u ie n o fenst r u k t u r , Ir k u d o r P r e n r e d o m t s o p le a m k r e M n te s g ti h ic w ie d d stiche) s in r o f u e n ie d ie w n e il e w u z h ic s n e s le e g lo a t a K e tionen. Solch d n u lt e W r e h c is t is h p o s te r e W d n u n ie r e m u lierten Krit e B e h c is t is iz t p e k s d n u s u m is iv t la e R n e r e D . g n u u Kunstanscha r h t is t is iv t k u r t s n o k r ih , � lt e w s g n u in e h c s r E ie d f schränkung au n o t e h r e � n o v g n u s s f f u A e r ih d � n u it e k _ h c li k ir W � r u z g n Zuga t s o p n 1e 1p z 1n r P n e d 1n n e r h e k n e n io t ik F r e d n schen F u n kt io n e h lc e w f u A . r e d ie w ik t u e n e m r e H d n u ik t e h t s Ä moderner r u z r e d ie w h c li ß e li h c s r e ik t e r o e h T e n r e d o m t s Umwegen p o s d r a t o y L is o c n a r -F n a e J t h c li t u e d r e v , n e d in f k c ü r u z Rhetorik s u a t e h c e r e g s u a r e s a d , t p e z n o � k s it e h n e b a h r E ) 8 9 9 1 ( 1 924 e h r l ie v r h e s s e d n e ig n je r e d h c u a h ic il e fr , s t n der L e k t ü r e K a t if r h c S e ik t n a t ä p s ie d h ic le g b o , t n in w e g , e k r u B n t o r ik n ä h e r e m e in e , s o in g n o L s io s s a K it e Z e g n la n a m ie d , n Vom Erhabene e ll a , t a h n e b ie r h c s e g u z ., r h C . n s t r e d n u h r h a J . 1 s Rhetor de n e n e b a h r E s e d ik t e h t s Ä e in e r ü f n e g n u m im t s e B wesentlichen r e n r e d o m n o v g n u r ie z n e r e f if D r u z d r a t o y L ie d , bereitste ll t . t ig t ö n e b t s n u K r e n r e u n d postmod ie h p o s o il h P e h c is r 6 . R h e to
•
r e v ie h p o s o il h P e h c is t k a r p ls a ik r o t e h R e in e s e tt Isokrates ha ä h p S r e d in ie d , lt e W n e h c is t li o p r e d z n a t s In e standen, a ls ein e g ll a e in e k r ih in il e w , t is d n e is e w g n u t h ic r s in e d re des H a n e d n ä t s m U n e ig d n e w t o n r e d o n e g n u g in d e b s g n _ _ m e in e n Ausga h m e h c s r h a w in e ll a n r e d n o s , n e n n ö k n e n ie d g n u r ie zur Orient n o K h c r u d g n u lt e G n e r e d , n ie r e it r K d n u e s is che Erkenntn r e iv t a t n e m u g r a , r e h c is r e n d e r ls e t it m in e h c sens, d . h . dur h c u A . t is t r e h ic s e g , n e m h e n r e v in E s te h ic e r r e Überzeugung n o t la P h c r u d s a d d n u n e h e s e g s r e d n a t h ic n Cicero hatte es e in e h c r u d ik r o t e h R d n u ie h p o s o il h P n o v a m is h c verursachte S e ll e u t k a s a D . n e ll o w n e d in w r e b ü r u lt u K e t m im rhetorisch best 111
•
Interesse der Philosophie an der Rhetorik ist in dieser ihrer Korrektivfunktion zu dem einseitig besetzten Vernunftbegriff der neuzeitlichen Tradition begründet: "So lange die Philoso phie ewige Wahrheiten, endgültige Gewißheiten wenigstens in Aussicht stellen mochte, mußte ihr der consensus als Ideal der Rhet�rik, Zustimmung als das auf Widerruf erlangte Resultat der Uberredung, verä�htlich erscheinen. Aber mit ihrer Um wandlung in eine Theorie der wissenschaftlichen ,Methode' der Neuzeit blieb auch der Philosophie der Verzicht nicht er spart, der aller Rhetorik zugrunde liegt." (Blumenberg, Wirk lichkeiten, 1 1 2) Seit Platon hat sich an der Wahrheitsfrage der Streit zwischen Rhetorik und Philosophie entzündet und das Verhältnis beider Disziplinen, unbeschadet zeitweiser Annä herungen wie im Humanismus, von der Antike bis in die Ge genwart bestimmt. Gegenüber der philosophischen Vernunft erschien die rhetorische Vernunftkritik als ein Relativismus und die Beweisart des Redners, die sich am consensus omni um zu orientieren hatte, als eine Schmeichelkunst, die den Konsens erst manipulativ herstellte, den sie zur Begründung ihrer Sätze ins Feld führte. Allein, alle Versuche, die Sphäre des Handeins mit einem Methodenkonzept zu durchdringen, das, einem metaphysischen Wahrheitsbegriff und seit dem 1 9. Jahrhundert dem naturwissenschaftlichen Wissenschaftsver ständnis verpflichtet, zu letzten Begründungen führt und da mit erst die Praxis wirklich vernünftig macht, haben sich als erfolglos herausgestellt. Sie waren auf Dauer nicht einmal in den sozialen Bereichen und politischen Systemen zu verwirkli chen, die die Individuen nach den Gesetzen der instrumentel len Vernunft zu simulieren unternommen hatten, damit sie vernünftig würden. Aristoteles, der als Gewährsmann für die philosophische Wiederentdeckung der Rhetorik wichtiger als alle anderen antiken Theoretiker geworden ist, hat die Kon frontation von Philosophie und Rhetorik nach ihren verschie denen Erkenntnisweisen formuliert, doch, anders als Platon, die eine nicht auf Kosten der anderen desavouiert: "Wahre [ . . ] Sätze sind solche, die nicht erst durch anderes, sondern durch sich selbst glaubhaft sind [ . . . ] . Wahrscheinliche Sätze .
112
en d er d o en st ei M en d er d o en ll A ie ab er si n d d ie je n igen, d so In l) I, , ik op T s, le te o st ri (A " . ] . . Weisen w ah r erscheinen [ ig h fä en g n u d n rü eg B en h lic n ei fern d ie R h et o ri k zu w ah rs ch s n se n o K ch ur d en g un d ei ch ts n E d n m ac h t, weil in ih r Urteile u in e si lt te it rm ve , en d er w el ib us ih re G el tu n g erlangen, a lso p la ie d t is e si : g n u er ti en ri O e ig ft n ü rn H an d lungssituationen ve h lic d n ne U er d r vo er ed w ie d , ei n zi g e p ra k ti sc h e P h ilo so p h ie ab em n ei h ac n e si e si em d in , rt lie u it k ei t der Faktoren k ap m a ch o n t, ch u rs ve n re lie u g re zu st ra k t- u to p is ch en Konzept ff ri g be is x ra P n re ih ie d , rt te ei h sc g n u P ro b le m der V er m it tl i ft n ü rn ve z n te is x E ie d an ] . . [ er ü b er h au p t k o n st it u ie rt . "W is D d n u en g un at er B h rc u d ie ger W ah lh an dlungen g la u b t, d , en d er w t te ei er rb vo en g n su ö L n he k u ss io n d er untersch ie d lic ie d e si ie w , n o ti ta en m u rg A er d k o m m t [ . . ] o h n e ei n e T h eo ri e e h R er d ch ei R , an m le er (P " s. u a t h neue R h et o ri k bietet, n ic sa er iv n u n ei ch o d n an d s g in rd lle torik, 1 7 ) So Perel m an , der a er n ei ch ru sp an ts ei rh ah W er d ch si as d les P ri n zi p benötigt, au f as d t: ß lä en eh zi be t tz le zu e g sa us argumentativ begründeten A ie d er b ü ie d z, an st n ri be Ü e kt ra st ab e n auditoire u n iverselle, ei s n se n o K er h sc ri o et rh t, ei k ig lt ü G V er al lg em ei n b ar k ei t, al so el G n vo g n u er ch si b A e h lc so b il d u n g entscheiden so ll . E in e t is e ss ze ro sp g n u ild b gs n u n ei M r he tungsansprüchen rhetorisc er "D : ar tb h ic rz ve n u ) 9 2 9 .1 eb auch für Jü rgen H ab er m as (g so ilo h p ie d t k an rd ve s en d re er b Ü d n u K u n st des Überzeugens aß d , g n ru ah rf E e h lic m tü en g ei . p h is eh e H er m en eu ti k [ . . . ] d ie r u n t h ic n n io at ik n u m m o K er h lic ch ra p im M ed iu m umgangss in E e d en er ti en ri so g n lu d an h n er d n Mitte ilu n g ausgetauscht, so i n U , as m er ab (H ." en d er w t er d n rä ve d stellungen gebildet u n t en m o "M es n je m U ) 5 7 k, ti eu en m versalitätsanspruch der Her an ts ei rh ah W es n ei ät it im it eg L Gewalt" au fz u h eb en u n d d ie , en ss ü m zu rn fe ie sl au n io at tu Si en ig spruchs n ic h t ei n er zu fä ll n io at tu si ch re Sp n le ea id er n ei h at H a be rm as d as Konzept n se lo g an w "z em d er ß au g an w Z en n ei entwickelt, in der es k eo th ts ei 11h ah W , as m er ab H ( " ts en Zwang des besseren A rg u m n o ti k ru st n o K e d em fr ts ei k h lic k ir w e n ei rien, 2 4 0 ) g ib t. D as is t e q n u w er b ü t h ic n ch o n er m im en u n d d as Zugestä n d n is an d en g un d ei ch ts n E d n u en ag ss u A , n en A n sp ru ch der P h ilo so p h ie .
