Melanie Krämer Preiskomplexität
GABLER RESEARCH Schriftenreihe des Instituts für Marktorientierte Unternehmensführung...
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Melanie Krämer Preiskomplexität
GABLER RESEARCH Schriftenreihe des Instituts für Marktorientierte Unternehmensführung Universität Mannheim Herausgegeben von Professor Dr. Hans H. Bauer, Professor Dr. Dr. h.c. mult. Christian Homburg und Professorin Dr. Sabine Kuester
Das Institut für Marktorientierte Unternehmensführung (IMU) wurde 1999 an der Universität Mannheim neu konstituiert. Das Institut ist durch Umbenennung aus dem ehemaligen Institut für Marketing entstanden. Es versteht sich als Plattform für anwendungsorientierte Forschung sowie als Forum des Dialogs zwischen Wissenschaft und Praxis. Ziel dieser Schriftenreihe ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse zu publizieren, die für die marktorientierte Unternehmensführung von Bedeutung sind.
Melanie Krämer
Preiskomplexität Gestaltungsmerkmale, Kundenwahrnehmung und Auswirkungen Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Christian Homburg
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Mannheim, 2009
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Stefanie Loyal Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2336-3
Geleitwort
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Geleitwort Die Frage, wie Konsumenten Komplexität in unterschiedlichen Bereichen des Marketing-Mix wahrnehmen, hat in den letzten Jahren in der wissenschaftlichen Diskussion an Bedeutung gewonnen. Erkenntnisse aus dem Produkt- oder Vertriebsbereich zeigen, dass komplexe Einkaufsumgebungen negative Wahrnehmungen hervorrufen können, die sich wiederum negativ auf den Kaufprozess auswirken können. Komplexität ist auch im Preismanagement ein stark verbreitetes Phänomen. Ein hohes Maß an Preisdifferenzierung kann zum Beispiel zu einer hohen Komplexität für den Endkunden führen. Je mehr Rechnungen der Kunde durchführen muss, um den Endpreis eines Angebots zu bestimmen, desto schwieriger wird es, eine optimale Kaufentscheidung zu treffen. Trotz der hohen wissenschaftlichen und praktischen Bedeutung des Themas wurde die Untersuchung des Phänomens bisher stark vernachlässigt und es gibt wenig Anhaltspunkte für die Unternehmenspraxis zur Gestaltung von Preissystemen. Bislang existiert keine umfassende Systematisierung von Gestaltungsmerkmalen, Kundenwahrnehmungen und Auswirkungen von Preiskomplexität. Somit bleibt unklar, welche Auswirkungen eine hohe Preiskomplexität auf den Kaufprozess und in letzter Konsequenz auf den Unternehmenserfolg hat. Die Arbeit von Frau Krämer widmet sich dieser Forschungslücke. Die besondere Bedeutung der Arbeit von Frau Krämer liegt darin, dass sie an einer grundlegenden Fragestellung im Marketingbereich anknüpft und diese auf das Preismanagement überträgt. Es geht im Kern um die zentrale Frage, ob Konsumenten eine Zahlungsbereitschaft für Einfachheit besitzen und Unternehmen somit einen Aufschlag für Einfachheit im Rahmen ihrer Preisgestaltung verlangen können. Zur Beantwortung der offenen Forschungsfragen führt Frau Krämer zunächst eine umfassende theoretisch-konzeptionelle Analyse durch, in die Erkenntnisse aus der Preisforschung und der Konsumentenverhaltensforschung einfließen. Die Durchführung von mehreren empirisch experimentellen Studien schafft darüber hinaus eine außerordentliche Basis zur Beantwortung der Forschungsfragen.
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Geleitwort
Im ersten Untersuchungsrahmen der Arbeit untersucht Frau Krämer den Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten. Sie zeigt, dass die Wahrnehmung von Preiskomplexität die wahrgenommene Preisfairness und somit die Kaufentscheidung negativ beeinflusst. Die experimentellen Analysen bestätigen, dass es bei der Beurteilung von einfachen im Vergleich zu komplexen Preisen zu Verzerrungen in der Preiseinschätzung in Form eines Simplicity-Bias kommt. Dies führt schließlich zu verzerrtem Entscheidungsverhalten. Im zweiten Untersuchungsrahmen der Arbeit untersucht Frau Krämer, wie sich Auswahlmöglichkeiten im Rahmen der Preisgestaltung auf den Kaufentscheidungsprozess auswirken. Die Ergebnisse zeigen, dass mehr Auswahl einerseits die Wahlfreiheit zwischen den Alternativen erhöht und deshalb positiv wirkt, andererseits aber auch die Preiskomplexität erhöht und somit negativ wirkt. Frau Krämer betrachtet darüber hinaus weitere wichtige Kontextvariablen aus dem Preismanagement, die die Preiswahrnehmung beeinflussen, wie beispielsweise die Unsicherheit bezüglich des eigenen Nutzungsverhaltens und das Preisniveau. Die umfangreiche Darstellung der Management-Implikationen zeigt, dass Unternehmen über konkrete Gestaltungs- und Darstellungsmerkmale von Preissystemen direkt die Kundenwahrnehmung und somit das Kaufverhalten beeinflussen können. Diese Stellhebel zur Gestaltung von Preissystemen werden ausführlich anhand von konkreten Beispielen aus der Praxis erläutert. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Arbeit von Frau Krämer einen wichtigen Beitrag zur Integration der Preiskomplexität in die verhaltenswissenschaftliche Preisforschung leistet und somit einen Ausgangspunkt für weiterführende wissenschaftliche Analysen darstellt. Für die Marketingpraxis liefert die Arbeit eine Basis, um Preiskomplexität anhand der beschriebenen Gestaltungsmerkmale systematisch zu analysieren und Preissysteme zielgruppen- und situationsgerecht zu gestalten. Daher ist der Arbeit eine weite Verbreitung in Wissenschaft und Praxis zu wünschen. Christian Homburg
Vorwort
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Vorwort Diese Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing I an der Universität Mannheim. Sie wurde im Dezember 2009 von der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre der Universität Mannheim als Dissertationsschrift angenommen. Den Menschen, die mich bei der Entstehung der Arbeit unterstützt haben, möchte ich an dieser Stelle danken. An erster Stelle möchte ich mich bei meinem Doktorvater und akademischen Mentor, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Christian Homburg, bedanken. Ich danke ihm für das entgegengebrachte Vertrauen und die Freiheiten, die er mir in der Ausarbeitung der Themenstellung gelassen hat. Er hat durch die intensive fachliche Betreuung und die vielen fruchtbaren Diskussionen maßgeblich zu der Qualität der Arbeit beigetragen. Mein Dank gilt außerdem Frau Prof. Dr. Sabine Kuester für die zügige und unkomplizierte Erstellung des Zweitgutachtens. Besonderer Dank gebührt den Kollegen, die mich durch fachlichen Input in unterschiedlichen Phasen meiner Arbeit unterstützt haben. An erster Stelle möchte ich hier meinen Kollegen Dirk Totzek nennen, mit dem ich während meiner Zeit am Lehrstuhl an gemeinsamen Veröffentlichungen gearbeitet habe. Die effiziente Zusammenarbeit und freundschaftliche Arbeitsatmosphäre haben neben dem fachlichen Informationsaustausch zu dem Erfolg meiner Arbeit beigetragen. Dank gebührt ebenfalls Prof. Wayne Hoyer von der University of Texas, der mir wichtige Impulse für die Konzeptualisierung der Arbeit gegeben hat. Des Weiteren möchte ich mich ganz herzlich bei den Kollegen des Sonderforschungsbereichs 504 der Universität Mannheim für die Unterstützung bei der Durchführung meiner Laborexperimente bedanken. Großer Dank gebührt auch allen wissenschaftliche Hilfskräften, die mich tatkräftig bei dem Sammeln und Aufbereiten der Daten und in der Recherchephase unterstützt haben: Chiara Agnoli, Alexander Hahn, Andrea Hollik und Thomas Koslowski. Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei Beate Scherer und dem gesamten Team des Lehrstuhls. Die freundliche und kameradschaftliche Atmosphäre am Lehrstuhl ha-
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Vorwort
ben mir das Vorankommen sehr erleichtert und den Abschied nicht leicht gemacht. Danken möchte ich meinen ehemaligen Kollegen Martin Artz, Stephan Bingemer, Torsten Bornemann, Melchior Bryant, Silke Esser, Laura Hainle, Prof. Dr. Martin Klarmann, Max Kretzer, Christina Kühnl, Dr. Michael Müller, Dr. Jana Prigge, Britta Rautenberg, Jens Schmitt, Dr. Viviana Steiner und Dirk Totzek für eine lustige, freundschaftliche sowie spannende Zeit und eine stets angenehme Arbeitsatmosphäre. Meinem Partner Christian möchte ich für seine bedingungslose Unterstützung und seinen liebevollen Rückhalt in den letzten Jahren danken. Neben wertvollen fachlichen Hinweisen, insbesondere in der Korrekturphase der Arbeit, hat er mich dazu gebracht, manches Problem mit der nötigen Entspanntheit und Gelassenheit zu sehen. Meinen Freundinnen Vanessa, Franziska und Alexandra und meiner Schwester Daniela danke ich für ihre große Anteilnahme, für ihr immer offenes Ohr und für das Korrekturlesen dieser Arbeit. Großer Dank gebührt meiner ganzen Familie, meinen Eltern, Großeltern, meiner Tante und meinem Onkel und insbesondere meiner Schwester, die mich alle stets mit Liebe und Anteilnahme auf meinem Weg begleiten. Mein ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern. Der bedingungslose Rückhalt von ihnen und die große moralische Unterstützung insbesondere in stressigen Phasen meines Lebens haben erheblich zu dem zügigen Abschluss meiner Dissertation beigetragen. Ich danke Ihnen für die vermittelten Werte, für eine sorgenfreie, wunderschöne Kindheit und Jugendzeit und eine hervorragende Ausbildung. Meinen Eltern widme ich diese Arbeit. Melanie Krämer
Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis.............................................................................................XIII Tabellenverzeichnis................................................................................................... XV 1
Einführung in das Thema...................................................................................... 1 1.1 Praktische Relevanz von Preiskomplexität ..................................................... 1 1.2 Theoretische Relevanz von Preiskomplexität ................................................. 2 1.2.1 Relevanz für die verhaltenswissenschaftliche Preisforschung ............. 2 1.2.2 Relevanz für die Konsumentenverhaltensforschung............................ 5 1.3 Ziele der Arbeit und Ableitung der Forschungsfragen .................................... 8 1.4 Aufbau der Arbeit ............................................................................................ 9 1.5 Überblick über die empirischen Studien der Arbeit ...................................... 11
2
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten ....................................................................................................... 16 2.1 Einleitung....................................................................................................... 16 2.2 Kurzer Literaturüberblick: „Partitioned Pricing“ .......................................... 20 2.3 Studie 1 – Einflussgrößen und Auswirkungen von Preiskomplexität........... 22 2.3.1 Konstruktdefinitionen......................................................................... 22 2.3.2 Herleitung der Hypothesen................................................................. 26 2.3.3 Methodik............................................................................................. 29 2.3.3.1 Studienaufbau ........................................................................ 29 2.3.3.2 Stichprobe und Aufbau des Experiments .............................. 33 2.3.3.3 Messung der Konstrukte........................................................ 34 2.3.3.4 Ergebnisse.............................................................................. 36 2.4 Studie 2 – Verzerrungen im Rahmen der Kaufentscheidung ........................ 38 2.4.1 Überblick ............................................................................................ 38 2.4.2 Herleitung der Hypothesen................................................................. 40 2.4.3 Methodik............................................................................................. 42 2.4.3.1 Studienaufbau ........................................................................ 42 2.4.3.2 Stichprobe und Aufbau des Experiments .............................. 44
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Inhaltsverzeichnis
2.4.3.3 Messung der Konstrukte........................................................ 45 2.4.3.4 Ergebnisse.............................................................................. 46 2.5 Studie 3 – Validierung und moderierender Effekt von Zeitdruck ................. 50 2.5.1 Überblick und Herleitung der Hypothesen......................................... 50 2.5.2 Methodik............................................................................................. 51 2.5.3 Ergebnisse........................................................................................... 53 2.6 Diskussion der Ergebnisse............................................................................. 55 2.6.1 Theoretische Implikationen ................................................................ 55 2.6.2 Praktische Implikationen .................................................................... 59 3
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten.................. 61 3.1 Einleitung....................................................................................................... 61 3.2 Theoretisch-konzeptionelle Entwicklung...................................................... 65 3.2.1 Überblick ............................................................................................ 65 3.2.2 Auswahlmöglichkeiten und Kosten- und Nutzenwahrnehmungen.... 66 3.2.3 Kosten- und Nutzenwahrnehmungen und Entscheidungssicherheit ..................................................................... 70 3.2.4 Preiskomplexität, Kosten- und Nutzenwahrnehmungen und Entscheidungssicherheit ..................................................................... 72 3.2.5 Situative Variablen, Kosten- und Nutzenwahrnehmungen und Entscheidungssicherheit ..................................................................... 73 3.3 Studie 1 – Zusammenhang zwischen Auswahlmöglichkeiten und Kostenund Nutzenwahrnehmungen.......................................................................... 75 3.3.1 Überblick ............................................................................................ 75 3.3.2 Studienaufbau ..................................................................................... 75 3.3.3 Stichprobe und Aufbau des Experiments ........................................... 77 3.3.4 Messung der Konstrukte..................................................................... 78 3.3.5 Ergebnisse........................................................................................... 79 3.4 Studie 2 – Einfluss weiterer situativer Variablen und Auswirkungen auf die Entscheidungssicherheit ................................................................................ 82 3.4.1 Untersuchungsdesign.......................................................................... 82 3.4.2 Stichprobe und Aufbau des Experiments ........................................... 83 3.4.3 Messung der Konstrukte..................................................................... 85 3.4.4 Ergebnisse........................................................................................... 85
Inhaltsverzeichnis
XI
3.5 Diskussion der Ergebnisse............................................................................. 92 3.5.1 Zusammenfassung und theoretische Implikationen ........................... 92 3.5.2 Praktische Implikationen .................................................................... 94 3.5.3 Einschränkungen und Forschungsausblick ........................................ 96 4
Implikationen für die Management-Praxis ....................................................... 98 4.1 Die Bedeutung einer kundenfreundlichen Gestaltung von Preissystemen ... 98 4.1.1 Relevanz einer einfachen Preisgestaltung .......................................... 98 4.1.2 Wirkungsgefüge der Preiskomplexität im Überblick ....................... 101 4.2 Was macht ein Preissystem komplex? “Stellhebel der Preiskomplexität”.. 105 4.2.1 Gestaltung der Größe eines Preissystems......................................... 105 4.2.1.1 Anzahl der Preiselemente (vertikal) .................................... 105 4.2.1.2 Anzahl der Optionen (horizontal)........................................ 107 4.2.2 Gestaltung der Zahlen....................................................................... 108 4.2.3 Gestaltung der Rechnungen.............................................................. 110 4.2.4 Ermittlung eines Komplexitätsindex ................................................ 114 4.3 Warum sind Kunden bereit, mehr für Einfachheit zu zahlen? .................... 115 4.3.1 Komplexitätswahrnehmung.............................................................. 115 4.3.1.1 Überlastung durch komplexe Preise.................................... 115 4.3.1.2 Probleme bei der Preisberechnung ...................................... 117 4.3.1.3 Probleme bei der Angebotsbeurteilung ............................... 119 4.3.2 Preiseinschätzung ............................................................................. 121 4.3.3 Wahrnehmung der Preisfairness ....................................................... 124 4.3.3.1 Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses ................... 124 4.3.3.2 Benachteiligung gegenüber anderen Kunden...................... 126 4.3.3.3 Wahrnehmung der Preisstrategie des Unternehmens .......... 128 4.4 Fazit und Ausblick ....................................................................................... 131
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Schlussbemerkung.............................................................................................. 134
Literaturverzeichnis ................................................................................................. 141
Abbildungsverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Inhaltlicher Zusammenhang von Kapitel 2 und 3 .................................. 11 Abbildung 2: Phasen der kognitiven Informationsverarbeitung .................................. 23 Abbildung 3: Übersicht der Variablen in Studie 1 (Kapitel 2) ..................................... 26 Abbildung 4: Überblick der Variablen in Studie 2 (Kapitel 2)..................................... 39 Abbildung 5: Einordnung von Entscheidungsstrategien .............................................. 40 Abbildung 6: Kaufentscheidung in Abhängigkeit des objektiven Preisvorteils........... 48 Abbildung 7: Übersicht der Variablen in Studie 3 (Kapitel 2) ..................................... 50 Abbildung 8: Untersuchungsrahmen von Kapitel 3 ..................................................... 66 Abbildung 9: Übersicht Informationsintegrationstheorie............................................. 68 Abbildung 10: Manipulation von Auswahl und Preiskomplexität ............................... 77 Abbildung 11: Darstellung der Mittelwerte von Studie 1 (Kapitel 3) .......................... 81 Abbildung 12: Wahrgenommene Kosten und Nutzen von Studie 2 (Kapitel 3) .......... 89 Abbildung 13: Wichtigkeit der Kriterien der Preisentscheidung.................................. 99 Abbildung 14: Wirkungsgefüge der Preiskomplexität ............................................... 102 Abbildung 15: Komplexitätsdimension 1a: Anzahl der Preiselemente ...................... 106 Abbildung 16: Anwendungsbeispiel: Anzahl der Preiselemente................................ 106 Abbildung 17: Komplexitätsdimension 1b: Anzahl der Optionen ............................. 107 Abbildung 18: Anwendungsbeispiel: Anzahl der Optionen ....................................... 108 Abbildung 19: Komplexitätsdimension 2: Gestaltung der Zahlen ............................. 109 Abbildung 20: Anwendungsbeispiel: Gestaltung der Zahlen..................................... 110 Abbildung 21: Komplexitätsdimension 3: Gestaltung der Rechnungen .................... 111 Abbildung 22: Anwendungsbeispiel a: Gestaltung der Rechnungen ......................... 112 Abbildung 23: Anwendungsbeispiel b: Gestaltung der Rechnungen ......................... 113 Abbildung 24: Überprüfung des Komplexitätsindex.................................................. 115 Abbildung 25: Überforderung durch komplexe Preise............................................... 117 Abbildung 26: Probleme bei der Preisberechnung ..................................................... 119 Abbildung 27: Probleme bei der Angebotsbeurteilung .............................................. 121 Abbildung 28: Verzerrungen in der Preisbeurteilung und in der Kaufentscheidung . 122 Abbildung 29: Preiseinschätzungen ........................................................................... 123 Abbildung 30: Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses .................................. 126
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 31: Benachteiligung gegenüber anderen Kunden..................................... 128 Abbildung 32: Wahrnehmung der Preisstrategie des Unternehmens ......................... 130 Abbildung 33: Wirkungskette der Preiskomplexität .................................................. 132 Abbildung 34: Kaufbereitschaft für einen einfachen versus komplexen Preis .......... 133
Tabellenverzeichnis
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Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Einflussfaktoren und Auswirkungen von Preiskomplexität ........................ 13 Tabelle 2: Zahlungsbereitschaft für Einfachheit........................................................... 14 Tabelle 3: Kosten versus Nutzen von Auswahlmöglichkeiten ..................................... 15 Tabelle 4: Übersicht der Studien................................................................................... 20 Tabelle 5: Manipulation der objektiven Preiskomplexität in Studie 1 (Kapitel 2)....... 31 Tabelle 6: Vorgegebenes Nutzungsverhalten in Studie 1 (Kapitel 2) ........................... 33 Tabelle 7: Konstruktmessungen Studie 1 (Kapitel 2) ................................................... 35 Tabelle 8: Mittelwerte der wahrgenommenen Preiskomplexität (Kapitel 2)................ 36 Tabelle 9: Der Einfluss von objektiver auf wahrgenommene Preiskomplexität .......... 37 Tabelle 10: Aufbau des Attributkonfliktes zwischen Preis und Komplexität............... 43 Tabelle 11: Konstruktmessungen Studie 2 (Kapitel 2) ................................................. 46 Tabelle 12: Mittelwerte und Standardabweichungen ................................................... 47 Tabelle 13: Konstruktmessungen Studie 3 (Kapitel 2) ................................................. 53 Tabelle 14: Manipulation der unabhängigen Variablen in Studie 2 (Kapitel 3) ........... 83 Tabelle 15: Ergebnisse der MANCOVA (H3a, H4a, H5) ............................................. 88 Tabelle 16: Ergebnisse der Regressionsanalyse............................................................ 91 Tabelle 17: Komplexitätsindex ................................................................................... 114 Tabelle 18: Checkliste zur Erfassung der Preisbelastung des Kunden....................... 117 Tabelle 19: Checkliste zur Erfassung der Berechnungschwierigkeit des Kunden ..... 119 Tabelle 20: Checkliste zur Erfassung der Beurteilungsschwierigkeit des Kunden .... 121 Tabelle 21: Checkliste zur Erfassung der Preis-Leistung-Fairness ............................ 126 Tabelle 22: Checkliste zur Erfassung der relationalen Fairness ................................. 128 Tabelle 23: Checkliste zur Erfassung der Unternehmenswahrnehmung .................... 131
Einführung in das Thema
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1 Einführung in das Thema 1.1 Praktische Relevanz von Preiskomplexität „Vergegenwärtigt man sich die vielen Facetten einer Preisstrategie z.B. anhand der üblicherweise sehr komplexen Tarifmodelle eines Telekommunikationsanbieters, wird schnell klar, dass die Preishöhe eines bestimmten Elementes weit weniger entscheidend ist als die Preisstruktur als Ganzes…“ (Bauer/van Douwe/Schneider 2005, S. 4). Komplexe Preissysteme sind in vielen Branchen wie beispielsweise in der Telekommunikations-, Luftfahrt- oder Finanzdienstleistungsbranche üblich. Preiskomplexität entsteht in diesen Branchen, da sich Verkaufspreise oftmals aus mehreren Preiselementen zusammensetzen, die miteinander kombiniert werden müssen, um den Gesamtpreis zu errechnen. Preiselemente sind zum Beispiel Grundpreise, monatliche Preisnachlässe, Gutschriften bei Inzahlungnahme oder monatliche Gebühren (vgl. Estelami 2003). Komplexe Preisstrukturen erschweren es im Allgemeinen dem Kunden, den Endpreis eines Angebots akkurat zu kalkulieren und die für ihn optimale Kaufentscheidung zu treffen (vgl. Estelami 2003; Kim/Kachersky 2006). Unternehmen entscheiden sich häufig aus ökonomischen Gründen für eine komplexe Preisgestaltung. Erstens können Unternehmen über die variable Gestaltung der einzelnen Preiskomponenten leichter auf Änderungen im Markt reagieren (vgl. Monroe 2003) und zweitens kann es Unternehmen gelingen, durch komplexe Preissysteme Fehleinschätzungen des Kunden hervorzurufen und dadurch höhere Erträge zu realisieren (vgl. McGovern/Moon 2007). Abwägungen unternehmensinterner Kosten- und Nutzengrößen im Rahmen der Preisoptimierung berücksichtigen jedoch keine externen Kosten in Form von subjektiven Wahrnehmungen des Kunden. Erkenntnisse aus anderen Bereichen des Marketing-Mix wie der Produkt- und Vertriebspolitik zeigen, dass komplexe Einkaufsumgebungen negative Wahrnehmungen hervorrufen und sich diese Wahrnehmungen negativ auf den Kaufprozess auswirken können. Eine große Auswahl an Angeboten (vgl. Rudolph/Schweizer 2004), komplexe Produkte, die mit einer Vielzahl an Funktionen ausgestattet sind (vgl. Rust/Thomp-
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Einführung in das Thema
son/Hamilton 2006) oder der Vertrieb identischer Produkte in unterschiedlichen Vertriebskanälen (vgl. Heinemann 2008) führen beispielsweise zu einer Überforderung der Verbraucher während des Einkaufsprozesses. Negative Wahrnehmungen als Folge von komplexen Einkaufssituationen können dazu führen, dass Kaufentscheidungen verschoben werden (vgl. z.B. Walsh 2002) oder der Kaufprozess abgebrochen wird (vgl. z.B. Huffman/Kahn 1998). Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass in der Preisoptimierung neben der Preishöhe auch die Art der Preisdarstellung eines Preissystems berücksichtigt wird. Die Relevanz des Themas zeigt sich auch an der starken Präferenz von Konsumenten für Flatrate-Tarife. Konsumenten entscheiden sich häufig für einen Flatrate-Tarif, obwohl sie unter Berücksichtigung ihres eigentlichen Nutzungsverhaltens mit einem anderen nutzungsabhängigen Tarif weniger zahlen müssten (vgl. z.B. Lambrecht/Skiera 2006). Dieses nichtökonomische Verhalten von Konsumenten zeigt, dass Manager bei der Preisbestimmung nicht nur ökonomische Aspekte, sondern auch psychologische Effekte der Preisdarstellung mit einbeziehen sollten, da subjektive Wahrnehmungen der Preisdarstellung maßgeblich die Kaufentscheidung beeinflussen (vgl. Liu/Soman 2008). Aus diesen Überlegungen leitet sich die zentrale Frage für Unternehmen ab, wie Kunden komplexe Preissysteme wahrnehmen und wie sich diese Wahrnehmungen auf das Kaufverhalten auswirken. In Bezug auf die Verknüpfung zwischen der Gestaltung von Preissystemen und der Wahrnehmung von Preiskomplexität liefert die Marketingforschung jedoch bislang nur wenig Hinweise für die Praxis. Der Fokus der Preisforschung lag bisher auf der Bestimmung der optimalen Preishöhe oder des optimalen Grades der Preisdifferenzierung (vgl. Bauer 2000). 1.2 Theoretische Relevanz von Preiskomplexität 1.2.1
Relevanz für die verhaltenswissenschaftliche Preisforschung
Im Gegensatz zur klassischen Preistheorie, die rationales Kundenverhalten und ökonomische Nutzenmaximierung unterstellt, widmet sich die verhaltenswissenschaftliche Preisforschung der Fragestellung, wie Kundenentscheidungen durch die Wahrneh-
Einführung in das Thema
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mung von Preisen und Preisinformationen beeinflusst werden. Homburg/Koschate (2005a; 2005b) ordnen in ihren Überblicksartikeln die zentralen Konzepte der verhaltenswissenschaftlichen Preisforschung in den kognitiven Informationsverarbeitungsprozess ein. Die meisten Arbeiten sind in der Phase der Preisinformationsbeurteilung zu finden. Zu den Konzepten, die am häufigsten untersucht wurden, zählen unter anderem Preisspannweiten (vgl. z.B. Kalyanaram/Little 1994), Referenzpreise (vgl. z.B. Janiszewski/Lichtenstein 1999) oder wahrgenommene Preisfairness (vgl. z.B. Bolton/Warlop/Alba 2003). Der Fokus von Forschungsarbeiten im Bereich der verhaltenswissenschaftlichen Preisforschung liegt bisher hingegen auf der Wahrnehmung von Einzelpreisen. Preissysteme als Einflussgrößen für nicht-ökonomisches Kaufverhalten wurden in der Vergangenheit nur unzureichend betrachtet (vgl. Herrman/Wricke 1998; Estelami 1997). Des Weiteren existiert bislang keine theoretische oder empirische Fundierung der Einflussfaktoren und der Wahrnehmung von Preiskomplexität. In der internationalen Marketingliteratur hat die Gestaltung und Wahrnehmung von Preissystemen im Vergleich zu Einzelpreisen in den letzten Jahren jedoch an Bedeutung gewonnen (vgl. Liu/Soman 2008). Es lassen sich drei neue Untersuchungsfelder in der verhaltenswissenschaftlichen Preisforschung identifizieren, die Anknüpfungspunkte für die vorliegende Arbeit bieten: Die Wahrnehmung von mehrdimensionalen Preisen, von geteilten Preisen und von Flatrate-Tarifen. Der in der englischsprachigen Marketingliteratur verwendete Begriff „multidimensional Prices“ (im Deutschen mehrdimensionale Preise) bezieht sich auf Preise, die aus mehreren Elementen und nicht nur aus einer einzelnen Zahl bestehen (vgl. Estelami 1997). Sie unterscheiden sich von eindimensionalen Preisen darin, dass Kunden Rechnungen durchführen müssen, um den Gesamtpreis zu bestimmen und die Vorteilhaftigkeit eines Angebots bewerten zu können (vgl. Estelami 1999). Beispiele für mehrdimensionale Preise sind Produktpreise mit zusätzlichen Transportkosten, die Zusammensetzung von Preisen aus einer monatlichen Rate und einer Anzahlung oder mehrteilige Tarife.
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Einführung in das Thema
Erste Arbeiten in diesem Forschungsfeld gehen auf Estelami (1997; 1999) zurück. Zusammenfassend konnte in diesen Studien gezeigt werden, dass Unternehmen durch eine spezifische Form der Preisdarstellung die Verarbeitungsschwierigkeit des Konsumenten gezielt beeinflussen können. Die empirischen Studien bieten Hinweise darauf, dass Konsumenten alleine durch die Art der Preisdarstellung eines Preissystems kognitiv überfordert sein könnten und oftmals darin scheitern, die einzelnen Elemente zu einer korrekten Gesamtbeurteilung zusammenzufügen. Das Forschungsfeld bietet einen engen Bezug zur Preiskomplexität, da eine Dimension der Komplexität eines Preissystems (die Schwierigkeit der Berechnung) betrachtet wird. Die Zusammenhänge zwischen Gestaltung und Wahrnehmung von Preissystemen und daraus resultierendes Kaufverhalten wurden in diesen Studien allerdings nicht betrachtet. Der Begriff geteilte Preise (im Englischen „partitioned Pricing“) bezieht sich auf die Aufspaltung eines Preises in einen Grundpreis und einen zusätzlichen Aufschlag (vgl. Bertini/Wathieu 2008; Kim/Kachersky 2006; Morwitz/Greenleaf/Johnson 1998). Ähnlich wie das Konzept „multi-dimensional Prices“ bezieht sich das Konzept der geteilten Preise auf die Aufgliederung des Gesamtpreises in Komponenten. Die Unterscheidung zwischen den beiden Konzepten lässt sich daher nicht eindeutig vornehmen. Ein Unterscheidungsmerkmal ist, dass der Fokus bei „partitioned Pricing“ nicht auf der Berechnungsschwierigkeit des Gesamtpreises liegt, sondern auf den Auswirkungen von mehrteiligen Preisen auf die Preiseinschätzung und das daraus resultierende Kaufverhalten. Morwitz/Greenleaf/Johnson (1998) untersuchten in ihrer Pionierarbeit wie Konsumenten auf geteilte Preise reagieren. Sie stellten fest, dass Konsumenten Preisaufschläge nicht immer in voller Höhe verarbeiten und statt präziser Berechnungen Heuristiken zur Bestimmung des Gesamtpreises anwenden. Somit wird der Gesamtpreis insgesamt unterschätzt, da der Fokus der Bewertung lediglich auf dem Grundpreis liegt. Aufbauend auf der grundlegenden Studie von Morwitz/Greenleaf/Johnson (1998) untersuchten eine Reihe von Autoren in den letzen fünf Jahren weitere Einflussgrößen der Effektivität der Preisteilung (vgl. z.B. Burman/Biswas 2007; Cheema 2008; Hamilton/Srivastava 2008; Xia/Monroe 2004). Das Forschungsfeld bietet ebenfalls empirische und konzeptionelle Anknüpfungspunkte zur Preiskomplexität, da ähnlich wie bei
Einführung in das Thema
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mehrdimensionalen Preisen eine Dimension der Komplexität von Preissystemen (z.B. die Größe eines Preissystems) betrachtet wird. Jedoch wurde bisher in den Studien keine umfassende Analyse der Einflussgrößen und der Wahrnehmung von Preiskomplexität oder eine Einordnung in den Prozess der kognitiven Informationsverarbeitung der verhaltenswissenschaftlichen Preisforschung vorgenommen. Ein Untersuchungsbereich, der im weiteren Sinne Anknüpfungspunkte für die Betrachtung der Preiskomplexität liefert, bezieht sich auf die Wahrnehmung von FlatrateTarifen. Eine Flatrate ist eine Sonderform eines nicht-linearen Tarifs, bestehend aus lediglich einer Preiskomponente. Im Rahmen einer Flatrate werden mehrere Komponenten eines Preissystems in einem Pauschalpreis zusammengefasst, der häufig eine unbegrenzte Nutzung beinhaltet (vgl. Lambrecht/Skiera 2006). Aus diesem Grund kann eine Flatrate als ein Preissystem mit äußerst geringer Komplexität bezeichnet werden. Eine Reihe von Studien in diesem Forschungsfeld weist darauf hin, dass eine Flatrate gegenüber nutzungsabhängigen Tarifen häufig bevorzugt wird, selbst wenn der Rechnungsbetrag in Bezug auf die monatliche Nutzung höher ausfällt (vgl. z.B. Kridel/Lehman/Weisman 1993; Lambrecht/Skiera 2006; Schulze/Gedenk 2005). Die Ursache hierfür ist in verschiedenen psychologischen Effekten zu sehen, die darauf schließen lassen, dass Preise, bei denen die Komponenten aggregiert präsentiert werden, positiver wahrgenommen werden als Preise, die in ihre Einzelkomponenten zerlegt sind. Die grundlegende Vermutung, dass sich Verzerrungen in der Wahrnehmung der Preishöhe aufgrund der Preisgestaltung und -darstellung auf die Kaufentscheidung auswirken, wird im Rahmen der Untersuchungen von Flatrates bestätigt. Deshalb bietet dieser Untersuchungsbereich im weiteren Sinne Anknüpfungspunkte für die vorliegende Arbeit. 1.2.2
Relevanz für die Konsumentenverhaltensforschung
Arbeiten, die sich in der Konsumentenverhaltensforschung mit den kundenseitigen Auswirkungen von komplexen Einkaufssituationen beschäftigen, beziehen sich fast ausschließlich auf Stimuli aus dem Produktbereich. Preisstimuli als Ursache von Ent-
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Einführung in das Thema
scheidungskomplexität wurden bisher im Rahmen der kognitiven Informationsverarbeitung vernachlässigt. Dennoch lassen sich zwei Untersuchungsfelder identifizieren, die insbesondere für die Analyse der Wahrnehmung und der Auswirkungen von Preiskomplexität auf das Kaufverhalten Anknüpfungspunkte bieten. Hierzu zählen maßgeblich Arbeiten zur Informationsbelastung des Konsumenten im Kaufentscheidungsprozess und zur Konsumentenverwirrung. Seit Anfang der 70er Jahre werden in der englischsprachigen Marketingliteratur unter dem Konzept „Information Load“ die Auswirkungen von Informationsbelastung des Konsumenten im Kaufprozess auf die Wahrnehmung und Beurteilung von Produkten diskutiert. Die Informationsbelastung bezieht sich auf die Anzahl und Unterschiedlichkeit der Stimuli, z.B. die Anzahl der Produktalternativen und -eigenschaften, mit denen der Konsument konfrontiert wird (vgl. Jacoby 1977). Informationsüberlastung entsteht, wenn die Informationsmenge, die verarbeitet wird, die Verarbeitungskapazität übersteigt (vgl. Milord/Perry 1977). Eine Vielzahl empirischer Studien hat die Auswirkung von Informationsbelastung auf die Richtigkeit einer Entscheidung (vgl. z.B. Jacoby/Speller/Kohn 1974), die Qualität der Entscheidung (vgl. z.B. Scammon 1977), die Entscheidungssicherheit (vgl. z.B. Keller/Staelin 1987) oder auf negative Emotionen (vgl. z.B. Lee/Lee 2004) untersucht. Teilweise wurden Kontextfaktoren wie z.B. Zeitdruck (vgl. z.B. Hahn/Lawson/Lee 1992) berücksichtigt. Die empirischen Ergebnisse sind jedoch nicht eindeutig. Zum einen zeigen die Ergebnisse, dass eine größere Belastung automatisch eine schlechtere Entscheidungsqualität nach sich zieht (vgl. z.B. Summers 1974; Wilkie 1975), andererseits wird ein kurvilinearer Verlauf bestätigt, der darauf schließen lässt, dass Konsumenten ab einem bestimmten Punkt nicht weiter überlastet werden können (vgl. z.B. Jacoby/Speller/Kohn 1974). Obwohl die Erkenntnisse zu den Auswirkungen von Informationsbelastung nicht einheitlich sind und die Kernfrage, ob Konsumenten überhaupt überlastet werden können, nicht abschließend geklärt ist, lässt sich die grundsätzliche Annahme, dass Konsumenten nur begrenzte Verarbeitungskapazität besitzen, auf den Preisbereich und die Wahrnehmung von Preiskomplexität übertragen.
Einführung in das Thema
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Eine Vielzahl aktueller empirischer Studien überträgt den Gedanken der Informationsbelastung auf die Wahrnehmung einer großen Anzahl an Produkteigenschaften oder einer großen Sortimentsauswahl (vgl. z.B. Broniarczyk 2004; Iyengar/Lepper 2000; Lee/Lee 2004). Die empirischen Ergebnisse dieser Studien stellen damit die traditionelle Aussage, dass mehr Vielfalt automatisch positiver wahrgenommener wird (vgl. z.B. Zuckerman et al. 1978), in Frage. Diese Erkenntnisse bieten ebenfalls Anknüpfungspunkte für den Untersuchungsbereich der vorliegenden Arbeit. Da Auswahlmöglichkeiten im Rahmen von Preissystemen ebenfalls die Komplexität erhöhen, ist fraglich, ob eine größere Auswahl ausschließlich positiv wahrgenommen wird, oder ob sie durch die erhöhte Preiskomplexität auch negativ wahrgenommen werden kann. Das Konzept Konsumentenverwirrung, das in der internationalen Marketingliteratur als „Consumer Confusion“ bezeichnet wird, bezieht sich auf eine temporäre kognitive Überlastung oder emotionale Überreizung (vgl. Malhotra 1984) und kann als eine direkte Konsequenz der Informationsbelastung gesehen werden. Mitte der 80er Jahre wurde das Konzept der Konsumentenverwirrung insbesondere im Hinblick auf „Brand Confusion“ diskutiert (vgl. Foxman/Muehling/Berger 1990; Loken/Ross/Hinkle 1986; Miaoulis/D‘Amato 1987; Sproles/Kendall 1986). In den letzten zehn Jahren fand eine Erweiterung des markenbezogenen Ansatzes in Bezug auf weitere Stimuli aus dem Marketingbereich durch Mitchell/Papavassiliou (1999) statt, auf dem weitere Arbeiten aufbauten (vgl. Chryssochoidis 2000; Mitchell/Walsh/Yamin 2005; Schweizer/Koutuc/Wagner 2006; Turnbull/Leek/Ying 2000). Ein hohes Ausmaß an Konsumentenverwirrung kann sich direkt auf den Kaufprozess auswirken: Kaufentscheidungen können verschoben werden (vgl. z.B. Walsh 2002), an andere delegiert werden (vgl. z.B. Schweizer/Kotouc/Wagner 2006), der Kauf kann abgebrochen werden (vgl. z.B. Huffman/Kahn 1998) oder alternative Produkte von Wettbewerbern können bevorzugt werden (vgl. z.B. Schweizer 2004). Die Erfahrung eines negativen Einkaufserlebnisses kann auch zu einer negativen Wahrnehmung des Unternehmens im Nachkaufprozess führen und negative Mundpropaganda, geringeres Vertrauen oder gesunkene Markenloyalität hervorrufen (vgl. z.B. Mitchell/Walsh/Yamin 2005).
