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Dieter Kleinmann Laufen und Walking im Alter Gesundheitliche Auswirkungen und Trainingsgrundsätze aus sportmedizinischer Sicht
SpringerWienNewYork
Dr. med. Dieter Kleinmann Internist/Sportmedizin Frisonistraße 7, 70736 Fellbach, Deutschland
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und MarkenschutzGesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Produkthaftung: Sämtliche Angaben in diesem Fachbuch erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung und Kontrolle ohne Gewähr. Insbesondere Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Eine Haftung der Autoren oder des Verlages aus dem Inhalt dieses Werkes ist ausgeschlossen. © 2006 Springer-Verlag/Wien · Printed in Austria SpringerWienNewYork ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.at Umschlagbild: GettyImages/Stone/Two mature women jogging in park (blurred, Digital Enhancement)/Walter Hodges Layout: Harald Sedlak, SpringerWienNewYork Druck: Holzhausen Druck & Medien GmbH., 1140 Wien, Österreich Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier - TCF SPIN: 11731733 Mit 66 Abbildungen und 35 Tabellen Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN-10 3-211-33613-3 SpringerWienNewYork ISBN-13 978-3-211-33613-7 SpringerWienNewYork
Vorwort In Faust I, Szene „Hexenküche“, schreibt Johann Wolfgang von Goethe [1749–1832]: Mephistopheles: Dich zu verjüngen gibt’s auch ein natürlich Mittel: Allein es steht in einem andern Buch, Und es ist ein wunderlich Kapitel. Faust:
Ich will es wissen.
Mephistopheles: Gut! Ein Mittel, ohne Geld und Arzt und Zauberei zu haben: Begib dich gleich hinaus auf’s Feld, Fang’ an zu hacken und zu graben, Ernähre dich mit ungemischter Speise… Mit dem „wunderlichen Kapitel in einem andern Buch“ bezieht sich Goethe wohl auf seinen Hausarzt Christoph Wilhelm Hufeland [1762–1836], der 1796 das Buch „Die Kunnst, das menschliche Leben zu verlängern“ herausgab. Vom Inhalt des Buches hatte Goethe offensichtlich schon beim Schreiben von „Faust“ Kenntnis. Ein Zitat aus Hufelands Buch lautet: „Die Erfahrung lehrt, dass diejenigen Menschen am ältesten geworden sind, welche anhaltende und starke Bewegung, und zwar in freier Luft, hatten.“ Diese „Erfahrung“ ist mittlerweile statistisch erwiesen und auch näher quantifiziert. Wie viel Bewegung und welche Intensität ist notwendig? Welche Art von Bewegung, reicht „hacken und graben“ im Rahmen unserer heutigen Kleingärten aus? Profitieren auch bereits Erkrankte [Bluthochdruck, Koronare Herzkrankheit, Diabetes, Arthrose]? – In unserer bewegungsarmen industrialisierten Welt haben sich nun Laufen und Wandern [„[Nordic]Walking“] bei Gesundheitsbewussten zu einem Massenphänomen entwickelt, ob alt oder jung! Doch können oder sollen auch alte, bisher körperlich inaktive oder gar kranke Menschen noch auf den fahrenden Zug der Gesundheitswelle mit all ihren modischen Merkmalen, wie z. B. „Anti-Aging“-Angebote aufspringen? Walking und Laufen sind individuell hervorragend dosierbar und effektiv im gesundheitlichen Sinne, wie auch hinsichtlich einer Leistungssteigerung mit Wettkampfambitionen. Wettkämpfe im Seniorenalter? Auch hierzu wird im Buch wissenschaftlich fundiert mit ausführlichem fachspezifischem Literaturverzeichnis eingegangen. 2004 feierte der Deutsche Leichtathletikverband [DLV] das 30jährige Jubiläum seiner Lauftreff-Initiative. Überall in Deutschland sind mittlerweile Lauftreffs für jedermann und alle Leistungsklassen, vor allem auch Anfänger, zu finden. Zunehmend wurden den Lauftreffs auch Walking-Gruppen angegliedert, die sich vielerorts besonV
Vorwort
derer Beliebtheit erfreuen. Manch ein Läufer wechselt aus gesundheitlichen Gründen, meist orthopädischer Art, zur Walking-Gruppe, während unterforderte Walker zum Laufen übergehen. Dieses Buch ist nun für alle Gesundheits- wie auch Leistungsinteressierte im „reiferen“ Alter gedacht, die sich tiefgründiger mit wissenschaftlichem Nachweis [international anerkannte Fachliteratur, Hinweiszahlen in Klammern] informieren, also auch „Hirnjogging“ betreiben möchten. Dem Springer-Verlag, insbesondere Frau Eichhorn und Herrn Sedlak, sei für die gute Zusammenarbeit gedankt. Dieter Kleinmann 70736 Fellbach, im Februar 2006
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Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines
1
1.1 Einleitung
1
1.2 Fit im Alter, aber wozu?
1
1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.3.6
Alterungsprozesse und Bewegungsmangel Herzkreislaufsystem Lungenfunktion Stoffwechsel Osteoporose („Knochenentkalkung“) Muskulatur Herzkreislauf-Risikofaktoren a) Fettsucht [Adipositas] b) Cholesterinerhöhung c) Gefäßwandveränderungen und „endotheliale Dysfunktion“
1.4 Sport im Alter, eine Frage der Selbstselektion? 1.4.1 Langläufer leben länger 1.5 Nie zu spät für Fitnesstraining
4 4 5 7 7 9 12 12 18 21 26 27 31
2 Ärztliche Untersuchung
35
3 Training
40
3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3
Ausrüstung Schuhe Kleidung Stöcke (Nordic Walking)
40 40 41 44
3.2 Technik (Laufstil) beim Laufen und (Nordic) Walking 3.2.1 Unterschied zwischen Gehen (Wandern, Walking) und Laufen 3.2.2 Fersenlauf und Ballenlauf
44 44 45
3.3 (Freiluft-)Tests zur Überprüfung des Leistungsstandes 3.3.1 Walk-Test 3.3.2 Cooper-Test
47 47 48 VII
Inhaltsverzeichnis
3.4 Training aus gesundheitlicher Sicht 3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4
Trainingssteuerung Steuerung über die Streckenlänge und Atmung Pulsfrequenzmessung Laktatstufentest Zusammenfassung
3.6 Training für Ambitionierte a) „Jeder zweite Jogger riskiert Kopf und Kragen“ b) Übertraining c) mentale Leistungsbereitschaft d) Marathon geplant? 3.6.1 Training unter Hitzebedingungen a) Kaltstart statt Warmmachen 3.6.2 Höhenanpassung 3.7 Regeneration, Gymnastik, Massagen, Sauna a) Regenerationspausen nicht zu lang b) Wiederauffüllung der Glykogenreserven und „Superkompensation“ c) Dehnungsübungen (Stretching), Massagen d) Sauna 3.8 „Sportlerernährung“ a) Kohlenhydrate (Glykogen) b) Fette c) Eiweiß d) Vitamine e) Wasser- und Mineralhaushalt f) Zusammenfassung
4 Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking 4.0 Stress 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5 4.2 VIII
Bluthochdruck [Hypertonie] Einleitung Blutdrucksenkung durch Ausdauertraining Metabolisches Syndrom Medikamenteneinfluß Schlaganfallrisiko Koronare Herzkrankheit (KHK)
49 51 51 52 56 59 62 63 65 67 68 70 72 74 78 80 81 83 87 90 91 95 96 97 98 100
102 102 105 105 106 108 110 111 112
Inhaltsverzeichnis
4.2.1 Einleitung 4.2.2 Training bei KHK a) Trainingsbeginn b) Krafttraining c) Training am Morgen ungünstig? d) Warm-up-Phänomen e) Walk-through-Phänomen f) Voller Magen g) Schneeschippen (Kälte) 4.2.3 Trainingspuls und „stumme Ischämie“ 4.2.4 Trainingsauswirkung auf die Herzfunktion 4,2.5 Trainingsauswirkung auf die Herzkranzgefäße 4.2.6 Rauchen und Training 4.2.7 Risiken der Bewegungstherapie 4.3 Durchblutungsstörung der Beine (AVK, Arterielle Verschlusskrankheit)
112 113 113 114 115 115 116 116 116 117 118 120 122 124 124
4.4 Venenleiden 4.4.1 Krampfadern (Varizen) 4.4.2 Thrombose, Embolie
127 127 129
4.5 4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.5.4
133 133 134 135 138
Diabetes mellitus Typ II („Alterszucker“) Einleitung Muskelstoffwechsel Optimale Therapie: Schweißtreibende ausdauernde Muskelarbeit Unterzuckerung [Hypoglykämie]
4.6 Atemwegserkrankungen 4.7 4.7.1 4.7.2 4.7.3 4.7.4 4.7.5 4.7.6
Arthrose [„Gelenkverschleiß“] Wie hoch ist die Gelenkbelastung beim Laufen? Macht Laufen Arthrose? Arthrosehäufigkeit nach früherem Hochleistungssport Laufen und Walking [Wandern] trotz Arthrose Verletzungsrisiken Training nach operativem Gelenkersatz (Endoprothese)
139 144 144 146 147 148 150 151
Literaturverzeichnis
154
Stichwortverzeichnis
169
IX
1 Allgemeines 1.1 Einleitung In allen Industrieländern steigt die Lebenserwartung durch verbesserte Umwelt- und Lebensbedingungen. Man spricht von einer Überalterung der Bevölkerung, von einer Umkehrung der Alterspyramide. Mit dem Alter nimmt das Krankheitsrisiko zu auch im Hinblick auf chronische Erkrankungen wie Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Koronare Herzkrankheit usw.. Die über 60-Jährigen stellen bei uns einen Anteil von 21 % der Gesamtbevölkerung dar, verursachen jedoch 60 % der gesamten Arzneikosten. Die 75bis 84-Jährigen nehmen mehr als das 7fache der Medikamente von Patienten unter 60 Jahren ein [83]. Rost [286] hätte daher gern eine Antwort auf ketzerische Fragen, wie er in einem Artikel einmal schrieb, nämlich ob Vorbeugung nicht noch mehr ältere Menschen schafft und damit noch mehr Kosten, ob Prävention damit nicht volkswirtschaftlicher Unsinn sei und ob Jogger von daher nicht sogar höhere Krankenkassenbeiträge entrichten sollten. Also ein allgemeines Lauf- und Walkingverbot, damit die Menschen wieder früher sterben?
1.2 Fit im Alter, aber wozu? Ein Patient sagte mir einmal, wer 50 und älter ist und morgens beim Aufstehen nicht irgendwelche Probleme am Körper bemerkt, der ist bereits tot. Etwas Wahres beinhaltet diese Aussage sicherlich. Haben doch viele Leute auch schon in jüngeren Jahren von Seiten des Bewegungsapparates Schwierigkeiten sich aus dem Bett zu bewegen oder sich aus einem Sessel zu erheben, Schwierigkeiten mit der Atmung und dem Kreislauf beim Treppensteigen, Verdauungsbeschwerden und so weiter. Ist man einmal in Rente oder gar Frührente, dann nehmen diese Probleme weiter zu, wenn man nichts dagegen unternimmt. Bevorzugt werden in der Regel Arzneimittel oft in großen Mengen und hoher Dosierung und nicht eine mühevolle, auf längere Sicht jedoch effektivere Lebensstiländerung. Offensichtlich herrscht weit verbreitet auch bei jungen Leuten noch die Meinung vor, im Ruhestand habe man schließlich die Ruhe verdient. Entsprechend mutet und traut man Älteren keine anspruchsvollen Tätigkeiten mehr zu. Bereits Cicero (106 bis 34 vor Christus) hat in seiner Schrift „Cato Maior de Senectute“ („Cato der Ältere über das Greisentum“) vier Gründe herausgestellt, die den Alterungsprozess fördern. Sie sind heutzutage durch die empirische, methodisch abgesicherte Forschung weitgehend bestätigt: 1
Allgemeines | Fit im Alter, aber wozu?
1. Die Verwehrung einer ergiebigen Tätigkeit, das Verurteiltsein zur Passivität. 2. Die körperliche Schwächung und körperlichen Beschwerden. 3. Die Beraubung der Vergnügen, der Verzicht bzw. das Ausgeschlossenwerden von den angenehmen Erfahrungen und Folgen des Lebens. 4. Das Bewusstsein der Todesnähe. Alle 4 Punkte werden durch sportliche Aktivität positiv beeinflusst. Eine solche erhöht auch die Aktivitäten auf anderen Gebieten, zumal die Sozialkontakte gefördert werden und somit Einsamkeitsgefühle im Alter leichter zu vermeiden sind. Ausdauertraining wirkt antidepressiv. So haben Blumenthal und Mitarbeiter [35] in einer Studie an 156 älteren Patienten mit mäßiger bis schwerer Depression 3 Behandlungsprinzipien miteinander verglichen: Ausdauertraining, Antidepressivum (Sertralin) oder Kombination von Ausdauertraining und Sertralin. Nach 16wöchiger Behandlung unterschieden sich die drei Gruppen statistisch nicht voneinander. Ein körperliches Training ohne Medikation ist demnach genauso wirksam wie eine antidepressive Behandlung mit Medikamenten. Doch konnten die Autoren in einer Nachuntersuchung [15] nach 4 und 6 Monaten feststellen, dass die Sportgruppe eine signifikant niedrigere Rückfallrate im Vergleich zu denjenigen Patienten aufwiesen, die anfänglich 16 Wochen medikamentös behandelt worden waren. Entscheidend für den Erfolg erwies sich die Zeitdauer, in der die Patienten selbstständig das Ausdauertraining fortsetzten. Die Autoren vermuten, dass die Patienten, die ihre depressive Symptomatik durch das Ausdauertraining überwundern hatten, ein deutlich größeres Selbstvertrauen mit möglichen positiven Auswirkungen auf andere Aktivitäten und einen offensiven Umgang mit Problemen erreicht haben. Die trainingsbedingte körperliche Leistungsfähigkeit hebt zusätzlich das Selbstwertgefühl. Vor allem bei Veranstaltungen wie „Volkslauf“ oder „Volkswandern“ findet auch der ältere Mensch schnell Kontakt mit anderen auch jüngeren Teilnehmern. Bereits das weitgehend beschwerdefreie Zurücklegen einer entsprechenden Strecke führt zur Selbstbestätigung. Inwieweit auch die gesteigerte Hirndurchblutung [135, 143, 160] bei den sozialen Kontakten eine Rolle spielt, mag dahingestellt bleiben. Tatsache ist jedoch, dass bereits bei einer Belastung mit 25 W (entspricht sehr langsamem Gehen) eine globale Steigerung der Hirndurchblutung um 13,5 %, bei 100 W (entspricht langsamem Dauerlauf) um 24,7 % gemessen wurde [143]. Larson und Mitarbeiter [202a] konnten in einer prospektiven Studie mit 1740 Personen zeigen, dass regelmäßige körperliche Aktivität mit einem wesentlich geringerem Demenzrisiko im Alter verbunden ist. Dabei wurde körperliche Aktivität als mindestens 15 minütiges Training (Gehen, Schwimmen, Radfahren usw.) dreimal wöchentlich definiert. In einem Beobachtungszeitraum von durchschnittlich 6,2 Jahren traten 158 Demenzfälle auf, davon 107 Fälle von Alzheimer-Krankheit. Auch unter Berücksichtigung anderer Einflussfaktoren wie Rauchen, Bildung und Bluthochdruck hatten die körperlich Aktiven ein um 32 Prozent geringeres Risiko, an Demenz zu erkranken. Nicht aufhören, weitermachen, ständiges Üben in allem, „man fange nie an, aufzuhören – und man höre nie auf, anzufangen“, so lautet der Ratschlag für ein erfolgreiches Altern [209]. Wer weniger aktiv ist, weniger unternehmungslustig, ist häufiger unzufrieden und klagt über Krankheiten. Langeweile kennt der ältere Langstreckenläufer bzw. 2
Fit im Alter, aber wozu? | Allgemeines
Walker nicht. Er ist zukunftsorientiert, hat nicht den Tod vor Augen. Er hat Ziele. Er bereitet sich z. B. von Volkslauf zu Volkslauf bzw. Volkswandern vor und zwar nicht nur körperlich, sondern auch geistig, insbesondere wenn die Veranstaltungen mit Walking und Laufen sind eine ausgezeichnete touristischen Zusatzprogrammen ver- Methode, das Altern bei psychophysischem bunden sind, z. B. Läufe in attraktiven Wohlbefinden zu verlangsamen, zumal das Städten, reizvollen Landschaften im InAltern in erster Linie dadurch gefördert wird, und Ausland, siehe Abb. 1.1 und 1.2. dass Fähigkeiten und Funktionen, die nicht Bei Patienten in geriatrischen Klinigebraucht werden, verkümmern! ken konnte man zeigen, dass körperliche Übungsprogramme den geistigen Verfall aufhalten oder teilweise rückgängig machen konnten, so dass man rückschloß, dass ein Fitnesstraining einen positiveren Einfluss auf das gesamte Gehirn hat und deshalb die geistigen Fähigkeiten des älteren Erwachsenen fördert [210]. Eine eintönige reizarme Umgebung in Verbindung mit Bewegungsmangel, falscher Ernährung und evtl. zusätzlichem Rauchen fördern das Altern. Männer, die aus dem Berufsleben ausscheiden, Mütter, deren Kinder aus dem Haus gehen, ältere Leute die sich zunehmend sozial isolieren usw. laufen Gefahr, vorzeitig zu altern, sich körperlich und geistig nicht mehr fit zu fühlen. Hinter vermeintlichen Alterungsprozessen verbirgt sich häufig ein mangelnder Trainingszustand und zwar in körperlicher wie auch geistiger Beziehung. Jeder Alterssportler wird eine Leistung von sich erwarten. Doch sollte es eine Leistung ohne Zwang hinsichtlich einer bestimmten Zeitvorgabe oder einer bestimmten
Abb. 1.1 Marathonveranstaltung als Anregung für Geist und Körper. Piazza navona, einer der schönsten und stimmungsvollsten Plätzen Roms, angelegt an der Stelle des ellipsenförmigen „Stadiums“ des Kaisers Domitian, wird beim Marathon passiert. Im Hintergrund rechts der berühmte vom Barockbaumeister Bernini entworfene Vierflüssebrunnen (Fontana dei Fiumi) mit den barocken Figuren für die Flüsse Donau, Ganges, Nil und Rio della Plata.
3
Allgemeines | Alterungsprozesse und Bewegungsmangel
Streckenlänge sein. Ein Leistungsvergleich mit sich („was kann ich noch trotz des Alters?“ oder „was kann ich trainingsbedingt wieder?“) ist ebenso üblich und motivierend wie der Leistungsvergleich mit Gleichaltrigen oder sogar wesentlich jüngeren Inaktiven. Auch alte Leute haben ein Leistungsbedürfnis und lassen sich gerne bewundern, wenn sie trotz ihres Alters noch sportliche Erfolge Abb. 1.2 Eine Mischung zwischen Laufen und Bergwandern vorweisen können. Diese Erentlang rauschender Wildbäche, blühender Almwiesen, auf Waldpfaden, steinigen und teilweise schneebedeckten hochalpinen folge sind zur weiteren MotiWegen findet man beim Swiss Alpine Marathon Davos mit vation notwendig. Das Traiangebotenen Strecken zwischen 21 und 78,5 km unterschiedlicher ning muss sich also lohnen. Schweregrade. Ein solcher Lohn ist beispielsweise die Teilnahme an traditionellen Marathonläufen oder Wanderungen wie beispielsweise auf dem Rennsteigwanderweg.
1.3 Alterungsprozesse und Bewegungsmangel 1.3.1 Herzkreislaufsystem Die Alterungsvorgänge sind genetisch festgelegt. Doch die Ausprägung und die Geschwindigkeit des Fortschreitens wird erheblich vom Lebensstil (Inaktivität, Rauchen, übermäßiger Alkoholgenuss, Fehlernährung usw.) beeinflusst. Geradezu frappierend sind die Parallelen zwischen Altern und Bewegungsmangel, siehe Tabelle 1.1. Ein extremer Bewegungsmangel, z. B. die Bettruhe, bewirkt ebenso wie das Altern eine Abnahme des Herzschlagvolumens und des Herzminutenvolumens, also der pro Minute gepumpten Blutmenge. Saltin und Rowell [293] fanden beispielsweise nach Ruhigstellung ein Absinken des Herzminutenvolumens bei maximaler Belastung von 20 auf 14,8 l/Min. und des Schlagvolumens von 104 auf 74 ml. Der vermehrte Wasserverlust des Organismus ist eine weitere Parallele zwischen Altern und körperlicher Untätigkeit. Bekanntlich hat der Säugling noch einen Wasseranteil von rund 90 %. Im Alter von 25 Jahren wird ein Wasseranteil von 62 % des Körpergewichts angegeben, mit 75 Jahren nur noch 53 % [108]. Mehrere Autoren konnten an Bettlägrigen eine Abnahme des Plasmavolumens feststellen [104, 319, 325]. Das vermehrte Schwindelgefühl mit Ohnmachtsneigung bei alten und körperlich Inaktiven, insbesondere Bettlägrigen ist allgemein bekannt und in erster Linie auf die Verlagerung von Flüssigkeitsvolumina zurückzuführen. Diese orthostatischen Störungen nach Ruhigstellung lassen sich verhindern, wenn bereits im Bett ein Übungsprogramm durchgeführt wird [270]. 4
Alterungsprozesse und Bewegungsmangel | Allgemeines Tabelle 1.1 Die Alterungsprozesse ähneln denen bei Bewegungsmangel. Sie sind durch Ausdauertraining günstig zu beeinflussen.
Altern Maximale Sauerstoffaufnahme Herzminutenvolumen Herzschlagvolumen Wandsteifigkeit der Arterien (Endotheliale Dysfunktion) Blutdruck Körpergewicht (Fett) LDL-Cholesterin, Neutralfett Glukosetoleranz (Zuckerstoffwechsel) Kapillardichte im Muskel Muskelschrumpfung Aerob wirksame Enzyme Wasserverlust Kalziumverlust (Osteoporose) Psychische Verfassung
Bewegungsmangel Ausdauertraining
()
1.3.2 Lungenfunktion Die Verschlechterung der Lungenfunktion im Alter [332] ist durch Schrumpfung der Atemmuskulatur, Verminderung der Brustbeweglichkeit und Rarifizierung des Lungengewebes bedingt. Auch hier ist durch regelmäßiges Walking oder Jogging unterstützt durch Atemgymnastik eine Besserung zu erzielen. Neben Stoffwechselveränderungen, wie zum Beispiel einer Verringerung der aeroben Enzyme in den Mitochondrien, ist die Abnahme der maximalen Sauerstoffaufnahme mit zunehmendem Alter besonders auf ein Abnehmen des Herzminutenvolumens zurückzuführen, wobei die zunehmende Inaktivität im Alter eine Rolle spielt [37]. So haben bewegungsarme Menschen eine dreifach höhere Abnahme der maximalen Sauerstoffaufnahme als körperlich aktive [65], siehe auch Abb. 1.3. Dies wird vorwiegend durch ein vermindertes Herzschlagvolumen verursacht, das durch ein Ausdauertraining auch im Alter wieder zunimmt [77]. Die maximale Sauer5
Allgemeines | Alterungsprozesse und Bewegungsmangel
stoffaufnahme ist ein Ausdruck des gesamten Sauerstofftransportsystems und damit ein Maß für die Leistungsfähigkeit des Herzkreislaufsystems, der Lunge und des Stoffwechsels. Die maximale Sauerstoffaufnahme nimmt zunächst bis zum 20. Lebensjahr wachstumsbedingt zu, um dann etwa ab dem 30. Lebensjahr wieder abzunehmen [53, 65, 144], siehe Abb. 1.3. Die Abnahme der maximalen Sauerstoffaufnahme im Alter beträgt etwa ein Prozent pro Jahr und lässt sich durch ein Ausdauertraining günstig beeinflussen. Wird regelmäßig bis ins Alter die Ausdauer trainiert, so kann das Niveau der 30-Jährigen gehalten werden, jedoch nicht das der Leistungssportler in Ausdauersportarten. Wird erst im Alter mit Ausdauersport begonnen, so erreichte man noch den Stand von 20 Jahre jüngeren Untrainierten, nicht aber den der langjährigen Ausdauersportler. So stieg die maximale Sauerstoffaufnahme bei 55 bis 70 Jahre alten Männern, die jahrzehntelang keinen Sport getrieben haben, nach einem 12wöchigen Ausdauertraining von je dreimal 30 bis 40 Minuten um durchschnittlich 18 % an [145]. Die untersuchten Personen wurden also hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit ausdauertrainingsbedingt wieder jünger. Umgekehrt verschlechtert sich die maximale Sauerstoffaufnahme durch Bewegungsmangel. Das Altern wird also gefördert. Leistungssportler in Ausdauersportarten
6,0
O2-Aufnahme max.웧 O2-Aufnahme max.웨
O2-Aufnahme (l/min)
5,0
4,0 Leistungssportlerinnen in Ausdauersportarten 3,0
Alterssportler (Langstreckler) Alterssportler
2,0
1,0
10
20
30
40
50
60
70
80 Alter (Jahre)
Abb. 1.3 Die maximale Sauerstoffaufnahme pro Minute im Laufe des Lebens bei männlichen (obere Kurve) und weiblichen (untere gestrichelte Kurve) Personen. Die Ausdauertrainierten haben eine deutlich höhere maximale Sauerstoffaufnahme. (Nach Hollmann, W. [142])
Kasch und Mitarbeiter [163] fanden bei 12 Männern mit einem regelmäßigen Ausdauertraining in 25 Jahren Beobachtungszeit eine um fast 50 % geringere Abnahme 6
Alterungsprozesse und Bewegungsmangel | Allgemeines
der maximalen Sauerstoffaufnahme durch Alterungsvorgänge. Sie betrug 0,24 ml/min xkg Körpergewicht und Jahr. Bei Nichttrainierten wurde die Abnahme des maximalen Sauerstoffaufnahmevermögens mit 0,45 ml/min x kg Körpergewicht und Jahr angegeben. Die maximale Sauerstoffaufnahme ist letztendlich ein Maß für die Fähigkeit des Organismus, den Transport von Sauerstoff aus der Luft über die Lunge und das Blut bis zur Zelle mit enzymatischen Reaktionen zu gewährleisten. Die Sauerstoffaufnahmekapazität der einzelnen Zellen ist hoch, wenn viele aerob wirksame Enzyme vorliegen. Dies ist bei Ausdauertrainierten der Fall. So konnte man bei den oben genannten 55 bis 70-Jährigen, die ein 12wöchiges Ausdauertraining durchführten, muskelbioptisch einen hochsignifikanten Anstieg der aerob wirksamen Enzyme wie Succinatdehydrogenase und Isocitratdehydrogenase nachweisen [145]. Gleichzeitig wurde eine hochsignifikante Vergrößerung der Kapillaroberfläche als Zeichen einer verbesserten Kapillarisierung (Durchblutung) beobachtet. 1.3.3 Stoffwechsel Die benötigte Energie bezieht der Organismus zum größten Teil aus der Verbrennung von Fett und Kohlenhydraten (Glykogen bzw. Traubenzucker), weniger aus dem Eiweißabbau. Die daraus gewonnenen energiereichen Phosphate, in der Hauptsache ATP (Adenosintriphosphat), sind für eine Muskelkontraktion unabdingbar. Die Synthese dieser energiereichen Phosphate in den Mitochondrien („Kraftwerke der Zelle“) scheint im Alter verzögert zu sein, wodurch sich die stoffwechselmäßige Erholungsphase nach erschöpfender Muskelbelastung verlängert [9, 282]. Auffallend ist auch, dass das Enzym Laktatdehydrogenase (LDH), das bei der Umwandlung von Pyruvat zu Laktat („Milchsäure“) eine Rolle spielt, im Alter eine Aktivitätsminderung aufweist und durch ein aerobes Training weiter reduziert wird [9, 54, 282]. – Eine aerobe Muskelbelastung liegt vor, wenn der über die Lunge aufgenommene Sauerstoff zur notwendigen Energiegewinnung ausreicht, somit also keine Übersäuerung durch überschießende Laktatbildung (Milchsäure) eintritt. Dies ist immer der Fall, wenn man sich beispielsweise beim Walking oder Jogging noch unterhalten könnte. Ist der Sauerstoffbedarf in der Muskulatur höher als die Sauerstoffmenge, die über die Lunge aufgenommen und mit dem Blut zur Muskelzelle transportiert wird, so wird vermehrt Laktat gebildet. Die Muskulatur übersäuert (anaerober Stoffwechsel). Bei einer derartig hohen Laufgeschwindigkeit ist dann keine normale Unterhaltung mehr möglich. Ein aerobes Training ist wohl aus gesundheitlichen Gründen sinnvoller, ist jedoch mit einem Verlust an Schnelligkeit verbunden. Hierfür wäre auch ein anaerobes (schnellkraftbetontes) Training notwendig [184], das im Alter insbesondere auf Grund der überproportionalen Abnahme der schnellen Typ IIb-Muskelfasern, siehe unten, mit der dadurch verminderten anaeroben Energiebereitstellung (LDH erniedrigt) schwer fällt und damit auch die Kraft- und Geschwindigkeitsabnahme im Alter erklärt. Hinzu kommt noch die altersabhängige Herabsetzung der Glykogenreserven und die verzögerte Wiederauffüllung [9, 282, 322]. (Siehe auch Kapitel 4.5.2) 1.3.4 Osteoporose („Knochenentkalkung“) Im Alter wie auch bei Bewegungsmangel ist der erhöhte Kalziumverlust mit nachfolgender Osteoporose bis hin zu Knochenbrüchen problematisch. Bei Bettruhe wurde ein 7
Allgemeines | Alterungsprozesse und Bewegungsmangel
Kalziumverlust von 1,54 g pro Woche nachgewiesen [73]. Bei den Skylab-Astronauten wurde während ihres extremen Bewegungsmangels (Schwerelosigkeit) ein Verlust an Körperkalzium von 4 g pro Monat gemessen [277]. Sportler haben dagegen eine wesentlich größere Knochendichte als Normalpersonen. Dies gilt auch für Frauen. So hatten Torstveit und Mitarbeiter [329] bei 186 norwegischen Spitzensportlerinnen eine 3 bis 20 % höhere Knochendichte im Vergleich zu Nichtsportlerinnen vor der Menopause festgestellt. Eine besonders hohe Knochendichte wurde bei den sogenannten „High-impact“-Sportarten wie Sprint, Turnen, Basket-, Volley- und Handball u. a. gefunden, deutlich weniger bei den Knochen gering belastenden Sportarten wie Radfahren und Schwimmen. Rutherford [289] wertete Studien der letzten 20 Jahre hinsichtlich der Auswirkungen von körperlicher Bewegung auf das Osteoporoserisiko aus. Die meisten Studien ergaben, dass Kraft-und Ausdauertraining die Knochendichte günstig beeinflussen. Wer lebenslang Sport treibt, kann eine optimale Knochendichte aufbauen und gleichzeitig dem Knochenabbau im Alter entgegenwirken. Nur übermäßiges körperliches Training, das bei jungen Frauen zu Menstruationsstörungen bis hin zur Amenorrhoe (Ausbleiben der Blutung) führte, hatte eine ungünstige Auswirkung auf die Knochendichte . Selbst wenn bereits eine Osteoporose vorliegt, wirkt sich ein intensives Fitnesstraining positiv aus. So stellten Kemmler und Mitarbeiter [169] bei den Frauen, die am Trainingsprogramm teilnahmen nach 14 Monaten eine höhere Knochendichte im Bereich der Lendenwirbelsäule im Vergleich zur Kontrollgruppe fest. Beide Gruppen erhielten Kalzium und Vitamin D. Besonders effektiv scheinen hüpfende Bewegungen zu sein. Heinonen und Mitarbeiter [129] verordneten Frauen im Alter zwischen 35 und 45 Jahren dreimal wöchentlich Sprungübungen neben Stufenlaufen, Aufwärm- Durch die gesteigerte Reflexgeschwindigkeit, und Gymnastikprogramm. Bei den die verbesserte Koordination und das Sprung- und Stepübungen wirkten Balancegefühl lassen sich häufig Stürze und Kräfte ein, die dem 2,1 bis 5,6-fachen Knochenbrüche vor allem im Alter des Körpergewichtes entsprachen. Nach vermeiden. 18 Monaten hatte die Knochendichte im Bereich des Oberschenkelhalsknochens bei den Frauen der Trainingsgruppe gegenüber den Nichttrainierenden signifikant zugenommen. Auch die Herzkreislauf-Fitness sowie die Bewegungsgeschwindigkeit mit verkürzten Reflexzeiten haben sich verbessert. In einem Kommentar zu dieser Studie wies Marcus [231] darauf hin, dass auch beim Laufen Aufprallkräfte gemessen werden können, die das 3- bis vierfache des Körpergewichtes erreichen, somit sich ebenfalls günstig auf die Knochendichte auswirken. Diese Werte sind natürlich in erster Linie abhängig von der Laufgeschwindigkeit, die im Quadrat eingeht nach der Formel E = 1/2 m x v² [E=Aufprallenergie, m=Masse bzw. Gewicht, v=Geschwindigkeit]. Können sich jedoch bisher inaktive oder wenig aktive Personen zu regelmäßigem Walking oder Laufen überwinden, so ist das Risiko eines Ermüdungsbruches („Stress8
Alterungsprozesse und Bewegungsmangel | Allgemeines
fraktur“, „Marschfraktur“), siehe Abb. 1.4, selbst bei relativ moderatem Beginn in Erwägung zu ziehen. So konnte beispielweise der Autor dieses Buches einen Studienfreund, einen Chirurgen, den er nach 32 Jahren erstmals wieder (am Tag vor dem Hamburg-Marathon!) getroffen hatte, davon überzeugen, dass auch in seinem Alter von 59 Jahren der Beginn eines regelmäßigen Lauftrainings noch anzuraten ist. Er fing mit 3 bis 4 Laufeinheiten pro Woche an, zunächst 30 Minuten, dann 40 Minuten und beim 8. Mal 50 Minuten als Schmerzen im Bereich des Schienbeinkopfes auftraten. Die von meinem Studienfreund selbst angefertigte Röntgenaufnahme zeigte zunächst einen Normalbefund, 6 Wochen später jedoch eine Knochenreaktion (Kallusbildung) im Sinne eines nicht mehr frischen Ermüdungsbruches. Dass anfangs im Röntgenbild im Gegensatz zur Kernspinuntersuchung noch nichts zu sehen ist, ist typisch für einen Ermüdungsbruch. Myburgh und Mitarbeiter [246] gingen der Frage nach, warum manche Sportler Ermüdungsbrüche bekommen, während andere trotz gleichen Trainings verschont bleiben. 25 Athleten (19 Frauen) mit Stressfrakturen wurden mit 25 Athleten ohne Ermüdungsbrüche bei ähnlichem Training verglichen. Abb. 1.4 Ermüdungsbruch (Stressfraktur) Diejenigen mit Stressfrakturen hatten eine am Wadenbein (Pfeil) nach wochenlanger niedrigere Knochendichte, nahmen weniger Trainingspause und zu schneller Steigerung Kalzium über die Nahrung auf, die Frauen hatdes Laufumfangs im Rahmen einer ten Menstruationsstörungen und benutzten Marathonvorbereitung. weniger Kontrazeptiva. 1.3.5 Muskulatur Aus Fernsehübertragungen kennen wir den wankenden unsicheren Gang der ersten Astronauten nach ihren Raumflügen. Dies war nicht nur auf das verringerte Gleichgewichtsgefühl durch den Aufenthalt in der Schwerelosigkeit [261], also bei extremem Bewegungsmangel, sondern auch auf eine erhebliche Schrumpfung, vor allem der Beinmuskulatur zurückzuführen. Das verminderte Gleichgewichtgefühl und die dünnen „Beinchen“, die oft in krassem Widerspruch zur häufig vorliegenden Stammfettsucht stehen, finden wir auch im Alter. Bei den Astronauten war besonders bemerkenswert, dass sich ihre gesamte Verfassung verschlechterte. Allerdings konnte gezeigt werden, dass bei den 3 Skylabflügen die schlechte Verfassung am deutlichsten beim ersten, den mit 28 Tagen kürzesten war, weniger ausgeprägt beim zweiten mit 59 und beim dritten mit 84 Tagen. Das tägliche Fitnesstraining wurde nämlich mit zunehmender Flugdauer von einer halben auf eine ganze und beim längsten Flug auf 1,5 Stunden verlängert. Auf dieses intensivere 9
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Training führt man die bessere Verfassung der Astronauten mit der längsten Flugdauer zurück [348]. Der Verlust an Muskelmasse durch Bewegungsmangel, im Extremfall Ruhigstellung im Gips (Abb. 1.5), ist jedermann bekannt. Ähnlich verhält es sich im Alter, wo der Verlust der Muskelmasse mit einer relativen Zunahme an Körperfett einhergeht [9, 106, 255, 282]. Ein aktives Übungsprogramm kann diesen Prozess aufhalten [9, 53, 111, 199, 282, 306]. Vor allem ab dem 50. Lebensjahr nimmt die Kraft physiologischerweise ohne Übungsprogramm deutlich ab, etwa 10 % pro 10 Jahre [157]. Bei Männern nimmt die Muskelmasse relativ stärker als bei Frauen ab, bei denen sie ohnehin etwa 10 % kleiner ist [9, 282]. Die Muskelabnahme ist an den ständig gewichtbelasteten Muskelgruppen der Beine stärker herabgesetzt als in den Armmuskeln. Die Abnahme der Beinmuskulatur im Alter ist gleichbedeutend mit einer Ver% Kraftverlust minderung der Kraft und Schnel25 ligkeit [9, 282, 331]. Durch Ruhigstellung nimmt 20 die Muskelfasergröße innerhalb von Tagen in jeder Altersstufe ab. 15 Während bei der altersunabhängigen Immobilisation die Typ I10 Fasern (ST-Fasern) deutlicher geschrumpft sind, ist bei der 5 Altersinaktivität eine stärkere Verminderung der Typ II-Fasern 0 0 3 7 14 Tage (FT-Fasern) zu verzeichnen [10]. Die Typ I-Fasern, auch ST(slow Abb. 1.5 Frühe Kraftabnahme bei Ruhigstellung im Gips. twitch = langsam zucken)-Fasern Der Kraftverlust der völlig inaktiven Muskulatur ist in der ersten Woche besonders hoch (nach Ergebnissen von Müller genannt, kontrahieren sich langund Hettinger [244]) sam und sehen auf Grund eines hohen Myoglobingehalts („Sauerstoffspeicher“ des Muskels) und einer starken Kapillarisierung rot aus. Daneben enthalten sie sehr viel Mitochondrien („Kraftwerke der Zelle“) und hochaktive Enzyme des aeroben Fett- und Kohlenhydratstoffwechsels. Dies weist schon auf die Fähigkeit hin, ausdauernd arbeiten zu können. – Die Typ II-Fasern, auch FT(fast twitch = schnell zucken]-Fasern genannt, kontrahieren sich demgegenüber schnell, ermüden aber auch schnell. Muskeln die vorwiegend FT-Fasern enthalten, sehen weiß aus. Sie sind myoglobinarm und enthalten weniger Fett, aber sehr viel Kohlenhydrate. Sie entwickeln wesentlich mehr Kraft pro Muskelkontraktion als die ST-Fasern. Kurzstreckenläufer haben einen hohen Anteil von FT-Fasern, Langstreckler einen hohen Anteil von ST-Fasern in der Beinmuskulatur. Eine gewisse Veränderung der Zusammensetzung der Muskelfasern kann jedoch durch ein spezielles Training über das Stadium der Intermediärfasern (Typ IIAB) erzielt werden. So werden bei Bewegungen, die weniger Kraft erfordern, ST-Fasern aktiviert und erst bei höherer Belastung (höherer Laufgeschwindigkeit) zusätzlich FT-Fasern. Wer also langsam und lange läuft (präventiv10
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medizinisch sinnvoll), der wird zwangsläufig seine aerobe Ausdauer trainieren. Der STFaserquerschnitt, die Mitochondrien mit den darin enthaltenen Enzymen des aeroben Stoffwechsels, das Myoglobin sowie die Kohlenhydrat- und Fettdepots der Muskelfasern vermehren sich. Innerhalb der schnellen Fasern kommt es durch ein umfangreiches Ausdauertraining fast zu einer vollständigen Umwandlung von Typ IIB zu Typ IIAFasern [7, 155]. Diese beiden Untergruppen der FT-Fasern sind dadurch charakterisiert, dass die Typ IIA-Fasern schnell und ermüdungsresistent bei einem vorwiegend oxidativen (aeroben) Stoffwechsel sind, während die Typ IIB-Fasern schnell und leicht ermüdbar sind, wobei die Enzyme des anaeroben Stoffwechsels mit Laktatbildung dominieren. Je nach Art des Trainings (langsame aerobe Läufe oder anaerobe Tempoläufe bzw. Schnellkrafttraining) können die Muskelfasern zum Teil sich von einem Typ zum anderen umwandeln [158]. Im Prinzip ist jedoch die Faserverteilung genetisch festgelegt. Ab dem 6. und 7. Jahrzehnt nimmt die Anzahl der Typ IIB-Fasern statistisch hoch signifikant ab [213]. Coggan und Mitarbeiter [54] konnten durch ein 12monatiges Ausdauertraining bei 65-jährigen Männern und Frauen eine trainingsabhängige Zunahme von Typ I- und Typ IIA-, jedoch nicht von Typ IIB-Fasern (m. gastrocnemius) beobachten. Charette und Mitarbeiter [49] registrierten nach einem 12wöchigen Widerstandstraining bei Frauen im Durchschnittsalter von 69 Jahren einen Anstieg der „schnellen“ Typ II-, doch nicht der „langsamen“ Typ I-Fasern. Der Kraftzuwachs betrug 58 %. Dies ist verständlich, da die Typ II-Fasern für Kraft und Schnelligkeit zuständig sind, die Typ IFasern in erster Linie für die Ausdauer. Eine Schrumpfung der weißen (schnellen) Typ II-Fasern tritt früher ein als die der langsameren roten Typ I-Fasern, die offenbar erst nach dem 70. Lebensjahr signifikant zurückgehen. Somit nimmt die Leistungsfähigkeit bei Schnellkraftbelastungen (Sprung, Tempoläufe) früher ab als bei Dauerbelastungen geringerer Intensität (Walking, Jogging), wo bis ins Greisenalter noch beachtliche Leistungen möglich sind. Zum Ausdauertraining sollte daher gerade im Alter auch ein Krafttraining gehören. Dadurch lässt sich die Kraft selbst in hohem Alter noch bis zu 30 % steigern, was in funktioneller Hinsicht einer „Verjüngung“ von 10 bis 20 Jahren entspricht [178]. Nach einem Krafttraining ist auch auf eine entsprechende Eiweißzufuhr zu achten. Die Fasertypen spielen auch bei der Insulinresistenz des metabolischen Syndroms (siehe unten) eine Rolle. Da Insulin in erster Linie an der quergestreiften Muskulatur wirkt, nimmt man als Ursache der Insulinresistenz eine Störung der Insulinwirkung am Skelettmuskel an [116, 117]. So registrierten Lilloja und Mitarbeiter [216] bei normalgewichtigen Personen mit familiärem Vorkommen von Bluthochdruck und/oder Diabetes mellitus Typ II eine Verminderung der oxidativ [aerob] arbeitenden gut kapillarisierten roten ST-Skelettmuskelfasern bei einem Überwiegen der anaerob mit Laktatbildung arbeitenden, schlechter kapillarisierten weißen FT-Muskelfasern. Diese Situation ist mit einer verminderten Insulinwirkung verbunden, wie sie bei den untersuchten Normalgewichtigen mit normalem Blutdruck nachgewiesen wurde, wenn deren Eltern an Bluthochdruck erkrankt waren. Auch Wade und Mitarbeiter [339] konnten durch feingewebliche Untersuchungen zeigen, dass umso weniger langsame rote Muskelfasern gefunden wurden, je größer der 11
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Fettanteil an der gesamten Körpermasse war. Als Grund für einen geringeren Fettanteil bei Vermehrung der ST-Fasern könnte man neben einer genetischen Komponente regelmäßige ausdauernde Muskelarbeit annehmen. Diese langsamen Muskelfasern haben, wie oben erwähnt viel Mitochondrien („Kraftwerke der Zellen“), wobei die Energie vorwiegend durch die Verbrennung (Betaoxidation) von Fettsäuren (Fettabbau) Die Menschen mit einem hohen Anteil gewonnen wird. Die schnellen FT-Fasern langsamer ST-Muskelfasern (Typ-I-Fasern) (Typ II-Fasern) haben weniger Mitoscheinen schon bei mittleren körperlichen chondrien. Anstrengungen reichlich Körperfett zu Aufgrund der Faserverteilung halten verbrennen. es Wade und Mitarbeiter [339] für möglich, dass mindestens 40% des Fettgewebsanteils durch die Variabilität der Muskelfasertypen bestimmt werden und damit auch durch den Trainingsumfang. 1.3.6 Herzkreislauf-Risikofaktoren a) Fettsucht (Adipositas) Die heute schon als normal angesehene Gewichtszunahme mit dem Älterwerden spricht eher für einen Indikator einer ungesunden Lebensweise (Bewegungsmangel, überkalorische Ernährung), wenn man berücksichtigt, dass bei Angehörigen von Naturvölkern das Körpergewicht im Laufe des Lebens bei traditioneller Lebensweise unverändert bleibt [257]. Bekanntlich sinkt bei Männern die Konzentration des Muskel aufbauenden Geschlechtshormons Testosteron mit dem Alter. Ein besonders starker Abfall ist bei Männern mit einer bauchbetonten Fettsucht zu registrieren (Abbildung 1.5a), verbunden mit einer Zunahme der Herz-Kreislauf-Risikofaktoren („Metabolisches Syndrom“, siehe Kapitel 4.1.3). Noch nicht allzu lange bekannt ist die Tatsache, dass das Fettgewebe eine endokrine Funktion hat, also hormonaktiv ist. Eine besondere Bedeutung hat hierbei das Leptin, das in der Fettzelle gebildet wird. Es meldet dem Gehirn die Menge des gespeicherten Fettes. Je größer die Fettzelle, also je mehr Fettgewebe vorhanden ist, desto mehr Leptin wird freigesetzt. Dieser Vorgang wird durch andere Hormone beeinflusst. So führen Insulin und Kortisol zu einer vermehrten Leptinbildung, während die Geschlechtshormone (Testosteron, Östrogen), die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin sowie die Schilddrüsenhormone die Leptinsynthese reduzieren. Erhöhte Insulinspiegel bei vermindertem Ansprechen der Muskulatur auf Insulin („Insulinresistenz“) und erhöhte Kortisolkonzentrationen im Blut sind typisch für das „Metabolische Syndrom“ (siehe Kapitel 4.1.3). Entsprechend ist auch eine hormonelle Fehlregulation mit vermehrter Leptinbildung, erniedrigtem Testosteron und Wachstumshormon (STH) usw. zu registrieren [92a]. Im Tierversuch [47a, 268a] konnte man zeigen, dass Leptin das Sättigungsgefühl (verminderte Nahrungsaufnahme) und einen erhöhten Energieverbrauch fördert. Adipöse Menschen haben wohl erhöhte Leptin-Spiegel, aber dennoch ein gestörtes Sättigungsgefühl auf Grund einer Leptin-Resistenz (vermindertes Ansprechen) des Hypo12
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thalamus (Hirnregion pmol/l freies Testosteron über der Hirnanhangs350 unter 94cm Bauchumfang drüse). Das Zusammen94 - 101,9 300 spiel der Hormone im über 102 250 allgemeinen wird im 200 Hypothalamus geregelt. Dieser Regelmechanis150 mus ist bei Fettsucht 100 verstellt. So sinken bei50 spielsweise die Testoste0 25 - 39 J. 40 - 49 J. 50 - 59 J 60 - 69 J. 70 - 84 J. ron-Konzentrationen im Blut adipöser Männer deutlicher als bei Nor- Abb. 1.5a Abfallende Testosteronspiegel mit dem Alter und zunehmendem Bauchumfang (a102 cm, Männer). (Nach Untersuchungsergebnissen malgewichtigen, siehe von Svartberg J. et al.: Eur J Epidemiol 2004, 19: 657–663) Abbildung 1.5a, wozu offensichtlich auch erhöhte Leptinspiegel beitragen [151a]. Die Folge sind chronische Müdigkeit und Antriebslosigkeit, was wiederum die notwendige körperliche Aktivität erschwert und zur weiteren Gewichtszunahme führt. Dieser Teufelskreis bei Testosteronmangel kann durch Testosteron-Substitution erfolgreich behandelt werden [159a]. Doch ist zu beachten, dass keine unphysiologisch hohe Testosteron-Spiegel durch Überdosierung provoziert werden, da hierdurch die Herzkreislaufrisiken zunehmen [115a, 266a]. Eine Hormongabe ist allerdings nur dann angezeigt, wenn das Testosteron im Serum weniger als 12 nmol/l bzw. weniger als 300 ng/dl beträgt und Symptome vorliegen, die auf einen Hormonmangel zurückgeführt werden können. Wenn bei nachlassender Kraft Muskelgewebe allmählich durch Fett ersetzt wird und der berühmte „Rettungsring“ („Bierbauch“) um den Bauch im Laufe der Jahre sichtbarer wird, erst dann wird manchem klar, etwas gegen derartig „unschöne“ Alterungsprozesse tun zu müssen. Diese vorwiegend bei Männern zu findende „androide“ Stammfettsucht, siehe Abb. 1.6, ist jedoch nicht nur hinsichtlich des Aussehens mit den sozialen Auswirkungen von Abb. 1.6 Extrem adipöse Patientin (155 cm Größe, 155 kg Gewicht) mit einem Bedeutung, sondern stellt im Gegensatz zu den metabolischen Syndrom. Gut zu erkennen ist „gynoiden“ Fettansammlungen im Bereich der die ausgeprägte Fettansammlung im BauchHüfte und der Oberschenkel („Reithosenbereich („Fettschürze“ bei androider Stammspeck“) der Frauen einen Risikofaktor für eine fettsucht), daneben Hautveränderungen Koronare Herzkrankheit mit drohendem Herz(Striae distensae) und Krampfadern. 13
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infarkt dar [202b]. Von einer prognostisch bedenklichen androiden Fettsucht (Bauchfett) ist bei einem Taillenumfang von über 102 cm (Männer) bzw. über 88 cm (Frauen) auszugehen. Allgemein spricht man von einer Fettsucht (Adipositas), wenn das Körpergewicht 20 % über dem Normalgewicht liegt, das in der Regel nach der Formel Körpergröße in cm minus 100 = Körpergewicht in kg (Brocaformel) berechnet wird. Eine andere übliche Angabe ist der Body-Mass-Index (BMI):
Körpergewicht in kg Körpergröße in Metern²
Adipös ist, wer einen Body-Mass-Index (BMI) von über 30kg/m² hat, siehe Tabelle 1.2. Übergewichtig ist man bereits mit einem BMI von über 25kg/m², wobei nicht differenziert ist, ob das Übergewicht durch ausgeprägte Muskeln (Bodybuilding) oder vermehrten Fettansatz bedingt ist. Nur durch letzteren treten subjektive Beschwerden auch psychischer Art auf sowie eine Häufung bestimmter Erkrankungen, Tabellen 1.3 und 1.4. Tabelle 1.2 Klassifikation der Fettsucht [Adipositas] mittels des Body-Mass-Indexes
Gewichtsklasse
Grad der Adipositas
Body-Mass-Index (kg/m2)
Normalgewicht
0
20 – 24,9
Übergewicht
I
25 – 29,9
Adipositas
II
30 – 39,9
Extreme Adipositas
III
40 und mehr
Die Adipositas ist meist durch eine vermehrte Kalorienzufuhr infolge eines gesteigerten Essbedürfnisses und verminderten Bewegungsdranges, aber auch genetisch verursacht. Nur äußerst selten (weniger als 5 %) liegt eine organische Erkrankung vor, Grundsätzlich ist bei der Fettsucht von beispielsweise eine Überfunktion der einer Bilanzstörung auszugehen. Wenn mehr Nebennierenrinde (M. Cushing). UmKalorien durch Essen aufgenommen weltfaktoren können das vererbte Fettals verbraucht werden, ist eine Gewichtssuchtrisiko jedoch entscheidend beeinflussen. In den Kriegsjahren und danach zunahme die Folge. als es wenig zu essen gab, aber viel Muskelarbeit im täglichen Leben erforderlich war, gab es viel weniger Übergewichtige, weniger Herzinfarkte, weniger Bluthochdruckkranke, weniger Diabetiker. Liegt nun aufgrund einer Bilanzstörung, das heißt mehr Kalorien aufgenommen als verbraucht, eine Adipositas vor, so sinkt schon aufgrund des nun dickeren Unterhautfettgewebes der Kalorienverbrauch durch geringere Wärmeabstrahlung. Das Unterhautfettgewebe schützt wie ein dickes Fell vor Wärmeverlust. Dagegen ist bei dünnem Unterhautfettgewebe die Wärmeabstrahlung deutlich größer und damit auch der Kalorienverbrauch. Sehr schlanke Personen frieren daher auch leichter, müssen also viel 14
Alterungsprozesse und Bewegungsmangel | Allgemeines Tabelle 1.3 Häufige Probleme adipöser Menschen
essen, um ihre 37°C Körpertemperatur zu halten, während der Adipöse bei geringerer Atemnot bei geringer Belastung Kalorienzufuhr sogar noch zunehmen kann. Die Abnahme des Grundumsatzes unter Frühzeitiges und verstärktes Schwitzen Reduktionskost ist wahrscheinlich durch eine Rasche Muskelermüdung Verminderung der fettfreien Masse, z. B. Schmerzende Bein- und Wirbelgelenke Muskulatur, bedingt [279]. Wird zu einer Reduktionskost ein Ausdauertraining absolEingeschränkte Beweglichkeit viert, so kann man dem Dilemma einer Hautjucken Stagnation der Gewichtsabnahme durch verVermindertes Selbstwertgefühl minderten Grundumsatz vorbeugen. So wurden 10 Frauen, die sich einer 6wöchigen Soziale Diskriminierung Reduktionskost unterzogen, untersucht [72]. Reaktive Depression In dieser Zeit wurde der Ruheumsatz gemessen. Bei gleich bleibender Diät mussten sich dann die Frauen zusätzlich einem zweistündigen Trainingsprogramm im Labor unterziehen. Man bat sie, weitere 2 Stunden zu laufen oder mit dem Rad zu fahren. In der ersten bewegungsarmen Phase verringerte sich der Ruheumsatz beträchtlich, so dass die Frauen weniger abnahmen. In der zweiten Phase mit dem regelmäßigen Ausdauertraining wurde der Ruheumsatz, wie er vor Diätbeginn vorlag, wieder erreicht. Tabelle 1.4 Häufige Komplikationen Ein weiterer stetiger Gewichtsverlust konn- (Erkrankungen) bei Fettsucht te darauf hin registriert werden. Diabetes mellitus Typ II Was das Übergewicht durch vermehrte Koronare Herzkrankheit Fettansammlung betrifft, so konnten Irwin (Herzinfarkt) und Mitarbeiter [151] an Frauen nach der Menopause im Alter zwischen 50 und 75 Herzinsuffizienz Jahren eine Abnahme des Körpergewichts, (verminderte Pumpleistung) des Taillen- und Hüftumfangs nach einem Bluthochdruck Jahr Training (3,5Tage/Woche, Walking, Schlaganfall Radfahren, Fitness-Studio) registrieren, Fettleber wobei das (subkutane) Bauchfett um durchschnittlich 28,8g/cm² gegenüber den Kontrollen niedriger lag. Die Körperfettabnahme war um so größer, je mehr Sport getrieben wurde. Nach einer Studie von Slentz und Mitarbeiter [310] verhielt sich der Erfolg einer Gewichtsabnahme proportional zum Aktivitätspensum. Die Autoren teilten 120 inaktive übergewichtige [Body-Mass-Index: 25 bis 35 kg/m²] Frauen und Männer im Alter zwischen 40 und 65 Jahren mit einer geringen bis mäßiggradigen Fett-
Gallensteinleiden (vorwiegend Frauen) Schlaf-Apnoe-Syndrom (phasenweises Aussetzen der Atmung) Dickdarmkrebs Gebärmutter-, Brustkrebs (Frauen) Krampfadern Harnsäureerhöhung (Gicht) Erhöhtes Operationsrisiko Arthrose 15
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stoffwechselstörung in vier Gruppen ein. Die eine Gruppe joggte nach dreimonatigem Aufbautraining wöchentlich 32 km ein halbes Jahr lang. Die zweite Gruppe joggte im selben Zeitraum wöchentlich lediglich 19,2 km, die dritte wanderte dieselbe Strecke. Die vierte Gruppe blieb zur Kontrolle ohne Training. Die Ernährung änderte sich in allen Gruppen nicht. Nach 8 Monaten hatten die 32-Kilometerläufer 3,5 % ihres Körpergewichts verloren, die 19,2-Kilometerläufer und -wanderer jeweils etwa ein Prozent. Die inaktive Kontrollgruppe hatte im selben Zeitraum mehr als ein Prozent zugenommen, siehe Abb. 1.7. Der Körperfettanteil verringerte sich bei den Langstreckenläufern um 4,9 %, bei den Wanderern durchschnittlich um 2 %, während er bei den Inaktiven um 0,5 % zunahm. Fettsucht ist vermehrt mit bestimmten Krankheiten, siehe Tabelle 1.4, und einer erhöhten Sterblichkeit verbunden. Bei Männern sinkt bereits ab einem BMI von 28 kg/m² die durchschnittliche Lebenserwartung [207, 330]. Auch bei Frauen konnte mittlerweile ein Zusammenhang zwischen Gewicht und Lebenserwartung 35 Km bestätigt werden [150, 230]. 30 % KG Früher glaubte man an eine Über25 sterblichkeit bei einem BMI von unter 19 kg/m². Doch wurden die 20 Raucherinnen ausgeschlossen, so 15 32 19,2 19,2 zeigte sich bei diesen sehr schlankm km km 10 ken Frauen die höchste Lebens5 erwartung [230]. Die häufigste 0 +1% -3,5% -1% -1% Todesursache waren bei den über-5 gewichtigen Frauen HerzkreislaufLäufer Läufer Walker kein erkrankungen, die bei einem BMI Training von über 29 kg/m² vier- bis fünfAbb. 1.7 Prozentuale Körpergewichtsabnahme (KG) nach mal mehr registriert wurden. 8 Monaten und unveränderter Kost bei adipösen (BMI 25 bis Wurde das Gewicht um 10 kg 35) Läufern (32 bzw. 19,2 km/Wo.) und Walkern oder mehr wieder reduziert, so (19,2km/Wo.) im Vergleich zur KG-Zunahme im gleichen Zeitraum ohne Training, nach Ergebnissen von Slentz et al. sank das Risiko um 30 %. Nahm dagegen das Gewicht nach dem 18. Lebensjahr um 20 kg oder mehr zu, so erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit im mittleren Erwachsenenalter an einer Koronaren Herzkrankheit zu versterben sogar um das Siebenfache [230]. Doch können körperlich Aktive trotz ihres Übergewichts das Risiko eines frühzeitigen Todes gegenüber inaktiven Adipösen reduzieren? Hu und Mitarbeiter [150] untersuchten dazu 116.564 Frauen, die 1976 im Alter zwischen 30 und 55 Jahren gesund waren. Während der folgenden 24 Jahre starben 10.282 Frauen, davon 2.370 auf Grund einer Herzkreislauferkrankung und 5.223 an Krebs. Die Sterblichkeitsrate stieg bei den Nichtraucherinnen signifikant mit dem Body-Mass-Index an. Doch konnte gezeigt werden, dass bei den Übergewichtigen körperliche Aktivität das Risiko für einen frühzeitigen Tod minderte. Wurde das Risiko für schlanke (BMI unter 25) körperlich aktive Frauen 16
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(mehr als 3,5 Stunden 2,5 Sport pro Woche) auf 1 gesetzt, dann war das 2 Sterblichkeitsrisiko im aktiv, schlank Beobachtungszeitraum (BMI unter 25, über 3,5 h Train./Wo) für schlanke inaktive 1,5 inakt., schlank Frauen 1,55fach, für übergewichtige (BMI 1 aktiv, adipös über 30) körperlich akti(BMI über 30, über 3,5 h Train./Wo) ve um 1,91fach und für 0,5 inakt., adipös inaktive übergewichtige Frauen um 2,42fach erhöht, siehe Abb. 1.8. 0 Adipositas und körperSterblichkeitsrisiko (116.564 Frauen, Beobachtungszeitraum 24 Jahre) liche Inaktivität sind also voneinander un- Abb. 1.8 Beziehung (Sterblichkeitsfaktor) zwischen Gewicht, körperlicher Aktivität und Lebenserwartung (nach Ergebnissen von Hu,FB et al.) abhängige Risikofaktoren für einen vorzeitigen Tod. Ein Training kann bei weiter bestehendem Übergewicht allerdings das Risiko vermindern. Doch ist bei konsequentem Ausdauertraining über Jahre hinweg ein Normalgewicht durchaus realisierbar, wie vielfach demonstriert wurde. Die Dauer und Intensität der Belastung spielen hinsichtlich der Gewichtsabnahme die größte Rolle. Es wird vielfach ein langsames Lauftempo empfohlen, um die Fettverbrennung zur Gewichtsabnahme anzukurbeln. Entscheidend ist jedoch nicht die Laufgeschwindigkeit (aerobe Fettverbrennung oder anaerobe Energiegewinnung mit Laktatanstieg), um an Körpergewicht abzunehmen, sondern der gesamte Kalorienverbrauch, gleichgültig ob aerob oder anaerob. Wer also schnell läuft, der braucht auch weniger Zeit zur Gewichtsabnahme aufzuwenden. So zeigten Lee und Mitarbeiter [205], dass nach [!] einer hochintensiven Belastung die Fettverbrennung höher lag als nach Die Fettverbrennung nach [!] hochintensiver einer wenig intensiven Belastung (lang- Belastung wird meist nicht beachtet. Die sames Tempo). Autoren weisen deshalb darauf hin, dass Wird nur eine kalorienreduzierte man keinesfalls die Bedeutung intensiver Kost ohne Ausdauertraining eingehalBelastungen für eine Gewichtsabnahme ten, so verringert sich der Grundumsatz. Der Organismus ist auf „Sparflamme“ unterschätzen dürfe. eingestellt, das heißt, wird wieder etwas mehr gegessen, so steigt das Körpergewicht überschießend bei verringertem Grundumsatz und Abnahme der Muskulatur an. Erst bei gleichzeitigem Ausdauertraining (Erhaltung der Muskulatur) erhöht sich wieder der Grundumsatz und damit der Kalorienverbrauch. Dabei ist bei stark Übergewichtigen das Walking oder Radfahren zu bevorzugen, wobei letzteres aufgrund des geringeren Kalorienverbrauchs (Gewicht wird vom Sattel getragen, bergab keine Muskelarbeit nötig) zeitaufwendiger ist, um denselben Effekt hinsichtlich Gewichtsabnahme zu erzielen. Beispiel: Um 120 kcal zu ver17
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brennen, muss ein 70 kg schwerer Mann 4,8 km Rad fahren oder 2,5 km zu Fuß zurücklegen. Der Kalorienverbrauch hängt natürlich vom Körpergewicht ab. Erlässt sich für das Laufen unter Normalbedingungen nach folgender Formel berechnen [69a]: Kalorienverbrauch (kcal) = 0,7 x Körpergewicht (kg) x zurückgelegte Laufstrecke (km) Der Verbrauch von 120 Kalorien im obigen Beispiel erscheint wenig, wenn man berücksichtigt, dass etwa 7000 Kalorien nötig sind, um 1 kg Fettgewebe zu verlieren. Jedoch bedeutet ein zusätzlicher Verbrauch von 100 Kalorien durch körperliche Belastung einen Gewichtsverlust von rund 5 kg pro Jahr! Unter Berücksichtigung obiger Formel muss beispielsweise eine 80 kg schwere Person 125 km zu Fuß zurücklegen, um 1 kg Fettgewebe zu verlieren (7000 kcal = 0,7 x 80 [kg] x 125 [km]) b) Cholesterinerhöhung Mit zunehmendem Alter ist häufig ein Anstieg des Cholesterins zu beobachten. Vor allem bei genetischer Veranlagung fördert ein erhöhtes Cholesterin die Atherosklerose (Arteriosklerose, „Arterienverkalkung“). Allerdings ist hier eine Unterteilung des Cholesterins wichtig, siehe auch Tabelle 1.5. Denn das HDL-Cholesterin wirkt einer Arteriosklerose schützend entgegen, während in erster Linie das LDL-Cholesterin neben den Triglyzeriden (Neutralfett) die arteriosklerotischen Gefäßwandveränderungen fördert. Tabelle 1.5 Einteilung der Lipoproteine (Transportform der Fette im Blut)
Chylomikronen 85–90% aus Triglyzeriden bestehend, daneben aus Cholesterin, Phospatiden und etwa 1 % Protein, sehr geringe Dichte; werden nach Nahrungsaufnahme in der Darmschleimhaut gebildet; geben Triglyzeride und freie Fettsäuren in den Kapillargefäßen an die Gewebe ab. VLDL
englische Abkürzung für very low density lipoprotein (Fette sehr niedriger Dichte), besonders triglyzeridreich, entsteht in der Dünndarmschleimhaut und der Leber.