.
.
1 13
•
mi t ein er letzten Ge wi ßh eit zu begründen, als o gü ltige vo n nic htg ültigen Argumenten du rch de n Bezug au f ein au ßerha lb der ko nkreten rhetorischen Sit ua tio n be fin dliches regulatives Pr inz ip zu unterscheiden. Noch wichtiger aber ist ein weiteres un d gru nd legendes Ele me nt rhetorischen De nk en s, .da s da mi t übergangen oder sogar geleugnet wi rd: trotz alle r Ko nse nsa b sic ht en tw ick elt sic h die rhetorische Ra tio na litä t im Streit der Me inu ng en , in der parte ilichen Au sei na ndersetzung üb er , Pro ble me , die kontroverse Ste llu ng na hm en im Re gel fal l nic ht nu r zul assen, sondern geradezu erzwingen. Da her gehörte die Rhetorik sch on für die Griechen in �en Bereich des agon, des kä mp ferischen Wettbewerbs, den sie in der Sp här e der Rede repräsentierte. Di e Berufung au f die ge me ins am e Gr un dla ge all er Erfahrungen un d des Verhaltens des Me nsc he n als ein es au � Ge me ins ch aft lich ke it hin angelegten Wesens ( koinonia, sensus co mm un is) bed eutete ke ine Un ter ord nu ng der Ar gu mente unter ein überpersönliches Pri nz ip und gle ich sam die Vorwegn ahm e des her rsc haftsfreien Diskurses. Di e Berufung der rhetorischen Argumentation au f die ges ells cha ftli che Ge me ins am kei t wa r von jeweils vö llig konträren Str eit pu nk ten au s mö gl� ch , ergab also Argumente für wi e gegen die eigene Po siti on des Redners: erst die Ra tifi zie run g ein er Argumenta tion und da s Verwerfen der ein en oder an der.en gegnerischen Po sit ion du rch da s Pu bli ku m zeigten, ob der Bezug au f den Gen:ein sin n zu Recht oder zu Un rec ht erfolgte. Die ses inter ess ier t-p arteiliche Wesen cha rak ter isie rt rhetorische Ar gu me n tat ion bis heu te un d vermag ein Untersch eid un gsm erk ma l gegen logische un d ästhetische Überzeugungsherstel lun g ab zugeben. Ne uen · Zugang zur rhetorischen Theorie gew inn t die Ph ilo sop hie über ein verändertes Be wu ßts ein ihr er eigenen Sp rac h lich ke it. Säm tlic he Ph än om en e, über we lch e sie spr ich t, sin d sch on soz ial, un d da s hei ßt spr ach lich vermittelt. "Aller Irr tum besteht da rin ", so hatte es sch on Ka nt ausgedrückt, "daß wi r unsere Art, Be gri ffe zu bes tim me n oder abzul eit en oder ein zu tei len , für Bedingungen der Sac he n an sic h ha lten." (Ka nt, Kritik der Urteilsk raft, 34 0) W irk lich kei t ist imme r
schon sprachlich vermittelt - von dem Lexikon und der Grammatik unserer Sprache bis zu den Dokumenten und Zeugnissen der Traditionen und der Kultur, der wir angehö ren - ja bis hin zu den Erfahrungen, die wir in Beruf und Pri vatleben mit ihr machen. Das war ja der Grund, weshalb Ari stoteles seiner Definition des Menschen als zoon politikon sogleich die zweite Definition an die Seite stellte, die ihn als toon logon echon, als Wesen, das Sprache und darin Vernunft hat, ausgezeichnet hatte. Als Gemeinschaftswesen, das er in seinem sozialen Leben immer ist, erfährt der Mensch die ge sellschaftliche Wirklichkeit also stets zugleich mit Bedeutung, Sinn und Wert versehen, die nicht objektiv vorhanden sind, sondern die er ihnen zuschreibt. st po die t ha t ich ns Ei r se die s au nz ue eq ns Ko ale dik ra e Di ß die da e, es Th le ra nt ze re Ih n. ge zo ge ie ph so ilo Ph moderne n er nd so , en eis rw ve tes ne ich ze Be f ein au hr me Ze ich en nic ht Be de Re r re se un it m r wi ß da , en ich Ze re de an f au r nu im me r er ein in r nu s un n er nd so n, ffe tre r eh m ht nic r deutung als o ga n ue ne en ein ch au et ffn erö n, ge we be tte ke en ich Ze n se en dlo zu em all r vo h ilic fre , rik eto Rh r zu ng ga Zu n he ph ilo so ph isc n he isc log po tro n, ale ur fig r de , tio cu elo r de h, eic er ilb Te em ein ch . Au ift hr Sc d un de Re n vo ng ssu rfa Ve n he sc eti un d aisth elt nd ha be ke er tw ns Ku e wi zt jet en rd we e xt Te he isc ph so ilo ph ts ste ig, ut lde vie ch dli en un en xt Te n he isc ar er lit ich gle d un d sin neuen In terpretationen zu gä ng lic h. De re n Au fgabe ha t Jac r De " t: ier ul rm fo ich dl än rst ve iß m ) un 30 19 b. (ge a id rr ques De r ine in se , ur kt ru St n ale rm fo r ine se ll in so xt Te ph ilo so ph isc he stu en yp xtt Te r ne sei tät rsi ve Di d un ät ifit ez Sp en ch ris rheto l de mo ns tio uk od Pr d un sion sit po Ex n ine se in , en diert werd nn na en ng ttu Ga al m ein r he frü an as m w n, sse de its se jen len r ine se in d un e en sc en s ise M r ine se en hm Ra im te -, au ch r ine , se te ka ifi gn ·Si r ine se n io at ul tik e Ar di r nu ht nic die , ax nt Sy n er nd so , re wä eit rh ah W die er od in s Se da f au n me ah Be zu gn auch di e Ha nd ha bung seiner Te ch nik en un d all da s, was in sie e ein als ll so ie ph so ilo Ph die ch au , um rz Ku t. de fin g an Ei ng ,Sondergattung der Literatur' betrachtet werden, die au s de m er ch pis tro lex mp Ko · en ein d t un pf hö sc e ch ra Sp er ein t Vo rra 1 15
1 14 •
•
Ressourcen erschließt, entstellt oder umleitet, die älter sind als die Philosophie." (Derrida, Randgänge der Philosophie, 2 77) So kommt es zu produktionsrhetorischen Untersuchungen philosophischer Argumentation, die die Philosophie als rhe torisch vermitteltes Denken enthüllen, dem man sich nicht ohne entsprechende Kenntnisse nähern kann. Diese vollkom mene Durchdringung von rhetorischer und hermeneutischer Dimension der menschlichen Sprachlichkeit ist leitend für die moderne Hermeneutik geworden: "Woran sonst sollte auch die theoretische Besinnung auf das Verstehen anschließen als an die Rhetorik, die von ältester Tradition her der einzige � Anwalt eines Wahrheitsanspruches ist, der das Wahrschei li che . . . ( verisimile), und das der gemeinen Vernunft Einleuch tende gegen den Beweis- und Gewißheitsanspruch der Wissen schaft verteidigt? Überzeugen und Einleuchten, ohne eines Beweises fähig zu sein, ist offenbar ebensosehr das Ziel und Maß des Verstehens und Auslegens wie der .Rede- und Über zeugungskunst - und dieses ganze weite Reich der einleuch tenden Überzeugungen und der allgemein herrschenden Ansichten wird nicht etwa durch den Fortschritt der Wissen schaft allmählich eingeengt, so groß der auch sei sondern dehnt sich vielmehr auf jede neue Erkenntnis der Forschung aus, um sie für sich in Anspruch zu nehmen und sie sich an zupassen. Die Ubiquität der Rhetorik ist eine unbeschränkte. Erst.. durch sie wird Wissenschaft zu einem gesellschaftlichen Faktor des Lebens. " (Gadamer, R hetorik, Hermeneutik und Ideologiekritik , 63) So Hans-Georg Gadamer (geb. 1 900) in den metakritischen Erörterungen zu Wahrheit und Methode, seinem Hauptwerk von 1 960, dessen Ausgangspunkt die hu manistische Tradition mit ihren Leitbegriffen Bildung, sensus communis, Urteilskraft und Geschmack darstellt. Verstehen ist für Gadamer nicht möglich, wenn nicht das wirkungsge schichtliche Moment in aller Überlieferung wirksam bleibt. Das geschichtlich Gewordene kann niemals zum quasi naturwissenschaftlichen ,Objekt' werden, das es ,festzustellen' gilt wie einen experimentellen Befund - als wäre Überliefe rung so fremd wie der Gegenstand der Physik. Womit Gada'
1 16
-