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Einführung in das Thema
Anknüpfungspunkte zu der vorliegenden Arbeit ergeben sich aus der Analyse der Auswirkungen von Konsumentenverwirrung. Da Konsumentenverwirrung als Bindeglied zwischen der Gestaltung von Stimuli (Stimulimenge, Stimulivielfalt oder Stimulikonflikt) und Verhaltensauswirkungen analysiert wurde, ergeben sich Anhaltspunkte für die Auswirkungen der Preiskomplexitätswahrnehmung auf das Kaufverhalten. Preiskomplexität als Ursache für Konsumentenverwirrung wurde bisher in der Literatur nicht betrachtet. 1.3 Ziele der Arbeit und Ableitung der Forschungsfragen Die vorangegangenen Erklärungen zu der praktischen und theoretischen Relevanz von Preiskomplexität zeigen, dass das Konzept sowohl für die Marketingpraxis als auch für die Marketingforschung von hoher Bedeutung ist. In Bezug auf die Marketingpraxis (vgl. Abschnitt 1.1) ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, eine neue Perspektive in der Preisoptimierung aufzuzeigen, die neben der Preishöhe auch die Gestaltung und Darstellung der Elemente eines Preissystems berücksichtigt. In Bezug auf die verhaltenswissenschaftliche Preisforschung (vgl. Abschnitt 1.2.1) besteht das Ziel der Arbeit darin, neue Erkenntnisse zur Rolle von Preissystemen im Vergleich zu Einzelpreisen im Rahmen der Preisinformationsverarbeitung zu gewinnen und Einflussgrößen sowie Auswirkungen von Preiskomplexität theoretisch und empirisch zu fundieren. In Bezug auf die Konsumentenverhaltensforschung (vgl. Abschnitt 1.2.2) soll die Arbeit einen Beitrag dazu leisten, bestehende Erkenntnisse zu der Wahrnehmung und den Auswirkungen der Informationsbelastung und den Auswirkungen von Konsumentenverwirrung auf Preisstimuli zu übertragen. Um die in den vorangehenden Abschnitten erläuterten Lücken zu schließen, werden die im Folgenden dargestellten Forschungsfragen beantwortet: Untersuchungsziel 1: Empirische und theoretische Fundierung der Einflussfaktoren und der Wahrnehmung von Preiskomplexität Forschungsfrage 1a: Welche Faktoren machen ein Preissystem komplex? Forschungsfrage 1b: Wie werden komplexe Preissysteme wahrgenommen?
Einführung in das Thema
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Untersuchungsziel 2: Auswirkungen von einfachen im Vergleich zu komplexen Preissystemen auf den Kaufentscheidungsprozess Forschungsfrage 2a: Wie ist der Zusammenhang zwischen Wahrnehmung der Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten? Forschungsfrage 2b: Wie wirkt sich Zeitdruck auf die Verarbeitung einfacher bzw. komplexer Preise aus? Untersuchungsziel 3: Auswirkungen von Auswahlmöglichkeiten im Rahmen der Preisgestaltung auf die Kundenwahrnehmung Forschungsfrage 3a: Fühlen sich Kunden durch Auswahlmöglichkeiten überlastet oder werden Auswahlmöglichkeiten ausschließlich positiv wahrgenommen? Forschungsfrage 3b: Wie verändern sich diese Kosten- und Nutzenwahrnehmungen durch zusätzliche Kontextvariablen? 1.4 Aufbau der Arbeit Die Arbeit ist in insgesamt fünf Kapitel unterteilt und kumulativ aufgebaut. Nach der Einleitung folgen Kapitel 2, 3 und 4, die den Hauptteil der Arbeit darstellen. Diese Kapitel stellen drei in sich abgeschlossene Arbeiten dar. Kapitel 2 und 3 beziehen sich auf theoretische und empirische Analysen zu dem Themenkomplex „Einflussfaktoren, Wahrnehmung und Auswirkungen von Preiskomplexität“. Kapitel 4 verdeutlicht die Implikationen dieser Analysen für die Marketingpraxis in Form einer Praxisarbeit. Das erste Kapitel der Arbeit umfasst eine Einführung in das Thema. In den Abschnitten 1.1 und 1.2 wurde die Relevanz von Preiskomplexität für die Praxis und Forschung dargestellt. Daraus konnten im Anschluss die der Arbeit zugrunde liegenden Forschungsfragen abgeleitet werden. Die zentralen empirisch experimentellen Analysen der Arbeit werden zusammenfassend im nachfolgenden Abschnitt 1.5 erläutert. Kapitel 2 der Arbeit ist in Form eines wissenschaftlichen Arbeitspapiers gegliedert und widmet sich dem ersten Untersuchungsrahmen der Arbeit, d.h. dem Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten (vgl. Abbildung 1). In Abschnitt 2.3 wird der direkte Zusammenhang zwischen objektiven Gestaltungs-
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Einführung in das Thema
merkmalen der Preiskomplexität, sog. strukturellen Charakteristika von Preissystemen, und vom Kunden wahrgenommener Preiskomplexität analysiert. Die Wahrnehmung der Preiskomplexität wird anschließend mit Preisfairness und Kaufverhalten verknüpft (vgl. Abbildung 1). Abschnitt 2.4 betrachtet darüber hinaus die Auswirkungen zwischen einem einfachen und einem komplexen Preissystem unter Berücksichtigung von Preisvariationen auf Preiseinschätzungen, Preisfairness und die Kaufentscheidung. In Abschnitt 2.5 werden die Erkenntnisse validiert, indem Zeitdruck als zusätzliche Moderatorvariable untersucht wird. Im Rahmen von Kapitel 2 werden die Forschungsfragen 1a und b sowie 2a und b beantwortet. Die grundlegenden Zusammenhänge, die in Kapitel 2 untersucht werden, und die Abgrenzung zu dem dritten Kapitel der Arbeit sind in Abbildung 1 dargestellt. Das dritte Kapitel ist ebenfalls in Form eines wissenschaftlichen Arbeitspapiers aufgebaut. Der zweite Untersuchungsrahmen der Arbeit, der in Kapitel 3 vorgestellt wird, bezieht sich auf Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten im Rahmen der Preisgestaltung und auf die Auswirkung auf Entscheidungssicherheit (vgl. Abbildung 1). Auswahlmöglichkeiten im Rahmen der Preisgestaltung werden in der vorliegenden Arbeit als weiterer Einflussfaktor der Preiskomplexität betrachtet. Wie in Abbildung 1 zu erkennen ist, fließen die in Kapitel 2 definierten strukturellen Charakteristika von Preissystemen und die Wahrnehmung von Preiskomplexität in Form von psychologischen Kosten ebenfalls in die Untersuchung des dritten Kapitels ein. Nach einem konzeptionellen Überblick in Abschnitt 3.2 folgt in Abschnitt 3.3 eine Analyse des grundlegenden Zusammenhangs zwischen Auswahlmöglichkeiten und Kostenund Nutzenwahrnehmungen. Darauf aufbauend stellt Abschnitt 3.4 eine erweiterte Analyse dar, indem zusätzliche Kosten- und Nutzentreiber in den Untersuchungsrahmen integriert werden. Kapitel 3 beantwortet Forschungsfragen 3a und b der Arbeit. Kapitel 4 fasst die Implikationen für die Management-Praxis, die aus den theoretischen und empirischen Analysen in Kapitel 2 und 3 resultieren, zusammen. Abschnitt 4.1 stellt in einem übergreifenden Untersuchungsrahmen die vom Unternehmen direkt beeinflussbaren Treiber der Preiskomplexität den kundenseitigen Auswirkungen gegenüber. Abschnitt 4.2 fasst anhand konkreter Beispiele zur Gestaltung und Darstellung von Preissystemen die Stellhebel der Preiskomplexität zusammen. Im Anschluss
Einführung in das Thema
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daran wird in Abschnitt 4.3 gezeigt, warum diese Treiber die Kundenwahrnehmung und somit das Kaufverhalten beeinflussen. Anhand deskriptiver Auswertungen wird gezeigt, warum Kunden einfache Preise bevorzugen und eine Zahlungsbereitschaft für Einfachheit besitzen. Abschließend fasst Kapitel 5 der Arbeit die gewonnenen Erkenntnisse zusammen. Die Forschungsfragen, die in Kapitel 1 gestellt wurden, werden in diesem Kapitel abschließend beantwortet.
Einflussfaktoren der Preiskomplexität
Auswirkungen von Preiskomplexität
Preisfairness Strukturelle Charakteristika von Preissystemen: Größe und Heterogenität
Wahrnehmung von Komplexität: Kosten Kaufentverhalten
Auswahlmöglichkeiten im Rahmen der Preisgestaltung
Wahrnehmung von Auswahlmöglichkeiten: Nutzen
= Untersuchungsrahmen in Kapitel 2
Entscheidungssicherheit
= Untersuchungsrahmen in Kapitel 3
Abbildung 1: Inhaltlicher Zusammenhang von Kapitel 2 und 3
1.5 Überblick über die empirischen Studien der Arbeit Von April 2006 bis März 2009 wurde eine Reihe von Untersuchungen zur kundenseitigen Wahrnehmung von Preiskomplexität im Business-to-Consumer-Bereich durchgeführt, die die Datengrundlage für die vorliegende Arbeit bildet. Vier zentrale empirisch experimentelle Studien der Untersuchungsreihe sind in Tabellen 1 bis 3 zusammengefasst. Zusätzlich zu den Experimenten, deren Fokus auf der Telekommunikationsbran-
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Einführung in das Thema
che lag, wurden weitere experimentelle Studien in den Branchen Finanzdienstleistungen, Luftfahrt und Einzelhandel durchgeführt, um die Ergebnisse zu validieren. Der Einsatz von Experimenten in der Marketingforschung ermöglicht die strikte Überprüfung von kausalen Beziehungen. Experimente ermöglichen die Analyse der Wirkung von einer oder mehrerer unabhängiger Variablen auf eine oder mehrere abhängige Variablen (vgl. Aaker/Kumar/Day 2001; Homburg/Krohmer 2006). Der zentrale Unterschied zur nicht-experimentellen Forschung liegt in einer gezielten Variation der unabhängigen Variablen (vgl. Kinnear/Taylor 1983). In der Preisforschung kommen viele Experimente zum Einsatz, da konkrete Gestaltungsmechanismen des Preismanagements in Experimenten überprüft werden können (vgl. Homburg/Koschate 2005a). In der vorliegenden Arbeit soll beispielsweise untersucht werden, wie sich verschiedene Ausprägungen der unabhängigen Variablen (z.B. die Komplexität von Preissystemen) auf abhängige Variablen (z.B. Komplexitäts- und Fairnesswahrnehmungen) auswirken. Zusätzliche Variablen, die einen Einfluss auf die abhängigen Variablen haben könnten, sollten ausgeschaltet oder kontrolliert werden, damit sich die direkte Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen den unabhängigen und abhängigen Variablen feststellen und messen lässt (vgl. Koschate 2002).
Einführung in das Thema
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Experiment 1: Kapitel 2 und 4 der Arbeit Teilnehmer Branche Experiment
Aufgabe
Fazit
485 Studenten, 56,1 % weiblich, Durchschnittsalter: 20,7 Jahre Telekommunikation x Schriftliche Befragung in Papierform x Experiment wurde im Rahmen einer Marketing-Vorlesung an der Universität Mannheim durchgeführt Die Teilnehmer sollten verschiedene Tarife hinsichtlich ihrer Komplexität beurteilen. Die Komplexität der Preissysteme wurde über mehrere Stufen hinweg systematisch manipuliert, um den Einfluss einzelner Gestaltungsmerkmale festzustellen. Insgesamt gab es acht verschiedene Tarife, jeder Teilnehmer beurteilte einen spezifischen Tarif. Die Preishöhe aller Tarife war im Vergleich zu einem Referenzpunkt relativ günstig und konstant über alle Szenarien hinweg (das Nutzungsverhalten der Teilnehmer wurde vorgegeben). Die Beurteilung der Komplexität wurde anhand eines neuen Messsystems anlehnend an den Prozess der Preisinformationsbearbeitung gemessen. Im Anschluss an die Komplexitätswahrnehmung wurden die Teilnehmer darum gebeten, die Fairness der einzelnen Preisstrukturen zu beurteilen. Kontrollvariablen waren u.a. Alter, Geschlecht, Branchenkomplexität, Involvement, Erfahrung mit dem Produkt. x Die Komplexität eines Preissystems lässt sich systematisch über sog. Stellhebel steuern: Größe eines Preissystems, Gestaltung der Zahlen, Gestaltung der Rechenarten x Komplexe Preise werden als unfair wahrgenommen und daher sinkt auch die Kaufbereitschaft dafür
Tabelle 1: Einflussfaktoren und Auswirkungen von Preiskomplexität
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Einführung in das Thema
Experimente 2 und 3: Kapitel 2 und 4 der Arbeit Teilnehmer
Branche Experiment
Aufgabe
Fazit
Experiment 2: 181 Konsumenten, 58,8% weiblich, Durchschnittsalter 33,6 Jahre Experiment 3: 291 Studenten, 52,2% weiblich, Durchschnittsalter 23,6 Jahre Telekommunikation Experiment 2: Computer-Experiment, Choice-Design x Experiment wurde im Rahmen eines „Tag der offenen Tür“ an der Universität Mannheim durchgeführt x Besucher wurden eingeladen, freiwillig an einem Laborexperiment teilzunehmen Experiment 3: Computer Experiment, Choice-Design x Experiment wurde im Forschungslabor des Sonderforschungsbereichs der Universität Mannheim durchgeführt x Teilnehmer wurden über einen E-Mailverteiler zu dem Experiment eingeladen und erhielten eine Vergütung von €5 Experiment 2: Die Teilnehmer wurden dazu aufgefordert, sich anhand einer ausführlichen Erklärung in eine reale Kaufsituation zu versetzen. Sie wurden mit zwei verschiedenen Handytarifen konfrontiert, die jeweils in den Merkmalen Preis und Komplexität systematisch zwischen den Ausprägungen hoch und niedrig variierten. Insgesamt gab es vier verschiedene Preis-Komplexitätsabstufungen. Die Teilnehmer wurden zunächst darum gebeten, eine Preiseinschätzung zu geben, ihre Kaufbereitschaft zu nennen und sich für ein Angebot zu entscheiden. Anschließend mussten die Teilnehmer beide Tarife im Vergleich zueinander beurteilen (Wahrnehmung der Komplexität, der Fairness). Im Anschluss daran wurden die Schwierigkeit der Entscheidungssituation und negative Emotionen abgefragt. Kontrollvariablen waren u.a. Alter, Geschlecht, Branchenkomplexität, Involvement, Erfahrung mit dem Produkt, Entscheidungszeit. Experiment 3: Studie 3 ähnelte im Aufbau der Studie 2. Zusätzlich wurde die Entscheidungszeit für die Beantwortung der Fragen manipuliert. Die Hälfte der Teilnehmer wurde künstlich unter Zeitdruck gesetzt und es wurde eine Stresssituation simuliert. Der Text enthielt mehrere Hinweise darauf, dass die nächste Straßenbahn erreicht werden müsste und sich die Teilnehmer beeilen sollten. Des Weiteren erschienen Pop-Up Windows am Computer, die darauf hinwiesen, dass die Straßenbahn in 10, 5 und 1 Minute abfahren würde. x Verbraucher besitzen eine Zahlungsbereitschaft für Einfachheit x Die Einfachheit eines Preissystems wird fast genauso wichtig eingeschätzt wie die Höhe des Preises x Es kommt bei der Preiseinschätzung zu systematischen Verzerrungen: einfache Preise werden unter- und komplexe Preise werden überschätzt x Dieser Effekt wird durch Zeitdruck verstärkt
Tabelle 2: Zahlungsbereitschaft für Einfachheit
Einführung in das Thema
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Experiment 4: Kapitel 3 und 4 der Arbeit Teilnehmer Branche Experiment
Aufgabe
Fazit
477 Teilnehmer, Verbraucher, 38% weiblich, Durchschnittsalter 36,5 Telekommunikation Computer-Experiment x Das Experiment wurde online durchgeführt x Die Teilnehmer wurden über einen E-Mail-Verteiler rekrutiert Die Teilnehmer wurden dazu aufgefordert, sich einen neuen Mobilfunktarif auszusuchen und zu beurteilen. Die Teilnehmer wurden in insgesamt 12 Gruppen eingeteilt. Vier Gruppen beurteilten einen Tarif bestehend aus einer Option, vier Gruppen beurteilten einen Tarif mit drei Optionen und vier Gruppen beurteilten einen Tarif bestehend aus fünf Optionen. Je nach Szenarienbeschreibung variierte zusätzlich das Preissegment zwischen niedrig und hoch, die Vorgabe eines fiktiven Nutzungsverhaltens und die Komplexität der Preise wurden ebenfalls variiert. Die Teilnehmer mussten ihre Kaufbereitschaft, ihre Preiseinschätzung, die Wahl der Option, Auswahlmöglichkeiten und Komplexität des Tarifs beurteilen. x Zusätzliche Optionen innerhalb eines Preissystems werden nur dann vorteilhaft von Kunden beurteilt, wenn die Kunden ihr eigenes Nutzungsverhalten kennen, die Komplexität des Tarifs gering ist und sie sich gut mit der Branche auskennen x In einer hohen Preiskategorie werden mehrere Optionen vorteilhaft beurteilt
Tabelle 3: Kosten versus Nutzen von Auswahlmöglichkeiten
Aufbau und Untersuchungsdesign der in den Tabellen 1-3 zusammengefassten Experimente werden in Kapitel 2 und 3 jeweils ausführlicher beschrieben. Die Ergebnisse der Auswertungen der Experimente werden sowohl in Kapitel 2 und 3 als auch in Kapitel 4 dargestellt.
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Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
2 Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten Das zweite Kapitel der Arbeit ist in Form eines wissenschaftlichen Arbeitspapiers gegliedert und orientiert sich im Aufbau an drei Studien. In Abschnitt 2.3 wird gezeigt, dass wahrgenommene Preiskomplexität die Wahrnehmung von Preisfairness und somit die Kaufentscheidung negativ beeinflusst. In Abschnitt 2.4 werden Verzerrungen in der Preiseinschätzung in Form eines Simplicity-Bias untersucht. Abschnitt 2.5 stellt eine Validierung der Erkenntnisse aus Abschnitt 2.4 dar, indem der Untersuchungsrahmen des vorangehenden Abschnitts unter zusätzlicher Berücksichtigung von Zeitdruck als Moderatorvariable untersucht wird. Kapitel 2 beantwortet die anfangs postulierten Forschungsfragen 1a-b und 2a-b. 2.1 Einleitung „Companies have found that confused and ill-informed customers, who often end up making poor purchasing decisions, can be highly profitable indeed. What follows is a cautionary tale. […] Dissatisfaction and churn should be particularly worrisome to firms that see their customers defecting to a competitor that provides a transparent and friendly alternative” (McGovern/Moon 2007, S. 78). In verschiedenen Situationen müssen Kunden zusätzliche Gebühren zu einem Basispreis addieren, fixe und variable Entgelte miteinander kombinieren oder Preise von Zusatzleistungen beim Vergleich verschiedener Angebote hinzurechnen. Komplexe Preise und Preismenüs sind in vielen Branchen sehr beliebt. Arbeiten zur mehrteiligen Preissetzung deuten darauf hin, dass Preise, die aus verschiedenen
Komponenten
bestehen,
die
Nachfrage
erhöhen
(vgl.
Mor-
witz/Greenleaf/Johnson 1998; Xia/Monroe 2004) und die Preissensitivität eines Kunden senken (vgl. Hamilton/Srivastava 2008). Die Begründung ist darin zu sehen, dass Kunden den Gesamtpreis nicht komplett verarbeiten, wenn sie mit mehreren Preiskomponenten konfrontiert werden, sondern sich im Sinne einer vereinfachten Preisinformationsverarbeitung auf eine der Preiskomponenten fokussieren (z.B. auf den Ba-
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
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sispreis eines Angebots). Deshalb neigen Kunden dazu, den Gesamtpreis eines Angebots zu unterschätzen. Dies wird als einer der Hauptgründe betrachtet, die zu dem angenommenen, positiven Effekt von komplexen Preisen für Unternehmen führt (vgl. Morwitz/Greenleaf/Johnson 1998). In Abschnitt 2.2 erfolgt eine kurze Zusammenfassung der relevanten Erkenntnisse von Arbeiten zur mehrteiligen Preissetzung. Im Gegensatz dazu haben Manager in großen Branchen wie Mobilfunk und Finanzdienstleistungen festgestellt, dass einfache Preise eine hohe Attraktivität auf Kunden ausüben. Kunden entscheiden sich zunehmend für faire Alternativen (vgl. McGovern/Moon 2007; Monroe 2003). Dies wird durch die wachsende Zahl von Unternehmen bestätigt, die ihre Angebote durch einfache Preispräsentationen bewerben. Vodafone (2008), zum Beispiel, bewirbt einen einfachen Tarif auf seiner Website: “Find out about Vodafone Simply, the pay as you go price plan that gives you more. Vodafone Simply makes everything straight forward.” Natter et al. (2008) zeigen, dass eine einfache Preissetzung eine effektive Strategie sein kann, um Marktanteile von Wettbewerbern zu erobern (vgl. Natter et al. 2008). Aus Kundensicht könnte ein Grund für die schlechte Bewertung von komplexen Preisen sein, dass Preise, die aus mehreren Komponenten bestehen, einen höheren kognitiven Aufwand verursachen (vgl. Estelami 2003; Kim/Kramer 2006) und deshalb von Kunden negativ wahrgenommen werden (vgl. Johnson/Payne 1985). Je nachdem wie eine Preisstruktur gestaltet ist, sind verschiedene Ebenen kognitiver Anstrengung in die Berechnung eines Endpreises eingebunden (vgl. Estelami 1999; Estelami 2003; Herrmann/Wricke 1998; Kim/Kachersky 2006; Kim/Kramer 2006). Insgesamt ist jedoch nur wenig darüber bekannt, wie Kunden unterschiedlich komplexe Preise wahrnehmen und wie ihr Entscheidungsverhalten durch diese Wahrnehmungen beeinflusst wird. Entscheiden sich Kunden zu Gunsten von Einfachheit, obwohl das entsprechende Angebot teurer ist als vergleichbare komplexe aber günstigere Konkurrenzangebote? Trotz ihrer praktischen Relevanz wurde diese Verzerrung im Preisbeurteilungsprozess, im Folgenden als Simplicity-Bias bezeichnet, bislang nicht theoretisch und empirisch analysiert. Deshalb bleibt unklar, ob Unternehmen ihre Preise komplex oder einfach gestalten sollten. Einerseits gibt es Anhaltspunkte dafür, dass Kunden die Gesamtkosten von mehrteiligen Preisen unterschätzen und sich komplexe
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Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
Preise somit positiv für das Unternehmen auswirken. Andererseits gibt es Anhaltspunkte dafür, dass Kunden großen Wert auf Einfachheit und Transparenz legen (deshalb möglicherweise die Kosten von einfachen Preisen im Vergleich zu komplexen Preisen unterschätzen) und sich komplexe Preise somit negativ für das Unternehmen auswirken. Kapitel 2 konzentriert sich auf die Kernfrage, ob ein Simplicity-Bias bei Preisbewertungen existiert, da Kunden komplexe Preise als unfair betrachten und automatisch einen höheren Preis von einem komplexen Preissystem ableiten. In Kapitel 2 wird auf die folgenden vier Untersuchungsebenen eingegangen: Erstens wird untersucht, was unter wahrgenommener Preiskomplexität zu verstehen ist und was die objektiven Treiber wahrgenommener Preiskomplexität sind. Der Fokus der durchgeführten Studien liegt deshalb auf der subjektiven Kundenwahrnehmung von Preiskomplexität, da Konsumentenreaktionen auf die Preisstrategie eines Unternehmens nicht vollständig rational sind (vgl. Kim/Natter/Spann 2009). Diese subjektiven Wahrnehmungen werden wiederum bestimmt durch die Art, wie Unternehmen die verschiedenen Komponenten ihrer Preissysteme gestalten, was im Folgenden als objektive Preiskomplexität bezeichnet wird (vgl. Engelmann 2005). Zweitens wird die Beziehung zwischen wahrgenommener Preiskomplexität und Preisfairness betrachtet. Bewerten Kunden die Einfachheit eines Preises bei gleich bleibender Preishöhe fairer? Falls Fairnesswahrnehmungen nicht nur durch das Preisniveau beeinflusst werden, sondern auch durch die wahrgenommene Komplexität eines Preises, dann hätte dies wichtige Auswirkungen auf die Gestaltung von Preissystemen und würde das Wissen in der verhaltenswissenschaftlichen Preisforschung zu Fairnesswahrnehmungen von Preisen erweitern. Bislang wurde Preisfairness hauptsächlich in Bezug auf Preiserhöhungen untersucht (vgl. z.B. Bolton/Alba 2006; Campbell 1999; 2007). Während der letzten Jahre hat Preisfairness auch gestiegene Aufmerksamkeit auf dem Gebiet einzelner Preistaktiken erfahren, wie z.B. Revenue-Management (vgl. Kimes/Wirtz 2003) oder Dynamic Pricing (vgl. Cox 2001). Studien, die sich auf Preistaktiken beziehen, zeigen, dass nicht nur das Preisniveau selbst, sondern auch die Art der Preispräsentation eines Unter-
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
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nehmens die Fairness-Wahrnehmung der Kunden (vgl. Maxwell 2002) und deren Kaufentscheidung beeinflussen kann. Dennoch ist nach derzeitigem Wissen der Zusammenhang zwischen Preisfairness und der einfachen bzw. komplexen Präsentation eines Preises noch nicht betrachtet worden. Drittens werden Kundenreaktionen bei einem Zielkonflikt zwischen Preis und Komplexität untersucht. Kunden könnten einen einfachen Preis bevorzugen, obwohl dieser höher ist. Einige Studien im Produktmanagement und im Einzelhandel stützen einen ähnlichen Gedanken. Sie beschäftigen sich mit einem ähnlichen Konflikt zwischen Einfachheit und Vielfalt. Ergebnisse zeigen, dass eine große Zahl an Produktmerkmalen oder eine breite Auswahl an Produkten zu Verwirrung führen kann, was wiederum zu einer niedrigeren Kaufabsicht führt (vgl. z.B. Chernev 2003; Gourville/Soman 2005). Viertens wird Zeitdruck als moderierende Variable bei der Verarbeitung einfacher bzw. komplexer Preise betrachtet. Zeitdruck spielt eine bedeutende Rolle im Kaufentscheidungsprozess, da Kunden zunehmend mit Zeitdruck und Stress konfrontiert sind (vgl. Edland 1994). Deshalb wird untersucht, wie sich Zeitdruck auf Preisschätzungen und Fairness-Wahrnehmungen auswirkt. Es wurden drei experimentelle Studien durchgeführt, um die Beziehung zwischen wahrgenommener Preiskomplexität, Preisfairness und Verhaltensreaktionen zu untersuchen. Die Studien 2 und 3 bauen auf den Ergebnissen von Studie 1 auf und konfrontieren Probanden mit einer Entscheidungssituation, die einen Zielkonflikt zwischen Komplexität und Preis beinhaltet. Studie 3 stellt eine Validierung des Untersuchungsrahmens aus Studie 2 dar mit der zusätzlichen moderierenden Variablen, Zeitdruck. Tabelle 4 fasst die Kernmerkmale dieser Studien zusammen.
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Fokus der Studien
Unabhängige Variablen (manipuliert) Unabhängige Variablen (gemessen) Abhängige Variablen Stichprobe Studientyp Schlüsselmethoden
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
Studie 1 Kundenwahrnehmungen von unterschiedlichen Preiskomplexitätsniveaus und Auswirkungen auf Preisfairness
Studie 2 Kundenwahrnehmungen von Preiskomplexität und Entscheidungsverhalten in einem Attributkonflikt zwischen Komplexität und Preislevel
Studie 3 Validierung der Studie 2, Kundenwahrnehmungen von Preiskomplexität und Entscheidungsverhalten in einem Attributkonflikt zwischen Komplexität und Preislevel abhängig von Zeitdruck Objektiver Preisvorteil, Zeitdruck
Objektive Preiskomplexität
Objektiver Preisvorteil
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Wahrgenommene Preiskomplexität
Wahrgenommene Preiskomplexität
Wahrgenommene Preiskomplexität, Preisfairness, Kaufbereitschaft 485 Studenten Paper-and-pencil, Vorlesungssaal MANOVA, Strukturgleichungsmodell
Subjektiver Preisvorteil, Preisfairness, Kaufentscheidung 181 Konsumenten Computergestützt, Experimentallabor Logistische Regression, Strukturgleichungsmodell
Subjektiver Preisvorteil, Preisfairness, Kaufentscheidung 291 Studenten Computergestützt, Experimentallabor Logistische Regression, Strukturgleichungsmodell
Tabelle 4: Übersicht der Studien
2.2 Kurzer Literaturüberblick: „Partitioned Pricing“ Eine mit der Preiskomplexität verwandte Forschungsrichtung, die sich ebenfalls mit der Aufteilung eines Gesamtpreises in verschiedene Komponenten beschäftigt, wird in der englischsprachigen Literatur als „partitioned Pricing“ bezeichnet. Erkenntnisse aus diesem Literaturfeld liefern Anhaltspunkte für die Untersuchung der Rolle von Preiskomplexität in der verhaltenswissenschaftlichen Preisforschung. Im Folgenden werden die Erkenntnisse dieses Literaturfelds kurz zusammengefasst. Geteilte Preissetzung bezieht sich auf Situationen, in denen Kunden einen Grundpreis für ein bestimmtes Produkt oder einen bestimmten Service zahlen müssen und zusätzliche Aufpreise in ihrer Kalkulation des Gesamtpreises mit einbeziehen müssen. Die Vermutung ist, dass Konsumenten den Grundpreis stärker wahrnehmen und gewichten
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
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als die Aufpreise, da diese üblicherweise viel geringer ausfallen als der Grundpreis. Grundlegende Arbeiten in diesem Forschungsfeld zeigen, dass Kunden einen insgesamt niedrigeren Preis wahrnehmen, wenn der Gesamtpreis in mehrere Komponenten aufgeteilt ist als bei einer Angabe des Komplettpreises. Diese niedrigere Preiswahrnehmung führt insgesamt zu einer höhere Kaufbereitschaft (vgl. Morwitz/Greenleaf/ Johnson 1998). Im Einzelnen hängt die Effektivität der Preisaufteilung für das Unternehmen, d.h. die Preisunterschätzung der Konsumenten, von verschiedenen Faktoren ab. Erstens spielt die Anzahl der Aufpreise eine Rolle. Der positive Effekt der Preisaufteilung verschwindet beispielsweise, wenn zwei oder mehr Aufpreise erwähnt werden (vgl. Xia/Monroe 2004). Zweitens hängt die Effektivität der Preisaufteilung von der Höhe des Aufpreises ab. Wenn der Aufpreis relativ hoch ist (z.B. 50% des Grundpreises), ist die Kaufbereitschaft der Kunden niedriger als wenn die Preise nicht aufgeteilt wären (vgl. Burman/Biswas 2007; Sheng/Bao/Pan 2007). Unverhältnismäßig hohe Aufpreise führen auch zu einer erhöhten wahrgenommenen Unfairness (vgl. z.B. Lee/Han 2002). Drittens spielt das Ansehen des Verkäufers eine Rolle. Verkäufer mit hoher Reputation können höhere Aufpreise im Rahmen der Preisaufteilung anbieten, da die Käufer keinen Verdacht schöpfen, hintergangen zu werden und den Aufpreisen geringere Aufmerksamkeit schenken (vgl. Cheema 2008; Carlson/Weathers 2008). Verkäufer mit geringerem Ansehen beim Käufer stellen sich besser, wenn sie einen Gesamtpreis anbieten und den Preis nicht in einzelne Komponenten aufteilen. Die Definition von Preiskomplexität in diesem Kapitel der Arbeit ist allgemeiner ausgelegt als das Verständnis von geteilten Preisen im Rahmen der „partitioned Pricing“Forschung. Das Verständnis von Preiskomplexität, das dieser Arbeit zugrunde liegt, hängt nicht von der Voraussetzung ab, dass die einzelnen Preiselemente eines Preissystems grundlegend unterschiedlich von einander sein müssen. Ebenso wird nicht vorausgesetzt, dass Kunden ein höheres Gewicht auf einen Grundpreis legen als auf mögliche Aufpreise. Zudem wird im Rahmen der durchgeführten Studien die Heterogenität eines Preissystems betrachtet. Die Arbeit grenzt sich somit von früheren Studien ab, die hauptsächlich die Anzahl der Preiselemente variiert haben, d.h. die Größe eines Preissystems. Heterogenität der Zahlen und Rechnungen innerhalb eines Preissystems
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Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
wurden bisher nicht als beschränkende Faktoren der Effektivität von geteilten Preisen betrachtet. Frühere Arbeiten haben beispielsweise entweder gerade Zahlen verwendet, die einfach zu verarbeiten sind (vgl. Schindler/Morrin/Bechwati 2005) oder ungerade Zahlen, die schwieriger zu verarbeiten sind (vgl. DelVecchio/Krishnan/Smith 2007; Morwitz/Greenleaf/Johnson 1998). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich Arbeiten im Zuge der „partitioned Pricing“-Forschung nicht direkt mit der Frage beschäftigt haben, ob die Wahl einer einfachen Preissetzung für das Unternehmen vorteilhafter ist als eine komplexe Preissetzung. 2.3 Studie 1 – Einflussgrößen und Auswirkungen von Preiskomplexität 2.3.1
Konstruktdefinitionen
Objektive Preiskomplexität wird im Folgenden unter Bezugnahme der Systemtheorie und Organisationstheorie definiert. Demnach lässt sich objektive Preiskomplexität als die Größe und die Heterogenität einer Preisstruktur definieren, auch bezeichnet als strukturelle Komplexität (vgl. Damanpour 1996; Duncan 1972). In Übereinstimmung mit Dellaert/Stremersch (2005) werden die Größe eines Systems und zwei Facetten der Heterogenität (der Zahlen und der Rechnungen) als die drei Dimensionen von Preiskomplexität betrachtet. Die objektive Preiskomplexität wird somit bestimmt durch die Gesamtanzahl der Elemente innerhalb einer Preisstruktur (z.B. „geringe Anzahl an Preiselementen“ verglichen mit „hoher Anzahl an Preiselementen“), durch die Vielfalt verschiedener Zahlen (z.B. „die meisten Zahlen sind gleich“ verglichen mit „alle Zahlen sind verschieden bzw. nutzen andere Werte“) und durch die Vielfalt der Berechnungen, die zur Bestimmung eines Gesamtpreises notwendig sind (z.B. „nur eine Art von Berechnung“ verglichen mit „verschiedenen Arten von Berechnungen“). In Abschnitt 4.2 der Arbeit wird die praktische Relevanz der drei Komplexitätsdimensionen anhand von konkreten Beispielen aus der Praxis detaillierter erläutert. Der Fokus der vorliegenden Forschung liegt auf der vom Kunden wahrgenommenen Preiskomplexität. Diese wird in dieser Arbeit definiert als der gesamte kognitive Aufwand (vgl. Cooper-Martin 1994), der bei der Bewertung eines objektiv komplexen
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
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Preises empfunden wird. Grundlegenden Arbeiten zur Informationsverarbeitung (vgl. Bettman/Johnson/Payne 1990) und im speziellen der Preisinformationsverarbeitung (vgl. Jacoby/Olson 1977) zufolge, kann die kognitive Gesamtlast in einzelne Stufen aufgeteilt werden. Abbildung 2 verdeutlicht die zentralen Schritte im Prozess der Preisinformationsverarbeitung. Die Phasen der kognitiven Preisinformationsverarbeitung (vgl. Jacoby/Olson 1977; Homburg/Koschate 2005a) können in folgende Schritte unterteilt werden: Preisinformationsaufnahme, Preisinformationswahrnehmung und Urteilsbildung.
Preisinformationen
Preisinformationsaufnahme
Preisinformationswahrnehmung
Urteilsbildung
Kundenverhalten
Abbildung 2: Phasen der kognitiven Informationsverarbeitung
Preisinformationen beziehen sich zunächst auf die vom Unternehmen direkt beeinflussbaren Gestaltungsmerkmale von Preisen, z.B. die Gestaltung eines Preissystems. Preisinformationen in Form von externen Reizen beeinflussen nicht direkt sondern lediglich indirekt das Verhalten. Diese externen Reize müssen wahrgenommen und interpretiert werden, bevor sie Entscheidungsprozesse beeinflussen und auf das Verhalten wirken. Die Phase der Preisinformationsaufnahme bezieht sich auf die Aufnahme von Preisinformationen in das Kurzzeitgedächtnis. Im Ultra-Kurzzeitspeicher werden Sinneswahrnehmungen nur kurzzeitig gespeichert und in bioelektrische Impulse umgewandelt (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003). Die Kapazität des sensorischen Informationsspeichers ist sehr groß, die Speicherdauer beträgt jedoch nur wenige Sekunden. In der Phase der Preisinformationswahrnehmung kommt es zur Entschlüsselung der Preise und zur Verarbeitung der objektiven Preisinformationen im Kurzzeitspeicher. Das heißt, dass ein Teil aller Reize der sensorischen Informationsaufnahme weiterverarbeitet wird (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003). Bei komplexen Preissystemen besteht häufig die Gefahr einer Informationsüberlastung, da zu viele Informationen auf
24
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
einmal auf das Kurzzeitgedächtnis wirken. Bereits in der Phase der Wahrnehmung kommt deshalb ein selektiver Filter zum Einsatz, der vor der Verarbeitung Teilinformationen entfernen kann. Hier werden objektive Reize in subjektive Eindrücke transformiert. Die entstehenden subjektiven Größen dienen als Basis für die Preis- und Komplexitätsbeurteilung. Dieser Transformationsprozess wird auch als Kodierung bezeichnet (vgl. Hay 1987). In Bezug auf die Beurteilung eines Preissystems kann es zu folgenden Ausprägungen der Kodierung kommen: x die Preisinformation wird unverändert kodiert, d.h. der subjektive Preis entspricht dem objektiven Preis (keine Abweichung in der Preishöhe) x nur ein Teil der Preisinformationen wird zur weiteren Verarbeitung herangezogen (abweichende Preishöhe) x die Preisinformation wird elaboriert, d.h. der objektiven Information werden weitere Informationen hinzugefügt (abweichende Preishöhe) Nach der Phase der Wahrnehmung folgt die Phase der Urteilsbildung. Hier werden die kodierten Preisinformationen beurteilt. Durch die Verknüpfung der kodierten Preisstimuli mit Informationen und Erfahrungen aus dem Langzeitgedächtnis entsteht ein subjektives Wahrnehmungsbild der Preisinformation und Preiskomplexität (vgl. Dieckmann 1993). Anlehnend an den Prozess der Preisinformationsverarbeitung wird Preiskomplexität als ein Konstrukt zweiter Ordnung mit drei Dimensionen konzeptualisiert: Preisbelastung (Empfinden der Preisinformation), Berechnungsaufwand (Verständnis und Verarbeitung der Preisinformation) und Bewertungsaufwand (Bildung einer Einstellung). Die erste Dimension wahrgenommener Preiskomplexität, die Preisbelastung, bezieht sich auf die Anzahl der Preiselemente, die der Kunde verarbeiten muss (vgl. Jacoby 1977). Überlastung und Verwirrung entstehen aufgrund der begrenzten Fähigkeit von Individuen, Informationen zu verarbeiten (vgl. z.B. Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra 1982). Frühere Studien, die sich mit Überlastung der Konsumenten beschäftigt haben, konzentrierten sich jedoch vor allem auf Überlastung, die durch produktbezogene Stimuli verursacht wird (und nicht durch Preise).
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
25
Die zweite Dimension, der Berechnungsaufwand, bezieht sich auf die Schwierigkeit des Konsumenten, einen Endpreis zu berechnen. Forschung zur Preisinformationsverarbeitung hat gezeigt, dass komplexe, numerische Stimuli zu Schwierigkeiten bei der Preisbeurteilung führen (vgl. Monroe/Lee 1999; Thomas/Morwitz 2009). Kunden haben z.B. nur eine begrenzte Fähigkeit, Berechnungen durchzuführen, die stark in ihrer arithmetischen und numerischen Form variieren (vgl. Coulter/Coulter 2005; Estelami 2003). Die dritte Dimension, der Bewertungsaufwand, bezieht sich auf die wahrgenommene Schwierigkeit, den Gesamtpreis mit dem Nutzen eines Angebots zu vergleichen. Bei steigender Komplexität haben Kunden Schwierigkeiten, die Vorteilhaftigkeit eines Angebots zu bewerten. Dies ist wiederum eine Hauptursache von gefühlter Unsicherheit und negativen Emotionen bei der Entscheidungsfindung (vgl. Garbarino/Edell 1997; Heitmann/Lehmann/Herrmann 2007). Als abhängige Variable wird Preisfairness betrachtet, welche durch wahrgenommene Preiskomplexität beeinflusst wird. Campbell (2007) definiert Preisfairnesswahrnehmungen als „[…] a consumer’s subjective sense of a price as right, just, or legitimate versus wrong, unjust, or illegitimate” (Campbell 2007, S. 261). Viele empirische Studien haben gezeigt, dass Preisfairness eine wichtige preisbezogene Variable ist, um die Kaufabsicht eines Kunden zu erklären (vgl. z.B. Campbell 1999; Kukar-Kinney/Xia/Monroe 2007). Daher wird die Absicht eines Kunden, ein bestimmtes Angebot zu kaufen, auch als Folge von Preisfairness betrachtet. Abbildung 3 gibt einen Überblick über die Variablen der Studie 1.