LDL
englische Abkürzung für low density lipoprotein (Fette niedriger Dichte), entsteht enzymatisch (Lipoproteinlipase) aus VLDL, enthält etwa 80 % Cholesterin, Eiweißkomponente: Apolipoprotein B
HDL
englische Abkürzung für high density lipoprotein (Fette hoher Dichte), hoher Eiweißanteil (vor allem Apolipoprotein A I u. A II): entsteht in Darmschleimhaut und Leber.
Um die schützende Wirkung einer ausdauernden Muskelarbeit auf eine vorzeitige „Arterienverkalkung“ besser zu verstehen, soll der Mechanismus der Atherogenese unter Berücksichtigung der Fett(Lipoprotein)-Unterklassen kurz geschildert werden: Die LDL-Lipoproteine transportieren das Cholesterin aus der Leber in die Körperregionen, 18
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um es dann in der Arterienwand („Intima“) abzulagern, siehe Abb. 1.9. Dagegen können die HDL-Partikel das abgelagerte Cholesterin wieder zur Leber zurückführen. Es wird nun angenommen, dass besonders kleine LDL-Partikel im Vergleich zu großen LDLTeilchen besser in die Arterienwand eindringen, während kleine HDL-Partikel (HDL 3) das Cholesterin wieder aufnehmen und als nun größere HDL 2-Partikel wieder zur Leber gelangen. Jede Zelle mit einem Zellkern kann Cholesterin entweder selbst aufbauen oder aus der cholesterinhaltigen Flüssigkeit ihrer Umgebung aufnehmen. Andererseits gibt es Zellen, die einer ständigen Erneuerung unterliegen, also abgebaut und wieder erneuert werden, wie zum Beispiel die roten Blutkörperchen, die eine Lebensdauer von etwa 120 Tagen haben. Sie enthalten wie auch die anderen Zellen, Cholesterin in der Zellmembran. Geht das rote Blutkörperchen nun nach 120 Tagen zu Grunde, so fällt Cholesterin zusätzlich zum Nahrungscholesterin an. Abb. 1.9 Schematischer Gefäßquerschnitt (Arterie) mit einer FettInsgesamt sollte die ablagerung (Plaque). Ein Plaque-Aufbruch (links unten) führt zu einer Fettsynthese (Chylomikro- Anlagerung von Blutplättchen (Thrombozyten) mit Gerinnselbildung (Thrombus, „Blutpfropf“), die das Gefäß verstopfen kann. Rechts ist nen, VLDL-Cholesterin, ein keilförmiger Ausschnitt der Gefäßwand mit den verschiedenen Triglyzeride) nicht höher Wandschichten vergrößert dargestellt. (Abbildung in Anlehnung einer sein als die verbrauchte Patientenbroschüre der Firma Aventis stark verändert dargestellt). und über die Galle ausgeschiedene, nicht wieder resorbierte Menge an Cholesterin und Gallensäuren, so dass eine ausgeglichene Bilanz vorliegt. Sollte jedoch vermehrt über die Nahrung Cholesterin aufgenommen werden, so müsste dies ausgeglichen werden, indem es von der Zelle selbst vermindert gebildet wird (Leber) oder aber vermehrt mit der Galle ohne vollständige Rückresorption ausgeschieden wird. Das wichtige biologische Steuerungsprinzip, nämlich die Konstanzerhaltung des inneren Milieus, scheint hinsichtlich des Cholesterin-Gleichgewichts bei vielen Menschen nicht erreicht zu werden, weshalb die Atherosklerose zu einem der wichtigsten medizinischen Probleme der westlichen Welt wurde. Die Tatsache, dass die Cholesterinspeicher in bestimmten Körpergeweben nur sehr langsam zunehmen, deutet darauf hin, dass bei den meisten Menschen nahezu ein Gleichgewicht besteht. Hätten wir nun nicht auf Grund des medizinischen Fortschritts eine höhere Lebenserwartung, so wäre das geringe Cholesterin-Ungleichgewicht nicht zu einem wesentlichen klinischen Problem geworden. 19
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Die wichtigste Energiequelle für die Zelle sind die Triglyzeride (Neutralfett). Durch Muskelarbeit werden die Chylomikronen und Triglyzeride vermehrt abgebaut, die gefäßschützenden HDL-Partikel steigen an. Von Bedeutung hinsichtlich der antiatherogenen Wirkung des Ausdauertrainings ist, dass Trainierte mit erhöhtem Blutcholesterinspiegel im Vergleich zu Untrainierten bei gleichem Gesamt-LDL-Spiegel weniger aggressive kleine LDL-Partikel aufweisen und dafür mehr mittelgroße LDL-Partikel, die weniger gefäßschädigend sind. Somit sind Ausdauertrainierte trotz eines eventuell erhöhten LDL-Spiegels weniger arteriosklerosegefährdet als Untrainierte [118]. Dennoch ist bei familiärem Vorkommen von Herzinfarkt, Schlaganfall usw. eine zusätzliche cholesterinsenkende Medikation angebracht. Nicht nur unter körperlichem sondern auch unter psychischem Stress wird der Fettabbau (Lipolyse) durch die vermehrte Ausschüttung der Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin („Stresshormone“) gesteigert. Die dadurch anfallenden freien Fettsäuren können bei fehlender muskulärer Aktivität nicht vollständig zu Energiegewinnung „verbrannt“ werden. Die bei psychischem Stress anfallenden freien Fettsäuren stimulieren vielmehr vorwiegend die Synthese triglyzeridreicher VLDL, aus denen schließlich im Blut das LDL-Cholesterin entsteht [69]. Darüber hinaus aktiviert Noradrenalin das Schlüsselenzym (HMG-CoA-Reduktase) für die körpereigene Cholesterinbildung mit entsprechendem Cholesterinanstieg im Blut [102]. Ausdauertrainierte schütten unter StressEin vermehrter Abbau von Triglyzeriden und situationen weniger Adrenalin und NoraChylomikronen, ein verringertes LDLdrenalin aus, damit nicht nur bessere Cholesterin (insbesondere die Verminderung Stresstoleranz sondern auch geringerer der stark atherogenen kleinen LDL-Partikel), Cholesterinanstieg! eine Erhöhung der HDL-Werte, eine herabNicht nur der verstärkte LDL-Abbau gesetzte Katecholaminausschüttung bei und der aktivierte Rücktransport des in trainingsbedingter vagotoner Reaktionslage der Gefäßwand abgelagerten Cholesund eine Normalisierung der Fibrinolyse terins zur Leber über die HDL- Partikel („Reverser Cholesterintransport“), son(Auflösung von Gerinnseln) lassen daher ein dern auch Ernährungsfaktoren, wie sie Ausdauertraining geradezu als ideales Mittel bei Ausdauersportlern üblich sind (geringegen vorzeitige Arteriosklerose erscheinen. ger Fettanteil in der Ernährung, vermehrt komplexe Kohlenhydrate und Ballaststoffe) wirken sich günstig aus. Hinzu kommt, dass Ausdauersportler weniger rauchen, was ebenfalls mit einer HDL-Verbesserung einhergeht [82]. Es besteht eine signifikante Beziehung zwischen HDL-Cholesterin und maximaler Sauerstoffaufnahme, die darauf hinweist, dass mit Zunahme der körperlichen Leistungsfähigkeit das HDL-Cholesterin ansteigt [24, 296]. Die maximale Sauerstoffaufnahme stellt ein Maß der Leistungsfähigkeit des Herzkreislaufsystems, der Lungenfunktion und des Energiestoffwechsels dar, somit ein Maß für den Trainingszustand. Eine optimale Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme erzielt man, wenn genügend lange (aerob) mit zusätzlichen intensiven (hohes Tempo, anaerob) Phasen trainiert wird [zusammenfassende Darstellung in 184]. Selbst innerhalb einer Gruppe von Marathonläufern war der prozentuale Anstieg des HDL-Cholesterins nach akuter Laufbelastung in der 20
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Gruppe mit der kürzesten Laufzeit größer im Vergleich zur Gruppe mit der längsten Laufzeit (172). Besonders ausgeprägt war mit abnehmender Marathon-Laufzeit, also mit besserem Trainingszustand, die positive Wirkung auf das Blutdruckverhalten. Niesten-Dietrich und Mitarbeiter [250] fanden durch ein Ausdauertraining (Gehen bzw. Laufen) eine Reduzierung des Gesamt-Cholesterins um 8 % und des LDLCholesterins um 12 %. Dabei wurde 9 Wochen lang jeweils dreimal 60 bis 90 Minuten pro Woche trainiert. Die eine Gruppe ging mit einer Geschwindigkeit von 6 bis 7 Kilometer/Stunde, die andere lief zunächst 7, später 10 km/Stunde. Eine HDL-Cholesterinerhöhung (10 %) fand sich jedoch nur in der Laufgruppe, nicht in der Gehgruppe! Bei längeren Trainingszeiträumen von 12 bis 20 Wochen [16, 318, 323] oder 6 bis 8 Monaten [191] wurden noch deutlichere HDL-Cholesterinerhöhungen beobachtet, wobei erwartungsgemäß die am intensivsten mit über 32 km/Woche bei 65 bis 80 % der maximalen Sauerstoffaufnahme Trainierenden die besten Ergebnisse zeigten [191]. Was das Gehtraining betrifft, so scheint auch die Dauer des Trainings eine entscheidende Rolle zu spielen. Während Niesten-Dietrich und Mitarbeiter [250] sowie Weltman und Mitarbeiter [346] bei einem 9- bzw. 10wöchigen Training keinen Cholesterinanstieg fanden, so konnten andere Autoren [123, 212, 315] bei Trainingszeiträumen zwischen 16 bis 22 Wochen HDL-Anstiege zwischen 2,4 und 15,6 % registrieren. Hinsichtlich des gefäßschützenden HDL-Cholesterins gilt also, je mehr Training, desto besser. So konnte Williams [354] in einer Studie mit 1837 Langstreckenläuferinnen einen signifikanten HDL-Anstieg mit zunehmendem Laufumfang (gelaufene Kilometer pro Woche) zeigen. Ähnlich wie bei Männern lag die HDL-Konzentration durchschnittlich um 0,133 mg/dl bei jedem zusätzlich pro Woche gelaufenem Kilometer höher. Bei Frauen, die weniger als 48 km wöchentlich liefen, lag der mittlere HDL-Spiegel bei jeder Laufumfangsteigerung um 16 km/Woche statistisch signifikant höher. Frauen, die über 64 km/Woche liefen, hatten signifikant höhere HDL-Konzentrationen als Frauen mit einem wöchentlichen Laufumfang von unter 48 km. Die HDL-Spiegel lagen bei ihnen auch häufiger über 100 mg/dl (2,6 mmol/l). Ob vor der Menopause ohne Einnahme von Kontrazeptiva oder nach der Menopause mit oder ohne Östrogenbehandlung die HDL-Konzentrationen stiegen bei allen Frauen mit zunehmenden Laufkilometern an, damit auch ein geringeres Herzinfarkt- oder Schlaganfallrisiko! Allerdings beobachteten Douglas und Mitarbeiter [74] durch Östrogen-Gabe nach der Menopause eine Blockierung des trainingsbedingten HDL-Anstiegs. Bei Frauen nach der Menopause (letzte Regelblutung) ist eine langfristige Hormongabe zur Vorbeugung und Behandlung der Osteoporose und klimakterischen Beschwerden heutzutage wegen erhöhter Brustkrebsgefahr [239], erhöhten Herzinfarkt- und Schlaganfallrisikos [140, 228, 345] nicht mehr angebracht. Auch die bei Progesteron-Gabe provozierte HDLSenkung kann durch Ausdauertraining wohl nicht rückgängig gemacht werden [361]. Doch scheint die Thrombose- bzw. Emboliegefahr unter Kontrazeptiva durch Ausdauertraining herabgesetzt zu sein [272]. c) Gefäßwandveränderungen und „endotheliale Dysfunktion“ „Der Mensch ist so alt wie seine Gefäße“. Dieser häufig zitierte Ausspruch von Prof. Dr. Gotthard Schettler, dem Heidelberger Pionier der Arteriosklerose-Forschung, deutet 21
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bereits auf die Wichtigkeit unseres Gefäßsystems als unverzichtbare „VersorgungsPipeline“ für ein Überleben und Funktionieren aller Organe. Altern die Gefäße, nimmt also die Wandelastizität ab und zeigen sie zunehmend lumeneinengende Wandauflagerungen, dann wirkt sich dies auch auf die Organleistung negativ aus. Eine dadurch gestörte Funktion zum Beispiel der Nieren, wie sie im Alter gehäuft zu beobachten ist, fördert durch Blutdrucksteigerung wiederum eine weitere Schädigung der arteriellen Gefäße mit ihren Endorganen wie z. B. Herz (Herzinfarkt), Gehirn (Schlaganfall) usw. Wie wir seit den bahnbrechenden Forschungsarbeiten von Louis Ignarro, Nobelpreisträger 1998, wissen, spielt bei den Alterungsvorgängen an den Gefäßwänden das Endothel als innerste Zellschicht, siehe Abb. 1.9, eine bedeutende Rolle. Solange das Endothel intakt ist, stellt es eine sehr glatte Innenauskleidung der Gefäßwand dar. Es soll dem strömenden Blut möglichst wenig Reibungsfläche bieten. Das Endothel liegt also zwischen dem strömenden Blut und der glatten Gefäßmuskulatur, zu der eine Verbindung über das Gas NO (Stickstoffmonoxid) besteht. Summiert man das Endothel über das gesamte Gefäßsystem, so errechnet sich ein Gewicht von etwa 1,2 kg. Um abgestorbene Zellen zu ersetzen, laufen auch im gesunden Endothel langsame Reparaturprozesse ab, so dass das gesamte Endothel etwa einmal im Leben ausgetauscht wird. Bei einer Verletzung wird dieser Vorgang beschleunigt. Die verletzte Endotheloberfläche reagiert sofort mit den Blutplättchen, die sich zur Blutstillung zusammenlagern. Das Gleiche ist zu beobachten, wenn arteriosklerotische Gefäßwandauflagerungen, so genannte Plaques, aufbrechen, siehe Abb. 1.9. Durch die sofortige Reaktionen der Blutplättchen, Fibrinbildung usw. kann sich dann ein Pfropf (Thrombus, Gerinnsel) bilden, der das Gefäß verstopft und beispielsweise zum Das Endothel ist endokrin ein hochaktives Herzinfarkt führt. Organ. Es reguliert durch Freisetzung von Das NO bildet die intakte EndothelNO die Gefäßspannung. zelle aus der Aminosäure L-Arginin unter Mitwirkung des Enzyms NO-Synthase (eNOS). Unter dem Einfluss von NO kommt es zu einer Weitstellung des Gefäßes. Daneben hemmt es die Zusammenlagerung der Blutplättchen (Thrombozytenaggregation) mit Verminderung des Risikos einer Gerinnselbildung, die Wucherung (Proliferation) glatter Muskelzellen, das Aneinanderhaften der Monozyten und die Oxidation von LDLCholesterin, siehe Tabelle 1.6. Sauerstoffradikale werden durch NO neutralisiert. Damit wirkt NO arteriosklerotischen Prozessen an der Gefäßwand entgegen. Bei der Arteriosklerose („Arterienverkalkung“) finden wir nicht nur Cholesterineinlagerungen in Form von Plaques, siehe Abb. 1.9, sondern auch eine Wucherung der glatten Muskelzellen in der Gefäßwand, so dass sich diese Muskelschicht („Media“) verdickt, was ebenfalls zu einer Lumeneinengung der Arterie führt und durch NO unterdrückt wird. Diagnostisch und zur prognostischen Einschätzung hat sich in der Medizin daher die Messung des Durchmessers der inneren („Intima“) und mittleren („Media“) Gefäßwand der Halsschlagader mittels Ultrachall („Karotis-Doppler“) bewährt. Die Bestimmung dieser Intima-Media-Dicke ist insbesondere bei langjährigem Bluthochdruck, Diabetes, Cholesterinerhöhung etc. sinnvoll. Normalerweise liegt sie unter 0,8 bis 0,9 mm. Über diesem Wert ist bereits von arteriosklerotischen Gefäßwandveränderungen auszu22
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gehen. Eine Bekämpfung der Herz-Kreislaufrisikofaktoren durch Lebensstiländerung (cholesterinarme (Reduktions-) Kost, Walking, Jogging etc.) und gegebenenfalls Medikamente ist dann besonders dringlich und höchste Zeit! Die NO-Synthese wird vor allem durch den Blutstrom selbst stimuliert. Dadurch wird der Gefäßdurchmesser dem Blutfluss angepasst. Normalerweise besteht auch ein Gleichgewicht zwischen der NO-Bildung und dem oxidativen Stress (Entstehung von Sauerstoffradikalen). Wird im Endothel der Gefäßwand genügend Stickstoffmonoxid (NO) über das Enzym eNOS (endotheliale Stickstoffmonxid-Synthase) produziert, bleibt das Gefäß weit. Herzkreislauf-Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Cholesterinerhöhung oder Zuckerkrankheit mit nachfolgenden atherosklerotischen Gefäßwandveränderungen stören die Balance. Es kommt zu einer Fehlfunktion des Endothels („endotheliale Dysfunktion“). Diese findet man frühzeitig bei Patienten mit Bluthochdruck, koronarer Herzkrankheit, peripherer arterieller Verschlusskrankheit („Schaufensterkrankheit“), Niereninsuffizienz und Zuckerkrankheit. Die Endotheldysfunktion zeigt sich an einem zunehmenden NO-Mangel mit Engstellung der Gefäße, Wucherung der glatten Gefäßmuskelzellen und Zusammenlagerung der Blutplättchen. Die Funktion des Endothels lässt sich durch Injektion von Acetylcholin direkt in die Arterie, z. B. im Rahmen einer Herzkranzgefäßdarstellung (Koronarographie), beurteilen. Intaktes Endothel reagiert mit Gefäßweitstellung, defektes mit Engstellung (Vasokonstriktion). Das Testergebnis hat auch prognostische Bedeutung. So registrierte Schächinger und Mitarbeiter [295] 8 Jahre nach einer solchen Infusion in die Herzkranzarterie bei den Personen, die mit Gefäßengstellung reagierten, mehr Ereignisse wie Herztod, Herzinfarkt, Bypassoperation, Schlaganfall usw. als bei denen mit einem normalen Testergebnis (Gefäßweitstellung). Perticone und Mitarbeiter [269] konnten dies bei Hochdruckkranken auch durch Gabe von Acetylcholin in die Armarterie (a. brachialis) bestätigen. Tabelle 1.6 Wirkungen von NO (Stickstoffmonoxid) ●
Weitstellung der Gefäße (Vasodilatation)
●
Antiatherosklerotisch durch Hemmung der – Zusammenlagerung der Blutplättchen (Thrombozytenaggregation) – Wucherung (Proliferation) glatter Gefäßmuskelzellen – Monozytenadhäsion – LDL-Oxidation – Freisetzung von Sauerstoffradikalen
cc) Einfluss von Ausdauertraining auf die Endothelfunktion Was die Gefäßweite der Herzkranzarterien von Langstrecklern betrifft, so fanden 1993 Haskell und Mitarbeiter [125] bei 11 Läufern im Alter zwischen 39 und 66 Jahren und 23
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einer durchschnittlichen Laufleistung von 64 km pro Woche normal weite Querschnitte. Doch nach Gabe von Nitroglyzerin nahm der Gefäßquerschnitt im Vergleich zu untrainierten Gesunden um mehr als das Doppelte zu. In einer anderen Studie unterzogen sich 8 Kardiologen, Durchschnittsalter 36 +/5 Jahre, einem über 5monatigen Ausdauertraining und ließen sich freiwillig einschließlich Herzkatheteruntersuchung mit intrakoronarer Doppler-Ultraschallmessung testen. Windecker und Mitarbeiter [358] fanden hier trainingsbedingt eine Zunahme der maximalen Sauerstoffaufnahme als Bruttokriterium für die Herz-Kreislauffunktion, die Lungenfunktion und den Stoffwechsel sowie auch eine signifikante Zunahme der Koronararterienweite nach Nitroglyzeringabe im Vergleich zur Reaktion vor dem Training. Nach den bahnbrechenden Forschungen von Nobelpreistäger Prof. Louis Ignarro ist die durch Ausdauertraining beobachtete verbesserte Flexibilität der Gefäßwand mit besonders ausgeprägter Weitstellung des Lumens mit einer vermehrten NO-Produktion bei verbesserter Endothelfunktion zu erklären. Dies gilt auch für die Herabsetzung der arteriellen Wandsteifigkeit im Alter durch Training, wie Vaitkevicius und Mitarbeiter nachwiesen [334]. Zu beachten ist, dass Ausdauertraining nicht nur die Endothelfunktion in den Gefäßen der arbeitenden Muskulatur verbessert, sondern auch andernorts, wie beispielsweise in den Herzkranzarterien bei Koronarkranken [341], siehe später. Aufsehen bzw. Traurigkeit bei den Läufern erregte 1958 der Tod von Clarence DeMar, der 7mal den Boston-Marathon gewann und weiterhin in den nachfolgenden Jahrzehnten regelmäßig an diesem Traditionslauf teilnahm, auch als er nach seinem 67. Geburtstag erfuhr, dass er an einem inoperablen Enddarmkrebs erkrankt war. Nachdem er einen künstlichen Darmausgang erhalten hatte, absolvierte er nochmals (zum insgesamt 34. Mal!) erfolgreich den Boston-Marathon, bevor er mit 70 Jahren am Krebs verstarb. Currens und White [61] beschrieben 1961 in der renommierten medizinischen Fachzeitschrift „The New England Journal of Medicine“ aufgrund einer Autopsie die Herzkranzarterien von Clarence DeMar als zwei- bis dreimal so weit wie die Gefäßdurchmesser bei Normalpersonen. Langstreckenlauf über Jahrzehnte hinweg, davon ein Großteil im Hochleistungsniveau der Weltklasse wird schwerlich nachzueifern sein. Man ging seinerzeit sogar von einer marathontrainingsbedingten „Immunität gegen Atherosklerose“ [20] aus, der mit rund 50 % häufigsten Todesursache in der westlichen Welt in Form des Herzinfarktes oder Schlaganfalls. Doch Marathontraining ist kein absoluter Schutz gegen Arteriosklerose mit Herzinfarkt, Schlaganfall usw. Als Gegenbeispiel soll der legendäre finnische Langstreckenläufer Paavo Nurmi, siehe Abb. 1.10, angeführt werden. Er hatte bei 3 Olympischen Spielen insgesamt 9 Gold- und 3 Silbermedaillen gewonnen. Obwohl er sich als erfolgreicher Geschäftsmann auch in späteren Jahren körperlich fit hielt, gesund lebte, keine der oben erwähnten Risikofaktoren hatte, erlitt er mit 60 Jahren dennoch einen Herzinfarkt und 10 Jahre später einen Schlaganfall. Beide Ereignisse wurden überlebt. – Als reicher Mann beschloss Nurmi, einen Großteil seines Geldes der Herz-Kreislaufforschung zu stiften! Zweifellos vermindert ein Langstreckentraining das Risiko, an einer arteriosklerotischen Erkrankung zu sterben, siehe auch Kapitel „Langlebigkeit“. Ein Lauftraining fördert nicht nur einen gesunden Lebensstil, sondern beeinflusst auch die Risikofaktoren selbst. 24
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Mit zunehmendem Alter werden von Männern – oft erst nach Befragen! – beim Arzt vermehrt Potenzstörungen (erektile Dysfunktion) angegeben. Häufig sind es übergewichtige Untrainierte oder Kranke. Bei letzteren stellt die erektile Dysfunktion auch gelegentlich eine Arzneimittelnebenwirkung dar. Walking/Jogging sowie zusätzliche kräftigende Übungen mit Gewichtsnormalisierung, allgemeiner Fitness und teilweise dadurch bedingter Medikamentenreduktion können auch hier Erfolg versprechend sein. Bei trainingsbedingt verbesserter Endothelfunktion wirkt das NO auch gefäßerweiternd auf den Penis bei der Erektion, weshalb Nobelpreisträger Prof. Ignarro in der Laienpresse Sex-Schlagzeilen machte, worüber aller- Abb. 1.10 Der finnische Läufer Paavo Nurmi, dings seine italienische Mutter schockiert hier als Statue vor dem Olympischen Museum in Lausanne, hatte bei 3 Olympischen Spielen 9 Goldgewesen sei, wie er in einem Vortrag im und 3 Silbermedaillen gewonnen. Trotz eines Rahmen einer Tagung der Hochdruckliga gesunden Lebensstils erlitt er mit 60 Jahren einen im November 2003 in Bonn schmunzelnd Herzinfarkt, 10 Jahre später einen Schlaganfall. erwähnte. Einige Männer mit Potenzproblemen hätten nach den Aufsehen erregenden Veröffentlichungen sogar Gasflaschen mit NO bei ihm bestellen wollen… Die Entzündungsmarker wie C-reaktives Protein (s. Abb. 1.11), Fibrinogen usw. scheinen bei einer Erhöhung CrP ein Herz-Kreislauf-Risiko(mg/l) faktor neben den „klassi2,5 schen“ Risikofaktoren, siehe Tabelle 1.7, darzu2 stellen und durch Ausdauersport ebenfalls güns1,5 tig zu beeinflussen zu sein [2, 51, 101, 362]. Unklar 1 bleibt, ob diese Entzündungsfaktoren eigenstän0,5 dig für ein Fortschreiten der Arteriosklerose ver0 1050 –2269 >2269 kcal/Wo. antwortlich sind, oder < 368 368 –1049 Energieverbrauch durch Muskelarbeit lediglich den aktiven (entzündlichen) Prozess des Abb. 1.11 Der Entzündungsmarker CrP als Hinweis für einen arterioatherogenen Fortschreisklerotischen Prozess liegt um so niedriger, je mehr Kilokalorien durch körperliche Aktivität verbraucht werden. (n. Geffken u. Mitarb. [101]) tens mit Plaquebildung 25
Allgemeines | Sport im Alter, eine Frage der Selbstselektion? Tabelle 1.7 Durch Laufen beeinflussbare etablierte Risikofaktoren für arteriosklerotische HerzKreislauferkrankungen
(Gesamt-Cholesterin)
Normwert:
unter 200 mg/dl (5,0 mmol/l), unter 160 mg/dl (4,0 mmol/l) bei Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit.
LDL-Cholesterin
Normwerte:
unter 160 mg/dl (4,0 mmol/l) bei Gesunden ohne Risikofaktoren unter 130 mg/dl (3,5 mmol/l) mit zusätzlichem Risikofaktor (z. B. Bluthochdruck, Diabetes) unter 100 mg/dl (2,5 mmol/l) wenn bereits eine koronare Herzkrankheit vorliegt.
HDL-Cholesterin
Normwert:
höher als 40 mg/dl (1 mmol/l)
Triglyzeride (Neutralfett)Normwert:
unter 150 mg/dl (1,7 mmol/l)
Bluthochdruck
Normwert:
unter 140/90 mm Hg
Diabetes mellitus
(normal Nüchternblutzucker unter 110 mg%)
Rauchen (Lauftraining erleichtert den Verzicht auf Zigaretten)
(Abb.1.9) in der Gefäßwand widerspiegelt. So ist ein erhöhtes C-reaktives Protein bei Fehlen der „klassischen“ Risikofaktoren wie Cholesterinerhöhung, Bluthochdruck usw. selten [238]. Natürlich steigt das CrP bei jedem anderen entzündlichen Prozess, beispielsweise Lungenentzündung, ebenfalls an. Andere entzündliche Reaktionen sind daher auszuschließen, wenn man die CrP-Konzentration auf die Entwicklung einer Arteriosklerose bezieht.
1.4 SPORT im ALTER, eine Frage der SELBSTSELEKTION? Die Alterungsvorgänge, die genetisch festgelegt sind, können wie oben gezeigt, in ihrer Ausprägung durch den Lebensstil (Rauchen, Inaktivität, überkalorische Ernährung usw.) gefördert werden. So tritt bei vorgealtert wirkenden Menschen die sportliche Betätigung meist in den Hintergrund. Dagegen findet man bei den biologisch jünger wirkenden Menschen häufiger sportlich und auch geistig aktive. Dies wird oft mit einer Selbstselektion erklärt, da sportlich Veranlagte (gesunder Organismus) ein größeres Bedürfnis haben, sich körperlich zu betätigen. Paffenbarger und Mitarbeiter [262] konnten jedoch zeigen, dass Erbfaktoren weniger gravierend sind als ein Bewegungsmangel. So reduzierte sich die Todesrate unter 26
Sport im Alter, eine Frage der Selbstselektion? | Allgemeines
jenen Aktiven, deren Eltern vor Erreichen des 65. Lebensjahres starben, um 25 %. Dass der Einwand, dass Menschen, die von der Erbmasse her recht robust sind, naturgemäß einen Hang zur sportlichen Betätigung haben, nicht generell zutreffend ist, sieht man auch daran, dass frühere Universitätsathleten, die ihren Sport aufgegeben hatten, das höchste Erkrankungsrisiko aufwiesen. Dagegen hatten ehemals unsportliche Studenten, die später (!) aktiv Sport trieben, ein genauso niedriges Risiko für einen frühzeitigen Tod wie früher aktive Athleten, die den Sport beibehielten [262]. Als Hauptfeinde eines langen Lebens erwiesen sich erhöhter Blutdruck, Zigarettenrauchen und sitzende Lebensweise. Zur Frage der Erbanlage ist eine Studie an finnischen Zwillingen mit einer Beobachtungszeit von 17 Jahren veröffentlicht worden [193]. Danach wurde das Sterberisiko bei den regelmäßig körperlich aktiven Zwillingen um 24 % gesenkt. Selbst bei den gelegentlich aktiven Zwillingspartnern war das Sterblichkeitsrisiko noch um 20 % herabgesetzt, siehe Abb. 1.12. Somit bewirkt regelmäßige körperliche Aktivität trotz einer genetischen Komponente der Langlebigkeit eine Risikoreduktion. Auch Blair und Mitarbeiter [30] konnten in einer Studie zeigen, dass Erbfaktoren für die verminderte Sterblichkeit durch Training nicht verantwortlich waren, zumal diejenigen Männer, die bei der Erstuntersuchung „unfit“ waren, bei der Nachuntersuchung 5 Jahre später jedoch traiWahrscheinlichkeit ningsbedingt nun als „fit“ eingestuft wurden, ein um 1 M änner 44 % niedrigeres SterbeF r a u e n risiko im Beobachtungs0,8 zeitraum hatten als diejenigen, die weiterhin bei 0,6 Trainingsmangel „unfit“ blieben. Auch in einer 0,4 anderen Untersuchung konnte die Arbeitsgruppe 0,2 um Blair [31] trotz des Vorkommens einer koro0 naren Herzkrankheit mit kein gelegentl. regelmäßiges und ohne Herzinfarkt bei TRAINING Frauen und Männern mit zunehmendem FitnessAbb. 1.12 Bei den untersuchten 286 männlichen und 148 weiblichen Zwillingspaaren im Alter zwischen 25 und 64 Jahren zeigt sich im grad eine Abnahme der Beobachtungszeitraum von 1977 bis 1994, dass die WahrscheinlichTodesfallrate feststellen. keit, frühzeitig zu sterben, mit der Häufigkeit körperlicher Aktivität auch unter Berücksichtigung von Rauchen, Alkohol und beruflicher Tätigkeit abnimmt, nach Kujala et al. [193].
1.4.1 Langläufer leben länger Das Motto der Ausdauersportler „Langläufer leben länger“ wurde früher wegen fehlender Beweise angezweifelt. Die begeisterten Langstreckler fügten kurzerhand zu den drei L für „Langläufer leben länger“ noch ein viertes L für „lustig“ hinzu. Langläufer leben 27
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länger lustig, sind im Alter noch leistungsfähig, weniger depressiv, haben weniger „Bewegungsmangelkrankheiten“ (siehe Kapitel 4) und mittlerweile doch nachgewiesen eine höhere Lebenserwartung. „Survival of the fittest – more evidence“ (Überleben der Leistungsfähigsten – mehr Beweise), so überschrieb GJ Balady [17] sein Editorial zu der viel beachteten Untersuchung von Myers und Mitarbeitern [247] über den prognostischen Faktor des Fitnessgrades. Das Forscherteam von der Stanford-Universität (Palo Alto/Kalifornien) hatte 6213 Männer im Durchschnittsalter von 59 Jahren, die in ihre kardiologische Klinik zum Fahrradergometertest gekommen waren, in 2 Gruppen unterteilt: diejenigen mit krankhaftem Testergebnis bzw. Herz-Kreislauf-Vorerkrankung (3679 Teilnehmer) sowie solchen mit normalem Test und gesundem Herzen (2534 Personen). Endpunkt der Untersuchung war die Gesamtsterblichkeit in einem Beobachtungszeitraum von durchschnittlich 6,2 Jahren, siehe Abb. 1.13. In diesen 6 Jahren starben 1258 überwiegend ältere Personen, entsprechend einer jährlichen Sterblichkeitsrate von 2,6 %. Abgesehen vom Alter erwies sich die maximale körperliche Leistungsfähigkeit hinsichtlich des Sterblichkeitsrisikos als bedeutendster prognostischer Faktor in beiden Gruppen, ob herzkrank oder nicht. Damit war die Fitness, was die Abschätzung des Sterblichkeitsrisikos betrifft, aussagekräftiger als die klassischen Risikofaktoren Bluthochdruck, Zuckerkrankheit und Zigarettenrauchen. So war das Sterblichkeitsrisiko beispielsweise bei einem ergometrisch hoch belastbaren durchtrainierten Bluthochdruckkranken nur halb so groß wie bei einem untrainierten mit geringer Leistung im Ergometertest. „SURVIVAL of the FITTEST“, die Fittesten, gemessen im Laufbandtest, überleben länger, auch bei Herzkranken
Abb. 1.13 Für Gesunde (linke Abbildung) wie auch für Herzkreislaufkranke (rechts) gilt: Je höher die Belastbarkeit (gemessen in MET= metabolische Einheiten=3,5ml Sauerstoffverbrauch pro Minute und kg Körpergewicht) beim Laufbandtest, desto geringer ist der Prozentsatz der Todesfälle in den nachfolgenden Jahren (desto höher die Anzahl der Überlebenden). „Survival of the fittest“, die Fittesten überleben länger. (Nach Myers und Mitarb. [247])
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Sport im Alter, eine Frage der Selbstselektion? | Allgemeines
Eine Untersuchung einschließlich Belastungs-EKG (maximal bis zur Erschöpfung) an 5721 beschwerdefreien Frauen im Durchschnittsalter von 52 Jahren (+/- 11 Jahre) bestätigte nach einer 8jährigen Beobachtungszeit das bei Männern gewonnene Resultat: Auch Frauen mit der geringsten Belastbarkeit im Ergometertest haben das höchste Sterberisiko [114]. Slattery und Mitarbeiter [309] fanden in einer 17- bis 20-jährigen Beobachtung von 3043 amerikanischen Bahnarbeitern eine höhere Lebenserwartung für Männer, die täglich mindestens eine halbe Stunde Sport trieben. Die Sterblichkeit an koronarer Herzkrankheit (Herzinfarkt) war bei den Inaktiven (40kcal/Woche) 39 % höher als bei den Sportlern (3632 kcal/Woche durch Muskelarbeit verbraucht). Die Inaktiven hatten durchschnittlich hohe Blutdruckwerte, Übergewicht sowie ungünstige Fettwerte. Aber auch unter Berücksichtigung der Risikofaktoren blieb eine unabhängige signifikante Wirkung regelmäßiger sportlicher Betätigung hinsichtlich eines Schutzes gegen frühzeitigen Herztod wie auch Tod anderer Ursache. Ekelund und Mitarbeiter [79] demonstrierten an 4276 Männern im Alter zwischen 30 und 69 Jahren in einer durchschnittlichen Verlaufsbeobachtung von 8,5 Jahren, dass ein niedrigeres Niveau von körperlicher Fitness gemessen am Herzfrequenzverhalten und an der Belastungsdauer im Laufbandtest statistisch signifikant mit einem höheren Risiko eines Todes bei koronarer Herzkrankheit verbunden war, und zwar unabhängig von den üblichen Risikofaktoren. Lee und Mitarbeiter [206] untersuchten in einer prospektiven Studie über 17.321 Absolventen der Harvard Universität zwischen 1962 und 1988 mit einem Durchschnittsalter von 46 Jahren bei Eintritt in die Studie. In den folgenden Jahrzehnten traten 3728 Todesfälle auf. Bei den Männern mit dem geringsten Kalorienverbrauch durch körperliche Aktivität waren es 850 Todesfälle, bei denen mit dem höchsten Kalorienverbrauch durch Muskelarbeit nur 182 Todesfälle. Dabei konnte dieser Trend nur für die Teilgruppe statistisch gesichert werden, die ein systematisches, sehr intensives Ausdauer- Diese Ergebnisse bestätigen erneut den training betrieb. In der Gruppe mit nur positiven Effekt eines Ausdauertrainings auf gleichmäßigem geringen Kalorienver- die Lebenserwartung auch bei bereits vorbrauch bestätigte sich der Trend nicht. liegenden Herz-Kreislauf-Risiken. Wer noch Selbst bei weiter vorliegenden nicht fit ist, hat trotz noch vorhandener Risikofaktoren sinkt die Sterblichkeit Risikofaktoren gute Chancen seine durch muskuläre Ausdauerbelastung. Bei Rauchern fanden Paffenbarger und Lebenserwartung durch ein fast tägliches Mitarbeiter [262] eine Reduktion um Ausdauertraining zu verbessern. 30 %, wenn durch schnelles Gehen von 32 km pro Woche 2000 kcal verbraucht wurden. – Personen mit hoher Fitness haben trotz Rauchens oder trotz eines erhöhten Blutdrucks oder Cholesterins ein geringeres Sterberisiko im Beobachtungszeitraum als Personen ohne diese Risikofaktoren aber mit einem niedrigen Fitnessgrad im Belastungstest, wie die Arbeitsgruppe um Blair [29] 1996 in der renommierten Fachzeitschrift „JAMA“ veröffentlichte. Bleibt nun noch die Frage, um wie viel länger leben Ausdauertrainierte? Franco und Mitarbeiter [93] werteten dazu Daten der Framingham-Herz-Studie aus. Sie kamen zu 29
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4
Frauen
Männer
3,5 3
inaktiv
2,5
mäßig akt iv
2
hoch aktiv 1,5 1 0,5 0 Jahre
Lebensverlängerung
Abb. 1.14 Lebensverlängerung bei unterschiedlicher körperlicher Aktivität im Alter von über 50 Jahren. (Nach Ergebnissen von Franco, Ch. et al (2005) Arch Intern Med 165[20]: 2355–2360)
dem Ergebnis, dass im Vergleich zur Inaktivität bereits mäßige körperliche Anstrengungen im Alter von über 50 Jahren bei Frauen zu einer durchschnittlichen Lebensverlängerung von 1,5 Jahren, bei Männern von 1,3 Jahren führt. Bei hoher körperlicher Aktivität waren es sogar 3,5 bzw. 3,7 Jahre, davon 3,3 bzw. 3,2 Jahre frei von Herzerkrankungen, siehe Abb. 1.14. Hinzu kommt die bessere Lebensqualität. Man muss sich bei Alltagsbelastungen weniger quälen, kommt ohne Atemnot die Treppe hinauf usw.
Lebenserwartung bei Spitzensportlern In der heutigen Fitnesswelle, wo man selbst bei Älteren sportliche Spitzenleistungen beobachten kann, Tabelle 1.8, werfen Skeptiker des Hochleistungssports immer wieder die Frage nach den späteren gesundheitlichen Auswirkungen auf, zumal 400- und 800m-Läufer mit bis 24 mmol/l (!) massiv erhöhte Laktatspiegel erreichen. Ist die Lebenserwartung bei Spitzensportlern erniedrigt? Im Gegenteil, Schnohr [297] stellte bei männlichen Athleten und Karvonen und Mitarbeiter [162] bei Skilangläufern sogar eine überdurchschnittliche Lebenserwartung fest. Nach einer Studie von Sarna und Mitarbeitern [294] betätigten sich über 60 % früherer Topathleten auch später sportlich in der Freizeit oder im Wettkampf. Die Lebenserwartung war bei den Ausdauerathleten um 5,5 Jahre höher, bei den Mannschaftssportlern um 4 Jahre höher als bei den gesunden Kontrollpersonen. Ausdauerund Mannschaftssportler hatten weniger häufig Diabetes und Durchblutungsstörungen des Herzens [194, 294]. Wie sieht es nun mit Krankehausaufenthalten von Hochleistungssportlern aus? Kujala und Mitarbeiter [197] werteten Krankenhausaufenthalte zwischen 1970 und 1990 von insgesamt 2049 männlichen Athleten aus, die Finnland zwischen 1920 und 1965 bei internationalen Wettkämpfen vertreten hatten und verglichen diese mit einer altersentsprechenden Kontrollgruppe, die zum Zeitpunkt ihrer Musterung im Alter von 20 Jahren als gesund eingestuft wurden. Dem gegenüber hatten die Ausdauersportler 29 % weniger Krankenhaustage, Kraftsportler 5 % weniger und bei gemischter sportlicher Betätigung 14 % weniger Krankenhaustage. Auffallend war, dass die Ausdauersportler bei der Krankenhausaufnahme durchschnittlich älter waren. Man könnte daraus schließen, dass bei Ausdauertraining ein längeres Leben ohne Krankenhausaufenthalt möglich ist. Auch während des letzten Lebensjahres der Ausdauersportler war weniger häufig ein Krankenhausaufenthalt erforderlich als bei den inaktiven Kontroll30
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personen. Es scheint also etwas „dran“ zu sein: Ausdauersportler sterben gesünder! Dabei ist anzumerken, dass die Ausdauersportler im Vergleich zur Kontrollgruppe ein um 70% niedrigeres Risiko hatten, eine koronare Herzkrankheit zu entwickeln. Wegen einer Krebserkrankung mussten die Sportler nur halb so oft ins Krankenhaus wie die Inaktiven. Bei den Elitesportlern stellten Kujala und Mitarbeiter [194] neben einer seltener aufgetretenen koronaren Herzkrankheit auch eine geringere Häufigkeit von Diabetes und Bluthochdruck fest. Mengelkoch und Mitarbeiter [235] untersuchten nach einer insgesamt 20jährigen Beobachtungsperiode 15 Läufer und 6 Wettkampfgeher, die alle bei regionalen, nationalen und internationalen Wettkämpfen wenigstens Platz 1 bis 3 erreichten. Das Alter bei der letzten Untersuchung lag zwischen 60 und 92 Jahren. Die Athleten blieben ständig im Training, so dass erwartungsgemäß auch die HerzkreislaufRisikofaktoren über die Jahre hinweg niedrig blieben.