t if re fg u a is n d n ä st er v ts h ic ch es G e h mer a u ch d a s h u m a n istisc In ls a , g n u er ef li er b Ü er d it m und Verstehen a ls ei n Gespräch t ei tz tz Je er d g n u tl it m er V ls a it m a d , tegrati o n in ih re n Prozeß en m sa n ei em g er d m iu d e M s a d m it der Vergangenheit d u rc h n le a tr n ze ie d en n in ew g o S m en sc h li ch en Erfahrung a u ffaßt. li n ei ch rs h a W es d g n u g eu rz E er rhetorischen L eh re n v o n d ra F e d je es d er d o is n u m m co ch en , der Herstel lu ng d es sensus r o V e d ( s se is n d n ä st er rv o V en d en � geste ll u ng v o ra u sb ee in fl u ss en h sc n o et rh er d , d n u ß u m in U rt ei ls , d a s ja n ic h t falsch se ck ru sd u A es n en w t, m im n n a n o ti k T o p ik zufolge, B ew ei sf u n e m er h en d r fü g n tu eu ed B le ta des G em ei n si n n s ßis t) fu n d a m en ie d ß a d " , en ll e st st fe n n a k neutischen Proze , und G a d a m er er d d en eh tg ei w ] . . . [ st n u sk g n u eg theoretischen Mittel der A u sl k ti eu en m er H , k ri o et h R , er R h et o ri k en tl eh n t si nd ." ( G a d a m u n d Ideo logiekritik, 6 4 ) n a m e ll a r o v ch si t a h en es h T D ie D is k u ss io n u m G a d a m er s n u er lg fo ß lu ch S d n u en g n zu et ss u ra seinen p h il o so p h is ch en V o n a u � n u d en g u ze er b ü m ih n � gen entzündet, o h n e d a ß die vo . _ e d Je r f k n o et h � er d t ei k h ic rl eh tb � gefochten dargelegte U n en n u n 1s x ra P e eb h ft a h sc n se is w n h er m en eu ti sc h e, ja a llgemei r te n u h c u a , d n u t h ac d h rc se lb er in ih re n Konsequenzen d u en h sc ri o et rh er n ei t k n u lp ge n A veränderten P rä m is se n , zu m s er m a d a G e. är w en rd o w t h Theorie der Textauslegung gemac e ch is h p so o il h p ie d m u se er v o tr n o w ic h tigster Gegner in der K er b a H en rg Jü , k ti eu en m er H B eg rü n d u n g u n d F u n k ti o n der est er V es d r tu k u tr -S ls ei rt ru o V er d m a s setzt seine K ri ti k a n est er V er d aß d , en g ti ch si ck ü h en s a n , o h n e fre il ic h zu ber en ll te es ag fr In em d d n u g n u n ff Ö er hensprozeß gerade a u s d s u a t, h te es b en g n u n ei M n te g rä der ü ber lieferten u n d vorgep r o V s a d ie d , n io at eg N n se ihrer Verflüssigung u n d probewei h rc u d g n u n g ei n A r zu d n u en ch a m u rt ei l sc h li eß li ch z u m U rt ei l t h ic n h ic rl tü a n er d , ß ze ro P den Interpreten bereitstellen - e in r te ei W n er d n so t, te eu ed b en g ti tä n u r Verwerfen oder Bes . g n u er ef li er b Ü er d g n u n g ei n A en tw ic k lu n g , d . h . p ro d u k ti v e n a n in S n o v s ze n a G in e er S el b st w en n si c h d a ri n zu letzt im m en ch is g lo to n o em h lc so in ch o k ü ndigt, is t d a s Verstehen d n u , se ei w tt ri h sc e n ei h c li m ä H o ri zo n t n o ch ei n e Bewegung, n '
1 17
l � k o m m en e, doch zu im m er größerer Vervo llk o m m n ung �? fah1ge Entdeckung des Se in s in d er Sp ra ch e u n d durch si e: "Sei n , d as verstanden werden k an n , ist Sp ra che. " (Gad am er , R h etorik, Hermeneutik u n d Ideologie k ritik, 4 5 0 ) D en n die ontologische W en d un g d er H er m en eu ti k ist d u rc h au s n ic ht notwendig un d könnte d u rc h ei ne geschichtliche U m w en d un g au fgehoben werden, o hn e d aß d ad ur ch etwa d ie rhetorische Konzeption der H er m en eu ti k ü be rh au p t in Frage st ün d e. 7 . R h et o ri k in S ch u le u n d H o ch sc h u le h eu te
D ie R h et o ri k is t a uc h in D eu ts ch la n d in zw is ch en ei n e Bewe gung geworden, m an ch m al sogar schon ei ne in te lle kt ue lle M o d e, d ie in W is se n sc h aft un d öffen tl ic he m L eb en , P o lit ik un d Wirtschaft gleichermaßen p rä se n t ist, un d dies im mer m eh r in ihrer eigentlichen Bedeutung, n ic ht b lo ß in Sc hw un d stufen, ap o kr yp he n oder m as kierten G es ta lt en . B ev o r si e ei n e M o d e w ur d e, w ar si e ei n e wissenschaftliche Methode, deren Ergebnisse den Geistes- un d So zi al wissenschaften, aber auch d er E th n o logie, Psychologie u n d L it er at ur kr it ik n eu e Per spektiven eröffneten. A ls Argumentationsrhetorik brachte sie d ie abstrakte Argumentationstheorie au f neue Methoden u n d in B ez ie hu n g zu r rednerischen P ra x is (Cha!m P erel m an ); d ie �ffektrhetorik er sc hl o ß d er W er bu n g n eu e Strategien; d ie _ hter�rische R he to ri k g ab d er literaturwissenschaftliehen M e th oden - u n d P ri n zi p ienreflexion en d lic h ei n e ar beitsfähige G ru n d la g e ( Hei n ri ch L au sb erg ); die et h is ch -p ädagogische Rhetorik ging in ei n e Theorie des k o m m u n ik at iv en H an d ei ns ei n (Jürgen H ab er m as ); d er p ra k ti sc h en P h il oso p h ie stellte d ie R he to ri k M o d el le der H an d lu ngsorientierung u n d Entschei dungstindung bereit (O sk ar Negt, H er m an n L ü bb e, Rüdiger B u b n er ); d ie anthropologische A k tu al it ät d er R he to ri k folgt a us ih re r A n si ch t vo n d er m an ge lh aften Ausstattung des M en sc he n an p ri m ären Regu lie ru n g sm ec h an is m en , d ie d u rc h rhetorische K u n st ko m p en si er t werden kö n n en ( Han s B lu m en berg, Ernesto G ra ss i, M ic h el M eyer ); in d er existenzher m en eu ti sc he n Rhetoriktheorie sc h lie ß lic h wird je d er sp ra ch li1 18
ehe Akt zu einer persuasiven Äußerung in der Alltäglichkeit des Miteinanderseins (Hans-Georg Gadamer, Karl-Otto Apel, Otto Pöggeler). Zwei wisse nscha ftstheoretische Tendenzen komm en in die sen unter schied lichen Rezeptionen zum Ausd ruck. Auf der ei nen Seite findet sich die Rhetorik als Produktionslehre von mensc hliche r Rede und zugleich als sprac hliche Auslegungs kunst . Mens chlich e Welte rfahru ng ist in einem unive rsalen Sinne imme r sprac hlich und die Rhetorik damit eine Basisw is senschaft, die Grun dlagenforschung für sämtl iche Diszi plinen leistet. Auf der ander en Seite bestim mt Rhetorik auch die menschliche'Prax is. In der Sphäre des Hand eins könne n allein plaus ible Sätze, also wahrschein liche Erken ntniss e, wirks am werden, deren Geltung durch Konsens gesichert wird. Soviel zur wissenschaftlichen Bedeutung einer modernen Rhetorik, die ihr methodisches Instrumentarium durch psy chologische, soziologische oder linguistische Erkenntnisse an gereichert hat und deren Wirksamkeit durch diese kurze Skiz ze noch nicht etwa erschöpfend umrissen ist. Ihr entspricht ein gesteigertes öffentliches Interesse an der Rhetorik, das man besonders an den hohen Erwartungen ablesen kann, die sich mit rednerischer Schulung heute verbinden. Sie wird in der Wirtschaft mit ebenso großer Intensität eingesetzt wie in Politik und Verwaltung; sie findet Anwendung in den Mas senmedien und den kulturellen Produktionen; rhetorische Strategien sind in den öffentlichen Debatten wirksam und be stimmen die Meinungsbildung und das Selbstverständnis der Gesellschaft; in der Politik wird sie vollends zu einer oftmals nicht unbedenklichen Kraft. Die in Ausschüssen, Parteigremi en oder internen Bündnissen getroffenen Entscheidungen be nötigen aber mehr als je zuvor rhetorische Überzeugungskraft, damit der Bürger sie dann auch akzeptiert. Wer das versäumt, erhält ( die Wahlen zeigen es) sofort die Quittung. Kaum je ma �d besitzt noch die treuherzige Überzeugung, " die da oben" werden es schon richtig machen. Auch der Politiker selber braucht mehr denn je Rhetorik zur, Produktion seiner öffentlichen, dur.c h die Massenmedien verbreiteten Imago: die
•
1 19
