Dimitrios Kolymbas Geotechnik
Dimitrios Kolymbas
Geotechnik Bodenmechanik, Grundbau und Tunnelbau 2., korrigierte und ergänzte Auflage Mit 547 Abbildungen
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Professor Dr. Dimitrios Kolymbas Universität Innsbruck Fakultät Bauingenieurwesen und Architektur Institut für Geotechnik und Tunnelbau Technikerstraße 13 6020 Innsbruck Austria
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ISBN 978-3-540-68965-2 2. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York ISBN 978-3-540-62805-7 1. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York
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Vorwort zur 2. Auflage
Nebst der Beseitigung vieler Fehler umfaßt die zweite Auflage zahlreiche Ergänzungen, darunter auch die Grundlagen der Felsmechanik und des Tunnelbaus. Einige Abschnitte sind neu konzipiert worden. Der Grundtenor ist aber geblieben: Konzepte möglichst übersichtlich darzustellen und auf die sich ständig ändernden Details zu verzichten. Ich verzichte auch auf die Bezüge zu diversen Normen und Empfehlungen, deren Umfang und Mangel an Übersichtlichkeit leider so rasant zunehmen, dass sie aus einem Lehrbuch verbannt werden müssen. Nach wie vor entsprechen Themenwahl und Darstellungstiefe dem Profil des Autors, dies ist ja das Schicksal jeder Monographie. Ich hoffe aber, dass mancher Leser und manche Leserin einen Nutzen aus der Lektüre ziehen kann, zumal ich mich an vielen Stellen bemüht habe, einen neuen und – hoffentlich – einfacheren Zugang zum Stoff zu erarbeiten. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass trotz vieler Bemühungen ein Grundstock an Fehlern erhalten bleibt. Hätte ich gewartet, bis alle ausgemerzt sind, dann wäre der Stoff veraltet. Ich bitte die nachsichtigen Leser und Leserinnen, dies zu verzeihen bzw. mir einen diesbezüglichen Hinweis zu geben. Ich danke Herrn Dipl. Ing. Daniel Renk für die sorgfältige und mühsame Ausarbeitung des Manuskripts mittels Computer, Herrn Ralph Timmers für die Anfertigung vieler Zeichungen, Frau Gabriele Winkler für die Korrektur großer Teile des Textes sowie Frau Dr. Angelika Spiess und Herrn Prof. Thomas Richter für fachliche Hinweise. Herrn Dr. Wolfgang Schwarz bin ich für wertvolle Anmerkungen aus der Praxis des Spezialtiefbaus besonders verpflichtet.
Vorwort zur 1. Auflage
Geotechnik, genauer Geotechnisches Ingenieurwesen, ist eine eigenständige und junge Teildisziplin des Bauingenieurwesens. Ausgehend von der Bodenmechanik umfaßt diese den Grundbau, den Tunnelbau und die Felsmechanik. In den letzten Jahrzehnten hat die Geotechnik eine rasante Entwicklung erfahren, was viele internationale Tagungen über Stoffgesetze, Berechnungsverfahren, Feldversuche, Sondierungen, Anwendung von Geotextilien, Dammbau, Tunnelbau, Umweltgeotechnik, Deponiebau u.s.w., sowie eine Flut von Veröffentlichungen belegen. Der Boden, ein Gemisch aus Körnern, Wasser und Luft, ist ein in mechanisch-physikalischer Hinsicht faszinierendes Material mit schwer erfaßbaren und vielfältigen Eigenschaften. Der Fels, dessen Übergang zum Boden fließend ist, birgt die zusätzlichen Probleme der Klüftung und des Sprödbruchs, für welche noch kein zufriedenstellendes Konzept vorliegt. Die schwierige Materie bedingt eine lebhafte Entwicklung, die noch lange nicht abgeschlossen ist. Abgesehen von vielen neuen Bauverfahren ist man heute bestrebt, numerische Simulationen (z.B. von Verformungen an tiefen Baugruben oder in der Umgebung von Tunneln) realistischer zu machen. Dazu gehört eine eingehende Auseinandersetzung mit dem mechanischen Verhalten des Bodens und seiner mathematischen Formulierung anhand von Stoffgesetzen. Vieles ist aber noch ungeklärt, und es gibt noch viel Information, die in Form von empirischen Formeln und Regeln vorliegt, was den Überblick und die Einsicht behindert. Viele empirische Formelsysteme sind nicht einleuchtend und kaum begründbar, zum Teil auch inkonsistent. Dasselbe gilt für Empfehlungen, die in der Art von Gesetzestexten nach Paragraphen gegliedert und schwer überblickbar sind, sowie für einige Theorien, die unverstanden und unverstehbar weitergegeben werden. Dazu kommt, daß sich im Rahmen der Harmonisierungsbestrebungen der europäischen Normen ein neues Normenwerk abzeichnet, das abgesehen von der wohl notwendigen Einführung von Partialsicherheiten in seiner jetzigen Form dermaßen kompliziert ist, daß der künftige Ingenieur einen großen Teil seiner Energie der Exegese dieses Normenwerkes widmen muß. So stößt der Ingenieur in der Geotechnik heutzutage auf (zu) viele Formeln, die rational nicht nachvollziehbar sind und ihre Gültigkeit mit der Autorität ihres Verfassers
VIII
Vorwort zur 1. Auflage
begründen. Der wiederum beruft sich auf die gute Erfahrung, die er damit gemacht hat. Der unter Termindruck arbeitende Ingenieur ist dafür oft dankbar und macht sich keine weiteren Gedanken, nichtsdestotrotz ist die alleinige Berufung auf das „Altbewährte“ entwicklungshemmend. Die starke Streuung der Voraussagen für Großversuche (obwohl die Prädiktoren gleiche Informationen über die entsprechenden Böden erhalten) belegt deutlich, daß in der Geotechnik noch einiges zu verbessern ist. Dies wird aber nur erreicht werden, wenn man lernt zu unterscheiden zwischen dem, was man versteht, und dem, was man nicht versteht. Bei der Abfassung des vorliegenden Buches habe ich mich daher bemüht, einen Teil des dogmatischen Ballastes abzuwerfen und die Darstellung der Geotechnik weitgehend auf einen rationalen Grund zu stellen, sowie Neuentwicklungen zu berücksichtigen und den Stoff zu straffen. Gewiß, dieses Ziel ist ehrgeizig; es stellt aber ein Programm dar, das – genauso wie Wittgensteins Grundsatz, daß, was sich überhaupt sagen läßt, sich klar sagen läßt – mein Streben leitete. Das Buch richtet sich an Studenten des Bauingenieurwesens. Die mit gekennzeichneten Abschnitte können übersprungen werden, da sie vertieftes Wissen für interessierte Leser enthalten und den Anschluß an die aktuelle Forschung vermitteln sollen. Eine streng eindeutige Notation wäre zu kompliziert und wurde bewußt vermieden in der Hoffnung, daß der Leser aus dem Kontext leicht entnehmen kann, was jeweils gemeint ist. Englische Bezeichnungen wurden in kursiv beigefügt. Diagramme wurden möglichst vermieden, da sie sich in Berechnungsprogramme kaum übernehmen lassen. Für viele wertvolle Hinweise danke ich Prof. Gerd Gudehus, Prof. Walter Schober, Dr. Ivo Herle, Prof. Pieter Vermeer, Dr. Wolfgang Schwarz, Dr. Ralf Lippomann, Dr. Dimiter Alexiew, Prof. Achim Hettler, Dr. Martin Ziegler, Dr. Peter Andreas von Wolffersdorff, Prof. Konrad Kuntsche, sowie meinen Assistenten Wolfgang Fellin, Theo Wilhelm und Dr. Elisabeth Bader. Ferner danke ich Wolfgang Gebauer und Michaela Major für ihren großen Einsatz bei der sorgfältigen Text- und Bildgestaltung mit dem Computer.
Inhaltsverzeichnis
1
Einführung – Was ist Geotechnik? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Geschichte der Geotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Anwendungen der Geotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Mechanisches Verhalten von Geomaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Selbstorganisation und Musterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Boden-Wasser Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Methoden der Geotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7 Vielfalt in der Geotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 5 7 7 13 14 16 16
2
Entstehung der Gesteine und des Bodens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
3
Aufbau des Bodens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Kornverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Bodenansprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Mineralogische Zusammensetzung der Böden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Bodenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Spezielle Böden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25 26 29 30 30 32
4
Bodenkenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Dichten und andere Kennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Dichtebestimmung in situ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Schnellverfahren für die Bestimmung des Wassergehalts . . . . . . . . . 4.4 Konsistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Bodenklassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35 35 38 38 39 44
5
Grundwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Grundwasserströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Gesetz von Darcy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Elektroosmose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Durchlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Bestimmung der Durchlässigkeit im Labor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47 48 51 52 53 54
X
Inhaltsverzeichnis
5.6 5.7 5.8
5.5.1 Versuch mit konstanter Druckhöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.2 Versuch mit veränderlicher Druckhöhe . . . . . . . . . . . . . . . . Porenwasserdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Potentialgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freier Grundwasserspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8.1 Stationärer Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8.2 Instationärer Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8.3 Anwendbarkeit des Gesetzes von DARCY bei Strömungen mit dv/dt = 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transport durch das strömende Grundwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strömungskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchlässigkeit von Fels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.9 5.10 5.11 5.12 6
54 55 56 57 62 62 64 67 68 70 70 71
Spannungen im Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 6.1 Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 6.2 Spezielle Spannungszustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 6.3 Das Diagramm von Mohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 6.4 Spannungsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 6.5 Spannungsausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 6.6 Setzungsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 6.7 Deformation bei eindimensionaler Kompression . . . . . . . . . . . . . . . . 89 6.7.1 Beispiel einer Setzungsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 6.8 Effektive Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 6.8.1 Hydraulischer Grundbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 6.8.2 Prinzip der effektiven Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
7
Ungesättigte Böden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6
Kapillarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Osmotische Saugspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dampfdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messung der Saugspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transport von Wasser und Luft in ungesättigten Böden . . . . . . . . . . 7.6.1 Diffusiver Transport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6.2 Luftströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6.3 Wasserströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapillardruckkurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Effektive Spannungen in ungesättigten Böden . . . . . . . . . . . . . . . . . .
107 109 110 111 113 114 114 115 116 117 118
Scherfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Reibung zwischen starren Körpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Innere Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Kohäsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Der Rahmenscherversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
121 122 123 126 129
7.7 7.8 8
Inhaltsverzeichnis
8.5 8.6 8.7
XI
Der Triaxialversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entfestigung und Restscherfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Scherfestigkeit kohäsiver Böden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.1 Anmerkungen zur Kohäsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Triaxialversuch, ergänzende Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchführungsvarianten des Triaxialversuches . . . . . . . . . . . . . . . 8.9.1 Konsolidierungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.9.2 D-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.9.3 CU-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.9.4 UU-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlerquellen beim Triaxialversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse von Triaxialversuchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhalten von undränierten Proben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.12.1 Undränierte zyklische Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verflüssigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Scherfestigkeit von Fels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14.1 Elastizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14.2 Scherfestigkeit von Festgestein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14.3 Zugfestigkeit von Felsgestein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14.4 Sprödes und duktiles Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14.5 Entfestigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14.6 Punktlastversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14.7 Kluftreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14.8 Anisotropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14.9 Geschwindigkeitsabhängigkeit von Boden und Fels . . . . . . 8.14.10 Maßstabseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14.11 Diskrete Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14.12 Festigkeit der Felsmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14.13 Quellen und Schwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14.14 Felsmechanische Feldversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
131 134 137 138 141 143 143 144 145 146 146 148 153 156 157 162 163 164 165 166 167 168 169 170 172 174 175 176 179 181
Konsolidierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Herleitung der Differentialgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Ablauf der Konsolidierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Kriechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
185 186 190 195
10 Erddruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1 Berücksichtigung der Kohäsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Erddruck infolge Auflasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Verschiebungsabhängigkeit des Erddruckes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4 Grafische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4.1 Verfahren von Culmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4.2 Verfahren von Engesser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5 Lösung von Rankine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6 Verteilung des Erddrucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
197 202 203 204 205 205 205 206 210
8.8 8.9
8.10 8.11 8.12 8.13 8.14
9
XII
Inhaltsverzeichnis
11 Standsicherheit von Böschungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Die unendlich lange Böschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Ebene Gleitfugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3 Gleitkreise im homogenen Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 Lamellenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5 Zusammengesetzte Starrkörper-Bruchmechanismen . . . . . . . . . . . . . 11.5.1 Beispiel Böschungsstandsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6 Erdrutsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.7 Mobilisierung der Scherfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
213 213 215 217 220 223 224 231 233
12 Grundbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1 Gleitkreis im Boden ohne Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Zusammengesetzte Starrkörper-Bruchmechanismen . . . . . . . . . . . . . 12.3 Zonenbruch nach Prandtl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.4 Schräge Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
237 237 238 238 241
13 14
Kollapstheoreme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 13.1 Konstruktion von Spannungsfeldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Stoffgesetze und Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 14.1 14.2
Bedeutung von Stoffgesetzen für die Geotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . Mathematische Struktur von Stoffgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2.1 Elastoplastische Stoffgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2.2 Hypoplastische Stoffgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an Stoffgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anmerkungen zu Stoffgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanische Ähnlichkeit, Dimensionsanalyse und Modellversuche 14.5.1 Zentrifugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.2 Π-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
249 250 251 254 255 256 261 263 263
15 Flachgründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.1 Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2 Gründungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3 Zulässige Bodenpressungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.4 Gründungstiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.5 Sohldruckverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.6 Das Spannungstrapez-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.7 Elastische Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.7.1 Steifezahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.7.2 Elastische Bettung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.8 Starres Fundament auf elastischem Halbraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.9 Vergleich der Berechnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.10 Stabilität von Türmen auf weichem Baugrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.11 Einzelfundamente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.12 Plattengründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
265 265 266 266 268 268 269 269 269 270 274 274 274 276 279
14.3 14.4 14.5
Inhaltsverzeichnis
XIII
15.13 Abdichtung von Gründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 15.14 Membrangründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 16 Pfahlgründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.1 Pfahltypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2 Bohren zur Herstellung von Pfählen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2.1 Bohrhindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2.2 Verrohrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3 Vertikale Tragfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3.1 Ermittlung der Pfahlkraft von Bohrpfählen aus Erfahrungswerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3.2 Mantelreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3.3 Mantelverpressung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3.4 Zugpfähle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3.5 Schwell- und Wechselbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4 Horizontale Tragfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4.1 Seitliche Pfahlbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4.2 Grenzlast von horizontal belasteten Pfählen . . . . . . . . . . . . 16.4.3 Berücksichtigung der nichtlinearen Bettung . . . . . . . . . . . . 16.4.4 Verdübelung kriechender Hänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4.5 Knicken von axial belasteten Pfählen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.5 Statische Probebelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.6 Dynamische Pfahlprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.6.1 Rammformeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.6.2 CAPWAP-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.6.3 Verfahren von Kolymbas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.6.4 Integritätsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.7 Gruppenwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.8 Pfahlroste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.9 Pfahlplatten-Gründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
283 283 291 296 296 297
17 Baugrundverbesserung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1 Bodenaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.1 Optimaler Wassergehalt nach Proctor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.2 Plattendruckversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.3 Beimischen von Kalk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2 Tiefenverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2.1 Rütteldruckverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2.2 Rüttelstopfverdichtung, Schottersäulen, Sandsäulen . . . . . . 17.2.3 Dynamische Intensivverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2.4 Sprengverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.3 Konsolidierung durch Vorbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.4 Vertikaldrains . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.5 Injektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.5.1 Niederdruckinjektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
331 331 332 334 336 336 336 337 342 343 344 344 345 347
298 300 302 302 302 303 303 308 310 310 313 315 318 318 320 321 321 323 325 329
XIV
Inhaltsverzeichnis
17.5.2 Felsinjektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.5.3 Soil fracturing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.5.4 Düsenstrahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.5.5 Injektionsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bodenvermörtelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bodenvereisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.7.1 Frosthebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
349 350 351 352 356 357 359
18 Grundwasserhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.1 Dichtwände, Schmalwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.2 Injektionssohlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.2.1 Hochliegende Injektionssohlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.2.2 Tiefliegende Injektionssohlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.3 Unterwasserbetonsohlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.4 Wasserhaltung durch Brunnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.5 Senkkasten, Caissons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
363 363 364 365 366 369 370 376
19 Sicherung von Geländesprüngen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.1 Stützmauern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.2 Grabenverbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3 Trägerbohlwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4 Spundwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.5 Bohrpfahlwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6 Schlitzwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6.1 Lösen des Bodens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6.2 Wandherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6.3 Einphasen-Schlitzwand mit eingestellter Spundwand . . . . . 19.6.4 Leitwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6.5 Stützflüssigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6.6 Fugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6.7 Dichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6.8 Standsicherheit bei der Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.7 Statische Berechnung von Stützwänden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.7.1 Berücksichtigung des Grundwassers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.8 Anker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.9 Bewehrte Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.9.1 Faserbewehrter Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.10 Vernagelte Geländesprünge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
377 378 382 385 385 389 394 394 396 399 399 400 403 404 404 407 413 413 421 423 424
20 Tunnelbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.2 Geschichtliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.3 Bezeichnungen im Tunnelbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4 Vortrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4.1 Sprengvortrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
431 431 431 432 434 435
17.6 17.7
Inhaltsverzeichnis
20.4.2 Schildvortrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4.3 TBM-Vortrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.5 Bergwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.6 Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.7 Tunnelstatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.7.1 Lösungen für tiefliegende Tunnel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.7.2 Tragwirkung der Systemankerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.7.3 Einige Näherungslösungen für seichte Tunnel . . . . . . . . . . . 20.8 Oberflächensetzungen infolge Tunnelvortriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XV
437 441 443 444 445 445 453 454 466
21 Staudämme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung . . . . . . . . . . . . 22.1 Bodenerkundung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2 Erkundungsbohrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2.1 Trockenbohrverfahren – Spülbohrverfahren . . . . . . . . . . . . 22.2.2 Verrohrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2.3 Verfüllen der Bohrlöcher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2.4 Kleinbohrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.3 Bodenproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.4 Grundwasserbeobachtungspegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.5 Wasserprobenentnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6 Sondierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.1 Rammsondierung, SPT-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.2 Drucksondierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.3 Flügelsondierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.4 Schwedische Gewichtssonde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.5 Pressiometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.6 Seitendrucksonde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.7 Dilatometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.7 Interpolation geotechnischer Daten, Kriging . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.8 Geotechnischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
479 480 480 489 489 490 490 490 491 491 492 493 494 498 500 500 501 502 502 506
23 Meßtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.1 Beobachtungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.2 Statistische Grundlagen der Meßtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.3 Meßgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.3.1 Messung des Porenwasserdrucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
509 509 510 513 515
24 Umweltgeotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.1 Bewertung der Schadstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.2 Ausbreitung und Abbau der Schadstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.3 Sanierung von kontaminiertem Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.3.1 Biologischer Abbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.3.2 Extraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
519 519 520 520 521 523
XVI
Inhaltsverzeichnis
24.3.3 Reaktive Wände, Funnels & Gates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deponien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.4.1 Deponie-Entgasung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.4.2 Deponie-Sickerwasserfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
523 523 525 527 528
25 Geokunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.1 Prüfverfahren für Geotextilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.2 Einsatz von Geokunststoffen zur Bodenbewehrung . . . . . . . . . . . . . . 25.2.1 Einsatz von Geokunststoffen zur Belastung von Schottersäulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
531 537 538
26 Sicherheit und Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.1 Neue Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.1.1 Teilsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.1.2 Grenzzustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.1.3 Charakteristische Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.1.4 Geotechnische Kategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.1.5 Einwirkungen/Widerstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.2 EUROCODE 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.3 Entstehung der Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.4 Begriffe aus der Wahrscheinlichkeitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.5 Sicherheit, wahrscheinlichkeitstheoretisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.6 Risikobewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
541 542 542 543 543 544 544 545 545 546 548 550
24.4 24.5
538
1 Einführung – Was ist Geotechnik?
Die Bedeutung der Geotechnik kann anhand von Schäden gezeigt werden, die ihre falsche Anwendung herbeiführen kann (Abb.1.1 bis 1.7). Auch Überschwemmungskatastrophen haben mit Geotechnik zu tun, denn sie entstehen oft durch mangelnde Standsicherheit von Schutzdämmen.
Abb. 1.1. Der Turm von Pisa verkippte, weil der Untergrund sein Gewicht nicht tragen konnte.
2
1 Einführung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.2. Einsturz einer Stützwand in Singapore
Abb. 1.3. Fließendes Wasser kann den Boden unterhalb von Brückenpfeilern ausspülen.
1 Einführung – Was ist Geotechnik?
3
Abb. 1.4. Erdrutsch1
Abb. 1.5. Mure. Der Boden in Gebirgshängen hat eine geringe Standsicherheit und kann durch die Einwirkung von Sickerwasser aus Niederschlägen ins Rutschen kommen. Die herabrutschenden Schlammassen erlangen eine große Geschwindigkeit und können schwere Schäden anrichten.
1
www-dcf.ds.mpg.de, 2007.
4
1 Einführung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.6. Tagbruch bei einem Tunnelvortrieb. Bei der Herstellung eines Tunnels wird der zunächst ausgebrochene Hohlraum mit Spritzbeton und anderen Sicherungsmitteln gestützt. Dazu muß er aber für eine Weile von allein stehen bleiben. Wenn dies nicht der Fall ist, kommt es zum Verbruch.
Abb. 1.7. Bodenverflüssigung in Niigata/Japan. Durch Einwirkung von Erschütterung (z.B. durch ein Erdbeben) kann sich wassergesättigter lockerer Sand in eine Flüssigkeit verwandeln. Bauwerke und Menschen können darin (teilweise) einsinken.2
2
http://earthquake.usgs.gov, 2007.
1.1 Geschichte der Geotechnik
5
1.1 Geschichte der Geotechnik Wo immer Bauwerke gegründet wurden, hat man Geotechnik betrieben. So z.B. bei den frühen Pfahlgründungen in der Jungsteinzeit, der Verwendung bewehrter Erde beim Bau der Zigurats in Mesopotamien und beim 1 km langen Eupalinos-Tunnel auf der Insel Samos. Die wissenschaftliche Bodenmechanik wurde 1776 durch C.A. Coulomb, Ingenieur du Roi, gegründet. In seiner Abhandlung Essais sur une application des règles des maximis et minimis à quelques problèmes de statique relatifs à l´ architecture 3 hat er gezeigt, daß der auf eine Stützwand wirkende Erddruck duch die Methoden der Infinitesimalrechnung ermittelt werden kann (es war die erste Extremwertaufgabe in der Technik). Weitere Entwicklungen der Bodenmechanik betreffen die Standsicherheit von Böschungen und Einschnitten C OLLIN , F ELLENIUS und andere). K. V. T ERZAGHI, der ’Vater der Bodenmechanik’, gründete seine Schule in Wien und setze sein Wirken in der Türkei und in den USA fort. Auch T H . V. K ÁRMÁN und L. P RANDTL, der ’Vater der Hydromechanik’, haben Wichtiges zur Bodenmechanik beigetragen. In Großbritannien haben Physiker wie R EYNOLDS und R ANKINE auch auf dem Gebiet der Bodenmechanik gearbeitet. In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts hat ROSCOE seine berühmte Schule in Cambridge gegründet, deren Einfluß immer noch weltweit anhält.
Abb. 1.8. C.A. Coulomb4
3 4
Mèm. Math. Phys. près. Acad. R. p. div. sav. Annèe 1773, C.R. Acad. R., Paris, (l´ Imprimerie Royale) T.VII, PlXV, XVI (1776) 343-382. www.csvt.qc.ca, 2007.
6
1 Einführung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.9. Aus der Originalveröffentlichung von Coulomb
Abb. 1.10. Untersuchung der Standsicherheit einer Kaimauer
1.3 Mechanisches Verhalten von Geomaterialien
7
Abb. 1.11. Untersuchungen von Terzaghi zur Zusammendrückung von Boden. Diese wird mit speziellen Geräten im Labor untersucht. Belastung, Entlastung und Wiederbelastung zeigen das ausgeprägt hysteretische mechanische Verhalten des Bodens, dessen mathematische Beschreibung große Schwierigkeitet bereitet.
1.2 Anwendungen der Geotechnik Anwendungsgebiet der Geotechnik ist der unsichtbare Untergrund. Wir sind gewöhnt, ihn als gegeben und unverschieblich zu betrachten, als die Grundlage aller unserer Aktivitäten und unseres Bauens. Tatsächlich aber kann der Untergrund unter der Einwirkung von Lasten nachgeben, es kann zu Setzungen, Schiefstellungen und Schäden kommen. Darüber hinaus kann der Untergrund wegrutschen oder sich verflüssigen. Die verschiedenen Baumaßnahmen der Geotechnik befinden sich oft im Untergrund und bleiben daher unsichtbar. Man kann sie nur durch Phantasie-Bilder zeigen (Abb. 1.12).
1.3 Mechanisches Verhalten von Geomaterialien Ähnlich wie Stahl, Holz, Beton und Wasser sind auch die Geomaterialien Boden, Fels, Eis und Schnee Werkstoffe, mit denen Ingenieure sich auseinandersetzen müssen. Allerdings werden die Geomaterialien nicht industriell (d.h. auch kontrolliert) angefertigt, daher unterliegen ihre Eigenschaften großen Streuungen. Folglich müssen die Geotechniker die Eigenschaft der jeweils in Frage kommenden Geomaterialien durch gezielte Feld- und Laboruntersuchungen erkunden.
8
1 Einführung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.12. Pfahlgründung eines Verladekais
Abb. 1.13. Sand
Abb. 1.14. Intuitive Untergrunderkundung Abb. 1.15. Wissenschafliche Untergrundermit der Wünschelrute kundung
1.3 Mechanisches Verhalten von Geomaterialien
9
Abb. 1.16. Einschnitt im Löß. Löß ist ein durch Wind verfrachteter Boden, der große Landstriche in Eurasien bedeckt. Obwohl relativ weich, erlaubt er steile Einschnitte. Bei Wassersättigung kann er zusammensacken.
Abb. 1.17. Geotechnisches Laborgerät: Biaxialgerät für die Untersuchung von Tonproben. Ungeachtet der natürlichen Inhomogenität des Bodens müssen Laborgeräte eine hohe Präzision aufweisen, um systematische Meßfehler zu vermeiden.5
10
1 Einführung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.18. ”Echtes Triaxialgerät” für die Untersuchung von Sand.5
Abb. 1.19. Im zarten Alter läßt sich der Mensch von der Eigenart des Sands faszinieren.6
5 6 7
Abb. 1.20. Plastik aus Sand. Nasser Sand ist kohäsiv und läßt daher die Bildung von Skulpturen zu.7
Institut für Boden- und Felsmechanik, Universität Karlsruhe. www.stutenhaus.de, 2007. www.planet-wissen.de, 2007.
1.3 Mechanisches Verhalten von Geomaterialien
Abb. 1.21. Bei der Keramik muß man die Eigeschaften des nassen Tons kennen und ausnützen.8
11
Abb. 1.22. Auch bei der Herstellung von Erddämmen wird mit Ton gearbeitet.
Im Gegensatz zu Stahl oder Wasser (man denke an lineare Elastizität und lineare Viskosität) weisen Geomaterialien ein ausgeprägt nichtlineares mechanisches Verhalten auf. Lineares Verhalten bedeutet, daß die Systemantwort proportional zur Einwirkung ist, somit ist die Systemsteifigkeit unabhängig von der Einwirkung. Die Nichtlinearität birgt enorme konzeptuelle und mathematische Schwierigkeiten, an denen noch intensiv geforscht wird. Boden ist ein granulares Material, d.h. er besteht aus einzelnen Körnern. Infolgedessen kann er sehr große Verformungen erleiden. Man sagt daher, daß Boden fließen kann. Trotzdem aber ist Boden keine Flüssigkeit, denn er kann Schubspannungen aufnehmen. Darüber hinaus hat Boden ein ausgeprägtes Erinnerungsvermögen: Boden war das erste Speichermedium, an welchem z.B. Jäger die Spuren von Wild abgelesen haben. Frühe Denker (wie z.B. Archimedes) haben ihre Konzepte nicht auf Papier, sondern auf Sand entwickelt. Die Bestimmung des auf eine Stützmauer ausgeübten Erddrucks ist viel schwieriger als die Bestimmung des Wasserdrucks, weil der Boden (im Gegensatz zu Wasser) sich die vorangegangene Deformation merkt. Aufgrund ihres Erinnerungsvermögens können sich Geomaterialien vorangegangene tektonische Deformationen merken. Es ist eine der faszinierendsten Aufgaben der Geomechanik, solche Deformationen durch mechanische Untersuchungen herauszulesen. Sand dient nicht nur als Speichermedium, sondern auch als Uhr: man denke an Sanduhren. Seine Eignung dafür ergibt sich aus der Tatsache, daß die Auslaufgeschwindigkeit des Sandes aus einem Gefäß mit Bodenöffnung nicht von der Füllhöhe des Gefässes abhängt – im Gegensatz zu Wasser.
8
www.klinikimhasel.ch, 2007.
12
1 Einführung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.23. Die frühesten Uhren waren Sanduhren.9
Sand weist eine sog. Selbstähnlichkeit auf. Muster im Sand (und anderen Geomaterialien) können durch sog. Selbstorganisation und Musterbildung auftreten. Man kann aber aus der Gestalt dieser Muster nicht auf ihre Größe schliessen. Scherfugen in Geomaterialien haben daßelbe Erscheinungsbild, egal ob sie einige Millimeter oder einige Kilometer (z.B. die St. Andreas Verwerfung in Kalifornien, siehe Abb.1.24) lang sind.
Abb. 1.24. Die St. Andreas Verwerfung in Kalifornien stellt ein Bruchmuster dar, das auch im Millimeterbereich angetroffen werden kann.
Auch Fels ist mechanisch schwierig zu erfassen. Schichten aus hartem Fels lassen sich über Jahrmillionen ’wie Butter’ auffalten (Abb. 1.26). Felsformationen sind meistens zerklüftet. Die mechanische Erfassung und mathematische Beschreibung von klüftigem Fels bereitet enorme Schwierigkeiten und ist eigentlich noch nicht erreicht.
9
www.tkc.ch, 2003.
1.4 Selbstorganisation und Musterbildung
13
Abb. 1.25. Das abgebildete Gebirge ist kaum 20 cm hoch und besteht aus Sand. Die verblüffende Ähnlichkeit mit einem ’richtigen’ Gebirge rührt von der Selbstähnlichkeit des Sands her. Dieselben Strukturen können bei Geomaterialien in ganz unterschiedlichen Dimensionen auftreten.
Abb. 1.26. Aufgefaltete Felsschichten
1.4 Selbstorganisation und Musterbildung Ein Haufwerk aus Sandkörnern einer zufälligen Kornanordnung ist recht homogen, wenn es von einiger Entfernung (d.h. makroskopisch) betrachtet wird. Jedoch gibt es kritische Zustände, wo es zur Selbstorganisation und Musterbildung kommt. Es können sich dann eigenartige Muster bilden, wobei das weitverbreiteste die Konzentration der Verformung innerhalb dünner Scherfugen ist (Abb. 1.28 und 1.29).
14
1 Einführung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.27. Viele Sedimentgesteine sind inhomogen und anisotrop.
Abb. 1.28. Durch Scherung entsteht auf der Abb. 1.29. Das rautenförmige Muster von Oberfläche einer Sandprobe ein rautenförmi- Scherfugen paust sich durch die Vegetationsges Muster von Scherfugen.10 decke.11
1.5 Boden-Wasser Wechselwirkung Die Poren des Bodens sind (ganz oder teilweise) mit Wasser gefüllt. Es können daraus sehr merkwürdige Phänomene erwachsen. Wenn ein wassergesättigter Boden 10 11
A.F. Revuzhenko, Mechanics of Granular Media, Springer 2006. Intern. Society for Rock Mechanics.
1.5 Boden-Wasser Wechselwirkung
15
belastet wird, dann kann er sich nicht setzen, bevor das Porenwasser ausgequetscht worden ist. Dies kann allerdings, je nach Bodenart und Schichtmächtigkeit, bis zu mehreren Jahren brauchen, es kann aber auch sehr schnell bzw. abrupt geschehen. Letzteres manifestiert sich als Ausspeien von Wasser (und Boden) aus sog. Sandoder Schlammvulkanen, welche auffällige Krater hinterlassen (Abb. 1.30, 1.31). Der lokalisierte Austritt von Boden-Wasser-Gemischen aus Sand- oder Schlammvulkanen, sowie die ’spontane’ Bildung von Schlammströmen sind Erscheinungen von Selbstorganisation und Musterbildung.
Abb. 1.30. Sandvulkan
Abb. 1.31. Schlammvulkan12
Abb. 1.32. Krater eines Sandvulkans. Sandvulkane erscheinen auf der Oberfläche von verflüssigten Bodenschichten und zeugen von vergangener Verflüssigung. 12
www.mineralienatlas.de, 2007.
16
1 Einführung – Was ist Geotechnik?
1.6 Methoden der Geotechnik Um das komplizierte Verhalten der Geomaterialien zu erfassen, greifen Ingenieure auf die Methoden der Kontinuumsmechanik zurück, wie sie von berühmten Mathematikern wie E ULER , B ERNOULLI und anderen entwickelt worden sind. Dabei werden mathematische Begriffe verwendet, welche ’Tensoren’ heißen und dem Laien schwer zu vermitteln sind. Gewiß, auf der Baustelle braucht man keine Tensoren, sie sind aber für das Verständnis und die Forschung unabdingbar.
1.7 Vielfalt in der Geotechnik Besonders auffällig ist die Vielfalt der Geotechnik, da sie die gesammte Spanne zwischen Theorie und Praxis überbrücken muß. Die Geotechnik befaßt sich nicht nur mit Strukturen im Untergrund, wie Gründungen, Böschungssicherung, Herstellung von Dämmen, Straßen, Eisenbahnen, Kanälen, Tunneln u.s.w., sondern auch mit der physikalischen und mathematischen Untersuchung der Geomaterialien und ihrer relevanten Eigenschaften. Geotechnik umfaßt also eine Reihe von Spezialisierungen wie • • • • • • • • • •
Entwicklung und Untersuchung von mathematischen Stoffgesetzen für Geomaterialien Entwurf von Konstruktionen im Boden Bodendynamik Meßtechnik, Feld- und Laborversuche Felsmechanik Tunnelbau Erd- und Dammbau Schnee-, Lawinen-, Gletschermechanik Geokunsstoffe und ihre Anwendungen Umweltgeotechnik (Bau und Sanierung von Deponien, Eindämmung und Sanierung von Bodenkontaminationen).
Geotechnik hat viele Berührungspunkte mit anderen Disziplinen, wie: • • • • • • • •
Mathematik (Differentialgleichungen und Differentialgeometrie, numerische Mathematik, Statistik) Mechanik (Kontinuummechanik) Geologie, Strukturgeologie Geophysik, Seismologie Physik, physikalische Chemie (Oberflächeneffekte, Kolloide) Elektrotechnik und Maschinenbau (Meßgeräte für Feld und Labor, Baumaschinen) Informatik (Steuerung von Versuchen, Anwendung numerischer Methoden) Biologie (biologische Bodendekontamination).
1.7 Vielfalt in der Geotechnik
17
Abb. 1.33. Die Bestimmung von Spannungsfeldern im Untergrund erfolgt auf der Basis von partiellen Differentialgleichungen, die vom selben Typ sind, wie bei der Gasdynamik und Überschallströmungen.
Die Unterdisziplinen Boden- und Felsmechanik sind eher theoretisch und haben Berührungspunkte mit Geologie und Materialkunde. Die eigentliche Geotechnik ist aber anwendungsorientiert. Einige ihrer Anwendungen werden in den Abbildungen 1.34 bis 1.39 dargestellt.
Abb. 1.34. Viele Bauprojekte benötigen tiefe Baugruben, die geeignet gestützt werden müssen.
18
1 Einführung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.35. Langgestreckte Baugruben werden für die Herstellung von U-Bahnen ausgehoben. Die Stützung der Baugrubenwände muß ausreichend steif sein, damit anliegende Bauwerke keine Schäden erleiden.
Abb. 1.36. Mit speziellen Fräsen werden Abb. 1.37. Tiefe Einschnitte können mit Schlitze ausgehoben, die anschließend mit Schlitzwänden und Ankern gestützt werden. bewehrtem Beton ausgefüllt werden. Dadurch entstehen Sützwände für anschließende Baugruben.
1.7 Vielfalt in der Geotechnik
19
Abb. 1.38. Die Stützung von gefährdeten Felsböschungen mit Ankern kann oft nur unter großen Schwierigkeiten erreicht werden.
Abb. 1.39. So wie Schiffe und Flugzeuge durch Wasser und Luft fahren, fahren Tunnelbohrmaschinen durch den Untergrund.
2 Entstehung der Gesteine und des Bodens
Die Erde ist ein Planet im Werden.1 Boden und Fels sind unter der Wirkung verschiedenartiger Kräfte permanenten Veränderungen unterworfen, die (mit Ausnahme von Erdbeben, Erdrutschen u.ä.) sehr langsam ablaufen und somit nicht direkt wahrgenommen werden können. In einer Tiefe von ca. 100 km in der Erdkruste befindet sich das flüssige Magma, das eine Temperatur von ca. 1000◦C hat. Durch Aufsteigen und Abkühlen erstarrt es und bildet sog. magmatische Gesteine (igneous rocks). Erfolgt die Abkühlung in der Tiefe und somit langsam, so bilden sich die sog. Tiefengesteine (plutonic rocks), wie Granit, Syenit, Diorit, Gabbro. Erfolgt die Abkühlung durch Erguß auf der Erdoberfläche (als Lava) und somit schnell, so bilden sich die Ergußgesteine (volcanic rocks), wie Basalt, Andesit, Rhyolit u.a. Bei den Tiefengesteinen bilden die einzelnen Minerale größere Körner als bei den Ergußgesteinen. Gesteine mit hohem Anteil an Siliziumdioxid (silica) zerlegen sich durch die sog. Verwitterung hauptsächlich zu Sand- oder Kiesböden mit geringem Tonanteil. Dazu gehören Granite, Syenite und Rhyolite. Wegen des hohen Siliziumdioxidgehaltes heißen solche Gesteine sauer. Gesteine mit geringem SiO2 -Gehalt (wie z.B. Basalte, Diabase und Gabbros) heißen dagegen basisch. Sie haben i.a. eine dunkle Farbe (im Gegensatz zu den hellen sauren Gesteinen) und zersetzen sich zu Tonmineralien. Letztere sind nicht Bestandteile des ursprünglichen Gesteins, sondern Transformationsprodukte. Sedimentgesteine (sedimentary rocks) bilden sich aus den Ablagerungen von Verwitterungsprodukten ursprünglicher Gesteine oder von Überbleibseln von Mikroorganismen. Sie unterteilen sich in Trümmergesteine und chemische bzw. organische Sedimente (z.B. Steinsalz bzw. Kalkstein). Die ursprünglichen Ablagerungen werden unter der Einwirkung des Überlagerungsdrucks und zementierender Minerale (wie z.B. Siliziumdioxid, Kalziumkarbonat und Eisen-Oxide) verfestigt. Zu den Sedimentgesteinen gehören Kalkstein (limestone), Dolomit (dolomite), Sandstein (sandstone), Konglomerat (conglomerate), Brekzie (breccia) und Schiefer (shale). 1
Siehe zu diesem Abschnitt: D.F. McCarthy: Essentials of Soil Mechanics and Foundations, Prentice Hall, 1993, sowie H. Bahlburg / Chr. Breitkreuz, Grundlagen der Geologie, Enke, 1998.
22
2 Entstehung der Gesteine und des Bodens
Schiefer sind hauptsächlich aus Ton- und Schluffpartikeln entstanden, die durch hohen Überlagerungsdruck konsolidiert, jedoch nicht zementiert sind. Daher zerfallen einige Schiefer beim Kontakt mit Luft oder Wasser. Metamorphe Gesteine (metamorphic rocks) entstehen durch Umwandlung (Metamorphose) von magmatischen und sedimentären Gesteinen. Diese Umwandlung erfolgt durch Einwirkung von Druck, Temperatur und plastischem Fließen. Es entstehen dadurch sog. kristalline Schiefer (slates, schists). Schieferung bedeutet im allgemeinen eine Einregelung der Minerale senkrecht zur Richtung der maximalen Druckspannung. Bei den kristallinen Schiefern kommt es zu einer Umkristallisation. Sie umfassen die Phyllite (phyllite), Glimmerschiefer, Gneise (gneiss), Quarzite (quartzite), Marmor (marble). Fels wird auch Festgestein genannt, im Gegensatz zu Lockergestein (Boden), das aus der Verwitterung (erosion, weathering) von Fels entsteht. Die Verwitterung erfolgt physikalisch (ohne chemische Veränderung des Gesteins) durch fließendes Wasser, Wind, Temperaturwechsel, Frosteinwirkung und Salzsprengung, sowie durch chemische Prozesse. Die anschließende Abtragung erfolgt durch Schwerkraft, Wind, Eis und Wasser. Erfolgt die Verwitterung ohne anschließende Abtragung, so entstehen die sog. residuellen Böden (residual soils). Dazu gehören die sog. Laterite in tropischen Regionen. Der Windtransport von Böden erfolgt entweder rollend (Dünen) oder schwebend über größere Distanzen, wodurch die sog. äolischen Sedimente entstehen. Dazu gehört der Löß (loess), der weite Flächen in Zentraleuropa, Südrußland, China, in den USA und Argentinien bedeckt. Löß besteht aus Schluff- und Sandpartikeln, die miteinander leicht zementiert sind, wobei das Korngerüst Mikro- und Makroporen bildet. Typisch für Löß sind senkrechte Böschungen aufgrund seiner Kohäsion, aber auch Anfälligkeit gegenüber Wasser und Erschütterungen. Vulkanische Aschen sind auch Windsedimente. Das Wasser von Flüssen kann beträchtliche Mengen von Boden schwebend oder schiebend im Flußbett transportieren. Die Fließgeschwindigkeit, bei der Partikel mit einem Durchmesser ≤ d in Schwebe gehalten werden, ist proportional zu d 2 . Unterschreitet sie diesen Wert, so sinken die Partikel mit dem Durchmesser d ab. Dadurch entsteht bei Flußablagerungen (sog. alluviale Ablagerungen) eine Sortierung nach dem Korndurchmesser. Bei Flußerweiterungen oder beim Einfließen in flaches Gelände sinkt die Fließgeschwindigkeit ab, mitgenommene Bodenkörner werden abgelagert, und es bilden sich Schwemmkegel (alluvial fans). Bei Überschwemmungen treten Flüsse über ihre Ufer, wodurch ihre Fließgeschwindigkeit stark absinkt. Zunächst fällt dabei das gröbere Material ab und bildet Uferwälle, dahinter lagert sich feinerer Boden ab. Greift der Mensch nicht regulierend ein, so verlegt der Fluß ständig seinen Lauf, und es bilden sich Aufschüttungsebenen. Bei Flußkrümmungen wird das äußere Ufer erodiert, während am inneren Ufer Material abgelagert wird. Irgendwann bricht der Fluß durch, und im verbleibenden Altarm sedimentiert langsam feineres Material. In Seen bilden sich in der Umgebung von Flußeinmündungen Ablagerungsdeltas mit gröberem Material. In einiger Entfernung davon setzt sich im ruhigen Wasser Ton ab. Es bilden sich so Seeablagerungen (lacustrine sediments), die oft den Jahreszeiten
2 Entstehung der Gesteine und des Bodens
23
entsprechend geschichtet sind. Dadurch bildet sich Bänderton (varved clay), der aus einer Wechselfolge von Feinsand, Schluff und Ton besteht. Aus ähnlichen Ablagerungen im Meer bilden sich Meertone (marine clays), die eine graue bis blaue Farbe haben und etwas schluffreicher als Seetone sein können. Wenn die Meeresablagerungen über den Meeresspiegel gehoben werden (man denke an die isostatische Hebung Skandinaviens), so können Natrium-Ionen aus Tonböden durch das durchsickernde Süßwasser ausgewaschen werden. Es entstehen dadurch Tone, die empfindlich gegen Störungen sind und leicht zum Rutschen kommen (quick clay2 ). Die Ablagerungen an Flachküsten (beaches) werden von der Meeresbrandung und den Küstenströmungen mitgestaltet. Verläuft die Hauptwindrichtung und damit die Wellenbewegung schräg zur Küstenlinie, so werden Sandkörner schräg auf den Strand hinaufgerollt, gleiten dann aber senkrecht zur Uferlinie wieder in das Meer zurück. So werden im Laufe der Zeit große Sandmassen entlang der Küste bewegt. Marschböden (marsh deposits) bilden sich in immer wieder überfluteten Landstrichen. Die Verlandung eines Sees setzt ein, sobald die fortschreitende Sedimentation den Seeboden hinreichend aufgehöht hat. Durch die Ansiedlung von Pflanzen verwandelt sich der See zu einem Sumpf und schließlich zu einem Moor (sog. Flachmoor). In feuchten Waldböden bilden sich aus Niederschlagswasser, das nicht hinreichend verdunsten oder absickern kann, sog. Hochmoore. Darin werden Pflanzenzersetzungsprodukte zu Torf (peat) umgewandelt. Gletscher bewirken auch einen Bodentransport. Im Gegensatz zum fließenden Wasser trennt das Gletschereis den verfrachteten Gesteinsschutt nicht nach Korngröße. Gletschersedimente (glacial till) bilden daher ein regelloses Haufwerk ohne jede Schichtung. Sie finden sich in vielfältigen Formationen, wie Grund-, Stirn- und Seitenmoränen (moraines). Größere Felsbrocken (sog. Findlinge, erratic blocks, boulders) können weit transportiert und in Bereiche feinkörnigen Bodens abgelagert werden. In der Geologie wird eine eigene Zeitskala mit besonderen Namen für die verschiedenen Epochen verwendet. Von besonderer Bedeutung für die Geotechnik ist das Neogen (früher: Quartär) und das Paläogen (früher: Tertiär). Das Neogen umfaßt junge Sedimente, die oft weich und durchlässig sind, während das Paläogen ältere Sedimente umfaßt, die oft dicht und undurchlässig sind. Zum jüngsten Neogen gehören das Alluvium (=das Angeschwemmte) sowie das Diluvium (=das Vorsintflutliche, auch: Pleistozän).
2
Quick clay hat einen sehr hohen Schluffanteil.
3 Aufbau des Bodens
Boden entsteht durch Zersetzung von Fels und ist aus einzelnen Partikeln aufgebaut. Er ist um so steifer, je fester die Partikel zusammengedrückt sind. Der Übergang vom Boden („Lockergestein“) zum Fels („Festgestein“) ist fließend. Zum Boden im bodenmechanischen Sinn gehört nicht der landwirtschaftlich nutzbare Humus, d.h. die oberste, hauptsächlich organische Deckschicht der Erde, in der die Pflanzen wurzeln. Die einige Dezimeter dicke Humusschicht wird von der Wissenschaft der Bodenkunde betrachtet. Als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal der einzelnen Bodentypen dient der Partikeldurchmesser, der eine willkürliche, jedoch nützliche Klassifizierung erlaubt. Je nach Partikeldurchmesser unterscheidet man folgende Bodentypen: Kies (gravel), Sand (sand), Schluff (silt) und Ton (clay). Korndurchmesser d (mm) d < 0,002 0,002 < d < 0,006 0,006 < d < 0,02 0,02 < d < 0,06 0,06 < d < 0,2 0,2 < d < 0,6 0,6 < d < 2,0 2,0 < d < 6,0 6,0 < d < 20,0 20,0 < d < 60,0 d > 60
Bezeichnung Ton Feinschluff Mittelschluff Grobschluff Feinsand Mittelsand Grobsand Feinkies Mittelkies Grobkies Steine
Bei Schluff und Ton sind die einzelnen Partikel mit dem Auge nicht erkennbar. Hier dient die Plastizität als weiteres wichtiges Merkmal zur Klassifizierung. Sie bezeichnet die Fähigkeit einer Bodenmasse, große irreversible Verformungen zu erleiden, ohne dabei ihren Zusammenhalt zu verlieren (d.h. zu zerbröckeln).
26
3 Aufbau des Bodens
3.1 Kornverteilung Im allgemeinen sind Böden aus Partikeln unterschiedlichen Durchmessers zusammengesetzt. Ihre Zusammensetzung kann durch die Kornverteilungskurve (siehe Abb. 3.1) beschrieben werden. Die Kornverteilungskurve y(d) gibt den Gewichtsanteil der Körner einer Probe mit d ≤ d an.
Abb. 3.1. Enge (a) und weitgestufte (b) Kornverteilung
Je nachdem, ob die Korndurchmesser eines Bodens in einem weiten oder in einem engen Bereich schwanken, unterscheidet man zwischen weitgestuften (Kurve b in Abb. 3.1) und enggestuften (Kurve a in Abb. 3.1) Kornverteilungskurven. Diese Eigenschaft wird durch den Ungleichförmigkeitsgrad U beschrieben, der wie folgt definiert ist: U := d60 /d10
.
(3.1)
Hierbei bezeichnet dx denjenigen Korndurchmesser, der von x Gew.% des Bodens unterschritten wird. Ein Boden mit U < 5 wird als gleichförmig, einer mit U > 15 als ungleichförmig bezeichnet. Fehlen aus einem Boden Körner im Bereich d 1 < d < d2 (sog. Fehlkorn), so hat die Kornverteilungskurve die in Abb. 3.2 gezeigte Form. Bei Sand und Kies wird die Kornverteilungskurve mit Hilfe der Siebanalyse bestimmt: Eine bestimmte Menge des zu untersuchenden Bodens wird auf einen Satz von aufeinandergelegten Sieben unterschiedlicher Maschenweite gelegt. Je nach ihrem Durchmesser fallen die Körner durch die Maschen der einzelnen Siebe. Dieser Vorgang wird durch Vibrieren und evtl. auch durch Wasserspülung unterstützt. Die jeweiligen Siebrückstände (siehe Abb. 3.4) werden dann getrocknet und gewogen.
3.1 Kornverteilung
27
Abb. 3.2. Kornverteilungskurve mit Fehlkorn
Sei m(d) die Masse bzw. das Gewicht des Rückstands auf dem Sieb der Maschenweite d. Dann ist m(d < d) . (3.2) y(d) = m(d)
Der Durchgang durch das feinste Sieb („Schlämmkorn“) muß aufgefangen und berücksichtigt werden.
Abb. 3.3. Siebsatz
Abb. 3.4. Siebrückstände
Bei feineren Böden (Schluff und Ton) kann die Trennung der einzelnen Kornfraktionen nicht durch Siebung erfolgen. Man greift dann zur Sedimentationsanalyse und nutzt dabei die Tatsache, daß verschieden große Körner mit unterschiedlicher Geschwindigkeit im Wasser absinken. Bekanntlich wächst die Sinkgeschwindigkeit bis zu einem Wert an, der sog. Grenzgeschwindigkeit, bei welcher der hydrodynamische Widerstand der Gewichtskraft das Gleichgewicht hält. Nach dem Gesetz von S TOKES beträgt die Grenzgeschwindigkeit v einer Kugel (Durchmesser d, spezifi-
28
3 Aufbau des Bodens
sches Gewicht γs ), die in einer unendlich ausgedehnten Flüssigkeit (spez. Gewicht γw , dynamische Zähigkeit µ) absinkt: v=
γs − γw 2 d 18µ
(3.3)
.
Für die hier betrachteten Verhältnisse stellt sich die Grenzgeschwindigkeit bereits nach Bruchteilen von Sekunden ein. Aus v = z/t = const · d2 folgt d = z/(const · t), d.h. zur Zeit t existieren oberhalb der Tiefe z keine Partikel mehr mit Durchmesser ≥ d. Dadurch wird die Suspension allmählich leichter, was mit einem Aräometer ( Tauchwaage) (siehe Abb. 3.5) gemessen werden kann. Aus γsusp =
Gw + Gs Vw + Vs
(3.4)
folgt nämlich1 γsusp = γw +
γs − γw Gs γs V
.
(3.5)
Gs ist dabei das Gewicht der im Suspensionsvolumen V schwebenden Feststoffe. Eigentlich ist die Bezeichnung „Durchmesser“ nur für kugelförmige Körner sinnvoll. Man verwendet sie aber in der Bodenmechanik dennoch und meint dabei den sog. äquivalenten Durchmesser. Dieser ist definiert als die Maschenweite eines Siebes, durch die ein Korn gerade noch durchfällt, oder als der Durchmesser von Kugeln, die mit der gleicher Geschwindigkeit absinken.
1
mit γs = Gs /Vs , γw = Gw /Vw und V = Vs + Vw .
3.2 Bodenansprache
29
Abb. 3.5. Meßzylinder mit Aräometer (Tauchwaage)
3.2 Bodenansprache Es gibt einige Methoden und Hinweise, die es erlauben, eine provisorische Bodenansprache ohne Laborversuche vorzunehmen. Kieskornbereich: kleiner als Hühnereier, größer als Streichholzköpfe. Bestandteile größer als Hühnereier (Kopfgröße) werden als Steine bzw. Blöcke (cobbles oder boulders) bezeichnet. Sandkornbereich: kleiner als Streichholzköpfe bis zur Grenze des noch mit dem bloßen Auge erkennbaren Kornes. Schluffkorn und Tonkorn sind nicht mehr mit dem bloßen Auge als Einzelkorn erkennbar. Um den Anteil an Sand, Schluff und Ton eines Bodens abzuschätzen, führt man den Reibeversuch durch: Man zerreibt eine kleine Probenmenge zwischen den Fingern, gegebenenfalls unter Wasser. An der Rauheit bzw. an dem Knirschen und Kratzen erkennt man den Sandkornanteil eines Bodens. Ein toniger Boden fühlt sich seifig an und bleibt an den Fingern kleben; er läßt sich auch in trockenem Zustand nicht ohne Abwaschen entfernen. Schluffige Böden dagegen fühlen sich weich und mehlig an. Die an den Fingern haftenden Bodenteilchen lassen sich in trockenem Zustand durch Fortblasen oder durch das Aneinanderklatschen der Handflächen ohne Schwierigkeiten entfernen. Schneidet man mit einem Messer eine erdfeuchte Probe durch, so weist eine glänzende Schnittfläche auf Ton hin. Eine stumpfe Oberfläche ist charakteristisch für Schluff bzw. tonig-sandigen Schluff mit geringer Plastizität. Man kann die Oberfläche der Probe auch mit dem Fingernagel einritzen oder glätten.
30
3 Aufbau des Bodens
3.3 Mineralogische Zusammensetzung der Böden Nur die wenigsten Minerale bestehen aus Molekülen mit einfachen chemischen Formeln. Die meisten Minerale sind Gemenge von einzelnen Atomgruppen (Radikalen), die nicht elektroneutral sind. Ein wichtiger Baustein ist das Silizium-Tetraeder, bestehend aus einem Silizium-Kation, das von vier Sauerstoff-Anionen umgeben ist (SiO4 )4− . Diese Tetraeder können ganz unterschiedlich angeordnet sein, wobei zur Erlangung der Elektroneutralität andere Ionen angelagert sein können. Beim Quarz sind die einzelnen Tetraeder spiralförmig angeordnet und bilden räumliche Gitter. Elektroneutralität wird dadurch erreicht, daß jedem Silizium-Kation zwei SauerstoffAnionen entsprechen (SiO2 ). Quarz wird dadurch sehr stabil (hart) und hat keine bevorzugten Spaltebenen. Er überlebt daher die Felsverwitterung und ist bei Böden stark vertreten. Die Quarzkörner in der Sand- und Schlufffraktion sind gedrungen und je nach früherer mechanischer Beanspruchung scharfkantig (angular) oder abgerundet (rounded). Im Gegensatz zu Quarz ist Feldspat (feldspar) leicht abbaubar und daher bei Böden kaum anzutreffen. Glimmer (mica), wie übrigens die meisten Tonminerale (wie z.B. Montmorillonit, Kaolinit, Alloysit, Illit), ist aus Schichtsilikaten aufgebaut, die aus Wechsellagerungen von blattförmig angeordneten Siliziumtetraedern und anderen Schichten bestehen. Daher sind die meisten Tonminerale aus flachen Plättchen aufgebaut. Die Oberfläche dieser Plättchen ist nicht elektroneutral, woraus die Oberflächenaktivität und somit einige Besonderheiten des Tons resultieren, wie z.B. das Wasseranlagerungsvermögen (Quellen), die Plastizität, die Kohäsion und die Thixotropie. Die negativ geladene Oberfläche der Tonplättchen zieht entgegengesetzt geladene Ionen und Wassermoleküle an. Letztere sind zwar elektroneutral, haben jedoch aufgrund ihres asymmetrischen Aufbaus ein elektrisches Dipolmoment. Durch die angezogenen Kationen und Wassermoleküle bildet sich also eine sog. Doppelschicht. Ihre Dicke ist wegen der thermischen Anregung der Moleküle begrenzt und ihre Grenze ist diffus (wie bei der Atmosphäre). Die physikochemischen Vorgänge, die sich in und um solche Doppelschichten abspielen, sind sehr komplex und z.T. nicht verstanden. Schluffpartikel können dieselbe Größenordnung wie Tonpartikel haben. Da aber ihre Oberfläche nicht bzw. nicht so stark elektrisch geladen ist, weist Schluff nicht die Besonderheiten von Ton auf.
3.4 Bodenstruktur Eine sehr wichtige Eigenschaft von Feststoffen, die aus Partikeln zusammengesetzt sind (particulate materials), ist, daß die Partikel sowohl in lockerer als auch in dichter Lagerung vorkommen können. Für gedrungene Körner (z.B. Sand) sind die beiden Lagerungsarten in Abb. 3.6 schematisch dargestellt. Tonplättchen bilden in dichter Lagerung eine sog. Parallelstruktur, in lockerer Lagerung eine sog. Wabenstruktur (siehe Abb. 3.7). Eine andere Anordnung von Partikeln ergibt sich dadurch, daß einige Partikeln Klumpen bilden, die wiederum wie einzelne Partikel angeordnet sind und dazwischen sog. Makroporen freilassen (siehe Abb. 3.8).
3.4 Bodenstruktur
Abb. 3.6. Lockere und dichte Lagerung von Körnern (schematisch)
Abb. 3.7. Parallel- (a) und Wabenstruktur (b) bei Tonplättchen
Abb. 3.8. Klumpenstruktur
31
32
3 Aufbau des Bodens
Abb. 3.9. Kaolinit, Kristallplättchen2
Abb. 3.10. Kaolinit, koaguliertes Gefüge2
Abb. 3.11. Kaolinit, dispergiertes Gefüge2
Abb. 3.12. Montmorillonit2
Einige Tonböden verlieren ihre Festigkeit, wenn ihre Struktur durch Deformation gestört wird. Werden sie anschließend in Ruhe gelassen, so baut sich die Festigkeit allmählich wieder auf. Solche Böden heißen thixotrop.
3.5 Spezielle Böden Löß (loess): Äolisches Sediment der Schluff- bzw. Feinsandfraktion. Die Körner bilden Klumpen bzw. Waben, und ihre Kontakte sind schwach zementiert. Senkrechte hohe Böschungen sind möglich. Sackungen („Kollaps“) können bei Wasserzutritt und/oder hoher Auflast auftreten. Lehm (loam): Gemisch aus Quarzkörnern und Ton . Die Bezeichnung ist nicht einheitlich. 2
Feeser/Samtleben, Kiel.
3.5 Spezielle Böden
33
Mergel (marl): Kalkhaltiger Ton. Bei hohem Überlagerungsdruck oder bei hohem Kalkgehalt liegt Mergel als Festgestein vor. Klei: Sehr weicher Ton bzw. Schluff an der norddeutschen Küste. Dispersive Tone: Tone, die beim Wasserkontakt aufweichen und bereits bei geringen Fließgeschwindigkeiten erodiert werden können. In dispersiven Tonen bilden sich leicht Erosionsfurchen bzw. -röhren (piping). Die Anfälligkeit zur Erosion hängt vom Chemismus des Wassers ab. Sie wächst bei Vorhandensein von Ionen in der Reihenfolge Kalzium – Magnesium – Kalium – Natrium – Lithium. Sie kann durch Beimengungen von gelöschtem Kalk reduziert werden. Laterite: So heißen einige (meist rötlich gefärbte) Böden in den Tropen. Bedingt durch das Klima verläuft dort die Verwitterung anders als in unserer Klimazone. Bestimmte Mineralien werden ausgewaschen, wobei einige an benachbarten Stellen wieder auskristallisieren. Oft sind Laterite hart, so daß sie senkrecht abgeböscht oder als Ziegelsteine verwendet werden können. Einige Laterite können beim Eindringen von Wasser oder bei oft wiederholter Belastung zerfallen. Vorsicht ist geboten, da die aus unseren Breitengraden gewonnenen Erfahrungen und Korrelationen hinsichtlich Verdichtbarkeit, Festigkeit usw. nicht unbedingt übertragbar auf Laterite sind. Unterhalb von lateritischen Böden können sog. saprolithische Böden angetroffen werden. Diese residuellen Böden können Merkmale des ursprünglichen Bodens aufweisen, sind aber erosionsanfällig. Expansive Böden: Aufgrund des Vorhandenseins quellfähiger Minerale haben diese Böden die Eigenschaft, bei Wasserzutritt zu quellen. Der dabei ausgeübte Druck vermag Straßen und leichte Bauwerke zu heben. Permafrostboden: In Polargebieten verbleibt der Boden bis zu Tiefen von 500 m permanent gefroren. Nur eine bis zu ca. 1 bis 2 m dicke Schicht (sog. aktive Zone) taut im Sommer auf. Bauwerke sollten unterhalb der aktiven Zone gegründet werden.
4 Bodenkenngrößen
4.1 Dichten und andere Kennzahlen Der Raum zwischen den einzelnen Bodenkörnern wird als Porenraum bezeichnet. Der Volumenanteil der Poren, d.h. das Verhältnis des Porenvolumens V p zum Gesamtvolumen V einer Bodenmasse wird als Porenanteil oder Porosität (porosity) n bezeichnet:1 n=
Vp V
(4.1)
.
Das Verhältnis des Porenvolumens zum Feststoffvolumen Vs (der Index s steht für solid) heißt Porenzahl (void ratio) e: e=
Vp Vs
(4.2)
.
Aus V = Vp + Vs folgt e=
n 1−n
bzw. n =
e 1+e
.
(4.3)
In der englischsprachigen Literatur wird auch das spezifische Volumen (specific volume) v = 1+e verwendet. v = V /Vs gibt an, wieviel Volumen eine Volumeneinheit aus Korn einimmt. Zur Bestimmung von n bzw. e wird die Trockenwichte γd (dry unit weight, der Index d steht für dry) des Bodens ermittelt. Diese ergibt sich aus dem Gewicht G d der getrockneten Bodenprobe geteilt durch das Volumen des Bodens (einschließlich Poren). Mit der Wichte γs der Bodenkörner und n = (V − Vs )/V = (V − Gd /γs )/V folgt 1
Sind die Poren des Bodens mit Wasser gesättigt, so befindet sich in einer Probe mit dem Volumen V das Wasservolumen nV . Läßt man dieses Wasser abfließen, so verbleibt eine Restwassermenge kapillar gebunden ans Korngerüst. Daher fließt nur die Wassermenge n V aus. Die Größe n (< n) heißt die effektive Porosität.
36
4 Bodenkenngrößen
n=1−
γd γs
bzw. e =
γs −1 . γd
(4.4)
Das Trockengewicht Gd wird durch Trocknen (bis zur Gewichtskonstanz) im Ofen bei 105◦ C ermittelt. Die Kornwichte γs schwankt bei den meisten Böden nur geringfügig. Bei Sanden liegt sie im Mittel bei γs = 26, 0 kN/m3 (entsprechend einer Dichte von 2,65 g/cm3 ) und bei Tonen bei 26, 5 ± 2, 0 kN/m3 . Das Probenvolumen V wird durch Verwendung eines Ausstechzylinders mit bekanntem Inhalt gegeben (Abb. 4.1).
Abb. 4.1. Ausstechzylinder
Die Kornwichte γs wird dadurch bestimmt, daß in ein Gefäß (sog. Pyknometer, Abb. 4.2) mit bekanntem Volumeninhalt V eine bestimmte Menge trockenen und ausgestampften Bodenmaterials mit dem Gewicht Gd hineingegeben wird. Der Rest des Volumens wird mit Wasser (Wichte γw ) ausgefüllt. Luftblasen werden durch Kochen oder durch Anlegen von Vakuum entfernt. Anschließend wird das Gewicht G des so gefüllten Pyknometers bestimmt. Aus G = Vw γw + Vs γs = (V − Vs )γw + Vs γs und Gd = Vs γs läßt sich dann γs ermitteln.
Abb. 4.2. Kapillarpyknometer zur Bestimmung der Korndichte
4.1 Dichten und andere Kennzahlen
37
Es ist eine sehr wichtige Besonderheit von Böden (sowie aller Granulate), daß sie in verschiedenen Lagerungsdichten auftreten können. Die Größen e und n variieren zwischen den Grenzen emin (bzw. nmin ) und emax (bzw. nmax ). Diese Grenzen werden für nicht-kohäsive Böden nach Konvention festgelegt und werden im Labor wie folgt bestimmt: Zur Bestimmung der lockersten Lagerung (e max bzw. nmax ) wird der trockene Boden in ein zylindrisches Gefäß mit Hilfe eines Trichters vorsichtig hineingegeben. Zur Bestimmung der dichtesten Lagerung wird ein mit trockenem Boden gefülltes Gefäß mit einer Schlaggabel gerüttelt. Bei größerem Anteil an Feinsand bzw. Schluff wird ein Rütteltisch verwendet. Der Verdichtungsgrad eines Bodens läßt sich mit Hilfe der bezogenen Dichten I n oder Ie angeben: In =
nmax − n nmax − nmin
,
Ie =
emax − e emax − emin
.
(4.5)
Beide Kenngrößen haben die Werte 0 bei lockerster und 1 (bzw. 100%) bei dichtester Lagerung. Abstufungen werden als „locker“, „mitteldicht“ und „sehr dicht“ bezeichnet. Der Porenraum kann teilweise oder ganz mit Wasser gefüllt sein. Der Wassergehalt w (water content) ist das Verhältnis des Wassergewichts Gw zum Trockengewicht Gd . Er wird bestimmt durch Wiegen vor und nach dem Trocknen einer Bodenprobe: w=
Gw Gd
(4.6)
.
Der maximale Wassergehalt wmax ergibt sich, wenn alle Poren mit Wasser gefüllt sind. Mit Gw = γw Vp = γw nV und Gd = γs Vs = γs (1 − n)V ergibt sich wmax = Gw /Gd zu wmax = e
n γw γw = γs 1 − n γs
(4.7)
.
Das Verhältnis des aktuellen Wassergehalts w zu wmax bzw. das Verhältnis des Wasservolumens Vw zum Porenvolumen Vp wird Sättigungsgrad (degree of saturation) S genannt: S=
w wmax
=
Vw Vp
(4.8)
.
Das Raumgewicht (Wichte, unit weight) γ einer feuchten Probe hängt vom Wassergehalt ab: (4.9)
γ = γd (1 + w) . Die Wichte γr eines gesättigten2 Bodens ergibt sich dann zu γr = γd (1 + wmax ) = γd + nγw 2
.
In der Bodenmechanik ist meist Sättigung mit Wasser gemeint.
(4.10)
38
4 Bodenkenngrößen Tabelle 4.1. Typische Werte für einige Bodenkennzahlen γd n e wmax (kN/m3 ) Ton, weich 12 0,54 1,17 0,45 Ton, steif 17 0,35 0,53 0,20 Schluff (Quarz) 16 – 19 0,27 – 0,38 0,37 – 0,62 0,14 – 0,24 Schluff (Kalk) 16 – 20 0,23 – 0,38 0,30 – 0,62 0,12 – 0,24 Sand, locker 14 0,46 0,86 0,33 Sand, dicht 19 0,27 0,37 0,14 Grobkies 16 – 19 0,27 – 0,38 0,37 – 0,62 0,14 – 0,24 Boden
γr (kN/m3 ) 17 20 20 – 22 20 – 22 19 22 20 – 22
4.2 Dichtebestimmung in situ Die Dichte des unmittelbar unter der Geländeoberfläche liegenden Bodens kann mit einem Ausstechzylinder oder nach der Substitutionsmethode bestimmt werden: Ein kleines Loch wird ausgegraben, der entnommene Boden wird gewogen, und das Volumen des Lochs wird durch Nachfüllen mit Wasser (unter Verwendung einer Folie) bestimmt. Eine geringe Kohäsion ist erforderlich, damit die Wand des Loches stehen bleibt. Andere Methoden der Dichtebestimmung in situ beruhen auf der Messung der elektrischen Leitfähigkeit des Bodens oder auf der Messung des Eindringwiderstandes eingedrückter bzw. gerammter Sonden. Diese Methoden sind problematisch hinsichtlich Eichung. Eine weitere Methode beruht auf der Absorption von radioaktiver Strahlung. Die Bestimmung der Lagerungsdichte des Bodens in der Tiefe erfolgt anhand von weitgehend ungestörten Proben aus Kernbohrungen. Solche Proben können nur dann gewonnen werden, wenn der Boden eine Kohäsion hat (siehe Abschnitt 22 “Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung“). Die direkte Dichtebestimmung von kohäsionslosem Boden in der Tiefe stellt immernoch ein kaum gelöstes Problem dar. Eine Lösungsmethode besteht darin, den Boden in der unmittelbaren Umgebung einer Sonde zu gefrieren und dann nach oben zu ziehen.
4.3 Schnellverfahren für die Bestimmung des Wassergehalts Da die Ofentrocknung bei 105◦ C bis zur Gewichtskonstanz lang andauern kann (insb. bei feinkörnigen Böden), wurden einige Schnellverfahren entwickelt: Schnelltrocknung mit Infrarotstrahler: Bei jedem Boden ist die Entfernung zum Infrarotstrahler so zu eichen, daß sich bei Gewichtskonstanz derselbe Wassergehalt ergibt wie bei Ofentrocknung bei 105◦ C. Schnelltrocknung mit Elektroplatte oder Gasbrenner: Durch die höhere Temperatur (bis 400◦C) ergeben sich Wassergehalte, die um ca. 1 bis 2% höher als bei Ofentrocknung bei 105◦C liegen.
4.4 Konsistenz
39
Abb. 4.3. Dichtebestimmung in situ mit Hilfe der Substitutionsmethode
Schnelltrocknung mit Mikrowellenherd: Es werden Temperaturen bis ca. 300 ◦C erreicht, daher liegen die Wassergehalte um ca. 1 bis 2% höher als bei Ofentrocknung bei 105◦C. Tauchwägung: Es wird dadurch das Volumen des Boden-Wasser-Gemisches festgestellt. Durch Wägung wird die Masse dieses Gemisches bestimmt. Aus der Kenntnis der Dichten ρw und ρs kann dann w ermittelt werden. Dasselbe Vorgehen erfolgt mit dem sog. Großpyknometer (“doppeltes Wiegen“). Kalziumkarbidverfahren: Innerhalb einer Stahldruckflasche wird der Bodenprobe eine bestimmte Menge Kalziumkarbid zugegeben. Dabei entsteht Acetylengas. Seine Menge ist proportional zum Wassergehalt und wird über eine Druckmessung bestimmt. Luftpyknometerverfahren: Das Boden-Wasser-Gemisch (mit bekannter Masse) befindet sich in einem geschlossenen Behälter. Durch Öffnen eines Hahns wird eine Verbindung zu einem Druckluftbehälter hergestellt. Aus dem sich einstellenden Luftdruck kann auf das Volumen der Luftporen und somit auf das Volumen des Boden-Wasser-Gemisches geschlossen werden. Mit bekannten Dichten ρw und ρs läßt sich dann der Wassergehalt errechnen.
4.4 Konsistenz Die Konsistenz bindiger Böden variiert sehr stark mit dem Wassergehalt. Je nach Wassergehalt erscheint ein bindiger Boden als breiig oder flüssig (beim Pressen in der Faust quillt er durch die Finger), weich bzw. plastisch bzw. bildsam (leicht knetbar), steif (schwer knetbar; er läßt sich aber in Röllchen von 3 mm Durchmesser aus-
40
4 Bodenkenngrößen
rollen, ohne zu zerbröckeln), halbfest (Röllchen zerbröckeln, aber mehrere Stücke lassen sich zu einem Klumpen zusammenfügen) und fest bis hart. Die Wassergehalte an den Übergangsgrenzen flüssig → plastisch, plastisch → steif und halbfest → fest lassen sich durch (willkürliche aber sinnvolle) Konventionen definieren und bilden nützliche Kennzahlen zur Charakterisierung bindiger Böden. Diese Wassergehalte sind also Konsistenzgrenzen und wurden zuerst von ATTERBERG vorgeschlagen. Daher heißen die Konsistenzgrenzen in der englischsprachigen Literatur Atterberg limits. Fließgrenze: Ein Schälchen wird mit Boden eines bestimmten Wassergehalts gefüllt. In den Boden wird eine Furche geritzt. Anschließend wird das Schälchen solange geschlagen, bis sich die Furche schließt (Abb. 4.4). Die Anzahl der Schläge (Schlagzahl) wird in einem Diagramm über den Wassergehalt w aufgetragen, und der Versuch wird mit anderen Wassergehalten wiederholt. Die Verbindungskurve der Versuchspunkte im halblogarithmischen Diagramm ist eine Gerade. Mit ihrer Hilfe kann man denjenigen Wassergehalt wL bestimmen, bei der sich die Furche nach 25 Schlägen schließt (siehe Abb. 4.6). wL ist dann konventionsgemäß der Wassergehalt an der Fließgrenze (liquid limit), der Index L steht für liquid. wL markiert den Übergang flüssig → plastisch.
Abb. 4.4. Gerät von C ASAGRANDE zur Bestimmung der Fließgrenze wl
Abb. 4.5. Bestimmung der Ausrollgrenze wa
Ausrollgrenze: Röllchen von ca. 3 mm Durchmesser werden auf Filterpapier solange ausgerollt, bis sie infolge Wasserentzug zerbröckeln (vgl Abb. 4.5). Ihr Wassergehalt an der Ausrollgrenze (plastic limit) wP markiert den Übergang plastisch (bildsam) → steif. Schrumpfgrenze: Eine der Luft ausgesetzte wassergesättigte Tonprobe schrumpft, d.h. ihr Volumen (bzw. die Porenzahl e) nimmt ab. Dabei ist die Abnahme der Porenzahl proportional zur Abnahme des Wassergehalts (siehe Gleichung 4.7). Erreicht der Wassergehalt die sog. Schrumpfgrenze wS (shrinkage limit), so wird die Probe heller (Farbumschlag). Bei weiterer Verringerung des Wassergehalts (durch Verdunstung) nimmt die Porenzahl kaum noch ab (siehe Abb. 4.7), und die Probe ist nicht mehr gesättigt.
4.4 Konsistenz
41
Abb. 4.6. Zur Definition der Fließgrenze wL
Abb. 4.7. Zur Definition der Schrumpfgrenze wS
Als Plastizitätszahl (plasticity index) Ip bezeichnet man die Differenz wL − wP : Ip = wL − wP
.
(4.11)
Ip kennzeichnet die Spanne des Wassergehaltes, bei der eine Probe bildsam bleibt. Bei kleiner Plastizitätszahl können geringe Änderungen des Wassergehaltes große Änderungen der Konsistenz herbeiführen. Unter Bezugnahme auf den aktuellen Wassergehalt kann man die Konsistenzzahl I c wie folgt definieren: Ic =
wL − w wL − wP
.
(4.12)
42
4 Bodenkenngrößen
Je nach Konsistenzzahl erhält dann der Boden folgende Bezeichnung 3: Ic Bezeichnung Ic < 0, 5 breiig 0, 5 < Ic < 0, 75 weich 0, 75 < Ic < 1 steif halbfest w > ws Ic > 1 w < ws fest Die Konsistenz eines bindigen Bodens kann auch durch genormte Fallkegelversuche bestimmt werden. Dabei wird ein Kegel, dessen Spitze die Probenoberfläche gerade berührt, fallengelassen (abb. 4.8). Die Eindringtiefe d ist ein Maß für die Konsistenz des Bodens (es gilt4 : d2 ∼ cu , vgl. Abschnitt über Scherfestigkeit).
30° Kegel 40 mm
35 mm 55 mm
Abb. 4.8. Fallkegelverfahren
3
4
Diese Konsistenz-Bezeichnungen gelten nur für aufbereitete Proben. Ungestörte bindige Böden können festere Konsistenz aufweisen und erst nach vorangegangener Scherung aufweichen. siehe D. Muir Wood and C.P. Wroth: The use of the cone penetrometer to determine the plastic limit of soils. Ground Engineering 11, 3, 37 (1978); sowie E.R. Farell, B. Schuppener, B. Wassing: Fallkegelversuch – Ergebnisse der Studie des ETC5, Geotechnik 19, Nr. 4, 1996, 260-266.
4.4 Konsistenz
43
Die zu 1 (bzw. 100%) komplementäre Zahl heißt Liquiditätsindex Il : Il =
w − wP = 1 − Ic wL − wP
(4.13)
.
Der Typ der Tonminerale in einem Boden kann für sein Verhalten maßgeblich sein. Deshalb ist es oft ratsam, die Tonminerale eines bindigen Bodens zu bestimmen. Dies geschieht mit mineralogisch-chemischen Methoden, die hier nicht weiter betrachtet werden. Eine einfach zu bestimmende Größe ist jedoch die Aktivität, definiert als Aktivität =
Ip Gewichtsanteil (%) der Tonminerale
.
Tone aus Kaolinit haben eine niedrige Aktivität, während Tone aus Montmorillonit (ein Tonmineral, das große Volumenänderungen je nach Wasseranlagerung aufweist) eine hohe Aktivität haben: Aktivität Bezeichnung < 0, 75 inaktiv 0, 75 − 1, 25 normal > 1, 25 aktiv Die Dispersivität (Erosionsanfälligkeit) eines Tonbodens hängt im wesentlichen vom Anteil der Natrium-Ionen relativ zum gesamten Salzgehalt im gesättigten Eluat eines Tons ab. Da die hiermit verknüpften chemischen Untersuchungen in bodenmechanischen Labors üblicherweise nicht durchgeführt werden können, bedient man sich folgender einfacher Versuche, um die Erosionsanfälligkeit eines Bodens zu bestimmen: Doppel-Aräometer Versuch (double hydrometer test): Es wird der Gewichtsanteil von Bodenpartikeln < 0, 005 mm aus zwei Sedimentationsversuchen verglichen, einem normalen Sedimentationsversuch (bei dem ein Mittel gegen Koagulation, d.h. Verklumpung, zugegeben und die Suspension zuvor geschüttelt wurde) und einem Sedimentationsversuch in destilliertem Wasser ohne vorheriges Schütteln. Die Dispersivität wird dann durch folgenden Quotienten definiert: %-Gew. < 0, 005 mm im destillierten Wasser %-Gew. < 0, 005 mm im normalen Versuch
.
Bei einer Dispersivität von mehr als 35% ist der Boden als dispersiv zu bezeichnen. Klumpen-Versuch (crumb test): Ein Klumpen von ca. 1 cm Durchmesser Boden mit natürlichem Wassergehalt wird in einen Becher mit destilliertem Wasser gestellt. Bildet sich allmählich eine kolloidale Wolke um den Klumpen herum, so ist der Boden dispersiv. Pinhole-Versuch: Eine Probe aus dem zu untersuchenden Boden wird verdichtet und bekommt ein Loch von 1 mm Durchmesser. Man läßt dann destilliertes Wasser durch dieses Loch fließen. Ist der Boden dispersiv, so wird das Loch durch Erosion aufgeweitet und das Wasser kommt gefärbt aus der Probe heraus. Andernfalls fließt klares Wasser aus der Probe heraus.
44
4 Bodenkenngrößen
Organische Beimengungen machen sich durch dunkle Färbung und durch modrigen bzw. faulen Geruch bemerkbar. Sie können durch den sog. Glühverlust (=prozentualer Gewichtsverlust einer trockenen Probe durch Glühen) erfaßt werden. Zur Bestimmung des Kalkgehalts (=Gewichtsanteil an Kalziumkarbonat) wird eine Probe mit verdünnter Salzsäure beträufelt. Je nach dem Grad des Aufbrausens läßt sich der Kalkgehalt grob bestimmen.
4.5 Bodenklassifikation Eine Menge (z.B. die Menge aller Böden) kann in Klassen zerlegt werden, wenn jedes ihrer Elemente zu genau einer Klasse gehört. Elemente einer Klasse können als zueinander äquivalent (gleichwertig) angesehen werden. So können Böden einer Bodenklasse als gleichwertig hinsichtlich eines Merkmales (z.B. Lösbarkeit) angesehen werden. Z.B. unterscheidet man folgende Klassen hinsichtlich der Lösbarkeit: Klasse 1 (Oberboden): Oberste Bodenschicht, die neben anorganischen Stoffen Humus und Bodenlebewesen beinhaltet. Klasse 2 (Fließende Bodenarten): Böden mit flüssiger oder breiiger Beschaffenheit (Ic < 0, 5). Klasse 3 (Leicht lösbare Bodenarten): Nicht- bis schwachbindige Böden mit bis zu 15% Korngröße kleiner als 0,06 mm und höchstens 30% Steinen, sowie organische Böden mit geringem Wassergehalt. Klasse 4 (Mittelschwer lösbare Bodenarten): Wie bei Klasse 3, jedoch mit größerem Feinanteil. Klasse 5 (Schwer lösbare Bodenarten): Wie bei Klasse 3 und 4, jedoch mit größerem Steinanteil. Klasse 6 (Leicht lösbarer Fels und vergleichbare Bodenarten) Klasse 7 (Schwer lösbarer Fels) Auch die Benennung der einzelnen Bodenarten stellt eine Art von Klassifikation dar, soll doch der Bodenname Schlüsse (wenn auch ungenaue) auf das Bodenverhalten erlauben. Man richtet sich dabei in erster Linie nach der Kornverteilung und benennt den Boden nach der gewichtsmäßig vorherrschenden Kornfraktion, wobei nachgeordnet vertretene Fraktionen als Adjektive aufgeführt werden (z.B. „Sand, kiesig, schluffig“ oder „Feinkies, grobsandig“). Man geht dabei davon aus, daß die gewichtsmäßig vorherrschende Kornfraktion für das Verhalten des betreffenden Bodens bestimmend ist. Allerdings können bei bindigen Böden die Schluff- und Tonanteile auch dann bestimmend sein, wenn sie nicht gewichtsmäßig überwiegen. Deshalb werden für diese Böden die Wassergehalte an der Fließ- und Ausrollgrenze (w L und wP ) herangezogen, und die Bodenbenennung erfolgt nach ihrer Einordnung im sog. Plastizitätsdiagramm (siehe Abb. 4.9). Die vielfältigen Bodenklassifikationen sind reine Konventionen und finden ihre hauptsächliche Begründung in der Abrechnung von geotechnischen Arbeiten. Ihr sonstiger Gebrauch wird in dem Maße abnehmen, wie das Bodenverhalten durch Versuche und mathematische Beziehungen (Stoffgesetze) zutreffend beschrieben wird.
4.5 Bodenklassifikation
Abb. 4.9. Plastizitätsdiagramm nach DIN 18196
45
5 Grundwasser
Das in den Poren zwischen den Bodenkörnern befindliche Wasser heißt Grundwasser (groundwater). Nach dem Polar- und Gletschereis bildet es den zweitgrößten Vorrat an Süßwasser auf der Erde. Wasservorräte der Erde Typ Volumen (km3 ) Ozeane (Salzwasser) 1.300.000.000 Polar- u. Gletschereis∗ 29.000.000 Grundwasser∗ (Tiefe bis 0,8 km) 4.000.000 ∗ Grundwasser (Tiefe > 0,8 km) 5.000.000 Seen, Flüsse∗ 125.000 Atmosphäre 13.000 *Süßwasser Die Lage des Grundwasserspiegels (water table oder phreatic surface) kann man mittels eines Brunnens entdecken. Letzterer ist ein Bohrloch, das gegebenenfalls mit Hilfe eines durchlässigen Rohrs (z.B. geschlitztes Stahlrohr) gestützt wird. Strenggenommen wird als Grundwasser nur das Wasser unterhalb des Grundwasserspiegels bezeichnet. Das darüber befindliche Wasser ist durch Kapillarkräfte gebunden und konstituiert den sog. Kapillarsaum (vadose zone). Der Kapillarsaum ist im unteren Bereich gesättigt, nach oben nimmt die Sättigung ab. Wegen der Speisung durch Niederschläge (sog. Grundwasser-Neubildung) und der Strömung des Grundwassers ist der Grundwasserspiegel keine horizontale Ebene, sondern eine gekrümmte Fläche mit zeitlich variabler Lage. Oft folgt er ungefähr dem Relief des Geländes (Abb. 5.1) zu sog. Vorflutern (z.B. Fluß) hin. Die Tiefenlage des Grundwasserspiegels kann innerhalb kleiner horizontaler Entfernungen stark schwanken und wird auch von Baumaßnahmen beeinflußt. Sie variiert jahreszeitbedingt und auch von Jahr zu Jahr. Bedingt durch das Vorhandensein unterirdischer Becken mit wenig durchlässiger Sohle kommt es zur Bildung von sog. schwebenden Grundwasserkörpern (Abb. 5.2) mit schwebendem Grundwasserspiegel (perched watertable).
48
5 Grundwasser
Abb. 5.1. Der Grundwasserspiegel folgt etwa dem Geländerelief
Abb. 5.2. Schwebendes Grundwasser
Bodenschichten, in denen sich das Grundwasser leicht bewegen kann, heißen Grundwasserleiter (aquifer). In Bodenschichten mit kleineren Poren kann sich das Grundwasser nicht leicht bewegen, daher heißen sie (relativ) undurchlässige Schichten (aquitards). Wird ein Grundwasserleiter von einer undurchlässigen Schicht überlagert (confined aquifer ), so kann es zu sog. gespanntem Grundwasser kommen (Abb. 5.3). Durch künstliche oder natürliche Öffnungen (Brunnen) kann das Grundwasser dann aus der Geländeoberfläche hervorsprudeln. Es kommt somit zur Bildung von sog. artesischen Brunnen (artesian wells) bzw. von Fließsand (quicksand).
5.1 Grundwasserströmung Das Grundwasser strömt1 von Orten größerer Energie zu Orten kleinerer Energie. Üblicherweise wird die Energie in der Hydraulik als Energiehöhe (energy head) oder hydraulische Höhe h ausgedrückt. Die hydraulische Höhe h setzt sich aus der geodätischen Höhe z, die bezüglich einer willkürlich festgelegten Bezugshöhe (datum) 1
Die Grundwasserströmung (seepage) wird auch Sickerströmung genannt.
5.1 Grundwasserströmung
49
Abb. 5.3. Gespanntes Grundwasser, artesische Brunnen, Fließsand
gemessen wird, der Druckhöhe p/γw und der Geschwindigkeitshöhe v 2 /2g zusammen: h=z+
v2 p + γw 2g
.
(5.1)
Hierbei ist γw die Wichte des Wassers und g die Erdbeschleunigung. Bei Grundwasserströmungen ist die Geschwindigkeit v klein, ihr Quadrat umso kleiner; daher darf die Geschwindigkeitshöhe im Vergleich zu den beiden ersten Termen in Gleichung 5.1 vernachlässigt werden. Man erhält dann h=z+
p γw
.
(5.2)
Hinsichtlich Grundwasserströmungen muß man den Begriff „Geschwindigkeit“ näher definieren. Abbildung 5.4 zeigt eine momentane Verteilung der tatsächlichen Geschwindigkeit vˆf der Wasserpartikel. Mittelt man diese Geschwindigkeit über den Porenraum, erhält man die Geschwindigkeit v f (siehe Abb. 5.5). Ein Wasserpartikel legt die Länge a in der Zeit t = a/v f zurück. Deshalb heißt v f die Abstandsgeschwindigkeit. Mittelt man hingegen die Geschwindigkeit vˆf über die gesamte betrachtete Schnittfläche, so erhält man die sog. Filtergeschwindigkeit2 v (siehe Abb. 5.6). Sie gibt den Durchfluß (Wasservolumen in der Zeiteinheit) pro Flächeneinheit des Bodens an. In der Untergrundhydraulik kommt es meist auf den Durchfluß an, deshalb hat es sich eingebürgert, mit der Filtergeschwindigkeit v zu arbeiten. Bei Betrachtung der Ausbreitung von Schadstoffen im Grundwasser hingegen ist die Abstandsgeschwindigkeit v f von Bedeutung. Unter Heranziehung eines bekannten Lehrsatzes, nach dem die sog. Flächenporosität nA := Ap /A (A=Querschnittsfläche; Ap =Poren2
Um zu betonen, daß sich die Filtergeschwindigkeit auf das Porenfluid bezieht, wird hierfür oft vf geschrieben.
50
5 Grundwasser
Abb. 5.4. Momentane Verteilung der tatsächlichen Wassergeschwindigkeit vˆf (in x-Richtung)
Abb. 5.5. Über den Porenraum gemittelte Geschwindigkeit v f (in x-Richtung)
Abb. 5.6. Filtergeschwindigkeit v
Querschnittsfläche) gleich der Volumenporosität n = Vp /V ist3 , folgt aus v f Ap = vA: v f = v/n. 3
Der Beweis dieses Theorems von D ELESSE ist einfach: Das Volumen V eines Bodenkörpers ergibt sich aus der Integration seiner Querschnittsfläche A über eine dazu senkx R2 rechte Koordinate x mit V = A(x) dx. Genauso ergibt sich das Porenvolumen Vp aus Vp =
x R2
x1
x1
nA A(x) dx. Ist der Körper statistisch homogen, so ist nA unabhängig von x und
5.2 Gesetz von Darcy
51
5.2 Gesetz von Darcy Nach DARCY (1856) ist v proportional zur Energiehöhe ∆h, die auf der Länge ∆l abgebaut wird: ∆h . (5.3) ∆l Die Bedeutung von ∆h und ∆l ist aus Abbildung 5.7 ersichtlich. Die dimensionsv=k
Abb. 5.7. Prinzipskizze zur Gleichung 5.3
lose Größe ∆h/∆l wird als hydraulisches Gefälle (oder hydraulischer Gradient) i bezeichnet. Somit erhält das Gesetz von DARCY die Form (5.4)
v = ki .
Gleichung 5.4 gilt auch für zwei- und dreidimensionale Strömungen mit 4 i = −∇h. Die Proportionalitätskonstante k heißt die Durchlässigkeit (permeability bzw. hydraulic conductivity). Das Gesetz von DARCY gilt unter folgenden Einschränkungen: 1. Der Boden ist isotrop, d.h. die Durchlässigkeit ist in jeder Raumrichtung dieselbe. Dies ist nicht der Fall, wenn der Boden z.B. aus gleichgerichteten Plättchen aufgebaut ist (vgl. Abb. 3.7a). In solchen Fällen ist das Gesetz von DARCY in tensorieller Form anzuschreiben, was hier nicht weiter verfolgt wird. Es soll nur festgehalten werden, daß bei Tonböden die Durchlässigkeit in horizontaler Richtung erheblich größer als in vertikaler Richtung sein kann. kann vor dem Integral geschrieben werden: Vp = nA
x R2
x1
4
A(x) dx = nA V , woraus die
Gleichheit nA = n folgt. Genauso kann man zeigen, daß die Linienporosität gleich der Flächenporosität ist. Bekanntlich hat der Vektor ∇h in kartesischen Koordinaten die Komponenten ∂h/∂x, ∂h/∂y und ∂h/∂z.
52
5 Grundwasser
2. Sobald die Strömung turbulent wird, gilt das DARCY-Gesetz nicht mehr. Nach F ORCHHEIMER gilt dann das quadratische Gesetz i = Av + Bv 2 . Der Übergang zu turbulenter Strömung erfolgt nach Maßgabe der R EYNOLDS-Zahl Re = vd/µ, wobei v die Filtergeschwindigkeit, d der maßgebende Porendurchmesser und µ die Viskosität des Wassers ist. Nach PAVLOVSKI erfolgt dieser Übergang bei Re =
1 vd10 ≈ 7 bis 9 . 0, 75n + 0, 23 µ
Weitere Kriterien für diesen Übergang können bei K ÉZDI 5 nachgeschlagen werden. 3. Für stark tonige Böden setzt eine Grundwasserströmung erst ab i > i 0 ein, und es gilt v = k(i − i0 ), vgl. Abb. 5.8. Dieser Effekt ist bei Dichtungsschichten erwünscht.
Abb. 5.8. Definition des i0 -Gradienten
4. Das DARCYsche Gesetz in der Form v = ki bzw. nv f = ki setzt voraus, daß die Bodenkörner in Ruhe sind. Für den Fall, daß sich die Bodenkörner bewegen, muß im DARCYschen Gesetz die Relativgeschwindigkeit zwischen Körnern und Wasser stehen (sog. Gesetz von DARCY-G ERSEVANOV). Sei v s die Abstandsgeschwindigkeit der Bodenpartikel, dann ist v f − v s die gemittelte Relativgeschwindigkeit. Somit folgt n(v f − v s ) = ki bzw. mit nv f = v: v − nv s = ki
5.3
.
(5.5)
Elektroosmose
Das Fließen des Grundwassers wird nicht nur durch Druckgradienten, sondern auch durch Gradienten des elektrischen Potentials (d.h. durch elektrische Felder) hervor5
A. Kézdi, Handbuch der Bodenmechanik, Band 1, S. 132 ff, VEB Verlag für Bauwesen, Berlin, 1969. Siehe ferner: W. Herth und E. Arndts „Theorie und Praxis der Grundwasserabsenkung“, Ernst & Sohn, Berlin 1985.
5.4 Durchlässigkeit
53
gerufen. Dieses Phänomen wird Elektroosmose (electro-osmosis) genannt und beruht darauf, daß im Grundwasser befindliche Ionen (Kationen) von der Kathode angezogen werden und bei ihrer Bewegung dorthin Wassermoleküle mitreißen, die aufgrund ihres Dipolmomentes von den Kationen angezogen werden. Bei Berücksichtigung der Elektroosmose erweitert sich das DARCY-Gesetz auf v = ki + ke E
.
(5.6)
Hierbei ist E die elektrische Feldstärke und ke der sog. elektroosmotische Durchlässigkeitsbeiwert. Er beträgt für fast alle Böden ca. 5 · 10−5 cm2 /V·s.
5.4 Durchlässigkeit Die Durchlässigkeit k hat die Dimension einer Geschwindigkeit (m/s bzw. cm/s) und läßt sich allenfalls nach der Größenordnung bestimmen. Übliche Werte sind: Bodenart k in m/s Bereich −8 Ton, Lehm < 10 sehr schwach durchlässig Schluff; Sand lehmig, schluffig 10−8 . . . 10−6 schwach durchlässig Feinsand, Mittelsand 10−6 . . . 10−4 durchlässig Grobsand, Mittelkies, Feinkies 10−4 . . . 10−2 stark durchlässig Grobkies > 10−2 sehr stark durchlässig für grobes Geröll und Grobkies gilt DARCY-Gesetz nicht (turbulente Srömung)! Die Durchlässigkeit hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter auch von der Zähigkeit µ (und somit auch von der Temperatur) des Porenfluids. Die Porenzahl e beeinflußt die Durchlässigkeit, wobei man beachten sollte, daß zwei Böden mit gleicher Porosität ganz unterschiedliche Durchlässigkeiten haben können (vgl. Abb. 5.9).
Abb. 5.9. Der (schematisch dargestellte) Boden a hat die gleiche Porosität wie der Boden b, ist jedoch viel durchlässiger
Um diese Faktoren abzuschätzen, betrachten wir die Formel von H AGEN -P OISEUILLE für die laminare Durchströmung eines horizontalen Rohres mit dem Radius r und der Länge ∆s. Diese Strömung wird durch den Druckunterschied ∆p angetrieben:
54
5 Grundwasser k
i
r2 γw ∆(p/γw ) r2 ∆p = v= 4µ ∆s 4µ ∆s
.
(5.7)
Die Analogie zum Boden besteht darin, daß dieser ebenfalls aus Porenkanälen aufgebaut ist, wobei letztere allerdings von unregelmäßigem Durchmesser und verwunden sind. Man ersieht aus Gleichung 5.7, daß die Durchlässigkeit k vom Quotienten µ/γw und somit von den Eigenschaften des Porenfluids abhängt6. Ferner hängt sie quadratisch vom mittleren Radius rp (bzw. Durchmesser dp ) der Porenkanäle ab. Für einen bestimmten Boden korreliert dp mit dem Durchmesser der Körner. Darauf beruht die empirische Formel von H AZEN, die nur für gleichförmige lockere Sande gilt: k [cm/s] ≈ 100 · (d10 [cm])2
.
Die Abhängigkeit der Durchlässigkeit von der Porosität n läßt sich durch folgende Formel erfassen7 : k=C
n3 (1 − n)2
,
wobei C ein stoffabhängiger Faktor ist.
5.5 Bestimmung der Durchlässigkeit im Labor 5.5.1 Versuch mit konstanter Druckhöhe Bei relativ durchlässigen Böden wird der sog. Versuch mit konstanter Druckhöhe durchgeführt. Dabei mißt man den Durchfluß Q, der eine Probe mit dem Querschnitt A und der Länge ∆s infolge des konstant gehaltenen Potentialunterschiedes ∆h durchströmt. Aus Q = Av = Ak
∆h ∆s
folgt dann k=
6
7
Q∆s A∆h
.
Man beachte, daß die Viskosität µ temperaturabhängig ist. Für Wasser gilt µ = 1, 31 · 10−3 Ns/m2 bei T = 10◦ C und µ = 1, 00 · 10−3 Ns/m2 bei T = 20◦ C. Übliche Angaben für k beziehen sich auf eine Temperatur von 10◦ C. siehe G. Mattheß und K. Ubell: Allgemeine Hydrogeologie, Grundwasserhaushalt, Lehrbuch der Hydrogeologie Band 1, Gebrüder Borntraeger, 1983.
5.5 Bestimmung der Durchlässigkeit im Labor
55
Abb. 5.10. Versuch mit variabler Druckhöhe
5.5.2 Versuch mit veränderlicher Druckhöhe Bei wenig durchlässigen Böden ist der Durchfluß beim Versuch mit konstanter Druckhöhe sehr gering und daher kaum meßbar. Deshalb wird der sog. Versuch mit variabler Druckhöhe durchgeführt. Man beobachtet dabei das Absinken des Wasserspiegels in einem Standrohr (siehe Abb. 5.10). Zur Herleitung der maßgebenden Gleichung bezeichnen wir die Druckdifferenz h (d.h. h ≡ ∆h). Aus der Kontinuitätsgleichung (Massenerhaltung des Wassers) folgt −A0
dh h = Av = Ak dt ∆s
,
woraus die gewöhnliche Differentialgleichung Ak dh =− h dt A0 ∆s folgt. Ihre Lösung lautet:
A k h = h0 exp − t A0 ∆s
,
bzw. nach t aufgelöst: t=
A0 ∆s h0 ln Ak h
.
Durch Messung von h zu zwei verschiedenen Zeitpunkten t1 und t2 erhält man dann
56
5 Grundwasser
A0 ∆s h0 ln , Ak h1 A0 ∆s h0 , t2 = ln Ak h2 A0 ∆s h1 t2 − t 1 = , ln Ak h2 A0 ∆s h1 k= ln A t2 − t 1 h 2 t1 =
.
Es muß hinzugefügt werden, daß im Kontaktbereich zwischen Probe und starrer Wand die Porosität erhöht ist (siehe Abb. 5.11 links). Die damit verknüpfte Randumläufigkeit verfälscht die gemessene Durchlässigkeit. Um dies zu vermeiden, werden die Proben oft durch eine Gummimembran seitlich eingefaßt und durch einen äußeren Druck p0 gestützt (siehe Abb. 5.11 rechts).
Abb. 5.11. Vermeidung der Randumläufigkeit (links) durch Einfassung der Probe in einer Gummimembran
5.6 Porenwasserdruck Der Druck p im Porenwasser spielt in der Bodenmechanik eine sehr wichtige Rolle, da er das Verhalten des Bodens, wie wir sehen werden, ganz entscheidend beeinflussen kann. Bei horizontalem Grundwasserspiegel und ruhendem Grundwasser wächst p linear mit der Tiefe z zu p = γw z
.
Dabei wird die Tiefe z ab dem Grundwasserspiegel gemessen. Gespanntes Grundwasser liegt vor, wenn der Porenwasserdruck größer als γw z ist.
5.7 Potentialgleichung
57
Bei nicht horizontalem Wasserspiegel und entsprechend strömendem Grundwasser kann die Verteilung des Porendruckes (und der Geschwindigkeit) rechnerisch durch Bestimmung des sog. Potentialfeldes (siehe nächsten Abschnitt) erfolgen. Der Porendruck kann durch ein Standrohr gemessen werden, dessen unteres Ende an die zu messende Stelle angebracht wird. Das Grundwasser steigt dann im Standrohr bis zu der Stelle, die dem Porendruck entspricht. Daher wird der Porendruck oft in Meter Wassersäule (mWS) angegeben. Allerdings braucht das Wasser je nach Bodendurchlässigkeit einige Zeit, bis es aus dem Boden herausfließt und in das Standrohr aufsteigt. Alternativ zum Standrohr können auch Manometer verwendet werden. Ihr Meßprinzip beruht darauf, daß durch den Porendruck eine Membran gekrümmt wird, und diese Krümmung an einer Skala oder elektrisch angezeigt wird. Auch hierfür ist es erforderlich, daß eine bestimmte Menge Wasser aus dem Boden austritt. Daher benötigen alle Druckmeßgeräte (sog. Porendruckaufnehmer) eine Ansprechzeit, die von ihrem Konstruktionsprinzip und der Durchlässigkeit des Bodens abhängt. Durch undurchlässige Schichten kann es zu mehreren Grundwasserstockwerken im Untergrund kommen. Im Bereich z1 < z < z2 (Abb. 5.12) ist die Verteilung des Porenwasserdruckes hydrostatisch: p = γw (z − z1 ). Unmittelbar unterhalb der undurchlässigen Schicht (d.h. bei z = z3 ) muß der Porendruck verschwinden, da ab dort der Porenraum nicht gesättigt ist. Im Bereich z2 < z < z3 findet eine nach unten gerichtete Grundwasserströmung statt. Sie wird vom Druckunterschied ∆h angetrieben. Um ∆h auszurechnen, legen wir (willkürlich!) die geodätische Bezugshöhe bei z = z3 an. Es ist dann h(z = z2 ) = z3 − z2 + z2 − z1 = z3 − z1 geod. Höhe
.
Druckhöhe
Mit h(z = z3 ) = 0 ergibt sich somit ∆h zu z3 −z1 . Die pro Flächeneinheit fließende Wassermenge beträgt somit v = ki = k
z3 − z1 z3 − z2
,
wobei k die Durchlässigkeit der undurchlässigen Schicht ist. Im Bereich z 3 < z < z4 rieselt das Wasser nach unten und trifft bei z = z4 den unteren Grundwasserspiegel.
5.7 Potentialgleichung Zur Bestimmung der Verteilung des Porendruckes und der Wassergeschwindigkeit von Grundwasserströmungen sucht man die Lösung der Potentialgleichung ∆h = 0. Dies ist eine lineare partielle Differentialgleichung, bei der das Symbol ∆ nicht (wie
58
5 Grundwasser
Abb. 5.12. Porendruckverteilung bei zwei Grundwasserstockwerken
üblich) eine Differenz, sondern den L APLACE-Operator darstellt. Aus der Kontinuitätsgleichung8 div v = 0 erhält man9 mit v = −k gradh und k = const: div v := div gradh = 0 .
(5.8)
In kartesischen Koordinaten x, y, z lautet diese Gleichung: ∂2h ∂2h ∂2h + 2 + 2 =0 . ∂x2 ∂y ∂z Die Lösung dieser Differentialgleichung, d.h. die Funktion h(x, y, z) liefert die Verteilung des Porendruckes und der Wassergeschwindigkeit im betrachteten Gebiet. Es gibt verschiedene Verfahren zur Lösung dieser Differentialgleichung, wie konforme Abbildung (für ebene Probleme) und numerische Verfahren wie z.B. finite Elemente. 8
Diese Gleichung erhält man durch Bilanzierung der ein- und austretenden Wassermengen durch ein Volumenelement mit den Kantenlängen dx, dy und dz. Durch die Fläche dydz fließt in der Zeiteinheit die Wassermenge vx dydz in das Element ein. Durch die in der x Entfernung dx gelegene gleichgroße Fläche fließt die Menge (vx + ∂v dx)dydz aus. Es ∂x ∂vx verbleibt also netto die Menge ∂x dxdydz. Durch Berücksichtigung der Geschwindigkeitskomponenten vy und vz , und der Tatsache, daß – bei Fehlen von Quellen und Senken – in das Volumenelement genausoviel einfließt, wie daraus abfließt, erhält man div v =
9
∂vx ∂vy ∂vz + + =0 ∂x ∂y ∂z
.
Die Schreibweisen ∇h und ∇ · v sind äquivalent zu grad h und div v.
5.7 Potentialgleichung
59
Abb. 5.13. Grundwasserströmung unterhalb eines Wehrs
Für ebene Probleme (d.h. bei Problemen, wo eine Raumrichtung keine Rolle spielt und h z.B. nur von x und z abhängt) kann man ein grafisches Verfahren anwenden, das auf der zeichnerischen Konstruktion des sog. Potentialnetzes beruht. Dies soll anhand eines Beispiels gezeigt werden: Wir betrachten die Grundwasserströmung unterhalb eines Wehrs (siehe Abb. 5.13). Die Lage der Wasserspiegel ober- und unterhalb des Wehrs soll konstant bleiben. Das Wehr ist im durchlässigen Boden errichtet, darunter liegt eine undurchlässige Schicht. Die Konstruktion des Potentialnetzes besteht darin, die (bzw. einige) Stromlinien und die (bzw. einige) Potentiallinien zu zeichnen. Die Stromlinien haben überall die Richtung der Wassergeschwindigkeit. Für den hier betrachteten stationären Fall sind sie zugleich die Bahnkurven von einzelnen Wasserteilchen (siehe Abb. 5.14). Die Potentiallinien (auch Äquipotentiallinien genannt) sind Linien gleichen Potentials10 , d.h. es gilt für sie h = const. Wegen v = −kgradh sind die Potentiallinien orthogonal zu den Stromlinien, siehe Abbildung 5.15. Die Stromlinien und die Potentiallinien bilden ein Netz, dessen Maschen konform (d.h. winkeltreu) deformierte Rechtecke sind. Die einzelnen „Rechtecke“ haben die Länge ∆s und die Breite ∆b. Es ist zweckmäßig, das Netz so zu zeichnen, daß die Rechtecke annähernd Quadrate sind, d.h. daß ∆s ≈ ∆b gilt, siehe Abbildung 5.16. Die Konstruktion eines quadratischen Potentialnetzes gelingt mit etwas Übung und durch Probieren (unter Verwendung von Bleistift und Radiergummi). Sehr hilfreich ist dabei, wenn man auch die Diagonalen der Quadrate mitzeichnet (in Abb. 5.16 strichliert eingetragen), die selbst auch ein orthogonales Netz bilden. Ist das Potentialnetz gezeichnet, so können wir mit seiner Hilfe folgende Aufgaben lösen: 10
Die Energiehöhe h wird auch „Potential“ genannt.
60
5 Grundwasser
Abb. 5.14. Stromlinien
Abb. 5.15. Potentiallinien
Bestimmung der Sickermenge: Die gesamte Wassermenge, die pro Zeiteinheit und pro Breiteneinheit infolge des Spiegelunterschieds ∆H (siehe Abb. 5.13) unterhalb des Wehrs durchsickert, läßt sich wie folgt abschätzen: Der Bereich zwischen zwei benachbarten Stromlinien wird Stromröhre genannt. Die Durchflußmenge innerhalb einer Stromröhre bleibt konstant, d.h. es gilt (Kontinuitätsgleichung) v∆b = const ,
5.7 Potentialgleichung
61
Abb. 5.16. Quadratisches Potentialnetz
woraus dann folgt (DARCY-Gesetz): ∆s const ∆h ∆b = const ; ∆h = . ∆s ∆b k Für ein quadratisches Netz ist ∆s ≈ ∆b, und man erhält daher: k
const . k Dies bedeutet, daß (für ein quadratisches Netz) der Potentialabbau ∆h zwischen zwei benachbarten Potentiallinien konstant ist. Pro Potentialstufe beträgt er ∆h =
∆H , n wobei n die Anzahl der Potentialstufen ist. n kann aus dem Potentialnetz der Abbildung 5.16 abgelesen werden. Daraus kann man auch die Anzahl m der Stromröhren ablesen (aus Abb. 5.16 folgt: n = 11, m = 3). Somit beträgt der Durchfluß Q m Q = m |{z} v∆b = mk∆h = k∆H . (5.9) n ∆h =
const
Da nach Gleichung 5.9 nur der Quotient m/n für Q maßgebend ist, lohnt es sich nicht, ein übertrieben dichtmaschiges Potentialnetz zu zeichnen. Die dadurch gewonnene Genauigkeit ist sinnlos angesichts der ungenauen Kenntnis von k. Druckverteilung auf das Wehr: Anhand des Potentialnetzes kann man an jeder Stelle der Unterkante des Wehrs die Energiehöhe h bestimmen. Da die geodätische Höhe z bekannt ist, kann die dort herrschende Druckhöhe p/γ aus h − z errechnet werden.
62
5 Grundwasser
5.8 Freier Grundwasserspiegel Das Beispiel aus Abbildung 5.13 ist besonders einfach, weil dort kein freier Grundwasserspiegel vorkommt. Bei Grundwasser-Strömungsfeldern mit freiem Grundwasserspiegel stellt die Bestimmung seiner Lage eine zusätzliche Schwierigkeit dar. Bei der Lösung dieses Problems werden der stationäre (d.h. zeitlich unveränderliche) und der (schwierigere) instationäre Fall separat behandelt. 5.8.1 Stationärer Fall Der Grundwasserspiegel ist eine Stromfläche, auf der p = 0 gilt. Diese Gleichung bestimmt also seine Lage. Bei der zeichnerischen Konstruktion des Potentialnetzes muß der freie Grundwasserspiegel solange variiert werden, bis die Gleichung p = 0 erfüllt ist. Dazu helfen folgende Hinweise: 1. Wegen p = 0 gilt für den Grundwasserspiegel ∆h = ∆z. Für ein quadratisches Potentialnetz ergeben sich daraus konstante ∆z für die Potentiallinien (siehe Abb. 5.17).
Abb. 5.17. Für den Grundwasserspiegel gilt im stationären Fall ∆h = ∆z = const
2. Fließt das Wasser von einem Reservoir in den Boden ein, so muß der Grundwasserspiegel (der zugleich eine Stromlinie ist) senkrecht zur Begrenzungslinie (die zugleich eine Potentiallinie ist) sein (siehe Abb. 5.18). Diese Regel gilt nur solange α ≤ 90◦ ist. Der Fall α > 90◦ ist durchaus denkbar, z.B. bei einer Vorschüttung aus sehr grobem Material, das dem Fließen des Grundwassers praktisch keinen Widerstand leistet (siehe Abb. 5.19). Hier kann der Grundwasserspiegel im Erddamm nicht senkrecht zur Potentiallinie AB stehen, denn dies würde ein Aufsteigen über die Wasseroberfläche im Reservoir bedeuten, was unmöglich ist. Dieser Widerspruch wird dadurch gelöst, daß der Grundwasserspiegel bei B horizontal verläuft (also nicht senkrecht zur Potentiallinie) und die Geschwindigkeit v in der Umgebung des Punktes B verschwindet.
5.8 Freier Grundwasserspiegel
63
Abb. 5.18. Der freie Grundwasserspiegel ist normal zur wasserseitigen Böschungskante
Abb. 5.19. Grundwasserspiegel für α > 90◦
3. Bei der Durchströmung eines homogenen Erddamms schmiegt sich der Grundwasserspiegel an der luftseitigen Böschung an. Nachdem das Grundwasser an die Oberfläche gelangt ist, fließt es ihr entlang zum Böschungsfuß hin, siehe Abb. 5.20.
Abb. 5.20. Austritt des Grundwassers aus einem Erddamm
64
5 Grundwasser
Man beachte, daß die Linie AB weder Potential- noch Stromlinie ist. An jedem Punkt von ihr ist die Potentialhöhe h gleich der geodätischen Höhe. Die erwähnte tangentiale Einmündung des Grundwasserspiegels an der Austrittsfläche gilt nur für α ≤ 90◦ . Für α > 90◦ verläuft der Grundwasserspiegel wie in Abb. 5.21 angegeben.
Abb. 5.21. Austritt des Grundwassers für α > 90◦
5.8.2
? Instationärer Fall
Im instationären Fall ändert der Grundwasserspiegel seine Lage mit der Zeit. Wir betrachten die in Abbildung 5.22 dargestellte Situation. Bezogen auf das Niveau einer undurchlässigen Schicht hat der Grundwasserspiegel die Höhe z 0 (x, y, t). Das
Abb. 5.22. Situation zum instationären Grundwasser
Grundwasser möge eine Speisung (etwa durch Niederschläge) der Intensität R erhalten. R wird in mWS pro Zeiteinheit gemessen und kann ebenfalls eine Funktion von x, y und t sein. Wir betrachten jetzt die über die Höhe z0 integrierten horizontalen Geschwindigkeitskomponenten:
5.8 Freier Grundwasserspiegel
qx :=
z0
vx dz
,
qy :=
0
z0
vy dz
65
(5.10)
.
0
Die Quelldichte divq des ebenen Feldes {qx ; qy } setzt sich zusammen aus der Speisungsintensität R und aus einem Beitrag −n ∂z0 /∂t aus dem Absinken des Grundwasserspiegels. n ist die sog. effektive Porosität. Sie bezieht sich auf denjenigen Anteil des Porenraums, der mit mobilem Wasser gefüllt ist. Bei der Grundwasserabsenkung wird nur das mobile Wasser entfernt, während eine Restmenge an Wasser im Porenraum verbleibt. Insofern gilt: divq =
∂qx ∂qy ∂z0 + = R − n ∂x ∂y ∂t
(5.11)
.
Einsetzen von (5.10) in (5.11) ergibt unter Berücksichtigung der Formel für die Differentiation eines Integrals mit variablen Grenzen 11: z0
∂vx ∂vy + ∂x ∂y
0
dz +
∂z0 ∂z0
∂z0
vx z0 + vy z0 = R − n ∂x ∂y ∂t
.
(5.12)
Mit Hilfe von divv = 0 erhält man für den ersten Term in Gleichung 5.12: z0 0
∂vx ∂vy + ∂x ∂y
dz = −
z0 0
Somit erhält Gleichung 5.12 folgende Form: n
∂vz dz = −vz z 0 ∂z
∂z0 ∂z0
∂z0
− vz z0 + vx z0 + vy z0 = R ∂t ∂x ∂y
.
.
(5.13)
(5.14)
Gleichung 5.13 stellt die Bestimmungsgleichung für den freien Wasserspiegel z0 (x, y, t) im instationären Fall dar. Bemerkungen: 0 1. Man beachte, daß beim instationären Fall ∂z ∂t = 0 der Grundwasserspiegel keine Stromlinie bzw. Stromfläche ist (siehe Abb. 5.23). Die Bedingung hierfür ist
∂z0
∂z0
−vz z + vx z + vy z = 0 0 0 0 ∂x ∂y
0 und ist nach Gleichung 5.14 für R − n ∂z ∂t = 0 verletzt.
11
b(t) R
dF = Aus F (t) := f (x, t) dx folgt dt a(t)
Zb a
∂f ˙ (b) − af dx + bf ˙ (a) . ∂t
66
5 Grundwasser
Abb. 5.23. Momentanaufnahme eines instationären Wasserspiegels. Die Geschwindigkeit v verläuft nicht tangential zum Grundwasserspiegel
2. Wegen kapillarer Effekte ist der Grundwasserspiegel keine scharfe Trennfläche zwischen gesättigtem und ungesättigtem Boden. Vielmehr befindet sich überhalb des Grundwasserspiegels (welcher durch die Bedingung verschwindenden Porendrucks definiert wird) der Kapillarsaum, innerhalb dessen der Sättigungsgrad erst allmählich von 1 auf einen irreduziblen Restwert abfällt, siehe Abbildung 5.24.
Abb. 5.24. Verlauf des Sättigungsgrades S und des Porendrucks p oberhalb und unterhalb des Grundwasserspiegels
Wird der Grundwasserspiegel abgesenkt, so folgt ihm der Kapillarsaum nach. Dieser Vorgang ist recht kompliziert und wird durch Gleichung 5.13 nicht berücksichtigt. 3. Folgende Aufgabe stellt ein räumlich-eindimensionales instationäres Grundwasserproblem dar: Bei der in Abbildung 5.25 dargestellten Vorrichtung wird der
5.8 Freier Grundwasserspiegel
67
freie Wasserspiegel von der Lage z1 auf die Lage z2 plötzlich abgesenkt. Wie verhält sich dabei der Grundwasserspiegel? Zur Bestimmung der gesuchten Funktion z(t) schreiben wir das Gesetz von DARCY an: v=
z − z1 dz =k dt z
.
Aus dieser Differentialgleichung ergibt sich folgende Beziehung zwischen z und t: (z − z1 ) + z1 ln(z − z1 ) = kt
.
Abb. 5.25. Der freie Wasserspiegel wird von der Lage z1 plötzlich auf die Lage z2 abgesenkt. Die dadurch bedingte Absenkung des Grundwasserspiegels wird durch die Funktion z(t) beschrieben.
?
Anwendbarkeit des Gesetzes von DARCY bei Strömungen mit 5.8.3 dv/dt 6= 0 Strenggenommen darf das Gesetz von DARCY nur bei beschleunigungsfreien Strömungen (dvf /dt = 0) angewandt werden, d.h. bei Strömungen, die stationär (∂vf /∂t = 0) und homogen (d.h. vf =const) sind. Bei Strömungen mit dvf /dt 6= 0 muß anstelle des Gesetzes von DARCY (bzw. von DARCY-G ERSEVANOV) die volle Gleichung der Impulserhaltung für das Fluid angeschrieben werden (wobei hier der Wasserdruck p als positiv bei Kompression angesetzt wird): %f mit
dvf = −n∇p + %f g − κ(vf − vs ) , dt
(5.15)
68
5 Grundwasser
κ = f g
n2 n = f g k k
,
aus welcher das Gesetz von DARCY-G ERSEVANOV für den Sonderfall dv f /dt = 0 folgt. Wenn die z-Koordinate nach oben zeigt, dann gilt: n1 f g = f g = −∇(γ f z). p Damit und mit h = f + z folgt aus (5.15) für vs ≈ 0: γ k dvf = −k∇h − vf g dt
,
k dvf g dt
,
bzw. vf = −k∇h −
(5.16)
woraus der Unterschied zum Gesetz von DARCY ersichtlich wird. Die Bedingung für die Anwendbarkeit des Gesetzes von DARCY läßt sich wie folgt spezifizieren12 : Wir setzen vf = vD +v1 mit vD := −k∇h als die Geschwindigkeit nach DARCY in Gleichung (5.16) ein und erhalten für v1 (v1 stellt die Abweichung vom DARCY-Gesetz dar): v1 = −
k d (−k∇h + v1 ) ng dt
.
(5.17)
d (k∇h) ≈ 0, so erhält man aus (5.17), daß v1 mit e−ngt/k (also sehr schnell) Ist dt abklingt.
5.9 Transport durch das strömende Grundwasser In der Umweltgeotechnik spielt der Transport (Ausbreitung) von Schadstoffen durch das strömende Grundwasser eine große Rolle. Der wesentliche Transportmechanismus ist die Konvektion (advection), d.h. die eingetragenen (Schad)stoffe werden vom strömenden Grundwasser mitgenommen. Die Konvektion wird beschrieben durch die Gleichung ∂c/∂t + ∇ · (cv) = 0, welche die Massenerhaltung des Schadbzw. Markierungsstoffes ausdrückt. c ist die Konzentration dieses Stoffes. Wäre die Konvektion der einzige Transportmechanismus, so müßte ein Stoff, etwa ein Farbstoff (tracer), der in eine Stromröhre eingetragen wäre, beständig in dieser Stromröhre bleiben. Tatsächlich durchquert der Markierungsstoff die Stromlinien, die die Stromröhre begrenzen (siehe Abb. 5.26). Es gibt zwei Gründe dafür:
12
P.Ya. Polubarinova-Kochina: Theory of Ground Water Movement. Princeton University Press, 1962, S. 23.
5.10 Strömungskraft
69
Abb. 5.26. Transport durch Grundwasserströmung
Molekulare Diffusion: Sie ist bedingt durch die thermische Anregung der einzelnen Moleküle und führt zur sog. B ROWNschen Molekularbewegung. Sie wird beschrieben durch die Differentialgleichung q = −D ∇c. Hierbei ist c die Konzentration des Markierungsstoffes und q seine Stromdichte (d.h. die Menge des Markierungsstoffes, die in der Zeiteinheit eine Flächeneinheit durchfließt). D ist der Diffusionskoeffizient. Die molekulare Diffusion bewirkt einen Transport auch in ruhendem Grundwasser. Hydrodynamische Dispersion: Sie beruht auf der Tatsache, daß die Wassergeschwindigkeit v bzw. va nur ein zeitlicher und örtlicher Mittelwert ist. Die tatsächliche Geschwindigkeit schwankt (fluktuiert) um diesen Wert infolge des körnigen Aufbaus des Bodens (siehe Abb. 5.27). Die durch die hydrodynamische Dispersion bedingte Stromdichte q h wird ebenfalls als proportional zum Konzentrationsgradienten ∇c angesetzt: q h = −Dh ∇c. Dh ist der sog. hydrodynamische Dispersionstensor. Darauf soll hier nicht näher eingegangen werden.
5.10 Strömungskraft Durch die Strömung des Grundwassers erfolgt ein Abbau des Porendruckes in Strömungsrichtung. Dabei wird der Porendruck auf das Korngerüst umgelagert, das dadurch eine zusätzliche Belastung erfährt. Diese Belastung wird Strömungskraft genannt und ist eine Volumenkraft, d.h. eine über das Volumen verteilte Kraft (ähnlich wie z.B. die Schwerkraft). Sie hat dementsprechend die Dimension Kraft/(Länge) 3. Die Strömungskraft und ihre möglichen Auswirkungen werden im Abschnitt „Spannungen im Boden“ näher betrachtet.
70
5 Grundwasser
Abb. 5.27. Tatsächliche Wassergeschwindigkeit
5.11 Filter Der Fluß des Grundwassers kann durch das Einbauen von besonders durchlässigen Schichten, den sog. Filtern, beeinflußt werden. Damit die Filter hydraulisch wirksam sind, müssen sie eine erheblich grössere Durchlässigkeit als der angrenzende Boden haben. Wenn man als repräsentativ für die Porengröße den Durchmesser d 15 aus der Kornverteilungskurve betrachtet, so folgt aus der Forderung der hydraulischen Wirksamkeit, daß der Durchmesser D15 des Filters erheblich größer als der Durchmesser d15 des angrenzenden Bodens sein muß. T ERZAGHI hat das Kriterium der hydraulischen Wirksamkeit wie folgt spezifiziert: !
D15 > (4 bis 5) d15
.
Außer der hydraulischen Wirksamkeit muß man aber auch die sog. mechanische Wirksamkeit beachten. Durch die Wirkung des strömenden Wassers (Strömungskraft) können nämlich Partikel aus dem angrenzenden Boden herausgelöst und entfernt werden (sog. Suffosion) und in die Hohlräume des Filters abgelagert werden (sog. Kolmatation oder Kolmation). Um dies zu verhindern, müssen die Hohlräume des Filters (wieder repräsentiert durch D15 ) erheblich kleiner sein als die gröbsten Partikel des angrenzenden Bodens. Letztere können durch d 85 repräsentiert werden. Das Kriterium der mechanischen Wirksamkeit (Stabilität) lautet nach T ERZAGHI: !
D15 < (4 bis 5) d85
(5.18)
.
Grenzt der Boden gegen ein gelochtes (Durchmesser d) oder geschlitztes (Schlitzweite a) Drainrohr, so ist die mechanische Stabilität gegeben, sofern: d < 1, 2 d85
bzw. a < 1, 4 d85
.
Um die Filterkriterien zu erfüllen, muß man oft mehrere Bodenschichten mit verschiedenem Aufbau aufeinander einbauen (sog. abgestufte Filter). Die Funktion von Filtern wird heute immer mehr von Geotextilien übernommen.
5.12 Durchlässigkeit von Fels
71
Ein Boden ist in sich filterfest (d.h. feine Bestandteile können nicht ausgewaschen werden), wenn er für beliebige Durchmesser d, dmin < d < dmax , als Gemisch von zwei Böden, d < d und d ≥ d, betrachtet werden kann, die zueinander nach dem Kriterium (5.18) filterfest sind.
5.12 Durchlässigkeit von Fels Fels (Festgestein) ist porös und dementsprechend durchlässig. Allerdings ist die Porosität viel geringer als bei Lockergesteinen (Boden), bei magmatischen und metamorphen Gesteinen ist sie kaum größer als 2 %, bei Sandstein beträgt sie 1-5 %, bei einigen porösen Kalksteinen kann sie Werte bis 50 % erreichen. Die hier angesprochene Porosität geht auf Poren zurück, die gleichmäßig im Gestein verteilt sind (’primäre Porosität’). Die sog. sekundäre Porosität geht auf allfällige offene Klüfte zurück und ist oft die hauptsächliche Wasserwegigkeit im Festgestein. Eine weitere Art von Poren im Festgestein geht auf die Auflösung von Gestein durch fließendes Grundwasser zurück. Besonders wasserlöslich sind Evaporite (Mineralsalz, Gips und Anhydrit) gefolgt von Kalkstein und Dolomit. Es kann so zur Bildung von riesigen Hohlräumen (sog. Karst-Phänomene) kommen. Auch für Festgestein gilt das Gesetz von DARCY, v = ki bzw. v = −k grad h, wobei k oft ’hydraulische Leitfähigkeit’ genannt wird. Da k auch von der Dichte ρ und der Zähigkeit µ des Porenfluids abhängt, wird oft die Größe kˆ verwendet, welche die Dimension m2 hat und nur von der Geometrie des Porenraums abhängt (vgl. Abschnitt 5.3):13 µ kˆ := k ρg
.
Die Durchlässigkeit von Fels wird in situ mit diversen Wasserabpressversuchen ermittelt. Dabei wird Wasser in einen Bereich eines Bohrlochs hineingepresst, der von zwei Packern begrenzt wird. Die bei einem Druck von 1MPa (=10 bar) hineingepumpte Menge Q (in l/min) pro Meter Eintragslänge wird als L UGEON-Wert bezeichnet. Strenggenommen kann man die Durchlässigkeit nicht aus dem L UGEONWert ableiten, dieser Versuch sollte lediglich als Kriterium für die Injizierbarkeit von Fels herangezogen werden, welche für Q > 1 Lugeon gegeben ist.
13
ˆ als Durchlässigkeit bezeichnet. Verwirrenderweise wird von manchen Autoren k
6 Spannungen im Boden
6.1 Spannung Die Spannung ist eine physikalische Größe, die nicht durch eine einzelne Zahl angegeben werden kann. Um sie anzugeben werden benötigt: 1. Ein Koordinatensystem x, y, z 2. 6 voneinander unabhängige Zahlen, nämlich die Spannungskomponenten σxx , σyy , σzz , σxy ≡ σyx , σxz ≡ σzx , σyz ≡ σzy , die in Bezug auf das erwähnte Koordinatensystem definiert sind. Wenn wir einen Körper entlang einer Schnittebene gedanklich schneiden, so legen wir an jeden Punkt der Schnittebene einen Spannungsvektor (=Kraft durch Fläche) σ frei (siehe Abb. 6.1). Diesen kann man zerlegen in die Normalspannung σn und die Schubspannung τ . Die Spannungskomponenten, die auf drei zueinander senkrechten Ebenen wirken (siehe Abb. 6.2), werden üblicherweise in einer Matrix zusammengefaßt: ⎞ σxx σxy σxz ⎝ σxy σyy σyz ⎠ σxz σyz σzz ⎛
.
(6.1)
Die Spannungskomponenten mit den gemischten Indizes stellen Schubspannungen dar, die Spannungen in der Hauptdiagonalen (σxx , σyy , σzz ) stellen Normalspannungen dar. Eine Normalspannungskomponente kann als Zug oder Druck wirken. In der Mechanik betrachtet man per Konvention Zugspannungen als positiv, während in der Bodenmechanik Druckspannungen als positiv betrachtet werden (z.B. ist 5 kN/m 2 eine Druckspannung und −3 kN/m2 eine Zugspannung). Schubspannungskomponenten werden oft mit dem Buchstaben τ symbolisiert.
74
6 Spannungen im Boden
Abb. 6.1. Spannungsvektor σ und seine Komponenten σn und τ
Abb. 6.2. Spannungskomponenten bezüglich des x-y-z Koordinatensystems
In der Matrix (6.1) wurde bereits berücksichtigt, daß die zugeordneten Schubspannungen gleich sind (σxy = σyx usw.). Das Koordinatensystem und die 6 voneinander unabhängigen Spannungskomponenten legen den Spannungszustand vollständig fest, d.h. man kann aus ihnen die Normal- und Schubspannungen berechnen, die auf einer beliebig gerichteten Schnittebene wirken. Es lassen sich immer drei (zueinander senkrechte) Ebenen finden, auf denen nur Normalspannungen wirken. Diese Spannungen heißen Hauptspannungen, die entsprechenden Richtungen Hauptrichtungen.
6.2 Spezielle Spannungszustände
75
6.2 Spezielle Spannungszustände Ebener Spannungszustand: Alle Spannungskomponenten mit einem bestimmten Index (z.B. y) verschwinden, d.h. σyy = σxy = σyz = 0. Dieser Spannungszustand kommt bei Scheiben vor, ist jedoch für die Geotechnik irrelevant. Ebene Verformung: Wenn die Verschiebungen keine Komponenten in y-Richtung haben, so vereinfacht sich der Spannungszustand (6.1) auf ⎛
⎞ σxx 0 σxz ⎝ 0 σyy 0 ⎠ σxz 0 σzz
,
d.h. es verschwinden die Komponenten σxy und σyz . Dieser Fall ist für die Geotechnik sehr wichtig (z.B. langgestreckte Böschungen, Streifenfundamente). Axialsymmetrie: Bei Problemen mit Axialsymmetrie (z.B. Schächte, Pfähle) wird der Spannungszustand zweckmäßigerweise in Zylinderkoordinaten r, θ, z dargestellt (siehe Abb. 6.3). Wegen der Axialsymmetrie gilt: σθz = σrθ = 0, σθθ = const.
Abb. 6.3. Spannungskomponenten in Zylinderkoordinaten
Hydrostatischer Spannungszustand: Dies ist ein spezieller Spannungszustand, bei dem alle Schubspannungen verschwinden (σxy = σxz = σzy = 0) und alle Normalspannungen gleich sind (σxx = σyy = σzz = p). In jeder beliebig orientierten Schnittebene beträgt die Normalspannung p, und die Schubspannung verschwindet. Da dieser Spannungszustand in ruhenden Fluiden auftritt, heißt er hydrostatisch.