1.5 NIE ZU SPÄT für FITNESSTRAINING Für ein Fitnesstraining ist es nie zu spät [30, 94, 262, 299]. Frändin und Mitarbeiter [94] konnten an 293 Frauen und 233 Männern, die das 76. Lebensjahr erreicht hatten, zeigen, dass für die körperliche Verfassung im Alter weniger die körperliche Bewegung in jungen Jahren als vielmehr die Aktivität nach dem 35. Lebensjahr bei Männern und nach dem 50. Lebensjahr bei Frauen entscheidend ist. Wer zu dieser Zeit noch aktiv ist, kann auch im höheren Lebensalter größere Gehstrecken mit höherer Geschwindigkeit zurücklegen. Aber auch nach Erreichen des Rentenalters profitierte man noch durch ein körperliches Training. So konnten beispielsweise Liesen und Hollmann [214] bei Untrainierten 55- bis 70-jährigen Männern die sich einem Ausdauertraining mit Gymnastikprogramm unterzogen, bereits nach 10 Wochen folgende Befunde erheben: 1. Die Leistungsfähigkeit, gemessen am maximalen Sauerstoffaufnahmevermögen nahm hochsignifikant zu, wobei Leistungswerte von 20 Jahre jüngeren registriert wurden. 2. Die anaerobe Energiebereitstellung (Laktatanstieg) reduzierte sich bei einer gegebenen submaximalen Ausdauerleistung, die intramuskulären Enzymaktivitäten des Kohlenhydratstoffwechsels (Glykolyse) nahmen dagegen deutlich zu. Das heißt, der Walker oder Jogger kann jetzt eine höhere Geschwindigkeit durchhalten, ohne zu übersäuern. 3. Die Enzymaktivitäten des aeroben Stoffwechsels vergrößerten sich hochsignifikant, was zur besseren Ausdauerleistungsfähigkeit beiträgt. Die altersbedingte Funktionsabnahme des Herzkreislaufsystems, der Lunge und des Stoffwechsels kann also durch körperliches Training deutlich korrigiert werden. In der Abbildung 1.3 ist dies anhand der maximalen Sauerstoffaufnahme im Altersverlauf übersichtlich dargestellt. Danach nimmt jenseits des 30. Lebensjahres die maximale Sauerstoffaufnahme pro Minute schnell ab. Wird jedoch regelmäßig bis ins Alter trainiert (Langstreckler), so kann das Niveau der 30-Jährigen gehalten werden, jedoch nicht das der Leistungssportler in Ausdauersportarten. Wird erst im Alter mit Ausdauersport 31
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begonnen, so erreicht man noch, wie oben beschrieben, den Stand von etwa 20 Jahre jüngeren Untrainierten, nicht aber den der langjährigen Ausdauersportler. Schulman und Mitarbeiter [299] konnten zeigen, dass bereits 4 Wochen nach Aufgabe des regelmäßigen Trainings die maximale Sauerstoffaufnahme als Kriterium für die allgemeine Fitness von 49,9 ml/kg pro Minute auf das Niveau der untrainierten Vergleichsgruppe (32,1 ml/kg pro Minute) zurückging. Umgekehrt steigerten die bislang Inaktiven durch regelmäßiges Training bereits nach wenigen Monaten ihre Leistungsfähigkeit und erreichten Werte, die dem Ausgangsniveau der ehemals Trainierten entsprachen. Auch die bereits zitierte prospektive Studie von Blair und Mitarbeitern [30] an fast 10.000 Männern im Eingangsalter zwischen 20 und 82 Jahren zeigte im Beobachtungszeitraum zwischen 1970 und 1989 die niedrigste Sterblichkeit in der Gruppe mit der besten körperlichen Fitness. Wer sich durch laufendes Training von einem ungenügenden in einen guten Trainingszustand brachte, konnte das allgemeine Sterblichkeitsrisiko noch um 44 % senken! Jede Minute, die länger unter Maximalbelastung bei der Ergometrie gehalten wurde, bedeutete einen Rückgang des allgemeinen Sterblichkeitsrisikos um 7,9 %. Eine Herabsetzung der Sterblichkeit im Beobachtungszeitraum fand sich sowohl für Gesunde als auch für Kranke. Es lohnt sich also, noch im Alter mit dem Ausdauertraining zu beginnen. Selbst ein erster Marathon mit 80 Jahren ist noch möglich. Wie der Berliner Lehrer Egon Bethge der Monatszeitung „Exklusives Berlin“ (April 2005, Seite 15) mitteilte, sei er mit 62 Jahren in Rente gegangen, da er gesundheitlich „ziemlich am Ende“ gewesen sei (Arteriosklerose, schlechte Kondition). Erst dann begann er mit einem Lauftraining, zunächst 500 bis 1.000 m, die er schließlich im Laufe der Jahre kontinuierlich verlängerte. Mit 79 Jahren habe er einen Marathonlauf im Fernsehen angesehen und sich dann entschlossen, einen solchen ebenfalls einmal zu versuchen. Mit 80 Jahren legte er dann seinen ersten Marathonlauf in 6 Stunden und 19 Minuten zurück. „Ich bin heute eindeutig gesünder und fitter als vor 20 Jahren“ meint Egon Bethge im Interview der Zeitung, wo der 82-jährige nach Passieren des Brandenburger Tores kurz vor dem Ziel des Berlin Marathons 2004 abgebildet ist, sichtlich zufrieden mit seiner Leistung. Kürzlich fiel mir eine Karte von den Seniorenweltmeisterschaften im Turku/Finnland in die Hand, die mir einer meiner alten „Paradepatienten“, der seinerzeit 80-jährige Johann Bossmann, siehe Abb. 1.15, nach seiner Teilnahme am 10.000 m-Lauf schickte. Über 50 Jahre nahm er bereits an Laufwettbewerben teil. Obwohl er nie ein Spitzenläufer war, so war er doch in der Laufszene bekannt. Nach seinem Alterswohnsitz ließ er sich gern als „Schluchsee-Opa“ bezeichnen. Er war stolz, als er mit seinen 79 Jahren in Erinnerung an seine aktive Zeit im alten Berlin nach der Deutschen Wiedervereinigung den 11. Berlin-Marathon durch das Brandenburger Tor laufen konnte. Anfang Januar 1995 teilte mir Johann Bossmann mit, dass er nun auf Grund einer zwischenzeitlich festgestellten Krebserkrankung des Dickdarms endgültig nicht mehr laufen könne und ein Pflegefall sei. Andere Laufkameraden und die Redaktionen seiner abonnierten Laufmagazine wurden von ihm entsprechend unterrichtet. Ich versprach ihm, während des Marathonlaufs in Los Angeles, auf den ich mich gerade vorbereitete, an ihn zu denken und ihm eine Karte zu schicken, so wie er selbst uns von seinen Laufreisen immer eine Postkarte zukommen ließ. 32
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„Johann Bossmann (Schluchsee-Opa), der uns im Alter von 83 Jahren für immer verlassen hat. Sein großes Läuferherz hat aufgehört zu schlagen“. So war auf der Trauerkarte zu lesen, die ich nach Rückkehr vom Los Angeles-Marathon erhielt. Werner Sonntag [314] schrieb in Erinnerung an Johann Bossmann: „Du warst ein Pionier, einer von denen, die kein Denkmal erhalten, außer diesem hier, das für die anderen ebenso gesetzt ist. Jedes Jahr wird die Zahl der Namen größer, die in die Dunkelheit der Namenlosigkeit gelaufen sind, weil sie auf keiner Liste, in keiner Veröffentlichung mehr auftauchen... Tausende von Abschieden gibt es im Abb. 1.15 Johann Bossmann (links) mit dem 3fachen GoldLeben; fast immer weiß man, medaillengewinner (5000 m, 10000 m, Marathon) von Helsinki 1952 Emil Zatopek im Rahmen einer Seniorenweltmeisterschaft. dass es ein Abschied ist, Abschied von einer Lebensphase, Abschied von einem Traum, Abschied von einer Illusion. Bei dem endgültigen Abschied weiß keiner, dass es ein Abschied ist...“ In der Tat, es ist wie in einer großen Familie. Man kennt sich bei den Wettkampfveranstaltungen, schaut Ergebnislisten durch, schätzt die Zeiten ein und vergleicht sie mit den Vorjahren. Zweifellos die Wettkampfergebnisse werden im Laufe der Zeit schlechter. „Man wird eben älter“, sinniert manch einer. Man wird auch nachdenklicher, wenn man wieder eine Altersklasse (meist 5-Jahre-Abstände) „aufgestiegen“ ist und schließlich eine Altersklasse erreicht, z. B. M70/W70, wo manch ein lieb gewonnener Name nicht mehr erscheint, wie der von Johann Bossmann, eine Altersklasse, wo der Veranstalter einfach „mangels Masse“ Schluss macht, d. h., die über 80-jährigen werden in der jüngeren Altersklasse gewertet, sofern sie nicht vorher schon aus dem Rennen genommen werden, weil sie die festgesetzte Zeit für den Zielschluss nicht mehr erreichen können. Doch gibt es auch Läufe ohne Zeitvorgabe und ohne „Besenwagen“, der die „zu Langsamen“ einsammelt. Marathon im Alter, abschreckendes Beispiel eines puren Leistungsgedankens? Der Sport als Wettkampf ist kein Privileg der Jugend mehr. Die zunehmende Beliebtheit von „Veteranensportfesten“ und Seniorenweltmeisterschaften zeigen uns, dass das Leistungsprinzip auch im Laufsport der „Alten“ gesucht wird. Doch kann auch der alte Spitzenläufer Motivation für die trägen Mitmenschen sein oder ist er geradezu ein abschreckendes Beispiel eines puren Leistungsgedankens? Wie schon bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen muss man auch bei den Senioren zwischen Hochleistungs- und Breiten- bzw. „Gesundheitssport“ unterscheiden. Man ist wohl erstaunt, 33
Allgemeines | Nie zu spät für Fitnesstraining
wenn Spitzenleistungen im Alter bei entsprechender körperlicher Verfassung noch möglich sind, siehe Tabelle 1.8. Doch sollten diese Leistungen nicht als Ziel in der Motivation zum Alterssport angestrebt werden. Diese alten Spitzenläufer betreiben meist schon jahrzehntelang bei einem gesunden Lebensstil ihre Sportart. Die mess- und bewertbare Laufleistung in entsprechenden Wettkämpfen mit Altersklasseneinteilung ist für sie ein bedeutender Lebensinhalt. Tabelle 1.8 Deutsche Marathonbestzeiten in den Altersklassen M/W 50 bis 80 (Stand 2005). Auch im Alter sind noch Spitzenleistungen im Marathon möglich.
Altersklasse
Name
Zeit
Wettkampfort/Jahr
M50 M60 M70 M80
Walter Koch Walter Koch Günther Thiele Heinrich Gutbier
2:28:09 2:39:54 3:08.49 3:50:55
Rotterdam/1989 Duisburg/2000 Essen/1986 Würzburg/2003
W50 W60 W70
Edeltraud Pohl Christa Wulf Christa Wulf
2:48:47 3:14:56 3:36:53
Frankfurt/1988 Berlin/1997 Hamburg/2003
Doch gibt es auch immer mehr Altersläufer, die nur den Schauplatz, das Spektakel einer Wettkampfveranstaltung suchen. Für sie ist ganz im olympischen Sinne die Teilnahme und nicht der Sieg oder eine vordere Platzierung das wichtigste, so auch für den oben erwähnten Johann Bossmann. Man trifft sich bei derartigen Laufveranstaltungen, freut sich alte Bekannte wieder zu sprechen, lernt neue Leute kennen, ob jung oder alt, Frau oder Mann. Die Läufer sind international eine große Gemeinde geworden, wo man auch im Ausland schnell Kontakt untereinander gewinnt. Man lernt „laufend“ Land und Leute kennen. Der Autor gehörte zu den knapp 40.000 Glücklichen, die am hundertjährigen Jubiläum des Boston-Marathons im April 1996 nach Vorlage einer entsprechenden Qualifikationszeit eine Startnummer bekamen. Nach einer Stadtbesichtigungstour ließen wir uns zur Aussichtsplattform des Hancock-Towers liften. Hier fand Abb. 1.16 Paul De Bruyn als Bostonsich nicht nur eine Ausstellung über die Ge- Sieger 1932 war nun als 88jähriger Gast schichte Bostons, sondern auch über den beim 100jährigen Jubiläum des BostonBoston-Marathon. Dort trafen wir zufällig den Marathons 1996. 34
Ärztliche Untersuchung
mittlerweile 88-jährigen Paul De Bruyn, siehe Abb. 1.16, der 1932 in 2:31:26 Stunden den Boston-Marathon als bisher einziger deutscher Mann gewann. Paul De Bruyn hatte danach die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen und lebte in Florida. Er wurde wie die anderen noch lebenden Boston-Marathon-Sieger zum 100-jährigen Jubiläum eingeladen. Wohl im Rollstuhl sitzend, aber geistig noch sehr rege, erzählte er aus seinem Leben. So war er sichtlich erfreut, sich mit jüngeren Läufern aus seiner Heimat unterhalten zu können. Diese wiederum bewunderten den 88-jährigen „Laufveteranen“, wie er in geistiger Frische nur so „sprudelte“. Für jeden, ob jung oder alt, ob Frau oder Mann, ist es ein Erlebnis, bei großen Volksläufen im In- und Ausland neben internationalen Spitzenläufern, Olympiasiegern und Weltmeistern teilnehmen zu können. Doch sollte der Altersläufer wie auch -walker keinen falschen Ehrgeiz entwickeln, sondern nur bei organisierten Veranstaltungen mit Wettkampfcharakter starten, wenn nach einer ärztlichen Untersuchung und entsprechender Trainingsvorbereitung seine körperliche Verfassung ausreicht, um die geplante Strecke in einem angepassten Tempo zu bewältigen. Er sollte sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen.
2 Ärztliche Untersuchung Gerade im Alter und erst recht bei vorliegenden internistischen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Zuckerkrankheit und koronare Herzkrankheit, siehe später, ist vor Aufnahme eines Trainings eine ärztliche Untersuchung zu fordern, siehe Tabelle 2.1. Es geht in erster Linie darum, eine eventuell vorliegende noch nicht erkannte Krankheit zu diagnostizieren und das Risiko eines plötzlichen Herztodes beim Sport zu minimieren, auch wenn schon eine Krankheit bekannt ist, siehe Kapitel „Chronische Krankheiten“. Hier ist vor allem eine maximale (!) symptomlimitierte Ergometrie zu fordern [184]. Eine solche Belastung bricht im günstigsten Falle der Trainingswillige selbst wegen muskulärer Erschöpfung und entsprechender Luftnot bei Laktatübersäuerung ab, ohne dass krankhafte EKG-Veränderungen auftreten. Diese Testperson kann sich dann unter üblichen äußeren Bedingungen normal belasten. Auch im Bereich der Leistungsgrenze würde keine akute Gefahr bestehen. Doch ist in diesem Bereich mit einer Übersäuerung der Muskulatur zu rechnen, so dass zwangsweise die Belastungsintensität (Tempo) herabgesetzt wird oder aber bei Extrembelastung Brechreiz in Folge Laktatübersäuerung eintritt, die zum Belastungsstopp führt. Eine solche Reaktion ist bei gesunden Leistungssportlern, die es auch im Alter noch gibt, harmlos. Der Laktatspiegel fällt innerhalb von 10 bis 20 Minuten auf die Hälfte ab. Doch ist ein solches anaerobes Training hinsichtlich präventivmedizinischer Gesichtspunkte nicht sinnvoll, siehe unter Kapitel „Training“. Eine Ergometrie, ob auf dem Laufband oder Fahrrad, ist aber nicht maximal symptomlimitiert durchgeführt worden, wenn bei einer bestimmten Herzfrequenz, die durch eine Formel berechnet wurde, abgebrochen wird, obwohl keine krankhaften EKGVeränderungen auftraten und die Testperson die Belastung bei Beschwerdefreiheit hätte 35
Ärztliche Untersuchung
mittlerweile 88-jährigen Paul De Bruyn, siehe Abb. 1.16, der 1932 in 2:31:26 Stunden den Boston-Marathon als bisher einziger deutscher Mann gewann. Paul De Bruyn hatte danach die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen und lebte in Florida. Er wurde wie die anderen noch lebenden Boston-Marathon-Sieger zum 100-jährigen Jubiläum eingeladen. Wohl im Rollstuhl sitzend, aber geistig noch sehr rege, erzählte er aus seinem Leben. So war er sichtlich erfreut, sich mit jüngeren Läufern aus seiner Heimat unterhalten zu können. Diese wiederum bewunderten den 88-jährigen „Laufveteranen“, wie er in geistiger Frische nur so „sprudelte“. Für jeden, ob jung oder alt, ob Frau oder Mann, ist es ein Erlebnis, bei großen Volksläufen im In- und Ausland neben internationalen Spitzenläufern, Olympiasiegern und Weltmeistern teilnehmen zu können. Doch sollte der Altersläufer wie auch -walker keinen falschen Ehrgeiz entwickeln, sondern nur bei organisierten Veranstaltungen mit Wettkampfcharakter starten, wenn nach einer ärztlichen Untersuchung und entsprechender Trainingsvorbereitung seine körperliche Verfassung ausreicht, um die geplante Strecke in einem angepassten Tempo zu bewältigen. Er sollte sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen.
2 Ärztliche Untersuchung Gerade im Alter und erst recht bei vorliegenden internistischen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Zuckerkrankheit und koronare Herzkrankheit, siehe später, ist vor Aufnahme eines Trainings eine ärztliche Untersuchung zu fordern, siehe Tabelle 2.1. Es geht in erster Linie darum, eine eventuell vorliegende noch nicht erkannte Krankheit zu diagnostizieren und das Risiko eines plötzlichen Herztodes beim Sport zu minimieren, auch wenn schon eine Krankheit bekannt ist, siehe Kapitel „Chronische Krankheiten“. Hier ist vor allem eine maximale (!) symptomlimitierte Ergometrie zu fordern [184]. Eine solche Belastung bricht im günstigsten Falle der Trainingswillige selbst wegen muskulärer Erschöpfung und entsprechender Luftnot bei Laktatübersäuerung ab, ohne dass krankhafte EKG-Veränderungen auftreten. Diese Testperson kann sich dann unter üblichen äußeren Bedingungen normal belasten. Auch im Bereich der Leistungsgrenze würde keine akute Gefahr bestehen. Doch ist in diesem Bereich mit einer Übersäuerung der Muskulatur zu rechnen, so dass zwangsweise die Belastungsintensität (Tempo) herabgesetzt wird oder aber bei Extrembelastung Brechreiz in Folge Laktatübersäuerung eintritt, die zum Belastungsstopp führt. Eine solche Reaktion ist bei gesunden Leistungssportlern, die es auch im Alter noch gibt, harmlos. Der Laktatspiegel fällt innerhalb von 10 bis 20 Minuten auf die Hälfte ab. Doch ist ein solches anaerobes Training hinsichtlich präventivmedizinischer Gesichtspunkte nicht sinnvoll, siehe unter Kapitel „Training“. Eine Ergometrie, ob auf dem Laufband oder Fahrrad, ist aber nicht maximal symptomlimitiert durchgeführt worden, wenn bei einer bestimmten Herzfrequenz, die durch eine Formel berechnet wurde, abgebrochen wird, obwohl keine krankhaften EKGVeränderungen auftraten und die Testperson die Belastung bei Beschwerdefreiheit hätte 35
Ärztliche Untersuchung Tabelle 2.1 „Schritte“ vor Beginn eines Lauf- bzw. Walking-Programmes
1. Ärztliche Untersuchung – körperliche Untersuchung mit Auskultation von Herz und Lunge – maximale symptomlimitierte Ergometrie (Belastungs-EKG) – Laborwerte (Blutbild, Blutzucker, Cholesterin, Triglyzeride, Kreatinin, Urin) – möglichst Echokardiographie (Ultraschalluntersuchung des Herzens) Falls notwendig – Röntgen-Thoraxaufnahme – Lungenfunktion – Langzeit-Ekg (Herzrhythmusstörungen?) – Langzeit-Blutdruckmessung (Bluthochdruck?) – ergänzende Laboruntersuchungen 2. Beratung und Motivation zur Bewegung (Walking, Jogging, Gymnastik) 3. Einstufung des derzeitigen Trainingszustandes 4. Trainingsplan erstellen 5. Ärztliche Kontrolluntersuchung fortsetzen können. Siehe Tabelle 2.2. Es wurde auch keine maximale symptomlimitierte Belastung durchgeführt, wenn die Ergometrie gestoppt wurde, weil ein vorher festgelegter Blutdruck überschritten wurde. Auch dies ist vielerorts üblich, obwohl jeder weiß, dass in der Praxis kein Bluthochdruckkranker seine Kiste Mineralwasser, die er gerade die Tabelle 2.2 Abbruchkriterien für eine maximale symptomlimitierte Ergometrie ●
Engegefühll in der Brust (Angina pectoris), evtl. auch brennende Schmerzen hinter dem Brustbein oder in der Halsregion, (Schmerzausstrahlung zum Rücken, Oberbauch, Arm möglich)
●
krankhafte EKG-Veränderungen (horizontale beziehungsweise deszendierende ST-Streckensenkungen von mindestens 0,2 mV ohne Medikamenteneinfluss, ohne Elektrolytstörungen, kein WPW-Syndrom, kein Linksschenkelblock)
●
Blutdruckabfall von mehr als 10 mm Hg gegenüber dem Ausgangswert, sofern dieser nicht durch eine „Vorstartreaktion“ erhöht war.
●
Ausgeprägte Atemnot bzw. Asthmaanfall
●
höhergradige kreislaufwirksame Herzrhythmusstörungen
●
Linksschenkelblock unter Belastung mit gleichzeitiger Angina pectoris bzw. bei Vorliegen von erheblichen Herzkreislaufrisikofaktoren
●
muskuläre Erschöpfung mit Luftnot bei Laktazidose und normalem EKG (Idealfall)
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Ärztliche Untersuchung
Treppe hoch trägt, fallen lässt, weil sein Blutdruck beispielsweise über 260/120 mm Hg angestiegen ist. Beim Krafttraining wurden sogar Blutdruckwerte von 480/350 mm Hg mittels Katheter ohne gesundheitliche Schäden gemessen [224]! Durch eine solche praxisferne submaximale Belastung verzichtet man also auf eine optimale Diagnostik. Cooper [57] hat eine diagnostische Fehlerquote von 39 % im submaximalen Belastungstest registriert! Je höher der Blutdruck und je höher die Herzfrequenz, desto größer ist der Sauerstoffbedarf des Herzmuskels, das heißt, es wird mit zunehmendem Sauerstoffbedarf wahrscheinlicher, bereits eine beginnende koronare Herzkrankheit auf Grund von EKGVeränderungen bzw. Engegefühl in der Brust (Angina pectoris) aufzudecken. Es wurde auch nie nachgewiesen, dass bei Überschreiten einer bestimmten Herzfrequenz oder eines bestimmten Blutdrucks bei der Ergometrie vermehrt Todesfälle auftreten. Wir hatten in unserer kardiologisch orientierten Praxis mit einem hohen Anteil herzkranker Patienten bei über 50.000 maximal symptomlimitierten Ergometrien auf dem Fahrrad oder Laufband keinen einzigen Todesfall, gleichgültig wie hoch die maximale Herzfrequenz oder der Blutdruck lagen. Lediglich zweimal musste wegen eines aufgetretenen Kammerflimmerns erfolgreich wiederbelebt werden. Es ist paradox, wenn Vertreter der subma- Abb. 2.1 Ein Belastungs-Ekg ist nur dann ximalen Belastung, diese noch vor Erreichen ausreichend aussagekräftig, wenn die Ergometrie auf dem Laufband oder Fahrrad einer errechneten submaximalen Herzfrequenz maximal symptomlimitiert durchgeführt wegen deutlicher EKG-Veränderungen und wurde, siehe Text. Angina pectoris bei bisher unbekannter schwerer koronarer 3-Gefäßerkrankung abbrechen müssen. Diese schwer Herzkranken wurden dann doch maximal belastet, während die gut belastbaren, oft gesunden Personen nicht an ihre Leistungsgrenze gebracht werden und daher, wie oben erwähnt, häufiger fälschlicherweise ein normales Belastungs-EKG attestiert wird. Auch Jain und Mitarbeiter [154] konnten zum einen die Sicherheit einer symptomlimitierten Belastung im Vergleich zum „Low level“-Test selbst frühzeitig, das heißt im Durchschnitt 6,4 Tage nach dem Herzinfarkt, demonstrieren, zum anderen auch nachweisen, dass der symptomlimitierte Test gegenüber dem submaximalen hochsignifikant mehr positive Ergebnisse zeigte (31 gegenüber 16 Patienten!). Was die Sicherheit eines maximalen Belastungstest in der Allgemeinbevölkerung betrifft, die sich aus präventivmedizinischen Gründen einer solchen Untersuchung unterzieht, fanden Gibbons und Mitarbeiter [103] in 71.914 Maximaltests 6 schwere Komplikationen (zweimal Kammertachykardien, 4 Herzinfarkte), wobei in einem Fall der Tod eintrat. Es wurde eine Komplikationsrate von 0,8 pro 10.000 Maximaltests errech37
Ärztliche Untersuchung
net. 6,4 % der Tests zeigten bei Tabelle 2.3 Kontraindikationen gegen maximale symptomden Männern einen krankhaften limitierte Ergometerbelastung und Lauftraining Befund, bei den Frauen waren es ● akuter Herzinfarkt 3,8 %. 5,9 % (Männer) bezie● zunehmende (instabile) Angina pectoris hungsweise 8,6 % (Frauen) der bei geringster Belastung und auch in Ruhe Belastungs-EKGs waren zweideutig. – Die Gegenanzeigen zu einem ● lebensgefährliche kreislaufwirksame nicht maximalen Belastungstest sind in kontrollierbare Herzrhythmusstörungen Tabelle 2.3 aufgeführt. ● akute Entzündung mit Herzbeteiligung Fast genau so wichtig wie ein (Myokarditis, Perikarditis, Endokarditis) richtig durchgeführtes Belastungs● schwere symptomatische Herzinsuffizienz EKG ist die Ultraschallunter● akute Lungenembolie suchung des Herzens (Echokardiographie). Hierdurch lassen sich vor ● schwere symptomatische allem Herzklappenfehler, HerzmusAortenklappenstenose kelerkrankungen (Kardiomyopa● hochfieberhafter Infekt thien), eine eingeschränkte Herz● schwere Schilddrüsenüberfunktion mit funktion usw. ausschließen, was Herzjagen (Tachyarrhythmien) mit einem Belastungs-EKG nicht möglich ist. Letzteres gibt Hinweise ● schwere orthopädische Behinderung auf eventuell vorliegende Durchblutungsstörungen des Herzens (Herzinfarktgefahr), auf Herzrhythmusstörungen, Blutdruckverhalten unter Belastung sowie Hinweise auf den derzeitigen Trainingszustand. Während man auf die vielfach pro-
Abb. 2.2 1 Meile vor dem Ziel beim Boston-Marathon: Laut zujubelnde Zuschauermengen führen unter dem Eindruck des nahenden Zieles oft dazu, dass bereits völlig erschöpfte, vielleicht auch gesundheitlich vorgeschädigte Läufer sich mit einem „Endspurt“ überfordern, vor allem wenn der Organismus nach einem Interkontinentalflug noch nicht auf die neue Ortszeit umgestellt ist („Jet lag“).
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Ärztliche Untersuchung
pagierten Laktat-Tests durchaus verzichten kann, siehe Kapitel „Trainingssteuerung“, sind die Ausgaben für eine maximale symptomlimitierte Ergometrie und eine Echokardiographie nicht nur sinnvoll, sondern hinsichtlich der Minimierung eines plötzlichen Herztodes beim Sport geradezu unabdingbar. Nach der erfolgten ärztlichen Untersuchung sollte sich eine entsprechende Beratung anschließen. Dabei sollte nicht nur auf den individuellen Gesundheitszustand eingegangen werden, sondern auch auf die möglichen Nebenwirkungen [185], siehe Tabelle 2.4. Eine solche Beratung wird umso anspruchsvoller, je höher das gesteckte Ziel ist. Das trifft vor allem auf das Massenphänomen Marathonlauf in einer internationalen Großstadt mit Zeitverschiebung nach langem Flug (siehe Kapitel 4.4.2) und dichtgedrängten Zuschauerreihen zu, die kurz vor dem Ziel auch die bereits völlig erschöpften Läufer aller Altersklassen lauthals anfeuern, so dass sie es oft nicht wagen, eine Gehphase einzulegen, sondern häufig die letzte Meile, Abb. 2.2, ihre Leistungsgrenze überschreitend mit Tempobeschleunigung zurücklegen. Kurz vor und nach dem Ziel sind daher Herz- und Kreislaufzwischenfälle relativ zahlreich [185]. Trotz möglicher Komplikationen beim Sport muss jedoch motivierend betont werden, dass sich ein individuell angepasstes Trainingsprogramm lohnt, wie im ersten Teil des Buches beschrieben wurde. Die Vorteile eines Ausdauertrainings mit zusätzlichen gymnastischen Übungen überwiegen eindeutig. Tabelle 2.4 Mögliche mehr oder weniger häufige „Nebenwirkungen“ (Komplikationen)beim Laufen und Walking, die oft durch Fehlverhalten des Sportlers, der Sportlerin verursacht sind. ● ●
● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●
Orthopädische Probleme bis hin zum Ermüdungsbruch Magen-Darmprobleme (Sodbrennen, Übelkeit, Magenkrämpfe, Durchfall, Blut im Stuhl) Herzkreislaufstörungen (Kollaps, Rhythmusstörungen, Herzinfarkt, Herztod) Elektrolytstörungen (Kalium-, Magnesiummangel, erniedrigtes Natrium im Blut) Dehydration (Wasserdefizit) Unterzuckerung Blutarmut (Eisenmangel-Anämie) Blut beziehungsweise Hämoglobin im Urin Myoglobin im Urin Muskelzellzerfall (Rhabdomyolyse) mit Nierenversagen Hitzeschäden (Hitzekrämpfe, Sonnenstich, Hitzschlag) Lokale Erfrierungen Anstrengungsasthma Atemwegserkrankungen (Infektionen) Menstruationsstörungen bei Frauen mit und ohne Osteoporose Übertrainingssyndrom Gefährdung durch den Straßenverkehr, durch Hunde, Bussarde usw.
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Training | Ausrüstung
3 Training 3.1 Ausrüstung 3.1.1 Schuhe Ein gutes Schuhwerk ist sowohl für den Läufer als auch für den Wanderer das Wichtigste. Viele Laufbeschwerden sind auf ungeeignete Schuhe zurückzuführen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Fußfehlstellungen wie Knick-, Spreiz-, Senk- oder Hohlfuß vorliegen. Über zwei Drittel der Bevölkerung haben derartige Fußfehlstellungen. Entsprechend muss auch eine individuelle Schuhauswahl erfolgen. Besonders zu beachten ist, dass die Zehen vorn etwa ein bis 1,5 cm Platz haben, also genügend Spielraum für die Abroll- und Abstoßbewegung, bei der sich die Zehen strecken. Gleichzeitig verkürzt sich auch der Schuh durch das Abbiegen der Sohle, siehe Abb. 3.1. Beim Schuhkauf ist auch zu berücksichtigen, dass die Füße je nach Tageszeit und Umgebungstemperatur beziehungsweise vorangegangener Beschäftigung unterschiedlich dick sein können. So findet man nach langem Sitzen oder Stehen bei hohen Außentemperaturen teilweise erhebliche Fuß- und Knöchelschwellungen, vor allem beim Vorliegen von Krampfadern. Dagegen sind am Morgen nach dem Aufstehen die Füße meist sehr schlank und schwellen dann im Laufe des Tages auch in Folge der vermehrten Durchblutung beim Laufen etwas an. Es ist daher günstiger, die Schuhe nachmittags zu kaufen, wenn die Füße bereits etwas angeschwollen sind. Zusätzlich sollte man dicke Socken anziehen, um den Kauf zu enger Schuhe zu vermeiden. Gute Laufschuhe müssen gut dämpfen, stützen und führen. Vor allem Läufer und Wanderer, die beim Aufsetzen des Fußes während der Laufbewegung vermehrt nach innen einknicken (über 60 % der Läufer!), sollten darauf achten, dass im Bereich der Ferse die Innenseite des Schuhs durch eine dort verstärkte Fersenkappe gut abgestürzt wird. Manche Firmen haben in diesem Bereich auf der Innenseite der Sohle härtere Materialien eingearbeitet. Eine weiche Sohle würde dem Druck nach innen nachgeben. Dieses vermehrte Einwärtsknicken (Überpronation) wird auch auf weichen Naturböden gefördert, da beispielsweise der Sand- Abb. 3.1 Beim Abrollvorgang brauchen boden im Gegensatz zum Asphalt das nach innen die Zehen Platz. Die Schuhe sollten etwa 1,5 cm (Daumenbreite) „zu groß“ Abknicken der Ferse zulässt. Dadurch werden gekauft werden. (Aus Kleinmann, D.: die Sprunggelenkbänder und auch die Achilles- Koronarsport richtig. Walking/Jogging. sehne vermehrt belastet. Der vielfach verteufelte Giulini Pharma Hannover 1990) 40
Ausrüstung | Training
Asphaltboden dämpft wohl den Aufprall beim Laufen und Wandern weniger als weiche Naturböden, verstärkt aber im Gegensatz zu diesen nicht die Fußfehlstellungen, sondern lässt einen wenig Kraft raubenden flüssigen Laufstil zu. Um die Gelenke einschließlich Bandapparat sowie die Muskeln mit ihren Sehnen verschiedenartig zu belasten, ist es vorteilhaft, Wege unterschiedlicher Bodenbeschaffenheit für das Lauftraining zu wählen. Ebenso sollten auch Schuhe unterschiedlicher Laufschuhhersteller abwechselnd benutzt werden, um bei höherem Trainingsumfang Überlastungen zu vermeiden. Die großen Laufschuhhersteller versuchen durch verschiedene Methoden mit ihren Schuhen möglichst nahe an die Eigenschaften eines idealen Fußes heranzukommen. Durch das abwechselnde Tragen verschiedener Laufschuhfabrikate treten weniger Belastungs- und Ermüdungsbeschwerden auf, da sich der Laufstil nicht nur den Bodenverhältnissen, sondern auch den Laufschuhen (von Modell zu Modell verschiedene Dämpfung und Fußführung) angepasst. Für das Walking (Wandern) sind spezielle Schuhe im Fachhandel unter der Vorstellung erhältlich, dass beim Abrollen des Fußes die Schuhsohle beim Laufen um ca. 30 Grad gebogen wird, beim Gehen jedoch um etwa 45 Grad und auch geringere Stoßkräfte einwirken. Durch einen etwas abgeschrägten Absatz wird das Abrollen über die Schuhsohle erleichtert, begünstigt auch durch einen flexiblen Vorfußbereich. Doch auch ein guter Joggingschuh, der hohe Aufprallkräfte dämpfen muss, ist zum Wandern geeignet. Läufer, die Berglaufveranstaltungen wie den Swiss Alpine Marathon Davos mit schwierigen hochalpinen Pfaden teilweise über Abb. 3.2 Ein guter Laufschuh muss auch schwierige Wegpassagen wie hier beim Swiss Alpine Marathon Davos in etwa Schneefelder phasenweise ge- 2600m Höhe tolerieren, genauso wie ein gut trainierter Körper hend absolvieren, können dies im Alter bei angepasstem Tempo und Konzentration auf die Bodenbeschaffenheit, um Stürze zu vermeiden. bestätigen (Abb. 3.2). 3.1.2 Kleidung Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, die Kleidung der Witterung anzupassen. Dennoch wird dies oftmals missachtet. Sonnenbrand, Hitzeschäden bei warmem sonnigen Wetter oder Kälteschäden mit Frostbeulen von Nase, Ohren, Finger, Zehen und Penis [136] bei kaltem Wetter können die Folge sein. Ältere Leute reagieren auf den Kältestimulus träge und frieren schneller als jüngere [170]. Hier ist besonders auf funktionstüchtige Wärmekleidung zu achten. Je besser der Trainingszustand, das heißt, je höher die Geschwindigkeit beim Laufen oder beim Wandern ist, desto höher ist auch die eigene Wärmeentwicklung (Energieumsatz). So muss sich ein Läufer bei derselben Außentemperatur auf Grund seines höheren Energieumsatzes und damit höheren Wärmeentwicklung weniger warm anziehen als ein Walker. Erfahrene Langstreckler 41
Training | Ausrüstung
Abb. 3.3 Bei kalter Witterung kann man sich noch mit ausgedienten Kleidungsstücken warm halten, die kurz vor dem Start abgelegt bzw. wie hier beim New York-Marathon vielfach auf Bäume geworfen und später einem sozialen Zweck zugeführt werden.
Abb. 3.4 Nachlassende Kräfte mit Abnahme der eigenen Wärmeproduktion bei drastischer Tempodrosselung und „Temperatatursturz“ in „luftiger“ sauerstoffarmer Höhe müssen schon beim Start im Tal hinsichtlich der richtigen Kleidung berücksichtigt werden, hier beim JungfrauMarathon 4 km vor dem Ziel (Start in Interlaken).
ziehen bei kühler Witterung zur Überbrückung der Wartezeit beispielsweise einen alten Pullover über und werfen ihn dann unmittelbar vor dem Start weg bzw. wie beim New York-Marathon auf einen Baum, siehe Abb. 3.3, wo die Kleidungsstücke nach dem Start gesammelt und einem sozialen Zweck zugeführt werden. Eine zunehmende Ermüdung ist vor allem bei längeren Bergwanderungen und -läufen zu beachten, wenn nicht nur die eigene Wärmeproduktion bei erschöpfungsbedingt geringerem Tempo nachlässt, sondern mit zunehmender Höhe auch die Außentemperaturen deutlich abnehmen (Abb. 3.4). Weiterhin ist im Hochgebirge mit schnell aufkommenden Unwettern zu rechnen. Nach einem erschöpfenden Training oder Wettbewerb sind wegen der anschließenden Infektanfälligkeit („open window“ [185]) nicht lange Gespräche in verschwitzten Kleidern, sondern möglichst eine sofortige warme Dusche oder zumindest warme (trockene) Kleidung bzw. Folien zum Umhängen sinnvoll, wie sie bei großen Stadtmarathons häufig angeboten werden, siehe Abb. 3.5. Gegenüber Naturfasern wie Baumwolle haben die Chemiefasern nicht nur den Vorteil, glatter zu sein und damit die Haut weniger wund zu scheuern, sondern sie unterstützen auch die Wärmeregulation des Körpers besser. Die Baumwolle nimmt viel Schweiß auf. Allerdings ist ihre Feuchtigkeitskapazität bei Langstreckenläufen bald erschöpft. Das flüssigkeitsdurchtränkte Textil bleibt dann an der Haut kleben. Durch die 42
Ausrüstung | Training
Verdunstung der angestauten Feuchtigkeit droht vor allem durch Windeinwirkung eine örtliche Unterkühlung bis hin zu Erfrierungen. So entspricht beispielsweise eine Temperatur von –20 °C bei zusätzlichem Wind von 20 m/s einer Temperatur von –52 °C bei Windstille [92]. Bekanntlich bewirkt in der Kälte nicht die Faser selbst die Thermoisolation, sondern die Abb. 3.5 Nach einem erschöpfenden Training oder Wettkampf sollte man sich wegen Infektanfälligkeit sofort vor UnterLuft in den Poren, die durch kühlung schützen, z. B. mit Folien wie hier nach dem New das feuchtigkeitsbedingte Auf- York-Marathon. Keine langen Gespräche in verschwitztem, quellen verschlossen sind und ermüdetem Zustand führen. somit keine Luft mehr enthalten. Andererseits kann bei hohen Außentemperaturen der Schweiß durch die verschlossenen Poren nicht mehr verdampfen, sondern rinnt größtenteils an der Haut herab, so dass unter Hitzebedingungen die Gefahr eines Hitzeschadens besteht. Dagegen ist eine Chemiefaser Wasser abstoßend (hydrophob). Die Poren bleiben also offen. Lufteinlass, Wärmeableitung sowie Schweißverdunstung unter Hitzebedingungen und Thermoisolation unter Kältebedingungen bleiben erhalten. Allerdings kann es auch bei Chemiefasern zu einer Rückbefeuchtung der Haut kommen, wenn die Durchsatzkapazität für Wasserdampf der zur Verfügung stehenden Mikroporen überschritten ist. Durch ein sogenanntes Zwiebelschalensystem kann man diese Kapazitätsbegrenzungen weitgehend ausgleichen. Dabei sollte als „innere Schale“ eine hydrationsfähige Unterwäsche aus Polyester, Polyamid oder Polypropylen getragen werden. Dadurch gelangt die Feuchtigkeit zwischen Unterwäsche und Außenkleidung, ohne dass eine Rückbefeuchtung der Haut möglich ist. Baumwollprodukte führen dagegen eher zu einem „Treibhauseffekt“. Im Winter haben sich Mikrofiber-Produkte bewährt, bei denen sehr dünne Fasern sehr eng gestapelt sind. Sie sind nicht nur Wasser und Wind abweisend, sondern ermöglichen eine bessere Schweißdurchdringung als Folien. Vliesartige Polyesterkonstruktionen werden als Zwischenfutter verwendet und unterstützen bei gleichzeitiger Wärmedämmung diesen Effekt. Bei kürzeren Trainingsläufen und fehlender Extremwetterlage ist der Unterschied zwischen Baumwolle und synthetischen Fasern unwichtig, so dass die preiswertere Baumwollkleidung durchaus ohne gesundheitliche Schäden oder Leistungseinbuße getragen werden kann. Wer bei Dämmerung oder Dunkelheit läuft, sollte eine Taschenlampe, Leuchtweste oder Leuchtstreifen benutzen. Nach einer Untersuchung von Williams [353] ereigneten sich von 60 Joggingunfällen mit Autos 45 bei Dunkelheit. Dabei wurden 65 Personen verletzt, 30 davon tödlich. Auch van Aaken, der große Pionier des langsamen Dauerlaufs, wurde 1972 während eines nächtlichen Trainingslaufes von einem Militärfahrzeug auf der Straße angefahren, so dass beide Beine amputiert werden mussten. Er war seit dem bis zu seinem Tod 1984 an den Rollstuhl gefesselt. Helle Kleidung mit Licht reflek43
Training | Technik (Laufstil) beim Laufen und (Nordic) Walking
tierenden Flächen ist genauso anzuraten wie grundsätzlich gegen den Verkehr und hintereinander am Straßenrand zu laufen. 3.1.3 Stöcke (Nordic Walking) Beim Nordic Walking kommen spezielle Stöcke (Poles) zum Einsatz. Die teueren aus Kohle- und Glasfasern (30 % Carbon Composite-Schaft) hergestellten sind sehr leicht, extrem belastbar und von langer Lebensdauer. Im Gegensatz zur Verwendung von Stöcken mit Metallkern entstehen beim Einsatz keine lästigen Schwingungen, die auf Hände und Arme übergeleitet werden. Die optimale Stocklänge beträgt 70 % der Körpergröße. Die speziellen Handschlaufen ermöglichen einen ermüdungsfreien Einsatz der Stöcke. die Handschlaufen werden nach dem Anziehen mit einem individuell angepassten Klettverschluss fixiert. Der Stockgriff liegt parallel zu den Fingergrundgelenken, so dass man erst kurz vor dem Aufsetzen der Stöcke zugreifen muss. Beim Nachhintenschwingen der Arme wird der Stock wieder losgelassen. Die Spitze der Stöcke kann je nach Bodenbeschaffenheit entweder mit Gummipads (Asphaltbelag) oder mit einer Metallspitzen (Waldboden) versehen werden.
3.2 TECHNIK (Laufstil) beim Laufen und (Nordic) Walking 3.2.1 Unterschied zwischen Gehen (Wandern, Walking) und Laufen Im Gegensatz zum Gehen, wo wir die Füße breitbeiniger aufsetzen, also den rechten und linken Fuß jeweils auf eine andere zueinander parallel verlaufende Linie, wird beim Laufen eine gerade Linie eingehalten, die sich genau im vertikalen Schnittpunkt unserer Schwerkraftachse mit dem Boden befindet. Der rechte Fuß setzt genau vor dem linken auf. Wir nehmen also eine funktionelle O-Beinstellung ein, indem wir das Bein bei jedem Schritt etwas nach innen ziehen. Dadurch wird im Augenblick des Bodenkontaktes die so genannte Aufsatzpronation (physiologisches Einwärtsknicken) verstärkt. Da beim Walking ein Bein immer auf dem Boden steht, sind die Gelenk belastenden Stoßkräfte weniger ausgeprägt als beim Laufen. Durch den Stockeinsatz beim Nordic Walking können die Gelenke noch mehr entlastet werden (Abb. 3.6). Durch Ableitung der Muskelströme im Elektromyogramm konnte Subotnik [321] zeigen, dass beim Lauf der Fersenbodenkontakt in idealerweise zu einer Aktivierung aller Beinmuskeln führt. Dagegen wird beim Gehen vorwiegend die Wadenmuskulatur beansprucht. Wenn eine Fußfehlform durch Behandlungsmaßnahmen (spezielle Laufschuhe, Schuheinlagen, geeignete Gymnastik, Konditionstraining u. a.) verbessert wird, so scheint sich die relative Zahl der motorischen Muskel-Nerv-Einheiten, welche bei Läufern mit weniger idealen Verhältnissen aktiviert werden, zu verringern. Dadurch wird die Lauf- bzw. Walkingleistung häufig erheblich verbessert. Beim Gehen (Walking) ist darauf zu achten, dass auch die Arme kräftig nach vorne und hinten geschwungen werden, so als ob schwere Gewichte daran baumelten. Dennoch sollten die Schulterblätter entspannt und locker hängen. Die Füße sind ganz bewusst aufzusetzen und über die Ferse abzurollen. Dabei zeigen die Fußspitzen in 44
Technik (Laufstil) beim Laufen und (Nordic) Walking | Training
Laufrichtung. Während also beim Walking weit ausholende Armbewegungen in Richtung Kopf erwünscht sind, was einen großen Muskeleinsatz mit gutem Kreislaufreiz bedeutet, stören derartige Bewegungen den lockeren Laufstil beim Joggen. Überall werden mittlerweile Kurse für Nordic Walking angeboten und eine bestimmte Technik gelehrt (Abb. 3.6). Wenn man jedoch lediglich gesundheitliche Aspekte verfolgt, dann spielt die Technik keine Rolle. Um das Herzkreislaufsystem, die Lungenfunktion und den Stoffwechsel zu verbessern sowie die Lebenserwartung zu erhöhen, kommt es allein auf die ausdauernde Muskelarbeit an, wobei der Energieverbrauch pro Woche mindestens bei 2000 Kilokalorien liegen sollte, siehe Tabellen 3.1 und 3.2. Hinsichtlich des Kalorienverbrauchs wird häufig behauptet, dass dieser beim Nordic Walking etwa 50 Prozent höher sei als beim Wandern (Walking) ohne Stöcke. Dies ist durch keine wissenschaftliche Untersuchung belegt und ist auch nicht verständlich, da ja die Beine mit ihren Gelenken und Muskeln durch den Stockeinsatz entlastet werden, also geringerer EnergieKopf bedarf. Dafür ist der Energieverbrauch aufgerichtet, im Bereich der Brust- und ArmBlick nach vorn muskulatur etwas höher. Die Stöcke müssten schon relativ schwer sein und gewichtsmäßig als kleine Hanteln dieHand nur nen, um einen relevanten Mehrverbeim brauch an Kalorien zu gewährleisten. – Stockeinsatz geschlossen Arme hinter die Hüfte Deutlich höher ist dagegen der durchschwingen und Energieverbrauch beim Laufen, siehe Stockeinsatz die Hand öffnen Tabelle 3.2. Hier wird zum einen pro schräg nach hinten Zeiteinheit eine längere Wegstrecke zurückgelegt und zum anderen das gesamte Körpergewicht muskulär von möglichst große Schrittlänge der Abstoßphase in eine Flugphase gebracht, um dann muskulär in der Abb. 3.6 Häufig werden Kurse für eine bestimmte Landephase wieder abgefedert zu wer- Nordic Walking-Technik angeboten. Hinsichtlich den. Dieser abrupte Krafteinsatz, wie er Vorbeugung von Bewegungsmangelkrankheiten in den so genannten „High-impact“- (Altersdiabetes, Fettsucht, Herzinfarkt usw. ) und einer Sportarten üblich ist, ist offensichtlich Verlängerung der Lebenserwartung ist jedoch nicht die Technik, sondern der Kalorienverbrauch mit Schweißfür die Knochendichte von besonderer ausbruch, also die zuückgelegte Strecke mit gutem Bedeutung, siehe Kapitel 1.3.4. Schuhwerk und der Witterung angepasster Kleidung entscheidend.
3.2.2 Fersenlauf und Ballenlauf Immer wieder kontrovers diskutiert sind der Fersen- und Ballenlauf. Die Häufigkeit von Beschwerden am Bewegungsapparat hängt nicht nur von den Laufschuhen, Fuß- und Beindeformitäten, vom Trainingsaufbau sowie der Bodenbeschaffenheit ab, sondern auch vom Laufstil. Aufrecht mit geringfügiger Vorlage (kein Holzkreuz!), Blick gerade aus auf die Strecke, die Arme leicht angewickelt, wobei die Schultern etwas mitschwingen, keine ausholenden Armbewegungen etwa in Richtung Kopf oder nach innen über 45
Training | Technik (Laufstil) beim Laufen und (Nordic) Walking
den Bauchnabel hinweg sind charakteristisch für einen lockeren unverkrampften Laufstil. Der Fersenläufer rollt nun über die Ferse nach vorn Richtung Großzehe über die gesamte Sohle ab. Der Sohlenabrieb ist dann hinten außen und vorn innen im Großzehenbereich am größten, siehe Abb. 3.7. Beim Aufsetzen mit der Ferse kommt es dann physiologischerweise zu einem Einwärtsknicken (Pronation). Dieses Einwärtsknicken ist Abb. 3.7 Für Fersenläufer typischer Sohlenabrieb bei vielen Läufern verstärkt (Überpronavon hinten außen (Landephase) nach vorne innen tion), was bei ungeeignetem Schuhwerk über die Großzehe (Abstoßphase). Die schwarze zu Beschwerden führen kann, siehe Fersensohle ist hinten außen durch den ständigen Aufprall bereits durchgescheuert, so dass die weiße Kapitel 3.1. Zu beachten ist, dass man Innensohle zu sehen ist. Eine neue Besohlung ist nicht mit gestrecktem Knie aufkommt erforderlich, falls der Schuh sonst noch gut erhalten und somit die Vorwärtsbewegung sogar ist, andernfalls Neukauf. noch etwas abbremst. Die Dämpfungseigenschaften der Schuhsohlen werden dann optimal ausgenutzt, wenn bei angewinkeltem nach vorn genommenem Knie der erste Bodenkontakt sofort in eine ideale Abrollbewegung übergeht. Laufanfänger setzen vorwiegend mit der gesamten Sohle auf, da wegen der anfangs noch kleinen Schritte bei geringer Geschwindigkeit ein ideales Abrollen über die Ferse nur schwer möglich ist. Laufgeschwindigkeit und Schrittlänge werden jedoch automatisch mit besserem Trainingszustand zunehmen. Lange Schritte sind dann weniger Gelenk belastend, weil die Stauchung beim Laufen eher muskulär abgefangen wird. Die Aufprallkräfte werden im Gegensatz zum Kurzschritt nicht senkrecht vom Boden über das Sprunggelenk, Knie- und Hüftgelenk zur Wirbelsäule weitergeleitet, sondern müssen zwangsläufig muskulär abgefedert werden, da beim Langschritt der Aufprall weit vor dem Körper erfolgt und zudem schwungvoll über die gesamte Sohle beim Abrollvorgang verteilt wird. Der Kurzschritt der Anfänger muss nicht zwangsläufig in einen trampelnden Sohlenlauf übergehen, sondern kann durchaus als federnder Spitzen- bzw. Ballenlauf durchgeführt werden. Dabei kommt der Läufer in der Landephase nicht mit der Ferse, sondern mit dem Ballen (Vorfuß) auf. Dieser Stil ist jedoch äußerst kraftaufwendig und führt nicht nur bei Anfängern, sondern auch bei Spitzenläufern häufig zu Achillessehnenbeschwerden bis hin zum Achillessehnenabriss. Dieser Stil ist nur ambitionierten Kurz- und Mittelstreckenläufern, die auf eine hohe Geschwindigkeit großen Wert legen, anzuraten. Auf der Langstrecke (10 Kilometer und mehr) hat der Ballenlauf wegen des hohen Kraftaufwandes und damit hohen Energieverbrauchs auch hinsichtlich der erreichten Wettkampfzeit keinen Vorteil mehr gegenüber dem Kraft sparenden Fersenlauf. Die guten Dämpfungseigenschaften beim Ballenlauf gehen demnach in erster Linie auf Kosten der Sehnen, Bänder und Muskeln. Die Ballenläufer haben daher auf keinen 46
Tests zur Überprüfung des Leistungsstandes | Training
Fall, wie vielfach behauptet wird, weniger Überlastungsschäden als Fersenläufer, die die guten Dämpfungseigenschaften der heutigen Laufschuhe besser ausnutzen können und dadurch bei geringerem Kraftaufwand Sauerstoff und Energie einsparen. Im Gegensatz zu den Fersenläufern haben die Ballenläufer weniger Probleme mit einer Überpronation, sondern eher mit einer Supination (nach außen knicken) bei einer vermehrten Belastung des äußeren Fußrandes mit erheblicher Verletzungsgefahr, insbesondere der Außenbänder des oberen Sprunggelenkes durch ein Umknicken nach außen. So stellte U. Glitsch [105] im Vergleich zwischen Ballen- und Fersenlauf fest: „Biomechanische Untersuchungen dieser beiden Lauftechniken haben für den Ballenlauf deutlich höhere Gelenkbelastungen am Sprunggelenk ergeben. Es ist also nicht so, dass der Ballenlauf Gelenk schonender sei. Bedingt durch die größeren Auf- und Abbewegungen des Körperschwerpunktes ergeben sich größere Bodenreaktionskräfte, die dann zu einer höheren Belastung der Achillessehne und des Sprunggelenkes führen. Chronische Achillessehnenreizungen sind nicht selten die Konsequenz. Dem Freizeitläufer ist daher aus der Sicht der Biomechanik der Fersenlauf zu empfehlen“. Auch M. Walther [344] konnte nach Auswertung einer epidemiologischen Studie an über 2000 Läufern keine Überlegenheit des Vorfußlaufes hinsichtlich Verletzungshäufigkeit feststellen.
3.3 Tests zur Überprüfung des Leistungsstandes 3.3.1 Walk-Test Für den sportlichen Neuanfang und für Patienten mit Handicap, z. B. Zustand nach Herzinfarkt, siehe Kapitel 4, ist Wandern die ideale Einstiegssportart. Die Umwelt kann wahrgenommen werden. Man kann deren Anregungen auf sich einwirken lassen, Gefühle von Angst und Anspannung verringern sich. Viele werden sich zunächst für ihren momentanen Leistungsstand interessieren und wollen dann auch gern den trainingsbedingten Fortschritt dokumentiert haben. Dazu eignet sich der Walk-Test, wie er in einer Broschüre des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV) von Prof. Dr. K. Bös [36] beschrieben wurde. Dazu ist eine exakt vermessene flache 2 km-Strecke erforderlich, am einfachsten eine 400 m-Bahn (5 Runden) einer Sportanlage. Die Testpersonen werden angewiesen, diese 2 km-Strecke in möglichst kurzer Zeit zurückzulegen, ohne in den Laufschritt zu verfallen oder den Stil des Wettkampfgehens anzunehmen. Eine ärztliche Untersuchung, Kapitel 2, ist zuvor erforderlich. Bei Auftreten von Beschwerden, beispielsweise Druckgefühl oder „Brennen“ hinter dem Brustbein, ist der Test abzubrechen und gegebenenfalls eine weitere Diagnostik zu erfolgen. Die Tabelle 3.1 soll als Anhalt für die Bewertung der Testergebnisse dienen. Da anfangs die richtige Einteilung der Gehgeschwindigkeit oft Schwierigkeiten bereitet, hat sich bewährt, den Test am nächsten Tag nochmals durchzuführen, um dann den besseren als Ausgangswert zu nehmen. Der Walk-Test ersetzt nicht die maximale symptomlimitierte Ergometrie, Kapitel 2, die mehr über die Belastbarkeit des Herzkreislaufsystems und den momentanen Trainingszustand aussagt. Der Walk-Test ist jedoch eine einfache Methode, den Trainingsfortschritt oder –mangel zur weiteren Motivation aufzuzeigen. 47
Training | Tests zur Überprüfung des Leistungsstandes Tabelle 3.1 Bewertung der Walking-Zeit für Männer und Frauen in Minuten (nach K. Bös: Walking-Broschüre, DLV 1994)
Alter 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70
Männer
Frauen
unterdurchschn. durchschnittlich überdurchschn.
unterdurchschn. durchschnittlich überdurchschn.
13:45 – 15:15 14:00 – 15:30 14:15 – 15:45 14:30 – 16:00 14:45 – 16:15 15:00 – 16:30 15:15 – 16:45 15:30 – 17:00 15:45 – 17:15 16:15 – 17:45 16:45 – 18:15
15:45 – 17:15 15:52 – 17:22 16:00 – 17:30 16:07 – 17:37 16:15 – 17:45 16:22 – 17:52 16:30 – 18:00 16:37 – 18:07 16:45 – 18:15 17:00 – 18:30 17:15 – 18:45
3.3.2 Coopertest Der Cooper-Test ist nach dem amerikanischen Arzt Dr. Kenneth Cooper [56] benannt, der 1968 mit seinem Buch „Aerobics“ die weltweit sich ausbreitende Joggingwelle förderte. Ermittelt wird hierbei die größtmögliche Strecke, die eine Person in 12 Minuten zurücklegen kann. Der Test wird in der Regel auf einer 400 m Bahn durchgeführt. Er wird wegen der einfachen Durchführbarkeit international geschätzt. Selbst die FIFA (Fédération Internationale de Football Association) testete damit die läuferische Kondition ihrer WM-Schiedsrichter, die teilweise über 3000 m in 12 Minuten absolvierten. Während im Walk-Test eine festgelegte Strecke, nämlich 2 km, zurückgelegt werden muss und die Leistung auf Grund der dazu benötigten Zeit eingeschätzt wird, ist beim Cooper-Test die Zeit, nämlich 12 Minuten, vorgegeben. Die Leistungsbeurteilung erfolgt dann durch Vermessung der in dieser Zeit absolvierten Strecke. Im Ausdauersport Unerfahrene werden Schwierigkeiten haben, sich die Strecke und die Zeit richtig einzuteilen. Anfänger und Untrainierte wählen häufig ein zu schnelles Anfangstempo, so dass Gehphasen wegen Übersäuerung (Laktatazidose) notwendig werden. Auch für diesen Test gilt, „Übung macht den Meister“. Selbstverständlich sollte auch hier eine ärztliche Untersuchung, wie sie im Kapitel 2 beschrieben wurde, in letzter Zeit erfolgt sein. – Die Tabelle 3.2 gibt Richtwerte an, wie die in 12 Minuten zurückgelegte Strecke unter Berücksichtigung des Alters zu beurteilen ist. Manch ein trainierter „Alter“ wird sich freuen, wenn er feststellt, noch die Leistung von 20 Jahre Jüngeren erbracht zu haben. Umgekehrt sieht manch ein Junger in Anbetracht seiner Leistung doch recht „alt“ aus, was zu einem regelmäßigen Ausdauertraining motivieren sollte.