großen Wahlen machen die herausragende Bedeutung eines derart rhetorisch erzeugten Personenkults imm er sichtbarer. Die Bedürfnisse der Massenmedien hab en den Bedarf an Rhe torik drastisch erhöht. Mediale An forderungen stehen hinter Kongressen und Expertenhearings, politischen Debatten, Par lam ent san fragen und Presse-Statements. Die journa listischen Präsenzzeiten auf der Pressetrib ün e bestimmen die Rednerfol ge. Ke in Wunder, daß es da manchem Bil du ngspolitiker angst wird, denn der rhetorischen Perfektion der politischen (und übrigens auch zunehmend der wirtschaftlichen ) Sel bstdarstel lung entspricht nach wie vor kei n rhetorisches Wissen in der Bevölkerung. De nn allein "Rhetorik lehrt Rhetorik zu erken nen " (Bl umenberg) - doch mi t der Präsenz der Rhetorik in den Bil du ngs- und Au sbi ldu ngsinstitutionen ist es im mer noch schlecht bestellt, wobei Deutschl and auc h im internationalen Vergleich schlecht abschneidet. Die Verei nba run g der Ku l tus mi nis terkonferenz von 1 97 2, Rhetorik fest als Schulfach zu integrieren, wurde nicht verwirklicht . Zwar gibt es an den weiterbildenden Sch ule n hier und da rhetorische Arbeitsge me ins cha ften, Debattierklu bs nac h angelsächsischem Vorbild entstehen gelegentlich und verschwinden oft sch nel l wieder rhetorische Lehrinhalte werden in einzelnen Projekten (wie dem zwitterhaften "Setnin arkurs "-Modell an den Gymnasien Baden-Württembergs) in den Unterricht integriert, doch in der Reg�l höchst dilettantisch aufbereitet, da den Lehrern sowohl die r etorische Au sbi ldu ng feh lt als auch die Weiterb�ldung in den Händen wenig qu alifizierter Leh rkr äfte liegt. Die Gründe für diese mangelnde rhetorische Versorgung sind vielfältig. Dazu gehört das immer noch weiterwirkende rhetorische Trauma der Nazizeit ebenso wie das gerade in den Ausbildungsinstitutionen große Beharrungsvermögen in Deutschland. An den Hochschulen kommt der mächtige Kon formismus der herkömmlichen, aus dem deutschen Idealismus gebürtigen Geisteswissenschaften hinzu, der um so wider ständiger ist, als er auch ökonomische Ursachen hat: längst ist Wissenschaft zum Geschäft geworden, in dem es um Mittel, Stellen, Positionen geht; auf dem Verteilungsmarkt müssen '
120
,
Positionen verteidigt oder erkämpft, Konkurrenten ausge schaltet werden, und die modische Analyse kann andere, älte re Theorien verdrängen, noch bevor sie die Chance erhielten, auch ihre aktuellen Qualitäten auszuweisen. Es ist daher kein Zufall, daß in einer den Orthodoxien ge genüber eher kritisch und der historischen Überlie �� rung da für unbefangener eingestellten wissenschaftlichen Offentlich keit wie der amerikanischen die New Rhetoric ihren Ausgang nahm und die Institutionalisierung der Rhetorik sehr weit fortgeschritten ist. Rhetorik-Studiengänge gibt es an den mei sten Universitäten, ihre Bezeichnungen wechseln nach dem Schwerpunkt der jeweils betriebenen Forschung und Lehre: " Communication Stu die s" heißen Institute, die alle Aspekte der Rhetorik und der in den US A entwickelten New Rhetoric von der Texttheorie übe r die Redeanalyse und Redeprodukti on bis zu jou rna listischen Arbeitstechni ken und literaturwis senschaftlicher Methodik umfassen, während "R hetoric" oder "Speech Co mm uni cat ion " als Ben enn ungen meist auf Schwerpunkte wie Geschichte der Rh eto rik, antike Rhetorik oder allgemeine Rede- und Text-Theorie verweisen. Inn erh alb der "C ult ura l Stu die s" wird oft ma ls das Iiteratur- und gesell schaftskritische Potential der Rhetorik genutzt, während in den Jou rna lism us- und Massenmedienstud iengängen die praktische Rhetorik im Zentrum steht. Auch die am erik ani sche Sprechwissenschaft integriert vielfach rhetorische Grund lagen. Da s rhetorische Un iversitätsstudi um kan n übrigens auf sch ulischen Grundlagen auf bau en: Speech Education gehört . zum Programm der höheren Schulen und der Colleges. Auch in der Hochschulöffentlichkeit selber ist die Rhetorik in einer für deutsche Verhältnisse kaum vorstellbaren Weise präsent: in "debating clubs" oder "debating teams" werden rhetori sches Argumentieren, Vortragskunst und dialogische Techni ken geübt, es gibt Rede-Wettkämpfe, die in manchmal naiver Form auch den agonistischen Charakter der Beredsamkeit wiederzubeleben suchen. Theoretische Kontroversen finden besonders innerhalb der Fachverbände statt, von denen der größte die " American Communication Association" (ACA) 1 21
•
•
ist; andere, wie die "Western" oder "Eastern States Com mu nica tion Association" (WS CA , ESCA), konzentrieren sich bei ihrer Arbeit auf regionale Schwerpunkte. Medien der Dis kus sion sind Zeitschriften wie etwa das 1 9 1 5 gegründete Quar terly Journal of Speech, Philosophy and Rhetoric (Pen nsy lva nia State University) oder die von der "Internatio nal Society for the History of Rhetoric" herausgegebene Qu arta lsch rift Rhetorica (sei t 1 983 ), ferner Tagungen und Kongresse. Das Themenspektrum ist breit, umgreift traditionelle Problemfel der wie die historische Erforschung der antiken Rhetorik (George A. Kennedy), Rhetorik und Argumentation, literari sche Rhetorik, rhetorische Texttheorie oder Werberhetorik aber auch neue Anwendungsgebiete wie rhetoric of science, organizational rhetoric (sozialwissenschaftliche Umsetzung mit empirischen Methoden) oder die Übertragung rhetori scher Hermeneutik auf alle Erzeugnisse kultureller Produkt10n. Angesichts der Entstehungsgeschichte der Rhetorik und der engen Verflechtung, in der sie seit der Antike mit europäischer Kul tur und Wissenschaft stand, mu ß es hochst verwirrend wirken, daß ihre akt uell e Situ atio n so ausgesprochen unüber sich tlich und unb efriedigend erscheint. Selbständige Institu tionen, auc h eigene Universitätsinstitute, wie etwa das dän i sche, 1 970 gegründete "Institut für Rhetorikwissenschaft" an der Universität Kopenhagen, bilden die Aus nah me. In den _ meisten Fäll en findet die rhetorische Forschung im Rah men von Fächern statt, deren Nähe zur Rhetorik historisch ver bürgt ist (wi e der Phi loso phi e) oder die aus ihr hervorgegan gen sind (wie die Phi lologien, Kom mu nik ationswissenschaften o�er Sem ioti k). Brüssel mit seinem "Centre Europeen pou r l'Etude de l' Argumentat ion " an der Freien Universität ist zu nennen - Argumentationsrhetorik, Rhetorik und Anthropo logie sowie die (vo n der groupe ft in Gang gesetzte) moderne Figurenlehre bilden die Schwerpunkte der Forschung. In Großbritannien findet sich zwar eine Art rednerischer Aus bil dung an den Sch ulen , auch existieren zahlreiche "debating team s" an den Universitäten, die wissenschaftliche Beschäfti'
•
1 22
•
'
•
gung mit der Rhetorik konzentriert sich aber auf altphilologi sche oder philosophische Fragen. Widersprüchlich sieht die Si tuation in Frankreich aus. Das europäische Land mit der be wußtesten Sprachkultur, über welche die Academie franc;aise unnachsichtig wacht, hat auf der einen Seite vor einigen Jah ren die Rhetorik aus der Schule verbannt, andererseits gehen von hier wichtige Impulse zu ihrer wissenschaftlichen Neu entdeckung und Weiterentwicklung aus; Theoretiker wie Ro land Barthes oder die Philosophen der Postmoderne (Jean Franc;ois Lyotard) verkörpern die verschiedenen Tendenzen der Nouvelle rhetorique besonders markant. Einen Höhe punkt in der Entwicklung des Fachs war die (Neu-)Errichtung eines Lehrstuhls für Rhetorik am College de France, wo seit her die historische Erforschung der Rhetorik und ihrer Bezie hungen zur Literatur im Mittelpunkt stehen. In Italien und Spanien, den Niederlanden und der Schweiz ragen zwar einige namhafte Wissenschaftler hervor, die sich auf Rhetorik spe zialisiert haben, doch der Aufbau von Forschungsinstitutionen steckt allenfalls erst in den Anfängen. Ein etwas günstigeres - im Vergleich mit den USA freilich imm er noch enttäuschendes, ungleichgewichtiges - Bild ergibt sich in Deutsch lan d. Neben dem 1 966 gegründeten Sem ina r für Allgemeine Rhetorik an der Universität Tüb ingen gib t es eine Arbeitsstelle Rhetorik an der Universität Oldenburg, ein Graduiertenkolleg "Repräsentation, Rhetorik, Wissen" an der Uhiversität Fra nkfurt/Oder sowie rhetorische Schwerpunkte an den Fachhochschu len . Da s Tü binger Sem ina r ist aber nach wie vor das einzige deutsche Universitätsinstitut, das einen selbständigen Studiengang Allgemeine Rh etorik anb ietet. In zwischen hat es sich nic ht nur zu ein em nat ion alen , sondern zumindest europäischen Zerrtrum der Rhetorikforschung ent wic kel t. Hier erscheint das internationale Jah rbu ch Rhetorik, das wichtigste periodische Forum der Fac hdi sku ssio n in Eu ropa; mit den Rhetorik-Forschungen wir d in Tü bingen seit 1 99 1 eine Pub likation srei he herausgegeben, die wic htige fachwissenschaftliche Untersuchungen vorlegt; seit 1 985 exi stiert am Tü binger Seminar das Forschungsprojekt Histori1 23
sches Wörterbuch der R h etorik .