26
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
Wahrgenommene Preiskomplexität Objektive Preiskomplexität
Preisfairness Preisbelastung
Berechnungsaufwand
Kaufbereitschaft
Beurteilungsaufwand
Abbildung 3: Übersicht der Variablen in Studie 1 (Kapitel 2)
2.3.2
Herleitung der Hypothesen
Die zentrale Prämisse, der im Rahmen der Arbeit dargestellten Untersuchungsmodelle ist, dass alle drei Dimensionen objektiver Preiskomplexität gleichzeitig die Kundenwahrnehmungen beeinflussen. Das übergreifende Argument ist, dass ein gesteigerter kognitiver Aufwand zu einer gesteigerten Wahrnehmung von Preiskomplexität führt. Dieser gesteigerte kognitive Aufwand wird durch eine erhöhte Anzahl an Preiselementen und durch die gestiegene Heterogenität des Preissystems verursacht (vgl. Bettman/Johnson/Payne 1990; Johnson/Payne 1985). Die Variation der objektiven Preiskomplexität wird ausführlich in Abschnitt 2.3.3.1 beschrieben. Insbesondere bei der Betrachtung der ersten Dimension der Preiskomplexität, der Größe des Systems, wird die Informationstheorie (vgl. Anderson 1982) herangezogen. Diese Theorie deutet an, dass Kunden einzelne Preisdimensionen in subjektive Bewertungen transformieren und diese subjektiven Bewertungen schließlich in eine Gesamtbeurteilung einbinden. Herrmann/Wricke (1998) zeigen, dass ein Anstieg der Anzahl der Preisdimensionen einen negativen Effekt auf die Genauigkeit einer Preisbeurteilung hat. In Anlehnung an die Informationstheorie lässt sich daraus schließen, dass eine hohe Anzahl von Preiselementen zu einem höheren wahrgenommenen Aufwand führt.
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
27
Die zweite und dritte Dimension der Preiskomplexität beziehen sich beide auf die Heterogenität des Preises: die Vielfalt von Zahlen und die Vielfalt der Berechnungen. Erkenntnisse auf dem Gebiet der numerischen Kognition zeigen, dass Preisinformationen auf eine sehr ähnliche Art wie Zahlen verarbeitet werden (vgl. Vanhuele/Drèze 2002; Xia 2003). Deshalb ist die Verarbeitung der dargestellten Preisinformationen anspruchsvoller, wenn das Angebot aus vielen verschiedenen Zahlen besteht. Darüber hinaus liefern Arbeiten aus der Arithmetik Hinweise darauf, dass Kunden Schwierigkeiten haben, sogar grundlegendste Berechnungen durchzuführen. Dies wiederum führt zu psychologischem Stress (vgl. Hitch 1978). Berechnungen, die Subtraktionen oder Divisionen verlangen, werden komplexer wahrgenommen als additive oder multiplikative Berechnungen (vgl. Estelami 2003). Eine größere Vielfalt verschiedener Berechnungen innerhalb eines PreisAngebots verlangt die Anwendung mehrerer Berechnungsregeln und dementsprechend die Inanspruchnahme größerer kognitiver Ressourcen (vgl. Dehaene 1992). Basierend auf diesen Erkenntnissen lässt sich folgende grundlegende Hypothese ableiten: H1:
Objektive Preiskomplexität, d.h. die Anzahl der Elemente und die Heterogenität der Zahlen und Berechnungen, hat einen positiven Effekt auf die wahrgenommene Preiskomplexität.
Wie beschrieben führt ein Anstieg der objektiven Komplexität einer Preisstruktur aufgrund der begrenzten kognitiven Kapazität eines Individuums zu einer höheren kognitiven Belastung. Daher haben Kunden größere Schwierigkeiten, den Wert eines komplexen Preises im Vergleich zu einem einfachen Preis zu beurteilen. Sie müssen einen höheren Denkaufwand in die Bestimmung der Gesamtkosten investieren (vgl. Estelami 2003). Im Folgenden wird dieser Gedanke mit der Beurteilung der Preisfairness verknüpft. Das grundlegende Dilemma bei komplexen Preisentscheidungen besteht darin, dass der Kunde unbewusst darum bemüht ist, eine möglichst genaue Entscheidung zu treffen und gleichzeitig den Aufwand, der mit der Entscheidungsfindung verbunden ist, möglichst zu minimieren. Bettman/Luce/Payne (1998) haben vier Hauptziele identifiziert, die die Basis für das Treffen von Entscheidungen sind.
28
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
Kunden versuchen, ihren kognitiven Aufwand zu minimieren, das Ergebnis ihrer Entscheidung zu optimieren, negative Emotionen während des Entscheidungsprozesses zu vermeiden und die Entscheidung möglichst einfach zu rechtfertigen. Wenn die Komplexität einer Preisstruktur steigt, dann sind diese vier Ziele schwieriger zu erreichen. Je schwieriger es ist, eine korrekte Beurteilung zu erzielen, desto schwieriger wird es, die Entscheidung zu rechtfertigen. Daher kommt es zu einem Trade-off zwischen den entscheidungsbezogenen Kosten und dem entscheidungsbezogenen Nutzen (vgl. Johnson/Payne 1985). Zu den Kosten zählt z.B. die kognitive Anstrengung, um die Vorteilhaftigkeit eines Angebots zu bestimmen. Zu den Nutzen zählt z.B. die empfundene Richtigkeit der Entscheidung. Die Kosten der Entscheidungsfindung steigen durch eine komplexe Preisgestaltung an und können zu Entscheidungsfehlern führen (vgl. Bettman/Luce/Payne 1998). Dieser Zielkonflikt, der durch komplexe Preise verursacht wird, sollte Wahrnehmungen der Preisfairness negativ beeinflussen, also zu einer geringeren Preisfairness führen, da hohe Denkkosten als unfair empfunden werden. Ein erhöhter kognitiver Aufwand führt zu höheren Bewertungskosten einer bestimmten Alternative. Gemäß der Equity Theorie (vgl. Adams 1965; Homans 1961) vergleichen Individuen ihren erhaltenen Gewinn mit dem investierten Einsatz einer Entscheidung. Neben den monetären Investitionen einer Kaufentscheidung sind die Denkkosten eines Kunden relevante Inputs. Die Beurteilung komplexer Stimuli bedeutet ein höheres Niveau des kognitiven Einsatzes, verglichen mit der Beurteilung einfacher Stimuli. Individuen vergleichen ihr eigenes Output-Input-Verhältnis (Verhältnis von erhaltenem Gewinn einer Entscheidung zu investiertem Einsatz einer Entscheidung) nicht nur mit dem Output-Input-Verhältnis anderer Käufer, sondern auch mit dem Output-InputVerhältnis vorheriger Einkaufserfahrungen (vgl. Adams 1965). Daher haben ähnliche Käufe verschiedene Output-Input-Verhältnisse, entsprechend dem wahrgenommenen kognitiven Aufwand. Niedrigere Quotienten (z.B. bedingt durch höhere Denkkosten aufgrund von komplexen Preisen) sollten deshalb als weniger fair betrachtet werden. Ein hoher komplexer Preis erfordert im Vergleich zu einem einfachen Preis (der gleich viel kostet) höhere Denkkosten und hat ein schlechteres Output-Input-Verhältnis zur
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
29
Folge. Dies wirkt sich wiederum direkt auf die Preisfairness aus. Aus diesem Grund wird folgende Hypothese aufgestellt: H2:
Wahrgenommene Preiskomplexität hat einen negativen Effekt auf Preisfairness.
Hinsichtlich der Verbindung zwischen Preisfairness und Kaufabsicht wird keine Forschungshypothese formuliert. Der positive, direkte Effekt wurde bereits in früheren Arbeiten betrachtet und bestätigt (vgl. z.B. Kukar-Kinney/Xia/Monroe 2007). 2.3.3
Methodik
2.3.3.1 Studienaufbau Nach einer sorgfältigen Analyse von Angeboten in verschiedenen Dienstleistungsbranchen (z.B. Telekommunikation, Finanzdienstleistungen, Autovermietung und Energieversorgung) wurde die Telekommunikationsbranche für die Durchführung des Experiments ausgesucht. Die Tarife der Telekommunikationsbranche eignen sich gut für eine relativ einfache Variation der Preiskomplexität. Im Rahmen des Experiments wurden die Teilnehmer mit einem fiktiven Mobilfunktarif, dem „Best Talk“-Tarif, konfrontiert. Dieser Tarif variierte in seinem Niveau der objektiven Preiskomplexität. Die Teilnehmer der Studie wurden darum gebeten, jeweils die Komplexität eines bestimmten Tarifs zu bewerten und ihre FairnessWahrnehmungen und Kaufabsichten anzugeben. Um unterschiedlich komplexe Tarife zu erstellen, wurden die Anzahl der Preiselemente (Größe des Systems) und die Vielfalt verschiedener Zahlen und Berechnungen (Heterogenität des Systems) als die Kernelemente objektiver Preiskomplexität betrachtet. In einem 2 x 2 x 2 Between-Subjects-Design wurde die objektive Preiskomplexität des Mobilfunkvertrages verändert: die Anzahl der Elemente, die Vielfalt der Berechnungen und die Vielfalt der Zahlen. Basierend auf einer Analyse von Tarifen der Telekommunikationsbranche variierten die Ausprägungen jeder Komplexitätsdimension zwischen zwei Niveaus (hoch und niedrig). Durch diese Variation wurden acht verschiedene Tarife erstellt. Tabelle 5 zeigt beispielhaft drei der acht Tarife.
30
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
Die in Tabelle 5 dargestellten Tarife repräsentieren drei unterschiedliche Komplexitätsniveaus.
Das
niedrigste
Komplexitätsniveau
zeigt
Szenario
1
(alle
Komplexitätsdimensionen sind niedrig ausgeprägt), ein Beispiel eines hohen Komplexitätsniveaus zeigt Szenario 5 (zwei Komplexitätsdimensionen sind hoch ausgeprägt)
und
das
höchste
Komplexitätsniveau
zeigt
Szenario
8
(alle
Komplexitätsdimensionen sind hoch ausgeprägt). Um realistische Niveaus jeder Dimension sicherzustellen, wurde die Komplexität von 95 europäischen und USamerikanischen Tarifen anhand der drei Komplexitätsdimensionen analysiert. Basierend auf dieser Analyse wurden acht Tarife erstellt.
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
31
Szenario 1: niedrige Anzahl an Elementen, niedrige Heterogenität der Zahlen und Berechnungen (niedriges Komplexitätsniveau) Telefonate „Tele Best” Kunden 0,10 €/min. Festnetz 0,10 €/min. Sonstige Mobilfunknetze 0,10 €/min. SMS „Tele Best” Kunden 0,10 €/SMS Sonstige Mobilfunknetze 0,10 €/SMS Szenario 5: niedrige Anzahl an Elementen, hohe Heterogenität der Zahlen und Berechnungen (hohes Komplexitätsniveau) Telefonate „Tele Best” Kunden
0,18 €/min. – 20% Rabatt jeden Monat
Festnetz
0,07 €/min.
Sonstige Mobilfunknetze
0,17 €/min.
SMS Alle Netze
0,09 €/SMS Gratis: 60 SMS jeden Monat Szenario 8: hohe Anzahl an Elementen, hohe Heterogenität der Zahlen und Berechnungen (sehr hohes Komplexitätsniveau)
Telefonate „Tele Best” Kunden
0,18 €/min. – 20% Rabatt jeden Monat
Festnetz
0,05 €/min.
Sonstige Mobilfunknetze
0,13 €/min.
SMS Alle Netze
0,09 €/SMS Gratis: 60 SMS jeden Monat
Mailbox Abfrage
0,10€
Grundgebühr (monatlich)
6€
Discount (monatlich)
4€
Anschlussgebühr (einmalig)
14€
Willkommensrabatt (einmalig)
14€
Tabelle 5: Manipulation der objektiven Preiskomplexität in Studie 1 (Kapitel 2)
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass kein Flatrate-Tarif (als die einfachste Form eines Tarifes) miteinbezogen wurde, um jegliche Beeinflussung durch
32
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
einen Flatrate- oder Pay-Per-Use-Bias zu vermeiden (vgl. Lambrecht/Skiera 2006). Diese Verzerrungen werden im Zusammenhang mit Unsicherheit im Hinblick auf zukünftige Produktnutzung erforscht. Sie betrachten allerdings nicht das Format der Preispräsentation. In der vorliegenden Studie geht es darum, dass alleine die Präsentation eines Preises („einfach“ verglichen mit „komplex“) die Kaufentscheidung beeinflusst. Im weiteren Verlauf des Experiments wurde jeder Teilnehmer mit der Situation konfrontiert, dass sein Mobilfunkvertrag (35€ pro Monat) ablaufen würde und er sich für einen neuen, günstigeren Tarif desselben Anbieters interessieren würde. Den Probanden wurde mitgeteilt, dass sie gerne bei diesem Anbieter bleiben wollten, da die meisten Freunde auch Verträge dort hätten. Außerdem wurde ihnen gesagt, dass sie einen Überblick ihres durchschnittlichen Nutzungsverhaltens angefordert hätten, um die Kosten des neuen Tarifes zu bestimmen. Alle Teilnehmer erhielten dann den gleichen Überblick ihrer durchschnittlichen monatlichen Anrufe und Textnachrichten, wie in Tabelle 6 dargestellt ist. Die Nutzungsübersicht (vgl. Tabelle 6) wurde sehr einfach gehalten, um jede weitere Komplexität zu vermeiden (vgl. Nunes 2000). Die Teilnehmer wurden aus unterschiedlichen Gründen mit ihrem Nutzungsverhalten konfrontiert. Erstens sollte sichergestellt werden, dass sich alle Teilnehmer auf denselben Nutzungsumfang beziehen, um den Preis zu schätzen, und nicht auf ihre eigene Handynutzung. Zweitens sollte ein möglichst realistisches Preisszenario erstellt werden. Drittens sollte bezweckt werden, dass sich jeder Teilnehmer eine gewisse Zeit mit dem Tarif beschäftigt, indem er das Nutzungsverhalten mit dem Preisszenario abgleicht.
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
33
Vorgegebenes durchschnittliches Nutzungsverhalten im Monat (für alle 8 Szenarien identisch) Telefonate „Tele Best” Kunden Festnetz Sonstige Mobilfunknetze SMS „Tele Best” Kunden Sonstige Mobilfunknetze Mailbox Abfrage
100 min. 50 min. 50 min. 50 50 10 Mal
Tabelle 6: Vorgegebenes Nutzungsverhalten in Studie 1 (Kapitel 2)
Nach dem vorgegebenen monatlichen Nutzungsverhalten würde jeder der acht neuen Tarife 30€ kosten. Da der alte Tarif 35€ kostete, würde sich jeder Teilnehmer mit dem neuen Tarif besser stellen, unabhängig vom Komplexitätsniveau. In der ersten Studie wurde der Preis nicht experimentell variiert zwischen den unterschiedlichen Komplexitätsabstufungen, um die Verbindung zwischen objektiver und wahrgenommener Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufabsicht zu analysieren. 2.3.3.2 Stichprobe und Aufbau des Experiments Die Stichprobe umfasste 485 Bachelor-Studenten verschiedener Fachrichtungen der Universität Mannheim. Das Experiment wurde im Rahmen einer Vorlesung an der Universität Mannheim durchgeführt. Zehn Fragebögen wurden aufgrund unvollständiger Antworten aus der Stichprobe entfernt. Nach einer kurzen Einführung wurde jeder Teilnehmer zufällig mit einem der acht Tarife, die sich in ihrem Komplexitätsniveau unterschieden, konfrontiert. Dann wurden die Teilnehmer gebeten, ihre Kaufabsicht, die von ihnen wahrgenommene Preiskomplexität und Preisfairness anzugeben. Außerdem wurden einige Kontrollvariablen wie Alter, Geschlecht und die monatlichen Ausgaben der Teilnehmer für ihre Mobilfunknutzung erhoben. Als Belohnung wurden nach dem Experiment zehn Gutscheine eines Internet-Buchhändlers verlost.
34
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
2.3.3.3 Messung der Konstrukte Alle Konstrukte (wahrgenommene Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufabsicht) wurden mit Hilfe eines reflektiven Multi-Item-Messansatzes erhoben (vgl. Tabelle 7). Die wahrgenommene Preiskomplexität wurde als Konstrukt zweiter Ordnung mit drei Dimensionen gemessen (Preisbelastung, Berechnungsaufwand und Bewertungsaufwand). Zusätzlich zu einer ausführlichen Literaturrecherche wurden 15 semistrukturierte Interviews mit Studenten, Hausfrauen und Rentnern durchgeführt, um relevante Indikatoren zu identifizieren. Schließlich wurden die Skalen der wahrgenommenen Preiskomplexität mit einer Studenten-Stichprobe vorab getestet. Durch diese Vorgehensweise wurde die inhaltliche Validität der Indikatoren sichergestellt. Die Preisfairness-Skala umfasste Indikatoren, die bereits in früheren Studien benutzt wurden (vgl. Herrmann et al. 2004). Um die Kaufabsicht zu messen, wurde die Skala von Dodds/Monroe/Grewal (1991) herangezogen. Die Reliabilität und Validität der jeweiligen Konstrukte wurde auf Basis der konfirmatorischen Faktorenanalyse ermittelt. Alle Konstrukt-Reliabilitäten übersteigen den empfohlenen Grenzwert von 0,4 und liegen innerhalb der Spanne von 0,52 und 0,87. Alle drei Dimensionen wahrgenommener Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufabsicht weisen ebenfalls eine sehr gute interne Konsistenz auf, mit Reliabilitäten zwischen 0,81 und 0,91. Die Messung der Konstrukte wird in Tabelle 7 ersichtlich. Darüber hinaus wurde die Modellgüte des Konstruktes zweiter Ordnung, der wahrgenommenen Preiskomplexität, analysiert. Ein Modell zweiter Ordnung weist akzeptable Gütemaße mit folgenden Daten auf: 2/df = 4,05, CFI = 0,97, TLI = 0,95, RMSEA = 0,08, SRMR = 0,04. Ein Modell erster Ordnung liefert deutlich schlechtere Werte: (2/df = 15,73, CFI = 0,82, TLI = 0,77, RMSEA = 0,18, SRMR = 0,08; 2 (df = 3) = 525,90, p < 0,01).
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
Konstrukte mit Indikatoren Kaufbereitschaft Die Wahrscheinlichkeit das Produkt zu kaufen ist… Meine Kaufbereitschaft für das Produkt ist… Die Wahrscheinlichkeit, dass ich den Kauf dieses Produkts in Erwägung ziehen würde ist… Wahrgenommene Preiskomplexität (Konstrukt 2. Ordnung mit drei Dimensionen) Preisbelastung (1. Dimension) Bei diesen vielen Preisen fällt es mir schwer zu verstehen, worum es eigentlich geht. Ich müsste sehr viel wissen, um das Preissystem zu verstehen. Das Preissystem sieht für mich sehr kompliziert aus. Es ist schwierig für mich, mir einen Überblick über alle Zahlen des Preissystems zu verschaffen. Berechnungsaufwand (2. Dimension) Es war mühsam, den insgesamt zu zahlenden Preis zu berechnen. Es fiel mir schwer, mit den einzelnen Zahlen umzugehen. Es war anstrengend, die vielen unterschiedlichen Berechnungen durchzuführen. Es war schwierig, den Gesamtpreis ohne Taschenrechner zu bestimmen. Beurteilungsaufwand (3. Dimension) Es hat viel Zeit gekostet, das Preissystem zu beurteilen und mich zu entscheiden. Ich musste mich sehr konzentrieren, um das Preissystem zu beurteilen und mich zu entscheiden. Es war schwierig, sich mit dem Preissystem zu beschäftigen. Preisfairness Der Preis des Best Talk Tarifs ist fair. Das ist genau der Preis, den ich für die Leistung erwartet hätte. Der Preis des Best Talk Tarifs ist für die Leistung, die ich bekomme, angemessen. Der Best Talk Tarif ist seinen Preis wert. Tabelle 7: Konstruktmessungen Studie 1 (Kapitel 2)
35
DurchschnittIndikalich Faktortorrelia- erfasste reliabili- Ausgewählte bilität Varianz tät Referenzen Dodds/Monroe 0,86 0,95 /Grewal 0,82 (1991) 0,91 0,84
0,67 0,56
0,69
0,90
0,68
0,89
0,68
0,89
0,61
0,81
Cooper-Martin (1994); Heitmann/ Lehmann/ Herrmann (2007)
0,73
0,91
Herrmann et al. (2004)
0,65 0,76 0,75 0,81 0,77 0,68 0,78
Burnham/ Frels/Mahajan (2003); Heitmann/ Lehmann/ Herrmann (2007); Sproles/Kendall (1986) Cooper-Martin (1994); Heitmann/Lehmann/Herrmann (2007); Estelami (2003)
0,52 0,78 0,61 0,58 0,65
0,64 0,68 0,87 0,66
36
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
2.3.3.4 Ergebnisse Die Analyse des entsprechenden Manipulationstests zeigt, dass die gewählte Manipulation der Preiskomplexität erfolgreich war. Die Bewertung der Gesamtkomplexität reichte von 1,75 bis 5,02 (vgl. Tabelle 8).
Objektive Preiskomplexität
Wahrgenommene Preiskomplexität Komplexitätsniveau
Preisbelastung
Rechenaufwand
Beurteilungsaufwand
Manipulationscheck „der Preis ist komplex”
Niedrig (0)
1
1,69 (0,66)
1,60 ( 0,79)
2,19 ( 0,95)
1,75 (0,99)
Hoch (1)
Niedrig (0)
2
2,13 (0,99)
2,41 (1,36)
2,49 (1,26)
3,02 (1,70)
3 Niedrig (n=62) (0)
Niedrig (0)
Hoch (1)
2
2,23 (1,19)
2,09 (1,06)
2,41 (0,90)
3,58 (1,56)
4 (n=59)
Niedrig (0)
Niedrig (0)
2
2,44 (1,31)
2,66 (1,27)
2,92 (1,41)
3,63 (1,29)
5 Niedrig (n=61) (0)
Hoch (1)
Hoch (1)
3
3,34 (1,36)
3,31 (1,39)
3,49 (1,30)
4,77 (1,31)
6 (n=59)
Hoch (1)
Hoch (1)
Niedrig (0)
3
2,31 (1,03)
3,36 (1,38)
3,25 (1,24)
3,95 (1,53)
7 (n=59)
Hoch (1)
Niedrig (0)
Hoch (1)
3
3,12 (1,52)
3,02 (1,42)
3,41 (1,33)
4,64 (1,47)
8 (n=60)
Hoch (1)
Hoch (1)
Hoch (1)
4
3,70 (1,40)
4,11 (1,49)
3,76 (1,23)
5,02 (1,27)
Szenario
Größe
Vielfalt Zahlen
Vielfalt Rechnungen
1 (n=63)
Niedrig(0)
Niedrig (0)
2 Niedrig (n=62) (0)
Hoch (1)
Tabelle 8: Mittelwerte der wahrgenommenen Preiskomplexität (Kapitel 2)
Um die Ergebnisse zu validieren, wurden vier Abstufungen der Gesamtkomplexität definiert, die durch das Niveau der Komplexitätsdimensionen des Preissystems angezeigt werden (vgl. Tabelle 8). Die Durchschnittswerte der Komplexitätsniveaus wurden den jeweils nächst niedrigeren Niveaus mit Hilfe von Kontrasttests gegenübergestellt. Diese waren signifikant für den Manipulationscheck (p < 0,01) und für alle Durchschnittswerte der drei Dimensionen wahrgenommener Preiskomplexität (p < 0,05). Die Mittelwerte aller Ausprägungen sind in Tabelle 8 dargestellt. Um H1 zu testen, wurde eine 2 x 2 x 2 MANOVA mit den drei Dimensionen objektiver Preiskom-
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
37
plexität als unabhängigen Variablen und den drei Dimensionen wahrgenommener Preiskomplexität als abhängigen Variablen durchgeführt. Die Kontrollvariablen haben keinen signifikanten Einfluss gezeigt und wurden daher von der weiteren Analyse ausgenommen. Die Ergebnisse zeigen signifikante Haupteffekte aller drei Komplexitätsdimensionen auf alle drei Dimensionen wahrgenommener Preiskomplexität. Alle Effekte sind hochsignifikant bei p < 0,01, wodurch H1 bestätigt wird (vgl. Tabelle 9). Wie vermutet steigen Preisbelastung, Berechnungsaufwand und Beurteilungsaufwand, wenn das Niveau objektiver Preiskomplexität steigt.
Unabhängige Variablen
Preisbelastung F
Abhängige Variablen Berechnungsaufwand F
Beurteilungsaufwand F
Zahl der Preiselemente (E)
25,14***
63,61***
40,45***
Vielfalt der Zahlen (Z)
19,64***
67,04***
22,02***
Vielfalt der Rechnungen (R)
74,39***
28,76***
26,36***
ExZ
5,80**
0,26
2,71
ExR
0,63
0,37
0,21
RxZ
6,20**
1,32
2,59
ExZxR
0,03
0,00
3,25*
*** p < 0,01; **p < 0,05; *p < 0,10. Tabelle 9: Der Einfluss von objektiver auf wahrgenommene Preiskomplexität
Um H2 zu testen und um die strukturellen Beziehungen zwischen wahrgenommener Preiskomplexität (als ein Konstrukt zweiter Ordnung), Preisfairness und Kaufabsicht (vgl. Abbildung 3) zu testen, wurde eine Kausalanalyse mit MPlus 4.1 durchgeführt (Muthén/Muthén 1998–2007). Als exogene Variable wurde objektive Preiskomplexität in Form eines Komplexitätsindex miteinbezogen. Die globalen Gütemaße weisen insgesamt gute Werte auf (2/df = 2,46, CFI = 0,97, TLI = 0,96, RMSEA = 0,05, SRMR = 0,07). Wie erwartet ist die Parameterschätzung positiv und signifikant für den Effekt der objektiven Preiskomplexität auf wahrgenommene Preiskomplexität ( = 0,55; p < 0,01). H2 prognostiziert einen negativen Effekt der wahrgenommenen Preiskomplexi-
38
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
tät auf Preisfairness. Diese Hypothese wird ebenfalls bestätigt ( = -0,24; p < 0,01). Schließlich beeinflusst Preisfairness die Kaufabsicht wie erwartet positiv ( = 0,51; p < 0,01). Zusammenfassend zeigt Studie 1, dass die drei Dimensionen objektiver Preiskomplexität die wahrgenommene Preiskomplexität beeinflussen, und dass wahrgenommene Preiskomplexität einen negativen Effekt auf Preisfairness hat. Preisfairness wiederum beeinflusst die Kaufabsicht. Diese Ergebnisse legen nahe, dass wahrgenommene Preiskomplexität eine wichtige Variable bei der Verarbeitung von Preisinformationen ist. Jedoch bleibt anzumerken, dass im Experiment keine Preisvariationen durchgeführt wurden, was subjektive Preisbewertungen und letztlich auch das Fairnessurteil beeinflussen sollte. Deshalb wird diese Interaktion zwischen Preis und Komplexität in Studie 2 und 3 betrachtet. 2.4 Studie 2 – Verzerrungen im Rahmen der Kaufentscheidung 2.4.1
Überblick
Studie 2 baut auf den Ergebnissen der ersten Studie auf und untersucht, ob Konsumenten einfache Preise komplexen Preisen vorziehen, auch unter der Voraussetzung, dass der einfache Preis möglicherweise höher ist. In Studie 2 werden die Teilnehmer deshalb mit einem Konflikt zwischen den zwei Attributen Preis und Komplexität konfrontiert. Die theoretisch-konzeptionelle Betrachtung von Konflikten zeigt, dass im Allgemeinen ein Konflikt entsteht, wenn Konsumenten mit konkurrierenden Attributen innerhalb einer Alternative oder zwischen einer Auswahl an Alternativen konfrontiert werden (vgl. z.B. Luce/Payne/Bettman 1999). Die zwei konkurrierenden Attribute sind im vorliegenden Fall die Komplexität und der Preis der zwei alternativen Angebote. Das Attribut Preis wurde in Form eines objektiven Preisvorteils einer der beiden Alternativen berücksichtigt. Die höchste Ausprägung eines Konfliktes würde entstehen, wenn die erste Alternative einfacher aber gleichzeitig teurer als die zweite Alternative wäre. Das
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
39
bedeutet, dass die erste Alternative im Vergleich zur zweiten Alternative im Attribut „Einfachheit“ überlegen sein müsste, aber im Attribut „Preis“ unterlegen. Nach der Behavioral Decision Theory wird der subjektive Wert eines Preises nicht nur durch den objektiven Wert beeinflusst, sondern auch durch kognitive Verzerrungen, sog. Biases (vgl. z.B. Kahneman/Tversky 1979). Deshalb wurde in Studie 2 der subjektive Wert eines Preises in Form eines subjektiv empfundenen Preisvorteils einer Alternative berücksichtigt. Ziel ist es, den Einfluss der realen Preisdifferenz zwischen zwei Alternativen und den Einfluss von Wahrnehmungen der Preiskomplexität auf den subjektiven Preisvorteil zu erfassen. Zusammengefasst bezieht sich der objektive Preisvorteil auf die reale Preisdifferenz, wohingegen der subjektive Preisvorteil die Differenz der vom Kunden empfundenen Preise der Alternativen ist. Bisherige Arbeiten haben gezeigt, dass subjektive Preiswahrnehmungen die Preisfairness stark beeinflussen (vgl. z.B. Maxwell 2002; Xia/Monroe/Cox 2004). Wie in Studie 1 beschrieben, beeinflusst Preisfairness zudem die Kaufabsicht. Daher wird Preisfairness als zentraler Treiber der Kaufentscheidung betrachtet (vgl. Tabelle 4 und Abbildung 4 für einen Überblick der Variablen in Studie 2).
Wahrgenommene Preiskomplexität
Preisbelastung
Berechnungsaufwand
Beurteilungsaufwand
Subjektiver Preisvorteil
Objektiver Preisvorteil
Abbildung 4: Überblick der Variablen in Studie 2 (Kapitel 2)
Preisfairness
Kauf
40
2.4.2
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
Herleitung der Hypothesen
Bei der Herleitung von H2 in Studie 1 wurde die Kosten-Nutzen-Perspektive von Bettman/Luce/Payne (1998) herangezogen. Zwei der genannten übergeordneten Entscheidungsziele beziehen sich auf die Minimierung des Entscheidungsaufwands und die Maximierung der Entscheidungsgenauigkeit. Alle Entscheidungsstrategien lassen sich in einem Raster basierend auf den beiden Kernzielen Maximierung der Genauigkeit einer Entscheidung (y-Achse) und Minimierung des Denkaufwands einordnen (x-
Genauigkeit der Entscheidung: z.B. die exakte Bestimmung des zu zahlenden Preises
Achse) (vgl. Abbildung 5).
+ Genaues Abwägen und Gewichten der Details
Zufallsauswahl
-
Aufwand der Entscheidung: z.B. investierte Zeit, Nachdenken
+
Abbildung 5: Einordnung von Entscheidungsstrategien
Das Treffen einer Zufallsauswahl, die in Abbildung 5 unten links positioniert ist, bedeutet, dass relativ wenig Aufwand in die Entscheidung investiert wird ähnlich wie bei einer Auswahl per Los. Durch das zufällige Auswählen ist allerdings auch die Richtigkeit der Entscheidung nicht gegeben. Diese Art von Auswahl erfolgt meistens heuristisch, das heißt nach bestimmten Ankerpunkten, an denen sich der Kunde orientiert. Die genaue Berechnung eines komplexen Preises würde das höchste Niveau kognitiven Aufwands erfordern und ist deshalb nicht sehr wahrscheinlich (vgl. Raghubir/Srivastava 2002). Die Kaufentscheidung kann durch die Anwendung heuristischer
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
41
Entscheidungsregeln und mentaler Abkürzungen vereinfacht werden (vgl. Luce/Payne/Bettman 2000). Allerdings kann dies dazu führen, dass man sich möglicherweise für einen Anbieter entscheidet, der einen einfachen Preis macht, aber nicht unbedingt günstiger als die Konkurrenz ist (Ankerpunkt: Einfachheit). Deshalb weicht der Wert des subjektiven Preises vom Wert des objektiven Preises ab (vgl. Monroe/Lee 1999). Dies ist die zentrale Prämisse des postulierten Simplicity-Bias. Gegenpol dazu bildet die Strategie „genaues Abwägen und Gewichten der Details“, indem jedes Attribut und jede Alternative genau evaluiert werden. Bei einer Preisentscheidung, die dem genauen Abwägen entspricht, vergleicht der Verbraucher sein durchschnittliches Nutzungsverhalten mit einem gegebenen Preis und errechnet sich fiktive monatliche Kosten, was in der Praxis selten vorkommt und einen hohen Denkaufwand nach sich ziehen würde. Des Weiteren wird argumentiert, dass einfache Preise im Hinblick auf ihren monetären Wert vorteilhafter bewertet werden als komplexe Preise. Eine Erklärung für diese vorteilhafte Bewertung des einfachen Preises wird wie bereits beschrieben durch das Kosten-Nutzen-Modell impliziert. Dieses deutet an, dass Konsumenten auch ihre Denkkosten in die Bewertung der Gesamtkosten eines Produktes einbeziehen (vgl. Bettman/Luce/Payne 1998). Wenn die Denkkosten einer Alternative ansteigen, dann sinkt der wahrgenommene Gesamtwert dieser Alternative. Eine weitere Erklärung ist, dass Einfachheit als Signal für „günstig“ dienen kann. Frühere Arbeiten zu Attributkonflikten haben gezeigt, dass ein Attribut als Signal für ein anderes Attribut dienen kann (vgl. Kirmani/Rao 2000). In Situationen, in denen Konsumenten Urteile basierend auf unvollständigen Informationen fällen müssen, werden beobachtbare Merkmale als Hinweise auf nicht-beobachtbare Merkmale genutzt. In diesem Fall würde die Einfachheit eines Preises die monetäre Bewertung des Preises zusätzlich beeinflussen. Folglich sollte der Konsument den komplexen Preis als teurer betrachten als den einfachen Preis. Ein weiterer Hinweis auf die günstigere Einschätzung von einfachen Preisen im Vergleich zu komplexen Preisen liefert der „Numerosity-Bias“. Der grundlegende Mechanismus, der bei dieser Verzerrung vorliegt, impliziert, dass Kunden den Gesamtpreis
42
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
auf der Basis der Anzahl der Einzelkomponenten, in die der Preis unterteilt ist, bewerten, ohne jedoch die monetäre Summe der Einzelkomponenten genauer zu betrachten (vgl. Pelham/Sumarta/Myaskovsky 1994). Pelham/Sumarta/Myaskovsky (1994) zeigen, dass Kunden bei der Kalkulation der Summe bestehend aus vielen verschiedenen Komponenten höhere Schätzwerte angaben als bei dem Schätzwert einer Summe aus wenigen Elementen. Zusätzlich verstärkte die Komplexität einer Entscheidungssituation den Numerosity-Bias. In Bezug auf komplexe Preissysteme bedeutet diese Heuristik, dass Kunden Preissysteme, die aus vielen Elementen bestehen und zusätzlich eine hohe Heterogenität aufweisen, teuerer beurteilen, als einfache Preissysteme (vgl. Carlson/Weathers 2008; Wertenbroch/Soman/Chattopadhyay 2007). Basierend auf diesen Annahmen werden folgende Hypothesen aufgestellt: H3:
Preise, die komplexer wahrgenommen werden, werden auch teurer wahrgenommen.
H4:
Kunden entscheiden sich häufiger für den einfachen Preis, auch wenn der einfache Preis teurer ist.
Schließlich wird vermutet, dass diese verzerrten Preisbewertungen die Preisfairness und daher die Kaufentscheidung beeinflussen. Diese Vermutung steht im Einklang mit H2 und des bereits in Studie 1 untersuchten Zusammenhangs zwischen Preisfairness und Kaufabsicht (vgl. Kukar-Kinney/Xia/Monroe 2007). 2.4.3
Methodik
2.4.3.1 Studienaufbau Studie 2 untersucht den Effekt eines Konfliktes zwischen Preishöhe und Einfachheit auf subjektiven Preisvorteil, Preisfairness und Kaufentscheidung (siehe Abbildung 4). Die Variation der Merkmalsausprägungen basiert auf der Unterscheidung zwischen Konflikten innerhalb der Alternativen und Konflikten zwischen den Alternativen (vgl. Luce/Jia/Fisher 2003), wie in Tabelle 10 dargestellt ist. Die Teilnehmer des Experiments mussten zwischen zwei alternativen Mobilfunkverträgen A und B wählen. Einer der Tarife war komplex gestaltet, der andere einfach.
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
43
Entsprechend der Komplexitätswahrnehmungen der Kunden in Studie 1, wurde das erste der acht Komplexitätsszenarien herangezogen, um das einfache Preissystem zu repräsentieren. Aufgrund von signifikanten Interaktionseffekten in Studie 1, wurde Szenario 5 der Studie 1 für das komplexe Preissystem ausgewählt. Zusätzlich mussten die Preise jedes Tarifes variiert werden, um einen Attributkonflikt zwischen Preis und Komplexität herzustellen. Der Gesamtwert der beiden Alternativen betrug entweder 35€ oder 30€. Es wurden Pre-Tests durchgeführt, um einen realistischen Preisunterschied zwischen den beiden Mobilfunkverträgen bei einem vorgegebenem Nutzungsverhalten sicherzustellen. Ein Preisunterschied von ca. 16% erwies sich auch in früheren Studien als ausreichend hoch (vgl. z.B. Mazumdar/Jun 1993).
Attribute
Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3 Szenario 4
Preis
Konflikt innerhalb der Alternative
Niedrig
Hoch
Hoch
Hoch
Niedrig
Hoch
A
Niedrig
Niedrig
Niedrig
B
Hoch
Niedrig
Hoch
A
Niedrig
Hoch
Hoch
B
Hoch
Hoch
Niedrig
A
Niedrig
Niedrig
Niedrig
B
Hoch
Hoch
Niedrig
Alternativen
Komplexität
A B
Konflikt zwischen den Alternativen Hoch Mittel Mittel Niedrig
Tabelle 10: Aufbau des Attributkonfliktes zwischen Preis und Komplexität
Das Experiment umfasste ein Between-Subjects-Design, bei dem der Preis des einfachen Tarifes (A) und der Preis des komplexen Tarifes (B) die unabhängigen Variablen darstellten. Basierend auf der Variation der Preise konnte der objektive Preisvorteil des einfachen Tarifes (Preis des komplexen Tarifes minus Preis des einfachen Tarifes) die Werte -5€, zweimal 0€ (beide Tarife kosten 30€ oder beide kosten 35€) und 5€ annehmen. Die wichtigste abhängige Variable war die Kaufentscheidung, d.h. die Wahl zwischen Alternative A oder B. Die experimentelle Manipulation führte zu vier Szenarien, wie in Tabelle 10 gezeigt wird. Das daraus resultierende Konfliktniveau (Preis
44
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
und Komplexität) zwischen den beiden Alternativen A und B war hoch in Szenario 1, mittel in den Szenarien 2 und 3 und niedrig in Szenario 4. 2.4.3.2 Stichprobe und Aufbau des Experiments Die Stichprobe in Studie 2 bestand aus Konsumenten. Somit konnte die externe Validität der Ergebnisse gesteigert werden. Besucher wurden im Rahmen eines „Tag der offenen Tür“ an der Universität Mannheim in ein Experimentallabor eingeladen. Das Experiment wurde computergestützt durchgeführt. Jedem Teilnehmer wurden zusätzlich Papier und Stifte zur Verfügung gestellt, so dass Berechnungen bei Bedarf durchgeführt werden konnten. Das Durchschnittsalter der Probanden war 33,6 Jahre. 45% der Teilnehmer waren Studenten. 181 Probanden wurden den vier Szenarien zufällig zugeordnet. Fünf Teilnehmer beendeten das Experiment nicht und wurden von der weiteren Analyse ausgeschlossen. Die Teilnehmer wurden mit einer ähnlichen Situation wie in Studie 1 konfrontiert. Der Einleitungstext beinhaltete Informationen dazu, dass ihr aktueller Mobilfunkvertrag abgelaufen sei und sie sich nach einem neuen Vertrag bei demselben Anbieter umschauen würden. Der alte Vertrag kostete 35€. Anschließend wurden die Probanden mit den beiden Tarifen „A“ und „B“ konfrontiert. Eine der beiden Alternativen beinhaltete ein niedriges Niveau der Preiskomplexität, „A“, und die andere ein hohes Niveau, „B“. Die Preise variierten basierend auf der 2 x 2 Manipulation. Um Reihenfolge-Effekte zu kontrollieren, wurde die Abfolge zwischen einfachem und komplexem Tarif verändert. Die beiden Tarife waren immer simultan am Bildschirm sichtbar. Das Nutzungsverhalten der Teilnehmer war dasselbe wie in Studie 1. Im Folgenden wurden die Probanden nach ihrer Kaufentscheidung für A oder B befragt. Der nächste Abschnitt enthielt die Messung der wahrgenommenen Preiskomplexität und der Preisfairness. Anschließend wurden die Teilnehmer gebeten, die Kosten jedes Tarifes zu schätzen. Der letzte Abschnitt enthielt einige Fragen zu Alter, Geschlecht, Bildungshintergrund und monatlichen Ausgaben der Teilnehmer für ihre Mobilfunknutzung.