48
Training aus gesundheitlicher Sicht | Training Tabelle 3.2 Richtwerte für die Beurteilung der in 12 Minuten zurückgelegten Strecke in Kilometer (Cooper-Test)
Alter
bis 30
30–39
40–49
50–59
60 +
Männer überragend
über 2,83
über 2,72
über2,66
über2,54
über2,50
ausgezeichnet
2,64 – 2,82
2,51– 2,70
2,46 – 2,64
2,32– 2,53
2,13 – 2,48
gut
2,40 – 2,62
2,34 – 2,50
2,24 – 2,45
2,10– 2,30
1,94 – 2,11
befriedigend
2,11– 2,38
2,10 – 2,32
2,00 – 2,22
1,87– 2,08
1,65 – 1,92
mangelhaft
1,95 – 2,10
1,89 – 2,08
1,82– 1,98
1,65– 1,86
1,39 – 1,63
ungenügend
weniger Meter als bei mangelhaft
Frauen überragend
über 2,34
über 2,24
über 2,16
über 2,10
über 1,90
ausgezeichnet
2,16 – 2,32
2,08 – 2,22
2,00 – 2,14
1,90 – 2,08
1,76 – 1,89
gut
1,97– 2,14
1,90 – 2,06
1,79 – 1,98
1,70 – 1,89
1,58 – 1,74
befriedigend
1,79 – 1,95
1,70 – 1,89
1,58 – 1,78
1,50 – 1,68
1,39 – 1,57
mangelhaft
1,54 – 1,78
1,52 – 1,68
1,41– 1,57
1,34 – 1,49
1,25 – 1,38
ungenügend
weniger Meter als bei mangelhaft
3.4 TRAINING aus GESUNDHEITLICHER SICHT Seit den systematischen Untersuchungen von Paffenbarger und Mitarbeiter (1986) wissen wir, dass mindestens 2000 Kilokalorien pro Woche durch ausdauernde Muskelarbeit verbraucht werden sollten, um die Folgen eines Bewegungsmangels zu vermeiden und die Lebenserwartung zu verbessern. 2000 Kilokalorien (8370 Joule) entsprechen etwa 30 Kilometer Fußweg (bei hohem Körpergewicht ist natürlich der Kalorienverbrauch größer, siehe Formel Seite 16). Das Optimum in dieser Studie lag bei 3500 Kilokalorien (14600 Joule) an muskulärem Energieverbrauch pro Woche, siehe auch Tabelle 3.3 und 3.4. Aus rein gesundheitlichen Gesichtspunkten sollten daher mindestens als
Ziel 30 km pro Woche zu Fuß mit Schweißausbruch aufgeteilt auf 4 bis 6 Trainingseinheiten angestrebt werden. Dabei ist eine flotte Schrittfrequenz von etwa 90 bis 120 pro Minute einzuhalten oder Laufschritt. Daneben sind gymnastische und Muskel kräftigende Übungen zu empfehlen. In der in Kapitel 1.4 bereits zitierten prospektiven Studie von Blair und Mitarbeitern [30] zeigte sich, dass das Sterblichkeitsrisiko um 44 % sank, wenn die bei der maximalen Laufbandbelastung als „unfit“ eingestuften Männer sich bis zur Kontrolluntersuchung nach rund 5 Jahren „fit“ trainierten. Dabei bedeutete jede Minute, die sie bei dem 2. Maximaltest auf dem Laufband länger durchhielten, eine Abnahme des Sterb49
Training | Training aus gesundheitlicher Sicht Tabelle 3.3 Kalorienverbrauch pro Stunde bei einem Körpergewicht von 70 kg bei verschiedenen Ausdauerbelastungen im Vergleich (nach Fellmann H [88])
Belastungsart
km/h
kcal/h
o2-Verbrauch in ml/min
Gehen
4 5,5
240 360
770 1260
Laufen
8 15
420 1260
1470 4165
Radfahren
16 19
360 420
1260 1470
30m/min
420
1470
Schwimmen
lichkeitsrisikos um 7,9 %. Eine Herabsetzung der Sterblichkeit im Beobachtungszeitraum fand sich sowohl für Gesunde als auch für Kranke. Es kommt also nicht nur auf die Länge (Umfang) der zurückgelegten Strecke an, um einen möglichst hohen Fitnessgrad zu erreichen, sondern auch auf die Intensität (das Tempo) der Muskelarbeit, die dann immer mit Schweißausbruch verbunden ist. Dies ist der Fall, wenn große Muskelgruppen, z. B. Beinmuskulatur, betätigt werden, nicht jedoch bei Arbeiten kleiner Muskelgruppen, wie die Fingermuskeln, wo nur ein geringer Energieaufwand erforderlich ist. Ein messbarer Kreislaufeffekt wird erst ab einer Betätigung großer Muskelgruppen von länger als 5 bis 10 Minuten Dauer ohne Pause (!) erreicht. Ein minimales Ausdauertrainingsprogramm, ein „Zeitnotprogramm“, würde dann täglich 10 Minuten dauern, natürlich mit weniger überzeugendem Effekt Allgemein hängt der Fitnessgrad von der als die empfohlenen 30 km pro Woche. Häufigkeit, der Dauer (Umfang) und der Um Abwechslung in das TrainingsIntensität (Tempo) des Trainings ab, wobei programm zu bringen, können die Gehauch die Ernährung, Kapitel 3.8 noch einen und Laufeinheiten durch Radfahren, Einfluss ausüben kann. Aqua-Jogging und Schwimmen ergänzt werden, siehe Tabelle 3.3. Im Alltagsleben sollte möglichst viel zu Fuß zurückgelegt werden, z. B. Treppen gehen anstatt Aufzug zu benutzen. Gymnastik mit Muskel kräftigenden Übungen, siehe Kapitel 3.7, ist auch zur Bewältigung der Alltagsbelastungen im Alter anzuraten, siehe auch Kapitel 1.3.5. Eine häufig gestellte Frage ist, darf ich trotz Erkältung mich körperlich belasten? Es konnte gezeigt werden (Literatur in [185]), dass eine banale Erkältung ohne Krankheitsgefühl wie Gliederschmerzen oder Mattigkeit nicht schwerer und länger verlief, wenn fünfmal pro Woche mäßig trainiert wurde (für „Pulsliebhaber“: 70 % der Zielpulsfrequenz). Bei Krankheitsgefühl mit schweren Beinen, Muskelschmerzen, Frösteln, Appetitlosigkeit usw. sollte natürlich nicht trainiert werden. Vorbeugend sind im Herbst und Winter eine vitaminreiche Kost, eventuell zusätzliches Vitamin C-Präparat und eine 50
Trainingssteuerung | Training Tabelle 3.4 Rechnerischer Kalorienverbrauch pro kg Körpergewicht und Minute, abhängig von der Laufgeschwindigkeit. Dies können nur grobe Anhaltswerte sein, da der Kalorienverbrauch stark von äußeren Umständen wie Bodenbeschaffenheit, Gegenwind, bergan usw. sowie vom Laufstil (Koordination) abhängig ist.
Laufgeschwindigkeit 8 10 12 14 16 18
km/h km/h km/h km/h km/h km/h
Kalorienverbrauch/min und kg 0,135 kcal/min/kg 0,187 kcal/min/kg 0,208 kcal/min/kg 0,228 kcal/min/kg 0,252 kcal/min/kg 0,279 kcal/min/kg
geeignete Kleidung zu empfehlen, nicht verschwitzt herumstehen! Eine Grippeschutzimpfung und eine Impfung gegen eine durch Pneumokokken verursachte Lungenentzündung sind besonders im Alter anzuraten.
3.5 Trainingssteuerung 3.5.1 Steuerung über die Streckenlänge und Atmung Jeder Anfang ist schwer, vor allem wenn auch in der Jugend bzw. im jungen Erwachsenenalter nie Sport betrieben wurde oder wenn bereits ein erhebliches Übergewicht bzw. ein anderes Handicap vorliegt. Für diese Anfänger-Personengruppe hat sich uns folgendes Vorgehen bewährt: – In der 1. Trainingswoche drei bis vier Mal Spaziergang von 30 Minuten. Innerhalb dieser halben Stunde 10 Minuten flottes Gehen mit 90 bis 120 Schritten pro Minute einschieben. – In der 2. Trainingswoche dauert die Phase des schnellen Gehens 15 Minuten, in der 3. Woche 20 Minuten, in der 4. Woche 25 Minuten, in der 5. Woche hat sich der anfängliche “gemütliche” Spaziergang von 30 Minuten in eine halbe Stunde flottes Gehen (Walking) mit Schweißausbruch umgewandelt. – Ab der 6. Woche wird die gesamte Trainingseinheit von Woche zu Woche um 5 Minuten verlängert, mit dem Ziel, eine ganze Stunde im Schnellschrittgehen durchzuhalten, eventuell unterbrochen durch kurze Laufphasen. – Wer eine Stunde Walking mit 90 bis 120 Schritten pro Minute oder Dauerlauf durchhält, der sollte die Häufigkeit der Trainingseinheiten pro Woche so erhöhen, dass er mindestens 30 Kilometer pro Woche zurücklegt, siehe oben. – in dieser Trainingsphase kann (kein Muss) auch das Tempo beschleunigt werden, in dem die Schrittlänge verlängert und/oder die Schrittfrequenz erhöht wird bzw. zunehmend lange langsame Laufphasen eingelegt werden. Quereinsteiger von anderen Sportarten, Wiedereinsteiger nach einer längeren Pause oder schlanke Talentierte, die erst im Alter auf den Gedanken eines systematischen Trainings kommen, mag dieses Anfänger-Programm zu lasch sein. Diese können anstatt 51
Training | Trainingssteuerung
der Phasen des schnellen Gehens Trabphasen einlegen. Das Tempo ist immer dann richtig, wenn man sich noch dabei unterhalten könnte (aerobe Energiegewinnung ohne Übersäuerung durch überschießende Laktatbildung, siehe unten). Prinzipiell gilt für die Anfangsphase: Die Strecke allmählich verlängern, nicht das Tempo erhöhen. Dabei ist die Laufgeschwindigkeit immer dann richtig, wenn man sich noch während des Laufens unterhalten könnte. Die Atmung ist ein sehr empfindlicher Fühler zur Beurteilung der richtigen Trainingsintensität und zeigt frühzeitig eine Übersäuerung an! Es ist auf ein tiefes (bewusstes) Ausatmen zu achten, um die verbrauchte sauerstoffarme Luft weitgehend abzugeben und beim (reflexartigen) Einatmen durch sauerstoffreiche Frischluft zu ersetzen. Eine solche mehr oder weniger ruhige und gleichmäßige Atmung ist bei Überlastung des Herzkreislaufsystems, der Lungenfunktion und des Energiestoffwechsels nicht mehr möglich. Allgemeine Überlastungs-Zeichen sind: – Starke Rötung oder auch Blässe, vor allem im Bereich des Munddreiecks, eventuell auch Blauverfärbung der Lippen. – Forcierte keuchende Atmung bei Überschreiten der anaeroben Schwelle mit vermehrter Laktatanhäufung (ungefährlich bei Tempoläufen gesunder ambitionierter Läufer). – Übelkeit, Brechreiz. – Schwindelgefühl mit erheblichen Herzrhythmusstörungen und/oder Blutdruckabfall bis hin zum Kollaps. – Auftreten von Herzschmerzen im Sinne einer Angina pectoris, siehe Kapitel 2 und 4.2. – Muskuläre Ermüdung mit Muskelkrämpfen; Schmerzen im Bereich der Gelenke, Sehnen oder Bänder.
Abb. 3.5 Wer mit Pulsuhr trainieren möchte, muss seinen Maximalpuls zuvor durch eine sportartspezifische maximale Belastung (für Walking/Laufen auf dem Laufband mit EKG-Schreibung) bestimmen lassen. Pulsuhren können weder den plötzlichen Herztod verhindern, noch sind sie eine Garantie für ein effektiveres Training. Strikte Anhänger einer solchen Trainingssteuerung müssen sich davor hüten, „Pulsneurotiker“ zu werden.
52
3.5.2 : Pulsfrequenzmessung Heutzutage stehen zur kontinuierlichen Pulsbestimmung Messgeräte zur Verfügung, wo der Herzschlag über einen Brustelektrodengurt registriert und an eine am Arm getragene Uhr gesendet wird. Dort kann die jeweilige Herzfrequenz digital abgelesen werden, siehe Abb. 3.8. Hier lässt sich auch die Trainingspulsbreite einstellen. Eine Unteroder Überschreitung des gewünschten Pulsbereiches wird dann durch ein herzschlagsynchrones akustisches Signal erkenntlich gemacht. Fehlerhaft mit starken Schwankungen ist die Pulsanzeige bei Herzrhythmusstörungen und im Bereich elektromagnetischer Wellen, z. B. unter Hochspannungsleitungen.
Trainingssteuerung | Training
Seit diese Herzfrequenzmessgeräte weit verbreitet sind, stellen sich in der Arztpraxis immer mehr besorgte Sporttreibende vor, wenn sie im Vergleich zu anderen höhere Pulsfrequenzen bei gleicher beschwerdefreier Belastung haben. Manche sind derartig auf ihre Trainingspulsfrequenz fixiert, vor allem Herzpatienten nach der Rehabilitation, dass sie panische Angst bekommen, wenn der Trainingspuls überschritten wird. Derartige „Pulsneurotiker“ werden produziert, wenn der Trainingspuls willkürlich ohne vorangegangene sportartspezifische maximale symptomlimitierte Belastung, Kapitel 2, nach Faustregeln festgelegt und eine (unzutreffende) Gefährlichkeit bei Überschreiten betont wurde . So lässt die Fahrradergometerbelastung keine exakte Trainingspulsfrequenz für das Laufen/Walking zu. Der Trainingspuls müsste gesondert für das Laufen , fürs Radfahren, Schwimmen, Rudern usw. durch eine in der jeweiligen Disziplin maximal symptomlimitiert durchgeführten Belastung bestimmt werden. Denn der Herzfrequenzanstieg wird nicht nur durch den Trainingszustand, anlagebedingten Faktoren und das Lebensalter beeinflusst (hohe individuelle Schwankungsbreite!), sondern auch von der Art der Muskelarbeit und der Größe der aktiven Muskelmasse, von Umweltbedingungen, der Körperposition und von der Belastungsdauer [183]. Gleiche Herzfrequenzen sind nicht immer mit gleichem Sauerstoffverbrauch des Herzens gleichzusetzen. So ist beispielsweise das Pulsverhalten zwischen Radfahren und Laufen unterschiedlich. Beim Radfahren ist eine kleinere Muskelmasse mit höherem Krafteinsatz (Kompression der Blutgefäße mit Drosselung der Durchblutung) aktiv. Dadurch steigt die Milchsäure als Ausdruck einer Sauerstoffschuld schneller an. Somit ermüdet der Muskel beim Radfahren bei niedrigerer Herzfrequenz als beim Laufen [175]. Die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin liegen beim Laufen bei gleicher Herzfrequenz niedriger [208]. Die Herzarbeit und das
Abb. 3.9 Streubreite der maximal erreichten Herzfrequenz bei der Fahrradergometrie von 1000 in Altersklassen eingeteilten Gesunden, die sich bis zur Erschöpfung ohne EKG-Veränderungen belasteten. Die Maximalfrequenz lag bei allen über der Formel 200 minus Lebensalter. (Gestrichelte Linie Streubreite bei den Frauen, durchgezogene bei den Männern).
53
Training | Trainingssteuerung
subjektive Anstrengungsgefühl sind dann bei gleicher Herzfrequenz beim Radfahren größer als beim Laufen. Vergleicht man das Herzfrequenzverhalten ein und derselben Person bei maximalem Laufbandtest mit einem Maximaltest auf dem Fahrradergometer, so sind beim Laufen höhere Herzfrequenzen zu registrieren. Die hierzulande übliche Fahrradergometerbelastung lässt also auch bei maximal symptomlimitiert durchgeführter Belastung keine exakte Trainingspulsfrequenz für das Laufen zu. Beim Schwimmen liegen infolge des Tauchreflexes ebenfalls die Herzfrequenzen niedriger als beim Laufen. Bei gleicher Pulsfrequenz ist also die Herzarbeit beim Schwimmen größer als beim Laufen [14]. Ein Hauptgrund dafür, dass Sportler besorgt unsere Praxis wegen eines im Vergleich zu Sportkameraden „zu hohen“ Pulses im Training aufsuchten, bestand in einer falschen Trainingspulsfestlegung aus einer Faustformel, wobei der Maximalpuls nach der Formel 220 minus Lebensalter angenommen wurde. Es gibt aber immer wieder gesunde Individuen, die auch im Alter noch sehr hohe Maximalfrequenzen erreichen („hyperreaktive Typen“) und damit auch in einem Trainingslauf hohe Pulsfrequenzen ohne Übersäuerung (aerob) halten können. Die Abb. 3.9 zeigt die Streubreite des Maximalpulses im Altersverlauf. Die bei Bluthochdruck und Herzkrankheiten häufig eingesetzten BetaBlocker drücken den Puls um so stärker, je höher die Belastung ist [180], Abb. 3.10. Ein Belastungsanstieg geht mit einer derartig reduzierten Pulszunahme einher, dass sie kaum
Abb. 3.10 Herzfrequenzverlauf bei der Fahrradergometrie von 10 Herzinfarktpatienten vor (obere Kurve) und nach (untere Kurve) 4wöchiger Betablockereinnahme. Die Kurven verlaufen mit zunehmender Belastung scherenförmig auseinander. Je höher die Belastung, desto stärker senkt der Betablocker den Puls. Ohne Betablocker steigt er hier von 140/Min bei 100 Watt auf 150/Min. bei 125Watt; mit Betablocker nur von 100/Min. auf 104/Min. kaum messbar vom Patienten.
54
Trainingssteuerung | Training
sicher vom Patienten zu registrieren ist. Dagegen ist über die Atmung sofort die höhere Belastung zu erkennen. Das Gleiche gilt bei asthmatischer Reaktion und Luftnot auf Grund einer Durchblutungsstörung des Herzens mit dadurch eingeschränkter Pumpleistung der linken Herzkammer, was sich ebenfalls nicht am Pulsverhalten diagnostizieren lässt, jedoch an der subjektiv deutlich erschwerten Atmung. Ein weiterer Fehler ist, den Trainingspuls für Laufen auf Grund eines Belastungstests auf dem Fahrradergometer festzulegen, obwohl beim Radfahren, wie oben geschildert, niedrigere Maximalfrequenzen erzielt werden als beim Laufen. Wer also einen großen Wert auf eine Trainingssteuerung über die Herzfrequenz legt, der muss eine individuelle Herzfrequenz aus einer vorher wirklich maximalen symptomlimitierten Laufbelastung herleiten. Dies ist häufig nicht der Fall. Meist wird die Trainingspulsfrequenz nach Formeln geschätzt. Auch wenn der Trainingspuls individuell richtig bestimmt wurde, so ist doch zu berücksichtigen, dass das Herzfrequenzverhalten keine exakte Aussage über die Energiestoffwechsellage, z.B. Laktatspiegel (siehe unten), zulässt. Unser Organismus hat empfindlichere und aussagekräftigere Sensoren als ein Pulsmesser. Dieser zeigt nicht an, wenn Atemnot beispielsweise als Folge eines Asthmas oder einer Herzmuskelschwäche auftritt. Wir selbst empfinden jedoch eine solche Störung sofort ohne technische Geräte. Der Pulsmesser zeigt uns nicht an, wenn wir ausgelaugt sind, „schwere“, glykogenverarmte Beinmuskeln haben und damit nicht in der Lage sind, einen „optimalen“ Trainingspuls zu erreichen. Andererseits kann bereits ein erhöhter Puls bei Aufregung oder Nervosität vorliegen, ohne dass überhaupt die Muskulatur arbeitet. Allein Hitzebedingungen mit weit gestellten Hautgefäßen führen schon zu einem Pulsanstieg, ohne dass ein Schritt gelaufen wurde. Der Puls ist eine Kreislaufreaktion, keine Stoffwechselreaktion, aus der man unmittelbar auf die Laktat- Das subjektive Befinden, der derzeitige bildung schließen kann. Gesundheitszustand, die Beurteilung des in Ungeübte neigen zu einer zu hohen letzter Zeit absolvierten Trainings oder Laufgeschwindigkeit, so dass sehr schnell Wettkampfes und die Zeitnahme mit der eine anaerobe Stoffwechsellage mit Stoppuhr sind zur Trainingssteuerung hohen Laktatspiegeln und hechelnder Atmung erreicht wird, die frühzeitig zum verlässlicher als die alleinige Pulsmessung. Belastungsabbruch bzw. zu einer Gehphase führt. Selbst ein solches anaerobes Training, das auch bei Walkern auf Berganstrecken zu finden ist, führt zunächst zu einer Leistungsverbesserung, die aber sehr bald stockt, wenn nicht zusätzlich langsame regenerative Einheiten, Unterhaltung dabei ohne Atemnot möglich, eingestreut werden. Hier kann die Pulsuhr als „Bremse“ bis zur aeroben Tempofindung durchaus unterstützend, nicht zwanghaft mit der Gefahr der „Pulsneurose“ eingesetzt werden. Gesunde jüngere Personen (unter 35 Jahre) ohne Herz-Kreislaufrisikofaktoren (Bluthochdruck, Cholesterinerhöhung, Zigarettenrauchen, Zuckerkrankheit, Herzinfarktvorkommen in der Familie in jungen Jahren) können ihre maximale Herzfrequenz risikolos ohne gleichzeitige EKG-Registrierung selbst bestimmen. Sie sollten sich zunächst etwa 15 Minuten langsam einlaufen und dann abrupt die letzten 300 bis 400 m so schnell wie möglich mit der Herzfrequenzmessuhr sprinten (Langsprint). Die höchste 55
Training | Trainingssteuerung
angezeigte Herzfrequenz ist dann der Maximalpuls für das Laufen. - Zur Errechnung der optimalen (?) Ausdauertrainingspulsfrequenz werden beispielsweise folgende 2 Formeln angewendet (gilt nicht unter Betablockereinnahme !): a) Trainingspulsfrequenz = Maximalpuls x 0,65 (bis 0,85) also ein Puls zwischen 65 und 85 % der individuell ertesteten maximalen Herzfrequenz b) Trainingspulsfrequenz = (Maximalfrequenz minus Ruhefrequenz) x 2/3 + Ruhefrequenz. Dabei ist die Ruheherzfrequenz die am Morgen nach dem Aufstehen gemessene Herzfrequenz. Beispiel: Maximale Herzfrequenz = 200, morgendliche Ruhefrequenz 50, Trainingspulsfrequenz = (200–50) x 2/3 + 50 = 150. Vor allem bei Gewichtsproblemen wird häufig empfohlen, einen „Fettverbrennungspuls“ einzuhalten, um bei sehr langsamem Tempo mit niedrigem Puls vorwiegend Fett zur Energiegewinnung abzubauen. Auch hier ist Kritisches anzumerken: Die Fettsucht (Adipositas), Kapitel 1.3.6, entsteht, wenn mehr Kalorien über die Nahrung aufgenommen als verbraucht werden, also eine Bilanzfrage. Genauso ist auch die Gewichtsabnahme eine reine Bilanzfrage. Werden mehr Kalorien verbraucht als aufgenommen, so schmelzen die Fettdepots, gleichgültig ob der Kalorienverbrauch über hoch intensive Belastungen mit vorwiegendem Glykogenabbau oder weniger intensive, dafür länger dauernde Anstrengungen mit überwiegender Fettverbrennung erfolgt! Wer also schnell läuft, der braucht auch weniger Zeit zur Gewichtsabnahme aufzuwenden. So zeigten Lee und Mitarbeiter [205], dass nach (!) hochintensiver Belastung die Fettverbrennung höher ist als nach lang andauernder geringerer Intensität. Die Autoren weisen deshalb darauf hin, dass man keinesfalls die Bedeutung intensiver Belastungen für eine Gewichtsabnahme unterschätzen dürfe. Bei einem Herzkreislaufgesunden sind auch bei einer Übersäuerung (zu hohes Tempo), die zwangsläufig zu einer Tempodrosselung führt, keine Probleme zu erwarten, zumal die Laktat-Halbwertszeit etwa 10 Minuten beträgt, das heißt, nach 10 Minuten langsamer Gehphase ist das Laktat auf die Hälfte wieder abgefallen, siehe unten. Wer also aus rein gesundheitlichen Gründen ein Lauftraining durchführt, für den gilt weiterhin van Aakens Devise „langsam, lang“, also ein Tempo, bei dem man sich noch unterhalten könnte. Dann liegt man immer im aeroben Bereich mit vorwiegender Fettverbrennung. 3.5.3 Laktatstufentest Während die Laktatbestimmung früher eine aufwändige Methode darstellte – der Autor dieses Buches hatte sie noch in seiner Doktorarbeit anwenden müssen – und daher nur im Spitzensport etabliert war, findet sie heute auf Grund der einfachen Handhabung kleinster Bestimmungsgeräte ähnlich der Blutzuckerbestimmung bei Diabetikern weite Verbreitung. Ein Bluttröpfchen aus dem Ohrläppchen oder der Fingerbeere auf einem Reagenzträger (Stäbchen) ist ausreichend. Bei vielen Veranstaltungen mit Läufern und 56
Trainingssteuerung | Training
Walkern werden daher Laktatmessungen bereits jedem Interessierten als das Nonplusultra gegen Entgelt auch von Nichtärzten angeboten. Es ist mittlerweile ein Geschäft geworden. In Anbetracht der Werbekampagnen wird sich manch einer schon fragen, ob es heutzutage überhaupt noch zulässig ist, ohne Pulsuhr und ohne einen Laktatstufentest ein Ausdauertraining durchzuführen. Zum besseren Verständnis des Laktatstufentests soll zunächst kurz auf den Muskelstoffwechsel eingegangen werden. Die für die Lebensvorgänge benötigte Energie gewinnt der Körper aus den Nahrungsstoffen (Fette, Eiweiß, Kohlenhydrate). Die Nahrungsbestandteile werden im Darm vorwiegend enzymatisch zerkleinert und als energiereiche chemische Verbindungen gespeichert. Eine solche Speicherform für die Kohlenhydrate ist das Glykogen, das aus Zuckermolekülen zusammengesetzt ist. Zur Energiegewinnung kann nun dieses Glykogen bei ausreichendem Sauerstoffangebot („aerob“) durch aerobe Glykolyse zu Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) vollkommen abgebaut werden. Bei ungenügendem Sauerstoffangebot („anaerob“) wird das Glykogen durch die anaerobe Glykolyse lediglich bis zur Milchsäure verstoffwechselt, die im Blut (pH 7,4 plus/minus 0,03) als Salz (Anion) in Form des Laktats gelöst ist. Dieser anaerobe Weg mit Laktatbildung bedeutet jedoch für die Muskelzelle eine Energieverschwendung. Nach der Spaltung von Glykogen entstehen so aus einem Molekül Traubenzucker nur 3 Moleküle ATP, dem eigentlichen Muskeltreibstoff (Kapitel 1.3.3), anstatt 39 Moleküle bei vollkommenem Traubenzuckerabbau zu Kohlendioxid und Wasser unter ausreichendem Sauerstoffangebot (aerob), also bei gemäßigtem Lauftempo, wo ein Großteil der Energiegewinnung aus der Fettverbrennung (aerob) erfolgt. Die geschilderte anaerobe Glykolyse kann etwa doppelt so viel ATP pro Sekunde liefern wie die aerobe. Dieser Stoffwechselweg mit Laktatbildung gewährleistet die Energieversorgung für schnelle Bewegungsabläufe. Die belastungsbedingte Anhäufung des Laktats im Blut hat sich nun als aussagekräftiges Merkmal der individuellen Belastungsintensität erwiesen. Je höher die Belastungintensität, desto stärker steigt Laktat an. Der Laktatanstieg ist umso geringer, je besser der Ausdauertrainingszustand ist. Zunächst bildet sich auf jeder Belastungsstufe ein Gleichgewicht zwischen Laktatproduktion und Laktatabbau, das etwa nach 3 Minuten gleich bleibender Belastung erreicht ist („steady state“). Der Laktatspiegel stellt sich also von Belastungsstufe zu Belastungsstufe jedes Mal bei zunehmend forcierter Atmung auf ein höheres Niveau ein. Erst ab einer gewissen höheren Belastungsstufe, die trainingsabhängig ist, steigt der Laktatwert ständig weiter an, ohne ein Gleichgewicht zu erreichen, Abb. 3.11. Dadurch entwickelt sich eine Übersäuerung (Laktazidose), so dass zwangsweise die Belastungsintensität bei Atemnot reduziert beziehungsweise eingestellt werden muss. Die höchste erreichte Belastungsstufe, wo sich Laktatbildung und Laktatabbau noch das Gleichgewicht halten, stellt die sog. aerobe/anaerobe Schwelle dar. Ein Training in diesem Bereich scheint am effektivsten zu sein (Literatur in [184]). Diese so gewonnene „individuelle anaerobe Schwelle“ kann sich deutlich unterscheiden von der empirisch festgelegten anaeroben Schwelle von 4 mmol Laktat/Liter. Dieser häufig noch angenommen Wert in der Beurteilung von Laktatbestimmungen beispielsweise nach Trainingseinheiten oder Wettkämpfen kann zu Fehlinterpretationen führen, die ohnehin noch aus einem anderen Grund möglich sind. So kann sich, wie 57
Training | Trainingssteuerung
20
= Laktat
19
= Herzfrequenz
Erholung
220 210
18
200
17 190
15
180
14
170
13
160
12
150
11
140
10 9
130
8
120
7
Herzfrequenz [1/min]
Laktat [mmol/L]
16
110
6 100
5 4
90
3
80
2 1 0
6.0
8.0
10.0
12.0
14.0
16.0
18.0
Abb. 3.11 Laktatstufentest (Laufband) bei einem 60jährigen erfahrenen Marathonläufer, der 4 Wochen später den Marathon in 3: 16 h lief. Die individuelle anaerobe Schwelle liegt bei 12,8 km/h und einer Pulsfrequenz von 160/min.
oben erwähnt, Laktat nur bei der Energiegewinnung aus Glykogen, also aus dem Kohlenhydratstoffwechsel (nicht durch Fettabbau!) entwickeln. Sind aber die Kohlenhydratreserven auf Grund einer langen Trainingseinheit oder eines Langstreckenwettkampfes tags zuvor noch nicht wieder voll aufgefüllt, so steigt der Laktatspiegel im Stufentest nur sehr langsam an, was als sehr guten Trainingszustand fehlgedeutet werden kann, siehe auch Kapitel 3.6c („Mentale Leistungsbereitschaft“). Oft hört man in Vorträgen oder liest in Presseartikeln, dass sich Läufer bedrohlich überfordern, wenn überraschend am Ende eines Laufes Laktatspiegel von über 4 mmol/ Liter gemessen werden. Ambitionierte gesunde Läufer in jeder Altersklasse wissen, dass zu einer weiteren Leistungssteigerung auch gelegentliche Tempoläufe mit hohen Laktatspiegeln gehören, siehe Kapitel 3.6. Darüber hinaus wird als sehr effektive Trainingsmaßnahme am Ende eines Laufes noch beschleunigt. Die dann gemessenen erhöhten Laktatwerte bedeuten nicht, dass die gesamte Strecke mit diesen hohen Werten gelaufen wurde, was der Körper bei Laktatazidose, siehe oben, auch nicht zulassen würde. So reicht ein 100 m-Sprint schon aus, um den Laktatspiegel auf 8 bis 10 mmol ansteigen zu lassen. Andererseits bedeutet ein niedriger Laktatwert am Ende beispielsweise eines Halbmarathons nicht, dass das Tempo auf der gesamten Strecke richtig war. Wurden die Glykogenreserven durch ein zu hohes Tempo auf den ersten 10 Kilometern entleert, so muss die restliche Strecke bei drastisch reduzierter Geschwindigkeit auf Grund der nun fast ausschließlichen Energiegewinnung aus Fett zurückgelegt werden. Der Laktat58
Trainingssteuerung | Training
spiegel am Laufende ist zwangsweise niedrig. Die Renneinteilung war aber bei nicht optimaler Wettkampfzeit schlecht, wahrscheinlich schlechter als in dem Rennen, bei dem die Glykogenreserven noch eine Endbeschleunigung („Endspurt“) mit hohem Laktat im Ziel zuließen. Die Abb. 3.11 zeigt beispielhaft einen Laktat-Stufentest bei einem 60-Jährigen erfahrenen Marathonläufer, der wie viele Läufer aus reiner Neugierde den propagierten Test machen ließ, ohne sein Training zu ändern. Die Laufbelastung wurde mit einer Geschwindigkeit von 6 km/h begonnen und jeweils nach drei Minuten um 2 km/h gesteigert. Die maximal erreichte Geschwindigkeit lag bei 16 km/h und einer Herzfrequenz von 180/Minute. Der Abbruch erfolgte auf dieser Stufe nach 3 Minuten wegen Erschöpfung. Das Laktat lag zunächst bei 7,6 mmol/Liter, stieg 3 Minuten nach Belastung auf 10,5 und 5 Minuten nach Belastung auf 10,6 mmol/Liter maximal an. Die Gesamtdauer der Belastung betrug 18 Minuten. Das Laktat an der individuellen anaerobe Schwelle wurde mit 2,7 mmol/Liter bei einer Geschwindigkeit von 12,8 km/h (4:41 Min. auf 1000 m) und einer Herzfrequenz von 160/Minute mittels eines Computerprogramms errechnet. 3.5.4 Zusammenfassung Die Zentren für „Disease Control and Prevention“ sowie „American College of Sports Medicine“ in den USA empfehlen jedem Erwachsenen möglichst täglich 30 Minuten oder mehr körperliche Aktivität mit „moderater Intensität“ [267], beispielsweise täglich 2 Meilen (3,2 km) oder mehr als Walking. Blair und Mitarbeiter [32] aus dem CooperInstitut in Dallas kommentiert im „American Journal of Clinical Nutrition“ in der MaiAusgabe (Supplement) 2004 die Entwicklung der Trainingsempfehlungen und fragt in der Artikelüberschrift „how much is enough?“ (wie viel ist genug?). Die Expertengruppe um Blair meint ebenfalls, dass die bisherige Empfehlung von täglich 30 Minuten körperlicher Aktivität mit moderater Intensität für einige Personen nicht ausreichend sein könnten, um z. B. einer ungesunden Gewichtszunahme vorzubeugen. Allgemein würden Personen, die mehr als 30 Minuten täglich sich körperlich betätigen, wahrscheinlich zusätzliche gesundheitliche Vorteile erzielen. Neben einem Ausdauertraining sollte man mindestens zweimal wöchentlich muskelkräftigende Übungen und Dehnungsübungen durchführen, um neben der Ausdauer auch die Muskelkraft und die Beweglichkeit (Gelenkigkeit) zu verbessern bzw. zu erhalten und die Lebensqualität zu fördern. Aufgrund der Studienlage ist nicht nur der Kalorienverbrauch durch Muskelarbeit zu berücksichtigen, sondern auch eine gewisse Belastungsintensität zur Steigerung bzw. Erhaltung eines relativ hohen Fitnessgrades, siehe Kapitel 1.4.1. Die Belastungsintensität (Geschwindigkeit) sollte mindestens 50 % der maximalen Sauerstoffaufnahme betragen. Beim Walking (flottes Wandern) werden durchschnittlich etwa 60 % der maximalen Sauerstoffaufnahme (Kapitel 1.3.2) bzw. etwa 70 % der maximalen Herzfrequenz erreicht, also ausreichend effektiv. Die Geschwindigkeit beträgt bei Anfängern etwa 5 bis 6 km/h, bei Geübten 6 bis 7 (8) km/h. Bei über 8 km/h muss man bereits in den Laufschritt übergehen, wenn man den nicht gewollten Stil des Wettkampfgehens mit der auffallenden Rotation im Hüftgelenk vermeiden möchte. 59
Training | Trainingssteuerung
Während beim Walking eher die Neigung zu einer Unterforderung (zu langsame Schrittfrequenz, zu kurzer Schritt) besteht, so neigt der Laufanfänger eher zu einem zu schnellen Tempo mit Übersäuerung bei Laktazidose. Das von geübten Läufern oft belächelte „Walking“ kann bei richtigem Tempo (90 bis 120 lange Schritte pro Minute) durchaus zu Pulssteigerungen führen, wie man sie auch beim Jogging messen kann. Vor allem ältere Männer und Frauen werden zum größten Teil durch flottes Gehen ausreichend belastet. So testeten Pocari und Mitarbeiter [273] 300 gesunde Erwachsene im Alter zwischen 30 und 69 Jahren mit einem Walking-Programm. Dabei erreichten 67 % der Männer und 91 % der Frauen Trainingsherzfrequenzen, die mindestens 70 % der maximalen Herzfrequenz aufwiesen. Bei den Männern im Alter von über 50 Jahren waren es 83 %, die diese Herzfrequenz erzielten. Bereits bei viermal wöchentlich 40 Minuten Walking über 20 Wochen lang fanden Pollock und Mitarbeiter [274] eine 28-prozentige Erhöhung der maximalen Sauerstoffaufnahme. Dabei wurden Trainingspulsfrequenzen zwischen 63 und 76 % der maximalen Herzfrequenz gemessen. Jeder Läufer kann seine maximale Sauerstoffaufnahme etwa einschätzen: wenn die Unterhaltung nur geringfügig beim Laufen erschwert ist, beträgt die Geschwindigkeit 70 % der maximalen Sauerstoffaufnahme. Wird etwas schneller gelaufen, so dass man sich gerade eben noch unterhalten kann, sind es etwa 85 % der maximalen Sauerstoffaufnahme (optimaler Trainingseffekt). Die Herzfrequenz liegt zwischen 70 und 90 % des Maximums [301]. Wanner [343] stellte in einer wissenschaftlichen Untersuchung fest, „dass die subjektive Einstufung der Belastung sowohl für Freizeit- wie Wettkampfsportler ein wertvolles Hilfsmittel zur Gestaltung des Ausdauertrainings ist“. Diese Erfahrung hat auch der Autor dieses Buches als Lauftreff- und Herzsportgruppenleiter ohne Pulskontrollen gemacht. Wird nun über Monate oder Jahre hinweg unverändert ein „Gesundheitstraining“ nach Tabelle 3.5 durchgeführt, so wird man zunächst eine kontinuierliche Leistungsverbesserung zum Beispiel mittels des Walking- oder Cooper-Testes oder aber auf der eigenen Trainingsstrecke feststellen, die nun in kürzerer Zeit zurückgelegt werden kann. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass diese Tests von der Wetterlage (Hitze!) und vor allem durch eine eventuell tags zuvor absolvierte harte Trainingseinheit (am Testtag noch müde, glykogenverarmte Muskeln) beeinflusst werden. Vor allem Letzteres gilt auch für den Laktat-Stufentest, der vielfach mehr oder weniger preiswert angeboten wird, siehe oben. Bei gleich bleibendem Training wird jedoch irgendwann eine Stagnation der Leistung eintreten, die dann dem Alter entsprechend sogar trotz Trainings langsam wieder abfällt. Wer aber seine Laufleistung weiter verbessern möchte, der muss auch gelegentliche (1 bis 2 mal pro Woche) anaerobe Läufe zusätzlich einstreuen, also Läufe bei denen man sich in Folge einer Übersäuerung (Laktaterhöhung) nicht mehr unterhalten kann. Dazu braucht man nicht unbedingt einen Laktat-Stufentest. Wie sagte doch einmal ein Nationaltrainer: „Wir bestimmen in Deutschland den Puls, messen das Laktat und die Welt läuft uns davon“. Ein selbstkritischer Sportmediziner formulierte es noch provozierender: „Geben Sie die weltbesten Läufer aus Kenia, Äthiopien und Marokko in die 60
Trainingssteuerung | Training Tabelle 3.5 Trainingsempfehlung (Walking, Jogging) unter gesundheitlichen Aspekten ●
30 km pro Woche oder mehr als Jogging oder Walking (Bergwandern) mit Schweißausbruch (etwa 90 bis 120 lange Schritte pro Minute beim Walking), verteilt auf 3 bis 7 Trainingseinheiten (Tage) pro Woche
●
Steuerung der Belastungsintensität über die Atmung: Die Lauf- bzw. Gehgeschwindigkeit ist dann richtig (aerober Energiestoffwechsel), wenn man sich dabei noch unterhalten könnte und ins Schwitzen kommt.
●
mindestens 2mal wöchentlich Muskel kräftigende Übungen und Dehnungsübungen. Kein Dehnen vor und nach Grenzbelastungen, z. B. erschöpfendem Wettkampf.
●
Teilnahme an Volksläufen (-wanderungen) bis hin zum Massenphänomen Marathon bringen Abwechslung, Erfolgserlebnisse und motivieren zu einem regelmäßigeren und gezielten Training (für Marathon mindestens 50 Laufkilometer pro Woche)
(Bei Verletzung oder als zusätzliche Trainingeinheiten: Aqua-Jogging, Radfahren) Hand eines deutschen Sportmediziners mit Puls- und Laktatmessungen, Sie werden sehen, innerhalb weniger Monate haben diese weltbesten Läufer dasselbe niedrige Niveau wie unsere deutschen Läufer!“ Wenn schon viele Weltklassesportler nach wie vor ohne Laktat- und Pulsmessungen internationale Spitzenleistungen erbringen, dann erscheinen derartige Tests auch im Seniorensport entbehrlich. Es muss auch klar festgestellt werden, dass es keine wissenschaftliche Untersuchung gibt, die beweist, dass der plötzliche Herztod beim Sport durch Pulsmessung und Laktatbestimmungen reduziert werden kann oder dass der Trainingseffekt durch diese beiden Methoden besser ist als die uralte Trainingssteuerung nach subjektivem Empfinden bzw. im Leistungssport unter zusätzlicher Anwendung der Stoppuhr und Beachtung der Anweisungen eines erfahrenen Trainers. Ketzerisch könnte man anmerken, dass die Anwendung der Pulsmessgeräte lediglich eine AlibiFunktion für eine vermeintlich gute und sichere Trainingssteuerung darstellt. So hatten wir nunmehr in über 25 Jahren seit Bestehen unserer ambulanten Herzsportgruppen mit über 200 Herzkranken bisher keinen einzigen Herzzwischenfall, obwohl wir keine Pulsmessungen durchführen. Wie beispielsweise auch Thompson [326] empfehlen wir unseren Herzpatienten und älteren Sportanfängern das Gehtraining bzw. langsame Laufen so zu dosieren, dass weder Angina pectoris noch ungewöhnliche Luftnot auftreten, siehe auch Kapitel 4.2 KHK). Die genannten Empfehlungen, Tabelle 3.5, stellen streng genommen nichts anderes als ein Basisprogramm dar, das die Motivation zu mehr körperlicher Aktivität erleichtert. Um aber ausgeprägtere günstige Effekte auf die Herzkreislaufrisikofaktoren zu erzielen, müssen sowohl Männer als auch Frauen mehr Laufkilometer zurücklegen als oben empfohlen, siehe Kapitel 1.3.6.
61
Training | Training für Ambitionierte
3.6 TRAINING für AMBITIONIERTE Es ist keine Seltenheit, dass Läufer bzw. Läuferinnen, auch Walker, die ursprünglich lediglich aus gesundheitlichen Gründen lockere Trainingseinheiten durchführten, schließlich doch Wettkampfambitionen entwickeln, ihre „Zeiten“ (Geschwindigkeit) verbessern möchten. Dabei müssen sich keinesfalls Gesundheit und Wettkampf gegenseitig ausschließen. Wenn man eine vernünftige Trainingsplanung, das richtige Schuhwerk, den Einfluss von äußeren Bedingungen (Hitze, Höhe usw.) und die Gegenanzeigen eines intensiven Trainings (Tabelle 3.6) beachtet, dann sind besonders ausgeprägte positive Auswirkungen auf den Stoffwechsel, das Herzkreislaufsystem, die Lungenfunktion und die Psyche (Erfolgserlebnisse!) zu erwarten. Das übliche „Gesundheitstraining“, das ständig im aeroben Bereich („Laufen ohne zu schnaufen“, Einhalten eines errechneten Pulsbereiches) durchgeführt wird, hat zwangsweise auf Grund der Monotonie provozierend ausgedrückt einen „Trainingsschlappschritt“ zur Folge. Der anfangs zu verzeichnende Fortschritt stagniert und geht schließlich im Laufe der Jahre in einen langsamen Leistungsabfall über, falls das Training nicht variiert wird. Man muss dann neue Reize setzen. Als effektive Variationsmöglichkeiten haben sich auch im Alter folgende Trainingsformen bewährt: ●
Dauerlauf (Wandern) mit regenerativem Charakter (langsame Erholungsläufe nach hartem Training oder Wettkampf oder auch 1 bzw. 2 Tage vor einem Wettkampf). Sie betragen in der Regel mindestens 30 bis 40 Minuten und können auf 2 Stunden oder länger je nach Trainingsziel ausgedehnt werden. Tempodauerlauf („Tempowandern“ bzw. „Race walking“ mit 120 langen (!) Schritten pro Minute und mehr), entspricht etwa dem Wettkampftempo. Man kann dafür auch einen unwichtigen Wettkampf (Volkslauf, Volkswandern) von etwa 10 km, als Marathonvorbereitung auch 25 km bis 35 km als Trainingslauf einplanen.
●
Tabelle 3.6 Die wichtigsten Gegenanzeigen gegen ein intensives Training ●
Schwere Allgemeinerkrankungen, auch orthopädischer bzw. rheumatischer Art.
●
Herzmuskelschwäche unter Ruhebedingungen und bei geringster Belastung.
●
Schwere Herzkranzgefäßverengung mit Angina pectoris.
●
Schwerwiegende Herzrhythmusstörungen, vor allem wenn sie unter Belastung auftreten und kreislaufwirksam werden.
●
Schwere Herzklappenfehler.
●
Akute Erkrankungen, z.B. fieberhafte Infektionskrankheiten, frische Embolien.
●
schlecht eingestellter Diabetes und andere nicht behandelte schwere Hormonstörungen, beispielsweise der Schilddrüse oder der Nebennierenrinde.
●
Schwere Elektrolytstörungen.
●
Nicht eingestellter schwerer Bluthochdruck im großen oder kleinen Kreislauf.
●
Frischer Herzinfarkt.
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Training für Ambitionierte | Training ●
Fahrtspiel. Hier wechselt man die Geschwindigkeit zwischen sehr langsamen Phasen und sehr schnellen. Der Intensitätswechsel kann auch in hügeligem Gelände dadurch erfolgen, dass man schnell bergan läuft bzw. wandert, dann auf der Höhe zur Erholung das Tempo zurücknimmt oder aber je nach Geländebeschaffenheit langsam wieder bergab läuft (wandert). ● Intervalltraining. Dieses wird vielfach auf der Bahn durchgeführt. Es handelt sich dabei um kurze (anaerobe)Tempoläufe, die von Trab- bzw. Gehphasen unterbrochen sind, z. B. 5- bis 10-mal 400 m-Läufe mit dazwischen liegenden ebenso langen Trabbzw. Gehphasen. Die Geschwindigkeit sollte dem individuellen 5000 m-Wettkampftempo, eventuell 1 bis maximal 5 Sekunden langsamer, entsprechen. Ein solches Training wird als hart empfunden, da relativ hohe Laktatspiegel erreicht werden. Dieses Training sollte maximal 1 bis 2mal pro Woche durchgeführt werden. – Als Alternative dazu haben sich vor allem im Sommer Barfußläufe (Stärkung der kleinen Fußmuskeln und Wadenmuskulatur!) auf einem Fußballplatz bewährt. Dabei wird an der Außenlinie ganz langsam zur Eckfahne getrabt, dann diagonal zur gegenüberliegenden Eckfahne stark beschleunigt, um dann an der Außenlinie zur nächsten Eckfahne wieder sehr langsam zu traben, dann wiederum diagonal zur gegenüberliegenden Eckfahne beschleunigen. Bei dieser Methode steigt der Laktatspiegel von Diagonallauf zu Diagonallauf ständig an, da die Erholungsphase beim langsamen Traben an der Außenlinie nicht ausreicht, um das Laktat wieder auf das Ausgangsniveau zu drücken (Training der anaeroben Ausdauer). ● Hügelläufe oder Treppanläufe, die zum Beispiel 10mal hintereinander in moderatem Tempo durchgeführt werden, auch als Sprunglauf bzw. „Kniehebelauf“ mit bewusst hochgenommenem Knie sind ein probates Mittel zur Kräftigung der Beinmuskulatur, vor allem wenn frühzeitig „schwere Beine“ zum Beispiel bei Volksläufen oder Volkswanderungen auftreten. – Sind Bergläufe oder Bergwanderungen geplant, so sind Bergab- bzw. Treppabtrainingseinheiten zur Verbesserung der exzentrischen Kraft für Bremsbelastungen besonders wichtig, um einen Muskelkater zu vermeiden, siehe Kapitel 3.7. Grundsätzlich wird man das Training periodisieren, also je nach Zielsetzung in verschiedene Abschnitte einteilen. Meist sind es grob gesehen zwei Abschnitte, nämlich die Vorbereitungs- und die Wettkampfperiode. In der Vorbereitungsphase steht die Entwicklung der aeroben Ausdauer durch Erhöhung des Kilometerumfangs („langsam lang“) im Vordergrund. Sie ist zur Leistungsstabilisierung unbedingt notwendig. Ein Überschreiten von 80 bis 100 Wochenkilometern führt selbst als Marathonvorbereitung im Alter in der Regel zu keiner weiteren Leistungssteigerung. In Anbetracht der verzögerten Regeneration im Alter,siehe Kapitel 1.3.5, sind 1 bis 2 Ruhetage pro Woche nützlich. Erst in der Wettkampfperiode gewinnt die Erhöhung des Anteils des intensiven Ausdauertrainings mit Tempoeinheiten an Bedeutung, die selbst in der Medizinpresse Negativschlagzeilen provozieren können. a) „Jeder zweite Jogger riskiert Kopf und Kragen“ Mit der Konfrontation einer solchen Todesangst einjagenden Schlagzeile muss auch bzw. vor allem der ältere ambitionierte Läufer, vereinzelt auch flotte Bergwanderer rechnen, 63
Training | Training für Ambitionierte
der nicht nur gesundheitliche, sondern auch leistungsbezogene Ziele – häufig mit Erlebnischarakter – verfolgt, z. B. Bergläufe, siehe Abb. 3.12. Diese Schlussfolgerung in der großformatigen Schlagzeile zog ein Medizinjournalist in „Medical Tribune“ am 7. 11. 2003. Jeder zweite Jogger würde in einem „kritischen Laktat-Bereich“ trainieren, wie eine Untersuchung Abb. 3.12 Ein schneller Nordic Walker der Halbmarathonder Sporthochschule Köln erstrecke (K 21) überholt Läuferinnen der 28 km-Strecke (K28) in Davos, die bergan eine Gehphase eingelegt haben. Bei geben hätte, die der AOKschnellem Berganwandern können durchaus die Laktatwerte Bundesverband initiiert hat. Daüber die anaerobe Schwelle steigen und zu einer Übersäuerung nach hatten 48 % nach dem mit keuchender Atmung führen. Wer auch einen solchen Trainingslauf einen Laktatspiegel anaeroben Energiestoffwechsel trainiert hat, hält eventuell dieses Tempo durch, bis bergab der Laktatspiegel wieder von weniger als 2 mmol/l, was abgebaut werden kann. als „normal“ bezeichnet wurde, 24 % lagen zwischen 2 und 4 mmol/l „grenzwertig“ und 28 % mit über 4,1 mmol/l als „erhöht“ eingestuft! Ganz abgesehen davon, dass der als „grenzwertig“ angegebene Laktatwert zwischen 2 und 4 mmol/l trainingsmethodisch geradezu ideal (am effektivsten) ist, sagt ein Einzelwert nichts über den Energiestoffwechsel im Zeitverlauf der gesamten Strecke aus. So könnten Läufer mit Werten über 4 mmol/l lediglich die letzten 100 m vor der Blutentnahme beschleunigt haben, trainingsmethodisch ebenfalls sehr effektiv. Andererseits könnte auch die individuellen anaerobe Schwelle bei diesen Läufern über 4 mmol/l liegen. Auf jeden Fall sind gelegentliche Läufe mit anaerober Energiebereitstellung für ambitionierte Läufer, die aus einem „Trainingsschlappschritt“ herauskommen wollen, geradezu notwendig, Es besteht die Gefahr, dass laufunerfahrene Ärzte durch derartige fehlgedeutete Untersuchungsberichte der Medizinpresse in ihrer Beratung von Läufern beeinflussen lassen. Ambitionierte, leistungsstarke gesunde Seniorensportler finden dann bei solchen Ärzten wenig Verständnis und werden mit dem Hinweis auf gesundheitliche Risiken bis hin zum plötzlichen Herztod beim Laufen [185] regelrecht ausgebremst. Ergab eine qualifizierte ärztliche Untersuchung, Kapitel 2, keinen wesentlichen krankhaften Befund, so kann auch im Alter das bisherige Gesundheitstraining (Tabelle 3.5) in eigener Regie durch die oben genannten Trainingsvariationen erweitert werden, mit dem Ziel, an einem Wettbewerb, zum Beispiel Marathonlauf teilzunehmen. Jeder muss seinen eigenen Trainingsstil finden. Die in Laufmagazinen oder Trainingsbüchern ausgearbeiteten Trainingspläne können allenfalls einen Anhalt darstellen. Die individuellen konstitutionellen Bedingungen im jeweiligen Alter können naturgemäß in solchen Lauftabellen nicht berücksichtigt werden. Unterschiedliche Regenrationszeiten (im Alter verlängert!), wechselnde Wetterbedingungen, Tagesform, vorübergehende gesundheitliche Störungen usw. sind weitere Faktoren, die jeden starren Trainingsplan hinfällig machen. 64
Training für Ambitionierte | Training
Keine Trainingspulsangaben und keine Laktattestergebnisse stellen ein derartig sensibles Steuerungsprinzip dar, wie das subjektive Empfinden. „Schwere“, müde Beine, allgemeine Erschöpfung, orthopädische Probleme, Lustlosigkeit, Atemnot unterschiedlicher Ursache (Anstrengungsasthma?, schwülwarme Witterung?, Herzprobleme? Übersäuerung?) usw. sind vom Läufer wahrgenommene Symptome, die eine individuelle Trainingsanpassung, gegebenenfalls auch medizinische Behandlung erfordern. b) Übertraining Entsprechend einer Periodisierung, siehe oben, wird man zunächst den Trainingsumfang (wöchentlich zurückgelegte Kilometer) erhöhen und nicht das Tempo. Ist zum Beispiel Tabelle 3.7 Lauftechnische Voraussetzungen für den Marathon ●
Mindestens 2 Jahre Vorbereitung, wenn vorher noch nie Marathon gelaufen, sonst 8 bis 12 Wochen bei gewisser Basiskondition mit wöchentlich mindestens 30 Laufkilometer in den letzten 1 bis 2 Jahren.
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In den letzten 3 Monaten vor dem geplanten Start mindestens 50 km Laufstrecke über die Woche verteilt, z. B. dreimal 10 km und einmal 20 km oder zweimal 10 km, einmal 30 km. Zusätzlich Gymnastik mit Muskel kräftigenden Übungen zweimal wöchentlich.
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4 Wochen vor dem Marathonlauf muss man mindestens 25 km ohne Pause beschwerdefrei laufen können.
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Nicht starten bei fieberhaftem Infekt, Unwohlsein, extremer Hitze, in praller Sonne oder bei hoher Luftfeuchtigkeit (über 85 %).