76
6 Spannungen im Boden
6.3 Das Diagramm von Mohr Bei ebener Verformung lassen sich die Spannungszustände im M OHRschen Diagramm grafisch darstellen (siehe Abb. 6.4). Auf der Abszisse werden die Normal-
Abb. 6.4. M OHR sches Diagramm
spannungen, auf der Ordinate die Schubspannungen aufgetragen. Die Spannung σ yy wird dabei nicht betrachtet. Schubspannungen, die gegen den Uhrzeigersinn drehen, werden als positiv eingetragen. Das Zentrum des M OHRschen Kreises liegt in der Mitte zwischen σzz und σxx , der Kreis wird durch den Punkt A (bzw. A ) gelegt. Der M OHRsche Kreis kann dazu benutzt werden, um die Normal- und Schubspan-
Abb. 6.5. Verwendung des Pols P zur Bestimmung der Normalspannung σ und der Schubspannung τ auf der Schnittebene ε
6.4 Spannungsfelder
77
nung auf einer beliebig orientierten Ebene zu bestimmen. Dazu wird der sog. Pol P (siehe Abb. 6.5) benutzt. Durch den Pol wird eine Parallele zur Schnittebene ε gelegt. Sie schneidet den M OHRschen Kreis im Punkt B, dessen Abszisse die Normalspannung σ und dessen Ordinate die Schubspannung τ auf der Schnittebene ε sind. Daraus folgt auch die Bestimmung der Lage von P: Da auf einer horizontalen Ebene die Normalspannung σzz und die Schubspannung σzx wirkt (siehe Abb. 6.4), legt man durch den Punkt A (in Abb. 6.4) eine horizontale Gerade, die den M OHRschen Kreis im Punkt P schneidet (siehe Abb. 6.5). Mit Hilfe des M OHRschen Kreises und des Pols kann man diejenigen Ebenen finden, auf denen nur Normalspannungen (sog. Hauptspannungen) wirken, siehe Abbildung 6.6. Man beachte, daß die beiden Hauptspannungsrichtungen senkrecht zueinander sind.
Abb. 6.6. Hauptspannungen σ1 und σ2 und Hauptspannungsrichtungen 1 und 2 im M OHR schen Diagramm
Ferner kann man mit Hilfe des M OHRschen Kreises diejenigen Ebenen finden, auf denen die Schubspannung maximal wird (siehe Abb. 6.7), sowie diejenigen Ebenen, auf denen die sog. Spannungsneigung (stress obliquity) α = arctan |τ /σ| maximal wird (siehe Abb. 6.8).
6.4 Spannungsfelder Wir haben bisher den Spannungszustand in einem Punkt betrachtet. Eine Verteilung von Spannungszuständen auf die Punkte eines Körpers heißt ein Spannungsfeld. Ein
78
6 Spannungen im Boden
Abb. 6.7. Ebenen mit maximaler Schubspannung
Abb. 6.8. Ebenen mit maximaler Spannungsneigung
6.4 Spannungsfelder
79
Spannungsfeld muß den Gleichgewichtsbedingungen der Kontinuumsmechanik genügen1. Ein Spannungsfeld, das in der Geotechnik oft vorkommt, ist die Spannungsverteilung im unvorbelasteten Halbraum mit horizontaler Oberfläche (Abb. 6.9). Dort sind die Spannungen σxx und σzz Hauptspannungen (insofern werden sie oft mit σx und σz symbolisiert) und wachsen linear mit der Tiefe z: σz = γz σx = σy = K0 γz
(6.2)
τxy ≡ 0 γ ist das spezifische Gewicht des Bodens. Auf den Koeffizienten K 0 wird später eingegangen.
Abb. 6.9. Spannungen im Halbraum
1
Für differenzierbare Spannungsfelder lauten die Gleichgewichtsbedingungen in kartesischen Koordinaten x, y, z: ∂σxx ∂σyx ∂σzx + + + %gx = 0 ∂x ∂y ∂z ∂σxy ∂σyy ∂σzy + + + %gy = 0 ∂x ∂y ∂z ∂σxz ∂σyz ∂σzz + + + %gz = 0 ∂x ∂y ∂z Dabei ist % die Dichte und {gx , gy , gz } der Vektor der Massenkraft. Für nichtdifferenzierbare Spannungsfelder muß man die sog. Sprungrelationen berücksichtigen. Im ∂v x z dynamischen Fall treten auf der rechten Seite die Trägheitskräfte % ∂v , % ∂ty , % ∂v hinzu; ∂t ∂t die Gleichungen drücken dann die Impulserhaltung aus.
80
6 Spannungen im Boden
Die Bestimmung von Spannungsverteilungen (Spannungsfeldern) ist eine der wichtigsten Aufgaben in der theoretischen Bodenmechanik. Dadurch kann man z.B. die Belastung auf eine Tunnelschale bestimmen. Im allgemeinen ist diese Aufgabe sehr schwer. Da sie statisch unbestimmt ist, erfordert ihre Lösung die Kenntnis des Formänderungsverhaltens des Bodens, d.h. die Beziehung zwischen Spannungen und Dehnungen (sog. Stoffgesetz). Einige einfache Spannungsfelder werden gesondert behandelt.
6.5 Spannungsausbreitung Wird die Oberfläche des Halbraumes (Geländeoberkante, GOK) mit einer sog. Rechtecklast σ0 belastet (siehe Abb. 6.10), so werden Schubspannungen im Untergrund mobilisiert, so daß sich die dadurch bedingten Vertikalspannungen (sog. ZusatzspanP nungen) seitwärts ausbreiten. Dabei wird ihre Intensität kleiner, denn aus V =0 R folgt, daß σz dx = σ0 b = const. Es gilt nun, die Verteilung der von der Auflast σ0 verursachten Zusatzspannungen im Untergrund zu bestimmen.
Abb. 6.10. Spannungsausbreitung im Untergrund, ebenes Problem (d.h. es gelten dieselben Verhältnisse für alle y-Werte).
Diese Spannungsverteilung wird benötigt, um die Setzung der GOK infolge dieser Belastung auszurechnen. Zur Bestimmung der gesuchten Spannungsverteilung wird in der Bodenmechanik üblicherweise die Annahme getroffen, daß der Boden ein linear-elastisches isotropes Material ist. Man bedient sich dabei der Lösung von B OUSSINESQ (1885) für die Spannungsverteilung infolge einer vertikalen Einzellast F , die auf den elastischen Halbraum wirkt (Kompressionsspannungen positiv), ν ist die P OISSON-Zahl: σxx =
3F 2π
x2 z + A(B − x2 C) R5
,
6.5 Spannungsausbreitung
σyy σxy σzx
3F y 2 z 2 = + A(B − y C) , 2π R5 3F xyz = σyx = − ACxy , 2π R5 = Dx , σzy = Dy , σzz = Dz
81
,
mit R2 = x2 + y 2 + z 2 = z 2 + r2 1 R2 + Rz + z 2 A : = (1 − 2ν) , B := 3 R3 (R + z) (2R + z) 3F z 2 C:= 3 , D := . R (R + z)2 2π R5
,
Durch Integration der Lösung von B OUSSINESQ gewinnt man weitere Lösungen. Dazu gehört die Vertikalspannung σzz infolge einer vertikalen Linienlast p in yRichtung (siehe Abb. 6.11) auf der Geländeoberkante σzz =
z3 2p 2 π (x + z 2 )2
,
sowie die Vertikalspannung σzz unter der Ecke eines mit p belasteten Rechteckes mit den Grundrißabmessungen a und b, siehe Abb. 6.11 (S TEINBRENNER): p abz 1 1 ab σzz = − + + , arctan 2π zR R a2 + z 2 b2 + z 2 mit
R :=
a2 + b 2 + z 2
.
Wegen des angenommenen linear-elastischen Verhaltens des Bodens gilt das Superpositionsprinzip. Somit kann man durch Überlagerung die Vertikalspannung an beliebiger Stelle von komplizierten Belastungsflächen bestimmen (siehe Abb. 6.12) Es sei betont, daß die Verwendung der B OUSSINESQ-Lösung und ihrer Derivate (z.B. Formel von S TEINBRENNER) strenggenommen unberechtigt ist, denn ihre Voraussetzung (linear-elastisches, isotropes Materialverhalten) trifft für Boden nicht zu. Man kann allenfalls argumentieren, daß die Verteilung von σzz nach der B OUSSINESQ-Gleichung unabhängig von den elastischen Stoffkonstanten E und ν ist2 . Letztendlich ist aber bisher kaum untersucht worden, wie realistisch B OUS SINESQ s Lösung ist.3 Daher ist eine übertriebene Genauigkeit bei der Anwendung 2
3
Bei verschwindenden Massenkräften und ebener Verformung linear elastischer Stoffe mit Spannungsrandbedingungen sind die Spannungsfelder unabhängig von den elastischen Stoffkonstanten (siehe z.B. Yu.A. Amensade, Teorija Uprugosti (Elastizitätstheorie), Moskau 1976, Kap.6). Die Messung von Spannungen im Boden ist sehr schwierig.
82
6 Spannungen im Boden
p
y
p x
a
b
z
y x z
Abb. 6.11. Linienlast (links) und Rechtecklast (rechts).
Abb. 6.12. Die Spannung unterhalb des Punktes B kann durch folgende Superposition von Rechtecklasten, die alle eine Ecke bei B haben, nach der Formel von S TEINBRENNER gefunden werden: (ABNF)+(BNEM)+(BMDC)+(BMIL)−(BKHM) +(AJLB)−(AGKB)
dieser elastischen Lösungen unnötig. Genausowenig sind Modifikationen der Lösung von B OUSSINESQ begründet, wie z.B. die Gleichung von W ESTERGAARD, der von einem linear-elastischen anisotropen Materialverhalten (Dehnungsverhinderung in horizontaler Richtung) ausgeht.
6.6 Setzungsberechnung Die wichtigste Anwendung der Spannungsausbreitung nach B OUSSINESQ bzw. S TEINBRENNER ist die Setzungsberechnung. Wird der Baugrund durch ein Bauwerk belastet, so setzt er sich, und es gilt, die Setzung abzuschätzen. Dabei muß man
6.6 Setzungsberechnung
83
beachten, daß Setzungen durch zweierlei Mechanismen zustandekommen können: Kompression und Verdrängung (siehe Abb. 6.13).
Abb. 6.13. Kompressions- (a) und Verdrängungssetzung (b)
Bei der Kompressionssetzung bewegen sich die Bodenpartikel ausschließlich nach unten. Dabei verringert sich das Porenvolumen. Bei der Verdrängungssetzung wird der Boden seitlich verdrängt, wobei die einzelnen Bodenelemente ihr Volumen beibehalten können und lediglich ihre Form verändern. Die relativ seltenen Verdrängungssetzungen treten bei sehr weichen, wassergesättigten, oberflächennahen Bodenschichten auf und können zur Zeit kaum rechnerisch erfaßt werden. Wir beschränken uns daher hier auf die Kompressionssetzung, die durch die eindimensionale Kompression der einzelnen Bodenelemente gekennzeichnet ist. „Eindimensional“ bedeutet hier, daß die Verschiebungen der Bodenpartikel ausschließlich in senkrechter Richtung erfolgen. Die Bedingung der Eindimensionalität ist umso besser erfüllt, je größer die horizontale Ausdehnung der Oberflächenlast im Vergleich zur Tiefe und Dicke der setzungsempfindlichen Schicht ist. Zur Berechnung der Kompressionssetzung betrachten wir die Situation in Abbildung 6.14. In der Tiefe 0 < z < H liegt eine setzungsempfindliche Bodenschicht an, darunter liegt Fels, der dermaßen steif ist, daß er als starr angesetzt werden kann. Gesucht ist die Setzung des Punktes A, daher berechnen wir (nach der Formel von S TEINBRENNER) die Spannung σzz im Bereich 0 < z < H unterhalb des Punktes A. Bei dieser Spannung handelt es sich um eine Zusatzspannung infolge der Oberflächenlast p. Diese Zusatzspannung kommt zur Spannung infolge Bodeneigengewicht (nämlich σ0 = γz) hinzu. Infolge der Zusatzspannung σzz erfährt jede Schicht mit der Dicke dz eine Stauchung4 ε und somit eine Setzung ds. Die Gesamtsetzung s ergibt sich als Integral (Summe) der Setzungen der einzelnen Schichten:
4
Kompressionsdehnungen werden oft als Stauchungen bezeichnet.
84
6 Spannungen im Boden
Abb. 6.14. Zur Setzungsberechnung
s=
H
ds =
0
H
ε dz
.
0
Die Stauchung ε ist abhängig von der Spannung σ (der Index zz wird hier einfachheitshalber weggelassen, σ ≡ σzz ). Die Abhängigkeit ε(σ) stellt das sog. Formänderungsverhalten des betrachteten Bodens bei eindimensionaler Kompression dar und wird im nächsten Abschnitt näher betrachtet. Zur Setzungsberechnung wird diese Integration wie folgt numerisch durchgeführt: 1. Man unterteilt die setzungsempfindliche Schicht in Teilschichten. In Abbildung 6.15 sind folgende Teilschichten gewählt: Schicht 1: 0 < z < z1 Schicht 2: z1 < z < z2 Schicht 3: z2 < z < z3 2. Mit Hilfe der Formel von S TEINBRENNER bestimmt man die Spannungen σ infolge Oberflächenlast p in der jeweiligen Schichtmitte. 3. Aus den errechneten Spannungen und der Kenntnis des Formänderungsverhaltens des Bodens (s. nächsten Abschnitt) bestimmt man die Stauchung ε jeder Teilschicht. Dabei nimmt man an, daß die für die Schichtmitte ermittelte Stauchung repräsentativ für die gesamte Teilschicht ist. 4. Die Gesamtsetzung s ergibt sich dann aus s= (εi ∆zi ) . i
6.6 Setzungsberechnung
85
Abb. 6.15. Schichtunterteilung zur Setzungsberechnung
Die Summation erstreckt sich über alle Teilschichten. ∆zi ist dabei die Dicke der Teilschicht Nr. i. Bemerkungen: 1. Während man bei der Ermittlung der Spannungsausbreitung (Spannungsverteilung) ein linear-elastisches Verhalten des Bodens zugrundelegt, ist es unumgänglich, daß bei der Bestimmung der daraus resultierenden Verformungen das nichtlineare Formänderungsverhalten des Bodens berücksichtigt wird (siehe nächsten Abschnitt). 2. Wegen der Unsicherheiten und Ungenauigkeiten sowohl bei der Spannungsverteilung als auch bei der Erfassung des Formänderungsverhaltens des Bodens ist die berechnete Setzung s eine ziemlich ungenaue Größe. Eine übertrieben genaue Durchführung der Integration ist daher unangemessen. Insbesondere ist es nicht erforderlich, eine große Anzahl von Teilschichten zu wählen. 3. Wenn die setzungsempfindlichen Schichten nicht durch eine „starre“ Schicht von unten begrenzt sind, so braucht man die Spannungen σ aus Oberflächenlast und die zugehörigen Stauchungen ε nur bis zu derjenigen Tiefe zu berücksichtigen, bei der σ auf ca. 20% der ursprünglichen Spannung σ0 infolge Bodeneigengewicht abgesunken ist (siehe Abb. 6.16). Die Berücksichtigung tieferer Schichten trägt nämlich kaum etwas zur Setzung s bei. 4. Man beachte, daß nach der Formel von S TEINBRENNER konstante Spannungsverteilungen berücksichtigt werden. Die tatsächliche Spannungsverteilung an der Fundamentsohle ist jedoch nicht konstant. Sie hängt von der Krafteinleitung durch Säulen und Wände, sowie von der Steifigkeit der Sohlplatte und des gesamten Bauwerks ab. Die Ermittlung dieser Verteilung stellt ein schwieriges Problem der „Bauwerk-Boden-Wechselwirkung“ dar. Als Grenzfall soll die Spannungsverteilung unterhalb eines starren Fundaments betrachtet werden (siehe Abb. 6.17).
86
6 Spannungen im Boden
Abb. 6.16. Bei der Setzungsberechnung werden nur Schichten bis zur Tiefe z0 berücksichtigt, bei der die Spannung aus Oberflächenlast (Zusatzspannung) ca. 20% der Vertikalspannung aus Bodeneigengewicht entspricht.
Abb. 6.17. Spannungsverteilung unterhalb eines starren Fundaments. Die Spannungsspitzen an den Rändern werden durch plastisches Fließen abgebaut.
6.6 Setzungsberechnung
87
Im Gegensatz dazu wird die konstante Spannungsverteilung durch ein sog. schlaffes Lastbündel realisiert. Dies ist ein Belastungskörper, der überhaupt keine Biegesteifigkeit hat (z.B. eine Sandschüttung). Man geht davon aus, daß die Setzung eines starren Fundaments ungefähr 75% der Setzung in der Mitte eines gleichgroßen schlaffen Lastbündels beträgt (siehe Abb. 6.18).
Abb. 6.18. Die Setzung eines starren Fundaments beträgt ca. 75% der Setzung in der Mitte eines schlaffen Lastbündels
5. Einen Überblick über übliche mittlere Sohlpressungen von Fundamenten vermittelt die Tabelle 6.1. Tabelle 6.1. Beispiele für Sohlpressungen mittlere Bodenpressung aus Eigengewicht g, Nutzlast p in kN/m2 Bauwerk g g+p 2-stöckiges Siedlungshaus 25-35 30-40 je Geschoß etwa 15-20 bei Verwendung von Leichtbeton je Geschoß etwa (Kel12 ler und Dach zählen zusammen als 1 Geschoß) 4-stöckiges Wohn- oder Bürohaus (massiv) 70-90 90-120 11-stöckiges Wohn- oder Bürohaus (Stahlskelett) 140 20-stöckiges Wohn- oder Bürohaus (Stahlskelett) 190 kleinere Lagerhäuser, 3-4 Stockwerke 100-120 150-180 mittlerer Getreidesilo 100 250 großer Getreidesilo 150 350 Brückenpfeiler 300-500 Schornstein 300 Wasserturm 300 Turm Neues Rathaus Berlin 300 Leuchtturm Unterweser 300 Alter Campanile San Marco 580 (100 kN/m2 = 1 kp/cm2 ; 1 MPa = 10 bar)
88
6 Spannungen im Boden
6. Für grobe Abschätzungen nimmt man oft an, daß sich die Spannung unter einem Winkel von beispielsweise 45◦ nach unten ausbreitet, siehe Abbildung 6.19. Diese Annahme ist inkonsistent, denn sie liefert unterschiedliche Spannungsver-
Abb. 6.19. Spannungsausbreitung unter 45◦
teilungen, wenn man die Belastungsfläche gedanklich unterteilt, siehe Abb. 6.20.
Abb. 6.20. Bei der Annahme einer Spannungsausbreitung unter einem festen Winkel hängt die Spannungsverteilung von einer evtl. Unterteilung der Belastungsfläche ab
7. Aufgrund des Näherungscharakters der Berechnung kann man nicht erwarten, daß die berechneten Setzungen exakt mit den gemessenen übereinstimmen.
6.7 Deformation bei eindimensionaler Kompression
89
Während bei normal bis leicht überkonsolidiertem Ton eine gute Übereinstimmung zu erwarten ist, können die gemessenen Setzungen bei Sand, Schluff und stark überkonsolidiertem Ton das 0,5 fache der berechneten Werte betragen. Bedingt durch die örtliche Variabilität der Bodeneigenschaften sollten Abweichungen zwischen den berechneten und den tatsächlichen Setzungen um bis zu einem Faktor 3 erwartet werden.5 8. Wird ein ungesättigter Boden geflutet, so kann er eine sog. Sättigungssetzung oder Sackung (collapse) erleiden.6 Diese ist auf den Wegfall der Kapillarkohäsion (s. Abschnitt 6.3 „Kohäsion“) zurückzuführen und ist umso größer je lockerer der Boden ist und je stärker die ursprünglichen Kapillarkräfte sind. Ein lockerer sandiger Kies kann eine Sackung von einigen Prozenten erleiden. Besonders anfällig hinsichtlich Sättigungssetzung ist Löß.7,8 9. Tonige Böden können sich auch durch Schrumpfen infolge Wasserentzug setzen9 (vgl. Abb. 4.7). Wird der tonige Boden nicht von einer kapillarbrechenden nichtbindigen Schicht überlagert, so erfolgt der Wasserentzug durch Sonneneinstrahlung und Austrocknung. Aber auch Bäume (insbesondere Laubbäume in niederschlagsarmen Perioden) können dem Untergrund bis in eine Tiefe von 6 m und einem Umkreis von bis zu 15 m erhebliche Wassermengen entziehen und so zu Schrumpfsetzungen führen.
6.7 Deformation bei eindimensionaler Kompression Die eindimensionale Kompression wird im Labor dadurch realisiert, daß man eine Bodenprobe in einem Gefäß mit unnachgiebigen seitlichen Wänden (sog. Ödometer) belastet (siehe Abb. 6.21). Beim Ödometer nach ROWE wird die Auflast hydraulisch aufgebracht (siehe Abb. 6.23).10 Die Bodenprobe kann auf zweierlei Weisen belastet werden, die im Prinzip das gleiche Resultat liefern: Entweder wird der Probe eine Kraft (bzw. Spannung) aufgeprägt, und man registriert die sich dabei einstellende Verschiebung (bzw. Dehnung), oder aber man prägt der Probe eine Verschiebung ∆h (bzw. Dehnung ∆h/h 0 ) auf 5 6 7
8 9
10
Siehe R. Lancellotta „Geotechnical Engineering“, Balkema, 1995, S. 376. Siehe auch A. Kézdi, Handbuch der Bodenmechanik, Band 1, S. 220, VEB Verlag für Bauwesen, Berlin, 1969. In Ground Engineering (Febr. 1998) wird berichtet, daß eine große sowjetische Fabrik für Atomreaktoren in Wolgodonsk auf Löß gegründet wurde. Als der Grundwasserspiegel infolge der Errichtung einer Staustufe anstieg (1983), stürzte die Fabrik ein, und es waren Menschenopfer zu beklagen. V. Feeser, St. Peth, A. Koch, Löß-Sackung, Ursachen - experimentelle Bestimmung Berechnung - Prevention. Geotechnik 24 (2001) Nr.2, 107-116. Siehe H. Prinz, Abriß der Ingenieurgeologie, 3. Auflage, S. 173, Enke-Verlag, Stuttgart 1997; sowie Chandler R. J., Crilly M.S., Montgomery-Smith G.: A low cost method of assessing clay desiccation for low-rise buildings, Proc. Inst. Civ. Engng, 92, 2, 1992. P.W. Rowe and L. Barden: A new consolidation cell, Géotechnique, Vol. 16, No. 2, 1966, 162-170.
90
6 Spannungen im Boden
Abb. 6.21. Ödometer (Prinzipskizze) zur Realisierung der eindimensionalen Kompression im Labor
Abb. 6.22. Ödometer
und registriert die sich dabei einstellende Kraft (bzw. Spannung). Die Belastung (σ oder ε) wird in kleinen Portionen aufgebracht, so daß man als Ergebnis des Versuchs eine Spannungsdehnungskurve erhält. In Bezug auf den Ödometerversuch wird diese Kurve auch „Druck-Setzungs-Kurve“ genannt. Es sind verschiedene Auftragungen möglich und üblich. Auf der Ordinate wird die Dehnung (Stauchung) ε 1 = ∆h/h0 traditionell nach unten aufgetragen. Alternativ zur Dehnung kann man auch die Porenzahl e auftragen. Diese ist mit der Dehnung ε = ∆h/h0 durch folgende Beziehung11 verknüpft: 11
Sie folgt aus ∆Vv = ∆hA und e0 = bestimmt.
Vv0 −∆Vv Vs
. A wird aus der Gleichung Vv0 +Vs = h0 A
6.7 Deformation bei eindimensionaler Kompression
91
Abb. 6.23. Ödometer nach ROWE
e = e0 − (1 + e0 )
∆h h0
(6.3)
.
Hierbei ist ∆h die Setzung der Probe (positiv im Falle einer Kompression), und e 0 ist die (zur Probenhöhe h0 gehörende) Anfangs-Porenzahl. Auf der Abszisse wird die Spannung σ entweder linear oder logarithmisch aufgetragen. In den Abbildungen 6.24 und 6.25 werden typische Druck-Setzungs-Kurven gezeigt. 0
ε1 [%]
-.5
-1.0
-1.5
-2.0
0
100
200
300
400
500
σ1 [kPa]
Abb. 6.24. Ergebnis eines Ödometerversuchs mit Sand
Aus diesen Abbildungen werden zwei wesentliche Aspekte des Formänderungsverhaltens des Bodens ersichtlich:
92
6 Spannungen im Boden
.55
e
.54
.53
.52
1
5
3
7
ln(σ1/σ0)
Abb. 6.25. Ergebnis eines Ödometerversuchs mit Sand (alternative Darstellung)
1. Die σ-ε-Kurve ist gekrümmt (d.h. nichtlinear). Dies bedeutet, daß zwischen σ und ε keine Proportionalität besteht. Infolgedessen hängt ein Dehnungsinkrement ∆ε nicht nur vom zugehörigen Spannungsinkrement ∆σ, sondern auch von der jeweiligen Ausgangsspannung σ0 ab (siehe Abb. 6.26).
Abb. 6.26. ∆ε hängt nicht nur von ∆σ, sondern auch von σ0 ab
Das Verhältnis ∆σ/∆ε wird als Steifemodul (oder Steifezahl) Es bezeichnet. Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, den Steifemodul Es als eine Bodenkonstante (analog zum Elastizitätsmodul elastischer Stoffe) anzusehen. Tatsächlich hängt
6.7 Deformation bei eindimensionaler Kompression
93
Es von σ0 und von ∆σ ab12 . Für die praktische Setzungsberechnung kann man die Beziehung zwischen σ und ε direkt aus einem ad hoc durchgeführten Ödometerversuch entnehmen. Oft ist es nützlich, einen analytischen Ausdruck für diese Beziehung zu haben. Man setzt hierzu
an und erhält daraus
(6.4)
dσ = −Cc−1 σde e = e0 − Cc ln
σ σ0
,
(6.5)
wobei e0 die zur Spannung σ0 zugehörige Porenzahl und Cc der sog. Kompressionsbeiwert ist. Mit Cc = const nimmt man also an, daß die Beziehung zwischen e und σ im halblogarithmischen Diagramm (d.h. bei einer Auftragung von e über ln σ) als Gerade dargestellt werden kann. Diese Annahme ist (für nicht allzugroße Spannungsbereiche) einigermaßen realistisch. Aus (6.3) und (6.4) erhält man folgende Beziehung für den Steifemodul (aufgefaßt als Tangentenmodul): Es =
1 + e0 σ Cc
.
Somit ist der Steifemodul Es direkt proportional zu σ. Oft wird auch davon ausgegangen, daß die Beziehung zwischen Es und σ durch ein Potenzgesetz (Es ∼ σ α ) wiedergegeben wird. 2. Bei Entlastung ist eine andere σ-ε-Kurve als für Belastung maßgebend (siehe Abb. 6.24). Dieser Sachverhalt konstituiert auch eine Nichtlinearität des Materialverhaltens, die noch viel gravierender als die erstgenannte Nichtlinearität (gekrümmte σ-ε-Kurve) ist. Diese sog. inkrementelle Nichtlinearität bedingt nämlich, daß man eigentlich die σ-ε-Kurve nicht einmal für kleine Spannungsbzw. Dehnungsinkremente linearisieren darf, da das Bodenverhalten von der Deformationsrichtung abhängt. Sie bedingt auch, daß im Boden nach vollständiger Entfernung der Spannung bleibende (sog. plastische) Verformungen verbleiben. Eine nähere Untersuchung der hiermit aufgeworfenen Problematik ist Gegenstand der sog. Plastizitätstheorie und soll hier nicht weiter verfolgt werden. Das Stoffverhalten bei Entlastung kann ebenfalls durch eine Gerade im e-ln σDiagramm dargestellt werden e = e0 − Cs ln
σ σ0
,
wobei Cs der sog. Schwellbeiwert ist. Einige typische Werte13 werden nachfolgend aufgeführt: 12
13
Der hier eingeführte Steifemodul Es ist ein sog. Sekantenmodul. Für ∆ε → 0 läßt er sich als sog. Tangentenmodul definieren: Es := lim∆ε→0 (∆σ/∆ε). Die Unterscheidung, ob Es als Tangenten- oder Sekantenmodul aufgefaßt wird, sollte aus dem jeweiligen Kontext erfolgen. Der Steifemodul Es als Tangentenmodul hängt nur noch von der Spannung σ0 ab. Aus G. Gudehus: Bodenmechanik, Enke-Verlag, Stuttgart, 1981.
94
6 Spannungen im Boden
Erdstoff Cc Cs Kiessand 0,001 0,0001 Feinsand, dicht 0,005 0,0005 Feinsand, locker 0,01 0,001 Grobschluff 0,02 0,002 toniger Schluff 0,03-0,06 0,01-0,02 Kaolin-Ton 0,1 0,03 Montmorillonit-Ton 0,5 0,4 Torf 1,0 0,3 3. Bei Wiederbelastung verhält sich das Material in etwa wie folgt. Solange die Spannung σ kleiner als die maximale Vorbelastung σv ist, erfolgt die Wiederbelastung entlang der Entlastungskurve (somit liegt also elastisches Verhalten vor), danach entlang der Fortsetzung der Erstbelastungskurve (siehe Abb. 6.27).
Abb. 6.27. Kompressionsdiagramm bei Erstbelastung, Entlastung und Wiederbelastung, (a) realistisch, (b) idealisiert
4. Das erwähnte elastische Verhalten bei Ent- und Wiederbelastung (solange σ < σv ist) gilt nur angenähert. Tatsächlich entsteht bei jedem Ent- und Wiederbelastungszyklus eine bleibende Setzung. Diese ist recht klein, akkumuliert sich aber bei großer Anzahl von Ent- und Wiederbelastungszyklen (sog. zyklische Belastung), wie aus Abbildung 6.28 ersichtlich ist. 5. Wie bereits erwähnt, wird beim Ödometerversuch die Belastung stufenweise aufgebracht. Bringt man die Spannung (Kraft) in Stufen auf, so stellt man fest, daß die Verformung nicht simultan mit der Spannung anwächst. Vielmehr kann die Verformung über einen langen Zeitraum nach der Lastaufbringung anwachsen (siehe Abschnitt „Konsolidierung“). 6. Es ist interessant zu verfolgen, wie sich die horizontale Spannung σh im Verlauf eines Kompressionsversuches (Ödometerversuches) entwickelt. Bei Erstbe-
6.7 Deformation bei eindimensionaler Kompression
95
Abb. 6.28. Kompressionsdiagramm bei zyklischer Belastung
lastung ist σh proportional zur Vertikalspannung σ: σh = K0 σ. Bei Entlastung nimmt die Horizontalspannung viel langsamer als die Vertikalspannung ab (siehe Abb. 6.29), es verbleibt also eine horizontale Verspannung im Boden. Diese Verspannung kann durch Vibrationen abgebaut werden.
Abb. 6.29. Spannungspfad bei eindimensionaler Kompression mit Be- und Entlastung
96
6 Spannungen im Boden
6.7.1 Beispiel einer Setzungsberechnung Zwei Türme sollen nebeneinander gebaut werden. Der Baugrund besteht aus Schluff (γ = 20 kN/m3 , e = 0, 52, Cc = 0, 02), die Gründungssohle liegt bei −2, 0 m unter GOK. Die mittlere Bodenpressung der Türme beträgt 340 kN/m2 . Gesucht ist die Setzungen der Punkte A und B. Lösung: Von der Gründungssohle zählt die Koordinate z nach unten, und von der Geländeoberkante zählt die Koordinate z 0 nach unten (z 0 = z +2 m). Zunächst untertei-
Abb. 6.30. Schichteinteilung zur Setzungsberechnung
len wir den Untergrund in einzelne Schichten, wie in Abb. 6.30 dargestellt. Durch die Herstellung der Türme erfährt die Gründungssohle (z 0 = 2 m) eine Zusatzbelastung von p = 340 kN/m2 − γz 0 = 340 − 20 · 2 = 300 kN/m2 . Die Spannung infolge dieser Zusatzbelastung wird mit wachsender Tiefe infolge Spannungsausbreitung abgemindert. Wir berechnen die Zusatzspannungen σz in verschiedenen Tiefen z unterhalb der Punkte A und B. Um die Formeln (bzw. Tafeln) von S TEINBRENNER zu benutzen, müssen wir Spannungen aus Rechteckbelastungen superponieren, die den
6.7 Deformation bei eindimensionaler Kompression
97
Tabelle 6.2. Schichteinteilung Schicht i 1 2 3 4 5 6
Tiefe Dicke Schichtmitte (m) di (m) bei z 0
Punkt A (bzw. B) als Eckpunkt haben. Um die Zusatzspannungen unterhalb von A und B zu bekommen, superponieren wir folgende Tabellen- bzw. Formelwerte: σz,A = Rechteck(ADEH) − Rechteck(ACFH) + Rechteck(ABGH)
σz,B = Rechteck(ABGH) + Rechteck(BDEG) − Rechteck(BCFG)
Um z.B. die Zusatzspannung unter dem Punkt A in der Tiefe z = 5, 0 m zu finden, geht man mit z/b = 5/8 = 0, 625 und a/b = 2, 5 in die Formel (bzw. Tabelle) und erhält den Abminderungsfaktor 0,232 für die Spannung. Ebenso folgt für a/b = 1, 5 Abminderungsfaktor = 0,229 und a/b = 1 0,220. Damit wird σz,A (z = 5, 0 m) = 300 · (0, 232 − 0, 229 + 0, 220) = 67, 0 kN/m2 Auf gleiche Weise erhält man für die Zusatzspannung unter dem Punkt B: z/b = 0, 625; a/b = 1 0, 220 a/b = 1, 5 0, 229 z/b = 1, 25; a/b = 2 0, 177 Für b wird immer die kleinere Seite des Rechtecks genommen, d.h. : σz,B (z = 5, 0 m) = 300 · (0, 220 + 0, 229 − 0, 177) = 81, 5 kN/m2 Man beachte, daß unmittelbar unterhalb des Fundamentes (z = 0) die Zusatzspannung σz,A (z = 0) = σz,B (z = 0) =
1 · 300 = 75 kN/m2 4
beträgt. Wir berechnen so die Zusatzspannungen σz,A und σz,B jeweils in Schichtmitte:
98
6 Spannungen im Boden
i 1 2 3 4 5 6
z (m) σz,A (kN/m2 ) σz,B (kN/m2 ) 1,0 74,9 75,3 3,0 72,7 79,3 5,0 67,0 81,5 8,0 55,2 74,6 12,0 41,2 57,9 18,0 27,6 37,2
Ferner berechnen wir die Ausgangsspannung σ0 = γ · z in den Schichtmitten. Daraus folgt 14 der jeweilige Steifemodul Es = σ0
1+e Cc
und die Setzung (Zusammendrückung) si jeder Teilschicht mit der Dicke di si = di ε = di i 1 2 3 4 5 6
σ0 60 100 140 200 280 400
σz Es
Es di σz,A 4560 2,0 74,9 7600 2,0 72,7 10640 2,0 67,0 15200 4,0 55,2 21280 4,0 41,2 30400 8,0 27,6 Summe
.
σz,B 75,3 79,3 81,5 74,6 57,9 37,2
sA 3,3 1,9 1,3 1,5 0,8 0,7 9,4
sB 3,3 2,1 1,5 2,0 1,1 1,0 11,0
In der Tabelle sind die Spannungen σ0 , σz und der Steifemodul Es in kN/m2 , die Schichtdicke d in m und die Setzung s in cm angegeben. Es kommt zu einer leichten Verkippung der Türme (vgl. Holsten-Tor in Lübeck). Mit feinerer Schichtunterteilung steigt die Berechnungsgenauigkeit, dies ist jedoch unangemessen, da die Eingangsdaten infolge der Bodeninhomogenität mit großen Streuungen behaftet sind. Schichten in größerer Tiefe braucht man nicht zu betrachten, da sie zur Setzung kaum beitragen. Die Grenztiefe befindet sich dort, wo σz ≈ 0, 2 · γz wird.
6.8 Effektive Spannungen Im Hinblick auf wassergesättigten Boden muß man berücksichtigen, daß ein Teil der aufgeprägten äußeren Lasten vom Porenwasserdruck aufgenommen werden kann. 14
Da die σ-ε-Kurve aus dem Ödometerversuch nichtlinear ist, sollte man die Steifezahl zu einem geeigneten Mittelwert zwischen σ0 und σ0 + ∆σ auswerten. Wertet man Es bei der Ausgangsspannung σ0 aus, so überschätzt man die Setzung. Dieser Fehler wird umso geringer, je kleiner die Schichtdicke ist.
6.8 Effektive Spannungen
99
Dieser wird, je nach Dränagemöglichkeit, mit der Zeit abgebaut (siehe Abschnitt „Konsolidierung“). Um diesen Sachverhalt etwas näher zu untersuchen, wollen wir eine undränierte Probe betrachten, die durch das abgeschlossene Gefäß der Abb. 6.31 dargestellt werden soll.
Abb. 6.31. Zur Erläuterung der effektiven Spannungen
Das Korngerüst möge dabei durch eine Feder dargestellt werden. Sowohl das Wasser (Porenwasser), als auch die Feder (Korngerüst) mögen für sich inkompressibel sein, d.h. ihr Volumen soll bei einer Druckveränderung konstant bleiben. Solange der Hahn zu ist (d.h. Dränage ist nicht möglich) kann die Feder (Korngerüst) eine äußere Belastung nicht „merken“. Denn, damit die Feder eine Kraft aufnimmt, muß sie sich deformieren, was aber wegen der fehlenden Dränage nicht möglich ist (das Wasser kann nicht entweichen). Wir sehen also, daß bei geschlossener Dränage die äußere Belastung σ = F/A gleich dem Porenwasserdruck p sein muß. Öffnen wir die Dränage, so kann das Wasser allmählich entweichen, die Feder kann sich deformieren und somit Last aufnehmen. Die Differenz σ − p muß jetzt von der Feder (d.h. vom Korngerüst) aufgenommen werden und heißt effektive (oder wirksame) Spannung σ : σ = σ − p
.
σ = σ + p
.
Man kann auch sagen, daß die totale Spannung σ in effektive Spannung σ und Porenwasserdruck p aufgespalten wird: In tensorieller Form lautet die Aufspaltung (6.6) wie folgt: ⎛ ⎞ ⎛ ⎛ ⎞ ⎞ σxz σxx σxy σxz σxx σxy p 0 0 ⎠+⎝ ⎝ σyx σyy σyz ⎠ = ⎝ σyx σyy σyz 0 p 0⎠ σzx σzy σzz σzx σzy σzz 0 0 p
(6.6)
.
(6.7)
100
6 Spannungen im Boden
Bei der Beziehung 6.7 wurde berücksichtigt, daß der Porenwasserdruck ein hydrostatischer Druck ist. Mit der Indexschreibweise läßt sich die Beziehung 6.7 in der Form σij = σij + pδij darstellen. Bei dieser Schreibweise wird vorausgesetzt, daß der Porenwasserdruck p (der oft mit dem Buchstaben u symbolisiert wird) dieselbe Vorzeichenkonvention wie die Spannungen σij und σij hat. Vielfach werden Kompressionsspannungen als negativ und Kompressionsdrücke im Porenfluid als positiv angesetzt. Dann muß man schreiben: σij = σij − pδij . Die aus der Abb. 6.31 gewonnene Aussage läßt sich nun zum sog. Prinzip der effektiven Spannungen verallgemeinern, welches besagt, daß für eine Verformung bzw. für die Festigkeit einer Probe nur die effektive Spannung σ und nicht der Porenwasserdruck p zuständig ist. Das Prinzip der effektiven Spannung wurde von T ERZAGHI eingeführt, der es wie folgt beschrieben hat: Die Spannungen in jedem Punkt einer Schnittfläche durch eine Bodenmasse können berechnet werden aus den Hauptwerten σ1 , σ2 und σ3 der totalen Spannungen, die an diesem Punkt wirken. Wenn die Poren mit Wasser gefüllt sind, das unter einem Druck p steht, dann bestehen die totalen Hauptspannungen aus zwei Anteilen. Der eine Anteil, p, wirkt im Wasser und in den Körnern und hat den gleichen Betrag in jeder Richtung. Er heißt die neutrale Spannung (neutral stress) oder Porenwasserdruck (pore water pressure). Der verbleibende Anteil σ1 = σ1 − p, σ2 = σ2 − p, σ3 = σ3 − p repräsentiert den Überschuß über den Porenwasserdruck und ist ausschließlich im Korngerüst angesiedelt. Dieser Anteil der totalen Hauptspannungen nennt man die effektiven Hauptspannungen (effective principal stress) . . . . Eine Änderung der neutralen Spannung p ruft praktisch keine Volumenänderung hervor und hat praktisch keinen Einfluß auf die Spannungsbedingung des Bruchs . . . Poröse Stoffe (wie Sand, Ton und Beton) reagieren auf eine Änderung von p so, als ob sie inkompressibel wären und als ob sie keine innere Reibung hätten. Alle meßbaren Effekte einer Spannungsänderung, wie Kompression, Gestaltänderung und Änderung des Scherwiderstandes sind ausschließlich Folgen einer Änderung der wirksamen Spannung σ1 , σ2 und σ3 . Somit benötigt man für die Standsicherheitsuntersuchung eines gesättigten Bodenkörpers die Kenntnis sowohl der totalen als auch der neutralen Spannung. Das Prinzip der effektiven Spannung hat eine enorme Bedeutung für die Bodenmechanik. Nichtsdestotrotz darf man nicht verkennen, daß es eine Erfahrungstatsache und keinen allgemeinen Lehrsatz darstellt. Wegen des Prinzips der effektiven Spannung muß man bei wassergesättigten Böden immer zwischen totalen und effektiven Spannungen unterscheiden. Zur Vereinfachung des Schriftbildes wird jedoch oft der Strich weggelassen, wenn aus dem Kontext klar hervorgeht, daß die effektive Spannung gemeint ist, oder wenn sich die Ausführungen auf trockenen Boden beziehen (wegen p ≡ 0 ist dort σ ≡ σ ). Wir wollen jetzt die Gleichgewichtsbedingung in einem gesättigten Boden betrachten. Bilanziert man die Kräfte, die an einem Quader mit den Kantenlängen dx, dy und dz angreifen (siehe Abb. 6.32), so erhält man (falls die Spannungen σ x , σy , σz
6.8 Effektive Spannungen
101
Hauptspannungen sind, und die positive z-Richtung nach unten weist) in vertikaler Richtung ∂σz = γr ∂z
,
∂σx =0 ∂x
.
und in horizontaler Richtung
Abb. 6.32. Kräftebilanz an einem Elementarquader
Setzt man nun die Beziehung 6.7 ein, so erhält man ∂σz ∂p = γr − ∂z ∂z
,
∂σx ∂p =− ∂x ∂x
Falls das Grundwasser nicht strömt, ist ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ 0 ∂p/∂x ⎠ ⎝ ⎝ ∇p = ∂p/∂y = 0 ⎠ γw ∂p/∂z
.
.
(6.8)
(6.9)
Somit ist
∂σz = γr − γw ∂z
.
γ := γr − γw wird als Auftriebsraumgewicht (submerged unit weight) bezeichnet.
102
6 Spannungen im Boden
Wir betrachten jetzt den allgemeinen Fall mit strömendem Grundwasser. Um die Gleichung h = p/γw + z verwenden zu können, müssen wir die positive z-Richtung nach oben legen. Demnach lautet in der Gleichgewichtsgleichung 3 ∂σij
∂xj
j=1
(6.10)
= γi
die Volumenkraft infolge Gewicht:
⎛
⎞ 0 γi = ⎝ 0 ⎠ −γr
.
+ pδij ein, wobei δij = 1 für Nun führen wir in (6.10) die Beziehung σij = σij i = j und sonst δij = 0 ist: 3 ∂σij j=1
∂xj
+
∂p = γi . ∂xi
(6.11)
Aus h = p/γw + z folgt p = γw (h − z). Somit folgt aus (6.11) 3 ∂σij j=1
∂xj
+ γw
∂h ∂z − γw = γi . ∂xi ∂xi
⎛ ⎞ 0 ∂z ist der Vektor ⎝ 0 ⎠ . Somit folgt ∂xi 1
⎞ 0 ∂h ⎝ ⎠. = −γw − 0 ∂xj ∂xi γr − γw
3 ∂σij j=1
⎛
D.h., wenn man die Gleichgewichtsbedingungen mit Hilfe von effektiven Spannungen ausdrückt, so tritt nebst der nach unten gerichteten Volumenkraft γ = γr − γw ∂h die zusätzliche Volumenkraft −γw = −γw ∆h = γw i auf. Dies ist die sog. ∂xi Strömungskraft. Sie wirkt in Richtung der Grundwasserströmung und ist nur bei Betrachtung von effektiven Spannungen zu berücksichtigen. 6.8.1 Hydraulischer Grundbruch Eine nach oben gerichtete Grundwasserströmung bzw. Strömungskraft kann einen sog. hydraulischen Grundbruch verursachen, bei welchem der Boden nach oben aufgewirbelt wird und seinen Zusammenhang verliert. Der hydraulische Grundbruch kann dann auftreten, wenn der Porenwasserdruck größer als die vertikale Totalspannung ist: p ≥ σz . Diese Betrachtung ist eindimensional, d.h. es wird angenommen, daß die o.g. Bedingung über eine große Fläche im Grundriss herrscht, so daß Schubspannungen σxz vernachlässigt werden können.
6.8 Effektive Spannungen
6.8.2
103
Prinzip der effektiven Spannungen
Obwohl von grundlegender Bedeutung für die Bodenmechanik, bereiten das Prinzip der effektiven Spannung und seine Voraussetzungen immer noch Verständnisschwierigkeiten, die sich in einer reichhaltigen Literatur niederschlagen. 15 In logischer Hinsicht kann man auf zwei Weisen vorgehen. Entweder man definiert die effektive Spannung σ durch die Gleichung σ := σ − p und weist nachher nach (etwa aufgrund von Versuchen), daß die Verformung des Bodens allein durch σ beeinflußt wird, oder man definiert die effektive Spannung σ als diejenige Spannung, die für das Formänderungs- und Festigkeitsverhalten des Bodens maßgebend ist. Offensichtlich ist σ = F (σ, p). Da für p = 0 auch σ = σ gelten muß, ist der Ansatz σ = σ − ηp sinnvoll. Es bleibt dann, den Wert von η aus Versuchen oder aus sonstigen Überlegungen festzulegen bzw. zu klären, unter welchen Bedingungen η = 1 gilt. Dieser Fall konstituiert das herkömmliche Prinzip der effektiven Spannungen, das weniger ein Prinzip als vielmehr eine Aussage mit Stoffgesetzcharakter ist. Nachfolgend wird gezeigt, daß das Prinzip der effektiven Spannungen (d.h. η = 1) gilt, falls man die Körner als inkompressibel ansehen darf, d.h. falls ihre Volumenänderung infolge einer Änderung des umgebenden hydrostatischen Drucks (d.h. Porendrucks) vernachlässigbar ist. Dabei spielt die Kompressibilität des Porenfluids keine Rolle. Der Einfachheit halber werden die Indizes beim Spannungstensor augelassen. In einem Korngerüst mit der Porosität n beträgt der Volumen- bzw. Flächenanteil der Körner 1 − n und derjenige der Poren n. Sei die totale Spannung σ und der Porendruck p.16 Wir führen jetzt die Größen σs und pf ein. σs ist die Partialspannung im Korngerüst, d.h. diejenige Spannung, die durch das Korngerüst übertragen wird (pro Einheits-Querschnittsfläche des Bodens), und pf ist der Partialdruck des Porenfluids, d.h. derjenige Druckanteil, der durch das Porenfluid übertragen wird (pro Einheits-Querschnittsfläche des Bodens). Offensichtlich ist pf = np , so daß aus σ = σs + pf folgt σs = σ − np .
Wenn im Porenfluid der Druck p herrscht und wenn dieses Fluid das betrachtete Korngerüst von überall her umschließt, so herrscht derselbe Druck auch in jedem Korn. Pro Einheits-Querschnittsfläche wird also der Druck p übertragen. Davon überträgt das Korngerüst den Anteil (1 − n)p. Ist das Korn inkompressibel, so hat dieser Anteil keinen Einfluß auf das Einzelkorn und folglich auch auf das Korngerüst 15
16
Siehe z.B. P.V. Lade, R. de Boer, The concept of effective stress for soil, concrete and rock, Géotechnique 47, 1 (1997), 61-78, sowie F. Oka, Validity and limits of the effective stress concept in geomechanics, Mechanics of Cohesive-Frictional Materials, 1, 1996, 219-234. p und σ werden hier bei Kompression als positiv angesetzt.
104
6 Spannungen im Boden
(d.h. er kann keine Arbeit leisten), so daß nur die Differenz σs − (1 − n)p = σ − p = σ für die Verformung des Korngerüstes maßgebend ist. Man sieht also, daß für den Fall „Körner inkompressibel“ η = 1 gilt. Insofern gilt dies auch für den Sonderfall „Körner inkompressibel und Porenfluid inkompressibel“. Übrigens können auch Tonpartikel als inkompressibel angesehen werden, da die Gültigkeit des Prinzips der effektiven Spannungen auch für Ton nachgewiesen worden ist. 17 Oft wird als eine notwendige Bedingung für die Gültigkeit des Prinzips der effektiven Spannungen aufgeführt, daß die Kornkontaktflächen verschwindend klein sein müssen. Wir haben aber gesehen, daß bei inkompressiblen Körnern eine Erhöhung des Porendrucks keine Deformation des Korngerüstes hervorruft, und dies unabhängig von der Größe der Kornkontaktflächen. Allerdings muß man hinzufügen, daß bei nicht vernachlässigbaren Kornkontaktflächen eine Änderung des Porendrucks die von Korn zu Korn übertragenen Kräfte beeinflußt. Die hiermit verknüpfte makroskopische Spannungsänderung leistet zwar keine Deformation, kann aber die Scherfestigkeit des Korngerüstes beeinflussen. Tatsächlich wird beobachtet, daß eine Erhöhung des Porendrucks eine geringfügige Erhöhung der Festigkeit(σ1 − σ2 )max nach sich zieht.18 Bei undränierten Verhältnissen gilt für den Fall „Körner inkompressibel und Porenfluid kompressibel“ das Prinzip der effektiven Spannungen (d.h. η = 1) nach wie vor, man braucht aber jetzt eine Beziehung, die festlegt, wie sich eine aufgebrachte totale Spannung ∆σ auf das Porenfluid und auf das Korngerüst aufteilt. Ein kompressibles Porenfluid liegt dann vor, wenn das Porenwasser Luftblasen (was sehr oft vorkommt) oder Erdgasblasen enthält. Sei κ die Kompressibilität des Porenfluids und Vp das Porenvolumen. Dann ist ∆Vp = −κVp ∆p. Die Änderung der Porenzahl e beträgt bei Vs =const (Vs =Kornvolumen): ∆e =
∆Vp κVp ∆p = = −κe∆p . Vs Vs
(6.12)
∆σ σ
(6.13)
Andererseits ist ∆e = −Cc
.
Gleichsetzen von (6.12) und (6.13) liefert ∆σ = ∆p bzw. folgt dann ∆σ = 1 + σCκe c ∆p = B∆σ
mit
B=
σ κe Cc ∆p.
1+
1 σ κe Cc
.
Aus ∆σ = ∆σ + ∆p
(6.14)
Der B-Faktor wurde von S KEMPTON eingeführt. Für inkompressibles Porenfluid (d.h. κ = 0) ist B = 1. 17 18
L. Rendulic: Ein Grundgesetz der Tonmechanik und sein experimenteller Beweis. Der Bauingenieur, 18. Jahrgang, 31/32, 459-467, 1937. Siehe A.W. Skempton, Effective stress in soils, concrete and rock. Proceed. Conf. on Pore Pressure and Suction in Soils, Butterworth, 1960, S. 4-16.
6.8 Effektive Spannungen
105
Mit Hilfe von Gleichung (6.14) kann man den Porendruckaufbau berechnen, den ein Belastungszyklus (d.h. Belastung mit ∆σ und anschließende Entlastung mit −∆σ) erzeugt.19 Wir dürfen dabei σ und e näherungsweise als konstant ansehen. Bei Entlastung muß man allerdings Cc durch Cs (< Cc ) ersetzen, wobei Cs der Schwellbeiwert ist. Man erhält
∆p =
19
Cc − Cs >0 . Cc Cs /(σ κe) + Cc + Cs + σ κe
(6.15)
I. Vardoulakis, Compression-induced liquefaction of water-saturated granular media. In: Constitutive Laws for Engineering Materials, C.S. Desai et al., Editors, Elsevier, 1987, 647-656.
7
Ungesättigte Böden
Bei ungesättigten Böden ist das Porenvolumen teils mit Wasser und teils mit Luft belegt. Seien αs der Volumenanteil der Feststoffe (solids), αw der Volumenanteil des Wassers und αa der Volumenanteil der Luft (air), so ist bei αa > 0 der Sättigungsw grad S := αwα+α < 1. Die Forschung auf dem Gebiet der ungesättigten Böden ist a zur Zeit intensiv, wohl auch wegen der vielen Berührungspunkte zur physikalischen Chemie und der noch offenen Fragen. Bisher erlauben jedoch die erzielten Ergebnisse kaum eine Anwendung in der geotechnischen Praxis.
7.1 Kapillarität Die Kapillarität wird durch Phänomene an der Oberfläche der einzelnen Phasen bedingt. Bei Flüssigkeiten und kohäsiven Feststoffen erfahren die Partikel am Rand eine nichtverschwindende Resultierende der molekularen Kohäsionskräfte (siehe Abb. 7.1), der Rand spielt also energetisch eine herausragende Rolle.
Abb. 7.1. Molekulare Kohäsionskräfte im Inneren und am Rand
Die diversen physikalischen Größen (wie z.B. Dichte) ändern sich beim Durchschreiten des Randes nicht abrupt, sondern kontinuierlich, der Rand ist also ein dünner
108
7
Ungesättigte Böden
Übergangsbereich. Faßt man hingegen den Rand als eine diskrete Fläche auf, so muß man ihn doch als eigene Phase betrachten, die (nach G IBBS) zwar kein Volumen, jedoch eine Energie hat:1 Die Änderung der freien Energie F eines Fluids mit Rand wird gegeben durch: dF = −SdT − pdV + γdA
.
Hierbei sind S die Entropie, T die Temperatur, p der Druck, V das Volumen, A der Flächeninhalt des Rands und γ die Ober- bzw. Grenzflächenspannung der betrachteten Flüssigkeit in Bezug auf die angrenzende Phase. γ kann auch aufgefaßt werden als spezifische freie Oberflächenenergie. Faßt man die Oberfläche als dünne Membran auf, so ist γ die Membranzugspannung. Ist die Grenzfläche Teil einer Kugel mit dem Radius r, so gilt die Gleichung von L APLACE , welche den Druckunterschied ∆pkap zwischen den beiden Phasen angibt: ∆pkap =
2γ r
.
(7.1)
Man beachte, daß 2γ/r eine Druckdifferenz ist. Der Überdruck ∆p kap herrscht in der konvexen Phase, dementsprechend herrscht in der konkaven Phase ein relativer Unterdruck. Z.B. herrscht in einem Wassertropfen mit einem Durchmesser von 1 µm ein Überdruck von ca. 3 bar. In der Bodenmechanik ist γ die Oberflächenspannung für Grenzflächen zwischen Luft und Wasser.2 Die Beziehung (7.1) bedingt, daß im Boden Wasserdruck und Luftdruck weder gleich noch unabhängig voneinander sind, sondern stets um den Betrag ∆pkap differieren. Ist der Luftdruck gleich dem atmosphärischen Druck, so ist der Wasserdruck pw = 1atm − ∆pkap , es herrscht also im Wasser ein Unterdruck, d.h. eine Saugspannung.3 Daher heißt ∆pkap ≡ pa − pw die Saugspannung des Korngerüsts bzw. Kapillarsaugspannung (matrix suction). Führt man einen Schnitt durch eine Luftblase im Wasser (siehe Abb. 7.2), so sieht man, daß Gleichgewicht nur dann herzustellen ist, wenn man die Oberflächenspannung γ berücksichtigt. Geschlossene Luftblasen machen sich also in der gesamten Spannungsbilanz nicht bemerkbar. Dies dürfte nicht nur für Luftblasen im Wasser, sondern auch für beliebig geformte Lufteinschlüsse in einem Korngerüst gelten. Man beachte, daß reines Wasser hohe Saugspannungen aufnehmen kann. Eigentlich aber sollte eine Flüssigkeit beim Erreichen des Dampfdrucks verdampfen (sog. Kavitation), so daß große Zugspannungen gar nicht auftreten dürften. Allerdings setzt Kavitation das Vorhandensein von Verdampfungskeimen voraus. Die Wahrscheinlichkeit hierfür nimmt mit kleiner werdendem Volumen ab, so daß in kleinen Flüs1 2
3
Besondere Vorsicht ist daher bei der Mischungstheorie geboten, wo man üblicherweise die diversen physikalischen Größen über die Phasenvolumina mittelt. γ ist temperaturabhängig, γ ≈ γ ∗ (1 − T /Tkrit )n , so daß für Tkrit γ = 0 gilt. Ferner muß man bei sehr kleinen Radien (r < 10−7 cm) die Beziehung γ ≈ γ0 (1 + const/r) berücksichtigen. Übliche Druckeinheiten sind cm bzw. m Wassersäule (WS), Pa = N/m2 , psi = lb/in2 , pF = ln(cmWS), bar, atm. Es gilt 100 kPa = 1 bar = 14, 5 psi = pF 3 ≈ 1 m WS. Auf mittlerer Seehöhe ist 1 atm = 101, 3 kPa ≈ 1 bar.
7.2 Osmotische Saugspannung
109
pw γ
pa
γ
Abb. 7.2. γ wirkt wie eine Membranspannung
sigkeitsbereichen Zugspannungen bis zur Größenordnung der sog. molekularen Zerreißfestigkeit auftreten können. Letztere dürfte für Wasser von 20 ◦ C die Größenordnung von 1.000 bar haben. In Gleichung (7.1) is r der Radius der kugelförmigen Grenzfläche zwischen Luft und Wasser. Für allgemeine Flächen ist (7.1) zu ersetzen durch kap ∆p = γ 1/r1 + 1/r2 ,
wobei r1 und r2 die Radien von zwei sich am betrachteten Punkt senkrecht schneidenden Schmiegkreisen sind. Für Kapillaren mit Kreisquerschnitt ergibt sich r aus dem Radius r0 der Kapillaren und dem Randwinkel δ (siehe Abb. 7.3). Letzterer stellt eine Materialeigenschaft dar und ergibt sich aus den Oberflächenspannungen γaw , γas , γws (die Indizes geben die sich jeweils berührenden Phasen an) nach der Gleichung von YOUNG: cosδ =
γas − γws . γaw
Eigentlich hängt δ von vielen Faktoren ab4 , so daß die Gleichung von YOUNG nur für einen einfachen Sonderfall gilt. Wie aus Abb. 7.3 ersichtlich, ergibt sich r aus: r = r0 /cosδ . Diese Beziehung gilt aber nur für dünne Kapillaren.5 Für poröse Haufwerke ist r lediglich ein Mittelwert, der die geometrischen und materiellen Eigenschaften des Korngerüstes (in Bezug auf Wasser und Luft) widerspiegelt.
7.2 Osmotische Saugspannung Abgesehen von der Kapillarsaugspannung gibt es in einem wassergesättigten oder -ungesättigten Korngerüst eine weitere Saugspannung, falls das Porenwasser gelöste 4 5
H. Schubert, Kapillarität in porösen Feststoffsystemen, Springer 1982, Abschn. 2.3.2. H. Schubert, Kapillarität in porösen Feststoffsystemen, Springer 1982, Abschn. 4.3.2.
110
7
Ungesättigte Böden
r δ
r0
Abb. 7.3. Flüssigkeitsmeniskus in einer Kapillaren
Salze enthält (was in der Natur immer der Fall ist). Steht das salzhaltige Porenwasser mit einem Reservoir in Kontakt, das Wasser geringerer Salzkonzentration enthält, so wird das sauberere Wasser in den Porenraum hineingesogen. Die hiermit verknüpfte Saugspannung wird als osmotisch bezeichnet. Die gelösten Salze diffundieren allmählich in das ’saubere’ Wasser hinein6 , solange aber Konzentrationsunterschiede existieren, bleibt die osmotische Saugspannung bestehen. Der osmotische Druck posm wird durch das Gesetz von VAN ’ T H OFF wiedergegeben: posm · V = n · R · T . Hierbei ist n die Anzahl der Mole in der Lösung. Der osmotische Druck ist also gleich dem Druck, den die gelöste Substanz als Gas nach Entfernung des Lösungsmittels bei gleichen Werten von V und T ausüben würde.
7.3 Filter Besonders subtil ist bei gesättigten und ungesättigten Böden die Frage nach den Randbedingungen: Wird die totale Randspannung vorgegeben, dann ist es unklar, wie sie sich auf das Korngerüst und die Porenphasen aufteilt. Wird hingegen der Luftdruck vorgegeben, so wird auch der Porenwasserdruck (versetzt um den Betrag ∆pkap nach der L APLACE -Gleichung) verändert.7 Wie soll man aber gezielt auf den 6 7
sofern sie nicht daran gehindert werden, etwa durch elektrische Felder an den Oberflächen der Feststoffpartikel. Auf diesem Sachverhalt beruht die sog. axis translation technique: Der Luftdruck wird solange erhöht, bis auch der Wasserdruck in den positiven Bereich kommt und dadurch mit üblichen Druckaufnehmern gemessen werden kann.
7.4 Dampfdruck
111
Luftdruck bzw. den Wasserdruck einwirken? Man bedient sich der sog. Filtersteine, die nur für Porenfluide (Luft und Wasser), jedoch nicht für Körner durchlässig sind. Insofern stellen sie für die Körner eine kinematische Randbedingung dar, während sie es erlauben, den Porenfluiden statische Randbedingungen aufzuerlegen. Zudem sind Grenzflächen von Filtersteinen nur bedingt durchlässig: Grenzt ein wassergesättigter Filterstein gegen ein gröberes ungesättigtes Korngerüst oder gegen Luft an, so wird ein Überdruck in der Luft kein Verdrängen des Wassers aus dem Filterstein bewirken, solange der Überdruck kleiner als der sog. Lufteintrittswert (air entry value oder bubbling pressure) ist.8 Umgekehrt wird ein Überdruck des Wassers am Filterstein kein Ausströmen der Luft bewirken, solange er kleiner als der o.g. Schwellenwert ist.9 Will man nun den Unterdruck im Porenwasser (d.h. die kapillare Saugspannung) mit einem Druckaufnehmer messen, dessen Meßprinzip auf der Aufwölbung einer Membran und deren elektronischen Aufzeichnung beruht, so muß man dafür sorgen, daß die Membran nur von Wasser beaufschlagt wird. Dies erreicht man durch das Vorlagern eines wassergesättigten Filtersteines mit hohem Lufteintrittswert (Abb. 23.7). Die Sättigung des Filtersteins erreicht man durch Lagern unter hohem Wasserdruck. Die hiermit beschriebene Meßmethode braucht eine Ansprechzeit von nur wenigen Minuten und kann sowohl im Labor als auch im Feld eingesetzt werden. Eine Meßmethode der kapillaren Saugspannung im Labor stellt die sog. Druckplatte dar (pressure plate, ceramic plate), siehe Abb. 7.4.10 Sie basiert auf der sog. axis translation technique, d.h. der Luftdruck wird so lange gesteigert, bis im Wasser atmosphärischer Druck herrscht.
7.4 Dampfdruck Sowohl Osmose (bzw. osmotische Saugspannung) als auch Kapillarität (bzw. kapillare Saugspannung) beeinflussen den Dampfdruck, d.h. denjenigen Partialdruck des Dampfes, bei dem sich thermodynamisches Gleichgewicht zwischen Verdampfung und Kondensation einstellt. Um die maßgebenden physikalischen Effekte zu verstehen, betrachten wir Abb. 7.5. Bild 1 stellt eine mit Wasser gefüllte Schale in einem geschlossenen Raum dar. Nach Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts stellt sich im Gefäß der Dampfdruck des Wassers ein, d.h. die verdunstende Wassermenge steht im Gleichgewicht zur kondensierenden Wassermenge. Jetzt stellen wir in das Gefäß eine zweite Schale hinein, welche eine konzentrierte Salzlösung enthält. Das gelöste Salz erniedrigt den Dampfdruck, d.h. daß beim vorgegebenen Dampfdruck mehr Wassermoleküle in die Salzlösung hineinkondensieren 8 9 10
Dies läßt sich mit der Gleichung von Laplace erklären: Haben die Poren des Filters den Durchmesser r, so beträgt der Lufteintrittswert, d.h. der erforderliche Luftüberdruck 2γ/r . Darauf beruht das Prinzip der sog. Kapillarsperre, die zur Oberflächenabdichtung von Deponien herangezogen wird. A.M. Ridley and Wray W.K., Suction measurement: A review of current theory and practices. In: Alonso and Delage, editors, Unsaturated Soils, Volume 3, 1293-1322. Balkema, 1996.
112
7
Ungesättigte Böden Bodenprobe
p
Luft
. .... .. . ...... .. .... .. . .. . ............. . ...... ... .. .
Filterstein
Wasser
Abb. 7.4. Druckplatte (Prinzip) 1
2
3
4
5
6
Abb. 7.5. Wasserabsaugung durch Dampfdruckerniedrigung (“kapillare Kondensation“)
als sie verdampfen (wegen der osmotischen Saugspannung ist die Salzlösung ’begierig’ nach Wasser). Im thermodynamischen Gleichgewicht stellt sich ein niedrigerer Dampfdruck ein, wobei das Wasser aus der ersten Schale verdunstet und in die zweite hineinwandert (Prinzip des Exsikkators). Der Dampfdruck des salzigen Wassers pv ist kleiner als der Dampfdruck des reinen Wassers p0v . Nach dem Gesetz von R AOULT ist das Verhältnis pv /p0v gleich dem Molenbruch11 νH2 O des Wassers. Mit der Dampfdruckerniedrigung geht eine Siedepunkterhöhung einher, die proportional zum Molenbruch des gelösten Stoffes ist. 11
Der Molenbruch (oder Stoffmengenanteil) gibt die Anzahl der Teilchen ni einer bestimmten Substanz i in Bezug auf die gesamte Teilchenanzahl an n : ν = ni /n. 1 Mol aus jeder Substanz enthält L Teilchen, wobei L die L OSCHMIDTsche Zahl ist (L = 6, 025 · 1023 ). 1 Mol Wasser hat die Masse mH2 O = 18, 02 g, mO2 = 32, 0 g, mLuf t = 28, 95 g, mCO2 = 44, 01 g. Mischt man die Substanz i (Masse Mi ) mit der Substanz j (Masse j), so ist der Molenbruch von i νi = Mi /mi (Mi /mi + Mj /mj ) .
7.5 Messung der Saugspannung
113
Genauso wie eine Salzlösung vermag auch eine durch Oberflächenspannung gekrümmte Wasser-Luft-Grenzfläche den Dampfdruck zu erniedrigen (Wassermoleküle haben es schwerer, durch eine gekrümmte Oberfläche aus einem konvex gekrümmten Wasserbereich heraus zu verdampfen). Eine Kapillare bzw. ein poröser Stoff zapft also das Wasser aus der Schale (wie in den Bildern 4 bis 6 der Abbildung 7.5 dargestellt) ab. In beiden Fällen entsteht durch die Verdampfung des Wassers in der Schale Kälte, die gemessen werden kann. Auf diesem Prinzip beruht die Messung der Saugspannung mit sog. Psychrometern, welche die Verdampfungskälte messen. Die theoretische Grundlage hierfür stellt die K ELVIN Gleichung dar, welche das Verhältnis des infolge Kapillarität und/oder Osmose erniedrigten Dampfdrucks p v zum Dampfdruck p0v (ohne Kapillarität bzw. Osmose) in Beziehung zur Saugspannung ∆ptot setzt: ln(p0v /pv ) = v∆ptot /(RT ).
(7.2)
Hierbei sind v das Molvolumen des Wassers, R die Gaskonstante und T die absolute Temperatur. Für Wasser von 20◦ C vereinfacht sich Gleichung (7.2) zu ∆ptot (KN/m2 ) = −135.055 ln
p . p0
p/p0 ist übrigens identisch zur relativen Feuchtigkeit (relative humidity). Man beachte, daß die totale Saugspannung ∆ptot sich aus der kapillaren und der osmotischen Saugspannung zusammensetzt: ∆ptot = ∆pkap + ∆posm .
7.5 Messung der Saugspannung Mißt man die Saugspannung über dem Dampfdruck, so mißt man immer ∆p tot , während Aufnehmer, die in direktem Kontakt zum Wasser stehen, die kapillare Saugspannung ∆pkap messen. Eine Übersicht von Meßverfahren der Saugspannung findet sich bei R IDLEY und W RAY 12 , woraus auch die Tabelle 7.1 entnommen wurde. Psychrometer stehen in Kontakt zur Bodenluft und messen die relative Feuchtigkeit und somit (über Gleichung 7.2) die totale Saugspannung. Man läßt ein Wassertröpfchen verdampfen und mißt die damit verknüpfte Temperaturerniedrigung. Diese korreliert mit dem Dampfdruck des Porenwassers d.h. mit der relativen Feuchtigkeit der Porenluft. Über eine entsprechende Eichung (welche mit Salzlösungen vorgenommen wird) kann aus der Temperaturerniedrigung die relative Feuchtigkeit bestimmt werden. Die Temperaturmessung erfolgt mit Thermistoren, das sind wärmeempfindliche elektrische Widerstände. Es können hierfür auch Transistoren eingesetzt werden. 12
A.M. Ridley and Wray W.K. Suction measurement: A review of current theory and practices. In Alonso and Delage, editors, Unsaturated Soils, volume 3, 1293-1322. Balkema, 1996.
114
7
Ungesättigte Böden
Thermoelementen (thermocouples): Das Meßverfahren beruht auf der thermoelektrischen Spannung (S EEBECK , P ELTIER ). Elektronen halten sich in verschiedenen Metallen mit unterschiedlicher ’Vorliebe’ auf. Bringt man zwei unterschiedliche Metalle in Kontakt, so baut sich (infolge des o.g. Effekts) eine temperaturabhängige elektrische Spannung zwischen ihnen auf. Werden zwei solche Kontakte unterschiedlichen Temperaturen ausgesetzt, so fließt ein Strom, welcher indikativ für den Temperaturunterschied ist. Filterpapier: Man bringt ein Filterpapier entweder in Kontakt oder in Nähe des feuchten Bodens. Das Filterpapier saugt (entweder direkt oder über die Dampfphase) Wasser vom Boden ab. Der Wassergehalt des Filterpapiers im thermodynamischen Gleichgewicht ist indikativ für die Saugspannung des Bodens. Letztere kann über eine entsprechende Eichung mit einem mittleren Fehler von 20 % bestimmt werden. Poröser Block (porous block): Der elektrische Widerstand eines porösen Blocks hängt von seinem Wassergehalt ab. Wird dieser Block im Kontakt zum Boden gebracht, so saugt er so lange von ihm Wasser ab, bis sich im Block dieselbe Kapillarsaugspannung wie im Boden eingestellt hat. Tensiometer: Das Wasser im Tensiometer steht über einen Filterstein in Kontakt zum Porenwasser. Der Druck (Sog) im Wasser kann nach verschiedenen Verfahren gemessen werden, z.B. mit einem Druckaufnehmer auf Membranbasis. Druck- bzw. Saugplatten (pressure and suction plates): Das Meßprinzip ist genau daßelbe wie beim Tensiometer.
7.6 Transport von Wasser und Luft in ungesättigten Böden 7.6.1 Diffusiver Transport Wasser und Luft können über Diffusion innerhalb der jeweils anderen Phase wandern. Betrachten wir z.B. eine wassergesättigte Bodenprobe, die seitlich undurchlässig eingefaßt ist: Wenn sie oben und unten mit Luft unterschiedlichen Druckes (der den Lufteintrittswert nicht übersteigt) beaufschlagt wird, so setzt ein diffusiver Lufttransport durch das Porenwasser ein. Ebenso wird Dampf durch die Porenluft diffundieren, falls der Gradient des Dampfdrucks nicht verschwindet. Grenzt ein Gas (z.B. Luft) an eine Flüssigkeit (z.B. Wasser), so dringt ein Teil des Gases in gelöster Form in die Flüssigkeit ein. Der (Dampf)druck des Gases p ist dann proportional zum Molenbruch ν des gelösten Gases (Gesetz von H ENRY): p = Kν. Die temperaturabhängige Stoffkonstante K heißt die H ENRYsche Konstante:13
13
Peter W. Atkins, Physikalische Chemie, Verlag Chemie, 1990.
7.6 Transport von Wasser und Luft in ungesättigten Böden
115
Tabelle 7.1. Meßverfahren für Saugspannungen Gerät
Modus
Bereich (kPa)
Thermoelement total 100 - 7.500 Psychrometer Thermistor / Transistor total 100 - 71.000 Psychrometer Filterpapier Matrix30 - 30.000 (berührend) saugspannung Filterpapier total 400 - 30.000 (nicht berührend) Matrixporöser Block 30 - 3.000 saugspannung Messung der Matrix0 - 300 Wärmeleitfähigkeit saugspannung MatrixSaugplatte 0 - 90 saugspannung MatrixDruckplatte 0 - 1.500 saugspannung Standard Matrix0 - 100 Tensiometer saugspannung osmotisches Matrix0 - 1.500 Tensiometer saugspannung Imperial College Matrix0 - 1.800 Tensiometer saugspannung
Stoff H2 N2 O2 CO2
ungefähre Zeit zur Einstellung von Gleichgewicht Minuten Minuten 7 Tage 7 - 14 Tage Wochen Wochen Stunden Stunden Minuten Stunden Minuten
K (mbar) 7, 12 · 107 8, 68 · 107 4, 40 · 107 1, 67 · 106
7.6.2 Luftströmung Sobald der Luftdruck den Lufteintrittswert übersteigt, dringt Luft (als eigene Phase, d.h. mit eigenem Volumenanteil) in einen ursprünglich wassergesättigten Boden ein. Dabei ist die Luftfront keine glatte Fläche, sondern hat eine fraktale Form: Da breite Poren einen kleineren Lufteintrittswert haben, wird zunächst aus ihnen Porenwasser durch Luft verdrängt. Mehrere Fragen ergeben sich in diesem Zusammenhang: •
Bilden sich nach dem Eindringen der Luft (d.h. bei S = 1 − ε, wobei die positive Zahl ε beliebig klein ist) durchgängige Kanäle, so daß sich ein stationärer Luftstrom durch die Probe einstellen kann?
116
• •
7
Ungesättigte Böden
Ist der sich einstellende Sättigungsgrad konstant über die Probenhöhe verteilt? Gibt es einen Lufttransport, der nicht durch Luftströmung in durchgängigen Kanälen, sondern durch Wanderung von Luftbläschen bewerkstelligt wird?
Für Luftströmung durch einen ungesättigten Boden mit durchgehenden Luftkanälen setzt man das Gesetz von DARCY an: va = const · ∇pa . Berücksichtigung der Luftkompressibilität (etwa pa = κγa für adiabatische Kompression) führt zur sog. porous media equation ∂a − const · ∆(γ+1 )=0 a ∂t
.
7.6.3 Wasserströmung In diesem Abschnitt werden Saugspannungen als Drücke bezeichnet. Es wird dabei vorausgesetzt, daß sie mit dem jeweils richtigen Vorzeichen eingesetzt werden. Nun sind Kapillardruck und osmotischer Druck echte Drücke, die zum ”herkömmlichen” hydrostatischen Druck p addiert werden. Die Energiehöhe lautet also:14 h=z+
1 (p + pkap + posm ) γw
(7.3)
bzw. h = z + hp , wobei hp die Druckhöhe (pressure head) ist. Es liegt nahe, das Gesetz von DARCY auch für die nach Gleichung 7.3 definierte Energiehöhe h anzusetzen. Man muß allerdings berücksichtigen, daß der hydraulische Radius (= benetzte Kornoberfläche/Wasservolumen) und somit auch der Durchlässigkeitskoeffizient k vom Sättigungsgrad abhängen. Die im DARCY Gesetz v = −k∇h erwähnte Filtergeschwindigkeit wird als die Wassergeschwindigkeit, gemittelt über die gesamte Schnittfläche, aufgefaßt. Die Filtergeschwindigkeit v stellt also den volumetrischen Wasserdurchfluß (volumetric water flux) in m/s dar. Im Hinblick auf ungesättigte Böden ist der hydrostatische Wasserdruck p bzw. die ihn bestimmende Gleichung dp = −γw dz fraglich: Ist die Wassersäule unterbrochen, so baut sich kein hydrostatischer Wasserdruck auf. Offensichtlich muß der Sättigungsgrad S ein Mindestmaß Smin überschreiten, damit die Gleichung dp = −γw dz anwendbar ist. Oft wird auf den sog. volumetrischen Wassergehalt θ := Vw /V Bezug genommen. Offensichtlich ist θ = nS, wobei n die Porosität ist. Mit v = −k∇h und div v = −∂θ/∂t folgt:15 div(k∇h) =
∂θ ∂t
.
(7.4)
Aus (3) folgt ∇h = ez + ∇hp , wobei ez der Einheitsvektor in z-Richtung ist.16 14 15 16
Die Geschwindigkeitshöhe wird, wie üblich, vernachlässigt. Diese Gleichung wird auf Richards zurückgeführt. Setzt man die Diffusionsbeziehung v = D∇θ mit θ = θ(hp ) an, so ist ∇θ = folgt dann aus (7.4) die Fokker-Planck-Gleichung:
dθ ∇hp . dhp
Es
7.7 Kapillardruckkurve
117
7.7 Kapillardruckkurve Wir betrachten (stellvertretend für das Korngerüst des Bodens) eine einzige wassergefüllte Kapillare mit dem Radius r0 . Wir betrachten darin Luftblasen mit verschieden großen Radien rb (siehe Abb. 7.6). Offensichtlich kann die Beziehung
Abb. 7.6. Luftblasen verschiedenen Durchmessers in einer Kapillare
∆p = 2γ/rb nur für rb ≤ r0 gelten. Trägt man ∆p über den Sättigungsgrad der Kapillare auf, so erhält man die in Abb. 7.7 gezeigte Kurve). Nun ist das Porensystem eines Bodens (in einem bestimmten Verdichtungszustand) eine Kollektion aus Kapillaren, die stark variierende Durchmesser haben und miteinander verbunden sind. Im Sinne einer makroskopisch-phänomenologischen Betrachtung hat es dann keinen Sinn, von einzelnen Luftbläschen zu sprechen, denn man betrachtet alle drei Phasen (Bodenkörner, Wasser und Luft) als gleichmäßig im Raum verteilt („verschmiert“). Die sog. Kapillardruckkurve ∆p(S) gibt dann ein gemitteltes Maß für den Druckunterschied zwischen der Luft- und der Wasserphase in Abhängigkeit vom Sättigungsgrad an. Die üblichen experimentellen Verfahren zur Bestimmung der Kapillardruckkurve eines Korngerüstes beruhen auf der Verdrängung entweder der Luft oder des Wassers aus dem Porenraum durch Anwendung von Druck auf den Probenrand. Der steile Anstieg ∆pe der Entfeuchtungskurve beruht auf der Tatsache, daß die Luft erst dann durch eine Öffnung (Pore) des Durchmessers d = 2r passieren kann, wenn der Luftüberdruck den Wert ∆pe = 2γ/r (Eintrittskapillardruck, air entry value oder bubbling pressure) erreicht hat. ∂k dθ + div k ∇hp ∂z dhp
!
=
∂θ . ∂t
118
7
Ungesättigte Böden
Abb. 7.7. Beziehung zwischen dem Bläschenüberdruck ∆p und dem Sättigungsgrad für eine Kapillare.
Abb. 7.8. Be- und Entfeuchtungskurven, Sr = Restsättigungsgrad
7.8 Effektive Spannungen in ungesättigten Böden Wenn für Deformation und Festigkeit des Korngerüsts die sog. effektive Spannung maßgebend sein soll, so muß man sich fragen, wie diese Spannung für ungesättigte Böden definiert sein soll. Rein formal17 erhält man den über das Porenvolumen bzw. über eine zufällige Querschnittsfläche im Porenbereich gemittelten Porendruck p = (1 − S)pa + Spw ,
17
Durch Mittelung über die Porenfläche in einem beliebigen Querschnitt und Verwendung des Satzes von Delesse, wonach Volumenporosität = Flächenporosität ist.
7.8 Effektive Spannungen in ungesättigten Böden
119
wobei pa der Luftdruck und pw der Wasserdruck sind. Hält man an der für wassergesättigte Böden eingeführten Definiton der effektiven Spannung im o.g. Sinn fest (was keineswegs zwingend ist), so erhält man18 σ = σ − p = σ − (1 − S)pa − Spw = σ − pa + S(pa − pw ).
(7.5)
Drucknormalspannungen sind hier positiv einzusetzen, dementsprechend sind Saugspannungen negativ. pa − pw ist die totale Saugspannung. Anstelle von (7.3) hat B ISHOP die Beziehung vorgeschlagen σ = σ − pa + χ · (pa − pw ),
0 ≤ χ ≤ 1,
wobei χ eine Funktion von S sein soll.19 Es gibt auch andere Ansätze für eine effektive Spannung, aber es herrscht noch Unklarheit, ob und wie eine effektive Spannung für ungesättigte Böden eingeführt werden sollte bzw. wie die Spannungen σ, p a , pw das Korngerüst beeinflussen. Eine der begrifflichen Schwierigkeiten erwächst aus dem Umstand, daß die Saugspannung bei S = 1 als Oberflächenlast wirkt und ganz andere Auswirkungen auf ein Korngerüst hat als bei S < 1, wo die Saugspannung als innere Spannung wirkt und das Korngerüst verfestigt. Dies kann man ganz deutlich anhand des Schrumpfversuchs sehen: Solange der Wassergehalt w größer als die Schrumpfgrenze ws ist, bewirkt ein Anwachsen der Saugspannung (welche auf die Randmenisken des Bodens wirkt) eine erhebliche Volumenverkleinerung des Korngerüsts. Nach dem Farbumschlag (d.h. bei w < ws ) bewirkt ein weiteres Anwachsen der Saugspannung kaum eine Volumenverkleinerung des Korngerüstes.
18 19
Einfachheitshalber werden keine Indizes angeschrieben. Für S = 1 bekommt man mit χ = 1 die herkömmliche Definition der effektiven Spannung. Dies gilt auch für trockenen Boden, falls χ(S = 0) = 0 gesetzt wird. Offensichtlich erfüllen die Ansätze χ = S und χ = S(2 − S) (Gudehus) diese Forderung.
8 Scherfestigkeit
Mit Ausnahme von hydrostatischen Spannungszuständen treten bei jedem Spannungszustand Schubspannungen auf. Bei Spannungszuständen mit der Darstellung ⎛
⎞ σ1 0 0 ⎝ 0 σ2 0 ⎠ 0 0 σ3
verschwinden zwar die Komponenten außerhalb der Hauptdiagonalen, welche Schubspannungen darstellen. Dies hängt jedoch lediglich mit der Wahl des Koordinatensystems zusammen. Sofern σ1 = σ2 = σ3 ist, lassen sich immer Koordinatensysteme finden, bezüglich derer die Schubspannungen nicht verschwinden. Nun ist bei der Geotechnik von größter Wichtigkeit die Tatsache, daß in Boden (sowie Fels und alle anderen Materialien) Schub- und Zugspannungen nicht beliebig anwachsen können. Vielmehr sind die realisierbaren Spannungszustände durch eine Bedingung beschränkt. Diese Bedingung ist eine algebraische Gleichung, welche die Spannungskomponenten miteinander verknüpft und „Grenzbedingung“ oder „Bruchbedingung“ bzw. „Fließbedingung“ genannt wird. Der letztere Name weist auf die Art hin, in der sich ein Material dem Anwachsen der Spannungen jenseits der Grenzbedingung entzieht: es verformt sich bei konstanten Spannungen. Dies wird auch (plastisches) Fließen genannt. Es sind verschiedene Fließbedingungen vorgeschlagen worden, die für einzelne Stoffe mehr oder weniger gut zutreffen. Eine spezielle Fließbedingung besagt, daß Fließen einsetzt, wenn die Schubspannungen einen bestimmten Wert, die sog. Scherfestigkeit, erreichen. In diesem Fall ist die Scherfestigkeit eine materialtypische Konstante. Es gibt aber auch Stoffe, die einer anderen Fließbedingung gehorchen, welche besagt, daß Fließen einsetzt, wenn das Verhältnis von Schubspannung zu Normalspannung (bezogen beide auf eine Schnittfläche) einen bestimmten Wert erreicht. Die hiermit verknüpfte Schubspannung wird auch „Scherfestigkeit“ genannt. Sie ist aber in diesem Fall keine materialtypische Konstante.
122
8 Scherfestigkeit
8.1 Reibung zwischen starren Körpern Wir betrachten einen starren Körper, der auf horizontalem Untergrund liegt (siehe Abb. 8.1). Die Normalkraft (herrührend aus Eigengewicht und eventueller Auflast),
Abb. 8.1. Körper auf starrer Unterlage
mit der der Körper auf seine Unterlage wirkt, sei N . Man kann auf diesen Körper eine Schubkraft T aufbringen. Der Körper wird solange nicht wegrutschen, wie T kleiner als ein Grenzwert Tf ist. Tf ist proportional zur Normalkraft N : Tf = µN
.
Meist setzt man µ = tan ϕ an und führt somit den sog. Reibungswinkel ϕ ein. ϕ definiert den sog. Reibungskegel, und davon ausgehend sagt man, daß, solange sich die Resultierende aus T und N innerhalb des Reibungskegels befindet, kein Wegrutschen (bzw. Gleiten) des Körpers stattfindet. Man unterscheidet somit folgende Fälle: Haften: T < N tan ϕ Gleiten: T = N tan ϕ Man beachte, daß beim hier betrachteten quasistatischen Vorgang der Fall T > N tan ϕ gar nicht realisierbar ist1 . Wir halten also fest, daß einer einwirkenden Schubkraft T eine Reibungskraft R entgegenwirkt, die höchstens N tan ϕ betragen kann. Trotz aller Einfachheit ist die Reibung mit einigen Besonderheiten behaftet. Im Gegensatz zum Gewicht (das immer da ist), wird die Reibungskraft erst durch eine 1
Sofern man auch Beschleunigungen in die Betrachtung einschließt, bewirkt (im Falle T > Tf ) die Überschußkraft T − N tan ϕ eine Beschleunigung des Körpers.
8.2 Innere Reibung
123
einwirkende Schubkraft T mobilisiert und verschwindet, wenn die Schubkraft T verschwindet. Insbesondere liegt die Richtung der Reibungskraft nicht a priori fest, sondern ist immer der einwirkenden Kraft T entgegengesetzt. Dies macht sich z.B. dann bemerkbar, wenn der Körper auf einer schiefen Ebene liegt (siehe Abb. 8.2). Der
Abb. 8.2. Körper auf schiefer Ebene
Neigungswinkel β soll hier größer als der Reibungswinkel ϕ sein. Dann ist die Reibungskraft R = N tan ϕ = G cos β tan ϕ kleiner als die Tangentialkomponente T des Gewichtes G: G cos β tan ϕ < G sin β R
.
T
Somit kann der Körper nicht ohne Stützung an der schiefen Ebene haften und rutscht ab. Die erforderliche Stützkraft ist E = T − R, wenn man das Herabgleiten gerade noch verhindern will (Fall a in Abb. 8.2). Will man hingegen den Körper nach oben schieben, so muß man sowohl die Gewichtskomponente G sin β als auch die Reibung R (die sich nunmehr von oben nach unten einstellt) überwinden (Fall b in Abb. 8.2). Man muß also die Kraft E = T + R aufbringen. Da im Fall (a) das Gewicht aktiv nach unten schiebt, während im Fall (b) das Gewicht sich passiv gegen das Hochschieben stellt, bezeichnet man den Fall (a) als „aktiv“ und den Fall (b) als „passiv“. Die an einem Körper angreifende Normal- und Tangentialkraft N und T definieren durch ihr Verhältnis T /N die (Kraft)Neigung, die oft durch den sog. mobilisierten Reibungswinkel ϕm := arctan(T /N ) angegeben wird. Die aus T und N resultierende Kraft muß im Inneren des „Reibungskegels“ (siehe Abb. 8.3) liegen, was durch die Bedingung ϕm ≤ ϕ beschrieben wird.
8.2 Innere Reibung Sog. kohäsionslose Böden beziehen ihre Scherfestigkeit aus der inneren Reibung. Dies bedeutet, daß für jede beliebige Schnittebene das Verhältnis von Schub- und Normalspannung beschränkt sein muß:
124
8 Scherfestigkeit
Abb. 8.3. Reibungskegel und mobilisierter Reibungswinkel
τ ≤ tan ϕ σn
.
ϕ heißt „Winkel der inneren Reibung“ oder kurz „Reibungswinkel“. Der Sachverhalt kann anhand des M OHRschen Diagramms besonders deutlich dargestellt werden. Wie aus Abbildung 8.4 ersichtlich, kann man für jede beliebig orientierte Schnittebene die darauf wirkenden Schub- und Normalspannungen τ und σ n aus dem M OHRschen Diagramm entnehmen.
Abb. 8.4. Spannungsneigung im M OHRschen Diagramm
Die maximale (Spannungs)Neigung ϕm ergibt sich bei zwei bestimmten Schnittebenen und erscheint im M OHRschen Diagramm als die Neigung der Tangenten, die
8.2 Innere Reibung
125
vom Ursprung an den M OHRschen Kreis gelegt werden. Sobald also der M OHRsche Kreis die um den Winkel ϕ geneigte Gerade 0A (die sog. Grenzgerade) tangiert, gibt es zwei Schnittebenen, auf denen die Spannungsneigung (bzw. der mobilisierte Reibungswinkel) den Reibungswinkel erreicht. Die auf diesen Ebenen wirkende Schubspannung τ hat ihr Maximum, nämlich die Scherfestigkeit τ f erreicht. Daher heißen diese Ebenen Gleitebenen (slip planes). Im betrachteten Material kann es keinen M OHRschen Kreis (bzw. keinen Spannungszustand) geben, der die Gerade 0A (bzw. 0A0 ) schneidet. Letzteres würde nämlich bedeuten, daß es Schnittebenen gäbe, auf denen τ > σn tan ϕ gelten würde. Ein Spannungszustand, dessen M OHRscher Kreis die um den Winkel ϕ geneigte Gerade 0A tangiert (siehe Abb. 8.5) heißt ein Grenzspannungszustand. Alle im betrachteten Material realisierbaren (einstellbaren) Spannungszustände liegen (als M OHRsche Kreise) innerhalb des von den Geraden 0A und 0A 0 begrenzten Bereiches.
Abb. 8.5. Grenzspannungszustand und erlaubter Bereich im M OHRschen Bereich
Wir wollen einen Grenzspannungszustand etwas näher betrachten. Möge der Pol P die in Abbildung 8.6 eingetragene Lage haben. Dies bedeutet, daß die Gleitebenen die Richtung der Geraden PA und PB haben. Das Gleiten (bzw. der Bruch) ereignet sich also in Richtung dieser Geraden. Maßgebend für den Bruch ist also das Maximum des Verhältnisses von τ /σn und nicht etwa das Maximum von τ (das sich auf einer Schnittebene mit der Richtung PC ereignet). Betrachten wir nun die zum Grenzspannungszustand gehörenden Hauptspannungen σ 1 und σ2 . Der M OHRsche Kreis hat den Mittelpunkt bei σ = (σ1 + σ2 )/2 und den Radius (σ1 − σ2 )/2. Aus sin ϕ = BM/OM folgt dann
126
8 Scherfestigkeit
Abb. 8.6. Grenzspannungszustand mit Hauptspannungen σ1 und σ2
σ1 − σ2 = sin ϕ σ1 + σ2
,
(8.1)
1 + sin ϕ σ1 = σ2 1 − sin ϕ
.
(8.2)
bzw.
Das Bruchkriterium nach M OHR besagt, daß der Bruch (bzw. Gleiten) eintritt, sobald die Bedingung τ = σn tan ϕ auf irgendeiner Schnittebene eintritt, oder wenn die Hauptspannungen σ1 und σ2 die Bedingungen (8.1) bzw. (8.2) erfüllen. Man kann es auch so formulieren: Der Bruch tritt ein, wenn der M OHRsche Kreis die Grenzgerade OA tangiert. Dabei ist hier unter „Bruch“ bzw. „Versagen“ gemeint, daß das Material unfähig ist, eine weitere Steigerung der Schubspannung zu ertragen. Der betrachtete Körper läßt sich dann bei konstanter Spannung weiter deformieren bzw. teilt sich in zwei Hälften auf, die sich entlang einer Gleitebene gegeneinander verschieben. Es sei angemerkt, daß der hier besprochene Winkel der inneren Reibung nichts mit dem Reibungswinkel zu tun hat, der für den Kontakt zweier Bodenkörner (mikroskopisch betrachtet) maßgebend ist.
8.3 Kohäsion Bei Stoffen mit innerer Reibung resultiert die Scherfestigkeit aus der effektiven Normalspannung. Diese wiederum ist eine Folge von äußeren Einwirkungen in der Gestalt von Oberflächenlasten bzw. Massenkräften auf den betrachteten Körper. Es gibt aber auch Feststoffe, die eine Scherfestigkeit besitzen, ohne daß sie durch eine äußere Last belastet werden. Deren Scherfestigkeit (die man „Kohäsion“ nennt) kann
8.3 Kohäsion
127
als Folge von inneren Spannungen (auch „Binnendruck“ genannt) angesehen werden, die ohne äußere Einwirkung die einzelnen Körner gegeneinander pressen. Dies ist der Fall bei unterkühlten Flüssigkeiten wie z.B. Stahl. Aus der ursprünglichen Schmelze wurden dort durch Abkühlung nach und nach Kristalle gebildet. Deren Schrumpfen erzeugt eine riesige innere Spannung. Eine weitere Quelle von innerer Spannung ist die Kapillarität (siehe Abb. 8.7). Bei
Abb. 8.7. Innere Spannung durch Kapillarität
unvollständiger Sättigung stellen sich Wassermenisken in den Porenzwickeln zwischen benachbarten Körnern ein. Diese Menisken bewirken durch die Oberflächenspannung, daß beide Körner gegeneinander gedrückt werden. 2 Die so erzeugte Normalspannung kann dann über die Reibung eine Scherfestigkeit erzeugen (sog. Kapillarkohäsion oder scheinbare Kohäsion). Die Kapillarkohäsion verschwindet, sobald die Bodenprobe entweder austrocknet (w = 0) oder voll gesättigt wird (w = w max ). Deshalb heißt sie „scheinbar“. Auch bei einigen Tonen (die man dispersiv nennt) ist die Kohäsion eine Kapillarkohäsion und verschwindet, mehr oder weniger schnell, bei Wasserzutritt. Bei anderen Tonen wiederum ist die Kohäsion beständig bei Wasserzutritt. Sie ist eine Folge der elektrochemischen Anziehung der einzelnen Körner zueinander. Die Anwendung der M OHRschen Bruchtheorie bei Feststoffen wie Beton und Stahl ist vielleicht nicht exakt, jedoch instruktiv. Wir können z.B. die einaxiale Druck- und Zugfestigkeit (σd und σz ) von Beton im M OHRschen Diagramm eintragen (siehe Abb. 8.8). Es ergeben sich so zwei Kreise, deren gemeinsame Tangenten (Bruchgeraden) die σ-Achse am Punkt A schneiden. Dessen Abstand vom Ursprung 0 entspricht der inneren Spannung, die als hydrostatischer Druck angenommen wird. Dieser Druck wird zu den von außen aufgebrachten Spannungen addiert. Dieselbe Betrachtung läßt sich im Prinzip für die Druck- und Zugfestigkeit von Stahl anwenden. Da die 2
Siehe auch Kapitel „Teilgesättigte Böden".
128
8 Scherfestigkeit
Abb. 8.8. M OHR sche Kreise für Betonfestigkeit
Zugfestigkeit von Stahl nur geringfügig kleiner als seine Druckfestigkeit ist, ergibt sich hierfür ein viel größerer innerer Druck pi und ein viel kleinerer Reibungswinkel (siehe Abb. 8.9).
Abb. 8.9. M OHR sches Diagramm für Stahlfestigkeit
Die wichtigsten Laborversuche zur Ermittlung der Scherfestigkeit von Böden sind der Rahmenscherversuch und der Triaxialversuch. Darüber hinaus gibt es einige weitere Versuche, wie den Kreisring-Scherversuch, den Biaxialversuch, den „echten“ Triaxialversuch, die Laborflügelsonde u.a., die hier nicht behandelt werden.
8.4 Der Rahmenscherversuch
129
8.4 Der Rahmenscherversuch Der Rahmenscherversuch (direct shear test) stammt von K REY und A. C ASAGRAN DE . Das Versuchsgerät besteht aus einem Kasten (shear box). Der Kasten besteht aus zwei Rahmen, die aufeinandergestellt sind, und dient zur Aufnahme der Bodenprobe.
Abb. 8.10. Prinzipskizze des Rahmenscherversuchs. Die Schubkraft T wirkt in der Ebene der Scherfuge, damit sie kein Kippmoment erzeugt.
Diese befindet sich je zur Hälfte im oberen und unteren Rahmen. Eine vertikale Normalkraft N bewirkt einen Druck auf die Ebene, die die beiden Rahmen trennt. In dieser Ebene wird eine horizontale Kraft T auf einen der Rahmen aufgebracht, die schließlich den Bruch herbeiführt. Diese Scherkraft T wird allmählich gesteigert und bewirkt so eine Relativverschiebung (Scherweg) zwischen beiden Rahmen. Der bewegliche Rahmen (meist der untere) wird auf einem Schlitten geführt. Der unbewegte Rahmen wird durch einen metallischen Arm festgehalten, und die Kraft, die hierzu erforderlich ist, wird über einen Kraftmeßring oder eine Kraftmeßdose abgelesen. Die Vertikallast wird durch Gewichte über ein Joch aufgebracht. Oberhalb und unterhalb der Probe liegen Filtersteine, durch welche Wasser aus der Probe entweichen kann. Der Scherweg wird über einen Wegaufnehmer abgelesen, und die Zu- bzw. Abnahme der Probendicke während des Abschervorganges wird über einen vertikalen Wegaufnehmer registriert. Für die Versuchsdurchführung gibt es zwei Varianten. Der Versuch kann weggesteuert (strain controlled, man gibt den Scherweg vor und registriert die dabei entstehende Scherkraft) oder kraftgesteuert (stress controlled, man gibt die Kraft vor und registriert den Scherweg) durchgeführt werden. Es gibt verschiedene Ausführungen des Rahmenschergerätes. Alle sollen garantieren, daß die aufgebrachte Normalkraft auf die Scherfläche der Probe wirkt und daß
130
8 Scherfestigkeit
Abb. 8.11. Stand zur Durchführung von Rahmenscherversuchen
die Probe ihre Dicke frei verändern kann. Bei einigen verbesserten Versionen sorgt man dafür, daß die Kopfplatte nicht verkippen kann, sondern parallel geführt wird. Abbildung 8.12 zeigt typische Versuchsergebnisse für dichten und lockeren Sand. Die dabei verwendeten Spannungen τ und σ ergeben sich aus den Kräften T und N , die auf die Scherfläche bezogen werden.
Abb. 8.12. Ergebnisse eines Rahmenscherversuchs mit lockerem und dichtem Sand
8.5 Der Triaxialversuch
131
8.5 Der Triaxialversuch Die Bodenprobe ist hier zylindrisch und ihre Manteloberfläche wird durch eine Gummimembran bedeckt. Oben und unten wird sie durch je eine Endplatte begrenzt. Die so ausgestattete Probe befindet sich in einer Zelle, in der ein Flüssigkeitsdruck aufgebracht wird. Dadurch wird die Probe in einen hydrostatischen Spannungszustand versetzt. Der Bruch wird über eine axiale Belastung herbeigeführt, die über einen vertikalen Kolben aufgebracht wird. Somit ist die kleinste Hauptspannung σ 2 = σ3 auf der Probe gleich dem Flüssigkeitsdruck, während sich die größte Hauptspannung σ1 aus dem Flüssigkeitsdruck und der Axialkraft ergibt. Üblicherweise ist die Probe wassergesättigt, so daß ihre Volumenänderung über die Menge des ausgequetschten Wassers gemessen wird. Die axiale Belastung kann weg- oder kraftgesteuert aufgebracht werden3 . Die übliche Versuchsdurchführung besteht darin, die Axialspannung σ1 bis zum Bruch zu erhöhen und die Seitenspannung konstant zu halten (sog. triaxialer Kompressionsversuch oder konventioneller Triaxialversuch). Optisch manifestiert sich der Bruch durch eine Scherfuge (bei dichten Proben) oder durch eine Ausbauchung (bei lockeren Proben), siehe Abbildung 8.13.
Abb. 8.13. Bruchformen dichter (links) und lockerer (rechts) Proben im triaxialen Kompressionsversuch
Eine seltene Variante ist, σ3 konstant zu halten und σ1 bis zum Bruch zu reduzieren (sog. triaxialer Extensionsversuch). Um die Vorgänge bei einer schnellen Deformation eines wassergesättigten Bodenkörpers zu simulieren, wenn also das Porenwasser 3
In den meisten bodenmechanischen Labors hat sich für den Triaxialversuch die Wegsteuerung eingebürgert. Es wird gemeinhin angenommen, daß weg- und kraftgesteuerte Versuche dieselbe Spannungs-Dehnungs-Linie (bis zum Peak) ergeben. di Prisco und Imposimato (Experimental analysis and theoretical interpretation of triaxial load controlled loose specimen collapses. Mechanics of Cohesive-Frictional Materials, Vol. 2, S. 93-120, 1997) weisen jedoch darauf hin, daß bei kraftgesteuerten Versuchen die Probe erheblich früher versagen kann.
132
8 Scherfestigkeit
Abb. 8.14. Triaxialprobe vor (links) und nach (rechts) dem Abscheren
keine Zeit hat zu entweichen, wird der triaxiale Kompressionsversuch bei konstantem Probenvolumen durchgeführt. Dies erreicht man entweder durch permanente Regulierung des Seitendrucks σ3 , oder aber dadurch, daß man die Dränageleitungen abschließt (sog. undränierter Versuch). Das Ergebnis eines dränierten Triaxialversuches sind zwei Kurven (siehe Abb. 8.15): 1. Die Spannungsdehnungskurve. Auf der Ordinate wird die Spannung σ 1 aufgetragen. Alternativ dazu kann der sog. Spannungsdeviator σ1 − σ2 bzw. die dimensionslosen Spannungsmaße σ1 /σ2 oder (σ1 − σ2 )/(σ1 + σ2 ) aufgetragen werden. Das letzte Maß entspricht dem Sinus des mobilisierten Reibungswinkels ϕm . Auf der Abszisse wird die Axialdehnung ε1 := ∆h/h0 aufgetragen. h0 ist die Anfangshöhe der Probe. ∆h ist bei Kompression negativ, traditionsmäßig wird aber ε1 als eine positive Größe aufgetragen. Alternativ dazu kann die sog. logarithmische Dehnung 1 := ln(h/h0 ) aufgetragen werden, wobei h die aktuelle Probenhöhe ist. Bei kleinen Dehnungen gilt jedoch hinreichend genau ε1 ≈ 1 . 2. Die Volumendehnungskurve. Auf der Ordinate wird die Volumendehnung ε v := ∆V /V0 (positiv bei Volumenzunahme) und auf der Abszisse wird die Axialdehnung ε1 aufgetragen. Das Anwachsen von εv mit ε1 wird als Dilatanz (dilatancy) und das entsprechende Abfallen als Kontraktanz (contractancy) bezeichnet. Von besonderer Bedeutung ist das Maximum der Spannungsdehnungskurve. Bei lockeren Sandproben wird allmählich ein Plateau erreicht, während man bei dichten Proben nach dem Maximum (peak) ein Abfallen (sog. Entfestigung, softening) erhält. Sobald nun dieses Maximum erreicht worden ist, ist das Tragvermögen der Probe erschöpft, d.h. sie kann
8.5 Der Triaxialversuch
133
Abb. 8.15. Ergebnisse eines Triaxialversuches mit einer lockeren und mit einer dichten Sandprobe
keine Steigerung von σ1 ertragen. Der Grund dafür ist, daß die Spannungsneigung bzw. der mobilisierte Reibungswinkel ϕm seinen maximal möglichen Wert ϕ erreicht hat. Somit kann man aus einem Triaxialversuch mit einem kohäsionslosen Boden (z.B. Sand) den Reibungswinkel ϕ bestimmen: σ1 − σ2 sin ϕ = . σ1 + σ2 max
Man beachte übrigens die prinzipielle Ähnlichkeit der Abbildungen 8.12 und 8.15. Im Gegensatz zum Triaxialversuch wird aber beim Rahmenscherversuch keine Verformung (ε), sondern der Scherweg (s) aufgetragen, und der Reibungswinkel eines kohäsionslosen Materials ergibt sich aus τ tan ϕ = . σ max Die M OHRschen Kreise für den Zustand voll mobilisierter Reibung beim Triaxialund Rahmenscherversuch sind in den Abbildungen 8.16 und 8.17 dargestellt. In Abbildung 8.16 haben die Geraden PA und PB die Richtungen derjenigen Ebenen, bei denen die Spannungsneigung τ /σ maximal ist, d.h. τ /σ = tan ϕ. Es sind also die Ebenen, auf denen sich das Versagen bzw. Gleiten abspielt. Ihre Neigung zur Horizontalen beträgt ϑ (vgl. Abb. 8.13). Da ϑ der Peripheriewinkel zum Zentriwinkel 90◦ + ϕ ist, hat er den Wert: ϑ = 45◦ + ϕ/2
.
Der Reibungswinkel wird üblicherweise als eine Bodenkonstante angesehen. Tatsächlich hängt er vom mittleren Druckniveau σ := (σ1 + σ2 + σ3 )/3, sowie von der Porenzahl e ab. Mit wachsendem σ nimmt der Reibungswinkel ab (Barotropie) und mit wachsendem e nimmt er ebenfalls ab (Pyknotropie).
134
8 Scherfestigkeit
Abb. 8.16. M OHRscher Kreis für den Peak-Zustand eines Triaxialversuches
Abb. 8.17. M OHRscher Kreis für den Peak-Zustand eines Rahmenscherversuches
8.6 Entfestigung und Restscherfestigkeit Bei dichtem Boden zeigt die Auftragung von τ /σ über s aus dem Rahmenscherversuch bzw. die Auftragung von σ1 /σ2 über ε1 aus dem Triaxialversuch ein Abfallen aus dem Peak-Wert (Entfestigung). Wird die Abscherung bzw. Verformung der Probe fortgesetzt, so erreichen diese Kurven ein Plateau. Dann ist die Scherfestigkeit auf die sog. Restscherfestigkeit abgesunken. Größen, die sich auf dieses Plateau be-
8.6 Entfestigung und Restscherfestigkeit
135
ziehen, erhalten den Index r (residuell, residual). Der Restreibungswinkel ϕ r wird definiert durch σ1 − σ2 sin ϕr = , σ1 + σ2 r bzw. durch tan ϕr =
τ σ
r
.
Es muß hinzugefügt werden, daß man mit dem Rahmenscherversuch und dem Triaxialversuch kaum ein Plateau nach vorangegangener Entfestigung erreichen kann. Der Grund dafür ist, daß der dazu erforderliche Scherweg zu groß ist bzw. daß die Probe bereits vor dem Plateau eine stark vom Zylinder abweichende Form erreicht hat (siehe Abb. 8.13), so daß man aus der axialen Belastungskraft und Stempelverschiebung kaum auf die Spannung und Dehnung der Probe schließen kann. Deshalb darf man den Triaxialversuch nicht auswerten, sobald die Probe Formen, wie in Abb. 8.13 gezeigt, erlangt hat. Sobald die Restscherfestigkeit erreicht wird, hört die Volumenänderung der Probe auf, die Probe wird nunmehr bei konstantem Volumen deformiert. Die sich dann einstellende Dichte nennt man kritische Dichte bzw. kritische Porenzahl e c . Zur Darstellung dieses Vorgangs ist es aufschlußreich, nicht den Verlauf der Volumendehnung, sondern den Verlauf der Porenzahl beim Triaxialversuch darzustellen (siehe Abb. 8.18). Der residuelle Zustand ist also nichts anderes als der kritische Zustand. Daher wird ϕr oft auch als ϕc , der kritische Reibungswinkel bzw. der Reibungswinkel beim kritischen Zustand bezeichnet. 4 Aus den Abbildungen 8.13 und 8.15 ist ersichtlich, daß beim Peak Dilatanz herrscht, während am residuellen Zustand die Dilatanz verschwindet. Man kann daraus schließen, daß der Unterschied zwischen dem Reibungswinkel am Peak, ϕ p , und dem residuellen Reibungswinkel ϕr auf die Dilatanz zurückzuführen ist. Dabei wird die Dilatanz als die Auflockerung (Volumenzunahme) interpretiert, die bei der Überwindung der Verzahnung (interlocking) auftritt. Das hier angesprochene Konzept von TAYLOR lässt sich anhand der Einfachscherung (simple shear, Abb. 8.19) verdeutlichen. Die Arbeit für die Scherung, dW = τ ds, beträgt am Peak τp ds = σ · tanϕp ds. Wenn man ’eigentliche’ Reibung und Dilatanz separat betrachtet, so hat man dW = σ · tanϕp · ds = σ · tanϕr · ds + σ · dh
.
Mit dem Dilatanzwinkel ψ, tanψ = dh/ds, erhält man dW = σ · tanϕp · ds = σ · tanϕr · ds + σ · tanψ · ds
4
.
Manche Autoren unterscheiden zwischen ϕr und ϕc mit der Begründung, daß bei großen Scherungen Einzelkörner zerrieben werden können bzw. plättchenförmige Körner sich parallel einrichten, so daß sich schlußendlich ein Reibungswinkel ϕr einstellt, der kleiner als der kritische Reibungswinkel ϕc ist.
136
8 Scherfestigkeit
c
Abb. 8.18. Ergebnisse eines Triaxialversuches mit einer anfangs lockeren und einer anfangs dichten Sandprobe
ds dh
σ τ
ψ
h
Abb. 8.19. Einfachscherung (dilatante Scherung).
Daraus folgt eine Beziehung zwischen den Reibungswinkeln ϕp , ϕr und dem Dilatanzwinkel ψ: tanϕp = tanϕr + tanψ
.
8.7 Scherfestigkeit kohäsiver Böden
137
8.7 Scherfestigkeit kohäsiver Böden Zur Einführung wollen wir die Scherfestigkeit kohäsiver Böden anhand des Rahmenscherversuchs untersuchen. Bei kohäsiven Böden spielt neben der aktuellen Normalspannung σ auch die sog. Vorbelastung σv eine Rolle. Sie ist die maximale Normalspannung, die die Probe je „erfahren“ hat (d.h. unter welcher die Probe konsolidiert worden ist). Je nachdem, ob σv = σ oder σv > σ , unterscheidet man zwischen den sog. normalkonsolidierten und überkonsolidierten Proben: σv = σ : normalkonsolidiert σv > σ : überkonsolidiert Trägt man die Scherfestigkeit τf normalkonsolidierter Proben über σ auf (siehe Abb. 8.20), so erhält man eine unter dem Winkel ϕs geneigte Gerade durch den Ursprung. Hingegen liegen die Scherfestigkeiten überkonsolidierter Proben nicht auf einer Geraden durch den Ursprung. Dazu betrachten wir Proben, die alle mit der Normalspannung σv vorbelastet worden sind und anschließend bei kleineren Normalspannungen abgeschert werden. Ihre Scherfestigkeiten liegen auf der Geraden AB in Abbildung 8.20.
k
Abb. 8.20. Scherfestigkeiten normal- und überkonsolidierter Tonproben
Im Bereich 0 < σ < σv wird also die Scherfestigkeit τf durch folgende Gleichung beschrieben: τf = c + σ tan ϕ .
(8.3)
c heißt die Kohäsion und stellt denjenigen Anteil der Scherfestigkeit dar, der unabhängig von der aktuellen Normalspannung ist.5 c ist proportional zu σv . Die Proportionalitätskonstante kann zu tan ϕk gesetzt werden: 5
Statt c und ϕ wird vielfach c und ϕ geschrieben, um anzudeuten, daß sich diese Größen auf die effektiven Spannungen beziehen.
138
8 Scherfestigkeit
c = σv tan ϕk
(8.4)
.
Für normalkonsolidierte Proben (σ = σv ) folgt nun aus Gleichungen 8.3 und 8.4: τf = σ (tan ϕ + tan ϕk ) = σ tan ϕs
.
Für den Winkel ϕs (sog. Winkel der Gesamtscherfestigkeit) gilt dann offensichtlich: tan ϕs = tan ϕ + tan ϕk
.
Die hier dargestellte Kohäsion bezieht sich auf die Peak-Scherfestigkeit. Die Scherfestigkeit überkonsolidierter Proben fällt nach dem Peak ab, ihr Reibungswinkel sinkt auf den Restreibungswinkel ϕs ab. Dadurch läßt sich erklären, warum stark überkonsolidierte Böden, die den Eindruck einer großen Scherfestigkeit vermitteln, eine wesentlich abgeminderte Scherfestigkeit aufweisen können (oft entlang sog. Harnischbruchflächen). Man muß aber damit rechnen, daß bei anhaltender Scherdeformation die Kohäsion infolge Bodenauflockerung abgebaut wird (denn eigentlich ist die Kohäsion nicht ein Resultat der Vorbelastung, sondern der Verdichtung, die durch die Vorbelastung verursacht wird). Deshalb empfiehlt sich, bei Erdstrukturen, die über längere Zeit standsicher sein sollen, beim Standsicherheitsnachweis die Kohäsion vorsichtigerweise erst gar nicht anzusetzen, bzw. die Scherfestigkeit nur nach Maßgabe des Winkels ϕs (d.h. τf = σ tan ϕs ) anzusetzen. Hingegen ist die zunächst zur Verfügung stehende Scherfestigkeit bei schneller Belastung wassergesättigter Böden nur durch Kohäsion bedingt. Dies hat seinen Grund darin, daß die aufgebrachten Normalspannungen keine Reibungsfestigkeit hervorrufen können, denn sie wirken zunächst nicht auf das Korngerüst sondern auf das Porenwasser. Damit sie nämlich vom Korngerüst „wahrgenommen“ werden, müssen sie es komprimieren. Dazu muß aber das in den Poren eingeschlossene Wasser erst entweichen. Das Ausquetschen (sog. Dränieren) des Wassers wiederum braucht (aufgrund seiner Viskosität) eine erhebliche Zeit (siehe Abschnitt „Konsolidierung“). Deshalb wird eine schnell aufgebrachte Normalspannung zunächst vom Porenwasser getragen, und die zur Verfügung stehende Scherfestigkeit geht allein auf die bereits vorhandene Kohäsion zurück. Diese wird üblicherweise „undränierte Kohäsion“ cu genannt. Der Wert von cu kann anhand von Triaxialversuchen mit undränierten wassergesättigten Proben ermittelt werden. Man erhält daraus für den Bruchzustand M OHRsche Kreise, die von der (totalen!) Seitenspannung σ2 unabhängig sind (siehe Abb. 8.21). Die undränierte Kohäsion cu wird für den Nachweis der sog. AnfangStandfestigkeit herangezogen. 8.7.1 Anmerkungen zur Kohäsion Im Zusammenhang mit den Standsicherheitsnachweisen der Bodenmechanik ist die Kohäsion eine sehr wichtige Größe. Das im vorangegangenem Abschnitt vorgestellte Konzept von K REY und T IEDEMANN, daß nämlich die Kohäsion proportional zur Vorbelastung ist, ist übersichtlich und instruktiv. Man muß aber bedenken, daß es
8.7 Scherfestigkeit kohäsiver Böden
139
Abb. 8.21. M OHR sche Kreise im Bruchzustand von undränierten wassergesättigten Proben im Triaxialversuch
eine Näherung darstellt. Eigentlich sollte statt der Geraden AB in Abb. 8.20 eine Linie genommen werden, die sich zum Ursprung hin krümmt (siehe Abb. 8.22). Man hat herausgefunden, daß es nicht direkt die Vorbelastung σv , sondern die (durch σv herbeigeführte) Verdichtung der Probe ist, die für die Kohäsion verantwortlich ist. Der Verdichtungsgrad einer Probe wird üblicherweise durch die Porenzahl e oder (bei wassergesättigten Proben) durch den Wassergehalt w angegeben. Die Natur, d.h. der physikalische Ursprung der Kohäsion ist kontrovers. 6 Erklärungen wurden herangezogen, die sich auf elektromagnetische Anziehungskräfte der oberflächenaktiven Tonpartikel berufen. Eine wichtige Rolle hat dabei die Beobachtung gespielt, daß die Kohäsion stark von den chemischen Eigenschaften des Porenfluids bzw. von den darin gelösten Stoffen abhängt. Ein großer Anteil der Kohäsion von Schluff und Ton dürfte auf den Binnendruck zurückzuführen sein, der durch die Kapillarbrücken (Menisken) zwischen den einzelnen Körnern bedingt ist. Als „scheinbare “ Kohäsion verschwindet sie bei voller Sättigung. Wenn die Kohäsion gänzlich auf einen Binnendruck zurückzuführen ist, so müsste sie bei verschwindenden effektiven Spannungen verschwinden. In diesem Fall müsste die Gerade AB in Abb. 8.20 durch eine gekrümmte Linie nach Abb. 8.22 ersetzt werden. Diese Abbildung weist markante Ähnlichkeit mit der sog. Critical State Theory und dem darauf beruhenden Cam Clay Model, das von ROSCOE u.a. für normal bis leicht überkonsolidierten Ton eingeführt worden ist. Das Cam Clay Model bezieht sich nicht auf den Rahmenscherversuch, sondern auf den Triaxialversuch. Daher werden anstelle der Variablen τ und σ die Variablen q := σ1 − σ2 = σ1 − σ2 und p := 31 (σ1 + σ2 + σ3 ) = 13 (σ1 + 2σ2 ) verwendet, die eine ähnliche physikalische Bedeutung haben. Die der Abb. 8.22 entsprechenden Kurven des Cam Clay 6
Siehe z.B. M.J. Hvorslev: Pysical Components of the Shear Strength of Saturated Clays, ASCE Research Conference on Shear Strength of Cohesive Soils, Boulder, Colorado, 1960.
140
8 Scherfestigkeit
Models werden in Abb. 8.23 gezeigt. Die dort dargestellte Gerade heißt critical state line, und ihre Neigung zur Abszisse ist ϕc , der sog. kritische Reibungswinkel. Man sieht also, daß der ’Reibungswinkel der Gesamtscherfestigkeit’ ϕs nichts anders als der kritische Reibungswinkel ist. τ
f
B
A
0
σ’
Abb. 8.22. Scherfestigkeit von überkonsoliertem Ton. Korrektur zu Abb. 1.19
q
B
0
D
U
p’
Abb. 8.23. Geometrischer Ort von Peak-Scherfestigkeiten qpeak nach dem Cam Clay Model. Die Scherfestigkeiten normalkonsolidierter Proben finden sich auf dem ausgezogenen geraden Teil der Linie OB (die sog. critical state line), während die Peak-Scherfestigkeiten von überkonsolidierten Proben sich auf dem ausgezogenen gekrümmten Teil von OB sich befinden. Man kann zum Zustand B gelangen, entweder mit einem dränierten Triaxialversuch, der bei D startet, oder mit einem undränierten Triaxialversuch, der bei U startet. Die Kurvenzüge DB und UB stellen sog. Spannungspfade dar.
8.8
Triaxialversuch, ergänzende Angaben
141
Man sollte zwischen aufbereiteten und ungestörten Proben unterscheiden. 7 Aufbereitete Proben werden gerne zu Laborversuchen herangezogen: der Ton wird mit Wasser angerührt8 und unter der gewünschten Spannung konsolidiert. Im Gegensatz zu aufbereiteten Proben können ungestörte Tonproben eine Kohäsion aufweisen, die auf eine Zementierung der Körner zurückzuführen ist. Man kann also zwischen folgenden Arten von Kohäsion unterscheiden: Verzahnung (interlocking): Es handelt sich hierbei um einen Überschuss an Scherfestigkeit, der auf die überkritische Verdichtung des Bodens zurückzuführen ist und der mit zunehmender Scherung/Auflockerung verloren geht. Kohäsion infolge Verzahnung ist keine Kohäsion im strengen Sinne, denn es handelt sich hierbei um einen Scherfestigkeitsanteil, der bei σ = 0 verschwindet. Es ist lediglich eine – oft sinnvolle – Annahme, die gekrümmte τf (σ )- Kurve durch eine Gerade zu approximieren, die einen Achsenabschnitt c > 0 hat. 9 Kapillarität: Bei Sättigung S, 0 < S < 1, erzeugen die Flüssigkeitsmenisken einen Binnendruck, der (über Reibung) eine Scherfestigkeit, die Kapillarkohäsion, verursacht. Zementierung: Darunter versteht man eine Verkittung, die die einzelnen Körner zusammenhält. Sie kann z.B. durch Versinterung bei der Durchsickerung mit Porenwasser entstehen. Die Zementierung ist oft spröde, d.h. sie wird schon bei geringer Verformung abgebaut. Durch die bei der Entnahme unvermeidliche Störung der Probe wird die Zementierung meist zerstört. Sie bleibt also oft unerkannt und stellt eine stille Sicherheitsreserve dar. Elektrochemische Anziehung: Sie wird auf physikochemische Oberflächeneffekte zurückgeführt, die für den Ingenieur schwer durchschaubar sind.10 Daher ist ihre Bedeutung in der Bodenmechanik kontrovers.
8.8
Triaxialversuch, ergänzende Angaben
Der Triaxialversuch wurde in die Bodenmechanik 1928 von E HRENBERG eingeführt.11 Er heißt zu Unrecht „triaxial“, da bei ihm die Belastung axialsymmetrisch ist. Mit σ2 ≡ σ3 und ε2 ≡ ε3 gibt es bei ihm eigentlich nur zwei unabhängige Spannungsvariablen σ1 und σ2 , und nur zwei Verformungsvariablen ε1 und ε2 . Beim Triaxialversuch wird eine zylindrische Probe in Axialrichtung durch einen Belastungsstempel beansprucht, während die seitliche Belastung über den Druck einer 7 8 9 10 11
Siehe z.B. J. Graham and E.C.C. Li: Comparison of Natural and Remolded Plastic Clay, Journal of Geotechnical Engineering, Vol. 111, No. 7, 1985, 865-881. Dies sollte unter Vakuum geschehen, sonst verbleiben Luftbläschen in der Probe. Siehe auch A. Schofield, Disturbed Soil Properties and Geotechnical Design, Telford 2005. Z.B. beeinflußt der Chemismus des Porenfluids die Scherfestigkeit von Ton. Geschichtliches zum Triaxialversuch sowie moderne Entwicklungen siehe: V. Feeser, Das DLC-Triax-System. Ein methodischer Beitrag zur sedimentmechanischen Tonforschung. Bericht Nr. 71 des Geologisch-Paläontologischen Instituts und Museum der Universität Kiel, 1995, ISSN 0175-9302.
142
8 Scherfestigkeit
Flüssigkeit bzw. Luft aufgebracht wird. Deshalb befindet sich die Probe innerhalb einer Zelle, durch deren Deckplatte der Belastungsstempel hindurchgeführt wird. Eine Gummimembran trennt die Probe von der Zellflüssigkeit. Die Belastung erfolgt über den Laststempel, der kraftgesteuert oder weggesteuert beaufschlagt werden kann. Der Zelldruck (d.h. der Seitendruck σ2 ≡ σ3 ) wird üblicherweise konstant gehalten. Es besteht aber auch die Möglichkeit, die Seitenspannung etwa dermaßen während des Versuchs zu verändern, daß die Hauptspannungssumme konstant bleibt: σ1 + σ2 + σ3 = const. Der Triaxialversuch gestattet es, im Prinzip, beliebige Spannungspfade im σ1 -σ2 -Raum zu realisieren. Dabei werden die zugeordneten Verformungspfade (ε1 - ε2 -Pfade) gemessen. Die Messung von ε1 erfolgt über die Messung des Stempelvorschubs, während ε2 (die seitliche Dehnung) über Umfangsmeßbandagen erfolgt. Alternativ dazu kann die Volumenänderung der Probe ∆ε v = ∆ε1 + 2∆ε2 und daraus ∆ε2 bestimmt werden. Die Messung der Volumenänderung erfolgt bei wassergesättigten Proben. Man mißt dabei die während des Versuchs ausgequetschte Wassermenge. Verhindert man den Wasseraustritt (durch Schließung der entsprechenden Dränageleitung), so erfolgt der Versuch „undräniert“, d.h. bei aufgezwungener Inkompressibilität. Es gilt dann: ∆εv = 0 bzw. ∆ε2 = ∆ε3 = −∆ε1 /2. Während eines undrainierten Versuchs verändert sich der Druck der Porenflüssigkeit (sog. Porendruck) und kann mit Hilfe eines Porendruckaufnehmers registriert werden. Eine Triaxialzelle einfacher Bauart ist in Abb. 8.24 abgebildet. Die Belastung erfolgt über den Stempel entweder kraft- oder weggesteuert. Eine verbesserte Version stellt die Triaxialzelle nach B ISHOP und W ESLEY dar, bei der die Axialkraft hydraulisch aufgebracht wird, siehe Abb. 8.25.
Abb. 8.24. Einfache Triaxialzelle, links mit Probenendschmierung, rechts konventionelle Variante ohne Schmierung
8.9
? Durchführungsvarianten des Triaxialversuches
143
Abb. 8.25. Triaxialzelle nach B ISHOP und W ESLEY
8.9
? Durchführungsvarianten des Triaxialversuches
Je nach Versuchsbedingungen unterscheidet man folgende drei Varianten (siehe auch DIN 18137): 1. konsolidierter, dränierter Versuch (D-Versuch) 2. konsolidierter, undränierter Versuch (CU-Versuch) 3. unkonsolidierter, undränierter Versuch (UU-Versuch) 8.9.1 Konsolidierungsphase Eine hydrostatische Belastung (siehe Kapitel „Konsolidierung“) wird durch die Aufbringung des Zelldrucks σc bewerkstelligt. Aufgrund der Viskosität des Wassers, das ausgequetscht werden muß, muß die Kompression (sog. Konsolidierung) über eine längere Zeit abgewartet werden. Dabei wird mit der Zeit (etwa nach 1, 4, 9, 19, 25, . . . Minuten) die ausgequetschte Porenwassermenge ∆V abgelesen und in ein Diagramm nach Abb. 8.26 aufgetragen. Die Zeit t100 , die zur 100%-igen primären Konsolidierung erforderlich ist, ergibt sich aus dem Schnittpunkt der beiden dort eingetragenen Geraden.
144
8 Scherfestigkeit
Abb. 8.26. Zur Bestimmung der Konsolidierzeit t100
8.9.2 D-Versuch Beim D-Versuch darf eine wassergesättigte Probe dränieren und ändert somit während des Versuchs ihr Volumen nach Maßgabe der Dilatanz bzw. Kontraktanz des untersuchten Bodens. Beim D-Versuch wird in der Probe zwangsläufig ein (örtlich variabler) Porenwasserdruck aufgebaut, so daß dieser Versuch strenggenommen kein Elementversuch ist. Wenn aber die Belastungs- bzw. Deformationsgeschwindigkeit hinreichend klein ist, so wird der Porenüberdruck recht bald dissipiert, so daß er insgesammt klein bleibt und die totalen Spannungen annähernd gleich den effektiven sind. Die maximale Vorschubgeschwindigkeit v1,max kann mit folgender empirischer Formel abgeschätzt werden:12
v1,max =
h ε1f 15 t100
.
Hierbei sind h die Probenhöhe, ε1f die erwartete Peak-Dehnung und t100 die Zeit bis zum Abschluß der primären Konsolidierung. Für Proben mit 10 cm 2 Querschnittsfläche gelten ungefähr die Werte nach Tabelle 8.1. Die seitliche Dehnung ε2 (≡ ε3 ) wird aus der Volumenänderung ∆V errechnet: ε2 = ε3 = (∆V /V0 − ε1 )/2. ∆V ist gleich dem Volumen der aus der Probe ausgequetschten Wassermenge. Man schert ab, bis das Maximum von σ1 bzw. ε1 = 20% erreicht werden. Die Auswertung erfolgt nach Abb. 8.27. In das dort dargestellte Diagramm werden die aus den einzelnen Triaxialversuchen erhaltene Punkte {σ1,max ; σ2 } eingetragen. Eine Ausgleichsgerade liefert a und b . Daraus folgt sin ϕ = tan α , c = b / cos ϕ . 12
Ein strenge Berechnung ist sehr kompliziert und kann nur unter Berücksichtigung des Stoffgesetzes und finiter Elemente erfolgen, siehe z.B. T.A. Newton et al: Selecting the rate of loading for drained stress path triaxial tests. Géotechnique 47, No. 5, 1063-1067.
8.9
Durchführungsvarianten des Triaxialversuches
145
Tabelle 8.1. Maximalwerte für die axiale Vorschubgeschwindigkeit für D-Versuche in Abhängigkeit von der Plastizitätszahl Ip . Ip (%) v1 ≤ 10 10 - 25 25 - 50 > 50
(mm/min) 0,010 0,005 0,002 0,001
Abb. 8.27. Zur Auswertung von D-Triaxialversuchen
8.9.3 CU-Versuch Die Probe muß gesättigt sein. Dies wird durch den sog. B-Test überprüft. Bei voller Sättigung muß eine Erhöhung des Zelldrucks ∆σ2 eine genauso große Erhöhung des Porendrucks ∆u nach sich ziehen, d.h. das Verhältnis B := ∆u/∆σ3 muß (nahezu) gleich 1 sein.13 Ungesättigte Proben können dadurch gesättigt werden, daß ihr Porensystem mit einem sog. Sättigungsdruck (back pressure) u 0 beaufschlagt wird. Selbstverständlich muß auch der Zelldruck um denselben Betrag erhöht werden. Der erforderliche Sättigungsdruck u0 richtet sich nach dem Sättigungsgrad Sr nach der empirischen Beziehung u0 ≈ 5000
kN 1 − Sr · m2 Sr
.
Die axiale Stauchungsgeschwindigkeit darf zehnmal größer als nach Tabelle 8.1 gewählt werden. Während der Abscherung wird der Porenwasserdruck u gemessen. Somit können die effektiven Spannungen bestimmt werden: σ1 = σ1 − u , 13
σ2 = σ2 − u .
Man beachte, dass hier der Porendruck mit u gekennzeichnet wird.
146
8 Scherfestigkeit
Ihre Auftragung in einem Diagramm nach Abb. 8.28 ergibt den sog. effektiven Spannungspfad. Man beachte, daß beim D-Versuch der Spannungspfad vorgegeben wird, während sich das Material beim CU-Versuch seinen Spannungspfad sozusagen selbst wählt. Insbesondere tritt das Maximum des σ1 /σ3 -Wertes nicht simultan mit dem Maximum von σ1 − σ2 auf. Die Auswertung erfolgt wie beim D-Versuch, jedoch wird die Ausgleichsgerade als Umhüllende der effektiven Spannungspfade gewählt (siehe Abb. 8.28).