•
M eh r al s 4 0 0 F ac h w is se n sc h aftl er wurden gewonnen, u m d ie se s ei nzigartige en zy k lo p ä d isch e V o rh ab en zu ve rw ir k lic h en , dessen B än d e se it 1 9 9 2 er sc h ei n en . D as U n te rn eh m en is t in zw is ch en längst zu ei n em Z en tr u m der weltweiten R h etorik -R enaissance geworden; H er au sg eb er u n d R ed ak ti o n stehen m it a lle n w ic h tigen In st i tu ti o n en u n d rhetorischen F ac h w is se n sc h aftlern in ständigem A u st au sc h , u n d d ie R ed ak ti o n n im m t d am it au ch - g le ic h sa m vo rl äufig u n d st el lvertretend - Verbandsa u fgaben w ah r. In T ü b ingen w u rd e d as K o n ze p t ei n er b er u fs zi el o ffenen A u sb il d u ng zu u m fassender rhetorischer K o m petenz au f der G ru n d lage der k la ss is ch en R h et o ri k entwickelt, o b si ch d ie rhetorischen Fertigkeiten n u n au f d ie trad it ion el le n M ed ie n B u ch , Presse, R ad io a u srichten, au ch F il m - u n d Fernsehrhe to ri k ei n sc h ließen oder si ch eh er au f Öffentl ic h k ei ts ar b ei t, W ei te rb ild u n g u n d Werbewirtsch aft k o n ze n tr ie re n . D ie in st i tu ti o n el le A u sd eh n u n g d er Rhetorik au f andere U n iv er si tä te n , ih re E in ri ch tu n g al s Sc h u lfac h b le iben g le ic h w o h l A u fg ab en , für w el ch e d ie Ö ffen tl ic h k ei t eb en so w ie d ie p o li ti sc h en Ent sc h ei d ·u ngsgre m ie n ei n g en o m m en werden m ü ssen und die o h ne ei nen ti efen E in sc h n itt in d ie G lie d er u n g d es F äc h er k an o n s n ic h t gelöst werden k ö n n en . E s is t h o h e Z ei t d af ü r, d en n im m er n o ch st im mt Nietzsches D iagnose, d aß n äm li ch au ch d ie beste rh et o ri sc h e Pra x is "u nserer M o d er n en n ic h ts (i st ) al s D iletta n ti sm u s u n d rohe E m p ir ie . " (N ietzsche, Vorlesungs
Literaturverzeichnis Aristoteles. Rhetorik. Hg., übertr. u. in ihrer Entstehung erl . v . Paul Gohl ke. Paderborn 1959. _
_
Poetik. Eingel., übers. u. erl . v. Manfred Fuhrmann. München 1976. Topik. übers. u . m. Anmerkungen versehen v . Eugen Rolfes. Harnburg
3 1992.
. Bach,' Philipp Emmanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu sptelen. Teil I. Berlin 1 753. N D Kassel 1 994.
Barthes, Roland: Mythen des Alltags . Frankfurt a. M . 21 970.
.
Benn Gottfried: Probleme der Lyrik . In: Ders.: Gesammelte Werke 1n vter .
�
B ä den. Hg. D. Wellershoff. Bd. 1 : Essays, Reden, Vorträge. 0. 0.
1 972.
. Bismarck, Otto von: Die politischen Reden des Fürsten Bismarek . Htst.krit. Gesamtausgabe. Hg. Horst Kohl. Bd. 3 . Stuttgart 1892.
.
Blumenberg, Hans: Wirklichkeiten, in denen wir leben: Aufsätze und etne Rede. Stuttgart 1 98 1 . Burckhardt, Jacob: Stuttgart 1 9 5 5 .
Weltges chichtliche Betrachtungen.
Hg.
R.
Marx.
.
Campbell, George: The Philosophy of Rhetonc. London 2 1 850. ND Carbondale ( I l l . ) 1 963. Cancrin, F riedrich Ludwig:
G rundlehren der bürgerlichen Baukunst.
1792. Churchill Winston: Rede zum Wiederaufbau des Hause of Commons. In: Ders.: Cicero
d
Vorwärts zum Sieg. Hg. Charles Eade. �ürich
1948 .
.
Marcus Tullius: Der R edner/Brutus. Ubers. v . Ju hus Sommer
bro t und Wilhelm Binder, eingel. u. erl. v. Marion Müller. München 0·
J
·
.
. - Philippica in M. Antonium 11. In: Ders.: Samthch� Red en . E tnge 1 .. übers. u . erl. v . Manfred Fuhrmann. Bd. VII. Zünch u . Munchen .
aufzetc h n u ngen, 4 1 6 )
·
·
1980. _
über den Redner. Übers. u. hg. v. Harald Merklin. 2., durchges. u .
bibliogr. erg. Ausgabe Stuttgart 1 98 1 .
�
De Man, Paul: Allegorien des Lesens. Frankfurt 1 99 . De Piles, Roger: Cours de peinture par principes. Pans 1 708 . ND 1969. 4
�
Derrida, Jacques: Randgänge der Philosophie. Wien 198 .
D ilthey, Wilhelm: Das Erlebnis und die Dichtung. Less1ng, Goethe, No·
vatis Hölderlin. Leipzig 1 9 1 0 . Doma us, Max (Hg.): Hit/er. Reden und Proklamationen
:
1 �32-1 945.
Kommentiert von einem deutschen Zeitgenossen. Neustadt/Atsch 1 962. Dubois, Jaques: A llgemeine Rhetorik. München 1 974. Ebeling, Peter: Rhetorik. Wiesbaden 1 989.
Eco, Umberto: Einführung in die Semiotik. München 51985.
, .
Encyclopedie ou dictionnaire raisonne des sciences des arts et des meuers.
1 25
•
•
Publie par M. Diderot et M. D'Alembert. Paris 1 75 1 - 1 780. ND Stutt gart/Bad Cannstatt 1 96 6/67. Enzensberger, Hans Magnus: G edichte. Die Entstehung eines Gedichts. Frankfurt a. M. 6 1 970. Eschenburg, ]. J.: Entwurf einer Theorie und Literatur der schönen Wis senschaften. Berlin u. Stettin 1 783. ND Hildesheim 1 976 . Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie: das ist: Vernuenftige Anleitung zur gelehrten und galanten Beredsa mkeit. 1 724. N D Kron berg (Ts.) 19 74. Fogarty, Daniel: I. A. Richards Theory. In: The Province of Rhetoric. Hg. Joseph Schwartz u . John A. Rycenga. New York 1 965. S. 345-3 66. Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. In: Ders.: Werke und Schriften. Hg. W. Keitel. Bd. 46. Darmstadt 1 9 84. Friedrich I I : Ober die deutsche Literatur. In: Friedrich II, König von Preu ßen, und die deutsche Literatur des 1 8 . Jahrh underts. Hg. Horst Stein metz. Stuttgart 1 98 5 . S . 60-99. Gadamer, Hans-Georg: Rhetorik, Hermeneutik und Ideologiekritik. Me takritische Erörterungen zu Wahrheit und Methode. In: Hermeneutik und Ideologiekritik. Hg. K.-0. Apel. Frankfurt 3 1 975 . S. 57-82. Geißler, Ewald: Rhetorik . 2 Bde. Leipzig 2 1 9 1 8 . Gel iert, Christian Fürchtegott: Gedanken von einem guten deutschen Briefe. In: Ders.: Werke. Hg. G. Honnefelder. 1 979. Bd. 2. Gervinus, Georg Gottfried: Geschichte der D eutschen Dichtung. Leipzig 1 853. Goebbels, Joseph: Die Tagebücher von ]oseph Goebbels. Sämtliche Frag mente. Hg. Elke Fröhlich. München 1 9 87. - Tagebücher 1 945. Die letzten Aufzeichnungen. Einführung Rolf Hoch huth. Harnburg 1 977. Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters theatralische Sendung. In: Ders.: Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Hg. Karl Richter u. a. Bd. 2, 2. Münchener Ausgabe 1 987. Gottsched, J ohann Christoph: Ausführliche Redekunst: nach Anleitung der alten Griechen und Römer wie nach der neuern Ausländern. Leipzig 1 736. - Versuch einer Gritischen Dichtkunst durchgehends mit den Exempeln unserer besten Dichter erläutert. Leipzig 4 1 75 1 . N D Darmstadt 1 982. Grimm, Jacob: Über die wechselseitigen B eziehungen und die Verbindung der drei in der Versammlung vertretenen Wissenschaften. In: Ders.: K leinere Schriften. Bd. 7. Berlin 1 8 84. Habermas, Jürgen: Der Universalitätsanspruch der Hermeneutik. In: Hermeneutik und Dialektik I . Hg. Rüdiger Bubner u . a . Tübingen 1 970. S. 73- 1 03 . - Wahrheitstheorien. In: Wirklichkeit und Reflexion. Hg. H . Fahrenbach. Pfullingen 1 973. S . 2 1 1 -265. Hall bauer, Friedrich Andreas: Anweisung zur verbesserten Teutschen 1 26
to rie . ra l=O hu Sc r de ln ge än M n de n vo de rre Vo er ein t bs Ne . Oratorie Je na 1 72 5 . ND Kr on be rg (Ts . ) 1 9 74 . a Gr die er üb g lun nd ha Ab er ein e ck stü ch ru B d: rie ttf He rd er, Jo ha nn Go n rli Be . 30 . Bd . an ph Su rd ha rn Be . Hg e. erk W e ch tli mm Sä zie. In : De rs. : 1 8 77- 1 9 1 3 . er W he tlic mm Sä : rs. De : In n? be ha el nz Ka r de f au en on cer Ci - Sollen wir ke . Hg . Be rn ha rd Su ph an . Bd . 1 . Be rlin 1 87 7. k ite ch Ar n he isc ös nz fra r de te ich sch ge een Id er ein e He rn an de z: Gr un dzüg turtheorie von 1 56 0- 1 800. 1 97 2. Hi tle r, Ad olf: Mein Kampf. M ün ch en 1 93 9. bis r sa Cä n vo e lem ob Pr d un ile of Pr . ter Tä d un er nk De lf: Ho ch hu th , Ro