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Richtiges Verhalten während des Marathons und sofort danach: – Nicht mit vollem Magen oder einem Wasserdefizit starten. Empfehlenswert: 1 bis 2 Stunden vor dem Start 1 bis 2 Brötchen mit Honig oder Marmelade, Müsli etc. essen. Genügend trinken (starker Bohnenkaffee und Schwarztee sind Wasser treibend und daher wenig geeignet). – Rechtzeitig bereits an der 1. Verpflegungsstation (meist nach 5 km) trinken (Wasser, gesüßten Tee, falls vertragen kohlenhydrathaltige Elektrolytgetränke etc). Keine Station auslassen, jedoch nicht zuviel trinken (Gefahr einer Hyponatriämie!). – So laufen, dass man sich dabei noch unterhalten könnte. – Beim Auftreten von Beschwerden, vor allem im Herz-Kreislauf- und MagenDarmbereich den Lauf abbrechen. – Weder an den Verpflegungsstellen noch im Ziel stehen bleiben, sondern weitergehen bzw. –laufen. Bei Rückstau im Zielbereich nach vorne beugen wie beim Schuhbinden. Trinken, z. B. Cola, Malzbier, Elektrolyte, gesüßten Tee, Brühe, verdünnte Obst- und Gemüsesäfte etc. Später kohlenhydratreiche Mischkost. 65
Training | Training für Ambitionierte Tabelle 3.8 Symptome eines (sympathikotonen) Übertrainingszustandes
ein Marathon geplant, so muss der Laufumfang zumindest in den letzten 8 Wochen vor dem Wettkampf ● Leistungsabfall trotz intensiven Trainings jeweils wenigstens 50 Kilometer pro Woche bei einer Basiskondition ● innere Unruhe, Schlafstörung (Tabelle 3.5) betragen, siehe auch ● Stimmungslabilität, leichte Reizbarkeit Tabelle 3.7, wobei die letzte ● Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust Woche vor dem Marathon als Re● uncharakteristische Organbeschwerden generationswoche mit Trainings(Herz, Magen usw.) reduktion auf etwa 50 % und Auffüllung der Glykogenreserven, ● Ruhepulsanstieg siehe Kapitel 3.8, gestaltet werden ● langsamer Pulsrückgang nach Belastung sollte. Bei gleichzeitiger Steigerung ● Infektanfälligkeit von Trainingsumfang und Trainingsintensität (Tempo) wird meist nicht der erhoffte Leistungsfortschritt beobachtet, sondern eher eine Formkrise mit allgemeiner Erschöpfung bei Übertraining [185], siehe Tabellen 3.8 , 3.9 und 3.10 . Für das Funktionieren der Organe ist die Konstanz, die Aufrechterhaltung des inneren Milieus notwendig. Der Organismus ist bestrebt, einen Gleichgewichtszustand zwischen aufbauenden (anabolen) und abbauenden (katabolen) Vorgängen herzustellen. Die Konstanzerhaltung gilt nicht nur für den Energiestoffwechsel sondern auch für die Blutzusammensetzung, das Blutdruckverhalten oder die Körpertemperatur. Trainingsreize führen zu einer Dynamik mit Auf- und Abbauprozessen im Energiestoffwechsel, Herzkreislaufreaktionen, Körpertemperaturveränderungen usw. Dadurch entsteht ein vorübergehendes Ungleichgewicht, wobei der Organismus sich bemüht, beispielsweise nach erschöpfenden Tempoläufen in der Erholungsphase schnell wieder ein neues Gleichgewicht mit subjektivem Wohlbefinden bei Anpassung an höhere Anforderungen zu erreichen. Muskuläre Anstrengungen stören also das Gleichgewicht der selbstregulativen Systeme im Organismus, was gleichzeitig ein Stimulus darstellt, dieses Gleichgewicht durch Anpassung wiederherzustellen. Dieser Wiederherstellungsprozess endet jedoch nicht, wenn das Gleichgewicht erreicht ist, sondern schießt etwas über das Ziel hinaus, genannt „Superkompensation“ [337]. Ein üblicherweise durchgeführtes Superkompensationstraining [97] mit Periodisierung, das heißt beispielsweise eine Intensität- und/ oder Umfangsteigerung von Woche zu Woche, führt praktisch immer zu einem Kurzzeit-Übertraining („Überziehen“, „overreaching“). Dieses Kurzzeit-Übertraining ist lediglich mit einer Ermüdung der übertrainierten Muskulatur verbunden und führt nach ein bis zwei Wochen regenerativer Trainingsreduktion, Kapitel 3.7, zu der gewünschten Leistungssteigerung („Superkompensation“). Wird das Training weiter gesteigert, erfolgt also nicht spätestens nach der 3. harten Trainingswoche eine Regenerationswoche mit etwa 50-prozentiger Reduktion der Trainingsbelastung, so spricht man von einem Langzeit-Übertraining, was schließlich eine Übertrainingssymptomatik (Tabelle 3.8) zur Folge hat. 66
Training für Ambitionierte | Training Tabelle 3.9 Ursachen des Übertrainingszustandes ●
Anhaltend hohe Trainingsumfänge (Laufkilometer) und/oder Trainingsintensität (Tempo) ohne Einlegen einer Regenerationswoche (50 % Trainingsreduktion nach spätestens 3 „harten“ Wochen).
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Zu hohe Laufgeschwindigkeit zwischen den Tempoeinheiten bei Intervalltraining.
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Zusätzlich zum harten Training persönliche Konfliktsituationen (Schule, Beruf, Familie), Ernährungsfehler, Schlafentzug, Alkohol etc.
Tabelle 3.10 Vorbeugung eines Übertrainingszustandes ●
Kein monotones Training (abwechselnd harte und leichte Trainingstage; evtl. andere Belastungen einfügen, z. B. Radfahren).
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Besser Trainingsintensität (Tempo) steigern als den Umfang auf Kosten eines Regenerationstages.
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Meidung von persönlichen Konfliktsituationen (Beruf, Familie etc.), Ernährungsfehler, Schlafdefizit, übermäßigen Alkoholkonsum etc.
Bei einem Übertrainings-Syndrom nach einem Übertraining, das länger als 3 Wochen anhielt, sind mehr als 2 Regenerationswochen notwendig. Dies bedeutet zwangsläufig eine Abnahme des bereits erreichten Leistungsniveaus mit nun erforderlichem Neuaufbau des Trainings, da die Ausdauerleistungsfähigkeit bei einer Trainingsreduktion von 50 bis 70 % nur etwa 2 Wochen gehalten werden kann [149]. c) Mentale Leistungsbereitschaft Die Auswirkungen eines bestimmten Trainings mit den komplexen Reaktionen des Körpers zur Wiederherstellung eines Gleichgewichtes (Homöostase) sind individuell unterschiedlich. Es kann sich daher lohnen, bisherige Trainingsmaßnahmen zu ändern und auch einmal ungewöhnliche Trainingseinheiten zu absolvieren, auch mit der Gefahr des Fehlschlagens. Vor allem bei gesunden (!) Leistungsorientierten, die beispielsweise an Seniorenmeisterschaften teilnehmen möchten, kann zur Stärkung der „Willenskraft“, der mentalen Leistungsbereitschaft, ein fast tägliches Intervalltraining mit 4 bis 6 anaeroben Langsprints von 30 Sekunden Dauer und 4 Minuten Regenerationspause zwischen den Einheiten über 2 Wochen durchaus einen Versuch wert sein. So konnten Burgomaster und Mitarbeiter [42] an Freizeitsportlern zeigen, dass 3 Tage nach Beendigung eines solchen 2 Wochen lang jeweils 6mal durchgeführten Sprint-Intervalltrainings die Aktivität des Stoffwechselenzyms Citrat-Synthase um 38 % und der Muskelglykogengehalt um 26 % bei unveränderter maximalen Sauerstoffaufnahme angestiegen waren. Gleichzeitig konnten die Versuchspersonen die Fahrradergometerbelastung mit 80 % der maximalen Sauerstoffaufnahme gegenüber dem Ausgangswert doppelt so lange durchhalten! Da die Sauerstoffaufnahmekapazität in dieser kurzen Zeit nicht trainingsbedingt angestiegen ist, scheint das um 100 % verbesserte Durchhaltevermögen auf gegebener Belastungsstufe 67
Training | Training für Ambitionierte
neben vermehrten Glykogenvorräten und Enzymerhöhung in erster Linie mental bedingt zu sein. Durch die häufigen anaeroben Maximalbelastungen in kurzen Intervallen wurde das Durchstehvermögen trainiert, eine Hirnangelegenheit! Gemeinhin wird angenommen, dass der Zeitpunkt der Muskelererschöpfung unter anhaltender Anstrengung abhängig ist von der individuellen maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit (Lungenfunktion), der aeroben Enzymkapazität, der Glykogenreserven und der Herzkreislauffunktion. Für diese Annahme sprechen auch viele Studien. Doch B. Kayser [167] kommt zu dem Schluss „Exercise starts and ends in the brain“ („Bewegung beginnt und endet im Gehirn“). Damit erklärt er auch, warum im Hochgebirge eine frühzeitige allgemeine Erschöpfung auftritt, obwohl die Glykogenvorräte noch nicht aufgebraucht sind, die Beinmuskulatur noch nicht ermüdet ist und das Herzkreislaufsystem erst submaximal belastet wird. Der international renommierte Sportmediziner T. Noakes aus Südafrika musste seinen Aufsehen erregenden Vortrag während der Leichtathletikweltmeisterschaft 2005 in Helsinki wiederholen. Darin wetterte er dagegen, das Laktatverhalten als Maßstab für die Leistungsbegrenzung im Ausdauersport zu betrachten. Nicht hohe Laktatwerte oder das Herzkreislaufsystem würden den Menschen steuern, sondern das Gehirn. Der Wille, die Motivation seien extrem wichtige Faktoren in Bezug auf die Leistungsfähigkeit. Diese Faktoren sind allerdings mit keiner naturwissenschaftlichen Methode messbar. Noakes empfahl, mehr das Tempogefühl des Athleten in der Trainingsgestaltung einzubeziehen, zumal sich eine erstaunliche Übereinstimmung zwischen physiologischen Daten und dem subjektiven Empfinden des Sportlers bei der Trainingseinstufung hinsichtlich „leicht“ und „hart“ fand. Der Beifall der Zuhörer bestätigte, dass auch Trainer in der Praxis diese Erfahrung gemacht haben. d) Marathon geplant? Beim Trainingaufbau sollten immer gewisse Prinzipien beachtet werden, die sich an das Trainingsziel orientieren. Wer sich beispielsweise auf einen Marathon vorbereitet, der sollte mehr auf den Umfang (viele langsame Laufkilometer) als auf die Intensität (Tempo mit anaerober Energiebereitstellung) Wert legen. Hier sind keine Sprint-Intervalle wie oben beschrieben sinnvoll, sondern gelegentliche 30 bis 35 km-Läufe, etwa alle 10 bis 14 Tage in den letzten 10 bis 12 Wochen, wobei die letzte Woche vor dem Wettkampf der Regeneration dient. Auch für Ältere stellt das Massenphänomen Marathonlauf ein attraktives Ziel dar. Nicht jeder, auch nicht die Jungen, wird in der Lage sein, auf Anhieb die gesamte Marathonstrecke ohne Gehphasen durchzulaufen. Das ist auch nicht notwendig. In der Regel wird vom Veranstalter großer Stadtmarathonläufe genügend Zeit bis zum Zielschluss eingeräumt. Dies gilt besonders für Läufe in den USA, wo sich vor allem der New York City-Marathon mit seinen vielen Behinderten am Start hervorhebt, siehe Abb. 3.13. Hartwig Gauder, der Olympiasieger im 50 km-Gehen 1986 in Moskau, der nach einer Herzmuskelentzündung ein fremdes Herz erhielt und 1998 am New York City-Marathon teilnahm, wurde sogar disqualifiziert, weil er als herzkranker Walker mit 6:15 Stunden zu schnell war. Erlaubt waren nach dem Reglement für Herzkranke nur Zeiten über 6:30 Stunden! 68
Training für Ambitionierte | Training
Den besten individuellen Lerneffekt auch für die Trainingsgestaltung haben die Wettkämpfe selbst (Abb. 3.14). Mit zunehmender Wettkampferfahrung, wozu auch die Vorbereitungswettkämpfe wie Volksläufe über 10 km bzw. Halbmarathonläufe beitragen, wird es auch im höheren Alter gelingen, einen Marathon abgesehen von den kurzen Stopps an den Verpflegungsstellen ohne Gehphasen durchzulaufen, falls dies überhaupt gewollt ist. Der Trainingsumfang sollte mindestens 50 km, besser 70 bis 80 km pro Woche betragen, soweit es der Bewegungsapparat bei Ausgleichsgymnastik und kräftigenden Übungen zulässt.
Abb. 3.13 Beim New York Marathon laufen zahlreiche Behinderte ohne Zielzeitlimit mit, hier ein Beinamputierter vom Achilles Track Club, dem sich viele Behinderte angeschlossen haben.
Abb. 3.14 Große Stadtmarathonläufe, wie hier in London im Bereich der Tower Bridge, bergen die Gefahr, dass man sich von den begeistert anfeuernden Zuschauern und der Teilnehmermasse zu einem dem Trainingszustand nicht angepassten Tempo stimulieren lässt.
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3.6.1 Training unter Hitzebedingungen Ein trainingsbedingter Störfaktor hinsichtlich der Konstanzerhaltung des inneren Milieus ist die Wärmeentwicklung bei Muskelarbeit mit nachfolgender gegenregulatorischer Schweißabsonderung mit möglichen Elektrolytstörungen. Aufgrund des muskulären Energiestoffwechsels steigt die Körpertemperatur an. Dieser Anstieg bei kontinuierlicher Muskelarbeit ist von der Höhe der individuellen maximalen Sauerstoffaufnahme abhängig [236]. Die Ausprägung dieser sogenannten Arbeitshyperthermie hängt nicht von der absoluten Leistung ab, sondern von der persönlichen Maximalleistung, die wiederum ein Spiegelbild der maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit, also des Trainingszustandes, der Körpergröße und -konstitution ist. Beispiel: Die Maximalleistung liegt bei einem Trainierten bei 300 W und bei einem Untrainierten bei 150 W. Wenn der Untrainierte mit 75 W und der Trainierte mit 150 W, also jeweils mit 50 % ihrer maximalen Leistungsfähigkeit belastet werden, findet man bei beiden den gleichen Körpertemperaturanstieg. Der Untrainierte muss also bei viel niedrigeren Belastungen schwitzen als der Trainierte, da der Beginn des Schwitzens von der Körpertemperatur bestimmt wird, wobei allerdings bei Hitzeanpassung das Schwitzen etwas früher beginnt [138]. Auch ist der Natriumverlust („Salzverlust“) über den Schweiß als Anpassungsreaktion beim Trainierten geringer [100]. Andererseits steigt bei Dehydration (Wasserdefizit) die Körpertemperatur schneller an als bei ausgeglichenem Wasserhaushalt [112], weshalb gerade unter Hitzebedingungen auf eine ausreichende Trinkmenge zu achten ist. Wer lediglich gesundheitliche Aspekte verfolgt und daher sich nicht zum Beispiel auf einen Marathon oder anstrengende Bergwanderung vorbereitet, wird ein Training unter Hitzebedingungen vermeiden. Armstrong und Maresh [11] empfehlen, erst bei höheren Umgebungstemperaturen zu trainieren, wenn man unter kühleren Bedingungen einen ausreichenden Fitnessgrad erreicht hat. Regelmäßige Körpergewichtsbestimmungen lassen frühzeitig einen Flüssigkeitsverlust erkennen. Bei einer Gewichtsabnahme nach dem Training von bis zu 3 % ist der Flüssigkeitsersatz ausreichend, bei einer Gewichtsabnahme bis 6 % ist eine Verringerung des Trainings, bei mehr als 7 % ein Arztbesuch erforderlich [11]. Den individuellen Schweißverlust pro Stunde kann man abschätzen, indem man vor und nach einem einstündigen Testlauf das Gewicht bestimmt und danach die Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution ausrichtet, zumal sich der Sportler nicht auf das Durstgefühl verlassen kann, da ein Wasserverlust bis zu 2 % des Körpergewichtes ohne Durstgefühl auftreten kann [100]. Die Gewichtsdifferenz in kg stellt dann den Flüssigkeitsverlust in Litern dar und muss wieder ersetzt werden. Hitzeakklimatisierte Sportler können durch eine höhere maximale Schweißrate, die früher einsetzende Schweißsekretion bei gleichzeitig vermehrter Hautdurchblutung mit leicht erniedrigter Körpertemperatur bei erhöhtem Wärmeanfall unter Belastung trotz hohen Außentemperaturen noch eine relativ gute Leistung erbringen. Doch ist auch eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr erforderlich. Der arbeitsbedingte Anstieg der Körperkerntemperatur ist dann verzögert. Andererseits setzt das Kältezittern und die Engstellung der Hautgefäße bei Temperaturabfall bei Hitzeangepassten früher ein. Vor allem bei Ultralangstreckenläufen, aber auch bei stundenlangen Bergwanderungen bzw. Marathonläufen unter Hitzebedingungen dickt das Blut durch den erhöhten 70
Training für Ambitionierte | Training
Wasserverlust ein (Hämokonzentration). Hier sind salzhaltige Getränke anzuraten, da es bei ausgeprägteren Natriumverlusten zu Schwäche- und Müdigkeitsgefühl, zu psychischen Auffälligkeiten, zu Muskelkrämpfen und schließlich zu Kreislaufstörungen bis hin zum Kollaps kommen kann. Frühwarnsymptome, die gelegentlich auftreten und zum Aufsuchen einer Sanitätsstation Anlass geben sollten, sind in Tabelle 3.11 aufgelistet. Das Trinken von Wasser beziehungsweise Tabelle 3.11 Frühwarnsymptome, die von anderen kochsalzarmen Getränken stellt manchmal einem Hitzeschaden vorausgehen meist kein Problem dar, wenn bei Ultrastrecken und langen Bergwanderungen koch● Kopfschmerzen salzhaltige Nahrung aufgenommen wird. ● Schläfenpochen (Selbst Brot enthält Kochsalz.) Allerdings ist ● Schwindel der vielfach zu hörende Tipp „viel trinken“ oder „alte Leute trinken zu wenig“ häufig ● Benommenheit problematisch. Zum einen ist eine erhöhte ● Bauchkrämpfe Trinkmenge auch eine Kreislaufbelastung und ● Übelkeit daher bei alten Leuten mit einer Herzmuskelschwäche bzw. einem bereits vorliegenden ● Kaltschweißigkeit Nierenversagen nicht angezeigt, natürlich auch nicht die Teilnahme an einem Marathon bzw. anstrengender Bergwanderung. Zum anderen trinken häufig auch jüngere langsame Läufer während des Langstreckenwettkampfes zu viel. Hier besteht die Gefahr einer Überwässerung mit einem zu niedrigen Natriumspiegel im Blut (Hyponatriämie). Diese wird in der Regel erst bei Strecken ab Marathon beobachtet. Nach einer Studie von Almond und Mitarbeitern [6] hatten beim BostonMarathon 13 % der untersuchten 488 Läufer eine Hyponatriämie. Betroffen waren meist Frauen bzw. Läufer mit einem sehr niedrigen oder hohen Body-Mass-Index, einer Laufzeit von über 4 Stunden, einem weniger guten Trainingszustand und einer Trinkmenge von über 3 Litern. Dabei wurde kein Unterschied zwischen der Aufnahme von Wasser oder Sportdrinks gefunden. Viele der Ausdauersportler haben bei mäßig erniedrigtem Natrium subjektiv keine Probleme. Doch ist zu vermuten, dass manche Symptome von den Sportlern als so gering Tabelle 3.12 Symptome der Hyponatriämie empfunden werden, dass sie nicht einmal erwähnenswert erscheinen. Bei einem Natrium● Kopfschmerzen spiegel unter 125 mmol/l waren alle Sportler ● Unwohlsein nach einer Untersuchung von Speedy und ● Müdigkeit Mitarbeiter [317] symptomatisch. Zu den unspezifischen Symptomen zählen leichte ● Übelkeit, Erbrechen Kopfschmerzen, Unwohlsein, Müdigkeit, ● Koordinationsstörungen manchmal auch Erbrechen. In ausgeprägteren ● Verwirrtheit, Desorientiertheit Fällen treten zu stärkeren Kopfschmerzen ● zerebrale Krampfanfälle Koordinationsprobleme, Verwirrtheit, zerebrale Krampfanfälle und schließlich Bewusst● Bewusstlosigkeit losigkeit hinzu, siehe Tabelle 3.12.
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Training | Training für Ambitionierte
Bei einer Literaturauswertung von Fallstudien errechneten Speedy und Noakes [316] bei den Sportlern mit Hyponatriämie eine mittlere Flüssigkeitsaufnahme von 1,2 l/Stunde. Diese Werte liegen höher als die für Ultradistanzwettbewerben angegebenen 500 bis 1000 ml/ Stunde. Die maximale Urinproduktion liegt bei 700 bis 900 ml/ Stunde. Offensichtlich scheinen Frauen, kleinere und langsame Läufer für eine Hyponatriämie anfälliger zu sein. Speedy und Noakes [316] raten diesen, grundsätzlich an der unteren Grenze der empfohlenen Flüssigkeitsmenge zu bleiben. Auf jeden Fall soll übermäßiges Trinken während einer Ausdauerbelastung vermieden werden. 500 ml pro Stunde seien ausreichend. Die häufig empfohlene Hyperhydration, also das vorbeugende reichhaltige Trinken (500 bis 750ml) über den aktuellen Bedarf bereits vor dem Wettkampf führt dazu, dass viele Läufer und Läuferinnen bereits nach wenigen Kilometern urinieren müssen, siehe Abb. 3.15, obwohl sie erst kurz vorher auf der Toilette waren bzw. wie in Abb. 3.16 dargestellt, an der längsten „Pinkelrinne“ der Welt vor dem Marathonstart in New York ihre Harnblase entleerten. a) Kaltstart statt Warmmachen Es ist eine alte Erfahrung, dass Sprinter, Werfer, Weit-/Hochspringer usw. bei warmer Witterung persönliche Bestmarken erzielen, nicht jedoch die Langstreckler. In den zuerst genannten Disziplinen mit abrupten Bewegungsabläufen und einer hohen Anforderung an koordinativen Fähigkeiten wird die Leistung durch ansteigende Körpertemperatur (Warmmachen) gesteigert. Andererseits könnte man aus den besseren Langstreckenleistungen bei kühlem Wetter schließen, dass bereits kleine Verminderungen des Körpertemperaturanstiegs die Leistung begünstigen. Eine Leistungssteigerung durch mäßige
Abb. 3.15 Hyperhydrierte Läufer, die gerade noch am längsten Urinal der Welt (Abb. 3.13) ihre Harnblase geleert hatten, müssen kurz nach dem Start erneut Wasserlassen, vereinzelt ständig eine Trinkflasche in der Hand. Die Empfehlung, reichhaltig zu trinken, ist auch im Hinblick einer drohenden Hyponatriämie problematisch.
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Training für Ambitionierte | Training
(0,5 bis 1 °C) Vorkühlung (Körpertemperatursenkung) konnte in der Tat durch verschiedene Experimente nachgewiesen werden [39, 40, 243, 256, 258]. Diese alten Erkenntnisse setzt beispielsweise die Marathonweltmeisterin 2005 Paula Radcliffe mit ihren Kaltwasseranwendungen in die Praxis um. So provozierte sie nach ihrer Weltbestzeit von 2:15:25 Stunden beim Marathon in London 2003 die Presseschlagzeile „Vom Eisbad zum Weltrekord“. Im vorgekühlten Zustand steigt der Sauerstoffpuls an, also die Sauerstoffmenge, die pro Herzschlag der Muskulatur zugeführt wird.
Abb. 3.16 Vor dem Marathonstart in New York Gedränge an der längsten Pinkelrinne der Welt, um noch rechtzeitig die Harnblase zu entleeren. Läufer, die zuviel im voraus getrunken haben (hyperhydriert), müssen dennoch auf der Strecke häufig wiederholt Wasser lassen.
Die Erhöhung des Sauerstoffpulses im Kaltstart ist auf eine Vergrößerung des Herzschlagvolumens und eine verbesserte Ausnutzung des Sauerstoffgehaltes im Blut zurückzuführen. Brück [39] sieht diese Veränderungen als temperaturbedingte Ökonomisierung der Kreislauffunktion an. So konnte er auch nachweisen, dass bei Kaltstart weniger geschwitzt wurde, das heißt, die thermoregulatorische Belastung war nach Kaltstart geringer. Hessemer und Mitarbeiter [137] konnten in einem 1-Stundentest zeigen, dass nach vorangehender Kühlung die Leistung um 6,8 % anstieg bei gleichzeitiger Abnahme der Schweißabsonderung um 20 %. Schon eine geeignete Kleidung, Kapitel 3.1.2, ist leistungsfördernd. So wurde wissenschaftlich die alte Erfahrung bestätigt, dass eine Kühlung der Haut die Leistung steigert: Die Maximalzeit bei Arbeit mit Shorts ist länger als bei Arbeit mit langen Hosen [243]. Jede Gelegenheit zur Abkühlung sollte daher genutzt werden, Abb. 3.17 Vor allem unter Hitzebedingungen ist jede zumal Kaltwasseranwendungen Möglichkeit der Abkühlung zu nutzen. Darüber hinaus eine schnellere Regeneration förfördern Kaltwasseranwendungen die Regeneration. Kälte dern [256], Abb: 3.17. hemmt Entzündungsreaktionen wie sie bei anhaltenden Bei Sonneneinstrahlung vor Anstrengungen ablaufen. Der Kreislauf stabilisiert sich, der erhöhte Puls geht schneller wieder zurück. allem im Gebirge ist eine Kopf73
Training | Training für Ambitionierte
bedeckung zum Schutz gegen einen Sonnenstich anzuraten. Auch sind bei Hellhäutigen vorbeugende Maßnahmen gegen Sonnenbrand empfehlenswert, bei empfindlichen Augen oder Durchquerung langer Schneefelder auch Sonnenbrille, siehe Abb 3.18. Eine Medikamenteneinnahme wie sie im Alter häufig ist, kann bei anhaltender Anstrengung unter Hitzebedingungen probleAbb. 3.18 Kopfbedeckung zur Vermeidung eines Sonnenmatisch werden, da der Blutdruck stichs mit starken Kopfschmerzen bei Hirnhautreizung, Schutz durch extremes Schwitzen mit gegen Sonnenbrand und gegebenenfalls auch Sonnenbrille Natriumverlust, Gewichtsabnahsowie eigene Getränke sind bei extremer Sonneneinstrahlung me und Weitstellung der Gefäße im Hochgebirge notwendig, hier in etwa 2600m Höhe beim zur Wärmeabgabe (verminderSwiss Alpine Marathon Davos. ter Gefäßwiderstand) bei jedem mehr oder weniger drastisch abfällt vor allem während des Stehenbleibens zum Beispiel an einer Verpflegungsstation oder im Ziel. Dieser Blutdruckabfall wird verstärkt durch Blutdruck senkende Medikamente wie beispielsweise Diuretika (Wasser treibend) vor allem in Kombination mit anderen Blutdruck senkenden Substanzen. Es hat sich uns bewährt, unter diesen Extrembedingungen die Medikation vor dem Langstreckenstart zu reduzieren, oder wenn ärztlich vertretbar, sogar vorübergehend abzusetzen. Eine weitere im Alter häufig eingesetzte Medikamentengruppe sind die sog. Nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie beispielsweise Diclofenac oder Ibuprofen. Unter hohen Belastungen und ungenügender Trinkmenge kann es abgesehen von häufigeren Magendarmbeschwerden in sehr seltenen Fällen zu einem vorübergehenden Nierenversagen kommen, vor allem unter längeren Ausdauerbelastungen in großer Hitze mit Dehydration und extremer Senkung der Nierendurchblutung. Diese Medikamente wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend und werden daher von Sportlern mit Arthrosebeschwerden gern vor einem Langstreckenwettbewerb eingenommen. Alkoholische Getränke sind als Durstlöscher denkbar ungeeignet. Alkohol ist dosisabhängig ein „Muskel- und Nervengift“ mit kataboler Wirkung und hemmt das antidiuretische Hormon (ADH), dass die Harnausscheidung reguliert. Alkohol wirkt dadurch Wasser treibend, so dass die Gefahr eines Wasserdefizits bereits vor dem Wettkampfstart besteht! Die Tabelle 3.13 zeigt vorbeugende Maßnahmen gegen Hitzeschäden auf. 3.6.2 Höhenanpassung Bergwandern ist von jeher selbst im Alter sehr beliebt. Mit der weltweiten Joggingwelle wurden nun auch zunehmend Bergläufe, in letzter Zeit auch Nordic Walking-Veranstaltungen im Hochgebirge angeboten. Diese Art der Muskelbelastung ist sehr trainingseffektiv, erfordert aber einen ausreichenden Gesundheitszustand. Doch auch bei völlig gesunden jungen Leuten können bei fehlender Akklimatisation Höhenprobleme auftreten. 74
Training für Ambitionierte | Training Tabelle 3.13 Vorbeugende Maßnahmen gegen Leistungseinbruch und Hitzeschäden (Aus Kleinmann D.: „Laufnebenwirkungen, vom Ermüdungsbruch zum plötzlichen Herztod: Was können Sie dagegen tun?“ [185]) ● ●
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Hitzeakklimationstraining von mindestens 1 Woche Dauer bei gemäßigtem Tempo Trinken während des Lauftrainings üben und ein individuell verträgliches Getränk herausfinden Gewicht vor und nach einem einstündigen Testlauf messen, um die nötige Trinkmenge herauszufinden: Bei Gewichtsabnahme bis zu 3 % auch nach einem längeren Trainingslauf war die Trinkmenge noch ausreichend. Salzhaltige Kost bzw. kochsalzhaltige Getränke in der Hitzeperiode bevorzugen. Ausgeglichenen Wasser- und Mineralhaushalt bei konstantem Gewicht am Wettkampftag anstreben. Kein Alkohol (z. B. Bier) am Abend vor dem Wettkampf trinken. Alkohol ist dosisabhängig ein „Muskel- und Nervengift“ mit kataboler Wirkung und hemmt das antidiuretische Hormon (ADH), wirkt dadurch wassertreibend, so dass die Gefahr eines Wasserdefizits bereits vor dem Wettkampfstart besteht! 20 bis 30 Minuten vor dem Wettkampfstart etwa 400 ml eines gewohnten Getränkes trinken. Während Wettkämpfen von unter 45 Min. Dauer ist bei Hitzeakklimatisierten in der Regel keine weitere Flüssigkeitszufuhr notwendig, ansonsten etwa 100 bis 150 ml alle 15 Min. Während einer Belastungsdauer von über 4 Stunden nicht nur kohlenhydratsondern auch kochsalzhaltige Getränke (150 bis 200ml etwa alle 15 Min.) erforderlich, teilweise angebotene Fleischbrühe in Abständen ideal. Langsam trinken, eiskalte Getränke meist weniger verträglich. Jede Möglichkeit des Abkühlens (Brunnen, aufgestellte Wasserbehälter usw.) nutzen; eventuell Vorkühlung der Haut schon vor dem Start. Geeignete Kleidung (möglichst keine Baumwolle, die sich mit Schweiß voll saugt und die Thermoregulation einschränkt), bei Sonneneinstrahlung Kopfbedeckung, evtl. Sonnenbrille und bei empfindlicher Haut Vorkehrung gegen Sonnenbrand. Laufgeschwindigkeit der Hitze anpassen, keine persönlichen Bestzeiten anstreben.
Die akute Höhenkrankheit droht in der Regel aber erst in Höhen über 2500 m. Allerdings können sehr empfindliche Personen auch schon unter dieser Höhe Symptome der akuten Höhenkrankheit wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Schwindel und Schlafstörungen entwickeln. Diese Beschwerden treten meist nach 6 bis 12 Stunden in der ungewohnten Höhe auf. (Einzelheiten zur Höhen- bzw. Bergkrankheit in [185]). Bei Läufen wie dem Swiss Alpine Marathon in Davos werden Höhen knapp über 2600 m nur für kurze Zeit erreicht, so dass hier keine Gefahr einer Bergkrankheit besteht. Darüber hinaus werden bei dieser Veranstaltung auch kürzere, weniger anstrengende Teilabschnitte mit weniger Höhenmeter angeboten. Bei steilen Anstiegen wird meist gegangen. 75
Training | Training für Ambitionierte Tabelle 3.14 Anpassungsreaktionen des Körpers auf Sauerstoffmangel in der Höhe (aus Kleinmann D.: „Laufnebenwirkungen“ [185]) ●
Hyperventilation (erhöhte Atemfrequenz), dadurch höherer Sauerstoffgehalt in den Lungenbläschen (Alveolen) bei Abnahme des Kohlendioxids (CO2) und von Wasserdampf.
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(Geringerer Atemwiderstand durch „dünnere“ Luft.)
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Vermehrte Erythropoietinausschüttung („EPO“), dadurch Stimulation der Blutbildung (Erythropoese) im Knochenmark mit Anstieg der roten Blutkörperchen (Erythrozyten), dadurch mehr Sauerstofftransportkapazität, zusätzlich begünstigt durch eine gesteigerte Sauerstoffbindungsfähigkeit des Hämoglobins im Erythrozyten. Die maximale Sauerstoffaufnahme als Maß der körperlichen Ausdauerleistungsfähigkeit steigt.
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Zunahme der jungen roten Blutkörperchen, die verformbarer bei verbesserter Fließeigenschaft sind als ältere Zellen, geben leichter Sauerstoff an die Muskelzelle ab und haben eine bessere Pufferkapazität gegen Übersäuerung.
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Abnahme des Plasmavolumens (Hämatokritanstieg) in mittleren Höhen (um 2000 m) unwesentlich, bei 4500 um 10% innerhalb von 24 Stunden, damit Zunahme der pro Herzschlagvolumen transportierten Sauerstoffmenge.
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Bei akutem Sauerstoffmangel um 20% erhöhtes Herzminutenvolumen (HMV) in Ruhe und bei submaximaler Belastung, jedoch maximales HMV vermindert mit Abnahme der Maximalleistung. Bei längerem Höhenaufenthalt Abnahme des HMV auch in Ruhe und unter submaximaler Belastung.
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Ruheherzfrequenz bei akutem Sauerstoffmangel erhöht, maximale Herzfrequenz unverändert. Bei längerem Höhenaufenthalt weiter erhöhter Ruhepuls, aber Abnahme der Herzfrequenz unter submaximaler und maximaler Belastung.
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Druckerhöhung im Lungenkreislauf durch Engstellung der kleinen Arterien abhängig vom Grad des Sauerstoffmangels. Dadurch Umverteilung des Blutflusses von schlecht belüfteten zu gut belüfteten Alveolen.
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Anstieg des Myoglobins als „Sauerstoffspeicher“ der Muskelzelle.
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Vermehrung der oxidativen Enzyme der Muskelzelle, damit bessere Ausnutzung des geringeren Sauerstoffangebots.
Für den Organismus bedeutet ein Aufenthalt in der Höhe eine Sauerstoffmangelsituation. Je weiter man aufsteigt desto „dünner“ wird die Luft, das heißt, desto weiter fällt der Luftdruck ab und damit auch der Sauerstoffpartialdruck (der Sauerstoffanteil der Luft beträgt rund 20 %). Während in Meereshöhe der Luftdruck bei 760 Torr liegt, so beträgt er in 1600 m Höhe 625, in 2.000 m nur noch 592 und in 2.500 m Höhe lediglich 556 Torr (Sauerstoffpartialdruck jeweils 20 % von diesen Zahlen). So wie jedes Training stört auch ein Sauerstoffmangel das Gleichgewicht des inneren Milieus des Körpers. Um ein weitgehend unbeeinträchtigtes Funktionieren der Organe zu gewähr76
Training für Ambitionierte | Training
leisten, also ein anhaltendes Ungleichgewicht zu vermeiden, werden in individuell unterschiedlicher Ausprägung Anpassungsreaktionen eingeleitet. Die höhenbedingte Störung wird durch verschiedene Maßnahmen des Körpers, die in Tabelle 3.14 aufgelistet sind, „ausbalanciert“. Am auffälligsten sind eine erhöhte Atem- und Herzfrequenz bereits bei geringer Belastung mit Einschränkung der maximalen Leistungsfähigkeit. Der Sauerstoffmangel ist ein Stimulans für eine vermehrte Bildung von Erythropoietin in den Nieren. Erythropoietin („EPO“) regt im Knochenmark die Bildung von roten Blutkörperchen an, die für den Sauerstofftransport zu den Zellen verantwortlich sind. Nach 5 bis 7 Tagen werden die neu gebildeten roten Blutkörperchen aus dem Knochenmark in die Blutbahn ausgeschwemmt, um für den Sauerstofftransport von der Lunge zur Zelle verfügbar zu sein. Diese jungen roten Blutkörperchen sind zudem elastischer als die alten. Durch die Erhöhung der Zahl von roten Blutkörperchen, die eine Überlebenszeit von etwa 120 Tagen haben, kann mehr Sauerstoff aufgenommen und somit das Defizit in der Höhe mehr oder weniger ausgeglichen werden. Die körperliche Leis- Für Bergwanderer und Läufer wichtig ist der tungsfähigkeit steigt wieder. erhöhte Flüssigkeitsbedarf im Gebirge. Er wird vor allem durch die vermehrte Atmung unter Sauerstoffmangel bei gleichzeitiger schweißtreibender Belastung verursacht, verstärkt durch den verringerten Wasserdampfdruck in der Höhe. Da die Einatmungsluft auf 37 °C angewärmt und gleichzeitig mit Wasserdampf gesättigt wird, kann der Wasserverlust über die abgeatmete auf 37 °C angewärmte wasserdampfgesättigte Luft bei Ausdauerbelastungen (Wandern, Laufen) in der Höhe erheblich sein. Aus der Physik wissen wir, dass kalte Luft weniger Wasser aufnehmen kann als warme. 0 °C kalte Luft, eine solche Temperatur ist im Hochgebirge auch im Sommer möglich, enthält fast kein Wasser mehr. Andererseits braucht man pro Kubikmeter geatmeter, 0 °C kalter Luft etwa 47 g Wasser zur Dampfdrucksättigung bei Erwärmung der Luft auf Körpertemperatur. Um eine 100-prozentige Sättigung zu erreichen, muss die Schleimhaut der Atemwege den Fehlbetrag an Wasserdampf liefern. Diese nun wasserdampfgesättigte Luft wird wieder ausgeatmet, bei frostigen Temperaturen gut als Wasserdampfwolke zu erkennen. Bergwanderer und Läufer müssen daher mit einem Wasserverlust von bis zu 8 l pro Tag bei langen anstrengenden, schweißtreibenden Hochgebirgstouren rechnen, was häufig nicht beachtet wird. Kreislaufprobleme und Störungen im Wasser- und Mineralhaushalt sind daher im Gebirge keine Seltenheit. Die Anpassungsreaktionen bei Sauerstoffmangel im Hochgebirge sind also nicht ausschließlich vorteilhaft, wie auch die Tabelle 3.15 zeigt. Ob die Höhenanpassung nützlich ist im Sinne eines Höhentrainings mit dem Ziel besserer Wettkampfergebnisse auf Meeresniveau, erscheint danach zumindest im Alter durchaus fragwürdig. Unbestritten besser ist nach Höhenanpassung die körperliche Leistungsfähigkeit lediglich im Hochgebirge. Die Diskussion, ob die Resultate glanzvoller sind, wenn man sich aus der Höhe lediglich zum Training ins Tal begibt [185], sollte für den älteren Sportler keine Rolle spielen. Es macht einfach Spaß, sich in einer schönen Gebirgslandschaft zu bewegen, sich fit zu halten und Gleichgesinnte zu treffen. 77
Training | Regeneration, Gymnastik, Massagen Tabelle 3.15 Nachteile der Höhenanpassung (aus Kleinmann D.: „Laufnebenwirkungen“ [185]) ●
Vermehrte Kohlendioxid(CO2)-Abatmung bei Hyperventilation mit resultierender „respiratorischer Alkalose“, die bis in mittleren Höhen (um 2000 m) durch Ausscheidung von Bikarbonat als Säurepuffer über die Nieren voll kompensiert wird. Der Bikarbonatverlust führt zur stärkeren Übersäuerung des Blutes schon bei submaximaler Belastung.
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Durch Hyperventilation erhöhter Wasserverlust: Wasserarme kühlere Höhenluft wird in der Lunge auf 37°C aufgewärmt , über die Schleimhäute 100% wasserdampfgesättigt und bei hoher Atemfrequenz abgeatmet.
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Durch ausgeprägten Erythropoietinanstieg Neigung zu Bluthochdruck, zerebralen Krampfanfällen und Thrombosen bzw. Embolien.
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Blut dickflüssiger durch Vermehrung der roten Blutkörperchen und Abnahme des Plasmavolumens (Hämatokriterhöhung), damit mehr Herzarbeit zur Überwindung des Fließwiderstandes in den Blutgefäßen.
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Druckerhöhung in den kleinen Lungenarterien mit der Gefahr des Höhenlungenödems.
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Unzureichende Hitzeanpassung nach Rückkehr in Meereshöhe mit eventuell hochsommerlichen Temperaturen.
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Symptome der Bergkrankheit in den ersten Tagen des Höhenaufenthaltes möglich.
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Im Falle eines Höhentrainings maximale Belastung nicht möglich, damit Gefahr des muskulären Trainingsdefizites für hohe Belastungsintensitäten.
3.7 Regeneration, Gymnastik, Massagen Optimal wird der Erfolg eines Trainings erst dann sein, wenn Belastungsintensität und -umfang mit einer zielgerichteten Pausengestaltung abgestimmt sind. Dabei muss die individuelle Trainierbarkeit, die von genetischen Voraussetzungen abhängig ist, ebenso beachtet werden wie das übrige Verhalten außerhalb des Trainings, z. B. genügend Schlaf, richtige Ernährung usw. Regenerative Maßnahmen sollten möglichst sofort nach einem Wettkampf bzw. harten Trainingseinheiten erfolgen. Die Geschwindigkeit der Regeneration ist individuell unterschiedlich und mit zunehmendem Alter verlangsamt. Daneben beeinflussen äußere Faktoren wie familiäre Probleme, Krankheiten usw. die Dauer der Regeneration, die aber ganz besonders von der vorangegangenen Belastung abhängt. War sie gering, ermüdet sie nur leicht, die Erholung ist schnell. Dagegen erfolgt nach einer extremen Grenzbelastung mit ausgeprägten Ermüdungserscheinungen eine deutlich verzögerten Regeneration. Die Belastung war besonders stark, ja zu stark in Bezug zum derzeitigen Trainingszustand, wenn danach nicht nur „schwere“ Beine auftreten, sondern sogar ein Muskelkater. Dieser entsteht nicht durch die Milchsäure (Laktat), wie vielfach angenommen 78
Regeneration, Gymnastik, Massagen | Training
wird, sondern durch Mikroverletzungen von Muskelfasern bei Überlastung (Literatur in [184]). Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass nach Mittelstreckenläufen mit sehr hohen Laktatwerten weniger oft Muskelkater auftritt als nach Marathonläufen mit geringem Laktatanstieg aber hohem Energieverbrauch mit Erschöpfung der Glykogenreserven. Am häufigsten ist der Muskelkater jedoch bei exzentrischer Krafteinwirkung zu beobachten, wie sie beim Bergablaufen (Bremsvorgänge) typisch ist. Der angespannte Muskel wird beim Auftritt abhängig vom Lauftempo und koordinativer Fähigkeiten mehr oder weniger gedehnt („auseinander gerissen“). Als Zeichen einer Muskelschädigung steigt im Blut das Muskelenzym CK (Creatinkinase) nach einer solchen Überlastung mit Muskelkater besonders hoch an. Der Energieaufwand einer solchen exzentrischen Kraftentwicklung ist im Vergleich zur konzentrischen (Berganlaufen) recht gering, ebenso gering der Laktatanstieg. Die CK-Anstiege sind beim Bergablaufen wesentlich höher als bergan. Bei feingeweblichen Untersuchungen konnte man feststellen, dass die Muskelfaserdefekte in den ersten drei Tagen nach Muskelkater auslösender Belastung zunahmen. Nach 6 Tagen waren diese Defekte bei Sportstudenten weitgehend wieder abgeheilt, bei völlig Untrainierten nach 10 Tagen noch nachweisbar. Nach einem 90 km-Lauf (Comrades/Südafrika) hatten Teilnehmer 5 bis 7 Tage lang Muskelschmerzen, 18 Tage eine verminderte Muskelkraft, (bioptisch) „Reparaturdauer“ 3 bis 4 Wochen. Teilweise konnten nach 8 bis 12 Wochen noch Regenerationszeichen durch feingewebliche (muskelbioptische) Untersuchungen registriert werden. Vor allem im Alter und bei sehr schlechtem Trainingszustand muss eine verzögerte Regeneration beachtet werden. Eine weitere trainingsmäßige Belastung der noch schmerzenden Muskeln ist ineffektiv. So zeigten Gutenbrunner und Mitarbeiter [115], dass diejenigen, die das zu Muskelkater führende Krafttraining noch 4 Tage fortsetzten, nach 25 Tagen immer noch nicht den Kraftverlust durch Muskelschaden ausgeglichen hatten, also nicht wieder die Ausgangskraft erreicht hatten, siehe Abb. 3.19. Dagegen zeigten diejenigen Versuchspersonen, die das 4-tägige Krafttraining erst eine Woche nach der Überlastung, also bei nicht mehr schmerzenden Muskeln, aufgenommen hatten, nach dem muskelkaterbedingten Kraftverlust eine schnellere Kraftzunahme, die am 16. Tag den Ausgangswert überschritt. Die Trainierbarkeit der Muskulatur unmittelbar nach Überlastung mit nachfolgendem Muskelkater ist also aufgehoben. Daraus sollten auch Gesundheitssportler Konsequenzen ziehen. Es ist wenig sinnvoll, nach einer langen erschöpfenden Belastung, z. B. nach einem Marathon oder einer langen Bergtour, noch „auszulaufen“, wie man es immer wieder beobachten kann. Durch eine harte Trainingseinheit bzw. einen langen Wettkampf oder eine lange Bergwanderung wird immer eine mehr oder weniger ausgeprägte Muskelschädigung provoziert, ebenso wie eine im Blut nachweisbare Entzündungsreaktion. Hier haben sich Eismassagen und Kaltwasseranwendungen bewährt, die nicht nur entzündungshemmend sind, sondern auch die Regenerationszeit verkürzen (Literatur in [185]). Jeder hat wohl schon einmal den wohltuenden Effekt von kaltem Wasser auf eine überhitzte Beinmuskulatur erlebt, als er diese beispielsweise im Rahmen einer Bergwanderung in einem Wildbach oder Bergsee abkühlen konnte. In der Regeneration werden dann die geschädigten Muskelfasern in leistungsfähigere im Sinne einer Anpassung umgewandelt. 79
Training | Regeneration, Gymnastik, Massagen
Abb. 3.19 Während eines trainingsbedingten Muskelkaters nimmt die Maximalkraft über 20 % ab. Gruppe 1 trainierte trotz des Muskelkaters 4 Tage weiter und hatte genauso wie die nicht mehr trainierende Gruppe 25 Tage nach Beginn des Muskelkaters immer noch nicht die Ausgangskraft erreicht. Dagegen steigerte die Gruppe 2, die erst nach Abklingen des Muskelkaters am 7. Tag das 4tägige Training aufnahm, ihre Maximalkraft (obere Kurve), nach Gutenbrunner et al. [115].
Überhaupt ist es nach einer Anstrengung sinnvoller, die Muskulatur nicht wieder mit derselben Belastung nur mit geringerer Intensität (Tempo) zu beanspruchen, sondern einen anderen Reiz zu setzen, beispielsweise Barfußlaufen, Radfahren, Aquajogging. Wichtig ist, dass bereits im Training Überlastungen vermieden werden, um die Erholungsmechanismen nicht zu verzögern. Werden beispielsweise zu viele Tempoläufe mit hohen Laktatspiegeln durchgeführt, so kommt es zu einem Leistungsabfall im Sinne eines Übertrainingszustandes. Zu viele Tempoläufe führen zu einem Abbau der aeroben Enzymkapazität, also der für die aerobe (Sauerstoff verbrauchende) Energiegewinnung notwendigen Enzyme in den Mitochondrien („Kraftwerke der Zelle“). Eine verminderte Ausdauerleistungsfähigkeit ist die Folge. Tempoläufe zur Leistungssteigerung, nicht aus gesundheitlichen Gründen, sind im Alter ein- bis maximal zweimal pro Woche zu empfehlen. Tags darauf sind unbedingt sehr langsame Regenerationsläufe mit Blutlaktatkonzentrationen von unter 2 mmol/l im Sinne einer aktiven Erholung anzuraten. a) Regenerationspausen nicht zu lang Wenn die ausdauernde Muskelstimulation wegfällt, so wird sich die Fasertypveränderung, siehe Kapitel 1.3.5, sofort wieder zurückbilden [38]. Der Anteil der schnellen Muskelfasern steigt wieder an. Bei Athleten, die über mehrere Jahre Ausdauertraining 80
Regeneration, Gymnastik, Massagen | Training
betrieben, nahm die aerobe Stoffwechselleistung der langsamen Fasern nach Trainingsende schnell wieder ab, so dass das Niveau untrainierter Kontrollpersonen erreicht wurde [50]. Die schnellen Muskelfasern behielten jedoch ihre erhöhte oxidative Kapazität (Sauerstoffverwertung) während der Studienbeobachtung von 12 Wochen. Andersen und Henriksson [8] stellten an menschlichen Oberschenkelmuskeln fest, dass die durch ein zweimonatiges Ausdauertraining vergrößerte oxidative Kapazität innerhalb von 4 bis 6 Wochen nach Trainingsende wieder verschwunden war. Dieser Verlust an oxidativen Muskelenzymen trat früher ein als die Abnahme der Muskelkapillarisierung (Durchblutung) und der maximalen Sauerstoffaufnahme. Diesen schnellen Rückgang des Trainingseffektes kann man in jedem Alter feststellen. So registrierten beispielsweise Schulman und Mitarbeiter [299] ebenfalls 4 Wochen nach Aufgabe eines regelmäßigen Ausdauertrainings (dreimal pro Woche 30 bis 45 Minuten Lauftraining) bei 53 bis 76 Jahre alten Männern eine Abnahme der maximalen Sauerstoffaufnahme auf das untrainierte Niveau. Um also einen drastischen Leistungsverlust zu vermeiden, dürfen die Regenerationsphasen nicht zu lange ausgedehnt werden. Bei einer Trainingsreduktion um etwa 50 % über ein bis zwei Wochen konnte das bisherige Leistungsniveau noch gehalten werden [149]. Die Enzyme haben eine beschränkte Lebensdauer. Sie werden wie in einem Kreislauf auf- und abgebaut, wobei viele der mitochondrialen Enzyme eine biologische Halbwertszeit von etwa einer Woche haben, die glykolytischen (Abbau von Traubenzucker) Enzyme des anaeroben Stoffwechsels dagegen nur von einem bis wenigen Tagen [133]. Demnach sind die Enzyme des aeroben Stoffwechsels (langsame Läufe) nach etwa einer Woche, die des anaeroben Stoffwechsels (Tempoläufe) bereits nach einem bis wenigen Tagen bei Trainingspause zur Hälfte wieder abgebaut. Dies ist bei der Gestaltung des Regenerationsprogrammes zu berücksichtigen, also je nach Ziel (kurzer oder längerer Wettkampf) sind die vorher eingelegten Regenerationspausen mehr oder weniger lang. Auf welchem Niveau das Gleichgewicht zwischen Auf- und Abbau liegt, hängt von der Art des Trainings ab. So liegen die oxidativen Enzyme des Fettabbaus, des Zitronensäurezyklus und der Atmungskette beispielsweise im Oberschenkelmuskel des trainierten Ausdauerathleten drei- bis viermal höher als beim Untrainierten [293]. b) Wiederauffüllung der Glykogenreserven und „Superkompensation“ Je nach Belastungsart (anaerob oder aerob), der Belastungsdauer, der Ausprägung der katabolen Stoffwechselreaktion, der individuellen Regenerationsfähigkeit, der Ernährung sowie der Lebensführung treten in Stunden bis Tagen nach der Trainingsbelastung die optimalen Anpassungsreaktionen im Sinne einer Überkompensation (Superkompensation) auf. Eine solche ist zu erwarten, wenn ein regelmäßiger Wechsel zwischen ermüdender Belastung (kataboler, also abbauender Stoffwechsel) und Erholung mit einer aufbauenden (anabolen) Stoffwechselreaktion vorliegt, die im Sinne eines Trainingseffektes überschießend abläuft und damit in dieser Phase der Überkompensation zu einer gesteigerten Belastbarkeit im Sinne einer organischen Belastungsanpassung führt. Dieser Zustand der Überkompensation hält etwa 2 bis 3 Tage an. In dieser Phase sollte der ambitionierte Sportler sein Training intensiver und umfangreicher entsprechend der gesteigerten Leistungsfähigkeit gestalten, damit wieder eine subjektive 81
Training | Regeneration, Gymnastik, Massagen
Ermüdung (katabole Phase) mit anschließender Erholung (anabole Phase) und Überkompensation eintritt. Allerdings ist die Geschwindigkeit der Regeneration, die im Alter verzögert ist, der leistungsbegrenzende Faktor. Die Trainingsreize in der Phase der Überkompensation müssen also individuell angepasst werden, um einen weiteren Leistungszuwachs zu erzielen. Ist die vorangegangene Belastung zu extrem, also dem Trainingszustand nicht angepasst, dann ist die Regeneration verzögert. Dann werden selbst mittlere Trainingsbelastungen bei noch nicht abgeschlossener Regeneration als ungewöhnlich anstrengend empfunden. Nur nach vollständiger Regeneration ist man wieder optimal belastbar, sogar höher belastbar, wenn eine Überkompensation eingetreten ist. Dagegen ist ein Leistungsabfall die Folge, wenn vor Abschluss der Regenerationsphase, häufig erkenntlich an noch müden „schweren“ Beinen, ständig harte Trainingseinheiten absolviert werden. In der anabolen Erholungsphase, die von körpereigenen anabolen Hormonen, insbesondere Testosteron, gefördert wird, spielt die angepasste Nahrungszufuhr eine besondere Rolle. Hier müssen vor allen Dingen die Mineralien, die Vitamine, Spurenelemente und bei längeren Ausdauerbelastungen auch Eiweiß ersetzt werden. Der Eiweißbedarf ist bei Langstreckenläufern mit einem hohen Trainings- und Wettkampfumfang auf keinen Fall zu vernachlässigen. Bei Langstrecken, z. B. Marathon, wird auch Struktureiweiß zur Energiegewinnung („Glukoneogenese“) herangezogen, weshalb die Regeneration nach solchen Läufen längere Zeit in Anspruch nimmt. Denn der Wiederaufbau der Eiweißstrukturen, vor allem deren Mitochondrienproteine ist in der Regel erst nach ein bis zwei Wochen abgeschlossen. Einen gewissen Anhalt für die Menge des im Rahmen der Glukoneogenese abgebauten Eiweißes gibt die Höhe des Harnstoffanstiegs im Blut am nächsten Morgen nach der Langstreckenbelastung. Eine Wiederholung einer derartigen Langstreckenbelastung mit Abbau von Struktureiweiß, sei es als Trainingseinheit oder auch als Marathonwettkampf für die „Marathonsammler“ (Abb. 3.20), ist daher frühestens nach 1 bis 2 Wochen sinnvoll, besser erst nach 3 bis 4 Wochen. Sofort nach Belastungsende setzt die schnelle Wiederherstellung der verbrauchten Substanzen wie Glykogen, Enzyme oder zerstörte Eiweiße ein, wobei letztere, wie erwähnt, zum Wiederaufbau mehr Zeit beanspruchen. In dieser ersten schnellen Phase des Wiederaufbaus, die sich etwa über die ersten 10 Stunden nach Belastung erstreckt, ist es für den Ausdauersportler wichtig, dass er möglichst frühzeitig viel Kohlenhydrate und Mineralien zu sich nimmt. In dieser ersten Phase werden die Kohlenhydrate am schnellsten in die Muskulatur eingelagert und wieder als Glykogen gespeichert [152]. Danach wird das Glykogen langsamer aufgebaut. Nach etwa 2 bis 3 Tagen sind die Glykogendepots wieder aufgefüllt bzw. überfüllt im Sinne einer Superkompensation. Allerdings verzögert ein Muskelkater den Wiederaufbau der Glykogenspeicher. Mit der Auffüllung der Glykogenspeicher werden gleichzeitig vermehrt Wasser und Kalium gebunden, weshalb auch reichlich Obst und Gemüse eventuell auch in Saftform zugeführt werden sollten, siehe Kapitel 3.8. Das häufig praktizierte Auslaufen am Tag nach Langstreckenwettbewerben wie dem Marathonlauf beeinflusst nach einer Untersuchung von Sherman und Mitarbeitern [302] den Wiederherstellungsprozess gemessen an der Glykogenauffüllung oder an Enzymaktivitäten nicht. Die Versuchspersonen liefen täglich eine Woche lang nach 82
Regeneration, Gymnastik, Massagen | Training
Abb. 3.20 Es gibt gerade unter den älteren Läufern immer mehr hobbymäßige „Marathonsammler“, denen die dabei erzielte Zeit vollkommen gleichgültig ist. Sie lieben weltweit den Schauplatz, das Spektakel und das Massenphänomen Marathon. Oft wird die verlängerte Regenerationszeit nach einer solchen Belastung, die mindestens 1 bis 2 Wochen dauert, nicht beachtet, wenn jedes Wochenende ein Marathon gelaufen wird, vereinzelt sogar 2!