Abb. 8.28. Zur Auswertung von CU-Triaxialversuchen
8.9.4 UU-Versuch Die Versuchsdurchführung ist schnell (ε˙ 1 ≈ 1% pro Minute). Der Porendruck wird üblicherweise nicht gemessen. Aufgezeichnet werden die Seitenspannung σ 2 und die maximale Axialspannung σ1 (bzw. die Axialspannung bei ε1 = 20%). Ihre Auftragung als M OHRsche Kreise nach Abb. 8.21 ergibt die sog. undränierte Kohäsion cu .
8.10
Fehlerquellen beim Triaxialversuch
Damit die Verformung der Probe homogen (gleichmäßig) abläuft, muß die Reibung an der Kopf- und an der Fußplatte eliminiert werden. Deshalb werden die Probenendplatten mit einer dünnen Schmierschicht und einer dünnen Gummihaut bedeckt. Diese Maßnahme birgt aber den Nachteil, daß im Zuge der Belastung die Fettschicht zum Teil ausgequetscht und die Gummimembran komprimiert wird. Die gemessene Stempelverschiebung u1 entspricht dann nicht ganz der Probenverkürzung, sondern ein Teil davon wird zur Kompression der Fett- und Gummischichten aufgezehrt. Das Mißliche ist, daß sich dieser Anteil nicht genau messen läßt, wodurch der sog. bedding error entsteht. Übrigens darf nicht die gesamte Kopf- und Fußplatte mit Fett
8.10
Fehlerquellen beim Triaxialversuch
147
und Gummi bedeckt werden. Es muß nämlich ein kleiner Teil an einem Filterstein freigelassen werden, einerseits um das Entweichen des Porenfluids zu erlauben (bzw. zur Messung seines Drucks), andererseits um die Verformung der Probe zu fixieren (andernfalls wäre die Probe in seitlicher Richtung frei verschieblich). Der Stempel muß durch die Zelle hindurchgeführt werden, ohne daß die Druckluft (bzw. das unter Druck stehende Zellwasser) entweichen kann. Die hierzu erforderliche Abdichtung bewirkt, daß der Stempel nicht reibungsfrei geführt werden kann. Daher empfiehlt es sich, die Kraftmessung innerhalb der Zelle vorzunehmen. Auch beim Triaxialversuch muß der Stempel absolut parallel geführt werden, damit es nicht zu einer Verkantung kommen kann. Von besonderer Bedeutung ist die Frage, ob man schlanke oder gedrungene Proben benutzen soll. Oft verwendet man ungeschmierte Probenenden, wodurch die seitliche Ausdehnung der Probe in der Nähe der Endplatten verhindert wird. Es kommt so zu einer faßförmigen Verformung der Probe. Durch Verwendung schlanker Proben (Höhe:Durchmesser = 3:1) hofft man, in der Probenmitte einen nur geringen Einfluß der Probenenden zu erhalten. Wenn man eine möglichst homogene Verformung der Probe anstrebt, wählt man gedrungene Proben (Höhe:Durchmesser = 1:1) bei Verwendung geschmierter Probenendplatten. Die Unterdrückung der diversen Fehlerquellen gestaltet sich besonders schwierig. Folgende Punkte sind zu beachten: • • • •
Gute und möglichst reibungslose Stempelführung Elimination der Reibung an den Probenendplatten Elimination des bedding errors infolge Schmierung der Endplatten Elimination des Einflußes der Gummimembran. Diese übt infolge ihrer Elastizität eine Kraft auf das Korngerüst aus. Desweiteren beeinflußt sie die Menge des ausgequetschten Porenwassers.
Die o.a. Fehler können, wenn überhaupt, nur näherungsweise eliminiert werden 14 . Alle diesbezüglichen Bemühungen zielen darauf ab, eine möglichst homogene Deformation zu erreichen. Diese läßt sich jedoch nicht erzwingen, und es zeigt sich, daß die Probe mit zunehmender Verformung immer inhomogener wird (siehe Abb. 8.13). Es kommt (trotz Schmierung) zur Faßbildung oder zur Halb-Faßbildung (sog. Elephantenfuß). Es kann auch zur Bildung von Scherfugen kommen. Die inhomogene Deformation der Probe tritt durch allmähliche Verstärkung von zufälligen Anfangsinhomogentitäten auf. Als Anfangsinhomogentität ist auch das Eigengewicht der Probe anzusehen, das bei kleinen Seitendrücken starken Einfluß ausübt und zu einer sofort einsetzenden Elephantenfußbildung führt. Eine weitere Inhomogenität stammt von der Probenoberfläche. Die Oberfläche einer Probe stellt nämlich eine drastische Veränderung des im Probeninneren vorherrschenden Zustandes dar. Zum Beispiel ist die Dichte eines Granulats in einem Behälter mit glatten Wänden an den Rändern erheblich herabgesetzt. Die Inhomogenität kann aber auch spontan eintreten. Mathematisch betrachtet, liegt 14
Eine gute Übersicht über die Triaxialversuchstechnik findet sich in „Advanced Triaxial Testing of Soil and Rock“, ASTM, STP 977, 1988.
148
8 Scherfestigkeit
der Grund darin, daß das betrachtete Anfangsrandwertproblem seine Eindeutigkeit verliert. Irgendwann werden zwei (oder mehrere) Lösungen möglich. Dieser Vorgang wird als Verzweigung (Bifurkation) bezeichnet. Es ist sinnlos, wird aber leider immer wieder gemacht, den Triaxialversuch nach aufgetretener deutlich inhomogener Verformung fortzusetzen. Bei inhomogen deformierten Proben sind nämlich Spannung und Deformation örtlich variable Größen und daher mehr oder weniger unbekannt, denn sie lassen sich über die integralen Meßgrößen (Stempelkraft, Zelldruck und Verschiebung des Probenrandes) nicht bestimmen.
8.11
Ergebnisse von Triaxialversuchen
Die Ergebnisse von Triaxialversuchen lassen sich wie folgt zusammenfassen. Die üblicherweise realisierten Spannungspfade sind in Abb. 8.29 dargestellt. Meist wird
Abb. 8.29. Spannungspfade im Triaxialversuch
zunächst isotrop belastet und anschließend bei konstantem Seitendruck (σ 2 = σ3 = const) komprimiert (Pfad a). Der Pfad b entspricht einem sog. deviatorischen Versuch, bei dem die Hauptspannungssumme σ1 + σ2 + σ3 konstant bleibt. Die Pfade c und d stellen sog. Extensionsversuche dar. Dabei werden in der Probe keine Zugspannungen eingestellt (was ja bei kohäsionslosen Böden unmöglich ist). Der Name Extension rührt daher, daß die Seitenspannung σ2 betragsmäßig größer als die Axialspannung σ1 ist. Um solche Versuche durchzuführen, muß der Stempel mit der Kopfplatte zugfest angeschlossen werden. Betrachten wir jetzt die Spannungs-Dehnungslinie aus dem Spannungspfad a. Auf der Abzisse wird die Dehnung ε1 dargestellt (man verwendet entweder die sog. Ingenieurdehnung ε1 := ∆u1 /h0 , wobei ∆u1 die Stempelverschiebung und h0 die Anfangshöhe der Probe ist, oder die logarithmische Dehnung 1 = ln(1−ε1 ). Sie unterscheiden sich voneinander erst bei größeren Dehnungen, z.B. entspricht dem Wert ε1 = 10% die logarithmische Dehnung 1 = 9, 5%, und für ε1 = 20% erhält man
8.11
Ergebnisse von Triaxialversuchen
149
.5
σ1-σ2 [MPa]
.4 .3 .2 .1 0
0
4
8
12
0
4
8
12
0
4
8
12
(σ1-σ2)/(σ1+σ2)
.75 .60 .45 .30 .15 0
6
σ1/σ2
5 4
3 2 1
ε1 [%] Abb. 8.30. Verschiedene Auftragungen der Ergebnisse von einem Triaxialversuch mit einer Probe aus Sand
150
8 Scherfestigkeit
1 = 18, 2%. Auf der Ordinate wird die Spannung eingetragen. Man stellt entweder σ1 oder den Spannungsdeviator σ1 −σ2 dar. Obwohl Kompressionsspannungen und dehnungen als negativ betrachtet werden, werden sie bei den zeichnerischen Darstellungen üblicherweise als positive Größen behandelt. Man beachte, daß je nach den verwendeten Spannungsgrößen die Krümmung der Spannung-Dehnungs-Linie ganz unterschiedlich ausfällt. In der Abbildung 8.30 sind die verschiedenen Auftragungen für einen konventionellen Triaxialversuch (Spannungspfad a in Abb. 8.29) mit dichtem Sand dargestellt. Man beachte, daß mit wachsender Dehnung die Versuchsergebnisse wegen der zunehmenden Inhomogenität der Verformung unzuverlässiger werden. Das Maximum der Kurve wird als Peak bezeichnet. Aus dem Peak kann der Reibungswinkel ϕ abgelesen werden: σ1 − σ2 ϕ := arcsin . σ1 + σ2 max Bei lockeren Proben und bei Proben aus weichen Körnern wird kein Peak erreicht, die Spannungs-Dehnungs-Linie wächst monoton an, bis aus technischen Gründen der Versuch abgebrochen werden muß, bzw. bis die Probe stark inhomogen geworden ist. Man geht dann oft „pragmatisch“ vor und definiert als Peak den Zustand bei einer bestimmten Dehnung, etwabei ε1 = 20%. Man bestimmt dann als Reibungs2 . Dieses Vorgehen ist jedoch willkürlich. winkel den Wert arcsin σσ11 −σ +σ2 ε1 =20%
Die Spannungs-Dehnungs-Linien aus Abb. 8.30 lassen sich nicht durch eine einfache analytische Funktion (etwa σ1 = a(1 − e−bε1 )) approximieren. Der Hyperbelansatz nach K ONDNER mit ε1 σ1 − σ2 = a + b ε1
schmiegt sich an die (σ1 −σ2 )-ε1 -Kurve recht gut an, hat jedoch den Nachteil, daß er ε1 keinen Peak aufweist. Die Parameter a und b lassen sich aus der Geraden = σ1 − σ2 a + b ε1 abgreifen. Es ist interessant, die σ1 -ε1 -Kurven bei verschiedenen Seitenspannungen σ2 zu vergleichen. Würden die normierten Spannungen bei verschiedenen Druckniveaus σ 2 zusammenfallen, so würde dies bedeuten, daß die Steifigkeit dσ1 /dε1 proportional zum Druckniveau ist und daß der Reibungswinkel ϕ druckunabhängig ist. Tatsächlich beobachtet man bei Sandproben, daß die Steifigkeit unterlinear mit dem Druckniveau wächst und daß der Reibungswinkel mit wachsendem Druckniveau kleiner wird (siehe Abb. 8.31). Dieser Effekt wird als Barotropie bezeichnet. Abgesehen von der Spannungs-Dehnungs-Linie gewinnt man aus dem Triaxialversuch auch die Volumendehnungs-Linie. Sie hat den in Abb. 8.15 gezeigten typischen Verlauf. Abb. 8.32 zeigt Triaxialversuchsergebnisse für ein breites Spektrum von Lagerungsdichten (von „locker“ bis „dicht“). Den Einfluß der Dichte auf das Materialverhalten nennt man Pyknotropie. Die Volumendehnungskurven für dichten Sand aus Abb. 8.32 zeigen eine steigende Tendenz, d.h. die Probe lockert sich während des Versuchs auf. Da das Volumen einer
8.11
Ergebnisse von Triaxialversuchen
151
e0 = 0,53 6 1000 kPa 800 kPa 600 kPa 500 kPa 400 kPa 300 kPa 200 kPa 100 kPa 50 kPa
σ1/σ2
5
4
3
2
1
0
4
8
12
0
4
8
12
εv [%]
6 4 2
0
ε1 [%]
Abb. 8.31. Ergebnisse von Triaxialversuchen bei verschiedenen Seitendrücken. e0 ist die anfängliche Porenzahl
Sandprobe nicht unbegrenzt wachsen kann, muß man erwarten, daß die Volumendehnung beschränkt ist: Bei einer hinreichend großen Dehnung, die man allerdings experimentell wegen der einsetzenden Inhomogenität nicht realisieren kann, wird asymptotisch ein Wert erreicht, der der sog. kritischen Dichte entspricht. Dann weist die Probe keine weitere Dilatanz (d.h. Volumenzunahme) auf. Auch die SpannungDehnungs-Linie dichten Sandes weist bei fortgesetzter Verformung einen Abfall vom Peak auf und schmiegt sich einer horizontalen Asymptote an, die dem sog. Restreibungswinkel (oder residuellen Reibungswinkel) ϕr entspricht. Das Abfallen vom Peak wird als Entfestigung (softening) bezeichnet. Es ist zu betonen, daß die hier angesprochenen Vorgänge, die sich jenseits des Peaks abspielen, wegen der unweigerlich einsetzenden Inhomogenität der Verformung kaum durch Versuche mit homogen verformten Proben zu beobachten sind. Es handelt sich also eher um Schlußfolgerungen, die man mittelbar gewinnen kann.
152
8 Scherfestigkeit
σc = 100 kPa 0.53 0.56 0.60 0.63 0.67 0.70 0.74
σ1/σ2
4 3 2 1
0
4
8
12
0
4
8
12
εv [%]
4
2
0
ε1 [%]
Abb. 8.32. Ergebnisse von Triaxialversuchen bei verschiedenen Ausgangsporenzahlen (s. Legende). σc = σ2 ist der konstante Zelldruck
Wenn man den Belastungssinn umkehrt und von der Belastung zur Entlastung übergeht, so stellt man fest, daß nach einem abgeschlossenen Belastungszyklus immer eine Restverformung („plastische“ Verformung εpl , siehe Abb. 8.33) verbleibt, unabhängig davon, bei welchem Zustand die Entlastung vorgenommen wurde. Im Gegensatz zu Metallen existiert also bei Böden kein sog. elastischer Bereich, d.h. ein Spannungsbereich, innerhalb dessen die Verformungen elastisch (d.h. reversibel) sind. Bei der Durchführung von wiederholter Ent- und Wiederbelastung stellt man i.a. eine allmähliche Verdichtung der Probe fest. Das hierbei beobachtete sog. zyklische Verhalten von Böden ist recht kompliziert.
8.12
Verhalten von undränierten Proben
153
Abb. 8.33. Ergebnis von Belastung, Entlastung und Wiederbelastung beim Triaxialversuch
8.12
Verhalten von undränierten Proben
Eine besondere Klasse von Versuchen mit dem Triaxialgerät stellen die sog. undränierten Versuche mit wassergesättigten Proben dar. Dabei wird der Porendruck gemessen, so daß man aus den totalen Spannungen σ1 und σ2 durch Subtraktion des Porenwasserdrucks u die effektiven Spannungen bestimmen kann: 15 σ1 = σ1 − u ,
σ2 = σ2 − u .
Man beachte, daß bei σij und σij die Kompression negativ, während (hier) beim Porendruck u die Kompression positiv zählt. Bei undränierten Versuchen tritt wegen der Inkompressibilität des Wassers keine Volumendehnung auf (d.h. ε v ≡ 0), dafür ist aber der Verlauf der effektiven Spannungen von besonderem Interesse. Bei undränierten triaxialen Kompressionsversuchen erhält man, je nach Ausgangsspannung σ1 = σ2 = σ3 und Dichte, drei verschiedene Typen von Kurven. Die Spannungs-Dehnungs-Kurven sind in Abb. 8.34, und die entsprechenden Spannungspfade sind in Abb. 8.35 dargestellt. Man beachte, daß die Kurven A und B jeweils ein Maximum (Peak) aufweisen. Kurve A fällt nach dem Peak auf einen asymptotischen (residuellen) Wert ab, während die Kurve B zunächst abfällt, um dann wieder unbeschränkt zu wachsen. Kurve C wächst unbeschränkt, und der Deviator σ1 − σ2 (≡ σ1 − σ2 ) weist bei ihr kein Maximum auf. Man beachte, daß bei den Fällen B und C der Deviator σ1 − σ2 unbeschränkt anwächst, während das Spannungsverhältnis σ1 /σ2 und der Wert des mobilisierten Reibungswinkels sin ϕm = (σ1 − σ2 )/(σ1 + σ2 ) beschränkt sind (siehe Abb. 8.35). Für die Darstellung von Spannungspfaden mit Axialsymmetrie (d.h. σ2 ≡ σ3 ) wird oft ein leicht modifiziertes Koordinatensystem verwendet. Als Abzisse dient der hydrostatische Druckanteil p = (σ1 + σ2 + σ3 )/3 und als Ordinate der Spannungsdeviator q := σ1 − σ2 = σ1 − σ2 (hierbei handelt es sich um eine Komponen15
Man beachte, dass hier der Porendruck mit u gekennzeichnet wird.
154
8 Scherfestigkeit
Abb. 8.34. Spannungs-Dehnungskurven bei undränierten Triaxialversuchen
Abb. 8.35. Spannungspfade bei undränierten Triaxialversuchen
8.12
Verhalten von undränierten Proben
155
te des tensoriellen Deviators). Gemäß der üblichen Konvention werden die negativen Kompressionsspannungen in der grafischen Darstellung als positiv aufgetragen. Die Darstellung der Spannungspfade A, B und C im p -q-Diagramm findet sich in Abb. 8.36-links. In Abb. 8.36-rechts finden sich die entsprechenden SpannungsDehnungs-Linien (identisch mit Abb. 8.34). Man beachte, daß der Spannungspfad A nicht zum Punkt p = q = 0, sondern zum Punkt R hinstrebt, der der residuellen Scherfestigkeit qr des Materials entspricht.
u
Abb. 8.36. Spannungspfade bei undränierten Triaxialversuchen im q-p -Diagramm
Aus der Darstellung der Spannungspfade in Abb. 8.35 kann der Porendruck abgelesen werden, der sich während der triaxialen Kompression in der Probe aufbaut: Die strichlierte vertikale Gerade durch den Punkt D entspricht der totalen Seitenspannung σ2 (≡ σ3 ), die während der triaxialen Kompression konstant bleibt. Gemäß der Definition der effektiven Spannung σ2 = σ2 − u entspricht der Porendruck u der horizontalen Entfernung des jeweils betrachteten Punktes auf dem Spannungspfad von der strichlierten Gerade. Insofern erhält man Kurven für die Entwicklung des Porendrucks mit der Dehnung ε1 , die in Abb. 8.37 dargestellt sind. Wovon hängt es ab, ob sich eine Probe nach dem Muster A, B oder C (siehe Abb. 8.36) verhält ? – Versuche16,17 haben gezeigt, daß die Dichte (bzw. die Porenzahl e) in Kombination mit dem Ausgangsdruck maßgebend für das Probenverhalten ist. Die Verhältnisse lassen sich demnach in einem e-σ2 -Diagramm darstellen (siehe Abb. 8.38): Bei ein und demselben Ausgandsdruck wird eine lockere Probe (A) Entfestigung aufweisen, eine dichtere Probe (B) wird zuerst Entfestigung und dann Verfestigung (in der englischen Literatur limited flow) aufweisen, und eine noch 16 17
Castro: Liquefaction of Sands, Harvard Soil Mechanics Series No 81, Cambridge, Massachusetts, 1969. J.-M.Konrad, Minimum Undrained Strength versus Steady-State Strength of Sands, Journal of Geotechnical Engineering, 116, 6, 1990, 948-963.
156
8 Scherfestigkeit
Abb. 8.37. Porendruckentwicklung bei undränierten Triaxialversuchen
dichtere Probe (C) wird keine Entfestigung aufweisen. Die entsprechenden Bereiche werden durch die Linien 1 − 1, 2 − 2 und 3 − 3 abgegrenzt: Startet ein Versuch jenseits von 1 − 1 so entspricht er demTyp A, startet er zwischen 1 − 1 und 2 − 2 so entspricht er dem Typ B. Startpunkte zwischen 2 − 2 und 3 − 3 führen zum Typ C.
Abb. 8.38. Bereiche mit unterschiedlichem Verhalten bei undränierten Triaxialversuchen
8.12.1
Undränierte zyklische Belastung
Wir betrachten eine wassergesättigte Probe bei undränierter zyklischer Kompression, z.B. q = q0 sin ωt. Trägheitseffekte werden hierbei als unbedeutend vernachlässigt, d.h. wir beschränken uns auf quasistatische Phänomene. Dementsprechend muß die zyklische Belastung relativ langsam aufgebracht werden. Wie aus Abb. 8.36 ersichtlich, haben die Proben die Tendenz, p zu verringern und dementsprechend einen Porendruck aufzubauen, d.h. sie zeichnen sich durch ein kontraktantes Verhalten aus.
8.13
Verflüssigung
157
Beschränkt man sich auf kleine Dehnungs- bzw. Spannungsamplituden, so stellt sich dieses Verhalten sowohl für dichte als auch für lockere Proben ein. Der Porendruckaufbau verstärkt sich bei jeder Belastungsumkehr. Es erhebt sich nun die Frage, wie sich der Spannungspfad verhält, wenn er sich dem Grenzzustand nähert. Es zeigt sich, daß sich der zyklische Spannungspfad nach drei verschiedenen Mustern an die Grenzgerade f anschmiegen kann. Der Fall nach Abb. 8.39-oben stellt sich ein, wenn die Deviatoramplitude q 0 kleiner als die Residualfestigkeit qr ist. Bei q0 > qr stellt sich entweder der Fall nach Abb. 8.39-mitte oder der Fall nach Abb. 8.39-unten ein. Das Verhalten nach Abb. 8.39-unten wird nach C ASAGRANDE zyklische Beweglichkeit oder zyklische Mobilität (cyclic mobility) bezeichnet. Die zyklische Mobilität stellt einen sog. inkrementellen Kollaps dar, denn bei jedem Spannungszyklus wächst die Dehnungsamplitude (s. Abb. 8.40). Der Spannungspfad nach Abb. 8.39-oben endet an einem Zustand, wo die effektiven Spannungen verschwinden. Man spricht dann von einer totalen Verflüssigung oder Liquefaktion (liquefaction). Der Sprachgebrauch ist aber nicht ganz einheitlich, und man spricht ebenfalls von (partieller) Liquefaktion, wenn der Porendruck in einer Probe stark angewachsen und die effektiven Spannungen dementsprechend stark abgemindert worden sind. Eine weitere Bezeichnung in diesem Zusammenhang ist der Begriff der Phasentransformation. Hiermit bezeichnet man denjenigen Zustand bzw. denjenigen Punkt eines Spannungspfades, bei dem das kontraktante (d.h. porendruckaufbauende) Verhalten in das dilatante (d.h. porendruckabbauende) Verhalten übergeht. Dies ist der Fall beim Spannungspfad B (siehe Abb. 8.36-rechts) am lokalen Minimum M .
8.13
Verflüssigung
Wassergesättigter lockerer Boden weist bei bestimmten Belastungen eine stark reduzierte bis verschwindende Festigkeit auf. Diese Eigenschaft kann zu einem Versagen führen, das Verflüssigung (liquefaction) genannt wird.18 Die reduzierte Festigkeit wassergesättigten Bodens kann durch Abb. 8.41 (vergl. auch Abb. 8.36) erklärt werden: Beim undränierten Triaxialversuch ist der maximal erreichbare Spannungsdeviator (und somit die Festigkeit) viel kleiner als beim dränierten Versuch. Die Verflüssigung kann durch monotone und durch zyklische Belastung hervorgerufen werden. Der erste Fall wird als statische und der zweite Fall als dynamische Verflüssigung bezeichnet. Diese Bezeichnungen sind nicht ganz folgerichtig, denn in beiden Fällen wird die Verflüssigung durch quasistatische Belastung erreicht, d.h. daß die Beschleunigung bzw. Trägheit dabei keine Rolle spielt.
18
In der mechanischen Verfahrenstechnik heißt die Verflüssigung „Fluidisation“.
158
8 Scherfestigkeit
Abb. 8.39. Spannungspfade bei zyklischen undränierten Triaxialversuchen
8.13
Verflüssigung
159
Abb. 8.40. Spannungs-Dehnungs-Linie bei zyklischer Belastung nach Abb. 8.39-unten.
Abb. 8.41. Beim undränierten Triaxialversuch mit wassergesättigtem lockerem Boden ist die Scherfestigkeit viel geringer als beim dränierten.
Es kann gezeigt werden19, daß eine nur um 10◦ geneigte Böschung durch einen Zuwachs der Schubspannung von ca. 5% der Vertikalspannung zum Versagen durch statische Verflüssigung geführt werden kann. Da die zyklische Belastung oft durch Erdbeben hervorgerufen wird, ist die Verflüssigung eine der häufigsten Schadensursachen bei Erdbeben. Die durch Erdbeben indu19
Siehe C. di Prisco, R. Matiotti and R. Nova: Theoretical investigation of the undrained stabibility of shallow submerged slopes.Géotechnique 45, No. 3 (1995), 479-496. Der Nachweis kann nicht experimentell, wohl aber mit Hilfe eines realistischen Stoffgesetzes erbracht werden.
160
8 Scherfestigkeit
zierte Verflüssigung wird seit dem Erdbeben von Niigata untersucht. Die japanische Stadt Niigata war 1955 durch einen Großbrand total zerstört und dann wiederaufgebaut worden. Dennoch löste ein Erdbeben 1964 riesige Zerstörungen durch Verflüssigung aus. Ganze Gebäude sind in den Untergrund eingesunken (siehe Abb. 8.42), während unterirdische Strukturen aufgeschwommen sind.
Abb. 8.42. Schadensfall durch Bodenverflüssigung zufolge eines Erdbebens in Caracas
Der Nachweis der Sicherheit gegenüber erdbebeninduzierter Verflüssigung kann nach I SHIHARA 20 wie folgt vorgenommen werden. Als kritische Spannungsamplitude (maximaler Spannungsdeviator im undränierten Triaxialversuch oder maximale Schubspannung bei Scherung) σd wird diejenige Spannungsamplitude erachtet, die nach 20 Spannungszyklen zu einer Doppelamplitude (siehe Abb. 8.40 im Abschnitt „Undränierte zyklische Belastung“) von 5% führt. Diese kritische Spannungsamplitude wird als zyklische Festigkeit bezeichnet. Die sich stellende Frage ist nun, ob bei dem zu erwartenden Erdbeben die zyklische Festigkeit erreicht wird oder nicht. Die labormäßige Bestimmung der zyklischen Festigkeit setzt voraus, daß Bodenproben mit der in situ Dichte untersucht werden. Dazu kommen entweder ungestörte Proben, oder gestörte Proben, die im Labor mit der gewünschten Dichte eingebaut werden, in Frage. Die relative Dichte De in situ kann entweder aus der SPTSchlagzahl n30 über die Formel n30 ≈ (16 + 20
2, 3σv )
De 100
2
,
K. Ishihara: Liquefaction and flow during earthquakes. Géotechnique 43, No. 3 (1993), 351-415.
8.13
Verflüssigung
161
wobei σv der effektive Überlagerungsdruck in kN/m2 ist, oder aus dem Spitzendruck qs (in kN/m2 ) einer Drucksonde über die Formel De ≈ 85 + 76 ln qs / σv
abgeschätzt werden. Da ungestörte Proben aus kohäsionslosem Boden kaum 21 zu entnehmen sind, kommt meist nur die zweite Möglichkeit in Frage. Aber auch die Herstellung von lockeren Sandproben ist schwierig. Drei Verfahren können herangezogen werden: (1) händisches Verstreuen von feuchtem (w ≈ 5%) Sand, (2) Einbau von trockenem Sand mit verschwindender Fallhöhe mit Hilfe eines Trichters, (3) Einrieseln von trockenem Sand direkt an der Wasseroberfläche, so daß er im Wasser um 2-3 cm absinkt und sedimentiert. Nach allen drei Verfahren wird anschließend der Porenraum mit CO2 -Gas freigespült und mit entlüftetem Wasser gesättigt. Sättigungssetzungen sind dabei hinzunehmen. Ein ausgesprochen kontraktantes Verhalten kann nach der Methode (1) erreicht werden. Trotz des großen Aufwandes zur Probenherstellung zeigt sich, daß der ungestörte Sand in situ 22 bei gleicher Dichte eine bis zu doppelt so große zyklische Festigkeit aufweist wie der künstlich eingebaute. Der Grund dafür dürfte in noch nicht geklärten Effekten des Korngefüges (fabric) liegen. Viel praktikabler erscheint daher die Abschätzung der Verflüssigungsgefahr anhand von Sondierungen. Naturgemäß sind diese rein empirisch und haben keine weitergehende mechanische Begründung. Mit der isotropen effektiven Ausgangsspannung σ1 = σ2 = σ0 und der effektiven Vertikalspannung σv in situ in kN/m2 sowie dem Korndurchmesser d50 in mm ergibt sich folgende zyklische Festigkeit σd = (σ1 − σ2 )max aus der Schlagzahl n30 des SPT-Versuchs: 0, 04 mm ≤ d50 ≤ 0, 6 mm: 1, 7n30 σd 0, 35 = 0, 0676 , (8.5) + 0, 225 log 10 2σ0 0, 1σv + 0, 7 d50 0, 6 mm ≤ d50 ≤ 1, 5 mm: σd = 0, 0676 2σ0
1, 7 n30 0, 1σv + 0, 7
.
(8.6)
Ist die zyklische Festigkeit als Schubspannung τmax auszudrücken, so darf man setzen: σd τmax ≈ . (8.7) 2σ0 σv Die aus einem Erdbeben resultierende maximale Spannungsamplitude τ max,Erdb. läßt sich aus der erwarteten maximalen Horizontalbeschleunigung a max nach S EED und I DRISS wie folgt abschätzen: 21 22
bzw. nur mit extremem Aufwand für Schlauchkernbohrungen bzw. für Gefrieren im Untergrund oder Verfüllen des Porenraums mit Harz bei relativen Dichten De zwischen 50 und 80%
162
8 Scherfestigkeit
τmax,Erdbeben = σv
γr amax (1 − 0, 015z) z g γ
,
(8.8)
wobei g die Erdbeschleunigung, z die Tiefe in m, γr die Wichte des gesättigten Bodens und γ das Auftriebsraumgewicht des Bodens ist. Somit beträgt die Sicherheit gegen Verflüssigung: ηv =
τmax τmax,Erdbeben
.
ηv nimmt mit der Tiefe zu, man kann daher aus den Gleichungen 8.5, 8.6, 8.7 und 8.8 abschätzen, bis zu welcher Tiefe Verflüssigungsgefahr (ηv < 1) besteht. Eine verflüssigte Schicht wird sich anschließend setzen, wobei das Wasser an einzelnen Stellen in Art von kleinen Vulkanen aus dem Boden entweicht (sand boils). Der hierfür maßgebende Mechanismus ist noch nicht geklärt. Nach I SHIHARA hängt die Setzung von der maximalen Scherverformung γmax ab. γmax läßt sich durch die Beziehung γmax ≈ 1, 5 ε1 max mit der Verformung ε1 max im Triaxialversuch vergleichen. Für ηv = 1 gilt (definitionsgemäß) 2 ε1 = 5%. Somit ist die Setzung abhängig von ηv .23
8.14 Scherfestigkeit von Fels Der Übergang von Boden (’Lockergestein’) zu Fels (’Festgestein’) ist fließend und umfaßt felsähnliche Böden und weichen Fels (soft rock). Zum Beispiel variiert der Zustand von Ton mit abnehmendem Wassergehalt von einem Brei bis zu einem hart klingenden Gestein (Tonschiefer). Festgestein kann oft als ein Boden mit sehr hoher Kohäsion betrachtet werden, seine Festigkeit kann mit den Parametern ϕ und c angegeben werden. Insofern ist der Unterschied zwischen Locker- und Festgestein in vielen Aspekten eher quantitativ als qualitativ. Folgende wesentliche Unterschiede können aufgeführt werden: Felsgestein - Felsmasse: Fels ist oft zerklüftet und daher ein Diskontinuum, man sollte dann zwischen der Festigkeit des intakten Gesteins (zwischen den Klüften) und der von Klüften durchsetzten Felsmasse unterscheiden. Spröd - duktil: Gestein weist oft ein sprödes Verhalten auf. Hingegen kann es sich bei extrem langsamer Verformung ausgesprochen duktil verhalten. Elastischer Bereich: Für sehr kleine Verformungen kann manches Gestein als elastisch betrachtet werden. Anisotropie: Bedingt durch ihre geologische Entstehungsgeschichte können Gesteine (insbesondere Sedimentgesteine und metamorphe Gesteine) ausgeprägt anisotrop sein.
23
Siehe Diagramm in der Abbildung 16 der zitierten Arbeit von Ishihara.
8.14 Scherfestigkeit von Fels
163
8.14.1 Elastizität Ein Material heißt elastisch, wenn die Spannung als Funktion der Deformation angegeben werden kann. Dies bedeutet, daß die Deformationsgeschichte für die aktuelle Spannung irrelevant ist. Ein Material heißt linear-elastisch, wenn die Beziehung zwischen Spannung und Deformation linear ist. Für ein linear-elastisches isotropes Material wird die Spannungs-Dehungsbeziehung durch das Gesetz von H OOKE angegeben, wo zwei Materialparameter vorkommen. Dafür kann man z.B. die L AMÉParameter λ und µ nehmen. Damit lautet das H OOKEsche Gesetz wie folgt: σij = λεkk δij + 2µεij bzw. εij = −
λσkk 1 δij + σij 2µ(3λ + 2µ) 2µ
.
Hierbei ist δij das K RONECKER-Symbol (δij = 0 für i = j, δij = 1 für i = j), und es sind die Indexschreibweise und die Summationskonvention benutzt worden. Ausgeschrieben lautet das H OOKEsche Gesetz: ⎛
⎞ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ σ11 σ12 σ13 100 ε11 ε12 ε13 ⎝ σ21 σ22 σ23 ⎠ = λ(ε11 + ε22 + ε33 ) · ⎝ 0 1 0 ⎠ + 2µ · ⎝ ε21 ε22 ε23 ⎠ σ31 σ32 σ33 ε31 ε32 ε33 001
oder, in etwas abgekürzter Schreibweise: σij = λ
3
k=1
εkk · δij + 2µ · εij
.
Nach der Summationskonvention wird das Summenzeichen ausgelassen, und es wird über doppelt angeschriebenen Indizes (hier: k) automatisch summiert: ε kk = ε11 + ε22 + ε33 . Die Größe µ wird auch als Schubmodul G (µ ≡ G) bezeichnet. Man kann das H OO KE sche Gesetz auch mit den Größen G und ν anschreiben, wobei ν das P OISSON Verhältnis ist: ν εkk δij σij = 2G εij + 1 − 2ν bzw.
εij =
1 2G
σij −
ν σkk δij 1+ν
.
Das H OOKEsche Gesetz kann auch mit dem Elastizitätsmodul (YOUNG’s modulus E) und dem P OISSON Verhältnis ν ausgedrückt werden:
164
8 Scherfestigkeit
σij = bzw.
E νE εij + εkk δij 1+ν (1 + ν) · (1 − 2ν)
1 [(1 + ν)σij − νσkk δij ] . E Folgende Beziehungen gelten zwischen den verschiedenen Größen: εij =
λ 2(λ + µ) νE λ= (1 + ν)(1 − 2ν) µ(2µ + 3λ) E= λ+µ E µ≡G= . 2(1 + ν) ν=
Auch der Kompressionsmodul B, bzw. K, wird oft als Materialparameter verwendet: B≡K=
E 3(1 − 2ν)
.
Manche Autoren schreiben Spannung und Verformung als 6-komponentige Vektoren an. Wegen der Symmetrie (σij = σji , εij = εji ) werden die Komponenten σ21 usw. ausgelassen, weil sie identisch zu σ12 usw. sind. Das H OOKEsche Gesetz lautet dann: ⎞⎛ ⎞ ⎞ ⎛ ⎛ ε11 1 −ν −ν 0 0 0 σ11 ⎟⎜σ ⎟ ⎜ε ⎟ ⎜ −ν 1 −ν 0 0 0 ⎟ ⎜ 22 ⎟ ⎜ 22 ⎟ ⎜ ⎟⎜ ⎜ ⎜ ⎟ ⎟ 1 ⎜ −ν −ν 1 0 0 0 ⎟ ⎜ σ33 ⎟ ⎜ ε33 ⎟ ⎟⎜ ⎜ ⎟= ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ σ12 ⎟ ⎜ ε12 ⎟ E ⎜ 0 0 0 2(1 + ν) 0 0 ⎟⎜ ⎜ ⎜ ⎟ ⎟ ⎠ ⎝ σ23 ⎠ ⎝ ε23 ⎠ ⎝ 0 0 0 0 2(1 + ν) 0 0 0 0 0 2(1 + ν) ε13 σ13 Das H OOKEsche Gesetz ist überhaupt das einfachste Stoffgesetz für Feststoffe. Für einige Randwertprobleme erlaubt es daher strenge analytische Lösungen, die gerne als Referenzlösungen herangezogen werden. Man muß aber stets vor Augen halten, daß es viele Geomaterialien gibt, auch Festgesteine, für welche eine lineare Beziehung zwischen Spannung und Verformung selbst für relativ kleine Dehnungen nicht existiert. Die Anpassung einer linearen Beziehung an eine nichtlineare Kurve kann dann recht willkürlich ausfallen. 8.14.2 Scherfestigkeit von Festgestein Die Festigkeit von Festgestein wird anhand von einaxialen oder triaxialen Kompressionsversuchen ermittelt. Beim Triaxialversuch wird eine zylindrische Probe in axialer Richtung komprimiert, während die Seitenspannungen σ2 = σ3 konstant gehalten werden. Beim einaxialen Versuch ist σ2 = σ3 = 0. Der Triaxialversuch wurde
8.14 Scherfestigkeit von Fels
165
1911 durch VON K ÁRMÁN für die Untersuchung von Felsproben eingeführt, sein Einsatz in der Bodenmechanik erfolgte später. Auf Felsproben werden Seitendrücke bis zu 1000 MPa angewandt.24 Für Kompressionsversuche müssen die Probenenden planparallel und glatt sein. Aufgrund von unterschiedlicher Verwitterung kann die Festigkeit eines Gesteinstyps (z.B. Granit) ganz unterschiedlich ausfallen, die Werte können um Größenordnungen differieren. In erster Näherung kann die Scherfestigkeit von Felsgestein (wie bei Boden) durch das Bruchkriterium von M OHR -C OULOMB angegeben werden: Bruch (Versagen) tritt ein, wenn die Schubspannung τ den Wert τf erreicht, wobei τf = c + σ tan ϕ
.
(8.9)
Dabei ist σ die Normalspannung, c die Kohäsion und ϕ der Reibungswinkel, der für Felsgestein zwischen 25◦ und 55◦ schwankt. Genauso wie für Boden, ist Gleichung 8.9 eine Näherung, denn tatsächlich wächst τf unterlinear mit σ an, was bedeutet, daß der Reibungswinkel ϕ druckabhängig ist, und mit wachsender Normalspannung σ geringer wird. Auch die Form einer Felsprobe beinflußt ihre Scherfestigkeit: je schlanker die Probe, desto kleiner die Scherfestigkeit. Dies dürfte eine Folge der Reibung an den Probenenden sein. 8.14.3 Zugfestigkeit von Felsgestein Die einaxiale Zugfestigkeit von Felsgestein ist ca. 10 bis 20 Mal kleiner als die einaxiale Druckfestigkeit. Zu ihrer Bestimmung wird oft der sog. brasilianische Versuch herangezogen (Abb. 8.43), wo eine zylindrische Probe entlang von zwei Erzeugenden gedrückt wird. Für elastische Proben ergibt sich dabei eine annähernd konstante Zugspannung in einem ebenen Schnitt, der diese Erzeugenden enthält. Daher versagt die Probe auf Zug. Die Zugfestigkeit ergibt sich annähernd zu F/(πrl) . Weitere Versuche zur Ermittlung der Zugfestigkeit von Felsgestein sind (i) der 4Punkte Biegeversuch (schwierige Probenerstellung, Spannungskonzentration spielt eine Rolle), (ii) die rotierende Scheibe bzw. der Zentrifugalversuch nach M OHR, (iii) der direkte Zugversuch, bei welchem die Probenenden an die Prüfmaschine geklebt werden, und (iv) der L UONG-Versuch (Abb. 8.44): Von den beiden Probenenden aus werden zwei konzentrische Kreisschlitze hergestellt, so daß bei Druckbeanspruchung im Zwischenbereich eine Zugspannung herrscht. Diese ist aber inhomogen verteilt, so daß die Ergebnisse von der Probengeometrie abhängen. Interessanterweise ist die Reproduzierbarkeit bei diesen Versuchen recht gut, jedoch unterscheiden sich die mit den verschiedenen Versuchstypen ermittelten Zugfestigkeiten beträchtlich.25 24 25 26
Zu den dazu relevanten Sicherheitsaspekten siehe: Cox, B.G., Saville, G. (eds.): High Pressure Safety Code. High Pressure Technol. Assoc. U.K., 1975. R. Nova, Vortrag in Aussois, 2002. Luong, M.P., 1986. Un nouvel essai pour la mesure de la résistance à la traction. Revue Française de Géotechnique, 34, 69-74.
166
8 Scherfestigkeit
Abb. 8.43. Brasilianischer Versuch
Abb. 8.44. L UONG-Versuch für die Zugfestigkeit von Felsgestein26
8.14.4 Sprödes und duktiles Verhalten Je nachdem, ob die Verformung bis zum Versagen (die sog. Peakdehnung) klein oder groß ist, unterscheidet man zwischen sprödem und duktilem Verhalten. Betrachtet man die Peakdehnung als Ankündigung des Versagens, so ist das spröde Versagen unangekündigt. Ein Gestein kann sich sowohl spröde als auch duktil verhalten. Entscheidend dafür sind die Geschwindigkeit der Deformation, die Temperatur und das Druckniveau. Wenn man Triaxialversuche an einem Gestein unter verschiedenen Zelldrücken betrachtet (Abb. 8.45), so stellt man fest, daß die Duktilität mit wachsendem Druckniveau zunimmt. Letzteres beeinflußt auch das Bruchmuster (Abb. 8.46).
0
0
Abb. 8.45. Spanungs-Dehnungskurven aus Triaxialversuchen an Marmor bei verschiedenen Seitendrücken27
8.14 Scherfestigkeit von Fels
167
Abb. 8.46. Bruchmuster von Marmorproben bei verschiedenen Seitendrücken27
Bei verschwindendem Seitendruck tritt das sog. axiale Aufsplitten (axial splitting) auf (Abb. 8.46), was eine Art von Zugversagen ist und deswegen als paradox erscheint, weil makroskopisch betrachtet in der Probe keine Zugspannungen herrschen. Zur Erklärung weren mikroskopische Inhomogenitäten herangezogen. Ein anderes Aufsplitten, das sog. core discing, tritt bei Felsproben, die aus großer Tiefe gezogen werden (Abb. 8.47). Offensichtlich können die infolge der elastischen Expansion der Probe auftretenden großen Dehnungen nicht aufgenommen werden. z
vertikale Verschiebung
Abb. 8.47. Zur Erklärung von core discing
8.14.5 Entfestigung Wie bei Boden geht auch bei Fels die Entfestigung mit Dilatanz einher, welche in der Felsmechanik meist als Auflockerung bezeichnet wird. Bei Fels kann die Entfestigung viel stärker als bei Boden sein, ihre Registrierung bereitet aber Schwierigkeiten. Bei weggesteuerten Prüfmaschinen muß der Laststempel der bei Entfestigung raschen Deformation der Probe nachfolgen. Genauso muß bei kraftgesteu27
M.S. Paterson: Experimental rock deformation, the brittle field. Berlin: Springer, 1978.
168
8 Scherfestigkeit
erten Prüfmaschinen die Last hinreichend schnell reduziert werden, damit das Versagen nicht beschleunigt wird. Da man die Geschwindigkeit, mit welcher die Probe nachgibt, nicht a priori kennt, muß der Versuch mit einer schnell reagierenden Regelung erfolgen. Die Steifigkeit der Prüfmaschine spielt dabei auch eine Rolle und muß berücksichtigt werden: Bei einer weggesteuerten Prüfmaschine entspricht ein Ausfahren des Stempels um den Betrag ∆s nicht einer gleichgroßen Verkürzung der Probe, denn ein Teil dieser Verschiebung entspricht der Verformung des Rahmens der Prüfmaschine. Dies ist schematisch in Abb. 8.48 gezeigt. Die Symbole cRahmen und cP robe bezeichnen die Steifigkeiten des Rahmens und der Probe. Bei Entfestigung ist cP robe < 0. Aus ∆s = ∆sRahmen + ∆sP robe und cRahmen ∆sRahmen = cP robe ∆sP robe erhält man ∆sP robe =
cRahmen ∆s. cP robe + cRahmen
Damit ∆sP robe positiv ist, muß die Steifigkeit des Rahmens hinreichend groß sein: cRahmen > −cP robe Dies ist bei den sog. steifen Prüfmaschinen der Fall. Für sehr spröden Fels kann die Entfestigung so ausgeprägt sein, daß keine Prüfmaschine steif genug ist.
Rahmen Rahmen
Stellglied
Stellglied
Felsprobe Kraftmeßdose
Felsprobe
Abb. 8.48. Prinzip und Idealisierung einer Prüfmaschine.
Daher muß man servo-kontrollierte Prüfmaschinen heranziehen. Man sollte bedenken, daß jenseits des Peaks die Probe ungleichmäßig deformiert wird, so daß letztendlich die Spannungs- und Verformungsverteilungen in der Probe unbekannt sind, so daß man keine Information zur Spannungs-Dehnungskurve des Materials gewinnen kann. 8.14.6 Punktlastversuch Wenn aus klüftigem Fels keine hinreichend große intakte Probe geborgen werden kann, dann wird die einaxiale Druckfestigkeit über den Punktlastversuch geschätzt:
8.14 Scherfestigkeit von Fels
169
Handgroße unregelmäßig geformte Felsstücke werden in eine Presse eingespannt und gedrückt. F ist die Versagenlast und a der Abstand zwischen den beiden Angriffspunkten dieser Last. Der sog. Festigkeitsindex Is wird wie folgt definiert: Is :=
F a2
und dient der Klassifizierung von Fels. Die einaxiale Druckfestigkeit q u kann aus Is (Tabelle 8.2) geschätzt werden. Für Gesteine mit qu < 25 MPa ist der Punktlastversuch untauglich. 8.14.7 Kluftreibung Die maximale Schubkraft Tf , die auf eine ebene Kluft angewandt werden kann, ist proportional zur Normalkraft N, Tf = µN , wobei der Koeffizient µ nach dem Gesetz von A MONTON unabhängig von N und der makroskopischen Kontaktfläche ist. Strenggenommen wächst Tf unterlinear mit N an, was (unter Zugrundelegung der zugehörigen Normal- und Schubspannungen) durch Beziehungen der Form τf = c + µσ or τf = µσ n beschrieben werden kann. Übliche Werte von µ für Felsklüfte sind zwischen 0.4 und 0.7. Die einzelnen Mineralbestandteile des Gesteins können dabei kleinere Reibungskoeffizienten haben, z.B. 0.1- 0.2 für Quarz. Die Kluftrauhigkeit beeinflußt den Reibungskoeffizienten 28 man muß aber berücksichtigen, daß sie durch Abrasion während der Relativverschiebung verändert wird. Das dabei entstehende Pulver kann die Reibung erhöhen. Auf frisch gebildeten Scherfugen beträgt µ zwischen 0.6 und 1.0. Durch Benetzung der Kluft kann µ verändert werden.
28
M.S. Paterson: Experimental rock deformation, the brittle field. Berlin: Springer, 1978.
170
8 Scherfestigkeit
Tabelle 8.2. Empirische Werte für die einaxiale Druckfestigkeit und Festigkeitsindizes. 29 Festigkeitsindex Abschätzung im Feld qu (MPa) > 250
Beispiele
Is (MPa) > 10
100 - 250
4 - 10
50 - 100
2-4
25 - 50
1-2
5 - 25 1-5
– –
kleine Bruchstücke können durch wiederholte Hammerschläge herausgelöst werden, hart klingender Fels Felsstücke können nur durch mehrere Hammerschläge zerlegt werden
Basalt, Diabas, Gneis, Granit, Quarzit
Amphibolit, Sandstein, Basalt, Gabbro, Gneis, Granodiorit, Kalkstein, Marmor, Rhyolit, Tuff Handstück kann mit einem Kalkstein, Marmor, Phyllit, Hammerschlag zerlegt werden Sandstein, Schiefer bei hartem Schlag dringt die Schiefer, Kohle Picke des Geologenhammers um bis zu 5 mm in den Fels ein. Felsoberfläche kann mit Messer geritzt werden schneidbar mit Messer Kreide, Mineralsalz zerfällt bei Hammerschlägen
8.14.8 Anisotropie Viele Sediment- und metamorphe Gesteine sind anisotrop. Oft wird dafür queranisotrope Elastizität angesetzt. Wenn die x3 -Koordinate senkrecht zur Bettungsbzw. Schieferungsebene ist, dann lautet die entsprechende Spannungs-Dehnungsbeziehung: ⎛ ⎞ ⎞ ⎛ ⎞⎛ ε11 1 −ν1 −ν2 0 0 0 σ11 ⎜ε ⎟ ⎟ ⎜ −ν 1 −ν ⎜ 0 0 0 ⎟ 2 ⎜ 22 ⎟ ⎜ 1 ⎟ ⎜ σ22 ⎟ ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 1 ⎜ −ν2 −ν2 1 0 0 0 ⎟ ⎜ σ33 ⎟ ⎜ ε33 ⎟ ⎜ ⎟ ⎟= ⎜ ⎟⎜ ⎜ ε12 ⎟ E1 ⎜ 0 0 0 2(1 + ν1 ) 0 0 ⎟ ⎜ σ12 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎟⎜ ⎝ ε23 ⎠ ⎝ 0 0 ⎠ ⎝ σ23 ⎠ 0 0 0 E1 /G2 0 0 0 0 E1 /G2 σ13 ε13 Es werden 5 Stoffkonstanten, E1 , E2 , ν1 , ν2 , G2 , benötigt. Bei anisotropen Gesteinen hängt die Festigkeit von der Richtung der Spannung ab. Die Scherfestigkeit ist minimal, wenn die größte Hauptspannung einen Winkel von ca. 30 ◦ zur Bettungsbzw. Schieferungsebene bildet (Abb. 8.49). 29
Aus E. Hoek, P.K. Kaiser, W.F. Bawden, Support of Underground Excavations in Hard Rock. Balkema, 1995.
8.14 Scherfestigkeit von Fels
171
Abb. 8.49. Bei geschichtetem oder geschiefertem Gestein ist die Festigkeit minimal, Abb. 8.50. Die Festigkeit von geschieferten wenn die größte Hauptspannung um ca. 30◦ Proben hängt von der Neigung ϑ der Schiezur Schieferungsebene geneigt ist. ferung ab.
Bei Queranisotropie bleiben Rotationen um Achsen, die senkrecht zur Schieferungsebene verlaufen, unentdeckbar (Abb. 8.51).
Abb. 8.51. Queranisotropie bleibt bei Rotationen um Achsen senkrecht zur Schieferrungsebene unentdeckbar.
Um die Anisotropie von geschichtetem bzw. geschiefertem Fels zu erfassen, betrachtet man separat die Scherfestigkeitsparameter cl und ϕl in den Schieferungsebenen, wo die Scherfestigkeit gegeben ist durch τf l = cl + σ tan ϕl
.
(8.10)
Um zu prüfen, ob ein Spannungszustand σ1 , σ2 , σ3 = σ2 zum Versagen führt, muß man für alle Neigungen θ, 0◦ ≤ θ ≤ 360◦ die Schub- und Normalspannungen ausrechnen. Für θ = ϑ wird das Bruchkriterium τ = c + σ tan ϕ herangezogen, und für θ = ϑ die Gleichung 8.10. Man erhält so die in Abb. 8.52 dargestellte Abhängigkeit zwischen der Scherfestigkeit (σ1 − σ2 )f und ϑ.
172
8 Scherfestigkeit
experimentell theoretisch
Abb. 8.52. Abhängigkeit der Scherfestigkeit von der Neigung der Schieferungsebene. Für ϑ1 ≤ ϑ ≤ ϑ2 sind für die Festigkeit die Scherfestigkeitsparameter cl und ϕl maßgebend.
8.14.9 Geschwindigkeitsabhängigkeit von Boden und Fels Die bei den Fluiden bekannte Viskosität bedeutet, daß der Widerstand gegen Scherung mit der Scherrate anwächst. Für Feststoffe nimmt man oft an, daß die Scherrate (bzw. die Geschwindigkeit der Deformation) keine Rolle spielt (rate independence), was man auch als Invarianz gegenüber Änderung der Zeitskala beschreiben kann. Boden und Fels sind aber nur in erster Näherung rate independent, und es gibt viele Fälle, wo ihre Geschwindigkeitsabhängigkeit eine Rolle spielt, d.h. sie weisen eine Viskosität auf, Kriechen (=Verformung bei konstanter Spannung) und Relaxation (=Abfallen der Spannung bei verschwindender Verformung) spielen dann eine Rolle. Die Geschwindigkeitsabhängigkeit von Feststoffen kann durch sprunghafte Veränderung der Deformationsrate etwa bei Triaxialversuchen entdeckt werden: Ein Sprung
Abb. 8.53. Kriechen und Relaxation
8.14 Scherfestigkeit von Fels
173
von ε˙ = ε˙a auf ε˙ = ε˙b , z.B. ε˙b = 10ε˙ a, verursacht die Spannungsänderung ∆σ.30,31 Die Erfahrung zeigt, daß ∆σ ∼ log(ε˙b /ε˙a ), d.h. es gilt die Beziehung ∆σ = I v σ∆(logε) ˙ , wobei Iv der sog. Viskositätsindex ist. Abb. 8.54 zeigt Versuchsergebnisse von weggesteuerten Triaxialversuchen mit trockenem Sand.32 Interessanterweise wurde die-
Abb. 8.54. Geschwindigkeitsabhängigkeit von trockenem Feinsand
selbe Beziehung auch für die Kluftreibung im Fels durch D IETERICH und RUINA festgestellt.33 Die Beziehung zwischen Kriechen und Relaxation ist im Falle der linearen Viskoelastizität einfach. Dies ist jedoch nicht der Fall bei nichtlinearer Viskosität und plastischer Deformation. Die wesentlichen experimentellen Befunde zum Kriechen und zur Relaxation von Boden und Fels sind: 30 31
32 33
Prandtl, L.; Ein Gedankenmodell zur kinetischen Theorie der festen Körper ZAMM, 8, Heft 2, April 1928, 85-106. F. Tatsuoka, et al., Time dependent deformation characteristics of stiff geomaterials in engineering practice. In: Pre-failure Deformation Characteristics of Geomaterials, Jamiolkowski et al, editors, Swets & Zeitlinger, Lisse, 2001, 1161-1262. B. Eichhorn, Der Einfluß der Schergeschwindigkeit beim Triaxialversuch, Diplomarbeit, Universität Innsbruck, 1999. A. Ruina, Slip Instability and State Variable Friction Laws. J. Geophys. Res., Vol. 88, No. B12, 10,359-10,370, Dec. 10, 1983.
174
• • •
•
8 Scherfestigkeit
Die Relaxationsrate fällt mit dem Logarithmus der Zeit ab (Gesetz von B UIS MAN ), d.h. σ ˙ ∼ logt. Bei deviatorischer Verformung nimmt die Kriechrate ε˙ mit der Deviatorspannung σ zu, d.h. ε˙ ∼ σ n . Diese Beziehung wird oft als N ORTONsches Gesetz bezeichnet. Die Kriechrate wächst mit der Temperatur. Dies bedeutet, daß Kriechen ein thermisch aktivierter Prozeß ist. Für solche Prozesse gilt oft die Gleichung von A RR HENIUS : ε˙ ∼ exp(−Q/RT ), wo Q und R Konstanten sind 34 und T die absolute Temperatur ist. Oft lassen sich drei Stadien von Kriechen unterscheiden: primäres Kriechen (Kriechrate nimmt ab), sekundäres Kriechen (Kriechrate bleibt konstant) und tertiäres Kriechen (Kriechrate nimmt bis zum Versagen zu).
8.14.10 Maßstabseffekt Man versteht darunter die Tatsache, daß die mechanischen Eigenschaften einer Felsprobe von der Probengröße beeinflußt werden. Die Festigkeit einer Probe wird mit wachsender Probengröße kleiner. Dieser Effekt ist bei inhomogener Spannungsverteilung ausgeprägter. Der Maßstabseffekt kann mit dem Konzept des sog. einfachen Stoffs nicht erfaßt werden.35 Er wird auf kleine Defekte zurückgeführt, welche einem Kontinuum eine innere Struktur aufprägen. G RIFFITH (1921) und W EIBULL (1939) erklärten den Maßstabseffekt mit der Annahme, daß die Wahrscheinlichkeit kleiner Defekte mit der Probengröße zunimmt. Die innere Struktur von Fels zeigt sich bei Felsaufschlüssen. Die dort zu beobachtenden Muster sind selbstähnlich in dem Sinne, daß Teile davon dem Ganzen ähnlich sind. Dies ist auch der Grund, warum man aus der Betrachtung von Photos von Felsaufschlüssen nicht auf ihre Größe schließen kann. Deswegen wird üblicherweise ein Gegenstand bekannter Größe (z.B. Schlüsselbund oder Münze) beigefügt. Selbstähnliche unregelmäßige Oberflächen haben oft eine sog. fraktale Dimension. Dies hat folgende Bedeutung: Um eine fraktale Kurve bzw. eine fraktale Fläche mit Quadraten bzw. Würfeln der Kantenlänge δ abzudecken, brauchen wir N Quadrate bzw. Würfel. Offensichtlich hängt N von δ ab: N = N (δ). Je kleiner δ ist, desto größer muß N sein. Für nicht-fraktale Kurven gilt N ∼ δ1 und für nicht-fraktale Flächen: N ∼ δ12 . Im allgemeinen ist N ∼ δ1D , wo D (die sog. fraktale Dimension) für Fraktale keine ganze Zahl ist. Die Länge der fraktalen Kurve ist L ≈ N δ = const · δ 1−D . Wenn man L (or N ) über δ halblogarithmisch aufträgt, erhält man eine Gerade. Aus
34 35
R ist die Gaskonstante, R = 8.314472 J/(mol·K). ’Einfache Stoffe’ sind durch die Annahme definiert, daß die Spannung nur vom ersten Deformationsgradienten, hingegen nicht von höheren Deformationsgradienten abhängt. Das mechanische Verhalten einfacher Stoffe kann durch Versuche mit homogener Probendeformation entdeckt werden.
8.14 Scherfestigkeit von Fels
175
Abb. 8.55. Die Anzahl N von Quadraten, die benötigt werden, um die Kurve abzudecken, hängt von ihrer Kantenlänge δ ab.
ihrer Neigung ergibt sich D. Bruchflächen von Fels sind fraktal. 36 Der Maßstabseffekt wird auch bei Bodenproben beobachtet.37 8.14.11 Diskrete Modelle Die diskontinuierliche Natur von geklüftetem Fels kann durch sog. diskrete Modelle berücksichtigt werden, welche jeden Kluftkörper separat betrachten und die Wechselwirkung zwischen ihnen berücksichtigen. Die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Blöcken wird relativ einfach angesetzt, ihre große Anzahl sowie die dreidimensionale Natur der betrachteten Probleme erfordern aber eine hohe Computerleistung. Die Stärke dieser Modelle ist zugleich ihre Schwäche: Sie können nur ad hoc, d.h. für konkrete Situationen angewandt werden und erlauben somit keine allgemeinen Aussagen.38 Man muß auch bedenken, daß die genaue Lage diskreter Klüfte kaum a priori bekannt ist. Die einfachsten diskreten Modelle sind die Starrkörper-Bruchmechanismen (siehe Abschnitt 11.5). Eine weitere Entwicklung stellen die sog. discrete element methods (DEM)39 dar, welche durch folgende Merkmale charakterisiert sind: 1. Sie erlauben endliche Verschiebungen und Verdrehungen (einschließlich Auseinanderklaffungen) der einzelnen Blöcke. 2. Sie sind mit Algorithmen ausgestattet, welche die Kontakte der einzelnen Blöcke ermitteln. Solche Algorithem benötigen lange Rechenzeit, die mit dem Quadrat 36
37 38
39
C. Scavia (1996), The effect of scale on rock fracture toughness: a fractal approach. Géotechnique 46, No. 4, 683-693, Chr.E. Krohn (1988), Sandstone Fractal and Euclidean Pore Volume Distributions. J. of Geophys. Research, 93, No. B4, 3286-3296. M.V.S. Bonala, L.N. Reddi (1999), Fractal representation of soil cohesion, J. of Geotechn. and Geoenvironmental Eng., Oct. 1999, 901-904. Auch bei der kinetischen Gastheorie werden individuelle Partikel betrachtet, allerdings darf man dort für sog. ergodische Systeme allgemeine makroskopisch-phenomenologische Aussagen treffen. P.A. Cundall and R.D. Hart: Numerical Modeling of Discontinua; R.D. Hart: An Introduction to Distinct Element Modeling for Rock Engineering. Both in Comprehensive Rock Engineering, Volume 2, Pergamon Press, 1993, pages 231–243 and 245–261.
176
8 Scherfestigkeit
der Anzahl n der einzelnen Blöcke anwächst. Durch Parzellierung des betrachteten Gebiets kann die Rechenzeit reduziert werden (proportional zu n). Die Kontakte zwischen den einzelnen Blöcken können starr oder nachgiebig sein (z.B. elastisch nach der H ERTZschen Pressung). Auch die Blöcke können starr oder deformierbar sein. In diesem Zusammenhang ist auch die sog. key block theory von S HI und G OODMAN zu nennen, die jedoch schwer nachzuvollziehen ist. 8.14.12 Festigkeit der Felsmasse Die Erfassung der Festigkeit von klüftigem Fels im Rahmen einer mechanischen Analyse ist ein noch ungelöstes Problem. Man behilft sich mit empirischen Ansätzen, am weitesten verbreitet ist derjenige nach H OEK und B ROWN: Das Bruchkriterium wird als Beziehung zwischen der größten und der kleinsten Hauptspannung σ 1 und σ3 angegeben. Bei Boden ist die Umhüllende der M OHRschen Kreise beim Versagen in erster Näherung eine Gerade (Abb. 8.57), und das Bruchkriterium lautet: σ1 σ3 1 + sin ϕ +1 = · σc σc 1 − sin ϕ
,
wobei σc die einaxiale Druckfestigkeit ist (bei c > 0). Für intakten Fels kann das
Abb. 8.56. Umhüllemde der M OHR schen Spannungskreise für kohäsiven Boden
Bruchkriterium (Abb. 8.56) formuliert werden durch die Gleichung σ3 σ1 σ3 = + mi +1 . σci σci σci
(8.11)
mi wird durch Anpassung an Ergebnisse von Triaxialversuchen bestimmt. Der Index i weist auf ’intakten Fels’ hin. Glg. 8.11 entspricht einer gekrümmten Umhüllenden der M OHRschen Kreise beim Versagen (man beachte, daß auch für Böden die M OHRsche Umhüllende strenggenommen gekrümmt ist). H OEK und B ROWN haben folgende empirische Beziehung für klüftigen Fels eingeführt:
8.14 Scherfestigkeit von Fels
177
Abb. 8.57. Gekrümmte Umhüllende für intakten Fels
σ1 σ3 = + σci σci
σ3 +s m σci
,
wobei m und s empirisch zu bestimmen sind und ursprünglich in Form von Tabellen oder Gleichungen angegeben wurden:40 gestörte Felsmasse RM R − 100 m = mi exp 14 RM R − 100 s = exp 6
ungestörte oder verzahnte Felsmasse RM R − 100 m = mi exp 28 RM R − 100 s = exp 9
Später wurden m und s in Abhängigkeit des ’Geological Strength Index’ GSI und des ’Disturbance Factor’ D angegeben:41 a σ1 σ3 σ3 = + m +s σci σci σci GSI − 100 m = m exp 28 − 14D GSI − 100 s = exp 9 − 3D 1 1 GSI 20 a= + exp − − exp − 2 6 15 3
40
41
RM R, rock mass rating, ist eine empirisch ermittelte Kennzahl, welche sich als Summe von Punkten ergibt, mit welchen diverse Felseigenschaften bewertet werden (siehe z.B. D. Kolymbas, Tunnelling and Tunnel Mechanics, Springer, 2005). E. Hoek, A brief history of the development of the Hoek-Brown failure criterion, www.rockscience.com.
178
8 Scherfestigkeit
GSI und D werden auf Grund von Tabellen und Diagrammen bestimmt. 42 Nach neueren Erkenntnissen ist das Bruchkriterium nach H OEK und B ROWN gut geeignet für duktile, jedoch nicht für spröde Felsmasse.43 Die RMR-Werte werden auch für weitere Abschätzungen herangezogen. Zum Beispiel wird der Elastizitätsmodul einer Felsmasse durch folgende Beziehungen abgeschätzt: E (GPa) ≈ 2 · RM R − 100 für RM R > 50 E (GPa) ≈ 10(RMR−10)/40 für RM R < 50 .
Man beachte, daß solche empirischen Abschätzungen 44 auf spezifischen Erfahrungen beruhen und daher nicht allgemein gültig sind. Für grobe Abschätzungen mögen sie herangezogen werden, sie sollten aber immer mit dem Vorbehalt einer weiteren Überprüfung verwendet werden. Die Beliebtheit des H OEK -B ROWN-Kriteriums beruht darauf, daß es als einziges eine halbwegs akzeptable Antwort auf die noch unbeantwortete Kernfrage der Felsmechanik, nämlich nach der Festigkeit klüftiger Felsmasse, geben kann. Die beharrliche Verwendung dieses Kriteriums sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß es nicht auf einer rationalen Analyse beruht. Es wurde ursprünglich auf der Grundlage von Versuchen mit Betonquadern, thermisch behandeltem Marmor und klüftigem Andesit entwickelt,45 und stellt daher ein möglicherweise nützliches Werkzeug dar, das aber einen beschränkten Anwendungsbereich hat und kaum nachvollziehbar ist.
42 43 44
45
E. Hoek, C. Carranza-Torres, B. Corkum, Hoek-Brown failure criterion – 2002 edition, www.rockscience.com. P.K. Kaiser u.a., Underground works in hard rock tunnelling and mining, GeoEng 2000, Melbourne. Strenggenommen beruht jede Abschätzung auf Empirie (Erfahrung). Man sollte aber zwischen rational nachvollziehbaren Abschätzungen (z.B. des Reibungswinkels aufgrund von Triaxialversuchen) und solchen, die nur auf Erfahrung beruhen und nicht überprüft werden können, unterscheiden. E. Hoek, Strength of jointed rock masses, 23rd Rankine Lecture, Géotechnique 33, No. 3, 187-223.
8.14 Scherfestigkeit von Fels
179
Tabelle 8.3. m- und s-Werte46 Fels Kalkstein, Marmor, Dolomit
Schiefer
Sandstein, Quarzit
magmatisch, feinkörnig
magmatisch, grobkörnig
RMR 100 85 65 44 23 100 85 65 44 23 3 100 85 65 44 23 3 100 85 65 44 23 3 100 85 65 44 23 3
a ∞ 1 ...3 m 1 ...3 m 0.3 . . . 1 m 3 ... ∞ 1 ...3 m 1 ...3 m 0.3 . . . 1 m 3 . . . 50 cm < 5 cm ∞ 1 ...3 m 1. . . 3 m 0.3 . . . 1 m 3 . . . 50 cm < 5 cm ∞ 1 ...3 m 1 ...3 m 0.3 . . . 1 m 3 . . . 50 cm < 5 cm ∞ 1 ...3 m 1 ...3 m 0.3 . . . 1 m 3 . . . 50 cm < 5 cm
m 7 3.5 0.7 0.14 0 10 5 1 0.2 0.05 0.01 15 7.5 1.5 0.3 0.08 0.015 17 8.5 1.7 0.34 0.09 0.017 25 12.5 2.5 0.5 0.13 0.025
s 1 0.1 4·10−3 1·10−4 1 0.1 4·10−3 1·10−4 1·10−5 0 1 0.1 4·10−3 1·10−4 1·10−5 0 1 0.1 4·10−3 1·10−4 1·10−5 0 1 0.1 4·10−3 1·10−4 1·10−5 0
8.14.13 Quellen und Schwellen Quellen und Schwellen bezeichnet die Eigenschaft gewisser Mineralien, bei Wasseranlagerung ihr Volumen zu vergrößern. Werden sie dabei behindert, so üben sie einen Druck, den sog. Quelldruck aus. Man unterscheidet47 zwischen mechanischem, osmotischem, intrakristallinem und hydratationsbedingtem (Übergang von Anhydrit 46 47
E. Hoek, Strength of jointed rock masses, 23rd Rankine Lecture, Géotechnique 33, No. 3, 187-223. H.H. Einstein: Tunnelling in Difficult Ground - Swelling Behaviour and Identification of Swelling Rocks. Rock Mechanics and Rock Engineering, 1996, 29(3), p. 113-124.
180
8 Scherfestigkeit
zu Gips) Quellen.48 Die Unterscheidung aber betrifft lediglich den Mechanismus der Wasseranlagerung und nicht die Phänomenologie des Quellvorgangs. So ist das ”mechanische” Quellen gleichbedeutend mit dem Zurückfedern des Korngerüstes bei Entlastung, während das physikochemisch bedingte Quellen auf die Begierigkeit gewisser Mineralien nach Wasser zurückzuführen ist. Obwohl beide Wörter, „Quellen“ und „Schwellen“, die Tendenz zur Volumenzunahme infolge Wasseranlagerung bedeuten und daher Synonyme sind, wird manchmal das Wort „Schwellen“ in Zusammenhang mit der Anhydrit→Gips-Umwandlung und das Wort „Quellen“ in Zusammenhang mit Tonmineralien verwendet. Im Labor wird das Quellen hauptsächlich im Ödometergerät (d.h. bei einachsialer Deformation) bei Wasserzutritt von oben und unten untersucht (sog. H UDER A MBERG-Versuch). Läßt man die Spannung konstant, so dehnt sich die Probe mit der Zeit aus. Verhindert man hingegen die Ausdehnung, so wächst die Spannung mit der Zeit an. Im Labor kann der Schwelldruck Werte bis zu 2 MPa bei osmotischem, 100 MPa bei intrakristallinem und 7 MPa bei der Hydratation von Anhydrit erreichen. Massiver Anhydrit ist wasserundurchlässig und daher kaum schwellanfällig. Bei Gemischen aus Anhydrit und schwellanfälligem Tonschiefer quillt zunächst der Ton und verschafft so dem Wasser Zutritt, so daß anschließend auch der Anhydrit zum Quellen kommt. In Laborversuchen ist der Übergang vom Quellen der Tonminerale zum Quellen von Anhydrit häufig an einer Verlangsamung und anschließender Beschleunigung der Volumenzunahme bzw. des Druckanstiegs zu erkennen. Wird die Verlangsamung als Zeichen für eine bevorstehende Beendigung des Schwellvorgangs fehlgedeutet und der Versuch abgebrochen, so wird das Schwellvermögen erheblich unterschätzt. Selbst eine Versuchsdauer von zwei Jahren kann manchmal zu kurz sein, um das Schwellvermögen richtig zu beurteilen. In Tunneln erfolgt die das Quellen veranlassende Wasserzufuhr durch das Auffahren wasserführender Schichten bzw. durch den Eintrag von Niederschlagswasser über die Portale. Die Luftfeuchtigkeit spielt dabei vermutlich nur eine geringe Rolle, daher leidet nur die Tunnelsohle unter Quellerscheinungen. Quelldehnungen erstrecken sich im Gebirge bis zu einer Tiefe unterhalb der Sohle, die in etwa dem Tunneldurchmesser entspricht. Sie können mehrere Jahrzehnte andauern. In Summe können sich Hebungen von mehreren Metern ergeben. Es sei hier angemerkt, daß z.B. beim Belchentunnel im Schweizer Jura schon während des Baus die Dränage durch Schwellen zerstört wurde. Abends eingelegte Sohlbewehrung mußte am nächsten Morgen wieder herausgenommen werden, weil das schwellende Gebirge den Freiraum für die Betondeckung aufgezehrt hatte.
48
Für die Geotechnik ist ein weiterer Schwellmechanismus relevant, der bei kalkstabilisierten Böden auftreten kann. Bei Vorhandensein von Sulfaten kann es zur Bildung von Ettringit kommen, der bei Wasserzutritt stark quellen und aufweichen kann, siehe D. Dermatas: Ettringite-induced swelling in soils: State-of-the-art. Appl. Mech. Rev. Vol. 48, No. 10, 1995, S. 659-673.
8.14 Scherfestigkeit von Fels
181
Die Anfälligkeit des Gesteins zum Quellen kann am treffendsten durch mineralogische Untersuchungen erkundet werden. Es gibt aber auch einige Hinweise 49 dafür. So können Schrumpfrisse einen Hinweis auf mögliches Schwellen geben. Ein Gestein mit reichem Tongehalt könnte ebenfalls schwellanfällig sein. Wenn es zwischen den Fingern zerrieben wird, fühlt es sich seifig an, und es hat einen kremigen Geschmack. Ein 1-2 cm3 großes Stück aus ausgetrocknetem Tongestein kann in ein Wasserglas geworfen werden. Bei Vorhandensein von quellfähigen Tonmineralien würde man in den ersten 30 Sekunden ein Aufbersten beobachten. Anhydrit läßt sich mit Hilfe von Salzsäure vom Kalkstein unterscheiden. In Zusammenhang mit Quellen (bzw. Schwellen) wird oft in einem Atemzug das Quetschen (squeezing) genannt.50 Dies bezeichnet jedoch eine ausgeprägte Konvergenz im Tunnel, die durch das Kriechen von sog. druckhaftem Gebirge bedingt ist. 8.14.14 Felsmechanische Feldversuche Es werden Spannungen bzw. Drücke angewandt, und man mißt die damit verknüpften Verschiebungen oder Verdrehungen, um daraus Schlüsse auf die Steifigkeit der Felsmasse zu gewinnen. Dazu werden elastische Lösungen oder empirische Beziehungen herangezogen. Abgesehen von den in-situ Scher- und Triaxialversuchen beruhen die Feldversuche der Felsmechanik auf Hohlraumaufweitungen. Durch Vergleich der gemessenen Hohlraumaufweitungen mit elastischen Lösungen gewinnt man Abschätzungen der Steifigkeiten. Werden plastische Deformationen erreicht, so kann man aus den Meßergebnissen auch die Scherfestigkeitsparameter gewinnen (zumindest ansatzweise). Scherversuch: Normal- und Schubkräfte werden mit Hydraulikzylindern aufgebracht. Ihre Wirklinien sollten sich in der Scherfuge schneiden, damit keine Kippmomente entstehen (Abb. 8.58). Ähnlich sind die Triaxialversuche konzipiert (Abb. 8.59).
49
50
International Society for Rock Mechanics, Commission on Swelling Rock. Suggested Methods for rapid field identification of swelling and slaking rocks. Int. J. Rock Mechanics Min. Sci. & Geomechanics Abstracts Vol. 31, No. 5, pp 547-550, 1994. M. Panet: Two Case Histories of Tunnels through Squeezing Rocks. Rock Mech. & Rock Engineering (1996) 29 (3), 155-164; s. auch: G. Mesri u.a.: Meaning, measurement and field application of swelling pressure of clay shales. Géotechnique 44, 1, 129-145 (1994), insb. Abb. 9.
182
8 Scherfestigkeit
Abb. 8.58. In-situ Scherversuch
Abb. 8.59. Erkundungsstollen mit Triaxialversuch51
Flat jacks: Flache Druckkissen werden in Schlitze im Fels hineingelegt und mit Mörtel eingebettet. Anschließend werden sie durch Anwendung von Druck aufgeweitet (Abb. 8.60). Druckkammer: Ein geschlossener Hohlraum im Fels wird mit Flüssigkeit gefüllt. Nach Temperaturausgleich mit dem umgebenden Fels wird die Flüssigkeit unter Druck gesetzt, und die resultierenden Verformungen werden gemessen.
Abb. 8.60. Flat jack 51
Tunel, 9 (2000) 2, p. 19.
8.14 Scherfestigkeit von Fels
183
Radialpresse: Zwischen einem Stahlring und der Wand eines Tunnels bzw. Erkundungsstollens werden Druckkissen plaziert. Die Hohlraumaufweitung wird unmittelbar vor bzw. hinter der Radialpresse gemessen. 52 (Abb. 8.61, 8.62).
Abb. 8.61. Quer- und Längsschnitt einer Radialpresse
Bohrlochaufweitung: Es gibt diverse Varianten, die verwendeten Namen sind uneinheitlich. Die zugrundeliegende Idee geht auf K ÖGLER (1934) zurück und wurde später von M ÉNARD weiterentwickelt, der den Namen Pressiometer geprägt hat (siehe Abschnitt 22.6.5). Pressiometer werden in der Felsmechanik auch Dilatometer genannt.
Abb. 8.62. TIWAG Radialpresse53
52 53
Viele Meßergebnisse finden sich in G. Seeber, Druckstollen und Druckschächte, Enke in Georg Thieme Verlag, Stuttgart-New York, 1999. Beiträge zur Technikgeschichte Tirols, Sonderheft 1984, Innsbruck, 1984.
9 Konsolidierung
Wir betrachten eine wassergesättigte Bodenprobe in einem Ödometergerät. Die mechanische Situation kann durch Abbildung 9.1 schematisch dargestellt werden.
Abb. 9.1. Schema zur Konsolidierung
Der Topf in Abbildung 9.1 enthält Wasser (Porenwasser) und eine Feder, die hier stellvertretend für das Korngerüst steht. Die Spannungs-Dehnungs-Beziehung der Feder bzw. des Korngerüstes ist nichtlinear, aber dies ist hier zunächst unwesentlich. Die kleine Öffnung an der Kopfplatte steht in Abbildung 9.1 stellvertretend für die engen Porenkanäle der Bodenprobe. Nun wird die so dargestellte „Bodenprobe“ belastet. Damit sich diese Belastung auf die Feder (Korngerüst) auswirkt, muß diese verkürzt werden. Dazu aber muß das Wasser entweichen. Da dieser Vorgang nur allmählich erfolgen kann, kann auch die Feder nur allmählich verkürzt werden. So wirkt die aufgebrachte Last zunächst nur auf das Porenwasser und ruft einen ebenso großen Anstieg des Porenwasserdruckes hervor, der dann allmählich abgebaut wird. Das Ausquetschen des Wassers geht mit einer Volumenverminderung der Probe einher. Wir gehen davon aus, daß diese Volumenverminderung nur einer Verminderung des Porenraums entspricht, d.h. sie kommt durch eine Umordnung der einzelnen
186
9 Konsolidierung
Körner zu einer dichteren Lagerung zustande, während das Volumen der einzelnen Körner nicht verändert wird.
9.1
Herleitung der Differentialgleichung
Die für die Konsolidierung maßgebende Differentialgleichung wird aus der Massenerhaltung der Bodenkörner und des Porenwassers, dem DARCYschen Gesetz und einer Beziehung für die Kompressibilität des Korngerüstes hergeleitet. Sei α w der Volumenanteil des Porenwassers. Bei der hier angenommenen vollständigen Wassersättigung ist αw identisch mit der Porosität n. Somit ist der Volumenanteil der Körner αs = 1 − n. Seien ferner1 vs und vw die Abstandsgeschwindigkeiten der Körner und des Porenwassers. vs und vw sind die entsprechenden Filtergeschwindigkeiten, und es gilt: vw = αw vw , vs = αs vs . s und w seien die Dichten der Körner und des Wassers (etwa s ≈ 2, 65 g/cm3 für Quarzsand und w = 1, 0 g/cm3 für Wasser). Die Massenerhaltung für das Korngerüst lautet: ∂ (αs ρs ) + ∇ · (ρs vs ) = 0 ∂t Für ρs = const erhält man daraus: ∂αs + ∇ · vs = 0 ∂t
(9.1)
Die Massenerhaltung für das Porenwasser lautet: ∂ (αw ρw ) + ∇ · (ρw vw ) = 0 ∂t
(9.2)
Die Kompression des Porenwassers (etwa wegen Luftbläschen) bewirkt eine Änderung der Dichte ρw : ρw =
V˙ m m ρ˙ w = − 2 V˙ = −ρw ρ˙ w = −ρw ε˙v V V V
.
Mit der Kompressibilität β des Porenwassers und dem Porendruck p lautet das Stoffgesetz für die Kompression des Porenwassers: ε˙v = −β p˙
.
Somit erhält man aus der Massenerhaltung des Porenwassers: 1 ∂αw + αw β p˙ + w ∇ · (ρw vw ) = 0 ∂t ρ 1
(9.3)
In diesem Abschnitt werden spezielle Bezeichnungen verwendet, die vom sonstigen Gebrauch in diesem Buch abweichen.
9.1
Herleitung der Differentialgleichung
187
bzw. ∂αw 1 + αw β p˙ + ∇ · vw + w vw · ∇ρw = 0 ∂t ρ Der letzte Summand kann (als Produkt von kleinen Größen) vernachlässigt werden, sodass man erhält: ∂αw + αw β p˙ + ∇ · vw = 0 ∂t
(9.4)
Unter Berücksichtigung eines i0 -Gradienten lautet das Gesetz von DARCY-G ERSEVANOV: vw − vs = −
1 K(∇h − i0 ) αw
bzw. (mit vw = αw vw , vs = αs vs ): vw −
αw vs = −K(∇h − i0 ) . αs
K ist der Durchlässigkeitstensor, der eine anisotrope Durchlässigkeit berücksichtigen kann. Durch Divergenzbildung erhält man: αw ∇ · vw − ∇ · vs = −∇ · K(∇h − i0 ) . (9.5) αs
Die Ausdrücke für ∇ · vw und ∇ · vs werden aus (9.1) und (9.4) in (9.5) eingesetzt, und man erhält: ∂αw αw ∂αs − − αw β p˙ + = −∇ · K(∇h − i0 ) . · ∂t αs ∂t Einsetzen von αw = n = e/(1 + e) , αs = 1 − n liefert:
mit
1 ∂e e + β p˙ = ∇ · K(∇h − i0 ) , 1 + e ∂t 1+e h = p/(ρw g) + z
(9.6) (9.7)
.
Für den Sonderfall β = 0 , i0 = 0 , K = k1 , k = const, gilt: ∂e = k(1 + e)∇ · ∇h = k(1 + e)∆h ∂t
.
Einsetzen von (9.7) und γ w = ρw g liefert k(1 + e) ∂e ∆p = ∂t γw bzw. mit der Volumendehnungsrate ε˙ v = ε˙11 + ε˙22 + ε˙33
(9.8)
188
9 Konsolidierung
ε˙v =
k ∆p γw
(9.9)
,
wobei ∆ der L APLACE -Operator ist. Glg. (9.8) drückt die Kontinuität unter Berücksichtigung des Gesetzes von DARCY-G ERSEVANOV aus. Anschließend braucht man nur ε˙v mit Hilfe eines Stoffgesetzes auszudrücken. Verwendet man das linearelastische Stoffgesetz, so bilden Glg. (9.8) und die Gleichgewichtsbedingungen die sog. B IOT-Gleichungen. Sonderfall: Nur eine örtliche Dimension. Die dränierte Oberfläche des Halbraums wird mit der Spannung σ0 (t) belastet. Mit p = p0 + u = (p00 + γ w z) + u , wobei p0 der hydrostatische Anteil und u der Porenwasserüberdruck ist, gilt: (9.10)
∆p = ∂ 2 u/∂z 2 . Ferner ist
σz = γr z + σ0 = σz + p
σz = γr z − p00 − γ w z − u + σ0
(9.11)
Mit dem linearen Stoffgesetz
de = −adσz (a: Kompressibilität des Korngerüstes) erhält man aus (9.11): ∂e ∂σ ∂u ∂σ0 = −a z = a − ∂t ∂t ∂t ∂t
(9.12)
Einsetzen von (9.12) und (9.10) in (9.8) liefert k(1 + e) ∂ 2 u ∂u ∂σ0 − = ∂t ∂t aγw ∂z 2 Für σ0 = const erhält man daraus die Differentialgleichung von T ERZAGHI: ∂u k(1 + e) ∂ 2 u , = ∂t aγw ∂z 2
(9.13)
welche identisch mit der F OURIER-Differentialgleichung für Wärmeleitung und Difk(1 + e) fusion ist. Der Faktor wird als Konsolidierungsbeiwert cu bezeichnet. Die a γw Differentialgleichung 13 kann nach der Methode der Trennung der Variablen gelöst werden. Lösungen für übliche Anfangs- und Randbedingungen werden als unendliche Reihen dargestellt. Die 3D-Verallgemeinerung der Gleichung 9.13,
9.1
Herleitung der Differentialgleichung
189
k(1 + e) ∂u = ∆u ∂t aγw
(9.14)
ist falsch! Konsolidierung einer Kugel: Ihre dränierte Oberfläche (r = R) wird mit σ0 = const belastet. Wegen Kugelsymmetrie wird g = 0 bzw. γ = 0 angesetzt, und es gilt (in sphärischen Koordinaten) σϕ ≡ σϑ . Als Ergebnis der Konsolidierung wird die Kugel schrumpfen. Bei gleichmäßiger Schrumpfung würde überall in der Kugel ein homogener hydrostatischer Spannungszustand herrschen. Da aber der äußere Rand der Kugel schneller konsolidiert, ist die Schrumpfung nicht gleichmäßig. Daraus folgt, dass die Radialverschiebung w in der Kugel überlinear mit r anwächst. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit nehmen wir für hier an: w = ar α , α > 1.2 w,p, σ ’r
p σ ’r
∆p
∆ σ’r = σ 0 = p (t = 0) w
0
r
r
R
Abb. 9.2. Zur Verdeutlichung werden stark vereinfachte Verteilungen von w, σr , p über r angenommen.
Unter Annahme der im Bild 2 dargestellten ungleichmässigen Schrumpfung (w: Radialverschiebung, εr = ∂w/∂r > εϑ = w/r σr > σϑ ) erhält man (wegen Glg. 9.15) |∆p| = 2
r1
R
∂p dr ∂r
>
∆σr =
R
r1
∂σr dr . ∂r
Nur für α = 1 hätten wir εr = dw/dr = a , εϑ = w/r = a = εr , woraus (für isotropes Material) σr = σϑ folgt. Die Gleichgewichtsbedingung in radialer Richtung,
2 ∂σr ∂p + (σr − σϑ ) = − , ∂r r ∂r
(9.15)
würde in diesem Fall lauten: ∂σr /∂r = −∂p/∂r bzw. ∂(σr + p)/∂r = 0 σr + p = σ0 (für σ0 = const) σ˙ r = −p˙ . Mit dem linearen Stoffgesetz de = −adσr würde dann aus (9.8) die 3D-Verallgemeinerung der Terzaghi-Differentialgleichung folgen. Dies, allerdings, nur unter Vernachlässigung der ungleichmässigen Schrumpfung. Dies ist falsch, denn die angenommene örtlich konstante Dehnung impliziert konstante Spannung, folglich ∂σr /∂r = ∂p/∂r = 0 .
190
9 Konsolidierung 0
Andererseits ist σr (r = R) = σ0 = p(t = 0) . Somit ist |∆p| > p(t = 0). M. a. W., im Inneren der Kugel wird p zunächst größer als der Anfangsporendruck (M ANDEL -C RYER-Effekt). Für t → ∞ wird die Schrumpfung und somit auch die 0 0 effektive Spannung gleichmäßig, σr → σϑ , p → 0 .
9.2 Ablauf der Konsolidierung Wir betrachten eine wassergesättigte bindige Bodenschicht der Dicke 2H, die beidseitig (d.h. nach oben und nach unten) dränieren kann. Die Geländeoberkante möge durch eine „unendlich“ ausgedehnte Oberflächenlast p0 zum Zeitpunkt t = 0 belastet werden. Wie bereits erwähnt, wird unmittelbar nach der Lastaufbringung nur das Porenwasser belastet (es erfährt den Überdruck u = p0 ), während das Korngerüst von der Auflast zunächst nichts „merkt“ und insbesondere keine Setzung erleidet. Die anfängliche (d.h. zum Zeitpunkt t = 0) Verteilung des Porenüberdrucks ist in Abb. 9.3 gezeichnet. Wegen der Dränage an den Rändern der Schicht fällt dort der
Abb. 9.3. Momentane Verteilungen des Porenwasserüberdrucks (Isochronen) während der Konsolidierung einer bindigen Schicht
Porenüberdruck sofort (für t > 0) auf 0 ab. Sein Verlauf im Bereich 0 < z < 2H ist für verschiedene Zeitpunkte in Abb. 9.3 eingetragen. Erst für t → ∞ verschwindet der Porenüberdruck überall. Wir betrachten in Abbildung 9.4 eine Isochrone (d.h. eine Momentanaufnahme ) der Porendruckverteilung zu einem Zeitpunkt t1 > 0. Die Strecke BC entspricht demjenigen Anteil der Auflast p0 , der (in der betrachteten Teilschicht der Dicke dz) bereits auf das Korngerüst übertragen worden ist. Der zu diesem Zeitpunkt noch verbleiben-
9.2 Ablauf der Konsolidierung
191
Abb. 9.4. Zur Definition des Konsolidierungsverhältnisses µ
de Porenüberdruck entspricht der Strecke AB. Da wir ohnehin ein lineares Drucksetzungsverhalten angenommen haben, verhält sich die momentane Stauchung dieser Teilschicht zum Endwert wie die Längen BC zu AC. Es ist also µ(z) :=
BC ε(z, t1 ) = ε(z, ∞) AC
.
Die Zahl µ heißt Konsolidierungsverhältnis (consolidation ratio). Offenbar ist das über die Schichtdicke 2H gemittelte Konsolidierungsverhältnis 1 µ := 2H
Z2H
µ(z) dz
0
zugleich das Verhältnis der aktuellen Setzung s(t) zur Endsetzung s ∞ der Schicht: µ(t) =
s(t) s∞
.
Geometrisch gesehen ist µ das Verhältnis der Fläche FGED (schraffiert in Abb. 9.4) zur Rechteckfläche p0 2H. Aus der strengen Lösung 3 der Differentialgleichung 9.14 kann man µ als Funktion der Zeit t gewinnen. Mit Hilfe des durch Gleichung 9.14 k(1 + e) kann man die dimensionsloeingeführten Konsolidierungsbeiwertes cv = aγw se Zeit τ einführen τ :=
cv t H2
,
(9.16)
192
9 Konsolidierung
Abb. 9.5. Mittleres Konsolidierungsverhältnis µ bzw. Setzungsverhältnis s(t)/s∞ als Funktion der dimensionslosen Zeit τ
und µ als Funktion von τ darstellen (Abb. 9.5). Die Funktion µ(τ ) bzw. τ (µ), gewonnen aus der Lösung der Differentialgleichung (9.14), wird als unendliche Reihe dargestellt, kann jedoch durch folgende analytische Funktionen approximiert werden: π 2 µ für µ < 0, 6 τ= 4 (9.17) −0, 405[0, 21 + ln(1 − µ)] für µ > 0, 6 Genau genommen hängt die Lösung von der Anfangsverteilung (für t = 0) des Porenüberdrucks über z ab. Die durch Abbildung 9.5 bzw. durch Gleichung 9.16 angegebene Funktion gilt für eine lineare Anfangsverteilung (Abb. 9.6). Praktisch wird die Beziehung zwischen µ und τ anhand von Laborversuchen im Ödometergerät ermittelt. Da sie eine Beziehung zwischen dimensionslosen Variablen (µ und τ ) ist, gilt sie gleichsam für die Bodenschicht („Prototyp“) und für die Laborprobe („Modell“), sofern letztere aus demselben Material wie die in Frage kommende Bodenschicht besteht. Da die Laborproben viel dünner (üblicherweise 2H = 2 cm) als die Dicke der Bodenschichten in natura sind, konsolidieren sie viel schneller. Ein bestimmter µ-Wert wird , wie erwähnt, nach der dimensionslosen Zeit τ erreicht. Nun gilt cv t cv t = τ= H 2 Modell H 2 Prototyp bzw. tPrototyp =
HPrototyp HModell
2
tModell
.
(9.18)
Dies bedeutet, daß die Konsolidierzeit mit dem Quadrat der Schichtdicke anwächst. Eine Schicht, die nur einseitig durchlässig ist, kann als die Hälfte einer fiktiven, 3
Die Lösung erfolgt mit einem Separationsansatz und wird hier nicht näher dargestellt.
9.2 Ablauf der Konsolidierung
193
Abb. 9.6. Anfangsverteilungen des Porenwasserüberdrucks, für die die τ -µ-Beziehung durch Gleichung 9.17 angegeben werden kann
beidseitig dränierten Schicht betrachtet werden (Abb. 9.7). Man kann daher die Lösung µ(τ ) aus einem beidseitig dränierten Laborversuch heranziehen, sofern man nur HPrototyp = 2h in (9.18) einsetzt, wobei h die Schichtdicke ist. Aus der theoreti-
Abb. 9.7. Porendruck-Isochronen einer einseitig dränierten Schicht
schen Lösung weiß man, daß für µ = 50% die dimensionslose Zeit τ ungefähr 0,2 beträgt. Im Laborversuch wird hierzu die Zeit t50 gemessen. Nun kann man aus cv t50 ≈ 0, 2 H2 den Wert cv bestimmen: cv ≈ 0, 2H 2 /t50 . Es ist allerdings nicht immer einfach, aus dem Laborversuch t50 zu bestimmen, denn die experimentell ermittelte Zeitsetzungskurve weicht von der theoretischen Kurve ab infolge, erstens, der Sofortsetzung (die
194
9 Konsolidierung
als Anliegesetzung interpretiert und/oder auf die Kompression von evtl. Gasblasen zurückgeführt werden kann), und zweitens, der sog. sekundären Konsolidierung. Letztere ist ein Kriechvorgang (Kriechen = Anwachsen der Verformung bei konstanter Spannung), der durch die Zähigkeit des Korngerüstes und nicht des Porenwassers bedingt ist. Die sekundäre Konsolidierung erfolgt viel langsamer als die durch das Ausquetschen des Porenwassers bedingte sog. primäre Konsolidierung, welche durch die Gleichung 9.14 beschrieben wird, und ist hauptsächlich bei weichen bindigen Böden von Bedeutung. Die Setzung infolge sekundärer Konsolidierung wächst in etwa logarithmisch mit der Zeit (Gesetz von B UISMAN). Die Sekundärsetzung läuft über Jahrhunderte hinweg, deshalb heißt sie auch Säkularsetzung. Der Name „sekundäre Setzung“ ist deswegen irreführend, weil er nahelegt, daß die betrachtete Kriechverformung erst nach Abschluß der „primären Konsolidierung“ (infolge Ausquetschen des Wassers) einsetzt. Deshalb sollte man besser den Namen Kriechsetzung verwenden. Die Kriechsetzung bzw. -Kompression führt ebenfalls zu einer Verfestigung der Probe, so als ob die Probe durch eine Vorlast vorbelastet (überkonsolidiert) worden wäre. Abbildung 9.8 zeigt eine experimentell ermittelte und Abbildung 9.9 eine nach der Konsolidierungstheorie berechnete Zeitsetzungskurve. In beiden Fällen ist die Zeit logarithmisch aufgetragen (so daß der Punkt t = 0 nicht dargestellt wird).
Abb. 9.8. Experimentelle Zeitsetzungskurve
Die theoretische Kurve (Lösung der Differentialgleichung 9.14) erreicht (ca. ab τ ≈ 3) eine horizontale Asymptote, während die experimentell ermittelte Kurve infolge der sekundären Konsolidierung eine geneigte Asymptote erreicht. Der Vergleich der Abbildungen 9.8 und 9.9 legt nahe, durch den Schnittpunkt beider Asymptoten in Abbildung 9.8 denjenigen Zeitpunkt zu definieren, bei dem die primäre Konsolidierung praktisch abgeschlossen ist.
9.3
Kriechen
195
Abb. 9.9. Theoretische Zeitsetzungskurve für Primärkonsolidierung
9.3
Kriechen
Spannungs-Dehnungsbeziehungen sind im Grunde genommen sinnlos für Böden, welche Kriechen aufweisen (gemeint ist hier das Kriechen des Korngerüstes und nicht die durch die Zähigkeit des Porenwassers bedingte Setzungsverzögerung). Es hat nämlich keinen Sinn nach der Setzung infolge einer Belastung zu fragen, wenn diese Setzung mit der Zeit anwächst. Insofern ist auch die Auswertung von Ödometerversuchen an Böden, die Kriechsetzungen aufweisen, nicht ganz eindeutig. Üblicherweise nimmt man zu jeder Laststufe diejenige Setzung, bei der die primäre Setzung in etwa abgeschlossen ist. Die daraus gewonnenen Steifezahlen und die damit ermittelten Bauwerkssetzungen können aber nur solange zutreffen, wie die Kriechsetzungen klein bleiben. Übrigens tritt Kriechen nicht nur bei der ödometrischen Kompression auf, sondern auch bei allen Versuchsarten, z.B. bei Rahmenscher- und Triaxialversuchen, auf. Trotz umfangreicher experimenteller und theoretischer Untersuchungen liegt heute noch kein befriedigendes Konzept vor, das die Spannungen mit den Dehnungen unter Berücksichtigung des Kriechens verknüpft. Bei weggesteuerten Versuchen, die mit konstanter Verformungsrate (ε˙ = const) durchgeführt werden, wurde beobachtet, daß die gemessene Spannungskomponente σ von ε˙ abhängt. Eine Änderung der Verformungsrate von ε˙ 0 auf ε˙1 bringt die Spannungsänderung ∆σ = σIv ln
ε˙1 ε˙0
(9.19)
mit sich (Abb. 9.10). Der sog. Zähigkeitsindex Iv korreliert gut mit dem Wassergehalt an der Fließgrenze wL :
196
9 Konsolidierung
Iv [%] ≈ −7, 02 + 2, 55 ln(wL [%]) .
(9.20)
Abb. 9.10. Zur Geschwindigkeitsabhängigkeit der Spannung
Unter Zugrundelegung der Beziehung 9.19 kann man mehrere Kriechvorgänge beschreiben. In einem Atemzug mit dem Kriechen wird oft das Phänomen der Relaxation genannt. Relaxation ist der Spannungsabfall mit der Zeit, wenn keine Verformung stattfindet. 4
4
Für sog. viskoelastische Stoffe sind Kriechen und Relaxation unmittelbar miteinander verknüpft. Viskoelastizität ist aber für Böden nicht maßgebend.
10 Erddruck
Erddruck ist die Kraft, die der Boden auf eine vorwiegend vertikale Stützkonstruktion ausübt. Der Erddruck hängt stark von der Nachgiebigkeit und Steifigkeit der Stützkonstruktion ab, es liegt also eine komplexe „Bauwerk-Boden Wechselwirkung“ vor. Bisher existiert keine geschlossene Theorie zur Bestimmung des Erddrucks. Dies zeigt, um wieviel komplizierter das Verhalten des Bodens (oder eines beliebigen anderen Granulats) im Vergleich zum Verhalten eines Fluids (z.B. Wasser) ist, bei dem der Wasserdruck sich sehr leicht zu 21 γw h2 bestimmen läßt (siehe Abb. 10.1). Daher müssen sich die Ingenieure mit einem komplizierten Regelwerk 1 begnügen, das sich teils auf Theorie und teils auf Erfahrung stützt, oder sie müssen zu aufwendigen numerischen Berechnungen greifen.
Abb. 10.1. Wasserdruck auf eine Staumauer
Für den Grenzfall allerdings, daß der gestützte Boden versagt, läßt sich der Erddruck relativ einfach berechnen. Die Berechnungsmethode geht auf C OULOMB (1776) zu1
Siehe z.B. EAB, Empfehlungen des Arbeitskreises „Baugruben“.
198
10 Erddruck
rück und markiert den Beginn der Bodenmechanik. C OULOMB hat zunächst das ebene Problem betrachtet und eine starre Stützkonstruktion mit glatter ebener Oberfläche zugrundegelegt. Infolgedessen ist der Erddruck E normal zur Stützwand gerichtet. C OULOMB ist davon ausgegangen, daß die Stützwand vom Erdreich weg bewegt wird, bis das gestützte Erdreich bricht (bzw. versagt). Als Bruchmechanismus hat er eine ebene Gleitfuge angenommen, die unter dem (zunächst unbekannten) Winkel ϑ gegen die Horizontale geneigt ist (siehe Abb. 10.2). Wir betrachten die Kräfte, die auf den Erdkeil ABC wirken. Der Boden wird als kohäsionslos angenommen. Das Gewicht G des Erdkeils beträgt 21 γh2 / tan ϑ. Das Krafteck aus den Kraftvektoren E und G schließt mit der Schnittkraft Q, die um den Winkel ψ gegen die Gleitflächennormale geneigt ist. Der Winkel ψ ist ein rechnerischer Reibungswinkel, der — zunächst — nicht identisch zum tatsächlichem Reibungswinkel ϕ sein muß. ψ stellt denjenigen Reibungswinkel dar, der erforderlich ist, damit am betrachteten Gleitkeil Gleichgewicht herrschen kann.
Abb. 10.2. Erdkeil beim Bruchmechanismus zur Berechnung des Erddruckes nach C OULOMB
E läßt sich aus dem Krafteck in Abhängigkeit von ϑ und ψ ausdrücken: E=
1 2 tan(ϑ − ψ) γh 2 tan ϑ
.
(10.1)
Die Funktion E(ϑ, ψ) läßt sich durch Kurven E = const in der ϑ-ψ-Ebene darstellen (siehe Abb. 10.3). Wenn nun in einem Boden mit dem Reibungswinkel ϕ Versagen eintritt, so stellt sich derjenige Erddruck E ein, dessen zugehörige Kurve in Abb. 10.3 die Gerade ψ = ϕ tangiert (siehe Abb. 10.4). Würde sich ein Erddruck einstellen, dessen Kurve die Gerade schneidet, so würde das bedeuten, daß es Gleitfugen mit ψ > ϕ gibt, was
10 Erddruck
199
Abb. 10.3. Kurven E(ϑ, ψ)=const nach Gleichung (10.1)
unmöglich ist. Verliefe wiederum die Kurve des Erddrucks unterhalb der Geraden ψ = ϕ, so wäre überall ψ < ϕ, was der Annahme widersprechen würde, daß das Versagen (d.h. der Fall ψ = ϕ) eingetreten ist.
Abb. 10.4. Zur Bestimmung des Erddruckes
200
10 Erddruck
Tangieren der horizontalen Geraden ψ = ϕ bedeutet aber, daß der Gradient von E(ϑ, ψ) keine Komponente in ϑ-Richtung hat bzw. daß E ein Maximum ist:
∂E
! =0 (10.2) ∂ϑ ψ=ϕ Aus (10.1) und (10.2) läßt sich sofort die Neigung der kritischen Gleitfuge zu ϑ = 45◦ + ϕ/2 und der maßgebende Erddruck (der sog. aktive Erddruck Ea , active earth pressure) zu Ea =
1 2 γh · Ka 2
,
mit dem sog. aktiven-Erddruckkoeffizienten Ka = tan2 (45◦ − ϕ/2) =
1 − sin ϕ 1 + sin ϕ
(10.3)
ausrechnen. Gleichung 10.2 läßt sich auch so interpretieren, daß sich diejenige Gleitfuge einstellt, die den Erddruck zu einem Maximum macht. Diese Aussage wird oft als Prinzip (bzw. Hypothese) von C OULOMB genannt, es handelt sich jedoch nicht um ein eigenständiges Prinzip, sondern um eine Folgerung, wie hier gezeigt wurde. Wenn die Wand rauh ist, dann ist der Erdruck um den Wandreibungswinkel δ gegen die Wandnormale geneigt. Allerdings hängt die Richtung des Erddruckes von der Orientierung der Relativverschiebung zwischen Stützwand und Erdkeil ab. Für die in Abbildung 10.2 dargestellte (übliche) Kinematik erhält man eine Erddruckneigung wie in Abbildung 10.5 dargestellt. Ferner kann die Wand um den Winkel α gegen die Vertikale geneigt sein, und das Gelände kann um den Winkel β gegen die Horizontale geneigt sein (siehe Abb. 10.6). Ea ist dann um den Winkel α − δ gegen die Horizontale geneigt. Die Horizontalkomponente Eah ergibt sich aus Eah = 12 γh2 Kah mit der Formel von M ÜLLER B RESLAU: Kah =
cos2 (ϕ − α) 2 sin(ϕ + δ) · sin(ϕ − β) cos2 α 1 + cos(α − β) · cos(α + δ)
(10.4)
Der Wandreibungswinkel δ ist dabei positiv einzusetzen, wenn sich der Boden relativ zur Wand nach unten bewegt. Wird die Stützwand nicht vom Erdreich weg verschoben, sondern gegen das Erdreich gedrückt, so stellt sich im Grenzfall der sog. passive Erddruck (passive earth pressure) oder Erdwiderstand Ep ein. Es läßt sich auf ähnliche Weise herleiten, daß jetzt die kritische Neigung ϑ = 45◦ − ϕ/2 beträgt und daß
10 Erddruck
201
Abb. 10.5. Infolge Wandreibung geneigter Erddruck
β
δ h
Ea
−α
Abb. 10.6. Zur Bestimmung des Erddrucks nach Gleichung 10.4
Ep =
1 2 γh · Kp 2
,
mit Kp = tan2 (45◦ + ϕ/2) = gilt. Für α, β, δ 6= 0 gilt:
1 + sin ϕ 1 − sin ϕ
(10.5)
202
10 Erddruck
Kph =
cos2 (α + ϕ) 2 sin(ϕ − δ) · sin(ϕ + β) cos2 α 1 − cos(α + δ) · cos(α − β)
(10.6)
Für ϕ > 30◦ liefert der Mechanismus mit einem Gleitkeil (und somit die Gleichung 10.5 bzw. 10.6 nach M ÜLLER -B RESLAU) zu große passive Erddrücke. Für ϕ > 30◦ sollten daher für Kph die von C AQUOT und K ÉRISEL aufgrund von Analysen von Gleitkreisen ermittelten Werte verwendet werden 2 (siehe Tabelle 10.1 für den Spezialfall α = β = 0). Für kompliziertere Fälle sollten Bruchmechanismen mit mehreren Gleitfugen untersucht werden (siehe Abschnitt 11.5, „Zusammengesetzte Starrkörper-Bruchmechanismen“). Tabelle 10.1. Kph -Werte nach C AQUOT und K ÉRISEL für α = β = 0. δ/ϕ −2/3 −1/3 0 1/3 2/3
20◦ 2,72 2,38 2,04 1,70 1,33
25◦ 3,61 3,03 2,46 1,93 1,44
ϕ 30◦ 5,25 4,02 3,00 2,20 1,56
35◦ 8,00 5,55 3,70 2,50 1,68
40◦ 12,80 8,10 4,60 2,80 1,80
Bei unverschieblicher Wand ist der sog. Erdruhedruck (earth pressure at rest) E 0 = 1 2 2 γh K0 anzusetzen. Der Erdruhedruckkoeffizient K 0 wurde von JAKY näherungsweise durch Interpolation zwischen Ka und Kp zu K0 ≈ 1 − sin ϕ bestimmt. Man beachte, daß diese Formel nur für Erstbelastung gilt. Ist hingegen der Boden vorbelastet (σv > σ), so verbleibt nach der Entlastung bei verhinderter Seitenausdehnung ein Teil der Horizontalspannung als Verspannung im Boden zurück (vgl. Abb. 6.29). Für vorbelastete Böden setzt man oft K 0 = (1 − sin ϕ)(σv /σ)α , mit α ≈ 0, 5, an.
10.1 Berücksichtigung der Kohäsion Wir betrachten die in Abbildung 10.2 dargestellte Situation (für δ = 0), setzen aber jetzt voraus, daß der Boden eine Kohäsion c besitzt. Die auf der Gleitfuge wirkende 2
Man kann die Berücksichtigung gekrümmter Gleitfugen umgehen und mit der Gleichung 10.6 arbeiten (welche ebene Gleitfugen zugrundelegt), wenn man berücksichtigt, daß (für α = β = 0) ebene Gleitfugen mit δ = ϕ/3 (bzw 2/3ϕ) ungefähr den selben Kp -Wert liefern wie gekrümmte Gleitflächen für δ = ϕ/2 (bzw δ = ϕ).
10.2 Erddruck infolge Auflasten
203
Kohäsionskraft C hat (pro laufendem Meter) den Betrag C = cl, wobei l = h/ sin ϑ die Länge der Gleitfuge ist. Aus dem in Abbildung 10.7 dargestellten Krafteck folgt nun für den Erddruck E: 1 1 2 tan(ϑ − ψ) − ch tan(ϑ − ψ) + E(ϑ, ψ) = γh (10.7) 2 tan ϑ tan ϑ
Abb. 10.7. Krafteck für die Situation nach Abb. 10.2 und kohäsiven Boden
Die Bedingung ∂E/∂ϑ = 0 liefert (ebenso wie für kohäsionslosen Boden) die kritische Gleitfuge für ϑ = 45◦ + ϕ/2. Somit erhält man Ea =
1 2 γh Ka − 2ch Ka 2
,
(10.8)
.
(10.9)
mit Ka nach Gleichung 10.3. Entsprechend erhält man Ep =
1 2 γh Kp + 2ch Kp 2
Wie erwartet, wird durch die Kohäsion der aktive Erddruck vermindert und der passive Erddruck erhöht. Aus Ea = 0 erhält man aus Gleichung 10.8 die Höhe eines vertikalen Geländesprungs, der ohne Stützung gerade noch stabil ist (sog. freie Standhöhe) zu h=
4c γ tan(45◦ − ϕ/2)
.
10.2 Erddruck infolge Auflasten Betrachten wir wieder die Situation nach Abbildung 10.2, wobei jetzt die Geländeoberfläche durch Auflasten belastet sein soll (siehe Abb. 10.8).
204
10 Erddruck
Abb. 10.8. Zur Berechnung des Erddrucks bei belasteter Oberfläche
Liegt eine Einzellast P (pro laufendem Meter) vor, die auf den durch ϑ bestimmten Erdkeil wirkt, so lautet der Erddruck als Funktion von ϑ und ψ (vgl. Gleichung 10.1): 1 2 tan(ϑ − ψ) γh + P tan(ϑ − ψ) . 2 tan ϑ Die Gleichung ∂E/∂ϑ = 0 besitzt nunmehr keine Lösung für ϑ = 45 ◦ + ϕ/2, insofern muß der Erddruck auf andere Weise z.B. nach dem Verfahren von C ULMANN (siehe unten) berechnet werden. Liegt hingegen eine konstante Flächenlast vor, so erhält man anstelle von Gleichung 10.1: E=
tan(ϑ − ψ) 1 . E = ( γh2 + ph) 2 tan ϑ In diesem Fall verschwindet ∂E/∂ϑ für ϑ = 45◦ + ϕ/2, und man erhält
sowie (in analoger Weise)
1 Ea = ( γh2 + ph)Ka 2
,
1 Ep = ( γh2 + ph)Kp . 2 Ist p eine Verkehrslast, so liegt es i.a. auf der sicheren Seite, diese bei der Berechnung von Ep nicht zu berücksichtigen.
10.3 Verschiebungsabhängigkeit des Erddruckes Wie bereits dargelegt, hängt die Größe des Erddruckes von der Wandverschiebung s ab (siehe Abb. 10.2). Für s = 0 (absolut starre und unverschiebliche Wand) liegt der Erdruhedruck vor. Der aktive und der passive Erddruck sind Grenzfälle, siehe Abbildung 10.9. Die Verschiebungen sa und sp , die zur Mobilisierung des aktiven und passiven Erddruckes erforderlich sind, betragen wenige Prozente der Wandhöhe, lassen sich aber zur Zeit nicht genauer quantifizieren. Man weiß nur, daß sp erheblich größer als sa ist.
10.4 Grafische Verfahren
205
Abb. 10.9. Abhängigkeit des Erddrucks von der Wandverschiebung s
10.4 Grafische Verfahren Bei komplizierter Geometrie und Oberflächenbelastung läßt sich die Gleichung ∂E/∂ϑ = 0 nicht analytisch lösen. Man kann dann numerisch vorgehen, indem man den Erddruck E für mehrere ϑ -Werte ausrechnet um daraus das Maximum (Ea ) bzw. das Minimum (Ep ) abzugreifen. Für spezielle Verhältnisse führen die grafischen Verfahren nach C ULMANN bzw. E NGESSER schnell zum Ziel. 10.4.1 Verfahren von Culmann Ist die Geländeoberfläche uneben und durch vertikale Kräfte belastet, so ist das Verfahren von C ULMANN anwendbar. Es besteht darin, die Kraftecke um den Winkel 90◦ + ϕ (für den aktiven Fall) bzw. 90◦ − ϕ (für den passiven Fall) gegen den Uhrzeigersinn zu drehen. Hierzu trägt man durch den Fußpunkt der Stützwand die sog. Böschungs- und Stellungslinien. Die Böschungslinie ist um den Winkel ϕ, und die Stellungslinie um den Winkel 90◦ + α − δ − ϕ gegen die Horizontale geneigt (siehe Abb. 10.10). Für einen willkürlich festgelegten Fächer von Gleitfugen (Prüfgleitflächen) werden die Gewichte Gi und die eventuell vorhandenen Auflasten Pi ermittelt und in einem geeigneten Kräftemaßstab auf der Böschungslinie aufgetragen. Durch die Endpunkte der einzelnen Kräfte werden Parallelen zur Stellungslinie gelegt, die die entsprechende Gleitfuge schneiden. Die Schnittpunkte definieren die sog. E-Linie, deren Maximum (im selben Kräftemaßstab) den aktiven Erddruck Ea festlegt. Um Ep zu bestimmen, erhält die Böschungslinie die Neigung −ϕ und die Stellungslinie die Neigung 90◦ + α − δ + ϕ. Ep ergibt sich dann aus dem Minimum der E-Linie. 10.4.2 Verfahren von Engesser Das Verfahren von E NGESSER ist angebracht, sofern am Gleitkeil Kohäsions- und Strömungskräfte, sowie Auflasten mit horizontalen Komponenten angreifen. Man
206
10 Erddruck
Abb. 10.10. Zum Verfahren von C ULMANN
wählt einige Prüfgleitflächen und bestimmt die darauf angreifenden Kräfte. Zu deren Resultierende wird dann die jeweilige Gleitfugenresultierende Qi zugeschlagen. Die Hüllkurve der so aufgetragenen Qi -Kräfte dient zur Bestimmung des Erddruckes nach Abbildung 10.11.
10.5
? Lösung von Rankine
Bei der Lösung von C OULOMB ist die Bruchbedingung (d.h. die volle Mobilisierung der Reibungs- und Kohäsionsfestigkeit) lediglich in einer dünnen Gleitfuge erfüllt. Man kann aber auch den Fall betrachten, daß die Bruchbedingung (auch „Grenzbedingung“ genannt) in einem größeren Bereich erfüllt ist, man spricht dann vom sog. Zonenbruch3. Ist dies im kohäsionslosen Boden hinter einer Stützmauer der Fall, so erhält man ein Spannungsfeld, das zuerst von R ANKINE untersucht wurde. R ANKINE gelang dadurch im Jahre 1857 ein anderer Zugang zum Erddruckproblem, seine Erddrucktheorie ist aber nicht so allgemein anwendbar und wohl auch nicht so realistisch wie diejenige von C OULOMB. Die Konzentration der Deformation (sog. Lokalisierung) in dünnen Scherfugen ist nämlich ein stereotypes Muster, das vermutlich bei jedem Bruchvorgang auftritt. Wir betrachten ein unter dem Winkel β geneigtes Gelände. Die Vertikalspannung p v auf böschungsparallele Schnittflächen beträgt pv = γz cos β 3
,
Eigentlich ist die Annahme eines Zonenbruchs (und somit die Lösung von Rankine) unrealistisch, da es sich immer wieder zeigt, daß sich beim Bruch die Deformation in dünnen Scherfugen lokalisiert. Die Lösung von Rankine hat daher nur eine historische Bedeutung.
10.5
Lösung von Rankine
207
Abb. 10.11. Bestimmung des aktiven Erddruckes nach dem Verfahren von E NGESSER . Man beachte, daß die Kohäsionskräfte nicht addiert werden.
wie man aus Abbildung 10.12 ersehen kann. Wir wollen nun sehen, wie groß die zugehörige böschungsparallele Spannung p l ist. Zu ihrer Bestimmung ist die Kenntnis des gesamten Spannungszustands, die allein durch die Vorgabe von pv nicht gegeben ist, notwendig. Wir wollen aber sehen, innerhalb welcher Grenzen der Wert von pl schwanken kann. Dazu nehmen wir an, daß der Spannungszustand bekannt ist und durch den im M OHRschen Diagramm der Abbildung 10.13 eingetragenen Kreis dargestellt wird. Wir bestimmen zunächst den Pol P durch eine böschungsparallele Gerade durch den Punkt, der die Spannung pv repräsentiert. Von P aus zeichnen wir eine vertikale Gerade und gelangen so zum Spannungspunkt pl . Um einen Grenzwert für pl zu finden4 , treffen wir die zusätzliche Annahme, daß der betrachtete Spannungszustand ein 4
Die Größe von pl entspricht der Länge der Geraden zwischen den Punkten 0 und pl (bzw. P ) im Mohrschen Diagramm der Abbildung 10.13.
208
10 Erddruck
Abb. 10.12. Die Vertikalspannung pv ergibt sich aus dem Gewicht γzb cos β dividiert durch die Breite b
Abb. 10.13. Zur Bestimmung der zu pv zugehörigen („konjugierten“) Spannung pl
10.5
Lösung von Rankine
209
Grenzspannungzustand ist, d.h. daß der Spannungskreis die unter ϕ geneigte Grenzgerade berührt. Es gibt zwei Kreise, die dieser Bedingung (sog. Grenzbedingung) genügen (siehe Abb. 10.14).
Abb. 10.14. Die zu pv gehörigen Spannungen (pl )min und (pl )max
Um nun die Beziehung zwischen pv und pl herzuleiten, betrachten wir die Abbildung 10.15. Aus b/c = (d − p)/(d + p), d = m cos β, p = r2 − q 2 , r = m sin ϕ, q = m sin β folgt: (pl )min pv cos β − cos2 β − cos2 ϕ . = = pv (pl )max cos β + cos2 β − cos2 ϕ
Somit ergibt sich der Erddruck auf eine vertikale Stützwand (siehe Abb. 10.16) zu cos β − cos2 β − cos2 ϕ 1 Ea = γh2 cos β , (10.10) 2 cos β + cos2 β − cos2 ϕ
bzw.
Ep =
1 2 cos β + cos2 β − cos2 ϕ γh cos β 2 cos β − cos2 β − cos2 ϕ
.
(10.11)
Das hier dargestellte Spannungsfeld kann herangezogen werden, um mit Hilfe des M OHRschen Kreises den Erddruck auf Wänden mit komplizierter Geometrie (siehe Abb. 10.16-rechts) zu ermitteln. Für β = 0 reduzieren sich die Gleichungen 10.10 und 10.11 auf Ea,p = 21 γh2 Ka,p mit Ka,p nach C OULOMB.
210
10 Erddruck
Abb. 10.15. Zur Herleitung der Beziehung zwischen c (= pv bzw. (pl )max ) und b (= (pl )min bzw. pv ).
Abb. 10.16. Erddruck nach R ANKINE
10.6 Verteilung des Erddrucks Die Theorie von C OULOMB sagt nichts über die Verteilung des Erddrucks aus, während R ANKINE von einer mit der Tiefe linear zunehmenden Erddruckverteilung ausgeht. In Anlehnung an diese Theorie wird bei Stützwänden, die in sich starr sind, eine mit der Tiefe linear zunehmende Verteilung des Erddrucks angenommen, wobei dieser auch nach C OULOMB berechnet sein kann:
E=
1 2 γh K = 2
Z
h 0
e(z)dz → e(z) = γKz
.
Ist der gestützte Boden aus mehreren böschungsparallelen Schichten aufgebaut, so berechnet man für jede Tiefe z die effektive Vertikalspannung σ z0 . Durch Multiplikation mit Kah erhält man dann die effektive Horizontalspannung σx0 , welche identisch
10.6 Verteilung des Erddrucks
211
mit der Intensität des Erddrucks an der betreffenden Stelle ist. Der Index h weist auf die Horizontalkomponente des Erddrucks hin. Somit ist Kah = Ka cos(α − δ) Kph = Kp cos(α − δ) mit den Bezeichnungen nach Abbildung 10.6. Es ergeben sich somit Erddruckverteilungen wie in Abbildung 10.17 dargestellt. Dieses Vorgehen entspricht einer Mischung der Theorien von C OULOMB und R ANKINE.
Abb. 10.17. Verteilung des aktiven Erddrucks bei geschichtetem Boden
Das geschilderte Vorgehen kann auch für den Fall einer konstanten Flächenlast auf dem gestützten Gelände angewandt werden. Wird die Geländeoberfläche durch Einzellasten oder durch ungleichmäßige Flächenlasten belastet, so läßt sich die daraus resultierende Erddruckverteilung kaum bestimmen. Die hierfür in Normen vorgesehenen Bestimmungen (siehe z.B. Abbildung 10.18) stellen lediglich sinnvolle Annahmen dar. Viel schwieriger ist die Bestimmung der Verteilung des Erddrucks, wenn die Stützwand an verschiedenen Stellen gestützt und verformbar ist. Das maßgebende Verhalten wird aus Abbildung 10.9 hergeleitet, wenn man sie nicht nur als global (für die gesamte Stützwand) sondern auch als lokal (für ein unmittelbar neben der Wand befindliches Bodenelement) gültig hält. Dies bedeutet, daß sich der Erddruck an Stellen, wo die Wand relativ nachgiebig ist, abbaut und sich dort aufbaut 5, wo die Wand (etwa infolge einer Aussteifung) unnachgiebig ist (siehe Abb. 10.19).
5
In diesem Zusammenhang spricht man oft von einer „Erddruckumlagerung“.
212
10 Erddruck
Ka
Abb. 10.18. Üblicherweise angenommene Erddruckverteilung infolge einer begrenzten Auflast p.
Abb. 10.19. Zu erwartende Verteilung des Erddrucks auf einen Grabenverbau infolge Aussteifung
11 Standsicherheit von Böschungen
Im Gegensatz zu ruhenden Fluiden kann Boden geneigte Oberflächen (sog. Böschungen, slopes, oder Einschnitte, cuts) aufweisen. Offensichtlich hängt ihr Auftreten mit Schubspannungen, die im Boden (im Gegensatz zu ruhenden Fluiden) auftreten können. Durch Eingriffe (wie z.B. durch Belastung der Böschungskrone, Bodenabtragung vom Böschungsfuß oder durch Wassereinwirkungen) können Böschungen ihre Standsicherheit verlieren. Die Standsicherheit von Böschungen wurde erstmals von C OLLIN 1846 untersucht. Er hat abgerutschte Böschungen (sog. Geländebrüche) an den Ufern von französischen Kanälen analysiert, die im überkonsolidierten Ton angelegt waren. Die Rutschungen haben sich zum Teil Jahre nach der Herstellung der Einschnitte ereignet. C OLLIN führte auch die ersten Versuche zur Bestimmung der Scherfestigkeit von Ton durch.
11.1 Die unendlich lange Böschung In der Nähe der Oberfläche einer langen Böschung kann diese idealisiert als unendlich lang betrachtet werden. Demzufolge wirken in jeder vertikalen Ebene dieselben Spannungen (siehe Abb. 11.1). Sei F der Flächeninhalt des Körpers ABCD. Sein Gewicht (pro laufendem Meter senkrecht zur Zeichenebene) ist G = γF . Die Gewichtskomponente γF sin β wirkt parallel zur Linie AB und stellt die sog. treibende Kraft (driving force) dar. Senkrecht dazu wirkt die Gewichtskomponente γF cos β, aufgrund derer in einem kohäsionslosen Boden die Reibungskraft γF cos β tan ψ als sog. haltende Kraft (resisting force) wirkt. ψ ist der zum Gleichgewicht erforderliche Reibungswinkel (auch ϕerf oder mobilisierter Reibungswinkel ϕm genannt), während ϕ der tatsächlich Reibungswinkel des Bodens ist. Das Verhältnis der verfügbaren haltenden zur treibenden Kraft beträgt η :=
tan ϕ tan β
214
11 Standsicherheit von Böschungen
Abb. 11.1. Spannungen in einer unendlich langen Böschung. Die Spannungen, die auf die Schnittflächen AD und BC wirken, tilgen sich gegenseitig.
und kann als Sicherheit (bzw. Sicherheitsfaktor, factor of safety) der Böschung betrachtet werden. Solange η > 1 ist, ist die Böschung standsicher. Für η = 1 sind die Tragreserven erschöpft, und der Bruch steht unmittelbar bevor. Er manifestiert sich als Abgleiten entlang einer böschungsparallelen Gleitfuge. Man ersieht daraus, daß ein kohäsionsloser Boden nur bis zum Winkel β = ϕ abgeböscht werden kann. Da das spezifische Gewicht γ bzw. γ hierbei keine Rolle spielt, gilt dieses Ergebnis auch für Böschungen in ruhendem Wasser. Diese Aussage ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Sandböschungen unterhalb der Wasseroberfläche als auch wassergesättigte Sandböschungen über Wasser können durch eine kleine aber schnelle Zusatzbelastung undräniert verformt werden. Sind sie locker gelagert, so baut sich durch die behinderte Kontraktanz ein Porenwasserdruck auf. Dies führt zu einer Verringerung bzw. einem Verschwinden der effektiven Spannungen, was dazu führt, daß der Sand verflüssigt wird. Es kann dadurch zu großen Rutschungen kommen. 1 Die größte bekannte Unterseerutschung ereignete sich in prähistorischer Zeit in der Nordsee (Storegga-Rutschung) und löste einen riesigen Tsunami aus. 2 Bei hangparallelen Grundwasserströmungen (siehe Abb. 11.2) hingegen wirkt sich die Strömungskraft γw sin β als zusätzliche treibende Kraft aus. Der Sicherheitsfaktor beträgt jetzt η=
γ F cos β tan ϕ tan ϕ 1 1 tan ϕ = ≈ γ F sin β + γw F sin β 1 + γw /γ tan β 2 tan β
,
d.h. die Böschung darf höchstens die Steigung tan β ≈ 12 tan ϕ haben. Erfolgt die Grundwasserströmung senkrecht zur Geländeoberkante, so wirkt sich die Strömungskraft γw cos β haltend aus, und der Sicherheitsfaktor beträgt jetzt 1 2
Siehe auch K. Terzaghi und R.B. Peck, Die Bodenmechanik in der Baupraxis, Springer 1961, Abschnitt 49. Die Storegga-Rutschung soll durch Schmelzen von ursprünglich festen eingelagerten Gashydraten ausgelöst worden sein.
11.2 Ebene Gleitfugen
215
Abb. 11.2. Hangparallele Grundwasserströmung. Das hydraulische Gefälle i beträgt h/l = sin β
tan ϕ γw tan ϕ ≈2 η = 1+ γ tan β tan β
.
11.2 Ebene Gleitfugen Bei endlichen Böschungen muß die Kinematik des Bruchvorganges (der sog. Bruchmechanismus) näher betrachtet werden. Meist erfolgt die Verformung in einer dünnen Scherzone (Gleitfuge), oberhalb derer die Erdmassen abgleiten. Die herabgleitenden Erdmassen zerfallen dabei in einzelne Teilkörper, die zunächst als starre Körper, anschließend eventuell auch mit Deformationen bewegt werden. Der einfachste Bruchmechanismus ist eine ebene Gleitfuge durch den Böschungsfuß (toe), siehe Abbildung 11.3. Für steile Böschungen ist er hinreichend realistisch. Für flache Böschungen hingegen ist er nicht realistisch. Im allgemeinen wird der betrachtete Erdkeil ABD nicht gerade abrutschen, d.h. entlang der Prüfgleitfuge AD wird nicht die volle Festigkeit mobilisiert sein. Insofern setzen wir nur eine mobilisierte Kohäsion cm an. Ferner ist die Schnittkraft Q nur um den mobilisierten Reibungswinkel ϕm gegen die Gleitfugennormale geneigt. Das Gewicht des untersuchten Erdkeils beträgt G=
1 sin(β − ϑ) γlh 2 sin β
.
(11.1)
Die Kohäsionskraft C beträgt C = cm l
(11.2)
.
Aus dem Krafteck folgt mit dem Sinussatz C sin(ϑ − ϕm ) = G cos ϕm
.
(11.3)
216
11 Standsicherheit von Böschungen
Abb. 11.3. Ebene Gleitfuge
Einsetzen von (11.1) und (11.2) in (11.3) liefert: cm 1 sin(ϑ − ϕm ) sin(β − ϑ) = γh ϑ 2 cos ϕm sin β
.
(11.4)
Der Quotient (cm /γh)ϑ heißt Kohäsionsfaktor (stability number). Der Index ϑ weist darauf hin, daß der Kohäsionsfaktor nach Gleichung 11.4 für eine willkürliche Gleitfugenneigung ϑ ermittelt worden ist. Bei vorgegebenem ϕm -Wert gibt der Kohäsionsfaktor diejenige Kohäsion an, die erforderlich ist, damit ein Geländesprung h – unter Zugrundelegung ebener Gleitfugen – gerade nicht abrutscht. Unter allen möglichen Gleitfugenneigungen ist diejenige als maßgebend zu betrachten, die am anfälligsten ist, d.h. die die größte Kohäsion benötigt. Es muß also diejenige Gleitfugenneigung gefunden werden, für welche der Kohäsionsfaktor ein Maximum wird. Dies ist für ϑ=
β + ϕm 2
der Fall. Somit beträgt der maßgebende Kohäsionsfaktor cm 1 − cos(β − ϕm ) = γh 4 sin β cos ϕm
.
(11.5)
Mit Hilfe von Gleichung 11.5 kann man für eine Böschung bei vorgegebenem ϕ m den Kohäsionsfaktor und somit die für die Sicherheit 1 (d.h. für bevorstehenden Böschungsbruch) erforderliche Kohäsion cm ausrechnen. Das Verhältnis ηc der vorhandenen Kohäsion c des betrachteten Bodens zur erforderlichen Kohäsion c m kann als ein Sicherheitsmaß der Böschung betrachtet werden:
11.3 Gleitkreise im homogenen Boden
ηc =
c cm
217
.
Für ηc > 1 ist die Böschung als sicher anzusehen. Es bleibt natürlich die Frage offen, welches Sicherheitsmaß zu fordern ist, um alle Unabwägbarkeiten abzudecken. Ferner ist zu berücksichtigen, daß durch Gleichung 11.5 (bei welcher interessanterweise der Winkel δ keine Rolle spielt) gekrümmte Gleitflächen nicht berücksichtigt werden, was in der Tat für flache Böschungen unrealistisch ist. Man beachte, daß der Bruchzustand durch die beiden Scherfestigkeitsparameter ϕ und c bestimmt ist. Hier wurde davon ausgegangen, daß ϕ willkürlich auf einen Wert ϕm (≤ ϕ) fixiert wurde. Dementsprechend wurde nur cm mit ϑ variiert.