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
45
2.4.3.3 Messung der Konstrukte Es wurden dieselben Indikatoren für wahrgenommene Preiskomplexität und Preisfairness wie in Studie 1 verwendet. Dem Experimentaufbau folgend wurde jeder Indikator in vergleichenden Beurteilungen auf bipolaren 7-Punkt-Bewertungsskalen mit -3, „Alternative A ist komplexer / fairer als Alternative B“, und +3, „Alternative B ist komplexer / fairer als Alternative A“ gemessen. Reliabilität und Validität der Messung wurden mit Hilfe einer konfirmatorischen Faktorenanalyse beurteilt (vgl. Tabelle 11). Alle drei Dimensionen wahrgenommener Preiskomplexität und Preisfairness wiesen exzellente interne Konsistenz auf. Wie in Studie 1 war ein Modell zweiter Ordnung für Preiskomplexität (2/df = 1,40, CFI = 0,99, TLI = 0,98, RMSEA = 0,05, SRMR = 0,04) einem Modell erster Ordnung (2/df = 5,23, CFI = 0,87, TLI = 0,83, RMSEA = 0,16, SRMR = 0,07; 2 (df = 3) = 172,68, p < 0,01) überlegen. Der subjektive Preisvorteil wurde ebenfalls in einer vergleichenden Abfrage gemessen. Für jeden Teilnehmer wurde die Differenz zwischen geschätztem Preis des komplexen Tarifes (B) und geschätztem Preis des einfachen Tarifes (A) berechnet. Schließlich wurde der potenzielle Einfluss negativer Emotionen kontrolliert (Luce, Payne/Bettman 2000), da der angenommene Zielkonflikt zwischen Preis und Komplexität rein kognitiver Art sein sollte. Negative Emotionen wurden anhand der folgenden vier Indikatoren gemessen: „nervös“, „besorgt“, „überspannt“ und „verzweifelt“ (vgl. Mano/Oliver 1993). Diese Indikatoren wurden anhand einer 7-Punkt-Likert-Skala beurteilt. Die Skala umfassten die Spanne von „Stimme überhaupt nicht zu“ (1) bis „Stimme voll und ganz zu“ (7). Die interne Konsistenz der Skala war mit einer Reliabilität von 0,85 sehr gut.
46
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
Konstrukte mit Indikatoren Wahrgenommene Preiskomplexität (Konstrukt 2. Ordnung mit drei Dimensionen) Preisbelastung (1. Dimension) Bei diesen vielen Preisen fällt es mir schwer zu verstehen, worum es eigentlich geht. Ich müsste sehr viel wissen, um das Preissystem zu verstehen. Das Preissystem sieht für mich sehr kompliziert aus. Es ist schwierig für mich, mir einen Überblick über alle Zahlen des Preissystems zu verschaffen. Berechnungsaufwand (2. Dimension) Es war mühsam, den insgesamt zu zahlenden Preis zu berechnen. Es fiel mir schwer, mit den einzelnen Zahlen umzugehen. Es war anstrengend, die vielen unterschiedlichen Berechnungen durchzuführen. Es war schwierig, den Gesamtpreis ohne Taschenrechner zu bestimmen. Beurteilungsaufwand (3. Dimension) Es hat viel Zeit gekostet, das Preissystem zu beurteilen und mich zu entscheiden. Ich musste mich sehr konzentrieren, um das Preissystem zu beurteilen und mich zu entscheiden. Es war schwierig, sich mit dem Preissystem zu beschäftigen. Preisfairness Der Preis des Best Talk Tarifs ist fair. Das ist genau der Preis, den ich für die Leistung erwartet hätte. Der Preis des Best Talk Tarifs ist für die Leistung, die ich bekomme, angemessen. Der Best Talk Tarif ist seinen Preis wert.
Indikatorreliabilität
0,75
Durchschnittlich erfasste Varianz
Faktorreliabilität
0,78
0,92
0,59
0,85
0,71
0,91
0,74
0,90
0,77
0,93
0,51 0,36 0,77 0,69 0,88 0,65 0,79 0,82 0,59 0,73 0,61 0,85 0,77 0,77 0,87 0,84 0,60
Tabelle 11: Konstruktmessungen Studie 2 (Kapitel 2)
2.4.3.4 Ergebnisse Zunächst wurden die Mittelwerte der drei Dimensionen der wahrgenommenen Preiskomplexität und der abhängigen Variablen der verschiedenen Szenarien betrachtet
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
47
(vgl. Tabelle 12). Der einfache Preis wird in allen Preisszenarien als niedriger und fairer als der komplexe Preis wahrgenommen, sogar wenn er teurer oder gleich teuer wie der komplexe ist. Zum Beispiel liegt in dem Szenario, in dem der einfache Preis weniger vorteilhaft ist (mit einem objektiven Preisvorteil von -5€), der Mittelwert des subjektiven Preisvorteils bei 0,90€. Daher deuten die deskriptiven Ergebnisse bereits eine verzerrte Schätzung des einfachen bzw. komplexen Preises zugunsten des einfachen Preises an.
Objektiver Preisvorteil -5€ Einfacher Preis ist teurer 1,38 (1,08)
0€ Beide sind gleich teuer (30€) 1,41 (1,08)
0€ Beide sind gleich teuer (35€) 1,21 (1,33)
5€ Einfacher Preis ist günstiger 1,60 (1,05)
Berechnungsaufwand
1,34 (1,19)
1,18 (1,32)
1,00 (1,31)
1,62 (1,29)
Beurteilungsaufwand
1,17 (1,16)
1,27 (1,19)
1,13 (1,28)
1,55 (1,16)
Preisfairness
0,20 (1,41)
0,82 (1,32)
0,60 (1,33)
0,90 (1,15)
Subjektiver Preisvorteil
0,90€ (8,63)
3,40€ (7,06)
4,40€ (7,07)
5,40€ (5,76)
Preisbelastung
Tabelle 12: Mittelwerte und Standardabweichungen
Zweitens wurde eine Kausalanalyse mit MPlus 4.1 durchgeführt (Muthén/Muthén 1998–2007), um H3 und die anderen wechselseitigen Beziehungen der Variablen zu testen (vgl. Abbildung 4). Insgesamt weisen die globalen Gütemaße gute Werte auf (2/df = 1,67; CFI = 0,96; TLI = 0,95; RMSEA = 0,06; SRMR = 0,08). H3 besagt, dass Komplexitätswahrnehmungen eines Preissystems die Preisbeurteilungen eines Konsumenten beeinflussen: je höher die wahrgenommene Preiskomplexität eines komplexen Tarifes, desto teurer ist der komplexe Tarif im Vergleich zum einfachen Tarif. H3 wird bestätigt, da die entsprechende Parameterschätzung positiv und signifikant ist ( = 0,17; p < 0,05). Bezüglich der anderen Variablen, die in Abbildung 4 dargestellt werden, gibt es eine positive und signifikante Parameterschätzung für den Einfluss des objektiven Preisvorteils auf den subjektiven Preisvorteil ( = 0,20; p <
48
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
0,01). Außerdem gibt es einen positiven und signifikanten Effekt des subjektiven Preisvorteils auf Preisfairness ( = 0,41; p < 0,01). Die Ergebnisse machen deutlich, dass der subjektive Preisvorteil sowohl vom objektiven Preisvorteil als auch von wahrgenommener Preiskomplexität beeinflusst wird (vgl. Abbildung 4). Der Simplicity-Bias wird deutlich, indem einfache Preise niedriger wahrgenommen werden, wohingegen komplexe Preise höher wahrgenommen werden. Intuitiv klar ist der positive Effekt des subjektiven Preisvorteils auf Preisfairness, da viele Studien gezeigt haben, dass die Bildung von Preisfairness-Urteilen auf einem subjektiven Preis basiert. Außerdem beeinflusst die Preisfairness, wie in Studie 1 bereits gezeigt wurde, die Kaufentscheidung. Um den Zusammenhang zwischen Preisfairness und Kaufentscheidung abzubilden, wurde eine logistische Regression durchgeführt. Diese Analyse wurde genutzt, um die Entscheidung für den einfachen Preis auf Preisfairness zurückzuführen. In Einklang mit den Ergebnissen aus Studie 1 ist Preisfairness ein zentraler Treiber der Entscheidung für den einfachen Preis. Diese Erkenntnis wird durch die logistische Regression bestätigt: Nagelkerke’s R² = 0,51; korrekt zugeordnete Fälle = 86%; B = 1,7; Wald = 34,2; Exp(b) = 5,21; p < 0,01.
Wahl des einfachen Preises (%)
100
74,4
90 80 70
66,7
71,3
60 50 40 30 20 10 0 -5 €
0€
Objektiver Preisvorteil
Abbildung 6: Kaufentscheidung in Abhängigkeit des objektiven Preisvorteils
5€
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
49
H4 wurde getestet, indem der Anteil derjenigen Teilnehmer, die sich für den einfachen Preis entschieden haben, gegenüber dem Szenario getestet wurde, dass sich 50% der Teilnehmer für den einfachen Preis entschieden hätten (vgl. Abbildung 6). In Einklang mit H4 entscheiden sich die Teilnehmer über alle Szenarien hinweg häufiger für den einfachen Preis. Dies geschieht sogar dann, wenn der einfache Tarif teurer ist als der komplexe (z.B. bei einem objektiven Preisvorteil von – 5€). Selbst unter diesem Umstand liegt der Anteil der Entscheidungen für den einfachen Preises deutlich über 50% (2 (df = 1) = 4,45, p < 0,05). Daher wird H4 bestätigt. Die Manipulation des Attributkonfliktes (umgesetzt durch die Veränderung des objektiven Preisvorteils) übt keine signifikante Veränderung auf die empfundenen negativen Emotionen der Teilnehmer aus, da diese weder gesteigert noch reduziert wurden. Dies lässt sich wiederum auf die kognitive und wenig emotionale Ausprägung des Attributkonflikts zurückführen (F (2, 174) = 0,02, p < 0,10). Auch weitere Kontrollvariablen haben sich als nicht signifikant erwiesen. Zusammengefasst zeigt Studie 2, dass Konsumenten aufgrund von verzerrten Preisschätzungen eine starke Präferenz für einfache Preise haben. Kunden entscheiden sich zu Gunsten des einfachen Preises, auch wenn dieser in gewissem Umfang höher als der komplexe ist. Der Einfluss einer weiteren moderierenden Variablen, Zeitdruck, auf die Bildung subjektiver Preisbewertungen wurde in Studie 1 und 2 jedoch vernachlässigt. Ergebnisse der Studie 2 weisen darauf hin, dass die Dauer der Entscheidungsfindung bei den Teilnehmern stark variierte (von 22 bis 392 Sekunden). Folglich investierten Probanden substanziell unterschiedlichen zeitlichen Aufwand, wenn sie ihre Entscheidungen trafen. Dies könnte deren Preiswahrnehmungen beeinflusst haben. Daher wurde in Studie 3 zusätzlich Zeitdruck als moderierende Variable im Entscheidungsfindungsprozess variiert.
50
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
2.5 Studie 3 – Validierung und moderierender Effekt von Zeitdruck 2.5.1
Überblick und Herleitung der Hypothesen
Das Ziel der Studie 3 ist, den Untersuchungsrahmen aus Studie 2 zu validieren. Der Untersuchungsrahmen aus Studie 2 wurde unter Einbezug einer zusätzlichen moderierenden Variablen, Zeitdruck überprüft (vgl. Abbildung 7). Dies wurde umgesetzt, indem eine größere Stichprobe als in Studie 2 genutzt wurde. Die Stichprobe bestand ausschließlich aus Studenten. y
q
y
p
y
p
Wahrgenommene Preiskomplexität
Preisbelastung
Berechungsaufwand
Beurteilungsaufwand
Subjektiver Preisvorteil
Preisfairness
Kauf
Objektiver Preisvorteil
Zeitdruck
Abbildung 7: Übersicht der Variablen in Studie 3 (Kapitel 2)
Es wird vermutet, dass Kunden unter Zeitdruck geringere Fähigkeiten besitzen, sich rational zu entscheiden und sogar einen stärkeren Fokus auf Einfachheit legen (vgl. z.B. Edland 1994). Unter Zeitdruck wird ein stärkerer Einfluss wahrgenommener Preiskomplexität auf die Preisbewertungen der Konsumenten und ein geringerer Einfluss des objektiven Preisvorteils erwartet. Im Einklang mit Payne/Bettman/Luce (1996) wird der moderierende Effekt von Zeitdruck auf der Grundlage der Effort-Accuracy-Theory erklärt. Wenn Zeitdruck zu-
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
51
nimmt, wird es schwieriger, ein optimales Gleichgewicht zwischen geleisteter Anstrengung und dem daraus abgeleiteten Gewinn zu erreichen. Daher sind Kunden weniger stark dazu geneigt, rationale Entscheidungsfindung zu betreiben (vgl. Garbarino/Edell 1997; Payne/Bettman/Luce 1996) und Berechnungen durchzuführen. Die verstärkte Nutzung von Heuristiken unter Zeitdruck kann dadurch erklärt werden, dass Konsumenten eher dazu neigen, sich auf einzelne Merkmale innerhalb der Auswahl zu konzentrieren und nur die wichtigsten Attribute bei der Entscheidungsfindung berücksichtigen (vgl. Dhar/Nowlis 1999; Wright 1974). Zweitens wechseln Konsumenten unter Zeitdruck in ihrer Entscheidungsstrategie von „auf Alternativen basierenden Auswahlprozessen“ zu „auf Merkmalen basierenden Auswahlprozessen“. Daher ist zu vermuten, dass Konsumenten unter Zeitdruck verstärkt auf das Signal der Einfachheit achten (vgl. z.B. Payne/Bettman/Johnson 1988). Darauf aufbauend werden folgende Hypothesen aufgestellt: H5:
Der Effekt wahrgenommener Preiskomplexität auf den subjektiven Preisvorteil ist größer, wenn Zeitdruck hoch ist.
H6:
Der Effekt des objektiven Preisvorteils auf den subjektiven Preisvorteil ist geringer, wenn Zeitdruck hoch ist.
2.5.2
Methodik
Studie 3 ist eine Replikation der Studie 2 mit einer zusätzlichen, moderierenden Variablen zur Validierung der aufgestellten Zusammenhänge. Studie 3 untersucht den Effekt eines Preis-Einfachheits-Konfliktes auf subjektiven Preisvorteil, Preisfairness und Kaufentscheidung unter hohem und niedrigem Zeitdruck. Das resultierende experimentelle Design war folglich ein 2 x 2 x 2 Between-Subjects-Design. Die Studie umfasst eine Studenten-Stichprobe und wurde in einem Experimentallabor der Universität Mannheim durchgeführt. 291 Probanden wurden den acht Szenarien zufällig zugeordnet. Zeitdruck wurde im Einklang mit früheren Studien erzeugt, indem eine Frist für den Entscheidungsprozess gesetzt wurde (vgl. z.B. Payne/Bettman/Johnson 1988). Genauer gesagt wurden rote Pop-Up-Fenster auf dem Computer-Bildschirm genutzt, die den
52
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
Probanden sagten „Bitte beeilen Sie sich, Sie müssen die nächste Bahn erreichen“. Kurz danach folgte die Aufforderung „Sie müssen Ihre Entscheidung jetzt treffen, da der Bus gerade angekommen ist“. Teilnehmer in der „kein Zeitdruck“-Situation wurden angewiesen, sich so viel Zeit für ihre Entscheidung zu nehmen, wie sie zur Erfüllung der Aufgabe benötigten. Der Rest der Untersuchung wurde wie in Studie 2 durchgeführt. Für die Messung der Konstrukte wahrgenommene Preiskomplexität und Preisfairness wurden dieselben Indikatoren wie in den Studien 1 und 2 genutzt. Subjektiver Preisvorteil wurde ebenfalls wie in Studie 2 gemessen. Reliabilität und Validität der Messung wurden erneut durch die Anwendung einer konfirmatorischen Faktorenanalyse überprüft. Die Ergebnisse der Konstruktmessung ähneln den Ergebnissen der Vorgänger-Studien (vgl. Tabelle 13). Die Manipulation der unabhängigen Variablen Zeitdruck wurde auf einer 7-Punkt Likert-Bewertungsskala mit Hilfe der Aussage „Zeitdruck ist hoch“ überprüft. Die Ausprägungen reichten von 1 = „Stimme überhaupt nicht zu“ bis 7 = „Stimme voll und ganz zu“. Zudem wurde die Zeit gemessen, die sich die Teilnehmer nahmen, um ihre Entscheidung zu fällen (vgl. Cooper-Martin 1994). Wie in Studie 2 wurde der Einfluss von negativen Emotionen auf den Entscheidungsprozess kontrolliert, indem negative Emotionen mit den gleichen Indikatoren wie in Studie 2 gemessen wurden. Die negativen Emotionen dienten außerdem zur Überprüfung der Veränderung des Zeitdrucks.
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
Konstrukte mit Indikatoren Wahrgenommene Preiskomplexität (Konstrukt 2. Ordnung mit drei Dimensionen) Preisbelastung (1. Dimension) Bei diesen vielen Preisen fällt es mir schwer zu verstehen, worum es eigentlich geht. Ich müsste sehr viel wissen, um das Preissystem zu verstehen. Das Preissystem sieht für mich sehr kompliziert aus. Es ist schwierig für mich, mir einen Überblick über alle Zahlen des Preissystems zu verschaffen. Berechnungsaufwand (2. Dimension) Es war mühsam, den insgesamt zu zahlenden Preis zu berechnen. Es fiel mir schwer, mit den einzelnen Zahlen umzugehen. Es war anstrengend, die vielen unterschiedlichen Berechnungen durchzuführen. Es war schwierig, den Gesamtpreis ohne Taschenrechner zu bestimmen. Beurteilungsaufwand (3. Dimension) Es hat viel Zeit gekostet, das Preissystem zu beurteilen und mich zu entscheiden. Ich musste mich sehr konzentrieren, um das Preissystem zu beurteilen und mich zu entscheiden. Es war schwierig, sich mit dem Preissystem zu beschäftigen. Preisfairness Der Preis des Best Talk Tarifs ist fair. Das ist genau der Preis, den ich für die Leistung erwartet hätte. Der Preis des Best Talk Tarifs ist für die Leistung, die ich bekomme, angemessen. Der Best Talk Tarif ist seinen Preis wert.
Indikatorreliabilität
0,79
53
Durchschnittlich erfasste Varianz
Faktorreliabilität
0,78
0,91
0,66
0,88
0,73
0,91
0,78
0,91
0,75
0,92
0,60 0,36 0,84 0,86 0,89 0,72 0,66 0,81 0,72 0,65 0,73 0,84 0,76 0,66 0,88 0,97 0,65
Tabelle 13: Konstruktmessungen Studie 3 (Kapitel 2)
2.5.3
Ergebnisse
Als erstes wurde die erfolgreiche Manipulation von Zeitdruck überprüft. Der Effekt von Zeitdruck auf den entsprechenden Single-Item Manipulationscheck ist signifikant
54
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
(F(1, 289) = 224,41, p < 0,01). Zudem wurde die durchschnittliche Entscheidungsdauer in beiden Szenarien gemessen. Ohne Zeitdruck lag die durchschnittliche Entscheidungszeit bei 103 Sekunden, mit Zeitdruck lag sie bei 56 Sekunden. Schließlich wurde eine ANOVA durchgeführt, um den Einfluss des Konfliktes auf negative Emotionen zu untersuchen. Der Attributkonflikt hat aufgrund seiner kognitiven Natur negative Emotionen weder gesteigert noch vermindert (F (2, 288) = 0,79, p > 0,10). Ausschließlich die Variation des Zeitdrucks beeinflusste deutlich die negativen Emotionen (F (1, 289) = 59,79, p < 0,01) innerhalb der beiden Gruppen. Mit Hilfe von Mplus 4.1 wurde zusätzlich eine Mehrgruppen-Kausalanalyse durchgeführt, um die Interdependenzen zwischen den Variablen zu untersuchen (vgl. Muthén/Muthén 1998–2007). Das Modell war dasselbe wie in Studie 2, ergänzt um die zusätzliche moderierende Variable Zeitdruck. Die Stichprobe wurde anhand dieser Variablen in zwei Gruppen aufgeteilt (hoher und niedriger Zeitdruck). Die beiden Moderator-Hypothesen prognostizieren eine Veränderung in der Stärke des Effektes wahrgenommener Preiskomplexität auf subjektiven Preisvorteil (H5) und in der Stärke des Effektes des objektiven Preisvorteils auf den subjektiven Preisvorteil (H6). Es wurden 2-Differenztests betrachtet, um die prognostizierten Veränderungen zu testen. Deshalb wurden für jede Hypothese die 2-Werte eines allgemeinen Modells, indem die entsprechenden Effekte in beiden Situationen verschieden sein durften, mit den 2-Werten eines eingeschränkten Modells, indem die entsprechenden Effekte in beiden Teilstichproben zwingend gleich sein mussten, verglichen. Die globalen Gütemaße des allgemeinen Modells weisen gute Werte auf (2/df = 1,66, CFI = 0,96, TLI = 0,95, RMSEA = 0,07, SRMR = 0,07). H5 prognostiziert einen stärkeren Effekt wahrgenommener Preiskomplexität auf den subjektiven Preisvorteil, wenn Zeitdruck hoch ist. Die Parameterschätzung ist positiv und signifikant in der Gruppe mit hohem Zeitdruck ( = 0,34, p < 0,01) und nicht signifikant in der Gruppe mit niedrigem Zeitdruck ( = -0,09, p > 0,10). Der 2-Test zeigt, dass dieser Unterschied bei p < 0,01 signifikant ist (2 (df= 1) = 11,35). Daher wird H5 bestätigt. H6 wurde genauso getestet. Die Parameterschätzung ist signifikant in der Gruppe mit niedrigem Zeitdruck ( = 0,27, p < 0,01) und nicht signifikant in der Gruppe mit hohem Zeitdruck ( = 0,04, p > 0,10). Der 2-Unterschied ist signifikant bei p <
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
55
0,05 (2 (df =1) = 4.00). Deshalb wird H6 bestätigt. Schließlich ist der Effekt subjektiven Preisvorteils auf Preisfairness in jeder Gruppe positiv und signifikant (hoher Aufwand: = 0,42, p < 0,01; und niedriger Aufwand: = 0,58, p < 0,01). Die Ergebnisse zeigen, dass die Einfachheit eines Tarifes unter Zeitdruck wichtiger wird als dessen wirkliche Kosten. Die subjektive Preisbewertung unter Zeitdruck wird durch die wahrgenommene Preiskomplexität stärker beeinflusst. Ohne Zeitdruck berechnen Kunden eher die genauen Kosten einer Alternative, weshalb der objektive Preisvorteil in dieser Gruppe einen wesentlich größeren Effekt auf den subjektiven Preisvorteil hat. Wie in Studie 2 wurde eine logistische Regressionsanalyse für den Zusammenhang zwischen Preisfairness und Kaufentscheidung (Wahl von „A“ oder „B“) durchgeführt. Diese Verbindung zwischen Preisfairness und Wahl des einfachen Tarifs war in beiden Gruppen signifikant (Gruppe unter hohem Zeitdruck: Nagelkerkes R² = 0,56; korrekte Klassifikation = 88%, B = 1,71, Wald = 35,8; Exp(b) = 5,51; p < 0,01; Gruppe unter niedrigem Zeitdruck: Nagelkerkes R² = 0,64; korrekte Klassifikation = 87%; B = 1,95; Wald = 34,8; Exp(b) = 6,99; p < 0,01). Zusammengefasst zeigt Studie 3, dass der postulierte Simplicity-Bias von hoher Relevanz ist. Unter Zeitdruck ist der Effekt wahrgenommener Preiskomplexität auf subjektive Preisbewertungen sogar noch höher als in Studie 2. Kunden zeigen eine klare Präferenz für den einfachen Tarif, auch wenn dieser teurer ist. Dies kann dadurch erklärt werden, dass wahrgenommene Preiskomplexität der Treiber des subjektiven Preisvorteils, der Preisfairness und schließlich der Kaufentscheidung ist. 2.6 Diskussion der Ergebnisse 2.6.1
Theoretische Implikationen
Das Ziel der vorliegenden Studien bestand darin, den Einfluss wahrgenommener Preiskomplexität auf den Kaufentscheidungsprozess zu analysieren. Es wurde untersucht, ob ein Simplicity-Bias bei Preisbewertungen existiert, d.h. Kunden die Gesamtkosten
56
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
von komplexen Preissystemen überschätzen und daher komplexe Preise als unfair betrachten. Frühere Studien haben Kundenreaktionen auf bestimmte Preismaßnahmen wie geteilte Preise (vgl. z.B. Morwitz/Greenleaf/Johnson 1998), Flatrates (vgl. z.B. Lambrecht/Skiera 2006) oder Pennies-a-Day-Strategien analysiert (vgl. z.B. Gourville 1998). Allerdings wurde hierbei nicht die Belastung der Kunden durch Denkkosten betrachtet, die durch hohe Preiskomplexität verursacht wird. Daher bilden die drei Studien eine theoretische Basis, um diese Lücke zu schließen. Dies geschieht, indem der kognitive Aufwand der Kunden durch wahrgenommene Preiskomplexität abgebildet und Auswirkungen in Form von subjektiven Preisbewertungen integriert werden. Kapitel 2 leistet somit einen wichtigen, allgemeinen Erkenntnisbeitrag: Studien 1-3 haben gezeigt, dass Wahrnehmungen der Preiskomplexität eine relevante Determinante von Kundenreaktionen auf verschiedene Preispräsentationsformen darstellen. Zusammenfassend lassen sich vier Implikationen für die Forschung ableiten. Erstens wurde eine multidimensionale Skalierung für die Wahrnehmung von Preiskomplexität entwickelt. Diese beinhaltet die drei Dimensionen Preisbelastung, Berechnungsaufwand und Bewertungsaufwand. Im Rahmen der Konzeptualisierung wurden Erkenntnisse zu kognitiver Informationsverarbeitung, Stimulus-Überlastung und numerischer Kognition berücksichtigt (vgl. Garbarino/Edell 1997). Die vorliegenden Studien leisten somit einen Beitrag zum besseren Verständnis der zugrunde liegenden Verhaltensmechanismen bei der Verarbeitung komplexer Preise. Durch die Bereitstellung einer konzeptionellen Grundlage für die Wahrnehmungsmessung des kognitiven Aufwands werden existierende objektive Messungen wie z.B. die Entscheidungsdauer (vgl. Cooper-Martin 1994), die in früheren Studien zu mehrdimensionalen Preisen bereits verwendet wurden, ergänzt. Zweitens zeigen die Ergebnisse, dass Kunden bei Vergleichen zwischen einfachen und komplexen Preisen eine verzerrte Wahrnehmung zugunsten einfacher Preise vorweisen, da sie die Kosten des einfachen Preises im Vergleich zu einem komplexen Preis unterschätzen. Dies führt schließlich zu verzerrtem Entscheidungsverhalten. Die Ergebnisse machen deutlich, dass sich Kunden bei der Konfrontation mit einem Zielkonflikt zwischen Preis und Komplexität für einen einfachen Preises entscheiden, auch
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
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wenn diese Variante unvorteilhafter ist. Der entwickelte Untersuchungsrahmen zeigt, dass wahrgenommene Preiskomplexität den subjektiven Preisvorteil des einfachen Preises gegenüber dem komplexen Preis deutlich beeinflusst. Frühere Arbeiten haben gezeigt, dass Kunden die Gesamtkosten eines komplexen Preises nicht komplett berechnen, was zu einer günstigeren Preisbewertung führen sollte (vgl. Morwitz/Greenleaf/Johnson 1998). Die vorliegende Studie zeigt hingegen, dass komplexe Preise als weniger günstig bewertet werden. Die Einfachheit einer Preisstruktur dient als mentale Abkürzung zur Bewertung der Vorteilhaftigkeit einer Alternative. Dies ist eine effektive Strategie der Konsumenten, um ihren Entscheidungsaufwand zu minimieren. In diesem Zusammenhang weisen die Ergebnisse ebenfalls darauf hin, dass Kosten-Nutzen-Zielkonflikte (vgl. Bettman/Luce/Payne 1998) als wichtige theoretische Grundlage dienen, um Kundenreaktionen auf komplexe Preisstrukturen abzubilden. Drittens wird gezeigt, dass Zeitdruck den Entscheidungsprozess beeinflusst. Unter Zeitdruck sinkt die Bedeutung des objektiven Preisvorteils bei der Preisbewertung des Kunden. Wenn Zeitdruck hoch ist, dann beeinflusst nur die vom Kunden wahrgenommene Preiskomplexität den subjektiven Preisvorteil. Daher steigt die Neigung eines Kunden, sich unter Zeitdruck auf die Einfachheit einer Preisstruktur zu verlassen. Die Einfachheit einer Preisstruktur dient als direkte Abkürzung, um die Vorteilhaftigkeit einer Alternative festzustellen. Diese Erkenntnis stimmt mit weiteren Erkenntnissen zu der Rolle von Zeitdruck im Entscheidungsfindungsprozess überein (vgl. z.B. Edland 1994; Payne/Bettman/Luce 1996). Viertens wurde wahrgenommene Preiskomplexität mit Preisfairness, einem zentralen Konstrukt der verhaltenswissenschaftlichen Preisforschung (vgl. Campbell 1999), in Verbindung gebracht. Es wurde gezeigt, dass wahrgenommene Preiskomplexität die Preisfairness negativ beeinflusst. Preisfairness wurde bisher hauptsächlich mit dem absoluten Preis, den ein Kunde zu zahlen hat, in Verbindung gebracht (vgl. z.B. Bolton/Alba 2006; Campbell 1999; 2007). Die vorliegende Studie deutet darauf hin, dass es von großer Bedeutung ist, unabhängig vom Preisniveau, den Einfluss wahrgenommener Preiskomplexität auf Preisfairness und schließlich auf die Kaufentscheidung zu betrachten. Dieser Effekt entsteht, da Kunden das Komplexitätsniveau als ein zusätzli-
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Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
ches Kriterium für Preisbewertungen nutzen. Dies führt zu irrationalen Preisbewertungen zugunsten des einfachen Preises. Die vorliegende Studie unterliegt jedoch auch Einschränkungen, die kurz skizziert werden. Aus diesen Einschränkungen lassen sich wichtige Implikationen für zukünftige Forschungsbereiche ableiten. Erstens wurden Mobilfunkverträge als Beispiele für den Vergleich zwischen einfachen und komplexen Preisen genutzt, da die Telekommunikationsindustrie bekannt für eine komplexe Preisgestaltung ist. Allerdings ist Preiskomplexität auch in vielen anderen Wirtschaftsbereichen, wie z.B. bei Fluglinien, Finanzdienstleistern, Energieversorgern und im Einzelhandel zu finden. Eine branchenübergreifende Studie würde die Generalisierbarkeit der Ergebnisse verbessern. Zweitens wurde der Fokus auf einen bestimmten Aspekt der Preisfairness gelegt: die Fairness eines Ergebnisses. Frühere Studien haben gezeigt, dass FairnessWahrnehmungen nicht nur den „Preis“ eines Angebots betreffen (Ergebnis), sondern auch die Preiserstellung eines Unternehmens (Prozess) (vgl. Maxwell 2002). Campbell (2007) sowie Homburg/Hoyer/Koschate (2005) haben gezeigt, dass wahrgenommene Motivfairness als Mediator zwischen Preisstimuli, Preisfairness-Wahrnehmungen und ergebnisbezogenen Variablen fungiert. Im Zusammenhang mit Preiskomplexität könnten Kunden zudem folgern, dass Firmen sie davon abhalten möchten, genaue Preisberechnungen durchzuführen (vgl. Kim/Kachersky 2006). Weitere Studien könnten diesen Aspekt explizit in ihrem Untersuchungsrahmen berücksichtigen. Drittens wurde im Rahmen der Preismanipulation in Studie 2 und 3 darauf verzichtet, einen Schwellenwert zu bestimmen, ab dem der Simplicity Bias nicht mehr existiert. Dieser Schwellenwert hätte nur eine geringe allgemeine Aussagekraft für die Marketingforschung und -praxis, da er auf bestimmte Produkt- und Kontextfaktoren bezogen wäre. Dennoch könnte eine Conjoint-Analyse spezifische Erkenntnisse für Marketingmanager liefern, um die Höhe eines Preisaufschlags für Einfachheit in einer spezifischen Branche zu berechnen.
Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
2.6.2
59
Praktische Implikationen
Die konzeptionellen und empirischen Ergebnisse der drei Studien führen zu bedeutenden Implikationen für die Management-Praxis. Insgesamt lassen sich drei Implikationen zusammenfassen. Erstens lässt sich zusammenfassen, dass sich Einfachheit auszahlt. Kunden entscheiden sich häufiger für einen einfachen Preis verglichen mit einem komplexen Preis, unabhängig vom Preisniveau. Dies impliziert, dass ein einfaches Angebot bevorzugt wird, obwohl es im Vergleich zu einem komplexen Angebot teurer sein könnte. Dieser Effekt wird durch Fairnesswahrnehmungen des Kunden erklärt, die ihrerseits Kaufabsichten stark beeinflussen. Zusammengefasst werden einfache Preise als fairer wahrgenommen. Im Gegensatz zur allgemeinen Auffassung, durch die Einführung sehr komplexer Preisstrukturen profitabler zu sein (vgl. z.B. McGovern/Moon 2007), zeigen die Ergebnisse, dass Unternehmen für Einfachheit ein Preis-Premium im Vergleich zu konkurrierenden und komplexeren Angeboten erzielen können. Dies resultiert daraus, dass Kunden niedrige Preise von einfachen Preissystemen ableiten, was zu einer günstigeren Preisbewertung führt. Zweitens deuten die Ergebnisse an, dass wahrgenommene Preiskomplexität eine wichtige Variable ist, die das Verständnis der Effektivität verschiedener Preispräsentationsformen verbessert. Es wurde festgestellt, dass die Anzahl der Preiselemente, die Vielfalt der verschiedenen Zahlen und die Vielfalt der Berechnungen wichtige Treiber wahrgenommener Preiskomplexität sind. Preissysteme werden als einfach wahrgenommen, wenn sie eine geringe Anzahl Elemente, so wenige Zahlen wie möglich und einfache, mathematische Berechnungen enthalten. Daher sollten Manager zunächst die objektive Preiskomplexität ihres Preisplanes bewerten, wenn sie ein Angebot erstellen, das aus verschiedenen Preiskomponenten besteht. Dies ist notwendig, da objektive Preiskomplexität die Preiswahrnehmungen und das Entscheidungsverhalten der Kunden direkt beeinflusst. Drittens werden Kunden in ihrem Alltag zunehmend mit Zeitdruck und Stress konfrontiert (vgl. Edland 1994) und fällen ihre Entscheidungen mit möglichst wenig Aufwand. Daher werden sowohl Beurteilungen als auch die Entscheidungsfindung durch externe
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Der Zusammenhang zwischen Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten
Rahmenbedingungen beeinflusst. Ein kritischer Punkt bei der Festlegung von Preisstrategien ist für Manager das Verständnis, wie Kunden z.B. unter Zeitdruck reagieren. Die Ergebnisse lassen erkennen, dass Unternehmen externe Faktoren wie Zeitdruck in ihren Preisstrategien berücksichtigen sollten, da Kunden keine rationalen Entscheidungen fällen, wenn sie nur geringen Aufwand betreiben. Stattdessen halten sie sich lieber an klare Signale wie die Einfachheit eines Preises.
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
61
3 Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten Das dritte Kapitel der Arbeit ist wie auch Kapitel 2 in Form eines wissenschaftlichen Arbeitspapiers gegliedert. Im Rahmen von zwei experimentellen Studien zeigt Kapitel 3, dass Optionen in der Preisgestaltung den Kaufentscheidungsprozess sowohl positiv als auch negativ beeinflussen (vgl. Abschnitte 3.3 und 3.4). Des Weiteren wird in Kapitel 3 gezeigt, dass Wahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten kontextabhängig sind (vgl. Abschnitt 3.4). Sowohl die Preiskomplexität als auch die Unsicherheit bezüglich des zukünftigen Nutzungsverhaltens erhöhen die wahrgenommenen Kosten der Auswahl und reduzieren den positiven Effekt der Auswahl auf die Entscheidungssicherheit des Konsumenten. Das Preisniveau, im Gegensatz dazu, erhöht den wahrgenommenen Nutzen der Auswahl, was letztlich zu höherer Entscheidungssicherheit führt. Kapitel 3 beantwortet die anfangs postulierten Forschungsfragen 3a und b. 3.1 Einleitung ”Logic suggests that having options allows people to select precisely what makes them happiest. But as, studies show, abundant choice often makes for misery” (Schwartz 2004a, S. 71). In verschiedenen Branchen wie beispielsweise Telekommunikation- oder Finanzdienstleistungen nutzen Unternehmen Preissysteme und Tarife, die Auswahlmöglichkeiten beinhalten. Das Ziel ist, mit einem Angebot gleichzeitig verschiedene Kundensegmente anzusprechen. Auswahl im Rahmen der Preisgestaltung bezieht sich auf die Anzahl von Optionen innerhalb eines Preissystems. Die Verwendung des Begriffs „Auswahl“ in der vorliegenden Forschungsarbeit deckt sich mit der Verwendung des Begriffs in früheren Studien, die den Effekt einer variierenden Anzahl von Optionen auf Kundenwahrnehmungen in anderen Marketingbereichen wie Produktmanagement und Einzelhandel untersucht haben (vgl. z.B. Broniarczyk 2004; Iyengar/Lepper 2000; Lee/Lee 2004). Eine größere Auswahl sollte die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Kunden eine Option finden, die ihren Ansprüche am besten entspricht (vgl. z.B. Lancaster 1990) und sie
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Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
sollte zu höherer empfundener Entscheidungsfreiheit und wahrgenommener Kontrolle des Kunden über seine Entscheidung führen (vgl. Ryan/Deci 2000; Zuckerman et al. 1978). Folglich sollten Firmen ihre Erträge durch Auswahlmöglichkeiten in der Preisgestaltung steigern können, da Angebote bestehend aus verschiedenen Optionen dazu führen, mehr Konsumentenrente abzuschöpfen (vgl. Pindyck/Rubinfeld 2009). Andererseits bestehen Zweifel, ob diese konventionelle, mikroökonomische Schlussfolgerung vollständig abbildet, was auf der Kundenseite passiert (vgl. Scheibehenne/Greifeneder/Todd 2009). Auf der einen Seite nehmen Kunden einen Nutzen von Auswahlmöglichkeiten in der Preisgestaltung wahr. Auf der anderen Seite nutzt eine große Auswahl den Kunden nur dann etwas, wenn sie in der Lage sind, alle Preisoptionen sorgfältig zu bewerten, um die Option zu finden, die am ehesten ihren Bedürfnissen entspricht. Der Vergleich verschiedener Preisoptionen erfordert häufig komplizierte Rechnungen, um die jeweiligen Endpreise bewerten zu können. Dies erhöht die Denkkosten der Entscheidung und könnte zu weniger optimalen Entscheidungen führen. In vielen Branchen verlangen Kunden zunehmend vereinfachte Transaktionen und ein höheres Niveau an Preistransparenz, um einen mühelosen Überblick über die Preise des Unternehmens zu erhalten (vgl. Urban 2003). Daher gibt es aus Sicht des Kunden Vorteile (wahrgenommener Nutzen) und Nachteile (wahrgenommene Kosten) bei der Wahl aus verschiedenen Optionen eines Preissystems. Zusammenfassend gibt es keine eindeutige Erkenntnis, inwiefern die zu Grunde liegenden Prozesse in Form von Kosten- und Nutzenwahrnehmungen die Kaufentscheidungen und dadurch die langfristige Profitabilität eines Unternehmens beeinflussen. Der Erkenntnisgewinn für die Marketingforschung und -praxis der beiden Studien in Kapitel 3 wird im Folgenden zusammengefasst: Erstens wird eine neue Perspektive in der Preisgestaltung eingeführt, indem kundenseitige Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahl in Preissystemen in einem Untersuchungsmodell integriert werden. Die Kenntnis der psychologischen Kosten und des psychologischen Nutzens der Kunden ermöglicht bedeutende Einblicke für Pricing-Manager in die „externen Kosten“ von Formen der Preisdifferenzierung. Dies könnte sich im Rahmen der Preisgestaltung direkt auf die optimale Anzahl der Optionen auswirken, die ein Unternehmen anbieten sollte.