einem Marathon 20 bis 45 Minuten bei selbst festgelegter Laufgeschwindigkeit. Bei Muskelkater im Sinne einer Muskelschädigung, siehe oben, sind derartige Läufe wenig sinnvoll und nicht effektiv, siehe auch Abb. 3.19. c) Dehnungsübungen (Stretching), Massagen Die Regeneration kann, wie beschrieben, durch den Trainingsaufbau selbst, die Ernährung, Kaltwasseranwendungen und Entspannen (ausreichenden Schlaf) gefördert werden, aber auch zumindest subjektiv durch richtig angewendete Massagen sowie Lockerungs- und Dehnungsübungen. Bereits in Ruhelage besitzt der Muskel eine gewisse Spannung (Tonus). Dabei werden ständig eine geringe Anzahl von Muskelfasern (motorischen Einheiten) abwechselnd aktiviert. Bei Ermüdung steigt diese Grundspannung, ebenso bei verkürzter Muskulatur. Nach Ausdauerbelastungen wie langsamen Langstreckenläufen, langen Wanderungen, Radtouren usw. sind daher Dehnungsübungen anzuraten, sofern kein Muskelschaden wie z. B. beim Muskelkater vorliegt. Diese Maßnahme ist nützlich, da es bei eintönigen körperlichen Betätigungen zu „Sollwertverstellungen“ der Muskel83
Training | Regeneration, Gymnastik, Massagen
spindeln mit nachfolgender Spannungsänderung der Muskulatur (Muskelverspannung) kommt. Ein solcher verspannter (verkürzter) Muskel kann sich nicht mehr optimal zusammenziehen. Er ist verletzungsanfälliger und leistungsschwächer. Ist ein Muskel überlastet, so tritt während der Anspannung Muskelzittern auf. Gymnastik stellt die Basis eines jeden Trainingsprogramms dar, ganz gleichgültig in welcher Sportart. Doch kann sie vor allem bei älteren und körperlich inaktiven Personen besonders von Seiten des Halteapparates Beschwerden machen. Durch Alterungsvorgänge, die durch fehlende Bewegungsreize gefördert werden, nimmt die Belastung nicht nur des Herzkreislaufsystems, sondern auch der Muskulatur, Sehnen, Bänder und Gelenke ab. Oft liegt Abb. 3.21 Gymnastikminimalprogramm für Läufer schon ein Vorschaden nach früheren (Aus Kleinmann D.: Koronarsport richtig. Walking/ Unfällen bzw. Fehlbelastungen vor. Jogging. Giulini Pharma Hannover 1990) Daher ist nicht nur das Lauftraining selbst, sondern auch die Gymnastik hinsichtlich Dauer und Durchführung langsam zu steigern. Es ist sinnvoll, die Gymnastik erst nach dem Warmlaufen bzw. Walking zu beginnen. Neben Dehnungsübungen (Stretching) sollten auch kräftigende und dynamische Übungen wie Hüpfen auf der Stelle bei gleichzeitigem Armkreisen zum Gymnastikprogramm gehören, letzteres auch im Hinblick auf eine Osteoporosevorbeugung, siehe Kapitel 1.3.4. Ein Minimalprogramm zeigt in die Abb. 3.21. Nicht zu vernachlässigen sind kräftigende Übungen der Bauch- und Rumpfmuskulatur, z. B. gleichzeitiges langsames Anheben der gestreckten Beine und des Oberkörpers aus liegender Position unter Vermeidung eines Hohlkreuzes (Kopf Richtung Brust beugen). Dehnübungen (Stretching) sollte man nicht Bei verkürzter Muskulatur und auch gedankenlos durchführen. vorbeugend sind sie nach (!) dem Warmlaufen im Training durchaus sinnvoll, nicht jedoch beim Vorliegen einer Muskelverletzung wie z. B. Muskelfaserriss oder Muskelkater (s. oben). Die Muskelfasern können dabei weiter einreißen, gefolgt von mehr oder weniger großen Einblutungen mit schmerzhafter Druckerhöhung innerhalb der Muskelfaszie. Somit sind Dehnungsübungen nicht zu jedem Zeitpunkt vorteilhaft. 84
Regeneration, Gymnastik, Massagen | Training
Besonders vor und nach Wettkämpfen oder hartem Training vor allem mit exzentrischer Kraftentwicklung wie bei langen Bergabläufen fördert vorangegangenes Stretching entgegen weit verbreiteter Meinung eine Muskelschädigung [254]. Weibliche Versuchspersonen, die nach exzentrischer Kraftbeanspruchung beider Oberschenkel (M. rectus femoris) einen Muskelkater bekamen, hatten in dem Bein stärkere Muskelschmerzen, wo die Muskulatur vor der Belastung 3 Minuten gedehnt wurde [351]. Somit scheint Stretching unmittelbar vor intensiver Muskelbeanspruchung den Muskelschaden mit entsprechenden Beschwerden eher zu steigern und nicht zu vermindern, wie häufig angenommen wird, siehe Tabelle 3.16. Ebenso wenig konnte eine vermutete Abnahme der Verletzungshäufigkeit nach Stretching für Sportarten wie Langstreckenlaufen, Radfahren und Schwimmen nachgewiesen werden [134, 351, 359]. Herbert und Gabriel [134] von der Universität Sydney/Australien werteten nur randomisierte Studien hinsichtlich Verletzungshäufigkeit und Stretching aus. Danach fand sich durch Stretching kein statistisch signifikanter Rückgang von Muskelkater, Muskelfaser- und Achillessehnenrisse, Ermüdungsbrüche usw. Dennoch berechneten die Autoren die in der Statistik wichtige „number needed to treat“ (die Zahl, die für einen Behandlungseffekt nötig ist): Danach müssen 100 Personen 12 Wochen lang ununterbrochen stretchen, eine Einzelperson sogar 23 Jahre lang, um eine Verletzung zu vermeiden! Sich vor einem Wettkampf ausgiebig zu dehnen, ist auch noch aus einem anderen Grund wenig sinnvoll. Durch das Dehnen vermindert sich die Muskelspannung. Damit nimmt die Maximalkraft (Schnellkraft) ab [275, 352]. Selbst 120 Minuten nach dem Stretchen war die Kraft noch vermindert [275]. Hennig und Podzielny [132]) konnten beispielsweise an Sportstudenten und Leichtathleten eine 4prozentige Abnahme der Tabelle 3.16 Dehnübungen (Stretching) dürfen hinsichtlich des Zeitpunktes nicht gedankenlos durchgeführt werden, da sonst nachteilige Auswirkungen zu erwarten sind: ●
Muskelschaden nach exzentrischer Belastung, z. B. Bremsbewegung bergab, größer in vorgedehntem Zustand. (Nosaka K, K Sakamoto (2001) Med Sci Sports Exerc 33(1): 22–29)
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Nach Dehnung Schmerzen bei Muskelkater größer. (Wiemann K, M Kamphöfner (1995) Dtsch Z Sportmed 46(9): 411–421)
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Dehnen nach exzentrischer Belastung erhöht das Risiko einer Rhabdomyolyse (Muskelzellzerfall), Übung tags zuvor vermindert es. (Lin H et al (2005) Am J Sports Med, Oct 31)
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Keine Abnahme der Verletzungshäufigkeit nach Stretching nachgewiesen. (Herbert RD, M Gabriel (2002) Brit Med J 325: 468–472, Witvrouw E et al (2004) Sports Med 34(7): 443–449)
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Verminderte Muskelanspannung durch Dehnen, dadurch Abnahme der Maximalkraft (Schnellkraft). Selbst 2 Stunden danach war sie noch vermindert. (Power K et al (2004) Med Sci Sports Exerc 36(8): 1389–1396)
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Training | Regeneration, Gymnastik, Massagen
Sprungleistung nach vorangegangenen Dehnübungen messen, während nach einem 10minütigen Warmlaufen ohne Stretching die Sprungleistung um 6 % gegenüber dem Ausgangswert anstieg. Kurzum, Dehnungsübungen müssen immer gezielt eingesetzt werden und kommen daher in erster Linie nach einer Belastung in Frage und nicht vorher. Gefördert wird die Regeneration nach einer Anstrengung auch durch entspanntes Liegen, eine Erfahrung, die jeder von uns schon gemacht hat. Doch wer denkt daran, durch Liegen wieder an Größe zuzunehmen, nachdem wir mit zunehmendem Alter immer mehr „austrocknen“ und kleiner werden, siehe auch Kapitel 1.3.1? Wenn man berücksichtigt, dass nach einer Untersuchung von Berthold [26] Geher und Marathonläufer im Tagesverlauf eine Abnahme der Körpergröße von 3,2 % haben (Gewichtheber 4,5 %, Ruderer 5,4 %, Schwimmer 1,1 %), so ist bereits durch diesen Wasserverlust der Bandscheiben mit Höhenabnahme eine Lockerung der Wirbelsäulensegmente erklärbar, wodurch schmerzhafte Blockierungen geradezu provoziert werden. Durch entspanntes Liegen mit stufenförmiger Position der Beine, z. B. auf dem Boden liegend (warme Unterlage!) und die Unterschenkel (Waden) auf einem Stuhl gelagert, nimmt die Körpergröße schon nach 15 Minuten wieder deutlich zu. Berthold empfiehlt daher, zweimal täglich jeweils vormittags und nachmittags für 15 Minuten eine solche Entlastungshaltung einzunehmen. Doch kann durch entspanntes Liegen bei gleichzeitiger „Erholungsmassage“ die Leistung gesteigert werden? Viele erschöpfte Langstreckler nehmen diese Gelegenheit mitten im Wettkampf wahr, wenn sie angeboten wird (Abb. 3.22). Englische Sportwissenschaftler [131] untersuchten die Wirksamkeit der Erholungsmassage. Nach maximaler Ergometerbelastung sollte entweder bis zur völligen Erholung geruht werden oder die Sportler erhielten eine Massage. Danach wurde nochmals maximal ergometrisch belastet. Es zeigte sich zwischen beiden Verfahren kein Unterschied hinsichtlich der Leistung einschließlich Laktat- und Glukosespiegeln im Blut. Doch war die subjektiv empfundene Erholung in der Ruhephase mit der Massage besser als ohne Massage. Die Autoren erklären dies ausschließlich mit psychologischen Effekten der Massage. Auch wenn durch Massage keine Leistungssteigerung zu verzeichnen ist, so ist im Leistungssport der psychologische Effekt nicht unwichtig. Bei akuten Muskelbeschwerden im Sinne von Verspannungen oder Krämpfen im Rahmen einer muskulären Anstrengung bzw. Überlastung bringen Massagen schnell Abb. 3.22 Eine „Erholungsmassage“ während eines LangLinderung. Liegen chronische Musstreckenwettkampfes, hier beim Swiss Alpine Marathon kelschmerzen vor, so wirken MasDavos, tut subjektiv gut, hat aber keine Leistungssteigerung sagen, nicht sehr lange. Schwezur Folge. Allerdings ist bereits das Liegen für die Banddische Forscher [126] haben 129 scheiben nützlich und mit einer Körpergrößenzunahme innerhalb von 15 Minuten verbunden, siehe Text. Patienten mit chronischen Schmer86
Regeneration, Gymnastik, Massagen | Training
zen am Bewegungsapparat in zwei Gruppen unterteilt. Die eine Gruppe erhielt über fünf Wochen 6 bis 10 zwanzigminütige Massagen. Die zweite Gruppe (Kontrollgruppe) unterzog sich mittels Tonband zweimal wöchentlich progressiven Entspannungsübungen. Bei Behandlungsende und drei Monate später wurden die Schmerzen, die Lebensqualität und die mentale Energie mittels Fragebögen erhoben. In allen 3 Punkten zeigte die Massagetherapie Vorteile, allerdings nur bei Therapieende. Drei Monate danach war alles wieder beim Alten! d) Sauna Anwendungsmethode In der Sauna kommt trockene heiße Luft im Wechsel mit kalter Luft bzw. kaltem Wasser zur Anwendung. Das dadurch erzielte subjektive Wohlbefinden macht die Sauna in der Bevölkerung sehr beliebt. Man fühlt eine gesteigerte Leistungs- und Regenerationsfähigkeit, ohne dass diese jedoch wissenschaftlich belegt werden kann. Die Saunaauswirkungen auf den Körper hängen vom Hitzegrad, der Aufenthaltsdauer, dem Ablauf und der Häufigkeit der Saunagänge ab. Eine sorgfältige individuelle Dosierung unter Vermeidung von Übertreibungen ist wichtig. Man sollte jedoch mindestens 2 Stunden für ein sinnvolles Saunabad einplanen. Dabei geht man wie folgt vor: Zunächst Vorreinigung mit Wasser und Seife, danach den Körper gründlich abtrocknen. Es folgt die Aufheizphase im Saunaraum, die in der Regel 8 bis 15 Minuten beträgt. Bei weniger Geübten sind kürzere Zeiten zu empfehlen. Da die Wärme nach oben steigt, ist die Platzierung auf der mittleren und oberen Bank besonders wirkungsvoll. Man liegt oder sitzt auf der Bank. Wer sitzt sollte darauf achten, dass sich die Füße in Sitzhöhe befinden. Zwei Minuten vor Verlassen der Kabine sollte man sich aufsetzen. Man kann dann einen so genannten Aufguss nehmen, der einen thermischen Reiz auf den Körper darstellt. Dabei werden mit einer Schöpfkelle ca. 10 bis 15 g Wasser pro Kubikmeter Rauminhalt in kleinen Mengen auf die Granitsteine des Ofens gegossen. Anschließend wird mit einem Handtuch wedelnd die Luft bewegt. Als Zusatz für das Aufgusswasser sind ätherische Öle von Latschen, Kiefern, Fichten und Eukalyptus üblich. Die folgende Abkühlphase dauert in der Regel ebenfalls 8 bis 15 Minuten. Der Schweiß wird vor Benutzung des Tauchbeckens abgeduscht. Im Freiluftareal erfolgt die Abkühlung während des Umhergehens. Stehen im Freiluftareal wie auch unter der Dusche sind wegen der Kreislaufkollapsgefahr zu meiden. Ein Fußbad im Anschluss an die Abkühlphase fördert die Wiedererwärmung. Danach ist eine Ruhepause möglichst in liegender, entspannter Position einzulegen. Die Dauer in jeder einzelnen Phase wird in der Regel durch das subjektive Empfinden bestimmt. Dabei haben sich zwei bis drei, gelegentlich auch vier Durchgänge bewährt. Auswirkung In der Sauna nimmt die Hauttemperatur bis 10 °C zu, die Kerntemperatur bis 1 °C. Die Aufheizphase wird zum einen durch die abgestrahlte Wärme von den Holz- und Ofenoberflächen (80 bis 100 °C), zum anderen von der konvektiv wirkenden Umgebungsluft (60 bis 95 °C) bestimmt. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte Werte von 8 bis 87
Training | Regeneration, Gymnastik, Massagen
11 % aufweisen. Durch die entstehende Überwärmung im Gewebe wird die Aktivität des Stoffwechsels angekurbelt. Die Saunawärme wirkt Krampf lösend auf die Bronchien, steigert die Sekretion (Absonderung) und verstärkt die Durchblutung. Durch das Schwitzen verliert man durch zwei Saunagänge in einer halben Stunde einen halben bis einen Liter Schweiß, also mehr Flüssigkeit als man in dieser Zeit an Urin bilden würde. Neben Wasser verliert man mit dem Schweiß Mineralien (Elektrolyte), vor allem Kochsalz, Kalium, Milchsäure, Aminosäuren und Harnstoff. Nierenkranke Saunagänger scheiden bis zum zehnfachen der Harnstoffdosis gesunder Versuchspersonen aus, so dass auch diesen Patienten die Sauna zu empfehlen ist. Während der Kochsalzverlust über den Schweiß sich meist günstig auswirkt, da wir mit unserer Nahrung ohnehin zuviel Blutdruck steigerndes Kochsalz aufnehmen, kann ein erhöhter Kaliumverlust dagegen negative Folgen haben, wenn er nicht durch die Nahrung wieder ausgeglichen wird. Dies ist besonders bei den Menschen der Fall, die wegen Verstopfung Abführmittel zu sich nehmen oder mit Wasser treibenden Medikamenten, zum Beispiel bei Bluthochdruck, behandelt werden. Der zum Schweiß zusätzliche Kaliumverlust über den Darm bzw. den Urin kann dann zu einem Kaliummangel im Blut führen, was durch Muskelschwäche und Herzrhythmusstörungen charakterisiert ist. Es ist also zu empfehlen, bei regelmäßigem Saunabesuch – ein- bis zweimal pro Woche – kaliumreiche Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, wie z. B. Aprikosen, Bananen, Tomaten, Gemüsesäfte usw.. Nur selten ist die Einnahme von Kalium-Tabletten notwendig. Reichliches Trinken von Wasser oder Tee vor dem Saunagang führt zu besonders starkem Schwitzen. Ebenso wird die Schweißbildung durch einen kalten Trunk nach der Sauna angeregt. Gedrosselt wird dagegen die Schweißabsonderung, wenn vor dem Saunagang z. B. Salztabletten eingenommen werden, da Salz das Wasser im Körper zurückhält, wodurch das Schwitzen erschwert ist. Um das Zuviel an Kochsalz wieder über die Nieren auszuscheiden brauchen wir vermehrt salzarme Flüssigkeit (Trinkwasser). Ein stark gesalzenes Essen macht daher ein Durstgefühl. Die Einnahme von Salztabletten vor und nach einem Langstrecken-Wettbewerb, z. B. Marathon, ist deshalb wenig sinnvoll. Wann Saunabesuch? Nach einer sportlichen Belastung gehen viele Menschen gerne in die Sauna, um die günstigen Stoffwechseleffekte der Sauna auszunutzen. Manche haben die Vorstellung, dass auf Grund der Durchblutungsförderung die bei Muskelarbeit entstehenden Stoffwechselprodukte, vor allem Milchsäure (Laktat), rascher abtransportiert werden und einem Muskelkater eventuell vorgebeugt werden könne. Nicht bedacht wird dabei, dass der Muskelkater eine Mikroverletzung der Muskelfasern nach Überlastung darstellt,also nicht durch die Milchsäure verursacht. Darüber hinaus wird Laktat sehr schnell abgebaut, Halbwertzeit etwa 10 Minuten. Das heißt, nach 10 Minuten ist der hohe Laktatspiegel nach Belastung bereits auf die Hälfte abgefallen. Der Weg zur Sauna und die Vorbereitung zum Saunagang, siehe oben, benötigen so viel Zeit, dass der Laktatspiegel mit Sicherheit schon den normalen Ruhewert erreicht hat. Da bei jeder erschöpfenden Muskelbelastung eine Entzündungsreaktion abläuft, erkennbar am Anstieg von Laborwerten wie CrP, Ferritin, weiße Blutkörperchen usw., 88
Regeneration, Gymnastik, Massagen | Training
beschleunigt nicht Wärme, sondern entzündungshemmende Kaltwasseranwendungen bzw. Eismassage (natürliches Eis) die Regeneration. Dasselbe gilt für akute Verletzungen mit Schwellungen . Unbestritten ist jedoch die positive Wirkung auf chronische rheumatische Beschwerden. Wer dennoch nach einer körperlichen Anstrengung auf Grund des subjektiven Wohlbefindens in der Sauna diese nicht missen möchte, der muss darauf achten, dass zuvor der Wasser- und Salzhaushalt im Körper ausgeglichen ist. Andernfalls sind Kreislaufprobleme zu befürchten, da durch einen weiteren Wasser- und Salzverlust in der Sauna bei gleichzeitig weit gestellten Hautgefäßen zur Wärmeabgabe der Blutdruck überschießend bis hin zum Kollaps absinkt. Bei jedem sinkt der Blutdruck durch die Hitze bedingte Weitstellung der Gefäße mit verringertem Widerstand beim Durchfluss des Blutes mehr oder weniger stark ab. Infolge des vermehrten Blutrückflusses zum Herzen über die Venen reagiert das Herz auf das erhöhte Blutangebot mit einer Zunahme der Herzfrequenz um etwa 30 Schläge pro Minute. Diese Beschleunigung hängt sehr von der Körperlage ab. Wer sich gleich hinlegt, so dass die Füße in gleicher Höhe wie der Kopf liegen, hat einen geringeren Pulsfrequenzanstieg als im Sitzen. Saunabesuch von Herzkreislaufkranken Während sich Patienten mit einem zu niedrigen Blutdruck relativ schnell abkühlen sollen, um einen effektiveren Druckanstieg zu erzielen, gilt für Hochdruckkranke ein vorsichtiges Vorgehen beim Abkühlen. Vor allem sollten sie nicht überhitzt aus der Sauna direkt in das kalte Tauchbeckenwasser steigen oder gar springen. Dabei wurden schon Blutdruckwerte bis zu 300 mm Hg gemessen. Die Gefahr von Schlaganfall, Herzinfarkt oder lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen (Kammerflimmern) ist bei diesen Risikopatienten dann nicht von der Hand zu weisen. Hochdruckkranken wie auch anderen Herzkreislauferkrankten, z. B. stabiler Zustand nach Herzinfarkt, ist daher anzuraten, zuerst die Beine allmählich kalt abzuduschen, damit sich zunächst dort die weit gestellten Gefäße durch die Einwirkung des kalten Wassers verengen und der Blutdruck langsam, nicht abrupt und überschießend ansteigt. Bei niedrigem Blutdruck sollte man auch niemals regungslos unter der warmen Dusche stehen bleiben, sondern während des Duschens von einem Bein auf das andere treten, um ein Absinken des Bluts in die Beine und damit einen Kollaps oder Schwindelzustände zu vermeiden. Unter der kalten Dusche geht dann die durch die Saunahitze gesteigerte Herzfrequenz rasch auf Ruhewerte zurück, die Erholungsphase setzt ein. Auf Grund des erwähnten verstärkten Blutrückflusses zum Herzen kommt es auch zu einer stärkeren Blutfüllung im Lungenkreislauf. Gesunde können diese gut ausgleichen, nicht aber Patienten mit bestimmten schwerwiegenden Herzklappenfehlern oder Lungenkranke mit erhöhtem Druck im kleinen Kreislauf, beispielsweise ältere Menschen mit schwerem Asthma. Dagegen kann beispielsweise einem asthmakranken Kind ohne Druckerhöhung im Lungenkreislauf die Sauna gut tun. Die Durchblutung der Herzkranzgefäße ist selbst bei Personen, die damit Schwierigkeiten haben, in der Wärmephase deutlich verbessert. Kaltluftbad und vorsichtige Wassergüsse nach Kneipp in der Abkühlphase führen zu keiner wesentlichen Herzbelastung. Sie ändern den Blutdruck im Gegensatz zum kalten Eintauchbad kaum. 89
Training | Sportlerernährung
Eine sofortige Entlastung des Kreislaufs erreicht man durch ein warmes Fußbad. In der Regel ist das Risiko auch für Herzkreislaufkranke nicht höher, wenn sie nicht zu lange der Hitze ausgesetzt sind, diese nicht zu hoch ist und der Körper auch wieder stufenweise und nicht plötzlich abgekühlt wird. Schwerstherzkranken mit Beschwerden bereits in Ruhe ist selbstverständlich von einem Saunabesuch abzuraten. Überhaupt sollten Herzund Lungenkranke zuerst ihren Arzt fragen, bevor sie erstmalig die Sauna betreten. Die nicht auszurottende Meinung, die Sauna stärke Herz und Kreislauf im Sinne einer sportlichen Übung, ist falsch. Wie alle Muskeln wird auch der Herzmuskel nur dann trainiert, wenn er gegen einen erhöhten Widerstand arbeitet. Dies ist wohl bei Betätigung großer Muskelgruppen, z. B. Beinmuskulatur (nicht kleine Fingermuskeln beim Tippen!), der Fall, nicht aber in der Sauna. Dort führen wohl thermische Reize zu einer erhöhten Pulsfrequenz, was jedoch bei gleichzeitiger Erweiterung der Hautgefäße nur zur Folge hat, dass sich dort das Blut sammelt. Dies bedeutet lediglich eine vorübergehende Entlastung des Herzens. Demgegenüber trainiert aktive Betätigung großer Muskelgruppen das Herzkreislaufsystem messbar, beeinflusst die Herzkreislaufrisikofaktoren positiv und erhöht die Lebenserwartung bei hoher Lebensqualität. Fazit Die eigentliche Wirkung der Sauna ist in der Aktivierung des Stoffwechsels und der vermehrten Ausscheidung von Stoffwechselendprodukten (z. B. Harnstoff) über die Haut durch Überwärmung zu sehen. Durch den Wechsel von Warm- und Kaltanwendung wird die Gefäßmuskulatur geübt, wodurch der Organismus lernt, sich an schnell wechselnde Umwelteinflüsse anzupassen. Inwieweit hierdurch bereits eine Abhärtung des Körpers und damit eine verminderte Infektanfälligkeit zu erreichen ist, ist noch nicht eindeutig geklärt. Auf jeden Fall ist die Sauna „ein herrlicher Ort der Erholung und Entspannung“, wo man vom Alltagsstress abschalten und eventuell bei Wohlgefühl über weitere Maßnahmen der Gesunderhaltung nachdenken kann.
3.8 „Sportlerernährung“ Bewegung und Ernährung waren während der menschlichen Evolution untrennbar miteinander verbunden: Jagen und sammeln von Essbarem, also ständig in Bewegung, um zu überleben. Auf diese Lebens- und Ernährungsweise unserer frühesten Vorfahren scheinen unsere Gene auch heute noch programmiert zu sein. Maschinen haben uns inzwischen die Muskelarbeit früherer Zeiten abgenommen. Wie die zunehmenden Bewegungsmangelkrankheiten zeigen, scheint jedoch unser Stoffwechsel nur bei regelmäßiger körperlicher Aktivität optimal zu funktionieren. Obwohl gesunde Ernährung und regelmäßige Muskelarbeit die Säulen für ein langes gesundes Leben darstellen, stoßen sie in weiten Teilen der Bevölkerung auf wenig „Gegenliebe“. Die Ernährung ist immer ein Bilanzproblem zwischen dem Bedarf (Energieverbrauch) und der Deckung dieses Bedarfs durch die Nahrung oder körpereigene Vorräte. Dies gilt auch oder gerade für den Ausdauersportler. Im Idealfall liegt ein Gleichgewicht mit gleichbleibendem Körpergewicht vor. Bei vorbestehendem Übergewicht (Adipositas), 90
Sportlerernährung | Training
siehe Kapitel 1.3.6a, wird sich durch ein Langstreckentraining ein Normalgewicht einstellen. Bei unzureichender Energiezufuhr droht eine krankmachende Mangelsituation mit Leistungsabfall, siehe Tabelle 3.17. Es ist jedoch nicht nur die Energiebilanz zu berücksichtigen, sondern auch auf ausgeglichene Einzelbilanzen anderer wichtiger Substanzgruppen (Eiweiß, Elektrolyte, Vitamine usw.) zu achten. Die optimale Ernährung des Breitensportlers, ob jung oder alt, unterscheidet sich nicht von einer gesundheitsbewussten Ernährung für die „Normalbevölkerung“. Ist der tägliche Verbrauch der lebenswichtigen Stoffe durch die Nahrungszufuhr abgedeckt, kann keine Unterversorgung beim Sportler entstehen. Damit ist auch keine weitere Leistungssteigerung durch die Ernährung oder durch zusätzliche Gabe von Industrieprodukten zu erzielen. Der Energieverbrauch des einzelnen Sportlers und der Verbrauch lebenswichtiger Stoffe ist kaum exakt festzulegen, da er von vielen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Grundumsatz, Körpergewicht, Größe, Trainingszustand, Geschicklichkeit beim Bewegungsablauf, Intensität, Häufigkeit und Dauer des Trainings, Außentemperatur und allgemeiner Aktivität im Tagesablauf abhängt. Morgendliche Gewichtskontrollen nach dem Aufstehen und Aufsuchen der Toilette können einen Hinweis für die aktuelle Energiebilanz geben. Die Wahrnehmung des Hunger- und Sättigungsgefühls reichen in der Regel für eine angemessene Energiezufuhr des Ausdauersportlers aus. Bei über 70jährigen ist vereinzelt auch mit einer Gewichtsabnahme bei Mangelernährung zu rechnen. Schlecht sitzende Zahnprothesen mit schmerzenden Druckstellen und Kraftabnahme der Kaumuskulatur führen zu einer schlechteren Zerkleinerung der Nahrung und einer geringeren Vermischung mit Speichel, was nicht nur die Aufnahme lebenswichtiger Nahrungsbestandteile über die Darmschleimhaut erschwert, sondern häufig eine einseitige Ernährung mit Weißbrot und Dosensuppen zur Folge hat. Die Funktion der alternden Darmschleimhaut selbst verschlechtert sich ebenfalls und fördert zusätzlich eine Mangelernährung, genauso wie der oft nachlassende Appetit. Hinzu können Krankheiten wie Diabetes, Nierenkrankheiten u. a. sowie „auf Ein Gewichtsverlust von 5% und mehr den Magen schlagende“ Nebenwirkun- innerhalb von 3 Monaten, der nicht auf ein gen mancher Medikamente kommen. begonnenes umfangreiches Ausdauertraining Zur Energiegewinnung verwendet zurückzuführen ist, sollte daher ärztlicherdie Muskelzelle je nach Intensität (Tempo) und Dauer der Laufbelastung seits abgeklärt und behandelt werden. Traubenzucker (Glykogenabbau), Fettsäuren (Fettabbau) und Aminosäuren (Eiweißabbau). Für die Ausdauersportler hat sich eine kohlenhydratreiche Kost bewährt. Die Nahrungsbestandteile sollten sich etwa aus mindestens 60 % Kohlenhydrate, 25 % Fett und etwa 15 % Eiweiß zusammensetzen. a) Kohlenhydrate (Glykogen) Die aus der Nahrung gewonnenen Zuckermoleküle werden vom Darm über die Blutbahn zur Leber transportiert. Dabei kann der Traubenzucker (Glukose) im Blut entweder direkt vom Gewebe, z. B. Muskulatur, verstoffwechselt werden oder in Form von Glykogen, das aus langen Traubenzuckermolekülketten besteht, in der Leber und im Muskel als Energiereserve gespeichert werden. Die Art der Energiegewinnung wird von 91
Training | Sportlerernährung Tabelle 3.17 Die wichtigsten Probleme bei der Ernährung im Sport
Art der Fehlernährung
Folgen
Überernährung (Fettsucht)
z. B. Erhöhung von Cholesterin, Blutdruck, Blutzucker und Insulin. Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall
Essstörungen (vorwiegend bei Jugendlichen und im jungen Erwach-senenalter: Magersucht, Bulimie)
Mangelerscheinungen bis hin zum Tod
Dehydratation (Wasserdefizit)
Leistungsabfall, Blutdruckabfall, Temperaturanstieg, Krämpfe, Bewußtseinseintrübung
Unterzuckerung (Hypoglykämie)
Leistungsabfall, Frieren, kaltschweißig, Heißhunger, Verwirrtheit, Bewusstlosigkeit
Eisenmangel
Leistungsabfall, Blutarmut (Anämie)
Natriummangel (Hyponatriämie, „Wasserintoxikation“)
Blutdruckabfall, Krämpfe, desorientiert, verwirrt, Atemstillstand
Kaliummangel (Hypokaliämie)
Muskelerschlaffung, Blutdruckabfall, Appetitlosigkeit, Herzrhythmusstörung
Hyperkaliämie (zuviel Kalium)
Muskelschwäche, Kreislaufkollaps, HerzRhythmusstörung bis hin zum Herzstillstand
Magnesiummangel
Muskelzuckungen, Krämpfe, Herzrhythmusstörungen, Bewußseinstrübungen
Nahrungsmittelunverträglichkeit
Durchfall, Bauchkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen, Kollaps, Hautreaktion (Urticaria)
Alkoholzufuhr
„Muskel- und Nervengift“, Leistungsabfall, verzögert die Regeneration (hemmt Testosteronproduktion), unterdrückt Glukoneogenese (Traubenzuckerneubildung) mit dem Risiko einer Unterzuckerung, durch Hemmung des antidiuretischen Hormons (ADH) gesteigerte Wasserausscheidung mit Magnesiumverlust, Herzrhythmusstörung (z.B. „Vorhofflimmern“)
der Dauer und der Laufgeschwindigkeit bestimmt. Unter Ruhebedingungen und Nahrungskarenz ist Fett der wichtigste Energielieferant der Skelettmuskulatur. Mit zunehmender Laufgeschwindigkeit steigt der Glukosebedarf des Muskels erheblich an, der Blutzucker fällt ab. Es setzt eine Gegenregulation mit vermehrter Ausschüttung der 92
Sportlerernährung | Training
Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin sowie des Glukagons bei gleichzeitiger Abnahme der Insulinkonzentration im Blut ein. Dadurch wird der Glykogenabbau in der Leber und im Muskel zu Traubenzuckergewinnung stimuliert. Bei einer niedrigen Laufgeschwindigkeit (unter 65 % der maximalen Sauerstoffaufnahme) wird vorwiegend Fett als Energiequelle der Muskulatur benutzt. Bei höherer Laufgeschwindigkeit (65 bis 85 % der maximalen Sauerstoffaufnahme) sind die vorhandenen Glykogenreserven der leistungsbegrenzende Faktor, da bei dieser Laufgeschwindigkeit in erster Linie Glykogen abgebaut wird, vor allem die Muskelglykogendepots als wichtigste Energiequelle. Je nach Trainingszustand sind die Glykogenspeicher in der Regel nach 80 bis 120 Minuten Belastungsdauer leer, der Blutzucker fällt weiter ab. Die Leistung sinkt, die hohe Laufgeschwindigkeit kann nicht mehr gehalten werden. In verschiedenen Untersuchungen (Literatur in [184]) konnte nachgewiesen werden, dass eine vermehrte Kohlenhydratzufuhr während der Belastung den Abbau der Glykogenreserven und die Erschöpfung verzögert. Offenbar müssen mindestens 22 g/Stunde an Kohlenhydraten verabreicht werden, um die Leistungsfähigkeit positiv zu beeinflussen. Dabei ist auch der Zeitpunkt der Kohlenhydratgabe vor der Belastung zu beachten. Wurde beispielsweise Traubenzucker 60 und 90 Minuten vor einer Laufbandbelastung verabreicht, so war der Blutzuckerabfall in den ersten 30 bis 45 Minuten der Belastung höher als bei Glukosegabe erst 30 Minuten vor Belastungsbeginn [328]. Dies ist verständlich. Werden einige Zeit vor dem Wettkampf Kohlenhydrate zu sich genommen, so führt dies zu einem Insulinanstieg (Hyperinsulinämie), um eine Überhöhung der Blutglukose entgegenzuwirken. Gleichzeitig wird Glukagon, der hormonelle Gegenspieler zu Insulin, gesenkt. Der Blutzuckerspiegel fällt dadurch ab, da Insulin die Freisetzung von Glukose aus der Leber vermindert und die Traubenzuckeraufnahme in den verschiedenen Geweben, z. B. Muskulatur, fördert. Zusätzlich hemmt Insulin den Fettabbau. Um eine Unterzuckerung (Hypoglykämie), siehe Tabelle 4.4, zu vermeiden, sollte die zusätzliche Kohlenhydrateinnahme erst kurz vor der Ausdauerbelastungen erfolgen und in kleinen Portionen während der Belastung fortgeführt werden. Dies kann durch Industrieprodukte, z. B. aus kleinen Tütchen ausdrückbare und schnell resorbierbare Kohlenhydratgels bzw. Kohlenhydrat angereicherte Elektrolytgetränke, erleichtert werden. Doch auch Naturprodukte wie (über)reife(!) Bananen oder auch einfaches Weißbrot gut gekaut, wie sie bei Marathonläufen häufig angeboten werden, sind geeignet, siehe Abb. Abb. 3.23 Verpflegungsstelle. Nur sehr reife bzw. überreife 3.23. Wird Zucker nur während Bananen sind eine leicht verdauliche Kohlenhydratquelle, prodes Laufens portioniert einge- blemlos auch für Läufer mit Nahrungsmittelunverträglichkeit nommen, so führt dies nicht zu (z. B. auf Gluten im Brot oder auf Milchzucker). 93
Training | Sportlerernährung
mg% Glukose einem wesentlichen Insulinanstieg mit Unterzuk200 kerungsgefahr. Da eine Zuckerlösung schnell über den Darm aufgenommen 150 wird, Abb. 3.24, „lohnt“ es sich beispielsweise an jeder Verpflegungsstelle 100 eines Marathons eine kohlenhydrathaltige Lö50 sung wie gesüßten Tee oder Cola zu trinken, um eine frühzeitige Entlee0 rung der Glykogendepots 0 30 60 90 120 zu vermeiden. Minuten Maximal gefüllte GlyAbb. 3.24 Blutzuckerverlaufskurve nach dem Trinken einer Zuckerkogenspeicher sind jedoch lösung (100 g Zuckergemisch aus Glukose, Maltose, Maltotriose und nur bei Belastungen von höheren Oligosacchariden). Bereits nach 30 Minuten ist ein maximaler mehr als 70 % der maxi- Glukoseanstieg im Blut zu verzeichnen, der den Nutzen von zuckermalen Sauerstoffaufnah- haltigen Getränken während Langstreckenbelastungen demonstriert. me von Nutzen, wenn eine solche Laufgeschwindigkeit länger als 80 Minuten dauern soll. Bei kürzerer Dauer, etwa unter einer Stunde, oder bei sehr langsamer Geschwindigkeit, auch moderates Walking reichen normal gefüllte Kohlenhydratspeicher bei üblicher Kost aus. Bei einer Energiezufuhr, die über dem Bedarf liegt, werden die überschüssigen Kohlenhydrate in Triglyzeride (Neutralfett) umgewandelt und schließlich als Fett gespeichert. Bei ausgeglichener Energiebilanz belastet die recht hohe Kohlenhydratzufuhr das Fettprofil im Serum des Sportlers nicht, da sowohl die Glykogenaufbaurate im Vergleich zum Nichtsportler erhöht ist als auch die Insulin unabhängige Aufnahme von Traubenzucker in die Muskelzelle durch Training gesteigert wird. Je mehr trainiert wird, desto wichtiger ist ein hoher Kohlenhydratanteil in der Ernährung. So konnten Costill und Mitarbeiter [59] an trainierten Läufern einen kontinuierlichen Abfall des Muskelglykogengehalts demonstrieren, wenn täglich 10 Meilen mit einer Geschwindigkeit um 80 % der maximalen Sauerstoffaufnahme an jeweils 3 Tagen hintereinander gelaufen wurden und die Kost 50 % Kohlenhydrate enthielt. Gleichzeitig nahm auch die Laufleistung ab. Mehrere Läufer waren nicht in der Lage, die Trainingseinheit am dritten Tag durchzuhalten, da die Glykogenkonzentration am Start des Laufes niedrig war. Bestand jedoch die Kost aus 70 % Kohlennitratanteil, so normalisierte sich das Muskelglykogen jeden Tag bei demselben oder einem ähnlichen Training. Daraus resultiert, dass ein tägliches oder fast tägliches Training nur dann effektiv durchgeführt werden kann, wenn etwa 70 % der in der Kost aufgenommen Kalorien durch Kohlenhydrate gedeckt werden. Sherman [302] empfiehlt, die Kohlenhydrateinnahme unmittelbar nach andauernder intensiver Muskelarbeit zu beginnen, da die Glykogenaufbaurate sofort nach einer 94
Sportlerernährung | Training
Belastung am größten ist, siehe Kapitel 3.7. Alle 2 Stunden sollte man dann eine Kohlenhydratmenge von etwa 1,5 g pro kg Körpergewicht zu sich nehmen. Die gesamte Tagesration sollte dann 8 bis 11 g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht betragen. Bei einem Muskelkater kann sich jedoch der Aufbau des Muskelglykogens verzögern. Auch bedeutet eine vollkommene Auffüllung der Glykogenspeicher nach besonders langen Läufen wie Marathon noch nicht, dass der Muskel damit seine volle Leistungsfähigkeit wieder erreicht hat, da die Wiederherstellung der zerstörten Struktureiweiße zur Energiegewinnung (Glukoneogenese) 8 bis 14 Tage in Anspruch nimmt. Sherman und Mitarbeiter [303] haben Ernährung und Training in der Woche vor einem Langstreckenwettkampf mit dem Ziel einer Superkompensation der Glykogenreserven aufeinander abgestimmt und wissenschaftlich abgesichert. Die Studie wurde mit drei verschiedenen Diätprogrammen bei gleichem Training durchgeführt: die Läufer trainierten in den letzten 6 Tagen vor dem Langstreckenwettkampf mit 73 % der maximalen Sauerstoffaufnahme 90, 40, 40, 20 und 20 Minuten an den aufeinander folgenden Tagen, um dann am sechsten Tag, also vor dem Wettkampf, eine Ruhepause einzulegen. Wurde in dieser Trainingsphase eine 50-prozentige Kohlenhydratkost für 6 Tage eingehalten, so betrug das Muskelglykogen am siebten Tag, also vor dem Wettkampf, 160 mmol/kg Feuchtgewicht. Betrug im zweiten Versuch der Kohlenhydratanteil über 3 Tage 50 % und in den weiteren 3 Tagen 70 % so lag die muskuläre Glykogenkonzentration bei 203 mmol/kg. Im dritten Versuch erreichte die Glykogenkonzentration im Muskel 207 mmol/kg wenn der Kohlenhydratanteil 3 Tage lang 15 % und an den darauf folgenden 3 Tagen 70 % betrug. Selbst ohne Laborüberwachung waren 10 Marathonläufer erfolgreich, als sie eine Woche vor dem Marathon das genannte Trainingsprogramm (90-, 40-, 40-, 20-, 20-Minuten-Läufe an aufeinanderfolgenden Tagen und ein Ruhetag vor dem Wettkampf) mit gemäßigtem Tempo (Unterhaltung möglich) durchführten und den Kohlenhydratanteil in ihrer Kost erhöhten ohne ihn genau zu messen. b) Fette Glykogen bzw. Glukose als Energielieferant lassen eine höhere Laufgeschwindigkeit zu als Fettsäuren. Werden Kohlenhydrate energiemäßig verstoffwechselt, so kann pro Liter aufgenommen Sauerstoff mehr ATP (Adenosintriphosphat) (5,05 kcal) als durch Fettsäuren (4,65 kcal) gebildet werden, wobei das ATP der eigentliche muskuläre „Brennstoff“ ist, der für die Muskelkontraktion notwendig ist. Dass für die Verbrennung von Fettsäuren mehr Sauerstoff benötigt wird als für Glukose ist verständlich, wenn man berücksichtigt, dass im Glukosemolekül selbst bereits mehr Sauerstoffatome gebunden sind als im Fettsäuremolekül. Der Glykogenabbau bei trainierten Läufern ist geringer als bei untrainierten trotz derselben Laufgeschwindigkeit, da trainingsbedingt auch bei höherem Lauftempo vorwiegend Fettsäuren zur Energiegewinnung herangezogen werden. Mit zunehmender Ausdauerleistungsfähigkeit gewinnt also die Energiebereitstellung aus der Fettverbrennung auch unter hoher Belastung an Bedeutung. So deckt beispielsweise ein Untrainierter bei einer Laufgeschwindigkeit von 4 m/s schon 70 % seines Energiebedarfs aus der Kohlenhydratverbrennung, während dies ein Ausdauertrainierter noch zu 80 % aus 95
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der Fettverbrennung bewerkstelligt. Die Folge ist eine rasche Erschöpfung der Kohlenhydratvorräte des Untrainierten mit frühzeitigem Leistungseinbruch. Bei langsamen Laufgeschwindigkeiten mit etwa 30 bis 40 % der maximalen Sauerstoffaufnahme bei Untrainierten beziehungsweise bis zu 70 % bei Trainierten stellt die Verbrennung von Fettsäuren die Hauptenergiequelle des Muskels dar. Die Fettverbrennung ist eine aerobe Energiegewinnung bei ausreichendem Sauerstoffangebot. Die freien Fettsäuren werden zum größten Teil aus den Triglyzeridspeichern des Fettgewebes und der Muskelzelle selbst freigesetzt. Im Gegensatz zu den Glykogenspeichern gibt es mit dem Fettgewebe als Energiequelle keine Reserveprobleme. Der Ausdauersportler sollte daher genauso wie die Allgemeinbevölkerung die gesamte Fettzufuhr im Hinblick auf die arteriosklerotischen Risikofaktoren, Kapitel 1.3.6, möglichst niedrig halten (Abb. 3.25) und pflanzliche Fette mit ihrem höheren Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren sowie die mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren von Meeresfischen bevorzugen. c) Eiweiß Bei zurückgelegten Strecken von über einer Stunde Dauer werden nach Literaturangaben 5 bis 15 % der Energiegewinnung abhängig von der Höhe der Kohlenhydratreserven dem Eiweißabbau zugeschriebenen (Literatur in [184]), erkenntlich am Harnstoffanstieg im Blut. Je höher der Trainingsumfang, also je länger die absolvierten Strecken sind, desto höher ist auch der Eiweißbedarf, da mit zunehmender Streckenlänge auch Struktureiweiß zur Energiegewinnung (Glukoneogenese) abgebaut wird. In der Regel wird der erhöhte Eiweißbedarf durch die vermehrte Nahrungszufuhr, gesteuert durch das Hungergefühl, bei hohem trainingsbedingtem Kalorienverbrauch gedeckt, so dass umständliche Berechnungen der Nahrungsbestandteile nicht notwendig sind. In der Anfangsphase eines neu begonnenen Trainings wird Abb. 3.25 Nach einem Volkslauf bzw. einer Volkswanderung gönnen sich viele eine leckere Wurst und ein „Bierchen“. Keine Eiweiß (Plasmaprotein) vermehrt ideale Kost (Bier wirkt Wasser treibend mit Elektrolytverlust abgebaut. Umstellungsvorgänge und hemmt die anabole Wirkung des Testosterons zum im Körper mit gesteigerter BilTrainingseffekt; die kalorienreiche fette Wurst erhöht das dung von Muskeleiweiß, EnCholesterin und die Triglyzeride). Doch ist dies kein großes zymen, Mitochondrien usw. Problem, wenn die Ernährung sonst gesund und ausgewogen ist sowie die Kalorienbilanz stimmt. Ein Ausdauertrainierter mit werden dafür verantwortlich erhöhtem Cholesterin und Bluthochdruck hat statistisch dengemacht. Eine ausgeglichene Binoch eine höhere Lebenserwartung als ein völlig Untrainierter lanz wie vor dem Training wird ohne diese Risikofaktoren [29]. Wer regelmäßig trainiert kann sich nach einigen Wochen bei sich also gelegentliche Ernährungssünden bei hoher Lebensqualität leisten! Mischkost mit Milchprodukten, 96
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Fleisch, Fisch, Eiern, frischem Gemüse und Obst wieder einstellen. Auch hier ist es sinnvoll unmittelbar nach Ausdauerbelastung, z. B. einem Marathon, nicht nur mit der Zufuhr von Kohlenhydraten und elektrolythaltigen Getränken sondern auch mit der Zufuhr von hochwertigem Eiweiß zu beginnen. Es bringt allerdings keinen Vorteil, wenn während der Belastung neben Kohlenhydraten zusätzlich auch Eiweiß verabreicht wird. Denn während der Belastung ist der Körper in einer katabolen Stoffwechsellage, das heißt, Eiweiß wird wie auch die Kohlenhydrate zur Energiegewinnung abgebaut. Während der Ausdauerbelastung ist die Bildung von Eiweiß im Muskel und in der Leber unterdrückt [70, 211, 259]. Erst nach Belastung, also in der Regenerationsphase (Kapitel 3.7), wird verstärkt Eiweiß aufgebaut und daher auch als Nahrungsbestandteil notwendig. d) Vitamine Zweifellos führt eine Unterversorgung von Vitaminen zu einer Leistungseinbuße. Besonders zu beachten ist der sehr hohe Bedarf an Vitamin B1 (Thiamin) und B6 (Pyridoxin) bei vermehrter Kohlenhydrat- bzw. Eiweißaufnahme. Bei der oben erwähnten ausgewogenen Mischkost mit viel Obst und Gemüse ist nicht mit einem Mangelzustand zu rechnen. Der weit verbreitete Glaube an den Nutzern von Vitaminzulagen konnte in vielen Studien nicht bestätigt werden. Ein messbarer leistungssteigernder Effekt war nicht festzustellen, wenn über den Bedarf hinaus Vitamine eingenommen wurden [184]. Es ist daher auch nicht erstaunlich, dass es Paovo Nurmi (Abb. 1.8), der noch nichts von Elektrolytlösungen und Vitaminpräparaten wusste, 1923 fertig bringen konnte, innerhalb einer halben Stunde zwei Weltrekorde über 1500 und 5.000 m zu verbessern; oder wie es Emil Zatopek (Abb. 1.12), der sich nach eigenen Angaben mit derber Hausmannkost begnügte, gelingen konnte bei den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki innerhalb einer Woche drei Goldmedaillen auf den Langstrecken, einschließlich Marathon zu gewinnen. Werden „Megadosen“ von Vitaminen zusätzlich als Industrieprodukte aufgenommen, so muss man mit unerwünschten Wechselbeziehungen zu anderen Nährstoffen und mit Nebenwirkungen wie Übelkeit, Muskelzittern, Krämpfe, Kopfschmerzen, Durchfälle, Leistungseinbuße usw. rechnen. Da erschöpfendes Training wie auch Wettkampfstress die Bildung so genannter freier Radikale fördert, werden von der Industrie teilweise hochdosiert die Vitamine A, C und E wegen ihrer antioxidativen Wirkung durch Bindung freier Sauerstoffradikale angepriesen. Radikale sind sehr reaktive Atomgruppen mit einem freien Elektron. Sie greifen Eiweiße und Genmaterial an und werden mit dem Entstehen von Krebs, Herzkreislauf Erkrankungen und mit dem Alterungsprozess in Verbindung gebracht (Literatur in [185]). Sowohl die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie und die American Heart Association (AHA) betonen in ihren Empfehlungen den präventiven Wert einer obst- und gemüsereichen Ernährung. Doch ist diese vorbeugende Wirkung bisher nicht für Vitamin A, C und E in Tablettenform belegt. In einer Studie (Meta-Analyse) wurde kein Hinweis für eine Verminderung des Auftretens von Krebserkrankungen im Magendarmbereich durch antioxidative Nahrungsergänzungsmittel gefunden [27]. Im Gegenteil, eine Analyse, die auf der Tagung der AHA im November 2004 in New Orleans vorgestellt wurde, ergab eine dosisabhängige Zunahme der Sterblichkeit ab einer täglichen 97
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Zufuhr von mehr als 150 IU Vitamin E über mindestens ein Jahr. In einer anderen Studie [338] fand man für die Substitution von Beta Carotin (Provitamin A) ebenfalls eine erhöhte Sterblichkeit. Bei Rauchern kann die Einnahme von Beta Carotin sogar die Lungenkrebsrate erhöhen. Insgesamt gesehen ist durch die höhere Nahrungsenergiezufuhr bei Sportlern eine ausreichende Vitaminaufnahme gewährleistet, wobei von einer Mischkost mit ausreichend Obst und Gemüse auszugehen ist. Von interessierter Seite hört man häufig als Argument für Vitaminpräparate, dass unsere Böden mineralstoffverarmt seien und die Pflanzen deshalb nicht genügend Mineralien und Vitamine liefern würden. Andere wiederum sprechen dagegen von einer Überdüngung. Beweise werden nicht vorgelegt. Tatsache ist, dass Pflanzen auf schlechten Böden nicht gedeihen und die Landwirte entsprechend Gegenmaßnahmen einleiten würden. Doch können im Alter durchaus Nahrungsergänzungsmittel mit Mineralien und Vitamine sinnvoll sein, wenn diese aus der Kost auf Grund von Alterungsvorgängen oder Krankheiten nur unzureichend aufgenommen werden. Auch hier ist eine Überdosierung zu vermeiden. e) Wasser- und Mineralhaushalt Braucht vor allem der ältere Langstreckler Elektrolytgetränke oder andere Nahrungsergänzungsmittel von der Industrie oder brauchen die Industrie und davon abhängige Leute die Ausdauersportler, die diese Präparate und Getränke kaufen oder trifft beides zu? – Als Direktor am Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin der Sporthochschule Köln stellte Professor Richard Rost in einem Editorial der Fachzeitschrift Fortschritte der Medizin (1991, 32:5) die Frage „Inwieweit ist es heute überhaupt noch zulässig, ohne Elektrolytersatz Sport zu betreiben?“ und gibt dann gleich die Antwort: „Wenn man dies sehr hart und keinesfalls unzutreffend formulieren will, so kann man die Antwort in dem Satz zusammenfassen, dass Elektrolytgetränke ganz sicher sinnvoll und unverzichtbar sind, letztlich aber nur für den Hersteller solcher Getränke.“ Im Stoffwechsel spielen die Mineralien (Salze), die als Elektrolyte im Körper gelöst vorliegen, eine wichtige Funktion. Sie müssen in einem bestimmten Verhältnis zwischen der Konzentration außerhalb und innerhalb der Zelle vorliegen, um überhaupt eine nervale Stimulation der Muskulatur über elektrische Signale zu ermöglichen. Von besonderer Bedeutung sind daher die Elektrolytverluste über den Schweiß bei Ausdauerbelastungen vor allem unter Hitzebedingungen, siehe Kapitel 3.6.1. Zur Erhaltung der Organfunktionen müssen daher die Wasser- und Elektrolytverluste über die Nahrung und Getränke wieder ausgeglichen werden. Spezielle im Handel befindliche Elektrolytzubereitungen können den Ersatz erleichtern, werden aber oft nicht sehr gut vom Magen vertragen. Solange die Nierenfunktion noch in Ordnung ist, wird ein Zuviel an Wasser und aufgenommenen Elektrolyten wieder über die Nieren ausgeschieden. Durch Anpassungsreaktionen, z. B. geringere Elektrolytkonzentrationen im Schweiß bei Trainierten sowie erhöhte Rückresorption von Natrium und Kalium durch die Niere [60], werden die Salzverluste möglichst gering gehalten. Unter optimalen Bedingungen werden etwa 15 ml Wasser pro Minute im Dünndarm absorbiert [221]. Entsprechend sind bei hohen Außentemperaturen z. B. während eines Marathons etwa 150 ml alle 98
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15 Minuten zu trinken. Bei geringer Belastungsintensität und mäßigen Temperaturen empfehlen Noakes und Mitarbeiter [252] 0,5 l/Stunde an Flüssigkeitsaufnahme. Da Durst einen unzuverlässigen Regulationsmechanismus darstellt, muss die Flüssigkeitsaufnahme bewusst erfolgen. Es ist daher anzuraten, vor und nach dem Training das Körpergewicht zu registrieren und die Differenz als Flüssigkeit wieder zuzuführen. Beim Schwitzen werden dem Plasma mehr Wasser als Elektrolyte entzogen, weshalb die Elektrolytkonzentrationen im Plasma ansteigen. Bei langen Ausdauerbelastungen vor allem unter Hitzebedingungen müssen also mehr Wasser als Elektrolyte ersetzt werden. Hochkonzentrierte Kochsalzgaben würden zu einem weiteren Konzentrationsanstieg führen. Da Kochsalz (Natriumchlorid) Wasser zurückhält, wird das Schwitzen dann erschwert. Die Körpertemperatur steigt überschießend an, die Leistung sinkt. Andererseits führt ein Zuviel an elektrolytarmen Getränken zu einer Hyponatriämie, siehe Kapitel 3.6.1. Elektrolytgetränke unterschiedlicher Konzentrationen hatten in verschiedenen Studien keinen leistungssteigernden Effekt zur Folge. Allgemein gilt die Elektrolytzufuhr durch die Nahrung (Mischkost) beim Sportler als ausreichend. Während des Dauerlaufes steigt das Kalium im Plasma durch den Glykogenabbau, durch die Zertrümmerung von roten Blutkörperchen (Hämolyse) und durch die Eindickung des Blutes bei erhöhtem Wasserverlust über den Schweiß an. Bei Langzeitbelastungen kann ein erhöhter Kaliumplasmaspiegel eine Mitursache von Erschöpfung sein [291]. Sofort nach der Belastung wird das Kalium dann wieder mit Hilfe der Natrium-Kalium-Pumpe von außerhalb der Zellen in die Muskelzelle zurücktransportiert [45] und zum Wiederaufbau der Glykogenreserven benötigt. Vielfach wird für eine zusätzliche Magnesiumeinnahme plädiert. Ohne Vorliegen eines Mangels konnten in Studien durch Gabe von magnesiumhaltigen Industrieprodukten kein Einfluss auf die Leistung festgestellt werden [184]). Es ist auch noch nicht sicher geklärt, ob es unter körperlicher Belastung nur zu einer Umverteilung von Magnesium oder zu einem tatsächlichen Verlust kommt. Die Muskelbelastung führt zunächst zu einem Abfall an Serum-Magnesium. Für diesen Konzentrationsabfall im Serum dürfte eine erhöhte Aufnahme des Magnesiums durch die Organe während der körperlichen Stresssituation verantwortlich sein. Ob die Magnesiumausscheidung über den Schweiß bei einem trainierten Läufer bedeutungsvoll ist, erscheint fraglich. Auch ohne Mangel wird die Reizschwelle für Muskelkrämpfe erhöht, so dass sich bei Krampfneigung zusätzliche Magnesiumeinnahmen nach dem Training in diesen Fällen bewährt haben. Da Magnesium bei normaler Nierenfunktion in der Regel gut verträglich ist, ein Zuviel macht allenfalls etwas Durchfall, vielleicht auch Müdigkeit, sollte man selbst seine Erfahrung mit zusätzlicher Magnesiumeinnahme machen. Bei ausgewogener Mischkost ist jedoch nicht mit einem Magnesiummangel zu rechnen. So enthalten Vollkornbrot, Sojabohnen, selbst Nußschokolade erhebliche Magnesiummengen. Auch der Kalziumbedarf ist bei einer ausgewogenen Kost mit viel Milchprodukten in der Regel gedeckt. Doch vor allem Frauen in der Menopause mit niedrigem Östrogenspiegel und eventuell bereits vorliegender Osteoporose, siehe Kapitel 1.3.4, ist eine zusätzliche Kalziumsubstitution zu empfehlen, ggf. in Kombination mit Vitamin D, das die Kalziumaufnahme und den -einbau in den Knochen fördert. 99
Training | Sportlerernährung
Auch die Spurenelemente Zink, Kupfer, Selen, Chrom usw. scheinen durch die Nahrungszufuhr bei Langstrecklern im Alter gedeckt zu sein, obwohl man in Anbetracht des großen Werbeaufwandes für entsprechende industrielle Produkte einen anderen Eindruck haben könnte. Vor allem im Herbst und in den Wintermonaten werden zur Stärkung der Immunabwehr zum Beispiel Zink und Vitamin C empfohlen. Letzteres scheint auch nach eigener Erfahrung vorbeugend gegen Erkältungskrankheiten zu wirken bzw. die Dauer zu verkürzen [185]. Eisenverluste über den Schweiß, den Darm, den Urin oder bei Frauen durch Menstruationsblutungen (falls noch vorhanden) bzw. Blutungen in Folge eines Myoms der Gebärmutter können in der Summe gelegentlich so stark sein, dass zusätzliche Eisengaben notwendig werden [185]. Dies trifft vor allem bei fleischarmer Kost zu. f) Zusammenfassung Beim Thema Ernährung gehen die Meinungen oft weit auseinander. Manch ein Meinungsbilder in punkto Ernährung vertritt eigene Interessen (Werbeverträge?) und weniger wissenschaftlich nachgewiesene Fakten. Viele Sportler schwören auf ihre Ernährungsweise oder auf bestimmte industriell hergestellte Produkte und geben Sie als „Geheimtipp“ weiter. Oft ist ein solcher Geheimtipp mit einem Aberglauben zu vergleichen, der meist harmlos hinsichtlich der möglichen gesundheitlichen Nebenwirkungen ist, gelegentlich aber auch gefährlich, wenn Grundregeln des Wasser- und Energiehaushaltes unberücksichtigt bleiben. Auf jeden Fall sind Über- und Fehlernährung leistungsmindernd. Auch individuelle Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind zu beachten, z. B. Laktose(Milchzucker)-, Glutenintoleranz usw. In der Regel ernähren sich jedoch die Langstreckler instinktiv richtig. Sie haben besonders Appetit auf Früchte, Vollkornprodukte, Nudeln, Kartoffeln, Pizza, Obst- und Gemüsesäfte, Salate, Milchprodukte, Fleisch und Fisch. Eine solche ausgewogene kohlenhydratreiche Kost mit hoher Flüssigkeitsaufnahme hat den gewünschten leistungserhaltenden Effekt, sofern auch das Training stimmt. Vor einem Langstreckenwettbewerb beziehungsweise einer langen Wanderung sind vor allem volle bzw. übervolle („Superkompensation“) Glykogendepots in Muskulatur und Leber wichtig, weshalb sich zum Beispiel bei Marathonveranstaltungen vielerorts die „Nudelparty“ am Abend zuvor etabliert hat, siehe Abb. 3.26. Vor einem Langstreckenlauf sollte die letzte Mahlzeit mindestens 3 bis 5 Stunden vorher eingenommen werden. Beispielsweise ist der Magen nach einer Fleischmahlzeit nach 100 bis 110 Minuten erst zur Hälfte entleert [225]. Zur Schonung der Glykogenreserven ist es sinnvoll, etwa 5 Minuten vor einem Wettkampf eine etwa zehnprozentige Zuckerlösung zu sich zu nehmen, auf der Laufstrecke selbst eine Mindestmenge von 22 g Kohlenhydrate pro Stunde, aufgeteilt in kleineren Portionen. Eine „Hyperhydrierung“, also ein Zuviel an Trinkmenge vor dem Wettkampf führt lediglich zu einem frühzeitigen Harndrang und provoziert Magendarmprobleme [185]. Auch sollte eine zu hohe Flüssigkeitsaufnahme während des Langstreckenlaufes wegen der Gefahr einer Hyponatriämie (erniedrigtes Natrium im Blut) vermieden werden, wozu besonders kleine und langsame Personen, vor allem Frauen neigen. Ein Natriumzusatz in Form von Kochsalz (etwa 1,5 bis 2 g pro Liter Getränk) ist in der Regel nur bei 100
Sportlerernährung | Training
Strecken ab Marathon unter Hitzebedingungen notwendig. Alkohol ist Wasser treibend und verzögert die Regeneration, daher nicht empfehlenswert. Nach erschöpfenden Ausdauerbelastungen von mehr als 2 Stunden sind neben dem Ausgleich des Wasser- und Mineralhaushaltes eine möglichst sofortige Kohlenhydratzufuhr von 1,5 g/kg Körpergewicht in etwa zweistündigen Abständen anzuraten, insgesamt 8 bis 11 g/kg Abb. 3.26 Kohlenhydrate sollten nicht erst am Tag vor der Ausdauerbelastung reichlich aufgenommen werden, sondern Körpergewicht täglich. Der Wie- schon mehrere Tage zuvor. Die traditionelle „Nudelparty“ vor deraufbau der Muskelglykogen- großen Stadtmarathons, wie hier im Olympiastadion München, speicher kann bei Muskelkater ist daher mehr ein beliebtes Treffen von Lauffreunden zum länger dauern. In der Regel sind Meinungsaustausch. die Glykogendepots bei kohlenhydratreicher Kost nach etwa ein bis zwei Tagen wieder gefüllt. Doch bedeutet eine komplette Wiederauffüllung der Glykogenspeicher z. B. nach Marathonläufen noch nicht, dass der Muskel damit bereits seine volle Leistungsfähigkeit wieder erreicht hat. Denn nach derartig langen Läufen wird auch Struktureiweiß abgebaut, erkenntlich an einem Harnstoffanstieg im Blut. Hier muss man mit einer Regenerationszeit von mindestens 8 Tagen rechnen. Die Kost sollte daher auch ausreichend Eiweiß enthalten (Fleisch, Eier, Milchprodukte, Sojabohnen usw.). Zu berücksichtigen ist auch, dass beim Auffüllen der Glykogenspeicher wieder vermehrt Kalium benötigt wird, das vor allem in Obst und Gemüse reichlich vorhanden ist. Die von interessierter Seite angepriesenen Industrieprodukte sind in der Regel bei der erwähnten ausgewogenen Mischkost entbehrlich. Sie können allerdings die Handhabung vor allem unter Wettkampfbedingungen erleichtern, zum Beispiel in Form kleiner nach Bedarf portionsweise ausdrückbarer Tütchen mit schnell resorbierbaren Kohlenhydraten als Gel. Bei Vorliegen von chronischen Erkrankungen oder Absorptionsstörungen im Magendarmkanal können besonders bei älteren Ausdauersportlern Nahrungsergänzungsmittel durchaus sinnvoll sein.