11.3 Gleitkreise im homogenen Boden Die Erfahrung zeigt, daß sich viele Böschungsbrüche als Gleiten auf gekrümmten Gleitflächen abspielen, die als Kreiszylinderabschnitte approximiert werden können. Daher werden Gleitkreise (slip circles) anstelle von (oder besser: zusätzlich zu den) ebenen Gleitflächen als mögliche Bruchflächen untersucht. Dabei liegt die Lage des maßgebenden (d.h. des gefährlichsten) Gleitkreises nicht von vornherein fest, sondern muß erst gefunden werden. Hat das betrachtete Material nur Kohäsion (ϕ = 0), so läßt sich für einen gegebenen Prüfgleitkreis (siehe Abb. 11.4) die Sicherheit η als das Verhältnis des haltenden zum treibenden Moment bestimmen. Liegt der Gleitkreis fest, so läßt sich das Gewicht G der Gleitscholle und sein Hebelarm rs bestimmen. Das treibende Moment
Abb. 11.4. Prüfgleitkreis im kohäsiven Boden (ϕ = 0). S ist der Schwerpunkt der Gleitscholle.
beträgt somit Grs . Im Gleichgewichtsfall wirkt diesem das betragsmäßig genauso große Moment infolge der mobilisierten Kohäsion cm entgegen:
218
11 Standsicherheit von Böschungen
Abb. 11.5. Hangrutschung
cm lr = Grs
.
Daraus läßt sich die mobilisierte Kohäsion cm ausrechnen. Das Verhältnis c/cm kann als die Sicherheit dieses Prüfgleitkreises betrachtet werden. Alternativ dazu betrachtet man das Moment clr (d.h. das maximale mobilisierbare Moment infolge Kohäsion) als das sog. haltende Moment und führt als Sicherheit η das Verhältnis des haltenden zum treibenden Moment ein, was auf daßelbe Resultat hinausführt: η=
clr c = Grs cm
.
Wohlgemerkt, die so ermittelte Sicherheit bezieht sich auf einen bestimmten Gleitkreis. Um die Sicherheit der Böschung schlechthin zu bestimmen, muß man strenggenommen alle erdenklichen Gleitkreise untersuchen, um unter ihnen denjenigen auszusuchen, der die minimale Sicherheit ergibt. Praktisch und mit etwas Erfahrung kommt man durch die Untersuchung einiger Gleitkreise schnell zu einem ungefähren Minimum, muß man doch bedenken, daß eine übertriebene Genauigkeit ungerechtfertigt ist (insbesondere angesichts der Tatsache, daß die Kohäsion c erfahrungsmäßig stark schwankt und daher nicht genau bestimmt werden kann). Hat der betrachtete Boden auch noch Reibung (ϕ = 0), so ergibt sich daraus die Schwierigkeit der Bestimmung des zugehörigen haltenden Moments. Diese Schwierigkeit resultiert aus der Unkenntnis der Verteilung der Normalspannungen (und somit der Reibungskräfte) entlang der Gleitfuge. Zwar läßt sich leicht einsehen, daß jede um den Winkel ϕ gegen die Gleitflächennormale geneigte Kraft dQ i (siehe Abb. 11.6) den sog. Reibungskreis tangieren muß. Die Resultierende Q aller Kräfte dQi muß jedoch den Reibungskreis nicht tangieren. Im Zuge des hier betrachteten Näherungsverfahrens wollen wir aber annehmen, daß
11.3 Gleitkreise im homogenen Boden
219
Abb. 11.6. Der Reibungskreis ist ein zum Gleitkreis (Radius r) konzentrischer Kreis mit dem Radius r sin ϕ.
auch die Resultierende Q den Reibungskreis tangiert. Die Resultierende C m aller mobilisierten Kohäsionskräfte hat die Richtung der Sekante AB, wie man aus dem Krafteck der Abbildung 11.7 entnehmen kann. Ihr Betrag ergibt sich aus C m = AB · cm = 2r sin(ψ/2) · cm . Ihr Hebelarm rc bezogen auf das Zentrum Z des Gleitkreises läßt sich aus der Bedingung ! Cm rc = rcm ds = rcm r dψ = cm r2 ψ bestimmen. Daraus folgt:
rc =
rψ 2 sin ψ2
.
Die Gewichtskraft G der Gleitscholle wird nach Größe und Lage numerisch oder zeichnerisch (etwa nach dem Seileckverfahren) bestimmt. Nun wird das Krafteck aus G, C m und Q betrachtet. Man beachte, daß C m zunächst nur nach der Richtung und Wirkungslinie, jedoch nicht betragsmäßig bekannt ist, da die mobilisierte Kohäsion cm noch unbekannt ist. Die Richtung von Q liegt durch folgende Bedingungen fest: (i) Q geht durch den Schnittpunkt von G und C m , und (ii) Q tangiert den Reibungskreis. Somit kann das Krafteck gezeichnet und der Betrag von C m bzw. cm bestimmt werden (siehe Abb. 11.8). Als Sicherheit des untersuchten Gleitkreises kann man das Verhältnis c/c m betrachten. Zur Bestimmung der Sicherheit der betrachteten Böschung muß man die Gleitkreise (nach Zentrum und Radius) solange variieren, bis das Minimum dieses Verhältnisses gefunden ist:
220
11 Standsicherheit von Böschungen
Abb. 11.7. Zur Größe und Lage der Resultierenden der mobilisierten Kohäsionskräfte
Abb. 11.8. Bestimmung der mobilisierten Kohäsionskraft Cm mit Hilfe des Reibungskreises
ηc = (c/cm )min
.
Bei steilen Böschungen und bei Böden mit großem Reibungswinkel geht der maßgebende Gleitkreis durch den Böschungsfuß.
11.4 Lamellenverfahren Durch eine Unterteilung der Gleitscholle in einzelne vertikale Lamellen versucht man (insbesondere bei inhomogenem, d.h. geschichtetem Boden), die Verteilung von Normal- und Schubkräften entlang der Gleitfuge näherungsweise zu bestimmen. Es sind dadurch viele sog. Lamellenverfahren entstanden. Einige davon sind recht kompliziert, was aber keinen allzugroßen Genauigkeitsgewinn vortäuschen sollte. Der Grund dafür liegt hauptsächlich darin, daß die zwischen den einzelnen Lamellen wirkenden Kräfte kaum bestimmt werden können. Daher werden bei den nachfolgend
11.4 Lamellenverfahren
221
dargelegten Verfahren diese Kräfte außer acht gelassen. Vergleichsrechnungen mit (wie auch immer angenommenen) Kräften zwischen den Lamellen haben gezeigt, daß ihre Vernachlässigung in den meisten Fällen statthaft ist. Beim Verfahren von F ELLENIUS wird das Gewicht Gi der i-ten Lamelle, sowie eine evtl. vorhandene Auflast Pi , in eine Normalkomponente Ni und eine Tangentialkomponente Ti aufgeteilt (siehe Abb. 11.9).
Abb. 11.9. Auf der Lamelle Nr. i wirkende Kräfte Pi und Gi und ihre Normalkomponente Ni und Schubkomponente Ti
Betrachtet werden die Momente um Z. Die Normalkraft Ni = (Gi + Pi ) cos αi erzeugt kein Moment, da ihr Hebelarm verschwindet. Über die Reibung jedoch trägt sie zu den haltenden Momenten bei. Ihre Summe ergibt sich aus Reibungs- und Kohäsionskraft zu bi (Gi + Pi ) cos αi tan ϕi + ci r . MH = cos αi Die treibenden Momente ergeben sich aus (Gi + Pi ) sin αi r MT =
.
Die Sicherheit des betrachteten Gleitkreises ergibt sich dann aus MH / MT 3 , und man erhält die Sicherheit der betrachteten Böschung durch Variation der Gleitkreise zu: 3
Diese Sicherheitsdefinition ist insofern nicht eindeutig, als man das Moment von Ti Kräften mit αi < 0 entweder zu den haltenden Momenten oder – mit negativen Vorzeichen – zu den treibenden Momenten zuschlagen kann.
222
11 Standsicherheit von Böschungen
η=
P M P H MT min
.
Falls der Gleitkreis ganz oder teilweise im Grundwasser verläuft, so muß man in den betreffenden Bodenpartien entweder totale Spannungen (infolge γ s ) und Porenwasserdrücke am Rand oder effektive Spannungen (infolge γ 0 ) und eventuelle Strömungskräfte berücksichtigen. Um nach letzterer Möglichkeit vorzugehen, setzt man die resultierende Strömungskraft S durch den Schwerpunkt der durchströmten Querschnittsfläche. Ihre Richtung entspricht in etwa der Richtung des Grundwasserspiegels (siehe Abb. 11.10).
Abb. 11.10. Zur Berücksichtigung der Strömungskraft
Nach dem Verfahren von B ISHOP 4 wird das globale Momentengleichgewicht dadurch hergestellt, daß man die in der Gleitfuge wirkenden Schubspannungen (d.h. die sog. mobilisierte Scherfestigkeit τm ) gleich dem η1 -fachen der Scherfestigkeit ansetzt: τm =
1 1 [c + (σ − u) tan ϕ] = [c + σ 0 tan ϕ] η η
.
Man erhält5 so folgende implizite Gleichung zur Bestimmung von η: P [ci bi + (Gi − ui bi ) tan ϕi ] /mi P , η= i i Gi sin αi
(11.6)
mit der Abkürzung 4
5
Hier wird das vereinfachte Bishop-Verfahren betrachtet, bei dem die zwischen den Lamellen wirkenden Kräfte vernachlässigt werden. Die einfache aber langwierige Herleitung kann z.B. bei D.F. McCarthy „Essentials of Soil Mechanics and Foundations“, Prentice Hall Career & Technology, 1993, nachgelesen werden.
11.5 Zusammengesetzte Starrkörper-Bruchmechanismen
mi := cos αi +
tan ϕi sin αi η
223
.
Da η in beiden Seiten der Gleichung 11.6 vorkommt, ist diese Gleichung implizit. Gleichungen der Gestalt x = f (x) können iterativ nach dem Schema xi+1 = f (xi ) gelöst werden. Im allgemeinen ergibt die F ELLENIUS-Methode kleinere Sicherheiten als die B ISHOP-Methode und liegt somit auf der sicheren Seite. Die Diskrepanz beider Methoden wird groß, wenn der Gleitkreis beträchtliche negative α-Winkel beinhaltet. Dort ergibt die B ISHOP-Methode zu große und ungenaue Sicherheitswerte, während die F ELLENIUS-Methode zu konservativ ist. Man sollte letztendlich bedenken, daß die so definierten Sicherheitswerte lediglich Rechengrößen aber keine physikalischen Variablen sind.
11.5 Zusammengesetzte Starrkörper-Bruchmechanismen Nach diesem Verfahren, das sehr vielseitig ist und zur Abschätzung der Standsicherheit beliebiger Strukturen (nicht nur von Böschungen) eingesetzt werden kann, werden Bruchmechanismen aus einzelnen starren Teilkörpern betrachtet. Die einzelnen Teilkörper bewegen sich gegeneinander entlang der gemeinsamen Gleitfugen. Die Zerquetschung der Kanten wird dabei vernachlässigt. Sind die Gleitfugen Geraden (Ebenen), so erfahren die einzelnen Teilkörper reine Translationen 6. Die Geometrie der Bruchmechanismen wird nach Möglichkeit in Anlehnung an Feld- bzw. Laborbeobachtungen gewählt und so lange variiert, bis sich eine minimale Traglast bzw. Sicherheit ergibt. Zur Ermittlung der Traglast geht man dabei wie folgt vor: Indem man volle Mobilisierung der Scherfestigkeit an den Gleitfugen voraussetzt, legt man die Richtung der Gleitfugenkräfte fest und ermittelt ihren Betrag aus dem Kräftegleichgewicht für jeden einzelnen Teilkörper. Man kann somit den Betrag einer Traglast (Bruchlast) ermitteln, die in vorgegebener Richtung auf einem der Teilkörper wirkt und den Bruch herbeiführt. Als Sicherheit betrachtet man dann das Verhältnis der Traglast zur vorhandenen Last. Alternativ dazu kann man als Sicherheit das Verhältnis der Dissipationsleistung der Gleitfugenkräfte (bei voller Mobilisierung der Scherfestigkeit) zur Leistung der äußeren Kräfte (Lasten und Eigengewicht). Damit die Scherfestigkeit voll mobilisiert wird, werden eine oder mehrere fiktive Lasten angesetzt, die den Bruch herbeiführen sollen, oder aber es werden die Scherfestigkeitsparameter herabgesetzt. Das praktische Vorgehen kann am besten anhand des nachfolgenden Beispiels erläutert werden. Ein Nachteil der zusammengesetzten Starrkörper-Bruchmechanismen mit ebenen Gleitfugen ist, daß Momente und KraftExzentrizitäten nicht berücksichtigt werden können. 6
Es wurden auch zusammengesetzte Starrkörper-Bruchmechanismen mit kreisförmigen Gleitfugen betrachtet, die auch Rotationen der einzelnen Teilkörper und folglich auch angreifende Momente berücksichtigen (siehe M. Goldscheider und G. Gudehus: Verbesserte Standsicherheitsnachweise. Vorträge der Baugrundtagung 1974 in Frankfurt/Main, S. 99127), sie sind aber recht umständlich in der Handhabung.
224
11 Standsicherheit von Böschungen
11.5.1 Beispiel Böschungsstandsicherheit Annahmen: Böschunghöhe h = 4, 0 m, Neigung α = 53, 13 ◦ , ϕ = 30 ◦ , c = 5 kN/m2 , γ = 16 kN/m3 (siehe Abb. 11.11). Für die Berechnung wird ein kinematisch möglicher Starrkörper-Bruchmechanismus mit folgenden Koordinaten angenommen. Pkt 1 2 3 4 5 6 7 8 9 x (m) 6,90 5,50 4,63 5,88 4,60 3,78 2,50 2,36 0,00 y (m) 4,00 4,00 2,84 1,68 -0,20 1,71 0,00 -1,10 0,00
Abb. 11.11. Angenommener Bruchmechanismus
Mit der nun festgelegten Geometrie kann der Geschwindigkeitsplan (Abbildung 11.13) gezeichnet werden. Der Geschwindigkeitsplan ist die grafische Auftragung der Geschwindigkeiten der einzelnen starren Körper. Bei der hier betrachteten sog. einfachen kinematischen Kette sind alle Geschwindigkeiten festgelegt, sobald die Geschwindigkeit eines starren Körpers vorgegeben wird. Betrachten wir z.B. den Teilkörper 1 in Abbildung 11.11. Seine Geschwindigkeit v 1 muß parallel zur Gleitfuge 1-4 sein, ihr Betrag ist aber frei wählbar. Nachdem dieser willkürlich gewählt ist, läßt sich der Betrag der Geschwindigkeit v 2 bestimmen (ihre Richtung ist durch die Gleitfuge 5-4 vorgegeben). Grafisch erfolgt dies durch die Zerlegung des Vektors v 1 in die Vektoren v 2 und v 12 (die Richtung von v 12 ist durch die Gleitfuge 4-3 vorgegeben). So können nacheinander alle Geschwindigkeiten bestimmt werden. Die Willkür bei der Festlegung des Betrages der Geschwindigkeit v 1 (und der dadurch festgelegten Beträge aller anderen Geschwindigkeiten) ist belanglos, da es nur auf die Verhältnisse der einzelnen Geschwindigkeitsbeträge zueinander ankommt. Zur
11.5 Zusammengesetzte Starrkörper-Bruchmechanismen
225
Veranschaulichung sind in Abbildung 11.12 die verschobenen Starrkörper abgebildet. Die Zwängungen an den Eckpunkten 4, 5 und 8 werden vernachlässigt.
Abb. 11.12. Verschiebung der Starrkörper
Die Geschwindigkeiten vi0 sind die Absolutgeschwindigkeiten der Starrkörper, vij sind Relativgeschwindigkeiten, die ein Beobachter auf Körper j für Körper i feststellt. Mit der abgekürzten Schreibweise vi := vi0 gilt vij = vi − vj
.
Die Kohäsionskräfte C0i , die vom ruhenden Boden auf die Starrkörper wirken, werden im folgenden kurz Ci genannt. Desgleichen schreiben wir für die Reibungskräfte Q0i , die vom ruhenden Boden auf die Starrkörper wirken, kurz Q i . Aus den Richtungen der Verschiebungen ergeben sich die Richtungen der Kohäsionskräfte Cij . Die Kohäsionskraft Cij wirkt von Körper i auf Körper j. Sie ist deshalb entgegengesetzt zur Relativgeschwindigkeit vij gerichtet, mit der sich Körper i gegen Körper j verschiebt. Für die Trennflächen zum ruhenden Boden haben die Kohäsionskräfte Ci = C0i die Richtung von v0i = −vi0 = −vi . Die Reibungskraft Qij ist von der Flächennormale um ϕ so geneigt, daß ihre Komponente in der Fläche die Richtung −vij hat. Diese Richtungen sind in Abbildung 11.11 dargestellt. Die Beträge der Gewichtskräfte erhalten wir mit den Flächen Ai der Starrkörper aus Gi = Ai γi zu G1 = 2, 85 · 16 = 45, 7 kN/m
226
11 Standsicherheit von Böschungen
Abb. 11.13. Geschwindigkeitsplan
G2 = 3, 19 · 16 = 51, 1 kN/m
G3 = 3, 09 · 16 = 49, 5 kN/m G4 = 1, 38 · 16 = 22, 0 kN/m
Die Beträge der Kohäsionskräfte erhalten wir mit den Längen l ij der Trennfugen aus Cij = lij cij zu C1 = 2, 53 · 5 = 12, 7 kN/m
C2 = 2, 27 · 5 = 11, 4 kN/m C3 = 2, 41 · 5 = 12, 1 kN/m
C4 = 2, 60 · 5 = 13, 0 kN/m C12 = 1, 71 · 5 = 8, 53 kN/m
C23 = 2, 08 · 5 = 10, 4 kN/m C34 = 1, 11 · 5 = 5, 54 kN/m
Mit den errechneten Beträgen und den Richtungen der Kräfte aus Abbildung 11.11 können wir die Kraftecke konstruieren. Hierzu beginnen wir mit dem Körper 4 (Abbildung 11.16). An diesem Körper greifen die bekannten Kräfte G 4 , C4 , C34 , sowie die unbekannten Q4 und Q34 an. Die Kräfte G4 , C4 , C34 werden gezeichnet und die Wirkungslinien von Q4 und Q34 so eingetragen, daß sich das Krafteck schließt (Abbildung 11.14). Das bedeutet, daß das Kräftegleichgewicht erfüllt ist. So erhalten wir Q4 und Q34 .
11.5 Zusammengesetzte Starrkörper-Bruchmechanismen
227
Abb. 11.14. Krafteck am Körper 4
Betrachten wir nun das Kräftegleichgewicht am Körper 3. Hier greifen als bekannte Kräfte an: G3 , C3 , C23 , C43 = −C34 , Q43 = −Q34 . Unbekannt sind wieder zwei Kräfte, nämlich Q3 und Q23 . Auf die gleiche Art wie für Körper 4 schließen wir das Krafteck (Abbildung 11.15). Die Kraftecke können fortlaufend in ein Bild gezeichnet werden. Es entsteht ein gesamter Kräfteplan, der durch die Traglast Pl geschlossen wird (Abbildung 11.16). Mit dieser Konstruktion erhalten wir für den Betrag der Traglast Pl = 550 kN. Es gibt viele denkbare Sicherheitsdefinitionen. Alle sollen η = 1 im Bruchzustand und η > 1 für sichere Zustände liefern. Eine mögliche Sicherheitsdefinition ist η :=
Pl Pvorh
,
wobei Pl die Traglast (Grenzlast) und Pvorh die vorhandene Last (z.B. Verkehrslast, Aufschüttung) ist. Eine andere Sicherheitsdefinition vergleicht die Leistung der äußeren Kräfte A und die Dissipationsleistung D der inneren Kräfte im Grenzustand. Die Leistung der äußeren Kräfte ergibt sich zu A = Gi · vvi = Gi vvi , wobei vvi die Vertikalkomponente der Geschwindigkeit vi ist. Es ergibt sich hier: A = 45, 7 · 0, 92 + 51, 1 · 0, 79 + 49, 5 · 0, 30 − 22, 0 · 0, 31 = 90, 4 kNm/s .
Die Dissipationsleistung ergibt sich aus D=− (Cij · vij + Qij · vij ) = (Cij vij + Qij vij sin ϕij ) .
Dabei wird über alle Scherfugen summiert. Für das betrachtete Beispiel ergibt sich so:
228
11 Standsicherheit von Böschungen
Abb. 11.15. Krafteck am Körper 3
Daraus ergibt sich:
D = 594 kNm/s .
η :=
594 D = = 6, 6 . A 90, 4
Hier wurde der Grenzzustand durch Einwirkung der Kraft Pl herbeigeführt. Es ist wichtig, daß die Leistung derjenigen Kraft, die den Grenzzustand herbeiführt, nicht in A berücksichtigt wird7 . 7
Sonst würde man nach dem Prinzip der virtuellen Geschwindigkeiten (d.h. Gleichgewichtsbedingung) D = A erhalten.
11.5 Zusammengesetzte Starrkörper-Bruchmechanismen
Abb. 11.16. Kräfteplan
229
230
11 Standsicherheit von Böschungen
Der Grenzzustand kann auch durch andere (fiktive) Einwirkungen herbeigeführt werden. Man kann z.B. fugenparallele Kräfte annehmen, oder (was auf daßelbe hinausführt) eine Reduktion des Reibungswinkels auf einer (oder allen) Scherfugen. Variiert man ϕ solange bis das Krafteck (bei Pl = 0) geschlossen wird, so erhält man den erforderlichen Reibungswinkel ϕ = 11◦ . Es ergibt sich dann: ηϕ :=
tan ϕvor tan 30◦ = = 2, 97 . tan ϕerf tan 11◦
Eine Variation der Geometrie der Bruchkörper nach Abbildung 11.17 liefert folgende Ergebnisse:
Abb. 11.17. Variation der Bruchkörper
Variante 1 (Geänderte Punkte): Pkt 4 5 x (m) 6,25 4,81 y (m) 1,33 -0,63 Ergebnisse: Pl η = D/A ϕerf ηϕ 843 8,9 10 ◦ 3,27
11.6 Erdrutsche
231
Variante 2 (Geänderte Punkte): Pkt 4 5 8 9 x (m) 5,68 4,50 2,46 1,50 y (m) 1,85 0,25 -0,30 0,00 Ergebnisse: Pl η = D/A ϕerf ηϕ 192 3,3 14,5◦ 2,32 Man erhält hiermit eine noch kleinere Sicherheit. Die Variation sollte solange durchgeführt werden, bis das absolute Minimum der Sicherheit ermittelt worden ist.
11.6 Erdrutsche Rutschungen von größerem Ausmaß werden Erdrutsche8 (landslides) genannt. Bergregionen werden immer wieder von Erdrutschen heimgesucht. Obwohl genaue Statistiken kaum vorliegen, ist der jährlich verursachte wirtschaftliche Schaden sehr beträchtlich, und es sind immer wieder Menschenleben zu beklagen (siehe Tabelle 11.1). Tabelle 11.1. Größere Erdrutsch-Katastrophen Jahr 1596 1596 1669 1881 1893 1962 1963 1970 1985 1987
Ort Schwaz Hofgastein Salzburg Elm, Schweiz Verdalen, Norwegen Huascaran, Peru Vaiont-Talsperre, Italien Huascaran, Peru Stava, Italien Val Pola, Italien
Unfalltote 140 147 250 115 112 ca. 5.000 >2.000 ca. 18.000 269 30
Die Mechanismen der Erdrutsche sind nicht einheitlich. Man spricht von Bergstürzen (rock fall), Überrollen (toppling), Abgleiten (slides), Ausbreitung (spread), siehe Abb. 11.18, wobei eine klare Abgrenzung und mechanisch fundierte Unterscheidung noch aussteht. Das abrutschende Material kann naß (sog. Muren) bis trocken sein, und es kann Geschwindigkeiten bis zu 50 m/s erlangen. In diesem Fall spricht man von Sturzströmen oder Gesteinslawinen (rock avalanches). 8
Beeindruckende Bilder von Erdrutschen werden vom Erosion Control Engineering Lab der Tokyo University of Agriculture and Technology auf der Internetseite http://www.tuat.ac.jp/∼sabo/ angeboten.
232
11 Standsicherheit von Böschungen
Abb. 11.18. Diverse Versagensformen von natürlichen Böschungen
Erdrutsche können ausgelöst werden durch • • • • • • • • •
Regenfälle Schneeschmelzen Frost-Tau-Wechsel Erdbeben, Vulkaneruptionen Ausrodung künstliche Einschnitte Erschütterungen Durchsickerung aus Stauseen oder Wasserleitungen Auswaschen von Ionen (beim sog. Quickton).
•
Dränagemaßnahmen (Abb. 11.1910), sie sollen ungünstig wirkende Strömungskräfte von der gefährdeten Böschung fernhalten. Böschungsbegradigung (Abflachung) Beschwerung des potentiellen Gleitkreisfußes durch Erdauflast Stützkonstruktionen (Abb. 11.2011), wie Stützwände, Verankerungen und dergleichen. Sie sind nur bei kleinmaßstäblichen Böschungen möglich.
Maßnahmen zur Vermeidung von Erdrutschen sind 9
• • •
Darüberhinaus werden in gefährdeten Gebieten Frühwarnsysteme installiert, wie z.B. Extensometer, Verschiebungsspione, Neigungsmesser, u.ä. . Als Schutz gegen herabfallende Felsbrocken können flexible Zäune und Netze (rockfall fences, Abb. 11.21) verwendet werden. Flexible Steinschlagschutzsysteme mit speziellen Dämpfungsvorrichtungen12 können Fallenergien von bis zu 2.000 kJ auffangen. 9 10 11 12
Siehe „Landslides, Investigation and Mitigation“, Special Report 247, Transportation Research Board, National Research Council, National Academy Press, Washington D.C., 1996. Aus R.D. Holtz and R.L. Schuster: „Stabilization of Soil Slopes“, in: „Landslides, Investigation and Mitigation“, Special Report 247. Aus D.C. Wyllie and N.I. Norrish: „Stabilization of Rock Slopes“, in: „Landslides, Investigation and Mitigation“, Special Report 247. z.B. von der Firma Geobrugg.
11.7 Mobilisierung der Scherfestigkeit
233
Abb. 11.19. Dränagemaßnahmen zur Stabilisierung von Böschungen
Abb. 11.20. Stützmaßnahmen für Felsböschungen
11.7 Mobilisierung der Scherfestigkeit Wie bereits gezeigt, wird die Standsicherheit von Böschungen und Stützwänden (sowie auch von Fundamenten, s. nächstes Kapitel) meistens nach folgendem Muster nachgewiesen: Es wir ein Bruchmechanismus (d.h. eine Kinematik für das Bruchereignis) betrachtet, nach welchem ein (oder mehrere) starrer Teilkörper sich herausbildet, der entlang von diskreten Gleitfugen herabgleitet. Der Standsicherheitsnachweis wird nun erbracht, indem man (für diesen und alle ähnlichen Mechanismen) nach-
234
11 Standsicherheit von Böschungen
Abb. 11.21. Schutznetze können auch Muren auffangen (Fa. Geobrugg)
Abb. 11.22. Schutznetz (Fa. Geobrugg)
weist, daß die Scherfestigkeit, die entlang der Gleitfuge(n) verfügbar ist, ausreicht, um dem Herabgleiten zu widerstehen. Man muss aber beachten, daß die Scherfestigkeit nicht sofort da ist, sondern erst durch eine Verschiebung bzw. Verformung mobilisiert wird. Abb. 8.12 zeigt, daß die Scherfestigkeit (d.h. der Peak der Schubspannung) erst nach einer Verschiebung, sp , erreicht wird. Ferner sieht man aus dieser Abbildung, daß nach Überschreitung der Peak-Verschiebung die Schubspannung abfallen kann (sog. Entfestigung, softening). Je nach Stoff und vorherrschender Normalspannung können Peak-Verschiebung und Entfestigung verschieden stark sein. Dies ist für den Nachweis der Standsicherheit von besonderer Wichtigkeit:
11.7 Mobilisierung der Scherfestigkeit
235
Abb. 11.23. Steinschlag am Grimselpass
Duktiler-spröder Bruch: Je nachdem ob sp klein oder groß ist, unterscheidet man zwischen sprödem und duktilem Bruch. Die dem Bruch vorangehende Verformung bzw. Verschiebung sp wird oft als Ankündigung bzw. Warnung vor dem Bruch interpretiert und anhand von Messungen verfolgt (vgl. Beobachtungsmethode, Abschnitt 23.1). Je kleiner sp ist, d.h. je spröder das Material ist, desto weniger kündigt sich der Bruch an. Progressiver Bruch: Bei den o.g. Standsicherheitsnachweisen wird vorausgesetzt, daß die Scherfestigkeit bei allen Punkten entlang der Gleitfuge gleichzeitig erreicht wird. Dies ist aber lediglich eine Annahme, die nicht unbedingt erfüllt sein muss. Es kann also sein, daß an einigen Stellen die Scherfestigkeit bereits erreicht worden ist, während dies an anderen Stellen noch nicht der Fall ist. Bei weiterem Anwachsen der Verschiebungen können dann einige Punkte die Scherfestigkeit erreichen, während sie an anderen Punkten aufgrund von Entfestigung bereits abgefallen ist. Insofern kann es zum Bruch kommen (man spricht vom sog. progressiven Bruch), obwohl der Ansatz der vollen Scherfestigkeit überall entlang der Gleitfuge(n) eine hinreichende Sicherheit vortäuscht. Daher sollten Standsicherheitsnachweise mit Bedacht geführt werden, und erforderlichenfalls darf nur die Restscherfestigkeit angesetzt werden.
12 Grundbruch
Vertikal belastete Fundamente haben eine beschränkte Tragfähigkeit. Trägt man die Last P über der Verschiebung s auf (siehe Abb. 12.1), stellt man bei der Bruchbzw. Grenzlast PB (limit load, ultimate bearing capacity) eine horizontale Tangente fest, die den sog. Grundbruch markiert.
Abb. 12.1. Kraft-Verschiebungs Diagramm bei Vertikalbelastung eines Fundamentes
Der Grundbruch läßt sich durch verschiedene Mechanismen erklären, die auch eine Abschätzung der Grundbruchlast erlauben.
12.1 Gleitkreis im Boden ohne Reibung Der einfachste Bruchmechanismus ist ein Gleitkreis wie z.B. in Abbildung 12.2 dargestellt. Für einen Boden ohne Reibung (ϕ = 0) wollen wir die auf einen Gleitkreis wirkenden haltenden und treibenden Momente näher betrachten (siehe Abb. 12.2, rechts). Sei b die Breite der Flächenlast p und α der Zentriwinkel des Gleitkreises. Dann ist der Radius des Gleitkreises
238
12 Grundbruch α
r
p
r
b
l
Abb. 12.2. Gleitkreis als Bruchmechanismus für Grundbruch
r=
b sin
α 2
.
Das (maximal mögliche) haltende Moment beträgt MH = crl = cr2 α. Das treibende Moment beträgt MT = 12 pb2 . Somit beträgt die Sicherheit η :=
MH 4c α/2 = MT p sin2 (α/2)
.
(12.1)
η wird zum Minimum für α ≈ 132, 6◦ (man erhält dieses Ergebnis aus dη/dα = 0). Einsetzen dieses Wertes in Gleichung 12.1 ergibt, daß der Grundbruch für p = pB = 5, 5c eintritt.
12.2 Zusammengesetzte Starrkörper-Bruchmechanismen Die Optimierung eines zusammengesetzten Starrkörper-Bruchmechanismus nach Abbildung 12.3 in einem reibungslosen Boden ergibt die kleinste Grundbruchsicherheit für die Winkel ϑ1 = 45◦ und ϑ2 = 57◦ . Die Flächenlast p beim Grundbruch ergibt sich hiermit zu p = pB = 5, 3c .
12.3 Zonenbruch nach Prandtl P RANDTL hat ein Spannungsfeld im Grenzzustand (sog. Zonenbruch) unterhalb einer konstanten Flächenlast bestimmt. Daraus ergibt sich die Bruchlast (bzw. Grenzlast) in einem Boden ohne Reibung zu pB = (2 + π)c ≈ 5, 14c .
(12.2)
12.3 Zonenbruch nach Prandtl
239
Abb. 12.3. Starrkörper-Bruchmechanismus für Grundbruch in einem Boden ohne Reibung
Für den Fall eines gewichtslosen Bodens mit Kohäsion und Reibung hat P RANDTL aus einem Zonenbruch folgende Bruchlast ausgerechnet: pB =
c Kp eπ tan ϕ − 1 tan ϕ
,
(12.3)
mit Kp := (1 + sin ϕ)/(1 − sin ϕ). Gleichung 12.3 kann in der Form pB = cNc geschrieben werden, wobei Nc ein sog. Tragfähigkeitsbeiwert ist.
Abb. 12.4. Situation zu Gleichung 12.4
Um das Eigengewicht γ des Bodens (was für den Fall ϕ > 0 erforderlich ist), sowie eine evtl. vorhandene vertikale Spannung q in der Tiefe der Fundamentsohle zu berücksichtigen, werden zwei weitere Terme eingeführt, so daß Gleichung 12.3 folgende Gestalt annimmt:
240
12 Grundbruch
pB = cNc + qNd + γbNb
,
(12.4)
mit b Ndo Nco Nbo Bemerkungen:
= = = =
Fundamentbreite eπ tan ϕ Kp (Ndo − 1)/ tan ϕ (Ndo − 1) tan ϕ
1. Für Ndo = 1 (d.h. ϕ = 0) ist Nco = 5, 14 2. Die Spannung q (Abb.12.4) kann die Vertikalspannung q = γ 1 d in der Tiefe der Fundamentsohle (Einbindetiefe d) sein. 3. Statt Nb wird oft 21 Nγ geschrieben. 4. Die hier aufgeführte Abschätzung der Traglast eines Fundamentes setzt homogenen Boden voraus. Liegt in geringer Tiefe unterhalb der Fundamentsohle Fels an, so kann sich der Bruchmechanismus bzw. der Zonenbruch nicht entwickeln, so daß die Traglast größer als nach Gleichung 12.4 ausfällt. 5. Gleichung 12.4 gilt für ein Streifenfundament der Breite b (ebenes Problem). Für Rechteck- und Kreisfundamente sowie für geneigtes Gelände bzw. geneigte Sohle müssen Abminderungsfaktoren berücksichtigt werden: Nb = Nbo · νb · ib · λb · ξb Nd = Ndo · νd · id · λd · ξd Nb = Nco · νc · ic · λc · ξc mit:
ν i λ ξ
: : : :
(12.5)
Formbeiwerte Lastneigungsbeiwerte Geländeneigungsbeiwerte Sohlneigungsbeiwerte . Tabelle 12.1. Formbeiwerte für den Grundbruch νq νc∗ b b νd Ndo − 1 Rechteck, a ≥ b 1 − 0, 3 1 + sin ϕ a a Ndo − 1 νd Ndo − 1 Kreis 0,7 1 + sin ϕ Ndo − 1 νb
Sind Geländeoberfläche und Sohle horizontal, so ist λ = ξ = 1. Für geneigtes Gelände und Sohle können die Beiwerte λ und ξ der DIN 4017 (bzw. der ÖNORM B 4435-2) entnommen werden.
12.4 Schräge Lasten
241
6. Eine Einzellast als Bruchlast (Traglast) ergibt sich für ein Rechteckfundament mit den Seiten a und b aus: PB = abpB
.
(12.6)
7. Greift die Einzellast exzentrisch an (Abb. 12.5), so sind in den Gleichungen 12.4 und 12.6 die Fundamentabmessungen a und b durch die Größen a0 = a − 2ea
b0 = b − 2eb
zu ersetzen. ea und eb sind dabei die Exzentrizitäten in a- und b-Richtung.
Abb. 12.5. Exzentrische Last
12.4 Schräge Lasten Wir betrachten jetzt den Fall, daß die Fundamentlast P eine Vertikalkomponente V und eine Horizontalkomponente H hat. Es ist einleuchtend, daß die vertikale Traglast VB von der aktuellen Horizontallast H und die horizontale Traglast HB von der aktuellen vertikalen Vertikallast V abhängen. Der geometrische Ort aller Traglastkombinationen (Grenzzustand) kann experimentell ermittelt und in einem V -HDiagramm (sog. Interaktionsdiagramm) eingetragen werden, siehe Abbildung 12.6. Die dort eingetragene Kurve gilt sowohl für dichten als auch für lockeren Sand und ist unabhängig von der Belastungsvorgeschichte. Sie kann etwa durch die Beziehung H0 V0 V0 1− (12.7) =µ VB 0 VB 0 VB 0 approximiert werden, die sich für kleine HB (bzw. VB )-Werte an die lineare Beziehung H = µV anschmiegt, wobei µ der Reibungskoeffizient Fundament-Boden ist. Man beachte, daß Gleichung 12.7 für Fundamente ohne Einbindung gilt, und
242
12 Grundbruch
Abb. 12.6. Grenzzustandskurve als Interaktionsdiagramm zwischen Horizontal- und Vertikallast. VB0 ist die vertikale Traglast bei H = 0
daß für eingebundene Fundamente auch der passive Erddruck berücksichtigt werden muß (Abb. 12.7). Die aus geeigneten Interaktionsdiagrammen hergeleiteten Lastneigungsbeiwerte können der DIN 4017 bzw. der ÖNORM B 4435-2 entnommen werden.
Abb. 12.7. Passiver Erddruck bei schräg belasteten Fundamenten
13
Kollapstheoreme
Betrachten wir wieder die Abschätzungen der Traglast eines Streifenfundamentes bei reibungslosem Boden. Die drei betrachteten Verfahren liefern verschiedene Werte: Gleitkreis: pB = 5, 5c Starrkörper-Bruchmechanismus: pB = 5, 3c pB = 5, 14c Zonenbruch nach P RANDTL: Angesichts dieser Vielfalt fragt man sich, wo die wahre Traglast liegt. Eine Antwort liefern die sog. Kollapstheoreme der Plastomechanik, die es erlauben, anhand von o.g. Lösungen die wahre Traglast einzugrenzen. Zu ihrer Einführung werden die Begriffe des ’statisch zulässigen Spannungsfeldes’ und des ’kinematisch zulässigen Geschwindigkeitsfeldes benötigt’. Ein statisch zulässiges Spannungsfeld erfüllt die statischen Randbedingungen und die Gleichgewichtsbedingungen und es verletzt nicht die Grenzbedingung f (σij ) ≤ 0 1 . Ein kinematisch zulässiges Geschwindigkeitsfeld erfüllt die kinematischen Randbedingungen, sowie die allfälligen inneren Zwangsbedingungen (z.B. Volumenkonstanz). In Zusammenhang mit den Kollapstheoremen kann man einen Bruchmechanismus als ein kinematisch zulässiges Geschwindigkeitsfeld ansehen. Statisches Kollapstheorem: Ein Körper versagt nicht, wenn (mindestens) ein zulässiges Spannungsfeld existiert. Umkehrung des statischen Kollapstheorems: Ein Körper versagt, wenn kein zulässiges Spannungsfeld existiert. Kinematisches Kollapstheorem: Ein Körper versagt, wenn ein Bruchmechanismus existiert, bei dem die Leistung A der äußeren Kräfte (z.B. Gewicht und Oberflächenlasten) die Dissipationsleistung D zur Überwindung der Scherfestigkeit übersteigt, d.h. wenn gilt: A > D. Dabei ist 1
Die Gleichung f = 0 charakterisiert den sog. Grenzzustand. Z.B. ist die Grenzbedingung für ein Reibungsmaterial nach Mohr-Coulomb gegeben durch Gleichung 8.1 bzw. f = (σ1 + σ2 ) sin ϕ − (σ1 − σ2 ) = 0.
244
13
Kollapstheoreme A = A(X, p) = X · vdV + p · vdS V S l l σij ε˙ij dV + σij nj δvi dS0 D= V
S0
mit X: Volumenkraft (z.B. infolge Gravitation) v: Geschwindigkeit p: Flächenlast auf der Körperoberfläche V : Volumen S: Oberfläche S0 : Innere Oberfläche von Diskontinuitäten (Scherfugen) nj : Normaleneinheitsvektor auf Diskontinuitäten an Diskontinuitäten δvi : Geschwindigkeitssprung 1 ∂vi ∂vj + ε˙ij : , Deformationsgeschwindigkeitsgradient 2 ∂xj ∂xi l l : σij ist nicht die aktuelle Spannung, sondern eine Spannung, die die σij Grenzbedingung f (σij ) = 0 erfüllt. Um dies zu erreichen, werden die äußeren Lasten X und p auf die fiktiven Werte X ∗ und p∗ erhöht, so daß gilt: A(X ∗ , p∗ ) = D. Umkehrung des kinematischen Kollapstheorems: Ein Körper versagt nicht, wenn für alle Bruchmechanismen A < D gilt.
Bemerkungen:
1. Die Kollapstheoreme erlauben Aussagen über den Kollaps (Versagen) eines Körpers ohne Kenntnis des tatsächlichen Spannungs- bzw. Geschwindigkeitsfeldes. Sie begnügen sich mit „zulässigen“ Feldern, die zwar die Rand-, Gleichgewichts- und Grenzbedingung nicht verletzen, ansonsten aber frei wählbar und daher relativ einfach zu bestimmen sind. Zur Anwendung der Kollapstheoreme (nicht der Umkehrungen) genügt es, jeweils ein statisches bzw. kinematisches Feld zu finden. 2. Die Umkehrungen der Kollapstheoreme verlangen die Untersuchung aller (also unendlich vieler) zulässiger Felder, sie sind also mit Abstand nicht so aussagekräftig wie die Kollapstheoreme selbst. Zur praktischen Anwendung braucht man jedoch nicht unendlich viele Felder zu untersuchen. Mit etwas Erfahrung kommt man zum Ziel, wenn man nur einige Felder untersucht hat. 3. Die Gültigkeit der Kollapstheoreme ist an eine Stoffeigenschaft geknüpft, die das plastische Fließen (d.h. die Verformungen im Grenzzustand) der betreffenden Stoffe charakterisiert und „Normalitätsbedingung“ heißt, siehe Abschnitt 14.2.1. Man geht davon aus, daß die Normalitätsbedingung für Stoffe ohne Reibung erfüllt ist. Somit sind die Kollapstheoreme strenggenommen nur bei rein kohäsiven Stoffen bzw. bei undränierten Verhältnissen zur Ermittlung der Anfangsstandsicherheit (d.h. wenn die Festigkeit allein durch cu gegeben ist) anwendbar.
13.1
Konstruktion von Spannungsfeldern
245
4. Das statische Kollapstheorem heißt auch „untere-Schranken-Theorem“ (lower bound theorem), weil es erlaubt, die Traglast von unten (also von der sicheren Seite) einzugrenzen. Nach dem statischen Kollapstheorem tut ein Material „sein Bestes“, um die ihm auferlegten Lasten zu tragen. 5. Das kinematische Kollapstheorem heißt auch „obere-Schranken-Theorem“ (upper bound theorem), weil es erlaubt, die Traglast von oben (also von der unsicheren Seite) einzugrenzen. Es besagt, daß der Bruch eintreten wird, wenn er eintreten kann. Die Anwendung des kinematischen Kollapstheorems ist besonders einfach bei Betrachtung von zusammengesetzten Starrkörper-Bruchmechanismen (siehe Abschnitt 11.5). Bei unserem Beispiel (Böschung in reibungslosem Boden) wurden die Lösungen pB = 5, 5c und pB = 5, 3c aus Bruchmechanismen bestimmt und stellen nach dem kinematischen Kollapstheorem obere Schranken für die tatsächliche Traglast dar. Die Lösung pB = 5, 14c wurde aus einem Spannungsfeld ermittelt und stellt nach dem statischen Kollapstheorem eine untere Schranke für die tatsächliche Traglast dar.
13.1
Konstruktion von Spannungsfeldern
Unter „Konstruktion“ versteht man die analytische, numerische oder grafische Bestimmung von Spannungsfeldern, die zwar den Gleichgewichts- und statischen Randbedingungen genügen und die Grenzbedingung f (σij ) ≤ 0 erfüllen, ansonsten jedoch recht willkürlich sind. Ihre Nützlichkeit erhellt aus dem statischen Kollapstheorem: Solche Spannungsfelder erlauben es, Traglasten abzuschätzen. Falls das betrachtete Material die Normalitätsbedingung erfüllt, liegen diese Abschätzungen sogar auf der sicheren Seite. Bei Problemen mit ebener Verformung wird oft die Spannung σyy nicht betrachtet, und man beschränkt sich zur Angabe des Spannungszustandes auf die Komponenten σx := σxx , σz := σzz und τ := σxz . Zur Konstruktion der Spannungsfelder gibt es verschiedene Methoden. 2 Man beachte dass die Gleichgewichtsbedingungen 3 ∂σx ∂τ + =0 , ∂x ∂z
∂τ ∂σz + =0 ∂x ∂z
zur Bestimmung der drei Felder σx (x, z), σz (x, z), τ (x, z) nicht ausreichen, und eine dritte Gleichung (sog. Schließungsgleichung) benötigt wird. Nimmt man hierfür das Stoffgesetz, d.h. die Spannungs-Dehnungs-Beziehung für das betrachtete Material, so kann man das betrachtete Anfangsrandwertproblem nur numerisch, etwa 2 3
J. Atkinson, An Introduction to the Mechanics of Soils and Foundations, McGraw-Hill (1993) Eigentlich lautet die zweite Gleichung bei Berücksichtigung des Eigengewichts ∂σz ∂τ + =γ ∂x ∂z
.
Durch die Substitution σz := σz + γz erhält man jedoch die hier angegebene Gleichung.
246
13
Kollapstheoreme
mit der Methode der finiten Elemente, lösen. Da dies sehr aufwendig ist, zieht man für Näherungslösungen einfachere Schließungsgleichungen heran. Man kann z.B. annehmen, dass überall die Grenzbedingung f (σx , σz , τ ) = 0 erfüllt ist (sog. Zonenbruch). Einsetzen dieser Beziehung in die Gleichgewichtsbedingungen führt zu einem System von zwei entkoppelten Differentialgleichungen, das ’hyperbolisch’ ist und somit die Anwendung des sog. Charakteristikenverfahrens erlaubt. Es zeigt sich, dass die Charakteristiken mit den Gleitlinien zusammenfallen. Das sind Linien in der Richtung derjenigen Schnittebenen, auf welchen die freigelegten Schubund Normalspannungen τn und σn die Grenzbedingung τn = c + σn tan ϕ erfüllen. Gibt man die Spannungsverteilung auf dem Rand4 vor, so kann man die daraus resultierenden Spannungen im Inneren des Körpers leicht berechnen. Man weiß nämlich, dass bestimmte aus den Randspannungen berechenbare Größen (die sog. R IEMANNInvarianten) auf den Charakteristiken konstant bleiben. Man kann somit verfolgen, wie sich die Randspannungen in das Innere des Körpers ’ausbreiten’. Das mathematisch recht aufwendige Charakteristikenverfahren wird hier nicht weiter verfolgt. 5
σn
τn
σ +t
σ −t
Abb. 13.1. Quer durch eine Spannungsdiskontinuität bleiben τn und σn konstant, σt kann einen Sprung erleiden.
Einfacher als nach dem Charakteristikenverfahren lassen sich Spannungsfelder unter Heranziehung von sog. Spannungsdiskontinuitäten konstruieren. Quer durch eine Spannungsdiskontinuität dürfen die darauf wirkenden Schub- und Normalspannungen τn und σn keinen Sprung erleiden, wohl aber die dazu gehörige tangentiale Normalspannung σt (Abb. 13.1). Eine einfache Anwendung ergibt sich für den Fall eines breiten Laststreifens, der auf einen reibungs- und gewichtslosen kohäsiven Boden wirkt (Abb. 13.2). Nimmt man eine senkrechte Diskontinuität durch den Punkt P an und nimmt man ferner an, dass sowohl unterhalb von p als auch unterhalb von q Grenzzustand herrscht, so folgt dass rechts die kleinste Hauptspannung q und die 4 5
Dieser darf nicht mit einer Gleitlinie zusammenfallen. Siehe R. Nova, Plastizitätstheoretische Behandlung geotechnischer Probleme. In: Grundbau - Taschenbuch, 6. Auflage, Teil 1, S. 307 - 346, Ernst und Sohn, 2001. A. Schofield, P. Wroth, Critical State Soil Mechanics, Mc Graw-Hill 1968. V.V. Sokolovski, Statics of Granular Media, Pergamon, 1965.
13.1
p
Konstruktion von Spannungsfeldern
q P Spannungsdiskontinuität
247
τ c
q
p
σ
Abb. 13.2. Für die hier angenommene senkrechte Diskontinuität ergibt sich: p = q + 4c.
größte q + 2c ist. Letztere fällt mit der kleinsten Hauptspannung links zusammen, sodass die größte Hauptspannung rechts p = q + 4c beträgt. Somit lässt sich die Grenzlast p abschätzen. Etwas höhere Werte für p erhält man, wenn man mehrere Spannungsdiskontinuitäten durch den Punkt P annimmt.
14
Stoffgesetze und Simulationen
14.1 Bedeutung von Stoffgesetzen für die Geotechnik Mathematische Simulation von Bauprozessen und sonstigen Abläufen ist heute ein weitverbreitetes Mittel, um die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit von geplanten Baumaßnahmen nachzuweisen bzw. um sie zu optimieren oder um aufgetretene Schäden zu analysieren. Man bedient sich dabei der Bilanzgleichungen der Mechanik, welche die Erhaltung von Masse und Impuls ausdrücken. 1 Allerdings reichen diese Gleichungen nur für besonders einfache Ausnahmefälle aus, die sog. statisch bestimmten Systeme, die in der Geotechnik kaum vorkommen. Man benötigt daher weitere Gleichungen, welche das Formänderungsverhalten des Bodens mathematisch beschreiben. Solche Gleichungen heißen Stoffgesetze oder Stoffbeziehungen (constitutive equations). Von einem Stoffgesetz für Boden erwartet man, daß es die Spannungs-Dehnungs-Kurven für alle erdenklichen Versuchsbedingungen (z.B. Ödometerversuche und Triaxialversuche mit Be-, Ent- und Wiederbelastungen, undränierte Triaxialversuche usw.) wiedergibt. Dies ist allerdings eine Maximalforderung, die angesichts der Vielfalt und Komplexität des Bodenverhaltens kaum erfüllt werden kann. Im Gegensatz zu den Bilanzgleichungen, welche physikalische Prinzipien exakt ausdrücken, können Stoffgesetze das mechanische Verhalten des Bodens nur näherungsweise beschreiben. Insbesondere lassen sich Stoffgesetze nicht aus übergeordneten Prinzipien herleiten, denn sie drücken ja das Spezielle aus, das diesen Stoff (etwa Gummi) von jenem (etwa Sand) unterscheidet. Daher sind die vielfältigen für Boden vorgeschlagenen Stoffgesetze eher als mathematische Konstruktionen zu betrachten, die mehr oder weniger gelungen sein können. Die Stoffgesetze der Bodenmechanik sind im Rahmen der Kontinuumsmechanik formuliert, d.h. der Boden wird als Kontinuum abstrahiert, die Körner und alle ihre Eigenschaften werden als kontinuierlich verschmiert angenommen, und man arbeitet mit stetigen Ortsfunktionen, die auch Felder genannt werden (z.B. Verschie1
Die Energieerhaltung spielt in der Bodenmechanik eine untergeordnete Rolle, denn die meisten Prozesse sind dissipativ. Die in Wärme umgewandelte (dissipierte) Arbeit lässt sich üblicherweise kaum messen.
250
14
Stoffgesetze und Simulationen
bungsfeld, Spannungsfeld u.ä.). Dies hat den Vorteil, daß man den leistungsfähigen mathematischen Apparat der Infinitesimalrechnung anwenden kann. In Zusammenhang mit der hohen Leistung moderner Computer ist neuerdings die Alternative aufgekommen, den Boden als Anhäufung vieler (etwa kugelförmiger) Körner zu betrachten, welche als einzelne Körper in der Berechnung berücksichtigt werden. Die Wechselwirkung zwischen den Körnern wird durch den Ansatz fiktiver Federn und Dämpfer berücksichtigt, und man gewinnt dadurch beeindruckende qualitative Ergebnisse, die als Kornverschiebungen ui und Kräfte Pi zwischen den Körnern dargestellt werden. Daraus lassen sich Volumenmittelwerte für Spannungen und Deh1 nungen (Verschiebungsgradienten) errechnen: σij = Pi xj (Pi ist eine auf den V Rand des betrachteten Volumens V angreifende Kraft, xj ist der Ortsvektor und ui ∂ui 1 ui xj . Die Realitätsnähe ist die Verschiebung ihres Angriffspunktes), = ∂xj V der Ergebnisse hängt von der Festlegung der mikroskopischen Wechselwirkungsparameter (Federkonstanten usw.) ab, die nicht direkt gemessen werden können, sondern nur durch Anpassung an makroskopische Beziehungen (gemessene SpannungsDehnungs-Beziehungen) mittelbar bestimmt werden können. Diese Anpassung ist umständlich und nicht notwendigerweise eindeutig, was den Wert von diskreten Berechnungen relativiert.
14.2 Mathematische Struktur von Stoffgesetzen Stoffgesetze sind mathematische Beziehungen zwischen Spannungen σ ij und Dehnungen εkl . Der irreversible Charakter der Bodendeformation erlaubt es nicht, diese Beziehungen als Funktionen σij = σij (εkl ) bzw. εkl = εkl (σij ) darzustellen. Dies würde nämlich implizieren, daß σij (bzw. εkl ) nicht von der Geschichte von εkl (bzw. σij ) abhängt. Der Einfluss der Geschichte ist aber ein wesentliches Merkmal des Formänderungsverhaltens von Boden, was man z.B. anhand von Fußspuren im Sand erkennen kann (die Verformung bleibt, obwohl die Belastung vorbeigezogen ist). Eine Möglichkeit, geschichtsabhängige Beziehungen mathematisch zu beschreiben, ergibt sich dann, wenn wir nicht σij mit εkl funktional verknüpfen, sondern die zugehörigen Inkremente dσij und dεkl . Eine Beziehung dσij = dσij (dεkl ) ist dann geschichtsabhängig, wenn sie nicht-integrabel ist. Dies kann man am Beispiel folgender inkrementeller Beziehung sehen: 2dx : für dx > 0 dy = dx + |dx| = (14.1) 0 : für dx < 0 welche für einen x-Wert unterschiedliche y-Werte ergibt, je nachdem, welche die Geschichte von x war: Geschichte 1: x wächst von x = 0 nach x = 5 (dx > 0) Geschichte 2: x wächst von x = 0 nach x = 10 (dx > 0) und fällt dann von x = 10 auf x = 5 (dx < 0).
14.2 Mathematische Struktur von Stoffgesetzen
251
Ausgehend von y(x = 0) = 0 erhält man für die Geschichte 1 den Wert y(x = 5) = 10 und für die Geschichte 2 den Wert y(x = 5) = 20. Wir halten also fest, daß Stoffgesetze für Boden nicht finit (z.B. σij = σij (εkl )), sondern inkrementell (z.B. dσij = dσij (dεkl )) formuliert sein müssen. Alternativ zu den Inkrementen (Differentialen) dσij und dεkl kann man die Raten σ˙ ij = dσij /dt und ε˙kl = dεkl /dt verwenden. Die in Raten formulierten Stoffgesetze (z.B. σ˙ ij = σ˙ ij (ε˙kl )) heißen auch Entwicklungsgleichungen (evolution equations). Die Tatsache, daß die Steifigkeit2 von der Spannung σij abhängt, führt dazu, daß Stoffgesetze die Form σ˙ ij = σ˙ ij (σkl , ε˙mn ) haben. Die Irreversibilität der Bodenverformung ist damit verknüpft, daß die Steifigkeit σ˙ ij /ε˙kl nicht denselben Wert bei Belastung und Entlastung hat. Dies bedingt, daß σ˙ ij (σkl , ε˙mn ) = −σ˙ ij (σkl , −ε˙mn ) gelten muss, d.h. die Funktion σ˙ ij (σkl , ε˙mn ) muss nichtlinear in ε˙mn sein (sog. inkrementelle Nichtlinearität). Für die Realisierung solcher Stoffgesetze gibt es das elastoplastische und das hypoplastische Modell. 14.2.1 Elastoplastische Stoffgesetze Die Verformung (Dehnung) wird in einen elastischen und einen plastischen Anteil aufgespalten: εij = εeij + εpij . Eine sog. Fließfunktion f (σij , εpij ) wird so eingeführt, daß die Gleichung f = 0 die sog. Fließfläche definiert, welche den sog. elastischen Bereich einschließt. Sog. ideale Plastizität liegt vor, wenn f nicht von εpij abhängt, während die Abhängigkeit der Funktion f von εpij die sog. Verfestigung konstituiert. Mit Hilfe der Fließfunktion lässt sich Belastung wie folgt definieren: f =0
∂f dσij > 0 ∂σij
und
,
während Entlastung ist gegeben für f <0 oder
f =0
und
∂f dσij < 0 ∂σij
.
∂f dσij = 0 heißt neutrale Belastung. Bei Belastung variiert εpij , d.h. dεpij = Der Fall ∂σ ij 0, und die sog. Konsistenzbedingung
df =
∂f ∂f dσij + p dεpij = 0 ∂σij ∂ε ij
(14.2)
bewirkt, daß ein wandernder Spannungspunkt bei Belastung auf der Fließfläche bleibt.3 Die Richtung des plastischen Dehnungsinkrementes dε pij wird durch eine weitere Funktion g(σij ), das sog. plastische Potential, angegeben: 2 3
Als Steifigkeit wird die Größe dσij /dεkl bzw. σ˙ ij /ε˙kl bezeichnet. D.h., daß er die Fließfläche mitschleppt.
252
14
Stoffgesetze und Simulationen dεpij = λ
∂g ∂σij
(14.3)
Glg. (14.3) ist die sog. Fließregel. λ erhält man durch Einsetzen von (14.3) in (14.2): ∂f ∂σkl λ=− dσkl ∂f ∂g ∂εppq ∂σpq
.
Somit hat man für Belastung
und für Entlastung
dεij = dεeij + dεpij ⎡ ∂f ∂g ⎢ ∂σ kl ∂σij =⎢ ⎣Eijkl − ∂f ∂g ∂εppq ∂σpq dεij = Eijkl dσkl
⎤
⎥ ⎥ dσkl ⎦
.
Der Spezialfall f = g heißt ’Normalitätsbedingung’ oder ’assoziierte Fließregel’. Die Normalitätsbedingung ist die Grundlage für einige weitreichende Theoreme (wie z.B. die Kollapstheoreme, Kapitel 13), deshalb wurde sie lange als eine fundamentale Stoffeigenschaft erachtet. Dies trifft aber nicht zu, z.B. gilt die Normalitätsbedingung für Sand nicht, denn dies würde bedingen, daß der Reibungswinkel ϕ genau so groß wie der Dilatanzwinkel β ist, wohingegen alle Messungen bestätigen, daß ϕ > β gilt. Hingegen darf sie für undränierten Ton angenommen werden, denn dort gilt ϕ = β (= 0). Da die Flächen f = 0 und g = 0 Hauptbestandteile von elastoplastischen Modellen sind, sind ihre geometrischen Darstellungen im dreidimensionalen Hauptspannungsraum die primäre (und oft einzige) Beschreibung dieser Modelle. 4 Von besonderer Bedeutung im Hauptspannungsraum sind die Hauptraumdiagonale, d.h. die Gerade σ1 = σ2 = σ3 ,5 sowie die Ebenen senkrecht dazu, die sog. Deviatorebenen. Spannungstensoren können als Vektoren im Hauptspannungsraum dargestellt werden. Die Aufteilung eines Tensors in hydrostatischen und deviatorischen Anteil, ∗ σij = 13 σkk δij + σij , wird im Hauptspannungsraum dargestellt durch die Aufspaltung in einen Teil in Richtung der Hauptraumdiagonalen, den hydrostatischen Anteil, und einen Anteil senkrecht dazu, den deviatorischen Anteil. Letzterer kann mit Schubspannungen verknüpft werden. Die Tatsache, daß die Scherfestigkeit mit dem hydrostatischen Spannungsanteil zunimmt (vermöge der Reibung), bedingt, daß die Fließfläche sich mit wachsendem hydrostatischen Anteil aufweitet, sie wird daher oft wie ein Kegel dargestellt.6 Da ein Kegel eine offene Fläche ist, wird der 4
5 6
Darstellungen im Hauptspannungsraum sind nur für Prozesse sinnvoll, bei denen die Schubspannungen beständig verschwinden, also nur für sog. Quaderverformungen (rectilinear extensions). σ1 , σ2 , σ3 sind die Hauptspannungen. Die Erzeugende dieses Kegels muss nicht notwendigerweise ein Kreis sein.
14.2 Mathematische Struktur von Stoffgesetzen
253
elastische Bereich durch eine sog. Kappe abgeschlossen. Sie ist derjenige Teil der Fließfläche, der durch Volumenverkleinerung (Verdichtung, z.B. bei ödometrischer Kompression) aufgeweitet wird. Einige gebräuchliche elastoplastische Stoffgesetze für Boden sind: Cam-Clay: Die Cam-Clay Theorie ist das erste elastoplastische Modell, das für Boden (für normal bis leicht überkonsolidierten Ton) konzipiert wurde. Zunächst wurde sie nur zur Interpretation von Ergebnissen von Triaxialversuchen aufgestellt, deshalb kamen in den ursprünglichen Versionen nur die Verformungsvariablen εq := 23 (ε1 − ε3 ) und εv := ε1 + 2ε3 sowie die Spannungsvariablen q := σ1 − σ3 und p := 31 (σ1 + 3σ3 ) vor.7 Dabei ist ε1 die Dehnung in axialer Richtung, und ε2 ≡ ε3 die Dehnung in radialer Richtung. Die Verallgemeinerung auf allgemeine Spannungs- und Verformungstensoren erfolgt dadurch, daß man die o.g. Variablen als Invarianten interpretiert: εv :=εkk = ε11 + ε22 + ε33
;
p=
1 1 σkk = (σ11 + σ22 + σ33 ) 3 3
2 ∗ ∗ εq := √ εik εki 6 =
4 2 (ε +ε2 +ε2 −ε11 ε22 −ε11 ε33 −ε22 ε33 )+2(ε212 +ε213 +ε223 ) 9 11 22 33
q :=
=
3 ∗ ∗ σ σ 2 ik ki
& 2 + σ2 + σ2 − σ σ 2 2 2 σ11 11 22 − σ11 σ33 − σ22 σ33 + 3(σ12 + σ13 + σ23 ) 22 33
Es wird f = g angesetzt, der Kegel-Anteil der Fließfläche wird gegeben durch q = Mp
,
wobei M mit dem Reibungswinkel ϕc beim kritischen Zustand in Bezug gebracht wird durch M = 6 sinϕc /(3 − sinϕc ).8 Die Kappe wird gegeben durch eine Ellipse im q-p-Raum: q 2 − M 2 [p(pc − p)] = 0 , 7 8
Die Faktoren 23 und 13 sind dazu da, damit der Ausdruck pεv + qεq identisch ist mit σ1 ε1 + σ2 ε2 + σ3 ε3 (=Verformungsarbeit pro Volumeneinheit). Beim sog. kritischen Zustand wird die Probe deformiert, aber die Spannung und das Probenvolumen bleiben konstant.
254
14
Stoffgesetze und Simulationen
wobei pc die Konsolidierspannung9 ist und als Verfestigungsparameter dient, indem sie mit der plastischen Volumendehnung in Bezug gebracht wird durch p˙ c = pc
1+e p ε˙ λ−κ v
.
λ und κ sind Stoffparameter, die durch Anpassung von hydrostatischer Erstbelastung und Entlastung an die Beziehungen e = e0 − λ ln(p/p0 ) und e = e1 − κ ln(p/p1 ) gewonnen werden. Innerhalb der Fließfläche finden nur elastische Verformungen statt: ε˙ev =
κ p˙ (1 + e)p
;
ε˙eq =
κ 2 1+ν · · p˙ 9 1 − ν (1 + e)p
.
ν ist die P OISSON-Zahl. Elastoplastizität mit Grenzbedingung nach Mohr-Coulomb: Der Kegel-Teil der Fließfläche lautet (σmax − σmin ) = (σmax + σmin ) · sinϕ + 2 c cosϕ , wobei σmax und σmin die maximale und die minimale Hauptspannung sind. Eine Kappe ist nicht definiert, das Stoffgesetz ist daher unvollständig und z.B. für ödometrische Kompression insofern nicht geeignet, als es nur elastische Zusammendrückung voraussagt. Innerhalb der Fließfläche wird linear-elastisches Verhalten angenommen. 14.2.2 Hypoplastische Stoffgesetze Ein Stoffgesetz σ˙ ij = σ˙ ij (σkl , ε˙mn ), das linear in ε˙mn ist, kann auch in der Form σ˙ ij = Mijmn ε˙mn dargestellt werden, wobei die Steifigkeitsmatrix Mijmn von σkl abhängen kann. Nun weiß man, daß bei irreversibler Verformung die Steifigkeit von der Richtung der Verformung abhängt, d.h. von ε˙ 0mn := ε˙mn /|ε˙mn |. Die nächstliegende Erweiterung eines Stoffgesetzes ist daher: σ˙ ij = (Mijmn + Nij ε˙0mn )ε˙mn
.
(14.4)
Dabei hängen Mijmn und Nij von der Spannung σij ab. Gleichung 14.4 kann auch in folgender Form geschrieben werden: σ˙ ij = Mijmn ε˙mn + Nij |ε˙mn | ,
√ wobei |ε˙mn | = ε˙mn ε˙mn ist und als Norm oder Betrag von ε˙mn bezeichnet wird. Der Term Mijmn ε˙mn stellt eine tensorwertige Funktion von σkl und ε˙mn dar, die linear in ε˙mn ist. Der Term Nij stellt eine tensorwertige Funktion von σkl dar. Für beide Funktionen gibt es sog. Darstellungstheoreme, welche angeben, wie sie dargestellt 9
Es wird hydrostatische Konsolidierung vorausgesetzt.
14.3 Anforderungen an Stoffgesetze
255
werden können. Z.B. besagt das Darstellungstheorem von C AYLEY-H AMILTON, daß die Funktion Nij (σkl ) darstellbar in der Form Nij (σkl ) = a δij + b σij + c σik σkj ist. Dabei sind a, b, c skalare Größen, die von σij abhängen.10 In der Literatur zur Hypoplastizität wird oft die sog. symbolische √ Notation anstatt der Komponentenschreibweise verwendet: T = σij , D = ε˙ij , trD2 = |ε˙mn |. Als ˚ verwendet, denn man kann zeigen, daß T ˙ sondern T ˙ Spannungsrate wird nicht T, 11 ˚ keine objektive Größe ist, wohingegen T eine objektive Spannungsrate darstellen ˚ macht zahlenmäßig wenig aus, daher wird ˙ und T soll. Der Unterschied zwischen T er hier nicht weiter verfolgt, obwohl er Gegenstand vieler Diskussionen ist. Es gibt verschiedene Versionen von hypoplastischen Stoffgesetzen, die sich durch Verbesserungen bestehender Versionen ergeben. 12 Dadurch, daß sie auf die Begriffe von Fließflächen und plastischem Potential sowie ihrer Entwicklungen im Spannungsraum verzichten, zeichnen sich hypoplastische Stoffgesetze durch Einfachheit aus, die sich auch in ihrer Kalibrierung und FEM-Implementierung niederschlägt. Insbesondere sind hypoplastische Stoffgesetze nicht auf einen elastischen Bereich angewiesen, den es ja für Böden nicht gibt.
14.3 Anforderungen an Stoffgesetze 1. Stoffgesetze sollten für allgemeine Verformungen und nicht ausschließlich für eine spezielle Beanspruchung (z.B. ödometrische Verformung) ausgelegt sein. 2. Stoffgesetze sollten kalibrierbar sein. Insbesondere sollte man mit einem Stoffgesetz Elementversuche berechnen, d.h. vorhersagen, können (ohne Zuhilfenahme eines Finite-Element-Programms).13 Dazu muss aber das Stoffgesetz an ein spezielles Material angepasst werden. Dies erfolgt durch Festlegung der Stoffkonstanten, die zunächst als freie Parameter in das Stoffgesetz eingebaut sind. Wenn man die numerische Simulation (Berechnung) von Elementversuchen als das ’direkte’ Problem ansieht, so stellt die Kalibrierung eines Stoffgesetzes, d.h. die zahlenmäßige Festlegung der Stoffkonstanten anhand von Versuchsergebnissen, ein sog. inverses Problem dar. Inverse Probleme zeichnen sich oft dadurch aus, daß kleine Variationen der Eingabedaten große Veränderung bei den Ergebnissen hervorrufen. Die Schwierigkeit der Kalibrierung steigt unverhätnismäßig mit der Komplexität eines Stoffgesetzes, und es fehlt nicht an Stoffgesetzen, die schier unkalibrierbar (und damit eigentlich unbrauchbar) sind. 10 11 12
13
Solche Größen heißen ’Invarianten’ von σij . Zum Begriff der Objektivität siehe nächsten Abschnitt. D. Kolymbas, Introduction to Hypoplasticity, Advances in Geotechnical Engineering and Tunneling, Balkema, 2000, T. Weifner, Review and extension of hypoplastic equations, Advances in Geotechnical Engineering and Tunneling, Logos, Berlin, 2005. Finite-Element-Programme braucht man erst dann heranzuziehen, wenn man Anfangsrandwertprobleme mit nicht-homogener Spannungs- und Verformungsverteilung lösen will.
256
14
Stoffgesetze und Simulationen
Zur Kalibrierung von Stoffgesetzen braucht man sog. Elementversuche. Das sind Laborversuche, bei denen Verformung und Spannung konstant über die Probe verteilt sind, man spricht auch von homogener Verformung. Nur unter dieser Bedingung lässt sich nämlich aus den resultierenden Randkräften auf die Spannung in der Probe und aus der Randverschiebung auf die Verformung der Probe schließen. Die Homogenität der Probenverformung lässt sich durch geeignete Vorkehrungen ermöglichen (wie z.B. durch Schmierung der Probenenden), jedoch nicht erzwingen. Die Bezeichnung ’Elementversuch’ rührt von der Tatsache her, daß bei homogener Verformung derselbe Spannungs- und Verformungszustand in jedem infinitesimal kleinen Element der Probe herrscht. 3. Stoffgesetze müssen objektiv sein: Stoffgesetze sind Beziehungen zwischen Spannungs- und Deformationstensoren bzw. ihrer zeitlichen Raten. Bei der Formulierung solcher Beziehungen sollte man darauf achten, daß sie nicht von der (willkürlichen!) Wahl des Koordinatensystems bzw. des Bezugssystems abhängig sind. Die hieraus resultierenden Regeln 14 sind subtil. Beispiele für nichtobjektive Stoffgesetze sind: (i) σij = const·ε11 ·εij und (ii) σij = const·t ·εij . Beim Stoffgesetz (i) erscheint die Dehnungskomponente ε 11 , welche von der willkürlichen Wahl des Koordinatensystems abhängt, beim Stoffgesetz (ii) erscheint die Zeit t, welche von der willkürlichen Wahl des Zeitnullpunktes abhängt.
14.4 Anmerkungen zu Stoffgesetzen Die Vielfalt des mechanischen Verhaltens von Böden, die enormen Schwierigkeiten bei seiner mathematischen Modellierung sowie ihre zentrale Bedeutung bei der numerischen Simulation machen Stoffgesetze zu einem faszinierenden Forschungsgebiet, für welches ein zunehmendes Interesse nicht nur im Bauingenieurwesen, sondern auch im Bergbau, in der Geologie und in der Physik aufkommt. Folgende Gesichtspunkte sind von Interesse: Zeitabhängigkeit: Zeitabhängige Effekte wie Kriechen, Relaxation, Viskosität und Altern werden durch sog. rate-independent-Stoffgesetze wie z.B. das H OO KE sche Gesetz und die elastoplastischen Stoffgesetze nicht erfasst. Dies bedeutet, daß nach diesen Stoffgesetzen die Verformungen simultan mit den Spannungen auftreten und mit der Zeit nicht verändert werden.Rate-independence ist eine Idealisierung, die strenggenommen für keinen realen Stoff zutrifft. Zur Berücksichtigung von rate-dependent-Phänomenen darf die absolute Zeit t aus Objektivitätsgründen nicht im Stoffgesetz explizit erscheinen, es können aber Zeitableitungen von Spannung und Verformung auftreten sowie Stoffkonstanten, welche die Dimension der Zeit haben. Die mathematische Modellierung des plastischen und rate-dependent Stoffverhaltens erweist sich als besonders schwierig. Nach dem Modell von B ING 14
C.A. Truesdell und W. Noll, The Non-linear Field Theories of Mechanics. Encyclopedia of Physics, Vol. IIIc, Springer, 1965.
14.4 Anmerkungen zu Stoffgesetzen
257
HAM setzt viskoses Fließen ein, sobald die Schubspannung einen bestimmten Grenzwert, die Fließgrenze τf , überschreitet. Die Erweiterung auf dreidimensionale Tensoren wird oft als P ERZYNA-Modell bezeichnet: die viskose Fließrate ε˙ij wird in Zusammenhang mit dem Maß gebracht, um welches die Spannung die Fließfläche übersteigt. Im Gegensatz zur N EWTONschen Viskosität von Fluiden ist bei Feststoffen die Beziehung zwischen Spannung τ und Kriechgeschwindigkeit ε˙ nicht linear, sondern logarithmisch: τ = τ0 + c ln(ε/ ˙ ε˙0 ) bzw. ε˙ = a exp (b τ ). Wie Abb. 14.1 zeigt, täuscht diese Beziehung eine Fließgrenze vor, die aber vom Zeitmaßstab abhängt. Viskose Deformation bzw. Kriechen wird oft als ein thermisch angeregter Prozess betrachtet, d.h. die Kriechrate wird als temperaturabhängig angesetzt. Oft wird dafür die Beziehung ε˙ ∼ exp(−const/T ) angegeben, wobei T die absolute Temperatur ist. 7
x 10
2 6
1.8 1.6
5
Deformationsrate in %/a
Deformationsrate in %/s
1.4 1.2 1 0.8 0.6 0.4
4
3
2
1
0.2 0
0
0.2
0.6 0.4 Schubspannung
0.8
1
0 0
0.2
0.6 0.4 Schubspannung
0.8
1
Abb. 14.1. Dieselbe Beziehung ε˙ = a exp (b τ ) dargestellt für verschiedene Zeitmaßstäbe: links für ε˙ in % pro Sekunde, rechts in % pro Jahr (hier: a = 10−5 s−1 , b = 40).
Eindeutigkeit: Ein inkrementelles Stoffgesetz dσij = dσij (dεkl ) liefert bei Vorgabe aller Komponenten von dεkl die zugehörigen Komponenten dσij . Entsprechend liefert die inverse Beziehung dεij = dεij (dσkl ) die Komponenten von dεij . Es fragt sich nun, ob diese Beziehungen eindeutig und invertierbar sind. Die Frage nach der Eindeutigkeit sollte auch dann gestellt werden, wenn von den 6 voneinander unabhängigen Dehnungsinkrementen nur n < 6 vorgegeben werden und dazu noch 6 − n Spannungsinkremente. Das Stoffgesetz sollte dann die jeweils dazugehörigen Spannungs- bzw. Verformungsinkremente liefern. Es lässt sich zeigen, daß Stoffgesetze nur dann in diesem Sinn eindeutig sind, wenn die Bedingung
258
14
Stoffgesetze und Simulationen dσij dεij > 0
(14.5)
gilt. Diese Bedingung verlangt, daß das zu jedem dε kl zugehörige Spannungsinkrement dσij dermaßen sein soll, daß das sog. second order work dσij dεij positiv ist. Ein rate-independent Stoffgesetz dσij = dσij (dεkl ) lässt sich auch in der Form dσij = Mijkl dεkl schreiben, wobei Mijkl von der Spannung σij und von der Richtung dε0kl := dεkl /|dεkl | abhängen kann. Bei Positivität von dσij dεij ist die Matrix Mijkl positiv definit. Der Verlust der Eindeutigkeit des Stoffgesetzes impliziert, daß bei Laborversuchen die Verformung der Probe nicht durch die Vorgabe von Randverschiebungen und Randspannungen kontrollierbar ist. Bei Triaxialversuchen geht die Homogenität der Verformung verloren, es tritt eine sog. Verzweigung auf, wobei meist die Verformung innerhalb dünner Scherfugen lokalisiert wird. Der Verlust der Eindeutigkeit wird von vielen numerischen Lösungsverfahren nicht verkraftet, denn die zu lösenden Gleichungssysteme erhalten eine verschwindende Determinante. Große Verformungen: Für die Verformung gibt es viele verschiedene Definitionen bzw. Maße. Definiert man εij über das Verschiebungsfeld ui , so erhält man den im Verschiebungsgradienten nichtlinearen Ausdruck ε ij = 21 (ui,j + uj,i − uk,i uk,j ).15 Die sog. geometrische Linearisierung εij ≈ 21 (ui,j + uj,i ) ist nur für ’kleine’ Verschiebungsgradienten bzw. für ’kleine’ Verformungen zulässig. Die Berücksichtigung von nichtlinearen Termen in der sog. Theorie großer Verformungen führt zu mathematisch aufwendigen Ausdrücken. In der Geotechnik treten viele Probleme mit großen Verformungen auf (Erdrutsche, Penetration von Sonden, Pfählen u.ä.). Sie können mit inkrementellen Stoffgesetzen ohne Heranziehung der Theorie großer Verformungen behandelt werden, falls man die Verformung in hinreichend kleinen Schritten aufbringt und die Bezugskonfiguration entsprechend aktualisiert. Hypoplastische Stoffgesetze werden oft als Beziehungen zwischen der Spannungsrate σ˙ ij und der Verformungsrate ε˙kl angegeben. Strenggenommen sollte anstelle von ε˙kl die Verzerrungsgeschwindigkeit dkl geschrieben werden, die sich aus dem Geschwindigkeitsfeld vi durch dij = 21 (vi,j + vj,i ) ergibt. dij kann nicht als Zeitableitung irgendeines Verformungstensors betrachtet werden (mit Ausnahme der logarithmischen Dehnung, welche aber nur für Quaderverformungen16 ein sinnvolles Verformungsmaß ist). Entfestigung: Das Bodenverhalten weist die Eigenschaft auf, daß bei vielen Spannungs-Dehnungs-Diagrammen (die aus speziellen Beanspruchungen resultieren) die aufgetragene Spannungskomponente (bzw. ihr Betrag) ein Maximum (sog. Peak) aufweist, jenseits dessen die sog. Entfestigung (softening) einsetzt. Üblicherweise setzt bereits vor dem Peak eine inhomogene Verformung der Probe ein, so daß Versuchsergebnisse über Spannungen und Dehnungen jenseits des Peaks wenig vertrauenswürdig sind. Die numerische Lösung von Problemen, wo 15 16
Die Schreibweise ui,j bedeutet ∂ui /∂xj . D.h. für Bewegungen ohne Hauptachsendrehung.
14.4 Anmerkungen zu Stoffgesetzen
259
Entfestigung auftritt, erweist sich als schwierig und vom (willkürlich gewählten) Finite-Element-Netz abhängig. Thermodynamische Konsistenz: Die klassische Thermodynamik ist aus der Betrachtung eines speziellen Stoffgesetzes erwachsen, nämlich der Beziehung zwischen Druck p und Volumen V eines idealen Gases und der Beobachtung, daß die Kompressibilität des Gases davon abhängt, ob man die Kompression adiabatisch oder isotherm durchführt. Wesentliche Aussagen der Thermodynamik sind der 1. Hauptsatz (Energieerhaltung) und der 2. Hauptsatz (Entropieproduktion), von welchem sehr viele (und nicht unbedingt kongruente) Fassungen existieren. In Zusammenhang mit Stoffgesetzen für andere Feststoffe (z.B. Boden) erhebt sich die Frage, inwiefern man aus der Thermodynamik Einschränkungen herleiten kann bzw. Stoffgesetze dahingehend überprüfen kann, ob sie nicht gegen die Regeln der Thermodynamik verstoßen. Es zeigt sich aber, daß thermodynamische Überlegungen nicht sehr hilfreich sind, denn sie beziehen sich auf zyklische Prozesse (sog. Kreisprozesse), bei denen die bisher vorgeschlagenen Stoffgesetze ohnehin versagen. Es gelingt allenfalls, thermodynamische Potentiale so zu konstruieren, daß man daraus einige gängige Stoffgesetze ableiten kann. Dies mag eine interessante Einübung in den Formalismus der Thermodynamik sein, bringt jedoch die Forschung auf dem Gebiet der Stoffgesetze kaum weiter. Implementierung in FEM-Programmen: Randwertprobleme werden heute nach der Methode der finiten Elemente numerisch gelöst. Dabei wird die Gleichgewichtsbedingung nicht an jedem Punkt des betrachteten Kontinuums erfüllt, sondern nur an einigen wenigen sog. Knotenpunkten. Die auf jeden Knotenpunkt aus dem umgebenden Kontinuum einwirkenden Kräfte resultieren aus Massenkräften (z.B. Gravitation) und sonstigen ’äußeren’ Kräften, sowie aus der Verformung des Kontinuums (sog. innere Kräfte). Sie werden dadurch (näherungsweise) erfasst, daß man das Verschiebungsfeld zwischen den einzelnen Knotenpunkten mit Hilfe von sog. Ansatzfunktionen annimmt, deren freie Parameter die (zunächst unbekannten) Knotenpunktverschiebungen sind. Man erhält so das (nicht unbedingt lineare) Gleichungssystem y(x) = 0, wobei x der Vektor der Knotenverschiebungen und y der Vektor der sog. Knoten-Ungleichgewichtskräfte ist. Die Ungleichgewichtskräfte resultieren aus der Differenz zwischen den äußeren und den inneren Kräften, sie sollen im Gleichgewichtsfall verschwinden. Für die Lösung des Gleichungssystems y(x) = 0 gibt es zwei Strategien: Implizite Methode: Es wird das iterative Verfahren nach N EWTON angewandt: −1 ∂yi i+1 i =x + y(xi ). ∂yi /∂xj ist die sog. (globale) Steifigkeitsx ∂xj matrix, deren numerische Aufstellung rechenintensiv ist. Dafür ist die Konvergenz recht schnell. Explizite Methode: Die zeitaufwendige Aufstellung der Steifigkeitsmatrix wird vermieden, es werden langsamere Iterationsverfahren angewandt wie z.B. das Verfahren von JACOBI: xi+1 = xi + const · y(xi ). Meist17 wird 17
So in FLAC und ABAQUS EXPLICIT.
260
14
Stoffgesetze und Simulationen
die sog. dynamische Relaxation angewandt: Man geht davon aus, daß eine nichtverschwindende Ungleichgewichtskraft den betreffenden Knotenpunkt beschleunigt, so daß er eine Schwingung vollzieht. Die Differentialgleichung lautet a¨ x + bx˙ + y(x) = 0. Ersetzen von x ¨ und x˙ durch die entsprechenden Differenzenquotienten, x ¨ ≈ (xi+1 − 2xi + xi−1 )/h2 , x˙ ≈ (xi+1 − xi−1 )/(2h) führt zu einem expliziten Gleichungssystem für xi+1 . Wiederholte Anwendung dieser Iterationsvorschrift führt schließlich zur Lösung, welche die Gleichung y(x) = 0 erfüllt. Eine Dämpfung (hier repräsentiert durch den Term bx) ˙ ist von ausschlaggebender Bedeutung, denn ohne sie würden die Knotenpunkte beständig weiterschwingen. Oft wird eine fiktive Dämpfung angesetzt, die mit der tatsächlichen Viskosität des Materials nichts zu tun haben muss. Eine geschickte Wahl der Dämpfung führt zu einer schnellen Konvergenz, es gibt aber kaum Regeln für ihre Festlegung, und sie muss durch Probieren gefunden werden. Es liegen kaum Vergleiche vor, welche die Vorzüge der expliziten und der impliziten Methode gegeneinander ausloten. Die beiden Verfahren zugrundeliegende komplizierte Numerik setzt die (recht willkürliche) Festlegung vieler Steuerungsparameter voraus, und dies führt dazu, daß ein Problem unterschiedliche Lösungen erhält, je nachdem mit welchem Programm, welchen Steuerungsparametern, welchem Computer und welchem Stoffgesetz gearbeitet worden ist. Von ausschlaggebender Bedeutung ist das Stoffgesetz und die ihm zugrundeliegende Kalibrierung. Eine weitere offene Frage bezieht sich auf das AusgangsSpannungsfeld, das sich selten eindeutig bestimmen lässt. Die Einstellung zu Ergebnissen von FEM-Berechnungen in der Geotechnik ist ganz unterschiedlich und reicht vom unkritischen Vertrauen bis hin zu absolutem Misstrauen. Leider gibt es noch ganz wenige Fälle, wo echte FEM-Voraussagen unterschiedlicher Ingenieure anhand von Feldmessungen überprüft werden konnten (vgl. Abschnitt 19.7). Einfluss des Porenwassers: Die meisten Stoffgesetze beziehen sich auf trockenen Boden und können unter Heranziehung des Prinzips der effektiven Spannungen auch für wassergesättigte Böden verwendet werden. Es wird also entweder vorausgesetzt, daß der Porendruck verschwindet (trockener Boden oder langsame Verformung bei dränierten Verhältnissen), oder – bei undränierten Verhältnissen und nichtverschwindendem Porendruck – es sind die im Stoffgesetz auftretenden Spannungen als effektive Spannungen aufzufassen. Der Porendruck lässt sich dann aus Randbedingungen für die totale Spannung festlegen. Einfache Stoffe - höhere Kontinua: Den meisten gebräuchlichen Stoffgesetzen liegt die Annahme des sog. einfachen Stoffs zugrunde, nach welcher nur der erste Deformationsgradient und seine Geschichte für die aktuelle Spannung an einem Punkt des Kontinuums maßgebend ist. Dies impliziert, daß sog. Elementversuche18 für die Kalibrierung eines Stoffgesetzes ausreichend sind und daß der Stoff keine innere Länge aufweist. Demzufolge würden zwei Triaxialversuche an geometrisch ähnlichen Proben unterschiedlicher Größe (etwa mit den Durchmessern 18
Das sind Versuche mit homogener Probenverformung.
14.5 Mechanische Ähnlichkeit, Dimensionsanalyse und Modellversuche
261
10 cm und 100 cm) aus demselben Material und mit denselben Randbedingungen (d.h. mit demselben Seitendruck) identische Spannungs-Dehnungs-Kurven ergeben. Dies trifft in der Realität nicht ganz zu, ein gewisser Maßstabeffekt ist immer zu beobachten, insbesondere bei Fels. Bestes Stoffgesetz: Die Vielfalt der vorgeschlagenen Stoffgesetze führt zur berechtigten Frage, welches denn das beste sei. Es gibt mehrere Gründe dafür, daß diese Frage nicht allgemein beantwortet werden kann. Denn die vielen Elementversuche (Ödometerversuche, Triaxialversuche usw.) können durch die einzelnen Stoffgesetze unterschiedlich gut simuliert werden, und es gibt kein objektives Maß für eine Gesamtbeurteilung eines Stoffgesetzes. Ferner kann es sein, daß ein Stoffgesetz mehrere Elementversuche gut beschreibt, allerdings um den Preis einer extremen Komplexität im mathematischen Aufbau und in der Kalibrierung. Es gibt kein objektives Maß, um Komplexität gegen Güte der Simulation aufzurechnen. Gerade weil keine pauschale Bewertung möglich ist, muss man bei der jeweiligen Wahl eines Stoffgesetzes für eine konkrete Aufgabe besondere Vorsicht walten lassen. T ERZAGHI19 mahnt, nicht zu hohe Erwartungen auf die Genauigkeit von Berechnungsergebnissen zu setzen und trotzdem die Theorie zu achten: . . . the illusion that everything connected with engineering should and can be computed . . . . In soil mechanics the accuracy of computed results never exceeds that of a crude estimate, and the principal function of theory consists in teaching us what and how to observe . . . Angesichts der verwirrenden Vielfalt an Stoffgesetzen und numerischen Lösungsverfahren für Anfangsrandwertprobleme, sowie deren Anwendungsparameter (Bestimmung der Stoffparameter, Diskretisierung, Ansatzfunktionen, Abbruchkriterien u.ä.) sollten Ergebnisse numerischer Simulationen kritisch betrachtet aber nicht verdammt werden. Die numerische Simulation ist nämlich ein Weg, der das Bestreben manifestiert, kausale Zusammenhänge zu verstehen. Die kritische Betrachtung wird helfen, die besseren Verfahren herauszuwählen. Dies aber setzt voraus, daß (i) Simulationsergebnisse dokumentiert20 werden und (ii) daß an konkreten Objekten Meßwerte auf Grund der Simulationen vorausgesagt werden und mit tatsächlichen Meßergebnissen verglichen werden.
14.5 Mechanische Ähnlichkeit, Dimensionsanalyse und Modellversuche Es ist oft zweckmäßig, die maßgebenden Variablen eines Systems zu dimensionslosen Variablen zusammenzufassen. Dies bringt folgende Vorteile: Erstens ist ihre 19 20
K.v. Terzaghi, Relation Between soil mechanics and foundation engineering. Proceed. Intern. Conf. SMFE, 1936, Vol.III, 13-18. Das Kriterium für die Vollständigkeit einer Dokumentation ist, daß sie ein Nachvollziehen der numerischen Simulation durch einen Dritten erlaubt.
262
14
Stoffgesetze und Simulationen
Anzahl geringer als bei den ursprünglichen Variablen und, zweitens, haben diese Variablen bei Ähnlichkeit den gleichen Wert. Dies ist nämlich die Definition von mechanischer Ähnlichkeit: sie liegt vor, wenn alle dimensionslosen Variablen eines Problems denselben Wert haben. Eine mathematische Beziehung zwischen den dimensionlosen Variablen beschreibt nicht nur ein Problem, sondern eine Klasse von ähnlichen Problemen. So kann man z.B. die Verformung einer Konstruktion (’Prototyp’) dadurch analysieren, daß man sie in geometrisch verkleinertem Maßstab (’Modell’) nachbaut und sie dann im Labor untersucht. Man nennt dieses Vorgehen auch ’physikalische Simulation’. Mit ihrer Hilfe können z.B. die Ergebnisse von numerischen Simulationen überprüft oder kalibriert werden. Aus dem Satz der ursprünglichen Variablen läßt sich immer ein Satz von dimensionslosen Variablen bilden (sog. Π-Theorem). Dies ist eine Folge der Forderung, daß physikalische Gesetze invariant gegenüber Änderungen der Maßeinheiten sein sollen (z.B. gilt die Formel Kraft = Masse × Beschleunigung, egal ob man die Beschleunigung in m/sec2 oder ft/sec2 angibt). Die Einführung dimensionsloser Variablen kann anhand folgender Beispiele erläutert werden: Mathematisches Pendel: Es wird eine Beziehung zwischen der Frequenz ω, der Pendellänge l, der Pendelmasse m und der Erdbeschleunigung g von der Form F (ω, l, m, g) = 0 gesucht. Wir sehen, daß sich mit der Masse m keine dimensionslose Variable bilden läßt, daher ist m keine Variable des Problems. Die einzi2 ge dimensionslose Variable, die sich bilden läßt, ist Π := ωg l . Daraus folgt, daß die gesuchte Beziehung die Form F1 (Π) = 0 hat, woraus wiederum Π=const bzw. ω =const· g/l folgt. Der Wert der Konstanten läßt sich aus einem Versuch ermitteln. Durchlässigkeit: Ein Beispiel einer nicht-dimensionsreinen Formel ist die Formel 2 . Solche Formeln sind nur von H AZEN für die Durchlässigkeit: k = 0, 01 · D10 sinnvoll, wenn die Einheiten der Variablen angegebn werden. Z.B. ist in obiger Formel D10 in mm und k in m/s ausgedrückt. Es ist jedoch leicht, mit Hilfe der Dimensionsanalyse eine dimensionsechte Formel aufzustellen. Man beachte, daß die Durchlässigkeit k(:= v/i) nicht nur vom Material sondern auch von der maßgebenden Erdbeschleunigung g abhängt, da der Druck in mWS gemessen wird (auf dem Mond hat k einen anderen Wert als auf der Erdoberfläche!). Rein auf das Material bezogen ist die Größe k¯ := v/∇p = k/γw . Nun ist k¯ abhängig von einem wirksamen Korndurchmesser Dw (der einen geeigneten, repräsentativen Durchmesser eines Porenkanals charakterisiert), sowie von der Zähigkeit kµ µ des Fluids: Aus F (k/γw , µ, Dw ) = 0 folgt mit Π = : F1 (Π) = 0. 2 γw Dw 2 Daraus folgt Π=const bzw. k=const ×Dw γw /µ (vgl. Gleichung 5.7). Sanduhr: Aus Erfahrung weiß man, daß die Auslaufgeschwindigkeit v aus einem Sandbehälter nicht von der Füllhöhe h abhängt (deswegen wird Sand bei Sanduhren verwendet). Die gesuchte Beziehung hat daher die Form F (d, v, g) = 0, wobei d der Durchmesser des Auslaufs und g die Erdbeschleunigung ist. Mit Π = v 2 /(dg) hat die Beziehung die Form F1 (Π) = 0. Daraus folgt Π=const
14.5 Mechanische Ähnlichkeit, Dimensionsanalyse und Modellversuche
263
√ bzw. v=const× d · g. Für den Durchfluß Q (= Sandvolumen pro Zeiteinheit) πd2 · v = c1 · d5/2 . folgt dann: Q = 4 Ähnlichkeit bei Konsolidierung Bei der eindimensionalen Konsolidierung lautet der Ansatz aller signifikanten Größen: F (s, d, k/γw , δp, Es , t) = 0 . Daraus ergeben sich folgende dimensionslose Variablen: Π1 = s/d;
Π2 =
k · t · Es ; γw · d2
Π3 =
δp Es
.
Falls im Modell und Prototyp das gleiche Material mit der gleichen Belastung untersucht werden, so folgt aus Π2Modell = Π2P rototyp : t t = . 2 d Modell d2 P rototyp 14.5.1 Zentrifugen Zentrifugen ermöglichen Modellversuche bei erhöhter Massenkraft. Je nach Radius r und Drehgeschwindigkeit ω kann die Zentrifugalbeschleunigung ω 2 r die Erdbeschleunigung um ein Vielfaches überschreiten. Ein Modellversuch in der Zentrifuge ist z.B. dann sinnvoll, wenn man die Stabilität einer Böschung in kohäsivem Boden untersuchen will. Aus der theoretischen Analyse (bzw. aus dem Π-Theorem) weiß man, daß die dimensionslose Zahl γh c eine Rolle spielt und daher im Prototyp und im Modell übereinstimmen soll. Verkleinert man nun den geometrischen Maßstab um den Faktor 1/N , d.h. hM = hP /N (hM = Höhe des Geländesprungs im Modell, hP = Höhe des Geländesprungs im Prototyp), so muß man entweder c ebenfalls um den Faktor 1/N verkleinern, oder γ um den Faktor N erhöhen. Die Kohäsion zu verkleinern ist schwierig und bedeutet, daß man mit einem anderen Material als in der Natur zu tun hat, das womöglich ganz andere Eigenschaften hinsichtlich Dilatanz, Steifigkeit usw. hat. Deshalb ist es vorteilhaft, die Massenkraft g in einer Zentrifuge zu erhöhen.21 Fehler entstehen bei Zentrifugenversuchen erstens durch die Korioliskräfte (falls beim Versuch radiale Geschwindigkeiten auftreten) und zweitens durch die Tatsache, daß die Massenkraft nicht homogen ist, sondern mit dem Radius r zunimmt. Auch kann die oft erforderliche starke Miniaturisierung der Bauprozesse Probleme aufwerfen. 14.5.2 Π-Theorem Ein physikalisches Problem möge durch n Variablen x1 , x2 , . . . xn beschrieben werden. Jede Variable xi wird dargestellt als Produkt einer dimensionslosen Zahl ξi und einiger Potenzen von Grundeinheiten: 21
Z.B. hat die Zentrifuge der Ruhr-Universität Bochum eine Nutzlast von 2000 kg und eine maximale Beschleunigung von 250 g.
264
14
Stoffgesetze und Simulationen xi = ξi E1ei1 E2ei2 . . . Ekeik
k ist die Anzahl der Grundeinheiten, die in diesem Problem vorkommen. Anstelle der n dimensionsbehafteten Variablen x1 , x2 , . . . xn wollen wir nun die dimensionslosen Variablen Π1 , Π2 , . . . einführen. Jede dimensionslose Variable wird als Produkt von Potenzen der Variablen xi gebildet: xp11 · xp22 · . . . · xpnn = ξ1 · E1e11 p1 · E2e12 p1 · . . . · Eke1k p1 × ξ2 · E1e21 p2 · E2e22 p2 · . . . · Eke2k p2 × ... ξn · E1en1 pn · E2en2 pn · . . . · Ekenk pn Da die neuen Variablen dimensionslos sein sollen, muß gelten: e11 p1 + e21 p2 + . . . + en1 pn = 0 e12 p1 + e22 p2 + . . . + en2 pn = 0 ... e1k p1 + e2k p2 + . . . + enk pn = 0
.
Es liegt also ein homogenes System aus k Gleichungen mit n Unbekannten vor. Ein solches System hat m linear unabhängige Lösungsvektoren: ⎛
⎞ p1 ⎜ p2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ . ⎟ , ⎝ .. ⎠ pn
1
⎞ p1 ⎜ p2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ . ⎟ , ⎝ .. ⎠ ⎛
pn
2
...
⎞ p1 ⎜ p2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ . ⎟ , ⎝ .. ⎠ ⎛
pn
m
und jeder dieser Vektoren bestimmt eine dimensionslose Variable Π i . Es gibt also m verschiedene dimensionslose Variablen. Die Anzahl m folgt aus dem Rang r des Gleichungssystems. r wird dadurch definiert, daß es keine nichtverschwindende Unterdeterminante r + 1-ter Ordnung existiert. Es ist dann m = n − r. Praktisch werden die dimensionslosen Variablen Πi durch Probieren bestimmt, wobei i.a.viele verschiedene Sätze von dimensionslosen Parametern gibt. Die Wahl des günstigsten Satzes hängt vom Geschick ab. Die gewählten Parameter sollten möglichst gut miteinander korrelieren.
15 Flachgründungen
15.1 Anforderungen Durch einen geeigneten Entwurf der Gründung soll gewährleistet werden, daß • •
eine hinreichend große Sicherheit gegen Grundbruch vorhanden ist, die Setzungen (und somit auch die Verkippung) hinreichend klein bleiben.
Wie aus der Grundbruchformel bekannt, nimmt die Grundbruchlast quadratisch mit der Breite b eines Fundamentes zu. Somit wächst auch die Sicherheit gegen Bruch (bei vorgegebener Last) quadratisch mit der Fundamentbreite b. Bei vorgegebener Last wird auch die Setzung kleiner mit wachsender Fundamentbreite. Durch geeignete Wahl der Fundamentbreite können also die o.g. Forderungen erfüllt werden. Im allgemeinen ist die daraus resultierende erforderliche Fundamentbreite größer als die Breite des zu stützenden Bauteils (Säule bzw. Wand). Insofern ergeben sich die Fundamente als Verbreiterung nach Abbildung 15.1.
Abb. 15.1. Mögliche Formen von Fundamenten (Einzelfundamente bzw. Streifenfundamente)
266
15 Flachgründungen
15.2 Gründungsarten Bei gutem Baugrund erfolgt die Lasteinleitung vom Bauwerk in den Untergrund in geringer Tiefe unterhalb der Geländeoberfläche als sog. Flachgründung. In Frage kommen Einzelfundament (spread footing): zur Gründung von Einzelstützen Streifenfundament (wall footing): zur Gründung von Wänden Plattengründung: Dadurch können niedrige Sohlpressungen (bei schlechtem Baugrund) erreicht werden. Eine Plattengründung wird auch zur Abdichtung gegen Grundwasser und zur Übertragung großer Horizontalkräfte herangezogen, oder wenn Einzelfundamente bei einem engen Stützenraster unwirtschaftlich werden. Bei Plattengründungen sind Setzungsunterschiede geringer als bei aufgelösten Gründungen. Im Vergleich zu Plattengründungen muß man bei Einzelund Streifenfundamenten erhöhte Kosten für Schalung und Bewehrungsführung hinnehmen. Durch ihre räumlichen Tragreserven kann eine Platte örtliche Fehlstellen im Baugrund eher überbrücken. Gründungsbalken sind Streifenfundamente, die durch einzelne Stützen belastet werden. Im Gegensatz zu Streifenfundamenten erhalten sie eine Längsbewehrung. Bei schlechtem Baugrund kann man entweder die Lasten in tiefere, tragfähigere Schichten einleiten (Tiefgründungen bzw. Pfahlgründungen), oder aber den Boden austauschen bzw. verbessern (durch Verdichtung, Injektionen u.ä.). Bei gutem Baugrund machen die Gründungskosten (für Aushub und Fundamente) 10 bis 30% der Rohbausumme aus1 . Dieser Anteil erhöht sich bei umfangreichen Baugrubensicherungen und bei Tiefgründungen. Schäden infolge mangelhafter Gründung sind sehr schwer zu beheben.
15.3 Zulässige Bodenpressungen Geprägt durch das Vorgehen im Stahlbau sind Bauingenieure gewohnt, mit Hilfe von zulässigen Spannungen σzul zu dimensionieren. Daher hat es sich auch im Grundbau eingebürgert, von „zulässigen Bodenpressungen“ zu sprechen. Strenggenommen ist jedoch dieser Begriff untauglich, denn hier ist σzul keine Stoffkonstante, sondern hängt von der Geometrie des Fundamentes ab. Um dies einzusehen, betrachten wir die beiden eingangs erwähnten Forderungen nach ausreichender Sicherheit gegen Grundbruch und hinreichend kleinen Setzungen: Grundbruchsicherheit: Wie aus der Grundbruchformel ersichtlich, wächst die mittlere Grundbruch-Sohlpressung (d.h. Grundbruchlast dividiert durch Breite) mit der Breite b an. Mit anderen Worten, wenn ein Fundament der Breite b 1 bei der mittleren Sohlpressung p die Grundbruchsicherheit η1 aufweist, so würde ein Fundament der Breite b2 (> b1 ) die Grundbruchsicherheit η2 > η1 haben. Wird eine konstante 1
Siehe H. Baldauf, U. Timm: Betonkonstruktionen im Tiefbau, Ernst & Sohn, Berlin, 1988, Abschnitt „Gründungen“.
15.3 Zulässige Bodenpressungen
267
Grundbruchsicherheit gefordert, so wächst die „zulässige Bodenpressung“ mit der Breite (siehe Abb. 15.2 ).
Abb. 15.2. Das linke Fundament hat eine kleinere Grundbruchsicherheit und erleidet eine kleinere Setzung als das rechte.
Kleine Setzungen: Ist die mittlere Sohlpressung vorgegeben, so wächst die Setzung mit der Fundamentbreite. Ist also eine Setzung vorgegeben, so verringert sich die “zulässige Bodenpressung“ mit der Fundamentbreite (siehe Abb. 15.3). Man ersieht daraus, daß die „zulässige Bodenpressung“ keine Bodenkonstante ist und daß sie (bei Vorgabe einer zulässigen Setzung und einer einzuhaltenden Grundbruchsicherheit) allenfalls in Bezug auf eine bestimmte Fundamentbreite angegeben werden kann.
Abb. 15.3. Zulässige Bodenpressung in Abhängigkeit von der Fundamentbreite b (a) bei vorgegebener Grundbruchsicherheit, (b) bei Einhaltung einer zulässigen Setzung.
268
15 Flachgründungen
15.4 Gründungstiefe Die Fundamentsohle sollte unterhalb 1. 2. 3. 4.
der Frosttiefe von Schichten großer Volumenschwankung infolge Be- und Entfeuchtung des Mutterbodens (Humus) von Weichschichten wie z.B. lockere Auffüllungen, Torf u.ä.
liegen. Die Frosttiefe sollte insbesonders bei der Gründung von Außenwänden beachtet werden, wohingegen unterhalb der Innenräume eines Bauwerks mit geringerem oder mit keinem Frost zu rechnen ist. Bei Gründungen am fließenden Wasser sollte die Gründungstiefe hinreichend groß sein, damit es nicht zur Unterspülung kommt. Für die hierzu erforderliche Tiefe gibt es nur stark divergierende Erfahrungsregeln. Gründungen auf lockerem Sand sind setzungsgefährdet, insbesondere bei Einwirkung von Erschütterungen. Bei Gründungen auf Löß sollte die Gefahr der Sättigungssetzung (siehe Abschnitt 6.6) berücksichtigt werden. In ariden und semiariden Regionen gibt es sog. expansive Böden, die bei Wasserzugabe quellen. Kann man diese nicht unterbinden, so sollte man Hohlräume vorsehen, in die der Boden hineinquellen kann (siehe Abb. 15.4), oder eine Pfahlgründung vorsehen.
Abb. 15.4. Gründung mit Hohlräumen bei expansiven Böden
Sofern die Steifigkeit des Bodens mit wachsender Tiefe zunimmt, kann man die Setzung dadurch reduzieren, daß man die Gründungssohle tiefer legt.
15.5 Sohldruckverteilung Die Sohldruckverteilung hängt nicht nur von den Eigenschaften des Bodens, sondern auch von der Steifigkeit und Belastung des Fundamentes ab. Sie hängt also von der Wechselwirkung zwischen Boden und Fundament ab (soil-structure interaction). Die Bestimmung der Sohldruckverteilung ist ein äußerst schwieriges Problem und kann nur approximativ gelöst werden.
15.7 Elastische Lösungen
269
Die hiermit verknüpfte Unsicherheit wirkt sich nicht sehr negativ aus, denn die Fundamente werden meist stark überdimensioniert. Zudem führen örtliche Versagen des Fundamentes nicht zu katastrophalen Ereignissen, denn die hiermit verknüpfte Änderung des Sohldrucks hat nicht die Tendenz, das Versagen zu verstärken.
15.6 Das Spannungstrapez-Verfahren Die primitivste Annahme zur Sohldruckverteilung ist, daß sie geradlinig (linear) ist. Bei einem Rechteckfundament (Breite b, Länge a > b) erhält man aus den Gleichgewichtsbedingungen V = 0 und M = 0 (siehe Abb. 15.5):
Abb. 15.5. Geradlinige Sohldruckverteilung (Spannungstrapez-Verfahren). Klaffende Fuge bei großer Exzentrizität e.
Für e ≤ b/6 : Für e > b/6
σl,r = P/(ab) · (1 ∓ 6e/b) liegt eine sog. klaffende Fuge vor. Es ist dann: P 4 σr = · 3 a(b − 2e) Der Bereich e < b/6 heißt der Kern eines Streifenfundamentes. Wenn die Last P innerhalb des Kernes angreift, gibt es keine klaffende Fuge (siehe Abb. 15.5). Lineare Spannungsverteilungen dürfen bei gedrungenen Fundamenten (Einzelfundamente, Streifenfundamente in Querrichtung) angesetzt werden.
15.7 Elastische Lösungen 15.7.1 Steifezahlverfahren Wir nehmen an, daß der Boden elastisch reagiert und betrachten (ebenes Problem) die Einsenkung y(x) der Bodenoberfläche (bzw. Fundamentsohle) infolge der Streckenlast (Sohldruck) q(x). Das Problem wird dadurch diskretisiert, daß wir nur
270
15 Flachgründungen
die Einsenkungen yi an den Stellen xi (i = 1, 2, 3, . . .) betrachten. Sie werden durch die Lasten n qj := q(xj ) ∆x hervorgerufen. Hierbei ist ∆x = xj+1 − xj , und es gilt yi = j=1 αij qj . αij ist die Einsenkung an der Stelle xi infolge einer Einheitslast an der Stelle xj . Die Koeffizienten αij können durch konventionelle Setzungsberechnungen (daher der Name ’Steifezahlverfahren’ bzw. ’Steifemodulverfahren’) unter Berücksichtigung einer eventuellen Bodenschichtung ermittelt werden. Sie erlauben, die diskretisierte Einsenkung yi durch die diskretisierte Streckenlast qj auszudrücken. Hiermit kann nun die Balkenbiegungs-Differentialgleichung EJy (4) (x) = −q(x)
(15.1)
numerisch (z.B. nach dem Differenzenverfahren) gelöst werden. Das hiermit geschilderte Steifezahlverfahren ist sehr aufwendig, wobei der hohe Aufwand nicht unbedingt mit erhöhter Genauigkeit belohnt wird: Abgesehen von Diskretisierungsfehlern hat man einen kaum abschätzbaren Fehler aus der Zugrundelegung linear-elastischen Verhaltens, das ja für Boden unrealistisch ist. 15.7.2 Elastische Bettung Ein weiteres, etwas einfacheres Verfahren, das sog. Bettungszahlverfahren geht von einer noch einschneidenderen Annahme aus: Es wird angenommen, daß die Einsenkung der Bodenoberfläche an der Stelle x keinen Beitrag aus der Belastung an Stellen x = x enthält.2 Bildlich gesprochen wird der Boden durch ein System von unendlich dünnen, voneinander entkoppelten Federn ersetzt (siehe Abb. 15.6). Man gelangt so zu der Beziehung q =k·y
,
wobei die Proportionalitätskonstante k der „Bettungsmodul“ oder Bettungszahl (subgrade modulus) heißt. Diese Annahme geht auf W INKLER (1876) zurück. Nichtlineare Bettung liegt vor, wenn k von der Auslenkung y abhängt: k = k(y). Setzt man in die Differentialgleichung (15.1) q = ky ein, so erhält man die Gleichung des gebetteten Balkens3 EJy (4) = −ky
mit der allgemeinen Lösung4 x x x/L x x −x/L e e y(x) = K1 cos + K2 sin + K3 cos + K4 sin (15.2) L L L L & und L := 4 4EJ k . Die Abkürzung L wird “elastische Länge“ genannt. Die Integrationskonstanten K1 , K2 , K3 , K4 werden aus den Randbedingungen bestimmt. 2 3 4
Mathematisch bedeutet dies, daß K(x, x ) = k1 δ(x − x ) angesetzt wird. Das Eigengewicht des Balkens wird hier vernachlässigt. x x Dieselbe Lösung kann auch in der Form sinh L (C1 sin L + C2 cos x x x (C3 sin L + C4 cos L ) dargestellt werden. cosh L
x ) L
+
15.7 Elastische Lösungen
271
Abb. 15.6. Elastisch gebetteter Balken (Modell)
Sonderfall 1: „Unendlich“ langer Balken5 . Es ist zweckmäßig, die symmetrische Hälfte x ≥ 0 zu betrachten. Für x → ∞ muß die Auslenkung verschwinden, folglich ist K1 = K2 = 0. Aus Symmetriegründen muß an der Position x = 0 der Einzellast P die Setzungsmulde eine horizontale Tangente haben, folglich ist K3 = K4 . Die Querkraft bei x = 0 muß betragsmäßig gleich P/2 sein: EJy (3) = P/2, folglich ist K3 = P/(2Lk). Somit lautet die Lösung
y=
x x P −x/L e cos + sin 2Lk L L
.
(15.3)
Für x > 43 πL ist y < 0, der Balken hebt sich von der Geländeoberkante ab. Die hier zugrundegelegte Gleichung geht davon aus, daß auch Zugkräfte zwischen Balken und Boden übertragen werden können, was nicht realistisch ist. Insofern gilt Gleichung 15.3 nur näherungsweise und ist nur für kleine x relevant. Das Biegemoment bei x = 0 beträgt nach Gleichung 15.3 M (x = 0) = P L/4 , es ist also umso größer, je steifer der Balken und je weicher die Unterlage ist. Sonderfall 2: Balken der Länge l mit Einzellast P in der Mitte (siehe Abb. 15.7). Aus der Lösung 15.2 ergibt sich die Sohldruckverteilung p(x) und das Biegemoment M (x). Insbesondere interessieren • Sohldruck in der Mitte p0 = κ0 · P/l • Sohldruck am Rand p1 = κ1 · P/l • Moment in der Mitte M0 = κM · P l/8
5
Siehe R. Lancellotta „Geotechnical Engineering“, Balkema, 1995, S. 385.
272
15 Flachgründungen
l/L κ0 κ1 κM
0 1,00 1,00 1,00
1,0 1,01 0,98 1,00
2,0 1,18 0,73 0,92
3,0 1,64 0,10 0,74
π 1,71 0 0,70
Für l > πL hebt sich der Balken an den Enden ab. Sonderfall 3: Platte mit Einzellast in der Mitte6 . Die maximale Biegezugspannung σ ergibt sich an der Unterseite der Platte: 3 Eh 0, 275 P (1 + µ) ln − 0, 436 . σ= h2 kb4 Dabei sind: h : Plattendicke E : Elastizitätsmodul µ : Querdehnzahl (µ ≈ 1/6)
k : Bettungsmodul (Kraft/Länge3 ) P = pr2 π; p = Flächenlast, r = Radius ' der Lastfläche 1, 6r2 + h2 − 0, 675h r < 1, 724h b= r r > 1, 724h
Weitere Fälle finden sich bei H AHN 7 . Der Bettungsmodul kann in erster Näherung gleich dem Steifemodul gesetzt werden: k ≈ Es . Man beachte aber, daß der Bettungsmodul keine Stoffeigenschaft sondern eine Systemeigenschaft ist. Daher sollte er durch Vergleichsrechnungen an Messungen angepaßt werden. Die nachfolgend angefügten Empfehlungen von T ERZAGHI und P ECK stellen lediglich grobe Richtwerte dar. Der einzige Fall, wo die Bettungsannahme streng zutrifft, dürfte ein See mit gefrorener Oberfläche sein. Der Wasserdruck auf der Eisplatte ist proportional zu ihrer Tiefe unterhalb des Wasserspiegels.
6 7
J. Eisenmann, G. Leykauf: Bau von Verkehrsflächen. In: Beton-Kalender 1987, Teil II, Ernst & Sohn. J. Hahn: Durchlaufträger, Rahmen, Platten und Balken auf elastischer Bettung. Werner Verlag.
15.7 Elastische Lösungen
Sand: k (MN/m) = α
273
(b + 0, 3)2 , b [m]=Fundamentbreite b
Lagerung locker mittel dicht
α 10 40 160
Konsistenz steif sehr steif hart
k (MN/m) 5 10 20
Ton :
Abb. 15.7. Elastisch gebetteter Balken. Bodenreaktionen nach dem Bettungsmodulverfahren
Wie erwähnt, läßt die W INKLERsche Annahme q = k · y die Wechselwirkung von zwei nebeneinander liegenden “Federn“ außer acht. Ein in dieser Hinsicht verbesserter Ansatz ist die Bettung nach PASTERNAK 8 q(x) = k1 y(x) − k2 y 00 (x)
.
Man beachte, daß wegen der erforderlichen Symmetrie bei der Substitution x → −x die erste Ableitung, d.h. y 0 (x), im obigen Ansatz nicht berücksichtigt werden darf. 8
J.S. Horvath, Beam-Column-Analogy Model for Soil-Structure Interaction Analysis. Journal of Geotechnical Engineering Vol. 119, No. 2, February 1993, 358-364.
274
15 Flachgründungen
15.8 Starres Fundament auf elastischem Halbraum Für ein absolut starres Fundament auf dem elastischen Halbraum kann die Sohldruckverteilung nach der Elastizitätstheorie ausgerechnet werden. Für ein Rechteckfundament mit den Seitenlängen a und b und der Belastung P lautet sie p(x, y) =
4P 1 · 2 abπ 1 − (2x/a)2 · 1 − (2y/b)2
,
und für ein Streifenfundament der Breite b, das von einer Streckenlast q belastet wird, lautet sie p(x) =
2q 1 · 2 bπ x 1− b/2
.
Am Rand x = ±b/2 wird die Spannung unendlich (siehe Abb. 6.17). Man geht davon aus, daß diese Spannungsspitzen durch plastisches Fließen abgebaut werden.
15.9 Vergleich der Berechnungsverfahren Mit dem Steifezahlverfahren können die elastischen Lösungen gut approximiert werden. Man achte hierzu auf eine hinreichend dichte Diskretisierung 9. Insofern können die Spannungsspitzen unter den Rändern steifer Fundamente vorhergesagt werden, was beim Bettungszahlverfahren nicht der Fall ist und zur schlechten Abschätzung der Biegemomente führt. Bei großen Randlasten steifer Fundamente werden die Spannungsspitzen ziemlich treffend vom Spannungstrapezverfahren wiedergegeben.
15.10 Stabilität von Türmen auf weichem Baugrund Bei Türmen (d.h. schlanken und hohen Bauwerken) kann eine weiche Bettung zu Instabilität und Kippen führen, ohne daß es zum Grundbruch (d.h. zur Erschöpfung der Tragfähigkeit des Bodens) kommt. Wir betrachten eine leicht ausgelenkte Gleichgewichtslage des Turms (siehe Abb. 15.8). Sei ϑ der (kleine!) Kippwinkel und hs die Schwerpunkthöhe. Das Gewicht G erzeugt das kippende Moment M1 = G · hs · sin ϑ ≈ G · hs · ϑ. Durch die verkippte Lage erhöht sich die Bettungsreaktion um ∆σ. Es gilt: 9
Siehe U. Smoltczyk, D. Netzel „Flächengründungen“, Grundbau-Taschenbuch, Vierte Auflage, Teil 3, S. 34 ff, Ernst & Sohn, 1992.
15.10 Stabilität von Türmen auf weichem Baugrund
275
Abb. 15.8. Elastisch gebetteter Turm
∆σ = k · x · tan ϑ ≈ k · x · ϑ .
Der hier verwendete Bettungsmodul k gibt die Sohlpressung σ pro Eindrückung x an. Die Zusatzspannung ∆σ erzeugt das haltende Moment M2 = ϑ · k x2 dA = ϑ · k · J.
Um den Turm von der vertikalen Lage auszulenken, benötigt man die Horizontalkraft H. Ihre Größe folgt aus dem Momentengleichgewicht: !
H · h = k · ϑ · J − G · hs · ϑ = (k · J − G · hs ) · ϑ
(15.4)
Die Beziehung zwischen H und ϑ ist linear: H = h1 (k J − Ghs ) · ϑ, wobei h1 (k J − Ghs ) die Steifigkeit gegenüber einer Verkippung ϑ ist. Offensichtlich ist der Turm instabil, wenn diese Steifigkeit verschwindet, d.h. wenn k J − Ghs = 0 gilt. Dann nämlich würde der Turm bei Einwirkung einer noch so kleinen Kraft H verkippen. Wenn man die mittlere Setzung s des Turms durch G/(k A) darstellt, so erhält man schließlich die kritische Schwerpunktshöhe zu hs =
J s·A
.
Der hier dargestellte Stabilitätsfall ist selten maßgebend. Viel gefährlicher als der Stabilitätsverlust durch Verkippung ist eine ungleichmäßige Belastung des Geländes (Abb. 15.9).
276
15 Flachgründungen
Abb. 15.9. Verkippung von Türmen infolge ungleichmäßiger Belastung des Bodens bzw. Überlappung der Druckbereiche (Holsten-Tor in Lübeck)
Abb. 15.10. Pilzfundament
Als Maßnahmen gegen Verkippen können Tiefgründungen, Pilzfundamente (Abb. 15.10) oder Nachstellvorrichtungen, wie Druckkissen und Pressen 10 herangezogen werden. Eine Methode zur Rückstellung gekippter Türme besteht darin, aus dem Fundamentbereich kontrolliert Boden zu entziehen. Diese Methode wurde auch beim Pisa-Turm angewandt.
15.11 Einzelfundamente Einzelfundamente können unbewehrt bleiben, sofern ihre Höhe h hinreichend groß ist, um eine Lastausbreitung ohne nennenswerte Biegezugspannungen an der Fundamentunterseite zu gewähren (siehe Abb. 15.11). Dazu soll die Zahl n hinreichend groß sein. Die Grenzwerte für n werden in Abhängigkeit der Bodenpressung σ und der Betonqualität angegeben11 und schwanken zwischen 1 und 2. Bei unbewehrten Fundamenten wird keine Sauberkeitsschicht benötigt. Bei bewehrten Fundamenten kann die Höhe h viel niedriger gehalten werden, die wesentliche Bewehrungsanordnung geht aus Abbildung 15.12 hervor 12 . Eine Sauberkeitsschicht ist vorzusehen. Wenn die erforderliche schlaffe Bewehrung zu aufwendig wird, oder zur Erreichung von Rissefreiheit bei aggressivem Grundwasser kann die Fundamentbewehrung vorgespannt werden. 10
11
12
U. Smoltczyk „Unterfangungen und Unterfahrungen“, Abschnitt 5, im GrundbauTaschenbuch, Vierte Auflage, Teil 2, Ernst & Sohn, 1991. Siehe H. Baldauf, U. Timm: Betonkonstruktionen im Tiefbau, S. 67, Ernst & Sohn, Berlin, 1988. Näheres zur Bewehrung von Fundamenten siehe z.B. Baldauf-Timm: „Betonkonstruktionen im Tiefbau“, ferner F. Leonhardt, Vorlesungen über Massivbau, Dritter Teil, 3. Auflage, S. 213 ff, Springer, 1977.
15.11 Einzelfundamente
277
n 1
Abb. 15.11. Unbewehrtes Einzelfundament
Abb. 15.12. Bewehrung von Fundamenten
Der Nachweis gegen Durchstanzen13 (punching) wird ähnlich wie bei Pilzdecken geführt und soll sicherstellen, daß die Schubspannungen an der Verbindungsstelle Stütze-Fundament nicht größer als die Schubfestigkeit des Betons sind. Dazu wird bei Stützen mit Rechteckquerschnitt a · b (a ≤ b) der Durchmesser d einer flächengleichen Stütze mit Kreisquerschnitt (d = 4ab/π) zugrundegelegt. Mit den Bezeichnungen (siehe Abb. 15.13) hm : mittlere Nutzhöhe, Mittel aus beiden Bewehrungsrichtungen (siehe Abb. 15.12) V : Vertikallast der Stütze (ohne Fundamenteigengewicht) σ0 : mittlere Sohlpressung (ohne Fundamenteigengewicht) dR = d + hm u = dR π: Umfang des mittleren Schnittes im Stanzkegel dK = d + 2hm : Durchmesser des Stanzkegels in der Höhe hm 13
siehe vorerwähntes Buch von Baldauf-Timm, sowie R. Lancellotta, Geotechnical Engineering, Balkema, 1995, S. 376ff.
278
15 Flachgründungen
lassen sich folgende Gleichungen ausschreiben:
R
Abb. 15.13. Zum Nachweis der Sicherheit gegen Durchstanzen
Die zu übertragende Querkraft beträgt πd2K 4 und erzeugt im Fundament die mittlere Schubspannung Q = V − σ0
Q , uhm die nach den Regeln des Stahlbetonbaus ohne bzw. mit Bewehrung aufgenommen werden muß. Für Betonstahl 420/500, Festigkeitsklasse des Betons mindestens B25, σ0 ≤ 1.000 kN/m2 und d ≥ h gewährleistet die Näherungsformel von L EONHARDT Sicherheit gegen Durchstanzen: τ=
h≥
b−d +2
150 σ0
,
h, b, d in m, σ0 in kN/m2 . Der Durchstanznachweis ist meist maßgeblich für die Fundamentdicke. Köcher- oder Becherfundamente (Abb. 15.14) dienen zur Gründung von Fertigteilstützen. Bei exzentrischen Lasten (bzw. Biegemoment und Normalkraft) sollte man das Fundament asymmetrisch ausbilden, damit die Resultierende der Sohlpressung im Kern verbleibt (Abb. 15.15). Bei großem Setzungsunterschied benachbarter Gebäudeteile (etwa infolge unterschiedlicher Baugrundverhältnisse oder infolge unterschiedlicher Belastung) sind entweder Bewegungsfugen (sog. Setzungsfugen, siehe Abb. 15.16) vorzusehen oder alle Gebäudeteile auf einer biegesteifen Platte zu gründen. Doppelstützen bzw. -wände an Dehnfugen sind auf einem Fundament zu gründen (Abb. 15.17).
15.12 Plattengründungen
279
Abb. 15.14. Köcherfundament zur Aufnahme von Fertigteilstützen
M V
>
Res.
Abb. 15.15. Asymmetrisches Fundament bei exzentrischer Belastung
15.12 Plattengründungen Die Ausführungen für Plattengründungen (auch „Gründungsplatten“ genannt) gelten sinngemäß auch für Gründungsbalken. Berechnet werden sie nach dem Steifemoduloder nach dem Bettungsmodulverfahren. Um die Steifigkeit des Überbaus zu berücksichtigen, nimmt man einen idealisierten Ersatzbalken an. Die Steifigkeit wird aber dadurch oft überschätzt, denn tatsächlich wird sie durch Betonkriechen und Rissebildung reduziert. Der Sohldruck konzentriert sich umso mehr unterhalb der Lastangriffspunkte (Stützen), je biegeweicher die Platte ist. Dadurch werden auch die Biegemomente der Platte reduziert. Man kann sich diesen Umstand zunutze machen, indem man weiche Einlagen (sog. Polster) nach Abbildung 15.18 vorsieht.
280
15 Flachgründungen
Abb. 15.16. Bewegungsfuge (Setzungsfuge) bei unterschiedlicher Setzung
Abb. 15.17. Doppelstützen werden auf einem Fundament gegründet
Bei der Bemessung aufgehender Wände sollte man biegesteife Verbindungen zur
Abb. 15.18. Durch Einlage von weichen Polstern (z.B. aus Styropor) konzentriert sich die Sohlpressung unterhalb der Stützen und verringern sich die Feldmomente der Platte.
Gründungsplatte möglichst vermeiden, da sie die Platte kaum entlasten und große Zwängungen der Wände nach sich ziehen.
15.13 Abdichtung von Gründungen Die Abdichtung von Gründungen erfolgt entweder durch äußere Hautabdichtungen (früher Bitumenschicht, daher die Bezeichnung „schwarze Wanne“) oder durch wasserundurchlässigen Beton (sog. weiße Wanne). Letzterer ist ein Beton, bei dem durch Bewehrung und Fertigung besondere Vorkehrungen zur Rißbeschränkung getroffen werden.
15.14 Membrangründungen Bei Flüssigkeitstanks wird nur die seitliche Wand auf einem Ringfundament bzw. Ringbankett gegründet, während am Tankboden die Flüssigkeit über eine Dichtungs-
15.14 Membrangründungen
281
membran und ein verdichtetes Bett aus Kiessand direkt auf den Boden wirkt14 . Geprüft werden solche Tanks durch eine Wasserfüllung auf das 1,1-fache der Gebrauchslast. Die Wasserfüllung sollte solange einwirken, bis die damit verbundenen Setzungen abgeklungen sind. Um die Sicherheit gegen Grundbruch nachzuweisen, sollte die Bodenpressung infolge Flüssigkeitsdruck kleiner als das 5,1-fache des c u Wertes des Untergrundes sein.
Abb. 15.19. Prinzipskizze zur Membrangründung
14
U. Smoltczyk und D. Netzel „Flachgründungen“ im Grundbau-Taschenbuch, Vierte Auflage, Teil 3, Ernst & Sohn, 1992.
16 Pfahlgründungen
16.1 Pfahltypen Die heute gebräuchlichen Pfahltypen sind sehr vielfältig und können kaum durch eine einheitliche Systematik klassifiziert werden. Je nachdem ob der Boden, der an der Stelle des eingebauten Pfahls lag, zur Seite verdrängt oder entfernt wird, unterscheidet man zwischen Verdrängungspfählen und Bohrpfählen. Je nach der Eindringung des Pfahls in den Boden unterscheidet man zwischen Rammpfählen und Bohrpfählen. Stahlbetonpfähle können in dem fertigen Bohrloch oder in einem Werk betoniert werden; danach unterscheidet man zwischen Ortbetonpfählen und Fertigpfählen. Verpreß- oder Injektionspfähle sind Ortbetonpfähle, bei denen der Beton mit Überdruck eingebracht wird. Bei den Schneckenortbetonpfählen wird der Boden teils seitlich verdrängt und teils durch die Drehung einer „endlosen“ Schnecke nach oben gefördert. Bei einer weiteren Kategorie von Pfählen wird der Beton in den bestehenden Boden hineingemischt (mixed-in-place-Pfähle). Dazu gehören die Rüttelortbetonpfähle, die vermörtelten Stopfsäulen und die Betonrüttelsäulen. Nachfolgend werden einige Pfahltypen erläutert: Holzpfähle: Sie haben nur noch historische Bedeutung, da sie heute kaum mehr verwendet werden. Alte Holzpfähle können Jahrhunderte überdauern, wenn sie beständig unterhalb des Grundwasserspiegels bleiben. Bei Absenkung des Grundwasserspiegels können sie schnell verrotten, insbesondere durch Pilzbefall. Stahlbeton-Rammpfähle: Der Transport von vorgefertigten Stahlbeton-Rammpfählen soll schonend erfolgen, die Biegemomente variieren stark je nach Lagerung bzw. Aufhängung. Spannbeton-Rammpfähle: Längere Stahlbeton-Rammpfähle (l=15 bis 30 m) werden vorgespannt. Die Vorspannung soll mindestens 3, 5 MN/m 2 betragen. Fertigbeton-Rammpfähle aus Stahl- und Spannbeton können mit Verbindungsstößen zusammengesetzt werden und Längen von bis zu 100 m erreichen. Abgesehen von den relativ leicht erfaßbaren Lastfällen (Abheben vom Formboden, Transport, Lagerung, Aufrichten an der Ramme) entstehen beim Rammen kaum berechenbare Druck-, Querzug- und Zugspannungen. Es scheint, daß der Einfluß der
284
16 Pfahlgründungen
Abb. 16.1. Stahlbeton-Rammpfahl
Querbewehrung für die Aufnahme der Querzugspannungen von untergeordneter Bedeutung ist. Entscheidend hingegen ist die Betonqualität1 . Stahlpfähle: Untersuchungen von bis zu 40 Jahren alten Stahlpfählen ergaben, daß keine Korrosionsgefahr besteht, wenn der Pfahl in gewachsenen Boden eingerammt worden ist. Stahlpfähle in Auffüllungen hingegen sind korrosionsgefährdet und sollen beschichtet werden. Pfähle, die dem Meerwasser oder Wasser mit pH > 9, 5 bzw. pH < 4 ausgesetzt werden, sind ebenfalls korrosionsgefährdet2 . Die Tragfähigkeit von Rammpfählen ist auch vom Rammverfahren abhängig. Mit Freifallbär eingerammte Pfähle können bis zu 40% höhere Tragfähigkeit haben als mit Vibrationsbär gerammte3. Die Mantelreibung von Stahlrammpfählen dürfte mit der Zeit infolge Korrosion anwachsen. Ortrammpfähle: Der sog. Franki-Pfahl wurde 1908 in Belgien eingeführt. Ein Vortreibrohr wird auf der Geländeoberkante aufgesetzt, und in seinem unteren Ende wird ein Betonpfropfen hergestellt. Der erhärtete Pfropfen wird mit einem 15 bis 30 kN schweren Fallgewicht gerammt. Der Pfropfen nimmt durch Verspannung das Vortreibrohr mit. Bei Erreichung der Solltiefe wird das Vortreibrohr festgehalten und der Pfropfen ausgestampft. Dabei bildet sich ein erweiterter 1 2 3
Ulbrich, G.: Stahleinspannung und Senkung des Fertigungsaufwandes bei getypten Spannbetonrammpfählen. Bauplanung-Bautechnik, 33. Jg., Heft 10, Okt. 1979, S. 468-471. Bowles, J.E.: Foundation Analysis and Design. Mc Graw-Hill, 1984. Mazurkiewicz, B.: Einfluß von Rammgeräten auf die Tragfähigkeit von Stahlbetonpfählen. Symposium „Pfahlgründungen“, Darmstadt (1986) S. 31-36.