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
63
Die bisherige Preisforschung bietet nur wenig Anhaltspunkte zur Erklärung der Wirkungsweise einer variierenden Anzahl von Preisoptionen auf die Kundenwahrnehmung sowie auf das Entscheidungsverhalten der Kunden. Frühere Forschungsarbeiten zu Kundenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten haben sich ausschließlich auf die Variation der Sortimentsgröße sowie auf Produkt- und Feature-Auswahl konzentriert (vgl. z.B. Chernev 2003; Iyengar/Lepper 2000), ohne Preissysteme als Ausgangspunkt von negativen versus positiven Konsequenzen der Auswahl zu betrachten. Die Betrachtung psychologischer Kosten und psychologischen Nutzens (neben der Wahrnehmung monetärer Elemente) ist jedoch ein bedeutendes Thema der Preisforschung (vgl. Zielke 2006). Ein wachsender Anteil an Forschungsarbeiten ziehen psychologische Kosten (neben monetären Kosten) in die Konzeptualisierung von Kundennutzen mit ein (vgl. z.B. Kleijnen/de Ruyter/Wetzels 2007; Smith/Colgate 2007; Sweeney/Soutar 2001). Aus der Management-Perspektive wird Kundennutzen als die fundamentale Basis für die Marketingaktivitäten eines Unternehmens betrachtet (vgl. Kumar/Lemon/Parasuraman 2000). Zweitens liefern die Studien neue Erkenntnisse zu der Rolle von Kosten- und Nutzenwahrnehmungen im Informationsverarbeitungsprozess. Sie komplettieren deshalb frühere Arbeiten, die die Wirkung von Optionen analysiert haben, ohne Kosten und Nutzen simultan und direkt zu betrachten. Bisherige Ergebnisse in diesem Forschungsbereich deuten auf potenzielle negative Effekte größerer Auswahl auf das erwartete Bedauern der Kunden (vgl. Carmon/Wertenbroch/Zeelenberg 2003), auf ihren Bewertungsaufwand (vgl. Berger/Draganska/Simonson 2007) oder auf die Kundenzufriedenheit (vgl. Heitmann/Lehmann/Herrmann 2007) hin. Allerdings erklären diese Arbeiten die Effekte nicht durch intervenierende Kosten- und Nutzenwahrnehmungen. Darüber hinaus gibt es in der Literatur kein einheitliches Bild in Bezug auf den Effekt von Auswahl in der Preisgestaltung auf zwei wichtige Ergebnisvariablen wie Entscheidungssicherheit und Kaufabsicht (vgl. z.B. Iyengar/Lepper 2000; Lee/Lee 2004; Zhang/Krishna 2007). Drittens wird in den Studien in Kapitel 3 untersucht, wie Kosten- und Nutzenwahrnehmungen einer variierenden Anzahl von Optionen innerhalb eines Preissystems durch wichtige kontextabhängige Variablen beeinflusst werden. Da Kosten- und Nut-
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Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
zenwahrnehmungen auch von externen Faktoren abhängen (vgl. Holbrook 1999), werden die drei folgenden Variablen untersucht: Preiskomplexität, Unsicherheit bezüglich zukünftiger Nutzung und Preishöhe. Zunächst wird Preiskomplexität als ein weiteres Merkmal eines Preissystems betrachtet, da dies ein vorherrschendes Phänomen in vielen Dienstleistungssektoren ist (vgl. McGovern/Moon 2007). In Anlehnung an die Darstellung in Kapitel 2 der Arbeit, können sich Preissysteme z.B. in der Gesamtzahl von Preiselementen unterscheiden oder in der Schwierigkeit der Preisberechnung. Abhängig vom Komplexitätsniveau eines Preissystems haben Kunden größere Schwierigkeiten, den Endpreis eines Angebots zu bewerten (vgl. z.B. Estelami 2003; Herrmann/Wricke 1998; Kim/Kachersky 2006; Kim/Kramer 2006). Die Operationalisierung der (strukturellen) Preiskomplexität wurde ausführlich in Kapitel 2 der Arbeit beschrieben. (Die Abgrenzung zwischen Kapitel 2 und 3 wurde in Abbildung 1 der Arbeit dargestellt.) Im Anschluss daran wird die Unsicherheit eines Kunden betrachtet, die sich auf die zukünftige Dienstleistungsnutzung bezieht. Nutzungsunsicherheit ist ein wichtiges Charakteristikum bei der Beurteilung von Preissystemen, insbesondere in Dienstleistungsbranchen (vgl. Iyengar/Ansari/Gupta 2007). Das Niveau der Nutzungsunsicherheit spielt eine bedeutende Rolle im Entscheidungsverhalten von Kunden. Dies resultiert daraus, dass Kunden eine Dienstleistung basierend auf ihrem erwarteten Konsum auswählen, aber Schwierigkeiten bei der Vorhersage ihres eigenen Nutzungsverhaltens haben (vgl. Iyengar/Ansari/Gupta 2007; Lambrecht/Seim/Skiera 2007; Narayanan et al. 2007; Nunes 2000). Schließlich wird das Preisniveau der Dienstleistung als weitere Kontextvariable untersucht. Genauer gesagt wird der Frage nachgegangen, ob sich Kundenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten im Pricing in Niedrig- und Hochpreissegmenten voneinander unterscheiden. Um eine Dienstleistung im Hochpreissegment zu erwerben, müssen Kunden einen höheren Geldbetrag ausgeben, was zu einer größeren Sichtbarkeit des Preises führt und eine gesteigerte Motivation des Konsumenten hervorruft, sich mit dem Kaufprozess zu befassen (vgl. Monroe 2003). Da das Motivationsniveau die Tiefe der Verarbeitung von Preisinformationen beeinflusst (vgl. Suri/Monroe 2003),
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
65
sollte das Preisniveau auch die Kundenwahrnehmung der Kosten und des Nutzens einer variierenden Anzahl von Optionen beeinflussen. Kapitel 3 ist wie folgt aufgebaut: Erstens wird ein Untersuchungsmodell entwickelt, das Auswahlmöglichkeiten im Rahmen eines Preissystems mit Kosten- und Nutzenwahrnehmungen der Kunden und schließlich mit deren Entscheidungssicherheit verbindet. Außerdem werden drei weitere Treiber von Kosten- und Nutzenwahrnehmungen betrachtet, Preiskomplexität, Nutzungsunsicherheit und Preisniveau. Anschließend wird das Modell im Rahmen von zwei experimentellen Studien getestet und die Implikationen für Forschung und Praxis zusammengefasst. 3.2 Theoretisch-konzeptionelle Entwicklung 3.2.1
Überblick
Der übergreifende Gedanke der vorliegenden Studie ist die Analyse der Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahl, d.h. die Anzahl verschiedener Optionen innerhalb eines Preissystems auf die Kunden und schließlich auf die Entscheidungssicherheit. Zusätzlich wird untersucht, ob Kosten- und Nutzenwahrnehmungen auch von wichtigen kontextabhängigen Variablen beeinflusst werden. Im Folgenden werden zunächst die Konstrukte des Modells definiert und begründet. Anschließend werden die zu Grunde liegenden Theorien und die Annahmen für die aufgestellten Hypothesen erläutert. Ein konzeptionelles Modell, das die Hypothesen und die zugehörigen Variablen enthält, wird in Abbildung 8 gezeigt.
66
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
Nutzungsunsicherheit
H3a (+) Preiskomplexität
H4b (-)
H4a (+)
H3b (-)
Wahrgenommene Kosten der Auswahl
H2a (-) Entscheidungssicherheit
H1a (+) Auswahl in der Preisgestaltung
H1b (+)
Wahrgenommener Nutzen der Auswahl
H2b (+)
Fokus der Studie 1 H5 (+) Preisniveau Fokus der Studie 2
Abbildung 8: Untersuchungsrahmen von Kapitel 3
3.2.2
Auswahlmöglichkeiten und Kosten- und Nutzenwahrnehmungen
In Abschnitt 2.3.3.1 wird die Größe eines Preissystems als eine Dimension der vom Unternehmen direkt beeinflussbaren objektiven Preiskomplexität definiert. Die Größe eines Preissystems, d.h. die Zahl der Elemente, kann allerdings nicht nur „vertikal“ durch die Anzahl der Preiselemente innerhalb einer Option eines Angebots beeinflusst werden, sondern auch „horizontal“, durch die Zahl der Optionen innerhalb eines Angebots. Mehr Auswahlmöglichkeiten innerhalb eines Preissystems ermöglichen es zwar dem Kunden, eine spezifischere Auswahl zu treffen, jedoch erhöht die Zahl der zur Verfügung stehenden Alternativen gleichzeitig die Informationsmenge, die der Kunde verarbeiten muss und somit auch die Komplexität. Die Schwierigkeit, die Vorteilhaftigkeit eines Angebots zu beurteilen, nimmt mit der Anzahl der Auswahlmöglichkeiten zu.
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
67
Im Folgenden werden zuerst die negativen Konsequenzen der Auswahl in Form von psychologischen Kosten betrachtet. Frühere Arbeiten im Produktmanagement und Einzelhandel haben ebenfalls psychologische Kosten bei der Betrachtung negativer Konsequenzen von Auswahl konzeptualisiert: Iyengar/Lepper (2000) sowie Haynes (2009) haben psychologische Kosten in Bezug auf Entscheidungsschwierigkeiten konzeptualisiert und Heitmann/Lehmann/Herrmann (2007) haben sich mit Kosten der Evaluierung beschäftigt, die aus größerer Auswahl resultieren. Bezüglich der Preiswahrnehmungen beziehen sich psychologische Kosten auf kognitive Belastungen, die Kunden empfinden, wenn sie Preisinformationen beurteilen. Kunden könnten z.B. Schwierigkeiten haben, die Endpreise der Optionen innerhalb eines Preissystems zu bestimmen und miteinander zu vergleichen. Basierend auf grundlegenden
Erkenntnissen
der
elementaren
Informationsverarbeitung
(vgl.
Bett-
man/Johnson/Payne 1990) und Preisinformationsverarbeitung (vgl. Jacoby/Olson 1977) können wahrgenommene Kosten anhand von drei Dimensionen konzeptualisiert werden: Empfindung der Preisinformation (Preisbelastung), Verständnis und Verarbeitung der Preisinformation (Berechnungsaufwand) sowie die Bildung einer Einstellung (Bewertungsaufwand). Die kognitiven Kosten im Preisentscheidungsprozess werden in Anlehnung an die wahrgenommene Preiskomplexität aus Kapitel 2 konzeptualisiert und operationalisiert, da wahrgenommene Preiskomplexität als kognitive Belastung definiert wurde. Die erste Dimension wahrgenommener Kosten, die Preisbelastung, bezieht sich auf die Anzahl von Preiselementen, mit denen sich ein Kunde befassen muss (vgl. Jacoby 1977). Die zweite Dimension, der Berechnungsaufwand, bezieht sich auf die wahrgenommene Schwierigkeit, einen Endpreis zu berechnen. Dies steht im Einklang mit Forschungsarbeiten zur Preisinformationsverarbeitung, die gezeigt haben, dass komplexe Stimuli zu Schwierigkeiten bei der Berechnung eines Preises führen (vgl. Monroe/Lee 1999; Thomas/Morwitz 2009). Die dritte Dimension, der Bewertungsaufwand, bezieht sich auf die wahrgenommene Schwierigkeit, einen Gesamtpreis zu bewerten. Wenn Auswahlmöglichkeiten und Komplexität steigen, haben Kunden Schwierigkeiten, die Günstigkeit eines Angebots gegenüber alternativen Angeboten zu bewerten (vgl. Garbarino/Edell 1997; Heitmann/Lehmann/Herrmann 2007).
68
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
In der vorliegenden Studie werden zwei Konzepte herangezogen, um zu erklären, warum Auswahl wahrgenommene Kosten erhöht: das Konzept der Informationsüberlastung und die Informationsintegrationstheorie. Im Allgemeinen sind Konsumenten in ihrer Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten, beschränkt (vgl. z.B. Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra 1982). Mehr Optionen steigern den Umfang der Informationsbelastung, was zu einem Anstieg der kognitiven Kosten führen sollte. Die Forschung zur Überlastung der Konsumenten deutet darauf hin, dass sich eine größere Auswahl direkt auf die Kaufentscheidung auswirken kann, indem z.B. Entscheidungen aufgeschoben werden, auch wenn alle verfügbaren Optionen akzeptabel sind (vgl. z.B. Dhar 1997; Tversky/Shafir 1992). Die Informationsintegrationstheorie liefert Antworten auf die Frage, wie Kunden die verschiedenen Preisdimensionen einer Preisstruktur zu einem Gesamturteil zusammenfügen (vgl. Anderson 1982; Herrmann 1998, Herrmann/Wricke 1998). Die Theorie basiert grundlegend auf der Annahme, dass die Informationsintegration anhand einfacher kognitiver Algebra erfolgt. Die Gesamturteilsbildung erfolgt in vier sequentiellen Schritten (vgl. Abbildung 9).
Preisdimensionen
Subjektive Beurteilung
P1
S1
P2
S2
P3
S3
Integrationsfunktion
I
Reaktion
R
Abbildung 9: Übersicht Informationsintegrationstheorie
Zunächst treffen mehrere Reize auf den Organismus eines Individuums. Im Fall komplexer Preisstrukturen sind dies die verschiedenen Preisdimensionen. Die Theorie geht davon aus, dass jede Preiskomponente (z.B. Anzahlung, monatliche Raten, Laufzeit und Finanzierungsansatz) separat beurteilt wird. Anhand einer individuellen Bewertungsfunktion werden diese Reize in subjektive Teilurteile umgewandelt. Ein Teilurteil könnte z.B. die Preisgünstigkeit eines Preiselements sein. Wenn es viele Teilelemente
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
69
(Preise) gibt und diese schwierig zu beurteilen sind, gibt es Probleme bei der Integration der Teilkomponenten zu einem Gesamtbild. Die Verschiedenheit und Verknüpfungen der Preisdimensionen beeinflussen demnach die Schwierigkeit der Informationsintegration. Als letzter Schritt erfolgt die beobachtbare Reaktion, die aus dem Gesamturteil resultiert (vgl. Anderson 1982). Je einfacher ein Preissystem gestaltet ist, desto einfacher fallen dem Verbraucher die Verarbeitung der einzelnen Komponenten und das Zusammenfügen der Einzelinformationen zu einem Gesamturteil. Mehr Optionen innerhalb eines Preissystems erhöhen die Anzahl der Preisdimensionen und machen es folglich für den Kunden schwieriger, die Optionen in einer Gesamtbeurteilung zu integrieren. Herrmann/Wricke (1998) beispielsweise zeigen, dass ein Anstieg der Anzahl von Preisdimensionen einen negativen Effekt auf die Richtigkeit der Preisbeurteilung hat. Zusammenfassend postulieren beide Theorien, dass größere Auswahl zu höheren wahrgenommenen Kosten führt: H1a:
Auswahl innerhalb eines Preissystems hat einen positiven Effekt auf wahrgenommene Kosten.
Auf der anderen Seite legen empirische Ergebnisse sowie grundlegende psychologische und volkswirtschaftliche Theorien nahe, dass Auswahlmöglichkeiten auch positiv wahrgenommen werden. Daher wird in der vorliegenden Forschungsarbeit neben wahrgenommenen Kosten auch wahrgenommener Nutzen der Auswahl betrachtet. Der wahrgenommene Nutzen der Auswahl wird mit Bezug auf die vom Kunden subjektiv wahrgenommene Kontrolle im Entscheidungsprozess konzeptualisiert (vgl. Wathieu et al. 2002; Wortman 1975). Nach Hui/Bateson (1991) kann wahrgenommene Kontrolle auf drei verschiedene Arten operationalisiert werden: Verhaltenskontrolle, kognitive Kontrolle und Entscheidungskontrolle. Lediglich Entscheidungskontrolle bezieht sich auf die gefühlte Kontrolle im Entscheidungsprozess, die bedingt wird durch die Anzahl der Auswahlmöglichkeiten. Diese Kontrolle bezieht sich darauf, eine Alternative aus einer Auswahl auswählen zu können, die den Bedürfnissen des Kunden entspricht. Dies kann wiederum zu positiven psychologischen Ergebnissen und Verhaltensweisen führen (vgl. Averill 1973; Wortman 1975).
70
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
Die daraus resultierende Vermutung ist, dass Auswahl im Rahmen eines Preissystems den wahrgenommenen Nutzen steigert. Diese Hypothese wird folgendermaßen begründet: Erstens weisen psychologische Theorien darauf hin, dass die Möglichkeit, aus verschiedenen Optionen wählen zu können, oft als wichtige Voraussetzung für persönliche Freiheit gesehen wird, was zu höherer wahrgenommener Kontrolle führt (vgl. Kreps 1979). Zweitens deuten konventionelle Theorien an, dass es fast immer besser ist, mehr Optionen als wenige Optionen zu haben (vgl. Schwartz 2004b). Mehr Auswahlmöglichkeiten reduzieren beispielsweise die Suchkosten, da Alternativen von verschiedenen Anbietern nicht in Betracht gezogen werden müssen. Sie erlauben auch eine einfachere Übereinstimmung individueller Bedürfnisse mit den Angeboten des Marktes (vgl. Zuckermann et al. 1978). Dementsprechend wird es für einen Kunden einfacher, eine Option zu finden, die seinem Nutzungsverhalten entspricht, wenn die Anzahl von Wahlmöglichkeiten innerhalb eines Preissystems ansteigt. H1b:
3.2.3
Auswahl innerhalb eines Preissystems hat einen positiven Effekt auf den wahrgenommenen Nutzen der Auswahl. Kosten- und Nutzenwahrnehmungen und Entscheidungssicherheit
Entscheidungssicherheit ist in der Regel eine wichtige Ergebnisvariable im Kaufentscheidungsprozess (vgl. Payne/Bettman/Johnson 1992). Forschungsergebnisse bezüglich Preisvergleiche deuten darauf hin, dass Beurteilungen der Sicherheit die Selbstwahrnehmung des Käufers bezüglich der Genauigkeit der Kaufentscheidung reflektieren (vgl. Mazumdar/Monroe 1992). In der vorliegenden Studie wird Entscheidungssicherheit als die subjektive Bewertung des Konsumenten definiert, ob die ausgewählte Option seinen eigenen Bedürfnissen bestmöglich entspricht (vgl. Park/Lessig 1981). Empirische Ergebnisse zu dem Zusammenhang zwischen Auswahl und Entscheidungssicherheit liefern keine eindeutigen Erkenntnisse. Einige Studien stellen keinen signifikanten direkten Effekt der Auswahl auf Entscheidungssicherheit fest (vgl. Iyengar/Lepper 2000; Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra 1982), weitere Autoren weisen einen negativen Effekt nach (vgl. Heitmann/Lehmann/Herrmann 2007; Lee/Lee 2004). Reutskaja/Hogarth (2009) z.B. haben eine umgekehrt u-förmige Funktion beobachtet. In Anbetracht dieser divergierenden Ergebnisse bezieht die vorliegende Studie sowohl
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
71
Kosten (negativer Effekt) als auch Nutzen der Auswahl (positiver Effekt) in einen Untersuchungsrahmen mit ein und verknüpft diese beiden Konstrukte mit Entscheidungssicherheit. Daher können positive und negative Effekte der Auswahl auf Entscheidungssicherheit erfasst werden. Im Folgenden wird postuliert, dass wahrgenommene Kosten einen negativen Effekt und wahrgenommener Nutzen einen positiven Effekt auf Entscheidungssicherheit haben. Die Herleitung der negativen und positiven Effekte der Konsumentenwahrnehmung auf Entscheidungssicherheit stützt sich auf das Modell des „constructive consumer choice process“ von Bettman/Luce/Payne (1998). Wie in Abschnitt 2.3.2 ausführlich beschrieben wurde, bilden vier Entscheidungsziele die Basis für die Entscheidungsfindung der Konsumenten: Kunden versuchen, die Genauigkeit ihrer Entscheidung zu maximieren, ihren kognitiven Aufwand zu minimieren, das Erlebnis negativer Emotionen im Entscheidungsfindungsprozess zu minimieren und die Bequemlichkeit der Entscheidungsrechtfertigung zu maximieren. Bei der Betrachtung von Auswahl im Pricing wird der Fokus in der vorliegenden Studie auf die beiden Hauptziele des Modells gelegt, nämlich die Maximierung der Genauigkeit und die Minimierung des Aufwands (vgl. Bettman/Luce/Payne 1998). Auf der einen Seite steigern mehr Auswahlmöglichkeiten die wahrgenommenen Kosten, die im Bewertungsprozess entstehen (H1a). Ein Anstieg der wahrgenommenen Kosten in Form von höherer kognitiver Belastung steigert den Aufwand im Entscheidungsfindungsprozess. Dies könnte den Kunden davon abhalten, die richtige Entscheidung entsprechend seines Nutzungsverhaltens zu treffen, was sich negativ auf die Entscheidungssicherheit auswirken sollte. Auf der anderen Seite erleichtert eine größere Auswahl dem Kunden, die passende Option auszuwählen, was den wahrgenommenen Nutzen erhöht (H1b). Ein Anstieg des wahrgenommenen Nutzens sollte daher die Richtigkeit des Entscheidungsprozesses positiv beeinflussen und zu größerer Entscheidungssicherheit führen. Dementsprechend werden folgende divergierenden Effekte auf die Entscheidungssicherheit postuliert: H2a:
Wahrgenommene Kosten der Auswahl beeinflussen die Entscheidungssicherheit negativ.
72
H2b:
3.2.4
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
Wahrgenommener Nutzen der Auswahl beeinflusst die Entscheidungssicherheit positiv. Preiskomplexität, Kosten- und Nutzenwahrnehmungen und Entscheidungssicherheit
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass divergierende Ansichten über die Konsequenzen bestehen, die aus der Wahlmöglichkeit zwischen vielen Optionen resultieren. Daher wird zunächst ein weiteres Merkmal eines Preissystems betrachtet, die Preiskomplexität (vgl. Untersuchungsrahmen in Abbildung 8). In der vorliegenden Forschungsarbeit wird Preiskomplexität (in Anlehnung an Kapitel 2 der Arbeit) als die Größe und die Heterogenität einer Preisstruktur definiert (vgl. Damanpour 1996; Dellaert/Stremersch 2005; Duncan 1972). Aus diesem Grund wird Preiskomplexität durch folgende Faktoren bestimmt: die Gesamtzahl von Preiselementen innerhalb einer Preisstruktur, die Heterogenität verschiedener Zahlen und die Heterogenität der Berechnungen. Die Anzahl der Optionen eines Preissystems erhöht allerdings ebenfalls die Gesamtzahl der Elemente, die verarbeitet werden müssen. Aus diesem Grund wird Preiskomplexität als die Komplexität innerhalb einer Preisoption betrachtet und somit die Zahl der Elemente innerhalb einer Option variiert. Es wird postuliert, dass neben einer erhöhten Anzahl von Optionen ein hohes Niveau der Preiskomplexität die wahrgenommenen Kosten der Auswahl steigert. Im Allgemeinen wird dies damit begründet, dass eine gesteigerte kognitive Belastung, die durch eine erhöhte Anzahl an Preiselementen und durch die Heterogenität des Preissystems verursacht wird, zu höheren wahrgenommenen Kosten führt (vgl. Bettman/Johnson/Payne 1990). Die Konfrontation mit komplexen Preisen führt zu erhöhtem psychischen Stress und geringerer Entscheidungsgenauigkeit (vgl. Dehaene 1992; Estelami 2003; Hitch 1978). Verschiedene Rechnungen innerhalb eines Preisangebots erfordern die Anwendung mehrerer Rechenregeln, viele kognitive Verarbeitungsschritte und dementsprechend mehr kognitive Ressourcen (vgl. Dehaene 1992). Wenn Bewertungsprozesse komplexer werden und höhere kognitive Kosten hervorrufen, dann reduzieren sie schließlich die Entscheidungssicherheit (vgl. Heitmann/Lehmann/ Herrmann 2007). Daher werden folgende Hypothesen aufgestellt:
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
73
H3a:
Preiskomplexität hat einen positiven Einfluss auf die wahrgenommenen Kosten.
H3b:
Preiskomplexität hat einen negativen Effekt auf die Entscheidungssicherheit.
3.2.5
Situative Variablen, Kosten- und Nutzenwahrnehmungen und Entscheidungssicherheit
Bettman/Luce/Payne (1998) zeigen, dass sich der subjektive Entscheidungsaufwand und die subjektive Entscheidungsgenauigkeit in Abhängigkeit von Umweltbedingungen ändern können. Die vorliegenden Studien untersuchen, wie Kundenwahrnehmungen einer variierenden Anzahl von Optionen durch zwei situative Faktoren zusätzlich beeinflusst werden. Diese beiden Faktoren wurden als wichtige Variablen in der Preisforschung identifiziert: die Unsicherheit eines Kunden über sein zukünftiges Nutzungsverhalten und das Preisniveau (vgl. Abbildung 8). Zunächst wird die Nutzungsunsicherheit definiert als die Schwierigkeit der Kunden, ihr eigenes Nutzungsverhalten vorherzusagen (vgl. Iyengar/Ansarari/Gupta 2007; Nunes 2000). Wenn Kunden Schwierigkeiten haben, ihre zukünftige Nutzung richtig einzuschätzen, ist es sehr schwierig für sie, die beste Alternative aus allen Möglichkeiten zu finden. Die beschränkte Fähigkeit der Kunden, ihre zukünftige Nutzung zu antizipieren, ist ein vielbeachtetes Phänomen im Dienstleistungskontext. Narayanan/Chintagunta/Miravete (2007) haben z.B. ein Modell für die Entscheidungsfindung im Dienstleistungkontext entwickelt, indem sie u.a. Unsicherheit über die zukünftige Nutzung integriert haben. Iyengar/Ansari/Gupta (2007) entwickelten z.B. ein Modell, um die Kundenunsicherheit im Telekommunikationskontext zu erfassen und zusätzlich integrierte Lerneffekte abzubilden. Es wird im Folgenden angenommen, dass Nutzungsunsicherheit wahrgenommene Kosten positiv und Entscheidungssicherheit negativ beeinflusst. Conchar et al. (2004) betrachten Unsicherheit über die zukünftige Nutzung als eine Dimension wahrgenommenen Risikos. Daher werden die angenommenen Effekte basierend auf diesem Konzept begründet (vgl. Conchar et al. 2004).
74
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
Wahrgenommenes Risiko wird als eine Dimension der Entscheidungskosten angesehen und bildet einen integrativen Bestandteil des Entscheidungsfindungsprozesses. Risikoverarbeitung kann deshalb ebenfalls in das Aufwand-Genauigkeits-Schema nach Bettman/Luce/Payne (1998) integriert werden, abhängig von situativen Faktoren und Zielen der Entscheidung (vgl. Bettman/Luce/Payne 1998). Auf einer Kosten-Nutzen Basis ist ein hohes Niveau an Unsicherheit mit einem hohen Risikoniveau verbunden, was die psychologischen Kosten im Entscheidungsprozess steigert. Dies wird auch in H4a postuliert. Darüber hinaus wird in H4b angenommen, dass ein hohes Niveau der Nutzungsunsicherheit negativ mit Entscheidungssicherheit verknüpft ist. H4a:
Nutzungsunsicherheit hat einen positiven Effekt auf wahrgenommene Kosten.
H4b:
Nutzungsunsicherheit hat einen negativen Effekt auf Entscheidungssicherheit.
Der weitere zusätzliche Treiber von Kosten- und Nutzenwahrnehmungen, der im Folgenden betrachtet wird, ist das Preisniveau (vgl. Untersuchungsrahmen in Abbildung 8). Dienstleistungsunternehmen bieten in der Regel eine Reihe verschiedener Leistungen an, die jeweils ein spezielles Marketing und differenzierte Preisstrategien im Sinne von niedrigen und hohen Preisen verlangen (vgl. Shugan/Desiraju 2001). Daher werden mithilfe einer unabhängigen Variablen Niedrig- und Hochpreissegmente gegenübergestellt. Es ist erwähnenswert, dass das Preisniveau nicht als „billig“ im Vergleich zu „teuer“ bei gleichem Leistungsangebot variiert wird, sondern als ein Vergleich von niedrigem Preis – niedriger Leistung versus hohem Preis – hoher Leistung variiert wird. Insbesondere wird angenommen, dass das Preisniveau den wahrgenommenen Nutzen der Auswahl im Pricing beeinflusst, da – ceteris paribus – ein Kunde in einem Hochpreissegment mehr Aufwand betreiben sollte, um eine Dienstleistung zu bewerten, als in einem Niedrigpreissegment (vgl. Monroe 2003). Frühere Arbeiten haben gezeigt, dass Kunden die präsentierten Informationen wahrscheinlich systematischer verarbeiten, wenn sie im Entscheidungsfindungsprozess hoch motiviert sind (vgl. z.B. Suri/Monroe 2003). Eine systematische Informationsverarbeitung beinhaltet einen eher analytischen Ansatz, bei dem Konsumenten mehr Informationen für die Entscheidungsfindung in Betracht ziehen, im Vergleich zu nicht-motivierenden Situationen
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
75
(vgl. Eagly/Chaiken 1993). Daher wird angenommen, dass Konsumenten in einem Hochpreissegment einen höheren Nutzen aus vielen Auswahlmöglichkeiten ziehen als in einem Niedrigpreissegment. Es wird kein weiterer direkter Effekt des Preisniveaus auf die Entscheidungssicherheit postuliert, da ein höheres Preisniveau die beiden Ziele der konstruktiven Entscheidungsfindung nach Bettman/Luce/Payne (1998), die Minimierung des Aufwands und die Maximierung der Genauigkeit, nicht beeinflussen sollte. Somit besagt H5: H5:
Das Preisniveau hat einen positiven Effekt auf den wahrgenommenen Nutzen.
3.3 Studie 1 – Zusammenhang zwischen Auswahlmöglichkeiten und Kostenund Nutzenwahrnehmungen 3.3.1
Überblick
Wie in Abschnitt 3.1 beschrieben, wurde der Effekt der Auswahl im Pricing auf Kosten- und Nutzenwahrnehmungen in der bisherigen Forschung noch nicht untersucht. Daher ist das Hauptziel der ersten Studie, die Hypothesen H1a und H1b empirisch zu testen. Diese Hypothesen besagen, dass die Anzahl der Optionen sowohl die Kostenals auch die Nutzenwahrnehmung der Kunden positiv beeinflusst. Darüber hinaus wird der Einfluss der Preiskomplexität auf Kosten- und Nutzenwahrnehmungen als zusätzliches Merkmal eines Preissystems betrachtet. Die involvierten Variablen der ersten Studie wurden in Abbildung 8 gezeigt. 3.3.2
Studienaufbau
Für die empirische Analyse wurde wie bereits in den Studien des zweiten Kapitels die Telekommunikationsbranche heranzogen, da Mobilfunktarife oft aus mehreren Optionen und verschiedenen Niveaus der Preiskomplexität bestehen. Es wurden beide unabhängigen Variablen, Auswahl und Preiskomplexität, in einem 2 x 2 BetweenSubjects-Design manipuliert. Um realistische Niveaus der Anzahl der Optionen und
76
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
der Preiskomplexität zu gewährleisten, wurden Mobilfunktarife in Europa und den USA vorab analysiert. Bezüglich der Auswahl wurden in Studie 1 die experimentellen Niveaus „eine Option“ und „drei Optionen“ gewählt. Eine Option wurde als das niedrigste Niveau der unabhängigen Variablen „Auswahl“, drei Optionen als das höchste Niveau gewählt, da diese beiden Ausprägungen die vorherrschenden Formen in der Praxis repräsentieren. Preiskomplexität wurde mithilfe der beiden Ausprägungen „niedrig“ und „hoch“ entsprechend der drei Dimensionen manipuliert: die Anzahl der Elemente, die Heterogenität der Berechnungen und die Heterogenität der Zahlen des Preissystems. Das resultierende Szenario niedriger Komplexität beinhaltet niedrige Ausprägungen in allen Dimensionen, das resultierende Szenario hoher Komplexität beinhaltet hohe Ausprägungen in allen Dimensionen der Komplexität. Entsprechend der vorgenommenen Manipulation wurden vier verschiedene Tarife konstruiert. Die zwei Tarife mit einer Option und jeweils hoher und niedriger Komplexitätsausprägung wurden in Anlehnung an die beschriebene Manipulation in Kapitel 2 gestaltet und werden deshalb nicht mehr explizit in der Abbildung berücksichtigt. Die zwei neuen Szenarien mit drei Optionen und jeweils hoher und niedriger Komplexitätsausprägung sind in Abbildung 10 dargestellt.
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
77
Best Talk Tariff (Szenario: Drei Optionen x Einfach) Grundgebühr pro Monat (€) (inkl. aller SMS und Mailboxabfragen)
Option 1
Option 2
Option 3
5,00
15,00
25,00
Telefonate “Tele Best” Kunden (€/min.)
0,10
0,05
0,05
Festnetz (€/min.)
0,10
0,10
0,05
Sonstige Mobilfunknetze (€/min.)
0,30
0,10
0,05
Option 1
Option 2
Option 3
6,00
18,00
23,00
Best Talk Tarif (Szenario: Drei Optionen x Komplex) Grundgebühr pro Monat (€) Telefonate “Tele Best” Kunden (€/min.)
0,00
0,00
0,00
Festnetz (€/min.)
0,17
0,14
0,20
Sonstige Mobilfunknetze (€/min.)
0,19
0,16
0,13
0,18
0,12
0,08
Mailbox (€/pro Abfrage)
0,20
0,10
0,05
Rabatt pro Monat (€)
-0,00
-10,00
-9,00
Anschlussgebühr (€) – nur im ersten Monat
26,00
22,00
14,00
Willkommensrabatt (€) – nur im ersten Monat
-26,00
-22,00
-14,00
SMS Alle Netze (€/SMS) Gratis: 50 SMS jeden Monat
Abbildung 10: Manipulation von Auswahl und Preiskomplexität
Wie auch in den Studien in Kapitel 2 bezieht sich ein niedriges Niveau der Preiskomplexität nicht auf einen Flatrate-Tarif. In den fiktionalen Szenarien wurde keine Flatrates verwendet, um Verwirrung durch einen Flatrate- oder Pay-Per-Use-Bias zu vermeiden (vgl. Lambrecht/Skiera 2006). 3.3.3
Stichprobe und Aufbau des Experiments
Die Stichprobe bestand aus 290 Bachelor-Studenten aus verschiedenen Fachrichtungen der Universität Mannheim. Die Teilnehmer wurden den vier Szenarien zufällig zugeordnet.
78
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
Den Teilnehmern wurde erklärt, dass ihr aktueller Mobilfunkvertrag (35€ pro Monat) bald ausliefe und dass sie zu einem neuen und billigeren Tarif desselben Anbieters wechseln wollten. Zusätzlich wurden die Teilnehmer mit einer Übersicht ihres durchschnittlichen Nutzungsverhaltens konfrontiert, um unterschiedliche Ausprägungen der Nutzungsunsicherheit zu kontrollieren (vgl. Nunes 2000). Unabhängig von den vier Szenarien erhielt jeder Teilnehmer die gleiche Übersicht zur durchschnittlichen monatlichen Nutzung von Anrufen und Textnachrichten. Jeder Teilnehmer wurde dann mit einem der vier Tarife konfrontiert, die sich in der Anzahl der Wahlmöglichkeiten und dem Komplexitätsniveau unterschieden. Um sicherzustellen, dass sich alle Teilnehmer eine gewisse Zeit mit dem Tarif beschäftigten und um ein realistisches experimentelles Szenario zu erstellen, wurden alle gebeten, den Endpreis des Tarifes anzugeben. Die Teilnehmer, die mit dem DreiOptionen-Tarif konfrontiert wurden, sollten außerdem ihre Präferenz für eine der drei Optionen nennen. Entsprechend dem vorgegebenen monatlichen Nutzungsverhalten würden beide Tarife mit nur einer Option jeweils 30€ kosten. Die Preissysteme, die drei Optionen enthielten, waren folgendermaßen aufgebaut: 30€ für die mittlere Option und 35€ für die beiden anderen Optionen (basierend auf dem vorgegebenen Nutzungsverhalten). Dies bedeutet, dass die Wahl der „richtigen“ Option im DreiOptionen-Szenario den Konsumenten ebenfalls mit dem neuen Tarif besser stellen würde. Schließlich wurden die Teilnehmer darum gebeten, ihre Kosten- und Nutzenwahrnehmungen anzugeben. Die Teilnehmer vervollständigten zudem Manipulationschecks für die Anzahl der Optionen und für die Preiskomplexität. Zusätzlich wurden verschiedene Kontrollvariablen wie Alter, Geschlecht und die monatlichen Ausgaben für die Mobilfunknutzung der Teilnehmer gemessen. 3.3.4
Messung der Konstrukte
Um wahrgenommenen Nutzen und wahrgenommene Kosten der Auswahl zu erfassen, wurden bereits vorhandene Skalen angepasst und kontextspezifische Indikatoren hinzugefügt. Die Skalen für wahrgenommene Kosten und wahrgenommenen Nutzen wur-
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
79
de mit einer Studentenstichprobe vorab getestet. Beide Konstrukte wurden mithilfe von Multi-Item Messungen erfasst. Die Teilnehmer wurden befragt, wie sie die Kosten und den Nutzen des Preissystems wahrnehmen. Dies wurde auf einer 7-Punkt-LikertSkala gemessen, die von „Stimme überhaupt nicht zu“ (1) bis „Stimme voll und ganz zu“ (7) reichte. Die wahrgenommenen Kosten wurden als Konstrukt zweiter Ordnung mit den folgenden drei Dimensionen gemessen (Preisbelastung, Berechnungsaufwand und Bewertungsaufwand). Die Indikatoren lehnen sich an die Indikatoren der Messung der wahrgenommenen Preiskomplexität in Tabelle 7 in Abschnitt 2.3.3.3 an. Die interne Konsistenz der Skalen war für alle drei Dimensionen sehr gut (Cronbachsche Alpha
Preisbe-
lastung = 0,90; Cronbachsche Alpha Berechnungsaufwand = 0,90; Cronbachsche Alpha Bewertungsaufwand
= 0,82). Die interne Konsistenz des übergreifenden Konstrukts (die Mittelwerte
der aggregierten Indikatoren der drei Dimensionen) war ebenfalls sehr gut (Cronbachsche Alpha wahrgenommene Kosten = 0,85). Daher wurde dieser Mittelwert für weitere Analysen genutzt. Zweitens wurde wahrgenommener Nutzen mit den folgenden fünf Indikatoren gemessen: „Der Tarif ermöglicht es mir, eine Option zu wählen, die sich am besten mit meinem Nutzungsverhalten deckt.“, „Ich kann die für mich beste Option wählen.“, „Ich habe die Freiheit, das zu wählen, was ich möchte.“, „Der Tarif ist auf meine individuellen Bedürfnisse zugeschnitten.“ und „Der Tarif erlaubt mir Flexibilität.“ (vgl. Hui/Bateson 1991; Wathieu et al. 2002; Wortman 1975). Die interne Konsistenz der Skala war gut (Cronbachsche Alpha = 0,80). In weiteren Analysen wurde ebenfalls der Mittelwert der Indikatoren genutzt. 3.3.5
Ergebnisse
Erstens zeigt die Analyse der Manipulationschecks, dass die Manipulation der beiden unabhängigen Variablen erfolgreich war. Die entsprechenden Indikatoren waren „Der Tarif bietet mir gute Auswahlmöglichkeiten.“ und „Der Tarif ist komplex.“ Die Bewertungen reichten wiederum von „Stimme überhaupt nicht zu“ (1) bis „Stimme voll und ganz zu“ (7). Die Teilnehmer bewerteten die Auswahl des Szenarios mit nur einer Op-
80
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
tion (M = 1,88; SA = 1,12) substanziell niedriger als die Auswahl des Szenarios mit mehreren Optionen (M = 5,48; SA = 1,37; F (1, 288) = 603,36, p < 0,01). Der Tarif im Szenario mit niedriger Komplexität wurde als weniger komplex wahrgenommen (M = 2,89; SA = 1,59) als der Tarif im Szenario mit hoher Komplexität (M = 4,78; SA = 1,37; F (1, 288) = 117,84; p < 0,01). H1a und H1b besagen, dass Auswahl sowohl die Kosten- als auch die Nutzenwahrnehmungen positiv beeinflusst. H3a prognostiziert einen positiven Effekt zwischen Preiskomplexität und wahrgenommenen Kosten. Es wurde eine 2 x 2 MANOVA durchgeführt, um die Zusammenhänge zu testen. Die Anzahl der Optionen und die Preiskomplexität stellten die unabhängigen Variablen dar, wahrgenommene Kosten und wahrgenommener Nutzen die abhängigen Variablen. Die Resultate zeigen signifikante Werte für alle postulierten Haupteffekte. Ein Anstieg der Anzahl der Optionen erhöht sowohl wahrgenommene Kosten (F (3, 284) = 22,05; p < 0,01) als auch wahrgenommener Nutzen (F (3, 284) = 10,65; p < 0,01). Daher werden H1a und H1b bestätigt. Des Weiteren zeigen die Ergebnisse einen positiven Effekt von Preiskomplexität auf wahrgenommene Kosten (F (3, 284) = 69,12; p < 0,01). Wie erwartet ist der Effekt von Preiskomplexität auf wahrgenommenen Nutzen nicht signifikant (F (3, 284) = 0,00; p > 0,10). Deshalb wird auch H3a bestätigt. Die Analyse zeigt zudem einen signifikanten Interaktionseffekt zwischen der Anzahl der Optionen und der Preiskomplexität auf wahrgenommenen Nutzen (F (3, 284) = 8,35; p < 0,01). Der Interaktionseffekt auf wahrgenommene Kosten ist nicht signifikant (F (3, 284) = 1,48; p > 0,10). Abbildung 11 bietet einen Überblick über die Mittelwerte der wahrgenommenen Kosten und des wahrgenommenen Nutzens in den Szenarien mit niedriger und hoher Komplexität. Die deskriptive Analyse lässt erkennen, dass sowohl wahrgenommene Kosten als auch wahrgenommener Nutzen mit der Erhöhung der Anzahl der Optionen steigen. Zudem zeigt die deskriptive Analyse, dass Preiskomplexität ein weiterer wichtiger Treiber wahrgenommener Kosten der Auswahl ist. Der Interaktionseffekt deutet sogar darauf hin, dass der wahrgenommene Nutzen einer größeren Anzahl von Optionen abnimmt, wenn das Komplexitätsniveau steigt. Die Kontrollvariablen haben keinen signifikanten Einfluss gezeigt.