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Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Stress
4 Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking 4.0 Stress Stress ist heutzutage ein Modewort. Unter Stress zu stehen gehört fast schon zum guten Ton. Wer unter Stress steht, wird offensichtlich gebraucht, gefordert, seine Leistung wird anerkannt. Das Wort Stress kommt aus dem Englischen und bedeutet Anstrengung. Es ist ein so allgemein gebrauchter Begriff geworden, dass es sich nicht mehr eindeutig definieren lässt. Es kann daher Unterschiedliches gemeint sein: Zeitnot, Schlaflosigkeit, Konzentrationsschwäche, Ärger, Angst, Hoffnungslosigkeit, Aggressionen und so weiter. Neuerdings wird dieser Begriff auch auf Stoffwechselreaktionen bezogen, wenn man von einem „oxidativen Stress“ spricht, siehe unten. Der als lästig empfundene (krank machende) Stress wird auch als „Dysstress“ im Gegensatz zum gesund erhaltenden „Eustress“ bezeichnet, den jeder braucht. Walking und Jogging gehören zum Eustress. Für unsere Gesundheit ist ein gewisses Maß körperlicher und geistig-seelischer Belastung notwendig. Doch wann wird dieses Maß überschritten? Was für den einen noch Eustress ist, kann für den anderen schon Dysstress sein. Die psychische wie auch körperliche Belastbarkeit ist von Individuum zu Individuum verschieden und unterliegt auch zeitlichen Schwankungen, eventuell sogar der Tagesform. Auch das Alter spielt eine erhebliche Rolle. Während man beispielsweise in jungen Jahren eine laute Popmusik als „Ohrenschmaus“ empfand (Eustress), so ist diese im höheren Alter in der Regel eine äußerst unangenehme Belästigung (Dysstress). Überhaupt scheint die Stresstoleranz mit dem Alter abzunehmen. Während der Dysstress meist mit Bedrohung und Angst einhergeht, ist der Eustress mit Freude und Begeisterung verbunden. Als belastender Stress werden beispielsweise Lärm, Hitze, Kälte, Schlafentzug, Ernährungsmangel, anhaltende konzentrierte oder auch eintönigen Arbeit usw. empfunden. Lampenfieber und Prüfungsangst sind ebenfalls Stressfolgen. Stress ist also ein Sammelbegriff für Reaktionen auf Reize. Diese Reaktionen haben immer eine psychische und körperliche Komponente. Neben dem in der Nebennierenrinde gebildeten Hormon Kortisol werden insbesondere auch die „Gewebshormone“ Adrenalin und Noradrenalin (Katecholamine) durch Stressreize freigesetzt. Dies geschieht in Folge einer vermehrten Sympathikusaktivität. Der Sympathikus ist der Gegenspieler des Parasympathikus (Vagusnerv) im vegetativen Nervensystem. Stress ohne Aktivierung des Sympathikus ist undenkbar. Gefährlich kann sich eine Sympathikusaktivierung besonders auf das Herz auswirken. Der Sympathikus steigert den Stoffwechsel, den Blutdruck, die Gerinnungsbereitschaft des Blutes, die Konzentration der Blutfette, die Erregbarkeit des Herzmuskels mit nachfolgenden Herzrhythmusstörungen und führt zu krampfartigen Engstellungen der Herzkranzgefäße. Liegen nun bereits auf Grund der klassischen Risikofaktoren Cholesterinerhöhung, Bluthochdruck und Rauchen durch Auflagerungen („Verkalkung“) verengte Herzkranzgefäße vor (Kapitel 4.2), so können diese sich nun auf Grund der Stress bedingten Sympathikuswirkung total verschließen oder aber der Sauerstoffbedarf des Herzens 102
Stress | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
erhöht sich derartig, dass er auf Grund der bereits vorliegenden Gefäßenge nicht mehr abgedeckt werden kann. Die Folge ist ein Herzinfarkt. Nicht der Stress unserer Zeit an sich ist problematisch, sondern vielmehr die zunehmende Stressempfindlichkeit vieler Menschen. Es gibt heute mehr Leute, die sich durch Dinge gestresst fühlen, über die andere noch leicht hinwegsehen. Ein Stressempfindlicher findet zum Beispiel einen normalen Straßenlärm unerträglich, während ein anderer ihn überhaupt nicht registriert. Der eine zieht sich zurück, schließt das Fenster, um seine Ruhe zu haben, für den anderen kann manchmal die Musik nicht laut genug sein. Nur bei Stressempfindlichen kann ein für ihn zu stark, zu oft oder zu andauernd einwirkender Stress zu Symptomen wie depressive Verstimmungen, Angst, Nervosität, Bluthochdruck usw. führen. Man sollte also nicht nur fragen, warum jemand krank ist, sondern auch warum der andere gesund bleibt. Zweifellos wird das vegetative Nervensystem heute mehr belastet als früher. Bildschirmtätigkeit, optische Signale, ständige Geräuschkulisse (Maschinen, Straßenlärm, Telefon) im Beruf und auch in der Freizeit (Fernsehen, Radio) führen zu Stressreaktionen, die erst krank machen, wenn die Nervenanspannung nicht abgebaut werden kann. Dies lässt sich durch Muskelarbeit bewerkstelligen, wobei vor allem Ausdauersport das vegetative Nervensystem dämpft. Die Widerstandsfähigkeit gegen Stress wird verbessert. So steigt der Puls unter Stress nur sehr verzögert und weniger ausgeprägt an, als bei Untrainierten. Auch die Stresshormonausschüttung (Katecholamine, Kortisol) tritt beim Trainierten später und erst bei höherer Belastungsintensität ein, siehe auch Tabelle 4.1. Auch wenn bereits gesundheitliche Störungen aufgetreten sind, können Sie durch ein dosiertes Ausdauertraining oft vollkommen beseitigt oder aber zumindest gebessert werden. Dies gilt nicht nur für Störungen der Organfunktionen im engeren Sinne, sondern auch für psychische Störungen wie Depressivität, siehe auch Kapitel 1.1. Ein regelmäßig durchgeführtes Ausdauertraining dämpft also nicht nur die Sympathikustätigkeit mit dadurch verbesserter Stresstoleranz, sondern wirkt sich auch auf die in den Anfangskapiteln bereits beschriebenen Risikofaktoren positiv aus. Ein individuell angepasstes körperliches Training ist ein lebenswichtiger Eustress. Denn Bewegungsmangel führt zu Organfunktionsstörungen und schließlich zu Krankheiten. Doch kann man auch stoffwechselmäßig ein Ausdauertraining als Eustress bezeichnen, da doch besonders intensive Muskelaktivität zu vermehrter Bildung von freien Radikalen führt? Dies sind Atome oder Molekülbruchstücke, die ein freies (ungepaartes) Elektron besitzen und daher sehr reaktiv, also wenig beständig sind. Vor allem die Sauerstoffradikale entstehen physiologischerweise im Rahmen der Energiegewinnung in den Mitochondrien (“Kraftwerke der Zellen”) und bei Entzündungsreaktionen. Man spricht daher von einem oxidativen Stress. Auf Grund der erheblichen Reaktionsfähigkeit der freien Radikale können körpereigene Strukturen geschädigt, die Entwicklung von Krankheiten einschließlich Tumoren sowie die Alterungsprozesse gefördert werden. Organe mit hohem Sauerstoffumsatz im Rahmen der Energiegewinnung, z. B. Muskulatur, Herz oder Leber, verfügen über Schutzeinrichtungen, die zusammen mit den in der Nahrung enthaltenen Antioxidantien die freien Radikale wirksam neutralisieren können. Von einem oxidativen Stress ist daher erst bei einem Missverhältnis zwischen Radikalbildung und Radikalneutralisierung auszugehen. Durch Ausdauertraining 103
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Stress Tabelle 4.1 Auswirkungen eines regelmäßigen Ausdauertrainings auf den Organismus ●
Vagotonie mit Senkung der Herzfrequenz, Zunahme des Schlagvolumens und Senkung des Blutdrucks in Ruhe und unter Belastung.
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Katecholaminreaktion (Adrenalin, Noradrenalin) unter körperlichem und psychischem Stress vermindert (Stresstoleranz erhöht).
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Diastolendauer verlängert (erleichterte Herzdurchblutung)
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Muskelstoffwechsel verbessert: Mitochondrienzahl („Kraftwerke der Zelle“), oxidative Enzyme, Glykogenspeicher, Myoglobin und arterio-venöse Sauerstoffdifferenz erhöht.
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Rote Blutkörperchen und Blutvolumen vermehrt.
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Aggregationstendenz (Zusammenlagerung) der roten Butkörperchen und Blutplättchen sowie Vollblutviskosität vermindert (verbesserte Fließeigenschaft des Blutes, geringere Thrombosegefahr)
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Fibrinolytische Aktivität erhöht ( abhängig von der Belastungsintensität), dadurch geringere Thrombosegefahr
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verbesserte Endothelfunktion der Gefäßwand, verbesserte Muskelkapillarisierung.
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HDL-Cholesterin steigt, LDL-Cholesterin und Neutralfett sinken
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Glukosetoleranz und Insulinempfindlichkeit des Gewebes (Muskel, Leber) steigen.
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Günstige Beeinflussung der arteriosklerosefördernden Entzündungsmarker (CrP).
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Verbesserte Koordination und allgemeine körperliche ( hohe maximale Sauerstoffaufnahme) und psychische (weniger depressiv) Leistungsfähigkeit
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Immunabwehr durch moderates Training gestärkt, durch anhaltend hochintensive Belastung geschwächt.
wird der antioxidative Schutz verbessert, scheint jedoch bei erschöpfender Muskelarbeit nicht immer ausreichend zu sein (Literatur in [185]). Dies dürfte bei „Wochenendathleten“ der Fall sein, die durch lange Trainingspausen keinen vermehrten antioxidativen Schutz aufbauen können. In der Werbung für Nahrungsergänzungsmittel wird häufig großen Wert auf die Zufuhr von Antioxidantien gelegt, also Substanzen gegen den oxidativen Stress. Dadurch kann der Eindruck entstehen, freie Radikale hätten nur negative Folgen. Dem ist nicht so. Sie sind auch wichtig für die Muskelkontraktion und die Trainingsanpassung mit Toleranzentwicklung gegen körperlichen Stress, sofern eine gewisse Menge an freien Radikalen nicht überschritten wird. Dabei ist auch zu beachten, dass sie durch Umweltbelastungen wie übermäßige UV-Einstrahlung, Ozon, Nikotin, Alkohol, Zytostatika in der Krebstherapie usw. ebenfalls entstehen. Bei Vorliegen einer chronischen Krankheit oder einer Fehlernährung beziehungsweise beim Zusammentreffen mehrerer der bereits erwähnten Faktoren kann das körpereigene Schutzsystem durchaus einmal 104
Bluthochdruck | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
überfordert sein. Gegenüber Untrainierten haben allerdings Ausdauertrainierte eine höhere Aktivität antioxidativer Enzyme. Nicht bewiesen ist, ob eine zusätzliche Einnahme von Antioxidantien wie beispielsweise Vitamin E und C als „Antiaging-Maßnahme“ nützlich ist oder gar zu einer Verbesserung der muskulären Belastbarkeit führt, wenn eine vollwertige Ernährung mit reichlich Gemüse und Obst und damit auch reich an antioxidativen Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen eingehalten wird. Horrorberichte, wonach der Anfall von freien Radikalen bei extremer körperlicher Belastung zu Krebs führen soll, sind reine Spekulation. Vielmehr belegen epidemiologische Studien, dass zumindest das Vorkommen des Dickdarm- und Brustkrebses durch körperliche Aktivität vermindert ist. So wurde über eine Häufigkeitsreduktion von 30 bis 40 Prozent beim Dickdarmkrebs und 20 bis 30 Prozent beim Brustkrebs durch mäßige bis anstrengende Muskelbeanspruchung von täglich 30 bis 60 Minuten berichtet (Literatur in [185]). Auch Prostata- und Lungenkrebse sind bei sportlich Aktiven weniger häufig zu finden, wobei wohl beim Lungenkrebs der Lebensstil einen erheblichen Einfluss haben dürfte (Ausdauersportler sind meist Nichtraucher!). In einer prospektiven Studie an über 9000 Männern im Alter zwischen 19 und 59 Jahren mit einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von mehr als 16 Jahren konnte gezeigt werden, dass diejenigen mit dem geringsten Fitnessgrad das höchste Risiko hatten, an Krebs zu versterben. Noch eindrucksvoller sind die Statistiken in Bezug auf die Herzkreislauf-Risikofaktoren und die Lebenserwartung, wie schon in Kapitel 1.4 und davor beschrieben. Was die Vorbeugung betrifft, so fanden z. B. Carnethon und Mitarbeiter [46] bei Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 30 Jahren, die 1985/86, 1992/93 sowie 2000/ 2001 jeweils auf dem Laufband getestet wurden, in einer 15jährigen Studienperiode eine 3 bis 6fach häufigere Entwicklung eines Diabetes, eines Bluthochdrucks und eines metabolischen Syndroms bei denen mit dem niedrigsten Fitnessgrad im Vergleich zu denen mit der besten Fitness. Bluthochdruck mit oder ohne metabolisches Syndrom, Diabetes und die Koronare Herzkrankheit mit und ohne Herzinfarkt sind allgemein häufige chronische Erkrankungen im Alter, denen man nicht nur durch Ausdauertraining zum großen Teil vorbeugen kann, sondern die auch noch beim Vorliegen prognostisch effektiv durch körperliche Aktivität zu beeinflussen sind, siehe Tabelle 4.1. Im Nachfolgenden soll deshalb darauf eingegangen werden, in einem Schlusskapitel auch noch auf die Arthrose, die ein Ausdauertraining im Alter häufig erschwert.
4.1 Bluthochdruck (Hypertonie) 4.1.1 Einleitung Der Blutdruck zeigt die Druckverhältnisse in den Arterien an. Dabei ist das Herz die eigentliche Druckpumpe, um den Blutkreislauf aufrecht zu erhalten. Das Blut muss gegen den Widerstand in den kleinen Arterien (Arteriolen) gepumpt werden. Während des Zusammenziehens (Kontraktion) des Herzmuskels (Systole) ist der Blutdruck am höchsten, da das Blutvolumen in den Arterien durch den Pumpvorgang plötzlich zunimmt. Nach der Kontraktionsphase erschlafft das Herz wieder, die linke Herzkammer kann sich füllen (Diastole). In dieser Phase ist der Blutdruck am niedrigsten (diastolischer Wert). 105
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Bluthochdruck
Üblicherweise liegt der Blutdruck unter Ruhebedingungen um 120 (systolisch)/80 (diastolisch) mm Hg (Torr). Als obere Normgrenze gilt 140/90 mm Hg. Nicht nur der diastolische, sondern auch der systolische, also der zuerst genannte Wert, ist für das Risiko an einer Herzkreislauferkrankung zu sterben, von Bedeutung [215]. Doch findet man gerade im Alter häufig einen auffällig niedrigen diastolischen bei überhöhtem systolischem Blutdruckwert. Eine solche Situation mit hoher Blutdruckamplitude (=systolischer minus diastolischer Blutdruck) ist prognostisch ein ungünstiges Zeichen. In diesem Fall weist der niedrige diastolische Blutdruck bereits auf eine starre Gefäßwand nach jahrelanger Druckerhöhung hin. Auch bei einer Verschlussunfähigkeit der Aortenklappe (Aortenklappeninsuffizienz) ist ein niedriger diastolischer Blutdruckwert charakteristisch, je niedriger z. B. unter 60 mm Hg, desto ausgeprägter ist der Aortenklappenfehler und muss hinsichtlich Operationsbedürftigkeit kardiologisch überprüft werden. Unbedeutend ist dagegen ein niedriger diastolischer Blutdruckwert, wenn er nur unter Ausdauerbelastung oder unmittelbar danach gemessen wird. Vereinzelt kann man sogar sofort nach erschöpfendem Ergometertest mit der Blutdruckmanschette einen Wert von 0 auf Grund maximaler Weitstellung der Gefäße (geringer Widerstand) bei erheblichem Herzminutenvolumen und abzugebender Wärme registrieren („Null-Phänomen“). Dieser 0-Wert ist allerdings falsch und kann durch Druckmessung über den Katheter bzw. Nadel (intraarteriell) nicht bestätigt werden. Steigerungen des Herzminutenvolumens, also des pro Minute gepumpten Blutvolumens, durch dynamische Belastungen wie Laufen, lassen in erster Linie den systolischen Blutdruck ansteigen. Der diastolische Blutdruck fällt durch Weitstellung der Gefäße (Verminderung des peripheren Widerstandes) eher ab. Vor Belastungstests bzw. Wettkämpfen wird häufig ein überhöhter Blutdruck gemessen („Vorstartreaktion“), der dann nach Beginn der Anstrengung in der Regel wieder abfällt. Bei Gesunden kommt es bei Ausdauerbelastungen wie Walking und Laufen trotz des erhöhten Sympathikotonus (Adrenalin- und Noradrenaliausschüttung) auf Grund des gesteigerten Energieumsatzes in der Muskulatur und der Wärmeregulation über eine vermehrte Hautdurchblutung zu einer Gefäßweitstellung und damit zu einer Abnahme des Strömungswiderstandes. Das heißt, der arteriell gemessene Mitteldruck steigt unter dynamischer submaximaler körperlicher Belastung nur wenig an. Dagegen nimmt bei erhöhtem Sympathikotonus in Folge psychischen Stresses der Strömungswiderstand im Bereich der Arteriolen zu, was zu einem deutlichen Anstieg des diastolischen Blutdrucks führt. 4.1.2 Blutdrucksenkung durch Ausdauertraining Bekanntlich ist der Bluthochdruck Ursache vieler Erkrankungen (Durchblutungsstörungen bis hin zum Herzinfarkt, Schlaganfall, Beinamputation, Nierenversagen usw.) und eines frühzeitigen Todes. Meist liegt eine familiäre Veranlagung zum Bluthochdruck vor. Hinsichtlich der Vorbeugung ist von Interesse, dass Menschen mit Bewegungsmangel ein erhöhtes Risiko für einen Bluthochdruck haben [28, 263]. Bei labilem oder leicht erhöhtem Blutdruck ist ein Ausdauertraining, vor allem Laufen, Walking und Bergwandern das beste Mittel, um den Blutdruck zu normalisieren. Somers und Mitarbeiter [313] verglichen das Blutdruckverhalten jeder einzelnen Versuchsperson vor und nach einem halbjährigen (!) Ausdauertraining sowie nach viermonatiger sportlicher 106
Bluthochdruck | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
Abstinenz. Die Versuchspersonen mussten sich einem von der kanadischen Luftwaffe entwickelten Fitnessprogramm mit zweimal täglich ca. 10 Minuten Aerobic-Übungen, ergänzt durch drei- bis viermal wöchentliches Jogging über 20 Minuten unterziehen. Mit der Zunahme der Fitness fiel der arterielle Blutdruck um durchschnittlich 9,7 mm Hg systolisch, bzw. 6,8 mm Hg diastolisch ab. Ebenso reduzierte sich die Ruheherzfrequenz von 74 auf 46 Schläge/Minute. Der Blutdruckabfall wurde tagsüber intraarteriell und in der Sprechstunde mit der Blutdruckmanschette (nach Riva Rocci) registriert. Nachts veränderten sich die Werte durch Ausdauertraining nicht. Dort liegen sie ohnehin bei der milden Hypertonie niedriger. Ein solches Fallbeispiel ist in Abb. 4.1 demonstriert. Die 26jährige Studentin aus unserer Praxis, deren Eltern an Bluthochdruck litten, hatte lediglich tagsüber in der Langzeitmessung erhöhte Werte, nicht jedoch nachts. Durch ein fast tägliches Ausdauertraining (zunächst Walking, später Jogging) normalisierten sich die Blutdruckwerte bereits vier Wochen später, wie wir in einer Langzeitblutdruckmessung dokumentieren konnten, siehe Abb. 4.1. Eine labile Hypertonie, wo also meist situationsbedingt sowohl erhöhte als auch normale Blutdruckwerte gemessen werden, kann fast immer durch ein tägliches Lauftraining beseitigt werden. Eine Heilung der labilen Hypertonie wurde beispielsweise bei einem Laufumfang von täglich zweimal (morgens und abends) 3 Meilen (etwa zweimal 5 km) beschrieben [91]. Misserfolge wird man nur sehen, wenn nicht ausreichend trainiert wird. Je nach Schwere des Bluthochdrucks sind zusätzlich Blutdruck senkende Medi- Abb. 4.1 24 Stunden-Blutdruckverhalten bei einer 26jährigen kamente notwendig, siehe Patientin mit labiler Hypertonie. Obere Kurve vor einem Training, untere Kurve 4 Wochen nach fast täglich durchgeführtem Walking, unten. So wie der Blutdruck nach 2 Wochen auch Jogging. Der Blutdruck normalisierte sich nach Absetzen eines Medi- dadurch. kamentes wieder ansteigt, so ist es auch nach Einstellen eines Ausdauertrainings der Fall. Somers und Mitarbeiter [313] konnten nach einer Trainingspause von vier Monaten in ihrer oben zitierten Studie die trainingsbedingte Blutdrucksenkung nicht mehr feststellen. Untrainierte Hochdruckkranke können den peripheren Gefäßwiderstand unter Belastung nicht adäquat senken, weshalb vor allem auch der diastolische Blutdruck unter Belastung deutlich ansteigt [264, 271]. Dem wirkt ein Ausdauertraining durch Senkung der Sympathikusaktivität mit verminderter Adrenalin- und Noradrenalinausschüttung entgegen [76, 173]. Hinzu kommt die positive Auswirkung auf die Endothelfunktion mit der Freisetzung von NO, was zur Gefäßweitstellung führt, siehe Kapitel 1.3.6c. 107
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Bluthochdruck
Duncan und Mitarbeiter [76] konnten in einer wissenschaftlichen Studie zeigen, dass im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ein Ausdauertraining bei Patienten mit einem milden Bluthochdruck (diastolische Werte zwischen 90 und 104 mm Hg) ohne Medikamenteneinnahme, Körpergewichtsveränderungen oder Diätmaßnahmen sehr effektiv war, insbesondere bei denen, die einen erhöhten sympathischen Antrieb mit hohem Adrenalin- und Noradrenalinspiegel hatten. Mit dem Trainingsbeginn und dem Rückgang dieser „Stresshormone“ sanken der Blutdruck und die Pulsfrequenz bei gleichzeitiger Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme als Zeichen einer verbesserten Kondition! 57 % erreichten sogar normale Brutdruckwerte. Diese genannten trainingsbedingten Auswirkungen unterschieden sich signifikant von der nicht übenden Kontrollgruppe. Das Training der 56 Patienten mit mildem Hochdruck verlief über 16 Wochen und umfasste ein dreimal wöchentliches Geh- und Lauftraining von jeweils einer Stunde, wobei die Gehphasen während der Studie immer kürzer und die Laufphasen immer länger wurden. Dazu kam ein 10- bis 15minütiges Aufwärmen und ein 10minütigees Abkühlen 4.1.3 Metabolisches Syndrom Häufig findet man den Bluthochdruck im Rahmen eines „Metabolischen Syndroms“. Unter diesem Begriff werden Symptome wie verminderte Empfindlichkeit des Gewebes auf Insulin (Insulinresistenz) mit reaktiv erhöhtem Insulinspiegel im Blut (Hyperinsulinämie), eine Fettstoffwechselstörung mit erniedrigtem HDL- und erhöhtem VLDLCholesterin, eine stammbetonte Fettsucht (Bauchfett, Abb. 4.2) und ein Bluthochdruck zusammengefasst. Dadurch werden arteriosklerotische Gefäßveränderungen („Arterienverkalkung“) provoziert, siehe Tabelle 4.2. Der erhöhte Insulinspiegel bei Insulinresistenz der Muskulatur fördert über die Bildung von Fett, der Stimulierung der sympathischen Aktivität und der Natriumrückresorption (Kochsalzretention) in den Nieren mit nachfolgendem Bluthochdruck die Arteriosklerose. Hier ist ein Ausdauertraining geradezu die Therapie der Wahl. Herzinfarktrisiko! Je häufiger trainiert Taillenumfang wird und je länger die über 88 cm (Frauen) zurückgelegte Strecke ist, desto höher ist der über 102 cm (Männer) Kochsalzverlust über den Schweiß, desto höher die Gewichtsabnahme (bis zur Normalisierung!), desto geringer auch der sympathische Antrieb unter Ruheund Belastungsbedingungen, auch erkenn- Abb. 4.2 Bauchfett (Stammfettsucht) ist mit dem Risiko einer Koronaren bar an der niedrigeren Herzkrankheit verbunden. 108
Bluthochdruck | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking Tabelle 4.2 Symptome und Folgen des metabolischen Syndroms
Symptom
Folgen
Insulinresistenz mit Hyperinsulinämie (erhöhtes Insulin im Blut bei vermindertem Ansprechen des Muskelgewebes auf Insulin)
Neutralfett, VLDL-Cholesterin steigen an; HDL-Cholesterin sinkt ➠ Arteriosklerose: Herzinfarkt, Schlaganfall, arterielle Verschlußkrankheit. sympathische Aktivität („Stresshormone“) und Natriumrückresorption in den Nieren steigen ➠ Bluthochdruck; Zuckerkrankheit.
Dyslipoproteinämie (Fettstoffwechselstörung)
Förderung der Arteriosklerose durch niedriges HDL- und hohes VLDLCholesterin sowie Neutralfetterhöhung.
Androide Fettverteilung (Bauchfett)
Fettsucht mit Taillenumfang von über 102 cm (Männer) bzw. über 88 cm (Frauen) ➠ Risiko einer Koronaren Herzkrankheit.
Hypertonie (Bluthochdruck)
arteriosklerotische Gefäßveränderungen (Durchblutungsstörungen im Gehirn, am Herzen, an den Nieren, Beinen, Augen)
Pulsfrequenz. Die positiven Langzeitauswirkungen auf den Blutdruck und den Stoffwechsel (s. Kapitel „Zuckerkrankheit“, „Fettsucht“) hängen allerdings von der Beibehaltung der Trainings- und verbesserten Essensgewohnheiten ab. Ausdauersportler essen mehr Obst und Gemüse, weniger Fett, trinken weniger Alkohol und sind meist Nichtraucher. MacMahon und Mitarbeiter [226] konnten zeigen, dass bereits eine Gewichtsabnahme von nur 8 % des Körpergewichtes einen größeren Blutdruck senkenden Effekt bei leichtern Bluthochdruck bewirkte, als die Einnahme von 200 mg des Beta-Blockers („Stresshormonhemmer“) Metoprolol. Hinzu kam, dass die untersuchten 56 Patienten mit einem diastolische Blutdruck zwischen 90 und 109 mm Hg in den fünf Monaten des Beobachtungszeitraumes auch eine Cholesterinabnahme mit einem günstigen Quotienten von Gesamt-Cholesterin zum „guten“ HDL-Cholesterin zu verzeichnen hatten. Dagegen fiel das “kardioprotektive” HDL-Cholesterin in der Gruppe ab, die den Beta-Blocker einnahm. Das Verhältnis von Gesamt-Cholesterin zu HDL-Cholesterin verschlechterte sich somit. Es wurde errechnet, dass eine Gewichtsabnahme von 12 kg einen Abfall des Blutdrucks von 21 mm Hg systolisch und 13 mm Hg diastolisch bewirkt, während eine Gewichtsabnahme von 3 kg einen Abfall des Blutdrucks von 7 bzw. 4 mm Hg zur Folge hat [226].
109
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4.1.4 Medikamenteneinfluss Selbstverständlich können Walking und Laufen nicht immer Blutdruck senkende Medikamente ersetzen, sondern häufig nur die Dosis bzw. die Anzahl der Medikamente vermindern. Medikamente können also bei gleichzeitigem Ausdauertraining eingespart werden. Es kommt jedoch immer wieder vor, dass Patienten die Arztpraxis erst aufsuchen, wenn bereits der Herzmuskel im Sinne einer „konzentrischen linksventrikulären Hypertrophie“ (WHO-Stadium II) verdickt ist. In diesem Fall ist ein Ausdauertraining allein nicht ausreichend. ACE(Angiotensin-Converting-Enzym)-Hemmer (z.B. Ramipril), AT1-Blocker (Sartane) und Kalziumantagonisten sind dann zu empfehlen, da diese Medikamente zum einen die Linksherzverdickung günstig beeinflussen und die körperliche Leistungsfähigkeit auch im Maximalbereich nicht dämpfen. Lund-Johansen [222] hat an einer großen Anzahl von Hypertonikern invasiv, das heißt mit einem arteriell eingeführten Katheter, die Blutdruck senkende Wirkung der einzelnen Medikamente unter Belastung gemessen. Er fasste seine Ergebnisse wie folgt zusammen: Beta-Blocker führen zu einer anhaltenden Verminderung der Auswurfleistung des Herzens, des muskulären Blutdurchflusses und häufig zu einer Verminderung der Ausdauerleistungsfähigkeit. Im Gegensatz dazu vermindern die Alpharezeptorenblocker, die Kalziumantagonisten und die ACE-Hemmer den peripheren Gefäßwiderstand und vermindern nicht den Blutdurchfluss. Es erscheint daher logisch, ein antihypertensives Medikament auszuwählen, das die körperliche Leistungsfähigkeit bei sportlich aktiven Bluthochdruckkranken nicht herabsetzt [222]. Beta-Blocker („Stresshormonhemmer“) sind unter bestimmten Voraussetzungen, z. B. chronische Herzinsuffizienz, bestimmte Herzrhythmusstörungen oder Angina pectoris durchaus angebracht, teilweise auch lebensverlängernd. Doch wird die Leistungsfähigkeit durch Beta-Blocker verringert, wenn nicht derartige gesundheitliche Störungen vorliegen, wie auch der Autor im Eigenversuch und mit freiwilligen Teilnehmern unseres Lauftreffs feststellte [180]. Nicht nur durch Beeinflussung der Herzkreislauffunktion, insbesondere durch Senkung der Herzfrequenz, die nur bei geringer Belastung durch ein erhöhtes Herzschlagvolumen ausgeglichen werden kann, sondern auch durch negative Beeinflussung des Energiestoffwechsels wird die Leistungsfähigkeit durch Beta-Blockereinnahme reduziert. Die aerobe Energiefreisetzung wird gehemmt, auch die durch Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin (Katecholamine) induzierte Glykolyse (Glykogenabbau) und damit die Laktatbildung. Da der Fettabbau mit Anstieg der freien Fettsäuren im Blut über Betarezeptoren stimuliert wird („katecholamininduzierte Lipolyse“), ist auch unter Beta-Blockereinnahme die Energiegewinnung aus dem Fettabbau (freie Fettsäuren) blockiert. Durch den Eingriff in die Energiegewinnung sind unter einer Betablockade sogar Unterzuckerungen bei Langläufern beschrieben worden [147]. Der durch Betablocker verminderte Herzfrequenzanstiegs unter Belastung, der durch Erhöhung des Herzschlagvolumens nur teilweise kompensiert werden kann [285] und die bei empfindlichen Menschen gelegentlich zu provozierenden asthmatischen Beschwerden dämpfen zusätzlich die Leistung. Der „arteriosklerotische Schutzfaktor“ HDL-Cholesterin, auch das „gute“ Cholesterin genannt, sinkt unter Betablockereinnahme [168, 226]. Auch Wasser treibende Medikamente (Diuretika) wirken sich mehr oder weniger ungünstig auf den Fettstoff110
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wechsel aus und verstärken eventuell eine sich allmählich entwickelnde Glukoseintoleranz. Die Frage ob bei übergewichtigen Patienten mit Bluthochdruck sich durch den Einsatz von Diuretika und Betarezeptorenblockern ein Diabetes vorzeitig entwickeln kann, ist noch nicht endgültig entschieden. Bengtsson und Mitarbeiter [23] sowie Skarfors und Mitarbeiter [308] registrierten bei Patienten, die mit Diuretika bzw. Betablockern behandelt wurden, vermehrt ein Diabetes. Insgesamt gesehen wird man also einen Bluthochdruck durch Lebensstiländerung (Ausdauertraining, salz- und fettarme Kost) sowie durch die oben genannten Medikamente behandeln, die die Leistung nicht einschränken und sich auch nicht negativ auf den Fett- und Zuckerstoffwechsel auswirken. Dennoch gibt es Fälle, wo eine zusätzliche Einnahme eines kardioselektiven Betablockers (z. B. Metoprolol, Bisoprolol) und eines Diuretikums zusätzlich sinnvoll ist. 4.1.5 Schlaganfallrisiko Im Zusammenhang mit dem Bluthochdruck muss darauf hingewiesen werden, dass Bewegung auch mit einem geringeren Schlaganfallrisiko verbunden ist. So beobachteten Wannamethee und Sharper [342] 7735 Männer im Alter zwischen 40 und 59 Jahren 9,5 Jahre lang. In dieser Zeit ereigneten sich 128 Schlaganfälle. Wenn man nun das relative Risiko der völlig Inaktiven auf 1 festlegt, so ergibt sich für die mäßig aktiven ein Risiko von 0,6 und für die sehr aktiven eines von 0,3, siehe Abb. 4.3. Auch Kurl und Mitarbeiter [198] fanden hinsichtlich des Schlaganfallrisikos eine Verminderung abhängig vom Fitnessgrad gemessen anhand der maximalen Sauerstoffaufnahme im Ergometertest. Lee und Mitarbeiter [204] kommen in einer Meta-Analyse zu dem Ergebnis, dass sowohl ein intensives als auch mode1 rates Training das Schlaganfall0,9 risiko um etwa ein Viertel her0,8 absetzen kann. inaktiv Eine Erklärung dafür könn0,7 te das Ergebnis eines intermäßig akt 0,6 essanten Experimentes von Endres und Mitarbeiter [81] an 0,5 sehr aktiv 3 Gruppen von Labormäusen 0,4 darstellen. Eine Gruppe musste 0,3 auf einem motorisierten Lauf(7735 Männer, Alter 40–59 J., band 12m/Min 30 Minuten 0,2 Beobachtungszeit 9,5 Jahre, lang, also 360 m jeweils an 0,1 insgesamt 128 Schlaganfälle) 5 Tagen pro Woche über einen 0 Zeitraum von 3 Wochen laufen. Die Mäuse der 2. Gruppe Schlaganfälle befanden sich einzeln in KäfiAbb. 4.3 Schlaganfallhäufigkeit in Beziehung zur körperlichen gen mit einem Laufrad, das mit Aktivität (unabhängig von Herzkreislauf-Risikofaktoren) einem Zähler versehen war. (nach Ergebnissen von Wannamethee G, AG. Shaper: BMJ 1992, 304: 597–601) Diese Tiere liefen spontan vor111
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Koronare Herzkrankheit
wiegend nachts und kamen dabei durchschnittlich auf 4,3 km täglich. Die 3. Gruppe von Mäusen wurde unter üblichen Bedingungen in Käfigen ohne Laufband gehalten. Nach 3 Wochen wurde bei allen Mäusen in Narkose durch einstündige Unterbindung (Nylonfaden) einer Hirnarterie (a. cerebri media sin.) ein Schlaganfall ausgelöst. Die Auswertung ergab bei beiden Trainingsgruppen ein um ein Drittel kleineres Schlaganfallvolumen mit geringeren neurologischen Ausfallerscheinungen im Vergleich zur Kontrollgruppe. Als Grund für das bessere Ergebnis der trainierten Mäuse fanden die Autoren eine gesteigerte Aktivität der endothelialen NO-Synthase mit gesteigerter Gefäßweitstellung durch Acethylcholingabe. Auch hier zeigt sich wieder die Bedeutung des Endothels mit der prognostisch wichtigen NO-Bildung , positiv beeinflussbar durch ein Ausdauertraining! Selbst wenn schon Gefäßwandveränderungen an der Halsschlagader vorliegen, so ist das Fortschreiten der Arteriosklerose bei gutem Trainingszustand („Fitness“), gemessen durch einen maximalen Fahrradergometertest mit gleichzeitiger maximaler Sauerstoffaufnahme, verzögert, wie Lakka und Mitarbeiter (2000) zeigen konnten. – Lange bekannt ist die verbesserte Hirndurchblutung während des Laufens [135, 143, 160].
4.2 Koronare Herzkrankheit (KHK) 4.2.1 Einleitung Die Koronare Herzkrankheit (KHK), also die Durchblutungstörung des Herzens auf Grund arteriosklerotischer Gefäßwandveränderungen, ist bereits im mittleren Alter eine häufige chronisch fortschreitende Erkrankung und die häufigste Todesursache. Risikofaktoren für diese Erkrankung sind in erster Linie eine familiäre Veranlagung, Rauchen, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung (Erhöhung von LDL-Cholesterin und Neutralfett), Zuckerkrankheit und Bewegungsmangel. Liegt eine solche KHK, eventuell auch schon ein Herzinfarkt vor, so hat sich trotz der früheren Bedenken von Skeptikern mittlerweile die Bewegungstherapie durchgesetzt. Auf Grund der positiven Auswirkungen, siehe Tabelle 4.1, ist ein Ausdauertraining besonders empfehlenswert, am einfachsten in Form des zügigen Gehens (Walkings) oder langsamen Laufens. Bei entsprechender Lebensstiländerung, unterstützt durch ASS (Aspirin®), Cholesterin senkende Statine, gegebenenfalls auch Beta-Blocker und andere Medikamente, kann das weitere Fortschreiten der KHK verzögert werden. Es muss betont werden, dass eine Aufdehnung der Herzkranzgefäßenge mittels Ballonkatheter (PTCA = percutane transluminale coronare Angioplastik) mit oder ohne Gefäßstütze (Stent) und/oder eine operative Überbrückung (Bypass) nichts am eigentlichen Gefäßprozess mit weiteren arteriosklerotischen Auflagerungen bewirken. Hier ist eine Lebensstiländerung mit cholesterinarmer Kost (Mittelmeerkost mit Fisch, Olivenöl und reichlich Gemüse), gegebenenfalls Einstellen des Rauchens, Behandlung des Bluthochdrucks, der Zuckerkrankheit und Aufnahme eines Ausdauertrainings, siehe entsprechende Kapitel, unabdingbar. In Anbetracht des „zwingenden wissenschaftlichen Beweises“ veröffentlichte ein Ausschuss der American Heart Association [310] eine gemeinsame Erklärung zur Vorbeugung von Herzinfarkt und Tod bei Patienten mit Koronarer Herzkrankheit mit dem Ziel, durch umfassende Intervention von Risikofaktoren 112
Koronare Herzkrankheit | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
– die Lebenserwartung zu erhöhen, – die Lebensqualität zu verbessern, – eine Abnahme des Bedarfs an interventionellen Maßnahmen wie Ballonkathetererweiterung (PTCA) und Bypass-Operation zu erreichen und – die Rate nachfolgender Herzinfarkte zu vermindern. Was den Lebensstil betrifft, so ist neben der erwähnten „Mittelmeerkost“ in erster Linie ein Ausdauertraining anzuraten, am einfachsten in Form von zügigem Gehen (Walking) oder langsamem Laufen, um diese Ziele zu erreichen. Eine ärztliche Untersuchung mit Beratung vor Aufnahme eines Trainings ist selbstverständlich, siehe Kapitel 2 . 4.2.2 Training bei KHK Die physiologische Antwort auf Training ist beim Koronarkranken nicht anders als beim Gesunden. Schon Gottheiner [109] machte selbst bei Herzinfarktpatienten mit einem intensiven Ausdauertraining gute Erfahrungen, wobei die Sterblichkeitsrate bei den trainierenden in 5 Jahren bei 3,6 % gegenüber 12 % bei den inaktiven Herzpatienten deutlich niedriger lag. Insgesamt kam er zu folgendem Ergebnis: ●
Selbst bei älteren Herzpatienten ist das Risiko durch erhebliche körperliche Anstrengung geringer als ursprünglich angenommen, sofern das Training vorsichtig aufgebaut wurde.
●
55% der Herzpatienten erreichten die höchste Trainingsstufe 7. 65 trainierten systematisch für das israelische Sportabzeichen.
●
Einige Trainierte nahmen am traditionellen Lauf „Rund um den Berg Tabor“ über 11 km und schwieriges gebirgiges Gelände teil. Der beste Patient brauchte 58 Min., der langsamste 80 Min.
●
Zweck des bewusst in das Rehabilitationsprogramm eingeschlossenen wettkampfartig durchgeführten Sports für geeignete Patienten war, das monotonere, weniger Spaß machende Training in Übungsräumen aufzulockern, das Selbstvertrauen zu heben und weiter zu motivieren.