16.1 Pfahltypen
285
Abb. 16.2. Stahlpfahl, aus Spundwandprofilen zusammengesetzt
Pfahlfuß. Danach erfolgt der Einbau des Bewehrungskorbes und das Betonieren (siehe Abb. 16.3). Es werden Tiefen bis 30 m erreicht. Die Durchmesser variieren zwischen 33,5 und 61 cm.
Abb. 16.3. Herstellung eines Franki-Pfahls. (a) Vortreibrohr ansetzen, Propfenbeton einfüllen und ausstampfen, (b) Einrammen des Vortreibrohrs durch Innenrammung mit Fallbär, (c) Ausbildung des Pfahlfußes durch Ausrammen des Pfropfenbetons, (d) Einbau des Bewehrungskorbes, Schaftherstellung durch Stampfen des abschnittsweise eingebrachten Betons und Ziehen des Rohres
Bohrpfähle: Es wird in ein fertiges Bohrloch hinein betoniert, bzw. der fertige Pfahl wird in ein Bohrloch eingebracht. Die Bohrlochsicherung stellt eine wichtige
286
16 Pfahlgründungen
Aufgabe dar. Die Stützung des Bohrlochs erfolgt mit bzw. ohne Verrohrung, mit Wasserüberdruck, mit Suspension. In weichen Böden (insbesondere Feinsand, Schluff) sollte die Verrohrung um mindestens 0,5 ø (besser: 1 ø) voraus eilen. Schrägpfähle sind immer verrohrt herzustellen. Zum Betonieren verwendet man Schüttbeton oder Preßbeton. Unter Wasser oder Suspension ist in Kontraktor-Verfahren (tremie pipe) zu betonieren. Um einer allmählichen Verschlechterung des umgebenden Bodens (Nachbrüche, Aufweichung) vorzubeugen, sollen Bohren und Betonieren am selben Tag erfolgen. Falls der Boden weich ist (Ic < 0, 25 bzw. cu < 10 kN/m2 ), ist freies Betonieren gegen den Boden nicht zulässig; es soll eine Hülse verwendet werden. Die Betonsäule darf beim Ziehen der Bohrrohre nicht abreißen oder eingeschnürt werden, daher ist ein Überdruck im Beton erforderlich. Man beachte die Sohlpressung der Verrohrungsmaschine beim Ziehen (eventuelle Schädigung benachbarter Fundamente). Durch das Betonieren kommen u.U. sehr hohe Säulen aus Frischbeton zustande. Bei durchlässigem Boden und niedrigem Grundwasserspiegel kann der Zementleim durch den hydrostatischen Überdruck in die Poren des umgebenden Bodens hineinsickern. Die verbleibenden Zuschlagstoffe können sich dann dermaßen mit dem Bewehrungskorb und der Verrohrung verzahnen, daß beim Ziehen der Verrohrung auch der Bewehrungskorb nach oben kommt. Eine Abhilfe besteht darin, zunächst nur die unteren ca. 2 m zu betonieren und die Verrohrung entsprechend zu ziehen. Dadurch wird der Bewehrungskorb im Boden verankert. Anschließend wird der restliche Pfahl betoniert. HW-Pfähle: Hierbei wird die Verrohrung nach dem H OCHSTRASSER -W EISE (HW) Verfahren abgeteuft: Eine pneumatische Drehschwinge treibt das Bohrrohr durch ihre Bewegung und ihr Eigengewicht nach unten. Oben ist ein Führungsrohr erforderlich. Betoniert wird nach dem Preßbeton-Verfahren; dabei wird das oben abgeschlossene Bohrrohr durch Luftdruck nach oben gezogen (siehe Abb. 16.4).
Abb. 16.4. HW-Verfahren. (a) Drehschwinge, (b) Ziehen des Bohrrohres
16.1 Pfahltypen
287
SOB-Pfähle: Die Abkürzung steht für „Schneckenortbetonpfahl“ und ist eine Produktbezeichnung. Andere Namen hierfür sind: Schneckenbohrpfahl, unverrohrter Teilverdrängungspfahl, Schraubbohrpfahl, Schraubverdrängungspfahl, Spiralpfahl, continuous auger pile. Es handelt sich um einen Ortbetonpfahl, der mit durchgehender Hohlbohrschnecke hergestellt wird. Die maximale Tiefe beträgt 30 m, und der maximale Durchmesser 1 m. SOB-Pfähle sind einsetzbar als Gründungspfähle und bei Pfahlwänden. Damit während des Bohrens nicht zu viel Boden gefördert wird, ist die Steigung der Schneckenflügel nicht zu groß zu wählen. Die Eindringgeschwindigkeit sollte mit der Rotation der Schnecke abgestimmt werden, damit weder zuviel noch zuwenig Boden nach oben gefördert wird. Beim Ziehen während des Betonierens sollte die Schnecke im gleichen Sinn wie beim Bohren drehen bzw. ohne Drehung gezogen werden. Ein großes Drehmoment (z.B. 50 kNm) ist erforderlich. In der Regel erfolgt nur eine obere
Abb. 16.5. Herstellung von SOB Pfählen
Anschlußbewehrung. Erforderlichenfalls ist ein Bewehrungskorb nach Ziehen der Schnecke durch Rütteln oder mit Hilfe eines Stahlträgers einbringbar. Verrohrte SOB-Pfähle lassen sich sehr nahe an bestehenden Wänden (sog. vorder-Wand-Pfähle) herstellen. Die Endlos-Schneckenbohrung ist nicht anwendbar bei gleichkörnigen Böden im Grundwasser, bei sensitiven bindigen Böden und bei weichen organischen Böden mit cu < 20 kN/m2 .
288
16 Pfahlgründungen
Abb. 16.6. Herstellung eines SOB-Pfahls (Verfahren 1). (a) Bohren mit Endlos-Schnecke, (b) Einpressen von Betonmörtel bei gleichzeitigem Herausdrehen der Schnecke, (c) Einbringen des Bewehrungskorbes
Abb. 16.7. Herstellung eines SOB-Pfahls (Verfahren 2). (a) Bohren mit Endlos-Schnecke, (b) Einbringen des Bewehrungskorbes im Schutze des Seelenrohrs, (c) Ziehen der Bohrschnecke und Betonieren
16.1 Pfahltypen
289
Abb. 16.8. Herstellung eines Bohrpfahls. Hier wird zusätzlich zum Drehteller eine angebaute Verrohrungsmaschine mit einem sog. Drehtisch angewandt (Fa. Bauer).
Abb. 16.9. Herstellung eines Verdrängungsbohrpfahls. Man achte auf den Schaft der Schnecke, der nach oben breiter wird und somit den Boden zur Seite verdrängt (Fa. Bauer).
290
16 Pfahlgründungen
Betonrüttelsäulen (BRS): Der Schaftdurchmesser beträgt üblicherweise 30 bis 50 cm, die aufnehmbaren Lasten liegen im Bereich von 400 bis 1 000 kN. Die Herstellung erfolgt durch Tiefenrüttler mit angebauter Betonleitung. Durch das Einbringen des Rüttlers wird der Boden verdrängt und verdichtet. Beim Ziehen des Rüttlers wird Beton eingepumpt. Während bei der Schaftherstellung ein geringfügiger Betonüberdruck dafür genügt, ist bei der Fußherstellung der Beton mit einem Überdruck ≥ 5 bar zu pumpen. Die Arbeitsleistung beträgt 200 bis 400 stgm/Tag. Betonrüttelsäulen sind in der Regel unarmiert. Ein Bewehrungskorb kann in den frischen Beton eingerüttelt werden. Eine Variante davon sind die vermörtelten Stopfsäulen (siehe auch Abschnitt „Rüttelstopfverdichtung“). Sie werden wie folgt hergestellt: Durch einen Schleusenrüttler werden Zuschlagstoffe (Schotter, Kies) und Suspension (Wasser mit Zement und Bentonit) in den Boden eingebracht. Der Durchmesser von vermörtelten Stopfsäulen beträgt maximal 1,20 m. Ihre maximalen Gebrauchslasten sind 350 bis 600 kN. Mikropfähle: Es handelt sich um Pfähle mit Nenndurchmessern bis 30 cm. Die gebräuchlichen Namen und Klassifikationen sind recht verwirrend. Einige Mikropfähle werden wie übliche Bohrpfähle hergestellt. Bei den sog. Stabverpresspfählen wird in das vorgebohrte Bohrloch ein Stab aus Stahl oder StahlbetonFertigteil hineingelegt, und der verbleibende Ringspalt wird mit Mörtel verpresst (auch Verbund- oder Verpresspfähle genannt). Bei den sog. Injektionsbohrpfählen (’IBO’-Pfählen) verbleibt das hohle Bohrgestänge samt verlorener Spitze im Boden, und es wird während des Bohrens Zementmörtel durch das Bohrgestänge injiziert. Anhaltswerte auf die erreichbare Mantelreibung (bezogen auf den Nenndurchmesser) sind: Kies: 200 - 250 kN/m2 Sand: 150 kN/m2 Ton (steif bis halbfest): 100 kN/m2 Mikropfähle werden eingesetzt, wenn Erschütterungen zu vermeiden sind, bei beengten Arbeitsräumen (z.B. bei Kellerräumen für Nachgründungen), wenn schwere Bohrhindernisse (Beton, Steine, Stahl) zu erwarten sind und bei Gründungsarbeiten, die nur minimale Setzungen zulassen. Ramminjektions-(RI-)Pfähle: Dabei handelt es sich um Rammverpreßpfähle, d.h. während des Rammens verpreßte Stahlpfähle. Dazu gehören auch die MV-Pfähle (Müller-Verpreßpfähle): An einem H-Profil oder an einem Stahlrohr wird unten ein Pfahlschuh angeschweißt. Am Pfahlschaft wird ein Verpreßrohr montiert, das bis zum unteren Ende des Pfahls reicht. Der vom Pfahlschuh freigeräumte Hohlraum wird während des Vibrorammens fortlaufend mit Zementmörtel injiziert. Der frische Mörtel unterbindet die Mantelreibung während des Rammens. RI-Pfähle werden vorwiegend als Zugpfähle bzw. Ankerpfähle, zur Auftriebssicherung, für Maste, Schornsteine usw., zur Aufnahme von Wechselbelastung sowie im schweren Hafenbau eingesetzt. Duktilpfähle: Es handelt sich um Rammpfähle. Die einzelnen 5 bis 6 m langen Rohrabschnitte aus duktilem (d.h. nicht sprödem) Gußeisen (hergestellt nach dem Schleudergußverfahren, Elastizitätmodul E ≈ 165.000 N/mm 2 , Druck-
16.2 Bohren zur Herstellung von Pfählen
291
Abb. 16.10. Mikropfähle: Einsatz in beengten Arbeitsverhältnissen
festigkeit 900 N/mm2 , Zugfestigkeit 420 N/mm2 ) werden durch einfache Muffen miteinander verbunden und mit schnellschlagenden Hydraulikhämmern (800 Schläge geringer Energie pro Minute), die an Baggern montiert sind, in beliebiger Tiefe gerammt. Bei ø 118 mm können Gebrauchslasten von 350 bis 500 kN, bei ø 170 mm Gebrauchslasten bis 900 kN erreicht werden4. Die Erschütterungen beim Rammen sind unwesentlich, aber die Lärmbelästigung ist beträchtlich. Bei Gußeisen stellt Korrosion kein Problem dar. Gelegentlich kann über die Muffen Boden in den Pfahl eindringen, was zu einer Auflockerung des umgebenden Bodens führen kann.
16.2 Bohren zur Herstellung von Pfählen Das Bohren umfaßt das Lösen des Bodens, Fördern des Bohrguts und Stützung der Bohrlochwand und -sohle und erfolgt mit folgenden Methoden: Greifbohrverfahren: Der Boden wird durch ein Schlagwerkzeug (Meißel, Stoßbüchse, Schlaggreifer), das an einem Seil bzw. Gestänge hängt, gelöst. Abwechselnd zum Lösen erfolgt die Förderung des Bohrguts mit demselben oder mit ausgewechseltem Werkzeug (z.B. mit Schlammbüchse, Kiespumpe). Je nach dem Mechanismus für das Schließen und Öffnen des Greifers unterscheidet man zwischen Seilgreifern (die Kraft für das Schließen wird durch Ziehen aufgebracht und ist somit durch das Gewicht des Greifers beschränkt) und Hydraulikgreifern. Bei letzteren wird die Schließkraft durch Hydraulikzylinder aufgebracht. 4
Angaben Fa. Bilfinger & Berger
292
16 Pfahlgründungen
Abb. 16.11. Duktilpfähle: Rammpfähle aus duktilem Gußeisen
Drehbohrverfahren: Es bringt erheblich größere Leistung gegenüber dem Greiferbohrverfahren. Gedreht wird eine lange („endlose“) oder eine kurze Schnecke oder ein Bohreimer, und dadurch wird der Boden gelöst. Das Bohrgut wird mit demselben Werkzeug gefördert. Dessen Entleerung erfolgt durch Abschleudern bzw. Abstreifen der Schnecke bzw. durch Aufklappen. Bei Verwendung von kurzen Schnecken wird das Drehmoment über eine torsionssteife Stange, die KellyStange, übertragen. Der Anpressdruck wurde früher allein durch das Gewicht der Kelly-Stange aufgebracht, heute wird der an der Bohrlafette geführte Drehantrieb mit einer zusätzlichen Kraft nach unten gedrückt. Um den zeitraubenden An- und Abbau der einzelnen Stangenabschnitte zu vermeiden, werden teleskopierbare Stangen verwendet. Maximale Bohrtiefe 40 - 50 m, Bohrdurchmesser ca. 3 m. Dreh- und Greiferbohren erfolgen ’trocken’ d.h. ohne Spülhilfe. Letztere wird relativ selten für Pfahlbohrungen herangezogen. Bei ihr wird das Bohrgut durch einen Flüssigkeitsstrom gefördert. Als Flüssigkeit wird Wasser, dem evtl. auch Tonmehl beigemischt wird, oder ein Luft-Wasser-Gemisch verwendet. Der ansteigende Spülstrom befindet sich entweder innerhalb (Linksspülung bzw. indirekte Spülung) oder außerhalb (Rechtsspülung bzw. direkte Spülung) des Hohlgestänges. Je nachdem, ob der mit Bohrklein befrachtete Wasserstrom durch eine Saugpumpe oder durch Einblasen von Luft erzeugt wird, unterscheidet man zwischen Saugbohrverfahren und Lufthebebohrverfahren (Abb. 16.17).
16.2 Bohren zur Herstellung von Pfählen
Abb. 16.12. Greifer
Abb. 16.13. Bohrschnecken
293
294
16 Pfahlgründungen
Abb. 16.14. Kastenbohrer mit Drehboden (Fa. Bauer)
Abb. 16.15. Fußaufschneider (Fa. Bauer)
Saugbohrverfahren: Der Unterdruck wird durch eine Kreiselpumpe erzeugt. Zum Anfahren ist eine Vakuumpumpe erforderlich. Wirschaftlich bei Bohrtiefen≤ 25 bis 40 m. Lufthebebohrverfahren: Der Förderstrom wird durch das Einblasen von Luft erzeugt (Mammutpumpe). Das Luft-Wasser Gemisch ist leichter und steigt daher nach oben. Wirtschaftlich bei Bohrtiefen > ca. 24 m. In beiden Fällen wird das Gemisch aus Wasser und (bis zu 10%) Bohrgut in einen Spülteich eingeleitet, wo sich das Bohrgut absetzt. Das geklärte Wasser fließt an-
16.2 Bohren zur Herstellung von Pfählen
Abb. 16.16. Drehantrieb mit Drehteller und Bohrschnecke (Fa. Bauer)
Abb. 16.17. Spülbohrverfahren. (a) Saugbohrverfahren, (b) Lufthebebohrverfahren
295
296
16 Pfahlgründungen
schließend über einen Zulaufgraben in das Bohrloch zurück. Letzteres soll immer mit Wasser, mindestens bis zur Höhe des GW-Spiegels, gefüllt sein. Das Lösen des Bodens erfolgt durch Meißel. 16.2.1 Bohrhindernisse Findlinge werden mit Preßlufthämmern, Rollen- oder Kreuzmeißeln zerkleinert oder durch Sprengungen beseitigt (Stoßbüchsen führen nicht zum Erfolg, da das Bohrhindernis dadurch allmählich mit Feinteilen bedeckt wird). Wenn die Findlinge in lockerem Boden lose eingelagert sind, dann lassen sie sich nicht meißeln. Beim Versuch, sie zu meißeln, kann man Hohlräume ausbrechen. Als Gegenmaßnahme kann man den umliegenden Boden injizieren.5 16.2.2 Verrohrung Falls die Bohrlochwand nicht standfest ist, muß sie durch Verrohrung oder hydraulisch (siehe auch Abschnitt „Schlitzwände“) gestützt werden. Auch unverrohrte Bohrlöcher müssen im oberen Bereich durch ein Schutzrohr gesichert werden. Als Verrohrung (casing) verwendet man Stahlrohre, die unten mit einem Schneidschuh versehen sind. Die einzelnen Rohrschüsse sind doppelwandig und haben Längen zwischen 2 und 6 m. Beim Einbringen der Verrohrung muß die Mantelreibung überwunden werden, die zu 10 bis 50 kN/m2 angesetzt werden kann. Dazu wird die Verrohrung nicht nur nach unten gepreßt, sondern auch gedreht, wodurch die vertikale Reibungskraft verringert wird. Dies geschieht beim Drehbohrverfahren mit einer Verrohrungsmaschine, die die erforderliche Anpressung und das Torsionsmoment über den sog. Drehteller aufbringt, oder mit einer pneumatischen Drehschwinge. Das Eintreiben der Verrohrung kann auch durch eine Verrohrungsmaschine, die am Bagger angebaut wird, bewerkstelligt werden. Über einen sog. Drehtisch dreht sie die Verrohrung hin und her und drückt sie mit Hydraulikzylindern nach unten bzw. zieht sie nach oben. Eine solche Verrohrungsmaschine wird beim Greifbohrverfahren herangezogen, kann aber auch beim Drehbohrverfahren unterstützend eingesetzt werden. Das Eintreiben der Verrohrung kann auch mit Vibrationsrammung erfolgen. Bei größeren Tiefen kann die Verrohrung teleskopartig eingebaut werden. Für die einwandfreie Pfahlherstellung ist ein hinreichendes Voreilmaß der Verrohrung erforderlich. Dadurch soll eine Auflockerung des Bodens infolge Sohleintrieb vermieden werden. In festen bindigen Böden ist eine Voreilung nicht zwingend erforderlich, die Verrohrung muß jedoch dem Bohrfortschritt unmittelbar folgen. Die Verrohrung ist oft zeitraubender als der eigentliche Bohrvorgang und somit für die Bruttobohrzeit maßgebend.
5
K.D. Kluckert, Beispiele von Schäden und Sanierungen an Großbohrungen. 13. Veder Kolloquium, Graz, 1998.
16.3 Vertikale Tragfähigkeit
297
Abb. 16.18. Bolzen zur Verbindung des Drehtellers mit der Verrohrung. Da sie oft in einer Höhe von mehreren Metern über GOK betätigt werden müssen, werden aus Sicherheitsgründen fernbediente Bolzen eingesetzt.
16.3 Vertikale Tragfähigkeit Nach der vorherrschenden Vorstellung existiert für jeden Pfahl eine Grenzlast, bei deren Erreichen der Pfahl unbegrenzt in den Untergrund einsinkt. Den meisten Versuchen zufolge steigt die Pfahlkraft monoton (wenn auch mit fallender Tendenz) mit wachsender Eindrückung des Pfahls in den Untergrund (siehe Abb. 16.19).
Abb. 16.19. Kraft-Setzungs-Kurve eines Pfahls und Definition der Grenzlast Qg
298
16 Pfahlgründungen
16.3.1 Ermittlung der Pfahlkraft von Bohrpfählen aus Erfahrungswerten Die Pfahlkraft Q wird aufgespalten in Anteile aus Pfahlfuß bzw. Pfahlspitze Q s und Pfahlmantel Qm .6 Beide Anteile werden als Funktion der Pfahlkopfsetzung 7 s, des Pfahldurchmessers d (gegebenenfalls ist zu unterscheiden zwischen dem Pfahlschaftdurchmesser d und dem Pfahlfußdurchmesser dF ) und der Bodenfestigkeit angesetzt. Letztere wird für rollige Böden durch den mittleren Sondierspitzendruck q s und für bindige Böden durch cu angegeben. Es wird also angesetzt: Q = Qs (s, dF , qs bzw. cu ) + Qm (s, d, qs bzw. cu ) . Ferner wird Qs proportional zur Fußfläche AF und Qm proportional zur Mantelfläche Am angesetzt. Offensichtlich ist für kreiszylindrische Bohrpfähle AF =
π 2 d 4 F
,
Am = πdl
,
l ist dabei die Höhe (Länge) der tragenden Mantelfläche. Man hat also Q=
πd2F σs (s, dF , qs bzw. cu ) + πd τmi (s, d, qsi bzw. cui )li 4 i
.
σs ist der (mittlere) Pfahlspitzendruck und τm die (mittlere) Mantelreibung. τm ist eine Schubspannung. Das Summationszeichen weist daraufhin, daß gegebenenfalls über mehrere Schichten mit der jeweiligen Dicke li zu summieren ist. Die Funktionen σs (s, d, qs bzw. cu ) und τm (s, d, qs bzw. cu ) werden in der DIN 1054 in Form von Tabellen angegeben, die auf Erfahrungswerten beruhen. Der Spitzendruck σs wird voll mobilisiert (d.h. er erreicht den Grenzwert σsg ), sobald die Pfahlkopfsetzung s den Betrag sgs := dF /10 erreicht. Zur Mobilisierung des Grenzwertes der Mantelreibung ist die Setzung sgm erforderlich: sgm = 0, 5 cm · Qmg [MN] + 0, 5 cm ≤ 3 cm anzusetzen. Die DIN berücksichtigt die Beobachtung, daß die Mantelreibung sich mit zunehmender Setzung ziemlich unabhängig vom Pfahldurchmesser entwickelt und ihren Grenzwert bei viel geringeren Setzungen als der Spitzendruck erreicht. Es müssen nun zwei Nachweise durchgeführt werden: 6 7
Anstelle von “Pfahlkraft Q“ spricht man in den neuen Normen von “Pfahlwiderstand R“. Wenn man die elastische Zusammendrückung des Pfahls berücksichtigt, so sieht man, daß es strenggenommen inkorrekt ist, die Mobilisierung der Mantelreibung und des Spitzendrucks in Abhängigkeit von der Pfahlkopfverschiebung anzugeben. Für Einzelheiten sei auf F EDDERSEN, Die Berücksichtigung realistischer Reibungswiderstände bei Fahrbahnen, Gründungsplatten und Pfählen durch den Ansatz polygonaler ScherkraftScherverschiebungskurven. Bautechnik 1980/12, S. 408-413, und D IERSSEN, LastVerschiebungs-Beziehung in Anker- und Pfahlköpfen unter der eigenen Verformung des Tragglieds. Geotechnik 1988/4, S. 193-197, verwiesen.
16.3 Vertikale Tragfähigkeit
299
Tabelle 16.1. Pfahlspitzendruck σs in MN/m2 in Abhängigkeit von der auf den Pfahl(fuß)durchmesser bezogenen Pfahlkopfsetzung s/d und dem mittleren Sondierspitzendruck bzw. der Anfangsscherfestigkeit (nach DIN 1054, Januar 2005)
s/d 0,02 0,03 0,10
nichtbindige Böden bindige Böden mittlerer Sondierspitzendruck Anfangsscherfestigkeit qs (MN/m2 ) cu (MN/m2 ) 10 15 20 25 0, 1 0,2 0,7 1,05 1,4 1,75 0,35 0,9 0,9 1,35 1,8 2,25 0,45 1,1 2,0 3,00 3,5 4,00 0,80 1,5
Tabelle 16.2. Grenzwerte der Mantelreibung τmg in MN/m2 in Abhängigkeit vom mittleren Sondierspitzendruck qs in nichtbindigen Böden und in Abhängigkeit von der Anfangsscherfestigkeit cu in bindigen Böden (nach DIN 1054) nichtbindige Böden bindige Böden qs (MN/m2 ) τmg (MN/m2 ) cu (MN/m2 ) τmg (MN/m2 ) 5 0,04 0,025 0,025 10 0,08 0,1 0,04 ≥15 0,12 ≥0,2 0,06
•
Unter Zugrundelegung einer zulässigen Pfahlkopfsetzung s zul muß gelten8 : Qvorh ≤ Q(szul ).
•
Mit den jeweiligen Grenzwerten aus obigen Ausdrücken ist die Grenzlast Q g zu berechnen.
Für Pfähle, die in Fels oder felsähnlichen Boden einbinden, ergibt sich Q g aus σsg und τmg , die in Abhängigkeit von der einaxialen Druckfestigkeit qu des Gesteins in Tabelle 16.3 angegeben sind. qu ist schwer zu bestimmen, wenn infolge Klüftigkeit keine Vollkerne gewonnen werden können. Es ist eine repräsentative Anzahl von Kernen zu untersuchen. In manchen Fällen läßt sich die einaxiale Druckfestigkeit qu über Korrelationen aus dem Punktlastversuch abschätzen. Die im Vergleich zu der Festigkeit von Vollkernen herabgesetzte Festigkeit des Gebirgsverbandes ist in den konservativen Werten nach DIN 1054 (Tabelle B.5) bereits berücksichtigt. Man beachte jedoch, daß diese Werte nur gelten, wenn kein offenes oder mit leicht verformbaren Material gefülltes Trennflächengefüge vorhanden ist. Ferner setzen die Tabellenwerte voraus, daß der Pfahl mindestens um den halben Durchmesser, jedoch nicht weniger als 0,5 m in den Fels 8
Obwohl es aus dem DIN-Text nicht immer eindeutig zu entnehmen ist, ist es sinnvoll anzunehmen, daß alle Erfahrungswerte für die zulässige Pfahlbelastung Qzul vom Pfahleigengewicht bereinigt sind, d.h. Qzul ist die auf den Pfahlkopf einleitbare Kraft.
300
16 Pfahlgründungen
Tabelle 16.3. Grenzwerte für den Pfahlspitzendruck σs und Mantelreibung τm im Fels und felsähnlichen Boden in Abhängigkeit von der einaxialen Druckfestigkeit qu (nach DIN 1054) qu σsg τmg (MN/m2 ) (MN/m2 ) (MN/m2 ) 0,5 1,5 0,08 5,0 5,0 0,5 20 10 0,5
einbindet, daß die räumliche Orientierung der Felsoberfläche und des Trennflächengefüges keine Brucherscheinungen begünstigt und daß die Festigkeit nicht infolge des Bohrvorgangs abgemindert wird. Bei Pfählen mit Felseinbindung erwartet man i.a. keine großen Setzungen. Es wurden jedoch auch hierfür Pfahlkopfsetzungen von bis zu 10 cm beobachtet9. 16.3.2 Mantelreibung Zwischen Pfahloberfläche und Erdreich wirkt je nach Relativverschiebung eine Schubspannung τm , die Mantelreibung genannt wird. Bewegt sich der Pfahl relativ zum Erdreich nach unten, so wirkt die Mantelreibung nach oben und erhöht somit die Tragfähigkeit des Pfahles. Es kommt aber auch vor, daß noch nicht auskonsolidierte weiche bindige Schichten sich im Verlauf der Zeit setzen. Diese und gegebenenfalls darüber liegende Schichten können dann auf den Pfahl mit einer nach unten gerichteten Mantelreibung, der sog. negativen Mantelreibung (downdrag), wirken, die den Pfahl zusätzlich belastet. Der Grenzwert (d.h. der maximal erreichbare Wert) τmg der Mantelreibung (genauer: der Mantelschubspannung) setzt sich aus einem Reibungs- und einem Adhäsionsanteil zusammen: τmg = σh tan δ + ca
.
σh ist die effektive Horizontalspannung, δ ist der Reibungswinkel zwischen Pfahl und Erdreich (Wandreibungswinkel), ca ist die Adhäsion. Oft setzt man die Horizontalspannung σh proportional zur effektiven Vertikalspannung an, σh = Kσv mit K = const und σv = γz bei Boden über dem Grundwasser ohne Auflast. Man erhält dann bei Außerachtlassung der Adhäsion: τmg = K tan δ σz = βσz mit β := K tan δ. Setzt man δ = ϕ (rauher Mantel) und K = K0 = 1 − sin ϕ, erhält man β = (1 − sin ϕ) tan ϕ. Der so bestimmte β-Faktor variiert wenig mit ϕ (für 9
Koreck, H.W.: Tragfähigkeit von Bohrpfählen im Fels. In: Beiträge zur Felsmechanik, Schriftenreihe des Lehrstuhls und Prüfungsamts für Grundbau, Boden- und Felsmechanik der TU München, Heft 10, 1987.
16.3 Vertikale Tragfähigkeit
301
25◦ ≤ ϕ ≤ 45◦ schwankt β im Bereich 0, 24 ≤ β ≤ 0, 30) und kann hinreichend genau mit β ≈ 0, 25 approximiert werden. Die Adhäsion ca wird proportional zu cu angesetzt: ca = αcu
,
wobei α zwischen 0,2 und 1 schwankt. In der Tabelle 16.4 wird α abhängig von cu dargestellt. Oft wird entweder Wandreibung oder Adhäsion angesetzt. Für die Tabelle 16.4. Adhäsionsfaktoren α in Abhängigkeit von cu (nach DIN 1054) cu (MN/m2 ) 0,025 0,1 ≥ 0,2
α 1 0,4 0,3
negative Mantelreibung macht die DIN 1054 (Beiblatt) folgende Angaben: • •
bei Sandschüttungen im nordeutschen Raum: τmg = 20 kN/m2 , bei erstbelasteten bindigen Böden τmg = cu bzw. τmg = σv K tan ϕ .
Man beachte, daß im Verlauf der Konsolidierung, welche die negative Mantelreibung verursacht, cu erhöht wird. Strenggenommen müßte man also den Endwert von c u bei der Berechnung der negativen Mantelreibung berücksichtigen. Wenn die zu erwartenden Setzungen der weichen oberen Schicht nicht hinreichend groß sind, wird keine negative Mantelreibung mobilisiert. Bei nicht voll auskonsolidierten Weichschichten, in denen die Setzungen nur noch wenige mm im Jahr betragen, braucht in der Regel keine negative Mantelreibung angesetzt zu werden. Nach B JERRUM u.a.10 kann die negative Mantelreibung durch eine 1 mm dicke Bitumenschicht auf ca. 10% reduziert werden. Zum Schutz des Bitumens beim Rammen empfiehlt er die Verwendung eines verbreiterten Pfahlschuhs und die Auffüllung des dadurch entstehenden Spalts mit Bentonitsuspension. Die negative Mantelreibung kann auch durch Elektroosmose abgemindert werden. Eine Literaturübersicht zur Abminderung der negativen Mantelreibung geben P OULOS und DAVIS 11 an. Wenn die aus allen sich setzenden Schichten resultierende negative Mantelreibung die dann noch verbleibende Pfahltragfähigkeit übersteigt, so wird sich der Pfahl dermaßen in den Boden hineindrücken, daß – zumindest im unteren Pfahlbereich – die Pfahlsetzung doch größer als die Setzung der umgebenden Partikel ist und dadurch eine positive Mantelreibung mobilisiert wird12 . Der Punkt, unterhalb dessen die Mantelreibung positiv ist, heißt neutraler Punkt. 10 11 12
Bjerrum, L., Johannessen, I.J., Eide, O.: Reduction of negative skin friction on steel piles to rock. Proc. 7th Int. Conf. SMFE Mexico, Bd. 2, 1969, S. 27-34. Poulos, H.G., Davis, E.H.: Pile Foundation Analysis and Design, John Wiley and Sons, New York, 1978. Baumgartl, W.: Ein einfaches Modell für negative Mantelreibung. Symposium „Pfahlgründungen“ 1986 in Darmstadt.
302
16 Pfahlgründungen
16.3.3 Mantelverpressung Die Mantelreibung kann durch Mantelverpressung erhöht werden. Für jede Verpreßstelle wird üblicherweise eine eigene Zuleitung aus einem dünnen Kunststoffrohr mit Manschette vorgesehen. Die einzelnen Zuleitungen werden am Bewehrungskorb befestigt. Ein übliches Anordnungsschema ist eine Verpreßstelle pro ca. 4 m 2 Mantelfläche.13 Die Betondeckung der Manschetten wird mit hohem Wasserdruck aufgesprengt. Dies sollte gerade dann erfolgen, wenn der Pfahlbeton gerade zu erhärten beginnt. Die eigentliche Pfahlverpressung kann später erfolgen. Übliche Werte sind 2 MPa Verpreßdruck und 100 kg Verpreßleim pro Manschette. Sollte die Injektion an einigen Stellen mißlingen, so kann von außen verpreßt werden. Es wird nicht erwartet, daß das Injektionsgut (in der Art einer Niederdruckinjektion) in die Poren des Bodens eindringt. Vielmehr soll der Boden senkrecht zur kleinsten Hauptspannung aufgebrochen werden, so daß diese Spannung bleibend vergrößert wird. Tatsächlich erfolgt dieses Aufbrechen entlang der Mantelfläche, die ja die größte Entspannung bei der Herstellung des Bohrpfahls erfährt. Die Erhöhung der Pfahltragfähigkeit kommt hauptsächlich durch die Erhöhung der auf den Pfahlmantel wirkenden Horizontalspannung zustande. Letztere ist aber keinesfalls mit dem Verpreßdruck identisch. Generell kann durch die Mantelverpressung ein erheblicher Zuwachs (zwischen 50 und 100%) der Mantelreibung erwartet werden. Die Tragfähigkeit mantelverpreßter Bohrpfähle kann jedoch nur anhand von Probebelastungen festgestellt werden. Pfähle in schlechtem Baugrund können durch Mantelverpressung nicht die Tragfähigkeit von Pfählen in gutem Baugrund erreichen. 16.3.4 Zugpfähle Zugpfähle tragen nur über Mantelreibung. Sie versagen entweder bei Erreichen der Grenzmantelreibung oder durch Herausziehen des sie umgebenden Erdkegels. Die Traglast eines Zugpfahls kann also nicht größer aber durchaus geringer als das Gewicht eines Erdkegels um den Pfahl herum sein. Da bei Erreichen der Grenzlast keine Reserven vorhanden sind, sind für Zugpfähle höhere Sicherheiten vorgeschrieben. 16.3.5 Schwell- und Wechselbelastung Gemeint sind Pfahllasten von der Art Q ± ∆Q. Hierbei wird der Lastwechsel ∆Q wiederholt aufgebracht. Man spricht daher auch von zyklischer Belastung. Für ∆Q > Q liegt Wechselbelastung, sonst Schwellbelastung vor. Die üblicherweise auftretenden Schwellbelastungen mit ∆Q ≤ 0, 5Q beeinträchtigen kaum das Tragverhalten von Pfählen. Bei voller Schwellbeanspruchung (∆Q ≈ Q) ist jedoch mit einer Abnahme der Mantelreibung zu rechnen. Auch wenn der Zuglastanteil gering ist, verschlechtern Wechselbelastungen das Tragverhalten erheblich. Aufgrund von Versuchen in sandigen Böden empfiehlt K ORECK 14 die in der Tabelle 16.5 angegebenen Abminderungsfaktoren für Reibungspfähle. 13 14
H-G. Schmidt: Großbohrpfähle mit Mantelverpressung, Bautechnik 73 (1996), Heft 3, 169174. Koreck, H.W.: Zyklisch axial belastete Pfähle. Geotechnik 2 (1985).
16.4 Horizontale Tragfähigkeit
303
Tabelle 16.5. Empfehlung von K ORECK für zyklisch belastete Reibungspfähle Belastungsart zykl Qg /stat Qg Wechselbelastung Lastwechsel > 10.000 0,2 Lastwechsel < 10.000 0,4 Schwellbelastung Lastwechsel > 100.000 0,5 Lastwechsel < 100.000 0,8
Auch im offshore-Bereich liegen wenige Erfahrungen hinsichtlich der Auswirkung von Schwell- und Wechselbelastung vor. Man geht davon aus, daß das Tragverhalten beeinträchtigt wird, sobald die zyklisch veränderte Pfahlkraft ∆Q den Wert 0, 7Q g (für Spitzendruckpfähle) bzw. 0, 3Qg (für schwimmende Pfähle, d.h. für Pfähle, die hauptsächlich über Mantelreibung tragen) überschreitet. Messungen ergaben jedoch, daß die zyklischen Lasten oft erheblich überschätzt werden.
16.4 Horizontale Tragfähigkeit 16.4.1 Seitliche Pfahlbelastung Wird ein Pfahl infolge Querbelastung seitlich ausgelenkt, so weckt er im Boden Reaktionskräfte (siehe Abb. 16.20). Das Tragverhalten resultiert aus der Wechselwirkung zweier ganz unterschiedlicher Körper, des Pfahls und des Bodens. Da das zugrundeliegende dreidimensionale mechanische Problem noch ungelöst ist, versucht man, mit dem sog. Bettungsmodulverfahren approximative Lösungen zu bekommen. Die auf den Pfahl einwirkenden Bodenkräfte werden als eine Streckenlast p(z) aufgefaßt. Bei jeder Tiefe z wird p(z) proportional zur Pfahlauslenkung x(z) angesetzt: p = kx
.
k heißt Bettungsmodul und hat die Dimension Kraft/Länge2. Wenn sich auch der Boden bewegt, so ist für x die Relativverschiebung zwischen Pfahl und Boden zu nehmen. Gelegentlich wird nicht die Streckenlast p, sondern die Horizontalspannung σ h als proportional zur Auslenkung angesetzt, σh = k ∗ x. Die Proportionalitätskonstante k ∗ wird ebenfalls Bettungsmodul genannt. Sie hat aber dann die Dimension Kraft/Länge3. Beide Ansätze lassen sich ineinander überführen mit p = σh d, wo d der Durchmesser bzw. die Breite des Pfahls ist. Es ist also k = k ∗ d.
304
16 Pfahlgründungen
H x (z)
z
p (z)
Abb. 16.20. Seitlich belasteter Pfahl
Der Bettungsmodul nichtbindiger Böden wächst mit der Tiefe.15 T ERZAGHI16 empfiehlt, bei Sand Es bzw. k linear mit der Tiefe zunehmend anzusetzen: k = kR z
,
und kR empirisch über den Sondierspitzendruck qs zu bestimmen (siehe Tabelle 16.6). Unterhalb des Grundwasser-Spiegels ist kR auf 0, 6kR herabzusetzen. Für binTabelle 16.6. kR -Faktoren nach T ERZAGHI qs ( MN/m2 ) kR (MN/m3 ) 5-10 2 10-15 6,5 >15 18
dige Böden empfiehlt S HERIF einen über die Tiefe konstanten Bettungsmodul (siehe Tabelle 16.7). Für die nachfolgenden Berechnungen wird ein über die Tiefe konstanter Bettungsmodul angesetzt. Unter der Einwirkung der Horizontallast H (es wird hier ange15
16
Siehe auch J. Wiesmann, Bemessungsverfahren für horizontal belastete Pfähle - Untersuchungen zur Anwendbarkeit der p-y-Methode. Mitteilung aus dem Fachgebiet Grundbau und Bodenmechanik, herausgegeben von Prof. W. Riechwien, Universität Duisburg-Essen, VGE-Verlag, 2007. Schultze, W.E., Simmer, K.: Grundbau (Band 2), Teubner, 1978, S. 330.
16.4 Horizontale Tragfähigkeit
305
Tabelle 16.7. Bettungsmodule bindiger Böden nach S HERIF Konsistenz k (MN/m2 ) steif 8 halbfest 16 fest 32 bzw. k = 160 · cu
nommen, daß diese an der Erdoberfläche angreift, und der Streckenlast p(z) wird der Pfahl nach Maßgabe der Balkenbiegungs-Differentialgleichung ausgelenkt:
EI
d4 x = −kx . dz 4
(16.1)
Die allgemeine Lösung lautet: x(z) = sinh ζ(C1 sin ζ + C2 cos ζ) + cosh ζ(C3 sin ζ + C4 cos ζ) (16.2) mit L := 4 4 EI/k (elastische Länge) und ζ := z/L . Die vier freien Konstanten C1 , C2 , C3 , C4 werden unter Berücksichtigung der vier Randbedingungen festgelegt, welche die Lagerung des Pfahls beschreiben. Nehmen wir an, der Pfahl sei an seinem unteren Ende (d.h. bei z = l) frei aufgelagert, d.h. M (l) = 0, Q(l) = 0. Am oberen Ende soll gelten: M (0) = 0, Q(0) = −H. Ausgehend von den bekannten Beziehungen EIx = −M und EIx = −Q haben wir also: x (l) = 0 ,
x (l) = 0
,
x (0) = 0
,
x (0) = H/(EI)
.
(16.3)
Einsetzen der Randbedingungen ergibt ein lineares Gleichungssystem für C 1 , C2 , C3 , C4 . Mit λ := l/L lautet schließlich die Lösung17: 2H sinh λ cos ζ cosh(λ − ζ) − sin λ cosh ζ cos(λ − ζ) , kL sinh2 λ − sin2 λ sinh λ sin ζ sinh(λ − ζ) − sin λ sinh ζ sin(λ − ζ) . M = −HL sinh2 λ − sin2 λ x=
(16.4) (16.5)
Demnach beträgt die Horizontalverschiebung am Kopf (z = 0): x0 := x(z = 0) =
2H sinh λ cosh λ − sin λ cos λ kL sinh2 λ − sin2 λ
.
(16.6)
Es herrscht also ein lineares Kraft-Verschiebungsgesetz, und die Proportionalitätskonstante ist (sofern man von der L-Abhängigkeit von λ absieht) proportional zu k 3/4 . Ebenfalls unter Außerachtlassung der Ausdrücke mit λ erweist sich das Biegemoment als proportional zu LH bzw. proportional zu k 1/4 . Man ersieht daraus, 17
Hetenyi, M.: Beams on elastic foundations. Ann Arbor, Michigan: University of Michigan Press, 1946.
306
16 Pfahlgründungen
daß die genaue Bestimmung von k sich bei der genauen Bestimmung von x 0 stärker bemerkbar macht als bei der Bestimmung des maßgebenden Biegemomentes. Deswegen ist die Näherung k ≈ Es nur zur Ermittlung der Biegemomente zugelassen. Soll hingegen die Verschiebung oder die Verdrehung des Pfahlkopfs berechnet werden, ist k mit Hilfe einer Probebelastung zu bestimmen. Für die Näherung k ≈ E s verlangt die DIN die Einschränkung, daß der Pfahldurchmesser d ≤ 1 m ist. Für d > 1 m soll mit k = (d/d0 )Es und d0 = 1 m gerechnet werden. Darüber hinaus darf die Auslenkung den Wert 2 cm bzw. 0, 03d nicht überschreiten. Ferner dürfen die mit dem Bettungsansatz ermittelten Spannungen im oberen Pfahlbereich den passiven Erddruck (ermittelt mit Kp = tan2 (45◦ + ϕ/2)) nicht überschreiten.
Abb. 16.21. Dimensionslose Auftragung der horizontalen Nachgiebigkeit des Pfahlkopfs nach Gleichung 16.6 (a) und des nach Gleichung 16.5 berechneten maximalen Biegemomentes |M |max (b) eines am Pfahlkopf gelenkig angeschlossenen Pfahls
In Abb. 16.21a ist die dimensionslose Pfahlkopfverschiebung x0 kL/H über der ”Schlankheit“ λ nach (16.6) aufgetragen. Das mit Hilfe von (16.5) berechnete dimensionslose maximale Biegemoment |M |max /HL ist über λ im Abb. 16.2b aufgetragen. Für den Fall, daß der Pfahlkopf unverdrehbar mit der Kopfplatte verbunden ist, lauten die Randbedingungen: x (l) = 0 ,
x (l) = 0 ,
x (0) = 0 ,
x (0) = H/(EI)
.
Anstelle der Gleichungen 16.4 und 16.5 treten dann folgende Gleichungen als Lösung der Differentialgleichung 16.1 auf x=
A+B+C H kL sinh λ cosh λ + sin λ cos λ
16.4 Horizontale Tragfähigkeit
307
mit A = sinh λ[cosh(λ − ζ) sin ζ + sinh(λ − ζ) cos ζ]
,
B = − sin λ[cosh ζ sin(λ − ζ) + sinh ζ cos(λ − ζ)] C = 2 cosh ζ cos ζ
,
und M = −HL
D+E +F sinh λ cosh λ + sin λ cos λ
(16.7)
,
mit D = sinh λ[cosh(λ − ζ) sin ζ − sinh(λ − ζ) cos ζ] , E = − sin λ[cosh ζ sin(λ − ζ) − sinh ζ cos(λ − ζ)] , F = −2 cosh ζ cos ζ
.
Die Horizontalverschiebung am Kopf beträgt dann: x0 := x(z = 0) =
cosh2 λ + cos2 λ H kL sinh λ cosh λ + sin λ cos λ
.
(16.8)
Für EI = ∞ liegt ein starrer Pfahl vor (solch ein Pfahl wird auch „gedrungen“ bzw. „kurz“ genannt18. Hierfür läßt sich die Streckenlast aus den beiden Gleichungen ΣH = 0 und ΣM = 0 ermitteln. Der Drehpunkt des starren Pfahls liegt in der Tiefe αl (siehe Abb. 16.22).
Abb. 16.22. Starrer Pfahl mit horizontaler Belastung
Für den Fall über die Tiefe konstanter Bettung, k = const, ergibt sich aus diesen Gleichungen: 18
Ein Pfahl wird „starr“ genannt bei 0 < λ < 1, „gedrungen“ bei 1 < λ < 5 und „schlank“ bei λ > 5, mit λ = l/L.
308
16 Pfahlgründungen
α=
2 3
,
H=
kl x0 4
,
Mmax =
4 Hl 27
.
Für eine mit der Tiefe linear zunehmende Bettung k = kR z ergibt sich: α=
3 4
,
H=
kR l2 x0 18
,
Mmax = 0, 26Hl
,
also ebenfalls ein lineares Kraft-Verschiebungsgesetz. Betrachtet man einen unendlich langen Pfahl (d.h. ersetzt man die o.g. Randbedingungen M (l) = 0, Q(l) = 0 durch die Randbedingungen M (∞) = 0, Q(∞) = 0), so vereinfacht sich die mathematische Lösung erheblich. Falls an der Geländeoberfläche außer der Horizontalkraft H auch noch ein Biegemoment M 0 wirkt, erhält man bei konstanter linearer Bettung: 2M0 2H −ζ e cos ζ + 2 e−ζ (cos ζ − sin ζ) Lk L k M = −HLe−ζ sin ζ − M0 e−ζ (cos ζ + sin ζ) x=
(vgl. gedämpfte Schwingung). Man kann diese Lösung für schlanke Pfähle mit l ≥ 3L heranziehen und begeht dabei einen geringen Fehler (≤ 4%). Die in der DIN 4014 empfohlene Ermittlung von k aus Probebelastungen erscheint problematisch, da aus der Bettungstheorie ein lineares Kraft-Verschiebungsgesetz resultiert, wohingegen Probebelastungen i.d.R. nichtlineare Kraft-Verschiebungsbeziehungen ergeben. Aus demselben Grund erscheint die Bestimmung der Verteilung des Bettungsmoduls über die Tiefe durch Probebelastungen schwierig. 16.4.2 Grenzlast von horizontal belasteten Pfählen Das Anwachsen von p mit x ist dadurch beschränkt, daß bei Erreichen eines bestimmten Grenzwertes von p, des sog. Fließdrucks pf , der Boden um den Pfahl fließt bzw. der Pfahl den Boden durchpflügt. p bleibt dann bei weiterem Anwachsen von x konstant. Die Größe des Fließdrucks pf und seine Verteilung über die Tiefe z sind nicht genau bekannt. R ANDOLPH und H OULSBY 19 erhalten aus einer analytischen Berechnung pf = 9, 14 cu d für einen glatten und pf = 11, 94 cud für einen rauhen Pfahl. Dieser Wert wird in der Nähe der Oberfläche reduziert, da dort der Boden auch nach oben ausweichen kann. Man kann in Anlehnung an die Erddrucktheorie annehmen, daß pf = 2cu d für z = 0, und daß der volle Wert erst in der Tiefe 3d erreicht wird. Unter der Annahme, daß überall im Boden der Fließdruck erreicht ist, kann man die Grenzlast Hg aus den Gleichungen ΣH = 0 und ΣM = 0 ermitteln. Für einen Pfahl, der über der Geländeoberkante um die Länge a herausragt und mit der Länge l in den Boden einbindet, ergibt sich mit über die Tiefe konstantem Fließdruck: 19
W.K.G. Flemming, A.J. Weltman, M.F. Randolph, W.K. Elson: Piling Engineering, 2nd edition, Blackie, 1992, S. 146.
16.4 Horizontale Tragfähigkeit
309
( ) a 2 a 1 a Hg = lpf 2 + + −2 −1 l l 2 l l 1 Mmax = Hg a + − pf l 2 3 18 Der im oberen Bereich verminderte Fließdruck kann dadurch berücksichtigt werden, daß l um den Betrag 1, 5d verringert und a um denselben Betrag vergrößert wird. Verwandt dazu ist das Verfahren nach B LUM zur Ermittlung der Grenzlast von Dalben20 . Dalben sind Pfähle, deren oberes Ende aus der Wasserobefläche herausragt. Sie werden in Häfen und Seewasserstraßen eingesetzt, um Schiffsstöße aufzufangen (Anfahrdalben) bzw. um das Anlegen von Schiffen zu ermöglichen (Festmachedalben). Die aus dem Jahre 1932 stammende Dalbenberechnung von B LUM unterscheidet sich dadurch von seiner Spundwandberechnung, daß die Dalben eine endliche Dicke haben und somit den räumlichen passiven Erddruck wecken. Die hierzu getroffene Annahme B LUMs, daß nämlich pf mit z 2 wächst, konnte durch Modellversuche nicht bestätigt werden. Trotzdem wird sein Verfahren für die Dalbenberechnung herangezogen, da es sich in seiner langen Anwendungszeit als sicher erwiesen hat. B LUM setzt folgende Verteilung des Fließdrucks über die Tiefe an: pf = γ zKph d + γ Kph
z2 2
.
(16.9)
Den so angesetzten Fließdruck läßt er bis zur (zunächst unbekannten) Tiefe z = z0 anwachsen. Bei z = z0 wird eine Ersatzkraft C angenommen, welche sich aus ΣH = 0 bestimmen läßt: C = γ Kph z02
3d + z0 − Hg 6
.
(16.10)
Die Tiefe z0 wird aus der Forderung (ΣM )c = 0 bestimmt: 4z03 d + z04 −
24 Hg (a + z0 ) =0 . γ Kph
(16.11)
Obige Gleichung gestattet die Bestimmung von z0 nach Maßgabe von Hg . Die Einbindelänge l der Dalbe in den Boden setzt sich aus z0 und aus ∆z0 zusammen, l = z0 + ∆z0 , wobei ∆z0 der Tatsache Rechnung trägt, daß C nicht als konzentrierte Kraft, sondern als Streckenlast wirken kann: ∆z0 =
C γ Kph z0 (2d + z0 )
.
(16.12)
Kph ergibt sich nach den bekannten Formeln aus dem Reibungswinkel ϕ des Bodens und dem Wandreibungswinkel δ = −2ϕ/3. 20
Siehe Empfehlungen des Ausschusses für Ufereinfassungen (EAU) 1985. Berlin, Ernst & Sohn, 1985.
310
16 Pfahlgründungen
16.4.3 Berücksichtigung der nichtlinearen Bettung Da die Bodenreaktion p durch den Fließdruck pf beschränkt ist, kann die Bettung streng genommen nicht linear sein: p wächst mit der Relativverschiebung x allmählich, bis pf erreicht ist. G UDEHUS 21 nimmt vereinfachend hierfür eine „bilineare“ Beziehung p = Min (kx, pf ) an. Berechnungen mit dem bilinearen Ansatz können nur mit Hilfe eines Computers durchgeführt werden22. Die Schwierigkeit liegt darin, daß man nicht a priori weiß, in welchen Bereichen die lineare Bettung p = kx und in welchen Bereichen der Fließdruck p = pf herrscht. Ein iteratives Verfahren führt aber rasch zur Lösung. Man berechnet dabei zunächst den Fall durchgehend linearer Bettung, bestimmt also die Biegelinie x(z), und überall wo x > pf /k ist, wird in einem nachfolgenden Berechnungsgang p = pf gesetzt. 16.4.4 Verdübelung kriechender Hänge Mit annähernd horizontal belasteten Pfählen kann eine Dübelwirkung bei kriechenden Hängen erreicht werden. Dadurch kann die Kriechgeschwindigkeit erheblich reduziert werden. Zur Dimensionierung geht man davon aus, daß eine feste Scholle der Dicke hG auf einer dünnen, aufgeweichten Gleitfuge gleitet, die – ebenso wie der Hang – um den Winkel β geneigt ist (siehe Abb. 16.23). Man nimmt ferner an, daß das Material in der Gleitfuge viskos ist, in dem Sinne daß eine Veränderung der Kriechgeschwindigkeit von v0 auf v1 eine Veränderung ∆τ der auf der Gleitfuge wirkenden Schubspannung τ bedingt: ∆τ = τ0 Iv ln
v1 v0
.
(16.13)
Iv ist ein bodentypischer Zähigkeitsindex. Werden Dübel eingebaut, so erhalten sie mit zunehmender Hangverschiebung eine wachsende Horizontalkraft. Dadurch wird die Schubspannung τ allmählich reduziert, was wiederum nach obiger Gleichung eine wesentliche Verringerung der Kriechgeschwindigkeit nach sich zieht. Unter Zugrundelegung des bilinearen Ansatzes p = Min(kx, pf ) hat S CHWARZ 23 ein Verfahren zur Dimensionierung der Dübel ausgearbeitet. Man kommt dabei ohne die im Abschnitt „Berücksichtigung der nichtlinearen Bettung“ angegebene Iteration nicht aus. Hier soll lediglich der Sonderfall der linearen Bettung (p = kx) betrachtet werden. Ferner wird hier angenommen, daß der Bettungsmodul oberhalb und unterhalb der Gleitfuge gleich ist. Nehmen wir an, daß die Gleitscholle die Grundfläche b × l, die Neigung β, die Tiefe hG und die Wichte γ hat. Sie möge zunächst mit der Geschwindigkeit v0 kriechen, und es sei das Ziel der Verdübelung, diese Gechwindigkeit auf ein erträgliches Maß v1 zu reduzieren. Um dies zu erreichen, 21 22 23
Gudehus, G.: Seitendruck auf Pfählen in tonigen Böden. Geotechnik 2, 1984. Schwarz, W.: Verdübelung toniger Böden. Veröffentlichungen des Inst. f. Bodenmechanik und Felsmechanik der Universität Karlsruhe, Heft 105, 1987. W. Schwarz: Verdübelung toniger Böden. Veröffentlichung des Instituts für Bodenmechanik und Felsmechanik der Universität Fridericiana in Karlsruhe, Heft 105, 1987.
16.4 Horizontale Tragfähigkeit
311
Abb. 16.23. Verdübelung kriechender Hänge
muß der Anteil ∆τ der in der Tiefe der Gleitfuge talwärts treibenden Schubspannung τ0 = γhG sin β cos β von den Dübeln übernommen werden: ∆τ = τ0 Iv ln(v0 /v1 ). Dies geschieht über die Querkraft der Dübel in der Tiefe der Gleitfuge: ∆τ =
erf Qs bl
(16.14)
.
Es soll nun ein Dübelquerschnitt gewählt werden. Ferner sollen die Einbindelängen des Dübels in der Gleitscholle (ho ) und in dem festen Untergrund (hu ) bestimmt werden. ho ist durch die Tiefe der Gleitscholle begrenzt (ho ≤ hG ). Oft wählt man ho < hG , um den oberen Bereich des Baugrundes nicht zu beeinträchtigen. Die von einem Dübel übertragene Querkraft Qs wird mit Hilfe der Differentialgleichung 16.1 ermittelt werden. Man betrachte dazu Abb. 16.24. Die obere Scholle hat sich seit dem Zeitpunkt der Verdübelung um den Betrag w verschoben. Die Lösung lautet entsprechend 16.2: Oben: zo zo zo zo zo zo + C2 cos + C4 cos C1 sin + cosh C3 sin +w xo = sinh Lo Lo Lo Lo Lo Lo Unten: zu xu = sinh Lu
(16.15)
zu zu + C6 cos C5 sin Lu Lu
zu + cosh Lu
zu zu + C8 cos C7 sin Lu Lu
p p mit Lo := 4 4 EI/ko und Lu := 4 4 EI/ku . Die Integrationskonstanten bestimmen sich aus den Randbedingungen M = 0 und Q = 0 an den Pfahlenden, sowie
312
16 Pfahlgründungen
Abb. 16.24. Biegelinie und Streckenlast auf einen Dübel
den vier Übergangsbedingungen eines stetigen Übergangs von x, x , Q, M an der Stelle z = 0. Man erhält für Lo = Lu = L die Lösung in der Form24 ho ho w Qs = EI 3 · q . (16.16) , L L hu
Aus Gleichung 16.16 sieht man, daß Qs mit der Hangverschiebung w wächst, d.h. der Dübel „packt“ erst mit wachsender Verschiebung. Die Reduktion der Kriechgeschwindigkeit von v0 auf v1 benötigt deshalb die Zeit blτ0 Iv L3 v0 t1 = −1 . (16.17) nEIqv0 v1 Aus Gleichung 16.17 folgt, daß innerhalb der Bremszeit t1 der Hang sich noch um den Betrag t1 v0 v0 w1 = v0 (16.18) ln − 1 v1 v1
verschiebt. Daraus läßt sich das in der Dimensionierung der Verdübelung eingehende Geschwindigkeitsverhältnis dermaßen bestimmen, daß innerhalb einer vorgegebenen Zeit t1 der Hang um ein vorgegebenes, erträgliches Maß w1 kriecht. Die erforderliche Anzahl n der Dübel ergibt sich aus der Beziehung erf n = erf (Qs /Qs ). Die n Dübel sind über der Grundfläche des Kriechhanges geeignet zu verteilen. Vorzugsweise sollte man sie entlang von möglichst talwärts liegenden Höhenlinien verteilen. Quer zur Kriechrichtung sollte der Dübelabstand 2l nicht überschreiten. Die Dübelbewehrung sollte nach Maßgaden Wert (l/hG ) + 1 be der Querkraft und des maximalen Biegemomentes dimensioniert werden. M max ergibt sich ebenfalls aus der Lösung 16.15 in der Form 24
Die Funktionen q angegeben.
“
ho ho , L hu
”
und m
“
ho ho , L hu
”
sind in der erwähnten Arbeit von S CHWARZ
16.4 Horizontale Tragfähigkeit
Mmax = EI
w ·m L2
ho ho , L hu
313
(16.19)
.
16.4.5 Knicken von axial belasteten Pfählen Der Einfluß der seitlichen Bettung auf die Knicklast soll anhand eines linear gebetteten, beiderseitig gelenkig gelagerten Pfahls der Länge l untersucht werden. Die Balkenbiegungs-Differentialgleichung lautet: EIx = −M
(16.20)
.
Aus der Statik folgt:
M = Px +
z z 0 0
p(z )dz dz + M (0) − Q(0) · z − P · x(0)
,
(16.21)
mit p(z) = kx(z). Zweimalige Differentiation nach z liefert M = P x + kx ,
(16.22)
EIx(4) + P x + kx = 0 .
(16.23)
woraus schließlich folgt:
Die Randbedingungen lauten x(0) = x (0) = x(l) = x (l) = 0. Mit dem Lösungsansatz x(z) = C sin(nπz/l) ergibt sich dann die kritische Last (Knicklast) Pk in Abhängigkeit von λ = l/L und n (n = 1, 2, 3 . . .): 2 √ λ 1 nπ 2 . (16.24) + Pk = k EI 2 nπ 2 λ Man muß also für jede gegebene „Schlankheit“ λ diejenige ganze Zahl n suchen, welche Pk zum Minimum macht (siehe Abb. 16.25). Stattdessen kann man die Ungleichung √ Pk ≥ 2 k EI (16.25) √ benutzen, zumal für hinreichend große λ-Werte ziemlich genau minP k ≈ 2 k EI gilt.25 Man erhält so einen Wert, der meistens erheblich größer als die Knicklast eines seitlich ungestützten Stabes ist. Für einen Holzpfahl d = 20 cm, E = 103 kN/cm2 , I = πd4 /64 = 7854 cm4 , i = d/4 = 5 cm, l = sk = 7 m, λ = sk /i = 140, ω = 5, 88 erhält man bei Vernachlässigung der Bodenstützung eine zulässige Kraft von 25
Schnell, W., Czerwenka, G.: Einführung in die Rechenmethoden des Leichtbaus. Bibliographisches Institut Mannheim, Band 2.
314
16 Pfahlgründungen
Abb. 16.25. Dimensionslose Knicklast Pk in Abhängigkeit von der Schlankheit λ und n (nach Gleichung 16.24)
Pzul =
kN 314 cm2 F σzul = 1, 0 = 53, 4 kN . ω 5, 88 cm2
Hingegen beträgt die Knicklast eines im Torf (k/d = 5 MN/m ) gebetteten Stabs: √ kN kN Pk = 2 k EI = 2 0, 1 · 103 · 7854 cm4 = 1, 77 MN . cm2 cm2 3
Man vergleiche dazu den nach DIN 1054 charakteristischen Pfahlwiderstand von 150 bis 300 kN . Die hier aufgeführte Untersuchung ist stark vereinfacht, da ideales Knicken (d.h. ohne Anfangsimperfektionen) betrachtet wurde. Herstellungsbedingt weicht die Mittellinie von Pfählen fast immer von einer Geraden ab, was bei der Ermittlung der Knicklast berücksichtigt werden sollte26 . Die DIN 1054 fordert den Nachweis der Knicksicherheit für einen seitlich ungestützten Pfahl, falls cu ≤ 15 kN/m2 ist. Bei Pfählen, die über die Bodenoberfläche hinausragen, soll die Knicksicherheit nachgewiesen werden. Wenn l0 die Einbindelänge des Pfahls im Boden, h die Länge des freistehenden Pfahls und L die elastische Länge ist, so kann (sofern l 0 > 1, 5L ist) die Knicklänge lk nach S CHIEL 27 wie folgt abgeschätzt werden: 26 27
Sovinc, I.: Buckling of Piles with initial Curvature. 10th Int. Conf. SMFE, Stockholm 1981, Proceedings Vol. 2, S. 851-856. Siehe Schenck, W., Smoltczyk, U., Lächler, W.: Pfahlroste. In: Grundbau Taschenbuch 3. Aufl., Teil 2, Berlin, Ernst & Sohn, 1982, S. 572, sowie W.G.K. Fleming, A.J. Weltman, M.F. Randolph, W.K. Elson: Piling Engineering, 2nd edition, Blackie, 1992, S. 146.
16.5 Statische Probebelastung
– Pfahlkopf eingespannt, senkrecht zur Achse unverschieblich: l k – Pfahlkopf gelenkig, senkrecht zur Achse unverschieblich: lk – Pfahlkopf eingespannt, senkrecht zur Achse verschieblich: l k – Pfahlkopf gelenkig, senkrecht zur Achse verschieblich: lk
315
≈ 12 (h + L), ≈ √12 (h + L), ≈ h + L, ≈ 2(h + L).
16.5 Statische Probebelastung Die Probebelastung dient der direkten Ermittlung des Kraft-Setzungsverhaltens und der Grenzlast von Pfählen. Im Vergleich zu Erfahrungswerten liefert sie zuverlässigere Ergebnisse, ist aber teuer. Der hohe Aufwand kann sich lohnen, wenn sich größere Tragfähigkeiten als nach den Erfahrungswerten ergeben. Die Belastung wird in Stufen aufgebracht und es werden mehrere Entlastungen vorgenommen (siehe Abb. 16.26).
Abb. 16.26. Kraft-Verschiebungs-Kurve aus einer Pfahlprobebelastung im Sand
Die Grenzlast Qg im Sinne einer vertikalen Tangente (dQ/ds = 0) wird fast nie erreicht. Auch läßt sich die ermittelte Q(s)-Kurve kaum auf Q g extrapolieren.28 Man nimmt daher als Qg den maximal erreichten Q-Wert an. Die Norm schreibt weder ein bestimmtes Belastungsprogramm vor, noch gibt sie an, wie lange jede Laststufe dauern soll. Dies ist deswegen mißlich, weil bei jeder Laststufe Kriechen eintritt, dessen Beendigung selten abgewartet werden kann. Es liegen verschiedene Vorschläge vor. Danach soll z.B. jede Laststufe solange dauern, bis die Kriechgeschwindigkeit auf einen bestimmten Wert (z.B. 0,25 mm/h) abgesunken ist. Alternativ dazu kann man eine feste Einwirkungsdauer für jede Laststufe vereinbaren. Eine andere Möglichkeit ist es, die Probebelastung weggesteuert, d.h. mit einer konstanten Geschwindigkeit s˙ = s˙0 durchzuführen. Die dabei gewonnene 28
Diverse Extrapolationsmethoden, wie diejenige nach Chin (Ground Engineering, January 2004, 22-26), sind mangels Messung von Qg nicht überprüfbar und daher wenig sinnvoll
316
16 Pfahlgründungen
Kurve Q0 (s) bezieht sich auf die Geschwindigkeit s˙0 , man kann aber daraus die bei einer Geschwindigkeit s˙1 zu erwartende Pfahlkraft Q1 vermittels der Beziehung von L EINENKUGEL erhalten s˙1 Q1 = Q0 1 + Iv ln (16.26) s˙0 Der Zähigkeitsindex Iv des Bodens ist aus sog. Sprungversuchen29 zu ermitteln, er läßt sich aber auch ganz gut mit dem Wassergehalt an der Fließgrenze wL , korrelieren (siehe Gleichung 9.20). Als Widerlager werden heute Verpreßanker oder Zugpfähle herangezogen (oft in Form einer Preßkrone oder eines Belastungsschuhs angeordnet). Totlasten werden nur noch für geringe Belastungen (bis ca. 1500 kN) verwendet. Die Zugkräfte sollen in hinreichender Entfernung vom Pfahl in den Boden eingeleitet werden, damit kein Kraftkurzschluß entsteht (siehe Abb. 16.27). Eine separate Messung der Man-
Abb. 16.27. Verankertes Joch zur statischen Pfahlprobebelastung
telreibung und des Spitzendrucks erlaubt, die Meßergebnisse auf Pfähle mit anderen Durchmessern und Längen zu übertragen. Vielfach probiert man durch Druckbelastung die Summe aus Spitzendruck und Mantelreibung (Qsg + Qmg ) und durch nachfolgende Zugbelastung die Mantelreibung Qmg zu ermitteln. 29
Sprungversuche sind weggesteuerte Triaxialversuche, bei denen die Deformationsgeschwindigkeit sprunghaft verändert wird. Aus der dabei beobachteten Spannungsänderung ∆σ läßt sich Iv ermitteln. Siehe auch Abschnitt 9.3 und Gudehus, G.: Bodenmechanik, F. Enke Verlag, Stuttgart, 1981.
16.5 Statische Probebelastung
317
Abb. 16.28. Widerlagerkrone aus Verpreßankern
Die Messung des Spitzendrucks erfolgt über vollflächige hydraulische bzw. elektronische Druckmeßkissen. Die Differenz zwischen Gesamtpfahlkraft und Spitzendruck ergibt einen integralen Wert für die Mantelreibungskraft. Der Verlauf der Mantelreibungskraft über die Tiefe kann durch die Anordnung von Druckkissen im Pfahl gemessen werden, was sehr schwierig hinsichtlich der Bewehrungsführung ist. Leichter ist es, den Verlauf der Mantelreibungskraft mittelbar über die Messung der Axialdehnung zu bestimmen. Letztere kann durch Extensometer oder durch Dehnungsmeßstreifen (DMS) gemessen werden. Diese können direkt an der Längsbewehrung oder an speziellen Stahlteilen geklebt werden, die am Bewehrungskorb montiert werden. Zur Übertragung der Dehnungen in Spannungen wird der E-Modul des Pfahls benötigt, der aber innerhalb einer weiteren Spanne schwanken kann (zwischen 15.000 N/mm2 und 40.000 N/mm2 ). Der E-Modul fällt in den oberen 2 bis 3 m des Pfahls geringer aus und hängt auch stark von der Qualität und dem Alter des Betons ab. Bestimmt wird er anhand von Probewürfeln oder Bohrkernen. Die Erhöhung des E-Moduls vom Beton durch die Längsbewehrung und durch Querdehnungsbehinderung durch Wendelbewehrung ist dabei zu berücksichtigen. Das Kriechen des Betons ist bei Pfählen, die jünger als 4 bis 6 Wochen sind, ebenfalls zu berücksichtigen. Die aufwendige Konstruktion der Widerlagerkrone wird bei Verwendung einer im Pfahl eingebauten Presse (bzw. Druckkissen) hinfällig (z.B. Osterberg-Presse). Der obere Teil des Pfahls dient dann als Widerlager für den unteren und umgekehrt. Offensichtlich ist die Belastung nur solange durchführbar, wie weder der obere noch der untere Teil ihre Grenzlast erreicht haben.
318
16 Pfahlgründungen
Die Durchführung von mehr als einer Probebelastung wird von der DIN 1054 durch Herabsetzung der einzuhaltenden Sicherheiten30 „belohnt“.
Abb. 16.29. Mit Dehnungsmeßstreifen bestückte Pfahlbewehrung (Fa. Bauer)
16.6 Dynamische Pfahlprüfung Der Gedanke, daß die Pfahltragfähigkeit mit dem Rammfortschritt (d.h. mit der Frage, ob sich ein Pfahl leicht oder schwer einrammen läßt) korreliert ist, drängt sich immer wieder auf und hat sich in zahlreichen Rammformeln niedergeschlagen, die aber unbefriedigend sind, da sie nicht genau genug auf die Mechanik des Vorgangs eingehen. Im Gegensatz zu den Rammformeln, die auf Energiebilanzierungen beruhen, betrachten die moderneren dynamischen Pfahlprüfmethoden (dynamic pile testing – DPT) den Vorgang als Wellenausbreitungsproblem. In der praktischen Durchführung wird der Pfahl stoßartig belastet, und die Geschwindigkeit und Dehnung am Pfahlkopf werden als Funktionen der Zeit aufgezeichnet. Die Auswertung dieser Signale soll dann Aufschluß über die Tragfähigkeit des Pfahls geben. Der wesentliche Vorteil der dynamischen Verfahren ist der Verzicht auf die Totlast bzw. auf das verankerte Widerlager. Die Belastung wird durch Fallgewichte von bis zu 20 t oder durch pneumatische Hammer aufgebracht. Letztere sind Prallmassen die vermittels Druckluft und einer Sollbruchstelle auf den Pfahlkopf geschleudert werden. 16.6.1 Rammformeln Die denkbar einfachste Rammformel entsteht durch die Gleichsetzung der kinetischen Energie des Rammbären (mit der Masse mA und der Aufprallgeschwingigkeit 30
bzw. des Streuungsfaktors
16.6 Dynamische Pfahlprüfung
319
Abb. 16.30. Dynamische Pfahlprüfung
V ) 21 mA V 2 (bzw. mA gh) und der Arbeit, die geleistet werden muß, damit der Pfahl infolge eines Rammschlages um die Länge s in den Boden eindringt. Letzere beträgt Qs, sofern man den Bodenwiderstand Q als ideal-plastisch annimmt (d.h. es wird angenommen, daß er sofort mobilisiert wird und nicht erst mit wachsender Verschiebung wie etwa bei einer elastischen Feder zunimmt). Aus m A gh = Qs folgt also Q = mAsgh . Diese Formel, kann durch folgende Korrekturen verbessert werden: Die Energie des Rammbären wird dadurch reduziert, daß er nicht vollkommen frei fällt, sondern z.B. am Mäkler reibt bzw. die Windentrommel zieht. Daher wird mA gh durch ηmA gh ersetzt. η beträgt ca. 0, 7, wenn die Windentrommel mitgezogen wird. Für Dampfhammer ist η ≈ 0, 9. Ein Teil der Energie des Rammbären wird aufgebracht, um den Pfahl elastisch (d.h. reversibel) um den Betrag s 0 zusammenzudrücken. Dieser Energieanteil beträgt Ee = 21 Qs0 , also bei überwiegendem Spitzenwiderstand Ee =
1 l Q2 2 AE
.
Man hat also: 1 1 l Q2 ηmA gh = Qs + Qs0 = Qs + 2 2 AE
(16.27)
.
Daraus erhält man Q=
2ηmA gh ηmA gh = 1 2 s + 2 s0 s + s + 2ηmA ghl/(AE)
.
320
16 Pfahlgründungen
s soll als Mittelwert einer Serie von zehn Schlägen bestimmt werden. Rammformeln können brauchbare Ergebnisse liefern, sofern die Pfahlspitze in Sand ist. 16.6.2 CAPWAP-Verfahren Der Pfahl wird zwecks einer numerischen Behandlung des Problems durch diskrete Federn und Massen ersetzt (siehe Abb. 16.31). Die Bettung am Mantel und an der Spitze wird durch Funktionsansätze modelliert, die zunächst freie Koeffizienten enthalten. Am Pfahlkopf werden die Geschwindigkeit v (über einen Geschwindigkeitsaufnehmer) und die Dehnung ε (mit Dehnungsmeßstreifen) gemessen. Aus ε folgt die Kraft F = σA = EεA, wobei A die Querschnittsfläche des Pfahls ist. Die
Abb. 16.31. Ersetzung des Pfahls durch ein diskretes Modell aus Massen, Federn, Dämpfern und Reibungselementen
bei einer Stoßbelastung aufgezeichneten Kurven F (t) und v(t) können wahlweise als Input bzw. Output des Systems betrachtet werden (siehe Abb. 16.32). Mit dem CAse Pile Wave Analysis Program kann aus dem Input ein numerischer Output berechnet werden. Man variiert nun die freien Konstanten solange, bis die Abweichung zwischen numerischem und gemessenem Output möglichst klein wird. Die Eindeutigkeit der Lösung kann allerdings nicht mathematisch nachgewiesen werden.
16.6 Dynamische Pfahlprüfung
321
Abb. 16.32. Aufzeichnungen der Kraft und der Geschwindigkeit am Pfahlkopf
16.6.3 Verfahren von Kolymbas Nach einem vom Verfasser entwickelten Verfahren31 kann die Pfahltraglast Q aus der Aufzeichnung der Geschwindigkeit am Pfahlkopf wie folgt ermittelt werden. Seien v1 und v2 die beiden ersten Maxima der v(t)-Kurve (siehe Abb. 16.32. Sei ferner Z := AE/c = Ac (mit der Wellengeschwindigkeit c und der Dichte ) die Impedanz des Pfahlquerschnitts. Dann gilt näherungsweise 1 . (16.28) Qg ≈ Z v1 − v2 2 Gegebenenfalls ist eine Korrektur nach Gleichung 9.19 zur Berücksichtigung der Viskosität des Bodens vorzunehmen: Wenn bei der statischen Probebelastung die Grenzlast mit einer Einsinkgeschwindigkeit v0 verknüpft ist (etwa v0 ≈ 1 mm/h), so läßt sie sich wie folgt abschätzen: 1 v1 Qg ≈ Z v1 − v2 1 − Iv ln . (16.29) 2 v0 16.6.4 Integritätsprüfung Hat der Pfahl eine über die Tiefe konstante Impedanz, so erscheint die erste Reflexion eines relativ scharfen Eingabe-Signals wieder am Pfahlkopf nach der Zeit 2l/c. Dabei wird die Auswirkung der Dispersion vernachlässigt. Liegt jedoch irgendwo 31
Siehe Kolymbas, D.: Vereinfachte Abschätzung der Pfahltragfähigkeit aufgrund dynamischer Belastung. Geotechnik 2/1989, sowie J. Grabe und U. Schuler: Auswertung von dynamischen Pfahlprüfungen nach verschiedenen Verfahren. Geotechnik 1/1991, S. 37-41.
322
16 Pfahlgründungen
zwischen Kopf und Spitze eine Impedanzveränderung (z.B. eine Verengung) vor, so erscheint der am Impedanzwechsel reflektierte Wellenanteil früher am Pfahlkopf. Eine Einschnürung kann somit ziemlich genau lokalisiert werden, ihre Länge jedoch kaum. Mehrere Diskontinuitäten hintereinander können nicht festgestellt werden. Die Grenzen der Interpretierbarkeit liegen z.Z. bei Tiefen von 15 bis 20 m. Im Gegensatz zur dynamischen Tragfähigkeitsbestimmung kommt die dynamische Integritätsprüfung mit einem kleinen Stoß (z.B. Schlag mit einem Hammer von Hand) aus. Eine alternative Integritätsprüfung besteht darin, in zwei einbetonierte Rohrleitungen je einen akustischen Sender und Empfänger einzuführen (double-hole test). Aus der Interpretation der Meßsignale kann man auf die Integrität des Bohrpfahls schließen32 .
32
Siehe auch W.G.K. Fleming, A.J. Weltman, M.F. Randolph, W.K. Elson: Piling Engineering, 2nd edition, Blackie, 1992, S. 146.
16.7 Gruppenwirkung
323
16.7 Gruppenwirkung Die Lastabtragung und die Setzungen einer Pfahlgruppe können kaum auf der Grundlag e des Last-Setzungsverhaltens eines Einzelpfahls vorhergesagt werden. Grund dafür ist die gegenseitige Beeinflussung über den umgebenden Boden. Man vermutet, daß Gruppenwirkung vorliegt, wenn die Pfahlachsabstände a a kleiner als ca. 3 bis 8 dF sind (dF =Pfahlfußdurchmesser). Nach DIN 1054 soll eine Pfahlgruppe auch als Flachgründung betrachtet werden, die in der Tiefe der Pfahlspitzen liegt. Ihre Fläche wird durch die Achsen der Randpfähle zuzüglich eines Streifens der Breite 3dF festgelegt. Nebst den Nachweisen für den Einzelpfahl sollen also auch die Nachweise für diese fiktive Flachgründung durchgeführt werden (d.h. Setzungsnachweis; Grundbruch ist meistens nicht maßgebend). Bei Rammpfählen und sonstigen Verdrängungspfählen wird die Tragfähigkeit des Einzelpfahls durch Gruppenwirkung erhöht (wegen Verspannung des umgebenden Bodens). Es kann aber durch das Rammen auch dazu kommen, daß Nachbarpfähle angehoben werden und so den Kraftschluß am Fuß verlieren. Durch das Rammen wird der Boden hauptsächlich seitlich verdrängt. Um das seitliche Ausweichen des Bodens zu ermöglichen, sollen Pfahlgruppen von innen nach außen gerammt werden (d.h. erst die Innenpfähle, dann die Außenpfähle). Bei Kaikonstruktionen sind zuerst die Pfähle und dann die Spundwand zu rammen. Hinsichtlich der Mantelreibung muß man berücksichtigen, daß der von der Pfahlgruppe eingeschlossene Boden von den Pfählen mitgenommen wird und somit keine Mantelreibung auf die Pfähle ausübt. In diesem Fall ist die Pfahlgruppe als ein einziger fiktiver Pfahl aufzufassen (Abb. 16.33). Dessen Grenzmantelreibungskraft Q mg
Abb. 16.33. Fiktive Pfähle, die Pfahlgruppen umfassen
ergibt sich aus der Integration der Bodenfestigkeit über der umhüllenden Mantelfläche U :
324
16 Pfahlgründungen
Qmg =
Z Z
(σh · tan ϕ + c)dA
.
U
Für die Ermittlung des Spitzendruckes Qs ist die Querschnittsfläche des fiktiven Pfahls zugrunde zu legen. Es ergibt sich so die Pfahlkraft Q = Qm + Qs und insbesondere ihr Grenzwert (Traglast) Qg = Qmg +Qsg . Grundlage für die Bemessung ist das Minimum zwischen nQg (n = Anzahl der Pfähle, Qg = Grenzlast des Einzelpfahls) und Qg . Bei Zugpfählen entfällt der Spitzendruck (Q = Qm ). Die Grenzlast der Pfahlgruppe ergibt sich als das Minimum von nQg und Qg + G, wobei Qg die Grenzlast des Einzelpfahls und Qg die Grenzlast des fiktiven umhüllenden Pfahls ist. G ist das Gewicht der von den Pfählen eingeschlossenen Bodenmasse (einschließlich Pfahlgewicht). Bei negativer Mantelreibung ist folgender Effekt zu berücksichtigen: Infolge der negativen Mantelreibung hängt sich der zwischen den Pfählen liegende Boden teilweise an ihnen auf. Dies gilt auch für den Boden in der Umgebung eines Einzelpfahls. Somit wirkt auf die darunter liegenden Schichten nicht die volle Erdauflast, sondern nur ein Teil davon. Als Folge davon wächst die Vertikalspannung σ z unterlinear mit der Tiefe an. Ist die Mantelreibung proportional zur Vertikalspannung angesetzt, so wächst sie ebenfalls unterlinear mit der Tiefe an. Ähnlich wie in einem Silo stützt sich der Boden also teilweise auf die seitliche Pfahlwand (bzw. Silowand) ab. Die maßgebende Differentialgleichung für σz lautet (siehe Abb. 16.34):
Abb. 16.34. Kräfte, die an einer sich setzenden Schicht der Dicke dz zwischen den Pfählen einer Gruppe angreifen
dσz U U = γ − τm = γ − βσz dz F F
.
(16.30)
Hierbei ist U der Umfang eines Pfahls und F die Grundfläche desjenigen Bodenbereichs um die Pfähle, der infolge der mobilisierten Schubspannungen teilweise
16.8 Pfahlroste
325
an die Pfähle aufgehängt wird. Es handelt sich hier um eine stark vereinfachte Betrachtung, da die Veränderung der Verhältnisse in horizontaler Richtung außer acht gelassen wird und F im allgemeinen unbekannt ist. Es steht lediglich fest, daß innerhalb einer Pfahlgruppe F nicht größer sein kann als die auf einen Innenpfahl entfallende Grundrißfläche des Bodens. Integration dieser Differentialgleichung mit der Anfangsbedingung σz (z = 0) = p0 liefert mit m := βU/F : γ −mz γ σz = p0 − e . (16.31) + m m Die auf den Pfahl entfallende Kraft infolge negativer Mantelreibung beträgt dann R = Uβ
l 0
σz dz = F
p0 −
γ 1 − e−ml + γl m
.
(16.32)
l ist dabei die Dicke der betrachteten Schicht.
16.8 Pfahlroste Ein Fundament, das auf mehreren Pfählen aufgelagert ist, wird als Pfahlrost bezeichnet. In Zusammenhang damit ist folgendes statisches Problem zu lösen: Gegeben sei die auf das Fundament einwirkende resultierende Bauwerkslast (einschließlich Fundamenteigengewicht). Wie groß sind dann die einzelnen Pfahlkräfte? Ein weit verbreitetes Näherungsverfahren besteht darin, die Pfähle als gelenkig gelagerte elastische Stützen und die Pfahlkopfplatte als starr zu betrachten. Das so definierte statische Problem ist besonders einfach, wenn die sich so ergebende Lagerung der Pfahlkopfplatte statisch bestimmt ist. Ist die Lagerung statisch unbestimmt (sie darf nicht kinematisch sein), so müssen die Verformungen der Pfähle berücksichtigt werden. Bei den einfacheren Verfahren wird die seitliche Bettung der Pfähle außer acht gelassen. Für diesen Fall sind verschiedene Verfahren vorgeschlagen worden, die zum selben Ergebnis, jedoch auf verschiedenem Wege führen. Ältere Verfahren (z.B. von N ØKKENTVED) eignen sich besser zur Handrechnung. Hier wird ein übersichtlicheres Berechnungsschema dargestellt, das sich ohne weiteres programmieren läßt: Die unteren Pfahlenden sind gelenkig, aber (per Annahme) unverschieblich gelagert. Das obere Pfahlende ist ebenfalls gelenkig gelagert, aber es kann sich mit der Kopfplatte verschieben. Die Verlängerung ∆li des Pfahls Nr. i ist mit der Pfahlkraft Qi über das Elastizitätsgesetz verknüpft: Qi = −ci ∆li
mit ci :=
Ei Ai li
.
(16.33)
Ei ist dabei der Elastizitätsmodul und Ai die Querschnittsfläche des Pfahls. Bei Verkürzung (∆li < 0) ist demnach die Pfahlkraft Qi positiv. li ist die rechnerische Pfahllänge, die kleiner als die tatsächliche Pfahllänge ist, sofern die Pfähle auch
326
16 Pfahlgründungen
über Mantelreibung tragen. Dies wird näherungsweise dadurch berücksichtigt, daß man die Teillängen, in denen Mantelreibung wirkt, mit 2/3 ihrer wirklichen Länge ansetzt. Der Einheitsvektor in Richtung des i-ten Pfahls sei ni . Die positive Orientierung von ni weist vom Pfahlfuß zum Pfahlkopf hin. Somit wirkt auf das Fundament die vektorielle Pfahlkraft: Pi = Qi ni
.
(16.34)
Ferner sei R die (aus Bauwerkslasten und Eigengewicht) resultierende Belastung auf das Fundament (siehe Abb. 16.35). Die Angriffspunkte der auf das Fundament
Abb. 16.35. Pfahlrost (schematisch)
wirkenden Pfahlkräfte können durch die Ortsvektoren ri angegeben werden. Der Angriffspunkt von R ist rR . Somit kann das Kräftegleichgewicht durch die Gleichung Pi + R = 0 (16.35) und das Momentengleichgewicht durch die Gleichung (Pi × ri ) + (R × rR ) = 0
(16.36)
ausgedrückt werden33 . Unter der Einwirkung der Lasten vollführt das Fundament eine Starrkörperbewegung, die (unter der Annahme daß die Beträge der Vektoren ri − ri , s, ω klein sind) wie folgt durch den Translationsvektor s und den Rotationsvektor ω beschrieben werden kann34 : Die Punkte ri werden in die Punkte ri überführt, wobei 33 34
ri = ri + s + (ω × ri )
(16.37)
Wegen (16.35) gilt (16.36) unabhängig von der Lage des Bezugspunktes. Formel von Euler, siehe I. Szabó, Einführung in die Technische Mechanik, Springer, 1966.
16.8 Pfahlroste
327
gilt. Die Verlängerung ∆li ergibt sich dann näherungsweise aus dem Skalarprodukt ∆li ≈ ni · [s + (ω × ri )]
(16.38)
.
Einsetzen von (16.38) und (16.33) in die Gleichgewichtsbedingungen (16.35) und (16.36) ergibt schließlich
ci {ni · [s + (ω × ri )]} ni + R = 0 ,
ci {ni · [s + (ω × ri )]} (ni × ri ) + (R × rR ) = 0 .
(16.39)
Die Gleichungen 16.39 entsprechen sechs skalaren linearen Gleichungen für die sechs Unbekannten (sx , sy , sz ), (ωx , ωy , ωz ). Es liegt also ein lineares Gleichungssystem mit sechs Unbekannten vor. Es kann numerisch gelöst werden, wodurch ω und s bestimmt werden. Zur numerischen Behandlung muß das Gleichungssystem in die Form a11 x1 + a21 x1 + .. .
· · · +a16 x6 · · · +a26 x6 .. .
= =
b1 b2 .. .
a61 x1 +
· · · +a66 x6
=
b6
überführt werden. Dabei ist 0x 1 1
0s 1
0b 1
B x 2 C B sy C C B C B B x 3 C B sz C C B C=B B x 4 C B ωx C A @ A @ x5 ωy x6 ωz
,
0
1 Rx Ry B b2 C B C B C B C Rz B b3 C B C B C=B C B b4 C B −(Ry rRz − Rz rRy ) C @ A @ A b5 −(Rz rRx − Rx rRz ) b6 −(Rx rRy − Ry rRx ) 1
x
(16.40)
.
Die Koeffizienten aij können unter Berücksichtigung der Gleichung ni · (ω × ri ) = ω · (ri × ni )
(16.41)
und der Abkürzung di := ri × ni wie folgt bestimmt werden (die Summation erstreckt sich jeweils über alle Pfähle):
328
16 Pfahlgründungen
a11 = ci nix nix a14 = ci dix nix a21 = a 12 a24 = ci dix niy
, a12 = ci niy nix , a15 = ci diy nix , a22 = ci niy niy , a25 = ci diy niy
a41 = a 14 a44 = ci dix dix
, a42 = a 24 , a45 = ci diy dix
a31 = a 13 a34 = ci dix niz a51 = a15 a54 = a45 a61 = a16 a64 = a46
, ,
, a32 = a 23 , a35 = ci diy niz
, a13 = ci niz nix , a16 = ci diz nix , a23 = ci niz niy , a26 = ci diz niy , a33 = ci niz niz , a36 = ci diz niz
, a52 = a 25 , a55 = ci diy diy
, a53 = a 35 , a56 = ci diz diy
, ,
, a62 = a26 , a65 = a56
, , , ,
, a43 = a 34 , a46 = ci diz dix
, ,
, a63 = a 36 , a66 = ci diz diz
, .
(16.42)
Anschließend können die Pfahlkräfte Qi durch Einsetzen der erhaltenen Lösung s und ω in (16.38) und (16.33) berechnet werden. Pfahlroste sollen so entworfen werden, daß die Hauptlasten durch Normalkräfte in den Pfählen aufgenommen werden. Zusatzlasten hingegen können oft durch Querbelastung der Pfähle aufgenommen werden. Die Annahme eines linearen Kraft-Verschiebungsgesetzes nach Gleichung 16.33 ist sehr restriktiv und bedeutet, daß strenggenommen das Verfahren nur anwendbar ist, falls die Pfähle eine weiche Schicht durchörtern und auf der Oberfläche eines harten Felsens aufliegen. Für alle anderen Fälle macht die elastische Stauchung des Pfahls nur einen Bruchteil der Pfahlkopfverschiebung aus, und das KraftVerschiebungsgesetz ist deutlich nichtlinear. Ist letzteres aus Probebelastungen in etwa bekannt, so kann die Nichtlinearität durch eine iterative Berechnung berücksichtigt werden. Die Annahme einer starren Kopfplatte ist nur berechtigt, wenn sie erheblich steifer als die Pfähle ist. Dies ist dann der Fall, wenn EI > ca. 10 ca3
(16.43)
gilt.35 Dabei ist EI die Biegesteifigkeit der Platte (entsprechend einer Plattenbreite, die einer Pfahlreihe entspricht), c die elastische Steifigkeit eines Pfahls nach Gleichung 16.33 und a der maximale Abstand zwischen zwei benachbarten Pfahlköpfen. Man beachte ferner, daß die heute üblichen Pfahlkopfanschlüsse die Annahme eines gelenkigen Anschlusses nicht immer als berechtigt erscheinen lassen. Die Elastizität (bzw. Plastizität) der Kopfplatte und der Anschlüsse kann aber nur mit aufwendigeren Rechenverfahren, z.B. mit finiten Elementen, berücksichtigt werden.
35
Schenck, W., Smoltczyk, U., Lächler, W.: Pfahlroste. In: Grundbau Taschenbuch, 3. Aufl., Teil 2, Berlin, Ernst & Sohn, 1982, S. 572.
16.9 Pfahlplatten-Gründungen
329
16.9 Pfahlplatten-Gründungen Bisher waren Pfahlgründungen im allgemeinen so zu bemessen, daß die Kräfte aus dem Bauwerk allein durch die Pfähle auf den Baugrund übertragen werden. Grund für diese Vorschrift ist die Tatsache, daß die Steifigkeiten (d.h. die KraftVerschiebungs-Beziehungen) der Pfähle und der Platte im allgemeinen ungenau bekannt sind, so daß man kaum abschätzen kann, welchen Lastanteil die Platte und welchen Anteil die Pfähle übernehmen. Dessen ungeachtet kommen in den letzten Jahren sog. kombinierte Pfahlplatten-Gründungen (pile rafts) immer öfter zur Anwendung,36,37 da man davon ausgeht, daß sie im Vergleich zu einer Plattengründung kleinere Setzungen hervorrufen. Die Unsicherheit hinsichtlich der Q(s) Beziehung wird dadurch umgangen, daß die Pfähle bis zur Grenzlast (rechnerisch) belastet werden. Darüber hinaus werden sie so angeordnet, daß die Beanspruchung der Platte minimiert wird. Es ergeben sich somit wirtschaftlichere Gründungen.
36 37
Siehe auch W.G.K. Fleming, A.J. Weltman, M.F. Randolph, W.K. Elson: Piling Engineering, 2nd edition, Blackie, 1992, S. 205. Th. Richter u.a.: Wirtschaftlich optimierte Hochhausgründungen im Berliner Sand, Baugrundtagung 1996, Berlin, S. 129-146.
17 Baugrundverbesserung
Die Baugrundverbesserung wird vorgenommen, um die Steifigkeit und Festigkeit des Baugrunds zu erhöhen, oder um seine Durchlässigkeit zu verringern. Diese Ziele lassen sich durch Verdichtung und/oder durch Beimischung von Substanzen erreichen. Die Methoden zur Baugrundverbesserung sind: • • • • • •
Bodenaustausch Tiefenverdichtung Konsolidierung Injektionen Bodenvermörtelung Vereisung.
Man beachte, daß eine strenge Gliederung nicht möglich ist. So kann z.B. die Hochdruckinjektion sowohl zu den Injektionen als auch zur Bodenvermörtelung gezählt werden.
17.1 Bodenaustausch Die einfachste Baugrundverbesserung erfolgt durch Entfernen der wenig tragfähigen Schichten (z.B. Torf) und ihren Ersatz durch besseren Boden (z.B. Sand oder Kies). Die durch den Aushub entstehende Baugrube muß geeignet abgeböscht oder durch eine Stützwand gesichert werden. Unter Wasser kann mit dem Spül- oder Naßbaggerverfahren bis zu einer Tiefe von ca. 35 m ausgehoben werden. Erfolgt der Einbau des besseren Bodens im Trockenen, so wird dieser in Lagen von 20 bis 30 cm Dicke bei nichtbindigen Böden und 10 bis 20 cm bei bindigen Böden eingebaut und verdichtet1. Die Verdichtung der einzelnen Schichten erfolgt durch 1
Bei zu großen Dicken der einzelnen Lagen kann man zwar an ihrer Oberfläche eine hinreichende Verdichtung messen (etwa nach den Ersatzverfahren), diese ist jedoch nicht konstant über die Lagendicke verteilt.
332
17 Baugrundverbesserung
statischen Druck (Glattwalze), durch Kneten (Schaffußwalze), durch Schlagen (Bodenstampfer) oder durch Schwingungen (Rüttelplatte, Rüttelwalze). Die Anzahl der Übergänge richtet sich nach der erforderlichen Verdichtung und wird durch Probieren festgelegt. Erfolgt der Einbau im Wasser (etwa durch Einspülen), so kann der eingebaute Boden nach den Methoden der Tiefenverdichtung (s.u.) verdichtet werden. Bodenaustausch für Linienbauwerke kann im Schutze von schrittweise vorgetriebenen Kästen erfolgen.2 Die nachfolgend aufgeführten Methoden (Wassergehalt nach P ROCTOR, Plattendruckversuch) für den Einbau von Boden im Trockenen weden genauso angewandt bei der Herstellung von kontrollierten Aufschüttungen und Dämmen (sog. Erdbau).
Abb. 17.1. Glattwalze (links) und Schaffußwalze (rechts)
17.1.1 Optimaler Wassergehalt nach Proctor Bei vorgegebener Verdichtungsarbeit hängt der Verdichtungserfolg bei bindigen Böden (ausgedrückt etwa durch das Trockenraumgewicht γd ) vom Wassergehalt ab. Ist der Boden zu naß, so verhindert das Porenwasser eine optimale Verdichtung. Ist er zu trocken, so wirkt sich die Kapillarkohäsion hinderlich im Hinblick auf die Verdichtung aus. Dieser Sachverhalt läßt sich durch Auftragung von γ d über w darstellen (siehe Abb. 17.3). Um eine solche Auftragung zu gewinnen, muß man einen Boden bei verschiedenen Wassergehalten unter Aufwendung derselben Arbeit verdichten. Die Verdichtungsarbeit wird im Labor durch Fallgewichte aufgebracht und wurde nach P ROCTOR so festgelegt (25 Schläge durch ein Gewicht von 24,9 N, das aus einer Höhe von 30,5 cm fällt), daß sie in etwa der Verdichtungsarbeit von üblichen Verdichtungsgeräten im Feld entspricht. Bei dem sog. modifizierten P ROCTOR-Versuch wird eine 4,5-fache Verdichtungsarbeit aufgewandt, um die schwereren Verdichtungsgeräte zu simulieren. 2
z.B. das ’Kastenaustauschverfahren’ der Fa. Möbius
17.1 Bodenaustausch
333
Abb. 17.2. Rüttelstampfer (links) und Rüttelplatte (rechts)
Abb. 17.3. P ROCTOR -Kurve. Die strichlierte Kurve gilt für S = 100% bzw. w = wmax und stellt die Beziehung γd = γs /(1 + wγs /γw ) dar.
334
17 Baugrundverbesserung
Je weniger Feinanteile ein Boden hat, desto größer fällt γd,max aus und desto steiler ist die P ROCTOR-Kurve (siehe Abb. 17.4). Für normal aktive Tone beträgt die Sättigung beim optimalen Wassergehalt Sr = 80 bis 85%, und es gilt wopt ≈ wL /2 bzw. wopt ≈ wp − (2 bis 4)% . Je ungleichmäßiger die Kornverteilungskurve ist, desto größer ist die erzielbare Verdichtung.
Abb. 17.4. P ROCTOR -Kurven verschiedener Böden
Je nach Bauvorhaben verlangt man eine x%-ige Proctorverdichtung (z.B. auf γ d = 95%γd,max). Vor Ort wird die erreichte Dichte nach der Sand- oder Wasserersatzmethode festgestellt. Bei geeigneter Eichung können auch Isotopen-Sonden verwendet werden, deren Meßprinzip auf die Absorption von γ-Strahlen beruht. Neuere Entwicklungen (sog. flächendeckende dynamische Verdichtungskontrolle) laufen darauf hinaus, die Bewegung der Vibrationswalze on line zu analysieren, um sofortige Hinweise auf Stellen mit mangelhafter Verdichtung zu erhalten. Bei rolligen Böden (Sand und Kies ohne bindige Anteile) ist die Durchführung des P ROCTOR-Versuches sinnlos, denn die erreichte Dichte hängt nicht vom Wassergehalt ab. In der Praxis wird jedoch oft auch bei diesen Böden von der „Proctordichte“ gesprochen. Gemeint ist die Dichte, die man bei Anwendung der Verdichtungsarbeit nach P ROCTOR ungeachtet des Wassergehalts erhält. Oft ist es vorteilhaft, den Boden etwas nasser als wopt einzubauen, d.h. bei wopt +1% bis 3%. Dadurch wird der eingebaute Boden duktiler (d.h. deformiert sich ohne Risse zu bilden) und es werden Setzungen bei Sättigung vermieden. 17.1.2 Plattendruckversuch Rückschlüsse auf das Tragverhalten bzw. auf die Verdichtung oberflächennaher Schichten kann man durch den Plattendruckversuch (plate load test) erhalten. Da-
17.1 Bodenaustausch
335
bei wird eine Stahlplatte von d = 300 (bzw. 600, bzw. 762) mm durch eine Hydraulikpresse in den Boden eingedrückt. Als Widerlager dient ein beladener LKW. Es erfolgt eine Be-, Ent- und Wiederbelastung. Die mittlere Pressung σ wird über der Eindringung s aufgetragen. Es ergibt sich dabei eine Drucksetzungslinie σ(s), welche derjenigen aus dem Ödometerversuch ähnelt (Abb. 6.24). Man belastet bis σmax nach Tabelle 17.1. Wird smax schon vorher erreicht, so wird die zugehörige Spannung als σmax betrachtet. Als Verformungsmodul wird oft die Größe EV := ∆σ/∆(s/d) definiert. ∆σ wird zwischen den Punkten 0, 3 · σmax und 0, 7 · σmax genommen. Aus der Erst- und Wiederbelastung werden die Werte EV 1 und EV 2 genommen. Aus ihnen bzw. aus ihrem Verhältnis werden Rückschlüsse auf die Tragfähigkeit der eingebauten Bodenschicht gewonnen. Nach DIN 18134 wird durch die Meßpunkte der Erst- und Wiederbelastung jeweils ein Regressionspolynom s = a0 + a1 σ + a2 σ 2 gelegt. Der Verformungsmodul ergibt sich dann aus EV = 0, 75 · d · (a1 + a2 σmax )−1 . Das Verhältnis ∆σ/∆s (als geeignet festzulegender Sekanten- oder Tangentenmodul) kann u.U. als Bettungsmodul verwendet werden. Nach DIN 18134 nimmt man k ∗ = σ(s1 )/s1 mit s1 = 1, 25mm. Tabelle 17.1. Richtwerte zur Festlegung von σmax nach DIN 18134 d (mm) σmax (MN/m2 ) smax (mm) 300 0, 50 5 600 0, 25 8 762 0, 20 13
Abb. 17.5. Plattendruckversuch
336
17 Baugrundverbesserung
17.1.3 Beimischen von Kalk Hat der einzubauende Boden einen zu großen Wassergehalt, so kann Kalk beigemischt werden. Bei Kalk ist zu unterscheiden zwischen dem Kalziumoxid (CaO, Feinkalk, ’FK’), dem Kalziumhydroxid Ca(OH)2 , Kalkhydrat, ’KH’ und dem hochhydraulischen Kalk (’HHK’). 1000 g CaO reagieren mit 320 g H 2 O und ergeben 1320 g Ca(OH)2 + Wärme. Somit wird durch die Beimischung von Feinkalk der Wassergehalt eines zu nassen Bodens durch Bindung und durch Verdunstung reduziert, so daß man anschließend eine gute Verdichtung erreichen kann (sog. Bodenverbesserung). Neben dieser Sofortreaktion werden durch Langzeitreaktion (sog. puzzolanische bzw. hydraulische Reaktion) die Steifigkeit, Festigkeit und Volumenbeständigkeit des Bodens erhöht (sog. Bodenverfestigung). Die gesamte Verringerung des Wassergehalts läßt sich wie folgt abschätzen: Feinkalk: das 2 fache des Kalkgewichtes Kalkhydrat: das 1 fache des Kalkgewichtes. Feinkalk und Kalkhydrat sind für feinkörnige Böden geeignet, bei grobkörnigen Böden wird HHK verwendet. Art und Menge des Kalkes werden anhand einer Eignungsprüfung gewählt. Übliche Werte sind in Tabelle 17.2 angeführt. Tabelle 17.2. Kalkmenge in Gewichts % bezogen auf das Tockengewicht des Bodens. Kalkmenge in Gew. % Anwendungsart FK KH HHK Bodenverbesserung 2 bis 4 2 bis 5 2 bis 8 Bodenverfestigung 4 bis 6 4 bis 8 4 bis 12
Während und nach dem Einbau und Verdichtung des Bodens ist seitlich oder von unten eindringendes Wasser fernzuhalten, Niederschlagswasser darf auf dem Planum nicht stehenbleiben. Wegen der Staubentwicklung (insbesondere bei Wind) ist das Personal während des Kalkeinbaus mit Atem- und Gesichtsschutz zu versehen.
17.2 Tiefenverdichtung Die Tiefenverdichtung erfolgt durch Einleitung von Vibrationen bzw. Erschütterungen in den Boden. Flankierend hinzu kommt die Zugabe von Fremdmaterial. Folgende Verfahren können herangezogen werden: 17.2.1 Rütteldruckverdichtung Dieses Verfahren ist geeignet zur Verdichtung kohäsionsloser Böden mit einem Schluffanteil < 5% in Tiefen von 4 bis 25 m. Es werden relative Dichten von 75 bis 90% erreicht. Ein torpedoförmiger vibrierender Rüttler (siehe Abb. 17.7)
17.2 Tiefenverdichtung
337
Abb. 17.6. Kalkstabilisierung (Austrag und Einmischung)
dringt durch sein Eigengewicht und mit Hilfe von Wasserspülung in den Boden ein. Anschließend wird er – bei Drosselung der Wasserzugabe – stufenweise nach oben gezogen. Durch die Vibrationen wird der Boden verdichtet, so daß sich auf der Oberfläche um den Rüttler ein Trichter bildet. Um das Fehlvolumen auszugleichen, wird in diesen Trichter Zugabematerial eingefüllt. Der Durchmesser des verdichteten Bodenzylinders ist umso kleiner, je feinsandiger der Boden und je steiler seine Kornverteilungskurve ist. Um große Flächen zu verdichten, wird der Tiefenrüttler in ein Grundrißraster eingesetzt, dessen Punkte gleichseitige Dreiecke bilden sollten. Der Rasterabstand liegt üblicherweise zwischen 1,5 und 3 m und sollte durch Versuche optimiert werden. Die oberste Bodenschicht von ca. 1 m Dicke wird durch den Tiefenrüttler nicht gut verdichtet und sollte daher entweder nachverdichtet oder abgetragen werden. 17.2.2 Rüttelstopfverdichtung, Schottersäulen, Sandsäulen Im Gegensatz zur Rütteldruckverdichtung ist die Rüttelstopfverdichtung auch bei Böden mit größerem Schluff- und Tonanteil anwendbar. Der Tiefenrüttler ist hier mit einer Schleuse versehen, durch welche beim Hochziehen grobkörniges Material (Kies, Schotter, Split) unter Zugabe von Druckluft abgelassen werden kann. 3 Durch erneutes Absenken des Rüttlers wird das nachgefüllte Material verdichtet und seitlich verdrängt. Es entstehen so Schottersäulen (stone columns) mit Durchmessern 3
Läßt sich der anstehende Boden mit dem Rüttler schlecht erbohren, so können Löcher vorgebohrt werden, z.B. mit einer Endlosschnecke.
338
17 Baugrundverbesserung
Abb. 17.7. Tiefenrüttler der Firma Bauer Spezialtiefbau
Abb. 17.8. Rütteldruckverdichtung
17.2 Tiefenverdichtung
339
Abb. 17.9. Rütteldruckverdichtung
Abb. 17.10. Rütteldruckverdichtung
zwischen 0,6 und 1,0 m, ihr üblicher Rasterabstand liegt zwischen 1 und 3 m. Jede Stopf- oder Schottersäule wird durch den umliegenden Boden seitlich gestützt. Deshalb sollte dieser nicht zu weich (bzw. breiig) sein. Auch organische Böden (z.B. Torf), die sich mit der Zeit zersetzen, sind hierzu ungeeignet. Eine Variante der Stopfsäule, die sog. vermörtelte Stopfsäule, entsteht dadurch, daß man über Injektionsleitungen am Tiefenrüttler während des Stopfens Zementsuspension einpreßt. Bei den sog. Betonrüttelsäulen wird über ein Betonrohr und eine Betonpumpe Beton zugegeben. Zur seitlichen Stützung des Frischbetons sollte der umliegende Boden nicht zu weich sein (cu ≥ 15 kN/m2 ). Die so entstehenden verfestigten Stopfsäulen können als unbewehrte Pfähle angesehen werden. Ihre Tragfähigkeiten liegen bei ca. 350 bis 400 kN (vermörtelte Rüttelsäulen) bzw. bei ca. 600 kN (Betonrüttelsäulen).
340
17 Baugrundverbesserung
Abb. 17.11. Rüttelstopfverdichtung
Abb. 17.12. Ausgegrabene Betonrüttelsäulen
Um das Tragverhalten, insbesondere die Setzungen, von Böden abzuschätzen, die mit Schottersäulen ertüchtigt worden sind, benutzt man Berechnungsverfahren 4, die insofern unrealistisch sind, als sie für den Boden linear-elastisches Verhalten zugrun-
4
H. Priebe: Abschätzung des Setzungsverhaltens eines durch Stopfverdichtung verbesserten Baugrundes, Bautechnik 5/1976, 160-162, sowie H.B. Poorooshasb and G.G. Meyerhof: Analysis of Behavior of Stone Columns and Lime Columns, Computers and Geotechnics, Vol. 20, No. 1, pp. 47-70, 1997.
17.2 Tiefenverdichtung
341
delegen. Feldmessungen5 zeigen jedoch, daß die auf dem Verfahren von P RIEBE beruhenden Abschätzungen der Setzungen von Schichten mit Stopfsäulen meist auf der sicheren Seite liegen, d.h. zu große Setzungen ergeben. Die Verbesserung der Gesamtsteifigkeit einer Schicht (und somit die Setzungsreduktion) durch die Herstellung von Schottersäulen ist nicht allzu groß, also nicht etwa um eine Größenordnung, sondern beschränkt sich nur auf wenige Vielfache der ursprünglichen Steifigkeit. Eine Variante der Rüttelstopfverdichtung besteht im Einmischen von ungelöschtem Kalk in Tonböden. Dies erfolgt über Schneckenbohrer, wobei man beim Ziehen Kalk durch Preßluftleitungen aus den Schraubenblättern einbläst. Durch das Abbinden des Wassers erhöhen sich die Festigkeit und die Durchlässigkeit des Gemisches, so daß die entstehenden Säulen auch als Vertikaldrains wirken6 . Wie erwähnt, bleiben Schottersäulen unwirksam, wenn der umgebende Boden so weich ist, daß er sie nicht stützen kann. In solchen Fällen können die geokunststoffummantelten Sandsäulen (geotextile coated colums, GCC) angewandt werden. Ihre üblichen Durchmesser sind 0, 6-1, 5 m, sie werden in Rastern von 1-3 m eingebaut. Gefüllt werden sie mit gleichkörnigem Sand, die Ummantelung erfolgt mit Polyestergewebe, evtl. mit Vlies. Für ihren Einbau gibt es zwei Verfahren: Bodenersatzverfahren: Im Schutz einer Verrohrung werden Bohrlöcher mit Greifer ausgehoben. Der (unten vernähte) Geokunststoffschlauch wird in das Bohrloch eingelegt und mit Sand gefüllt. Sein Durchmesser ist um ca. 10 cm größer als der Innendurchmesser der Verrohrung. Durch die entsprechende Vergrößerung des Schlauchs nach dem Ziehen der Verrohrung wird der Bodenwiderstand aktiviert. Verdrängungsverfahren: Die Verrohrung ist unten mit einem Verschluss (oder mit einer verlorenen Spitze) abgeschlossen, der sich beim Ziehen öffnet. Der Geokunststoffschlauch (diesmal ohne Übermaß) wird in die abgeteufte Verrohrung eingelegt und verfüllt (Abb. 17.13). Das Verdrängungsverfahren ist schneller und daher wirtschaftlicher. Um ein nennenswertes Kriechen des Geokunststoffes zu vermeiden, soll er nur bis ca. 30% der Reißfestigkeit belastet werden. Die Zugspannung σk im Geokunststoff ergibt sich aus der Kesselformel σk ·d = σr ·r, wobei d die Dicke des Geokunststoffes und r der Radius der Säule ist. Die wirksame Radialspannung σr kann angesetzt werden zu σr = K0 σz − p, wobei σz die Vertikelspannung in der Säule (σz = σ0 + γz), K0 der Erdruhedruckbeiwert des Sandes und p der vom umgebenden Boden ausgeübte Druck ist. Einfach5
6
G. Chambosse, K. Kirsch: Beitrag zum Entwicklungsstand der Baugrundverbesserung. In: Schriftenreihe des Lehrstuhls und Prüfamtes für Grundbau, Bodenmechanik und Felsmechanik der T.U. München, Heft 21, 1995, S. 411-426. U. Smoltczyk und K. Hilmer: Baugrundverbesserung. Grundbau-Taschenbuch, Vierte Auflage, Teil 2, 1991.
342
17 Baugrundverbesserung
Abb. 17.13. Herstellung einer geokunststoffummantelten Säule nach dem Verdrängungsverfahren. (Photo: Fa. Möbius)
heitshalber kann für p der Erdruhedruck im umgebenden Boden angesetzt werden. 7 Die Vertikalspannung σ0 am Kopf der Säule ergibt sich aus dem Überbau, der i.d.R. ein aufgeschütteter Damm samt Verkehrslast ist. Das Gewicht aus dem Überbau geht größtenteils in die (steiferen) Sandsäulen und zu einem kleineren Teil in den weichen Boden. Diese Lastkonzentration in den Säulen erfolgt durch Gewölbewirkung in der Aufschüttung.8 Weder Schotter- noch Sandsäulen bewirken eine unmittelbare Verdichtung des anliegenden Bodens. Diese setzt erst mit der Konsolidierung ein, die durch die o.g. Säulen (die als Vertikaldrains wirken) begünstigt wird. 17.2.3 Dynamische Intensivverdichtung Dieses Verfahren arbeitet mit Fallmassen bzw. Fallplatten aus Stahl oder Stahlbeton von 20 bis 200 t, die aus Fallhöhen von 5 bis 30 m in einem Rasterabstand von 5 bis 15 m mehrmals fallengelassen werden (s. Abb. 17.14). Es ist bei nichtbindigen Böden, aber auch bei tonigen Schluffen, organischen Böden, Mülldeponien und sogar auch unter Wasser einsetzbar. Durch den Aufprall entstehen starke Erschütterungen, die benachbarte Gebäude beeinträchtigen können. Daher sollte ein Sicherheitsabstand von 10 bis 50 m eingehalten werden. Ferner sollte man beachten, daß wassergesättigte Böden durch die Erschütterungen verflüssigt 7 8
Will man die Verschiebungsabhängigkeit von p berücksichtigen, so muss man die Formeln für die Hohlraumaufweitung aus der Plastizitätstheorie anwenden. Die verschiedenen Modelle hierfür wurden zusammengefasst in: C. Heitz, Zur Gewölbeausbildung in punktförmig gelagerten Erdkörpern. In: Schriftenreihe Geotechnik, Universität Kassel, Heft 18, September 2005.
17.2 Tiefenverdichtung
343
Abb. 17.14. Dynamische Intensivverdichtung (Prospekt Fa. DYNIV)
werden können, wodurch es zu Rutschungen und anderen Schäden kommen kann. Auch sollte man zum Abbau der entstehenden Porenwasserüberdrücke Pappdrains in den Boden einbauen und hinreichend lange Ruhepausen zwischen den einzelnen Verdichtungsphasen einlegen. Die wirksame Verdichtungstiefe t beträgt nach B EI NE 9
t(m) = (0, 1 . . . 0, 3)
G(kN) · h(m) ,
wobei G das Fallgewicht und h die Fallhöhe ist. Es wurde berichtet, daß mit einem Fallgewicht von 150 kN Setzungen von 80 cm im Bauschutt und 2,0 m im Hausmüll erreicht worden sind. Die wirksame Verdichtungstiefe betrug ca. 7 m. 17.2.4 Sprengverdichtung Wassergesättigte lockere Sande können durch Sprengungen verdichtet werden. Die Sprengladungen können auf der Bodenoberfläche (auch unter Wasser) oder besser in Bohrlöcher plaziert werden. Durch die Sprengerschütterung wird der Boden zeitweilig verflüssigt (Einsinkgefahr von Mensch und Bohrgerät) und anschließend dräniert und verdichtet. Oft tritt das ausweichende Wasser in Form von sprudelnden Quellen aus der Geländeoberfläche hervor. 9
R.A. Beine: „Theoretische Grundlagen und neuere Forschungsergebnisse der Dynamischen Intensivverdichtung“. Seminar über Tiefenverdichtung, Ruhruniversität Bochum 18/19.03.1985, zitiert im Abschnitt „Grundbau“, Beton-Kalender 1994.
344
17 Baugrundverbesserung
17.3 Konsolidierung durch Vorbelastung Weiche bindige Schichten können durch vorübergehende Aufschüttungen konsolidiert werden. Die erforderliche Einwirkzeit t folgt aus Laborversuchen und dem Ähnlichkeitsgesetz tF eld = tLabor
hF eld hLabor
2
,
wobei h die Schichtdicke ist. Danach können sich sehr lange Einwirkzeiten (mehrere Jahre) ergeben, die aber in der Praxis kürzer ausfallen können, falls in der betreffenden Tonschicht dünne Einlagerungen aus Feinsand vorhanden sind. Der Grundbruch setzt der Höhe der Aufschüttung eine Grenze (γh ≤ 5, 1cu ).
17.4 Vertikaldrains Um die Konsolidierungszeit zu verkürzen, werden vertikale Dränagen eingesetzt. Dadurch werden nicht nur die Dränagewege (und damit auch die Konsolidierzeit) verkürzt, sondern es wird auch die Tatsache ausgenützt, daß die Durchlässigkeit bindiger Böden in horizontaler Richtung oft erheblich größer als in vertikaler Richtung ist. Sandsäulen als Vertikaldrains haben den Nachteil, daß sie durch die Auflast abgeschert und somit unterbrochen werden können. Heutzutage verwendet man Flachdrains aus Kunststoff (evtl. mit Pappe umhüllt), Dochtdrains und Rohrdrains aus Vlies. Flachdrains werden in Rollen geliefert und in den Boden eingestochen. Zur Abschätzung der Konsolidierungszeiten wird üblicherweise das zylindersymmetrische Problem der Konsolidierung betrachtet. Die Dränage in vertikaler Richtung und die Setzung des Bodens werden dabei vernachlässigt, was eine große Vereinfachung darstellt 10 . ch ist der Konsolidierungsbeiwert (siehe Seite 191) unter Berücksichtigung der horizontalen Durchlässigkeit kh . Die Randbedingungen werden unter Berücksichtigung von Abbildung 17.15 wie folgt gewählt: Der Drain mit dem Radius r1 ist von einer Bodensäule mit dem Radius r2 = a/2 umgeben. Bei r = r2 findet keine Wasserströmung statt. Für Drains mit rechteckigem Querschnitt ab wählt man r1 als den Radius eines flächengleichen Kreises (r1 = ab/π). n = r2 /r1 ist das Einbauverhältnis. Als Randbedingung bei z = 0 kann man entweder konstante Vertikalverschiebung oder konstante Vertikallast vorgeben. Beide Bedingungen wirken sich annähernd gleich aus, sofern n > 5 und der Zeitfaktor T r = ch t/a2 > 0, 1 ist. Das mittlere Konsolidierungsverhältnis µ = s(t)/s∞ lautet demnach: Tr µ = 1 − exp −8 F (n) 10
R.A. Barron: Consolidation of Fine-Grained Soils by Drain Wells, Transactions ASCE (1948), 113, S. 718-742. Eine Übersicht und ein Vergleich von vielen Lösungsansätzen findet sich in J.P. Magnan: Théorie et Pratique des Drains Verticaux. Technique et Documentation – Lavoisier, Paris 1983.
17.5 Injektionen
345
Abb. 17.15. Zum zylindersymmetrischen Problem des Vertikaldrains
mit F (n) :=
3n2 − 1 n2 ln(n) − −1 4n2
n2
.
Die zugrundegelegte Bodendurchlässigkeit in horizontaler Richtung kann durch Schmierung an der Drainoberfläche bzw. durch Verstopfung des Vertikaldrains verfälscht werden. Bei sehr langen und schmalen Vertikaldrains kann die Dränagewirkung durch die beschränkte vertikale Leitfähigkeit beeinträchtigt werden. Bei Dämmen können Drains auch in horizontaler Richtung verlegt werden. Ein neues Verfahren besteht darin, vertikale Schlitze anzulegen, die mit Sand gefüllt werden.11 Typische Abmessungen sind 25 cm Breite und z.B. 7 m Tiefe. In der Schlitzsohle werden Entwässerungsrohre plaziert, die an Pumpen angeschlossen werden. Bei Abdichtung der Schlitzoberkante kann man dadurch eine Vakuumentwässerung herbeiführen.
17.5 Injektionen Injektionen (grouting) sind Verpressungen von abbindenden Flüssigkeiten wie z.B. Zementsuspensionen in den Untergrund. Je nach Bodendurchlässigkeit, Viskosität des Injektionsguts, Fördermenge und -druck bilden sich verschiedene Muster des Eindringens in den Boden. Man unterscheidet: Niederdruckinjektionen: Das Injektionsgut breitet sich in den Poren aus und dringt dadurch in den Boden ein, ohne das Korngerüst zu beeinträchtigen. In homoge11
Siehe Ground Engineering, Febr. 1998.
346
17 Baugrundverbesserung
Abb. 17.16. Einbau von Vertikaldrains, Fa. Möbius
nem Boden und bei punktförmigem Austritt aus dem Verpreßrohr nimmt der injizierte Bodenbereich eine kugelförmige Gestalt an.12 Soil fracturing: Der Boden wird durch das Einpressen aufgesprengt. Dieser Vorgang sollte bei den konventionellen Niederdruckinjektionen vermieden werden, da das Injektionsgut dann unkontrolliert abfließen kann. Neuerdings wird er aber unter kontrollierten Bedingungen gezielt eingesetzt („Soilfrac“-Verfahren), insbesondere um Setzungen von Bauwerken rückgängig zu machen. Düsenstrahlverfahren (DSV): Das Injektionsgut wird durch eine Düse (daher auch „Düsenstrahlverfahren“) mit Drücken von 300 bis 600 bar injiziert. Dabei zerstört es die ursprüngliche Bodenstruktur und kann sich mit dem anstehenden Boden durchmischen. Compaction Grouting: Ein Mörtel wird mit einem Druck von bis zu 50 bar in sandige bis schluffige Böden eingepreßt. Dabei dringt er nicht in die Poren ein, sondern preßt den Boden vor sich hin. Dadurch können Bauwerkssetzungen rückgängig gemacht werden. Sieht man vom Düsenstrahlverfahren (das eher als Bodenvermörtelung als Injektion anzusehen ist) ab, so lassen sich die Injektionen auch unterteilen in Penetrationsinjektionen und Crackinjektionen. 12
Wenn das Injektionsgut eine geringere Viskosität als das umgebende Fluid hat (z.B. Wasser gegen Erdöl oder Luft gegen Wasser), dann ist eine kugelförmige Front instabil und es bilden sich fraktale „Finger“ von Injektionsgut, die in das umgebende Porenfluid hineinreichen, siehe J. Feder: „Fractals“, Plenum Press, New York and London, 1989.
17.5 Injektionen
347
Bei jeder Injektionsmaßnahme muß der Ingenieur Art und Menge des Injektionsguts, Verpreßdruck und Abstand der Injektionsbohrungen und -austrittsöffnungen festlegen. Zementsuspensionen können auch ohne Verpressen eingebracht werden: Der Boden wird ausgefräst, mit Zementsuspension versetzt und wieder eingebaut. 17.5.1 Niederdruckinjektionen Da das Korngerüst bei der Niederdruckinjektion nicht beschädigt wird, behält es seine Festigkeit während des Verpressens. Üblicherweise wird über Manschettenrohre (tube a manchette) mit Doppelpackern verpreßt (siehe Abb. 17.17). Es handelt sich dabei um Rohre oder Schläuche mit seitlichen Austrittsöffnungen (z.B. alle 30 cm), über welche eine Gummimanschette als Ventil übergestülpt ist. Diese Rohre bzw. Schläuche werden entweder in den Boden eingerüttelt oder in vorgefertigte Bohrlöcher hineingestellt. Das Einrüttleln sollte nur bei feineren Sanden vorgenommen werden, die sich beim Rütteln gut verdichten lassen, andernfalls kann das Injektionsgut entlang des Rohres nach oben fließen. Am unteren Ende der eingerüttelten Rohre wird eine quadratische Stahlplatte montiert, die im Boden verbleibt. Unterhalb von ihr bildet sich eine Spitze aus mitgeführtem Boden. Werden die Injektionsrohre in vorgefertigte Bohrlöcher gestellt, so wird der Ringspalt zwischen Manschettenrohr und Bohrlochwand mit einer Zement-Ton-Suspension („Mantelmischung“, ca. 250 kg Zement pro m3 ) gefüllt, damit das Injektionsgut nicht nach oben entweichen kann. Verpreßt wird i.a. zuerst durch die unteren und dann durch die oberen Manschetten. Injektionsgutzufuhr über Verpreßrohr Mantelmischung Packer austretendes Injektionsgut Packer Manschettenrohr
Abb. 17.17. Manschettenrohr und Doppelpacker. Das Injektionsgut hat aufgrund seines Druckes die Manschette geöffnet, die Mantelmischung gesprengt und dringt in den umliegenden Boden ein.
348
17 Baugrundverbesserung
Der Druck, der erforderlich ist, um das Volumen Q je Zeiteinheit in einem homogenen Boden einzupressen, läßt sich bei flüssigen (chemischen) Injektionsmitteln, die als N EWTON-Fluide angenommen werden können, wie folgt abschätzen: Wir betrachten eine kugelförmige Quelle mit dem Radius r0 (als r0 kann näherungsweise der Innenradius der Injektionslanze genommen werden). Der bereits mit Injektionsgut gefüllte Bodenbereich sei kugelförmig und habe den Radius R (siehe Abb. 17.18). Die Radialgeschwindigkeit v des Injektionsgutes in der Ent-
Abb. 17.18. Zur Herleitung der Gleichung 17.1
fernung r folgt aus Q = 4πr 2 v. Die Einpreßrate Q richtet sich nach dem SollEinpreßvolumen V und der Gelierzeit tG (siehe Abb. 17.24): Q > V /tG . Mit v = ki i = −ki /γi · dp/dr erhält man p0 − p∞ = −
R
r0
γi Q dp = · ki 4π
R
r0
dr γi Q = · r2 ki 4π
1 1 − ro R
≈
Qγi (17.1) 4πki r0
Hierbei ist γi das spezifische Gewicht des Injektionsgutes und ki die Durchlässigkeit des Bodens in Bezug auf das Injektionsgut. Mit dem Verhältnis der Zähigkeiten des Injektionsgutes und des Wassers µi /µw gilt (vgl. Gleichung 5.7) ki =
µw γi k µi γw
,
wobei k die Durchlässigkeit für Wasser ist. Man beachte dabei, daß µ i mit der Zeit anwächst (vgl. Abb. 17.24). In Gleichung 17.1 ist p ∞ der Druck im umgebenden Porenwasser. Eigentlich nimmt dieser Druck (bei ruhendem Grundwasser) linear mit der Tiefe zu, wurde aber hier näherungsweise als örtlich konstant angesetzt. Wird in eine bestehende Grundwasserströmung (Filtergeschwindigkeit v∞ ) hineininjiziert, so wird das gesamte Injektionsgut konvektiv fortgeschleppt, sofern
17.5 Injektionen
349
Q < v∞ 4πr02 gilt. Bei der Festlegung des Injektionsdrucks an der Injektionspumpe muß man auch den hydrostatischen Druckzuwachs, sowie die hydrodynamischen Druckverluste in der Injektionslanze und in den Zuleitungsschläuchen (z.B. 2 bis 6 bar auf 100 m) berücksichtigen.Üblicherweise werden Drücke an der Pumpe von ca. (2 bis 3)γh bzw. zwischen 2 und 30 bar gewählt. An der Pumpstation sollten der Verpreßdruck und die Verpreßmenge in Abhängigkeit von der Zeit aufgezeichnet werden. Starke Druckspitzen (d.h. Anstieg des Drucks mit anschließendem plötzlichen Abfall) deuten auf das Öffnen von Klüften oder Aufreissen des Bodens hin. Letzteres hat ein unkontrolliertes Abfließen des Injektionsguts zur Folge und sollte durch on-line Kontrolle des Drucks vermieden werden. Eine anfängliche Druckspitze deutet auf das Aufsprengen der Mantelmischung hin. Auch danach dürfte ein großer Teil des Verpreßdrucks dafür aufgewendet werden, um die Fließwiderstände an der Manschette und an der Mantelmischung zu überwinden. Damit die Injektionsschläuche nicht aufplatzen, sollten Druckspitzen zum Aufreissen der Mantelmischung einen Wert von ca. 50 bar nicht übersteigen. Eine hinreichende Homogenität des Bodens ist zum Gelingen der Niederdruckinjektion erforderlich. Bei Vorhandensein von grobkörnigen Schichten kann nämlich das Injektionsgut unkontrolliert abfließen. 17.5.2 Felsinjektionen Niederdruckinjektionen im Fels werden zur Abdichtung von Klüften (z.B. Injektionsvorhänge unterhalb von Staudämmen) herangezogen.13 Es wird von Bohrlöchern aus injiziert. Ist die Bohrlochwand stabil, so wird von unten nach oben injiziert. Das Injektionsgut tritt vom unteren Ende eines Injektionsrohrs aus, wobei ein aufblasbarer Packer verhindert, daß es nach oben fließt. Bei instabiler Bohrlochwand wird von oben nach unten injiziert: Nach Fertigstellung einer Injektionsstufe wird die Bohrung nach unten fortgesetzt. Üblicherweise ist der Porenraum von Fels viel kleiner als derjenige vom Boden. Während z.B. in 1 m3 Boden 300 l Porenraum vorhanden sein können, kann das Porenvolumen bei 1 m3 Fels nur 0,1 bis 0,4 l betragen. Allerdings sind die Poren (Klüfte) beim Fels viel unregelmäßiger, und dies macht die Injektionsmaßnahmen schwierig. Es muß nämlich verhindert werden, daß das Injektionsmittel unkontrolliert in die weit geöffneten Klüfte abfließt ohne in die dünnen Klüfte hineinzugelangen. Dies kann erreicht werden durch • • 13
Verwendung dickflüssiger Injektionsmittel Beschränkung der Injektionsmenge (d.h. des Volumens V von Injektionsmittel pro steigendem Meter Bohrloch) G. Lombardi and D. Deere, Grouting design and control using the GIN principle. Intern. Water Power & Dam Construction, June 1993, 6. H1, sowie ISRM Commission on Rock Grouting, Int. J. Rock Mech. Min. Sci. & Geomech. Abstr. Vol. 33, No. 8, 803 - 847, 1996.
350
•
17 Baugrundverbesserung
Beschränkung des Injektionsdrucks p.
L OMBARDI empfiehlt, relativ dickflüssige Injektionsmittel zu verwenden und Betonverflüssiger beizumischen. Ferner empfiehlt er, V zu beschränken dort, wo eine große Injektionsgutaufnahme bei niedrigem Druck zu verzeichnen ist, und p zu beschränken dort, wo das Injektionsgut nur schwer eindringt. Ein zu hoher Injektionsdruck kann den Fels aufreißen (hydraulic fracturing). Bei feinen Klüften bei mehr als 5 bis 10 m Überlagerung ist jedoch die Gefahr des Aufreißens gering (wegen des raschen Druckabbaus), so daß man bei geringen Injektionsgutaufnahmen den Injektionsdruck bis 40 bar steigern kann. Für p < pmax und V < Vmax empfiehlt L OMBARDI, das Produkt p · V (sog. Grout Intensity Number, GIN)konstant zu halten (siehe Abb. 17.19).
Abb. 17.19. Zum GIN-Konzept von L OMBARDI . Injektionspfad 1 entspricht weit geöffneten Klüften, während Pfad 2 bei sehr engen Klüften zu beobachten ist.