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
81
7 6
Nutzen Kosten
5 4,14
4 3,18
3
2,84
2
2,08
1 1 Option
3 Optionen
Niedrige Preiskomplexität
7 6
Nutzen Kosten
5 4 3
3,69
3,61
3,73 3,32
2 1 1 Option
3 Optionen
Hohe Preiskomplexität
Abbildung 11: Darstellung der Mittelwerte von Studie 1 (Kapitel 3)
Zusammenfassend zeigt Studie 1, dass Auswahlmöglichkeiten im Pricing, d.h. verschiedene Optionen innerhalb eines Preissystems, sowohl zu höheren wahrgenommenen Kosten als auch zu höherem wahrgenommenem Nutzen führen. Preiskomplexität ist zudem ein wichtiger zusätzlicher Treiber wahrgenommener Kosten. Diese Erkenntnis ist deckungsgleich mit den Ergebnissen aus Studie 1 von Kapitel 2.
82
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
3.4 Studie 2 – Einfluss weiterer situativer Variablen und Auswirkungen auf die Entscheidungssicherheit 3.4.1
Untersuchungsdesign
Ziel der Studie 2 ist, alle Variablen des Modells in Abbildung 8 zu adressieren und die Ergebnisse der Studie 1 zu validieren. Es wird die Vermutung getestet, dass Kostenund Nutzenwahrnehmungen die Entscheidungssicherheit asymmetrisch beeinflussen. Weiterhin wird erwartet, dass Entscheidungssicherheit durch wahrgenommenen Nutzen positiv und durch wahrgenommene Kosten negativ beeinflusst wird. Drittens wird untersucht, ob Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von zusätzlichen situativen Treibern beeinflusst werden. Als situative Treiber kommen neben internen Merkmalen eines Preissystems wie die Anzahl der Optionen und die Preiskomplexität, Unsicherheit bezüglich des Nutzungsverhaltens und das Preisniveau in Frage. Das Untersuchungsdesign der Studie 2 ist ähnlich zu dem Aufbau der Studie 1, die in Abschnitt 3.3 vorgestellt wurde. Wie auch in Studie 1 wurde die Telekommunikationsbranche für die Untersuchung ausgewählt. Die Auswahlmöglichkeiten eines Preissystems wurden anders als in Studie 1 durch eine, drei und fünf Optionen dargestellt. Preiskomplexität und die beiden zusätzlichen Variablen Nutzungsunsicherheit und Preisniveau wurden jeweils mit den Ausprägungen „niedrig“ und „hoch“ manipuliert. Es wurde ein reduziertes experimentelles Design, bestehend aus 12 Szenarien, gewählt (anstelle eines kompletten 3 x 2 x 2 x 2 Between-Subjects-Design). Konkret bedeutet dies, dass die Auswahl des Preissystems mit jeder zusätzlichen Kontextvariablen kombiniert wurde, es wurde jedoch darauf verzichtet alle unabhängigen Variablen miteinander zu kombinieren. Entsprechend dieser Manipulation bildeten die Szenarien vier Teilstichproben, die in Tabelle 14 dargestellt sind.
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
83
Unabhängige Variablen Sub Gruppen
„Kontrollgruppe”
„Hohe Preiskomplexität”
„Hohe Unsicherheit”
„Hohes Preisniveau”
Szenario
Anzahl der Optionen
Preiskomplexität
Nutzungsunsicherheit
Preisniveau
1
1
-
-
-
2
3
-
-
-
3
5
-
-
-
4
1
+
-
-
5
3
+
-
-
6
5
+
-
-
7
1
-
+
-
8
3
-
+
-
9
5
-
+
-
10
1
-
-
+
11
3
-
-
+
12
5
-
-
+
Notation: „-“ bedeutet niedrig und „+” bedeutet hoch ausgeprägt Tabelle 14: Manipulation der unabhängigen Variablen in Studie 2 (Kapitel 3)
3.4.2
Stichprobe und Aufbau des Experiments
Die Stichprobe bestand aus 477 Teilnehmern eines Online-Panels, die den Szenarien zufällig zugeordnet wurden. Das Experiment wurde computergestützt durchgeführt und die Teilnehmer wurden vorab per E-Mail rekrutiert. Als Belohnung wurden nach dem Experiment zehn Gutscheine eines Internet-Buchhändlers verlost. Der generelle Ablauf verlief ähnlich wie in Studie 1. Erstens erhielt jeder Teilnehmer im Rahmen der Einführung der experimentellen Studie Informationen zu seinem durchschnittlichen monatlichen Nutzungsverhalten. Wie in Studie 1 erhielt jeder Teilnehmer der Szenarien 1 - 6 das gleiche durchschnittliche Nutzungsverhalten. Dadurch ergab sich ein Preis von 35€ für den alten Tarif und ein Preis von 30€ für den neuen Tarif. Entsprechend würde der Tarif mit nur einer Option 30€ kosten und die mittlere
84
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
Option des Tarifes mit mehreren Optionen würde auch 30€ kosten. Gleichzeitig wurden alle anderen Optionen so gestaltet, dass sie 35€ kosten würden. Gemäß der Manipulation der Unsicherheit erhielten die Teilnehmer in den Gruppen 1 - 6 sowie 10 - 12 konkrete Zahlen (identisch mit den Stimuli, die in Studie 1 genutzt wurden), wohingegen Teilnehmer in den Gruppen 7 - 9 die oben erläuterte Nutzungsbandbreite erhielten. In den Szenarien mit Hochpreisniveau (10 – 12) wurden die Teilnehmer mit einem anderen Einleitungstext konfrontiert. Anstatt den Teilnehmern zu sagen, dass ihr alter Tarif 35€ kostete, wurde ihnen vermittelt, dass sie gerne einen Tarif mit einem neuen High-Tech Handy kaufen möchten, da sie die entsprechenden Funktionen regelmäßig nutzen würden. Die Internetnutzung wurde in das durchschnittliche Nutzungsverhalten eingebunden (neben Anrufen, Mailboxabfragen und Textnachrichten). Der erwartete Preis für den Vertrag war 85€. Dieser Preis wurde basierend auf bestehenden Tarifen gewählt. Der Tarif wurde in Anlehnung an die Niedrigpreis-Szenarien 1 - 9 so gestaltet, dass der neue und günstigere Preis bei 75€ liegen würde. Dementsprechend würden der Tarif mit nur einer Option und die mittlere Option des Szenarios mit mehreren Optionen 75€ kosten. Die anderen Optionen würden 85€ kosten. Wie in Studie 1 wurden die Teilnehmer, die mit dem Tarif mit mehreren Optionen konfrontiert wurden, gebeten, ihre Präferenz für eine der drei oder fünf Optionen anzugeben. Zudem sollten sie den Preis des Angebots schätzen. Durch diesen Ablauf wurde sichergestellt, dass sich alle Teilnehmer eine gewisse Zeit mit den experimentellen Anforderungen beschäftigten. Anschließend wurden die Teilnehmer aufgefordert, ihre wahrgenommenen Kosten und ihren wahrgenommenen Nutzen sowie ihre Entscheidungssicherheit anzugeben. Anschließend wurden Manipulations-Checks für alle unabhängigen Variablen durchgeführt. Schließlich wurde neben anderen Kontrollvariablen die Erfahrung der Teilnehmer im Bereich Mobilfunktarife gemessen. Individuen mit hoher Erfahrung sind besser in der Lage, sich mit komplexen Anforderungen auseinanderzusetzen, als Individuen mit niedriger Erfahrung (vgl. z.B. Alba/Hutchinson 1987; Spence/Brucks 1997). Außerdem deuten frühere Forschungsergebnisse an, dass Branchenerfahrung wahrgenommene Kosten senkt und wahrgenommenen Nutzen steigert (vgl. Dellaert/Stremersch 2005).
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
3.4.3
85
Messung der Konstrukte
Alle abhängigen Variablen (wahrgenommene Kosten und wahrgenommener Nutzen der Auswahl sowie Entscheidungssicherheit und Branchenerfahrung) wurden mit Hilfe einer Multi-Item Messung und einer 7-Punkt Likert-Skala erhoben. Die Likert-Skala reichte von „Stimme überhaupt nicht zu“ (1) bis „Stimme voll und ganz zu“ (7). Wahrgenommene Kosten und wahrgenommener Nutzen wurden mit den gleichen Indikatoren wie in Studie 1 gemessen. Wie in Studie 1 sind auch hier die internen Konsistenzen der Skalen über alle vier Teilstichproben hinweg und für beide Konstrukte ausgezeichnet. Cronbachsches Alpha für die einzelnen Dimensionen der wahrgenommenen Kosten variiert zwischen 0,83 und 0,91 in den vier Teilstichproben. Bei der Konstruktmessung zweiter Ordnung der wahrgenommenen Kosten liegt das Cronbachsche Alpha zwischen 0,86 und 0,89. Das Cronbachsche Alpha des wahrgenommenen Nutzens variiert zwischen 0,89 und 0,92 in den vier Teilstichproben. Entscheidungssicherheit wurde in Anlehnung an Heitmann/Lehmann/Herrmann (2007) mit drei Items gemessen. Diese drei Items waren: „Ich war mir sicher, dass die gewählte Option meinen Präferenzen am besten entspricht.“, „Ich fühlte mich sicher, eine Option auszuwählen, die meinen Präferenzen am besten entspricht.“ und „Ich war überzeugt davon, eine Option auszuwählen, die meine Bedürfnisse am besten erfüllt.“. Die interne Konsistenz ist mit Werten zwischen 0,94 und 0,95 in allen vier Teilstichproben sehr gut. Branchenerfahrung wurde mit drei Indikatoren gemessen: „Ich bin sehr erfahren im Bereich Mobilfunktarife.“, „Ich weiß viel über Mobilfunktarife.“ und „Mein Wissen über Mobilfunktarife ist im Vergleich zum Rest der Bevölkerung sehr gut.“ (vgl. Mitchell/Dacin 1996). Wiederum ist die interne Konsistenz für alle vier Teilstichproben exzellent (das Cronbachsche Alpha liegt zwischen 0,94 - 0,96). 3.4.4
Ergebnisse
Als erstes wurde überprüft, ob die Manipulationen der unabhängigen Variablen erfolgreich waren. Die Ergebnisse der ANOVAs zeigen, dass alle Manipulationen erfolgreich waren: F Auswahl (2, 117) = 34,37; p < 0,01, F Komplexität (1, 237) = 32,00, p < 0,01; F Unsi-
86
cherheit
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
(1, 238) = 78,71; p < 0,01, F Preisniveau (1, 236) = 6,07; p < 0,01. Die dazugehöri-
gen Indikatoren waren: „Der Tarif bietet gute Auswahlmöglichkeiten.”, „Der Tarif ist komplex.”, „Ich war mir sicher in Bezug auf meine monatliche Nutzung.“ und „Der Tarif repräsentiert ein Hochpreissegment.“. Im Hinblick auf die Manipulation der Auswahlmöglichkeiten werden nur Ergebnisse der ersten Teilstichprobe gezeigt (Szenarien 1 – 3), da die Ergebnisse der anderen Teilstichproben deckungsgleich waren. Die grundlegende Argumentation in dieser Arbeit lautet, dass Auswahl in der Form von 1, 3 oder 5 Optionen sowohl wahrgenommene Kosten als auch wahrgenommenen Nutzen positiv beeinflusst (H1a und H1b). Diese Hypothesen und der Einfluss der zusätzlichen Kontrollvariablen Branchenerfahrung wurden mit einer MANCOVA einzeln für alle Teilstichproben getestet. Ein Anstieg der Anzahl der Optionen steigert sowohl wahrgenommene Kosten als auch wahrgenommenen Nutzen in allen Teilstichproben. Daher werden H1a und H1b ebenfalls in Studie 2 bestätigt. Außerdem ist Branchenerfahrung eine signifikante Kontrollvariable sowohl für Kosten- als auch für Nutzenwahrnehmungen. Tabelle 15 fasst die Ergebnisse der MANCOVA für alle vier Teilstichproben zusammen. Um die Vermutung zu testen, dass zusätzliche Treiber auch Kosten- und Nutzenwahrnehmungen der Auswahl beeinflussen, wurden MANCOVAs in verschiedenen Teilstichproben durchgeführt (H3a, H4a und H5). Daher wurde die erste Teilstichprobe „Kontrollgruppe“ immer mit einer der drei Teilstichproben „hohe Komplexität“, „hohe Unsicherheit“ und „hohes Preisniveau“ zusammengeführt. Dementsprechend wurden drei MANCOVAs erstellt. Dabei stellten die Anzahl der Optionen sowie die drei zusätzlichen Treiber die unabhängigen Variablen dar. Branchenerfahrung stellte die Kontrollvariable dar, wahrgenommene Kosten und wahrgenommener Nutzen waren die abhängigen Variablen. In allen Analysen wurden signifikante Haupteffekte der Auswahl festgestellt. Des Weiteren ist der Effekt von Preiskomplexität auf wahrgenommene Kosten wie erwartet signifikant (F (6, 232) = 75,34; p < 0,01) und der Effekt von Preiskomplexität auf wahrgenommenen Nutzen nicht signifikant (F (6, 232) = 0,93; p > 0,10). Deshalb wird H3a bestätigt. Zudem wurde angenommen, dass Unsicherheit die wahrgenommenen Kosten, ähnlich wie Preiskomplexität, positiv beeinflusst. Dieser Effekt ist signifikant
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
87
(F (6, 233) = 12,49; p < 0,01) und der Effekt von Nutzungsunsicherheit auf wahrgenommenen Nutzen ist nicht signifikant (F (6, 232) = 0,53; p > 0,10). Daher wird H4a bestätigt. Darüber hinaus wurde vermutet, dass das Preisniveau den wahrgenommenen Nutzen beeinflusst. Dieser Effekt war ebenfalls signifikant (F (6, 231) = 22,00; p < 0,01) und wie erwartet für wahrgenommene Kosten nicht signifikant (F (6, 231) = 1,82; p > 0,10). Somit wird H5 bestätigt. Außerdem wurde ein signifikanter Interaktionseffekt zwischen den beiden unabhängigen Variablen Auswahl und Preisniveau auf wahrgenommenen Nutzen festgestellt. Dies spiegelt sich auch im Anstieg der Nutzenkurve in Abbildung 12 wider. Die anderen Interaktionseffekte haben sich als nicht signifikant herausgestellt. Die Mittelwerte der Kosten- und Nutzenwahrnehmungen sind ebenfalls in Abbildung 12 dargestellt.
88
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
Abhängige Variablen Unabhängige und Kontrollvariablen
Wahrgenommene Kosten
Wahrgenommener Nutzen
F
F
Gruppe A: Kontrollgruppe + Hohe Preiskomplexität Auswahl (A)
13,34***
32,90***
Preiskomplexität (PK)
75,34***
0,93
A x PK
0,86
0,18
Branchenerfahrung
9,86***
15,50***
Gruppe B: Kontrollgruppe + Hohe Unsicherheit Auswahl (A)
13,34***
36,81***
Unsicherheit (U)
12,49***
0,53
AxU
1,20
0,64
Branchenerfahrung
13,53***
14,82***
Gruppe C: Kontrollgruppe + Hohes Preisniveau Auswahl (A)
7,90***
Preisniveau (PN)
1,82
A x PN
0,63
Branchenerfahrung
7,90***
61,52*** 22,00*** 3,47** 10,92***
***p < 0,01; **p < 0,05; *p < 0,01 Tabelle 15: Ergebnisse der MANCOVA (H3a, H4a, H5)
Bezüglich der dritten abhängigen Variablen, Entscheidungssicherheit, wird vermutet, dass sie von wahrgenommenen Kosten und wahrgenommenem Nutzen asymmetrisch beeinflusst wird (vgl. Abbildung 12). Folglich sollte Entscheidungssicherheit dort am höchsten sein, wo die Diskrepanz zwischen der Kosten- und der Nutzenkurve am größten ist (wenn der wahrgenommene Nutzen höher ist als die wahrgenommenen Kosten). Die resultierende Differenz der Mittelwerte der Entscheidungssicherheit passt zu den Kosten- und Nutzenkurven in den vier Teilstichproben.
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
7
89
7
Nutzen Kosten
6
Kontrollgruppe 6
Nutzen Kosten
Hohe Preiskomplexität
5
5 4,00
4,23
4
4,54 4,04
4 3,34
4,51
3,96
3
3 2,72
2,87
2,85
2,62 2
2 2,05
1
1 1
3
1
5
3
5
7
7 Nutzen
6
Hohe Unsicherheit 6
Kosten
Hohes Preisniveau
Nutzen Kosten
5,47 5
5
4,67
4,20 4
3,94
4
3,83 2,54 2
3,09 3
3
2,40
2
1
2,91
2,88
3,00
2,33
1
1
3
5
1
3
5
Abbildung 12: Wahrgenommene Kosten und Nutzen von Studie 2 (Kapitel 3)
In den Teilstichproben „Kontrollgruppe“, „hohe Komplexität“ und „hohe Unsicherheit“ ist Entscheidungssicherheit am höchsten für drei Optionen (M = 5,33; SA = 1,70; M = 4,64; SA= 1,67; M = 4,67; SA = 1,41). In der Teilstichprobe „hohes Preisniveau“ wird das höchste Niveau der Entscheidungssicherheit bei fünf Optionen erreicht (M = 5,29; SA = 1,55). Die deskriptiven Ergebnisse deuten bereits an, dass Entscheidungssicherheit sowohl von Kosten- als auch von Nutzenwahrnehmungen beeinflusst wird. Zudem signalisieren die deskriptiven Ergebnisse, dass ein nicht-linearer Effekt von Auswahl auf Entscheidungssicherheit besteht.
90
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
Außerdem zeigen die Ergebnisse einer ANCOVA mit Preiskomplexität als unabhängige Variable, Erfahrung als Kontrollvariable und Entscheidungssicherheit als abhängige Variable, dass der direkte Einfluss von Preiskomplexität auf Entscheidungssicherheit signifikant ist (F (2, 236) = 8,23; p < 0,01). Dies bestätigt H3b. Das Gleiche gilt für den vermuteten direkten Effekt von Nutzungsunsicherheit auf Entscheidungssicherheit. Dieser Effekt wurde mit einer ähnlichen ANCOVA getestet (F (2, 237) = 10,16; p < 0,01), womit H4b bestätigt wird. Es wurden abschließend mehrere Regressionsanalysen durchgeführt, um die Vermutung zu testen, dass Entscheidungssicherheit durch wahrgenommenen Nutzen der Auswahl positiv (H2a) und durch wahrgenommene Kosten der Auswahl negativ (H2b) beeinflusst wird. Zudem wurde in den drei Teilstichproben getestet, ob die zusätzlichen Treiber Kosten- und Nutzenwahrnehmungen beeinflussen, welche wiederum die Entscheidungssicherheit beeinflussen. Die Mediation von wahrgenommenen Kosten und wahrgenommenem Nutzen auf Entscheidungssicherheit wurde mit Hilfe einer Methode getestet, die von Baron/Kenny (1986) empfohlen wurde. Für jede Teilstichprobe wurden demnach drei Regressionsanalysen durchgeführt (siehe Tabelle 16). Wie in H2a und H2b postuliert wurde, wird Entscheidungssicherheit von wahrgenommenem Nutzen positiv und von wahrgenommenen Kosten negativ beeinflusst. Im ersten Szenario (A) war der resultierende Effekt der wahrgenommenen Kosten auf die Entscheidungssicherheit negativ: = -0,31; p < 0,01. Der resultierende Effekt wahrgenommenen Nutzens auf die Entscheidungssicherheit lag bei = 0,35; p < 0,01.
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
91
Gruppe A: Kontrollgruppe und hohe Preiskomplexität Kostenwahrnehmung (K)
NutzenWahrnehmung (N)
Entscheidungssicherheit
Entscheidungssicherheit
tWert
P
tWert
P
tWert
P
A
0,27
4,88
0,00
0,44
7,61
0,00
0,06
0,95
0,35
-0,01
-0,18
0,85
PK
0,47
8,58
0,00
0,05
0,92
0,36
-0,18
-2,79
0,01
t-Wert
P
-0,05
-0,76
0,45
K
-0,31
-4,55
0,00
N
0,35
5,46
0,00
Gruppe B: Kontrollgruppe und hohe Nutzungsunsicherheit Kostenwahrnehmung (K)
NutzenWahrnehmung (N)
Entscheidungssicherheit
Entscheidungs sicherheit
tWert
P
t-Wert
P
tWert
P
tWert
P
A
0,30
5,02
0,00
0,41
6,94
0,00
0,17
2,79
0,00
0,09
1,34
0,18
U
0,21
3,56
0,00 -0,05
-0,79
0,43
-0,20
-3,25
0,00
K
-0,13
-2,29
0,02
-0,27
-4,47
0,00
0,41
6,76
0,00
N Gruppe C: Kontrollgruppe und hohes Preisniveau Kostenwahrnehmung (K)
NutzenWahrnehmung (N)
Entscheidungssicherheit
tWert
P
tWert
P
t-Wert
A
0,22
3,51
0,00
0,54
10,11
0,00
0,16
2,46
0,02
PN
0,10
1,61
0,11
0,22
4,14
0,00
0,02
0,37
0,71
P
Entscheidungssicherheit 0,04
tWert
P
0,55
0,59
-0,07
-1,16
0,25
K
-0,34
-5,78
0,00
N
0,36
5,19
0,00
A: Auswahl PK: Preiskomplexität / U: Unsicherheit / PN: Preisniveau K: Kostenwahrnehmung N: Nutzenwahrnehmung Tabelle 16: Ergebnisse der Regressionsanalyse
Unter Berücksichtigung der Kontextvariablen Preiskomplexität (bei A), Nutzungsunsicherheit (bei B) und Preisniveau (bei C) zeigen die Ergebnisse, dass der Effekt von Preiskomplexität auf Entscheidungssicherheit in A nicht mehr signifikant ist, wenn
92
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
wahrgenommene Kosten und Nutzen als Mediatoren betrachtet werden, was eine volle Mediation bedeutet. In B reduzierte sich der Effekt von Unsicherheit auf Entscheidungssicherheit, wenn man Kosten- und Nutzenwahrnehmungen in Betracht zog. Dies deutet auf eine partielle Mediation hin. Wie erwartet beeinflusst das Preisniveau in C die Entscheidungssicherheit nicht direkt, steigert allerdings den wahrgenommenen Nutzen. Dies wiederum beeinflusst Entscheidungssicherheit positiv. Außerdem liefern die Analysen weitere Hinweise auf einen indirekten Effekt der Auswahl auf Entscheidungssicherheit (bei A, B und C) durch wahrgenommene Kosten und wahrgenommenen Nutzen (vgl. MacKinnon et al. 2002). 3.5 Diskussion der Ergebnisse 3.5.1
Zusammenfassung und theoretische Implikationen
Das Ziel dieser Forschungsarbeit bestand darin, die Effekte der Auswahl im Pricing auf die Kundenwahrnehmungen von Kosten und Nutzen und schließlich auf die Entscheidungssicherheit zu messen. Die Studien zeigen, dass beim Pricing von Dienstleistungen (ähnlich wie im Produktmanagement und im Einzelhandel) mehr Auswahl nicht immer vorteilhaft von den Kunden wahrgenommen wird. Auswahlmöglichkeiten in Preissystemen, die einerseits die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ein Kunde seine bevorzugte Option findet (vgl. z.B. Zuckerman et al. 1978), können andererseits Konsumenten auch davon abhalten, eine sichere Entscheidung zu treffen. Die Auswahl zwischen vielen Optionen innerhalb eines Preissystems erfordert nämlich ebenfalls eine Reihe komplizierter Rechnungen, was die Denkkosten der Entscheidungsfindung erhöht (vgl. z.B. Urban 2003). Auswahl erhöht deshalb wahrgenommene Kosten in Form einer stärkeren kognitiven Belastung und gleichzeitig wahrgenommenen Nutzen in Form von Entscheidungsfreiheit und wahrgenommener Kontrolle. Diese beiden Variablen beeinflussen die Ergebnisvariable Entscheidungssicherheit asymmetrisch und liefern damit Unterstützung für nicht-lineare Effekte zwischen der Anzahl der Optionen und Entscheidungssicherheit im Pricing.
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
93
Außerdem wird gezeigt, dass die Verbindung zwischen Auswahl im Pricing und Entscheidungssicherheit zum großen Teil von Kontextfaktoren abhängig ist, die eine wichtige Rolle im Pricing von Dienstleistungen spielen. Betrachtet wurde die Komplexität eines Preissystems, da diese ein vorherrschendes Phänomen in vielen Dienstleistungsbranchen darstellt (vgl. McGovern/Moon 2007). Zusätzlich wurde die Unsicherheit über zukünftiges Nutzungsverhalten eingebaut, da Kunden eine Alternative entsprechend ihres erwarteten Verbrauchs auswählen (vgl. Iyengar/Ansari/Gupta 2007). Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Preiskomplexität als auch Unsicherheit über die zukünftige Nutzung die wahrgenommenen Kosten der Auswahl erhöhen. Dadurch wird der positive Gesamteffekt der Auswahl reduziert. Letztlich spiegelt sich dies in einer niedrigeren Entscheidungssicherheit wider. Das Preisniveau wurde ebenfalls betrachtet, da es die Motivation, Informationen zu verarbeiten, beeinflusst (vgl. Suri/Monroe 2003). Es wurde gezeigt, dass das Preisniveau den wahrgenommenen Nutzen der Auswahl erhöht, was wiederum zu höherer Entscheidungssicherheit führt. Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit liefern drei bedeutende Erkenntnisse für die bestehende Literatur. Diese werden im Folgenden kurz erläutert. Erstens wurden Preissysteme bisher nicht als potenzielle Quelle des Overload-Effektes bei Auswahlmöglichkeiten in Betracht gezogen. Frühere Literaturbeiträge haben sich auf Kundenwahrnehmungen der Sortimentsgröße und der Produktauswahl konzentriert (vgl. Chernev 2003; Iyengar/Lepper 2000), aber nicht auf die psychologischen Auswirkungen von Auswahl im Pricing. Zweitens liefert diese Studie einen Beitrag zum besseren Verständnis der Wirkung von Auswahlmöglichkeiten auf Entscheidungssicherheit in anderen Bereichen des Marketing, z.B. Produktmanagement, Einzelhandel und Konsumentenpsychologie. Kostenund Nutzenwahrnehmungen wurden als Verbindung zwischen Auswahl und Entscheidungssicherheit angesehen. Außerdem ergänzt diese Studie durch die Integration weiterer Kontextvariablen frühere Arbeiten, die sich auf Erklärungen des Effektes der zu großen Auswahl fokussiert hatten (vgl. z.B. Chernev 2003; Iyengar/Lepper 2000; Heitmann/Lehmann/Herrmann 2007).
94
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
Drittens trägt die vorliegende Studie zur aktuellen Forschung im Bereich der Konzeptualisierung von Kundennutzen im Pricing bei. Dieser Forschungsbereich betont die Notwendigkeit, psychologische Komponenten zu integrieren (vgl. z.B. Kleijnen/De Ruyter/Wetzels 2007; Smith/Colgate 2007). Die Auswirkungen der Auswahl wurden in Form von psychologischen Kosten- und Nutzenwahrnehmungen gemessen. Kostenund Nutzenwahrnehmungen werden im Allgemeinen als die beiden Haupttreiber von Kundennutzen angesehen. Allerdings wurden psychologische Kosten und Nutzen größtenteils vernachlässigt, wenn es um Formen der Preispräsentation ging. Traditionell werden lediglich monetäre Kosten und monetärer Nutzen der Unternehmen betrachtet, während man von rationalem Konsumentenverhalten ausgeht (vgl. Pindyck/Rubinfeld 2009). Die psychologischen Kosten und der psychologische Nutzen wurden in Kapitel 3 als Multi-Item-Konstrukte konzeptualisiert. Dadurch stellt Kapitel 3 auch eine konzeptionelle Basis für weitere Arbeiten und eine neue Perspektive in der Preisforschung dar. 3.5.2
Praktische Implikationen
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie liefern wichtige praktische Implikationen für Pricing-Manager. Es wird gezeigt, dass es für Manager von Bedeutung ist, über eine rationale Analyse monetärer Kosten und Nutzen hinauszugehen. Die psychologischen Kosten und Nutzen eines Kunden sollten bei Preismaßnahmen auch berücksichtigt werden, um zusätzlichen Nutzen durch eine möglichst vorteilhafte Präsentation des Preises zu schaffen. Daher bietet das Wissen über diese kundenseitigen psychologischen Kosten und Nutzen Einblicke in die externen Kosten von Preisstrategien. Daraus lassen sich Implikationen für die Gestaltung der optimalen Anzahl von Optionen, die von einem Unternehmen innerhalb eines Preissystems angeboten werden, ableiten. Des Weiteren wurde in der Analyse gezeigt, dass Entscheidungssicherheit eine wichtige Ergebnisvariable im Kaufprozess der Kunden ist. Entscheidungssicherheit wird sowohl von psychologischen Kosten als auch von psychologischem Nutzen des Kunden beeinflusst, unabhängig vom Preisniveau. Reduzierte Entscheidungssicherheit kann langfristig zu negativen Konsequenzen für das Unternehmen führen. Unzufriedene Kunden könnten z.B. zu einem Wettbewerber wechseln, der ihnen eine Option bieten
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
95
kann, die ihren Präferenzen besser entspricht (vgl. Keaveney 1995; McGovern/Moon 2007). Studien im Bankensektor unterstützen diesen Gedanken und fanden heraus, dass Wechselverhalten und Kundenzufriedenheit in hohem Maße von mangelhafter Preiswahrnehmung abhängen (vgl. z.B. Matzler/Würtele/Renzl 2006; Varki/Colgate 2001). Die praktische Relevanz der Untersuchungsergebnisse wird erhöht durch die Betrachtung weiterer Treiber, die im Kontext des Pricing von Dienstleistungen üblich sind. Diese Treiber können teilweise direkt von Pricing-Managern beeinflusst werden. Es wurde festgestellt, dass diese Treiber entweder Kosten- oder Nutzenwahrnehmungen steigern. Da die Diskrepanz zwischen psychologischen Kosten und psychologischem Nutzen (ähnlich zu den klassischen mikroökonomischen Konzepten) mit Entscheidungssicherheit korreliert, können aus der vorliegenden Analyse im Hinblick auf die optimale Anzahl von Optionen interessante Schlüsse für die Praxis gezogen werden. Erstens kann die Komplexität eines Preissystem vom Marketing-Management durch die Variation der folgenden Parameter beeinflusst werden: die Gesamtzahl von Preiselementen innerhalb einer Preisstruktur, die Auswahl der verschiedenen Zahlen (z.B. „die meisten Preiselemente sind gleich“ im Gegensatz zu „alle Preiselemente sind verschieden“) und die Auswahl der Berechnungen (z.B. „nur eine Art von Berechnungen“ im Gegensatz zu „verschiedene Arten von Berechnungen“). Wenn die Gesamtkomplexität eines Tarifes hoch ist, steigen psychologische Kosten substanziell an, während sich der wahrgenommene Nutzen nicht verändert. Dies führt zu geringerer Entscheidungssicherheit. Im vorliegenden Fall, bei hoher Komplexität, wurden in Anbetracht der wahrgenommenen Kosten drei Optionen vorteilhafter empfunden als eine oder fünf Optionen. Auch die Entscheidungssicherheit war für drei Optionen am höchsten. Die gleichen Ergebnisse gelten für die Analyse der Unsicherheit der Kunden bezüglich der zukünftigen Nutzung. Durch monatliche Statusberichte oder jährliche Zusammenfassungen haben Unternehmen die Möglichkeit, den Kunden Informationen zu deren durchschnittlichem monatlichen oder jährlichen Nutzungsverhalten zu liefern. Einige Unternehmen in der Telekommunikationsbranche und in der Energieversorgung nutzen diese Möglichkeit bereits. Wenn den Teilnehmern der Studie konkrete Zahlen (zum durchschnittlichen Nutzungsverhalten) vorgegeben wurden, hatten sie im Ver-
96
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
gleich zu einer unsicheren Vorstellung über ihr Nutzungsverhalten wesentlich weniger Schwierigkeiten, mit dem vorgegebenen Preissystem fertig zu werden. Diese Studie hat gezeigt, dass wahrgenommene Kosten bei hoher Unsicherheit substanziell ansteigen und daher die Entscheidungssicherheit reduzieren. Im vorliegenden Fall wurden fünf Optionen im Vergleich zu dem Szenario mit nur einer Option sogar schlechter beurteilt, und drei Optionen wurden am vorteilhaftesten wahrgenommen. Drittens wurde das Preisniveau in der Form eines Vergleichs von Niedrig- und Hochpreissegmenten untersucht. Die Wirkung von Auswahl auf Entscheidungssicherheit ist im Hochpreissegment anders. Das Preisniveau steigert den wahrgenommenen Nutzen mehrerer Optionen. Daher war die Entscheidungssicherheit im Szenario mit fünf Optionen auch am höchsten. Wenn Unternehmen in einem Hochpreissegment tätig sind, sind Kunden eher motiviert, sich mit den Angeboten des Unternehmens auseinander zu setzen und mehr Zeit zu investieren, um alle Optionen in Erwägung zu ziehen. 3.5.3
Einschränkungen und Forschungsausblick
Neben den Beiträgen zur Forschung unterliegt diese Studie auch Einschränkungen. Diese Einschränkungen bieten jedoch eine gute Basis für zukünftige Forschungsarbeiten. Obwohl die Ergebnisse generalisierbar sind, da viele Dienstleistungsunternehmen ähnliche Preisstrukturen verwenden, würde eine branchenübergreifende Studie die Generalisierbarkeit der Ergebnisse verbessern. Zweitens stützt sich diese Studie nicht auf Choice-Experimente. Der Fokus dieser Forschungsarbeit liegt auf der Beziehung zwischen Auswahl und den drei latenten Variablen wahrgenommene Kosten, wahrgenommener Nutzen und Entscheidungssicherheit, um die zu Grunde liegenden psychologischen Abläufe zu verstehen. Zukünftige Forschung könnte weitere Ergebnisvariablen wie Entscheidung, Entscheidungsaufschub oder Entscheidungsvermeidung (vgl. z.B. Dhar 1997) miteinbeziehen. Drittens könnte das in dieser Studie entwickelte Modell im Rahmen zukünftiger Forschung in einer erweiterten Version getestet werden. Weitere interessante situative und individuelle Variablen könnten beispielsweise in ein Strukturgleichungsmodell integriert werden. Auf Basis des vorgegebenen experimen-
Kosten- und Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten
97
tellen Designs und des Schwerpunkts der Studie wurden demografische Variablen und individuelle Merkmale als Kontrollvariablen untersucht. Zukünftige Studien könnten auf diesen Ergebnissen aufbauen und diese Variablen in ein übergreifendes Modell integrieren. Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass die in dieser Studie erlangten Erkenntnisse die Notwendigkeit zukünftiger Forschung zu den Effekten der Auswahl im Pricing aufzeigen. Die folgenden Fragestellungen könnten zukünftig noch genauer untersucht werden: Unterscheidet sich die Beziehung zwischen Auswahl und Entscheidungssicherheit von der Beziehung zwischen Auswahl und Kaufabsicht? Wie verändert sich die Beziehung zwischen den beiden Variablen, wenn Auswahl im Pricing über fünf Optionen hinausgeht? Wie wirkt sich Zeitdruck, der normalerweise mit einem Anstieg von psychologischem Stress in Verbindung gebracht wird (vgl. z.B. Edland 1994), auf Kosten- und Nutzenwahrnehmungen aus? Gibt es situative und preisspezifische Variablen, die Kosten- und Nutzenwahrnehmungen gleichzeitig beeinflussen?
98
Implikationen für die Management-Praxis
4 Implikationen für die Management-Praxis Kapitel 4 ist in Form eines Praxispapiers gegliedert. Basierend auf den Studien, die in Kapitel 2 und 3 der Arbeit dargestellt wurden, zeigt Kapitel 4 erstens, dass Unternehmen über konkrete Gestaltungs- und Darstellungsmerkmale von Preissystemen direkt die Kundenwahrnehmung und somit das Kaufverhalten beeinflussen können. Diese Stellhebel zur Gestaltung von Preissystemen werden ausführlich anhand von konkreten Beispielen aus der Praxis erläutert. Zweitens wird anhand deskriptiver Auswertungen zusammenfassend gezeigt, warum Kunden eine größere Zahlungsbereitschaft für einfache Preise besitzen. Die Praxisbeispiele und deskriptiven Auswertungen dienen zur ausführlicheren Beantwortung der Forschungsfragen 1a und b der Arbeit. 4.1 Die Bedeutung einer kundenfreundlichen Gestaltung von Preissystemen 4.1.1
Relevanz einer einfachen Preisgestaltung
Insbesondere in verschiedenen Dienstleistungsbranchen bestehen Preise aus mehreren Komponenten, d.h. einem Verbund aus Einzelpreisen, die von dem Verbraucher berücksichtigt werden müssen, um den Gesamtpreis zu bestimmen. Oftmals lässt sich die Preisgünstigkeit und -würdigkeit eines Angebots aus Verbrauchersicht nur beurteilen, wenn das eigene Nutzungsverhalten eines Produktes oder einer Dienstleistung mit den Preiskomponenten des Angebots abgeglichen wird. Eine einfache Gestaltung eines Preissystems führt dazu, dass die Vorteilhaftigkeit eines Angebots relativ leicht bestimmt werden kann und sich der Berechnungsaufwand gering hält. Die Einfachheit der Preisgestaltung hat neben der absoluten Preishöhe eine hohe Relevanz für die Kaufentscheidung, wie sich an der Beurteilung der Wichtigkeit der beiden Merkmale ableiten lässt (vgl. Abbildung 13). Die Preishöhe wird wie die Einfachheit eines Preissystems auf einer Skala von 1 „Stimme überhaupt nicht zu“ bis 7 „Stimme voll und ganz zu“ als relativ wichtig wahrgenommen.