Jün ger . Stuttgart 1 9 87 . wo rt v. ch Na em ein t mi . u . ers Üb . ca eti po s Ar : us cc Fla us int Qu , Ho rat ius Eckhart Schäfer. Stu ttgart 1 9 8 9. , ric eto Rh : In . ck ba d an ric eto Rh to y ph so ilo Ph om Fr Jo hn sto ne , He nr y: est W s. rk Bu . M n Do . Hg . ion rat plo Ex An e. tur era Lit d Ph ilo so ph y an Lafayette 1 97 8. ur g rnb Ha er. nd rlä Vo rl Ka . Hg t. raf lsk tei Ur r de k iti Kr el: nu Ka nt , Im ma 1 96 3. d un e ief Br se, las Er d un n de Re n. de rre ise Ka .): Hg Kl au ßm an n, Os ka r ( ut De s de ild erb kt ara Ch Ein . en eit Zw s de s elm ilh W r Te leg ram me Ka ise schen Ka ise rs. Le ipz ig 1 90 2. ren he hö die r fü en ng nu rd ro ve gs un üf Pr d un ne plä hr Le e Kr atz ( Hg . ) : Di . J o. rlin Be 8. 89 1 9. . 2 1 d un 2 89 1 . 1 6. m vo n ße eu Pr in Schulen e Re sch liti po e Di . tes or W en tig mu s de n de ka rri Ba n de f Au : inz Kü hn , He l be Be st gu Au , rck ma Bis n vo to Ot d un lle ssa La nd de ku ns t vo n Fe rd ina g ur mb xe Lu sa Ro t, ch ne bk Lie rl Ka d un k an Fr ig dw un d Jea n Ja ur es, Lu er au en Ad ad nr Ko , els W to Ot d un ti ot ate M o om ac Gi un d Cl ar a Ze tk in, un d Ku rt Sc hu ma ch er. Bo nn 1 9 8 6 . 0. 98 1 en ch ün M D N 6. 67 1 ris Pa r. r/e pa de rt l'a e D : ard La my , Be rn . Ei lf nd ffe tre be tur ra tte Li ste ue ne die fe, rie B : aim hr Ep old tth Go Lessing, . M . a t ur kf an Fr . 4 . Bd m. im Gr E. G. . Hg e. erk W ter Br ief . In: De rs. : 1 99 7. t ns ku de Re , tik the Äs r de f if egr Inb r rze Ku : elf tth Go Lin dn er, Jo ha nn M. . a t ur kf an Fr ND 2. /7 1 77 1 ig ipz Le u. erg sb nig Kö t. ns un d Dichtku 1 97 1 . un dfr a Gr In: . rik eto Rh " he tlic af ch ns sse wi " ue ne e Di : an th Na , M ac co by en ch ün M m. am hr Sc ur ilb W . Hg . ng hu rsc fo ns tio gen de r Ko mm un ika
2 1 96 8. S . 55- 70 . 9. 73 1 g ur rnb Ha . ter eis I/m pe Ca ne me om llk vo r De : nn M att he so n, Jo ha N D Kassel 1 954. elt e mm sa Ge : rs. De : In s. ate kr So s de ter ak ar Ch es: os M n, M en de lss oh Sc hri fte n. Hg . F. Ba mb erg er. Stuttgart 1 97 2. : rs. De : In s. loi s de it pr Es : de at nd co Se de uis Lo M on tes qu ieu , Ch arl es CE uv res co mp let es. Hg . An dr e M as so n. Bd . 1 . Pa ris 1 95 0. 127
Müller, Adam: Kritische Miszellen. In: Ders.: Kritische, ästhetische und philosophische Schriften. Hg. W. Schroeder. Neuwied 1 967. - Vorlesungen über die deutsche Wissenschaft und Literatur. In: Ders.: Kritische, ästhetische und philosophische Schriften. Hg. W . Schroeder. Neuwied. 1 967. - Zwölf Reden über die Beredsamkeit und deren Verfall in Deutschland. Hg. Jürgen Wilke. Stuttgart 1 9 83. Müller, Gottfried Polycarp: Abriß einer gründlichen Oratorie: zum Aca demischen Gebrauch entworffen und mit Anmerckungen versehen. Leipzig 1 722. Naumann, Friedrich: Die Kunst der Rede. Berlin 1 9 1 4. Nietzsche, Friedrich: Menschliches, Allzumenschliches. In: Ders.: Werke. Hg. K. Schlechta. Bd. 1 . München 1 972. - Vorlesungsaufzeichnungen. Bearb. v. Fritz Bornmann u. Mario Carpi tella. Berlin u. New Y ork 1 9 9 5 ( =Nietzsche: Werke. Kritische Gesamt ausgabe. Zweite Abteilung. Vierter Ba nd). Novalis: Schriften. Die Werke Friedrich v. Hardenbergs. Hg. Paul Kluck hohn. Darmstadt 1 965. Oehler, Klaus: Die A k tualität der antiken Semiotik. In: Zeitschrift für Semiotik 4 ( 1 982). S. 2 1 5-2 1 9 . Ortloff, Hermann: Die gerichtliche Redekunst. Berlin u. Neuwied. 1 86 6 . Perelman, Chaim: Das Reich der Rhetorik. München 1 9 80. Pseudo-Longin: Vom Erhabenen. Hg. R. Brandt. Darmstadt 1 966. Rammler, Otto Friedrich: Universal-B riefsteller oder Musterbuch zur Abfassung aller in den allgemeinen und freundschaftlichen Lebensver hältnissen sowie im Geschäftsleben vorkommenden Briefe, Documente und A ufsätze. 0. 0 . 1 867. Richards, I vor Armstrong: The Philosophy of Rhetoric. New York 1 965. R uhmohr, Carl Friedrich von: Schule der Höflichkeit. Für Alt und Jung. •
Stuttgart u. Tübingen 1 834. ND Stuttgart 1 982 . Sche�J:, Wilhelm: Poetik. Tübingen 1 9 77. Schlegel, Friedrich: Die Entwicklung der Philosophie in zwölf Büchern. In: Ders.: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Hg. von E. Behler. Bd. 1 2 u. 1 3 . Paderborn 1 964. - Kritische Schriften. Hg. W. Rasch. München 1 97 1 . - Zttr Philosophie nro. III. In: Ders.: Kritische Friedrich-SchlegelAusgabe. Hg. von E. Behler. Bd. 1 9. Paderborn 1 9 7 1 . Schott, August Ludwig: Vorbereitung zur juristischen Praxis besonders in Rücksicht auf die Schreibart in rechtlichen Geschäften. Erlangen 1 7 84. Schübler: Civilbaukunst. 1 740. S m ith, Adam: Lectu res on Rhetoric and Beiles Lettres. Hg. J. C. Bryce. o�ford 1 9 83. S p ener, Philipp Jacob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle 3 1 7 1 2- 1 7 1 5 . S p erber, Manes: Die Ach illesferse. Essays. Frankfurt a . M . 1 969.
1 28
e ch is or st hi n eh Z t: er nd hu hr Ja 9. 1 s da t l·r nb er ge r, D ol f: Gerechtigkeit fü r St ud ie n. Fr an kf ur t a. M . 1 97 5. r ne ei n ie lin nd ru G er od d en ug T ne ei it ke 1 'h ·r em in , Fr an z: Die Beredsam 7. 83 1 2 in rl Be . it ke am ds re Be en ch is at m yste f au ht ic ks üc R er er nd so be it m n le hu Sc te hr ' l 'h ie rs ch , Fr ie dr ic h: Ueber gele Bayern. Stuttgart u . T üb in ge n 1 82 6. s iu su io ud st n ei e ch el w n, le te au C ge hi öt tn hs T ho m as iu s, C hr is tia n: Höc ill, zu w n te ei er rb vo it he rt ah el G sht ec R r de g un ris, der sich zur Erlern '
beobachten hat. H al le 2 1 72 9. . ge zü ld Fe e ch tis he st Ä gs ar nb ie W ig dw U cd in g, G er t: R he torik der Ta t. Lu S. . 3 8 9 1 en ch ün M . er rn Ba . W g. H . tie In : Li te ra tu r in de r D em ok ra
332-344. ut tm ar H g. H . ke er W : s. er D : In . en ift hr Sc e U hl an d, Lu dw ig : Poetologisch Fröschle. Bd. 4. München 1 984. D er s.: : In . es in pe s de et s lit de s de re Iiv le r V ol ta ir e: Commen taire su . M el an ge s. P ar is 1 96 1 . s n Pa . 37 . Bd . ot ch Bu . J . A g. H s. re - Conseils a un journaliste. In : CE uv 1 8 29.
d un st un -K ed R r de e ht ic ch es G d un e ri W ie la nd , C hr is to ph M ar tin : Th eo is W r de ie m de ka A r de . v g. H . en ift hr Sc Dicht-K un st . In : G es am m el te se ns ch af te n. A bt . I. Bd . 4 . Be rl in 1 90 9ff. . 8 96 1 k or Y ew N s. si he nt Sy A c. ri to he R : . R W in te rw ow d, W . to he R e er ss be h rc du g ol rf E r eh m : de Re de W ol te r, K ur t: Die überzeugen rik. Niedernhausen (Ts.) 1 9 83. 9. 79 1 s ri Pa e. ch ra sp ns io ut ol ev R n he sc Wörterbuch der französi ei H . it ke am ds re Be en ch tli ch ri ge r zu Z ac ha ri ä, K ar l Sa lo m o: A nleitung delberg 1 8 10.
Danksagung
.
ng lu el st en m am us Z e di , ts ip kr us an M s de g un Fü r di e re da kt io ne lle Ei nr ic ht ei rb ita M n ne ei m h ic e nk da s er ist eg des Li te ra tu rv er ze ic hn is se s un d de s R Sa nd ra r, ue Ba na in or K : rik to he R ne ei em llg A r te rin ne n am Se m in ar fü Fr öh lic h un d A nn ik a Goeze.