17.5.3 Soil fracturing Sofern das Injektionsgut nicht in die Poren eindringen kann, wird es bei hinreichend hohem Druck den umliegenden Boden aufsprengen. Man geht davon aus, daß sich dadurch Risse senkrecht zur kleinsten Hauptspannung bilden. Ist die kleinste Hauptspannung horizontal, so werden durch die Injektionsaufsprengungen vertikale Risse aufgemacht und mit Injektionsgut verfüllt. Dabei wird der Boden in horizontaler Richtung um das Injektionsrohr herum verspannt, so daß nunmehr die kleinste Hauptspannung in vertikaler Richtung wirkt.14 So kommt es, daß in einem nachfolgenden Verpreßvorgang horizontale Risse aufgeweitet und verfüllt werden. Dadurch erreicht man gezielte Hebungen der Geländeoberkante und evtl. darauf vorhandener 14
Diese ist ja durch den Überlagerungsdruck γz beschränkt.
17.5 Injektionen
351
Bauwerke15 . Diese Hebungen müssen laufend kontrolliert werden, was mit einem Schlauchwaagensystem erreicht werden kann. 17.5.4 Düsenstrahlverfahren Das Düsenstrahlverfahren (DSV) ist unter mehreren Namen bekannt, die z.T. Firmennamen sind, wie z.B. jet-grouting, Soilcrete, Hochdruckinjektion (HDI). Es besteht darin, das Injektionsgut unter hohem Druck (300 bis 600 bar an der Pumpe) durch Düsen mit Strahlgeschwindigkeiten bis zu 400 m/s zu injizieren. Zuerst wird das Gestänge unter Spülhilfe in den Boden gebohrt. Anschließend wird es aus dem Boden langsam (0,1 bis 0,5 m/min) herausgezogen, wobei zugleich injiziert wird (siehe Abb. 17.20).
Abb. 17.20. Prinzip des Düsenstrahlverfahrens
Injizierte Säulen entstehen, wenn beim Ziehen das Gestänge auch gedreht wird, ansonsten entstehen injizierte Scheiben. Man unterscheidet folgende Varianten 16 : Einfachverfahren: Aus einer Düse wird eine Bentonit-Zement- oder eine reine Zementsuspension gespritzt. Durch diesen Strahl wird der Boden aufgefräst und zugleich die Zementsuspension beigegeben. Der Rückfluß aus Suspension und gelöstem Boden wird entlang des Gestänges nach oben gefördert und muß entsorgt werden. Bindige Böden werden dabei weitgehend mitgerissen und durch die abbindende Suspension ersetzt. Nichtbindige Böden werden nur zum Teil mitgerissen. Der Rest wird mit der Suspension vermischt und verbleibt im Boden. Das Einfachverfahren eignet sich vor allem für geringe Tiefen und horizontale Hochdruckinjektionen. 15
16
E.W. Raabe und K. Esters: Injektionstechniken zur Stillsetzung und zum Rückstellen von Bauwerkssetzungen. In: Baugrundtagung 1986, S. 337-366. Das Verfahren wird auch compensation grouting genannt. Sie werden auch als „Simplex“, „Duplex“, und „Triplex“ bezeichnet.
352
17 Baugrundverbesserung
Zweifachverfahren: Der Suspensionsstrahl (Druck 300 bis 600 bar) wird zum Zweck der besseren Bündelung mit Luft (Druck 5 bis 6 bar) ummantelt. Im Vergleich zum Einfachverfahren können damit größere Durchmesser und größere Tiefen erreicht werden. Dreifachverfahren: Das Auffräsen des Bodens erfolgt durch einen luftummantelten Wasserstrahl (Druck 300 bis 600 bar). Durch eine tiefer gelegene Düse wird in den entstandenen Hohlraum Zementsuspension mit 15 bis 40 bar Druck hineingespritzt. Das Verfahren ist besonders geeignet für Gebäudeunterfangungen. Das Düsenstrahlverfahren wird für Bodenverbesserung (auch unter bestehenden Bauwerken), Unterfangungen, aber auch für Dichtwände, Sohlabdichtungen, Schirminjektionen im Tunnelbau und zur Herstellung von Schachtwänden herangezogen. Zur Herstellung von tragenden Säulen (Pfählen) werden Tiefen bis ca. 30 m erreicht, zur Herstellung von Dichtwänden erreicht man Tiefen bis 40 m (wobei für Tiefen > 10 m die Vertikalität nachzuweisen ist). Das Verfahren kann bei allen Böden angewandt werden mit Ausnahme von Böden mit Steinen über 0,3 m Durchmesser. Da man keine Möglichkeit der visuellen Kontrolle hat, sind Hochdruckinjektionen (wie überhaupt Injektionen) schwierig. Die Qualitätsbeurteilung kann durch Freilegung erfolgen (siehe Abb. 17.21). Zur Qualitätsüberwachung werden der Druck und der Injektionsmittelverbrauch aufgezeichnet, und der Rückfluß wird beobachtet. Sein Volumen sollte in etwa dem verpreßten Volumen entsprechen. Ein von der Fa. Bilfinger+Berger entwickeltes Verfahren besteht darin, in eine Lanze, die parallel zur Injektionslanze verläuft, ein Hydrophon zu installieren. Durch Analyse des Signals, das vom Düsenstrahl erzeugt wird, kann auf die Dicke der DSV-Säule geschlossen werden. Der Rückfluß kann bis bis 100% des injizierten Suspensionsvolumens betragen. Er wird in provisorische Auffangbecken eingeleitet, wo er abbindet. Es entsteht ein alkalischer Bauschutt von geringer Festigkeit, dessen Entsorgung problematisch sein kann. 17.5.5 Injektionsmittel Es gibt im Wesentlichen Zementsuspensionen und Lösungen (chemische Injektionen). Zur Wahl des geeigneten Injektionsmittels müssen seine Fließeigenschaften, sowie die Porendurchmesser des zu injizierenden Bodens berücksichtigt werden, siehe Abbildung 17.2317. Dünnflüssige Injektionsmittel (Lösungen) verhalten sich wie N EWTON-Fluide, während dickflüssige Injektionsmittel (Suspensionen) sog. B ING HAM -Stoffe sind, d.h. sie fließen nur wenn die Schubspannung größer als die sog. Fließgrenze (oder Kohäsion) τf ist. Bei vorgegebenen Injektionsdruck und Boden ist die N EWTONsche Zähigkeit µ maßgebend für die Fließrate Q der Injektion (siehe Gleichung 17.1), während die Fließspannung τf maßgebend für die Reichweite der Injektion ist (siehe Gleichung 19.1). Im einzelnen werden folgende Injektionsmittel verwendet: 17
C. Kutzner, Injektionen im Baugrund. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1991.
17.5 Injektionen
353
Abb. 17.21. Freigelegte Düsenstrahlsäulen, hergestellt in geschichteten Böden aus Kiesen und Sanden (Foto Fa. Bilfinger und Berger)
Abb. 17.22. Düsenstrahlinjektion zur Herstellung einer Injektionssohle. Der Vorlaufgraben sowie das Auffangbecken (hinten) für den Rückfluß sind erkennbar.
354
17 Baugrundverbesserung
Abb. 17.23. Anwendungsbereiche von Injektionsmitteln nach K UTZNER
Zementsuspensionen: Der Zementanteil schwankt zwischen 100 und 500 kg pro m3 Mischung. Zur Verhinderung der Sedimentation beim Transport wird Bentonit (10 bis 60 kg/m3 ) beigegeben. Dadurch verbessert sich auch die Abdichtungswirkung, wobei die Festigkeit geringfügig vermindert wird. Neuerdings werden sog. Ultrafeinzemente mit Korndurchmessern zwischen 1 und 20 µm verwendet, sie sind allerdings teurer als Normzement. Damit können auch Mittelsande mit bis zu 30% Feinsandanteil verpreßt werden.18 Ultrafeinzemente benötigen mehr Anmachwasser (W/Z=5-8), höhere Mischintensitäten und liefern höhere Festigkeiten als konventionelle Zemente. Zur Herstellung einer homogenen und klumpenfreien Suspension sind hochtourige Spezialmischer erforderlich. Verpreßt wird mit Kolbenpumpen. Zur Abbindebeschleunigung werden die üblichen Zusatzstoffe beigegeben. Zur Verfüllung von Karstkavernen bei strömendem Wasser wird bis zu 10% Wasserglas zugegeben. Ton/Zement Gemische mit niedrigem Wassergehalt werden als Pasten bezeichnet. Bei Kontakten mit Chloriden, Sulfaten, Braunkohle sollte man auf die Widerstandsfähigkeit des verwendeten Zementes achten. Chemische Injektionen: Das J OOSTEN-Verfahren ist ein sog. Zweiphasen-Verfahren: Zunächst wird konzentriertes Wasserglas (Natrium-Silikat), anschließend Chlorkalzium verpreßt. Die Abbindereaktion erfolgt dann schlagartig. Bei den Einphasenverfahren wird Wasserglas mit Härter (sog. Reaktiv, NaHCO 3 18
Die Kriterien für die Injizierbarkeit eines Bodens mit Ultrafeinzement sind nicht sehr aussagekräftig. Es empfiehlt sich daher, die Eignung durch Modellversuche nachzuweisen. Man sollte dabei die radiale Ausbreitung des Injektionsguts berücksichtigen.
17.5 Injektionen
355
bzw. Kochsalz u.a.) injiziert, durch das Abbinden entsteht ein sog. Weichgel. Hartgele entstehen mit organischen Härtern (Ester) und sind heute wegen Umweltbelastung durch Schwermetalle nicht zugelassen. Das Abbinden manifestiert sich als Erhöhung der Viskosität und läuft allmählich, zunächst langsam und dann schnell ab (Abb. 17.24). Üblicherweise werden Gelierzeiten, die auch von der Temperatur abhängig sind, von 30 bis 60 Minuten eingestellt. Die Injek-
Abb. 17.24. Viskositätsentwicklung von Silikatlösungen
tion sollte vor dem Abbinden (Gelieren) abgeschlossen sein. Das abgebundene Injektionsmittel heißt Gel. Das Gel scheidet eine Flüssigkeit (Wasser und Natronlauge) aus, wodurch sich sein Volumen verringert (sog. Synärese) und die Festigkeit des injizierten Bodens vermindert wird. Je nach Rezeptur wird eine unterschiedliche Festigkeit des injizierten Bodens erreicht. Weichgele für tiefliegende Injektionssohlen erhält man etwa nach der Rezeptur 80% Wasser, 18% Wasserglas, 2% Natrium-Aluminat.19 Die Festigkeit injizierter Böden wird mit einaxialen Druckversuchen geprüft. Bei chemischen Injektionsmitteln ist sie stark von der Belastungsgeschwindigkeit abhängig. Gegebenenfalls sollten daher auch Kriechversuche durchgeführt werden. Andere chemische Injektionsmittel sind Kunstharze, Polyacrylate, Schäume und Emulsionen (z.B. Bitumenemulsionen). Polyurethane sind ZweikomponentenKunstharze. Bei Kontakt mit Wasser reagieren sie unter Bildung von CO2 , was zu einer Aufschäumung führt. Aus 1 Liter Gemisch entstehen bei ungehinderter Aufschäumung 12 Liter Polyurethanschaum. Die Aushärtezeit ist sehr rasch (30 s bis 3 min). Dabei sind ausgehärtete Polyurethanschäume duktil, d.h. sie 19
Das so erhaltene Gel ist nicht toxisch, aufgrund seines stark basischen Charakters bewirkt es aber ein Ausfällen von im Grundwasser gelösten Stoffen. Es kommt dadurch zu einer Färbung des Grundwassers in der unmittelbaren Umgebung des injizierten Bodens. Deshalb werden tiefliegende Injektionssohlen mit Weichgel nicht immer zugelassen.
356
17 Baugrundverbesserung
können deformiert werden, ohne zu reißen oder von den Flanken abgelöst zu werden.
17.6 Bodenvermörtelung Hierbei werden (wie bei Injektionen) abbindende Substanzen dem Boden beigemischt. Im Gegensatz zu der erdbaumäßigen Bodenstabilisierung mit Kalk (vgl. 17.1.3) erfolgt hierbei die Beimischung abbindender Substanzen über die Tiefe, daher lautet der englische Name dieses Verfahrens deep mixing method oder in situ soil mixing.20 Im Gegensatz zu den (hiermit eng verwandten) Injektionen erfolgt die Vermischung mit dem anstehenden Boden vermittels mechanischer Rührwerkzeuge. Folgende Gesichtspunkte sind von besonderem Interesse: Bindemittel: Kalk (gelöscht oder ungelöst), Zement. Ungelöschter Kalk kann die Durchläßigkeit des Bodens um den Faktor 1000 erhöhen, es entstehen dadurch vertikale Drains. Scherfestigkeit: Die erzielte Scherfestigkeit hängt von dem Bindemittelanteil des fertigen Gemisches und dem Grad und Homogenität der Durchmischung ab und kann somit über die Tiefe variieren. Laborversuche ergeben i.a. höhere Werte als im Feld erzielt werden können. Geometrie: Es werden Säulen mit Durchmessern zwischen 0,6 m und > 3,5 m und Tiefen bis zu 50 m vermörtelt. Wirtschaftlicher sind große Säulendurchmesser, hiermit werden Tiefen bis zu 12 m erreicht. Die Säulen werden in Rastern angeordnet und können überschnitten sein. Mischverfahren: Das Bindemittel wird entweder trocken mit Unterstützung von Druckluft (Trockenverfahren) oder bereits mit Wasser angesetzt (Naßverfahren) beigegeben.21 Im letzten Fall wird das Bindemittel aus Düsen verpreßt. Als Mischwerkzeuge dienen Schnecken oder Paddel mit bis zu ca. 1 m Durchmesser, die an rotierenden Schaften angeordnet sind. Diese werden meist in Gruppen von zwei bis vier gegenläufig rotierenden Einheiten angeordnet. Für seichte Anwendungen (shallow soil mixing) werden Mischgeräte in Form von Schneckenbohrern mit Durchmessern bis zu ca. 4 m verwendet. Die Wahl zwischen Trockenund Naßverfahren richtet sich nach folgenden Kriterien: Trockenverfahren: • Wassergehalt des Ausgangsbodens zwischen 60 und 200% • Zementbeimischung 100-300 kg/m3 • Zielfestigkeit 0,15-0,50 MPa • billiger Naßverfahren: • Zementbeimischung 100-500 kg/m3 • Zielfestigkeit 0,3-15 MPa, gleichmäßiger, zuverlässiger 20
21
Deep soil mixing, DSM, ist ein Firmenname und bezeichnet eine spezielle Variante des Naßverfahrens. Sie zeichnet sich aus duch Anwendung in festen bzw. dichten inhomogenen Böden mit robusten Mischwerkzeugen. M. Topolnicki, In-situ Soil Mixing. In: Ground Improvement, Mike Moseley and Klaus Hirsch (ed.), Spon Press, 2004.
17.7 Bodenvereisung
357
Beim sog. CSV-Verfahren (combined soil stabilization with vertical columns) werden Säulen mit kleinem Durchmesser aus einem Zement-Sand oder KalkSand Gemisch in engen Abständen hergestellt. Der Einbau erfolgt durch eine Endlosschnecke, welche das trockene Stabilisierungsmaterial zum speziell ausgebildeten Verpreßkopf fördert, von wo es in den Boden hineingepreßt wird. Die tiefe Bodenvermörtelung ist ein sehr wirtschaftliches und daher beliebtes Bauverfahren. Die Entwicklung von Varianten ist rasant und führt zu einer verwirrenden Vielfalt von Verfahrens- und Firmennamen.
Abb. 17.25. Zur Bodenvermörtelung. Rechts: Mischpaddel, im Vordergrund: ausgegrabener vermörtelter Boden. (Foto: Fa. Bauer)
17.7 Bodenvereisung Durch Wärmeentzug kann das Porenwasser gefrieren, so daß der so entstehende vereiste Boden eine große Festigkeit aufweist. Diese Festigkeitszunahme ist reversibel und auf die Zeit des Gefrierens beschränkt, daher eignet sich das Verfahren nur für provisorische Bauhilfsmaßnahmen. Das Gefrieren des Grundwassers mißlingt, wenn es mit Geschwindigkeiten größer als ca. 2 m pro Tag fließt. Gelöste Stoffe können die Eigenschaften des Grundwassers hinsichtlich Gefrieren beeinträchtigen. Auch muß der Feinkornanteil des Bodens im Hinblick auf evtl. Frosthebungen untersucht werden. Damit der gefrorene Boden eine nennenswerte Festigkeit erlangt, muß er einen Sättigungsgrad von mindestens 0,50 bis 0,70 aufweisen. Liegt der Sättigungsgrad
358
17 Baugrundverbesserung
Abb. 17.26. Bodenvermörtelung
darunter, so muß Wasser zugegeben werden. Dies erfolgt entweder durch Aufstauen des Grundwasserspiegels oder durch Verrieselung in den Untergrund. Letztere gelingt leichter bei nichtbindigen Böden, wobei zur Rückhaltung des zugegebenen Wassers seine Viskosität durch Additive erhöht werden kann. Ein typischer Zeitbedarf für die Anreicherung des Wassergehalts eines zu gefrierenden Bodens ist 2 bis 3 Wochen. Der Kälteträger22 wird durch ein inneres Rohr aus Polyurethan oder Kupfer zugeleitet. Im Ringraum zwischen äußerem und innerem Rohr fließt er zurück. Das äußere Rohr besteht aus Stahl. Die Gefrierrohre werden entweder in den Boden hineingebohrt, oder in vorgefertigte Bohrlöcher hineingestellt. Die Bohrgenauigkeit (Querabweichung pro Länge) ist ca. 1%. Beim Gefrieren mit Lauge wird zunächst die Dichtigkeit der Gefrierrohre durch Abdrücken mit Wasser überprüft. Als Kälteträger werden entweder Salzlösungen von Chlormagnesium bzw. Chlorkalzium („Sole“ oder „Lauge“) mit einer Temperatur von −20◦ bis −35◦ oder flüssiger Stickstoff mit einer Temperatur von −196◦ verwendet. Da letzterer viel kälter ist, ist die Gefrierzeit nur ca. 1/5 derjenigen bei Verwendung von Sole. Allerdings ist flüssiger Stickstoff aus Kostengründen nur bei kleineren Projekten (bis zu 200 m 3 gefrorenen Bodens) und nur für einige Tage anwendbar. Er wird auch zum schnellen Gefrieren herangezogen, wobei die anschließende Erhaltung des Frostkörpers mit Lauge vorgenommen wird. Zur Überprüfung des Gefrierfortschrittes werden Temperaturaufnehmer (etwa 22
Man unterscheidet zwischen dem Kältemittel, das durch seine Kondensation und Verdampfung die Kälte erzeugt, und dem Kälteträger, der durch seine Zirkulation in den Gefrierrohren Wärme aus dem Boden entzieht.
17.7 Bodenvereisung
359
einer pro 15 bis 30 m3 Frostkörper) in den Boden eingebracht. Die Lage des Frostkörpers kann mit Ultraschall bestimmt werden. Evtl. Geländehebungen infolge Frost müssen kontrolliert werden. Die Festigkeit des gefrorenen Bodens nimmt mit zunehmendem Feinanteil ab. Sie läßt sich in Reibung und Kohäsion aufspalten, wobei der Reibungswinkel kleiner und die Kohäsion größer als beim ungefrorenen Boden sind. Gefrorener Boden kriecht (Kriechen ist das Anwachsen der Verformung bei konstanter Spannung), wobei die Tendenz zum Kriechen mit wachsender Ausnutzung der Festigkeit zunimmt. Das Kriechen dürfte aber für viele Anwendungen ohnehin belanglos sein, da man hohe Sicherheiten einhält, um die Verformungen klein zu halten und so die Gefrierrohre zu schonen. Nach J ESSBERGER kann man die in Tabellen 17.3 und 17.4 aufgeführten Materialeigenschaften für überschlägige Nachweise verwenden. Diese Tabellen beziehen sich auf wassergesättigte Böden mit T = −10 ◦ C und geben die einaxiale Druckfestigkeit σD , den Reibungswinkel ϕ, die Kohäsion c und den E-Modul an. Tabelle 17.3. Kurzzeiteigenschaften gefrorener Böden (für Standzeiten des Frostkörpers bis zu einer Woche) Bodenart nichtbindig mitteldicht bindig steif
σD (MN/m2 )
ϕ
c E-Modul (MN/m2 ) (MN/m2 )
4,3
20◦ -25◦
1,5
500
2,2
15◦ -20◦
0,8
300
Tabelle 17.4. Langzeiteigenschaften gefrorener Böden (für Standzeiten des Frostkörpers bis zu einem Jahr) Bodenart nichtbindig mitteldicht bindig steif
σD (MN/m2 )
ϕ
c E-Modul (MN/m2 ) (MN/m2 )
3,6
20◦ -25◦
1,2
250
1,6
15◦ -20◦
0,6
120
17.7.1 Frosthebungen Die Adhäsionskräfte an den Kornoberflächen bewirken eine Gefrierpunktserniedrigung. Folglich erfolgt das Gefrieren des Porenwassers in feinporigen Böden nicht
360
17 Baugrundverbesserung
Abb. 17.27. Bodenvereisung für Tunnelvortrieb
gleichmäßig. Vielmehr kommt es zur Bildung von Eisadern und Eislinsen. Solche Eislinsen ziehen das Wasser an und können beträchtlich wachsen, wenn Wassernachschub von der Oberfläche her oder über den Kapillarsaum aus dem Grundwasser gegeben ist. Eislinsen können Bodenhebungen verursachen. Nach ihrem Auftauen führen sie zum Aufweichen des Bodens. Ein (strenges) Kriterium für die Anfälligkeit des Bodens hinsichtlich Frosthebungen wurde von C ASAGRANDE aufgestellt (siehe Abb. 17.28), weitere Kriterien werden von K ÉZDI 23 aufgeführt, siehe auch Abb. 17.29.
23
A. Kézdi: Handbuch der Bodenmechanik, Band 2, S. 238 ff, VEB Verlag für Bauwesen, Berlin 1970.
17.7 Bodenvereisung
361
Abb. 17.28. Frostempfindlichkeitsklassen nach ZTVE-StB94. F1: nicht frostempfindlich, F2: gering bis mittel frostempfindlich, F3: sehr frostempfindlich
Abb. 17.29. Frostgefährdete Böden nach C ASAGRANDE
18 Grundwasserhaltung
Um während des Bauzustandes im Bereich des Grundwassers arbeiten zu können, werden verschiedene Maßnahmen zur Grundwasserhaltung ergriffen: Absperren: Durch Dichtwände, Injektionskörper (insbesondere Sohlinjektionen), Bodenvereisung. Eine Absperrung von der Seite und von unten wird als Trogbauweise bezeichnet. Erfolgt die Absperrung im fließenden Grundwasser, so müssen u.U. Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Grundwasserkommunikation ergriffen werden, andernfalls kann es zum Grundwasseraufstau (nasse Keller!) kommen. Bei großen absperrenden Maßnahmen (z.B. Linienbauwerke) sollte die veränderte Lage des Grundwasserspiegels durch eine dreidimensionale Strömungsberechnung im voraus ermittelt werden. Üblicherweise wird die Grundwassersperre in den Untergrund ohne Sichtkontakt hergestellt und kann daher mißlingen. Die Ortung von Leckagen gelingt kaum (wenn überhaupt, dann anhand der Messungen von Temperaturdifferenzen). 1 Absenken: Durch sog. offene Grundwasserhaltung oder durch Brunnen. Absenken des Grundwaserspiegels kann Setzungen hervorrufen. Durch die einsetzende Grundwasserströmung können Kontaminationen mobil werden. Verdrängen: Durch Druckluftverfahren.
18.1 Dichtwände, Schmalwände Zur Absperrung des Grundwasserflusses in horizontaler Richtung eignen sich vertikale Dichtwände (vertical cutoff walls) unterschiedlicher Bauart, wie z.B. Bohrpfahlwände2 , Schlitzwände und schloßgedichtete Spundwände. Speziell zur Abdichtung 1
2
M. Aufleger, Verteilte faseroptische Temperaturmessungen im Wasserbau. Berichte des Lehrstuhls und der Versuchsanstalt für Wasserbau und Wasserwirtschaft, Nr. 89, TU München, 2000. Über mögliche Undichtigkeiten überschnittener Bohrpfahlwände siehe W. Krajewski: Wechselwirkung von Baugrundaufschluß und Bauwerksentwurf – Erfahrungen beim Bau einer Talsperre im Mittelgebirge. 12. Christian Veder Kolloquium, Graz, 1997, S. 59-73.
364
18 Grundwasserhaltung
werden heute sog. Schmalwände (vibrating beam cutoff walls) hergestellt. Diese haben Nenndicken zwischen 8 und 10 cm und übliche Tiefen zwischen 8 und 20 m. Bei größeren Tiefen ist der dichte Anschluß der einzelnen Wandabschnitte aneinander problematisch. Zur Herstellung von Schmalwänden werden Stahlprofile in den Boden eingerüttelt (einvibriert). Beim Ziehen wird der Hohlraum mit einer erhärtenden Masse aus Bentonit, Bindemittel (Zement), Füller (z.B. Flugasche) und Wasser verpreßt. Die Schmalwandmasse ist relativ undurchlässig (k ≈ 10 −8 m/s), so daß für sorgfältig hergestellte Schmalwände eine Durchlässigkeit (sog. Systemdurchlässigkeit) von k ≈ 10−7 m/s angesetzt werden darf. Die Erosionssicherheit wird im Labor daran beurteilt, daß die Schmalwand einen hinreichend großen Druckgradienten (etwa bis i ≈ 200) aufnehmen kann. Zur kontrollierten Abdichtung gefährlicher Altlasten ist es auch denkbar, zwei parallele Schmalwände (sog. Doppelwand) zu installieren und den Zwischenbereich mit Querschotten in Kammern zu unterteilen. Die Dichtigkeit jeder Kammer ist mit Hilfe von Probeabsenkungen durch Brunnen kontrollierbar.
Abb. 18.1. Schmalwandherstellung
18.2 Injektionssohlen Zur Herstellung wasserdichter Baugruben, ohne das Grundwasser in der Umgebung abzusenken, kann man die vertikale Abdichtung in der Sohle durch eine 1 bis 2 m dicke Injektionsschicht vornehmen.
18.2 Injektionssohlen
365
Die erreichte Abdichtung ist nicht 100%ig. Oft kann man aber den Wasserandrang auf ein erträgliches Maß reduzieren.3 Das Restwasser wird abgepumpt und muß entsorgt werden.4 Oft versucht man, eine erfolgreiche Sohlabdichtung vor dem Aushub mit einem Pumpversuch zu überprüfen. Dazu werden Brunnen abgeteuft (dieselben, die nachher für das Lenzen verwendet werden), und das in der Baugrube befindliche Grundwasser wird abgepumpt. Bei einer dichten Baugrube sollte sich nur das Volumen n V abpumpen lassen, wobei V das Volumen des wassergesättigten Bodens in der Baugrube und n die effektive Porosität ist. Weitere Indikatoren einer erfolgreichen Abdichtung sind (i) die Zeit, welche erforderlich ist zum Wiederanstieg des Grundwasserspiegels nach Abstellen des Pumpens; dazu braucht man Grundwasserbeobachtungspegel (mindestens drei pro Baugrube), und (ii) der Grundwasserspiegel außerhalb des Troges darf beim Abpumpen nicht merklich (d.h. mehr als einige dm) abgesenkt werden. Eventuelle Leckstellen können unter Umständen thermisch geortet werden. Man nutzt dabei die Tatsache aus, daß das Grundwasser im Bereich der Injektionssohlen erwärmt wird (durch die Hydratationswärme bei DSV-Sohlen wird das Wasser auf 80◦ C erwärmt). Das durch eine Leckage einströmende Grundwasser ist hingegen mit einer Temperatur von ca. 10◦ C wesentlich kälter. Die Überprüfung der Dichtigkeit durch Abpumpen vor dem Aushub kann mißlingen, es kann zu einer Undichtigkeit durch einen lokalen hydraulischen Sohlaufbruch kommen, der durch den Bodenaushub ausgelöst wird. Es gibt hochliegende und tiefliegende Injektionssohlen. Injektionssohlen werden von der ursprünglichen Geländeoberkannte aus nach Herstellung der seitlichen Baugrubenumschließung hergestellt. 18.2.1 Hochliegende Injektionssohlen Hochliegende Injektionssohlen werden mit dem Düsenstrahlverfahren hergestellt (jet grout pile slab) und müssen (wie Unterwasserbeton-Sohlen) mit Zugpfählen nach unten verankert werden. Sie sind (genauso wie Unterwasserbetonsohlen) riskante Baumaßnahmen und müssen sehr sorgfältig durchgeführt werden. Die Injektionen werden von einem Erdplanum oberhalb des Grundwasserspiegels aus vorgenommen, und die Injektionssohle wird mit sog. GEWI-Pfählen verankert. Diese bestehen aus Gewindestäben5, die in Bohrlöcher mit Seilen abgelassen werden. Der Ringspalt wird anschließend mit Zementschlämme verfüllt. Dadurch entsteht der Kraftschluß zum umliegenden Boden und zur Injektionssohle. Eine alternative Methode zur Herstellung der Zuganker ist es, den GEWI-Stab in eine noch nicht abgebundene DSV-Säule einzudrücken. Nach der Herstellung und Verankerung der Sohle 3 4 5
Bei den Baugruben in Berlin ist ein Wasserandrang von maximal 5 l pro Sekunde und 1.000 m2 Grundrißfläche zulässig. In Berlin verlangt man dafür Einleitungsgebühren von 1,5 ¤ pro m3 . Die gebräuchliche Abkürzung GEWI ist eigentlich ein Firmenname für Betonstahl mit Gewinderippen. Für die vorliegende Anwendung ist das Gewinde unnötig. Daher wird trotz des Sprachgebrauchs normaler (gerippter) Betonstahl verwendet. Sind größere Stahldurchmesser erforderlich, die nicht als Betonstahl erhältlich sind, so muß man GEWI-Stäbe verwenden.
366
18 Grundwasserhaltung
wird die Baugrube gelenzt und ausgehoben. Falls Setzungen in der Nachbarschaft vermieden werden sollen, muß der Kopfbereich der Stützwand frühestmöglich verankert werden. Oberhalb der (üblicherweise 1,0 bis 1,7 m dicken) DSV-Sohle wird eine ca. 1,5 m dicke Sandschicht belassen. Diese verhindert ein Ausspülen von Sand bei eventuellen Undichtigkeiten der DSV-Sohle und ermöglicht das Anlegen von Pumpensümpfen. Die Zuganker (GEWI-Pfähle) werden in einem Rasterabstand von 2,5 bis 3 m gesetzt. Bedingt durch ihre Verankerungslänge in der DSV-Sohle und der zwischen Stahl und Zementmörtel übertragbaren Mantelreibung von ca. 1500 kN/m 2 ist ihre Traglast auf ca. 500 kN beschränkt. Um die Verankerungslänge zu vergrößern, kann die Dicke der Injektionssohle lokal (d.h. im Bereich des Ankerkopfs) vergrößert werden. Die Einbindelänge in den darunterliegenden Boden richtet sich nach Maßgabe der Auftriebssicherheit: Das Gewicht der mitgezogenen Bodensäule (siehe Abb. 18.2) erhöht um die Mantelreibung, die auf die umhüllende Mantelfläche der Ankergruppe wirkt, soll hinreichend größer sein als der auf der Sohlenunterkante wirkende Wasserdruck (abzüglich des Gewichts aus DSV-Sohle und daraufliegender Sandschicht). Es ergeben sich so Verankerungslängen l a ≈ 1, 4 ∆h, wobei ∆h der Wasserüberdruck (in mWS) an der Sohlunterkante ist. Auf die DSV-Sohle wirken die geneigten Erddruckkräfte E, die Ankerzugkräfte, der Wasserüberdruck und ihr Gewicht. Sie entspricht hinsichtlich Festigkeit einem Beton B5 und wird als Bauteil aus unbewehrtem Beton dimensioniert, d.h. der Stich der Stützlinie6 darf nicht größer als 0, 3 hDSV sein, wobei hDSV die Dicke der DSV-Sohle ist. Gegebenenfalls kann man die Injektionssohle als Sohlgewölbe ausführen. 18.2.2 Tiefliegende Injektionssohlen Tiefliegende Injektionssohlen (Abb. 18.4) werden üblicherweise mit Weichgel und Verpreßdrücken zwischen 7 und 10 bar hergestellt. Zur Einbringung der Injektionsrohre wird nach dem Spülbohrverfahren gebohrt. Zur Spülung wird die Mantelmischung herangezogen. Die Injektionsrohre werden in die Bohrlöcher händisch eingeführt. Es handelt sich dabei um Schläuche (Durchmesser 18mm); an deren unterem Ende ein Rohr mit einem Ventil montiert ist. Die tiefliegenden Injektionssohlen müssen eine hinreichende Auflast durch Bodeneigengewicht haben. Dort, wo die (billigeren) Niederdruckinjektionen nicht durchführbar sind, werden sie durch (die teureren) Hochdurck (Düsenstrahl)-Injektionen ersetzt. Die Tiefenlage einer tiefliegenden Injektionsschicht bestimmt sich nach Maßgabe einer hinreichenden Sicherheit gegen hydraulischen Grundbruch (Auftriebssicherheit). Hierzu darf der auf die Fläche AA (siehe Abb. 18.5) von unten nach oben wirkende η-fache Wasserdruck p = (h3 + x − h1 )γw nicht größer als das Gesamtgewicht werden, das von oben nach unten auf die Fläche AA wirkt. Daraus folgt x≥ 6
ηγw (h3 − h1 ) − γh4 − γi h2 + γr (h2 + h4 ) γr − ηγw
.
Stützlinie ist diejenige Kurve, die die Angriffspunkte der resultierenden Schnittkraft durch jeden Querschnitt verbindet.
18.2 Injektionssohlen
367
Schlitzwand oder Bohrpfahlwand
(a)
(b)
Schlitzwand oder Bohrpfahlwand
DSV − Sohle GEWI − Stab DSV − Sohle
(c)
(d)
Schlitzwand oder Bohrpfahlwand
Q E
E
Sandauflage als Belastung Stützlinie DSV − Sohle GEWI − Stab
la
Mitwirkendes Bodengewicht ϕ
ϕ
(e) Abb. 18.2. Hochliegende Injektionssohle, Stadien der Herstellung
368
18 Grundwasserhaltung
Abb. 18.3. Hochliegende Injektionssohle (Baustelle B96, Berlin, Fa. Bauer)
Ringdränage zur Restwasserhaltung
Schlitzwand oder Bohrpfahlwand Injektionsanker Injektionssohle
Abb. 18.4. Rückverankerte Schlitzwand/Bohrpfahlwand mit tiefliegender Injektionssohle (Prospekt Fa. Brückner Grundbau)
18.3 Unterwasserbetonsohlen
369
h1 h3
h4 x
h2 A
A
tiefliegende Injektionssohle
p
Abb. 18.5. Tiefliegende Injektionssohle. Definitionen zum Nachweis der Auftriebssicherheit
Dabei sind γ das Feuchtraumgewicht, γr das Raumgewicht des gesättigten Erdstoffs und γi (≈ γr ) das Raumgewicht des injizierten Bodens. Die Sicherheit η wird meist zu 1,1 gesetzt. Der Wasserstand h4 beträgt üblicherweise 0,5 bis 1 m. Für tiefliegende Injektionssohlen werden Injektionsmittel mit geringer Festigkeit gewählt (Gele), da es hierbei hauptsächlich um Abdichtung und nicht um Festigkeit geht. Die Injektionslanzen werden im Grundriß auf ein Raster von gleichseitigen Dreiecken angeordnet. Der Rasterabstand sollte möglichst groß sein, um den Bohraufwand zu minimieren, andererseits möglichst klein, um den Injektionsaufwand zu minimieren. Das Optimum findet sich bei Rasterabständen zwischen 1,2 und 1,6 m. Die Sohlabdichtung kann mißlingen, wenn die Injektionslanzen von ihrer Soll-Lage abweichen. Dies kann z.B. durch Findlinge hervorgerufen werden, die das relativ schlanke Bohrgestänge umleiten können, ohne sich beim Bohren sonst bemerkbar zu machen.
18.3 Unterwasserbetonsohlen Die üblicherweise 1,2 bis 1,5 m dicken Unterwasserbetonsohlen (siehe Abb. 18.6) sind in ihrer statischen Wirkung vergleichbar mit den hochliegenden Injektionssohlen, ihre Herstellung ist jedoch verschieden. Zunächst wird der Boden durch Naßaushub bzw. -baggerung (meist von Pontons aus, siehe Abb. 18.7) ausgehoben. Anschließend werden die Zuganker als GEWI-Pfähle oder Ramminjektionspfähle (RIPfähle) (ebenfalls von Pontons oder Brücken aus) gesetzt. Die Sohle wird danach unter Wasser (unter der Aufsicht von Tauchern) betoniert. Ihre Grundlage (Feinplanie) muß mit Langstielbaggern geebnet werden. Man beachte, daß eine Profilierung der Sohle (Herstellung von Erhebungen und Vertiefungen) schwierig ist und die Heranziehung von Stützkonstruktionen erfordert. Lokale Vertiefungen können eine ma-
370
18 Grundwasserhaltung
ximale Neigung von nur 5 bis 6% erhalten. Die betonierte Sohle ist eine ebene Fläche mit einer Toleranz von ±10 cm. Um Zwängungen und Risse zu vermeiden, sollen die Betonierabschnitte eine maximale Länge von 50 bis 60 m haben. Die Achillesferse dieses Bauverfahrens ist der dichte Anschluß der Sohle an die vertikalen Stützwände. Evtl. vorhandene Suspensionsreste müssen mit Wasserstrahl entfernt werden. Zum Betonieren müssen große Betonmengen (etwa 100 bis 150 m 3 pro h) geliefert werden, was ein logistisches Problem darstellt. Nach Herstellung der Betonsohle wird gelenzt. Man beachte, daß das gelenzte Grundwasser wegen des Kontaktes zur Betonsohle einen erhöhten pH-Wert hat, und daher zur Entsorgung neutralisiert werden muß. Hebungen nach dem Lenzen können mit Horizontalinklinometern gemessen werden. Ab Baugrubentiefen von ca. 20 m sind Injektionssohlen zu riskant. Daher ist dort Unterwasserbeton vorzuziehen. Unterwasserbetonsohlen bleiben in der Regel unbewehrt. Bedingt durch den Naßaushub läßt sich nicht mehr als eine Ankerlage für die seitliche Baugrubensicherung einbauen.
18.4 Wasserhaltung durch Brunnen Mit Hilfe eines Brunnens kann der Grundwasserspiegel lokal (etwa in einem Bohrloch) abgesenkt werden. Das umgebende Grundwasser wird dabei mit abgesenkt und fließt – angetrieben von der Schwerkraft – (daher die Bezeichnung „gravitationäre“ Grundwasserhaltung) dem Brunnen zu. Der Radius des von einem Brunnen beeinflußten Grundwasserbereichs steigt mit der Durchlässigkeit des Bodens. Bei der mathematischen Bestimmung der Lage des durch einen Brunnen abgesenkten Grundwasserspiegels, sowie der zugehörigen Fördermenge, haben sich Formeln eingebürgert, die auf der Annahme beruhen, daß das betrachtete Strömungsfeld stationär ist. Ferner beruhen diese Formeln auf der Annahme von D UPUIT, wonach die Filtergeschwindigkeit über vertikale Querschnitte konstant verteilt ist und sich aus v = −k dz/dr ergibt (siehe Abb. 18.10). Daraus ergibt sich die gesamte einem Brunnen zufließende Wassermenge zu Q = 2πrkz
dz d(z 2 ) = πrk dr dr
.
Trennung der Variablen und Integration dieser Differentialgleichung ergibt Q r ln = z 2 − z02 πk r0
.
(18.1)
Diese Gleichung erlaubt, die Fördermenge Q abzuschätzen, sofern zwei Wasserstände, z und z0 , in den Entfernungen r und r0 bekannt sind. Sofern zusätzlich Q gemessen wird, kann man aus dieser Gleichung die Durchlässigkeit k in situ bestimmen (sog. Absenkversuch)7. Gleichung 18.1 liefert das unrealistische Ergebnis z → ∞ 7
Zur überschlägigen Bestimmung der Durchlässigkeit in situ gibt es auch eine Vielzahl von sog. Standrohrversuchen, bei denen entweder das Absinken des Wasserspiegels in einem
18.4 Wasserhaltung durch Brunnen
371
Abb. 18.6. Herstellungsablauf einer wasserundurchlässigen Baugrubenumschließung mit verankerter Unterwasserbetonsohle (Prospekt Fa. Brückner Grundbau)
für r → ∞. Man muß daher gewahr sein, daß der nach der D UPUIT-Annahme berechnete Grundwasserspiegel nicht ganz realistisch ist. Insbesondere bei starkem Gefälle, also in Brunnennähe, befindet sich der tatsächliche Grundwasserspiegel höher als der nach D UPUIT berechnete. Die Abschätzung der Wassermenge Q, die einer Baugrube mit der Länge a und der Breite b zufließt, erfolgt üblicherweise mit Hilfe von Gleichung 18.1. Hierzu wird die Baugrube als Brunnen mit flächengleichem Kreisquerschnitt und dem Radius r0 = ab/π betrachtet (Abb. 18.11). Für z wird die ursprüngliche (ungestörte) Grundwasserhöhe H und für z0 die Grundwasserhöhe h an der Baugrube eingesetzt. Für r wird die sog. Reichweite R des Brunnens nach S ICHARDT eingesetzt. Sie ergibt sich nach der empirischen Gleichung Standrohr oder diejenige Speisung, die zur Aufrechterhaltung einer Wasserspiegelhöhe erforderlich ist, beobachtet werden. Die Formeln zur Auswertung der meisten dieser Versuche lassen sich nicht theoretisch begründen.
372
18 Grundwasserhaltung
Abb. 18.7. Mäklergerät für RI-Pfähle. Baustelle am Hauptbahnhof in Berlin
Abb. 18.8. Unterwasserbetonsohle: Betonieren, Kontrolle durch Taucher
R [m] = 3.000(H [m] − h [m])
k[m/s]
und besagt u.a. daß die Reichweite eines Brunnens bei durchlässigen Böden größer als bei undurchlässigen ist. Für das ebene Problem des Zuflusses zu einem Graben hin folgt aus der D UPUITAnnahme (Abb. 18.12): q = zv = kz
1 d(z 2 ) dz = k dx 2 dx
q=
1 z 2 − z02 k 2 x − x0
.
Hierbei sind z und z0 die Wasserspiegelhöhen an den Stellen x und x0 . q ist die pro laufendem Meter einseitig dem Graben zufließende Wassermenge. Die Brunnen bestehen aus (z.B. geschlitzten) Filterrohren, die in Bohrlöchern plaziert werden. Der Ringspalt wird mit einem Filterkies verfüllt, d.h. einem Kies, der
18.4 Wasserhaltung durch Brunnen
373
Abb. 18.9. Herstellung der Unterwasserbetonsohle beim Innkraftwerk in Langkampfen
nach Dupuit
tatsächlich
z (r)
r
Abb. 18.10. Geschwindigkeitsverteilung: nach D UPUIT (links) und tatsächlich (rechts). Beim instationären Fall ist die Geschwindigkeit nicht parallel zum Grundwasserspiegel.
die Filterkriterien gegenüber dem anstehenden Boden erfüllt. Im Grundriß werden die Brunnen um die Baugrube herum verteilt oder (bei Platzmangel) in der Baugrube angeordnet. Dies erfolgt entweder im Arbeitsraum zwischen der Verbauwand und dem Bauwerk oder im Grundriß des Bauwerks, wobei die Durchführung durch die Bauwerkssohle über einen sog. Brunnentopf erfolgt. Folgende Brunnenarten werden verwendet: Tiefbrunnen: Die Bohrlöcher haben einen Durchmesser von 0,4 bis 1,5 m. Es werden elektrisch betriebene Unterwasserpumpen verwendet, die sich in den Brun-
374
18 Grundwasserhaltung
H h
R
Abb. 18.11. Zur Abschätzung der einer Baugrube zufließenden Wassermenge
z
x
Abb. 18.12. Einseitiger Grabenzufluß
nen befinden und das Wasser beliebig hoch drücken können. Zum Beispiel wird das Grundwasser bei Braunkohle-Tagebaubetrieben durch gestaffelte Tiefbrunnen um bis zu 600 m abgesenkt. Vakuumkleinfilterbrunnen: Hierbei wird das Wasser mit Kreiselpumpen angesaugt, daher können nur Absenkungen bis ca. 4 m erreicht werden (sog. Flachhaltungen). Es werden mehrere Brunnen an eine gemeinsame Saugleitung angeschlossen (siehe Abb. 18.13). Einfache Vakuumkleinfilterbrunnen werden auch als well points bezeichnet. Bei entsprechend undurchlässigem Boden bzw. bei Abdichtung der Bodenoberfläche mit Folien, kann man durch Anwendung von Unterdruck den Boden stabilisieren (sog. Vakuumverfahren). Dies geschieht dadurch, daß der Porendruck abnimmt und die effektiven Spannungen dementsprechend zunehmen. Vakuum-Tiefbrunnen: Er ist anwendbar bei beliebiger Tiefe zur Stabilisierung von weichen bindigen Böden und zur Entspannung von Wasserdruck (siehe Abb. 18.14).
18.4 Wasserhaltung durch Brunnen Luft
375
Wasser
Filter
Saugleitung Aufsatzrohr Tonabdichtung
Pumpe
Filtermaterial Filterrohr
Spülspitze
Abb. 18.13. Vakuumkleinfilterbrunnen
Abb. 18.14. Vakuum-Tiefbrunnen
Schluckbrunnen: Sie werden herangezogen, wenn man Wasser in den Untergrund einleiten will (siehe Abb. 18.15). In der Praxis kann die rechnerische VersickeQ
Abb. 18.15. Schluckbrunnen
rungsmenge nur zu ca. 50% erreicht werden, da die Durchlässigkeit des Brunnens und des Bodens um den Brunnen durch Verstopfungen und Verockerung abgemindert wird8 . 8
Siehe: P. Arz, H.G. Schmidt, J. Seitz, S. Semprich: „Grundbau“, im Betonkalender 1994, Ernst & Sohn, Berlin, Abschnitt 7.3.
376
18 Grundwasserhaltung
18.5 Senkkasten, Caissons Beispiele für das Verdrängen des Grundwassers durch Druckluft finden sich beim Tunnelvortrieb unter dem Grundwasserspiegel und bei pneumatischen Senkkästen (Caissons). Ein Senkkasten ist ein vorgefertigter Kasten, der auf die Geländeoberkante aufgesetzt wird. Durch Ausgraben werden lokale Grundbrüche hervorgerufen, wodurch der Kasten allmählich abgesenkt wird. Die Mantelreibung wird durch einen mit Bentonitsuspension gefüllten Ringspalt reduziert (Abb. 18.16 und 18.17). Unterhalb des Grundwasserspiegels erfolgt der Erdaushub in einer Arbeitskammer, welche unter erhöhtem Luftdruck gehalten wird. Personal und Material werden über Schleusen in die Arbeitskammer transportiert. Menschen, die unter Druckluft arbeiten, müssen aus Gesundheitsgründen Ein- und Ausschleusungszeiten einhalten.
Abb. 18.16. Pneumatischer Senkkasten
Abb. 18.17. Mit Bentonitsuspension gefüllter Ringspalt
19 Sicherung von Geländesprüngen
Geländesprünge werden entweder frei abgeböscht, oder aber durch Stützkonstruktionen (retaining structures) gesichert.1 Diese können unterteilt werden in: Stützmauern: Der Erdruck wird über die Sohle der Stützmauer (retaining wall) in den Untergrund abgetragen (siehe Abb. 19.2). Stützwände: Der auf die Stützwand ausgeübte Erddruck wird durch Streben, Steifen, Anker und/oder Erdwiderstand aufgenommen (siehe Abb. 19.1). Dazu gehören Spundwände, Trägerbohlwände, Bohrpfahlwände und Schlitzwände.
Abb. 19.1. Stützwände (im Boden eingespannt, durch Steife bzw. Anker gestützt).
Verbundkonstruktionen: Dazu gehören Wände aus bewehrter Erde, vernagelte Wände, Raumgitter-Stützmauern (dies sind Stützmauern, die durch Aufeinan1
Siehe auch M. Nußbaumer and P.-A. von Wolffersdorff: Retaining structures and excavated slopes. Proceedings of the XIV Intern. Conf. SMFE, Hamburg, 1997, sowie M. Puller: Deep excavations, a practical manual, 2nd edition, Thomas Telford, London, 2003.
378
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.2. Stützmauer, (a) Gewichtsmauer, (b) Winkelstützmauer
Abb. 19.3. Bau einer Winkelstützmauer
derstapeln von Betonfertigteilen, Baumstämmen und anderen Körpern entstehen), Geotextilwände u.a.
19.1 Stützmauern Bei Gewichtsmauern (gravity walls) wird die Gleitsicherheit durch Sohlreibung und die Kippsicherheit dadurch erreicht, daß die Resultierende aus Erddruck und Eigengewicht im Kern der Sohle wirkt (siehe Abb. 19.8 und Abb. 19.9). Gewichtsmauern
19.1 Stützmauern
379
Abb. 19.4. Herstellung einer Wand aus bewehrter Erde
Abb. 19.5. Raumgitter-Stützmauern
können auf Beton-Streifenfundamenten gegründet werden und bestehen aus unbewehrtem Beton, Mauerwerk (masonry) u.ä. oder aus Gabionen (Drahtschotterkörbe, gabions). Durch eine Anschrägung (siehe Abb. 19.10) kann der aktive Erddruck erheblich herabgesetzt werden. Bei alten Stützmauern aus Naturstein kündigt sich das Versagen oft durch allmähliches Ausbauchen an. Bei Winkelstützmauern (cantilever wall) kann die Beurteilung der Kippsicherheit ähnlich wie bei Schwergewichtsmauern erfolgen, wenn man den Bodenkeil ABC (siehe Abb. 19.11) als Bestandteil der Stützmauer auffaßt. Zur Berechnung des Erddrucks auf die so entstehende fiktive Stützmauer ist dann δ = ϕ zu setzen. Vielfach wird auch der über dem Sporn befindliche Boden als Bestandteil der Mauer aufgefaßt (siehe Abb. 19.12). Dann wird der aktive Erddruck parallel zur Geländeoberfläche angesetzt.
380
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.6. Krainerwand
Abb. 19.7. Geotextilwand
Außer dem Kippsicherheitsnachweis wird üblicherweise auch der Gleitsicherheitsnachweis geführt. Dabei wird nachgewiesen, daß die Horizontalkomponente des Erddrucks kleiner als V tan δs ist. V ist die durch die Sohle übertragene Vertikalkraft, und δs ist der Sohlreibungswinkel. Ein evtl. vorhandener passiver Erddruck wird dabei sicherheitshalber vernachlässigt. Außer den Nachweisen der Kipp- und Gleitsicherheit muß auch die Sicherheit gegen Grundbruch bei schräger und exzentrischer Last nachgewiesen werden. Dieser Nachweis schließt die beiden erstgenanten Nachweise ein. Zur Bemessung einer Winkelstützmauer muß das Biegemoment an der Stelle B (siehe Abb. 19.11) berechnet werden. Der hierzu auf die Fläche AB anzusetzende Erd-
19.1 Stützmauern
381
Abb. 19.8. Gekippte Stützmauer
Abb. 19.9. Die Resultierende aus Erddruck und Eigengewicht soll im Kern angreifen
druck ist umstritten2 . Daher sollte man sicherheitshalber den Erdruhedruck ansetzen. Sehr wichtig ist die Entwässerung von Stützmauern3, damit sich kein Wasserdruck hinter der Stützmauer einstellen kann (siehe Abb. 19.13). Stützmauern werden nach ihrer Herstellung hinterfüllt, deshalb heißen sie auch backfilled walls.
2 3
Siehe U. Smoltczyk „Stützmauern“ im Grundbau-Taschenbuch, Vierte Auflage, Teil 3, Ernst & Sohn. Siehe o.g. Artikel „Stützmauern“ von Smoltczyk.
382
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.10. Durch Anschrägung wird der Erddruck herabgesetzt
Abb. 19.11. Der Erdkeil ABC kann als Bestandteil der Winkelstützmauer aufgefaßt werden
19.2 Grabenverbau Gräben und Baugruben in standfestem Boden dürfen nur bis zu einer Tiefe von 1,25 m ungestützt senkrecht abgeböscht werden4 . Zum Verbau von Gräben können Bohlen verwendet werden, die waagrecht oder senkrecht angeordnet werden. Der waagrechte Grabenverbau (siehe Abb. 19.14) wird bei nicht zu breiten und nicht zu tiefen Gräben (bis 3 m Tiefe) herangezogen, wenn die zahlreichen Steifen das Arbeiten im Graben nicht sehr behindern. Der senkrechte Grabenverbau (siehe Abb. 19.15) ist bei weniger standfestem Boden, bzw. wenn ein großer freier Arbeitsraum benötigt wird, vorzuziehen. Anstelle von Holzbohlen können Kanaldielen aus
4
Siehe auch A. Weißenbach „Baugrubensicherung“, im Grundbau-Taschenbuch, Vierte Auflage, Teil 3, Ernst & Sohn.
19.2 Grabenverbau
383
Abb. 19.12. Der Boden überhalb des Sporns kann als Bestandteil der Winkelstützmauer aufgefaßt werden
Abb. 19.13. Dränage von Stützmauern (Beispiel)
Stahl verwendet werden. Letztere sind leichte Spundwandprofile (siehe Abschnitt „Spundwände“). Zum Grabenverbau werden heute meistens fertige Verbaueinheiten herangezogen, bestehend aus abgestrebten Stahlverbauplatten, die in den Untergrund durch Ausgraben abgesenkt werden5 .
5
Siehe genannten Artikel von A. Weißenbach.
384
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.14. Waagrechter Grabenverbau
Abb. 19.15. Senkrechter Grabenverbau
Abb. 19.16. Grabenverbau-Element (trench box)
19.4 Spundwände
385
19.3 Trägerbohlwand Ähnlich wie beim horizontalen Grabenverbau wird der Boden durch horizontal angeordnete Bohlen (horizontal lagging) gestützt, die an vertikalen I-, IPB- oder ][Trägern (soldier piles) anliegen (siehe Abb. 19.17 und 19.18). ][ Profile werden mit Vorliebe bei rückverankerten Stützwänden verwendet, denn sie erlauben das Verlegen von Verpreßankern (eventuell mit versenkten Ankerköpfen) zwischen den beiden ]-Trägern. Sie werden mit Bindeblechen konfektioniert an die Baustelle geliefert. Aufgrund ihrer ersten Anwendung beim Bau der Berliner U-Bahn wird die Trägerbohlwand auch als „Berliner Verbau“ (Berlin wall) bezeichnet. 6 Sie ist die wirtschaftlichste Verbauart. Die vertikalen Träger werden in den Untergrund eingerammt oder eingerüttelt. Sind Erschütterungen und Geräusche zu vermeiden oder bei harten Schichten, können die Träger in vorgebohrte Löcher gesetzt werden. Der verbleibende Raum kann mit Sand oder sonstigem Material verfüllt werden. Die Träger sollten mindestens 1,5 m unterhalb der Baugrubensohle in den Boden einbinden, wenn keine hinreichend tiefe Steifen- oder Ankerlage vorgesehen ist. Einbau und Rückbau
Abb. 19.17. Trägerbohlwand
Abb. 19.18. Verkeilung der Bohlen bei einer Trägerbohlwand
einer Bohlenlage darf nur um 0,5 bis 1 m hinter dem Aushub hinken (DIN 4124). Besteht die Gefahr, daß die Bohlen ausrutschen, so sind sie zu sichern. Die einzelnen Vertikalträger werden durch horizontale Gurte (walings) aus I- oder ][-Profilen verbunden, an die die Steifen bzw. Anker anschließen.
19.4 Spundwände Spundwände (sheet piling) bestehen aus Stahlprofilen mit großem Trägheitsmoment, die mit sog. Schlössern verbunden sind (siehe Abb. 19.20). Sie werden nacheinander in den Boden gerammt oder vibriert und durch Anker bzw. Steifen abgestützt, die 6
Es gibt auch den Namen “Essener Verbau“.
386
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.19. Trägerbohlwand
über Gurte auf die einzelnen Spundwandbohlen wirken. Die Gurte werden auf angeschweißte Konsolen aufgelegt oder aufgehängt. Bei Spundwänden sind folgende
Abb. 19.20. Querschnitt durch eine Spundwand
Aspekte von Wichtigkeit: Rammen: Die Rammkraft muß den Fußwiderstand und die Mantelreibung, sowie die Schloßreibung überwinden (siehe Abb. 19.21). Es entsteht dabei ein Kippmoment, das zur sog. Voreiltendenz führt. Die wirksamste Gegenmaßnahme ist eine gestaffelte Rammung. Dabei werden mehrere Bohleneinheiten auf Teiltiefen gebracht und rückwärtsschreitend auf volle Tiefe oder auf eine weitere Teiltiefe gerammt. So ist im zweiten Durchgang die Schloßreibung beidseitig wirksam, und das Kippmoment bleibt aus. Weitere Gegenmaßnahmen sind eine ex-
19.4 Spundwände
387
Abb. 19.21. Kräfte beim Rammen: R: Rammkraft, F : Fußwiderstand, M : Mantelreibung, S: Schloßreibung.
zentrische Einleitung der Rammschläge, Erzeugung von Gegenmomenten durch Seilzug u.a.7 . Das Rammen erfolgt durch Fallhämmer8, die jeweils mit Seilzug, Druckluft, Dampf, Hydraulik oder Dieselexplosionen gehoben werden. Das Fallen erfolgt entweder frei oder zusätzlich (’doppelwirkend’) beschleunigt durch Druckluft, Dampf u.s.w. (sog. Schnellschlaghämmer). Dieselbetriebene Explosionsrammen liefern hohe Einzelschlagenergie bei geringer Schlagzahl, druckluftbetriebene Schnellschlagbären liefern geringe Einzelschlagenergie bei hoher Schlagzahl. Vibrationsrammen und -ziehen eignen sich bei nicht allzu dichten nichtbindigen Böden mit abgerundeten Körnern. Sie bieten den Vorteil niedriger Geräuschentwicklung. Vibrationsbäre können freireitend oder an Mäklern geführt eingesetzt werden. Hydraulische Vibratoren ermöglichen eine stufenlose Regelung der Frequenz und somit eine Anpassung an die Bodenverhältnisse. Moderne Geräte erlauben Ein- und Ausschwingen bei gleichbleibender Frequenz (durch Veränderung der Exzentrizität der Unwucht). Dadurch wird die Resonanzfrequenz (und somit die Störung der Nachbarschaft) vermieden. Zur Herabsetzung des Rammwiderstandes können Rammhilfen herangezogen werden. Dazu gehören Druckluft (bei nichtbindigen Böden, insbesondere unter Wasser), Niederdruckwasser (10 bis 20 bar Druck, 200 bis 500 l/min Wasser) und Hochdruckwasser (350 bis 500 bar, 20 l/min). Vereinzelt werden auch Lockerungssprengungen bzw. Schocksprengungen in eigens dafür abgeteuften Bohrlöchern vorgenommen. In schwierigen Böden empfiehlt sich eine Proberammung. 7 8
Arcelor, Stahlspundwände, Gesamtkatalog, www.arcelor.com/spundwand. Fallhämmer werden auch Fallbären genannt
388
19 Sicherung von Geländesprüngen
Wiedergewinnung: Wiedergewinnung (withdraw) und Wiederverwendung ist bei StSp 45 und bei dickwandigen Profilen einfacher als bei StSp 37. Es ist wichtig für die Wiederverwendung, daß die Schlösser beim Rammen nicht zerstört werden. Dies kann mit Hilfe von elektronischen Schloßsprungdetektoren vermieden werden. Dichtung: Wegen des erforderlichen Spielraumes sind Schloßverbindungen nicht wasserdicht, können aber mit der Zeit durch Verkrustung bzw. Verfüllung mit Beton eine gewisse Dichtigkeit erlangen. Um Spundwände abzudichten, werden die Schlösser (interlocks) mit einem Dichtungsmittel verfüllt. Zwar wird dieses beim Abteufen durch Rammen und insbesondere beim Vibrieren (wo es zu einer Erwärmung und folglich zur Verflüssigung des Dichtungsmittels kommt) teilweise ausgequetscht, jedoch verbleibt üblicherweise genügend Dichtungsmittel, um die Dichtigkeit zu gewährleisten. Schloßverfüllungen auf bituminöser Basis werden für temporäre Zwecke (mehrfach verwendete Spundbohlen) herangezogen. Für permanente Abdichtung werden die Schlösser werkseitig mit Dichtungen aus Polyurethan versehen. Diese ist alterungs- und witterungsbeständig, dauerelastisch sowie beständig gegen Wasser, Seewasser, normale Abwässer, mineralische Öle, zahlreiche Säuren und Laugen. Die Bohlen sollten dann vorzugsweise schlagend eingebracht werden. Die erreichte Dichtigkeit wird anhand des sog. Schloßsickerwiderstandes ρ angegeben, q=ρ
1 ∆p , γw
wobei ∆p der Druckunterschied beidseitig der Spundwand ist und q die Sickermenge in m3 /s pro laufendem Meter Schloß ist. Je nach Abdichtung erreicht man ρ-Werte zwischen 10−7 und 10−10 m/s. Oft werden Spundwandbohlen zu zweit oder zu dritt eingerammt. Die vor dem Rammen eingefädelten Schlösser können verschweißt werden. Dei verbleibenden Schlösser können nach dem Aushub von der Luftseite verschweißt werden. Es wird dadurch eine maximale Dichtigkeit erreicht. Korrosion: Auf der Erdseite einer gerammten Spundwand ist kein Korrosionsschutz erforderlich, da die Sauerstoffzufuhr eingeschränkt bzw. unterbunden ist. Auf der Luftseite ist die Korrosion abhängig von aggressiven Bestandteilen der Luft oder der Niederschläge. Auf der Wasserseite hängt die Korrosion ebenfalls von evtl. aggressiven Bedingungen ab. Im üblichen Süßwasser rechnet man mit einer mittleren Schwächung von 0,02 mm pro Jahr, während im Seewasser mit 0,14 mm pro Jahr gerechnet wird. Hier sind die Zonen im Bereich des Mittelwassers, sowie die Spritzwasserzonen bei starkem Wellenschlag besonders gefährdet. Zum Korrosionsschutz muß man einerseits ausreichende Profildicken wählen, andererseits kann man wetterfeste Stähle nehmen, bei denen eine Sperrschicht (Patina) das Weiterrosten verhindert. Auch Schutzanstriche aus Teer oder Verzinkung haben sich bewährt. Spundwandpresse: Sind Lärm und Erschütterungen nicht zugelassen, so können freireitende oder vom Kran abgelassene Spundwandpressen herangezogen werden. Von einer Spundwandpresse werden mehrere benachbarte Bohlen durch
19.5 Bohrpfahlwände
389
Greifer einzeln zug- und druckfest gepackt. Mit dem Eindringen der einzelnen Bohlen steht zunehmend deren Mantelreibung als Reaktionskraft für das Einpressen zur Verfügung. Man beachte, daß das Widerstandsmoment (section modulus) einer Spundwand nach Abb. 19.20 ganz empfindlich davon abhängt, ob die Schlösser schubfest miteinander verbunden (verschweißt) sind oder nicht (siehe Abb. 19.22). Je nachdem, ob die
Abb. 19.22. Normal- und Schubspannungsverteilung bei schubfester (a) und nicht-schubfester (b) Schloßverbindung
Schlösser verschweißt sind oder nicht, unterscheidet sich also das aufnehmbare Biegemoment um einen Faktor von ca. 4. Den Nachteil des kleinen aufnehmbaren Biegemomentes bei nichtverschweißten Schlössern kann man durch Verwendung von sog. Z-Profilen umgehen. Oft ist die Beanspruchung durch das Rütteln bzw. Rammen (etwa in einen Kiesboden) für die Profilwahl maßgebend, so daß ein erheblich stärkeres Profil als nach statischen Erfordernissen gewählt werden muß (siehe Tabelle 19.26). Bei größeren Projekten können Spundwandhersteller (im Wesentlichen A RCELOR und H OESCH) Profildicken auf ein gewünschtes Maß walzen.9 Spundwände sind relativ teuer und wenig anpassungsfähig. Daher werden sie hauptsächlich dann eingesetzt, wenn offenes Wasser abgehalten werden muß, bzw. wenn das Grundwasser nicht abgesenkt werden darf.
19.5 Bohrpfahlwände Bohrpfahlwände (bored pile walls) bestehen aus aneinander gereihten Bohrpfählen (Abb. 19.27). Bei der aufgelösten Wand wird der Zwischenraum mit Spritzoder Ortbeton ausgefacht. Die Ausfachung kann entweder bewehrt und auf Biegung berechnet oder unbewehrt unter Berücksichtigung der Gewölbewirkung ausgeführt werden. Tangierende Pfähle (contiguous pile wall) erhalten konstruktiv einen Abstand von 2 bis 5 cm, je nach Bodenart. Bei der überschnittenen Wand (secant piles) 9
Rammfibel für Stahlspundbohlen. ProfilARBED, L-4009 Esch/Alzette, Luxemburg, 2001.
390
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.23. Spundwand und Trägerbohlwand (Baustelle Unterinntaltrasse)
Abb. 19.24. Z-Spundwandprofil
Abb. 19.25. HZ-Spundwand Unterinntaltrasse)
(Baustelle
beträgt das Ausmaß der Überschneidung 10 bis 20% des Pfahldurchmessers. Die Primärpfähle haben statisch nur ausfachende Wirkung, sie werden daher mit Beton geringer Güte hergestellt und bleiben unbewehrt.10 Die Sekundärpfähle werden nur wenige Tage später hergestellt, solange der Beton der Primärpfähle noch nicht ganz
10
Erfordelichenfalls können Primärpfähle mit Stahlprofilen verstärkt werden, um die Steifigkeit der Wand zu erhöhen.
19.5 Bohrpfahlwände SPT n30 0 – 10 11 – 20 21 – 25 26 – 30 31 – 35 36 – 40 41 – 45 46 – 50 51 – 60 61 – 70 71 – 80 81 – 140
391
Widerstandsmoment Stahl mit Stahl mit niedriger hoher Streckgrenze Streckgrenze 500 500 1000 1000 1300 1300 2300 2300 3000 3000 4000 4000
Abb. 19.26. Rammtechnisch erforderliche Spundwandprofile je nach Bodenfestigkeit. Letztere wird anhand von n30 aus SPT beurteilt.
Abb. 19.27. Bohrpfahlwände, (a) aufgelöst, (b) tangierend, (c) überschnitten
ausgehärtet ist. Sie werden bewehrt und üblicherweise mit B25 hergestellt. Auch überschnittene Bohrpfahlwände können sich als undicht erweisen. 11 Bohrpfahlwände werden bis zu einer Tiefe von 25 m hergestellt. Eine Genauigkeit der Vertikalität von bis zu 0,5% kann erreicht werden. Sie sind sehr verformungsarm: Die Horizontalverschiebung einer rückverankerten Bohrpfahlwand beträgt ca. 0,1 bis 0,2% der freien Wandhöhe. Die Herstellung einer Bohrpfahlwand ist erschütterungs11
W. Krajewski: Wechselwirkung von Baugrubenaufschluß und Bauwerksentwurf - Erfahrungen beim Bau der Talsperre im Mittelgebirge, 12. Christian Veder Kolloquium Graz, 1997, 59-73.
392
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.28. Bohrschablone für Bohrpfahlwand
Abb. 19.29. Bohrpfahlwand
19.5 Bohrpfahlwände
Abb. 19.30. Tangierende Bohrpfahlwand
Abb. 19.31. Aufgelöste Bohrpfahlwand
393
394
19 Sicherung von Geländesprüngen
arm und schonend, da die Bohrpfähle in der Regel verrohrt hergestellt werden. Ferner kann eine Bohrpfahlwand in das geplante Bauwerk integriert werden. Sie ist teurer als der Berliner Verbau und der Spundwandverbau und in etwa gleich teuer wie eine Schlitzwand. Die einzelnen Pfähle werden nach den Regeln der Pfahltechnik hergestellt (siehe Abschnitt „Bohrpfähle“).
19.6 Schlitzwände Schlitzwände (diaphragm walls) sind Wände, die im Untergrund hergestellt werden.12 Die Herstellung erfolgt abschnittsweise, die einzelnen Abschnitte (Lamellen, panels) werden nacheinander ausgehoben, bewehrt und betoniert. Nach dem Aushub der Baugrube können Schlitzwände als Stützwände wirken, darüber hinaus können sie als Tiefgründung Lasten in den tieferen Untergrund einleiten sowie als Dichtwände wirken. Sie sind ähnlich verformungsarm wie Pfahlwände, können aber bis zu Tiefen von 150 m hergestellt werden. Die Wanddicken schwanken zwischen 0,4 und 2 m. Im Unterschied zu den Pfahlwänden brauchen sie allerdings eine umfangreichere Baustelleneinrichtung, so daß für kleinere Projekte mit geringeren Tiefen die Pfahlwände vorteilhafter sind. Folgende Aspekte sind von Wichtigkeit: 19.6.1 Lösen des Bodens Entweder durch Greifer oder durch Fräse (fraise, auch Hydrofräse genannt). Mit Fräsen werden heute Tiefen über 100 m erreicht. Dabei wird der Boden durch Schneidräder gelöst, die sich um horizontale oder vertikale Achsen drehen, und hydraulisch mit der Stützflüssigkeit gefördert.13 Während Greifer aufgrund ihres geringen Platzbedarfs und der günstigen Baustelleneinrichtung für kleine Wandflächen (bis zu 5.000 m2 ) preisgünstig sind, bieten die Fräsen eine sehr hohe Leistung (auch im Fels bis qu = 150 N/mm2 ), erschütterungsfreie Arbeitsweise und hohe Genauigkeit hinsichtlich der Vertikalität (bis zu 0,5%). Zur Herstellung einer 7 m langen Lamelle sind drei Fräsenstiche zu je 2,80 m Länge erforderlich. Findlinge können Probleme bereiten (siehe Abb. 19.35). Die Greifer können entweder als Tieflöffel von einem Bagger aus betrieben werden (Tiefe bis ca. 9 m), oder frei an einem Seil hängen, oder mit Hilfe einer teleskopierbaren Stange (sog. Kelly-Stange) bis ca. 30 m geführt werden. Das Öffnen und Schließen des Greifers kann entweder durch ein Seil oder durch eine Hydraulik-Vorrichtung bewerkstelligt werden. Im ersteren Fall ist die Seilzugkraft durch das Gewicht des Greifers beschränkt. Greifer arbeiten nicht kontinuierlich, bei großen Tiefen haben sie lange Fahrzeiten (sog. Spielzeiten). Daher 12 13
Th. Triantafyllidis, Planung und Bauausführung im Spezialtiefbau. Teil1: Schlitzwand- und Dichtwandtechnik. Ernst & Sohn, 2004. Nach dem CSM-Verfahren (cutter soil mixing) der Firmen Bauer und Soletanche-Bachy werden bis zu 25 m tiefe Schlitze gestochen. Der Boden wird aber nicht ausgehoben, sondern an Ort und Stelle durch Zugabe von Zementsuspension vermörtelt. Wichtig ist dabei, daß das Boden-Suspension Gemisch bis zum Abbinden stabil bleibt, so daß sich der Boden nicht absetzt.
19.6 Schlitzwände
Abb. 19.32. Fräse für CSM-Verfahren (Foto: Fa. Bauer)
395
Abb. 19.33. Trägereinbau (Foto: Fa. Bauer)
Abb. 19.34. Ausgegrabene CSM-Schlitzwand
lassen sich dort die kontinuierlichen Fräsen wirtschaftlicher einsetzen. Durch eingebaute elektronische Kontrollinstrumente haben Greifer inzwischen eine ähnlich gute Bohrgenauigkeit wie Fräsen erlangt, so daß man damit Schlitzwände mit Tiefen über 100 m herstellen kann.
396
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.35. Granit-Findling bei der Baustelle am Hauptbahnhof (Berlin)
19.6.2 Wandherstellung Beim Zweiphasenverfahren wird während des Aushubs der Schlitz durch eine nicht erhärtende Bentonit-Suspension oder Polymer-Flüssigkeit gestützt. Nach Erreichen der Endtiefe und evtl. Einsetzen des Bewehrungskorbs (siehe Abb. 19.38) wird nach dem Kontraktorverfahren (tremie pipe) betoniert, wobei die Stützflüssigkeit durch den eingebrachten Beton von unten nach oben verdrängt wird. Das Einphasenverfahren wird vorwiegend für Dichtungsschlitzwände eingesetzt. Dabei dient als Stützflüssigkeit eine langsam erhärtende Suspension auf Zementbasis, die nicht ausgetauscht wird. Beim sog. Kombinationsverfahren wird der Schlitz mit einer erhärtenden Suspension entsprechend dem Einphasenverfahren gestützt. Anschließend wird in den fertigen Schlitz eine Wand aus Betonfertigteilen oder Stahlspundbohlen eingebracht. Nach dem Aushub der Baugrube wird die erhärtete Stützflüssigkeit von der Luftseite entfernt. Wenn die Schlitzwand der Abdichtung und Einkapselung von Altlasten dient und die Ausbreitung von Schadstoffen eindämmen soll, so werden in die frische Einphasensuspension 2 bis 5 mm dicke Dichtungsfolien eingebracht. Die einzelnen Bahnen sind 2 bis 5 m breit und werden miteinander verschweißt bzw. mit Hilfe von geeigneten Schlössern (vgl. Spundwände) wasserdicht verbunden. Es werden so Tiefen bis 30 m erreicht. Alternativ zu den HDPE14 -Folien werden auch Metall- oder Glasscheiben verwendt. 14
High Density Polyethylen
19.6 Schlitzwände
Abb. 19.36. Leitwand für Schlitzwand, Gestaltung der Ecke (rechts)
Abb. 19.37. Leitwand. Vorne: provisorische Abstützung
397
398
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.38. Schlitzwandherstellung: Einbau des Bewehrungskorbs für die Unterführung am Lehrter Bahnhof (jetzt ’Hauptbahnhof’), Berlin, 1997
Abb. 19.39. Schlitzwandgreifer
Abb. 19.40. Herstellung einer Schlitzwand
19.6 Schlitzwände
399
19.6.3 Einphasen-Schlitzwand mit eingestellter Spundwand Es werden hierbei Spundwandprofile zur Bewehrung in Einphasen-Schlitzwände eingestellt (siehe Abb. 19.41). Da die Dichtwirkung von der Einphasen-Masse herbeigeführt wird, ist eine Schloßführung der Spundwandprofile nicht notwendig. Sie werden daher oft überlappend eingestellt. Die Spundwandprofile brauchen nur bis zur statisch erforderlichen Tiefe (zum Aufnehmen des Erddrucks nach dem Aushub der Baugrube) eingestellt zu werden, während die Schlitzwand zur Erzielung der Abdichtung oft tiefer sein muß (etwa bis zu einer undurchlässigen Schicht). EinphasenSchlitzwände mit eingestellter Spundwand sind ca. 50 % billiger aber auch biegeweicher als bewehrte Zweiphasen-Schlitzwände. Im Vergleich zu Spundwänden bieten sie den Vorteil, daß sie erschütterungsfrei hergestellt werden können. Zudem können die Spundwandprofile nach rein statischen Erfordernissen (und nicht zur Stabilität beim Einrütteln) dimensioniert werden. Nach dem Aushub der Baugrube soll der luftseitig an der Spundwand erhärtete Mörtel entfernt werden, da er sonst frei herabfallen kann (Verletzungsgefahr). .
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Erdschlitz mit Stützflüssigkeit/Dichtmasse
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Injektionsanker
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. Sand
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Kies und Steine .
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. . . . . . . . Schluff . . . . .. .Ton. . . . . . . . Sande . . .
Restwasserhaltung (Brunnen)
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Spundwand
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Abb. 19.41. Rückverankerte, in Erdschlitz eingestellte Spundwand, Einbindung in einen Stauer (Fa. Brückner Grundbau)
19.6.4 Leitwand Die Leitwand (guide wall) ist ca. 1,5 m tief und 0,2 m dick (Abb.19.36, 19.37). Sie dient der Führung der Aushubwerkzeuge, der Aufnahme des Erddrucks im oberen
400
19 Sicherung von Geländesprüngen
Schlitzbereich und der besseren Kontrolle des Stützflüssigkeitsspiegels. Sie ist eine Bauhilfsmaßnahme und wird nach Fertigstellung der Wand abgebrochen. 19.6.5 Stützflüssigkeit Bentonit ist ein Tonmineral mit hohem Anteil an Montmorillonit. Er wird in den USA, in Deutschland und in Griechenland als Kalzium-Bentonit abgebaut und zu Natrium-Bentonit verarbeitet. Die erste Stützung eines Schlitzes mit Bentonitsuspension erfolgte 1945 in den USA. Stützsuspensionen beim Zweiphasenverfahren sind Bentonit-Wasser-Gemische mit einem Bentonitanteil von 3 bis 4 Gew.%. Für Einphasen-Dichtwände benutzt man beispielsweise folgende Rezepturen für 1 m 3 Suspension: 20 bis 40 kg Na-Bentonit 150 bis 200 kg Ca-Bentonit 150 bis 200 kg Zement 150 bis 200 kg Zement ca. 900 kg Wasser ca. 900 kg Wasser 3 γ ≈ 11, 2 kN/m γ ≈ 12, 4 kN/m3
Die Bentonitsuspension ist bodenmechanisch gesehen ein Ton mit extrem hohem Wassergehalt und einer sehr geringen Kohäsion, welche die „Fließgrenze“ τ f genannt wird.15 Für τ < τf verhält sich die Suspension wie ein Feststoff, während für τ > τf sie wie ein N EWTON-Fluid fließt. Solche Stoffe heißen B INGHAM-Stoffe. Polymersuspensionen haben ein nichtlineares Viskositätsverhalten: Ihre Viskosität hängt von der Schergeschwindigkeit ab. Die Dichte der Suspension F ergibt sich aus dem Trockentongehalt gB (Masse des Tons pro Volumeneinheit Suspension) und der Dichte SB des Tonminerals (SB = 2, 60 bis 2,84 g/cm3 für Bentonit): gB w . F = g B + 1 − SB w = 1, 0 g/cm3 ist dabei die Dichte des Wassers. Somit ist die Suspension schwerer als Wasser, und F schwankt üblicherweise zwischen 1,03 und 1,20 g/cm3 . Ihre Stützwirkung rührt aber nicht nur daher, sondern ist hydrodynamischer Natur: Durch das Niveau des Suspensionsspiegels wird im Schlitz ein Überdruck im Vergleich zum 15
• • • •
Bei sehr großer und schneller Scherverformung verschwindet diese Kohäsion und wird erst nach einer gewissen Ruhezeit wieder aufgebaut. Diese Eigenschaft wird „Thixotropie“ genannt. τf hängt vom Typ und Mischungsverhältnis des Bentonits sowie vom Chemismus des Wassers, dem Alter der Mischung und der Temperatur ab. Gemessen wird τf mit Marsch-Trichter (Ausfließzeit aus einem genormten Trichter) Kugelharfe (Einsinken von verschieden schweren Kugeln) Kasumeter (an einem Gefäß ist ein horizontales Auslaufrohr montiert. Es wird diejenige Fallhöhe im Gefäß registriert, bei welcher die Suspension nicht mehr fließt sondern tropft) Rheometer (wie sonst üblich in Rheologie).
19.6 Schlitzwände
401
umgebenden Grundwasser aufrechterhalten. Dadurch fließt die Suspension in den Boden ein und übt dort eine stützende Strömungskraft aus. Diese beträgt iγ F und ist daher umso größer, je größer das hydraulische Gefälle i ist. Es gilt daher, den Überdruck ∆p in einer möglichst kurzen Strecke abzubauen. Dies wird dadurch bewerkstelligt, daß die Poren des Bodens in der Umgebung des Schlitzes durch die hochviskose Suspension praktisch verstopft werden. Die dann auf das Korngerüst ausgeübte Strömungskraft läßt sich wie folgt abschätzen. Die Fließgrenze τf ist maßgebend für die Eindringtiefe l. Dies kann durch folgende Betrachtung gezeigt werden. Wir betrachten eine idealisierte Pore als zylindrisches Rohr mit der Länge ∆s und dem Durchmesser d. Das Rohr ist mit Injektionsgut gefüllt, auf welches der Druck ∆p wirkt. Die resultierende Kraft ∆pπd2 /4 muß den Fließwiderstand ∆sπdτf überwinden. Aus ∆sπdτf = ∆pπd2 /4 folgt: ∆s = d∆p/(4τf ). Aus Versuchen erhält man d ≈ 2d10 , somit ist ∆s ≈
d10 ∆p 2τf
(19.1)
Aus Gleichung 19.1 folgt, daß für sehr feinkörnige Böden (d10 sehr klein) und hinreichend hohen τf -Werten ∆s gegen 0 geht: Es bildet sich auf der Wandoberfläche ein praktisch undurchlässiger Filterkuchen, der wie eine undurchlässige Membran wirkt. Diese Membran nimmt den Überdruck der Suspension auf und übt ihn auf das anliegende Korngerüst aus. Damit sich aber diese Membran bildet, wird eine Strömung der Suspension in den Boden hinein vorausgesetzt. Ist eine wassergesättigte Sandlinse von undurchlässigem Material eingeschlossen (siehe Abb. 19.42), so kann diese Strömung nicht stattfinden, der Sand kann von der Suspension nicht gestützt werden und läuft in den Schlitz aus. Für Böden mit größerem Korndurchmesser ist ∆s nicht verschwindend klein (19.49). Die horizontale Strömungskraft soll die Körner hinreichend stark gegen das Erdreich drücken, damit sie nicht herabfallen. Betrachten wir ein Bodenelement mit der Dicke ∆s, der Höhe ∆h und der Breite ∆b. Sein Gewicht unter Auftrieb ist (γr − γf )∆s∆h∆b = (1 − n)(γs − γf )∆s∆h∆b. Die Anpreßkraft F = ∆p∆h∆b beträgt nach Gleichung 19.1 (2τf ∆s/d10 ) · ∆h∆b. Die nach oben gerichtete haltende Kraft F tan ϕ soll größer als das o.g. Gewicht sein. Daraus folgt die Bedingung für die Sicherheit gegen das Herausfallen von Einzelkörnern oder Korngruppen: τf ≥ (1 − n)(γs − γf )
d10 (2) tan ϕ
Der Faktor 2 wird sicherheitshalber ausgelassen, tan ϕ kann um einen weiteren Sicherheitsfaktor reduziert werden. Ein Nachteil der Bentonitsuspension ist, daß sie sich von der Oberfläche der Bewehrung und von Dichtungsfugen nicht verdrängen läßt und somit das Haften zwischen Beton und Bewehrung und die Dichtigkeit der Fugen beeinträchtigt. Die Aufbereitung, Bevorratung und Entsorgung der Stützflüssigkeit ist ein wichtiger und aufwendiger Teil der Schlitzwandherstellung. Zur Aufbereitung ist eine innige Mischung des Bentonits mit dem Wasser erforderlich. Durchlaufmischer können
402
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.42. Die Stützung durch Suspension wird unwirksam, wenn sich keine Strömung einstellen kann.
große Mengen an Suspension in kurzer Zeit aufbereiten. Eine Bevorratung des 2 bis 2,5-fachen Schlitzwandvolumens ist erforderlich, um bei plötzlichem Suspensionsverlust einem Schlitzeinsturz vorzubeugen. Zur Entsorgung ist eine Trennung von Suspension und Aushubmaterial erforderlich. Durch Rüttelsiebe und Zyklone können in Entsandungsanlagen Korngrößen bis 0,06 mm abgetrennt werden, aufwendigere Anlagen (mehrere Zyklonsätze, Zentrifugen) können Korngrößen bis 0,01 mm abtrennen. Dazu sind Baustelleneinrichtungsflächen von ca. 500 m 2 erforderlich (siehe Abb. 19.43).
Abb. 19.43. Baustelleneinrichtung einer Entsandungsanlage (Fa. Bauer)
19.6 Schlitzwände
403
19.6.6 Fugen Damit benachbarte Schlitzwandelemente möglichst dicht aneinander anschließen, werden besondere Fugenkonstruktionen ausgebildet. Üblich ist ein sog. Abschalrohr aus Stahl, das gezogen wird, wenn der angrenzende Beton noch jung aber bereits abgebunden ist (siehe Abb. 19.44). Weitere Fugenkonstruktionen finden sich
Abb. 19.44. Abschalrohr zur Trennung der einzelnen Wandabschnitte
in Abb. 19.45. Einen dichten Anschluß von Schlitzwandlamellen kann man bei gefrästen Schlitzwänden erreichen, wenn die Abschnitte zwischen den ausbetonierten sog. Primärlamellen nachträglich und überlappend gefräst werden (sog. Sekundärlamellen).
Abb. 19.45. Mögliche Fugen von Schlitzwandelamellen
404
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.46. Abschalbohle zum Einsetzen eines Fugenbands in den Beton (siehe auch Abb. 19.45).
19.6.7 Dichtigkeit Durch die fehlende Horizontalbewehrung quer durch die einzelnen Schlitzwandlamellen sind Schlitzwände (genauso wie Bohrpfahlwände) nicht absolut dicht. Somit fallen sie weder in die Kategorie „vollständig trocken“ (z.B. als Kellerwände für Lager- und Aufenthaltsräume) noch in die Kategorie „weitgehend trocken“ (z.B. für temporäre Zufluchtsräume). Allerdings können Schlitzwände und Pfahlwände bei sachgerechter Herstellung der Kategorie „kapillare Durchfeuchtung“ (Tiefgaragen oder Tunnel ohne Frostgefährdung) zugeordnet werden. Diese Kategorie zeichnet sich durch einzelne feuchte Stellen mit stehenden Wassertropfen („Schweißperlen“), jedoch ohne rinnendes oder tropfendes Wasser aus (d.h. die Durchfeuchtung sollte kleiner als die Verdunstung sein). Schlitzwände, die als Dichtungswände im Boden verbleiben und nicht als Stützwände wirken, können Systemdurchlässigkeiten von 10 −7 bis 10−9 m/s haben. 19.6.8 Standsicherheit bei der Herstellung Die von der Suspension ausgeübte stützende Kraft soll verhindern, daß ein Erdkeil in den Schlitz hineinrutscht (siehe Abb. 19.47). Falls sich ein membranartiger Filterkuchen bildet, ergibt sich die Stützkraft aus der Resultierenden des Überdrucks ∆p, der auf die Fläche ABED wirkt (siehe Abb. 19.47 und 19.48). Falls die Eindringlänge ∆s der Suspension groß ist, so muß man berücksichtigen, daß ein Teil der Stützkraft (nämlich derjenige, der der Fläche ABC in Abb. 19.49 entspricht) im Bereich hinter dem Gleitkeil ADE auf das Korngerüst übertragen wird und somit für die Stützung des Gleitkeils unwirksam ist. Man beachte, daß entsprechend der Gleichung 19.1 die
19.6 Schlitzwände
405
Abb. 19.47. Erdkeil, der von der Stützkraft der Suspension am Abrutschen gehindert werden soll.
Abb. 19.48. Verteilung des Überdrucks ∆p
∆s-Verteilung affin zur ∆p-Verteilung ist. Es ist nachzuweisen, daß die aufgrund des Suspensionsüberdrucks vorhandene Stützkraft größer als die erforderliche Stützkraft E ist. Letztere ist der Erddruck, der zur Stützung des Erdkeils ADE (in Abb. 19.49) erforderlich wird. Der maßgebende (maximale) Erddruck ergibt sich durch Variation des Winkels ϑ (siehe Abb. 19.47). Man muß allerdings bedenken, daß wegen der endlichen Länge BE ein räumliches Erddruckproblem vorliegt. Hierfür liegen mehrere Ansätze, aber kein allgemein anerkanntes Verfahren vor. Ein vereinfachtes Vorgehen für die Ermittlung von E besteht darin, das Kräftegleichgewicht am Erdkeil ABCDEF zu betrachten. Das Krafteck ist in Abbildung 19.50 eingetragen. Die gleitfugenparallele Kraft S ergibt sich durch die Reibung an den Stirnflächen ABC und DEF (siehe Abb. 19.47). Für einen kohäsionslosen Boden errechnet sie sich aus der
406
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.49. Eindringgrenze der Suspension (∆s-Linie) und Gleitkeil.
linear mit der Tiefe z zunehmenden Horizontalspannung K0 γz mit K0 = 1 − sin ϕ. Für einen homogenen Boden ergibt sich so mit h = AB: S=
1 K0 γh3 tan ϕ 3 tan ϑ
Abb. 19.50. Krafteck aus den am Erdkeil ABC angreifenden Kräften.
19.7 Statische Berechnung von Stützwänden
407
Die Variation über ϑ erfolgt numerisch. Werden in der Nähe der Schlitzwand Lasten in den Untergrund eingeleitet, so müssen sie bei der Ermittlung von E berücksichtigt werden16 .
19.7 Statische Berechnung von Stützwänden Durch die statische Berechnung ist nachzuweisen, daß das Erdreich hinreichend gestützt ist (sog. äußere Standsicherheit). Ferner dient sie der Bemessung der Stützwand und der weiteren Stützelemente (Anker, Steifen). Es liegt hier ein kompliziertes Problem der Bauwerk-Boden-Wechselwirkung vor. Der aktive und der passive Erddruck sind lediglich Grenzfälle, die sich bei ausreichender Bewegung der Wand einstellen. Ein weiterer Grenzfall ist der Erdruhedruck, der eine absolut unverschiebliche und unbiegsame Stützwand voraussetzt. Zustände zwischen diesen Grenzfällen sind meist sehr schwer bzw. kaum zu erfassen. Dies spiegelt sich auch in den komplizierten Bemessungsregeln17 wieder. Die schlechte Treffsicherheit von Berechnungen manifestiert sich in den stark divergierenden rechnerischen Voraussagen verschiedener Autoren18 (siehe Abb. 19.51). Nachfolgend werden einige einfache Berechnungsansätze präsentiert, die auf die Konzepte des aktiven und passiven Erddrucks beruhen. Erddruckkoeffizienten werden nach der Theorie von C OULOMB bzw. nach der Formel von M ÜLLER -B RESLAU berechnet. Der dazu erforderliche Reibungswinkel folgt aus Versuchen oder aus konservativen Abschätzungen in Tabellen 19 , falls der anstehende Boden sich in die vorgegebenen Bodengruppen einordnen läßt. Der ebenfalls erforderliche Wandreibungswinkel δ ist labormäßig schwer bestimmbar und wird üblicherweise zu 2/3ϕ angesetzt. Für Schlitzwände und bentonitgestützte Bohrpfahlwände wird ausnahmsweise δ = 1/3ϕ angesetzt, da zwischen Beton und Erdreich Bentonitsuspension verbleibt und die Reibung herabsetzt. Diese Abschätzungen wurden durch Anpassung des Erddrucks nach C OULOMB an gemessene Werte gewonnen. Stützwände mit sehr kleinem Querschnitt (etwa Spundwände) üben an ihrer Unterseite fast keine Sohlpressung aus. Man sollte daher δ dermaßen bestimmen, daß die Gleichgewichtsbedingung V = 0 nicht verletzt wird. Bei nichtbindigen Böden darf man eine Kapillarkohäsion von c ≈ 2 kN/m 2 ansetzen, sofern sie weder überflutet noch ausgetrocknet werden können. Mit einer unbegrenzten Flächenlast von p = 10 kN/m2 kann man übliche Stapellasten auf Baustellen erfassen. Lastan16 17 18
19
Siehe M. Stocker und B. Walz: Pfahlwände, Schlitzwände, Dichtwände. In: GrundbauTaschenbuch, Vierte Auflage, Teil 3, 1992, Ernst & Sohn. Siehe z.B. EAB Empfehlungen des Arbeitskreises „Baugruben“ der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik, 3. Auflage, 1994, Ernst & Sohn. Für eine ausgiebig instrumentierte Versuchsspundwand bei Hochstetten wurden 43 Voraussagen aus 13 Ländern eingereicht. Siehe P.-A. von Wolffersdorff: Feldversuch an einer Spundwand in Sandboden: Versuchsergebnisse und Prognosen. Geotechnik 17(2), 1994, S. 73-83. z.B. DIN 1055 Teil 2.
408
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.51. Prognosen für den Erddruck, das Biegemoment und die Verschiebung einer Spundwand in Hochstetten.
nahmen für Bagger u.ä. in Abhängigkeit ihrer Entfernung von der Stützwand finden sich in der EAB20 . Eine ungestützte Stützwand (Abb. 19.52a) verschiebt sich (unter Vernachlässigung der Eigenverformung) unter der Einwirkung des Erddrucks wie in Abbildung 19.52b dargestellt. Die dabei mobilisierte Erddruckverteilung ist in Abbildung 19.52c angedeutet. Um das Momentengleichgewicht zu erfüllen, muß sich die Wand unterhalb eines Drehpunktes (bzw. Belastungsnullpunktes) nach rechts bewegen, um so die resultierende Kraft C zu mobilisieren. Nun wird nach B LUM angenommen, daß der linear mit der Tiefe zunehmende Erddruck bis zum Angriffspunkt der Kraft C wirkt. 20
Siehe auch: A. Weißenbach „Baugrubensicherung“. In Grundbau-Taschenbuch, Vierte Auflage, Teil 3.
19.7 Statische Berechnung von Stützwänden
409
Abb. 19.52. Ungestützte (bzw. unverankerte) Stützwand
Von links nach rechts wird eine um den Faktor ηP = 1, 5 abgeminderte, linear mit der Tiefe zunehmende Verteilung des passiven Erddrucks angesetzt. Durch den Faktor ηP soll berücksichtigt werden, daß der passive Erddruck erst bei relativ großen Verschiebungen (die hier kaum vorliegen) mobilisiert wird. Momentengleichgewicht um den Angriffspunkt von C liefert eine kubische Gleichung zur Bestimmung der Einbindetiefe t. Die so ermittelte Tiefe t muß um ca. 20% erhöht werden, damit die Kraft C (die eigentlich keine Einzellast ist) aufgenommen werden kann. Ungestützte Wände werden nur bei kleinen Geländesprüngen herangezogen (bis ca. 2,5 m Höhe), die erforderliche Einbindetiefe beträgt ca. 80% der gestützten Höhe. Bei größeren Geländesprüngen und bei Wasserdruck werden gestützte Wände verwendet. Die Stützung erfolgt durch Steifen (struts, braces) oder Anker (anchors, tiebacks). Einfach gestützte Wände sind in Abbildung 19.53 dargestellt. Hier sind die Bedingungen für die Einstellung des aktiven Erddrucks nicht mehr gegeben. Auch die Verteilung des Erddrucks ist nicht linear mit der Tiefe zunehmend, sondern eher wie in Abbildung 19.53 angegeben. In der Literatur gibt es sehr viele Fallunterschei-
Abb. 19.53. Einfach gestützte Wand, (a) Schnitt durch die Baugrube, (b) verformte Wand, (c) Verteilung des Erddrucks
410
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.54. Mit Streben gestützte Stützwände
dungen und Vorschläge, wie man die Erddruckverteilung approximieren kann. Die meisten davon sind recht unübersichtlich und schwer nachvollziehbar. Eine einfache Approximation besteht darin, den Erddruck hinter der Wand als konstant anzusetzen (siehe Abb. 19.55).
Abb. 19.55. Angenommene Verteilung des Erddrucks auf eine einfach gestützte (bzw. verankerte) Wand
Die konstante Erddrucklast eh wird dermaßen festgelegt, daß ihre Resultierende eh (h + t) gleich dem Erddruck 12 γ(h + t)2 K ist. Wenn man bereit ist, Verschiebungen des Wandkopfs zuzulassen, wählt man K = Kah . Will man hingegen weitgehende Unverschieblichkeit des Wandkopfs, so wählt man K = K 0 (Erdruhedruck). Auch dazwischenliegende Werte werden verwendet. Die statische Bemessung soll die erforderliche Tiefe t, die erforderliche Ankerkraft A, sowie die Beanspruchung der P Wand durch Biegemomente liefern. Die Einbindetiefe t folgt aus der Bedingung M = 0 um den Angriffspunkt der Anker- bzw. Stützkraft A. A folgt aus der Be-
19.7 Statische Berechnung von Stützwänden
411
dingung H = 0. Die Momentenlinie ist in Abb. 19.56a dargestellt. Dieser Fall heißt „im Boden frei aufgelagerte Wand“. Vergrößert man die Einbindetiefe t der
Abb. 19.56. Momentenlinien für die Fälle „freie Auflagerung“ (a) und „eingespannt“ (c). Die Verformung einer „eingespannten“ Wand ist in (b) dargestellt.
Wand, so wird sich diese unterhalb eines Punktes P nach rechts bewegen und einen Erdwiderstand wecken, der vereinfacht durch die Ersatzkraft C dargestellt werden kann (siehe Abb. 19.56b). Als Folge verringert sich das Feldmoment (Abb. 19.56c). Dieser Fall heißt „im Boden eingespannte Wand“. Wählt man die Tiefe t dermaßen, daß die Verschiebung des Angriffspunktes von A verschwindet, so erhält man den Fall „im Boden voll eingespannte Wand“. Neuere Messungen 21 zeigen, daß der tatsächliche Erdwiderstand in der Baugrubensohle kleiner als angenommen ausfällt, so daß die „Einspannung“ im Boden nicht wie erwartet eintritt. Höhere Wände erhalten mehrere Anker- bzw. Stützenlagen. Auch hier wird die Erddruckresultierende im Bereich zwischen aktivem Erddruck und Erdruhedruck gewählt, je nachdem, ob man Verschiebungen der Wand zuläßt oder nicht. Hinsichtlich der Verteilung des gewählten Erddrucks läßt sich sagen, daß die in der Literatur angegebenen Vorschriften meist irrelevant sind, da man die tatsächliche Verteilung durch geeignetes Vorspannen der Anker erzwingen kann. Wichtig ist, daß man die Zwischenbauzustände (siehe Abb. 19.57) berücksichtigt. Insbesondere bei der tiefsten Ankerlage ist zu berücksichtigen, daß diese erst nach dem Endaushub gesetzt werden kann. Bei Trägerbohlwänden muß man berücksichtigen, daß sie unterhalb der Baugrubensohle nicht durchgängig sind (siehe Abb. 19.58). Insofern wird kein aktiver Erddruck in diesem Bereich angesetzt, und der abgeminderte passive Erddruck 21
A. Weißenbach und P. Gollub: Neue Erkenntnisse über mehrfach verankerte Ortbetonwände. Bautechnik 72 (1995), Heft 12, 781-799. Siehe auch Th. Triantafyllidis: Neue Erkenntnisse aus Messungen an tiefen Baugruben am Potsdamer Platz in Berlin, Bautechnik 75 (1998), Heft 3, 133-154.
412
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.57. Zwischenbauzustände (Vorbauzustände und Rückbauzustände) einer mehrfach verankerten Stützwand.
ist nur in dem Maße anzusetzen, das den vertikalen Trägern entspricht. Es liegt hier wieder das Problem des räumlichen passiven Erddrucks vor. Offensichtlich ist der über die Bohlträger aufbringbare passive Erddruck kleiner als der passive Erddruck, den eine durchgehende Wand ausüben würde. Der Abminderungsfaktor wurde durch Versuche ermittelt und in Abhängigkeit von b/t (siehe Abb. 19.58) und ϕ tabelliert 22 .
19.7.1 Berücksichtigung des Grundwassers Ein evtl. vorhandener Wasserdruck muß als Belastung auf die Wand berücksichtigt werden. Darüberhinaus beeinträchtigt die Strömungskraft die effektiven Spannungen und hat somit einen Einfluß nicht nur auf den Erddruck, sondern auch auf die Steifigkeit (z.B. des Erdwiderlagers). Die stationäre Grundwasserströmung um eine dichte Stützwand erfolgt nach den Potentialnetzen der Abb. 19.59. Die Unterschiede beider Netze ergeben sich aus den unterschiedlichen Randbedingungen, die in den Bildern nicht deutlich zu erkennen sind. Im Bild links erfolgt die Speisung der Grundwasserströmung von rechts, während sie im Bild rechts von oben erfolgt. Für vereinfachte Berechnungen wird oft das rechte Strömungsnetz angenommen, und es wird die Stromlinie betrachtet, welche die Stützwand tangiert (Abb. 19.60). 22
Siehe EAB oder Abschnitt „Baugrubensicherung“ im Grundbau-Taschenbuch.
19.7 Statische Berechnung von Stützwänden
413
Abb. 19.58. Einbindung einer Trägerbohlwand
Abb. 19.59. Grundwasserströmungen um eine Stützwand. Die unterschiedlichen Strömungsbilder rechts und links ergeben sich aus den Randbedingungen (welche oft nicht klar erkennbar sind). Im Bild links erfolgt die Speisung des Grundwassers von rechts, während sie im Bild rechts von oben erfolgt.
In einem homogenen Boden wird der Überdruck ∆h gleichmäßig entlang der Stromlinie abgebaut. Es ergeben sich somit die in Abb. 19.60a dargestellten Wasserdruckverteilungen. Aus (1 − i)a = (1 + i)b folgt: i = (a − b)/(a + b). Wenn wir näherungsweise annehmen, daß der Grundwasserspiegel in der Baugrube mit der Baugrubensohle zusammenfällt, so lautet die Bedingung für die Vermeidung des hydraulischen Grundbruchs: ηiγw ≤ γ 0 bzw. i ≤ γ 0 /γw ≈ 1/η. Nimmt man für die Sicherheit η = 2 an, so folgt mit a = ∆h + b die erforderliche Einbindetiefe: b ≥ ∆h/2.
414
19 Sicherung von Geländesprüngen
z1
∆h
z1
k
Q
Q γ wz 1
γ wz 1
a
k1 b
k 2 <
c
γ w (1+i)b= γ w (1−i)a
γ w (b+ic)= γ w (a−ic)
Abb. 19.60. Wasserdruck auf Stützwand in homogenem (a) und inhomogenem (b) Boden (bei unendlich dünner Wand).
19.8 Anker Anker dienen zur rückwärtigen Stützung einer Wand, ohne daß der Betrieb in der Baugrube durch Steifen behindert wird. Darüber hinaus werden sie zur Sicherung gegen Auftrieb, zur Aufnahme von Zugkräften bei Seilbrücken, Seilbahnen u.ä. eingesetzt. Verpreßanker im Fels wurden erstmalig 1934 in Algerien eingesetzt. Zur Kraftübertragung zwischen Anker und Boden verwendete man früher Ankerplatten oder Ankerschächte (siehe Abb. 19.61). Der Verpreßanker wurde erfunden, als man
Abb. 19.61. Kraftübertragung über Ankerplatte oder Schacht
die Anbohrung eines Ankerschachtes verfehlt hatte23 . Er besteht aus einem Stahl23
Baustelle Bayerischer Rundfunk 1958.
19.8 Anker
415
zugglied, das in ein Bohrloch eingeführt wird. In seinem Ende wird durch Verfüllen und nachträgliches Verpressen des Ringspalts mit Zementmörtel der Kraftschluß mit dem Erdreich hergestellt. Am oberen Ende wird der Anker über eine Kopfplatte, die auf der Stützwand oder einem entsprechenden Gurt anliegt, vorgespannt (siehe Abb. 19.62). Ankerbohrungen: Zur Ankerherstellung werden Bohrlöcher bis zu 100 m Länge gebohrt. Die Bohrdurchmesser haben üblicherweise folgende Werte: Ankertyp Bohrdurchmesser in mm Temporäranker bis 600 kN 89 Daueranker 133 - 178 Hochlastanker bis 250 Folgende Bohrverfahren werden eingesetzt:24 Rollige Böden: Rammen. Nachteile: Lärm und Setzungen durch Verdichtung lockeren Bodens. Einen reduzierten Lärm erzeugt die sog. Überlagerungsbohrung, bei welcher das Innenrohr gerammt und das Außenrohr gedreht wird. Bindige Böden: Rotationsspülbohrverfahren. Allerdings weicht die Wasserspülung den umliegenden Boden auf und vermindert so die Tragfähigkeit des Ankers. Daher sollte man mit Luft spülen oder mit Schnecke bohren. Folgende Tagesleistungen für fertige Anker (Länge ≤ 30 m) können erreicht werden: Bohrdurchmesser Tagesleistung mm m 89 200 133 - 178 100 - 150 250 70 - 100 Die Bohrlochwand wird durch eine Verrohrung gestützt. Bei den sog. selbstbohrenden Ankern wird das Bohrgestänge bzw. Bohrrohr im Boden belassen und dient als Stahlzugglied. Verpressen: Zunächst wird das Bohrloch mit Zementmörtel verfüllt 25 , bis dieser aus dem Bohrlochmund austritt. Anschließend wird der Anker eingeführt, und die Verrohrung wird um die vorgesehene Länge der Verpreßstrecke (üblicherweise 4 bis 10 m) zurückgezogen. Danach wird der Zementmörtel mit Druck zwischen 5 und 15 bar beaufschlagt (’verpreßt’). Der zwischen Verpreßstrecke und Bohrlochmund verbleibende Zementmörtel wird mit Wasser ausgespült und die restliche Verrohrung gezogen. Zur Erhöhung der Tragfähigkeit von Ankern 24
25
G. Dausch, K. D. Kluckert, ’Aktueller Stand der Ankertechnik’ in Beiträge zum 16. Christian Veder Kolloquium, Graz 2001, 1 - 24; L. Wichter, W. Meiniger, Verankerungen und Vernagelungen im Grundbau, Ernst und Sohn, 2000. Das Füllvolumen übersteigt das theoretische Volumen des Bohrlochs um 50 bis 200 %.
416
19 Sicherung von Geländesprüngen
in bindigen Böden (um bis zu 30 %) können ab einem Tag nach dem Verpressen Nachverpressungen vorgenommen werden. Dabei wird Zementmörtel durch eigens dafür anmontierte Zuleitungen mit Drücken zwischen 5 und 30 bar verpreßt. Alternativ dazu können Expansionsbindemittel verwendet werden, bei welchen durch Kristallwachstum Volumenzunahmen von bis zu 20 % bzw. Druckzunahmen bis 2 bar hervorgerufen werden.26 Bei Ankerbohrungen gegen drückendes Grundwasser besteht (insbesondere bei gleichförmigen Sanden) die Gefahr des Bodenentzugs und sollten möglichst vermieden werden. Es sind dort Verdrängungsbohrverfahren mit Rammen vorzuziehen, bzw. ist der Rückfluß aus dem Bohrloch zu minimieren. Beim Verpressen der Anker sollte man auf mögliche Hebungen der Geländeoberkante achten. Dies ist insbesonders dann wichtig, wenn man unterhalb von Bauwerken verpreßt. Zum Verpressen unterhalb von fremden Grundstücken ist ein Gestattungsvertrag erforderlich. Immer öf-
Abb. 19.62. Prinzipskizze eines Verpreßankers
ter müssen provisorische Anker nach Verfüllung der Baugrube entfernt werden, um die Nutzung des Nachbargrundstücks nicht zu beeinträchtigen. Daher sind mehrere Verfahren zur Herstellung von rückbaubaren Verpreßankern entwickelt worden. 27 Ein einfaches Verfahren besteht darin, den Verpreßkörper durch die Zündung einer Sprengpatrone zu zerstören. Diese wird in ein dafür vorgesehenes und einzementiertes Rohr eingeführt. Alternativ dazu kann man den Verpreßkörper durch Ziehen eines Spreizkegels aufsprengen. Auch Umlenkschlaufen, Kupplungsmuffen und Sollbruchstellen werden herangezogen. Nicht vorgespannte (sog. schlaffe) Anker packen (d.h. werden statisch wirksam) erst nach einer Wandverschiebung von einigen Zentimetern. 26
27
A. Mangstl u.a., Untersuchung der Kraftübertragung von Verpreßkörpern aus dem Expansionsbindemittel CIMEX 15, In: Beiträge zum 16. Christian Veder Kolloquium, Graz 2001. Beiträge zum 16. Christian Veder Kolloquium, TU Graz, 2001.
19.8 Anker
417
Abb. 19.63. Mit Permanentankern gesicherter Einschnitt
Es ist sehr wichtig, daß die planmäßige freie Stahllänge lf S eingehalten wird. Wird nämlich der Ringspalt vom Ankerfuß bis Ankerkopf mit Mörtel verfüllt, so wirkt die Vorspannkraft nicht auf das Erdreich, sondern auf den Verpreßkörper (es erfolgt ein „Kurzschluß“ der Kraft), und der Anker bleibt erdstatisch unwirksam. Man unterscheidet zwischen Temporär- (Nutzungsdauer < 2 Jahre) und Permanentankern (Nutzungsdauer > 2 Jahre). Bei den letzteren sind die Korrosionsschutzmaßnahmen viel aufwendiger, denn es wird verlangt, daß das gesamte Stahlzugglied von mindestens einer ununterbrochenen abdichtenden Schutzschicht umschlossen ist.28 Eine lückenlose Umhüllung des Ankers mit abdichtendem Schutzmaterial kann durch Messung des elektrischen Widerstandes zwischen Anker und Boden nachgewiesen werden. Der Widerstand sollte bei einer angelegten Gleichspannung von 500 V größer als 0,1 MΩ sein. Die Traglast FK , d.h. die maximale Kraft, die der Anker auf das Erdreich übertragen kann, hängt von der Kraftübertragungslänge (=Verpreßstrecke) l 0 (sie wächst ungefähr linear mit l0 ) und dem Durchmesser des Verpreßkörpers, ferner von Mantelreibung und Adhäsion zwischen Verpreßkörper und Erdreich, sowie von evtl. Nachverpressungen ab. Die üblichen Ankervorspannkräfte liegen zwischen 100 und 1.000 kN. Das Tragvermögen von Ankern wird anhand von Grundsatz-, Eignungs- und Abnahmeprüfungen nachgewiesen. Die Grundsatzprüfung entscheidet über die
28
Die Verwendung von Edelstahl wäre sinnlos, weil dieser nicht geeignet für Vorspannung ist und letztendlich auch rostet.
418
19 Sicherung von Geländesprüngen
grundsätzliche Eignung eines neuen Ankertyps29, die Eignungsprüfung entscheidet, ob der betreffende Ankertyp für die vorliegenden Baugrundverhältnisse geeignet ist, und durch die Abnahmeprüfung soll die Tragfähigkeit jedes einzelnen Ankers nachgewiesen werden.
Abb. 19.64. Ankerprüfung
Man unterscheidet zwischen der Grenzkraft FK des Verpreßkörpers (diejenige Kraft, die ein Kriechmaß von (s2 − s1 )/ log(t2 /t1 ) = 2 mm erzeugt), der Grenzkraft FS = AS βs des Stahlzuggliedes (As ist die Querschnittsfläche und βs ist die Zugfestigkeit des Stahlzuggliedes), der zulässigen Ankerkraft zulF , der Gebrauchskraft F W , der Prüfkraft FP und der Vorspann- oder Festlegekraft F0 (≤ FW ). Unmittelbar nach dem Vorspannen ist die Gebrauchskraft identisch mit der Vorspannkraft, sie kann sich aber aufgrund von Verschiebungen bzw. Kriechen verändern. Nach der Norm 30 soll zulF hinreichend kleiner als die Grenzlasten FK und FS sein: zulF ≤ FK /ηK
bzw. zulF ≤ FS /ηS
.
Bei der Ankerprüfung werden Ausziehkräfte am Ankerkopf aufgebracht, und die zugehörigen Verschiebungen werden registriert. Ausgehend von der Kraft F i (≤ 0, 2FW ) wird die Prüflast stufenweise erhöht, wobei bei jeder Stufe eine Entlastung auf Fi vorgenommen wird. Aus der gesamten Verschiebung s erhält man so den elastischen (sel ) und den bleibenden (sbl ) Anteil (s = sel + sbl ) für jede Laststufe. Die Beziehung zwischen Prüflast und Verschiebung ist nicht eindeutig. Vielmehr wächst mit der Zeit die Verschiebung (insbesondere bei bindigen Böden) bei konstanter Last (siehe Abb. 19.65). Daher sind für jede Laststufe Mindestbeobachtungszeiten vorgeschrieben (DIN 4125). Die Prüflast wird solange erhöht, bis die Grenzlast FK oder der Wert ηK FW erreicht wird, jedoch nicht über den Wert 0, 9FS . Die freie Stahl29
30
Die Grundsatzprüfung wird durch die Untersuchungsprüfung ersetzt, bei welcher der Herausziehwiderstand in Abhängigkeit von den Baugrundbedingungen und den Baustoffen untersucht wird. DIN 4125 Kurzzeitanker und Daueranker, November 1990; ÖNORM B4455, August 1992.
19.8 Anker
419
Abb. 19.65. Anwachsen der Verschiebung mit der Zeit bei den einzelnen Laststufen.
länge lf S wird aus der elastischen Steifigkeit des Ankers ∆FP /∆sel , dem Elastizitätsmodul E und der Querschnittsfläche As des Stahlzuggliedes bestimmt: lf S =
∆sel EAs ∆FP
.
Da die Krafteintragung über den Verpreßkörper nicht punktförmig ist, ist die F P -sel Linie am Anfang leicht gekrümmt (siehe Abb. 19.67). Der Verlauf der Ankerkraft F in Abhängigkeit der Ankerkopfverschiebung bei der beschriebenen Ankerprüfung wird im Bild 19.66a dargestellt. Die horizontalen Kurvenabschnitte beschreiben die Kriechphasen. Bei der britischen Prüfmethode (Bild 19.66b) wird die jeweils erreichte Pfahlkopfverschiebung konstant gehalten, und es wird der zeitliche Abfahl der Ankerkraft (Relaxation) registriert. Die französische Prüfmethode (Bild 19.66c) entspricht der deutschen (Bild 19.66a), d.h. es wird das Kriechen registriert, es werden jedoch keine Entlastungen vorgenommen. F
F
F vertikale Abschnitte (Relaxation)
(a)
s
(b)
s
(c)
s
Abb. 19.66. Deutsche, britische und französiche Ankerprüfmethode.
Das Stahlzugglied ist ein Rundstab. Bei größeren Ankerlängen sind Stahllitzen einfacher in der Handhabung, weil sie in Rollen angeliefert werden können. Zudem haben
420
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.67. Elastische und plastische Verschiebungen eines Ankers in Abhängigkeit von der Prüflast.
Litzen höhere Festigkeit als Stabstahl. Die üblicherweise eingesetzte Spanndrahtlitze 0,6", St 1570/1770, Nenndurchmesser 15,3 mm, bestehend aus 7 kaltgezogenen Einzeldrähten kann eine Gebrauchslast von 125 kN aufnehmen. Die vom Verpreßkörper auf das Erdreich übertragbare Grenzkraft FK kann nur nachträglich durch Prüfung ermittelt werden. Für Abschätzungen liegen Erfahrungswerte nach O STERMAYER31 vor. Für rollige Böden ist FK unabhängig vom Durchmesser d des Verpreßkörpers. Deshalb gibt O STERMAYER Erfahrungswerte für FK für d zwischen 100 und 150 mm und Überlagerung ≥ 4 m in Abhängigkeit von der Krafteintragunslänge, der Dichte, der Ungleichförmigkeit und der Kornfraktion an. Für bindige Böden und für Fels ist FK proportional zu d, daher gibt O STERMAYER die mittlere Grenzmantelreibung τmg in Abhängigkeit der Boden- bzw. Felsart sowie der Krafteintragungslänge. Liegen zwei Verpreßkörper zu nahe aneinander, wird ihre Grenzkraft F K durch gegenseitige Beeinflussung (’Gruppenwirkung’) reduziert. Daher sollte ein Mindestabstand von 1 m (bei Gebrauchskräften bis 700 kN) bzw. 1,5 m nicht unterschritten werden. Die erforderliche Länge eines Ankers bestimmt sich durch den Nachweis des Abgleitens an der tiefen Gleitfuge (siehe Abb. 19.68). Die tiefe Gleitfuge verbindet den Wandfußpunkt32 mit dem theoretischen Angriffspunkt der Ankerkraft. Dieser wird üblicherweise in der Mitte des Verpreßkörpers angesetzt. Man geht davon aus, daß die Wand mit einem Teil des gestützten Bodens samt Anker entlang der tiefen Gleitfuge abgleiten kann. Ist die Lage und Länge des Ankers richtig gewählt, so vermag 31
32
H. Ostermayer, Verpreßanker, Grunbau-Taschenbuch, 5. Auflage, Teil 2, 1996. Siehe auch L. Wichter, W. Meiniger, Verankerungen und Vernagelungen im Grundbau, Ernst und Sohn, 2000. In der Literatur wurde oft die Meinung vertreten, daß die tiefe Gleitfuge nicht vom unteren Ende sondern vom Belastungsnullpunkt der Wand ausgehen sollte. Dies ist unbegründet, und man rückt davon ab (siehe vorerwähnte Arbeit von Weißenbach und Gollub).
19.9 Bewehrte Erde
421
Abb. 19.68. Bruchmechanismus und Kräfte beim Abgleiten an der tiefen Gleitfuge. Unten: Gleichgewicht der Kräfte, die am rechten Bruchkörper angreifen, und Ermittlung von ϕerf .
der Erdwiderstand Ep /ηP und die Bodenreaktionskraft Q den aktiven Erddruck Ea aufzunehmen. Üblicherweise wird hierzu der Nachweis nach K RANZ geführt, obwohl er mechanisch unbegründet ist. Danach33 wird eine sog. mögliche Ankerkraft ermittelt, was aber irreführend ist, da die Ankerkraft eine innere Kraft im betrachteten starren Gleitkörper und daher irrelevant für die Gleitsicherheit ist. Ein korrekter Nachweis kann durch Vergleich des zum Grenzgleichgewicht erforderlichen Reibungswinkels ϕerf an der tiefen Gleitfuge zum dort vorhandenen Reibungswinkel (etwa η = tan ϕvorh / tan ϕerf , siehe Abb. 19.68) oder nach der Methode der Starrkörper-Bruchmechanismen 34 geführt werden. Bei mehrfach verankerten Wänden muß jede einzelne Gleitfuge untersucht werden, wobei die freigeschnittenen Ankerkräfte berücksichtigt werden müssen (siehe Abb. 19.69).
19.9 Bewehrte Erde Wird ein Bodenelement in eine Richtung gedrückt, so hängt seine Steifigkeit und Festigkeit davon ab, ob die Seitenausdehnung behindert ist oder nicht. Man vergleiche dazu die Spannungs-Dehnungslinien eines Ödometerversuchs (total verhinderte Sei33 34
Siehe z.B. Artikel „Grundbau“ im Betonkalender 1994. M. Goldscheider und D. Kolymbas: Berechnung der Standsicherheit verankerter Stützwände. Geotechnik 3/1980, S. 93-105 und Geotechnik 4/1980, S. 156-164.
422
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.69. Tiefe Gleitfuge zum Ankerkrafteinleitungspunkt der oberen Ankerlage. Die tiefere Ankerlage wird freigeschnitten, dabei wird die Ankerkraft A freigelegt.
tendehnung) und eines konventionellen Triaxialversuchs (freie Seitenausdehnung), siehe Abb. 19.70.
Abb. 19.70. σ1 -ε1 -Linien beim Ödometerversuch (verhinderte Seitenausdehnung) und beim Triaxialversuch (freie Seitenausdehnung).
Nun kann die Seitenausdehnung nicht nur durch äußere Stützung (wie beim Ödometerversuch), sondern auch durch zugfeste Einlagen partiell verhindert werden. Dieser Sachverhalt wird bei der sog. bewehrten Erde seit den 60er Jahren wieder ausgenutzt, nachdem sie bereits beim Bau der Ziggurat (Pyramiden in Mesopotamien),
19.9 Bewehrte Erde
423
von den Chinesen und Römern verwendet wurde35. Das Agar-Quf Ziggurat nördlich von Bagdad wurde mit Tonziegeln gebaut, die mit geflochtenen Schilfmatten bewehrt wurden. Die Schilfmatten wurden alle 0,5 bis 2 m in Betten aus Kiessand eingelegt. In der Neuzeit erfolgt die Bodenbewehrung durch Streifen aus galvanisiertem Stahl oder Geokunststoffen. Aufschüttungen, Dämme und Stützmauern aus bewehrter Erde bieten eine Reihe von Vorteilen: • •
•
Preiswert im Vergleich zu Stahlbetonkonstruktionen. Der Preisvorteil von 30 bis 40% folgt nicht nur aus den geringeren Materialkosten (es kann Aushubmaterial verwendet werden), sondern auch aus der kurzen Einbauzeit. Aufgrund ihrer Biegsamkeit kann die bewehrte Erde Setzungsunterschiede schadlos aufnehmen. Daher ist sie geeignet zum Bauen auf weichem Boden. Insbesondere kann durch Bewehrung der Unterlage eine hohe Aufschüttung ohne Grundbruchgefahr aufgebracht werden. Die Seitenwände von Stützkonstruktionen aus bewehrter Erde können mit Pflanzen begrünt werden.
Stützkonstruktionen aus bewehrter Erde haben als einzige das Kobe-Erdbeben 1995 schadlos überstanden.
Abb. 19.71. Mit Geokunstoffen gesicherter Geländesprung
35
Siehe Supplement über „Reinforced Soil“ im Ground Engineering, March 1996.
424
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.72. Herstellung eines mit Geogittern gesicherten Geländesprungs (Fa. Möbius)
19.9.1 Faserbewehrter Boden Sandige Böden werden beim Einbau mit Kunststofffasern in Gewichtsanteilen von ca. 0,1 - 0,4 % versetzt. Die Fasern sind gleichmäßig in alle Richtungen verteilt (sog. ungerichtete Bewehrung) und sind entweder ’endlos’ (Verfahren TEXSOL) oder haben eine Länge von 10 – 20 cm (Verfahren FILASOL). Die Bewehrung mit Fasern erhöht die Kohäsion und die Duktilität (Peakdehnung) des Bodens. Die Kohäsion wächst in etwa linear mit dem Fasernanteil und wird anhand von Probebelastungen in situ (Plattendruckversuch an einer Böschungskante) bestimmt. Der gemessene Wert wird um den Faktor 1/4, 4 reduziert, um die Zeitstandfestigkeit, Beschädigungen beim Einbau und Verdichtung u.s.w. abzudecken. Scharfkantige Brechkornfraktionen sind nicht geeignet, da sie beim Einbau die Fasern zerstören können. Faserbewehrter Boden kann begrünt werden.
19.10 Vernagelte Geländesprünge Einschnitte und Böschungen können durch den Einbau von zugfesten Rundstäben (Nägeln, nails) stabilisiert werden. Die Herstellung einer vernagelten Wand zur Sicherung eines Einschnitts erfolgt dadurch, daß der Aushub lagenweise vorgenommen wird. Bei jeder Lage (von i.a. 1 – 1,5 m Tiefe) wird das freigelegte Erdreich mit bewehrtem Spritzbeton in einer Dicke von 10 bis 25 cm gesichert (deshalb heißt eine vernagelte Wand auch „Spritzbetonwand“). Danach werden die Nägel eingebaut. Sie bestehen meist aus Gewindestahl mit Durchmessern zwischen 20 und 28 mm. Die
19.10 Vernagelte Geländesprünge
425
Vernagelungsdichte beträgt ca. 1 Nagel pro m2 . Die Länge der Nägel beträgt üblicherweise 50 bis 70% der Geländesprunghöhe H.36 Die Nägel werden entweder eingerammt (mit verdickter Spitze) oder in vorgefertigte Bohrlöcher hineingesetzt. Der Ringspalt zwischen Nagel und Erdreich wird durchgehend mit Zementmörtel verfüllt.37 Anschließend wird die nächste Lage ausgehoben und in ähnlicher Weise gesichert. Vernagelte Wände weisen Ähnlichkeiten sowohl zu verankerten Wänden als auch zur sog. bewehrten Erde auf. Der Unterschied zu den Ankern besteht darin, daß letztere nur im Kopf- und Fußbereich kraftschlüssig mit dem Erdreich verbunden und meist vorgespannt sind. Sie sind daher aufwendiger in der Herstellung. Bei der bewehrten Erde wird, genau wie bei einer vernagelten Wand, der Boden mit zugfesten Einlagen ertüchtigt. Während aber die Vernagelung im gewachsenen Boden vorgenommen wird, werden die Einlagen bei der bewehrten Erde in geschütteten Boden eingesetzt. Das Profil einer vernagelten Wand ist in Abb. 19.74 dargestellt. Der Nagelabstand a sollte zwischen 1 und 1,5 m gewählt werden, ferner sollte die Bedingung a < h/5 eingehalten werden. Der horizontale Nagelabstand sollte zwischen 1 und 2 m liegen.
Abb. 19.73. Vernagelte Wand
36 37
CLOUTERRE empfiehlt 0,5-0,7 H fur gerammte Nägel (1-2 Nägel pro m2 und 0,8-1,2 H für in Bohrlöcher eingesetzte und verpreßte Nägel (1 Nagel pro 2,5-6 m2 ). Enthält das Gestein offene Klüfte, so kann der Mörtel darin verschwinden. Um dies zu vermeiden werden die Nägel mit Hüllen aus Geotextil eingefaßt.
426
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.74. Profil einer vernagelten Wand. Die Nagelneigung ε liegt üblicherweise zwischen 5◦ und 15◦ . wird zwischen −20◦ und 10◦ gewählt. Eine Neigung α > 0 wirkt sich statisch günstig aus.
Nagelwände können keinen Druck von Grundwasser aufnehmen und sollten auch gegen durchsickernde Oberflächenwässer geschützt werden. Dies kann mit Dränagebohrungen erfolgen, die schwach nach oben geneigt sind. Sie sollten eine Dichte von mindestens eine Dränagebohrung pro 50 m2 Wand haben. Ferner sollten an der Wand Dränageöffnungen vorgesehen werden, eine pro 10 m 2 Wand. Bei allen Dränagemaßnahmen sollte ein Ausspülen von Feinstanteilen des Bodens durch Filter verhindert werden.38 Verläuft das Gelände oberhalb der Krone der Nagelwand in etwa horizontal, so sind Niederschlagswässer mit Gräben zu fassen und abzuleiten. Einsickern sollte mit Folien oder sonstigen Abdeckungen verhindert werden. Weitere Hinweise und Empfehlungen aus dem französischen Projekt Clouterre sind: •
• •
38
Die horizontalen und vertikalen Verschiebungen einer Nagelwand sind annährend gleich und betragen ca. 1-4 der Höhe H des Geländesprungs. Diese Verschiebungen beeinflussen einen Bereich der Breite von ca. (0,8-1,5) ·H · (1 − tan α). Geneigte Nagelwände (α < 0) sind stabiler als senkrechte und sollten daher stets angestrebt werden. Es wird auch empfohlen, Bermen anzulegen. Die Verteilung der Nagellängen über die Höhe der Nagelwand wird unterschiedlich gehandhabt. Es werden (i) konstante, (ii) mit der Tiefe abnehmende, und (iii) mit der Tiefe zunehmende Nagellängen herangezogen. Von der dritten Variante ist abzuraten. Recommendations CLOUTERRE 1991, English Translation, Presses de l’Ecole Nationale des Ponts et Chaussées, Paris 1991.
19.10 Vernagelte Geländesprünge
•
427
Nagelwände sollten eine Einbindetiefe von 0,40 m in Boden bzw. 0,20 m in Fels erhalten.
Die Ansätze von CLOUTERRE hinsichtlich der Dübelwirkung von Nägeln bleiben für rollige Böden unanwendbar, da hierfür kein Ansatz für den Fließdruck p f (vgl. Abschnitt 16.4.2) bekannt ist. Weitere konstruktive Hinweise zur Vernagelung finden sich in Soil nailing-best practice guidance.39 G ÄSSLER40 hat durch Modellversuche im Feld und Labor nachgewiesen, daß das Versagen einer vernagelten Wand meist als ein Starrkörper-Bruchmechanismus mit ebenen Gleitfugen nach Abb. 19.75 eintritt. Der Block ABCF gleitet monolithisch
Abb. 19.75. Starrkörper-Bruchmechanismus einer vernagelten Wand
an der Gleitfuge AB, die einige Nägel schneidet. Die durch den Erdkeil BCD an der Gleitfuge BC ausgeübte Kraft Ea ist der aktive Erddruck auf eine Wand mit der Neigung und der Geländeneigung β. Wir betrachten das Gleichgewicht aller Kräfte, die auf den Block ABCF wirken (siehe Abb. 19.76). Einfachheitshalber nehmen wir dabei an, daß β = = 0 gilt, sowie daß der Boden kohäsionslos ist. Da wir einen Bruchzustand voraussetzen, sind alle Gleitfugenkräfte um den Winkel ϕ gegen die Gleitfugennormale dermaßen geneigt, daß sie der Bewegung entgegenwirken. Bei der Ermittlung des aktiven Erddrucks Ea muß eine evtl. vorhandene Auflast P1 berücksichtigt werden. Z ist die resultierende Zugkraft aus den freigeschnittenen Nägeln. Da der Bruchzustand betrachtet wird, ist im Krafteck der Abb. 19.76 nicht die tatsächliche, sondern die zum Grenzgleichgewicht erforderliche Zugkraft Z erf 39 40
A. Phear et al., CIRIA 2005, London. G. Gäßler: Vernagelte Geländesprünge – Tragverhalten und Standsicherheit, Veröffentlichungen des Institutes für Bodenmechanik und Felsmechanik der Universität Karlsruhe, Heft 108, 1987.
428
19 Sicherung von Geländesprüngen
Abb. 19.76. Kräftegleichgewicht am Block ABCF
eingetragen. Die Neigung ϑ der Gleitfuge AB ist zunächst unbekannt. Daher muß sie solange variiert werden, bis Zerf maximal wird. Dies ist der Fall für ϑ = ϑ0 . Anschließend muß die erforderliche Nagelkraft Zerf der tatsächlichen Nageltragfähigkeit Zvorh gegenübergestellt werden. Das Verhältnis Zvorh /Zerf stellt die Sicherheit ηz dar. Zur Bestimmung der vorhandenen Nageltragfähigkeit benutzt man den experimentellen Befund G ÄSSLERs, daß die Grenzmantelreibung τg der Nägel annähernd konstant über die Nagellänge verteilt ist. Die pro Einheit der Nagellänge aufnehmbare Schubkraft beträgt demnach Tg = πdτg , wobei d der Nageldurchmesser ist. Tg (bzw. τg ) läßt sich kaum berechnen undsollte anhand von Ausziehversuchen bestimmt werden. Es gilt nun Zvorh = Tg li /b, wobei li die Summe der Nagellängen im schraffierten Bereich der Abb. 19.77 und b der horizontale Nagelabstand ist. Mit den Bezeichnungen aus dieser Abbildung und unter Heranziehung des Strahlensatzes folgt a a a a li = l + 2 l + 3 l + . . . + n l L L L L mit n ≈ L/a. Somit ist
li =
n a a n(n + 1) a n2 i = l l ≈ l = L i=1 L 2 L 2
l L 1 l2 tan ϑ0 + tan ε = = . 2a 2a cos ε
(19.2)
Aus Zvorh = ηz Zerf kann mit Hilfe von Gleichung 19.2 der Nagelabstand a berechnet werden. !