Implikationen für die Management-Praxis
“Stimme voll und ganz zu”
99
7 6
5,7
5,3
5 4 3 2 “Stimme überhaupt nicht zu”
1 "Die Höhe des Preises ist mir sehr wichtig."
"Die Einfachheit des Preissystems ist mir sehr wichtig."
Abbildung 13: Wichtigkeit der Kriterien der Preisentscheidung
Die Einfachheit der Preisgestaltung ist von Relevanz in unterschiedlichen Branchen, wie beispielsweise Telekommunikation/Mobilfunk, Banken, Energieversorger, Luftfahrt oder Einzelhandel. Die Entwicklungen in den einzelnen Branchen werden im Folgenden kurz erläutert. Seitdem im Jahr 2005 die ersten Mobilfunkdiscounter im Markt erschienen sind, zeichnet sich in der Telekommunikations- und Mobilfunkbranche ein Trend von komplexen nutzungsbasierten Tarifen hin zu einfachen Flatrate-Tarifen bzw. einer bewusst einfach gehaltenen Preisgestaltung ab. Komplexe Preise bedeuten im Telekommunikationsbereich oftmals, dass der Verbraucher schwierige Rechnungen durchführen muss, da der Gesamtpreis z.B. durch eine Aufsplittung in viele verschiedene Komponenten nicht direkt ersichtlich ist. Einige Unternehmen nutzen die Komplexität in der Branche, um explizit mit Einfachheit und Transparenz zu werben: z.B. Mobilfunkanbieter Simyo, „weil einfach einfach ist“ oder Eplus: „Rechne schnell und spar zehnsationell! Die Zehnsation 10 Cent/Min. in alle Netze“. In der Bankenbranche führt die zunehmende Vergleichbarkeit von Finanzdienstleistungen durch das Internet, der Eintritt neuer Anbieter durch die Internationalisierung des Bankenmarktes und aggressives Pricing der Direktbanken zu einem stärkeren Preisbewusstsein. Komplexe Preise sind in der Bankenbranche insbesondere bei Kon-
100
Implikationen für die Management-Praxis
sumentenkrediten und Girokontopaketen zu finden, die sich aus mehreren Komponenten zusammensetzen, wie beispielsweise einem Anschaffungspreis und zusätzliche Management- oder Depotgebühren. Die Quirin-Bank gilt als eine der ersten Banken mit einem Flatrate-Konzept. Kunden mit einem Vermögen von über 50000 Euro berät die Quirin Bank für eine Monatspauschale von 75€ pro Monat (kostenlose Depot- und Kontoführung, Rückvergütung von versteckten Provisionen sowie alle Transaktionsgebühren aus Aktienberatung und Vermögensverwaltung). Die Anzahl der Kunden dieser Bank Flatrate hat sich seit Dezember 2006 von 700 auf 1500 erhöht (vgl. Wirtschaftswoche 2007). Verbraucherschutzzentralen warnen Kunden kontinuierlich vor einer undurchsichtigen Preisgestaltung der Energieversorger. Komplexe Preise entstehen vor allem dadurch, dass die eigentlich zu zahlenden Kosten für viele Verbraucher nicht nachvollziehbar sind. Die Aufschlüsselung in Grund- und Arbeitspreise ist schwer verständlich, was dazu führt, dass Tarifvergleiche oder Vergleiche mit Angeboten anderer Anbieter schwierig sind. Die E.ON Tochterfirma „E wie einfach Strom und Gas GmbH“ vermarktet ihr Preissystem explizit durch die Einfachheit in der Preisgestaltung. Verbraucher zahlen z.B. nur einen Arbeitspreis, der Grundpreis entfällt. Seit dem Markteintritt der „Low-Cost-Airlines“ existiert ein harter Preiskampf in der Luftfahrtbranche und es zeigt sich ein Trend zur komplexen Preisgestaltung von Flugpreisen. Komplexität in der Preisgestaltung wird insbesondere durch die Aufteilung des Gesamtpreises in verschiedene Preiskomponenten und durch Zusatzangaben, die in Fußnoten erscheinen, hervorgerufen. Zusatzkosten wie Steuern, Gebühren und sonstige Entgelte müssen jedoch laut EU-Verordnung zur Preistransparenz seit November 2008 im Endpreis aufgeführt werden. Entgegen dem Trend der Preisaufsplittung, besonders genutzt von Discount-Airlines, vermarktet z.B. die Lufthansa sehr erfolgreich ein Pauschalangebot von „99 Euro für Hin- und Rückflug“ ohne zusätzliche anfallende Gebühren. Verbraucher sehen sich im Einzelhandel nicht nur einem sehr breiten und tiefen Sortiment, sondern auch unklaren Preis-Leistungs-Verhältnissen, hoher Produktähnlichkeit und verwirrender Preispolitik gegenüber. Komplexität in der Preisgestaltung wird im Einzelhandel durch die Menge an Preiselementen (End- und Grundpreise, Rabatte,
Implikationen für die Management-Praxis
101
sowie visuelle und semantische Gestaltungselemente) und durch eine Vielzahl an Preisaktionen (Sonderangebote, Zweitplatzierungen, Kundenkarten und Rabattcoupons) hervorgerufen (vgl. Brandes et al. 2004). Discounter wie Aldi oder Lidl verzichten auf den Einsatz von häufig wechselnden Angebotsstrukturen und werben mit einer Dauerniedrigpreisstrategie. 4.1.2
Wirkungsgefüge der Preiskomplexität im Überblick
Basierend auf den Ergebnissen der experimentellen Studien konnte ein allgemeines Raster zu den Einflussfaktoren und Auswirkungen von Preiskomplexität entwickelt werden. Dieses Raster soll als Orientierungsrahmen für Unternehmen dienen, die im Rahmen ihrer Preispolitik ihre Kunden mit Preissystemen, bestehend aus mehreren Preiskomponenten, gewinnen möchten (vgl. Abbildung 14). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es allgemeine Merkmale von Preissystemen gibt, die ein Preissystem mehr oder weniger komplex erscheinen lassen und über unterschiedliche Branchen hinweg gelten. Das vorgestellte Raster stellt eine Systematisierung dieser Merkmale dar und soll die grundlegenden Zusammenhänge zwischen den vom Unternehmen direkt beeinflussbaren Gestaltungsmerkmalen eines Preissystems und den kundenseitigen Auswirkungen verdeutlichen. Die Konsequenzen auf Kundenseite beeinflussen wiederum direkt den finanziellen Erfolg des Unternehmens (über die Zahlungs- und Kaufbereitschaft der Kunden). Im Detail lassen sich die Einflussfaktoren der Preiskomplexität wie folgt darstellen:
102
Implikationen für die Management-Praxis
Interne Faktoren
Externe Faktoren
Vom Unternehmen direkt beeinflussbar:
Vom Unternehmen
“Stellhebel der Preiskomplexität”
indirekt beeinflussbar
Größe eines Preissystems
Kenntnisse / Erfahrungen des Verbrauchers
Gestaltung der Zahlen
Wissen des Kunden über das eigene Verbrauchsverhalten
Gestaltung der Rechenarten
Zeitdruck
Preiskomplexität
Auswirkungen auf den Kunden Komplexitätswahrnehmung 08. Juni 2009
Verzerrte Geringere Preiseinschätzung wahrgenommene Fairness Melanie Krämer
Geringere Kaufbereitschaft 7
Abbildung 14: Wirkungsgefüge der Preiskomplexität
Interne Faktoren beziehen sich auf drei zentrale vom Unternehmen direkt beeinflussbare Gestaltungsmerkmale von Preissystemen, die ausführlich in Abschnitt 4.2 erläutert werden. In Anlehnung an die Definition der objektiven Preiskomplexität in Abschnitt 2.3.1 lässt sich die Komplexität eines Preissystems anhand von drei allgemeinen Dimensionen bestimmen und auf komplexe Strukturen, insbesondere im Dienstleistungsbereich, übertragen (vgl. Homburg/Kebbel 2001). Alle drei Gestaltungsmerkmale beziehen sich auf konkrete Umsetzungsmöglichkeiten in der Praxis und können jeweils hoch oder niedrig, bzw. komplex oder einfach ausgeprägt sein: x die Größe eines Preissystems (4.2.1) x die Gestaltung der Zahlen (4.2.2) x die Gestaltung der Rechenarten (4.2.3).
Implikationen für die Management-Praxis
103
In den zugrunde liegenden experimentellen Studien wurden diese Gestaltungsmerkmale systematisch variiert und die Auswirkungen auf den Verbraucher gemessen (vgl. Kapitel 2 und 3). Aus der Variation der Komplexität lässt sich ein Komplexitätsindex bilden (vgl. Abschnitt 4.2.4), der es einem Unternehmen ermöglicht, die Preiskomplexität eines offerierten Angebots zu systematisieren und auch als Basis für ein Benchmarking mit anderen Unternehmen herangezogen werden kann. Externe Faktoren beziehen sich auf drei vom Unternehmen nur indirekt beeinflussbare Größen, die nicht Fokus der Studien waren, aber interessante Rückschlüsse zulassen. Diese drei externen Faktoren x Kenntnisse / Erfahrungen des Verbrauchers, x Wissen des Kunden über das eigene Verbrauchsverhalten x Zeitdruck werden im Folgenden kurz erläutert. Wenn Kunden Branchenkenntnisse besitzen oder Erfahrung im Umgang mit Preissystemen einer Branche haben, wird die Wahrnehmung der Komplexität abgeschwächt. Das heißt, dass sich die negativen Auswirkungen eines komplexen Preissystems verringern (vgl. Dellaert/Stremersch 2005). Unternehmen können einer geringen Erfahrung von Verbrauchern entgegenwirken, indem sie direkt bei der Preisbestimmung unterstützen. Ein Beispiel wäre, auf den unternehmenseigenen Internetseiten, die Kunden als Orientierung für die Angebotswahl nutzen, Hilfefunktionen für die Bestimmung des Gesamtpreises anzubieten. Insbesondere im Telekommunikationsbereich kommen gelegentlich Avatare zum Einsatz, die den Kunden durch die Berechnung des Gesamtpreises führen und schrittweise die Preisbestimmung erklären. Eine andere Möglichkeit der Hilfestellung sind Online-Kalkulationshilfen. Die Unsicherheit der Kunden über das eigene Verbrauchsverhalten ist insbesondere im Dienstleistungsbereich ein wichtiges Kriterium für die Angebotswahl. Um die Vorteilhaftigkeit einer Preisstruktur beurteilen zu können, müssen die Kunden häufig ihr geschätztes Verbrauchsverhalten mit dem Preis abstimmen (vgl. Iyengar/Ansari/Gupta 2007; Nunes 2000). Wenn Verbraucher ihr durchschnittliches Verbrauchs- bzw. Nut-
104
Implikationen für die Management-Praxis
zungsverhalten kennen, dann wird die Wahrnehmung der Komplexität abgeschwächt, das heißt, dass sich die negativen Auswirkungen eines komplexen Preissystems verringern. Unternehmen können diese Kenntnis beeinflussen, indem sie ihren Kunden am Jahres- oder Monatsende z.B. eine Übersicht über ihr Verbrauchs- oder Nutzungsverhalten anbieten. Zeitdruck bezieht sich auf die wahrgenommene Zeit, die für den Verbraucher zum Treffen einer Entscheidung zur Verfügung steht. Ein hohes Ausmaß an Zeitdruck führt häufig zu ineffizienten Entscheidungen und negativen Emotionen (vgl. Moschis 2007). Wenn der Kunde unter Zeitdruck steht, dann verstärkt dies die negativen Auswirkungen der Komplexitätswahrnehmung. Unternehmen können den Verbraucher durch befristet geltende Angebote künstlich unter Stress und Zeitdruck setzen. In der Angebotsgestaltung sollten befristet geltende Angebote möglichst mit Preissystemen mit geringer Komplexität kombiniert werden, um negative Auswirkungen von Komplexität auf das Unternehmen zu vermeiden. Die Auswirkungen auf den Kunden beziehen sich auf die Konsequenzen, die eine komplexe Preisgestaltung für den Verbraucher hat. Komplexität entsteht nicht nur aus objektiven Eigenschaften, d.h. den Gestaltungsmerkmalen von Preissystemen, sondern auch aus der subjektiven Wahrnehmung des Betrachters. Ein möglicher Maßstab ist daher die Anstrengung und der Aufwand, die mit dem Verständnis eines Preissystems für den Kunden einhergehen. Dieser Aufwand hängt vom individuellen Vorwissen des Betrachters ab und ist deshalb immer subjektiv. Komplexität entsteht also im Auge des Betrachters. In der Untersuchungsreihe wurden drei Wirkungsebenen unterschieden, die in einem kausalen Zusammenhang miteinander stehen x Komplexitätswahrnehmung (4.3.1), x verzerrte Preiseinschätzung (4.3.2), x geringere wahrgenommene Fairness (4.3.3).
Implikationen für die Management-Praxis
105
Die Auswirkungen auf Kundenebene wurden mit Hilfe von theoretischen Konstrukten gemessen. Der Kunde wurde dazu aufgefordert, seine Einschätzung zu bestimmten Aussagen mitzuteilen. Negative Auswirkungen der Komplexität wie Komplexitätswahrnehmung, falsche Preiseinschätzungen und geringe wahrgenommene Fairness beeinflussen direkt die Kaufbereitschaft und daher die Wettbewerbsposition des Unternehmens (negative Auswirkungen von Preiskomplexität wurden in Kapitel 2 und 3 betrachtet). Ein grundlegendes Verständnis über die Wirkungszusammenhänge zwischen internen Faktoren, also objektiven Gestaltungskriterien und Auswirkungen auf die Kundenwahrnehmung ist unabdingbar für das erfolgreiche Management von Preissystemen. Positive Auswirkungen von Preiskomplexität wurden für den speziellen Fall von Auswahlmöglichkeiten in Kapitel 3 der Arbeit betrachtet. 4.2 Was macht ein Preissystem komplex? “Stellhebel der Preiskomplexität” 4.2.1
Gestaltung der Größe eines Preissystems
4.2.1.1 Anzahl der Preiselemente (vertikal) Die Komplexität eines Preissystems lässt sich anhand von drei Dimensionen bestimmen (vgl. Abschnitt 2.3.1). Die erste der drei Dimensionen bezieht sich auf die Größe eines Preissystems (vgl. Bronner 1992). Hierbei geht es um die mehrdimensionale Zusammensetzung eines Preises: Ein Grundpreis kann beispielsweise mit Zu- oder Abschlägen (z.B. Steuern bzw. Rabatten) verbunden sein oder Preise können in fixe und variable Bestandteile zerlegt werden, wie es bei Telekommunikationsdienstleistungen weit verbreitet ist.
106
Implikationen für die Management-Praxis
Preiselement 1
Preiselement 1 Preiselement 2 Preiselement 3 Preiselement 4 Preiselement 5 Preiselement 6 Preiselement 7 Preiselement 8
einfach
komplex
Abbildung 15: Komplexitätsdimension 1a: Anzahl der Preiselemente
Abbildung 15 veranschaulicht die Komplexitätsdefinition anhand von zwei Extrembeispielen grafisch. Geringe Komplexität (links) bedeutet die Angabe eines Preises in möglichst wenigen Teilkomponenten und hohe Komplexität (rechts) bezieht sich auf die Aufspaltung des Gesamtpreises in viele verschiedene Einzelteile. Abbildung 16 bezieht sich auf zwei fiktive Preissysteme zweier Banken in Bezug auf die Gebühren eines Aktienkaufs. Die gesamte Summe an Gebühren in beiden Angeboten beträgt 19,50€. Links besteht der Gesamtpreis aus einer Komponente „19,50€“ und rechts gelangt man über die Addition der Einzelpreise zu dem Gesamtpreis von 19,50€.
Transaktionsgebühr unabhängig vom Anlagevolumen
19,50€
Transaktionsgebühr unabhängig vom Anlagevolumen
11,70€
Gebühr bei Abwicklung über die Filiale
3,90€
Gebühr für eine Limitorder
1,56€
Börsenplatzabhängiges Entgelt
2,34€
einfach
Abbildung 16: Anwendungsbeispiel: Anzahl der Preiselemente
komplex
Implikationen für die Management-Praxis
107
4.2.1.2 Anzahl der Optionen (horizontal) Die Größe eines Preissystems, d.h. die Zahl der Elemente wird nicht nur „vertikal“ durch die Anzahl der Preiselemente innerhalb einer Option eines Angebots beeinflusst, sondern auch „horizontal“ durch die Zahl der Optionen innerhalb eines Angebots bestimmt (vgl. Abschnitt 3.2.2 und Abbildung 17). Die Schwierigkeit, die Vorteilhaftigkeit eines Angebots zu beurteilen, nimmt mit der Anzahl der Auswahlmöglichkeiten zu. Mehr Auswahlmöglichkeiten innerhalb eines Preissystems ermöglicht es zwar dem Kunden, eine spezifischere Auswahl zu treffen, jedoch erhöht die Zahl der zur Verfügung stehenden Alternativen gleichzeitig die Informationsmenge, die der Kunde verarbeiten muss und somit auch die Komplexität.
Option 1
Option 1
Option 2
Option 3
Preiselement 1
Preiselement 1
Preiselement 4
Preiselement 7
Preiselement 2
Preiselement 2
Preiselement 5
Preiselement 8
Preiselement 3
Preiselement 3
Preiselement 6
Preiselement 9
einfach
komplex
Abbildung 17: Komplexitätsdimension 1b: Anzahl der Optionen
Abbildung 18 verdeutlicht die Bedeutung dieser Facette der Preiskomplexität anhand zweier fiktiver Beispiele aus dem Mobilfunkbereich. Geringe Komplexität bezieht sich in diesem Fall auf ein Preissystem bestehend aus vier Elementen innerhalb einer Option. Diese vier Preiselemente sind ein Grundpreis und weitere nutzungsabhängige Gebühren. Im Vergleich dazu bezieht sich die hohe Komplexitätsausprägung auf ein Preissystem, welches aus fünf Optionen besteht mit jeweils vier Preiselementen.
108
Implikationen für die Management-Praxis
Best Talk Tarif Grundpreis pro Monat (inkl. SMS in alle Netze und Mailboxabfragen)
15,00€
Telefonieren Zu TELE BEST Kunden (€ pro Minute)
0,05
Ins Festnetz (€ pro Minute)
0,10
In fremde Mobilfunknetze (€ pro Minute)
0,10
einfach Best Talk Tarif Option 1
Option 2
Option 3
Option 4
Option 5
5,00€
10,00€
20,00€
25,00€
30,00€
Zu TELE BEST Kunden (€ pro Min)
0,10
0,10
0,05
0,00
0,00
Ins Festnetz (€ pro Min)
0,10
0,00
0,00
0,10
0,00
In fremde Mobilfunknetze (€ pro Min)
0,30
0,30
0,10
0,10
0,10
Grundpreis pro Monat (inkl. SMS in alle Netze und Mailboxabfragen) Telefonieren
komplex
Abbildung 18: Anwendungsbeispiel: Anzahl der Optionen
4.2.2
Gestaltung der Zahlen
Ein weiterer Treiber der Komplexität eines Preissystems bezieht sich auf die Gestaltung der Zahlen. Die Komplexität eines Systems steigt an, wenn viele verschiedene Elemente beurteilt werden müssen im Vergleich zu vielen ähnlichen Elementen. Für die Gestaltung eines Preissystems bedeutet dies konkret, dass Zahlen, die alle recht ähnlich gestaltet sind, einfacher zu verarbeiten sind als viele unterschiedliche Zahlen. Abbildung 19 verdeutlicht diese Unterscheidung grafisch. Ein prominentes Beispiel für ein niedriges Level an Komplexität in Bezug auf die Heterogenität der Zahlen stellt ein Tarif des Mobilfunkanbieters E-Plus dar. „Zehnsation“ ist ein Mobilfunktarif, der hauptsächlich Preiselemente enthält, die sich auf die Zahl „10“ beziehen. Eine hohe Heterogenität hingegen und die gleichzeitige Verwendung von geraden und ungeraden
Implikationen für die Management-Praxis
109
Zahlen führt dazu, dass sich der Gesamtpreis schwieriger berechnen lässt und deshalb Preisgünstigkeitsbeurteilungen aus Sicht des Verbrauchers schwieriger werden.
Preiselement 1
Preiselement 1
Preiselement 2
Preiselement 2
Preiselement 3
Preiselement 3
Preiselement 4
Preiselement 4
Preiselement 5
Preiselement 5
Preiselement 6
Preiselement 6
einfach
komplex
Abbildung 19: Komplexitätsdimension 2: Gestaltung der Zahlen
Abbildung 20 veranschaulicht anhand zweier fiktiver Beispiele aus dem Mobilfunkbereich die Ausprägungen dieser Komplexitätsdimension. Links ist ein Beispiel zu sehen, das von den Teilnehmern der Untersuchungsreihe als „sehr einfach“ beurteilt wurde. Rechts hingegen ist ein identisch aufgebauter Mobilfunktarif zu sehen, der lediglich in seiner Zahlenstruktur verändert ist. Jede Preiskomponente stellt eine andere Zahl dar und die Zahlen variieren zwischen geraden und ungeraden Zahlen, was als komplexer wahrgenommen wurde. In der Untersuchungsreihe wurde jeweils das durchschnittliche Nutzungsverhalten vorgegeben, um Verzerrungen in der objektiven Preishöhe zu vermeiden. In der Untersuchungsreihe wurden alle Teilnehmer mit dem gleichen Nutzungsverhalten konfrontiert, das bei richtiger „Rechnung“ zu einem Gesamtpreis von 30,00€ führen würde. Beispielsweise: Gesprächszeit zu TELE BEST Kunden beläuft sich im Monat auf ca. 100 min., Gespräche ins Festnetz auf ca. 50 min. und Gespräche in andere Mobilfunknetze belaufen sich auf ca. 50 min. Durchschnittlich werden 50 SMS zu TELE BEST Kunden verschickt und 50 SMS in fremde Mobilfunknetze. Die Mailbox wird ca. 10 Mal im Monat abgerufen. In Abbildung 20 lässt sich somit errechnen, dass beide Tarife bei dem vorgegebenen Nutzungsverhalten 30€ kosten würden.
110
Implikationen für die Management-Praxis
Best Talk Tarif
Best Talk Tarif
Telefonieren
€ pro Min.
Telefonieren
€ pro Min.
Zu TELE BEST Kunden
0,10
Zu TELE BEST Kunden
0,04
Festnetz
0,10
Festnetz
0,11
Fremde Mobilfunknetze
0,10
Fremde Mobilfunknetze
0,17
SMS
€ pro SMS
SMS
€ pro SMS
Zu TELE BEST Kunden
0,10
Zu TELE BEST Kunden
0,05
Fremde Mobilfunknetze
0,10
Fremde Mobilfunknetze
0,15
Mailboxabfrage
0€
Mailboxabfrage
0,20€
Grundgebühr
0€
Grundgebühr
0€
Anschlussgebühr
0€
Anschlussgebühr
einfach
0€
komplex
Abbildung 20: Anwendungsbeispiel: Gestaltung der Zahlen
4.2.3
Gestaltung der Rechnungen
Die dritte Komplexitätsdimension bezieht sich auf die Gestaltung der Verknüpfungen zwischen den Elementen eines Systems. Die Verknüpfung der Zahlenelemente untereinander in Form von unterschiedlichen Rechenschritten kann mehr oder weniger komplex gestaltet werden wie in Abbildung 21 ersichtlich wird. Innerhalb dieser Komplexitätsdimension lassen sich zwei Varianten unterscheiden: erhöhte Komplexität durch schwierigere Rechnungen und erhöhte Komplexität durch die Anzahl der durchzuführenden Rechenschritte.
Implikationen für die Management-Praxis
111
Preiselement 1
Preiselement 1
Preiselement 2
Preiselement 2
Preiselement 3
Preiselement 3
Preiselement 4
Preiselement 4
Preiselement 5
Preiselement 5
Preiselement 6
Preiselement 6
einfach
komplex
Abbildung 21: Komplexitätsdimension 3: Gestaltung der Rechnungen
Im Gegensatz zu eindimensionalen Preisen, bei denen der angegebene Preis zugleich den Endpreis darstellt, sind bei komplexen Preisstrukturen spezifische Berechnungen notwendig, um aus den einzelnen angegebenen Preiskomponenten den Gesamtpreis zu ermitteln. Nur wenige Kunden verfügen jedoch in der konkreten Entscheidungssituation in einer Einkaufsstätte über Kalkulationshilfen, wie z.B. einen Taschenrechner oder einen Notizblock und sind daher gezwungen, die zum Teil sehr schwierigen mathematischen Operationen im Kopf durchzuführen. Der überforderte Kunde greift deshalb häufig auf Vereinfachungsstrategien und Entscheidungsheuristiken zurück, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, eine (aus Sicht der Preisgünstigkeit) irrationale Kaufentscheidung zu treffen (vgl. Kapitel 2). In Anlehnung an Estelami (2003) lassen sich Rechenarten anhand ihres Schwierigkeitsgrads wie folgt gliedern: Relativ einfach sind Additionen (z.B. 100€ + 5€ Aufschlag) und Subtraktionen (z.B. 100€ - 5€ Rabatt). Mit einem höheren Denkaufwand verbunden sind Multiplikationen (z.B. 100€ pro Monat für 12 Monate, der Jahrespreis soll bestimmt werden). Einen ähnlichen Schwierigkeitsgrad haben Divisionen (100€ für eine 6er Packung, der Stückpreis soll bestimmt werden). Am schwierigsten zu errechnen sind super-multiplikative oder sub-multiplikative Darstellungen, die sehr häufig in der Praxis zu finden sind (z.B. 100€ und 5% Aufschlag auf den Kaufpreis). Bei dieser Preisdarstellung muss zuerst eine Addition (1+0,05) und anschließend eine Multiplikation (100€ x 1,05) oder umgekehrt durchgeführt werden.
112
Implikationen für die Management-Praxis
Transaktionsgebühr unabhängig vom Anlagevolumen
11,70€
Transaktionsgebühr
0,15% vom Anlagevolumen
Gebühr bei Abwicklung über die Filiale
3,90€
Gebühr bei Abwicklung über die Filiale
0,05% vom Anlagevolumen
Gebühr für eine Limitorder
1,56€
Gebühr für eine Limitorder
0,02% vom Anlagevolumen
Börsenplatzabhängiges Entgelt
2,34€
Börsenplatzabhängiges Entgelt
0,03% vom Anlagevolumen
einfach
komplex
Abbildung 22: Anwendungsbeispiel a: Gestaltung der Rechnungen
Das Anwendungsbeispiel in Abbildung 22 verdeutlicht die unterschiedliche Gestaltung der Rechenarten anhand zweier fiktiver Beispiele aus der Bankenbranche für einen Aktienkauf. Die Rechenschritte, die der Verbraucher im linken Beispiel durchführen muss, beziehen sich auf Additionen der einzelnen Komponenten zu einem Gesamtpreis. Diese Rechnung ist relativ einfach durchzuführen. Im Beispiel rechts geht es darum, prozentuale Zuschläge aufzuaddieren. In diesem Fall muss der Verbraucher die schwierigste aller Rechnungen durchführen, die sog. super-multiplikative Rechnung. In der Untersuchungsreihe wurden die Teilnehmer wiederum mit einem fiktiven Beispiel konfrontiert, in dem das Aktienvolumen vorgegeben war: 7800€. Bei der einfachen Preisgestaltung würden also zusätzliche Transaktionsgebühren anfallen von insgesamt 19,50€ durch Addition der einzelnen Zahlen. Bei der komplexen Preisgestaltung würden ebenfalls zusätzliche Transaktionsgebühren anfallen von 19,50€, die allerdings wesentlich schwieriger über die prozentuale Preisdarstellung zu errechnen sind. Komplexität im Rahmen der Gestaltung der Rechenarten kann auch durch die Anzahl und Unterschiedlichkeit der durchzuführenden Rechnungen zustande kommen (vgl. Abbildung 23). Die zwei fiktiven Beispiele in Abbildung 23 aus dem Mobilfunkbereich verdeutlichen die unterschiedlichen Komplexitätsausprägungen. Im linken Preissystem wird jede Position mit dem jeweiligen Nutzungsverhalten multipliziert und alle Einzelkosten aufaddiert. Im rechten Beispiel gibt es unterschiedliche Rechenelemente:
Implikationen für die Management-Praxis
113
Pauschalpreise (fallen jeden Monat an) und einmalige Gebühren, einzelne Positionen müssen multipliziert und aufaddiert werden, andere Komponenten sind Gratiskomponenten. Im linken Beispiel sind zwar die Zahlen ähnlich einfach gestaltet wie im rechten Beispiel, aber die Rechnungen werden aufgrund der Abweichungen komplexer wahrgenommen.
Best Talk Tarif
Best Talk Tarif
Telefonieren
€ pro Min.
Telefonieren
Zu TELE BEST Kunden
0,10
Alle Gespräche zu TELE BEST Kunden
10,00€ monatlich
Ins Festnetz
0,10
Ins Festnetz
0,15 €/Min.
In fremde Mobilfunknetze
0,10
In fremde Mobilfunknetze
0,15 €/Min.
SMS
€ pro SMS
SMS
Zu TELE BEST Kunden
0,10
In alle Netze
0,10 €/SMS
Fremde Mobilfunknetze
0,10
Gratis: 50 SMS pro Monat!
0€
Mailboxabfrage
0€
Mailboxabfrage
0€
Grundgebühr
0€
Grundgebühr
10,00€ monatlich
Anschlussgebühr
0€
Rabattaktion!
-10,00€ monatlich
Anschlussgebühr
15,00€
Einmalige Gutschrift
-15,00€
einfach
komplex
Abbildung 23: Anwendungsbeispiel b: Gestaltung der Rechnungen
Wie in anderen Beispielen zuvor, wurden alle Teilnehmer der Untersuchungsreihe mit einem identischen durchschnittlichen Nutzungsverhalten (Telefonieren, SMS schreiben, Mailboxabrufe) konfrontiert, um den objektiven Preis konstant zu halten (30€): die monatliche Gesprächszeit zu TELE BEST Kunden beläuft sich im Monat auf ca. 100 min., Gespräche ins Festnetz auf ca. 50 min. und Gespräche in andere Mobilfunknetze belaufen sich auf ca. 50 min. Durchschnittlich werden 50 SMS zu TELE BEST Kunden verschickt und 50 SMS in fremde Mobilfunknetze. Die Mailbox wird ca. 10 Mal im Monat abgerufen.
114
Implikationen für die Management-Praxis
4.2.4
Ermittlung eines Komplexitätsindex
Das Phänomen der komplexen Preisgestaltung tritt in den unterschiedlichsten Branchen auf wie beispielsweise Telekommunikation, Banken, Energieversorger, Luftfahrt oder Einzelhandel. Angesichts der Bedeutung des Phänomens stellt sich die Frage, wie sich die Komplexität eines Preissystems systematisch bestimmen lassen kann. Um den Grad der Preiskomplexität zu messen, wurde ein Komplexitätsindex entwickelt.
Größe eines Preissystems
Gestaltung der Zahlen
Gestaltung der Rechenarten
Komplexitätsindex
Komplexitätsgrad
-
-
-
+
-
1
Niedrig
-
2
-
Mittel
-
+
2
Mittel
+
-
-
2
Mittel
-
+
+
3
Hoch
+
+
-
3
Hoch
+
-
+
3
Hoch
+
+
+
4
Sehr hoch
Tabelle 17: Komplexitätsindex
Tabelle 17 verdeutlicht die Stufen der Preiskomplexität. Ein Preissystem der Kategorie 1 „niedrige Komplexität“ ist in allen drei Gestaltungsmerkmalen, die in 4.2.1 bis 4.2.3 vorgestellt wurden, negativ ausgeprägt. Ein Preissystem der Kategorie 2 „mittlere Komplexität“ ist in einer der drei Komplexitätsdimensionen positiv ausgeprägt, enthält also entweder viele Preiselemente im Vergleich zum Wettbewerb, viele unterschiedliche Zahlen oder komplizierte Rechnungen. Ein Preissystem der Kategorie 3 „hohe Komplexität“ ist in jeweils zwei der drei Komplexitätsdimensionen positiv ausgeprägt. In der letzten Kategorie 4 „sehr hohe Komplexität“ sind alle drei Dimensionen positiv ausgeprägt. Die Überprüfung des Komplexitätsindex erfolgte im Rahmen der empirischen Erhebung der Untersuchungsreihe.
Implikationen für die Management-Praxis
115
“Stimme voll 7 und ganz zu” 6
“Der Preis ist komplex”
5
4,6
4
4,9
3,4
3 2 “Stimme überhaupt nicht zu” 1
1,9
Niedrig 1
Mittel 2
Hoch 3
Sehr4 hoch
Komplexitätsgrad
Abbildung 24: Überprüfung des Komplexitätsindex
Die Teilnehmer wurden dazu aufgefordert, die in Tabelle 17 dargestellten Abstufungen der Komplexität anhand konkreter Beispiele (vgl. Anwendungsbeispiele in Kapitel 3) zu beurteilen. Die Ergebnisse in Abbildung 24 zeigen, dass die niedrigste Komplexitätsstufe im Mittel den Wert 1,9 erhielt und die höchste Stufe im Mittel den Wert 4,9. Die Abfrage wurde anhand einer Skala von 1 „Stimme überhaupt nicht zu“ bis 7 „Stimme voll und ganz zu“ vorgenommen. Somit konnte sichergestellt werden, dass die Abstufungen, die anhand der objektiven Gestaltungsmerkmale eines Preissystems getroffen wurden, auch in der Realität ihre Gültigkeit besitzen. 4.3 Warum sind Kunden bereit, mehr für Einfachheit zu zahlen? 4.3.1
Komplexitätswahrnehmung
4.3.1.1 Überlastung durch komplexe Preise Im Fokus der Untersuchungsreihe zur Gestaltung von Preissystemen steht der Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Abstufungen der Preiskomplexität und den Auswirkungen auf den Kunden. In Abschnitt 4.2 wurden die Stellhebel des Unternehmens
116
Implikationen für die Management-Praxis
in Form von objektiven Gestaltungsmerkmalen vorgestellt. Generell können zwischen der objektiven Gestaltung eines Preissystems und dem subjektiv vom Konsumenten wahrgenommenen Preis erhebliche Differenzen bestehen (vgl. Bauer/Neumann/Huber 2006). Wie Kunden diese objektiven Abstufungen der Komplexität wahrnehmen, wird in den folgenden Abschnitten erläutert. Im ersten Schritt der Wahrnehmungsmessung wurde die Preisbelastung in Anlehnung an die Informationsbelastung der Kunden durch komplexe Preise gemessen. Überforderung tritt in der Phase der Preisinformationswahrnehmung auf (vgl. Abschnitt 2.3.1). In der Phase der Preisinformationswahrnehmung kommt es zunächst zur Entschlüsselung der Preise und zur Verarbeitung der objektiven Preisinformationen im Kurzzeitspeicher. Wenn der Kunde zum ersten Mal mit einem komplexen Preissystem konfrontiert wird, besteht häufig die Gefahr einer Informationsüberlastung. Die wissenschaftliche Forschung zur Informationsverarbeitung basiert auf der Annahme, dass die Informationsverarbeitungskapazität des menschlichen Gehirns begrenzt ist (vgl. z.B. Kroeber-Riel/Weinberg 2003). Wird diese Grenze überschritten, kann dies zu irrationalem Verhalten führen (vgl. Jacoby 1977), da der Kunde auf einfache Entscheidungsregeln ausweicht (vgl. Malhotra 1982, Summers 1974; Wilkie 1974). Abbildung 25 zeigt die Einschätzung der Konsumenten, nachdem sie mit unterschiedlich komplexen Preisstrukturen konfrontiert wurden. Der Komplexitätsgrad (x-Achse) richtet sich nach dem Grad der objektiven Preiskomplexität (vgl. Abschnitt 3.4). Die Zustimmung (y-Achse) bezieht sich darauf, wie viele Studienteilnehmer der Aussage „Ich fühle mich überfordert von komplexen Preisen“ zustimmen. Die Ergebnisse zeigen, dass in Anlehnung an die systemtheoretische Definition von Komplexität davon ausgegangen werden kann, dass die Überforderung des Kunden mit jeder weiteren Komplexitätsdimension zunimmt (vgl. Abbildung 25). Bei Konfrontation mit niedriger Komplexität fühlten sich lediglich 4% aller Kunden überlastet, bei sehr hoher Komplexität 38%. Tabelle 18 dient zur Überprüfung der Preisüberlastung des Kunden. Werte > 4 deuten auf eine Überlastung des Kunden hin.
Implikationen für die Management-Praxis
40%
117
38%
„Ich fühle mich überfordert”
Zustimmung in %
35% 30% 25%
21%
20% 13%
15% 10% 5%
4%
0% Niedrig 1
Mittel 2
Hoch 3
Sehr4 hoch
Komplexitätsgrad
Abbildung 25: Überforderung durch komplexe Preise
Checkliste zur Erfassung der Preisüberlastung des Kunden Stimme überhaupt nicht zu Bei diesen vielen Preisen fällt es mir schwer zu verstehen, worum es eigentlich geht. 1 2 Ich müsste sehr viel wissen, um das Preissystem zu verstehen. 1 2 Das Preissystem sieht für mich sehr kompliziert aus. 1 2 Es ist schwierig für mich, mir einen Überblick über alle Zahlen des Preissystems zu verschaffen. 1 2
Stimme voll und ganz zu
3
4
5
6
7
3
4
5
6
7
3
4
5
6
7
3
4
5
6
7
Tabelle 18: Checkliste zur Erfassung der Preisbelastung des Kunden
4.3.1.2 Probleme bei der Preisberechnung Im zweiten Schritt der Wahrnehmungsmessung wurden die Probleme bei der Berechnung des Preises gemessen. Probleme bei der Preisberechnung treten ebenfalls in der Phase der Preisinformationswahrnehmung auf und betreffen den Vorgang der Kodierung der Informationen (vgl. Abschnitt 2.3.1). Überträgt man die Erkenntnisse aus der
118
Implikationen für die Management-Praxis
Forschung über multidimensionale Preise auf die Preiskomplexität, lässt sich folgern, dass komplexe Preissysteme Kunden häufig gedanklich überfordern. Die Ermittlung des Endpreises erfordert, dass vom Käufer zunächst Berechnungen durchgeführt und verschiedene Preisinformationen zu einem Gesamturteil integriert werden. Der Gesamtpreis ist umso schwerer ermittelbar, je komplexer ein Preis ist, d.h. je mehr Preisdimensionen er beinhaltet, je unterschiedlicher die Preise gestaltet sind und je schwieriger die durchzuführenden Rechnungen sind (vgl. Estelami 2003; 1997). Verbraucher scheitern häufig darin, die einzelnen Preiselemente zu einer korrekten Gesamtpreisbeurteilung zusammenzuführen. Deshalb steigt mit zunehmender Komplexität des Preissystems die Wahrscheinlichkeit für den Konsumenten, eine falsche Kaufentscheidung zu treffen. Ist die Preiskomplexität sehr hoch, hat dies eine demotivierende Wirkung auf die Kunden – sie fühlen sich mit der Ermittlung des Gesamtpreises überfordert oder empfinden diese als zu umständlich. Abbildung 26 zeigt die Einschätzung der Konsumenten, nachdem sie mit unterschiedlich komplexen Preisstrukturen konfrontiert wurden. Der Komplexitätsgrad (x-Achse) richtet sich nach dem Grad der objektiven Preiskomplexität (vgl. Abschnitt 4.2.4). Die Zustimmung (y-Achse) bezieht sich darauf, wie viele Teilnehmer der Untersuchung der Aussage „Ich habe Probleme, den Preis zu berechnen“ zustimmen. Wie aus den Ergebnissen ersichtlich wird, nimmt die gefühlte Schwierigkeit der Preisberechnung für den Kunden mit jeder weiteren Komplexitätsdimension zu (vgl. Abbildung 26). Lediglich 7% der Studienteilnehmer hatten bei der niedrigsten Komplexitätsstufe Schwierigkeiten, den Preis zu berechnen, bei hoher und sehr hoher Komplexität hatten mehr als zwei Drittel der Teilnehmer Probleme mit der Preisberechnung. Die Ergebnisse zeigen, dass die Berechnungsschwierigkeit mit zunehmender Komplexität noch stärker ansteigt als die gefühlte Überforderung des Kunden. Tabelle 19 dient zur Überprüfung der Berechnungsschwierigkeit des Kunden. Werte > 4 deuten auf Schwierigkeiten bei der Berechnung hin.