Personenregister
65 A l berti, Leon Battista 5 1 , 52 Aristoteles 7, 8, 20, 2 1 , 24,
47-50, 7 1 , 8 1 , 87, 99, 1 00, 1 02, 1 1 2, 1 1 5
Bacon, F rancis 1 8 , 25 Barthes, Roland 1 05, 1 23 Batteux, Abbe Charles 53 B a u mgarten, Alexander Gottlieb
20, 47 Bebel, August 63, 9 1 Benn, Gottfried 1 09 Bismarck, Otto Fürst von 63, 83,
85, 1 25 Blair, Hugh 33, 4 1 B l u men berg, Hans 1 4, 1 5, 82,
1 1 2, 1 1 8, 1 20
Bodmer, Johann Jakob 22, 46
Boffrand, Ga briel Germain 52 Boul lee, Etienne Louis 54 Bourdaloue, Louis 3 7 Breitinger, Johann Jakob 22, 46 Briseux, Charles-Etienne 52 Burckhardt, Jakob Christoph 79,
80
Burke, Belmund 33, 1 02, 1 1 1 Burke, Kenneth 9 8 Burnet, Gilbert 38 Campbell, George 24, 25, 38 Cancrin, Pranz Ludwig von 54 Cato, Marcus Porcius C. 8, 69 Cha pelain, J ean 4 1 Cicero, Marcus Tullius 8 , 9, 1 1 ,
1 8 , 20-22, 40, 4 1 , 43, 62, 69, 71 , 85, 8 7, 1 1 1 d'Alembert, Jean Le Rond 27 de Jaucourt, Louis 4 7 de Man, Paul 1 1 0 1 30
1 08 Herder, J ohann Gottfried 22, 3 7,
I
Adelung, Johann Christoph 44,
Hegel, Georg Wilhelm F riedrieb
de Piles, Roger 5 1 , 52 Derrida, J acques 1 1 5, 1 1 6 Descartes, Rene 1 8 , 25 Diderot, Denis 25, 27, 4 1 , 4 7 Di lthey, Wilhelm 1 09 D rach, Erich 94 D u bois, Jacques 1 05, 1 06 Eco, Umberto 1 05 Enzensberger, Hans Magnus 1 08,
110 Eschenburg, Johann Joachim 4 1 ,
65 Fabricius, Johann Andreas 1 9, 32,
44 Fenelon, F ran�ois de Sal ignac de la Mothe 24, 3 7 Fontane, Theodor 79, 80 Fontenelle, Bernhard Le Bovier
36 Forkel, Johann Nikolaus 53 Forster, Georg 34, 35
1 08
Hitler, Adolf 89, 92-95, 96, 98 Horaz 20, 46, 48, 49, 5 1 , 52
Perrault, Claude 5 1 , 54
Jakobson, Roman 1 04, 1 06
Pseudolongin 20, 46, 5 1 , 75,
J anis, Irving L. 1 0 1 Johnstone, Henry W. 1 02 Kant, Immanuel 1 8 , 28, 1 1 1 ,
114
K nigge, Adolf Freiherr von 1 1 , 34,
66 Lamy, Bernard 2 1
Lausberg, Heinrich 1 06, 1 1 8 Le Bon, Gustave 95
Leibniz, Gottfried Wilhelm 25, 26,
28
Lessing, Gotthold Ephraim 37, 47,
72, 78
Liebknecht, Karl 9 1 , 92
Geißler, Ewald 87, 88, 9 1 , 94
Genz, F riedrich 56 Gerber, Gustav 8 1 Gervinus, Georg Gottfried 70,
71 Goebbels, Joseph 90, 92, 93 Gottsched, Johann Christoph 1 8,
Platon 48, 57, 1 02, 1 1 1 , 1 1 2
111 Quintilian, M a rcus Fabius 8, 20,
2 1 , 22, 28, 44, 49, 57, 68, 69 Rathenau, Walter 88, 89 Richards, I vor Armstrang 1 0 1 ,
1 04
Richardson, Samuel 43 Rollin, Charles 22, 44 Rousseau, Jean Jacques 43 Rumohr, Carl Friedrich von
66 Salzmann, Christian Gotthilf
38 Scherer, Wilhelm 58, 67, 78,
Lyotard, Jean-Fran<;ois 1 1 1
Schlegel, F riedrich 58, 72-7 5
Mattheson, Johann 52, 53, 55 Moritz, Karl Philipp 27
Müller, Adam 3.3, 56, 57, 6 1 , 72,
73, 76, 77 Müller, Gottfried Polycarp 2 1 ,
24
2 1 -23, 32, 36, 42, 44, 46, 47, 5 1 , 52 Grimm, Jakob 70, 7 1 Habermas, Jürgen 1 1 3 , 1 1 7, 1 1 8
N eukirch, Benjamin 4 2
3 1 , 35, 38, 44
118
Locke, John 25, 30, 33, 4 1
Muratori, Ludovico Antonio 46,
H a l l bauer, Friedrich Andreas 27,
61
Isokrates 68, 1 1 1
Luxemburg, Rosa 90, 9 1
42-44
Ortlo ff, Herrmann Friedrich 60,
Perelman, Cha"im 1 00, 1 03, 1 1 3,
Gadamer, Hans-Georg 1 4, 59,
Geliert, Christian Fürchtegott
Hardenberg 73, 74, 75
Hovland, Carl l. 1 00, 1 0 1
Lindner, Johann Gotthelf 45
1 1 6-1 1 9
Novalis, eigtl. Friedrich von
47
Naumann, Friedrich 85, 86 Nietzsche, Friedrich 58, 79, 80,
8 1 , 82, 1 24
1 09 Schleiermacher, F riedrich D a n ie l Ernst 64 Schott, August Ludwig 3 1 , 32 Seneca, Luci us Annaetus der Jüngere 43, 69 Sevigne, Marie Marquise de
41 Shaftesbury, Anthony Ashley Cooper 22, 4 1 Simon, Ludwig 63 Simonides von Keos 49 Smith, Adam 36 Sokrates 28, 42
Spener, Philipp Jakob 39, 40 131
Testelin, Louis 5 5 Theremin, Ludwig Friedrich Pranz 6 1 , 62, 64 T hi er sc h, Fr ie dr ic h 77 T ho m as iu s, C hr ist ia n 25 30 44 ' ' Uhland, Ludwig 63, 66, 7 1 Vico, Giam battista 2 0 Vischer, Friedrich Theodor 1 0 8
Sachregister
Voltaire 2 1 , 24, 26, 2 8 , 29, 33, 47 Wieland, Christoph Martin 34, 36-38 Wilhelm I I . , deutscher Kaiser 85-8 7 Zachariä, Karl Salomo 59, 60
,lemulatio 69
dispositio (Gl iederung) 9, 23, 54
A ffekte 27, 40, 44, 46, 50-53, 73,
docere 46, 4 7, 50
74, 75, 80, 1 04, 1 1 8 , s. auch ethos bzw. pathos
Einleitung (exordium) 1 2, 53
Amplifikation 1 3
Ekphrasis (Bildbeschreibung) 49
Angemessenheit (aptum) 1 0, 1 2,
elocutio ( Formulierung) 1 0, 23,
1 8, 1 9, 55, 6 1 , 66 Anthropologie 7, 82, 1 1 8 , 1 22 Antike 8 , 1 0, 1 4, 20, 2 1 , 23, 29,
45, 50, 54, 65, 1 05, 1 06, 1 1 5 Empfindsamkeit 1 9 , 27, 43, 46 Empirie 1 3 , 27, 1 04, 1 22, 1 24 Empirismus 1 8, 25
32, 34, 3 5 , 37, 40, 44, 46, 52,
Enthymem 1 3
56, 5 8 , 60, 63, 65, 6 8 , 69, 75,
Epistolographie s. Brief
77, 80, 84, 99, 1 04, 1 06, 1 1 1 ,
Erhabenheit 45, 46, 56, 62, 69,
1 1 2, 1 22 Architektur 48, 5 1 -55, 79, 80, 1 10 Argumentation ( argumentatio) 9, 1 2 , 1 3 , 27, 63, 86, 97, 99, 1 00 ,
75, 80, 1 1 1 Erzählung (narratio) 1 2, 1 3, 53, 86 ethos 1 9, 46, 50, 87, 92 exercitatio (Übung) 7
1 02-1 04, 1 08, 1 1 3, 1 1 4, 1 1 6, 1 1 8 , 1 22 ars, doctrina ( K unstlehre) 7, 94, 108
Festrede (genus demonstrativum) 8 , 32, 35-37, 48, 59, 64, 65 Figurenlehre s. Redeschmuck
Ästhetik 20, 22, 45-48, 50, 5 8 , 67, 73, 74, 78, 1 0 8 - 1 1 1 Aufklärung 1 7-2 1 , 24-28, 32-34, 37, 3 8 , 44, 50, 5 1 , 53, 54, 76, 103
Gemeinsinn ( sensus communis) 20, 1 1 4, 1 1 6, 1 1 7 Geniebewegung 46 Gerichtsrede (genus iudiciale) 8, 9, 30-32, 35, 59-61
Beratungsrede (genus delibera tivu m ) 8 , 9, 32-34, 35, 37, 59, 6 1-63, 83-98
Gerichtsverfahren 59, 60, 92 Gespräch 7, 2 8 , 40, 42, 43, 6 3 , 72, 73, 76, 83, 1 02, 1 07, 1 1 7
Brief 40-43, 67, 79, 1 0 7
Gestik und Mimik s. Vortrag
Bürgertum, bürgerlich 20, 26, 28, 35, 36, 47, 59, 64, 65, 69, 7 1 ,