19.10 Vernagelte Geländesprünge
Abb. 19.77. Zur Berechnung von
P
429
li
G ÄSSLER hat experimentell nachgewiesen, daß die vernagelte Wand ein Verbundsystem mit relativ geringen Verformungen unter Gebrauchslasten ist. Ferner hat er nachgewiesen, daß eine dynamische Belastung aus schwerem Straßen- bzw. Baustellenverkehr zu keiner Beeinträchtigung der Wand führt. Der Nachweis einer ausreichenden Herausziehsicherheit ηz betrifft die innere Standsicherheit der vernagelten Wand. Die äußere Standsicherheit ist ebenfalls nachzuweisen. Man kann dabei berücksichtigen, daß die Nachweise gegen Kippen und Gleiten im Grundbruchnachweis enthalten sind. Für kleinere l/h-Werte kann auch der Nachweis der Geländebruchsicherheit kritisch werden. Es soll dabei nachgewiesen werden, daß kein Gleitkreis, der die vernagelte Wand enthält, abgleiten kann (vgl. Abschnitte 11.3 und 11.4). Ferner ist die Außenhaut aus bewehrtem Spritzbeton für den 0,85-fachen aktiven Erddruck nach C OULOMB und rechteckförmiger Erddruckverteilung auszuführen. Nägel werden auch zur Sanierung von historischen Stützmauern aus Steinmauerwerk herangezogen41. Der Nagelkopf wird dabei unterhalb der Wandoberfläche verdeckt, damit ihr äußeres Erscheinungsbild nicht beeinträchtigt wird.
41
E. Schwing: Standsicherheit historischer Stützwände, Veröffentlichungen des Instituts für Boden- und Felsmechanik der Universität Karlsruhe, Heft 121, 1991.
20 Tunnelbau
20.1 Einführung Dieses Kapitel befaßt sich mit der bergmännischen 1 Herstellung von Tunneln und anderen Hohlräumen unter Tage, wie Schächten (senkrechte Tunnel), Stollen (Tunnel kleineren Querschnitts, meist handelt es sich hierbei um Triebwasserwege, d.h. Druckstollen und Druckschächte), Kavernen (große Hohlräume z.B. für Kraftwerke). Für alle diese Hohlräume wird hier stellvertretend das Wort ’Tunnel’ verwendet. Tunnel werden sowohl im Lockergestein (Boden) als auch im Festgestein (Fels) vorgetrieben. In hinreichend kompetentem Fels können Hohlräume ungestützt stehenbleiben, sonst ist eine Stützung (sog. Ausbau) erforderlich, welche meist eine Schale aus Beton ist. Somit ist der Tunnelbau in geotechnischer Hinsicht ein Fall von Boden-Bauwerk-Wechselwirkung.
20.2 Geschichtliches Der Tunnelbau ist aus dem Bergbau hervorgegangen, wo auch Hohlräume aufgefahren und gesichert werden. Allerdings kommt es beim Bergbau meist nicht auf eine längere Nutzung des Hohlraums an. Der Bergbau hat seine eigenen Traditionen (wie z.B. den Gruß ”Glück Auf!”) und Fachbegriffe, die auch im Tunnelbau verwendet werden (siehe Abschnitt 20.1.2). Tunnel wurden bereits in der frühen Antike vorgetrieben, meist für Bewässerung. In der Neuzeit wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts viele Tunnel im Zuge des Ausbaus der Eisenbahnnetze vorgetrieben (z.B. MontCenis 12 km, St. Gotthard 15 km, Simplon 20 km, Arlberg 10 km) und für U-Bahnen großer europäischer Metropolen. Die jetzige Phase des Tunnelbaus begann nach dem 2. Weltkrieg und dauert noch an. 1
’Bergmännisch’ bedeutet ’unter Tage’. Bei der offenen Tunnelbauweise (cut and cover) sowie bei ihrer Variante ’Deckelbauweise’ (cover and cut) geht es hauptsächlich um die Herstellung und Sicherung von Baugruben, die im Kapitel 19 behandelt werden.
432
20 Tunnelbau
Tunnelbau (genauso wie Bergbau) war seit Anbeginn ausgeprägt empirisch, d.h. daß die Hohlräume aufgefahren wurden, und die Stützung ’je nach Bedarf’ erfolgte. Dabei spielten schon immer die persönliche Erfahrung, die Intuition und das ’Gefühl’ der Bergleute eine wichtige Rolle. Die starke Variabilität der – ohnehin schwer erfaßbaren – Gesteinseigenschaften und die beim Berg- und Tunnelbau traditionsgebundene Berufseinstellung waren für eine rationale Analyse der mechanischen Wechselwirkung zwischen Gebirge und Ausbau nicht gerade förderlich, so daß bis heute intuitive Erklärungen der relevanten Vorgänge im Umlauf sind. Die verwendeten Fachbegriffe sind nicht immer einheitlich. In diesem Lehrbuch wird eine einfache und möglichst nachvollziehbare Einführung in den Tunnelbau unternommen.
20.3 Bezeichnungen im Tunnelbau
Abb. 20.1. Bereiche des Umfangs und des Querschnitts
Die Bereiche eines Tunnels werden wie folgt unterteilt: Umfang: Firste (oder First, crown), Ulmen (sides) und Sohle (invert) Querschnitt: Kalotte (calotte), Strosse oder Kern (bench, core), Ulmen, Sohle. Mit ’Stationierung’ (chainage) wird die Position in Tunnellängsrichtung angegeben. Es haben sich folgende Bezeichnungen für unterirdische Hohlraumbauten eingebürgert: Stollen: kleinere Querschnitte bis ca. 30 m2 ; Schrägstollen sind bis 45◦ geneigt
20.3 Bezeichnungen im Tunnelbau
Abb. 20.2. Konstruktionsteile eines Tunnels
endgültig gesichert
Abb. 20.3. Bereiche beim Tunnelvortrieb
433
434
20 Tunnelbau
Tunnel: Querschnitte bis ca. 300 m2 Kavernen: große Hohlräume bis 35 m Breite Schächte: lotrechte Schächte, Schrägschächte mit 45 ◦ bis 90◦ Neigung.
20.4 Vortrieb Der Vortrieb umfaßt das Lösen und Entfernen (’Schuttern’) des Gesteins und die Stützung (’Sicherung’) des Hohlraums. Das Lösen des Gesteins erfolgt mit Baggern, Hämmern und sonstigen sog. Teilschnittmaschinen sowie mit Schneidrädern, die mit diversen Schürfgeräten bzw. Meißeln bestückt sind, oder mit Sprengen. Das Schuttern erfolgt mit LKW (hoher Frischluftbedarf, gute Fahrbahn erforderlich), im Gleisbetrieb (Traktion elektrisch mit Akkumulatoren oder dieselbetrieben), im Förderband oder hydraulisch. Die Sicherung erfolgt mit Spritzbeton und eventuell auch mit Ankern und Ausbaubögen (Walzprofile bzw. Gitterträger).
Abb. 20.4. Anbringen von Gitterträgern, Zürich-Thalwil Tunnel2
Meist wird zusätzlich zu der äußeren Schale aus Spritzbeton später auch eine Innenschale aus Ortbeton hergestellt. Eine alternative Sicherungsmethode besteht darin, einen zylinderförmigen Stahlschutz, den sog. Schild, unmittelbar hinter der Ortsbrust zu führen, in dessen Schutz vorgefertigte Ausbausegmente (’Tübbinge’) installiert werden. Die zunehmende Einführung von sog. Tunnelbohrmaschinen (TBM, das sind Schneidräder, die sich gegen die Tunnelwand oder den bereits installierten Tübbingring 2
Tunnelling Switzerland, Swiss Tunnelling Society, Bertelsmann 2001.
20.4 Vortrieb
435
abstützen und den Bereich vor der Ortsbrust abfräsen) bedingt die generelle Unterscheidung zwischen maschinellem (oder TBM) und konventionellem Vortrieb. Erfolgt beim letzteren der Ausbruch durch Sprengen, so spricht man auch vom Sprengvortrieb (drill and blast). Erfolgt beim konventionellen Vortrieb die Sicherung mit Spritzbeton (und evtl. auch Ankern und Ausbaubögen), so spricht man von der Spritzbetonbauweise oder der sog. Neuen Österreichischen Tunnelbauweise bzw. NÖT (NATM, New Austrian Tunnelling Method).3 Tunnel werden schrittweise aufgefahren. Das dem konventionellen Vortrieb zugrundeliegende Prinzip ist, daß kleine Hohlräume eher stehenbleiben als große – zumindest so lange, bis sie gestützt werden. Die Schritte in Längsrichtung heißen Abschläge, ihre Länge (in der Größenordnung von 1 m) wird jeweils der Festigkeit des Gesteins angepaßt. Auch in Querrichtung erfolgt bei Bedarf eine Unterteilung des Ausbruchs. Je nach Festigkeit des Gesteins wird entweder Vollausbruch oder Teilausbruch vorgenommen. Bei letzterem werden einzelne Teile des Querschnitts konsekutiv aufgefahren und gestützt. Die dafür entwickelten Schemata heißen Bauweisen. Im frühen Tunnelbau gab es die französische, deutsche, belgische usw. Bauweise. Heute gibt es nur noch folgende Bauweisen, in Reihenfolge ihrer Aufwendigkeit: • • •
Vollausbruch Kalottenvortrieb: Es wird zuerst die Kalotte, dann die Strosse und dann die Sohle aufgefahren Ulmenstollenvortrieb (sidewall drift): es werden zunächst entweder eine oder beide Ulmen (sog. Ulmenstollen, side galleries, Abb. 20.5), dann die Kalotte und dann der Kern aufgefahren.
Während des Vortriebs muß die Belüftung (’Bewetterung’) dafür sorgen, daß Mensch und Verbrennungsmotoren (es sind nur saubere Dieselmotoren zugelassen) mit Sauerstoff versorgt werden und Luftverunreinigungen (Abgase, Staub, evtl. Ausgasungen aus dem Gestein und Kontaminationen, Sprengschwaden) abgeführt werden. Die Bewetterung erfolgt entweder drückend oder saugend über dicke Schläuche (’Lutten’). 5 20.4.1 Sprengvortrieb Zunächst werden die Sprenglöcher gebohrt. Ihre Verteilung auf der Ortsbrust und ihre Lage im Längsschnitt (’Paralleleinbruch’ oder ’Keileinbruch’) werden in Abb. 3
4 5
Die Bezeichnung ’österreichisch’ wird vielfach abgelehnt, die hiermit verknüpfte Diskussion ist im ingenieurwissenschaftlichen Sinn entbehrlich und dürfte wohl aus MarketingInteressen von Befürwortern und Gegnern geführt werden. Tatsache ist, daß österreichische Ingenieure (i.W. von Rabcevicz, Pacher und Müller-Salzburg) durch Pionieranwendungen wesentlich zur Verbreitung dieser Bauweise beigetragen haben, die jetzt weltweit als NÖT bzw. NATM bezeichnet wird. Tunnel, 9, 2/2000, p. 19. Straßentunnel müssen auch während ihres Betriebs belüftet werden. Dies erfolgt bei kurzen Tunneln als ’natürliche’ Belüftung durch die Portale, sonst durch Strahlventilatoren oder durch separate Leitungen (sie nehmen einen großen Teil des Tunnelquerschnitts ein), die quer zur Tunnelrichtung Frischluft einblasen und/oder Abluft absaugen.
436
20 Tunnelbau
Abb. 20.5. Niedernhausen Tunnel, Ulmenstollenvortrieb4
20.6 gezeigt. Anschließend werden sie beladen, besetzt und gezündet. Die Sprengladungen liegen als Patronen oder als zwei nicht-explosive Fluide vor, die unmittelbar vor dem Beladen miteinander vermischt und ins Bohrloch eingefüllt werden.
Abb. 20.6. Keileinbruch (links), Verteilung der Sprenglöcher (rechts)
Sprengstoffe sind Gemische von einer brennbaren Substanz und einem Sauerstofflieferanten. Bei der Sprengung reagieren beide Substanzen miteinander, es handelt sich um eine exotherme Reaktion (Verbrennung). Da der Sauerstoff nicht von außen zugeführt werden muß, erfolgt diese Reaktion sehr schnell. 6 Das Produkt dieser Reaktion ist ein (gesundheitsschädliches!) Gasgemisch, die (oder der) sog. Schwaden. Bei normalem Atmosphärendruck nehmen die Schwaden ein viel größeres (bis zu 6
Eine sog. Detonationsfront durcheilt den Sprengstoff mit bis zu 8 km/s und hinterläßt die Schwaden.
20.4 Vortrieb
437
ca. 1000 Mal) Volumen ein als das Volumen des Sprengstoffs, in welchem sie sich ursprünglich befinden, daher üben sie zunächst einen sehr großen Druck auf ihre Umgebung aus. Damit dieser Druck aufgebaut werden kann, sollten die Sprengladungen von überall her umfaßt werden, daher werden die Bohrlöcher verstopft (’besetzt’). Beim Besatz kommt es nur auf die Masse (Trägheit) und nicht auf die Festigkeit an. Heutige Sprengstoffe sind sicher in der Handhabung, d.h. unempfindlich gegen Stöße und Wärme. Sie können nur durch sog. Zünder detonieren. Diese sind kleinere, empfindlichere Sprengstoffe, die z.B. über eine elektrische Glühbrücke explodieren. Alternativ können die Sprengladungen über eine Zündschnur zur Explosion kommen, in welcher die Detonation durch einen elektrischen Zünder ausgelöst wird. Der Druck in den Schwaden zerstört das Gestein und schiebt es nach außen. Die Gesteinszerstörung erfolgt dadurch, daß die Druckwelle an einem freien Rand als Zugwelle wieder nach innen reflektiert wird. Es spielt dabei eine Rolle, daß Fels eine niedrige Zugfestigkeit hat. Deshalb muß immer gegen einen freien Rand gesprengt werden. Dies ist beim Keileinbruch leicht einzusehen. Beim Paralleleinbruch wird der freie Rand für die Innenladungen (’Herz’) dadurch hergestellt, daß einige Bohrlöcher leer bleiben. Die einzelnen Ladungen werden konsekutiv (mit Verzögerungen von Millisekunden) von innen nach außen gezündet, so daß das Gestein von innen nach außen ’geschält’ wird. Am Tunnelrand (’Kranz’) sind die Sprengladungen kleiner, dafür aber enger aneinander angeordnet. Dadurch wird ein ’gebirgsschonendes’ Sprengen erreicht, welches das angestrebte Profil möglichst exakt einhält und das übrige Gebirge möglichst wenig beeinträchtigt. Nach der Sprengung müssen zunächst die Schwaden durch Belüftung entfernt werden. Anschließend wird geschuttert und gesichert. Der Bedarf an Sprengstoff schwankt zwischen 0,3 und 4,5 kg/m 3 je nach Gestein und Größe des Querschnitts. 20.4.2 Schildvortrieb Der Arbeitsbereich an der Ortsbrust wird durch ein Stahlrohr, den Schild (shield), geschützt (Abb. 20.7), der dem Vortrieb folgt. Im rückwärtigen Bereich (’Schildschwanz’) erfolgt der Einbau der Tübbinge, das sind Ausbausegmente, meist aus Stahlbeton (Abb. 20.8, 20.9).
Abb. 20.7. Phasen beim Schildvortrieb
438
20 Tunnelbau
Abb. 20.8. Anordnung von Tübbingen. Links: perspektivisch, rechts: abgewickelt
Abb. 20.9. Tübbingausbau8 ; zur Erhöhung der Mobilität werden Holzplättchen zwischen den Tübbingen gelegt.
Bewegt wird der Schild durch Hydraulik-Zylinder, die sich gegen den Tübbingring abstützen. Der Schild hinterläßt einen Ringspalt zwischen Gestein und Tübbingring. Dieser wird mit Mörtel verpreßt, um Oberflächensetzungen zu vermeiden und einen kraftschlüssigen Verbund zwischen Tübbingring und Gestein herzustellen. Die Ortsbrust selbst wird durch den Schildmantel nicht gestützt, es müssen daher Vorkehrungen zu ihrer Stützung getroffen werden, z.B. mit Bühnen oder mit Brustplatten (Abb. 20.10). 8 9 10 11 12
Metro Madrid. Les Vignes-Tunnel, Herrenknecht. Wayss & Freytag. Tunnelling Switzerland, K. Kovári & F. Descoeudres (eds.), Swiss Tunnelling Society, 2001, ISBN 3-9803390-6-8. Herrenknecht.
20.4 Vortrieb
439
Abb. 20.10. Bühnenschild9 ; Schild mit Brustplatten10
Abb. 20.11. Schildvortrieb11 ; Messerschild und Teilschnittmaschine12
Der Gesteinsabbau an der Ortsbrust kann mit einem Bagger (Abb. 20.11) oder mit einer Teilschnittmaschine (Abb. 20.11) erfolgen. Bei Vortrieb unterhalb des Grundwasserspiegels kann der vordere Bereich des Schilds durch eine Schotwand abgetrennt und unter Druck gesetzt werden. Dadurch wird die Ortsbrust gestützt, und es wird vermieden, daß Wasser und Boden einbrechen. Als Druckmedien dienen Luft, Bentonitsuspension (slurry) oder Ausbruchmaterial, das zu einem Brei (evtl. mit Zusatzstoffen) vermischt wird (’Erdbreischild’, earth pressure balance shield, EPB-shield). Das Gestein wird mit einem Schneidrad gelöst und aus dem Arbeitsbereich entweder hydraulisch (mit Bentonit vermischt) oder über einen Schneckenförderer entfernt. 13
Herrenknecht Microtunneling.
440
20 Tunnelbau
Abb. 20.12. Rohrverpressung
Abb. 20.13. Rohrverpressung mit hydraulischem Abtransport des Ausbruchmaterials13
Ähnlich zum Schildvortrieb ist der Rohrvortrieb14, bei welchem vorgefertigte Ausbauringe von einem Startschacht aus eingepreßt werden. Hierbei muß die gesamte Mantelreibung überwunden werden (Abb. 20.13). Bei großen Längen werden Pressen auch in Zwischenstationen verlegt. Der Kontakt zwischen den einzelnen Ringen ist so konstruiert, daß er leichte Kurvenfahrten erlaubt, ohne daß Wasser in den Tunnel eindringen kann.
14
H. Schad, T. Bräutigam, St. Bramm, Rohrvortrieb, Ernst & Sohn, 2003.
20.4 Vortrieb
441
20.4.3 TBM-Vortrieb Tunnelbohrmaschinen sind im Prinzip Schneidräder, die das Gestein abschürfen oder über Rollenmeißel zerkleinern. Ist das Gestein hinreichend fest, so können sie über seitlich ausfahrbare Pratzen (gripper) dagegen verspannt werden, um die axiale Andruckkraft und das erforderliche Torsionsmoment aufzubringen (Abb. 20.14). Bei
Abb. 20.14. Greifer TBM16 ; 1 Schild, 2 Tübbinge, 3 Errektor, 4 Ankerbohrgerät, 5 Schutzdach, 6 Schutzgitter, 7 Greifer
weniger standfestem Gestein arbeiten sie im Schutze eines Schildes. 17 Man spricht dann von einer geschlossenen TBM im Gegensatz zu der vorerwähnten ’offenen’ TBM. Die Rollenmeißel werden gegen das Gestein gepreßt (mit bis zu 25 t), das dadurch in kleine Splitter (’Chips’) gebrochen wird. Sie unterliegen einem starken Verschleiß und müssen oft ausgewechselt werden (Abb. 20.15). Ihre Lager sind auf eine hohe Andruckkraft ausgelegt. Nimmt diese ab (etwa infolge weicheren Gesteins), so erhöht sich die Rollreibung, und die Rollenmeißel werden gegen das Gestein geschürft mit dem Ergebnis, daß sie noch schneller verschleißen. Das Auswechseln der Rollenmeißel und die damit verknüpfte Stillstandzeit sind ein wichtiger Kostenfaktor beim Vortrieb. Eine alternative Arbeitsweise der Rollenmeißel ist das sog. Hinterschneiden, bei welchem der Fels herausgeschält wird (Abb. 20.16, 20.17). Man versucht, die Verschleißbarkeit der Rollenmeißel (und anderer Bohrwerkzeuge) mit diversen empirischen ’Abrasivitätsversuchen’ zu erfassen und vorauszusagen. Ein wichtiger Faktor für den Verschleiß ist der Quarzgehalt des Gesteins. Auch das Verkleben von weichem Ton an das Schneidrad wirft Probleme auf. 16 17
Herrenknecht. Deshalb werden im Sprachgebrauch die Begriffe ’Schild’ und ’TBM’ oft miteinander verwechselt.
442
20 Tunnelbau
Abb. 20.15. Rollenmeißel für den Lötschberg Basistunnel. Links: verschlissene Rollenmeißel
Abb. 20.16. Felszerkleinerung. Links: übliche Technik, rechts: Hinterschneiden18
18
L. Baumann, U. Zischinsky, Neue Löse- und Ausbautechniken zur maschinellen “Fertigung” von Tunneln in druckhaftem Fels. In: Innovationen im unterirdischen Bauen, STUVA Tagung 1993 (ISBN 3-87094-634-2), 64-69.
20.5 Bergwasser
443
Abb. 20.17. Hinterschneiden am Uetliberg Tunnel19
20.5 Bergwasser Im Berg- und Tunnelbau wird das Grundwasser auch Bergwasser genannt. Beim Vortrieb unterhalb des Grundwasserspiegels kann das Grundwasser durch Druckluft oder Suspensionsdruck gehalten werden. Ist das Gestein zu durchlässig, so versucht man es durch vorauseilende Injektionen weitestgehend abzudichten, wobei Injektionen gegen fließendes Wasser besonders schwierig sind und auf Abbindebeschleuniger oder schnell abbindende Harze angewiesen sind. Problematisch ist das Antreffen von wasserführenden Klüften oder Karsthohlräumen. Damit das allfällig anfallende Bergwasser von allein abfließt, strebt man einen steigenden Vortrieb an. Bei größeren Wassereinbrüchen wartet man das Entleeren der wasserführenden Klüfte ab oder dichtet sie durch Injektionen ab, bzw. der Wasserdruck wird durch Entspannungsbohrungen abgebaut. Vorsicht ist beim Bohren gegen drückendes Wasser geboten. Man sollte spezielle Ventile (’Preventer’) verwenden, welche Wassereinbrüche durch das Bohrloch verhindern. Wird unter Wasserdruck stehendes Lockergestein angebohrt, so kann das Boden-Wasser-Gemisch in kürzester Zeit in den Tunnel einfließen und den Vortrieb blockieren (sog. Fließsand, Schwimmsand). Bei Tunneln unterhalb des Grundwasserspiegels stellt sich die Frage, ob man sie dränieren oder abdichten soll. Beide Lösungen haben Vor- und Nachteile: Abdichten: Auf den Ausbau wirkt der volle hydrostatische Druck, dafür wird das Grundwasser nicht beeinträchtigt. 19
S. Mauerhofer, M. Glättli, J. Bolliger, O. Schnelli: Uetliberg Tunnel: Stage reached by Work and Findings with the Enlargement Tunnel Boring Machine TBE, Tunnel 4/2004.
444
20 Tunnelbau
Dränieren: Die Absenkung des Grundwasserspiegels kann Setzungen hervorrufen und Quellen beeinflußen. Die Dränageleitungen können versintern, ihre Säuberung ist aufwendig. Auf den Ausbau wird nicht der volle Wasserdruck, auf das Gestein wirkt die Strömumgskraft. Die Abdichtung wird mit WU-Beton20 bzw. mit Folien erreicht, die zwischen der äußeren und der inneren Schale verlegt werden. Die Dränage wird dadurch erreicht, daß man die Außenschale durchbohrt und das einfließende Wasser zwischen der Außenund der Innenschale entlang von Geokunststoffen mit Längsdurchlässigkeit zu den in Tunnellängsrichtung verlegten Dränageleitungen leitet.
20.6 Sicherung Bei der Herstellung von unterirdischen Hohlräumen ändert sich der Spannungszustand im Gestein. Beim ursprünglichen (’primären’) Spannungszustand wachsen die Spannungen linear mit der Tiefe an. Durch die Tunnelherstellung ändert sich diese Spannungsverteilung dahingehend, daß die Spannungen unterlinear mit der Tiefe anwachsen, das Gewicht der Überlagerung wird zu einem großen Teil seitlich um den Tunnel herum geleitet. Je nach Festigkeit des Gesteins muß aber die dann noch verbleibende Vertikalspannung durch eine Konstruktion getragen werden. Dafür wird eine Schale, der sog. Ausbau, herangezogen. Der Ausbau wird meist in zwei Stadien hergestellt. Unmittelbar nach der Auffahrung des Tunnels wird eine Schale aus Spritzbeton aufgetragen (sog. Außenschale), die eventuell mit Ankern und Ausbaubögen verstärkt wird. Später wird meist auch eine Innenschale aus Ortbeton hergestellt. Es wird davon ausgegangen, daß die Außenschale mit der Zeit verrottet, so daß später die gesamte Last von der Innenschale getragen werden muß. Es gibt aber auch Ansätze, die Außenschale als permanent mitwirkend anzusetzen. Wie bei allen Boden-Bauwerk-Wechselwirkungsproblemen (und im Gegensatz zum Hochbau) muß man berücksichtigen, daß die Lasten (d.h. der Gebirgsdruck) nicht vorgegeben sind, sondern stark von der Nachgiebigkeit des Ausbaus abhängen. Dies hat große Ähnlichkeit mit dem verwandten Problem des Erddrucks und wird im nachfolgenden Abschnitt mechanisch erläutert. Es muß aber hinzugefügt werden, daß die rechnerische Bestimmung des auf die Tunnelschale wirkenden Gebirgsdrucks nur ansatzweise gelingt. Abgesehen von den oft schwer zu erfassenden mechanischen Eigenschaften des Gesteins ist die Tunnelherstellung ein dreidimensionaler Vorgang, der kaum rechnerisch zu erfassen ist. Man muß doch bedenken, daß die Spritzbetonschale (deren Festigkeit mit der Zeit wächst) nicht am ungestörten Gestein, sondern im Bereich der Ortsbrust auf das Gestein aufgetragen wird, das bereits durch den Vortrieb eine kaum erfaßbare Deformation (’Vorentlastung’) erfahren hat. Bei den Ankern handelt es sich nach der bodenmechanischen Definition meist um Nägel, d.h. um Bewehrungseinlagen, die über ihre gesamte Länge Haftverbund mit dem umliegenden Gestein haben und nicht vorgespannt werden. Sie werden ad hoc 20
wasserundurchlässigem Beton
20.7 Tunnelstatik
445
(d.h. zur Sicherung einzelner Felsblöcke), oder als sog. Systemankerung, d.h. im definierten Raster und in vorgegebener Stärke und Länge gesetzt. Genausowenig wie für die Spritzbetonschale gibt es für sie ein rationales Berechnungsschema, ihre Anwendung erfolgt im Grunde genommen empirisch.21
Abb. 20.18. Vorauseilende Sicherung, schematisch
Bei wenig tragfähigem Gestein wird eine sog. vorauseilende Sicherung (forepoling, Abb. 20.18) vorgenommen. Dazu werden in den Bereich hinter der Ortsbrust Spieße oder Rohre eingetrieben, die eine Art Ausbau für den anschließenden Ausbruch darstellen. Alternativ dazu kann der Bereich hinter der Ortsbrust mit Injektionen oder durch Gefrieren verfestigt werden.
20.7 Tunnelstatik Obwohl Gestein kaum als linear-elastisch und isotrop angesehen werden kann, basieren einige Referenzlösungen auf dieser Annahme. Für seichtliegende Tunnel ist der Spannungsverlauf wie in Abb. 20.19 gezeigt, und es gilt, die Druckverteilung auf den Ausbau zu berechnen. Für tiefliegende Tunnel (große Primärspannungen) wird die Variation der Spannung im Bereich des Tunnels vernachlässigt, d.h. es wird eine konstante Primärspannung angenommen. 20.7.1 Lösungen für tiefliegende Tunnel Bei horizontaler Geländeoberfläche ist σzz = γz, σxx = σyy = Kσzz , wo z die nach unten zunehmende kartesische Koordinate, γ das Raumgewicht vom Gestein, 21
23
Bei vielen gängigen Berechnungen wird nach dem Bettungsmodulverfahren vorgegangen. Die vorgenommenen Berechnungen sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß weder der Bettungsmodul noch der Gebirgsdruck bekannt sind. Tanseng, P., Implementations of Hypoplasticity for Fast Lagrangian Simulations. Advances in Geotechnical Engineering and Tunnelling, Vol. 10, Logos, Berlin 2005.
446
20 Tunnelbau
Abb. 20.19. Spannungsverteilungen über der Firste und zugehörige Hauptspannungstrajektorien für verschiedene Werte des Ausbauwiderstands p. Am ’hydrostatischen Punkt’ verschwindet der Krümmungsradius der Trajektorien.
und K der Erdruhedruckkoeffizient ist. Für unvorbelastete kohäsionslose Böden ist K = K0 = 1 − sin ϕ. Wir betrachten zunächt einen unausgebauten Tunnel mit Kreisquerschnitt. Die Lösung des Problems nach der Elastizitätstheorie ist extrem kompliziert.24 Daher wird hier vereinfachend die Vertikalspannung als konstant (σzz = γH, H= Tiefe des Mittelpunktes des Tunnelquerschnitts) angenommen. Hierfür existiert die elastische Lösung (Problem der gelochten Scheibe) nach K IRSCH . In Zylinderkoordinaten lautet sie:25
24 25
R.D. Mindlin: Stress distribution around a tunnel, ASCE Proceedings, April 1939, 619-649. Für den allgemeineren Fall, daß die Tunnelachse mit keiner der Hauptachsen der Primärspannung zusammenfällt, siehe die elastische Lösung von F.H. Cornet, Stress in Rock and Rock Masses. In: Comprehensive Rock Engineering, edited by J.A. Hudson, Pergamon Press, 1993, Volume 3, p. 309.
20.7 Tunnelstatik
447
σh (kN/m 2 )
σz (kN/m 2 ) Hypoplasticity Mohr−Coulomb
Hypoplasticity Mohr−Coulomb
Abb. 20.20. Verteilung der Vertikal- und Horizontalspannung entlang der vertikalen Symmetrieachse. Tunnel mit Kreisquerschnitt (r = 1.0 m); numerisch ermittelt mit zwei verschiedenen Stoffgesetzen.23
σrr σϑϑ σrϑ
1+K r02 1−K r02 r04 = γH + γH 1− 2 1 + 3 4 − 4 2 cos 2ϑ 2 r 2 r r 1+K 1−K r02 r04 = γH − γH 1+ 2 1 + 3 4 cos 2ϑ (20.1) 2 r 2 r r4 1−K r2 1 − 3 04 + 2 02 sin 2ϑ = −γH 2 r r
Wie erwartet, liefert sie entlang der Tunnelkontur, d.h. für r = r0 verschwindende Normal- und Schubspannungen, und für r → ∞ ergibt sich die primäre Spannungsverteilung σzz = γH,
(20.2)
σxx = KγH, σxz = 0.
(20.3) (20.4)
Die K IRSCH -Lösung gilt für eine unbelastete Tunnelkontur (kein Ausbau). Der Fall eines auf der Tunnelkontur konstanten Druckes p (’Ausbauwiderstand’ bzw. ’Gebirgsdruck’) kann für den Fall hydrostatischer Primärspannung (K=1) berücksich-
448
20 Tunnelbau
(approximativ)
Abb. 20.21. Verteilung der primären Vertikalspannung in der Umgebung eines Tunnels
tigt werden. Dies erfolgt unter Heranziehung der elastischen Lösung von L AMÉ für das sog. dickwandige Rohr. Läßt man den Außenradius des Rohrs gegen unendlich gehen, so erhält man die Lösung: r2 r02 r2 σr = σ∞ 1 − 2 + p 02 = σ∞ − (σ∞ − p) 02 r r r 2 2 r2 r r (20.5) σϑ = σ∞ 1 + 02 − p 02 = σ∞ + (σ∞ − p) 02 r r r σrϑ = 0 . Durch Einwirkung des Druckes p verschiebt sich die Tunnelwand um den Betrag u|r0 , welcher aus der L AMÉ-Lösung berechnet werden kann: σ∞ p u|r0 = r0 . (20.6) 1− 2G σ∞ Abb. 20.22 zeigt die graphische Darstellung der Funktion 20.6. Wenn p kleiner als
Abb. 20.22. Beziehung zwischen p und u|r0 für linear-elastischen Untergrund
die im Fernfeld herrschende Primärspannung σ∞ ist, dann erhält man aus Glg. 20.5
20.7 Tunnelstatik
449
eine mit r zunehmende Radialspannung σr und eine mit r abnehmende Tangentialspannung σϑ , Abb. 20.23.
Abb. 20.23. Spannungsfeld im linear-elastischen Untergrund
Gemäß Glg. 20.5 nimmt die Hauptspannungsdifferenz r02 r2 mit abnehmendem p zu. Bei realen Stoffen kann aber die Hauptspannungsdifferenz (d.h. die Schubspannung) nicht beliebig anwachsen. Dies wird für Gestein durch Zugrundelegung eines linear-elastisch ideal-plastischen Verhaltens berücksichtigt: Erreicht der Spannungszustand im Gestein die Grenzbedingung nach M OHR -C OU LOMB , σϑ − σr = 2(σ∞ − p)
(20.7)
σϑ − σr = (σϑ + σr ) sin ϕ + 2c cos ϕ ,
so setzt plastisches Fließen ein. Man erhält aus Glg. 20.7:
σϑ = Kp · σr + 2c
cos ϕ = Kp · σr + C 1 − sin ϕ
.
Einsetzen in die Gleichgewichtsbedingung
dσr σr − σϑ + dr r liefert:
dσr σr (1 − Kp ) − C + =0 dr r
(20.8)
.
Kp −1 r − c cot ϕ r0 Kp −1 r σϑ = Kp (p + c cot ϕ) − c cot ϕ r0 σr = (p + c cot ϕ)
(20.9)
450
20 Tunnelbau
plastifizierte Zone
Abb. 20.24. Verteilungen von σr und σϑ in der plastifizierten und der elastischen Zone. Man beachte, daß σϑ stetig bei r = re ist und daher σr (r) glatt bei r = re ist (aufgrund von Glg. 20.8)
Für r = re müssen die Spannungen σr = σe und σϑ = 2σ∞ − σe aus der elastischen Lösung auch die Grenzbedingung erfüllen, somit ist: σe = σ∞ (1 − sin ϕ) − c cos ϕ
.
(20.10)
An der Grenze r = re müssen die Radialspannungen der elastischen und der plastischen Lösung übereinstimmen: Kp −1 re (p + c cot ϕ) − c cot ϕ = σ∞ (1 − sin ϕ) − c cos ϕ . r0 Somit erhält man den Radius re der plastischen Zone zu: 1 σ∞ (1 − sin ϕ) − c(cos ϕ − cot ϕ) Kp −1 . re = r0 p + c cot ϕ
(20.11)
σϑ (r) ist bei r = re stetig, somit ist σr (r) dort glatt. Es soll jetzt die Beziehung zwischen p und u|r0 (sog. Konvergenz) für ein plastifiziertes Gebirge hergeleitet werden, d.h. für den Fall, daß im Bereich r0 ≤ r < re ideal-plastisches Fließen stattfindet. Letzteres bedeutet ein Anwachsen der Verformung bei konstanter Spannung. Das plastische Fließen wird durch die sog. Fließregel angegeben. Diese ist für den hier betrachteten Fall von Axialsymmetrie eine Beziehung zwischen den Dehnungen εr und εϑ (εz verschwindet bei der hier betrachteten ebenen Verformung). Mit der Volumendehnung εv := εr + εϑ lautet die Fließregel in vereinfachter Form: εv = bεr
.
b ist eine Stoffkonstante, welche die Dilatanz (Auflockerung) des Materials beschreibt.26 b = 0 bedeutet Deformation bei konstantem Volumen, ε v = 0). Wir schreiben die Komponenten der Dehnung mit Hilfe der Radialverschiebung u an: 26
Der Winkel ψ: = arctan b kann als Dilatanzwinkel bezeichnet werden.
20.7 Tunnelstatik
εr =
du dr
,
451
u r
εϑ =
und erhalten somit du u du + =b dr r dr
.
Daraus folgt: u=
C 1
r 1−b
.
Abb. 20.25. Links: Gebirgskennlinie bei Plastifizierung (nichtkohäsives Gestein), rechts: Gebirgskennlinie bei Plastifizierung (kohesives Gestein).
u|r0 = r0
2−b σ∞ (1 − sin ϕ) − c(cos ϕ − cot ϕ) (Kp −1)(1−b) p + c cot ϕ σ∞ c × cos ϕ sin ϕ + 2G σ∞
(20.12)
Die hergeleiteten Gleichungen können nicht ohne Weiteres für den Fall ϕ = 0 und c > 0 angeschrieben werden. Hierfür erhält man aus (20.7) und (20.8) für den plastifizierten Bereich r0 < r ≤ re : σr = 2c ln rr0 + p σϑ = σr + 2c sowie re = r0 exp σ∞ −c−p 2c σe = σ∞ − c . Mit (20.8) erhalten wir für p < p∗ = σ∞ − c:
452
20 Tunnelbau
u|r0 = r0
2−b 1−b c σ∞ − c − p exp 2G 2c
.
(20.13)
Die sog. Gebirgskennlinie, d.h. die Beziehung zwischen p und u| r0 , zeigt, daß der Gebirgsdruck von der Deformation des Gebirges und somit auch von der Steifigkeit des Ausbaus abhängt. Letztere kann mit Hilfe seines Elastizitätsmoduls E (z.B. von Spritzbeton) ausgedrückt werden, welcher hier als zeitlich konstant angenommen wird. Die Spannung im Ausbau folgt aus der Kesselformel (Abb. 20.26) zu σ a = pr0 /d und ist mit der entsprechenden Dehnung verknüpft: ε = σa /E.
Abb. 20.26. Kräfte, die auf und im Ausbau wirken
Der Umfang des Ausbaus wird um den Betrag ε2πr0 verkürzt, d.h. der Radius wird um den Betrag u = εr0 verkürzt. Hieraus folgt eine lineare Beziehung zwischen u und p, die sog. Kennlinie des Ausbaus: p=
Ed u r02
oder u =
r02 p. Ed
Einfachheitshalber nehmen wir an, daß diese Beziehung bis zum Versagen des Ausbaus beim Druck p = pl gilt (Abb. 20.27).
Abb. 20.27. Kennlinie des Ausbaus
Diese Kennlinien legen die Wechselwirkung von Gebirge und Ausbau durch ihren gemeinsamen Schnittpunkt fest. Wir betrachten den Fall, daß die Ausbaukennlinie gegeben ist durch
20.7 Tunnelstatik
u(p) = u0 +
r02 p Ed
453
.
u0 berücksichtigt die Tatsache, daß wenn der Ausbau aufgebracht ist, das Gebirge bereits eine Konvergenz erlitten hat (denn der Ausbau kann ja nicht simultan mit dem Ausbruch erfolgen), siehe Abb. 20.28. Der Einfluß von u 0 ist in Abb. 20.29 gezeigt: Für kleine u0 (Fall 1) kann der Ausbau den Gebirgsdruck nicht aufnehmen und versagt. Für große u0 (Fall 2) wird der Gebirgsdruck durch Konvergenz so weit abgebaut, daß er vom Ausbau aufgenommen werden kann. Dies entspricht dem NÖTKonzept, daß Gebirgsdeformationen so weit zuzulassen sind, bis sich ein ’Tragring’ um den Tunnel gebildet hat. Der Einfluß der Steifigkeit des Ausbaus ist aus Abb. 20.29 ersichtlich: Ein steifer Ausbau (Fall 1) kann den Gebirgsdruck nicht aufnehmen und versagt, wohingegen ein nachgiebiger Ausbau (Fall 2) ausreichende Tragreserven hat.
Abb. 20.28. Fehlende Stützung an der Ortsbrust
Abb. 20.29. Zum Einfluß von u0 (links), Einfluß der Steifigkeit des Ausbaus (rechts)
20.7.2 Tragwirkung der Systemankerung Betrachtung des Gleichgewichts zwischen der Normalkraft N und der Schubspannung τ an einem Ankerelement der Länge dx (Abb. 20.30) liefert dN = τ πddx. Mit N = σπd2 /4, σ = Eε und ε = dus /dx erhält man daraus
454
20 Tunnelbau
d2 us 4τ = dx2 Ed
,
wobei us die Verschiebung des Ankers ist. Die Schubspannung τ zwischen Anker und umgebendem Gestein wird mit der Relativverschiebung τ = τ (s), s = u s − u, mobilisiert, wobei u die Verschiebung des Gesteins ist.27
Abb. 20.30. Kräfte auf einem Ankerelement
u hängt von τ ab: In erster Näherung wird angenommen, daß u nicht von τ abhängt und durch die elastische Lösung (Glg. 20.6) gegeben wird: u=
σ∞ − p r0 2 2G r
.
r ist der Radius in Bezug auf die Tunnelachse. Ferner nehmen wir ein starr-idealplastisches Verhalten an, d.h. τ nimmt sofort seinen Maximalwert τ0 an. Somit beträgt die Kraft, welche über einen Anker der Länge l übertragen wird: lτ 0 πd. Über die Ankerkopfplatte wird diese Kraft auf den Tunnelausbau übertragen. Mit n Ankern pro m2 Tunnelwand erhält man den äquivalenten Ausbauwiderstand pbolt = nlτ0 πd. Wenn die Anordnung der Anker durch die Abstände a und b (Abb. 20.31) gegeben ist, so gilt n = 1/(ab). Somit verändert der Ausbauwiderstand infolge Anker pbolt =
1 τo πdl ab
(20.14)
die Kennlinie des Ausbaus, wie in Abb. 20.32 gezeigt. 20.7.3 Einige Näherungslösungen für seichte Tunnel Die Gleichung von Janssen für Silos In Silos nimmt die Vertikalspannung unterlinear mit der Tiefe zu. Insofern sind Silos in gewissem Sinn Archetypen für Gewölbewirkung, und die für Silos aufgestellte 27
Vgl. dazu die im Stahlbetonbau verwendeten Beziehungen, K. Zilch und A. Rogge, Grundlagen der Bemessung von Beton-, Stahlbeton- und Spannbetonbauteilen nach DIN 1045-1. In: Betonkalender 2000, BK1, 171-312, Ernst & Sohn Berlin, 2000.
20.7 Tunnelstatik
455
Abb. 20.31. Anordnung von Ankern
Abb. 20.32. Kennlinien von Gebirge und Ausbau, beeinflußt durch Systemankerung (idealisiert). Annahmen: starre Anker, starr-idealplastische Schubübertragung zwischen Anker und Gestein, Verschiebung im Gestein wird durch die Anker nicht beeinflußt, sofortiger Einbau der Anker
Theorie von JANSEN (1895)28 findet auch in der Tunnelstatik Anwendung. Wir betrachten einen schlanken Silo mit Kreisquerschnitt (Abb. 20.33). Auf eine Scheibe mit dem Radius r und der Dicke dz wirkt das Eigengewicht πr 2 γdz, die Resultierenden aus den Normalspannungen σπr 2 und −(σ + dσ)πr2 , sowie die Resultierende aus der Schubspannung −τ 2πrdz infolge Mantelreibung τ . Letztere ist proportional zur Normalspannung σH , τ = µσH , und σH wird wiederum angenommen als proportional zur vertikalen Normalspannung σ, d.h. σH = K0 σ. K0 ist der Erdruhedruck-Beiwert29, und µ ist der Wandreibungskoeffizient. Gleichgewicht der vertikalen Kräfte führt zur Differentialgleichung 28 29
Jansen, H.A. (1895), Versuche über Getreidedruck in Silozellen. Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Band 39, Nr. 35. Nach JAKY ist K0 ≈ 1 − sin ϕ für unvorbelastete kohäsionslose Böden.
456
20 Tunnelbau
Abb. 20.33. Zur Herleitung der Gleichung von JANSEN
2K0 µ dσ =γ− σ dz r
.
Mit der Randbedingung σ(z = 0) = 0 hat sie die Lösung !
σ(z) =
γr (1 − e−2K0 µz/r ) 2K0 µ
(20.15)
.
Somit kann die Vertikalspannung nicht über den Wert γr/(2K 0 µ) anwachsen. Glg. 20.15 gilt auch für beliebige Querschnittsformen, wenn man r aus der Gleichung A r = U 2 bestimmt, wobei A die Querschnittsfläche und U der Umfang des Querschnitts ist. Berücksichtigt man auch die Adhäsion ca zwischen Silowand und Boden, so wird Glg. 20.15 modifiziert zu: σ(z) =
(γ − 2ca /r)r (1 − e−2K0 µz/r ) . 2K0 µ
(20.16)
Wirkt auf der Bodenoberfläche die Auflast σ(z = 0) = q, so hat man σ(z) =
(γ − 2ca /r)r 1 − e−2K0 µz/r + qe−2K0 µz/r 2K0 µ
.
(20.17)
Nach der Theorie von JANSENwirkt das Gewicht des Bodens (oder sonstigen Granulats) in einem Silo nicht voll auf seiner Unterlage, sondern wird teilweise über die Silowand abgetragen.30 Folgende Anwendungen der Gleichung von JANSEN in der Tunnelstatik sind bekannt: 1. T ERZAGHI betrachtete den Abschnitt ABCD in Abb. 20.34 als Silo mit Breite b (für die hier betrachtete ebene Verformung ist r = b), auf dessen untere Kante 30
Daher beulen Silowände oft aus.
20.7 Tunnelstatik
457
BC der Druck p wirkt.31 Dadurch erhielt er folgende Gleichung für die Pressung auf die Decke eines Tunnels mit Rechteckquerschnitt: p=
(γ − 2c/b)b 1 − e−2Kh tan ϕ/b 2K tan ϕ
(20.18)
Abb. 20.34. Zur Herleitung der Gleichung von T ERZAGHI
2. Zur Ermittlung der erforderlichen Stützung der Ortsbrust eines Tunnels wird ein Bruchmechanismus betrachtet, der von H ORN vorgeschlagen wurde (Abb. 20.35).32 Um den dreidimensionalen Charakter des Bruchmechanismus zu berücksichtigen, wird für die Fläche ABCD des Gleitkeils ein dem Tunnelquerschnitt flächengleiches Quadrat angenommen. Auf den Seitenflächen BDI und ACJ werden Kohäsion und Reibung entsprechend der Normalspannung σ x = Kγz angesetzt. Die Vertikallast V wird mit der Silo-Gleichung berechnet. Die erforderliche Stützkraft S wird aus der Gleichgewichtsbetrachtung am Gleitkeil bestimmt, wobei der Neigungswinkel ϑ so lange variiert wird, bis S maximal wird. Aus der Betrachtung der Relativverschiebungen (Abb. 20.35, c) folgt, daß auf den Gleitkeil auch eine Horizontalkraft H wirkt, welche oft vergessen wird. 33 Die Silo-Gleichung setzt eine volle Mobilisierung der Reibung am Mantel des nach unten gleitenden Prismas voraus. Dies wiederum bedeutet Setzungen an der Bodenoberfläche. 3. Beim Kalottenvortrieb wird die Kalotte zuerst ausgebrochen und mit Spritzbeton gestützt. Der so entstehende Ausbau kann mit dem Gewölbe einer Brücke verglichen werden, deren Pfeiler eine Vertikallast F tragen muß, welche aus dem 31 32
33
K. Széchy, Tunnelbau, Springer-Verlag, Wien, 1969. J. Holzhäuser, Problematik der Standsicherheit der Ortsbrust beim TBM-Vortrieb im Betriebszustand Druckluftstützung, Mitteilungen des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt, Heft 52, 2000,49-62. P.A. Vermeer et al., Ortsbruststabilität von Tunnelbauwerken am Beispiel des Rennsteig Tunnels, 2. Kolloquium ’Bauen in Boden und Fels’, TA Esslingen, Januar 2000.
458
20 Tunnelbau
Abb. 20.35. Bruchmechanismus von H ORN zur Standsicherheit der Ortsbrust.
Gewicht des Körpers ABCD (Abb. 20.36) herrührt. Zum Nachweis der Grundbruchsicherheit muß F berechnet werden, wozu die Gleichung von JANSEN herangezogen wird.34 C
A
F
B
D
Abb. 20.36. Stützung des Kalottenfußes.
34
G. Anagnostou, Standsicherheit der Ortsbrust beim Vortrieb von oberflächennahen Tunneln. Städtischer Tunnelbau: Bautechnik und funktionale Ausschreibung, Intern. Symposium Zürich, März 1999, 85-95; siehe auch P.A. Vermeer et al., Ortsbruststabilität von Tunnelbauwerken am Beispiel des Rennsteig Tunnels, 2. Kolloquium ’Bauen in Boden und Fels’, TA Esslingen, Januar 2000; J. Holzhäuser, Problematik der Standsicherheit der Ortsbrust beim TBM-Vortrieb im Betriebszustand Druckluftstützung, Mitteilungen des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt, Heft 52, 2000,49-62; S. Jancsecz u.a., Minimierung von Senkungen beim Schildvortrieb, Tunnelbau 2001, 165214, Verlag Glückauf; Ferner die Methoden von Broms & Bennemark und Tamez, zitiert in: M. Tanzini, Gallerie, Dario Flaccovio Editore, 2001.
20.7 Tunnelstatik
459
Abb. 20.37. Nach unten gerichtete Verschiebung einer Falltür
Der Zusammenhang zwischen Silo und Tunnel wird anhand des sog. Falltür-Problems (trapdoor) (Abb. 20.37) ersichtlich. Bei einer Vertikalbewegung der Falltür ändert sich die Kraft Q mit s. Die Ähnlichkeit mit dem Silo ist offensichtlich, wobei bei letzterem relativ starre Wände den Boden eingrenzen, wohingegen bei der Falltür das sich nach unten bewegende Prisma vom (relativ nachgiebigen) Boden eingefaßt ist. An Modellversuchen im Labor konnte T ERZAGHI 35 mit Hilfe von Stahlzugbändern die Verteilung der Vertikalspannung oberhalb einer Falltür messen (Abb. 20.38 und 20.39). Gebirgsdruck an Firste und Sohle Die hier vorgestellten Näherungslösungen für seichte Tunnel gehen von der Annahme aus, daß sich die Hauptspannungstrajektorien an Firste und Sohle der Tunnelkontur anschmiegen. Dies bedeutet, daß sie die Krümmungsradien rc (an der Firste) und ri (an der Sohle) haben. Gleichgewicht in vertikaler Richtung an Firste und Sohle kann mit Hilfe von Zylinderkoordinaten r und ϑ wie folgt ausgedrückt werden: ∂σr σr − σθ + = g · er . ∂r r
(20.19)
Hierbei ist g die Massenkraft (Erdbeschleunigung), die Dichte und e r der Einheitsvektor in radialer Richtung. Für Punkt B (Abb. 20.42) lautet diese Gleichung in x-z-Koordinaten: dσz σx − σz + =γ dz r mit g · er = −γ, dr = −dz, σr = σz , σθ = σx , und für Punkt C: σx − σz dσz − =γ dz r 35
K. Terzaghi: Stress distribution in dry and in saturated sand above a yielding trapdoor. Proceed. Int. Conf. Soil Mechanics, Cambridge Mass. 1936, Vol. 1, 307-311.
460
20 Tunnelbau
Abb. 20.38. Experimentell ermittelte Beziehung zwischen der Verschiebung ∆h der Falltür und der auf sie wirkenden Last Q. C1 : dichter Sand, C2 : lockerer Sand (Messungen berichtet von T ERZAGHI ).
mit g · er = γ and dr = dz. Wir betrachten die Vertikalspannung σz in der Symmetrieachse ABC (Abb. 20.42). Im primären Spannungszustand, d.h. vor der Auffahrung des Tunnels, nimmt σz linear mit der Tiefe z zu: σz = γz. Nach der Tunnelherstellung ergibt sich die in Abb. 20.42 dargestellte Verteilung von σ z : In der Nähe der Geländeoberkante (Punkt A) schmiegt sich σz an die ursprüngliche Verteilung an. Zwischen A und Firste (Punkt B) ist die Kurve σz (z) gekrümmt, und am Punkt B nimmt σz den Wert pc an. pc ist der Gebirgsdruck auf die Firste. Für den Bereich 0 ≤ z ≤ h nehmen wir für σz (z) eine quadratische Parabel an: σz (z) = a1 z 2 + a2 z + a3 . Die Koeffizienten a1 , a2 , a3 lassen sich aus folgenden Bedingungen bestimmen: 1. 2.
σz (z = 0) = 0 dσz
=γ
dz z=0
Die zweite Bedingung folgt aus Gleichung 20.19 und der Annahme, daß am Punkt A der Krümmungsradius der horizontalen Hauptspannungstrajektorie gegen unendlich geht, (r = ∞). Die dritte Bedingung folgt aus der Annahme, daß am Punkt B die Scherfestigkeit des Gesteins voll mobilisiert ist. Für einen rein kohäsiven Boden (c = 0, ϕ = 0) lautet diese Bedingung: σx − σz = 2c .
(20.20)
20.7 Tunnelstatik
461
Abb. 20.39. Gemessene Verteilungen der Vertikalspannung (nI ) und der Horizontalspannung (nII ) oberhalb der Falltür; (a) vor der Bewegung der Falltür, (b) bei Qmin , (c) bei Qmax .
Abb. 20.40. Numerisch ermittelte Verteilungen von σ z in Abhängigkeit von z für h/b = 4, ϕ = 30◦ , ψ = 0/30◦
Somit erhält man aus (20.19) die dritte Bestimmungsgleichung:
462
20 Tunnelbau
Trajektorie
Abb. 20.41. σθ Trajektorien an der Firste
Abb. 20.42. Verteilung der Vertikalspannung entlang der Symmetrieachse.
3.
dσz
2c =γ− .
dz z=h rc
Somit lautet die Spannungsverteilung zwischen den Punkten A und B: σz (z) = −
c 2 z + γz rc h
.
(20.21)
Setzen wir in Glg. 20.21 z = h ein, so erhalten wir den Gebirgsdruck p c = σz (z = h): c pc = h γ − . (20.22) rc Aus Gleichung 20.22 sieht man, daß für c ≥ γrc
(20.23)
kein Ausbau (zumindest an der Firste) erforderlich ist. Man beachte, daß nach Glg. 20.23 die Überlagerung h keine Rolle spielt, wenn die Kohäsion den Wert γr c
20.7 Tunnelstatik
463
übersteigt. Dies kann man auch anhand des Bruchmechanismus aus Abb. 20.43 einsehen: Die Kohäsionskraft 2c(h + r) muß das Gewicht 2rγ(h + r) − 12 r2 πγ tragen. Dies ist möglich, wenn c ≥ γr, ungeachtet von h.
h C
C
2r
Abb. 20.43. Einfacher Bruchmechanismus für den Tagbruch
Gleichung 20.22 kann leicht für den Fall eines Bodens mit Reibung und Kohäsion verallgemeinert werden: Dann muß Gleichung 20.20 durch die Grenzbedingung σx − σz = σz ersetzt werden, woraus dann folgt:
cos ϕ 2 sin ϕ + 2c 1 − sin ϕ 1 − sin ϕ
c cos ϕ rc 1 − sin ϕ pc = h h sin ϕ 1+ rc 1 − sin ϕ γ−
(20.24)
(20.25)
.
Ein Ausbau ist (rechnerisch) entbehrlich für c ≥ γrc
1 − sin ϕ . cos ϕ
(20.26)
Aus Gleichung 20.25 ersieht man, daß der Gebirgsdruck p c zunimmt, wenn c etwa infolge von Auflockerung reduziert wird. Ist die Geländeoberfläche mit der Flächenlast q belastet, so kann Gleichung 20.25 wie folgt verallgemeinert werden:
pc =
h c cos ϕ + γh rc 1 − sin ϕ h sin ϕ 1+ rc 1 − sin ϕ
q−
.
Modellversuche haben die Gültigkeit dieser Gleichung bestätigt. 36 36
P. Mélix, Modellversuche und Berechnungen zur Standsicherheit oberflächennaher Tunnel. Veröffentlichungen des Instituts für Boden- und Felsmechanik der Universität Karlsruhe, Heft Nr. 103, 1986.
464
20 Tunnelbau
Mit ähnlichen Überlegungen kann man die Spannungsverteilung unterhalb der Sohle und insbesondere den Gebirgsdruck pi abschätzen. Wir betrachten die Verteilung der Vertikalspannung σz entlang der Symmetrieachse ABC (Abb. 20.42). σz hat an der Sohle den (noch unbekannten) Wert pi und nähert sich mit wachsendem z asymptotisch der geostatischen Primärspannung σz = γz. Eine einfache analytische Kurve, welche diese Bedingungen erfüllt, ist die Hyperbel a σz (z) = γz + (20.27) z mit dem freien Parameter a.
Abb. 20.44. Bezeichnungen für ein Maulprofil
Wir nehmen jetzt an, daß die Festigkeit des Bodens an der Sohle (Punkt C in Abb. 20.42) voll mobilisiert ist. Für ein reibungsloses Material folgt dann aus der Gleichgewichtsbedingung (20.19): dσz
2c . (20.28)
=γ+ dz C ri
ri ist der Krümmungsradius der Sohle. Aus (20.27) und (20.28) kann a zu −2c(H + h)2 /ri bestimmt werden, so daß der Gebirgsdruck an der Stelle z = h + H lautet: 2c pi = (H + h) γ − . ri
H ist die Höhe des Tunnels (Abb. 20.44). Für c < γri /2 ist pi > 0, d.h. daß ein Ausbau an der Sohle erforderlich ist. Für einen Boden mit Reibung und Kohäsion erhält man in ähnlicher Weise: pi = (H + h)
γri (1 − sin ϕ) − 2c cos ϕ ri (1 − sin ϕ) + 2(H + h) sin ϕ
.
20.8 Oberflächensetzungen infolge Tunnelvortriebs
465
Schnittkräfte im Ausbau Der Ausbau kann als ein Biegebalken mit Anfangskrümmung betrachtet werden. Alle nachfolgend aufgeführten Größen beziehen sich auf einen Balken mit der Breite 1 m: p Streckenlast normal zum Balken, q Streckenlast tangential zum Balken, N Normalkraft, Q Querkraft, M Biegemoment. Diese Größen werden in Abhängigkeit der Bogenlänge s entlang des Balkens angegeben. Wenn die Form der Tunnelkontur in Polarkoordinaten gegeben ist, x(ϑ), dann können die o.a. Größen auch in Abhängigkeit von ϑ angegeben werden. Ableitungen nach s werden mit einem Strich, und Ableitungen nach ϑ werden mit einem Punkt angegeben: x := dx/ds, x˙ := dx/dϑ. Aus ds = rdϑ folgt (r ist der Krümmungsradius): x˙ = x r. Aus Gleichgewicht an einem Balkenelement mit der Länge ds kann man folgende Beziehungen herleiten: Q˙ − N = −pr , N˙ + Q = −qr , M˙ = rQ ,
(20.29)
welche ein gekoppeltes System von Differentialgleichungen darstellen. Ein einfacher Sonderfall ergibt sich daraus, wenn man annimmt, daß infolge Kriechens im frischen Spritzbeton die Biegemomente abgebaut werden und daß keine Schubspannungen zwischen Ausbau und Gestein wirken (M ≡ 0, q ≡ 0). Es folgt dann aus den Gleichungen (20.29), daß für Abschnitte des Ausbaus mit konstanter Krümmung (r = const) p = const und N = −pr = const gelten muß. Wir betrachten ein Maulprofil, das aus zwei Kreisbögen besteht (vgl. Kalottenvortrieb). An den Punkten, wo sich die Krümmung ändert, verbleiben die Kräfte R. Die in Abb. 20.45 dargestellten resultierenden Kräfte R, welche vom Ausbau auf das Gestein ausgeübt werden, müssen durch geeignete Maßnahmen aufgenommen werden, z.B. verbreiterte Fundamente des Kalottenausbaus (sog. Elefantenfüße) oder Mikropfähle. Die Gebirgsdrücke pc und pi können nach den hier abgeleiteten Gleichungen bestimmt werden. Schließlich ist nachzuweisen, daß die sich daraus ergebenden Druckspannungen im Ausbau zulässig sind. Sei β die Druckfestigkeit und d die Dicke der Spritzbetonschale, so ist d > pc rc /β, d > pi ri /β .
20.8 Oberflächensetzungen infolge Tunnelvortriebs Nach P ECK kann die Setzungsmulde infolge eines oberflächennahen Tunnelvortriebs durch eine G AUSS-Verteilung
466
20 Tunnelbau
Abb. 20.45. Kräfte an Punkten, wo sich die Krümmung ändert
uv = uv,max · e−x
2
/2a2
beschrieben werden. Der empirisch festzulegende Parameter a (entspricht der Standardabweichung) ist die x-Koordinate des Wendepunkts der G AUSS-Kurve. Er kann z.B. anhand des Diagramms von P ECK (Abb. 20.46) bestimmt werden. 37 Man kann auch die empirische Beziehung38 2a/D = (H/D)0.8
(20.30)
heranziehen. D ist der Tunneldurchmesser, und H ist die Tiefe der Tunnelachse (Abb. 20.47). Für Ton ist a ≈ (0, 4 . . . 0, 6)H, für nicht-kohäsive Böden ist a ≈ (0, 25 . . . 0, 45)H. Eine weitere Abschätzung von a kann anhand von TabelBoden a/H rollig 0,2 - 0,3 steifer Ton 0,4 - 0,5 weicher schluffiger Ton 0,7 Tabelle 20.1. Abschätzung von a
37
38
Peck, R.B., Deep excavations and tunnelling in soft ground. State-of-the-Art report. In Proceedings of the 7th International Conference on Soil Mechanics and Foundation Engineering, Mexico City, State-of-the-Art Volume, 1969, 225-290. M.J. Gunn: The prediction of surface settlement profiles due to tunnelling. In ’Predictive Soil Mechanics’, Proceedings Wroth Memorial Symposium, Oxford, 1992.
20.8 Oberflächensetzungen infolge Tunnelvortriebs
467
Abb. 20.46. Abschätzung von a nach P ECK
le 20.1 unternommen werden.39 Die Horizontalverschiebungen uh der Geländeoberfläche lassen sich aus der Beobachtung ermitteln, daß der Verschiebungsvektor zur Tunnelachse hin gerichtet ist, d.h. uh =
x uv H
.
Die Verteilung der Setzungen in Tunnellängsrichtung ist in Abb. 20.47 dargestellt. Das Volumen der Setzungsmulde pro laufendem Meter Tunnel ergibt sich aus der G AUSS-Verteilung zu √ Vu = 2π · a · uv,max (20.31) und wird als Volumenverlust bezeichnet.40 Der Volumenverlust pro laufendem Meter beträgt wenige Prozente der Tunnelquerschnittsfläche und ist bodentypisch. Ist er bekannt, so kann man daraus die Maximalsetzung u v,max mit (20.30) und (20.31) berechnen. M AIR und TAYLOR 41 geben folgende Schätzwerte für Vu /A an: 39
40
41
J.B. Burland et al., Assessing the risk of building damage due to tunnelling - lessons from the Jubilee Line Extension, London. In: Proceed. 2nd Int. Conf. on Soil Structure Interaction in Urban Civil Engineering, Zürich 2002, ETH Zürich, ISBN 3-00-009169-6, Vol. 1, 11 -38. Diese Bezeichnung rührt von der Feststellung, daß pro laufendem Meter Tunnel nicht nur der Boden innerhalb des Tunnelquerschnitts, sondern auch das Volumen Vu entfernt werden muß. R.J. Mair and R.N. Taylor, Bored tunnelling in the urban environment. 14th Int. Conf. SMFE, Hamburg 1997.
468
20 Tunnelbau
Abb. 20.47. Setzungsmulde über einen Tunnel (links); ungefähre Verteilung der Oberflächensetzungen in ZTunnellängsrichtung. Diese Kurve entspricht in etwa der Funktion x 2 1 e−y /2 dy (rechts). y = erf x = √ 2π 0
Ungestützte Ortsbrust in steifem Ton: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1-2% gestützte Ortsbrust (Suspension oder Erdbrei), Sand: . . . . . . . . . . . . . . . . . 0.5% gestützte Ortsbrust (Suspension oder Erdbrei), weicher Ton: . . . . . . . . . . 1-2% NÖT im Londoner Ton: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0.5-1.5% Der Volumenverlust hängt auch von der Vortriebstechnik ab. Mit verbesserten Methoden konnte er in den letzten Jahren halbiert werden. Die hier angegebenen Abschätzungen beziehen sich auf unbebautes Gelände (sog. grüne Wiese, greenfield). Wenn auf dem Boden Gebäude stehen, dann sind die Setzungen kleiner.42
42
’Recent advances into the modelling of ground movements due to tunnelling’, Ground Engineering, September 1995, 40-43.
21 Staudämme1
Abgesehen von Straßen- und Eisenbahndämmen werden aus Erdstoffen (Boden und Steinbruchmaterial) auch Staudämme gebaut. Sie dienen vielfachen Zwecken wie der Wasserkraftnutzung, Bewässerung, Wasserversorgung, Hochwasserschutz, Schiffahrt und der Erholung. Zur Zeit gibt es weltweit ca. 40.000 Talsperren, davon sind ca. 30.000 Staudämme. Ein Staudamm muß mit einem Hochwasserüberfall oder -lauf (spillway) versehen werden. Bei einigen Staudämmen wird ein Teil der Dammkrone dazu ausgebildet. Dies ist jedoch relativ selten (hauptsächlich wegen der üblicherweise großen Setzungen von Staudämmen), daher wird der Hochwasserüberfall meist separat gebaut. Im Gegensatz zu Betontalsperren können Staudämme nicht nur auf Fels, sondern auch auf Lockergestein (Felsüberlagerung) gegründet werden. Um die Wasserverluste durch Durchsickerung zu minimieren,2 werden Abdichtungen aus Asphaltbeton, Kunststoffbahnen, Stahlbeton oder wenig durchlässigen Erdstoffen (sog. Dichtungskern) eingebaut (Abb. 21.1). Die Dammdichtung wird an den Felsuntergrund mit Schlitzwänden, Bohrpfahlwänden oder Injektionsschleier3 angeschlossen. Allfällige wasserführende Klüfte im Felsuntergrund müssen auch injiziert werden. Eine (heute weniger gebräuchliche) Alternative ist, den Sickerweg mit einem wasserseitigen Dichtungsteppich zu verlängern (Abb. 21.2). Zur Entspannung und Fassung von Durchsickerungen werden luftseitig der Abdichtung Dränagezonen eingebaut. Um die Wasserverluste zu minimieren, werden im Dammquerschnitt Barrieren aus möglichst dichtem Material eingebaut. Auch der Dammuntergrund muß oft abgedichtet werden. Die trotzdem verbleibenden Sickerwässer müssen durch Dränagen gefaßt und abgeleitet werden, ohne den Damm zu gefährden. Interne Dränagen (siehe beispielsweise Abb. 21.4) sollten abgestuft sein, damit sie die Filterkriterien gegenüber den anliegenden Erdstoffen erfüllen. Sofern der Erdstoff nach dem Einbau 1 2 3
Für wertvolle Hinweise zu diesem Kapitel danke ich meinem Vorgänger Prof. Walter Schober. Üblicherweise werden Sickermengen ≤ 10 l/s hingenommen. Für Niederdruckinjektionen werden Manschettenrohre in horizontalen Abständen von z.B. 6 m gesetzt.
470
21 Staudämme
Abb. 21.1. Die häufigsten Dichtungslagen. Dichtungshäute sind aus Stahlbeton oder Asphaltbeton. Dichtungskerne bestehen aus feinkörnigen oder weitgestuften Erdstoffen mit hinreichend hohem Feinkornanteil.
Abb. 21.2. Wasserseitiger Dichtungsteppich zur Verlängerung der Sickerwege.
21 Staudämme
471
relativ undurchlässig ist (also bei hinreichend hohem Schluff- und Tongehalt), erhält der Damm einen homogenen Querschnitt. Andernfalls erhält der Damm einen unterteilten Querschnitt mit einem dichten Kern und Anschüttungen aus gröberem Material (Stützkörper). Unter der Einwirkung des Eigengewichts und des Wasserdrucks werden die Staudämme deformiert. Ein gut entworfener Damm wird diese Deformationen schadlos aufnehmen können. Insbesondere muß der Dichtungskern hinreichend duktil sein, damit er ohne Risse deformiert werden kann.
Abb. 21.3. Talsperre mit Betonkern (Bockhartsee)
Abb. 21.4. Dammquerschnitt (schematisch)
Zur Herstellung von Staudämmen wird der Boden lagenweise eingebaut und verdichtet. Die erforderliche Dichte schwankt zwischen 95 und 100% der Proctordichte. Feinkörnige Böden sollten mit einem Wassergehalt von 1 bis 2% unter w opt eingebaut werden, um Porenwasserüberdrücke klein zu halten. Gemischtkörnige Böden
472
21 Staudämme
werden mit w = wopt + (1 bis 2)% eingebaut, damit sie hinreichend duktil sind.4 Die Neigung von Dammböschungen schwankt zwischen 1:1,5 und 1:4, ihre Standsicherheit sollte rechnerisch nachgewiesen werden. Besonders kritisch ist bei der wasserseitigen Böschung der Lastfall “schnelle Wasserabsenkung im Speicher“. Die Standsicherheit der Talhänge im Bereich von Speichern ist ebenfalls nachzuweisen. Wasserseitige Stützkörper aus Steinbruchmaterial werden mit ca. 0, 5 m 3 Wasser pro m3 Schüttung gespült, um Sättigungssetzungen zu reduzieren. Durch Verdichtung mit schweren Vibrationswalzen können die Setzungen des fertigen Damms beträchtlich reduziert werden. Durch jeden Vertikalschnitt durch einen Damm wirkt eine Erddruckkraft (siehe Abb. 21.5), die etwa nach dem Verfahren von E NGESSER ermittelt werden kann. Sie bedingt, daß in der Dammsohle P Schubspannungen τ (sog. Spreizdruck) aufgenommen werden müssen. Aus H = 0 an einer vertikalen Dammscheibe folgt: τ=
dEh dx
.
Abb. 21.5. Spreizdruck und Schubspannungen an der Dammsohle 4
Der Wassergehalt läßt sich im Baustellenbetrieb nicht genau einhalten.
21 Staudämme
473
Die Hauptschadensursache von Erdstaudämmen ist Oberflächenerosion bei Überströmung und innere Erosion durch Durchsickerung. Dämme können auch durch Erdbeben beschädigt werden.5. Erdbebenschäden entstehen hauptsächlich durch Verflüssigung Daher ist die Mehrheit der beschädigten Dämme aus sandigem Material gebaut, Erdbebenschäden bei tonigen Dämmen sind hingegen gering. Die Schäden ereignen sich nicht während, sondern einige Stunden (bis 24 h) nach dem Erdbeben. Wegen der schweren Schäden durch einen Dammbruch wird für jeden Damm ein umfangreiches Meßprogramm vorgesehen (siehe Abb. 21.66 ).
Abb. 21.6. Meßeinrichtungen für den Staudamm Finstertal
Verschiebungen von Meßpunkten an der Dammoberfläche werden mit terrestrischen geodätischen Methoden oder mit GPS7 gemessen. Verlaufen in der Umgebung des Staudamms bzw. des Stausees geologische Störungen, so können diese durch den erhöhten Wasserdruck beeinträchtigt werden. Es kann so zu kleineren Erdbeben kommen (reservoir induced seismicity). 5
6 7
Siehe J.L. Hinks, E.M. Gosschalk: Dams and earthquakes – a review. Dam Engineering, Vol. IV, Issue 1, sowie B. Huber und H.N. Linsbauer: Erdbebenschäden an Talsperren – selektive Beurteilung. Felsbau 14(1996), Nr. 5, 234-240. Grafik entnommen aus „Die Talsperren Österreichs“, Schriftenreihe herausgegeben von der Österreichischen Staubeckenkommission u.a., Heft 23, 1977. Global Positioning System
474
21 Staudämme
Eine eingehende Beschreibung des Tragverhaltens von Staudämmen findet sich im Buch “Embankment Dams. Research and development, construction and operation“ von W. Schober.8
Abb. 21.7. Speichersee Gepatsch, Staudamm mit wasserseitiger Blockabdeckung (rip rap) zum Schutz gegen Wasserwellen
8
In: Large Dams in Austria, Vol.34. Published by the Austrian National Committee on Large Dams, Innsbruck, September 2003.
21 Staudämme
Abb. 21.8. Speichersee Gepatsch
Abb. 21.9. Finstertal-Staudamm: Herstellung des Asphalt-Dichtungskerns
475
476
21 Staudämme
Abb. 21.10. Finstertal Dammbaustelle; Bau des Kontrollgangs
Abb. 21.11. Herstellung der Steinschüttung
21 Staudämme
Abb. 21.12. Herstellung der äußeren Dichtungshaut aus Asphalt
477
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Die geotechnischen Untersuchungen sollen alle Baugrundeigenschaften erfassen, die für die geplante Baumaßnahme relevant sind.1 Der Umfang der geotechnischen Untersuchungen richtet sich nach der Schwierigkeit der geplanten Baumaßnahme. Die geotechnischen Untersuchungen gliedern sich in Voruntersuchungen: Sie dienen der Entscheidung, ob ein geplantes Bauwerk im Hinblick auf die Baugrundverhältnisse überhaupt errichtet werden kann, und welche Anforderungen für die Gründung, die Baukonstruktion und die Baudurchführung zu beachten sind. Sie umfassen die Sichtung und Bewertung vorhandener Unterlagen, ein weitmaschiges Untersuchungsnetz, sowie stichprobenartige Bestimmung von Bodeneigenschaften. Bei Linienbauwerken (z.B. Tunneln) bilden Sie die Grundlage für Variantenstudien. Hauptuntersuchungen: Sie umfassen Sichtung und Bewertung vorhandener Unterlagen, Erkundung der Konstruktionsmerkmale und Gründungsverhältnisse benachbarter Bauwerke, geologische Beurteilung bzw. Untersuchung, Erkundungsbohrungen, Sondierungen, Feldversuche (auch Pumpversuche), Probebelastungen, Laborversuche. Als Richtwerte für Abstände von Erkundungsbohrungen gelten: 20 bis 40 m bei Hochbauten und Industriebauten, 60 m bei großflächigen Bauwerken, 50 bis 200 m bei Linienbauwerken, bei Sonderbauwerken (z.B. Brücken) 2 bis 4 Bohrungen pro Fundament. Für Tunnel kommen auch Erkundungsstollen in Frage. Baubegleitende Untersuchungen: Überprüfung und Dokumentation der angetroffenen Baugrundverhältnisse auf Übereinstimmung mit der Vorhersage. Dazu gehören auch die zeitliche Entwicklung von Porenwasserüberdrücken und Setzungen. Oft sind der Baugrund und das Bauwerk auch nach der Bauausführung zu überwachen.
1
Siehe DIN 4020 „Geotechnische Untersuchungen für bautechnische Zwecke“.
480
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
22.1 Bodenerkundung Der Untergrund kann oberhalb des Grundwasserspiegels und bis zu einer Tiefe von ca. 5 m durch begehbare oder nicht begehbare Schürfe (test pits) erkundet werden. Schürfe sind nach Erfüllung ihrer Aufgabe zu verfüllen und zu sichern. Im Festgestein kommen auch Sondierstollen (adits) bzw. -Schächte in Frage. Zur Aufschließung von tieferen Schichten und zur Probengewinnung werden Erkundungsbohrungen herangezogen.2
22.2 Erkundungsbohrungen Durch Erkundungsbohrungen werden Proben aus dem anstehenden Untergrund zutage gefördert und beurteilt bzw. im Labor untersucht. Je nach der dabei auftretenden Störung der ursprünglichen Bodenbeschaffenheit unterscheidet man zwischen gestörten und ungestörten Proben bzw. teilt man die Bodenproben in Güteklassen von 1 (weitgehend ungestört) bis 5 (völlig gestörte Probe) ein. Die Güteklasse hängt von vielen Faktoren ab, so daß sie nicht in einer Ausschreibung für Bohrarbeiten vorgeschrieben werden kann. Proben hoher Güteklasse heißen Sonderproben (undisturbed samples). Damit Erkundungsbohrungen aufschlußreich sind, sollten sie sehr sorgfältig durchgeführt werden. Man sollte nur erfahrene Unternehmen damit betrauen, die gleich bei der Unterbreitung ihres Angebotes die Qualifikation ihrer Bohrgeräteführer nachweisen. Das Bohrunternehmen sollte einen Bauleiter benennen, der als Ansprechpartner für alle Bohrkolonnen dient. Eine Bohraufsicht durch den Auftraggeber wird dringend empfohlen. Die Ausstattung der Bohrgeräte sollte in der Leistungsbeschreibung der Ausschreibung festgelegt werden. Die auf der Baustelle vorhandene Ausstattung sollte durch die Bohraufsicht dokumentiert werden. Die Ausrüstung üblicher Bohrgeräte umfaßt eine hydraulische Vorrichtung zum Drehen und Drücken bzw. Ziehen der Verrohrung, sowie einen hydraulischen Kraftdrehkopf für den Einsatz rotierender Bohrwerkzeuge (Spiralbohrer, Schappen, Doppelkernrohre). Für das Ziehen von Rammkernen muß die Seilwindenkraft mindestens 30 kN betragen und das Seil ist entsprechend auszulegen. Kontrollinstrumente sollen den Andruck des Kernrohrs und den Spüldruck anzeigen können. Die Ventile der Entnahmegeräte müssen funktionieren. Die Stutzen für die Entnahme von Sonderproben müssen rostfrei sein und einwandfreie Schneiden haben. Als Bohrwerkzeuge kommen in Frage: Schnecke (auger) bzw. Spiralbohrer (siehe Abb. 22.1links) zum Einsatz im Lockergestein oberhalb des Grundwassers. Schappe (bucket auger) zum Einsatz bei rolligen Böden oberhalb des Grundwassers und bei bindigen Böden ober- und unterhalb des Grundwasserspiegels (siehe Abb. 22.1rechts). 2
Siehe DIN 4021 „Aufschluß durch Schürfe und Bohrungen, sowie Entnahme von Proben".
22.2 Erkundungsbohrungen
481
Hohlbohrer für rollige Böden unterhalb des Grundwasserspiegels oder bei Zugabe von Wasser. Es gibt viele Ausführungen, und die Bezeichnungen (wie z.B. Ventilbohrer, Ventilbüchse, Kiespumpe) sind nicht einheitlich3 . Ihr unteres Ende ist mit einem Klappenventil ausgestattet (siehe Abb. 22.2) und sie hängen an einem Seil. Durch wiederholtes Auf- und Abbewegen mit geringem Hub werden sie gefüllt. Diese Bewegung bewirkt eine Verflüssigung des wassergesättigten rolligen Materials, so daß es in das Gefäß hineinfließen kann. Zur Unterstützung kann ein Kolben herangezogen werden. Bohrkrone (cutting tip) für feste bindige Böden und Fels. Es können damit Bohrkerne (cores) aus dem Gestein gewonnen werden. Meißel (bit) für Festgestein. Man unterscheidet zwischen Blattmeißel und Kegeloder Rollenmeißel.
Abb. 22.1. Schnecke (links), Schappe (rechts)
Mit Ausnahme der Bohrkronen im Festgestein zerstören die hier angeführten Bohrwerkzeuge die ursprüngliche Struktur des Locker- bzw. Festgesteins. Mit ihrer Hilfe können daher allenfalls gestörte Proben gewonnen werden. Der nach oben geförderte Boden (soweit nicht durch eine evtl. eingesetzte Bohrspülung zerstreut) wird zur Beurteilung des Untergrundaufbaus in Bohrkisten ausgebreitet (siehe Abb. 22.4). 3
Siehe einige Beispiele in H. Cambefort: „Bohrtechnik“, Bauverlag, Wiesbaden, 1964.
482
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Abb. 22.2. Ventilbüchse, mit und ohne Kolben
Abb. 22.3. Ventilbüchse, ohne Kolben
Bodenproben höherer Güteklassen werden aus ausgesuchten Tiefenlagen mit Hilfe von diversen Probenentnahmegeräten (soil sampler) gewonnen. Dazu werden die Probenentnahmegeräte von der aktuellen Bohrlochsohle durch Rammen oder Drücken (evtl. mit Drehen) in den Boden eingetrieben. Vor der Probenentnahme ist die Bohrlochsohle zu säubern. Dies darf allerdings nicht mit einem Spiralbohrer erfolgen, da dieser die Probe (durch das Eindrücken seiner Spitze) beschädigen kann. Übliche Probenentnahmegeräte sind:
22.2 Erkundungsbohrungen
Abb. 22.4. Bohrkisten mit Gesteinsproben
483
Abb. 22.5. Bohrkisten mit Lockergestein
Abb. 22.6. Entnahme gestörter Bodenproben
Aufklappbares Kernrohr (split tube sampler, auch split spoon bzw. split barrel sampler) bestehend aus einem in Längsrichtung aufklappbaren Rohr, das unten mit einem Schneidschuh und oben mit einem Ventil zum Entweichen des Grundwassers während des Eindrückens bzw. Einrammens versehen ist (siehe Abb. 22.8). Im Inneren des Kernrohres kann eine dünnwandige Hülse (liner) oder einzelne Ringe aus Metall oder Kunststoff gelegt werden, die die Bodenprobe nach dem Aufklappen des Kernrohres zusammenhalten. Auf der Innenfläche der Schneide werden Federn (core retaining device) angeordnet, damit die Probe nicht herausrutschen kann. Trotzdem kann die Gewinnung einer Bodenprobe mißlingen, wenn der Boden überhaupt keine Kohäsion hat. Mit dem
484
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Abb. 22.7. Bohrkrone
Abb. 22.8. Aufklappbares Kernrohr
22.2 Erkundungsbohrungen
485
aufklappbaren Kernrohr gewonnene Bodenproben sind als gestört einzuordnen. Aus dem Aufwand zum Rammen des Probenentnahmegerätes läßt sich auf die Festigkeit des anstehenden Bodens schließen. Daraus ist der sog. SPT-Versuch entstanden (siehe Abschnitt „Rammsonde“). Offenes Entnahmegerät nach DIN 4021 (siehe Abb. 22.9) Es dient zur Entnahme von Sonderproben aus bindigen und organischen Böden und entspricht dem amerikanischen Shelby tube. Es wird – ähnlich wie das aufklappbare Kernrohr – in den Boden durch Drücken oder Rammen so tief eingetrieben, daß die Oberkante des Entnahmezylinders mindestens 20 cm tiefer als die Bohrlochsohle liegt. Der Innendurchmesser beträgt 50 bis 114 mm. Damit die Bodenprobe möglichst reibungsfrei in das Kernrohr eingeführt werden kann, ist sein Innendurchmesser dik größer als der Innendurchmesser dis der Schneide (siehe Abb. 22.9). Dies bedeutet allerdings, daß die Probe seitlich entspannen und sich ausdehnen
Abb. 22.9. Gestaltung der Schneide
kann, was ihre mechanischen Eigenschaften verändert. Um diesen Effekt klein zu halten, fordert die DIN 4021, daß dis < dik < 1, 03dis sein soll. Ferner muß man berücksichtigen, daß das Verhältnis des Außendurchmessers d a des Rohrs im Vergleich zum Innendurchmesser der Schneide ein Maß für die Störung der Bodenprobe ist. Deshalb fordert die DIN 4021, daß d2a − d2is ≤ 0, 15 d2is gelten soll. Das Eindrücken ist mit gleichmäßiger und möglichst hoher Vorschubgeschwindigkeit vorzunehmen. Zum Einrammen ist ein hinreichend großes
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22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Fallgewicht zu verwenden, so daß bei geringer Fallhöhe wenige Schläge zum Eintreiben genügen. Das Fallgewicht soll unmittelbar auf den Kopf des Entnahmegerätes aufschlagen. Um das Ziehen des Entnahmerohres zu erleichtern, kann es mit einer äußeren Verrohrung überbohrt werden. Ihre Spülhilfe darf aber die Bodenprobe nicht beeinträchtigen. Durch Drehen oder Ziehen wird die Probe aus ihrer Grundlage abgerissen und zu Tage gefördert. Dort verbleibt sie im Rohr und wird so in das bodenmechanische Labor transportiert. Sofort nach der Entnahme sind gestörte oder aufgeweichte Teile aus den Probenenden zu entfernen. Diese sind dann nach einer der drei folgenden Methoden zu versiegeln (DIN 4021): • Abdeckung mit Folie, Auffüllung mit Boden, Verschließen mit Gummi- oder Kunststoffkappe mit dreifachem Dichtungsprofil (siehe Abb. 22.11). Es wird zusätzlich empfohlen, die Kappe mit Klebeband am Stahlzylinder zu fixieren. • Wie oben, jedoch anstelle der Folie kommt ein zweimaliges Vergießen mit Ceresin (Wachs) und anschließend Sicherung des Übergangs Wachs-Stutzen mit zwei Lagen Klebeband (siehe Abb. 22.12). Ceresin hat sich jedoch nicht bewährt, da es vom Probenzylinder abreißt. • Verwendung eines Packers nach Abb. 22.13.
Abb. 22.10. Entnahmegerät nach DIN 4021 für Sonderproben
Kolbenentnahmegerät (piston sampler) für breiige bzw. weiche bzw. sensitive bindige, sowie für organische Böden (siehe Abb. 22.15). Der Kolben verschließt den
22.2 Erkundungsbohrungen
Abb. 22.11. Abdichtung und Sicherung von Sonderproben mit Folie
Abb. 22.12. Abdichtung und Sicherung von Sonderproben mit Ceresin
Abb. 22.13. Abdichtung und Sicherung von Sonderproben mit Packer
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488
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Entnahmezylinder während des Durchörterns des durch das Bohren aufgeweichten Bodens. Anschließend wird der Kolben festgehalten und der Entnahmezylinder wird in den intakten Boden eingetrieben. Kernrohr (core sampler) ist unten mit einer Bohrkrone ausgestattet und ermöglicht eine durchgehende Probenentnahme. Zur Vermeidung des Herausrutschens der Probe ist es unten mit einem Kernfänger (siehe Abb. 22.14) ausgestattet. Dieser
Abb. 22.14. Kernfänger. Solange die Probe in das Kernrohr hineingeschoben wird, befindet sich der Kernfänger in der Stellung „oben“ (s. Abb. links). Beim Ziehen des Kernrohres bewegt sich der Kernfänger in die Position „unten“ (s. Abb. rechts) und verklemmt sich dabei.
ist ein aufgeschlitztes konisches Rohrstück, das durch das Eindringen der Probe aufgeweitet wird. Beim Anheben des Kernrohrs rutscht die Probe samt Kernfänger etwas nach unten, wobei dieser festgeklemmt wird und so die Probe festhält. Doppelkernrohr (double tube method) wird bei festen bindigen Böden und bei Fels angewandt. Das äußere Bohrrohr ist mit einer Bohrkrone bestückt und vollzieht das Bohren durch Drehbewegung (mit Anpreßdruck) und Spülhilfe zur Kühlung und Abtransport des Bohrschmands. Dabei wächst der Bohrkern in das innere (meist stillstehende) Rohr hinein, das ihn von der Spülflüssigkeit weitgehend schützt. Somit ist das Doppelkernrohr eine Verbesserung des Einfachkernrohrs, das nur bei intaktem Fels anwendbar ist. Bei weichen Tonen, Schluffen und Feinsanden bis Kiesen kann das Doppelkernrohr mit voreilendem Innenkernrohr eingesetzt werden. Das Innenkernrohr wird nicht gedreht, durch sein Vorauseilen wird die Bodenprobe durch die Spülung nicht benetzt. Nach dem Aufbohren jedes Kerns muß zur Bergung der Probe das gesamte Rohrgestänge hochgezogen und abgebaut werden. Daher ist der Bohrfortschritt bei Bohrungen mit durchgehendem Kerngewinn langsam. Eine Abhilfe stellt das Seilkernrohr dar (C RAELIUS-Verfahren). Dabei wird das Innenkernrohr mit Hilfe eines Seils zur Entnahme des Bohrkerns an die Oberfläche gebracht, während
22.2 Erkundungsbohrungen
489
Abb. 22.15. Kolbenentnahmegerät
der gesamte Rohrstrang im Bohrloch verbleibt. Für die Herstellung der zugfesten Verbindung zwischen Innenkernrohr und Seil ist eine spezielle Fangvorrichtung vorgesehen. Ein Nachteil dieses Verfahrens ist, daß bei Antreffen von empfindlichen Schichten die Spülung nicht so einfach abgestellt werden kann. 22.2.1 Trockenbohrverfahren – Spülbohrverfahren Bei Lockergestein wird das sog. Trockenbohrverfahren angewandt. Im Gegensatz dazu wird beim Spülbohrverfahren (wash boring method) durch Pumpen von Wasser oder Bentonitsuspension (sog. Dickspülung) der Abtransport des Bohrgutes sowie – erforderlichenfalls – die Stützung der Bohrlochwand und die Kühlung der Bohrkrone erreicht. Trotz seines Namens wird beim Trockenbohrverfahren nicht immer im Trockenen gebohrt, da es auch unterhalb des Grundwasserspiegels angewandt wird. In diesem Fall muß man sogar im Bohrloch einen Wasserdruck aufrechterhalten, um einen Sohleinbruch durch hydraulischen Grundbruch zu vermeiden. Um dies zu erreichen, muß man den Wasserspiegel im Bohrloch durch Wasserzugabe höher als den umliegenden Grundwasserspiegel halten. 22.2.2 Verrohrung Beim Bohren im Lockergestein und bei nicht standfestem Festgestein muß zum Schutz der Bohrlochwand eine Verrohrung vorgesehen werden. Das Probenentnahmerohr muß der Verrohrung vorauseilen. Für die Verrohrung wird ein Innendurchmesser von mindestens 216 mm empfohlen.
490
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
22.2.3 Verfüllen der Bohrlöcher Nach Erfüllung ihres Zwecks sind die Bohrlöcher mit dem Bohrgut bzw. mit Sand sorgfältig zu verfüllen, damit keine Sackungen und Einbrüche entstehen. Insbesondere müssen Bohrlöcher im Bereich von grundwassersperrenden Schichten, die Grundwasserstockwerke trennen, mit quellfähigem Ton wieder abgedichtet werden. Das Verfüllen sollte nur während des Ziehens der Verrohrung und keinesfalls danach durchgeführt werden. 22.2.4 Kleinbohrungen Sog. Kleinbohrungen (oder Kleinstbohrungen) werden mit Handbohr- bzw. Sondiergeräten bis zu Tiefen von ca. 6 m für geotechnische Voruntersuchungen durchgeführt. Ihr Einsatz ist durch das Größtkorn des Bodens beschränkt (siehe DIN 4021 Tabelle 3). Über Schlitze im Gestänge lassen sich Bodenproben zur qualitativen Bestimmung der Bodenart gewinnen.
22.3 Bodenproben Folgende Aspekte sollten bei den Bodenproben beachtet werden: Menge: Zum Erkennen der Bodenart und zur Durchführung von Klassifikationsversuchen bei Böden bis zur Sandfraktion reicht eine Menge von ca. 1 Liter. Bei Kies und Geröll ist ein Vielfaches notwendig. Zur labormäßigen Bestimmung der mechanischen Eigenschaften werden i.a. Bohrkerne mit Durchmesser ≥ 80 mm benötigt. Beschriftung: Es sollten nach DIN 4021 mit permanenter Tinte folgende Angaben auf dem Probenbehälter (nicht auf dem Deckel) eingetragen werden: • Bauwerk oder Ort der Entnahme • Nummer des Schurfs oder Bohrlochs • Nummer der Probe • Tiefe der Probenunterkante • Kennzeichnug von „oben“ durch einen zum Bohrfortschritt gerichteten Pfeil • Bodenart (entfällt bei Probenentnahmen in Rohren und Schläuchen) • Datum der Entnahme Lagerung: Auf der Baustelle sollen Proben vor Sonneneinstrahlung, Hitze, Regen und Frost geschützt werden. Sonderproben sollen umgehend zum Labor befördert werden. Versuchsprogramm: Die Anzahl und Qualität der zum Labor zu befördernden Proben richten sich nach dem Versuchsprogramm. Generell versucht man, durch billigere Klassifikationsversuche an gestörten Proben die angetroffenen Böden in Klassen einzuteilen, so daß man anschließend für jede Klasse eine angemessene Anzahl von Triaxial-, Rahmenscher- und Kompressionsversuchen durchzuführen hat. Gestörte Proben sollten von jeder Bodenschicht, mindestens aber von
22.5 Wasserprobenentnahme
491
jedem Bohrmeter entnommen werden. Aus bindigen Böden wird üblicherweise alle 2 Meter oder bei Schichtwechsel eine Sonderprobe entnommen. Kernverluste sind oft bei Sanden und Kiesen unumgänglich. Insbesondere treten sie bei Wechsellagerungen von festem Ton und lockerem Sand auf.
22.4 Grundwasserbeobachtungspegel Nach der Probenentnahme können in die Bohrlöcher geschlitzte Rohre (Abb.22.16) zur Beobachtung des Grundwasserspiegels installiert werden. Dies erfolgt mit Hilfe eines Lichtlots (Abb.22.17). Auch ohne vorgebohrte Bohrlöcher können Grundwasserbeobachtungspegel in den Boden hineinvibriert werden (Abb.22.18).
Abb. 22.16. Geschlitzte Rohre
22.5 Wasserprobenentnahme Zur Baugrunduntersuchung gehört auch die Untersuchung des Grundwassers auf betonangreifende Bestandteile, auf Eignung als Anmachwasser für Beton, auf Korrosionsgefahr von Stahl, auf Gefährdung von Dränagen und Filtern, auf Beeinträchtigung der Qualität der Baumaßnahmen bzw. Deponien. Wird die Wasserprobe aus Bohrlöchern entnommen, so muß man berücksichtigen, daß das darin befindliche Wasser stark durch den Bohrvorgang, insbesondere bei Spülung, beeinträchtigt sein
492
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Abb. 22.17. Bestimmung der Lage des Wasserspiegels im Standrohr mit Hilfe eines Lichtlots
Abb. 22.18. Einrammbare GW-Beobachtungsrohre
kann. Daher dürfen Wasserproben nur aus Bohrlöchern entnommen werden, die als Grundwasserpegel ausgestaltet sind.4
22.6 Sondierungen Den verständlichen Wunsch, die Bodenparameter in situ zu bestimmen, erfüllen die verschiedenen Sonden nur partiell. Ihre Aussage über die vorherrschenden Boden4
Siehe Abb. 23.4 und DIN 4021.
22.6 Sondierungen
493
verhältnisse ist indirekt, fehleranfällig und kann nur im Zusammenhang mit Schlüsselbohrungen aufgeschlüsselt werden. Die wichtigsten Sonden sind: 22.6.1 Rammsondierung, SPT-Versuch Durch Schlagen mit einem definierten Fallgewicht wird ein Gestänge mit verdickter Spitze in den Untergrund eingetrieben. Die Anzahl n10 der Schläge für eine Eindringung von 10 cm ist indikativ für die Bodeneigenschaften. Die Rammsonden sind je nach Spitzendurchmesser und Fallenergie abgestuft5 in • • •
leichte Rammsonde (DPL, dynamic probing light) mittelschwere Rammsonde (DPM, dynamic probing medium) schwere Rammsonde (DPH, dynamic probing heavy).
•
Mit zunehmender Lagerungsdichte steigt der Eindringwiderstand überlinear (wichtig zur Verdichtungskontrolle). Auch eine Bodenverkittung erhöht wesentlich den Eindringwiderstand. Bei eckigen und rauhen Körnern ist der Eindringwiderstand größer als bei runden und glatten Körnern. Steine können den Eindringwiderstand beträchtlich erhöhen. Daher ist ein vereinzelt auftretender erhöhter Eindringwiderstand nicht für die ganze Schicht indikativ. Der Eindringwiderstand schwankt umso stärker, je grobkörniger der Boden ist.
DPL hat eine Reichweite von ca. 10 m, während DPM und DPH (je nach Boden) ca. 25 m Tiefe erreichen. Nach jedem Meter Eindringen ist das Sondiergestänge um mindestens 1,5 Umdrehungen im Uhrzeigersinn zu drehen, um den Einfluß der Mantelreibung qualitativ festzustellen und die Gewinde zu entlasten. Die Auflösungsfähigkeit nimmt mit zunehmender Masse des Fallbären und abnehmendem Durchmesser der Spitze ab. Eine Variante der Rammsondierung stellt der amerikanische Standard Penetration Test (SPT) dar. Dabei wird die Sonde von der Bohrlochsohle (z.B. einer Erkundungsbohrung) aus 45 cm tief in den Boden eingerammt. Die Schlagzahl n 30 für die letzten 30 cm (1 foot) Eindringung wird dabei registriert. Die Rammung kann von der Geländeoberkante aus erfolgen. In Europa erfolgt meist eine Im-Loch-Rammung durch eine Rammvorrichtung, die in das Bohrloch eingeführt wird. Auch bei der Sonde gibt es zwei verschiedene Ausführungen. Während in Europa meist eine 60 ◦ -Spitze mit 50,9 mm Durchmesser verwendet wird, wird in den USA ein ausklappbarer Entnahmestutzen (split barrel sampler) verwendet, der zugleich eine Probenentnahme erlaubt. Es ist leider unklar, ob und inwiefern die mit diesen beiden Sonden (die beide als SPT bezeichnet werden) erhaltenen Schlagzahlen miteinander vergleichbar sind. Zur Interpretation der Sondierergebnisse sollte man folgende Hinweise 6 beachten:
• • • 5 6
Früher waren hierfür die Bezeichnungen LRS, MRS, SRS üblich. Siehe Beiblatt zur DIN 4094 vom Dezember 1990.
494
•
• • •
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Bei weichem Boden hat die Mantelreibung einen großen Einfluß auf den Eindringwiderstand. Als Abhilfe kann das Gestänge in einer Verrohrung geführt werden. Auch eine verdickte Spitze trägt dazu bei, die Mantelreibung zu eliminieren. Faserige Torfe besitzen einen hohen Eindringwiderstand, zersetzte Torfe hingegen einen sehr niedrigen. Oft wird die Aussage gemacht, daß der Sondierwiderstand bis zu einer Grenztiefe von 1 bis 2 m linear ansteigt und dann (bei unveränderten Bodeneigenschaften) konstant bleibt. Unterhalb des Grundwasserspiegels fallen die Schlagzahlen in rolligen Böden geringer aus. So gelten nach DIN 4094 folgende empirische Beziehungen für Schlagzahlen nu im Bereich 3 ≤ nu ≤ 50: gleichförmige Sande ungleichförmige Sande DPL n10,ü ≈ 2n10,u + 2 DPH n10,ü ≈ 1, 2n10,u + 4, 5 DPH n10,ü ≈ 1, 3n10,u + 2 SPT n30,ü ≈ 1, 1n30,u + 5, 9 SPT n30,ü ≈ 1, 1n30,u + 5
•
Dabei sind nü und nu die Schlagzahlen über- und unterhalb des Grundwassers. cu läßt sich grob aus der Schlagzahl n30 abschätzen: cu (kN/m2 ) ≈ 6 n30
.
Weitere Korrelationen siehe in Tabelle 22.1. Tabelle 22.1. Erfahrungsmäßige Korrelation zwischen n30 und Dichte bzw. Konsistenz SPT im nichtbindigen Boden n30 Lagerung 0-4 sehr locker 4-10 locker 10-30 mitteldicht 30-50 dicht >50 sehr dicht
SPT im bindigen Boden n30 Konsistenz 0-2 sehr weich 2-4 weich 4-8 mittel 8-15 steif 5-30 sehr steif 30 hart
22.6.2 Drucksondierung Bei den Drucksondierungen (cone penetration test, CPT) wird die zum Eindrücken eines Stabes mit kegelförmiger Spitze (Querschnitt meist 10 cm 2 ) in den Boden erforderliche Kraft gemessen. Drucksondierungen sind nicht anwendbar bei Grobkies oder Steinen. Die maximale Tiefe beträgt ca. 25 m. Ein Gegendruck von bis zu 100
22.6 Sondierungen
495
Abb. 22.19. Abdichtung und Sicherung von Proben
Abb. 22.20. Kolbenentnahmegerät
kN ist erforderlich und wird entweder als Totlast (z.B. durch einen LkW) oder durch provisorische Zuganker und Traversen bereitgestellt. Da im wesentlichen der Spitzendruck qs interessiert, wird die Mantelreibung durch ein Mantelrohr eliminiert. Bei neueren Modellen mit elektronischen Meßeinrichtungen kann der Spitzendruck separat gemessen werden (DEGEBO-Sonde). Seine Differenz zur gesamten Eindringkraft ergibt eine über die Tiefe gemittelte (aber infolge Störungen oft fehlerhafte) Mantelreibungskraft. Besser ist es, auch die Mantelreibung im unmittelbaren Bereich der Spitze (also lokal) zu messen. Dies geschieht mit Hilfe besonderer Aufnehmer. Moderne Drucksonden haben auch einen eingebauten Neigungsaufnehmer, der den Vortrieb automatisch stoppt, sobald die Lotabweichung einen bestimmten Grenz-
496
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Abb. 22.21. Rammkernsondierung. Rechts: Ziehen der Sonde
wert überschreitet. Dadurch kann ein Gestängebruch und Sondenverlust vermieden werden. Besondere Vorrichtungen gestatten es auch, den Porenwasserdruck u an der Sondenspitze zu messen. Dieser setzt sich zusammen aus dem hydrostatischen Anteil und einem Anteil, der durch die Kontraktanz bzw. Dilatanz des Bodens bedingt ist. Der gemessene Spitzendruck muß vom Porendruck bereinigt werden: qs,korrigiert = qs + u(1 − a), wobei a = AN /AC ; AN = Querschnittsfläche des Gestänges, AC = Querschnittsfläche der Sondenspitze. Die Eindringgeschwindigkeit der Sonde kann u.U. die Ergebnisse beeinflussen (durch Porendruckbildung und -dissipation sowie infolge der Viskosität des Bodens) und soll daher 2 ± 0.5 cm/s betragen. Für gleichförmige erdfeuchte fein- bis mittelkörnige Sande kann man die Lagerungs7 ˇ dichte nach Tabelle 22.2 schätzen. Weitere Korrelationen gibt H UBÁ CEK an. Für Tabelle 22.2. Lagerungsdichte in Abhängigkeit vom Spitzendruck qs für erdfeuchte fein- bis mittelkörnige Sande nach M UHS qs (MN/m2 ) <2,5 2,5-7,5 7,5-15 15-25 >25
Lagerung sehr locker locker mitteldicht dicht sehr dicht
22.6 Sondierungen
497
Sande läßt sich der Reibungswinkel ϕ aus dem Spitzendruck qs abschätzen (siehe Tabelle 22.3). Die Abschätzung des Steifemoduls Tabelle 22.3. Schätzwerte des Reibungswinkels von Sand aus dem Spitzendruck qs qs (MN/m2 ) Reibungswinkel ϕ (◦ ) 5,0 32,5 7,5 35,0 15,0 37,5 25,0 40,0
Es ≈ (1, 5 bis 3)qs ist für nichtbindige Böden recht ungenau. Für wassergesättigte normalkonsolidierte bindige Böden gilt cu ≈ (qs − σv0 )/N ,
wobei σv0 die in situ Vertikalspannung ist und N zwischen 12 und 20 liegt. Das Verhältnis der lokalen Mantelreibung τmg (im Bereich der Spitze) zum Spitzendruck ist bodentypisch. Es kann somit zur Bestimmung der durchfahrenen Bodenart herangezogen werden. Nach DIN 4014 darf in grobkörnigen Böden mit weniger als 10% Körnern größer als 20 mm Durchmesser qs aus der Schlagzahl n10 der schweren Rammsonde abgeschätzt werden: qs (MN/m2 ) ≈ n10 .
Die Umrechnung zwischen der Schlagzahl n30 aus SPT und dem Sondierspitzendruck qs erfolgt nach DIN 4014 wie in Tabelle 22.4 angegeben. Tabelle 22.4. Beziehung zwischen qs und n30 aus SPT nach DIN 4014 Bodenart qs /n30 (MN/m2 ) Fein- bis Mittelsand oder 0,3 bis 0,4 leicht schluffiger Sand Sand oder Sand mit etwas Kies 0,5 bis 0,6 weitgestufter Sand 0,5 bis 1,0 sandiger Kies oder Kies 0,8 bis 1,0
Der Sondierspitzendruck qs ist eine über die Tiefe stark schwankende Größe. In die Berechnung gehen Mittelwerte ein, deren Festlegung dem Ermessen des Ingenieurs 7
Hubáˇcek, H.: Quantifizierung von Sondierergebnissen zur Bestimmung von Bodenkennwerten. Geotechnik 4, 1986, S. 206-213.
498
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
unterliegt. In Holland wird die Mittelung nach der K OPPEJAN-Methode 8 vorgenommen.
Abb. 22.22. Schwere Rammsonde, DPH
Bei allen hier angegebenen Korrelationen ist zu beachten, daß sie rein empirisch sind, d.h. auf den Erfahrungen von speziellen Personen, gewonnen mit speziellen Geräten und speziellen Böden, beruhen. Sie sind daher nur bedingt gültig. 22.6.3 Flügelsondierung Anwendbar bei normalkonsolidierten Böden weicher bis steifer Konsistenz (c u ≤ 100 kN/m2 ). Es wird das maximale Drehmoment M eines Flügels im Boden gemessen (siehe Abb. 22.23). Zur Eliminierung der Mantelreibung wird die Flügelsonde in 8
Siehe The Netherlands Commemorative Volume. New York: E.H. de Leeuw (Ed.). 11th Int. Conf. SMFE San Francisco (1985); Abdrabbo, F.M., Mahmoˇud, M.A.: A practical note on the evaluation of a pile load using cone penetration test results. Proceed. of the Int. Symp. on Penetration Testing /ISOPT-1/, edited by J. de Ruiter, Balkema, Rotterdam, 1988, S. 599-605, und De Beer, E.: Méthodes de déduction de la capacité portante d’un pieu à partir des résultats des essais de pénétration. Extrait des Annales des Travaux Publics de Belgique, No. 4, 5, 6 -1971/1972.
22.6 Sondierungen
499
ein verrohrtes Bohrloch eingeführt. Zur Messung wird sie von der jeweiligen Bohrlochsohle um mindestens 7D in den Boden eingedrückt und anschließend mit einer Geschwindigkeit von 0, 1 bis 0, 4◦ /s gedreht. cu ergibt sich aus der Formel 6M . (5.12) 7πD3 Dabei wird nicht nur die Mantelfläche, sondern es werden auch die Stirnflächen des gedrehten Erdpfropfens berücksichtigt. Nach 5maliger Drehung kann auch die Restcu =
Abb. 22.23. Flügelsonde
festigkeit ermittelt werden. Das tatsächliche Spannungs- und Verformungsfeld um die Sonde ist unbekannt, daher sind die so ermittelten cu -Werte nur grobe Näherungen. Da die Verformungsgeschwindigkeit bei der Flügelsondierung üblicherweise viel größer als bei der geplanten Baumaßnahme ist, muß die Viskosität bindiger Böden über den Korrekturfaktor µ nach B JERRUM 9 berücksichtigt werden. µ ist in Abhängigkeit der Plastizitätszahl Ip = wL − wP von B JERRUM grafisch angegeben worden. Analytisch läßt sich diese Beziehung wie folgt darstellen: µ≈
9
0, 33 − 0, 24 ln Ip
(Ip nicht in %!)
.
Bjerrum, L.: Problems of soil mechanics and construction on soft clays and structurally unstable soils. 8th Int. Conf. SMFE Moskau, Band 3, 1973, S. 111-159.
500
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Abb. 22.24. Flügelsondierung
22.6.4 Schwedische Gewichtssonde Die schwedische Gewichtssonde (weight sounding test, WST) findet breite Anwendung in den skandinavischen Ländern und in Finnland. Ein Stab (Durchmesser 22 mm), dessen unteres Ende mit einer Schraubspitze versehen ist, wird mit Gewichten in den Untergrund eingetrieben. Wenn die Gewichte zum Eindrücken nicht mehr ausreichen, wird der Stab gedreht. Gemessen wird die Anzahl der Halbumdrehungen pro 20 cm Eindringung. Daraus schließt man durch empirische Beziehungen auf die Eigenschaften des Bodens. Die schwedische Gewichtssonde ist in bindigen Böden sowie in locker bis mitteldicht gelagerten Sanden anwendbar. 22.6.5 Pressiometer Das Pressiometer (pressuremeter test, PMT) wurde anfang der 30er Jahre von K ÖG LER als „Seitendruckapparat“ eingeführt. „Pressiometer“ ist eine Weiterentwicklung von M ÉNARD. Eine zylindrische Gummiblase (ø 44 bis 70 mm, l = 200 bis 400 mm) wird gegen das Bohrloch aufgeblasen, wobei die Beaufschlagung entweder druckgesteuert oder verformungsgesteuert ist. Registriert werden dabei der Druck und die Volumenvergrößerung der Blase. Aus der so erhaltenen Kurve werden der Steifemodul und die Scherfestigkeit des Bodens berechnet – jedoch nicht ohne weitgehende Annahmen.10 So wird z.B. die Aswertung des M ÉNARD-Pressiometers nach dem in Abb. 22.25 dargestellten Schema vorgenommen. Unverfänglicher ist dagegen die Bestimmung von Bodenparametern aus Erfahrungen mit ähnlichen Böden. Früher wurden die Pressiometer in vorgefertigte Bohrlöcher eingebracht, wobei der kraftschlüssige Kontakt zum umliegenden Gestein erst 10
Zur Auswertung der Meßergebnisse siehe D. Kolymbas , Geotechnik – Tunnelbau und Tunnelmechanik, Springer Verlag 1997.
22.6 Sondierungen
501
V
V0 ∆V Vr p
p
LM
dV/dp
∆p
min
1,2 min p
Abb. 22.25. Zur Auswertung des Pressiometerversuchs nach M ENARD. p ist der Druck, V das injizierte Volumen. Vr ist das injizierte Volumen beim Minimum von dV /dp. V0 ist definiert durch V0 = Vr + Vc , wobei Vc das Volumen der Blase bei p = 0 ist. Der Verformungsmodul ∆p · V0 . EM ist definiert durch EM := 2.66 · ∆V
nach Auffüllung des Ringspaltes erfolgte. Dies ist nicht mehr der Fall bei neueren, sog. selbstbohrenden Pressiometern. Somit unterscheidet man heute zwischen dem M ÉNARD-Pressiometer (MPM), anderen Presiometern, die in vorgebohrte Löcher eingesetzt werden (prebored pressuremeters, PBP), selbstbohrende Pressiometer (self-boring pressuremeter, SBP) und Vollverdrängungs-Pressiometer (full displacement pressuremeter, FDP). 22.6.6 Seitendrucksonde Während mit dem Pressiometer das Bohrloch radial aufgeweitet wird, werden bei den Seitendrucksonden zwei sich im Bohrloch befindliche Backen auseinandergedrückt. Aus dem linearen Bereich des dabei registrierten Kraft-VerschiebungsVerlaufs wird dann der Bettungsmodul bestimmt. Die Qualität der Ergebnisse von Seitendrucksondierungen hängt stark von Zustand der Bohrlochwand und somit vom Bohrverfahren ab. Meist wird die Steifigkeit des Bodens unterschätzt.
502
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Abb. 22.26. Selbstbohrende Pressuremeter (Cambridge)
22.6.7 Dilatometer Beim flachen Dilatometer (flat dilatometer test, DMT) wird eine 14 mm dicke spatenförmige Sonde (Breite = 95 mm) in den Boden eingedrückt. Auf der Flachseite des Spatens ist eine Stahlmembran (ø 60 mm) angeordnet, die pneumatisch mit Druck beaufschlagt werden kann. In Tiefenintervallen von 20 cm werden die Drücke p A (= Druck, bei dem die Membran gerade anspricht) und pB (= Druck, bei dem die Membran um 1 mm in den Boden eingedrückt wird) gemessen. Daraus werden dann durch empirische Korrelationen die Bodenparameter K 0 , OCR, cu bestimmt11 .
22.7
Interpolation geotechnischer Daten, Kriging
Mit Hilfe von Bohrungen können die Werte von geotechnischen Größen nur punktuell erkundet werden. Für alle anderen Punkte müssen die Werte geschätzt bzw. interpoliert werden. Ziel einer solchen Schätzung ist z.B., die Lage einer Schichtgrenze (zweidimensionales Problem) oder den Erzgehalt (grade) einer Lagerstätte (dreidimensionales Problem) aus einzelnen Bohrergebnissen zu bestimmen. Am einfachsten ist das eindimensionale Problem: Entlang einer geplanten Straße werden Bohrungen durchgeführt. Der Untergrund besteht aus Ton, darunter aus Sand. Anhand der Bohrungen soll die Tiefe der Schichtgrenze Ton-Sand bestimmt werden (siehe Abb. 22.28). Die Frage ist nun, wie diese Grenze zwischen den einzelnen Bohrungen verläuft. Es sind verschiedene Interpolationen denkbar. Man könnte z.B. im Bereich x i < x < xj 11
Marchetti, S.: In situ test by flat dilatometer. ASCE, Journal of Geotechnical Engineering Division 106, No. GT3, 1986, S. 299-321.
22.7
Interpolation geotechnischer Daten, Kriging
503
Abb. 22.27. Dilatometer
Abb. 22.28. Durch Bohrungen angetroffene Schichtgrenzen
den Mittelwert z(x) := (zi + zj )/2 nehmen (siehe Abb. 22.29), was nicht besonders sinnvoll ist, weil der geschätzte Wert bei den Bohrungen nicht mit dem angetroffenen übereinstimmt. Eine bessere Schätzung wäre die lineare Interpolation z(x) := (x − xj )/ (xi − xj )zi + (x − xi )/(xj − xi )zj (siehe Abb. 22.30). Aber auch die lineare Interpolation ist eine schlechte Schätzung, wenn die tatsächliche Schichtgrenze infolge einer Verwerfung unstetig ist (siehe Abb. 22.31). Daher ist zu einer guten Schätzung die Kenntnis der vorherrschenden geologischen Strukturen unerläßlich. Eine lineare Interpolation wie oben angegeben ist übrigens für zwei- und dreidimensionale Probleme nicht ohne weiteres möglich. Ist der Funktionswert y (etwa der Erzgehalt bzw. die Höhe einer Schichtgrenze) an einem Punkt x = (x1 , x2 , x3 ) bzw. (x1 , x2 ) des drei- bzw. zweidimensionalen
504
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Abb. 22.29. Geschätzte Schichtgrenze (Mittelwert)
Abb. 22.30. Geschätzte Schichtgrenze (lineare Interpolation)
Abb. 22.31. Möglicher Verlauf der tatsächlichen Schichtgrenze (bei Verwerfung)
Raums zu schätzen, so kann man dafür einen gewogenen Mittelwert der bekannten Funktionswerte an umliegenden Punkten nehmen (sog. gleitender Mittelwert 12 ): y(x) ≈ yˆ(x) = w1 y(x1 ) + w2 y(x2 ) + . . . + wn y(xn )
(22.1)
Die (zunächst unbekannten) Gewichte wi müssen dabei die Bedingung w1 + w 2 + . . . + w n = 1
(22.2)
erfüllen.13 Die Frage ist nun, wie die Gewichte wi (x) festgelegt werden sollen. Nach dem Kriging-Verfahren (benannt nach seinem Erfinder D.G. K RIGE) werden die Gewichte aus der Bedingung festgelegt, daß die Varianz des Fehlers minimiert wird. 14 12
13
14
Als umliegend kann man diejenigen Punkte betrachten, die sich innerhalb eines mitgeschleppten Fensters (concomitant support) befinden. Diese Bedingung ist sinnvoll, damit aus y(x1 ) = y(x2 ) = . . . = y(xn ) = c = const auch y(x) = c für jeden Punkt x folgt. Gleichung 22.2 wird partition of unity genannt. E.H. Isaaks & R.M. Srivastava: Applied Geostatistics, Oxford University Press, 1989.
22.7
Mit der Schreibweise y¯ =
1 n
n 1
Interpolation geotechnischer Daten, Kriging yi ,
yˆ = y¯ +
505
yi := y(xi ), erhält man
wi (yi − y¯) .
Nun beträgt der Fehler einer Schätzung an der Stelle x0 : yˆ0 − y0 = y¯ − y0 + wi (yi − y¯)
.
Das Quadrat des Fehlers ist
(ˆ y0 − y0 )2 = (¯ y − y0 )2 + 2(¯ y − y0 ) i
j
i
wi (yi − y¯) +
wi wj (yi − y¯)(yj − y¯)
.
Als Varianz V des Fehlers wird der Mittelwert des Fehlerquadrats bezeichnet: y0 − y0 )2 = (¯ y − y0 )2 − 2 wi (yi − y¯)(y0 − y¯) + V = (ˆ i
i
j
wi wj (yi − y¯)(yj − y¯) .
Nun soll die Varianz durch Variation der Gewichte wi minimiert werden: ∂V = −2(yi − y¯)(y0 − y¯) + wj (yi − y¯)(yj − y¯) = 0 ∂wi
.
(22.3)
Der Ausdruck (yi − y¯)(yj − y¯) wird als Kovarianz αij bezeichnet. Von der hier betrachteten Funktion y(x) wird vorausgesetzt, daß sie statistisch homogen und isotrop ist, d.h. αij hängt nur von der Entfernung zwischen den Punkten xi und xj ab: αij = c(l) mit l = |xi − xj |.15 Die Kovarianzfunktion16 erfüllt die Bedingung c(0) = 0 und steigt mit l an. Sie widerspiegelt die geologische Variabilität des betrachteten Bereichs (d.h. für eine starke Variabilität steigt c stark mit l an) und wird als bekannt vorausgesetzt.17 Die hier betrachtete Extremwertaufgabe hat die Nebenbedingung g = wi −1 = 0. Somit haben wir nach L AGRANGE: ∂V ∂g =λ ∂wi ∂wi bzw. 15 16 17
Ferner wird sog. Stationarität vorausgesetzt, d.h. der Mittelwert y¯ ist konstant für jedes Fenster. Auch ’Variogramm’ genannt. Sie kann z.B. aus Messwerten konstruiert werden, siehe P.K. Kitanidis, Introduction to Geostatistics, Cambridge University Press, 1999.
506
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
α1,1 w1 + . . . + α1,n wn −λ = 2α10 α2,1 w1 + . . . + α2,n wn −λ = 2α20 αn w1 + . . . + αn,n wn −λ = 2αn0 w1 + w2 + . . . + wn =1 Man erhält also ein lineares Gleichungssystem für die n + 1 Unbekannten w1 , w2 , . . . , wn , λ und kann somit die gesuchten Gewichte w1 , . . . , wn berechnen. Die nach dem Kriging-Verfahren geschätzten Funktionen sind glatt und nehmen an den untersuchten Punkten die dort gemessenen Werte an. In den Abb. 22.32, 22.33 und 22.34 sieht man Flächen, die durch einen Satz von identischen Punkten nach dem Kriging-Verfahren mit verschiedenen Kovarianz-Funktionen gelegt worden sind.
Abb. 22.32. Kriging-Fläche mit Kovarianz kleiner Reichweite
22.8 Geotechnischer Bericht Die geotechnischen Untersuchungen, sowie ihre Bewertung und die darauf gegründeten Empfehlungen werden im geotechnischen Bericht schriftlich dargestellt. Dieser könnte z.B. folgende Abschnitte beinhalten: 1. Zweck und Umfang der geotechnischen Untersuchungen 2. Benennung des Auftraggebers 3. Benennung der für die geotechnischen Untersuchungen verantwortlichen Personen
22.8 Geotechnischer Bericht
Abb. 22.33. Kriging-Fläche mit Kovarianz mittlerer Reichweite
Abb. 22.34. Kriging-Fläche mit Kovarianz großer Reichweite
507
508
22 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
4. Kurzbeschreibung der geplanten baulichen Anlage 5. Ausführungszeiten der Feld- und Laborversuche mit Angabe der eingesetzten Geräte 6. Auswertung von Informationen über den geologischen Aufbau des Untergrunds, Beobachtungen an der Geländeoberfläche und Dokumentation der Ortsbegehungen, Auswertung von Luftbildaufnahmen, örtliche Erfahrungen hinsichtlich Rutschungen, Kriechen, Verkarstungen u.ä. 7. Einordnung in eine Erdbebenzone 8. Tabellarische Auflistung der Feld- und Laborversuche 9. Schichtenverzeichnisse mit Beschreibung der einzelnen Boden- und Gesteinsschichten anhand von Laborversuchen 10. Tabellarische und zeichnerische Darstellung der Versuchsergebnisse aus Feld und Labor, falls möglich mit Angabe von Streuungen und sonstigen statistischen Kennwerten 11. Angabe der maßgebenden Tiefenlage des Grundwasserspiegels, sowie jahreszeitlicher und längerfristiger Schwankungen 12. Schichtenprofile mit Zusammenfassung gleichartiger Böden und Gesteine zu Homogenbereichen 13. Textbeschreibung der geotechnischen Eigenschaften der angetroffenen Bodenund Gesteinsschichten. Schätzwerte sind als solche zu kennzeichnen 14. Hinweise auf Einlagerungen und Hohlräume 15. Zusammenfassung der festgestellten oder geschätzten Kenngrößen jeder Schicht mit Angabe des Streubereichs 16. Empfehlungen für geeignete Gründung 17. Überschlägige Abschätzung von Setzungen und Standsicherheiten. Entwurfsberechnungen sind nicht Gegenstand des geotechnischen Berichts 18. Berechnungswerte für den Entwurf 19. Hinweise auf Probleme, die während des Aushubs, der Grundwasserabsenkung, bei Verbauwänden, Böschungsarbeiten, Verpreßankern, sowie infolge Erschütterungen auftreten können 20. Hinweise auf Erosionen, Verkarstungen, Subrosion 21. Hinweise auf Betonaggressivität des Grundwassers 22. Hinweis auf die Notwendigkeit von Sanierung bei Kontaminationen.
23 Meßtechnik
Es gibt kaum ein geotechnisches Gutachten, bei dem nicht Messungen von großer Bedeutung sind. Die Bestimmung der maßgebenden Bodenparameter erfolgt durch Messungen im Labor oder im Feld, und die Beobachtungsmethode basiert auf Feldmessungen.
23.1 Beobachtungsmethode Nach P ECK 1 geht die Beobachtungsmethode auf T ERZAGHI zurück. Die unzulängliche Kenntnis des Untergrunds bedingt, daß unsere Berechnungen lediglich als Arbeitshypothesen anzusehen sind, und es gilt, diese während des Bauens zu bestätigen oder zu modifizieren (learn-as-you-go). Die Beobachtungsmethode ist ein Herantasten an die tatsächlichen Verhältnisse und besteht aus folgenden Schritten: 1. Bodenerkundung 2. Ausmachen, welche die wahrscheinlichsten und welche die ungünstigsten zu erwartenden Untergrundverhältnisse sind (hier spielt die Geologie eine große Rolle) 3. Entwurf, basierend auf die wahrscheinlichsten Verhältnisse. 4. Auswahl der während des Bauvorgangs zu beobachtenden Größen. Berechnung ihrer zu erwartenden Werte. Dies soll sowohl für die wahrscheinlichsten als auch für die ungünstigsten Verhältnisse erfolgen.2 5. A priori bestimmen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, wenn die beobachteten Werte bestimmte Interventionsgrenzen erreichen. 6. Messen (Beobachten) und evt. Entwurfsanpassungen. Die Beobachtungsmethode ist sinnlos, wenn mit Versagen ohne Ankündigung zu rechnen ist. 1 2
R. B. Peck, Advantages and limitations of the observational method in applied soil mechanics, Géotechnique19, No. 2, 171 - 187 (1969). Wie dieser Schritt zeigt, macht die Beobachtungsmethode Berechnungen nicht überflüssig (wie gemeinhin angenommen wird).
510
23 Meßtechnik
23.2 Statistische Grundlagen der Meßtechnik Durch eine Messung kann man nicht erfahren, wie groß der wahre Wert einer Größe x ist. Vielmehr ist jede Messung mit Fehlern behaftet. Abgesehen von den systematischen oder regelmäßigen Fehlern, die im Prinzip durch Korrekturen berichtigt werden können (falls sie überhaupt entdeckt werden), und die nachfolgend nicht näher betrachtet werden, gibt es zufällige Abweichungen, die nicht nur vom Meßverfahren herrühren sondern auch von Schwankungen der Meßgröße selbst. Man kann daher sagen, daß es den wahren Wert einer Größe eigentlich nicht gibt, und daß Meßwerte stochastische (d.h. zufällige) Variablen sind, die nach einer gegebenen (aber nicht unbedingt bekannten) Funktion verteilt sind3 . Die meisten Verteilungsfunktionen lassen sich durch zwei Parameter, den Erwartungswert µ und die Standardabweichung σ festlegen.4 Es gilt nun, aus einer Meßreihe Schätzwerte für µ und σ zu gewinnen. Wir nennen diese Schätzwerte x¯ und s und stellen fest, daß sie mit µ und σ nicht übereinstimmen müssen. Vielmehr sind die Abweichungen µ− x ¯ und σ −s ebenfalls stochastische Variablen. Als Schätzwert x ¯ für den Erwartungswert µ nimmt man das arithmetische Mittel aus den n Messun gen: x ¯ := ( xi )/n. Der so definierte Schätzwert x ¯ zeichnet sich dadurch aus, daß die Summe der scheinbaren Fehler x ¯ − xi verschwindet, und die Summe ihrer Quadrate minimal wird. Man kann zeigen, daß x ¯ → µ für n → ∞. Daher stammt die Bezeichnung „Erwartungswert“. Die Standardabweichung σ ist über die Varianz σ 2 definiert: σ 2 ist der Erwartungswert des Fehlerquadrats (µ − xi )2 , m.a.W. ist σ 2 der 1 Grenzwert des Mittelwertes n (µ − xi )2 für n → ∞. Als Schätzwert für die Varianz σ 2 bzw. die Standardabweichung σ nimmt man die sog. empirische Standardabweichung s, die entsprechend dem Schätzwert x ¯ durch den Ausdruck n1 (µ − xi )2 (für endliches n) definiert werden könnte. Diese Definition ist aber unbrauchbar, da µ unbekannt ist. Es läßt sich aber zeigen5, daß folgende Beziehung gilt: s2 :=
1 1 (¯ x − xi )2 ≈ (µ − xi )2 n−1 n n n
.
„Schätzen“ bedeutet nun, daß man die Wahrscheinlichkeit (sog. Vertrauensniveau) 1 − α dafür angibt, daß der zu schätzende Wert (µ oder σ) in einem bestimmten Intervall um den Schätzwert (¯ x oder s) liegt. Das Intervall heißt Vertrauensbereich und seine Grenzen xu und xo heißen Vertrauensgrenzen oder Konfidenzgrenzen. Die Differenz xo − x ¯ bzw. x ¯ − xu heißt Meßunsicherheit u. Das Vertrauensniveau kann berechnet werden, sofern die Verteilung √ von x bekannt ist6 . Falls die Verteilung von x nicht bekannt ist, nimmt man u = s/ n als Meßunsicherheit. Dieser Wert kann als der mittlere Fehler von x¯ angesehen werden, während 3 4 5
6
siehe Abschnitt „Begriffe aus der Wahrscheinlichkeitstheorie“. 2 2 z.B. lautet die Verteilungsdichte bei Normalverteilung f (x) = σ √12π e−(x−µ) /2σ . Siehe z.B. K. Strubecker „Einführung in die Höhere Mathematik“, Band 1, S. 57, Oldenbourg-Verlag, 1956 oder A. Papoulis „Probability, Random Variables and Stochastic Processes“, McGraw-Hill, 1965, S. 246. Siehe DIN 1319 Teil 3, August 1983.
23.2 Statistische Grundlagen der Meßtechnik
511
s als der mittlere Fehler der Einzelmessung (d.h. von xi ) betrachtet werden kann. Der Meßwert wird dann angegeben durch x ¯ ± u. Im Hinblick auf einen Meßwert sollte man nur von der Meßunsicherheit und nicht von der Genauigkeit sprechen. Zur vollständigen Angabe eines Meßwertes gehört noch die Angabe der Anzahl der Messungen n und des (dem Wert u entsprechenden) Vertrauensniveaus 1 − α. Liegen mehrere Messungen vor (n > 1), so muß man zwischen folgenden Versuchsbedingungen unterscheiden: Wiederholbedingungen liegen vor, wenn derselbe Beobachter nach einem festgelegten Meßverfahren am selben Meßobjekt unter gleichen Versuchsbedingungen (daßelbe Meßgerät, daßelbe Laboratorium) mehrmals in kurzen Zeitabständen Messungen durchführt. Vergleichsbedingungen liegen vor, wenn verschiedene Beobachter nach einem festgelegten Meßverfahren am selben Meßobjekt unter verschiedenen Versuchsbedingungen (verschiedene Meßgeräte, verschiedene Untersuchungsorte oder Laboratorien) zu verschiedenen Zeiten Messungen durchführen. Offensichtlich ist die Standardabweichung bei Vergleichsbedingungen größer als bei Wiederholbedingungen7. Die Wiederholstandardabweichung einer Meßeinrichtung ist ein Maß für ihre Präzision. Meßeinrichtungen mit sehr hoher Präzision und weitgehender Ausschaltung von systematischen Fehlern werden als Normalgeräte oder Normale bezeichnet. Mit ihrer Hilfe kann man andere, weniger präzise Meßgeräte beurteilen. Funktionen von Meßwerten sind ebenfalls stochastische Variablen (Zufallsvariablen) in dem Sinne, daß auch sie mit Unsicherheiten behaftet sind. Zum Beispiel ist die Dichte ρ = m/V eine Zufallsvariable, wenn sie aus den gemessenen Größen m und V berechnet wird, die Zufallsvariablen sind. Üblicherweise werden in den mathematischen Ausdruck die Mittelwerte von Meßwerten eingesetzt, die ja Schätzwerte ihrer Erwartungswerte sind und als die „wahren“ Werte der Meßgrößen betrachtet werden. Es fragt sich nun, wie groß die Unsicherheit der berechneten Werte ist. Wir betrachten die Funktion y = f (x), wo x die Eingangsgröße und y die Ergebnisgröße ist. y und x sind Zufallsvariablen, sie können Skalare oder Vektoren sein. Im letzteren Fall kann man auch schreiben yj = f (xi ), i = 1, . . . , n; j = 1, . . . , m. Häufig ist m = 1. Über eine abgebrochene TAYLORreihe erhalten wir y(x1 , x2 , . . .) = y(¯ x1 , x ¯2 , . . .) +
∂y ∂y (x1 − x¯1 ) + (x2 − x ¯2 ) + . . . ∂x1 ∂x2
Definieren wir y¯ := y(¯ x1 , x¯2 , . . .) und s2y als den Erwartungswert von (¯ y − y)2 so erhalten wir aus der TAYLORreihe: ' 2 * ∂y ∂y s2y = E (x1 − x ¯1 ) + (x2 − x¯2 ) + . . . , ∂x1 ∂x2 7
Bei vielen Meßverfahren der Mineralölprüfung ist sie ca. doppelt so groß. Für geotechnische Messungen liegen kaum Erfahrungen vor.