Implikationen für die Management-Praxis
Zustimmung in %
50%
119
“Ich habe Probleme, den Preis zu berechnen”
45%
45% 40% 33%
35% 30% 25% 17%
20% 15% 10% 5%
7%
0% Niedrig 1
Mittel 2
Hoch 3
Sehr4 hoch
Komplexitätsgrad
Abbildung 26: Probleme bei der Preisberechnung
Checkliste zur Erfassung der Berechnungsschwierigkeit des Kunden Stimme überhaupt nicht zu. Es war mühsam, den insgesamt zu zahlenden Preis zu berechnen. 1 2 3 Es fiel mir schwer, mit den einzelnen Zahlen umzugehen. 1 2 3 Es war anstrengend, die vielen unterschiedlichen Berechnungen durchzuführen. 1 2 3 Es war schwierig, den Gesamtpreis ohne Taschenrechner zu bestimmen. 1 2 3
Stimme voll und ganz zu.
4
5
6
7
4
5
6
7
4
5
6
7
4
5
6
7
Tabelle 19: Checkliste zur Erfassung der Berechnungschwierigkeit des Kunden
4.3.1.3 Probleme bei der Angebotsbeurteilung Im dritten Schritt der Wahrnehmungsmessung wurde untersucht, in welchem Ausmaß Probleme bei der Angebotsbeurteilung auftreten. Probleme bei der Angebotsbeurteilung treten nach der Kodierung der Informationen in der Phase der Urteilsbildung auf (vgl. Abschnitt 2.3.1 zu den Phasen der Preisinformationsverarbeitung). Die verarbei-
120
Implikationen für die Management-Praxis
teten Preisstimuli werden mit Informationen und Erfahrungen aus dem Langzeitgedächtnis zu einem subjektiven Wahrnehmungsbild kombiniert. Bei der Urteilsbildung möchte der Kunde einerseits eine möglichst genaue Entscheidung treffen, die am besten zu seinem Ziel passt (z.B. den günstigsten Preis am Markt zu finden), andererseits möchte er auch so wenig Zeit und Mühe in die Entscheidung stecken, wie möglich (vgl. Johnson/Payne 1985). Bei einem komplexen Preissystem wird es sehr schwierig, die Vorteilhaftigkeit eines Angebots zu bestimmen. Wenn der Kunde also Probleme hat, das Angebot zu beurteilen, kann dies dazu führen, dass er das Angebot falsch einordnet, weil er den Preis nicht richtig interpretiert hat. Eine andere Möglichkeit ist, dass er das Angebot aus seinem Relevant Set streicht, weil das Risiko einer Fehlentscheidung zu groß ist. Abbildung 27 zeigt die Einschätzung der Konsumenten, nachdem sie mit unterschiedlich komplexen Preisstrukturen konfrontiert wurden. Der Komplexitätsgrad (x-Achse) richtet sich nach dem Grad der objektiven Preiskomplexität (vgl. Abschnitt 3.4). Die Zustimmung (y-Achse) bezieht sich darauf, wie viele Teilnehmer der Untersuchung der Aussage „Ich habe Probleme, das Angebot zu beurteilen“ zustimmen. Die Ergebnisse zeigen, dass in Anlehnung an die systemtheoretische Definition von Komplexität davon ausgegangen werden kann, dass die gefühlte Schwierigkeit der Angebotsbeurteilung für den Kunden mit Zunahme der Komplexität steigt (vgl. Abbildung 27). Bei Konfrontation mit niedriger Komplexität hatten lediglich 9% der Teilnehmer Schwierigkeiten. Bei einem mittleren Komplexitätsniveau 14% und bei hoher Komplexität stimmten 31% der Teilnehmer der Aussage zu. Tabelle 20 dient zur Überprüfung der Beurteilungsschwierigkeit des Kunden. Werte > 4 deuten auf Schwierigkeiten bei der Beurteilung hin.
Implikationen für die Management-Praxis
40%
121
“Ich habe Probleme, das Angebot zu beurteilen”
Zustimmung in %
35%
37%
31%
30% 25% 20% 14%
15% 10%
9%
5% 0% Niedrig 1
Mittel 2
Hoch 3
Sehr4 hoch
Komplexitätsgrad
Abbildung 27: Probleme bei der Angebotsbeurteilung
Checkliste zur Erfassung der Beurteilungsschwierigkeit des Kunden Stimme überhaupt nicht zu. Es hat viel Zeit gekostet, das Preissystem zu beurteilen und mich zu entscheiden. 1 2 3 Ich habe angestrengt darüber nachgedacht, bevor ich mich entschieden habe. 1 2 3 Ich musste mich sehr konzentrieren, um das Preissystem zu beurteilen und mich zu entscheiden. 1 2 3 Es war schwierig, sich mit dem Preissystem zu beschäftigen. 1 2 3
Stimme voll und ganz zu.
4
5
6
7
4
5
6
7
4
5
6
7
4
5
6
7
Tabelle 20: Checkliste zur Erfassung der Beurteilungsschwierigkeit des Kunden
4.3.2
Preiseinschätzung
Zu den Auswirkungen von Preiskomplexität auf Kundenseite zählen neben den genannten Problemen in der Wahrnehmung und Bearbeitung Verzerrungen in der Preiseinschätzung (vgl. Abschnitt 2.4). Die Teilnehmer wurden in den Studien mit fiktiven
122
Implikationen für die Management-Praxis
Preissystemen konfrontiert, einem einfachen und einem komplexen Preissystem, die zusätzlich zur Komplexität in der Preishöhe variierten. Abbildung 28 zeigt die Auswirkungen auf die Kaufentscheidung: In Fall 1 wählten 65% den einfachen Tarif obwohl er teurer war als der vergleichbare komplexe Tarif. In Fall 2 wählten 71% den einfachen Tarif obwohl er gleich teuer war wie der komplexe. In Fall 3 wählten 87% den einfachen Tarif, der in diesem Fall auch günstiger war als der komplexe.
100% 87%
90% 80% 70%
71%
Wahl: Einfach Wahl: Komplex
65%
60% 50% 40%
35% 29%
30% 20%
13%
10% 0% Einfacher Tarif ist teurer
Einfacher Tarif ist genauso teuer wie komplexer Tarif
Einfacher Tarif ist billiger
Abbildung 28: Verzerrungen in der Preisbeurteilung und in der Kaufentscheidung
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es bei der Beurteilung von einfachen versus komplexen Preisen zu systematischen Fehleinschätzungen kommt, einem sog. Simplicity-Bias (vgl. Abschnitt 2.4). Die Beurteilung der Preishöhe erfolgt nämlich nicht ausschließlich über Berechnungen, wie man es bei einem rationalen Entscheider vermuten würde, sondern wird auch stark von der Wahrnehmung der Preisgestaltung beeinflusst. Eine Verzerrung liegt vor, da einfache Preise über verschiedene Preisstufen hinweg günstiger wahrgenommen werden. Abhängig von der jeweiligen Branche und dem jeweiligen Entscheidungsumfeld variiert die Preisspanne, bei der der einfache Preis noch als vorteilhafter wahrgenommen wird als der komplexe.
Implikationen für die Management-Praxis
123
5,00 €
Preissetzung des Unternehmens
Durchschnittliche Preiswahrnehmung des Kunden: einfacher Tarif ist günstiger 0,90 €
0,00 € 1
Szenario 1: Der einfache Preis ist € 5 teurer als der komplexe Preis -5,00 €
-5,00 €
5,00 € 3,90 €
0,00 € 0,00 € 1
Szenario 2: Der einfache Preis ist genauso teuer wie der komplexe Preis -5,00 €
5,40 €
5,00 € 5,00 €
0,00 € 1
Szenario 3: Der einfache Preis ist €5 günstiger als der komplexe Preis
-5,00 €
Abbildung 29: Preiseinschätzungen
124
Implikationen für die Management-Praxis
Die Fehleinschätzungen des Preises über die drei Szenarien hinweg sind in Abbildung 29 dargestellt. In Szenario 1 wurde der einfache Preis 0,90 Cent günstiger eingeschätzt als der komplexe, er kostete aber tatsächlich 5,00€ mehr. In Szenario 2 wurde der einfache Preis um 3,90€ vorteilhafter beurteilt als der komplexe Preis, kostete aber gleich viel. Die objektive Preisdifferenz betrug demnach 0,00€. In Szenario 3 wurde der einfache Preis um 5,40€ vorteilhafter beurteilt als der komplexe Preis. Der objektive Preisvorteil lag hier bei 5,00€. 4.3.3
Wahrnehmung der Preisfairness
4.3.3.1 Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses Die wahrgenommene Preisfairness stellt einen wichtigen Einflussfaktor der Reaktionen von Konsumenten auf Preise dar (vgl. Campbell 1999 und Abschnitt 2.3.1). Die Preisfairness lässt sich in die Phase der Preisinformationsbeurteilung einordnen. Die Wahrnehmung der Preisfairness wurde über die drei Facetten Beurteilung des PreisLeistungs-Verhältnisses (Abschnitt 4.3.3.1), die gefühlte Benachteiligung gegenüber anderen Kunden (Abschnitt 4.3.3.2) und der wahrgenommenen Preisstrategie des Unternehmens (Abschnitt 4.3.3.3) gemessen. Im ersten Schritt werden die Auswirkungen von Preiskomplexität auf die PreisLeistungs-Facette der Preisfairness, die Preiswürdigkeit, erläutert. Preisfairness liegt vor, wenn die Konsumenten das Preis-Leistungs-Verhältnis als gerecht einstufen und der tatsächliche Preis nicht gegen den sozial akzeptierten Preis verstößt (vgl. Kapitel 2). Seit Beginn der 70er Jahre wird der Zusammenhang zwischen Fairness und Beurteilung des Preises im Rahmen der Marketingliteratur thematisiert (vgl. Monroe 1971). Diller (2001) versteht unter Preisfairness das subjektive Empfinden über die Angemessenheit, Ehrlichkeit und Gerechtigkeit der Preispolitik eines Anbieters (vgl. Diller 2001). Empirische Studien zeigen, dass sich die wahrgenommene Preisunfairness auf viele für ein Unternehmen bedeutende Faktoren auswirkt. Als unfair wahrgenommene Preise
Implikationen für die Management-Praxis
125
verringern die Kaufabsicht, die Zufriedenheit sowie die Loyalität der Kunden (vgl. Campbell 1999; Herrmann et al. 2007; Homburg/Hoyer/Koschate 2005). Als Einflussfaktor darauf, wie Konsumenten auf Preise reagieren, nimmt die Preisfairness somit eine wichtige Stellung ein, auch deshalb, weil der Preis einen wirkungsvollen Hebel zur Steigerung der Profitabilität darstellt. Die wahrgenommene Preisfairness wirkt sich somit keinesfalls nur auf Einstellungskonstrukte aus, die den Anbieter indirekt betreffen, sondern es ist auch ein klarer Bezug zum Unternehmen gegeben. Abbildung 30 zeigt die Fairnesseinschätzung der Konsumenten, nachdem sie mit unterschiedlich komplexen Preisstrukturen konfrontiert wurden. Der Komplexitätsgrad (x-Achse) richtet sich nach dem Grad der objektiven Preiskomplexität (vgl. Abschnitt 4.2.4). Die Zustimmung (y-Achse) bezieht sich darauf, wie viele Teilnehmer der Untersuchung der Aussage „Preis und Leistung stimmen überein“ zustimmen. Die Ergebnisse zeigen, dass wahrgenommene Preisfairness in Bezug auf Preis und Leistung mit jeder weiteren Komplexitätsdimension abnimmt (vgl. Abbildung 30). Bei Konfrontation mit niedriger Komplexität stimmten 59% der Aussage zu, dass Preis und Leistung übereinstimmen, bei sehr hoher Komplexität lediglich 36%. Das Ergebnis überrascht insofern, da die Preisgestaltung die Wahrnehmung der Fairness des Preis-Leistungsverhältnisses rationalerweise nicht beeinflussen sollte. Die Preishöhe wurde bei diesen Befragungen nicht variiert und war immer gleich niedrig. Tabelle 21 dient zur Überprüfung der wahrgenommenen Fairness durch den Kunden. Werte < 4 deuten auf eine niedrige Fairnessbeurteilung hin.
126
Implikationen für die Management-Praxis
“Preis und Leistung stimmen überein”
70%
Zustimmung in %
60%
59% 50%
50%
50% 36%
40% 30% 20% 10% 0% Niedrig 1
Mittel 2
Hoch 3
Sehr4 hoch
Komplexitätsgrad
Abbildung 30: Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses
Checkliste zur Erfassung der Preis-Leistungs-Fairness Stimme überhaupt nicht zu. Der xxx Tarif ist seinen Preis wert. 1 2 Das ist genau der Preis, den ich für die Leistung erwartet hätte. 1 2 Der Preis des xxx Tarifs ist für die Leistung, die ich bekomme, angemessen. 1 2
Stimme voll und ganz zu.
3
4
5
6
7
3
4
5
6
7
3
4
5
6
7
Tabelle 21: Checkliste zur Erfassung der Preis-Leistung-Fairness
4.3.3.2 Benachteiligung gegenüber anderen Kunden Im zweiten Schritt der Untersuchung der Auswirkungen von Preiskomplexität wird auf die relationale Facette der Preisfairness, die gefühlte Benachteiligung gegenüber anderen Kunden, eingegangen. Preisfairnessurteile unterliegen der Subjektivität der Käufer und werden in der Regel nur aus der Sicht des einzelnen Kunden betrachtet (vgl.
Implikationen für die Management-Praxis
127
Xia/Monroe/Cox 2004). Dies hat zur Folge, dass eine egozentrische Verzerrung zugunsten des Käufers auftritt. Beispielsweise hängt die Stärke der wahrgenommenen Unfairness eines ungleichen Preises von der Frage ab, ob man derjenige ist, der mehr oder weniger als der andere zahlt. Von dem Individuum mit dem vergleichsweise höheren Preis wird diese Situation unfairer wahrgenommen als von jenem mit dem geringeren Preis (vgl. Ordónez/Connolly/Coughlan 2000). Bei Preisfairnessurteilen werden nicht nur Preise von Wettbewerbsprodukten verglichen oder Preise aus früheren Einkaufssituationen mit der Gegenwart verglichen, sondern auch die Preise, die andere Austauschpartner zahlen müssen, in Relation zueinander gesetzt. Als Referenzpunkt können demnach auch andere Personengruppen dienen. Insbesondere bei komplex gestalteten Preissystemen kann ein Gefühl der ungleichen Behandlung auftreten. Aufgrund der Denkleistung, die bei der Beurteilung eines Preissystems erbracht werden muss, könnten sich Kunden benachteiligt fühlen, da sie das Gefühl haben, anderen in der Preisberechnung unterlegen zu sein. Abbildung 31 zeigt die Fairnesseinschätzung der Konsumenten, nachdem sie mit unterschiedlich komplexen Preisstrukturen konfrontiert wurden. Der Komplexitätsgrad (x-Achse) richtet sich nach dem Grad der objektiven Preiskomplexität (vgl. Abschnitt 4.2.4). Die Zustimmung (y-Achse) bezieht sich darauf, wie viele Teilnehmer der Untersuchung der Aussage „Gegenüber anderen werde ich nicht benachteiligt“ zustimmen. Es wird ersichtlich, dass wahrgenommene Preisfairness in Bezug auf Preis- und Leistungsbeurteilungen mit jeder weiteren Komplexitätsdimension abnimmt (vgl. Abbildung 31). 50% der Teilnehmer stimmten bei einem einfachen Preissystem der Aussage zu, dass sie gegenüber anderen nicht benachteiligt werden. Bei sehr hoher Komplexität sank der Anteil derjenigen, die der Aussage zustimmen würden, auf 26%. Die Preishöhe wurde bei diesen Befragungen nicht variiert und war immer gleich niedrig. Tabelle 22 dient zur Überprüfung der relationalen Fairness durch das Unternehmen. Werte < 4 deuten auf eine niedrige Fairnessbeurteilung hin.
128
Implikationen für die Management-Praxis
“Gegenüber anderen werde ich nicht benachteiligt”
60% 50% Zustimmung in %
50% 40% 31%
30%
30%
26%
20% 10% 0% Niedrig 1
Mittel 2
Hoch 3
Sehr 4 hoch
Komplexitätsgrad
Abbildung 31: Benachteiligung gegenüber anderen Kunden
Checkliste zur Erfassung der relationalen Fairness Stimme überhaupt nicht zu. Bei dem xxx Tarif wird kein Kunde benachteiligt. 1 Der xxx Tarif ist für alle Kunden gleich fair. 1 Bei dem xxx Tarif muss ich nicht mehr zahlen als andere. 1 Im Vergleich zu anderen Kunden bin ich nicht schlechter gestellt bei dem xxx Tarif. 1
Stimme voll und ganz zu.
2
3
4
5
6
7
2
3
4
5
6
7
2
3
4
5
6
7
2
3
4
5
6
7
Tabelle 22: Checkliste zur Erfassung der relationalen Fairness
4.3.3.3 Wahrnehmung der Preisstrategie des Unternehmens Im dritten Schritt wird auf die letzte Facette der Preisfairness eingegangen, die Wahrnehmung der Preisstrategie des Unternehmens. Konkret geht es in dieser dritten Facette darum, ob der Kunde die Preisstrategie eines Unternehmens als fair einstuft. Aus
Implikationen für die Management-Praxis
129
Kundensicht äußert sich diese Facette der Fairness zum Beispiel darin, ob sich das Unternehmen um Transparenz bemüht. Xia/Monroe/Cox (2004) fassen das Begriffsverständnis der wahrgenommenen Preisfairness zusammen als die Beurteilung über die Angemessenheit, Akzeptanz und Richtigkeit des Ergebnisses sowie des Prozesses, der zu dem Ergebnis geführt hat (vgl. Xia/Monroe/Cox 2004). Die Wahrnehmung der Preisstrategie eines Unternehmens basiert auf der Prozessbetrachtung. Zur wahrgenommenen Preisstrategie des Unternehmens zählen die verschiedenen Konditionen und Bedingungen, die an das Angebot geknüpft sind, wie z.B. die Handhabung und Erklärung von Konditionen innerhalb eines Preissystems (vgl. Herrmann et al. 2007). Eine Steigerung der Anzahl der Preisdimensionen beispielsweise reduziert die Genauigkeit der Wahrnehmung durch den Kunden und erfordert im Vergleich zu eindimensionalen Preisen kognitiven Arbeitsaufwand (vgl. Estelami 1997; Herrmann 1998). Der Einsatz von komplexen Preissystemen kann dazu führen, dass der Kunde sich Gedanken über die dahinter stehende Absicht des Händlers macht (vgl. Estelami 2003). Der Kunde könnte die Verantwortung für den entstehenden Stress bei schwierig zu durchschauenden Preisen beim Anbieter suchen. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass mit steigender (abnehmender) Anzahl der Preisdimensionen und zunehmender (abnehmender) Schwierigkeit der Preisdarstellung die beabsichtigte Preistransparenz, die der Kunde dem Anbieter unterstellt, abnimmt (zunimmt). Wird ein Preis als unfair wahrgenommen, führt dies dazu, dass auch die Preissetzung des Händlers als weniger fair empfunden wird. Dies wiederum beeinflusst die Einstellung gegenüber dem Händler negativ. Verschlechtert sich die Einstellung gegenüber dem Händler, hat dies eine geringere Kaufabsicht zur Folge, da ein positiver Zusammenhang zwischen der Einstellung gegenüber dem Händler und der Kaufabsicht besteht (vgl. Herrmann et al. 2007; Maxwell 2002; Kukar-Kinney/Xia/Monroe 2007). Abbildung 32 zeigt die Fairnesseinschätzung der Konsumenten, nachdem sie mit unterschiedlich komplexen Preisstrukturen konfrontiert wurden. Der Komplexitätsgrad (x-Achse) richtet sich nach dem Grad der objektiven Preiskomplexität (vgl. Abschnitt 3.4). Die Zustimmung (y-Achse) bezieht sich darauf, wie viele Teilnehmer der Unter-
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Implikationen für die Management-Praxis
suchung der Aussage „Das Unternehmen versucht nicht, den Preis zu verschleiern“ zustimmen. Die Ergebnisse bestätigen, dass die wahrgenommene Preisfairness in Bezug auf die Unternehmenswahrnehmung mit steigender Komplexität abnimmt (vgl. Abbildung 32). Bei Konfrontation mit niedriger Komplexität stimmten 86% der Aussage zu, bei sehr hoher Komplexität lediglich noch 28%. Die Preishöhe wurde bei diesen Befragungen nicht variiert und war immer gleich niedrig. Bei dieser Facette der wahrgenommenen Strategie des Unternehmens wird ein niedriges Maß an Komplexität überaus vorteilhaft von den Kunden wahrgenommen. Tabelle 23 dient zur Überprüfung der wahrgenommenen Fairness durch den Kunden. Werte < 4 deuten auf eine niedrige Fairnessbeurteilung hin.
Zustimmung in %
“Das Unternehmen versucht nicht, den Preis zu verschleiern”
100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
86%
43%
39% 28%
Niedrig 1
Mittel 2
Hoch 3
Komplexitätsgrad
Abbildung 32: Wahrnehmung der Preisstrategie des Unternehmens
Sehr 4 hoch
Implikationen für die Management-Praxis
Checkliste zur Erfassung der Unternehmenswahrnehmung Stimme überhaupt nicht zu. Das Unternehmen versucht nicht, den Kunden mit dem xxx Tarif zu verwirren. 1 2 Das Unternehmen ermöglicht es dem Kunden, schnell den richtigen Preis zu berechnen. 1 2 Das Unternehmen hat ein Interesse daran, dass der Kunde gleich weiß, wie viel er bezahlen muss. 1 2 Das Unternehmen bemüht sich darum, dass ein Großteil der Kunden den xxx Tarif versteht. 1 2
131
Stimme voll und ganz zu. 3
4
5
6
7
3
4
5
6
7
3
4
5
6
7
3
4
5
6
7
Tabelle 23: Checkliste zur Erfassung der Unternehmenswahrnehmung
4.4 Fazit und Ausblick Die Ergebnisse der Untersuchungsreihe zu der kundenseitigen Wahrnehmung der Preiskomplexität liefern für Unternehmen bedeutsame Implikationen. Die Ergebnisse zeigen, dass neben der Bestimmung der Preishöhe die qualitative Gestaltung eines Preissystems ein strategisch bedeutsamer Aspekt ist. Das Praxispapier soll Unternehmen dazu anregen, die Komplexität ihrer Preissysteme systematisch zu durchleuchten. Die ausführliche Darstellung der kundenseitigen Auswirkungen von einfachen versus komplexen Preisen soll zu einem besseren Verständnis der kundenseitigen Kosten führen. Demnach spielen für ein erfolgreiches Management von Preissystemen nicht nur unternehmensinterne Faktoren eine Rolle, sondern auch Kosten, die durch negative Kundenwahrnehmungen entstehen. Zusammenfassend lässt sich die Wirkungskette der Preiskomplexität, wie in Abbildung 33 verdeutlicht wird, darstellen. Die Gestaltung und Darstellung eines Preissystems beeinflusst die wahrgenommene Komplexität des Kunden, was sich in Verarbeitungsschwierigkeiten äußert. Das Unternehmen kann diese Wahrnehmung direkt über sog. Stellhebel der Preiskomplexität beeinflussen: die Größe eines Preissystems, die Gestaltung der Zahlen und die Gestaltung der Rechenarten (vgl. Abschnitt 4.2). Eine
132
Implikationen für die Management-Praxis
hohe Komplexitätswahrnehmung führt zu gefühlter Überforderung des Kunden, zu Schwierigkeiten bei der Preisberechnung und zu Schwierigkeiten der Angebotsbeurteilung (vgl. Abschnitt 4.3.1). Aufgrund der Verarbeitungsschwierigkeiten kommt es zu Preisfehleinschätzungen: Einfache Preise werden unter- und komplexe Preise werden überschätzt (vgl. Abschnitt 4.3.2). Über die Preisfehleinschätzungen und die wahrgenommene Komplexität kommt es zu verzerrten Fairnessurteilen, die wiederum zu einer geringeren Kauf- und Zahlungsbereitschaft führen (vgl. Abschnitt 4.3.3).
Kunde „Preisüberlastung“
„Schwierigkeit der Preisberechnung“
Komplexität eines Preissystems
„Schwierigkeit der Angebotsbeurteilung“
Kaufverhalten
Unternehmen
Abbildung 33: Wirkungskette der Preiskomplexität
Die Ergebnisse der Untersuchungsreihe führen zu der Erkenntnis, dass Verbraucher in gewisser Weise eine Zahlungsbereitschaft für Einfachheit besitzen. Wie in Abbildung 34 ersichtlich wird, besitzen 80% der befragten Verbraucher eine hohe Kaufabsicht für ein günstiges Angebot, das gleichzeitig einfach gestaltet ist, wohingegen nur 55% der befragten Verbraucher bei einem gleich günstigen aber komplexen Angebot eine hohe Kaufbereitschaft besitzen (vgl. Abbildung 34).
Implikationen für die Management-Praxis
90% 80%
133
Günstiger Preis -
90%
Günstiger Preis -
Einfaches Preissystem 80%
80%
Komplexes Preissystem
70%
70%
60%
60%
50%
50%
40%
40%
30%
30%
20%
55% 36%
20%
14%
10%
10%
0%
0% Kaufabsicht eher gering
Kaufabsicht eher hoch
Kaufabsicht eher gering
Kaufabsicht eher hoch
Abbildung 34: Kaufbereitschaft für einen einfachen versus komplexen Preis
Abschließend werden die wesentlichen Aussagen zusammengefasst: x Die Komplexität eines Preissystems lässt sich systematisch über sog. „Stellhebel“ steuern: Größe eines Preissystems, Gestaltung der Zahlen, Gestaltung der Rechenarten. Je nachdem wie diese Gestaltungsmerkmale ausgeprägt sind, wird ein Preissystem als einfach oder komplex wahrgenommen. x Es kommt bei der Preisbeurteilung von mehrdimensionalen Preissystemen zu systematischen Verzerrungen: einfache Preise werden unter- und komplexe Preise werden überschätzt. x Komplexe Preise werden als unfair wahrgenommen und deshalb sinkt auch die Kaufbereitschaft dafür. x Verbraucher besitzen eine Zahlungsbereitschaft für Einfachheit. x Die Einfachheit eines Preissystems wird fast genauso wichtig eingeschätzt wie die Höhe eines Preises.
134
Schlussbemerkung
5 Schlussbemerkung Ziel des fünften Kapitels ist, die in Abschnitt 1.3 gestellten Forschungsfragen abschließend zu beantworten und die Haupterkenntnisse der Arbeit abschließend zusammenzufassen. Die Beantwortung der Forschungsfragen basiert auf den theoretischen und empirisch experimentellen Analysen, die in Abschnitt 1.5 überblicksartig dargestellt und in Kapitel 2 und 3 ausführlich erläutert wurden. Die empirische und theoretische Fundierung der Einflussfaktoren und der Wahrnehmung von Preiskomplexität stellte das erste Untersuchungsziel der vorliegenden Arbeit dar. Forschungsfragen 1a und 1b sind diesem Untersuchungsziel untergeordnet. Forschungsfrage 1a: Welche Faktoren machen ein Preissystem komplex? In der verhaltenswissenschaftlichen Preisforschung wurden Preissysteme bisher nicht systematisch analysiert, da der Fokus auf der Analyse von Einzelpreisen lag. In den letzten Jahren sind jedoch zwei weitere Forschungsfelder entstanden, die sich mit dem Zusammenspiel von mehreren Preiskomponenten beschäftigen. Sowohl das Konzept der mehrdimensionalen Preise als auch das Konzept der geteilten Preise liefern Anknüpfungspunkte zur Preiskomplexität, die bei der Konzeptualisierung und Operationalisierung in der vorliegenden Arbeit berücksichtigt wurden. Arbeiten zur mehrdimensionalen Preissetzung haben maßgeblich die Schwierigkeit der Preisberechnung untersucht, was ein Charakteristikum von komplexen Preisen darstellt. Arbeiten zur Preisteilung haben maßgeblich die Anzahl der Preiskomponenten betrachtet, was ebenfalls ein Merkmal von komplexen Preisen ist. Zusammenfassend wurden bisher lediglich Teilaspekte der Preiskomplexität betrachtet. In der vorliegenden Arbeit wurde Preiskomplexität in Anlehnung an die System- und Organisationstheorie konzeptualisiert, die die Komplexität von Systemen anhand der Größe des Systems und der Heterogenität der Elemente definieren (vgl. Abschnitt 2.3.1). Unter der Größe eines Preissystems lässt sich die Gesamtzahl der Elemente innerhalb einer Preisstruktur zusammenfassen. Die Gesamtzahl der Elemente kann entweder über die Elemente innerhalb einer Option eines Preissystems variiert (vgl. Abschnitt 4.2.1.1) oder über die Anzahl der Optionen an sich variiert werden (vgl. Ab-
Schlussbemerkung
135
schnitt 4.2.1.2). Die Heterogenität der Elemente bezieht sich auf zwei Ausprägungen, die Heterogenität der Zahlen und der Rechnungen. Wenn ein Preissystem viele unterschiedliche Zahlen enthält, die miteinander in Rechnungen kombiniert werden müssen, wird ein Preissystem komplexer. Wenn die Vielfalt der Berechnungen, die zur Bestimmung eines Gesamtpreises notwendig sind, hoch ist, dann wird ein Preissystem ebenfalls komplex wahrgenommen (vgl. Abschnitt 4.2.2). Neben der Vielfalt der Berechnungen spielt auch die Art der Rechnungen eine Rolle, z.B. sind prozentuale Preisaufschläge schwieriger zu beurteilen als absolute Preisaufschläge. Die drei theoretisch analysierten und empirisch untersuchten Komplexitätsdimensionen sind wichtige Stellhebel für Unternehmen, da über diese Stellhebel direkt die Komplexität eines Preissystems beeinflusst werden kann. Aus den drei Komplexitätsdimensionen lässt sich ein Komplexitätsindex entwickeln, der vier Abstufungen der Komplexität umfasst (vgl. Abschnitt 4.2.3). Dieser Komplexitätsindex kann als Grundlage für die Bewertung der Komplexität eines Preissystems herangezogen werden. Forschungsfrage 1b: Wie werden komplexe Preissysteme wahrgenommen? Studien zur Informationsbelastung und Konsumentenverwirrung liefern bisher keine eindeutige Antwort dazu, wie Konsumenten komplexe Preise wahrnehmen, bieten jedoch konzeptionelle Anknüpfungspunkte zur Definition der Wahrnehmung von Preiskomplexität (vgl. Abschnitte 1.2.2 und 2.3.1). Ob objektiv komplexe Preissysteme auch subjektiv komplex wahrgenommen werden, ist deshalb Gegenstand der Forschungsfrage 1b. Ein Kritikpunkt der empirisch experimentellen Analysen im Bereich Informationsbelastung und Konsumentenverwirrung ist, dass objektive Manipulationen der Informationsbelastung häufig nicht durch eine subjektive Wahrnehmungsmessung ergänzt wurden. Deshalb wurde in der vorliegenden Arbeit die objektive Manipulation von Preiskomplexität einer subjektiven Wahrnehmungsmessung gegenübergestellt. Ausgehend von der grundsätzlichen Annahme, dass Konsumenten nur begrenzte Verarbeitungskapazität besitzen, wurde in Kapitel 2 eine mehrdimensionale Skalierung für die Wahrnehmung von Preiskomplexität entwickelt (vgl. Abschnitt 2.3.1). Die drei Dimensionen des Konstrukts sind Preisbelastung, Berechnungsaufwand und Beurteilungsaufwand. Im Rahmen der Konzeptualisierung wurden Erkenntnisse zu kognitiver
136
Schlussbemerkung
Informationsverarbeitung, Stimulus-Überlastung und numerischer Kognition berücksichtigt. Die experimentellen Untersuchungen deuten auf einen linearen Zusammenhang zwischen Preiskomplexität und der Wahrnehmung von Preiskomplexität hin, da mit jeder weiteren Komplexitätsdimension die Komplexitätswahrnehmung ansteigt. Das zweite übergeordnete Untersuchungsziel der Arbeit bezieht sich auf die Auswirkungen von einfachen Preissystemen im Vergleich zu komplexen Preissystemen auf den Kaufentscheidungsprozess. Forschungsfragen 2a und 2b lassen sich diesem Untersuchungsziel unterordnen. Forschungsfrage 2a: Wie ist der Zusammenhang zwischen Wahrnehmung der Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten? Die grundlegende Frage, ob Konsumenten aufgrund von komplexen Einkaufssituationen überlastet werden können und ob sich diese Überlastung negativ auf die Kaufentscheidung auswirkt, konnte bislang nicht eindeutig geklärt werden (vgl. Abschnitte 1.2.1 und 2.4). Da sich die verhaltenswissenschaftliche Preisforschung vornehmlich mit der Wahrnehmung von Einzelpreisen beschäftigt hat und Preissysteme in der Betrachtung vernachlässigt wurden, gibt es bislang keinerlei Anhaltspunkte, wie der Zusammenhang zwischen wahrgenommener Preiskomplexität, Preisfairness und Kaufverhalten aussehen könnte. Die empirischen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass wahrgenommene Preiskomplexität Preisfairness negativ beeinflusst. Geringere Preisfairness führt wiederum zu einer geringeren Kaufabsicht. Die empirischen Ergebnisse deuten darauf hin, dass Kunden bei einem Vergleich zwischen einem einfachen und einem komplexen Preis eine verzerrte Wahrnehmung zugunsten einfacher Preise zeigen, da sie die Kosten des einfachen Preises im Vergleich unterschätzen. Aufgrund der erwähnten Verarbeitungsschwierigkeiten werden Heuristiken angewandt, so dass die Preisinformationen nicht vollständig verarbeitet werden. Als Folge davon kommt es zu Preisfehleinschätzungen und verzerrten Fairnessurteilen. Einfache Preise werden häufig unterschätzt, komplexe Preise häufig überschätzt. Deshalb wird ein einfacher Preis oftmals günstiger und fairer wahrgenommen als ein komplexer Preis, was die Kaufentscheidung maßgeblich beeinflusst.
Schlussbemerkung
137
Forschungsfrage 2b: Wie wirkt sich Zeitdruck auf die Verarbeitung einfacher bzw. komplexer Preise aus? In Arbeiten zur Überlastung oder Verwirrung von Konsumenten wurden teilweise Kontextvariablen, wie beispielsweise Zeitdruck während der Informationsverarbeitung, berücksichtigt. Die Ergebnisse bestätigen, dass Zeitdruck eine wichtige moderierende Variable im Informationsverarbeitungsprozess darstellt, da der Prozess der Entscheidungsfindung durch externe Rahmenbedingungen maßgeblich beeinflusst wird. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit bestätigen den moderierenden Einfluss von Zeitdruck. Unter Zeitdruck sinkt die Bedeutung der Preishöhe, d.h. des tatsächlichen Preises, den der Konsument zahlen muss, und die Bedeutung der Preisgestaltung, d.h. die Einfachheit eines Preissystems, nimmt zu. Wenn Zeitdruck hoch ist, dann beeinflusst lediglich die vom Kunden wahrgenommene Preiskomplexität den subjektiven Preisvorteil. Daher steigt die Neigung eines Kunden, sich unter Zeitdruck auf die Einfachheit einer Preisstruktur zu verlassen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Unternehmen externe Faktoren wie Zeitdruck in ihren Preisstrategien berücksichtigen sollten, da Kunden keine rationalen Entscheidungen fällen, wenn sie Informationen nicht vollständig verarbeiten können. Das dritte Untersuchungsziel der Arbeit bezieht sich auf die Auswirkungen von Auswahlmöglichkeiten im Rahmen der Preisgestaltung auf die Kundenwahrnehmung von Kosten und Nutzen. Forschungsfragen 3a und b lassen sich diesem Untersuchungsziel unterordnen. Forschungsfrage 3a: Fühlen sich Kunden durch Auswahlmöglichkeiten überlastet oder werden Auswahlmöglichkeiten ausschließlich positiv wahrgenommen? Eine Vielzahl aktueller empirischer Studien überträgt den Gedanken der Informationsbelastung auf die Wahrnehmung einer großen Anzahl an Produkteigenschaften oder einer großen Sortimentsauswahl. Bisherige empirische Erkenntnisse lassen darauf schließen, dass Auswahlmöglichkeiten generell sowohl positive als auch negative Effekte nach sich ziehen (vgl. Abschnitt 3.1). Preise als Ausgangspunkt dieser Kostenund Nutzenwahrnehmungen von Auswahlmöglichkeiten wurden allerdings bisher
138
Schlussbemerkung
nicht betrachtet und die Auswirkungen auf Ergebnisvariablen des Entscheidungsprozesses, wie Entscheidungssicherheit, sind nicht eindeutig. Die Ergebnisse der empirischen Studien zeigen, dass Auswahlmöglichkeiten im Rahmen von Preissystemen die Komplexität eines Preissystems und daher die wahrgenommenen Kosten in Form einer stärkeren kognitiven Belastung erhöhen und gleichzeitig ebenfalls den wahrgenommenen Nutzen in Form von Entscheidungsfreiheit und wahrgenommener Kontrolle erhöhen (vgl. Abschnitt 3.3). Diese beiden Variablen beeinflussen die Ergebnisvariable Entscheidungssicherheit asymmetrisch und liefern weitere Erklärungen für nicht-lineare Effekte zwischen der Anzahl der Optionen und Entscheidungssicherheit im Pricing (vgl. Abschnitt 3.4). Forschungsfrage 3b: Wie verändern sich diese Kosten- und Nutzenwahrnehmungen durch zusätzliche Kontextvariablen? Neben der einfachen oder komplexen Gestaltung eines Preissystems spielen weitere Kontextvariablen wie Unsicherheit über das zukünftige Nutzungsverhalten und das Preisniveau eine bedeutende Rolle im Preisinformationsverarbeitungsprozess. Unsicherheit im Nutzungsverhalten ist von Bedeutung, da Kunden eine Alternative eines Preissystems entsprechend ihres erwarteten Verbrauchs auswählen. Das Preisniveau beeinflusst die Motivation des Kunden, die vorgegebenen Preisinformationen zu verarbeiten (vgl. Abschnitt 3.2.5). Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass sowohl Preiskomplexität als auch Unsicherheit über die zukünftige Nutzung die wahrgenommenen Kosten der Auswahl erhöhen. Dadurch wird der positive Gesamteffekt der Auswahl reduziert. Letztlich spiegelt sich dies in einer niedrigeren Entscheidungssicherheit wider. Bei hoher Komplexität wurden in Anbetracht der wahrgenommenen Kosten drei Optionen vorteilhafter empfunden als eine oder fünf Optionen. Bei hoher Unsicherheit steigen die wahrgenommenen Kosten substanziell an und reduzieren daher ebenfalls die Entscheidungssicherheit. Im vorliegenden Fall wurden fünf Optionen im Vergleich zu dem Szenario mit nur einer Option sogar schlechter beurteilt und drei Optionen am vorteilhaftesten wahrgenommen.
Schlussbemerkung
139
Desweiteren wurde im Rahmen der Analysen gezeigt, dass das Preisniveau den wahrgenommenen Nutzen der Auswahl erhöht, was wiederum zu höherer Entscheidungssicherheit führt. Das Preisniveau wurde in der Form eines Vergleichs von Niedrig- und Hochpreissegmenten untersucht. Die Wirkung von Auswahl auf Entscheidungssicherheit ist im Hochpreissegment anders. Das Preisniveau steigert den wahrgenommenen Nutzen mehrerer Optionen. Daher ist die Entscheidungssicherheit im Szenario mit fünf Optionen auch am höchsten. Wenn Unternehmen in einem Hochpreissegment tätig sind, sind Kunden eher motiviert, sich mit den Angeboten des Unternehmens auseinander zu setzen und mehr Zeit zu investieren, um alle Optionen in Erwägung zu ziehen. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die vorliegende Arbeit einen ersten Ansatz darstellt, Preiskomplexität in die verhaltenswissenschaftliche Preisforschung zu integrieren. Basierend auf theoretischen und empirisch experimentellen Analysen wurde versucht, die aufgezeigten Forschungslücken zu schließen. Die Arbeit liefert für die Marketingwissenschaft eine konzeptionelle Grundlage zur Integration der Wahrnehmung und Auswirkungen von Preiskomplexität in die Preis- und Konsumentenverhaltensforschung. Für die Marketingpraxis stellt die Arbeit eine Basis dar, Preiskomplexität anhand der beschriebenen Gestaltungsmerkmale systematisch zu analysieren und ihre Preissysteme zielgruppen- und situationsgerecht zu gestalten.
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