Gründerzeit 79
83
Hermeneutik 97, 1 1 0, 1 1 1 , 1 1 3 , 1 1 6-1 1 8 , 122
delectare 4 7, 50 •
Demokratie 23, 32, 56, 7 1 , 84, 88, 98
Humanismus, humanistisch 20, 26, 2 8 , 5 8 , 65, 69, 7 1 , 72, 9 1 , 1 0 3, 1 0 5 , 1 1 2, 1 1 6, 1 1 7
Deutlichkeit (perspicuitas) 1 0, 1 8, 1 9, 37, 4 1 , 42, 44, 6 1 Deutschunterricht 77, 78, 97
imitatio, mimesis (Nachahmung) 43, 48-50, 67-69 1 33
Innerlichkeit 35, 39, 57, 83 insinuatio 1 2
inventio (Erfindung) 9, 23, 53, 54,
60, 7 1
iudicium (Urteilskraft) 7 1 , 1 1 6 Ju nges Deutschland 73, 1 08,
1 09 Konsens (consensus) 8-1 0, 1 3, 33,
35, 94, 97, 1 1 1 - 1 1 4, 1 1 9 Kontroverse 7, 59, 76, 88, 1 02, 1 1 4, 1 2 1 Kritik, literarische 22, 34, 68-73, 1 18 Kürze ( brevitas) 1 0 Malerei 48-53, 1 1 0 Manipulation 98, 1 02, 1 07 Massenkommunikation 1 0, 58,
59, 64, 83, 89-93, 95, 96, 1 1 9- 1 2 1 Medien, technische 1 1 , 90, 92, 97, 98, 1 1 9- 1 2 1 , 1 24 Meinungsbildung 88, 1 1 3, 1 1 9 Meinungswissen (endoxa) 9, 1 00 memoria ( Einprägekunst) 1 1 , 23 Metapher 1 8 , 50, 8 1 , 1 04, 1 0 5 Metonymie 1 04 Motivationsforschung 1 02 m ere 46, 50, 75 M usik 48, 50-55, 66, 75, 96 Nationalsozialismus 92-97, 1 20 Nationalsprache 23, 25, 44, 58
Naturanlage (natura) 7
Natürlichkeit 4 1 , 42, 8 5 New Rhetoric 98, 99, 1 04, 1 2 1
pathos 1 9, 46, 50, 5 1 , 54, 62, 63,
80, 97
Paulskirchenparlament 6 1 -63 Persuasion, Überzeugung/ Überredung 9, 1 2 , 2 1 , 28,
50, 6 1 , 7 1 , 75, 9 1 , 93, 95, 98, 99- 1 03, 1 08, 1 1 1 , 1 1 2, 1 1 4, 1 1 6, 1 1 9 Phantasie 20, 40, 46, 50 Philologie 58, 7 1 , 1 22 Philosophie 20, 24-28, 36, 48, 5 7, 60, 72, 74, 75, 89, 99, 1 03, 1 1 1 - 1 1 8 , 1 22 Pietismus 3 9 Pluralismus 88, 1 1 0 Poetik 43-48, 58, 65, 67, 68, 75, 78, 79, 1 09 Positivismus 60, 6 1 , 69, 1 03 Postmoderne 1 1 0, 1 1 1 , 1 1 5, 1 23 pragma (Sachaspekt) 50 Predigtlehre, Homiletik (genus praedicandi) 8, 1 4, 3 7-40, 63,
64, 84-86, 93, 95 prooemium 1 2 Propaganda 28, 58, 83, 86, 90, 92, 94, 95, 98 Psychologie 1 9 , 27, 46, 49, 73, 84, 95, 99- 1 0 1 , 1 03, 1 04, 1 1 8, 119 Publikum, Adressat 8-1 3 ' 21 ' 23 ) 26, 28, 42, 57, 64, 74, 76, 83, 87-9 1 , 94-96, 1 0 1 , 1 02, 1 10, 1 14 Rationalismus 25 Redegattungen 8 , 9, 1 8 , 29-40,
59-64
Redeschluss (peroratio, conclusio)
1 2, 53, 95, 1 07
ornatus s. Redeschmuck Pädagogik, Erziehung 7, 8, 22, 23, .
37, 59, 9 1 , 97
Parteilichkeit 8, 1 2, 1 3, 33, 76,
1 14
Redeschmuck (ornatus) 1 0, 1 8 ,
30, 44, 45, 50, 53-55, 78, 8 1 , 99, 1 03, 1 06, 1 22 Reichstag 6 3, 8 6 Relativismus 1 1 1 , · 1 12 Renaissance 1 7, 20, 28, 50, 69, 80 •
1 34 •
Revolution 28, 30, 34, 35,
71
1 9 , 27, 30, 47, 52 Romantik 56, 57, 72-77, 80, 81
Roman
ch ri ft lic hk ei t 29 , 76 So ph is ti k 1 7, 3 7, 74, 1 1 1
Sp ra ch ri ch ti gk ei t ( pu ri ta s,
la ti ni ta s) 1 0, 1 8 status (Streitstand) 9 Stillehre 1 0, 1 8 , 3 1 , 35, 4 1 -45,
58, 65-68, 74, 78, 80, 8 1 , 83, 85, 86, 93, 1 05, 1 06, 1 1 0 Sturm und Drang 1 9 Tendenzliteratur 34 Theatra lisierung 62, 79,
87
Umgangsformen, gesellschaftliche Beredsamkeit 1 1 , 27, 49, 56,
66, 67 Universität 23, 58, 62, 66, 70,
1 2 1 , 1 22 Vernunft 1 4, 1 5 , 25, 26, 28, 37,
42, 1 1 2, 1 1 5, 1 1 6,
vir bonus 7, 88 Vortrag ( actio und pronuntiatio)
1 1 , 23, 49, 52, 53, 66, 87, 1 07, 121 Wahrheit 10, 2 1 , 24, 25, 29, 37,
94, 1 03, 1 12, 1 1 3,. 1 1 5, 1 1 6 Wahrscheinlichkeit 10, 2 1 , 70, 77, 1 00, 1 1 1 - 1 1 3, 1 16, 1 1 7, 1 1 9 Werbung 84, 97, 98, 1 1 8 Wirkungsabsicht s. docere, delectare, movere
T op ik 9 , 1 3, 20 , 27 , 1 02 , 1 1 3, 1 17
Würde (dignitas) 46, 69
Übergang ( transgressio, transitus)
Zeichentheorie (Semiotik) 99,
12
1 04- 1 06, 1 22
C.H. BECK
WISSEN
in der Beck'schen Reihe Zuletzt erschienen: 2 2 1 4 : Müller, Andrew Lloyd Webbers M usicals
2 2 I 5 : Bockmaier, Händels Oratorien
24 5 6: Wienfort, Geschichte Preußens
24 5 7 : Moosbauer, D i e Varus schlacht
2 2 1 6 : Krellmann, G riegs Lyrische K l avierstücke
2460: Markowitsch, Das Gedächtnis
2 2 1 7 : Scholz, Haydns Oratorien
246 1 : Alter, D i e Windsors
2 2 1 8 : Schmid, Mozarts Opern
2462: Burkhardt, Deutsche
2 3 2 5 : Reinhardt, Geschichte Roms
Geschichte der Frühen
2 4 26 : Kroll, D i e Hohenzollern
Neuzeit
24 3 4 : Petersdorff, Geschichte der deutschen Lyrik
2464: Trabant, Sprache 24 6 5 : Hedderich, B u rnout
24 3 5 : Samerski, Johannes Paul l l .
2466: Maier, Die Druiden
2436: Nachtiga ll, Bio ni k
2467: Meyer-Zwiffelhoffer,
24 3 7: Dreher, Das antike Sizilien 24 3 8 : Bossong, Die Sepharden 2 4 3 9 : Dabringhaus, Mao Zedong
Impe r i u m Romanum
246 8 : Werner-Jensen, Joseph Haydn
2440: Stroh, Cicero
2469: Strohm, Johannes Calvin
244 r : Schlögl, Echnaton
24 70: Möllers, Das G ru ndgesetz
2442.: Hoffmann, Max Planck
2 5 0 8 : Schlink, Tizian
2 4 4 3 : Salla berger, Das G i lgamesch-
2 5 09 : Zimmermann, Lovis Corinth 2 5 5 4 : Reudenbach, D i e Kunst des
Epos
2444: Sommer, D i e Phönizier 244 5 : Köhler, Rauschdrogen
244 7: Burckhardt, Antike M i l itärgeschichte
244 8 : Conrad, Deutsche Kolonial geschichte
2 4 4 9 : Eichhorn, Felix Mendelssohn 2 4 s o : Haarmann, Weltgeschichte der Zahlen
2 4 5 1: Leven, Geschichte der
2 5 5 5 : Niehr, D i e Kunst des M ittel alters I I :
1 200 bis 1 5 00
2 5 5 7: Erben, D i e Kunst des Barock
2 5 70: Korn, Geschichte der islamischen Kunst
burgs
26o8: North, Geschichte Mecklen b urg-Vorpommerns
2609: Hauptmeyer, Gesch ichte
M edizin
2 4 5 3 : Schröder, Georg Friedrich
N iede rsachsens
2 6 I o: Nonn, Geschichte
Händel
2 4 5 5 : Huse, Geschichte d e r h u ndert
800 bis 1 200
2604: Hahn, Geschichte Branden
Bartholdy
Architektur i m
M ittelalters I :
20. Jahr
Nordrhein-Westfalens
2 6 ! 4 : Tullner, Geschichte Sachsen Anhalts