512
23 Meßtechnik
wobei die Ableitungen ∂y/∂xi an der Stelle x ¯1 , x ¯2 , . . . gebildet werden. Sind die Meßgrößen unkorreliert, so verschwindet definitionsgemäß der Erwartungswert von (xi − x ¯i )(xj − x¯j ) für i = j. Aus ' * 2 2 ∂y ∂y 2 (x1 − x ¯1 ) + (x2 − x ¯2 ) + . . . sy = E ∂x1 ∂x2 2 2 , , + + ∂y ∂y = E (x1 − x ¯1 )2 + E (x2 − x¯2 )2 + . . . ∂x1 ∂x2 2 2 ∂y ∂y = s21 + s22 + . . . ∂x1 ∂x2 erhält man das sog. Fehlerfortpflanzungsgesetz von G AUSS ∂y 2 sy = si . ∂xi
(23.1)
8 Für den √ Sonderfall y = x1 + x2 + . . . + xn mit sx1 = sx2 = . . . = s erhält man sy = ns. Liegt für jede Größe eine Meßreihe vor, so kann man die Gleichung 23.1 mit Bezug auf die Meßunsicherheiten anschreiben: ∂y 2 uy = ui . ∂xi
Das hier dargestellte Verfahren von G AUSS läßt sich verallgemeinern 9 für vektorwertige Ergebnisgrößen (m > 1), für korrelierte Eingangsdaten und für implizite Beziehungen f (x, y) = 0. Für das Beispiel der Dichtebestimmung mit der Gleichung ρ = m/V erhält man aus Gleichung 23.1 mit ∂ρ/∂m = 1/V, ∂ρ/∂V = −m/V 2 : 1 2 m2 2 s + s . sρ = m V2 V4 V Erhält man z.B. m ¯ = 2.651,2 g und V¯ = 1.003,7 cm3 , so sollte das Divisionsergebnis ρ¯ = m/ ¯ V¯ nicht etwa als 2, 6414267, sondern nur mit N Dezimalen angegeben werden, wobei 12 · 10−(N +1) < sρ < 21 · 10−N gelten soll10 . 8
9 10
Strubecker erzählt hierzu folgende Anekdote: Um im ägyptischen Feldzug Napoleons die Höhe der Cheops-Pyramide zu bestimmen, maßen französische Genieoffiziere die mittlere Höhe h der 203 Stufen und ihren mittleren Fehler mh . Die Gesamthöhe der Pyramide setzten sie dann gleich H = 203(h ± mh ); aber Fourier, der dabei √ war, machte darauf aufmerksam, daß die Höhe richtig durch die Größe H = 203h ± 203 mh darzustellen ist. Siehe DIN 1319, Teil 4, Dezember 1985, Absatz 5.2. Gauß meinte, daß der Mangel an mathematischer Bildung sich durch nichts so auffallend zu erkennen gibt wie durch maßlose Schärfe im Zahlenrechnen.
23.3 Meßgeräte
513
23.3 Meßgeräte Längen und Winkel lassen sich mit geodätischen Geräten bzw. über Laufzeitmessungen ermitteln.11 Von besonderer Wichtigkeit ist die telemetrische Überwachung (monitoring) von Staudämmen und von Massenbewegungen 12 (Rutschungen). Die herkömmliche Triangulation und Trilateration ist hierzu unvorteilhaft wegen des hohen Personal- und Zeitaufwandes. Fotogrammetrische Verfahren sind für Überwachungsmessungen i.a. nicht hinreichend genau. Das Global Positioning System (GPS) bietet für zivile Anwender eine Positionsgenauigkeit (Navigation) im Zehnmeterbereich. Durch Differenzbildung fallen aber wesentliche Fehlereinflüsse heraus, so daß Vektoren zwischen zwei Punkten mit Genauigkeiten im Millimeterbereich bestimmt werden können. Dazu ist eine gegenseitige Sichtbarkeit der Meßpunkte nicht notwendig. Zur Überwachung von z.B. Stützwänden werden auch motorisierte Robotertheodolite herangezogen. Winkelabweichungen zur Lotrichtung lassen sich mit Pendeln, Libellen oder durch Messung der entsprechenden Kraftkomponente ermitteln. Zur Messung anderer physikalischer Größen (z.B. Temperatur, Druck) wird das untersuchte System mit einem sog. Aufnehmer (transducer, gage, gauge) in Kontakt gebracht. Der Aufnehmer nimmt eine möglichst geringe Energie vom untersuchten System auf und erzeugt eine analog oder digital ablesbare Anzeige. Man kann auch durch eine meßbare Gegenwirkung die Veränderung beim Aufnehmer rückgängig machen (sog. Kompensationsmeßmethode). Die Messung von Deformationen von Laborproben erfolgt über die sehr genaue Messung der Verschiebungen ausgewählter Randpunkte. Kleine Verschiebungen können dadurch gemessen werden, daß ein Kern in eine Spule verschoben wird. Dadurch ändert sich die Induktivität der Spule. Ein anderes Verfahren basiert auf dem Zählen von optischen Markierungen, die an beweglichen Stiften angeordnet sind. Kräfte (und dementsprechend auch Spannungen) werden über die Deformationen von elastischen Körpern (sog. Kraftmeßdosen, load cells), oder Kraftmeßringen auf der Grundlage einer Kalibrierung gemessen. Dehnungen können über angeklebte Dehnungsmeßstreifen (DMS, strain gages) dadurch gemessen werden, daß durch ihre Längenänderung ihr elektrischer Widerstand verändert wird. Ein weiteres Prinzip zur Kraftmessung ist die Tatsache, daß die Eigenfrequenz einer Schwingsaite von der Zugkraft abhängt. Folgende Merkmale bzw. Maßnahmen spielen bei Meßgeräten eine Rolle: Meßbereich (range) Auflösungsvermögen (resolution) ist die kleinste anzeigbare Änderung der Meßgröße. Üblicherweise ist das Auflösungsvermögen um ein Vielfaches besser und sollte nicht mit der Meßunsicherheit verwechselt werden. 11
12
D. Naterop, R. Yeatman, Automatic measuring system for permanent monitoring: Solexperts Geomonitor. Proceed. 4th Intern. Symp. Field Measurements in Geomechanics, Bergamo, 1995. Th.A. Wunderlich: Die geodätische Überwachung von Massenbewegungen, Felsbau 13 (1995) Nr. 6, 71-76.
514
23 Meßtechnik
Abb. 23.1. Meßuhr/Kraftmessring
Abb. 23.2. Wegaufnehmer
Genauigkeit (accuracy) ist das Verhältnis der Meßunsicherheit (Meßfehler) zum größten meßbaren Wert. Kalibrierung (calibration) ist die Messung von bekannten Größen, um die Merkmale des Meßgerätes zu bestimmen. Kompensation (compensation) ist eine Maßnahme zur Unterdrückung von systematischen Fehlern. Stabilität (stability) liegt vor, wenn die Eigenschaften des Meßgeräts mit der Zeit nicht verändert werden (drift).
23.3 Meßgeräte
515
Abb. 23.3. Dehnungsmeßstreifen
Kosteneffektivität: Präzise Meßgeräte sind teuer. Beim Kostenvergleich sollten aber auch die Kosten für Installation und Ablesung mitberücksichtigt werden. 23.3.1 Messung des Porenwasserdrucks Geräte zur Messung des Porenwasserüberdrucks (piezometer) sind für die Bodenmechanik sehr wichtig, denn sie erlauben u.a. aus den Totalspannungen die effektiven Spannungen zu ermitteln. In situ kann der Porenwasserdruck mit Standrohren (standpipes) ermittelt werden, falls der Boden hinreichend durchlässig ist. Die Bestimmung der Lage des Wasserspiegels im Standrohr erfolgt z.B. mit einem Lichtlot. Das ist ein Maßband, an dessen oberem Ende ein Licht angeht, sobald das untere Ende in Kontakt zu Wasser kommt. Je nachdem, ob die Filterstrecke des Standrohrs lokal begrenzt ist, oder bis knapp unter die Geländeoberfläche reicht, spricht man vom C ASAGRANDE -Piezometer oder vom Grundwasser-Beobachtungsbrunnen (observation well), s. Abb. 23.4. Ist der Boden relativ undurchlässig, so ist die Speisung des Standrohrs zu langsam. In diesem Fall werden zur Messung des Porenwasserüberdrucks diverse Manometer herangezogen. Das hydraulische Piezometer nach Abb. 23.5 erlaubt die Bestimmung des Drucks über die Formel p = (H − h)γw + hγHg . Das Rohr und der Filter müssen mit entlüftetem Wasser gefüllt sein, wozu man oft ein Zwillingsrohr (zum Durchspülen mit entlüftetem Wasser) heranzieht. Auch negative Porenwasserdrücke (Sog, suction) können damit gemessen werden. Die Ausführungen hierfür heißen Tensiometer. Größere Saugspannungen sind als Folge der Kapillarität bei ungesättigten Böden anzutreffen. Ihre Messung mit Tensiometern bereitet Probleme wegen Kavitation. Saugspannungen > 100 kPa werden daher mit sog. Psychrometern gemessen. Diese messen Temperaturveränderungen nach dem P ELTIER-Effekt. Die Temperaturveränderung tritt als Folge des Verdampfens von Wasser auf. Dieses wiederum setzt ein,
516
23 Meßtechnik
Abb. 23.4. C ASAGRANDE-Piezometer (links) und Grundwasser-Beobachtungsbrunnen (rechts)
Abb. 23.5. Hydraulisches Piezometer
weil der Dampfdruck13 pv bei gekrümmten Luft-Wasser Grenzflächen („Menisken“) anders ist, als bei ebenen Grenzflächen (p0v ). Die Änderung p0v → pv erfolgt nach Maßgabe der K ELVIN-Gleichung ln(p0v /pv ) = vL ∆p/(RT ), wobei vL das Molvolumen des Porenwassers, T die absolute Temperatur, R die universelle Gaskonstante und ∆p der kapillare Druckunterschied im Porenwasser und in der Luft ist. 13
Der Dampfdruck ist derjenige temperaturabhängige Partialdruck des Dampfes, bei dem sich Verdampfung und Kondensation das Gleichgewicht halten.
23.3 Meßgeräte
517
Weitere Manometer14 mit noch geringerem Ansprechvolumen arbeiten entweder nach dem Prinzip einer pneumatischen Druckmeßdose (pneumatic piezometer, s. Abb. 23.6), oder als elektrische Porendruckaufnehmer (pore pressure transducers, s. Abb. 23.7), bei denen der Porenwasserdruck die Durchbiegung einer Membran bewirkt. Diese wird entweder über Dehnungsmeßstreifen oder über eine Schwingsaite gemessen. Porendruckaufnehmer nach dem Membranprinzip werden auch zur Porenwasserdruckmessung bei Laborversuchen herangezogen.
Abb. 23.6. Pneumatische Druckmeßdose (Prinzip). Links: inaktiv, rechts: aktiviert
Abb. 23.7. Porendruckaufnehmer mit Membran (Prinzip)
14
Siehe auch A. Kézdi: Handbuch der Bodenmechanik, Band 3, S. 240 ff, VEB Verlag für Bauwesen Berlin, 1973.
24 Umweltgeotechnik
Schadstoffe können durch verschiedene Transportmechanismen in den Porenraum des Bodens eindringen. Die Umweltgeotechnik befaßt sich mit der Suche nach Schadstoffen im Boden, der Einschätzung ihrer Ausbreitung und vor allem mit Maßnahmen zur Eindämmung ihrer Ausbreitung (sog. Einkapselung) und zur Sanierung kontaminierten Bodens. Ein wichtiges Teilgebiet der Umweltgeotechnik ist die Deponietechnik.
24.1 Bewertung der Schadstoffe Wichtig für jede Maßnahme ist die Beurteilung von Stoffen hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit oder Schädlichkeit. Letztere hängt von der Konzentration, der Art und Dauer der Einwirkung („Exposition“) sowie eventuell auch vom Wirkungspfad und von der Nutzung (z.B. Kinderspielplatz) des betrachteten Bereichs ab. Man unterscheidet zwischen verschiedenen Wirkungspfaden (Boden - Mensch, Boden - Pflanze - Tier - Mensch, Boden - Grundwasser, u.a.). Angesichts der vielen neuen synthetischen Substanzen und ihrer z.T. unbekannten Langzeitwirkungen ist die Beurteilung oft schwierig, man ist daher auf normative Festlegungen angewiesen, siehe z.B. BundesBodenschutz- und Altlastenverordnung in Deutschland. 1 Es muß betont werden, daß die Bewertungsrichtlinien (einschließlich Grenzwerte und Methoden) uneinheitlich und nicht länderübergreifend sind. Schließlich sind Konzentrationen wenig aussagekräftig, eigentlich kommt es auf die Aufnahme an, genauer auf die Zahl der Geschädigten im Bezugszeitraum (sog. body count). Darüber hinaus berücksichtigen 1
Siehe auch LABO/LAGA-Arbeitsgruppe "Direktpfad", Eckpunkte zur Gefahrenbeurteilung des Wirkungspfades Bodenverunreinigungen/Altlasten - Mensch (direkter Übergang), September 1996, ferner Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO), LänderArbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) und Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA): Einheitliche Bewertungsgrundsätze zu vorhandenen Bodenverunreinigungn/Altlasten. In: Rosenkranz/Eisele/Harreß: Bodenschutz - Ergänzbares Handbuch, 17. Lfg., 9200, XI/1994, S. 1-13, und Umweltbundesamt: Basisdaten Toxikologie für umweltrelevante Stoffe zur Gefahrenbeurteilung bei Altlasten. UBA-Berichte 4/1993, Erich-Schmidt-Verlag, Berlin.
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24 Umweltgeotechnik
die einzelnen Grenzwerte keine Wechselwirkungen von Schadstoffen untereinander, was erst in letzter Zeit Gegenstand von Forschungen wurde. Man beachte, daß für anliegenden kontaminierten Boden die o.g. Bundes - Bodenschutzund Altlastenverordnung gilt. Ist der Boden aber ausgehoben, so muß er nach der LAGA beurteilt werden, da er nunmehr als Abfall angesehen wird,
24.2 Ausbreitung und Abbau der Schadstoffe Bei Eintragung auf der Geländeoberfläche gelangen die Schadstoffe zunächst in teilgesättigten Boden, wo sie eventuell verbleiben (infolge geringer Durchlässigkeit oder Kapillarsperre). Anschließend erreichen sie das Aquifer. Die Ausbreitung der Schadstoffe im Grundwasser findet nach den Mechanismen statt, die im Abschnitt „Transport durch das strömende Grundwasser“ beschrieben worden sind. Einige Substanzen können durch chemische oder biologische Reaktionen abgebaut oder durch Adsorption zurückbehalten werden. Zum Beispiel läßt sich bei einigen chemischen Reaktionen die Abbaurate durch die Gleichung dc/dt = −kc angeben, wobei c die Konzentration des Schadstoffs und k eine Konstante ist. Es folgt daraus c = c0 e−kt , so daß die Halbwertzeit der Reaktion tH = ln2/k = 0, 693/k beträgt. Die Absorption vieler Schadstoffe im Boden bei konstanter Temperatur läßt sich durch die sog. F REUNDLICH -Isotherme angeben, q = Kc1/n , wobei q das Massenverhältnis Schadstoff/Boden, und K und n Konstanten sind. Technisch wird der Schadstoffaustrag aus einem belasteten Boden durch Durchsickerungs- oder Durchspülversuche mit klarem Wasser (Eluationsversuche) und chemischer Analyse des Eluats untersucht.
24.3 Sanierung von kontaminiertem Boden Die Sanierung wird entweder als Dekontamination oder als Sicherung vorgenommen. Je nach Ort der Dekontamination unterscheidet man in situ: Der Boden verbleibt bei der Reinigung an Ort und Stelle. Saniert werden das Grundwasser (pump and treat) und/oder die Bodenluft (Bodenluftabsaugung). on site: Der Boden wird ausgehoben und direkt neben dem Kontaminationsherd behandelt. Wird selten genehmigt. off site: Der Boden wird ausgehoben, abtransportiert (Transportgenehmigung!) und in speziellen Dekontaminationsstätten behandelt. Die Sanierung beruht entweder auf der Entfernung oder auf der Zersetzung der Schadstoffe. Die Entfernung (sog. Extraktion) erfolgt entweder durch in situ Durchspülung des Bodens mit einer Kombination von Entnahme- und Schluckbrunnen (sog. ) pump-and-treat, durch Bodenluftabsaugung oder durch on/off site Bodenwäsche (soil washing). Dadurch aber wird das Problem nur verlagert, denn das Spülmedium muß schließlich auch gereinigt werden. Die Zersetzung erfolgt entweder
24.3 Sanierung von kontaminiertem Boden
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thermisch durch Verbrennen (incineration) oder Erhitzen, oder durch biologischen Abbau (bioremediation), welcher in situ, on site oder off site (in sog. Mieten) angewandt werden kann. Die Sicherung erfolgt durch Einkapseln (containment) oder durch Immobilisieren (siehe Abb. 24.1). Das Einkapseln erreicht man durch Oberflächenabdichtung und vertikale Dichtwände, die bis zu einer natürlich vorkommenden abdichtenden Schicht reichen sollen2 . Bei Deponien wird eine Basisabdichtung hergestellt, wobei die nachträgliche Herstellung (Sanierung von Altdeponien) besonders aufwendig und kaum praktikabel ist (denkbar sind HDI-Sohlen, überschnittene Stollen u.ä.). Das Immobilisieren der Schadstoffe kann on/off site durch Eingießen in Beton, Glas, u.s.w., oder in situ durch Injektion von Flüssigkeiten, die mit den Schadstoffen reagieren und schwerlösliche Produkte ergeben (das Verfahren ist nicht praxisreif).
Abb. 24.1. Schematische Darstellung der Einkapselung von Altlasten
24.3.1 Biologischer Abbau Organische Schadstoffe können durch Mikroben abgebaut werden. Unbelasteter Boden enthält in oberflächennahen Bereichen unterhalb des Grundwasserspiegels ca. 1000 aerobe Bakterien verschiedener Spezies pro Gramm. Sie haben die Größe eines Tonpartikels (0,5 bis 3 µm) und sehr variable Formen. Ihre Anzahl (Population) kann bei Kontamination rapide vergrößert werden. Die Mikroben gewinnen ihre Energie aus der Übertragung von Elektronen von reduzierten nach oxidierten Verbin2
Siehe J. Grabe: Sicherung des ehemaligen Werksgeländes der Firma C.H. Boehringer Sohn in Hamburg, altlasten spektrum 2/97, 59-69.
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24 Umweltgeotechnik
dungen.3 Unter aeroben Bedingungen dient der Luftsauerstoff als Elektronenempfänger, aus O2 entsteht durch Oxidation des organischen Kohlenstoffs CO 2 . Unter anaeroben Bedingungen (d.h. wenn O2 nicht verfügbar ist) dienen Nitrate (NO− 3 ), Eisen (Fe3+ ), Mangan (Mn2+ ) und Sulfate (SO2− ) als Elektronenempfänger, aus 4 den abgebauten organischen Verbindungen entsteht Methan (CH 4 ). Der anaerobe Abbau ist viel langsamer und unvollständiger als der aerobe. Zudem ist er mit Geruchsbelästigung verbunden. Die Rate des biologischen Schadstoffabbaus hängt im wesentlichen vom Vorhandensein von sog. Nährstoffen4 und Sauerstoff ab. Zu den Düngemitteln zählen Stickstoff (N) und Phosphor (P) oder Kalium (K). Ein C/N/P Verhältnis von 100:10:1 ist ausreichend für den biologischen Abbau (C steht für Kohlenstoff). Zur Mineralisierung von einem kg Kohlenwasserstoff werden ca. 3 kg Sauerstoff benötigt. Die biologische Abbaubarkeit von Schadstoffen ist ganz unterschiedlich. Während sich einfache Kohlenwasserstoffe und zyklische (sog. aromatische) Kohlenwasserstoffe mit bis zu zwei Ringen leicht abbauen lassen, sind kompliziertere Moleküle schwer abbaubar. Chlorierte Kohlenwasserstoffe sind umso schwieriger abzubauen, je höher der Grad der Chlor-Substitution ist. Auch Pestizide (z.B. DDT, Lindan) sind schwer abbaubar. Die biologische in situ Dekontamination hat die Nachteile, daß sie lange andauert und bei inhomogenem Boden nicht gleichmäßig wirkt. Zudem ist der Erfolg schwer zu kontrollieren. Folgendes Beispiel5 veranschaulicht die Rolle der Sauerstoffzufuhr bei der Abbaurate. Eine 2 m dicke Sandschicht wurde in einem Gebiet von 10 m×20 m mit 141 kg Diesel-Treibstoff kontaminiert. Zum biologischen Abbau werden ca. 423 kg Sauerstoff benötigt. Ausgehend von k ≈ 10−4 m/s, i = 1% erhält man v = ki = 10−6 m/s = 0, 086m pro Tag. Somit würden täglich über die 2 m×10 m - Querschnittsfläche 1,73 m3 Grundwasser in das kontaminierte Gebiet einfließen. Geht man ferner von einem typischen Gehalt von 5 ppm an gelöstem Sauerstoff im Grundwasser aus, so erhält man eine tägliche Sauerstoffzufuhr von 0,0087 kg. D.h., der Abbau würde 134 Jahre benötigen. Wenn man durch die Errichtung eines Schlitzes stromaufwärts den hydraulischen Gradienten i auf 4% erhöhen könnte und darüberhinaus diesen Schlitz mit sauerstoffgesättigtem Wasser (Sauerstoffgehalt 8 ppm) speisen würde, so ließe sich die Abbauzeit auf 21 Jahre reduzieren. Zugabe von Wasserstoffperoxid würde den Sauerstoffgehalt auf 150 ppm erhöhen und somit die Abbauzeit auf 1,2 Jahre reduzieren. Die Verockerung der Brunnen bei Sauerstoffzufuhr stellt ein Problem dar. Abb. 24.2 zeigt dasPrinzip der biologischen off site Dekontamination.
3 4 5
R.C. Loehr, Bioremediation of soils. In: Geotechnical Practice for Waste Disposal, edited by D.E. Daniel, Chapman & Hall, 1993. Es handelt sich um Düngemittel im Sinne von limitierenden Faktoren nach Liebig. G.R. Brubaker, In situ bioremediation of groundwater. In: Geotechnical Practice for Waste Disposal, edited by D.E. Daniel, Chapman & Hall, 1993.
24.4 Deponien
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Abb. 24.2. Mikrobiologische Bodenreinigung
24.3.2 Extraktion Die Extraktion wird durch Wasser, Säuren (bei Schwermetallen), Laugen (bei Schwermetallen und Zyaniden) und Tensiden (bei organischer Belastung) bewerkstelligt. Der Eintrag erfolgt über Waschtrommel, Vibrationsschnecken, Hochdruckstrahlen und Zentrifugalkraft. Der daraus entstehende hochkontaminierte Schlamm muß deponiert und biologisch abgebaut werden. 24.3.3 Reaktive Wände, Funnels & Gates Alternativ zu aktiven Verfahren (z.B. pump and treat) bieten sich sog. passive Verfahren, die auf dem Prinzip einer reaktiven im Boden eingebauten Wand beruhen. Bei hohen Investitionskosten sind die Betriebskosten gering, so daß für große Mengen von kontaminiertem Grundwasser Reaktivwände wirtschaftlich sind. Das Verfahren besteht darin, das Grundwasser durch reaktive Zonen bzw. Wände zu leiten. Dabei kann die Grundwasserströmung durch Dichtwände (funnels) in spezielle Öffnungen (gates) hingeleitet werden. Innerhalb der reaktiven Zone erfolgt die Dekontamination durch Adsorption, Fällung oder sonstigen Abbau. Die Anforderungen an die reaktiven Substanzen (z.B. nullwertiges Eisen) sind: große spezifische Oberfläche, Langzeitstabilität und -aktivität (bzw. Regenerierbarkeit) und Verfügbarkeit (Preis).
24.4 Deponien Vom früheren Müllhaufen (waste dump) haben sich Deponien zu kunstvollen Ingenieurbauwerken (sanitary landfills) entwickelt. Ihr Zweck ist es, Abfall möglichst
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24 Umweltgeotechnik
wirksam einzukapseln6. Dies erfolgt mit den Basis- und Oberflächenabdichtungen (baseliner, closure cap). Schwierigkeiten bereitet die Tatsache, daß der Abfall keine beständige und homogene Substanz ist, sondern stark deformierbar ist und sich durch chemische und biologische Reaktionen unter Bildung von Gas und Wärme allmählich mineralisiert. Es gibt Siedlungsabfalldeponien und Deponien für spezielle Stoffe (Monodeponien). Für Abdichtungen kommen folgende Varianten (teils einzeln teils in Kombination) in Frage: Mineralische Dichtung (clay liner): Diese muß keineswegs aus reinem Ton bestehen, sondern kann auch erhebliche Anteile aus gröberen Böden haben. Ton (evtl. auch Bentonit) muß aber immer vorhanden sein, um dem Gemisch eine hinreichend kleine Durchlässigkeit zu erteilen. Sie wird in Lagen eingebaut und verdichtet. Die optimalen Einbaubedingungen (Dicke der einzelnen Lagen, Wassergehalt, Anzahl der Übergänge) ermittelt man am besten an einem Probeverdichtungsfeld. Dort kann auch die Durchlässigkeit im Feld bestimmt werden. Mineralische Dichtungen können durch Schrumpfrisse infolge Austrocknens undicht werden. Geokunststoff-Ton-Dichtung (geosynthetic clay liner): Es handelt sich um vorgefertigte Bahnen, die aus Sandwich-Lagen von Ton (ca. 5 kg/m2 Bentonit) und Kunststoffdichtungsbahnen bestehen. Sie können leicht und schnell installiert werden, sind aber wegen ihrer geringen Dicke (ca. 5 mm) leicht zu beschädigen. Kunststoffdichtungsbahnen (geomembrane liner): Es gibt dazu eine Vielzahl von Varianten. Von besonderer Wichtigkeit ist das Zusammenschweißen der einzelnen Bahnen, sowie auch das Langzeitverhalten, das extrapoliert werden muß. Man bedient sich verschiedener Modelle7 , die im wesentlichen darauf beruhen, daß eine Temperaturerhöhung ein beschleunigtes Verstreichen der Zeit simuliert. Kombinationsabdichtungen (composite liner): Die Absicherung gegenüber allfälliger Beschädigungen der Kunststoffdichtungsbahnen oder Risse in der mineralischen Dichtung ist viel effektiver, wenn man beide Abdichtungsmethoden kombiniert. Rechnerische Simulationen haben ergeben, daß die Durchflußmengen bei Kombinationsabdichtungen 100mal kleiner sind als bei den einzelnen Komponenten. Auch wenn die mineralische Abdichtung relativ durchlässig ist (k = 10−4 m/s) und die Kunststoffdichtungsbahnen 20 Löcher pro Hektar haben, ist die Kombinationsabdichtung viel effektiver als alleinstehende Kunststoffdichtungsbahnen oder mineralische Abdichtungen guter Qualität8 . Um dies zu erreichen, muß der Kontakt zwischen Kunststoffdichtungsbahnen und mineralischer Abdichtung innig sein (sog. Preßverbund). In der Regel werden Basis6
7 8
Siehe Technische Anleitung (TA) Siedlungsabfall, TA Sonderabfall, sowie Arbeitsblatt M3 der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA), sowie ÖNORM S 2070, 2071, 2072, 2073, 2074, 2075 und 2076. R.M. Koerner, Geomembrane liners. In: Geotechnical Practice for Waste Disposal, edited by D.E. Daniel, Chapman & Hall, 1993. D.E. Daniel, Landfills and impoundments. In: Geotechnical Practice for Waste Disposal, edited by D.E. Daniel, Chapman & Hall, 1993.
24.4 Deponien
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und Oberflächenabdichtungen von Deponien als Kombinationsabdichtungen gebaut. Eine Kombinationsabdichtung nach LAGA-Merkblatt M3 besteht aus einer mineralischen Dichtung von mindestens 75 cm Dicke und einer Kunststoffdichtungsbahn von mindestens 2,5 mm Dicke. Jede Teilschicht darf eine Durchlässigkeit von höchstens 5 × 10−10 m/s haben. Asphaltbeton: Die Zusammensetzung erfolgt wie bei Beton, aber mit Bitumen anstatt Zement und Wasser. Kapillarsperre als Oberflächenabdichtung. Wenn eine feinkörnige Schicht (etwa aus Feinsand) auf eine grobkörnige Schicht (Grobsand) mit luftgefüllten Poren filterfest aufliegt, so braucht das Wasser einen bestimmten Überdruck (Eintrittskapillardruck), um in die gröberen Poren einzudringen. Grund dafür ist der Druckunterschied, der sich in den Wassermenisken der feinen Poren einstellt. Um Beschädigungen der Oberflächenabdichtung zu vermeiden, muß der Deponiekörper ausreichend verdichtet werden. Setzungen von unverdichteten Hausmülldeponien können bis zu 20% der Schütthöhe betragen. Die Verdichtung (etwa als dynamische Intensivverdichtung mit Fallgewichten durchgeführt) hat zudem den Vorteil, daß sie zusätzliches Deponievolumen schafft.
Abb. 24.3. Kunststoffdichtung
24.4.1 Deponie-Entgasung In einer Hausmülldeponie entsteht Gas, das aus 50-70 Vol. % aus Methan und 30-50 Vol. % aus Kohlendioxid besteht. Aus 1 t Hausmüll mit ca. 200 kg organischer Substanz entstehen in den ersten 10 Jahren ca. 150 kg Deponiegas. Die Gasproduktion
526
24 Umweltgeotechnik
Abb. 24.4. Entgasung (Deponie Fludersbach, Siegen)
Abb. 24.5. Begehbarer Stollen
24.4 Deponien
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halbiert sich alle weiteren 10 Jahre. Die Gasentwicklung hängt mit der Mineralisierung einer Deponie zusammen und ist insofern erwünscht. Sie setzt einen MindestFeuchtigkeitsgehalt voraus, der aber durch den anfallenden Niederschlag während der Aufschüttung gegeben ist. Allerdings ist das Deponiegas verantwortlich für Geruchsbelästigung der Umgebung und für Explosionsgefahr. Durch seine Ausbreitung im Boden kann es die Vegetation schädigen. Nach den neuen Bestimmungen für Siedlungsabfall muß daher dieser weitgehend inertisiert sein, d.h. er darf höchstens 5% organische Bestandteile enthalten. Dies ist nur durch eine thermische Vorbehandlung zu erreichen. Die Deponie-Entgasung erfolgt durch Gasdränagen9. Das sind geschlitzte Kunststoffrohre, die entweder vertikal (im Abstand von ca. 50 m untereinander) oder horizontal (vertikaler Abstand zwischen den Entgasungsebenen ca. 10 m, horizontaler Abstand der Rohre ca. 20 m) verlegt werden. Die Schlitzrohre sind mit Kies ummantelt. Bei einer aktiven Entgasung sind die Gasdränagen an eine Verdichter-Station angeschlossen, die im Leitungsnetz einen Unterdruck erzeugt. In diesem Fall müssen die äußeren Enden der Dränagerohre (am Brunnenkopf) mit Ton abgedichtet werden. Folgende Punkte müssen beachtet werden: • • • •
•
Zur Absaugung des Deponiegases muß der Deponiekörper ringsum dicht abgeschlossen sein. Die Temperatur in der Deponie kann 70◦ C erreichen, daher ist beständiges Rohrmaterial zu wählen. Der Fuß vertikaler Brunnen sollte ca. 2-3 m oberhalb der Basisabdichtung angeordnet werden, sonst kann diese bei Setzung des Mülls beschädigt werden. Bei Abkühlung des Gases entsteht Kondensationsflüssigkeit, die gefaßt und abgeführt werden muß. Horizontale Sammelleitungen müssen ein hinreichendes Gefälle (> 3 %) haben, das auch dann ausreicht, wenn Setzungsunterschiede auftreten. Bedingt durch Verunreinigungen kann das Deponiegas kaum zur Energiegewinnung verwertet werden und wird meist abgefackelt.
24.4.2 Deponie-Sickerwasserfassung Durch Niederschläge (in der Betriebsphase oder bei mangelhafter Oberflächenabdichtung) und durch den Abbau der organischen Inhaltsstoffe entsteht das hochbelastete Deponie-Sickerwasser. Bei nicht abgedeckten Deponien können bis zu 20 m 3 pro Hektar und Tag anfallen. Das Sickerwasser wird durch die Entwässerungsschicht der Basisabdichtung bzw. durch Entwässerungsrohre gefaßt und abgeführt. Die Entwässerungsschicht sollte eine Neigung > 3 % und eine Dicke > 30 cm haben. Sie besteht aus Material im Körnungsbereich 16-32 mm und weniger als 20 % CaCO 3 Gehalt. Die Entwässerungsrohre sollten eine Neigung von 1 % plus Überhöhung wegen Setzungen haben, einen Durchmesser > 25 cm und Schlitze mit Breite > 1,2 cm. 9
Siehe Empfehlungen des Arbeiskreises „Geotechnik der Deponien und Altlasten“ der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik, Bautechnik 71, 9, 1994.
528
24 Umweltgeotechnik
Ablagerungen und Verkrustungen in den Entwässerungsrohren und in der Entwässerungsschicht sind nicht zu vermeiden. Deshalb sollten die Rohre von Kontrollschächten aus gewartet werden können. Diese sollten nicht mehr als 300 m voneinander entfernt sein, dazwischen sollten sie geradlinig verlaufen. Kontrollschächte erhalten durch die Setzung des Mülls negative Mantelreibung, was zur Beschädigung der Basisabdichtung führen kann. Daher sollten sie verbreitete Fundamente haben bzw. teleskopartig konstruiert werden. Am besten werden sie außerhalb des Deponiekörpers angeordnet. Das Sickerfassungssystem muß so ausgebildet werden, daß es mindestens einmal jährlich gespült, gereinigt und zur Kontrolle mit der Kamera befahren werden kann.
24.5 Arbeitsschutz Für Arbeiten in kontaminierten Bereichen gelten verschärfte und leider noch stark uneinheitliche Sicherheitsvorschriften10. Unter anderem sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Beschäftigungsverbot für Jugendliche unter 18 Jahren, werdende oder stillende Mütter sowie für gebärfähige Arbeitnehmerinnen beim Umgang mit Gefahrstoffen, die Blei- und Quecksilberalkyle überhalb der Auslöseschwelle enthalten. Anzeigepflicht: Der Auftragnehmer hat Bauarbeiten in kontaminierten Bereichen spätestens 4 Wochen vor ihrem Beginn der zuständigen Berufsgenossenschaft schriftlich anzuzeigen. Baustelleneinrichtung: Kontaminierte Bereiche sind gegen den Zutritt Unbefugter einzuzäunen. Es dürfen darin keine Sozialräume, Büros, Labors, Unterkünfte, Werkstätten oder Lagerräume (mit Ausnahme von Lagerräumen für kontaminierte Geräte) errichtet bzw. benutzt werden. Es müssen Verständigungsmöglichkeiten von bzw. zum kontaminierten Bereich errichtet werden (Telefon, Funksprechgeräte). Für das Umkleiden und die sanitären Bedürfnisse der Arbeitnehmer sind bei großen Baustellen Schwarz-Weiß-Anlagen einzurichten. Diese bestehen aus drei miteinander verbundenen Räumen. Der dem öffentlichen Straßenbereich zugewandte Weiß-Bereich dient dem Ablegen, Aufbewahren und späteren Wiederanlegen der Straßenkleidung. Der anschließende Mittelbereich enthält die sanitären Einrichtungen (Duschen, Toiletten). Der Schwarz-Bereich dient dem Anlegen und dem späteren Ablegen und Aufbewahren der Arbeitskleidung. Belüftung: Der Sauerstoffgehalt soll größer als 19 Vol.% sein, die Konzentration brennbarer Stoffe soll unter der Explosionsgrenze sein, die Konzentration von giftigen Stoffen soll kleiner als 10% der maximalen Arbeitsplatzkonzentration
10
Siehe z.B. „Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in kontaminierten Bereichen“ der Tiefbau-Berufsgenossenschaft, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Alte Heerstraße 111, D-53757 Sankt Augustin, Ausgabe 4.1997.
24.5 Arbeitsschutz
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(MAK) sein. Dementsprechend ist (bei gasförmigen Gefahrstoffen eine blasende und bei staubförmigen Gefahrenstoffen eine saugende) Lüftung oder die Verwendung von Atemschutz und fremdbelüfteten gekapselten Kabinen bei Baugeräten vorzusehen. Betriebsanweisung: Sie sollte u.a. folgende Vorschriften enthalten • Verzehr-, Trink-, und Rauchverbot • Verbot der Alleinarbeit • Meldepflicht auffälliger Vorkommnisse und plötzlicher gesundheitlicher Beschwerden • Meßtechnische Überwachung der Arbeitsplätze
Darüber hinaus gibt es viele andere Vorschriften für Rettung und Erste Hilfe, NotfallAusweise, arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, persönliche Schutzausrüstungen u.s.w.
25 Geokunststoffe
Geokunststoffe (geosynthetics) haben eine wachsende Bedeutung im Grundbau. Ihre Arten und ihre Verwendung sind aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich. Art Geotextilien (geotextiles)
Geokunststoffe
Verwendung
Vliese (fleeces) Trennschicht, Filter Gewebe Bewehrung Maschenware Bewehrung Geogitter (geogrids) Bewehrung Folien oder Dichtungsbahnen (geomembranes) Abdichtung Geokunststoffe bestehen aus diversen Polymeren wie Polyamid, Polyester und Polyolefinen (Polyethylen und Polypropylen) unter Zugabe von Stabilisatoren. Geotextilien1 werden aus extrudierten Fasern hergestellt. Bei Vliesen werden endlose Fasern (sog. Filamente) oder 3 bis 5 cm lange Spinnfasern (Stapelfasern) in Wirrlage (d.h. regellos angeordnet) verfilzt oder verklebt. Sie sind daher sehr flexibel und können sich einer unebenen Unterlage gut anpassen. Gewebe bestehen aus sich rechtwinklig kreuzenden Fadensystemen (Garnen), während Maschenware aus Fadensystemen besteht, die miteinander schleifenförmig verbunden (vermascht) oder durch ein weiteres Fadensystem verbunden sind. Man verwendet auch dem Begiff Geonetze (geonets) für Maschenware. Die trennende Wirkung der Geotextilien ist dann gefragt, wenn zwei aneinander grenzende Erdstoffe nicht mechanisch filterstabil sind. Dies ist oft bei Aufschüttungen auf weicher Unterlage der Fall. 1
Siehe Merkblatt für die Anwendung von Geotextilien und Geogittern im Erdbau des Straßenbaus, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, D-50973 Köln, Postfach 501362, 1994, sowie Geotextilhandbuch, herausgegeben vom Schweizerischen Verband der Geotextilfachleute, EMPA, Postfach, CH-9001 St. Gallen, 1988.
532
25 Geokunststoffe
Geotextilien aus wetterbeständigem Material können auch zur Oberflächenabdeckung herangezogen werden. Soll die Oberfläche bepflanzt werden, so müssen die Maschen groß genug sein und die Fasern bzw. Garne ausreichend verschiebbar, um die Durchwurzelung nicht zu verhindern. Generell sind Polymere anfällig gegenüber UV-Licht (Polypropylen mehr, Polyester weniger). Daher sollten sie sobald wie möglich mit Erdstoff abgedeckt werden.
Abb. 25.1. Gewebe
Abb. 25.2. Geogitter
25 Geokunststoffe
Abb. 25.3. Verteilen und Verdichten der Schüttung auf einem Vlies
Abb. 25.4. Anwendung von Vliesen zur Ufersicherung
533
534
25 Geokunststoffe
Abb. 25.5. Bau einer Polsterwand
Abb. 25.6. Bau einer Polsterwand
25 Geokunststoffe
Abb. 25.7. Fertiggestellte Polsterwand
Abb. 25.8. Begrünte Polsterwand
535
536
25 Geokunststoffe
Abb. 25.9. Fertige Böschung
Abb. 25.10. Prüfung von Geokunststoffen
25.1 Prüfverfahren für Geotextilien
537
Abb. 25.11. Prüfung von Geokunststoffen
25.1 Prüfverfahren für Geotextilien Um die Gebrauchstauglichkeit von Geotextilien zu testen, sind verschiedene technologische Prüfverfahren eingeführt worden. Folgende Größen werden dabei bestimmt: 1. Effektive Maschenweite. Sie wird definiert als der Durchmesser von Glaskugeln, die durch das Geotextil zu 95% zurückbehalten werden. 2. Reißfestigkeit: Rißkraft pro Breiteneinheit beim Zugversuch. Die zugehörige Bruchdehnung wird ebenfalls registriert. 3. Zerreißfestigkeit: Dabei erfolgt ein progressives Zerreißen der einzelnen Fasern. 4. Durchstanz-Widerstand: Ein ebenes Geotextil wird durch eine Halbkugel aufgewölbt, bis es zerreißt. 5. Punktwiderstand: Er ist indikativ für den Widerstand des Geotextils gegen scharfe Gegenstände (Steine). 6. Querdurchlässigkeit: Durchlässigkeit bei Durchströmung quer zur Ausdehnung des Geotextils. 7. Transmissivität: Sie gibt die Flüssigkeitsmenge an, die bei gegebenem hydraulischen Gradient in Längsrichtung pro Breiteneinheit des Geotextils fließt. 8. UV-Beständigkeit (geprüft durch eine Belichtungsdauer von 360 Stunden) 9. Verstopfungsanfälligkeit. Werden die Poren des Geotextils durch Bodenpartikel verstopft, so wird seine Längs- und Querdurchlässigkeit beeinträchtigt.
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25 Geokunststoffe
10. Materialermüdung: Wiederholte Belastung und Entlastung kann die Festigkeit herabsetzen. 11. Nahtfestigkeit 12. Kriechen. Es werden Kriechkurven (mit einer Dauer von bis zu 5 Jahren) bei Belastung mit 80%, 60%, 40% und 20% der Kurzzeitfestigkeit aufgezeichnet. 13. Reibung zwischen Boden und Geotextil. Sie wird durch direkte Scherversuche mit einer Scherfläche von mindestens 30×30 cm2 und Auflasten von 10 bis 200 kPa bestimmt.
25.2 Einsatz von Geokunststoffen zur Bodenbewehrung 25.2.1 Einsatz von Geokunststoffen zur Belastung von Schottersäulen Schottersäulen werden zur Verbesserung des Tragverhaltens von weichen bindigen Schichten herangezogen. Wird eine mit Schottersäulen versehene Bodenschicht durch eine Aufschüttung belastet, so übernehmen die steiferen Schottersäulen einen großen Teil der aufgebrachten Last. Dies erfolgt durch Gewölbewirkung in der Aufschüttung (s. Abb. 25.12). Um Setzungsunterschiede auf der Oberfläche der Auf-
Abb. 25.12. Das Gewicht der Aufschüttung wird durch Gewölbewirkung zu einem großen Teil auf die Schottersäulen eingeleitet
schüttung (z.B. Eisenbahndamm) zu vermeiden, strebt man an, einen möglichst großen Anteil ihres Gewichts auf die Schottersäulen einzuleiten. Hierzu werden Geogitter herangezogen2, siehe Abb. 25.13. Zur Erläuterung der Wirkung des Geogitters 2
Siehe W.J. Hewlett and M.F. Randolph: Analysis of piled embankments, Ground Engineering Vol. 21, No. 3, April 1988, 12-18, und D. Alexiew, E. Gartung, J. Verspohl, R. Kirsch-
25.2 Einsatz von Geokunststoffen zur Bodenbewehrung
539
Abb. 25.13. Geogitter auf Pfahlkopfplatten
soll hier das ebene Problem betrachtet werden3. Die Lasteinleitung in die Schottersäulen erfolgt über Traggewölbe, die sich in der Auffüllung einstellen. Wir nehmen an, daß sie kreisförmig mit dem Radius r1 = (s − a)/2 sind. Unter der Annahme, daß sich die Vertikalspannung über dem Gewölbescheitel parabelförmig verteilt, und daß am Gewölbescheitel die volle Festigkeit des Aufschüttungsmaterials mobilisiert ist, läßt sich σz am Scheitel A ausrechnen4 zu c cos ϕ γ− r1 1 − sin ϕ . (σz )A = (h − r1 ) h − r1 sin ϕ 1+ r1 1 − sin ϕ
Die Parameter γ (Wichte), ϕ (Reibungswinkel) und c (Kohäsion) beziehen sich auf das Aufschüttungsmaterial. Vom Punkt A zum Punkt B (=Scheitel des Geogitters) wächst σz um den Betrag γ(r1 +b). Somit belastet die Spannung (σz )A +γ(r1 +b) das gekrümmte Geogitter und erzeugt darin die Normalkraft N . Nach der Kesselformel ist N = [(σz )A + γ (r1 + b) − pB ] r2
,
wobei r2 der Scheitelkrümmungsradius des Geogitters und pB die auf die weiche Schicht ausgeübte Pressung ist.
3
4
ner: A Geogrid-reinforced Railroad Embankment on Piles in Soft Subsoil. Russian National Conference on Soil Mechanics and Foundation Engineering, Sankt-Petersburg, 1995, Vol. 4, 804-825. Eine „punktweise“ Abstützung erzeugt eine doppelte Krümmung und dadurch zusätzliche Zwängungen in einem (i.a. orthotropen) Geogitter. Siehe D. Kolymbas: Tunneling and Tunnel Mechanics, Springer 2005.
540
25 Geokunststoffe
Sei b der Durchhang des Geogitters, für welches wir die Form einer Parabel annehmen: y=
4b b 2 x = x2 r12 (s − a)2
.
Dann ist der Scheitelkrümmungsradius r2 mit b über die Beziehung r2 = r12 /2b verknüpft. Die Neigung des Geogitters am Auflagerpunkt beträgt b β = arctan 2 . r1 Somit beträgt die vom Geogitter aufgebrachte vertikale Belastung der Pfahlkopfplatte 2N sin β. Es ist konstruktiv am einfachsten, die Geogitter auf eine ebene Unterlage zu legen. Der Durchhang b ergibt sich dann allein aus der Normalkraft und der Dehnbarkeit des Geogitters.
26 Sicherheit und Normen
Normen sind Vereinbarungen, die die Kommunikation erleichtern sollen. Man kann z.B. vereinbaren, wie der Reibungswinkel gemessen werden soll und daß er mit „ϕ“ zu bezeichnen ist. Selbstverständlich ist aber der Wert von ϕ keine Vereinbarungssache. Normen werden oft als entwicklungshemmend, vielfach auch als unübersichtlich kritisiert. Es herrscht auch Uneinigkeit über den Grad ihrer Verbindlichkeit, d.h. ob sie eher Lehrbuch- oder Gesetzescharakter haben sollen. Es wird erwartet, dass durch Vereinheitlichung der Normen der Wettbewerb unterstützt und das Qualitätsniveau angehoben werden. Allerdings kann die angestrebte Harmonisierung der europäischen Normen angesichts der vielen konträren Interessen und der übrig gebliebenen Vielfalt nicht als erfolgreich bezeichnet werden. Kritiker bemängeln, dass eine exzessive Normung einen (oft veralteten) Wissensstand zementiert und dass das physikalische - ingenieurwissenschaftliche Denken durch die Interpretation von Normenparagraphen verdrängt wird, was schließlich zu einer Entmündigung des Ingenieurs führt. Eine vieldiskutierte Frage ist, ob sich Lehrbücher eingehend mit Normen befassen sollten. Da sich aber Normen regelmäßig verändern (sollen), schließt sich der Autor der Meinung an, dass sich Lehrbücher mit Denkkonzepten und nicht mit Normen befassen sollten.1 1
”Industry has shifted much of the responsibility for training onto the universities. This has important implications. First, training is best acquired on the job, and it is difficult to do well in the classroom or laboratory. Second, and more importantly, because universities are now required to incorporate elements of training as well as new topics into their courses, something has to go. . . . If students have not grasped the basics by the time they graduate they never will, because their supervising engineers didn’t either–and so it goes on. Standards and codes of practice should encapsulate best practice based on sound theory– but we all know that they don’t.. . . Standards and codes are written by committees who could not agree, and the codes are likely to be out of date in a decade or so. Many standards and codes are based on unsound theories and out-of-date practices. Their range of application is limited to the situations that they cover. Within the working life of a typical engineer most important codes and standards will be revised several times. So why do universities teach students how to use standards and codes of practice? Because that is what employers want graduates to do on their first day at work. But it is much bet-
542
26 Sicherheit und Normen
Bei den Normen sollte man unterscheiden zwischen Codes, die die Bemessung regeln, und den Standards, die die Ausführung von einzelnen Produkten regeln.
26.1 Neue Konzepte Zur Zeit befinden sich die Normen im Umbruch, da die bestehenden nationalen Normen europaweit harmonisiert werden sollen. Dabei werden folgende Konzepte aufgenommen: 26.1.1 Teilsicherheiten Das traditionelle globale Sicherheitskonzept wird durch das Konzept der Teilsicherheiten (Partialsicherheiten) ersetzt. Nach dem traditionellen Konzept wurde das Versagen (sog. Grenzzustand) durch bestimmte Wertekombinationen der maßgebenden Variablen xi definiert und durch die Gleichung g(x1 , x2 , . . . , xn ) = 0 angegeben. Zur Bestimmung der globalen Sicherheit η wurde der vorhandene Wert einer (willkürlich gewählten) Variablen (xi )vorh mit demjenigen Wert (xi )l dieser Variablen verglichen, der (bei denselben anderen Variablen) die Grenzzustandsgleichung g(x1 , . . . , x2 ) = 0 erfüllt. Als globale Sicherheit η wurde dann das Verhältnis (xi )vorh /(xi )l definiert. Die Willkür dieses Vorgehens ist offensichtlich. Nach dem Konzept der Teilsicherheiten wird berücksichtigt, daß jede Variable x eine gewisse Streubreite hat. Üblicherweise werden im Baugrundgutachten Rechenwerte (sog. charakteristische Werte xk , auch als „calx“ bezeichnet) als vorsichtige Schätzwerte für die einzelnen Variablen angegeben. Um nun die Streubreite der Variablen und die ungenaue Modellbildung zu berücksichtigen, werden ihre charakteristischen Werte durch sog. Teilsicherheitsbeiwerte γ dividiert: xd = xk /γ. Man erhält dadurch die sog. Bemessungswerte (design values) xd , die in die Grenzzustandsgleichung g(xd1 , xd2 , . . . , xdn ) = 0 eingehen (siehe auch Abb. 26.1). DIN-Normen, die das Konzept der Teilsicherheitsbeiwerte berücksichtigen, erhalten den Zusatz „100“, z.B. DIN 1054-100. Das Konzept der Partialsicherheiten wurde ursprünglich von den Massivbauern eingeführt (EUROCODE 1). Der Grundbau mußte folgen, obwohl er hierfür nicht besonders geeignet ist: Die Unterteilung in Einwirkungen und Widerstände (siehe unten) ist nicht immer klar, und die Streuungen von Bodenkennwerten lassen sich statistisch kaum erfassen. In der Geotechnik dürfte die Sicherheit eher durch eine gute Baugrunderkundung und durch eine fachmännische Ausführung als durch Berechnungsmodelle und Partialsicherheiten gewährleistet werden. ter to make sure that engineers fully understand the basic principles, which will last their lifetime. They can always learn to use national and commercial standards and codes later. The solution is to remove standards and codes of practice from universities. Universities should teach students how to do things from an understanding of basic principles; they will then have a healthy scepticism for the standards and codes they are asked to follow in practice, and that will be a good thing.” Aus J. Atkinson, Briefing: What is the matter with geotechnical engineering? Geotechnical Engineering/Volume GT155/Issue 03, 2002, 155-158.
26.1 Neue Konzepte
543
gemessene Werte Theorie, Erfahrung abgeleitete Werte vorsichtige Schätzung charakteristische Werte Partialsicherheiten Bemessungswerte Abb. 26.1. Hierarchie von Werten in Eurocode 7.
26.1.2 Grenzzustände Nach dem neuen Normenkonzept unterscheidet man zwischen Grenzzuständen des Versagens (Grenzzustand 1) und Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit (Grenzzustand 2). Bei den letzteren ist durch die Größe der Verformungen die Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigt, ohne daß Versagen eingetreten ist. Beim Grenzzustand 1 unterscheidet man zwischen folgenden Grenzzuständen bzw. Bemessungsfällen: Grenzzustand 1A: Versagen infolge hydrostatischen Auftriebs Grenzzustand 1B: Versagen durch Erreichen der Festigkeit eines Bauteils (innere Standsicherheit) Grenzzustand 1C: Versagen des Baugrundes (äußere Standsicherheit). 26.1.3 Charakteristische Werte Dies sind vorsichtig geschätzte, wahrscheinliche Bodenkennwerte. Sie werden aufgrund von Versuchen oder Erfahrungen von den Bodengutachtern angegeben. Die in manchen Ländern vertretene Ansicht, daß die charakteristischen Werte als 5%Fraktilwerte zu definieren sind, wird sich (wegen der geringen Anzahl von Versuchen an gleichem Material) in der Geotechnik wohl nicht durchsetzen lassen. Nach EC 7 muß der charakteristische Wert eines Boden- bzw. Felsparameters als vorsichtiger Schätzwert des Kennwerts festgelegt werden, der das Auftreten des Grenzzustandes auslöst. Nach DIN 1054-100, 1.3.19, ist der charakteristische Wert auf der sicheren Seite vom Mittelwert der geotechnischen Größe zu wählen. Der Abstand gegenüber dem Mittelwert kann bei ausreichender Datenbasis und gleichmäßigem Baugrund klein, muß aber bei mangelhafter Datenbasis und ungleichmäßigem Baugrund groß angenommen werden. Charakteristische Werte werden durch den Index „k“ gekennzeichnet.
544
26 Sicherheit und Normen
26.1.4 Geotechnische Kategorien Die Bemessung richtet sich nach der sog. geotechnischen Kategorie. Man unterscheidet: Geotechnische Kategorie 1: Kleine, einfache Bauobjekte bei einfachen und übersichtlichen Baugrundverhältnissen. Dazu gehören setzungsunempfindliche Bauwerke mit Stützenlasten bis 250 kN und Streifenlasten bis 100 kN/m, Stützmauern bis 2 m Höhe, wenn dahinter keine hohen Auflasten sind, Dämme bis 3 m Höhe, Gründungsplatten, die ohne Berechnung empirisch bemessen werden, Gräben bis 2 m Tiefe. Geotechnische Kategorie 2: Bauobjekte und Baugrundverhältnisse mit mittlerem Schwierigkeitsgrad. Dazu gehören alle Fälle, die nicht den geotechnischen Kategorien 1 und 3 zuzuordnen sind. Geotechnische Kategorie 3: Schwierige Konstruktionen und/oder schwierige Baugrundverhältnisse. Dazu gehören ungewöhnliche Bauwerke, Belastungen (z.B. Erdbeben) und Baugrundverhältnisse. Insbesondere gehören dazu Bauwerke mit besonders hohen Lasten, Türme, tiefe Baugruben, Staudämme mit Wasserdrücken über 2 mWS, vorübergehende oder bleibende Veränderungen des Grundwasserspiegels, Flugplätze, Hohlraumbauten, weitgespannte Brücken, Schleusen, Silos, Maschinenfundamente mit hohen dynamischen Lasten, kerntechnische Anlagen, Offshore-Konstruktionen, Chemieanlagen, Deponien. Die geotechnische Kategorie 2 umfaßt die üblichen Konstruktionen und sollte von einem qualifizierten Bauingenieur bewältigt werden können, während bei der geotechnischen Kategorie 3 erfahrene Spezialisten heranzuziehen sind. Die Norm EC 7 (siehe unten) ist hauptsächlich für die geotechnische Kategorie 2 konzipiert. Für die geotechnische Kategorie 1 werden Berechnungen meist überflüssig sein, während man für die geotechnische Kategorie 3 vielfach Verfahren einsetzen muß, die über den EC 7 hinausgehen. 26.1.5 Einwirkungen/Widerstände Nach dem Konzept der neuen Normen werden die Variablen in Einwirkungen und Widerstände bzw. Bodenscherfestigkeitsparameter (ϕ, c und einaxiale Druckfestigkeit qu ) unterteilt. Zu den Einwirkungen zählen Gewichte, Wasserdrücke, Strömungskräfte, Lasten, Vorspannkräfte, Bewegungen infolge Schwellen, Temperaturänderungen, u.s.w. Da die Unterscheidung zwischen Einwirkung (action) und Widerstand (reaction) konzeptuell nicht immer leicht ist,2 kann man folgende Definition der Einwirkung heranziehen: Eine Einwirkung ist eine Kraft (oder aufgeprägte Verformung), die zu Beginn der Berechnung bekannt ist.
2
Zum Beispiel stellt der auf eine Stützkonstruktion einwirkende aktive Erddruck eine Einwirkung dar, insofern ist der Reibungswinkel hier eine einwirkende Größe. Trotzdem sollte er sicherheitshalber kleiner angesetzt werden, d.h. ϕd < ϕk .
26.3 Entstehung der Normen
545
26.2 EUROCODE 7 Maßgebend für die geotechnische Bemessung auf europäischer Ebene ist der EUROCODE 7 (bzw. EC 7), der als Europäische Vornorm (sog. ENV) vom Europäischen Komitee für Normung (CEN) 1995 zu einer dreijährigen Erprobung ausgegeben wurde. Der EC 7 trägt auch die Bezeichnung ENV 1997-1: 1994 und hat auch den Status einer österreichischen Vornorm. Er besteht aus folgenden Teilen: Teil 1 enthält allgemeine Regeln für Entwurf und Bemessung. Abschnitt 1 enthält die Einleitung, die Grundlagen für Entwurf und Bemessung finden sich im Abschnitt 2. Die Abschnitte 3 bis 5 behandeln die Baugrunderkundung und enthalten Hinweise für Konstruktion, Messungen und Erhaltungsmaßnahmen. Die weiteren Abschnitte widmen sich speziellen Konstruktionen: Flach- und Tiefgründungen, Stützkonstruktionen, Böschungen und Aufschüttungen. Teile 2 und 3 behandeln Labor- und Feldversuche, haben aber noch nicht den Status einer Vornorm (ENV). In jedem europäischen Land werden die europäischen Normen durch sog. Nationale Anwendungsdokumente ergänzt.
26.3 Entstehung der Normen Eine europäische Ausführungsnorm (standard) entsteht durch folgende Schritte: •
•
• • • • •
•
Das technische Komitee TC 288 bestehend aus einem Obmann, einem Sekretariat und einer Vertretung aus jedem europäischen Staat entscheidet über Normungsprogramme, Termine, Arbeitsgruppen (siehe nächsten Punkt), Verabschiedung von Normen u.ä. Eine Arbeitsgruppe aus einem Obmann, einem technischen Sekretär und je einem Experten aus jedem europäischen Staat erarbeitet einen Normenentwurf in deutscher, englischer und französischer Sprache. Jeder nationale Experte wird von einem nationalen Spiegelausschuß unterstützt. Das Sekretariat der Arbeitsgruppe stellt die Einsprüche zusammen. Das TC 288 entscheidet, ob die Norm weiterbearbeitet oder abgelehnt werden soll. Falls die Norm weiterbearbeitet werden soll, muß die Arbeitsgruppe alle Einsprüche berücksichtigen und einen überarbeiteten Normenentwurf dem TC 288 vorlegen. Das TC 288 entscheidet über die Freigabe. Die einzelnen Staaten entscheiden über die Annahme oder Ablehnung. Jedes Land hat eine bestimmte Anzahl von Stimmen. Eine Norm gilt als angenommen, wenn 71 Stimmen (bei einer Gesamtzahl von 96 Stimmen) dafür sind. Die Länder haben sich verpflichtet, bei einem positiven Abstimmungsergebnis die Norm zu übernehmen. Im Falle der Annahme wird die Norm vom CEN redaktionell überarbeitet und den einzelnen Staaten zur Einführung gesandt.
546
• •
26 Sicherheit und Normen
6 Monate nach dem Versand müssen entsprechende nationale Normen zurückgezogen werden. Nach einer Laufzeit von 5 Jahren wird jede Norm überarbeitet.
Sowohl der Umfang der neuen Normen, als auch der Aufwand für die damit verknüpften Nachweise übertreffen die alten um ein Vielfaches. Dies, sowie ihre Kompliziertheit und Unklarheit haben starke Kritik nach sich gezogen. Viele Fachleute bemängeln, daß die ursprünglich angestrebte Transparenz und der Konsens durch schwer nachvollziehende neue Begriffe, Flügelkämpfe und sich ändernde Entwürfe nicht eingehalten werden.
26.4
Begriffe aus der Wahrscheinlichkeitstheorie
Zufallsvariablen sind Zahlen, die dem im voraus nicht bestimmbaren Ausgang eines bestimmten Experimentes zugeordnet sind. Sie werden mit Fettdruck dargestellt. Betrachten wir die Zufallsvariable x. Die Wahrscheinlichkeit, daß diese Zufallsvariable kleiner/gleich als ein vorgegebener Wert x ist, betrage Fx (x)3 : F (x) = P {x ≤ x}.
P {Ereignis} ist dabei die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses. F (x) ist die Verteilungsfunktion der Zufallsvariablen x. Ihre Ableitung f (x) =
dF (x) dx
heißt Verteilungsdichtefunktion oder schlicht Dichtefunktion. Es gilt x2 f (x)dx. P {x1 ≤ x ≤ x2 } = x1
Der Erwartungswert oder Mittelwert einer Zufallsvariablen x, dargestellt als E{x} bzw. η, ist definiert als ∞ xf (x)dx. E{x} = −∞
Der wahrscheinlichste Wert von x ist die Konstante xl definiert durch f (xl ) =maximum. Der Medianwert von x ist die Konstante xm definiert durch P {x ≤ xm } = F (xm ) = 1/2. Mittelwert, wahrscheinlichster Wert und Medianwert brauchen nicht zusammenzufallen. Eine Funktion einer Zufallsvariablen, y = g(x), ist ebenfalls eine Zufallsvariable mit der Verteilungsfunktion Fy (y) und der Dichtefunktion fy (y). Der Erwartungswert von y beträgt E{y} =
∞
g(x)f (x)dx
−∞
3
Der Index x, der die Zufallsvariable charakterisiert, wird weggelassen, falls keine Verwechslung zu befürchten ist.
26.4
Begriffe aus der Wahrscheinlichkeitstheorie
547
Der Erwartungswert ist additiv, d.h. es gilt E{g1 (x) + g2 (x)} = E{g1 (x)} + E{g2 (x)} Die Varianz oder Dispersion σ 2 wird definiert durch ∞ σ 2 = E{(x − η)2 } = (x − η)2 f (x)dx. −∞
σ, die positive Wurzel von σ 2 , heißt Standardabweichung. Es gilt: σ 2 = E{x2 } − η 2 = E{x2 } − E 2 {x}. Unabhängig von der speziellen Verteilung gilt die T SCHEBYSCHEV-Ungleichung: P {|x − η| > kσ} ≤
1 k2
bzw.
σ2 . 2 Bei zwei (bzw. mehreren) Zufallsvariablen wird die gemeinsame Verteilungsfunktion der Zufallsvariablen x und y definiert durch: P {η − < x < η + } ≥ 1 −
F (x, y) = P {x ≤ x, y ≤ y}
.
Die gemeinsame Dichtefunktion lautet: f (x, y) =
∂ 2 F (x, y) ∂x∂y
.
Die Zufallsvariablen x und y heißen unabhängig, wenn gilt P {x ≤ x, y ≤ y} = P {x ≤ x} · P {y ≤ y}, woraus dann fxy (x, y) = fx (x) · fy (y) folgt. x und y heißen unkorreliert, wenn gilt: E{xy} = E{x} · E{y}. Im letzteren Fall ist 2 σx+y = σx2 + σy2
.
Die Dichtefunktion einer Summe, z = x + y, ergibt sich aus der Konvolution der einzelnen Dichtefunktionen: ∞ ∞ fz (z) = fx (z − y) · fy (y)dy = fx (x) · fy (z − x)dx . −∞
−∞
Zentraler Grenzwertsatz: Die Dichtefunktion der Summe x = x1 + x2 + . . . + xn strebt für n → ∞ (unter gewissen Bedingungen) gegen die Normalverteilung − 1 f (x) = √ e σ 2π
(x − η)2 2σ 2 .
548
26.5
26 Sicherheit und Normen
Sicherheit, wahrscheinlichkeitstheoretisch
Die Quellen der Unsicherheit sind vielfältig4 . Sie umfassen: 1. 2. 3. 4. 5.
Unsicherheiten bei der Belastungsannahme Mangelhafte Kenntnis des Stoffverhaltens (Stoffgesetz) Örtliche Schwankungen der Bodeneigenschaften Meßfehler bei Feld-und Laborversuchen Fehler bei der Lösung des maßgeblichen Randwertproblems (etwa infolge numerischer Approximation) 6. Mängel der Ausführung 7. Altern, Verwitterung, Abnutzen der einzelnen Tragelemente Die Fehler 2, 5, 6, 7 beruhen im wesentlichen auf der Modellbildung und sind im Prinzip behebbar (etwa durch Fortschritte in der Forschung), während die anderen Fehler von stochastischer Natur sind. Es soll nun hier der Prozeß der Modellbildung als bereits abgeschlossen betrachtet und die Abschätzung der Sicherheit angesichts der stochastischen Fehler untersucht werden. Die maßgeblichen Variablen des Baugrundes bzw. einer Konstruktion werden als Zufallsvariablen xi betrachtet. Der Grenzzustand sei ferner durch die Grenzzustandsgleichung g(x1 , x2 , x3 , . . .) = 0 darstellbar, so daß Punkte xi mit g(xi ) > 0 sichere Zustände und Punkte mit g(xi ) < 0 unsichere Zustände darstellen. Die Versagenswahrscheinlichkeit P f ergibt sich dann zu Pf = f (x1 , x2 , x3 , . . . , xn )dx1 dx2 . . . dxn , (26.1) B
wobei der Bereich B des xi -Raumes durch die Ungleichung g(xi ) < 0 gekennzeichnet ist. Die Versagenswahrscheinlichkeit bzw. die Sicherheit (reliability), = 1 − Pf aus dem mehrfachen Integral 26.1 zu berechnen (sog. Sicherheitsnachweis der Stufe III), ist eher akademisch. Abgesehen davon, daß die Dichtefunktionen unbekannt sind, wäre die Ausrechnung des mehrfachen Integrals sehr aufwendig. Man versucht daher einen sog. Sicherheitsnachweis der Stufe II durchzuführen: Man betrachtet die Zufallsvariable z := g(x1 , x2 , . . . , xn ). Ihr Mittelwert ηz geteilt (normiert) durch die Standardabweichung σz , β := 4
ηz , σz
Siehe J. Hanisch, „Wegweiser“ auf dem Wege zu einem neuen Abschnitt in der Geschichte des Erd-und Grundbaus. Bautechnik 74 (1995), Heft 5, 287-293.
26.5
Sicherheit, wahrscheinlichkeitstheoretisch
549
kann u.U. als ein Maß für die Versagenswahrscheinlichkeit P {z < 0} angesehen werden, welche hinreichend klein sein soll. Insofern muß der sog. Sicherheitsindex β hinreichend groß sein. Es erhebt sich nun die Frage, inwieweit man aus β die Versagenswahrscheinlichkeit ausrechnen kann. Für den Fall, daß • •
die Zufallsvariablen xi normal verteilt sind 5 , und g( ) eine lineare Funktion ist, d.h. z = c0 + c1 x1 + c2 x2 + . . . + cn xn , 6
läßt sich zeigen, daß die Versagenswahrscheinlichkeit −β 2 1 e−x /2 dx Pf = Φ(−β) = √ 2π −∞ beträgt. In diesem Fall läßt sich β wie folgt ausrechnen: ηz = E{z} = c0 + c1 E{x1 } + c2 E{x2 } + . . . + cn E{xn } & σz = c21 σ12 + c22 σ22 + . . . + c2n σn2
ηz σz Ist die Grenzzustandsgleichung nichtlinear, so sollte man sie linearisieren β=
g(xi ) ≈ g(xi0 ) + ∇g |xi0 · (xi − xi0 ). Als Linearisierungspunkt xio sollte sinnvollerweise der sog. Bemessungspunkt x∗1 gewählt werden. Es handelt sich um den wahrscheinlichsten Bruchzustand, d.h. den wahrscheinlichsten Punkt auf der Kurve (bzw. Hyperfläche) g(xi ) = 0. Der Bemessungspunkt ergibt sich also als Lösung der Extremalaufgabe f (xi ) =max mit der Nebenbedingung g(xi ) = 0. Nach L ANGRANGE ist dieser Punkt dadurch gekennzeichnet, daß eine Isolinie (bzw. Hyperfläche) g(xi ) =const eine Isolinie f (xi ) =const tangiert, bzw. ∇f = λ∇g gilt. Ein numerisches Verfahren zur Bestimmung des Bemessungspunktes entspricht in etwa der Gradientenmethode. Die Linearisierung um den Bemessungspunkt hat u.a. zur Folge, daß die Funktion g(xi ) linear-homogen wird in dem Sinne, daß g(λxi ) = λg(xi ) gilt. Dadurch wird β invariant gegenüber Änderungen der Dimension der Variablen xi , sowie gegenüber algebraischen Umformungen der Grenzzustandsgleichung g(xi ) = 0. Setzt man beim Entwurf die Variablen am Bemessungspunkt an, d.h. xi = x∗i , so hält man (unter den o.g. Voraussetzungen) eine bestimmte Sicherheit (bzw. Versagenswahrscheinlichkeit) ein. Dabei ist das Sicherheitsniveau bei allen Variablen 5 6
Jede Bezugnahme auf den genauen Typ einer Dichtefunktion ist nur akademisch, da er kaum durch Experimente bestimmt werden kann. Für Näherungsrechnungen braucht die Forderung nach Normalverteilung der einzelnen Variablen xi nicht strikt erfüllt zu sein, da z = c0 + c1 x1 + c2 x2 + . . . vermöge des zentralen Grenzwertsatzes annähernd normal verteilt ist.
550
26 Sicherheit und Normen
gleich. Der Bemessungspunkt wird für einen bestimmten Bruchmechanismus normativ festgelegt. Um den Nachweis nach hergebrachter Art (sog. Sicherheitsnachweis nach Stufe I) durchzuführen, nämlich mit Partialsicherheiten, kann man die einzelnen Größen x∗i mit Hilfe von Faktoren γi durch die sog. charakteristischen Größen x ˆi ausdrücken: x∗i = γi xˆi .
26.6
(26.2)
Risikobewertung
Die „Institution of Professional Engineers New Zealand“, hat 1983 eine Schrift über Risiken im Ingenieurwesen (engineering risk) herausgegeben. Darin befindet sich unter anderem im Kapitel über Risikobewertung (assessment risk) folgende einprägsame Parabel7 : Ein junger Mann steht vor zwei verschlossenen Türen. Öffnet er die eine, so stürzt ein hungriger Tiger heraus – es ist der grimmigste und blutrünstigste, dem man begegnen kann – und reißt ihn in Stücke. Öffnet er aber die andere Tür, dann tritt ein Mädchen heraus – und zwar jenes, das Seine Majestät unter den holden Untertanen eigens für ihn ausgesucht hat. Den beiden Türen ist aber nichts anzumerken. Angesichts des Risikos verzichtet der junge Mann auf einen Entscheid und lebt in Sicherheit, bis er schließlich keusch stirbt. Ein zweiter Mann zieht einen Berater für Risikobewertung bei. Dieser sammelt alle verfügbaren Daten über Populationen von Mädchen und Tigern. Er benützt modernste Apparaturen, um das Knurren wahrzunehmen oder den zartesten Hauch von Parfüm einzufangen. Er stellt lange Checklisten zusammen. Er entwickelt eine Nutzwertfunktion und ergründet seine RisikoAversionen usw. Doch mit der Zeit wird der Mann gewahr, daß er bald nicht mehr jung und damit in der Lage sein wird, das Mädchen zu genießen. Deshalb öffnet er die optimale Tür und wird vom wenig wahrscheinlichen Tiger gefressen. Der dritte Mann nimmt einen Kurs zur Bezähmung von Tigern. Dann öffnet er aufs Geratewohl eine der Türen und wird – vom Mädchen verzehrt. Die Moral von der Geschichte: Jene, die risikofrei leben wollen, haben kein Interesse an einer Risikobewertung. Die für eine solche Bewertung verfügbaren Methoden erlauben allenfalls eine Quantifizierung der Gefährlichkeit, können aber keine Sicherheit vermitteln. Noch wichtiger als die Quantifizierung ist das Erkennen sämtlicher Risiken. 7
Entnommen aus „Schweizer Ingenieur und Architekt“ 45/86, S. 1127: Die Parabel wurde ursprünglich von W.C. Clark in einem Buch von L.R. Schwing und W.A. Albers über „Societal Risk Assessment: How Safe is Safe Enough?“, New York 1980, veröffentlicht und hat von dort offenbar den Weg um die Welt angetreten.
Sachverzeichnis
A Abbau, biologischer . . . . Abdichtung . . . . . . . . . . A BDRABBO , F.M. . . . . . Ablagerungen, alluviale . Abnahmeprüfung . . . . . . Abschalrohr . . . . . . . . . . Abschlag . . . . . . . . . . . . Absenkversuch . . . . . . . Absperren . . . . . . . . . . . Abstandsgeschwindigkeit Adhäsion . . . . . . . . . . . . Ähnlichkeit, mechanische Aktivität . . . . . . . . . . . . A LBERS , W.A. . . . . . . . A LEXIEW, D. . . . . . . . . Alluvium . . . . . . . . . . . . A MENSADE , Y U .A. . . . . A MONTON , G. . . . . . . . A NAGNOSTOU , G. . . . . . Andesit . . . . . . . . . . . . . Anhydrit . . . . . . . . . . . . Anisotropie . . . . . . . . . . Anker . . . . . . . . . . . . . . Anker, schlaff . . . . . . . . Anker, selbstbohrend . . . Ankerkraft, mögliche . . . Ankerprüfmethode . . . . . Arbed-Profile . . . . . . . . . Arbeitskammer . . . . . . . Arbeitsschutz . . . . . . . . . A RNDTS , E. . . . . . . . . . A RRHENIUS , S. . . . . . . .
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.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
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. . . . 521 . . . . 280 . . . . 498 . . . . . 22 . . . . 418 . . . . 403 . . . . 435 . . . . 370 . . . . 363 . . . . . 49 . 300, 301 . . . . 261 . . . . . 43 . . . . 550 . . . . 538 . . . . . 23 . . . . . 81 . . . . 169 . . . . 457 . . . . . 21 . . . . 180 . . . . 170 . . . . 413 . . . . 416 . . . . 415 . . . . 420 . . . . 419 . . . . 389 . . . . 376 . . . . 528 . . . . . 52 . . . . 174
A RZ , P. . . . . . . . . . . . . . Aschen, vulkanische . . . . Asphaltbeton . . . . . . . . . ATKINS , P ETER W. . . . . ATKINSON , J. . . . . . . . . ATTERBERG-Grenzen . . Außenschale . . . . . . . . . Auflösungsvermögen . . . AUFLEGER , M. . . . . . . . Auflockerung . . . . . . . . . Aufnehmer . . . . . . . . . . Auftriebsraumgewicht . . Auftriebssicherheit . . . . . Ausbau . . . . . . . . . . . . . Ausbauwiderstand . . . . . Ausrollgrenze . . . . . . . . Ausstechzylinder . . . . . . Axialsymmetrie . . . . . . . axis translation technique
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B B-Faktor . . . . . . . . . . . . back pressure . . . . . . . . . Bänderton . . . . . . . . . . . B AHLBURG , H. . . . . . . . B ALDAUF, H. . . . . . . . . Balken, gebetteter . . . . . B ARDEN , L. . . . . . . . . . Barotropie . . . . . . . . . . . B ARRON , R.A. . . . . . . . Basalt . . . . . . . . . . . . . . Baugrundverbesserung . . B AUMANN , L. . . . . . . . . B AUMGARTL , W. . . . . .
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
. . . . . . . . 104 . . . . . . . . 145 . . . . . . . . . 23 . . . . . . . . . 21 . 266, 276, 277 . . . . . . . . 270 . . . . . . . . . 89 . . . . . 133, 150 . . . . . . . . 344 . . . . . . . . . 21 . . . . . . . . 331 . . . . . . . . 442 . . . . . . . . 301
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
. . . . 375 . . . . . 22 . . . . 525 . . . . 114 . . . . 245 . . . . . 40 . . . . 444 . . . . 513 . . . . 363 . . . . 167 . . . . 513 . . . . 101 . . . . 366 . 431, 444 . . . . 447 . . . . . 40 . . . . . 36 . . . . . 75 . . . . 111
552
Sachverzeichnis
Bauweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 B AWDEN , W.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Becherfundament . . . . . . . . . . . . . . . . 278 bedding error . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 B EINE , R.A: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Belüftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Belastung, zyklische . . . . . . . . . . . 94, 156 Bemessungspunkt . . . . . . . . . . . . . . . 549 Bemessungswert . . . . . . . . . . . . . . . . 542 Bentonit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 Bentonitsuspension . . . . . . . . . . . . . . 400 Beobachtungsmethode . . . . . . . . . . . . 509 Bereich, elastischer . . . . . . . . . . . . . . 251 Bergsturz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Bergwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 Bericht, geotechnischer . . . . . . . . . . . . 506 Berliner Verbau . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 B ERNOULLI , D. . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Besatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 Betonrüttelsäule . . . . . . . . . . . . . . 287, 339 Bettung, elastische . . . . . . . . . . . . . . . 270 Bettung, nichtlineare . . . . . . . . . . . . . 310 Bettungsmodul . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Bettungsmodulverfahren . . . . . . . . . . . 303 Bettungszahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Bettungszahlverfahren . . . . . . . . . . . . 270 Bewetterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Biaxialgerät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Bifurkation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 B INGHAM . . . . . . . . . . . . . . 257, 352, 400 Binnendruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 B IOT -Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . 188 B ISHOP, A.W. . . . . 119, 142, 143, 222, 223 B JERRUM , L. . . . . . . . . . . . . . . . 301, 499 Block, poröser . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 B LUM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309, 408 Boden, expansiver . . . . . . . . . . . . 33, 268 Boden, faserbewehrter . . . . . . . . . . . . 423 Boden, kohäsionsloser . . . . . . . . . . . . 123 Boden, residueller . . . . . . . . . . . . . 22, 33 Boden, saprolithischer . . . . . . . . . . . . . 33 Boden, ungesättigter . . . . . . . . . . . . . . 107 Bodenaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Bodenbewehrung . . . . . . . . . . . . . . . . 422 Bodenerkundung . . . . . . . . . . . . . . . . 480 Bodenklassifikation . . . . . . . . . . . . . . . 44 Bodenkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Bodenpressung, zulässige . . . . . . . . . . 266
Bodenprobe . . . . . . . . Bodenverbesserung . . Bodenvereisung . . . . . Bodenverfestigung . . . Bodenvermörtelung . . Böschung . . . . . . . . . Böschungslinie . . . . . Bohrhindernis . . . . . . Bohrkern . . . . . . . . . . Bohrkrone . . . . . . . . . Bohrlochaufweitung . . Bohrpfahl . . . . . . . . . Bohrpfahlwand . . . . . B OLLIGER , J. . . . . . . B ONALA , M.V.S. . . . B OUSSINESQ , V.J. . . B OWLES , J.E. . . . . . . B RÄUTIGAM , T. . . . . B RAMM , S T. . . . . . . . B REITKREUZ , C HR . . Brekzie . . . . . . . . . . . B ROWN . . . . . . . . . . . B RUBAKER , G.R. . . . Bruch . . . . . . . . . . . . Bruch, progressiver . . Bruchmechanismus . . Brunnen . . . . . . . . . . Brunnen, artesische . . B UISMAN . . . . . . . . . B URLAND , J.B. . . . . .
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
. . . . 490 . . . . 336 . . . . 357 . . . . 336 . . . . 356 . . . . 213 . . . . 205 . . . . 296 . . . . 481 . . . . 481 . . . . 183 . 283, 285 . . . . 389 . . . . 443 . . . . 175 . . 80–82 . . . . 284 . . . . 440 . . . . 440 . . . . . 21 . . . . . 21 . 68, 176 . . . . 522 . . . . 126 . . . . 235 . 215, 223 . . . . 370 . . . . . 48 . . . . 194 . . . . 467
C Caisson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Cam-Clay Model . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Cam-Clay Theorie . . . . . . . . . . . . . . . 253 C AMBEFORT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 CAPWAP-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . 320 C AQUOT, A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 C ARRANZA -T ORRES , C. . . . . . . . . . . 178 C ASAGRANDE , A. . 129, 157, 360, 361, 515 C ASTRO , G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 C AYLEY-H AMILTON-Theorem . . . . . . 255 Ceresin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 C HAMBOSSE , G. . . . . . . . . . . . . . . . . 341 C HAPMAN . . . . . . . . . . . . . . . . . 522, 524 Charakteristikenverfahren . . . . . . . . . . 246 C HIN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 C LARK , W.C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 CLOUTERRE . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426
Sachverzeichnis C OLLIN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5, 213 compaction grouting . . . . . . . . . . . . . . 346 core discing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 C ORKUM , B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 C ORNET, F.H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 C OULOMB , C.A. . . . . . 197, 198, 200, 206, 209–211, 407, 429 C OX , B.G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 C RAELIUS-Verfahren . . . . . . . . . . . . . 488 critical state line . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 CSV-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 CU-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 C ULMANN , K. . . . . . . . . . . . . . . 204–206 C UNDALL , P.A. . . . . . . . . . . . . . . . . 175 C ZERWENKA , G. . . . . . . . . . . . . . . . . 313 D D-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Dalbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Dampfdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 DANIEL , D.E. . . . . . . . . . . . . . . . 522, 524 DARCY, H. 51–53, 61, 66–68, 71, 116, 186 DARCY-G ERSEVANOV-Gesetz . . . 187, 188 DARCY-G ERSEVANOV-Gleichung . . 52, 67 Darstellungstheoreme . . . . . . . . . . . . . 254 DAUSCH , G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 DAVIS , E.H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 D E B EER , E. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498 DE B OER , R. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 DE L EEUW, E.H. . . . . . . . . . . . . . . . . 498 DE RUITER , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498 D EERE , D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Dehnfuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Dehnung, logarithmische . . . . . . . . . . 132 Dehnungsmeßstreifen . . . . . . . . . . . . . 513 Dekontamination . . . . . . . . . . . . . . . . 522 D ELESSE , Satz von . . . . . . . . . . . 50, 118 Deponie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 Deponie-Entgasung . . . . . . . . . . . 525, 527 Deponie-Sickerwasserfassung . . . . . . . 527 D ERMATAS , D. . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Detonation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 Deviatorebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 DI P RISCO , C. . . . . . . . . . . . . . . . 131, 159 Dichte, bezogene . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Dichte, kritische . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Dichte, relative . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Dichtefunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 Dichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404
553
Dichtung, mineralische . . . . . . . . . . . . 524 Dichtungskern . . . . . . . . . . . . . . . 469, 471 Dichtungsteppich . . . . . . . . . . . . . . . . 469 Dichtwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 Dickspülung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 D IERSSEN , G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 D IETERICH , J.H. . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Diffusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68, 114 Dilatanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132, 135 Dilatanzwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Dilatometer . . . . . . . . . . . . . . . . . 183, 502 Diluvium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Dimensionsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . 261 Diorit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 discrete element method . . . . . . . . . . . 175 Dispersion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 Dispersion, hydrodynamische . . . . . . . . 69 Dispersivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Disturbance Factor D . . . . . . . . . . . . . 177 Dolomit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Doppel-Aräometer Versuch . . . . . . . . . . 43 Doppelamplitude . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Doppelkernrohr . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 Doppelpacker . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 Doppelschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Doppelwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 Dränieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Drehbohrverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 292 Drehteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Drehtisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289, 296 Druck, osmotischer . . . . . . . . . . . . . . 110 Druck-Setzungs-Kurve . . . . . . . . . . . . . 90 Druckhöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Druckmeßdose, pneumatische . . . . . . . 517 Druckplatte . . . . . . . . . . . . . . . . . 111, 114 Drucksondierung . . . . . . . . . . . . . . . . 494 Druckverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Dübel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 Düne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Düsenstrahlverfahren . . . . . . . . . . 346, 351 Duktilpfahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 D UPUIT -Annahme . . . . . . . . . . . . 370–373 Durchlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 51, 53 Durchstanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 E E HRENBERG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 E ICHHORN , B. . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 E IDE , O. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
554
Sachverzeichnis
Eignungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . 417 Eindeutigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Einfachscherung . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Einkapselung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 Einphasen-Schlitzwand . . . . . . . . . . . . 399 Einphasenverfahren . . . . . . . . . . . . . . 396 Einschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Einspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 E INSTEIN , H.H. . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Eintrittskapillardruck . . . . . . . . . . . . . 117 Einwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 Einzelfundament . . . . . . . . . . . . . 266, 276 E ISELE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 E ISENMANN , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Eislinse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 Elastizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Elefantenfüße . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 Elektroosmose . . . . . . . . . . . . . . . . 52, 53 elektroosmotischer Durchlässigkeitsbeiwert 53 Elementversuch . . . . . . . . . . . . . . 256, 260 Elephantenfußbildung . . . . . . . . . . . . . 147 E LSON , W.K. . . . . . . . . . . . 314, 322, 329 Eluationsversuch . . . . . . . . . . . . . . . . 520 empirische Standardabweichung . . . . . 510 Energiehöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 E NGESSER , F. . . . . . . . . . . . 205, 207, 472 Entfestigung . . . . . 132, 151, 167, 234, 258 Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Entnahmezylinder . . . . . . . . . . . . . . . 485 Entsandungsanlage . . . . . . . . . . . . . . . 402 Entwicklungsgleichung . . . . . . . . . . . . 251 ENV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 Erdbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 Erdbreischild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 Erddruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Erddruck, aktiver . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Erddruck, passiver . . . . . . . . . . . . . . . 200 Erddruckkoeffizient . . . . . . . . . . . . . . 200 Erddruckverteilung . . . . . . . . . . . . 211, 410 Erde, bewehrte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Erdruhedruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Erdrutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Erdstaudamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 Erdwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Ergußgesteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Erkundungsbohrung . . . . . . . . . . . . . . 480 Erosion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 Erwartungswert . . . . . . . . . . . . . . 510, 546
E STERS , K. . . . . . . . . . . . . . . E ULER , L. . . . . . . . . . . . . . . Exsikkator . . . . . . . . . . . . . . . Extensionsversuch, triaxialer . . Extraktion . . . . . . . . . . . . . . .
.. .. .. .. ..
. . . . 351 . 16, 326 . . . . 112 . . . . 131 . 520, 523
F Faßbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Fallkegelversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Falltür-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 Farbumschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 FARELL , E.R. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 F EDDERSEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 F EDER , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 F EESER , V. . . . . . . . . . . . . . . . . . 89, 141 Fehlerfortpflanzungsgesetz von G AUSS 512 Fehlerquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Fehlkorn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Feinkalk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Feldspat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Feldversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 F ELLENIUS , W. . . . . . . . . . . . . 5, 221, 223 Felsinjektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Festigkeit, zyklische . . . . . . . . . . . . . . 160 Festlegekraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 Filament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70, 110 Filtergeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . 49 Filterkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Filterpapier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Filterstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Findling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Firste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 Flächenporosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Flügelsondierung . . . . . . . . . . . . . . . . 498 Flachdrain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 Flachgründung . . . . . . . . . . . . . . . 265, 266 Flachhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 Flachmoor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 flat jack . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 F LEMING , W.G.K. . . . . . . . 314, 322, 329 Fließdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Fließgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Fließfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Fließbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Fließfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Fließgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . 352, 401 Fließregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252, 450 Fließsand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48, 443
Sachverzeichnis Flußablagerungen . . . . . . . . . . . . Fluidisation . . . . . . . . . . . . . . . . Fördermenge . . . . . . . . . . . . . . . F OKKER -P LANCK -Gleichung . . . F ORCHHEIMER , P H . . . . . . . . . . Formänderungsverhalten . . . . . . . F OURIER , J. . . . . . . . . . . . . . . . F OURIER -Differentialgleichung . Fräse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . fraktale Dimension . . . . . . . . . . . Franki-Pfahl . . . . . . . . . . . . . . . freier Grundwasserspiegel . . . . . . Freifallbär . . . . . . . . . . . . . . . . . F REUNDLICH -Isotherme . . . . . . Frosthebungen . . . . . . . . . . . . . . Frosttiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fußaufschneider . . . . . . . . . . . . . Fuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fuge, klaffende . . . . . . . . . . . . . Fugenkonstruktion . . . . . . . . . . . Fundament, starres . . . . . . . . . . . Fundamentbewehrung . . . . . . . . Fundamentbreite . . . . . . . . . . . . Funnel . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . 22 . . . . 157 . . . . 370 . . . . 116 . . . . . 52 . . . . . 84 . . . . 512 . . . . 188 . . . . 394 . . . . 174 . . . . 284 . . . . . 62 . . . . 387 . . . . 520 . . . . 359 . . . . 268 . . . . 294 . . . . 403 . . . . 269 . . . . 403 . 86, 274 . . . . 276 . . . . 265 . . . . 523
G Gabbro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Gabionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 G ÄSSLER , G. . . . . . . . . . . . . . . . 427, 428 G ARTUNG , E. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 Gasblasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Gates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 G AUSS , C.F. . . . . . . . . . . . . 466, 467, 512 Gebirge, druckhaftes . . . . . . . . . . . . . 181 Gebirgskennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . 452 Gefrieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 Geländebruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Geländesprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 Gelierzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 Genauigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 Geogitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 Geokunststoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 Geokunststoff-Ton-Dichtung . . . . . . . . 524 Geological Strength Index GSI . . . . . 177 Geonetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 Geotextil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 Geschwindigkeitsabhängigkeit . . . . . . 172 Geschwindigkeitsplan . . . . . . . . . . . . . 226 Gesteine, magmatische . . . . . . . . . . . . . 21
555
Gesteine, metamorphe . . . . . . . . . . . . . 22 Gesteinslawine . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Gewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 GEWI-Pfähle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Gewichtsmauer . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Gewichtssonde, schwedische . . . . . . . . 500 G IBBS , J.W. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 G LÄTTLI , M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 Glühverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Gleichgewichtsbedingungen . . . . . . . . . 79 Gleitebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Gleiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Gleitfuge, tiefe . . . . . . . . . . . 198, 200, 420 Gleitkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217, 237 Gleitsicherheitsnachweis . . . . . . . . . . . 380 Gletscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Gletschersedimente . . . . . . . . . . . . . . . 23 Glimmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Glimmerschiefer . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Global Positioning System . . . . . . . . . 513 Gneis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 G OLDSCHEIDER , M. . . . . . . . . . . 223, 421 G OLLUB , P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 G OODMAN , R.E. . . . . . . . . . . . . . . . . 176 G OSSCHALK , E.M. . . . . . . . . . . . . . . 473 G RABE , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321, 521 Grabenverbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 G RAHAM , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Granit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Greifer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 Greiferbohrverfahren . . . . . . . . . . . . . 291 Grenzbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Grenzgerade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Grenzgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . 27 Grenzlast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Grenzspannungszustand . . . . . . . . . . . 125 Grenztiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Grenzzustand . . . . . . . . . . . . . . . . 542, 543 Grenzzustandsgleichung . . . . . . . . . . . 548 G RIFFITH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Großpyknometer . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Grout Intensity Number GIN . . . . . . . . 350 Gründungsbalken . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Gründungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Gründungsplatte . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Gründungstiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 Grundbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Grundbruch, hydraulischer . . . . . . . . . 102 Grundbruchsicherheit . . . . . . . . . . . . . 380
556
Sachverzeichnis
Grundmoräne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Grundsatzprüfung . . . . . . . . . . . . . . . 417 Grundwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Grundwasser, gespanntes . . . . . . . . . . . 48 Grundwasser, schwebendes . . . . . . . . . . 47 Grundwasser-Beobachtungsbrunnen . . 515 Grundwasser-Neubildung . . . . . . . . . . . 47 Grundwasserbeobachtungspegel . . . . . 491 Grundwasserhaltung . . . . . . . . . . . . . . 363 Grundwasserleiter . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Grundwasserspiegel . . . . . . . . . . . . . . . 47 Grundwasserströmung . . . . . . . . . . . . 413 Gruppenwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . 323 G UDEHUS , G. . . . . . 93, 119, 223, 310, 316 Gummimembran . . . . . . . . . . . . . 142, 146 G UNN , M.J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 Gurt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 H Haften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 H AGEN -P OISEUILLE -Gesetz . . . . . . . . 53 H AHN , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Halbraum, elastischer . . . . . . . . . . . . . . 80 H ALL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522, 524 Hang, kriechender . . . . . . . . . . . . . . . 310 H ANISCH , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 548 Harnischbruchflächen . . . . . . . . . . . . . 138 H ARRESS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 H ART, R.D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Hauptspannungen . . . . . . . . . . . . . . 74, 77 Hauptspannungsrichtungen . . . . . . . . . . 77 Hauptuntersuchung . . . . . . . . . . . . . . 479 H AZEN , A. . . . . . . . . . . . . . . . . . 54, 262 H EITZ , C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 H ENRY, W. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 H ERTH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 H ERTZ , H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 H ETENYI , M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 H EWLETT, W.J. . . . . . . . . . . . . . . . . 538 H ILMER , K. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 H INKS , J.L. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 Hinterschneiden . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 Hochdruckinjektion . . . . . . . . . . . . . . 351 Hochmoor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 H OCHSTRASSER -W EISE Verfahren . . . 286 Hochwasserüberfall . . . . . . . . . . . . . . 469 Hochwasserüberlauf . . . . . . . . . . . . . . 469 H OEK , E. . . . . . . . . . . . . . . 170, 176–179 H OEK -B ROWN-Kriterium . . . . . . . . . . 178
Hösch-Profile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 Hohlbohrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 Hohlbohrschnecke . . . . . . . . . . . . . . . 287 Hohlraumaufweitungen . . . . . . . . . . . 181 H OLTZ , R.D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Holzbohle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 H OLZHÄUSER , J. . . . . . . . . . . . . . . . . 457 Holzpfähle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 H OOKE , R. . . . . . . . . . . . . . 163, 164, 256 H ORN , M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457, 458 H ORVATH , J.S. . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 H OULSBY, G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 ˇ , H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 H UBÁCEK H UBER , B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 H UDER -A MBERG-Versuch . . . . . . . . . 180 H UDSON , J.A. . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Hülse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 Humus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 H VORSLEV, M.J. . . . . . . . . . . . . . . . . 139 HW-Pfähle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 Hydraulikgreifer . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Hydrofräse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 Hyperbelansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 I I DRISS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Impedanz . . . . . . . . . . . . . . . . . I MPOSIMATO , S. . . . . . . . . . . . . Impulserhaltung . . . . . . . . . . . . . Inhomogenität . . . . . . . . . . . . . . Injektionen . . . . . . . . . . . . . . . . Injektionsmittel . . . . . . . . . . . . . Injektionsschleier . . . . . . . . . . . . Injektionssohle . . . . . . . . . . . . . . Innenschale . . . . . . . . . . . . . . . . Integritätsprüfung . . . . . . . . . . . . Intensivverdichtung, dynamische . Interaktionsdiagramm . . . . . . . . . interlocking . . . . . . . . . . . . . . . . Invarianten . . . . . . . . . . . . . . . . Irreversibilität . . . . . . . . . . . . . . I SAAKS , E.H. . . . . . . . . . . . . . . I SHIHARA , K. . . . . . . . . . . . . . . Isochrone . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 161 . . . . 321 . . . . 131 . . . . . 79 . . . . 147 . 345, 354 . . . . 352 . . . . 469 . 364–366 . . . . 444 . . . . 321 . . . . 342 . . . . 241 . . . . 141 . . . . 253 . . . . 251 . . . . 504 . 160, 162 . . . . 190
J JACOBI , C.G.J. . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 JAKY, J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202, 455 JANSEN , H.A. . . . . . . . . . . . . . . . 454, 456
Sachverzeichnis J ESSBERGER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 J OHANNESSEN , I.J. . . . . . . . . . . . . . . 301 J OOSTEN-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . 354 K Köcherfundament . . . . . . Kältemittel . . . . . . . . . . Kälteträger . . . . . . . . . . K AISER , P.K. . . . . . . . . Kalibrierung . . . . . . . . . Kalkgehalt . . . . . . . . . . . Kalkhydrat . . . . . . . . . . Kalkstabilisierung . . . . . Kalkstein . . . . . . . . . . . . Kalotte . . . . . . . . . . . . . Kalottenvortrieb . . . . . . . Kanaldiele . . . . . . . . . . . Kapillardruckkurve . . . . Kapillarität . . . . . . . . . . Kapillarkohäsion . . . . . . Kapillarsaugspannung . . Kapillarsaum . . . . . . . . . Kapillarsperre . . . . . . . . Kappe . . . . . . . . . . . . . . Karst-Phänomene . . . . . . Kastenbohrer . . . . . . . . . Kategorie, geotechnische Kaverne . . . . . . . . . . . . Kavitation . . . . . . . . . . . Keileinbruch . . . . . . . . . Kelly-Stange . . . . . . . . . K ELVIN , L ORD . . . . . . . Kennlinie des Ausbaus . . K ÉRISEL , J. . . . . . . . . . Kern . . . . . . . . . . . . . . . Kernfänger . . . . . . . . . . Kernrohr . . . . . . . . . . . . Kernverluste . . . . . . . . . Kesselformel . . . . . . . . . Kette, kinematische . . . . K ÉZDI , A. . . . . . . . . . . . Kies . . . . . . . . . . . . . . . Kippen . . . . . . . . . . . . . Kippsicherheit . . . . . . . . K IRSCH , K. . . . . . . . . . . K IRSCHNER , R. . . . . . . K ITANIDIS , P.K. . . . . . . Klassifikation . . . . . . . . Klei . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . 278 . . . . . . . . . . 358 . . . . . . . . . . 358 . . . . . . . 170, 178 . . . . . . . 255, 514 . . . . . . . . . . . 44 . . . . . . . . . . 336 . . . . . . . . . . 337 . . . . . . . . . . . 21 . . . . . . . . . . 432 . . . . . . . . . . 435 . . . . . . . . . . 382 . . . . . . . . . . 117 . . . . . . . . . . 107 . . . . . . . . . . 127 . . . . . . . . . . 108 . . . . . . . . 47, 65 . . . . . . . . . . 525 . . . . . . . . . . 253 . . . . . . . . . . . 71 . . . . . . . . . . 294 . . . . . . . . . . 544 . . . . . . . . . . 434 . . . . . . . . . . 108 . . . . . . . . . . 435 . . . . . . . 292, 394 . . . . . . . 113, 516 . . . . . . . . . . 452 . . . . . . . . . . 202 . . . 269, 432, 471 . . . . . . . . . . 488 . . . . . . . 482, 488 . . . . . . . . . . 491 . . . . . . . . . . 539 . . . . . . . . . . 224 . 52, 89, 360, 517 . . . . . . . . . . . 25 . . . . . . . . . . 274 . . . . . . . . . . 379 . . . 341, 446, 447 . . . . . . . . . . 538 . . . . . . . . . . 505 . . . . . . . . 25, 44 . . . . . . . . . . . 33
557
Kleinbohrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 K LUCKERT, K.D. . . . . . . . . . . . . 296, 415 Kluftrauhigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Klumpen-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Klumpenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Knicken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Knotenpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 K OCH , A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 K ÖGLER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 K OERNER , R.M. . . . . . . . . . . . . . . . . 524 Kohäsion . . . . . . . . . . . 126, 138, 202, 352 Kohäsion, scheinbare . . . . . . . . . . . . . 139 Kohäsion, undränierte . . . . . . . . . . . . . 138 Kohäsionsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 Kolbenentnahmegerät . . . . . . . . . . . . . 486 Kollaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Kollaps, inkrementeller . . . . . . . . . . . . 157 Kollapstheoreme . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Kolmatation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 K OLYMBAS , D.177, 255, 321, 421, 500, 539 Kombinationsabdichtung . . . . . . . . . . 524 Kombinationsverfahren . . . . . . . . . . . . 396 Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 Kompensationsmeßmethode . . . . . . . . 513 Kompressionsbeiwert . . . . . . . . . . . . . . 93 Kompressionsmodul . . . . . . . . . . . . . . 164 Kompressionssetzung . . . . . . . . . . . . . . 83 Kompressionsversuch, triaxialer . . . . . 131 Kondensation, kapillare . . . . . . . . . . . 112 K ONDNER , R.L. . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Konfidenzgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . 510 Konglomerat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 K ONRAD , J.-M. . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Konsistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Konsistenzbedingung . . . . . . . . . . . . . 251 Konsistenzgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Konsistenzzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Konsolidierung . . . . . . . . . . 185, 194, 344 Konsolidierungsphase . . . . . . . . . . . . . 143 Konsolidierungsverhältnis . . . . . . . . . . 191 Kontinuitätsgleichung . . . . . . . . . . . . . . 58 Kontraktanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Kontraktor-Verfahren . . . . . . . . . . 286, 396 Konvektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 K OPPEJAN-Methode . . . . . . . . . . . . . 498 K ORECK , H.W. . . . . . . . . . . . . . . 300, 302 Korngefüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Korngerüst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
558
Sachverzeichnis
Kornverteilungskurve . . . Kornwichte . . . . . . . . . . Korrosion . . . . . . . . . . . Kosteneffektivität . . . . . . K OVÁRI , K. . . . . . . . . . . Kräfte, innere . . . . . . . . . Kraftmeßdose . . . . . . . . K RAJEWSKI , W. . . . . . . K RANZ . . . . . . . . . . . . . Kreisprozesse . . . . . . . . K REY . . . . . . . . . . . . . . Kriechen . . . . . . . . . . . . Kriechmaß . . . . . . . . . . . K RIGE , D.G. . . . . . . . . . Kriging . . . . . . . . . . . . . K ROHN , C.E. . . . . . . . . K RONECKER , L. . . . . . . Kunststoffdichtungsbahn K UTZNER , C. . . . . . . . .
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
. . . . . 26 . . . . . 36 . 284, 388 . . . . 514 . . . . 438 . . . . 259 . . . . 513 . 363, 391 . . . . 420 . . . . 259 . 129, 138 . 172, 195 . . . . 418 . . . . 504 . . . . 502 . . . . 175 . . . . 163 . . . . 524 . . . . 352
L L ADE , P.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 L ÄCHLER , W. . . . . . . . . . . . . . . . 314, 328 Länge, elastische . . . . . . . . . . . . . 270, 305 Lagerung, dichteste . . . . . . . . . . . . . . . 37 Lagerung, lockerste . . . . . . . . . . . . . . . 37 L AGRANGE , J.L. . . . . . . . . . . . . . 505, 549 L AMÉ , G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163, 448 Lamellenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 220 L ANCELLOTTA , R. . . . . . . . . 89, 271, 277 L APLACE , P.S. . . . . . . . 58, 108, 110, 111 L APLACE -Operator . . . . . . . . . . . . . . 188 Lastbündel, schlaffes . . . . . . . . . . . . . . 87 Laterite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22, 33 Leckage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 Lehm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 L EINENKUGEL , H.J. . . . . . . . . . . . . . 316 Leitfähigkeit, hydraulische . . . . . . . . . . 71 Leitwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 L EONHARDT, F. . . . . . . . . . . . . . 276, 278 L EYKAUF, G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 L I , E.C.C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Lichtlot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 Linearisierung, geometrische . . . . . . . . 258 Linienporosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Linksspülung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 L INSBAUER , H.N. . . . . . . . . . . . . . . . 473 liquefaction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Liquiditätsindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Lockerungssprengung . . . . . . . . . . . . . 387 L OEHR , R.C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 Löß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9, 22, 32 Lösbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Lokalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 L OMBARDI , G. . . . . . . . . . . . . . . 349, 350 Lufteintrittswert . . . . . . . . . . . . . . 111, 115 Lufthebebohrverfahren . . . . . . . . . 292, 294 Luftkompressibilität . . . . . . . . . . . . . . 116 Luftpyknometerverfahren . . . . . . . . . . . 39 L UGEON-Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 L UONG , M.P. . . . . . . . . . . . . . . . 165, 166 Lutten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 M Maßstabseffekt . . . . . . . Magma . . . . . . . . . . . . . M AGNAN , J.P. . . . . . . . . ˇ , M.A. . . . . . M AHMO UD M AIR , R.J. . . . . . . . . . . Makroporen . . . . . . . . . . M ANDEL -C RYER -Effekt M ANGSTL , A. . . . . . . . . Manschettenrohr . . . . . . Mantelmischung . . . . . . Mantelreibung . . . . . . . . Mantelreibung, negative . Mantelverpressung . . . . . M ARCHETTI , S. . . . . . . Marmor . . . . . . . . . . . . . Marschböden . . . . . . . . . Maschenware . . . . . . . . . M ATIOTTI , R. . . . . . . . . M ATTHESS , G. . . . . . . . M AUERHOFER , S. . . . . . M AZURKIEWICZ , B. . . . M C C ARTHY, D.F. . . . . . Meßgeräte . . . . . . . . . . . Medianwert . . . . . . . . . . Meertone . . . . . . . . . . . . M EINIGER , W. . . . . . . . Meißel . . . . . . . . . . . . . M ÉLIX , P. . . . . . . . . . . . Membrangründung . . . . . M ÉNARD , L. . . . . . . . . . Mergel . . . . . . . . . . . . . Meßtechnik . . . . . . . . . . Meßunsicherheit . . . . . . Metamorphose . . . . . . . .
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
. . . . 174 . . . . . 21 . . . . 344 . . . . 498 . . . . 468 . . . . . 30 . . . . 190 . . . . 416 . . . . 347 . . . . 347 . 298, 300 . 300, 301 . . . . 302 . . . . 502 . . . . . 22 . . . . . 23 . . . . 531 . . . . 159 . . . . . 54 . . . . 443 . . . . 284 . 21, 222 . . . . 513 . . . . 546 . . . . . 23 . 415, 420 . . . . 481 . . . . 463 . . . . 280 . 183, 500 . . . . . 33 . 509, 510 . . . . 510 . . . . . 22
Sachverzeichnis Methode, explizite . . . . . . . . . . . . . . . 259 Methode, implizite . . . . . . . . . . . . . . . 259 M EYERHOF, G.G. . . . . . . . . . . . . . . . 340 Mikropfahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 M INDLIN , R.D. . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Mittelwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 Mittelwert, gleitender . . . . . . . . . . . . . 504 Mobilität, zyklische . . . . . . . . . . . . . . 157 Modellversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 M OHR , O. . 76, 77, 124–127, 133, 138, 146, 165, 176, 207, 209 M OHR -C OULOMB . . . . . . . . . . . . . . . 243 M OHR scher Kreis . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Molenbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Monodeponie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 M ONTGOMERY-S MITH G. . . . . . . . . . . 89 Montmorillonit . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 Moor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 M ÜLLER -B RESLAU , H. . . . . 200, 202, 407 M ÜLLER -S ALZBURG , L. . . . . . . . . . . 435 Müllhaufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 M UHS , H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 M UIR W OOD , D. . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Mure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3, 231 Musterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 MV-Pfahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 N Naßbaggerverfahren . . . . . . . . . . . . . . 331 Nährstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 Nagel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 NATEROP, D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 NATM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Neogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 N ETZEL , D. . . . . . . . . . . . . . . . . 274, 281 Neue Österreichische Tunnelbauweise . 435 N EWTON , I. . . . . . 257, 259, 348, 352, 400 Nichtlinearität, inkrementelle . . . . 93, 251 Niederdruckinjektion . . . . . . . . . . 345, 347 NÖT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 N OLL , W. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Normalgerät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 Normalitätsbedingung . . . . . 244, 245, 252 Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 N ORRISH , N.I. . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 N ORTON . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Notation, symbolische . . . . . . . . . . . . 255 N OVA , R. . . . . . . . . . . . . . . 159, 165, 246 N USSBAUMER , M. . . . . . . . . . . . . . . . 377
559
N ØKKENTVED . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 Ödometer . . . . . . . O KA , F. . . . . . . . . Ortrammpfahl . . . . O STERMAYER , H. .
O .... .... .... ....
.. .. .. ..
.. .. .. ..
.. .. .. ..
.. .. .. ..
.. .. .. ..
. 89 103 284 420
P PACHER , F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Paläogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 PANET, M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 PAPOULIS , A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 Paralleleinbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Partialsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 PASTERNAK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 PATERSON , M.S. . . . . . . . . . . . . . 167, 169 PAVLOVSKI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Peak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132, 258 Peak-Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 P ECK , R.B. . . . . . . . . . 214, 272, 466, 509 P ELTIER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 P ELTIER -Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 Permafrostboden . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 P ERZYNA , P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 P ETH „ S T. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Pfahlgründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Pfahlplattengründung . . . . . . . . . . . . . 329 Pfahlprüfmethode, dynamische . . . . . . 318 Pfahlprüfung, dynamische . . . . . . . . . . 318 Pfahlrost . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 Pfahlspitzendruck . . . . . . . . . . . . . . . . 298 Phasentransformation . . . . . . . . . . . . . 157 P HEAR , A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 Phyllit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Π-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Piezometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 Pilzfundament . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 Pinhole-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Plastizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Plastizität, ideale . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Plastizitätsdiagramm . . . . . . . . . . . . . . 44 Plastizitätstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Plastizitätszahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Plattendruckversuch . . . . . . . . . . . . . . 334 Plattengründung . . . . . . . . . . . . . . 266, 279 Pleistozän . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 P OISSON , S.D. . . . . . . . . . . . 80, 163, 254 Pol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
560
Sachverzeichnis
Polsterwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534 P OLUBARINOVA -K OCHINA , P.YA . . . . . 68 Polymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 P OOROOSHASB , H.B. . . . . . . . . . . . . 340 Porenanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Porendruckaufnehmer . . . . . . . . . . . . . . 57 Porendruckaufnehmer, elektrischer . . . 517 Porenwasserdruck . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Porenwasserüberdruck . . . . . . . . . . . . 100 Porenzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Porosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Porosität, effektive . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Porosität, primäre . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Porosität, sekundäre . . . . . . . . . . . . . . . 71 porous media equation . . . . . . . . . . . . 116 Potential, plastisches . . . . . . . . . . . . . 251 Potentialfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Potentialgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Potentiallinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Potentialnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 P OULOS , H.G. . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Prüfmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Prüfverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537 P RANDTL , L. . . . . . . . 173, 238, 239, 243 Pratzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 Preßverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 Preßbeton-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . 286 Pressiometer . . . . . . . . . . . . . . . . 183, 500 Pressiometer, selbstbohrend . . . . . . . . 501 Preventer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 P RIEBE , H. . . . . . . . . . . . . . . . . . 340, 341 Primärlamelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 Primärpfähle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 P RINZ , H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Probe, überkonsolidierte . . . . . . . . . . . 137 Probe, normalkonsolidierte . . . . . . . . . 137 Probebelastung, statische . . . . . . . . . . 315 Probenentnahmegerät . . . . . . . . . . . . . 482 Problem, inverses . . . . . . . . . . . . . . . . 255 P ROCTOR -Versuch . . . . . . . . . . . . 332–334 Proctordichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 Psychrometer . . . . . . . . . . . . . . . . 113, 515 P ULLER , M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 pump-and-treat . . . . . . . . . . . . . . . . . 520 Punktlastversuch . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Pyknometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Pyknotropie . . . . . . . . . . . . . . . . . 133, 150
Quartär . . . Quarz . . . . Quarzit . . . Quellen . . . Quetschen . Quickton . .
.. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. ..
Q .... .... .... .... .... ....
.. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. ..
. . . . . . . 23 . . . . . . . 30 . . . . . . . 22 30, 179, 180 . . . . . . 181 . . . . . . 232
R R AABE , E.W. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 Radialpresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Rahmenscherversuch . . . . . . . . . . . . . 129 Rammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 Rammformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Ramminjektionspfähle . . . . . . . . . 290, 369 Rammsondierung . . . . . . . . . . . . . . . . 493 Rammwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . 387 R ANDOLPH , M.F. . 308, 314, 322, 329, 538 R ANKINE , W.J.M. . . . . . 5, 206, 210, 211 R AOULT, F.M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 rate independence . . . . . . . . . . . . . . . 256 Raumgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Reaktion, hydraulische . . . . . . . . . . . . 336 Reaktion, puzzolanische . . . . . . . . . . . 336 Reaktiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Rechtsspülung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 R EDDI , L.N. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Reibeversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Reibung, innere . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Reibungskegel . . . . . . . . . . . . . . . 122, 123 Reibungskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Reibungswinkel . . . . . . . . . . . . . . 122–124 Reibungswinkel, kritischer . . . . . . . . . 140 Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 Relaxation . . . . . . . . . . . . . . 172, 196, 260 R ENDULIC , L. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Restreibungswinkel . . . . . . . . . . . 135, 151 Restscherfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 134 R EVUZHENKO , A.F. . . . . . . . . . . . . . . 14 R EYNOLDS , O. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Rhyolit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 R ICHARDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 R ICHTER , T H . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 R IDLEY, A.M. . . . . . . . . . . . . . . . 111, 113 R IECHWIEN , W. . . . . . . . . . . . . . . . . 304 R IEMANN-Invariante . . . . . . . . . . . . . 246 rip rap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 Risikobewertung . . . . . . . . . . . . . . . . 550
Sachverzeichnis rock mass rating (RMR) . ROGGE , A. . . . . . . . . . . Rohr, dickwandiges . . . . Rohrvortrieb . . . . . . . . . Rollenmeißel . . . . . . . . . ROSCOE , K. . . . . . . . . . ROSENKRANZ . . . . . . . . ROWE , P.W. . . . . . . . . . Rütteldruckverdichtung . Rüttelstopfverdichtung . . RUINA , A. . . . . . . . . . .
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
. . 177 . . 454 . . 448 . . 440 . . 441 5, 139 . . 519 89, 91 . . 336 . . 337 . . 173
S Sättigungssetzung . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Sackung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Säkularsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Sättigungsdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Sättigungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Sättigungssetzung . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Sand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Sandsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337, 341 Sandstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Sanduhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11, 262 Sandvulkan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 520 Saugbohrverfahren . . . . . . . . . . . . 292, 294 Saugplatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Saugspannung . . . . . . . . . . . . . . . 108, 113 S AVILLE , G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 S CAVIA , C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Schacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 S CHAD , H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 Schadstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 Schappe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 S CHENCK , W. . . . . . . . . . . . . . . . 314, 328 Scherfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 121, 222 Scherversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Schiefer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Schieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Schieferungsebene . . . . . . . . . . . . . . . 171 S CHIEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Schild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434, 437 Schlämmkorn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Schlammvulkan . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Schließungsgleichung . . . . . . . . . . . . . 245 Schlitzwand . . . . . . . . . . . . . . . . . 363, 394 Schlitzwandlamelle . . . . . . . . . . . . . . 403 Schloß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Schloßsickerwiderstand . . . . . . . . . . . 388
Schluckbrunnen . . . . . . . . . Schluff . . . . . . . . . . . . . . . Schmalwand . . . . . . . . . . . S CHMIDT, H.G. . . . . . . . . Schnecke . . . . . . . . . . . . . . Schneckenbohrpfahl . . . . . . Schneckenortbetonpfahl . . . Schneidrad . . . . . . . . . . . . Schneidschuh . . . . . . . . . . . S CHNELL , W. . . . . . . . . . . S CHNELLI , O. . . . . . . . . . . Schnellschlagbär . . . . . . . . Schnellschlaghammer . . . . . Schnittkräfte . . . . . . . . . . . S CHOFIELD , A. . . . . . . . . . Schottersäule . . . . . . . . . . . Schrankentheorem . . . . . . . Schraubbohrpfahl . . . . . . . . Schraubverdrängungspfahl . Schrumpfen . . . . . . . . . . . . Schrumpfgrenze . . . . . . . . . Schrumpfsetzung . . . . . . . . S CHUBERT, H. . . . . . . . . . Schubmodul . . . . . . . . . . . Schürfe . . . . . . . . . . . . . . . S CHULER , U. . . . . . . . . . . S CHULTZE , W.E. . . . . . . . S CHUPPENER , B. . . . . . . . S CHUSTER , R.L. . . . . . . . . Schuttern . . . . . . . . . . . . . . Schwaden . . . . . . . . . . . . . S CHWARZ , W. . . . . . . . . . . Schwellbeiwert . . . . . . . . . Schwellbelastung . . . . . . . . Schwellen . . . . . . . . . . . . . Schwemmkegel . . . . . . . . . Schwimmsand . . . . . . . . . . S CHWING , E. . . . . . . . . . . S CHWING , L.R. . . . . . . . . Schwingsaite . . . . . . . . . . . second order work . . . . . . . Sedimentationsanalyse . . . . Sedimentgesteine . . . . . . . . Seeablagerungen . . . . . . . . S EEBECK , T H .J. . . . . . . . . S EEBER , G. . . . . . . . . . . . S EED . . . . . . . . . . . . . . . . Seilgreifer . . . . . . . . . . . . . Seilkernrohr . . . . . . . . . . . .
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
561
. . . . 375 . . . . . 25 . 363, 364 . 302, 375 . . . . 480 . . . . 287 . . . . 287 . . . . 441 . . . . 483 . . . . 313 . . . . 443 . . . . 387 . . . . 387 . . . . 464 . . . . 141 . 337, 538 . . . . 245 . . . . 287 . . . . 287 . . . . 127 . . . . . 40 . . . . . 89 . . . . 109 . . . . 163 . . . . 480 . . . . 321 . . . . 304 . . . . . 42 . . . . 232 . . . . 434 . . . . 436 . 310, 312 . . . . . 93 . . . . 302 . . . . 179 . . . . . 22 . . . . 443 . . . . 429 . . . . 550 . . . . 513 . . . . 258 . . . . . 27 . . . . . 21 . . . . . 22 . . . . 114 . . . . 183 . . . . 161 . . . . 291 . . . . 488
562
Sachverzeichnis
Seitendrucksonde . . . . . . . . . . . . . . . . 501 Seitenmoräne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 S EITZ , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Sekantenmodul . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Sekundärsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Sekundärpfahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 Selbstähnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . 12, 13 Selbstorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . 12 S EMPRICH , S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Senkkasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Setzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Setzungsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . 96 Setzungsfuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Setzungsmulde . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 shelby tube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 S HERIF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304, 305 S HI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 S ICHARDT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 Sicherheit wahrscheinlichkeitstheoretisch 548 Sicherheitsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Sicherheitsindex . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 Sicherheitsnachweis der Stufe II . . . . . 548 Sicherheitsnachweis der Stufe III . . . . . 548 Sicherheitsnachweis nach Stufe I . . . . . 550 Sicherung, vorauseilende . . . . . . . . . . 445 Sickermenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Siebanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Siliziumdioxid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Silo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 S IMMER , K. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 S KEMPTON , A.W. . . . . . . . . . . . . . . . 104 S MOLTCZYK , U. . 274, 276, 281, 314, 328, 341, 381 SOB-Pfähle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 softening . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132, 151 Sog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 Sohldruckverteilung . . . . . . . . . . . . . . 268 Sohle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 Sohlpressung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 soil fracturing . . . . . . . . . . . . . . . 346, 350 Sonderprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 Sondierspitzendruck . . . . . . . . . . . 298, 497 Sondierstollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 Sondierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 S OVINC , I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Spannbeton-Rammpfähle . . . . . . . . . . 283 Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Spannung, effektive . . . . . . . . . 98, 99, 118
Spannung, neutrale . . . . . . . . . . . . . . . 100 Spannung, wirksame . . . . . . . . . . . . . . 99 Spannungs-Dehnungskurve . . . . . . . . . 132 Spannungs-Dehnungslinie . . . . . . . . . . 148 Spannungsausbreitung . . . . . . . . . . . . . 80 Spannungsdeviator . . . . . . . . . . . . . . . 132 Spannungsdiskontinuitäten . . . . . . . . . 246 Spannungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . 77, 245 Spannungsneigung . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Spannungspfad . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Spannungstrapez-Verfahren . . . . . . . . . 269 Spannungsverteilung . . . . . . . . . . . . . . 80 Spannungszustand, ebener . . . . . . . . . . 75 Spannungszustand, hydrostatischer . . . . 75 Spielzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 Spiralpfahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Spreizdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 Sprengen, gebirgsschonendes . . . . . . . 437 Sprengstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 Sprengverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . 343 Sprengvortrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Spritzbetonbauweise . . . . . . . . . . . . . . 435 Spritzbetonwand . . . . . . . . . . . . . . . . 424 Sprungversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 SPT-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . 485, 493 Spülbohrverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 489 Spundwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Spundwandpresse . . . . . . . . . . . . . . . . 388 squeezing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 S RIVASTAVA , R.M. . . . . . . . . . . . . . . 504 St. Andreas Verwerfung . . . . . . . . . . . . 12 Stützmauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Stützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 Stabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 Stabverpresspfahl . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Stahlbeton-Rammpfähle . . . . . . . . . . . 283 Stahllitze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 Stahlpfahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 Stahlzugglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 Standard Penetration Test (SPT) . . . . . 493 Standardabweichung . . . . . . . . . . 510, 547 Standhöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Standrohrversuch . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Standsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 Starrkörper-Bruchmechanismus . . . . . . 223 Stationierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 Staudamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469, 471 Steife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 Steifemodul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
Sachverzeichnis
563
Steifemodulverfahren . . . . . Steifezahl . . . . . . . . . . . . . Steifezahlverfahren . . . . . . Steifigkeitsmatrix . . . . . . . . S TEINBRENNER , W. . . . . . Steine . . . . . . . . . . . . . . . . Steinsalz . . . . . . . . . . . . . . Steinschlagschutzsystem . . . Stellungslinie . . . . . . . . . . . Stirnmoräne . . . . . . . . . . . . S TOCKER , M. . . . . . . . . . . Stoffgesetz . . . . . . . . . . . . Stoffgesetz, hypoplastisches S TOKES , G.G. . . . . . . . . . . Stollen . . . . . . . . . . . . . . . Stopfsäule . . . . . . . . . . . . . Strömungskraft . . . . . . . . . Streifenfundament . . . . . . . Stromlinie . . . . . . . . . . . . . Strosse . . . . . . . . . . . . . . . S TRUBECKER , K. . . . . . . . Stützflüssigkeit . . . . . . . . . Stützkörper . . . . . . . . . . . . Stützlinie . . . . . . . . . . . . . . Stützmauer . . . . . . . . . . . . Stützwand . . . . . . . . . . . . . Sturzstrom . . . . . . . . . . . . . Suffosion . . . . . . . . . . . . . . Suspension . . . . . . . . . . . . Syenit . . . . . . . . . . . . . . . . Synärese . . . . . . . . . . . . . . Systemankerung . . . . . . . . . Systemdurchlässigkeit . . . . S ZABÓ , I. . . . . . . . . . . . . . S ZÉCHY, K. . . . . . . . . . . .
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
. . . . . . 270 . . . . . . . 92 . . . . . . 269 . . . . . . 259 . . 81–85, 96 . . . . . . . 29 . . . . . . . 21 . . . . . . 232 . . . . . . 205 . . . . . . . 23 . . . . . . 407 . . . 80, 249 . . . . . . 254 . . . . . . . 27 . . . . . . 432 . . . 290, 339 70, 102, 222 . . . . . . 266 . . . . . . . 59 . . . . . . 432 . . . 510, 512 . . . . . . 400 . . . . . . 471 . . . . . . 366 . . . . . . 377 . . . . . . 377 . . . . . . 231 . . . . . . . 70 . . . . . . 396 . . . . . . . 21 . . . . . . 355 . . . 445, 453 . . . . . . 364 . . . . . . 326 . . . . . . 456
Tensiometer . . . . . . . . . . . . . . . . . 114, 515 Tertiär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 T ERZAGHI , K. . . 5, 70, 100, 188, 214, 261, 272, 304, 456, 458, 459, 509 Theorie großer Verformungen . . . . . . . 258 Thermodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Thermoelemente . . . . . . . . . . . . . . . . 114 thixotrop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 T IEDEMANN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Tiefbrunnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Tiefengesteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Tiefenrüttler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Tiefenverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . 336 T IMM , U. . . . . . . . . . . . . . . 266, 276, 277 T IMMERS , R. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Ton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Tone, dispersive . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Tonminerale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 T OPOLNICKI , M. . . . . . . . . . . . . . . . . 356 Torf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Trägerbohlwand . . . . . . . . . . . . . . 385, 411 Tragfähigkeitsbeiwert . . . . . . . . . . . . . 239 Traglast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Transportmechanismus . . . . . . . . . . . . . 68 T RIANTAFYLLIDIS , T H . . . . . . . . . 394, 411 Triaxialgerät, echtes . . . . . . . . . . . . . . . 10 Triaxialversuch . . . . . . . . . . 131, 141, 146 Triaxialzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Trockenbohrverfahren . . . . . . . . . . . . 489 Trockenwichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 T RUESDELL , C.A. . . . . . . . . . . . . . . . 256 T SCHEBYSCHEV, P.L. . . . . . . . . . . . . 547 Tübbing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434, 437 Tunnel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 Tunnelbohrmaschinen . . . . . . . . . . . . 434
T Talsperre . . . . . . . . . . . . Tangentenmodul . . . . . . TANSENG , P. . . . . . . . . . TATSUOKA , F. . . . . . . . . Tauchwägung . . . . . . . . TAYLOR , D.W. . . . . . . . TAYLOR , R.N. . . . . . . . TAYLOR reihe . . . . . . . . . Teilschnittmaschine . . . . Teilausbruch . . . . . . . . . Teilsicherheit . . . . . . . . . Teilverdrängungspfahl . .
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
U U BELL , K. . . . . . . . . . . . . . . Überwachung . . . . . . . . . . . . U LBRICH , G. . . . . . . . . . . . . Ulme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulmenstollen . . . . . . . . . . . . . Ulmenstollenvortrieb . . . . . . . Ultrafeinzement . . . . . . . . . . . Umweltgeotechnik . . . . . . . . . Ungleichförmigkeitsgrad . . . . Unterseerutschung . . . . . . . . . Untersuchung, baubegleitende . Unterwasserbetonsohle . . . . . .
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
469 . 93 445 173 . 39 135 468 511 434 435 542 287
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
. 54 513 284 432 435 435 354 . 68 . 26 214 479 369
564
Sachverzeichnis
UU-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 V Vakuum-Tiefbrunnen . . . . . . . . . . . . . 374 Vakuumkleinfilterbrunnen . . . . . . . . . . 374 Vakuumverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 374 VAN ’ T H OFF , J.H. . . . . . . . . . . . . . . . 110 VARDOULAKIS , I. . . . . . . . . . . . . . . . 105 Varianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 Verbundkonstruktion . . . . . . . . . . . . . 377 Verdübelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Verdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Verdichtungskontrolle, dynamische . . . 334 Verdrängungspfahl . . . . . . . . . . . . . . . 283 Verdrängungssetzung . . . . . . . . . . . . . . 83 Verfahren von K OLYMBAS . . . . . . . . . 321 Verfestigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Verflüssigung . . . . . . . . . . . . . . . . 157, 473 Verformung, ebene . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Verformung, große . . . . . . . . . . . . . . . 258 Verformung, plastische . . . . . . . . . . . . . 93 Vergleichsbedingung . . . . . . . . . . . . . 511 Verhalten, duktiles . . . . . . . . . . . . . . . 166 Verhalten, sprödes . . . . . . . . . . . . . . . 166 Verhalten, zyklisches . . . . . . . . . . . . . 152 Verkippung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 V ERMEER , P.A. . . . . . . . . . . . . . . . . 457 Vernagelung . . . . . . . . . . . . . . . . 424, 425 Verpreßanker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 Verpreßkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 Verrohrung . . . . . . . . . . . . . 286, 296, 489 Versagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126, 244 Versagenswahrscheinlichkeit . . . . . . . . 548 Verspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 V ERSPOHL , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 Versuch mit konstanter Druckhöhe . . . . 54 Versuch mit variabler Druckhöhe . . . . . . 55 Verteilungsdichtefunktion . . . . . . . . . . 546 Vertikaldrain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 Vertrauensgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . 510 Vertrauensniveau . . . . . . . . . . . . . . . . 510 Verwitterung . . . . . . . . . . . . . . . . . 21, 22 Verzahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 135, 141 Verzweigung . . . . . . . . . . . . . . . . 148, 258 Viskosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Viskositätsindex . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Vlies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 Vollausbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Volumen, spezifisches . . . . . . . . . . . . . . 35
Volumendehnungskurve . . . . . Volumenverlust . . . . . . . . . . . VON K ÁRMÁN , T H . . . . . . . . . VON R ABCEVICZ , L. . . . . . . . VON W OLFFERSDORFF , P.-A. vor-der-Wand-Pfahl . . . . . . . . Vorbelastung . . . . . . . . . . . . . Voreiltendenz . . . . . . . . . . . . . Vorfluter . . . . . . . . . . . . . . . . Vorspannkraft . . . . . . . . . . . . Voruntersuchung . . . . . . . . . . Vulkane . . . . . . . . . . . . . . . . .
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
. . . . 132 . . . . 468 . . . . 165 . . . . 435 . 377, 407 . . . . 287 . . . . 137 . . . . 386 . . . . . 47 . . . . 418 . . . . 479 . . . . 162
W Wabenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Wahrscheinlichkeitstheorie . . . . . . . . . 546 WALZ , B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 Wand, reaktiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 Wandreibungswinkel . . . . . . . . . . 200, 300 Wanne, schwarze . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Wanne, weiße . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Wasserabpressversuch . . . . . . . . . . . . . 71 Wassergehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Wassergehalt, optimaler . . . . . . . . . . . 332 Wassergehalt, volumetrischer . . . . . . . 116 Wasserglas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Wasserhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Wassermeniskus . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Wasserprobenentnahme . . . . . . . . . . . 491 WASSING , B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Wechselbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . 302 W EISSENBACH , A. . . . 382, 383, 408, 411 W EIBULL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Weichgel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 W EIFNER , T. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 W ELTMAN , A.J. . . . . . . . . . 314, 322, 329 Wert, charakteristisch . . . . . . . . . . 542, 543 W ESLEY . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142, 143 W ESTERGAARD , H.M. . . . . . . . . . . . . 82 W ICHTER , L. . . . . . . . . . . . . . . . 415, 420 Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 Wiederbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Wiederholbedingung . . . . . . . . . . . . . 511 W IESMANN , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Windsedimente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Winkel der Gesamtscherfestigkeit . . . . 138 Winkelstützmauer . . . . . . . . . . . . . . . 379 W INKLER . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270, 273 Wirkungspfad . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519
Sachverzeichnis W RAY W.K. . . . . . . . . . W ROTH , C.P. . . . . . . . . W UNDERLICH , TH.A. . . W YLLIE , D.C. . . . . . . .
.. .. .. ..
.. .. .. ..
.. .. .. ..
. 111, 113 . . . . . 42 . . . . 513 . . . . 232
Y Y EATMAN , R. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 YOUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109, 163 Z Z-Profil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 Zähigkeitsindex . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Zeitabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 256
Zellflüssigkeit . . . . . . Zementierung . . . . . . Zementsuspension . . . Zentrifuge . . . . . . . . . Z ILCH , K. . . . . . . . . . Z ISCHINSKY, U. . . . . Zonenbruch . . . . . . . . Zünder . . . . . . . . . . . Zugpfahl . . . . . . . . . . Zusatzspannung . . . . . Zustand, kritischer . . . Zweiphasenverfahren .
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
565
. . . . . . . . 142 . . . . . . . . 141 . . . . . . . . 354 . . . . . . . . 263 . . . . . . . . 454 . . . . . . . . 442 . 206, 238, 239 . . . . . . . . 437 . . . . . . . . 302 . . . . . . . . . 80 . . . . . . . . 253 . . . . . 354, 396