Das Ereignis eines Herzinfarktes ist oft begleitet von vielen Verboten wie „nicht rauchen, keine Aufregung, mäßiges Essen und keine Anstrengungen“. Die sich häufig daraus entwickelnde infarktreaktive Depression kann aufgefangen bzw. verhindert werden im Sinne eines „du darfst“ oder „du sollst“ sogar trotz allem Sport treiben. Mit zunehmender Belastbarkeit, körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit verbessert sich naturgemäß das Selbstbewusstsein, die Stimmung steigt, Depressionen verschwinden. Dazu trägt vor allem das Langstreckenlaufen bei [166]. Eine Analyse von über 80 Studien hinsichtlich des antidepressiven Effekts von Training ergab bei Postinfarktpatienten einen genauso guten Effekt wie eine Psychotherapie [253]. a) Trainingsbeginn Thompson [327] empfiehlt seinen Patienten in Übereinstimmung mit der American Heart Association nach unkompliziertem Herzinfarkt oder nach Bypassoperation nach 113
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der Krankenhausentlassung mit mindestens 10 Minuten tägliches Walking zu beginnen, um dann wöchentlich um 5 Minuten die Gehstrecke zu verlängern bis wöchentlich 4 bis 5mal 45 oder mehr Minuten absolviert werden können. Eine Pulskontrolle wird routinemäßig nicht angeraten, da zum einen viele Patienten Schwierigkeiten beim Pulsen haben und sich schon bei geringen Veränderungen Sorgen machen. Doch sollte das Gehtempo flott sein, ohne Atemnot zu verursachen. Ein solches Training führt wohl nicht zu optimalen Trainingserfolgen, jedoch wird eine weitere Leistungsreduktion vermieden und das Selbstvertrauen wiederhergestellt [327]. Worcester und Mitarbeiter [360] fanden, dass Herzinfarktpatienten hinsichtlich Lebensqualität (Angst, Depressionen, Wohlbefinden) durch ein Abb. 4.4 Ein Herzinfarktpatient nach erfolgreich leichtes Trainingsprogramm ebenso absolviertem Marathon in Honolulu im Trikot des „Cardiac Team Honolulu“ mit dem abgebildeten profitierten wie durch ein intensives. gebrochenen Herz. Den Honolulu-Marathon hat der Allerdings wurde erwartungsgemäß Kardiologe Dr. Scaff 1972 gegründet und dort auch durch das intensivere körperliche Traiseine geeigneten Herzpatienten nach entsprechendem ning die Leistungsfähigkeit deutlicher Training laufen lassen. Langstreckentraining nach verbessert. Herzinfarkt führt nicht nur zur körperlichen Fitness mit Erhöhung der Lebenserwartung, sondern wirkt auch Eine Steigerung des Fitnessgrades Angst lösend und antidepressiv spielt selbst bei Herzkranken auch hinsichtlich der Lebenserwartung eine Rolle, siehe Abb. 1.13 in Kapitel 1.4.1. Weist das Herz eine weniger ausgeprägte Schädigung auf, so werden sich motivierte Patienten nicht damit begnügen, sich nur für die Alltagsbelastungen „fit“ zu machen, um ihre Stresstoleranz zu erhöhen, sondern streben häufig an, mit den Gesunden z. B. an Volksläufen teilzunehmen, ja selbst an Marathonläufen, siehe Abb. 4.4 (über entsprechendes Training und Gefahren in [185]). Bei diesen gut belastbaren Herzpatienten, gilt das Trainingsprinzip „langsam lang“ ist besser als „schnell und kurz“, das heißt, keine Tempoeinheiten sind gefragt, sondern lange (15 bis 30 km) Strecken, die langsam ohne Luftnot und Angina pectoris zu laufen sind, gegebenenfalls mit Gehphasen, siehe auch Kapitel 3. b) Krafttraining Früher riet man Herzinfarktpatienten vom Krafttraining ab. Heutzutage weiß man, dass ein dosiertes Krafttraining für den Koronarpatienten sinnvoll und ungefährlich im 114
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Hinblick auf die Bewältigung von Alltagsaufgaben ist. Featherstone und Mitarbeiter [86] verglichen eine Laufbandbelastung mit einem Krafttraining bei 12 Patienten mit Koronarer Herzkrankheit. Bei beiden Belastungsarten konnten keine wesentlichen Herzrhythmusstörungen registriert werden. Beim Gewichtheben lagen die Herzfrequenzen mit 74 bis 92 Schlägen/Minute gegenüber 157/Minute auf dem Laufband deutlich niedriger. Die systolischen Blutdruckwerte (der obere Wert) unterschieden sich praktisch nicht. Die diastolischen Werte (der untere Wert) lagen bei der maximalen Laufbandbelastung mit 79 mm Hg deutlich niedriger als beim Krafttraining mit 93 bis 117 mm Hg. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass auf Grund der höheren Herzfrequenz bei der Laufbandbelastung die Diastolendauer kürzer war als beim Krafttraining mit geringerer Herzfrequenz. Bekanntlich werden in der Ruhephase des Herzmuskels (Diastole) die Herzkranzgefäße besser durchblutet als während der aktiven Herzmuskelanspannung (Systole). So errechneten Featherstone und Mitarbeiter [86] für das Gewichtheben auch eine bessere Sauerstoffversorgung für das Herz als bei der Laufbandbelastung mit deutlich höherer Herzfrequenz. Daher besteht auch theoretisch bei einem dosierten Krafttraining kein erhöhtes Risiko für Herzkranke gegenüber reinen Ausdauerbelastungen, die allerdings präventivmedizinisch wesentlich effektiver sind. c) Training am Morgen ungünstig? Bei manchen Herzkranken scheint sich die körperliche Belastung am Morgen ungünstig auszuwirken. So fanden einige Autoren [107, 245, 356] morgens ein erhöhtes Herzinfarktvorkommen. Ursächlich wird der ansteigende Kortisolspiegel und die zunehmende Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin nach dem Aufstehen, die morgendliche Steigerung der Blutviskosität (Dickflüssigkeit) bei gleichzeitig vermehrter Zusammenlagerung der Blutplättchen und herabgesetzter fibrinolytischer (Gerinnsel auflösender) Aktivität diskutiert. Andererseits konnten Gallerani und Mitarbeiter [99] in einer prospektiven Studie mit 450 Patienten keine Abhängigkeit des Herzinfarktvorkommens von der Tageszeit registrieren. In 29,2 % der Gesamtfälle traten Herzinfarktsymptome am Morgen (6 bis 12 Uhr) auf. Eine Untergruppe im Alter zwischen 70 und 79 Jahren hatte den Gipfel des Herzinfarktvorkommens nachmittags zwischen 12 und 18:00 Uhr. Wer es gewohnt ist, morgens zu trainieren, doch möglichst nicht bei noch frostigen Temperaturen im Winter, der kann es weiter so praktizieren. Dem „Morgenmuffel“ ist allerdings nicht zu empfehlen, sich morgens durch den Wecker zum Training aufscheuchen zu lassen. Eine günstige Trainingszeit für alle ist der Spätnachmittag. d) Warm-up-Phänomen Beim „Warm-up“-Phänomen tritt Angina pectoris bei der ersten Belastung auf, nicht jedoch kurze Zeit nach dem Aufwärmen während der zweiten Belastung. So beobachteten Jaffe und Quinn [153] bei 21 von 22 getesteten Koronarpatienten, die während einer ersten Fahrradergometerbelastung Angina pectoris (Brustenge) mit EKG- Veränderungen hatten, bei einem zweiten Test weniger EKG-Veränderungen, wenn eine 30minütige Phase von Walking voranging. Williams und Mitarbeiter [355] konnten in einer aufwändigen Herzkatheteruntersuchung mit elektrischer Frequenzstimulierung zeigen, dass das Warm-up-Phänomen 115
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mehr auf eine Herabsetzung des Sauerstoffverbrauchs des Herzmuskels als auf eine vermehrte Herzkranzgefäßdurchblutung zurückzuführen ist. Auffallend war in dieser Studie eine verbesserte Laktatverwertung des Herzmuskels im zweiten Test bei gleichzeitig verbessertem EKG und weniger bzw. keiner Angina pectoris. Dass ein verminderter lokaler Sauerstoffverbrauch des Herzmuskels im zweiten Test nach dem ersten Warm-up-Test bedeutend ist, ergab auch eine Untersuchung von Thadani und Mitarbeiter [326], die in zwei aufeinander folgenden Tests mittels Elektrostimulation im zweiten Test erst bei einer höheren Herzfrequenz als im ersten Angina pectoris auslösen konnten. e) „Walk-through“-Phänomen Bemerkenswert bei der Koronaren Herzkrankheit ist auch das “Walk-through”-Phänomen unter Belastung. Hier tritt zu Beginn der körperlichen Belastung Angina pectoris auf, die bei weiterer Belastung ohne Unterbrechung wieder verschwindet. So berichteten beispielsweise MacAlpin und Kattus [223] über 9 Patienten, die während einer Laufbandbelastung (Walking) zunächst Angina pectoris mit krankhaften ST-Streckensenkungen im EKG bekamen. Diese Symptomatik verschwand bzw. besserte sich jedoch bei pausenlos fortgesetzter Belastung. Offensichtlich spielt sowohl beim „Warm-up“ als auch beim „Walk-through“ als Ursache eine Sauerstoffeinsparung des Herzmuskels aufgrund eines reduzierten peripheren Gefäßwiderstandes (Gefäßweitstellung bereits beim Aufwärmen) eine wichtige Rolle [241, 288]. f) Voller Magen Zu beachten ist bei körperlicher Anstrengung, dass ein voller Magen schon für junge gesunde Menschen belastend ist. Dabei kommt es nicht nur zu „mechanischen“ Problemen wie Völlegefühl. Vielmehr verstärkt jede Nahrungsaufnahme die Durchblutung des Magendarmtraktes. Damit steht der arbeitenden Muskulatur weniger Blut zur Verfügung, was allerdings nur bei intensiver Belastung eine Rolle spielt. Der Gesamtgefäßwiderstand nimmt bei Nahrungsaufnahme insbesondere durch Weitstellung der Bauchgefäße ab, während der Gefäßwiderstand in der Skelettmuskulatur zunimmt. Durch zusätzliche kompensatorische Herzfrequenzerhöhung mit vermehrter Herzauswurfleistung bleibt der Blutdruck konstant [305]. Dies bedeutet eine zusätzliche Herzbelastung, die bei Herzkranken symptomatisch werden könnte. Da die Skelettmuskeldurchblutung vermindert ist, tritt eine frühzeitige Ermüdung bei körperlichen Belastungen unmittelbar nach einer opulenten Mahlzeit auf. Vor allem bei älteren Patienten mit Störungen des autonomen Nervensystems fällt der Blutdruck 15 bis 60 Minuten nach einer solchen üppigen Mahlzeit deutlich ab und könnte Ursache von unerklärlichen Kollapszuständen (Synkopen) alter Menschen sein. Besonders groß soll die Gefahr nach kohlenhydratreichen Schlemmermahlzeiten sein, wobei eine Tasse Kaffee nach dem Essen die Reaktion eventuell abmildern könnte [305]. g) Schneeschippen (Kälte) Im Alltagsleben fallen Arbeiten an, die eine erhebliche Belastung für das Herzkreislaufsystem darstellen, z. B. Getränkekiste aus dem Kofferraum heben und eventuell einige Treppen hinauf tragen oder im Winter das Schneeschippen unter Kältebedingungen. 116
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Gerade beim Schneeschaufeln im Winter sind Herztodesfälle keine Seltenheit. Die kalte Luft führt zu einer Engstellung der Gefäße. Der Gefäßwiderstand steigt an. Der Herzmuskel braucht zur Überwindung dieses Widerstandes bei der Pumparbeit mehr Sauerstoff. Sind die Herzkranzgefäße durch Ablagerungen (Plaques) bereits eingeengt, so nimmt diese Enge durch den Kälteeinfluss weiter zu, so dass der Sauerstoffbedarf nicht gedeckt werden kann. Angina pectoris oder gar Herzinfarkt drohen. Franklin und Mitarbeiter [95] stellten fest, dass beim Wegschaufeln von nassem Pappschnee nach zwei Minuten der Puls schon über 85 % der maximalen Herzfrequenz erreichte (Mittelwerte zwischen 154 und 173/Minute), dies bei einer Außentemperatur von 2 °C und einer 10 cm hohen Schneedecke. Der Pulsanstieg war umgekehrt proportional zur körperlichen Fitness, die vorher durch Laufband- und Ergometertest festgestellt wurde. Bei einem Trainierten steigt also der Puls beim Schneeschippen weniger stark an. Demnach scheint ein Herzpatient, der ein intensiveres Training durchführt beim Schneeschaufeln weniger gefährdet zu sein. 4.2.3 Trainingspuls und „stumme Ischämie“ Wer nach einem Herzinfarkt oder einer Bypassoperation in einer Rehabilitationsklinik war, dem hat man dort in der Regel für sein häusliches Trainingsprogramm eine Pulsgrenze mitgeteilt, die „auf keinen Fall“ wegen der Gefahr eines Herzzwischenfalls überschritten werden dürfe. Wir führen aus den in Kapitel 3.5.2 bereits beschriebenen Gründen keine Pulskontrollen durch und hatten in über 25 Jahren dennoch keinen einzigen Notfall in unseren Herzsportgruppen. Generell gilt auch für Herzpatienten, dass die Belastungsintensität immer richtig ist, wenn man sich dabei noch unterhalten könnte, also keine Luftnot und keine Herzbeschwerden wie z. B. Engegefühl in der Brust (Angina pectoris) oder am Hals auftreten. Der Laktatspiegel (siehe Kapitel 3.5.3) liegt dann immer im wünschenswerten aeroben Bereich. So genannte „stumme Ischämien“ sind allerdings weder durch Pulskontrollen noch über die Atmung zu erkennen. Stumme Ischämien sind Durchblutungsstörungen, die vom Patienten nicht bemerkt werden, aber im Belastungs- bzw. Langzeit-EKG oder im Herzszintigramm zu erkennen sind. Diese Durchblutungsstörungen des Herzens können selbst in Ruhe und bei vermeintlich Gesunden auftreten [164]. Risikofaktoren für stumme Ischämien sind höheres Alter, männliches Geschlecht, Stammfettsucht und erniedrigtes HDL-Cholesterin (unter 35 mg %), also üblichen Risikofaktoren für eine Koronare Herzkrankheit. War im Belastungs-EKG, das ja zur Trainingspulsbestimmung herangezogen wird, bei einer bestimmten Pulshöhe eine Durchblutungsstörung mit oder ohne Angina pectoris erkennbar, so findet man dennoch häufig bei sehr viel niedrigeren Herzfrequenzen stumme, also vom Patienten unbemerkte, Ischämien [63, 127]. Die hohe spontane Variabilität von stummen Ischämien [174], lassen die teilweise sehr rigoros unter Androhung des plötzlichen Herztodes ausgesprochene Trainingspulsmessung doch als sehr fragwürdig erscheinen. Was nützt die Einhaltung eines Trainingspulses, der obendrein meist ohne Berücksichtigung der Sportart nach Faustregeln berechnet wurde (Kapitel 3.5.2), wenn unbemerkte Herzdurchblutungsstörungen bereits bei niedrigeren Herzfrequenzen, ja selbst in Ruhe auftreten können? 117
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Man sollte sich jedoch nicht von einem Ausdauertraining wegen möglicher stummer Ischämien abhalten lassen. Denn Interventionsstudien weisen eine Senkung der Sterblichkeit bei Koronarkranken durch Training um etwa 20 % nach [234]. Auch bei Herzkranken fanden Myers und Mitarbeiter [247] mit zunehmendem Fitnessgrad eine geringere Sterberate im Beobachtungszeitraum von 14 Jahren, siehe Abb. 1.13. Grundsätzlich sind bei Herzkranken keine So vergrößert sich auch die maxianderen Trainingseffekte zu erwarten als bei male Sauerstoffaufnahme als „Bruttoeinem Gesunden. kriterium“ der Leistungsfähigkeit des Herzkreislaufsystems, der Lungenfunktion und des Stoffwechsels beispielsweise nach einem dreimonatigen Training (dreimal 45 Minuten/Woche) bei Koronarpatienten um 22,5 % wie Detry und Mitarbeiter [66] feststellten. Pulsfrequenzen und Blutdruck verringerten sich, das Herzschlagvolumen blieb unverändert, während die arteriovenöse Sauerstoffdifferenz (AVDO2) auf Grund der besseren Sauerstoffausschöpfung in Folge einer Vermehrung der aerob wirksamen Enzyme in der Muskulatur erwartungsgemäß anstieg. Der Unterschied zwischen dem Sauerstoffgehalt des Blutes in den Arterien und dem in den Venen (AVDO2) vergrößerte sich demnach. Aus dem in der Lunge mit Sauerstoff aufgesättigten Blut der Arterien bzw. Kapillargefäße kann die Muskulatur auf Grund der trainingsbedingen Enzymvermehrung mehr Sauerstoff entnehmen. Dieses nun „verbrauchte“ sauerstoffarme Blut wird über die Venen wieder zur Lunge transportiert. Da es durch die erhebliche Sauerstoffabgabe in der Muskulatur besonders sauerstoffarm ist (hohe AVDO2), kann jetzt in der Lunge auch mehr Sauerstoff aufgenommen werden, die maximale Sauerstoffaufnahme steigt also. 4.2.4 Trainingsauswirkung auf die Herzfunktion Entgegen früherer Auffassung wirkt sich ein Ausdauertraining ebenfalls positiv bei Herzmuskelschwäche aus. Martin und Ehsani [233] unterzogen 16 Patienten mit einer KHK (2- oder 3-Gefäßerkrankung) mit vorausgegangenem Herzinfarkt und Blutdruckabfall um mindestens 10 mm Hg bei der Ergometrie einem Trainingsprogramm (Gehen, Laufen, Fahrradfahren) von jeweils 30 Minuten dreimal wöchentlich mit einem Sauerstoffverbrauch von 50 bis 60 % des individuellen Maximalwerts. Nach 3 Monaten wurde für weitere 9 Monate die Belastung auf einen Sauerstoffverbrauch von 70 bis 90 % des Maximalwertes für 50 bis 60 Minuten an 5 Tagen pro Woche gesteigert. Dieses an Intensität und Dauer deutlich über dem üblichen Rehabilitationsmaßnahmen liegende Training führte zu einer Zunahme der maximalen Sauerstoffaufnahme innerhalb eines Jahres um 41 %. Während bei der Erstuntersuchung der systolische Blutdruck im Mittel bei den 16 Patienten um 21 mm Hg bei der Ergometrie abfiel (von 162 auf 142 mm Hg), blieb er jetzt nach dem Training mit 174 beziehungsweise 171 unter trainingsbedingt höherer maximaler Belastung praktisch konstant. Auch das Herzminutenvolumen nahm um 13 % zu. Das Ausmaß der ST-Streckensenkungen im EKG als Hinweis für eine Durchblutungsstörung nahm etwas ab. Ein Blutdruckabfall unter Belastung weist auf eine schwere Linksherzfunktionsstörung meist als Ausdruck einer ausgedehnten Durchblutungsstörung hin. Die Verbesserung der Linksherzfunktion wird mit einer trainingsbedingten Abnahme der Durchblutungstörung erklärt [233]. 118
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Auch Adachi und Mitarbeiter [3] konnten zeigen, dass die Herzinfarktpatienten mit der höchsten Trainingsintensität (täglich zweimal 15 Min. Laufbandtraining an 5 Tagen/Wo. über 2 Monate) die deutlichsten Verbesserungen des Herzschlagvolumens und der Pumpleistung der linken Kammer und somit der körperlichen Belastbarkeit aufwiesen. Bei der chronischen Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) sind besonders eine hohe sympathische Aktivität mit eng gestellten Gefäßen und Pulserhöhung neben einer Endotheldysfunktion (siehe Kapitel 1.3.6c) auffällig. Durch ein dosiertes tägliches Ausdauertraining konnten auch bei diesen Patienten eine verbesserte Endothelfunktion mit Gefäßweitstellung, eine höhere maximale Sauerstoffaufnahme und auch subjektiv eine bessere körperliche Belastbarkeit erreicht werden [119]. Die verminderte periphere Durchblutung bei eng gestellten Gefäßen führt zu einem erhöhten oxidativen Stress in der Skelettmuskulatur, was zu Entzündungsreaktionen führen könnte. Linke und Mitarbeiter [218] untersuchten daher antoxidativ wirkende Enzyme im Muskel von chronisch Herzinsuffizienten. Die Aktivität dieser Enzyme war bei den Herzkranken erniedrigt. Ein 6monatiges Training verbesserte die Enzymaktivität und bietet somit ein Schutz vor Entwicklung von gewebsschädigenden Sauerstoffradikalen. In einer Analyse von 9 randomisierten, kontrollierten Studien, in denen Patienten mit einer chronischen Herzinsuffizienz (Auswurffraktion im Mittel 27 %) ein mindestens 8wöchiges Training (strammes Gehen, Radfahren) durchführten, wurde eine Abnahme der Sterblichkeit um 35 % festgestellt [85]. Auch Krankenhausaufnahmen waren seltener. Männer und Frauen aller Altersklassen mit chronischer Herzinsuffizienz unterschiedlicher Ursache können demnach ihr Leben durch ein dosiertes Ausdauertraining verlängern. Die Autoren empfehlen, sich mindestens an 2 bis 4 Tagen der Woche mit 50 bis 80 % der maximalen Leistungsfähigkeit jeweils 30 bis 60 Minuten zu belasten. Im Zusammenhang mit der Herzmuskelschwäche muss darauf hingewiesen werden, dass hier die weit verbreitete Meinung, man müsse viel trinken, da alte Leute immer zu wenig Flüssigkeit aufnehmen, falsch ist. Eine hohe Trinkmenge (Abb. 4.5) ist eine große Belastung für einen geschwächten Herzmuskel und führt zu Wassereinlagerungen und Luftnot bei geringster Belastung. ACEHemmer oder AT1-Blocker, Diuretika, Betablocker (siehe Abb. 4.5 Eine zu hohe Trinkmenge kann „böse“ Folgen oben) und eine eingeschränkte haben. Sie birgt nicht nur die Gefahr einer Hyponatriämie, siehe Kapitel 3.6.1, sondern ist auch eine erhebliche HerzkreisTrinkmenge sind neben einem laufbelastung, die bei Herzmuskelschwäche z. B. zu Luftnot dosierten Gehtraining in diesen und Herzrhythmusstörungen führen kann. Die Empfehlung, alte Menschen sollen viel trinken, gilt nicht generell. Fällen die Therapie der Wahl. 119
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4.2.5 Trainingsauswirkung auf die Herzkranzgefäße Krayenbühl [192] wertete einmal 9 Studien aus, in denen durch Medikamente, Diät und/oder Bewegungstherapie eine Senkung der Blutfette erreicht wurde. Dabei zeigte sich in den Kontrollgruppen (ohne Behandlung) im Mittel ein Fortschreiten der arteriosklerotischen Herzkranzgefäßveränderungen in 56 % der Fälle gegenüber 28 % In den Behandlungsgruppen. Eine Rückbildung der Gefäßauflagerungen fand sich in 12 % der Kontrollen und bei 31 % der behandelten Patienten. Die allgemeine körperliche und kardiale Leistungsfähigkeit mit gesteigerter Lebensqualität wird jedoch nur durch Ausdauertraining erreicht. So haben Personen mit hoher Fitness trotz Rauchens oder eines erhöhten Cholesterins oder Bluthochdrucks ein geringeres Sterberisiko als solche mit schlechter Fitness und ohne diese Risikofaktoren [29]. Hambrecht und Mitarbeiter [120] stellten in einer Gruppe von 62 Patienten mit stabiler Angina pectoris einen gewissen Rückgang der Herzkranzgefäßveränderungen nach einem Jahr Training mit einem Verbrauch von 2000 Kilokalorien (8360 kJ) pro Woche fest. Wurde lediglich ein muskulärer Energieverbrauch von 1500 Kilokalorien (6270 kJ) erreicht, so blieb der Befund konstant. Bereits die Untersuchung von Paffenbarger und Mitarbeiter [262] ergab bei einem Energieverbrauch von 2000 Kilokalorien pro Woche durch Muskelarbeit eine um 30 % reduzierte Zahl an Todesfällen infolge einer KHK. Besonders effektiv scheint die Kombination Training mit vorwiegend vegetarischer Kost zu sein. So konnten Ornish und Mitarbeiter [260] an einer Gruppe von Koronarkranken durch umfassende Lebensstiländerung teilweise eine Rückbildung der Gefäßveränderungen demonstrieren. Die Gruppe nahm abgesehen von Eiweiß und täglich einer Tasse fettarmer Milch bzw. Joghurt nur vegetarische Kost mit zusätzlichen Vitamin B12Gaben zu sich. (Vitamin B12 kann ausschließlich von Mikroorganismen, z. B. Darmbakterien in Schlachttieren gebildet werden und ist daher primär nicht in Pflanzen vorhanden). Neben Entspannungsübungen mussten die Patienten sich mindestens 3 Stunden pro Woche körperlich belasten, in der Regel in Form von Walking. Dabei sollte die Herzfrequenz zwischen 50 und 80 % der Herzfrequenz liegen, die bei einer ST-Streckensenkung von 1 mm im EKG während der Laufbandbelastung als Zeichen einer Herzdurchblutungsstörung auftrat. Blieb das EKG normal, so wurde die Trainingspulsfrequenz auf 50 bis 80 % der maximal erreichbaren Herzfrequenz festgelegt. Nach einem Jahr hatten sich bei den 28 Patienten, die sie sich einer solchen rigorosen Lebensstiländerung unterzogen, der durchschnittliche Prozentsatz der koronarographisch nachgewiesenen Herzkranzgefäßeinengungen von 40 auf 37,8 % zurückgebildet, während sich in der Kontrollgruppe der Prozentsatz von 42,7 auf 46,1 % erhöhte. Wenn Einengungen von mehr als 50 % analysiert wurden, dann nahm der durchschnittliche Grad der Einengung von 61,1 auf 55,8 % ab, bei der Kontrollgruppe dagegen von 61,7 auf 64,7 % zu. Insgesamt zeigten 82 % der Patienten mit fast ausschließlich vegetarischer Kost, Walking und Entspannungsübungen, jedoch ohne Fett beeinflussende Medikamente einen Rückgang der Koronarsklerose nach einem Jahr. Auffällig war jedoch, dass 5 Männer in der Kontrollgruppe ebenfalls eine leichte Rückbildung der Arteriosklerose aufwiesen. Diese Patienten trainierten öfter und länger, nahmen weniger Kalorien und weniger Fett zu sich, als die übrigen Patienten der Kontrollgruppe mit einer Zunahme der Arteriosklerose. 120
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Auch Schuler und Mitarbeiter [298] konnten zeigen, dass Patienten die an einem Interventionsprogramm mit fettarmer Ernährung und regelmäßiger sportlicher Aktivität (täglich mindestens 30 Minuten Fahrradergometertraining mit 75 % der maximal erreichbaren Herzfrequenz) ein langsameres Fortschreiten der KHK aufwiesen als in der Kontrollgruppe mit üblicher Betreuung und Beratung. Bei 32 % (13 Personen) der Interventionsgruppe zeigte sich sogar einen Rückbildung der Herzkranzgefäßveränderungen, während es in der Kontrollgruppe lediglich in 17 % (9 Patienten) der Fall war. Doch sind auch spontane Rückbildungen von Gefäßengen beschrieben worden [251, 287]. Dieselbe Arbeitsgruppe aus dem Herzzentrum Leipzig [121] fand, dass bei stabiler KHK vor allem Ausdauertraining in der Auswirkung gegenüber einer Ballonerweiterung (PTCA=percutane transluminale coronare Angioplastik) bisher unterschätzt wurde. 101 Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit wurden aufgeteilt. Die eine Hälfte erhielt neben Medikamenten eine PTCA der relevanten Gefäßengstellen mit zusätzlicher Stentversorgung (Gefäßstütze). Die andere Hälfte blieb ohne Ballonerweiterung, unterzog sich allerdings einem intensiven Training über einen Zeitraum von einem Jahr. In den ersten 2 Wochen wurde unter EKG-Kontrolle täglich jeweils 10 Minuten auf dem Fahrradergometer stationär trainiert, danach zu Hause an mindestens 6 Tagen pro Woche jeweils 20 Minuten mit 70 % der maximalen Pulsfrequenz. Nach einem Jahr zeigten beide Gruppen eine deutlich verbesserte Belastbarkeit. Die mit Stent versorgten nicht trainierenden Patienten hatten jedoch signifikant mehr Komplikationen wie zunehmende Herzschmerzen mit stationärer Aufnahme, in 15 % eine erneute Einengug der Stents, Herzinfarkt oder notwendige Bypass-Operation. Eindrucksvoll war auch der Kostenvergleich: 7000 € bei den Stentbehandelten, 3700 € in der Trainingsgruppe pro Jahr! Die Kosten in der Trainingsgruppe wären noch niedriger im Vergleich ausgefallen, wenn nicht anfangs aus Sicherheitsgründen stationär trainiert worden wäre. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Ballonerweiterung mit Stentversorgung wie auch die Bypassoperation lediglich eine Reparatur darstellen, ohne den ursächlichen arteriosklerotischen Prozess zu verzögern, siehe Kapitel 1.3.6. Auch nach PTCA, siehe Abb. 4.6, oder Bypassoperation ist der langfristige Erfolg dieser Maßnahmen abhängig vom weiteren Lebensstil. So konnten Shah und Mitarbeiter [300] zeigen, dass nach Ballonerweiterung das Risiko einer erneuten Gefäßeinengung vierfach höher ist, wenn der HDL-Cholesterinspiegel unter 40 mg % liegt. Auch die Bypass-Verschlussrate kann durch Bewegungstherapie deutlich gesenkt sowie die Linksherzfunktion verbessert werden. So waren durch frühzeitige Bewegung 7 Wochen nach der Operation bei den trainierenden Patienten in 98 % der Bypass noch offen, bei den nicht trainierenden waren es 80 % [248]. Entsteht eine Engstelle an den Herzkranzgefäßen langsam, so entwickelt sich mehr oder weniger häufig ein Umgehungskreislauf über Kollateralgefäße. Diese sehr feinen Gefäße sind schon vorher angelegt. Sie erweitern sich bei lokalisiertem Sauerstoffmangel im Herzmuskelgewebe. Diese Kollateralen werden gefördert durch Ausdauertraining. Conner und Mitarbeiter [55] fanden von 6 Herzinfarktpatienten bei 2 eine verstärkte Kollateralgefäßbildung nach 10- bis 12monatigem, dreimal wöchentlich durchgeführtem Training mit 70 bis 75 % der maximalen Herzfrequenz. Ferguson und Mitarbeiter [90] 121
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registrierten bei 14 Koronarpatienten, von denen 7 einen Herzinfarkt hatten, von insgesamt 21 bedeutsam eingeengten Gefäßen zweimal Kollateralen nach einem dreimal wöchentlich durchgeführten Training mit einer Herzfrequenz um 125/Minute über 13 Monate hinweg. Abb. 4.5 Arteriosklerotisch eingeengtes Herzkranzgefäß (links), das Die durch Ausdauermittels Ballonkatheter (PTCA) aufgeweitet wurde (re). Die Häufigkeit training erst auf höherer einer erneuten Engstelle kann durch Ausdauertraining, das direkt in Belastungsstufe als Zeiden arteriosklerotischen Gefäßwandprozeß eingreift, reduziert werden. chen einer Durchblutungsstörung auftretende ST-Streckensenkung im EKG ist in der Regel nicht auf einen verbesserten Umgehungskreislauf zurückzuführen, sondern in erster Linie eine Folge der trainingsbedingten Sauerstoffeinsparung bei verbesserter Stoffwechselsituation im arbeitenden Muskel, einer verminderten Stresshormonausschüttung (Adrenalin, Noradrenalin) sowie einer Pulsfrequenz- und Blutdrucksenkung, siehe Tabelle 4.1. Dabei wird in der Literatur häufig das „Doppelprodukt“ (Puls x systolischen Blutdruck) als Maß für die trainingsbedingte Sauerstoffeinsparung des Herzmuskels angegeben. Dieses Doppelprodukt sinkt mit zunehmendem Trainingszustand, das heißt, dass Herz braucht für dieselbe Leistung bei besserem Trainingszustand weniger Sauerstoff. Durch den ausdauertrainingsbedingten geringeren Sauerstoffbedarf des Herzmuskels wird die Angina pectoris erst bei höherer Belastung oder überhaupt nicht mehr auftreten. 4.2.6 Rauchen und Training Nicht zu unterschätzen ist die Vehikelfunktion des Ausdauertrainings hinsichtlich des Einstellens der Rauchgewohnheiten, die das Eintreten eines Herzinfarktes in jüngeren Jahren fördern [110]. Liegt bereits eine Koronare Herzkrankheit vor, so konnten Barry und Mitarbeiter [19] nachweisen, dass durch Zigarettenrauchen Phasen von Durchblutungstörungen auftraten, die pro 24 Stunden zwischen einer und 138 Minuten dauerten und nur in 8 % zu Schmerzen in der Brust oder im Arm führten. Das Rauchen beeinflusst über mehrere Faktoren die Durchblutung: Erhöhung von Adrenalin und Noradrenalin mit Herzfrequenz- und Blutdruckzunahme, damit erhöhter Sauerstoffbedarf des Herzmuskels. Darüber hinaus schädigt das beim Rauchen entstehende Kohlenmonoxid die Gefäßendothelien (siehe Kapitel 1.6 ) und fördert die Bildung von atheromatösen Auflagerungen („Plaques“). Eine Verengung der Kapillargefäße mit vorübergehender Einschränkung des Blutflusses mit nachfolgendem Sauerstoffmangel im Herzmuskel ist eine weitere Auswirkung des Nikotins. – Selbst nach Einstellen des Zigarettenrauchens schreitet die Koronarsklerose im Vergleich zu Nichtrauchern schneller fort [349]. Doch ist das Fortschreiten der Gefäßveränderungen bei Ex-Rauchern geringer 122
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als bei denen, die trotz der Koronarsklerose weiter rauchen. Es mag ein schwacher Trost für die Raucher sein, dass auch ihre Lebenserwartung durch Ausdauertraining höher ist als bei den inaktiven Rauchern, jedoch nicht so hoch wie bei Nichtrauchern [262].
Abb. 4.7 Gut belastbare Herzinfarktpatienten, die Spass am Laufen haben, können durchaus nach kardiologischen Kontrolluntersuchungen und sorgfältig aufgebautem Training an einem Marathon teilnehmen, wie hier einer unserer Musterpatienten (Startnummer 6978 beim New York-Marathon in 3:40 h im Ziel!), der nach seinem Infarkt das Rauchen einstellte, an Gewicht abnahm, zunächst an unserer Herzsportgruppe, nach einem Jahr regelmäßig an unserem Lauftreff teilnahm und als Marathonvorbereitung 80 bis 90 km/Woche lief. Nach nunmehr über 25 Jahren kann er wegen einer Hüftendoprothese 76jährig nicht mehr Marathon laufen, dafür lange Radtouren ohne Herzprobleme!
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4.2.7 Risiken der Bewegungstherapie Das ganze Leben besteht aus Bewegung. Ist das Leben ohne Bewegung überhaupt noch lebenswert? Diese Frage wird sich mancher Herzpatient stellen. Welche Probleme können auftreten? Wie ist das Nutzen/Risikoverhältnis einer Bewegungstherapie? Im Bewusstsein, herzkrank zu sein, wird der Patient zumindest zunächst vorsichtig, ja meist ängstlich seine ersten Übungen unter Anleitung machen. Mit zunehmender Belastbarkeit wird gewöhnlich die Angst weichen und das Selbstwertgefühl steigen, sofern nicht der Übungsleiter, der betreuende Arzt oder nahe stehende Personen selbst Angst vor einem Herzzwischenfall haben und ihre Bedenken dem Rehabilitanten bereits bei zügigem Gehen oder langsamem Laufen ohne Berücksichtigung des Herzbefundes äußern. Insbesondere die „leicht“ Herzkranken und diejenigen, die nach PTCA oder Bypassoperation bei guter Linksherzfunktion beschwerdefrei wurden, werden häufig gebremst, wenn sie sich beispielsweise einem Langstreckentraining nach dem Motto „langsam lang“ unterziehen. Es wird auf Todesfälle beim Laufen hingewiesen, um die „enorme“ Gefährlichkeit beim Vorliegen einer KHK zu betonen. Eine solche Überfürsorglichkeit („overprotection“) ist nichts anderes als eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität eines gut belastbaren Patienten, Abb. 4.7. Haskell [124] analysierte 30 Zentren und fand einen Herztodesfall auf 116302 Patienten-Übungsstunden und ein nicht tödliches Ereignis auf 34673 Patientenstunden. Van Camp und Peterson [334] berichten über einen Herzstillstand auf 112000 Patienten- Übungsstunden und einen nicht tödlichen Herzinfarkt auf 294000 und einen Todesfall auf 783972 Patienten-Übungsstunden. Das Toronto-Rehabilitationszentrum registrierte in den Jahren 1968 bis 1991 auf 347579 bzw. 405509 Patienten-Übungsstunden einen nicht tödlichen bzw. einen tödlichen Herzzwischenfall [165]. Es ist mittlerweile erwiesen, dass Untrainierte bzw. unregelmäßig Sporttreibende bei ungewöhnlicher bzw. ungewohnter Belastung infarktgefährdeter sind als regelmäßig Trainierende. So fanden beispielsweise Siscovick und Mitarbeiter [307] wohl während körperlicher Belastung ein höheres Risiko für einen Herztod als unter Ruhebedingungen. Dennoch war das Gesamtrisiko für einen plötzlichen Herztod bei körperlich sehr aktiven Personen im Vergleich zu weniger aktiven um 60 % geringer. Auch die prospektive Studie von Myers und Mitarbeitern [247] zeigt, dass selbst bei Herzpatienten mit zunehmendem Fitnessgrad die Todesfallrate im Beobachtungszeitraum abnimmt, siehe Abb. 1.13. Eine Verbesserung der Fitness dient also einer Lebensverlängerung. (Ausführliche Darstellung mit Ursachen des plötzlichen Herztodes in [185]).
4.3 DURCHBLUTUNGSSTÖRUNG der Beine (AVK, Arterielle Verschlusskrankheit) Viele, auch junge Menschen, klagen häufig über „kalte Hände und Füße“. Diese Art von Durchblutungstörungen ist meist eine veranlagungsbedingte Überempfindlichkeit der Gefäße, die nicht nur bei sehr kühler Umgebungstemperatur im Bereich der Hände und Füße mit Engstellung reagieren, sondern vielfach auch schon bei Raumtemperatur. Normalerweise zieht sich die Gefäßwandmuskulatur der kleinen Arterien erst in der 124
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Kälte zusammen, um die Durchblutung der Hände und Füße zu drosseln und damit die Wärmeabgabe herabzusetzen. Es handelt sich also um eine Funktion zum Schutz des Körpers vor zu großem Wärmeverlust. Durch die Wärmeentwicklung bei Muskelarbeit kommt es dagegen wieder zu einer Weitstellung der Gefäße mit warmer Haut. Ganz anders und medizinisch wesentlich problematischer ist die Durchblutungsstörung auf Grund von einengenden Gefäßwandauflagerungen („Verkalkungen“, „Plaques“) bei „Arterieller Verschlusskrankheit“ (AVK), um die es in diesem Kapitel als häufige Erkrankung im Alter geht. Die Risikofaktoren hierfür sind dieselben wie bei der KHK, im Wesentlichen also Bluthochdruck, Cholesterinerhöhung, Rauchen und Zuckerkrankheit. Hier treten im Gegensatz zu den o. g. funktionellen Engstellungen der Gefäße ohne Gefäßwandauflagerungen unter Muskelbelastung wie beispielsweise zügigem Gehen Schmerzen in der arbeitenden Muskulatur, z. B. Wade, nach mehr oder weniger langer Wegstrecke auf. Der Schmerz nimmt derartig zu, dass die Betroffenen stehen bleiben müssen, bis er wieder allmählich nachlässt. Um ihre Probleme vor anderen zu verbergen, zeigen diese Patienten beispielsweise in ihrer Schmerz bedingten Zwangspause Interesse an Schaufensterauslagen („Schaufensterkrankheit“). Liegt die schmerzfreie Gehstrecke bei einem Schritttempo von 120/Minute unter 100 bis 200 m so ist unbedingt eine Kontrastmitteldarstellung der Gefäße angebracht, um gegebenenfalls eine Ballonerweiterung vorzunehmen bzw. gefäßchirurgisch vorzugehen. Häufig ist jedoch bei konsequenter Trainingsbehandlung, Lebensstiländerung und medikamentöser Unterstützung (Cholesterin und Blutdruck senkend, gerinnungshemmend, ggf. Diabeteseinstellung) eine Ballonerweiterung oder Operation überflüssig. Wie schon bei der KHK muss auch hier betont werden, dass diese Maßnahmen nur eine Reparatur darstellen, die nichts am eigentlichen Gefäßprozess mit Bildung von einengenden Plaques verbessert. Der chronisch fortschreitende Gefäßprozess wird nur verzögert durch eine Lebensstiländerung mit möglichst täglichem Geh- bzw. Lauftraining, eine cholesterinarme Kost, ggf. Einstellung der Rauchgewohnheiten, medikamentöse Blutdruck- und Fettsenkung sowie bei Diabetes eine strenge Blutzuckereinstellung. Wie schon in Kapitel 1 beschriebenen, beeinflusst ein regelmäßiges Ausdauertraining die Herzkreislaufrisikofaktoren positiv. Der Alterungsprozess an den Gefäßen wird dadurch verzögert („Der Mensch ist so alt wie seine Gefäße“). Vor allem das Endothel, die glatte Innenauskleidung der Gefäßwand spielt hier eine entscheidende Rolle, wie neuere Nobelpreis würdige Forschungsarbeiten zeigten, siehe Kapitel 1.3.6.c. Das Endothel hat eine wichtige Funktion. Es produziert das Gas Stickstoffmonoxid (NO), das die Gefäße weit stellt und damit den Blutfluss fördert. NO stellt nicht nur die Gefäße weit, sondern wirkt auch den arteriosklerotischen Gefäßwandveränderungen entgegen durch Unterdrückung der Wucherung glatter Gefäßmuskelzellen, der Ablagerung von Fetten, der Hemmung von Gerinnselbildung durch Blutplättchenzusammenlagerung und durch Hemmung der Freisetzung von Sauerstoffradikalen (siehe Kapitel 4.0). Diese wichtige Endothelfunktion ist beim Vorliegen von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Fettsucht, Bewegungsmangel usw. gestört. Diese „endotheliale Dysfunktion“ wird durch ein regelmäßiges Geh- und Lauftraining gebessert. Dieser günstige Effekt ist jedoch wie auch die anderen in Tabelle 4.3 aufgelisteten Trainingsauswirkungen innerhalb weniger Wochen nach Trainingseinstellung ver125
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Durchblutungsstörung der Beine
schwunden. Eine Bewegungstherapie muss also immer eine lebenslange Dauertherapie darstellen. Andere therapeutische Angriffspunkte des Geh- und Lauftrainings sind die Förderung eines Umgehungskreislaufes über eine Eröffnung von winzigen Kollateralgefäßen, deren Lumen übungsbedingt weiter zunimmt, eine bessere Ausnutzung des Sauerstoffs auf Grund einer trainingsbedingten Vermehrung der oxidativen Enzyme und eine verbesserte Fließeigenschaft des Blutes. Der ausdauertrainierte Muskel benötigt für eine bestimmte Arbeit auf Grund der Vermehrung und Vergrößerung der Mitochondrien („Kraftwerke der Zelle“) und der damit verbundenen größeren Enzymkapazität mit verbesserter Sauerstoffausnutzung eine geringere Durchblutung als der untrainierte Muskel. Der Wirkungsgrad der Skelettmuskulatur nimmt also durch ein Ausdauertraining zu. Die vor der Gefäßengstelle liegende Muskulatur wird also trainingsbedingt bei gleicher Belastung weniger durchblutet, hat also noch Steigerungsmöglichkeiten für größere Anstrengungen. Dadurch bleibt für die schlechter durchbluteten Muskeln hinter der Gefäßengstelle bzw. hinter dem Gefäßverschluß mit Umgehungskreislauf ein größerer Blutanteil übrig als früher. Auch diese Muskeln können aufgrund des Ausdauertrainings den im Blut angebotenen Sauerstoff besser ausnutzen. Prinzipiell führt jede aktive Belastung zu einer Weitstellung der Gefäße mit einer Erhöhung des Druckgefälles zwischen den vor und nach der Engstelle gelegenen Gefäßabschnitte und damit zu einer Steigerung der Strömungsgeschwindigkeit in den Kollateralgefäßen. Die erhöhte Blutströmungsgeschwindigkeit bei Weitstellung der Gefäße wirkt einem Gefäßverschluss durch Gerinnsel entgegen und sorgt für eine ökonomische Blutverteilung. Daneben sinkt der Sauerstoffbedarf durch eine verbesserte Koordination der einzelnen Muskeln infolge eines Geh- bzw. Lauftrainings. Eine Sauerstoffeinsparung resultiert auch durch einen geringeren Gefäßwiderstand bei Weitstellung und besseren Fließeigenschaften des Blutes. Die Verformbarkeit der roten Blutkörperchen nimmt trainingsbedingt zu, so dass sie als Sauerstoffträger für die arbeitende Muskulatur leichter durch Engstellen fließen können. Überhaupt haben Walker, vor allem aber Läufer mehr junge rote Blutkörperchen, die flexibler sind als die alten. Die starren alten roten Blutkörperchen werden beim Aufprall des Fußes auf den Boden bei jedem Schritt häufiger zerstört („mechanische Hämolyse“) und durch junge leistungsfähigere rote Blutkörperchen aus dem Knochenmark ersetzt [185]. Allgemein richtet sich die Belastungshöhe danach, wann Sauerstoffmangel eintritt, der sich mit beginnenden Muskelschmerzen äußert. Bei Beginn der Schmerzen wird die Bewegungsgeschwindigkeit herabgesetzt, ggf. eine Pause eingelegt. Je nach Ausprägung der Durchblutungsstörung ist die Trainingsintensität mit der Zeit zu steigern. Beispielsweise sollte versucht werden, nach dem Gehtraining möglichst früh auch mit dem Laufen zu beginnen. Studien zeigten, dass ein Geh- bzw. Lauftraining hinsichtlich der Verlängerung der schmerzfreien Strecke wirksamer ist als eine Kombination beispielsweise mit Radfahren, Ballspielen, Hüpfen oder Zehenstandübungen. Ein Bewegungstraining, das nicht schon zu Beginn der Schmerzen, sondern erst bei fast maximalem Schmerz abgebrochen wird, zeigte das effektivste Ergebnis (Literatur in [185]). Das Training sollte lebenslänglich durchgeführt werden, wobei eine möglichst tägliche Trainingseinheit von mindestens 30 bis 60 Minuten anzuraten ist. 126
Venenleiden | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking Tabelle 4.3 Auswirkungen eines Geh- und Lauftrainings auf die AVK (Arterielle Verschlusskrankheit) mit resultierender Verlängerung der schmerzfreien Gehstrecke ●
Eröffnung von Kollateralgefäßen (Umgehungskreislauf)
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Verbesserte Endothelfunktion mit Gefäßweitstellung und Hemmung des arteriosklerotischen Gefäßwandprozesses
●
Erhöhung der Blutflussgeschwindigkeit im Bereich der Gefäßenge mit dadurch verminderter Gerinnselbildung und ökonomischer Blutverteilung
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Sauerstoffeinsparung durch verbesserte Fließeigenschaften (geringerer Gefäßwiderstand)
●
Höherer Anteil junger flexibler roter Blutkörperchen für den Sauerstofftransport
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Bessere Sauerstoffausnutzung durch Vergrößerung und Vermehrung der Mitochondrien („Kraftwerke der Zelle“) und Erhöhung der aeroben Enzymkapazität in den Muskelzellen. Sauerstoffeinsparung durch verbesserte Koordination beim Bewegungsablauf
4.4 Venenleiden 4.4.1 Krampfadern (Varizen) Über 60 % aller Menschen haben mehr oder weniger stark ausgebildete Krampfadern (Varizen), die je nach Ausprägung keine oder erhebliche Beschwerden hervorrufen können. Erbanlagen, altersbedingter Elastizitätsverlust in der Venenwand oder der Venenklappen, hormonelle Veränderungen (Schwangerschaft, „Antibaby-Pille“), Venenentzündung, mangelnde oder einseitige körperliche Aktivität wie langes Stehen oder Sitzen, Übergewicht, schweres Tragen usw. fördern die Entwicklung von Venenkrankheiten. Erste Anzeichen und Beschwerden sind abendliche Knöchelschwellungen (Ödeme), die nachts wieder zurückgehen, schwere müde oder auch heiße Beine besonders im Sommer, pinselartige Erweiterung der kleinsten Hautvenen (Besenreiservarizen). Die oberflächlich in der Haut gelegenen Venen kann man meist leicht als bläulich schimmernde Adern erkennen. Sie sind in der Wärme an herabhängenden Armen und Beinen besonders prall gefüllt und sichtbar. Bei hochgehobenen Armen und hochgelagerten Beinen „laufen“ die Venen leer und zeichnen sich unter der Hautoberfläche kaum mehr ab. Im Gegensatz zu den Arterien, die das sauerstoffreiche arterielle Blut in die Außenbezirke des Körpers, z. B. die Muskulatur pumpen und daher als pulsierende Schlagadern eine kräftige muskuläre Gefäßwand haben, ist diese bei den Venen sehr dünn, dafür aber dehnbarer. So ist es auch verständlich, dass nur etwa 15 % unserer Gesamtblutmenge, die durchschnittlich 5 l beträgt, vom Herzen in die großen und kleinen Arterien gepumpt wird, während die übrigen 85 % der Gesamtblutmenge sich im so genannten Niederdrucksystem der Venen befinden, die 20 bis 30-Mal stärker dehnbar sind als die Arterien. Der Druck in den Venen ist nur gering und wird hauptsächlich durch die sog. Muskelpumpe, also durch Bewegung der Muskulatur im Bereich der Arme und Beine wieder zum Herzen zurückgetrieben. 127
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Venenleiden
Beim Aufstehen aus liegender Position sacken dann je nach Außentemperatur bis zu 800 Milliliter Blut vom Rumpf in das gut dehnbare Venensystem beider Beine ab. Dieses Blut fehlt nun anderen Organen, vor allem dem Gehirn, was zu einer „Orthostasereaktion“ führt, die sich insbesondere als Flimmern und Schwarzwerden vor den Augen verbunden mit Schwindelgefühl bis hin zum Kollaps äußert. Vor allem ältere Leute, die nachts zur Toilette müssen, sollten sich zunächst eine Zeitlang auf die Bettkante setzen, bis sich der Kreislauf an die neue Lage angepasst hat. Der Rücktransport des in die Beine abgesackten Blutes erfolgt über einen DruckSaugmechanismus: Beim Einatmen entsteht durch die Dehnung des Brustkorbes ein Unterdruck in Richtung Herz. Gleichzeitig wird durch die Anspannung der Beinmuskulatur beim Gehen oder Laufen das venöse Blut in Richtung Herz gedrückt, da intakte Venenklappen so geschaffen sind, dass wie bei einem Ventil der Blutstrom nur Richtung Herz möglich ist. Das heißt, in der Phase der Muskelentspannung ist kein Rückfluss möglich. Dieser Mechanismus kann durch verschiedene Faktoren gestört werden: – Zu wenig dynamische Muskelarbeit, die die Venen zusammendrücken und bei intakten Venenklappen das Blut in Herzrichtung treiben würde; – Pressatmung, z. B. beim schweren Heben, Tragen, bei Expanderübungen. Durch den erhöhten Druck im Brustkorb ist der Rückfluss des venösen Blutes zum Herzen erschwert oder gar unterbrochen. Es kommt zu einem Rückstau des venösen Blutes in die Beine; – die Venen selbst werden abgedrückt, z. B. durch beengende und abschnürende Kleidungsstücke. Durch den venösen Rückstau erweitern sich die Venen. Dadurch können sich auch die Venenklappen nicht mehr richtig schließen. Der Ventilmechanismus ist dann aufgehoben. Das Blut sackt entsprechend der Schwerkraft in die erweiterten Beinvenen ab. Wird der Pump-Saugmechanismus über längere Zeit gestört, so entwickeln sich besonders bei entsprechender Veranlagung und Bewegungsmangel allmählich mehr oder weniger ausgeprägte Krampfadern. Bei Übergewicht und dadurch vermehrtes Unterhautfettgewebe können sich die Venen besonders gut ausdehnen, da das Fettgewebe leicht nachgibt. Durch den Rückstau ist der Blutstrom in den Venen naturgemäß herabgesetzt, Venenentzündungen und Thrombosen können die Folge sein. Bei chronischem Venenleiden mit ständigem Rückstau des sauerstoffarmen venösen Blutes ist die Versorgung der Haut mit Sauerstoff nicht gewährleistet. Es kommt zu Geschwüren („offenen Beinen“), die schlecht heilen. Um venöse Beschwerden oder Komplikationen zu vermeiden, hat sich ein Bewegungstraining in Form von zügigem Gehen, Laufen, Schwimmen und gymnastischen Übungen vor allem im Liegen bewährt. Bereits nach 5 bis 7 Schritten sinkt der Venendruck in aufrechter Körperhaltung von 95 mm Hg auf 15 mm Hg. Besonders ideal wirkt das Schwimmen, da hier nicht nur die Muskelpumpe in waagerechter Körperhaltung zum Einsatz kommt, sondern auch die Kompression durch den hydrostatischen Druck und die Kälte des Wassers einen Reiz auf die Venen ausübt. Nachteilig sind dagegen Sportarten, wo Pressatmung oder Bauchpresse häufig sind, z. B. Gewichtheben und Rudern. 128
Venenleiden | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
4.4.2 Thrombose, Embolie Fernreisen werden altersunabhängig immer beliebter. Neben dem Jet-lag-Phänomen (Schlafstörung, Leistungsabfall usw. durch Zeitverschiebung) muss man als mögliche lebensgefährliche Komplikation mit einem „Economy-class-syndrome“, siehe Abb. 4.8, rechnen. Unter diesem Begriff aus dem angloamerikanischen Sprachgebiet, der auch bei uns mittlerweile gebräuchlich ist, versteht man das Auftreten von Lungenembolien nach tiefen Beinvenenthrombosen auf Langstreckenflügen. Selbst Marathonläufer sind dagegen nicht gefeit. Fallbeispiel: Herr B. nahm mit 55 Jahren an einer Marathon-Seniorenweltmeisterschaft in Japan teil und belegte in seiner Altersklasse den dritten Platz. Nach dem langen Flug bemerkte er eine Schwellung und Schmerzen im rechten Bein. Es wurde eine tiefe Beinvenenthrombose festgestellt und stationär behandelt. 6 Jahre später beteiligte sich Herr B. an einem Staffettenlauf nach England über 1300 km. Es wurde dabei durchgehend von Montag bis Donnerstag gelaufen, wobei jeweils nach 5 Kilometern mit einem ausgeruhten Läufer der insgesamt 25 Läufer abgewechselt wurde. Die relativ langen Pausen dazwischen verbrachten dann die Läufer auch nachts beengt sitzend in einem begleitenden Kleinbus. Nach dieser langen Busfahrt trat bei Herrn B. eine erneute Beinschwellung auf, jetzt jedoch links, die von einer Phlebologin mit einem Zinkleimverband behandelt wurde. Nach Entfernung des Verbandes und Wiederaufnahme des Lauftrainings klagte der Patient über eine ungewöhnliche Atemnot selbst bei langsamen Läufen. Die Untersuchung in einem sportmedizinischen Institut ergab abgesehen von einem neu aufgetretenen Rechtschenkelblock im EKG keine Auffälligkeit, auch nicht bei der Röntgenuntersuchung der Lunge und bei der Spiroergometrie mit Laktatbestimmung (Belastungs-EKG mit gleichzeitiger Messung der Lungenfunktion). Die Leistung wurde als altersentsprechend eingestuft. Doch wollte sich Herr B. wegen seines subjektiv eindeutigen Leistungsabfalls nicht mit dieser Auskunft begnügen. Immerhin war er Dritter bei der Seniorenweltmeisterschaft im Marathon. Somit hätte man im Test mit einer überdurchschnittlichen Leistung rechnen müssen. Als sich Herr B. in unserer Praxis vorstellte, zeigte sich weiterhin der Rechtsschenkelblock im EKG, der in Verbindung mit dem von uns erhobenen Ultraschallbefundes des Herzens für eine Rechtsherzbelastung sprach, wie sie auch typisch für einen Zustand nach Lungenembolie ist. Bei der veranlassten Lungenszintigraphie zeigten sich noch Hinweise für eine abgelaufene Lungenembolie. Abgesehen von angeborenen Gerinnungsstörungen entwickeln sich Beinvenenthrombosen in erster Linie durch Stauung des Blutflusses in den Venen. Sind die Beine angewinkelt, wie es im Sitzen der Fall ist, so werden dabei auch die Venen abgeknickt, der Blutstrom verlangsamt sich. Die venöse Blutfließgeschwindigkeit in den Beinen fällt gegenüber der liegenden Position im Stehen um die Hälfte ab, im Sitzen um 2/3! Diese Thrombose fördernde Verlangsamung des venösen Blutflusses in sitzender Haltung ist besonders bei stundenlanger Dauer risikoreich, wie es vor allem bei Transkontinentalflügen in engen Sitzreihen („Economy class“) der Fall ist. Besonders ungünstig ist längeres Schlafen im Sitzen mit stark angewinkelten Beinen, nicht nur im Flugzeug! 129
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Venenleiden
Neben dieser venösen Stauung in den Beinen scheinen sowohl eine Bluteindickung durch Flüssigkeitsverlust bei niedriger Luftfeuchtigkeit in klimatisierten Flugzeugen als auch die relative Sauerstoffarmut eine Rolle zu Economy class syndrome spielen. So liegt die Luftfeuchtigkeit in der Kabine aus Gründen des Korrosionsschutzes bei 8 bis 12 Prozent. Der Luftdruck in der Kabine entspricht einer Höhe von 2000 bis 2300 m über dem Meeresspiegel. Auf Grund des erniedrigten Sauerstoffgehaltes in dieser Höhe, steigt Abb. 4.8 Langes beengtes Sitzen vor allem bei Interkontinenauch unsere Atemfrequenz. Da talflügen in der „Economy class“ kann zu einer tiefen Beinvenenthrombose, im Bild unten bei massiver Schwellung des wir dann die trockene Kabinen- rechten Beines, mit der Gefahr einer lebensgefährlichen luft einatmen müssen, wird Lungenembolie kommen. diese in den Atemwegen über die Schleimhäute mit Wasserdampf gesättigt und wieder ausgeatmet. Dadurch verlieren wir bereits über die Atemluft viel Wasser, noch mehr, wenn die kostenlos angebotenen Alkoholdrinks konsumiert werden. Alkohol unterdrückt das antidiuretische Hormon (ADH) und wirkt daher Wasser (Urin) treibend. Das Blut dickt ein, der Blutfluss in den Venen verlangsamt sich weiter, Gerinnsel können sich bilden, die schließlich die Vene verstopfen. Das betroffene Bein schwillt nun in der Regel (nicht immer) stärker an und schmerzt, siehe Abb. 4.8. Eine Lungenembolie entsteht erst, wenn sich ein Teil des Gerinnsels Abb. 4.9 Lungeninfarkt mit typisch keilförmiger Verschattung im rechlöst, über das venöse ten Unterlappen als Folge einer Embolie bei tiefer Beinvenenthrombose System zur rechten Herzzu erkennen. Die rechte Röntgenaufnahme zeigt zum Vergleich den kammer geschwemmt Normalbefund. wird und von dort in die Lunge, wo es schließlich ein Gefäß verstopft. War das Gerinnsel groß und konnte deshalb auch ein großes Lungengefäß verstopfen, so entwickelt sich ein mehr oder weniger großer Lungeninfarkt, siehe Abb. 4.9, der auch tödlich enden kann. Kleine Lungenembolien werden bei häufig fehlender oder geringer Symptomatik oft nicht erkannt. 130
Venenleiden | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
a
Abb. 4.10a und b Die Ultraschalluntersuchung des Herzens über die Speiseröhre (TEE) erfolgte zufällig zu dem Zeitpunkt, als sich das aus der thrombosierten Beinvene gelöste und zum Herzen geschwemmte längliche Gerinnsel („Embolus“) vom rechten Vorhof durch ein „Loch“ (offenes Foramen ovale) in der Scheidewand zum linken Vorhof durchzwängte (Pfeil), was dann nicht zur Lungenembolie, sondern im Falle eines Weitertransports zur Halsschlagader zu einem Schlaganfall führen würde („paradoxe Embolie“). b Eine sofortige Operation mit Entfernung des Embolus konnte dies verhindern. Die Abbildung b zeigt das entfernte wurmförmige Gerinnsel, das noch die Form der thrombosierten Beinvene hatte, aus der sich dieser lange Embolus gelöst hatte. (Beide Bilder verdanke ich meinem Praxisnachfolger Dr. R. Knorpp)
Von einer „paradoxen Embolie“ spricht man, wenn das Gerinnsel („Embolus“) nicht in die Lunge, sondern ins Gehirn mit der Folge eines Schlaganfalls geschwemmt wird. Dies ist nur möglich, wenn in der Scheidewand zwischen dem rechten und linken Vorhof ein Loch („Foramen ovale“) verblieben ist, nicht allzu selten! Normalerweise verschließt sich diese Lücke in der Vorhofscheidewand nach der Geburt. Die Abb. 4.10. zeigt den Augenblick, wo gerade ein wurmförmiges Gerinnsel (Embolus) aus einer Beinvene im Begriff ist, durch ein offenes Foramen ovale vom rechten Vorhof in den linken zu gelangen. Es konnte noch rechtzeitig operativ entfernt werden, bevor es über die linke Herzkammer, die Aorta und schließlich Halsschlagader eine Hirnarterie mit Schlaganfallfolge verstopfen konnte. 131
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Venenleiden
Was die Häufigkeit von Lungenemboliefällen betrifft, so konnte in einer Studie festgestellt werden, dass erst ab Flugstrecken von mehr als 5000 km 1,5 Lungenemboliefälle pro Million Fluggäste zu registrieren sind. Bei mehr als 10.000 Flugkilometern lag die Embolierate bei 4,8 Fälle pro Million Passagiere. Von 65 Flugpassagieren mit Lungenembolie hatten 4 zusätzlich einen embolischen Schlaganfall mit Bewusstseinsstörungen und Halbseitenlähmung. Eine Patientin verstarb. Alle 4 Fälle hatten ein offenes Foramen ovale (ausführliche Literatur zu dieser Thematik in [185]). Ein mittleres Risiko für eine Reisethrombose besteht bei Schwangeren/Wöchnerinnen oder wenn 2 der nachfolgenden Faktoren vorliegen: – Alter von über 60 Jahren, – familiäre Thromboseneigung, – ausgeprägte Krampfadern mit Unterschenkelschwellungen, – Hormonersatztherapie im Klimakterium bzw. bei jüngeren Frauen (vor allem Raucherinnen) unter Antikonzeptiva („Pille“), – Fettsucht mit einem Body-Mass-Index über 30, – Exsikkose (Wasserdefizit), – schwere Herzkrankheit mit eingeschränkter Herzmuskelfunktion (Luftnot bereits bei geringer Belastung und Neigung zu Beinschwellungen). Ein hohes Risiko liegt vor – bei bereits durchgemachter Lungenembolie, – bei schwerer bösartiger Erkrankung, z.B. Krebsleiden mit Metastasen, – unmittelbar nach Operationen in Narkose, – bei gelenkübergreifender Ruhigstellung einer unteren Gliedmaße. Es ist zu beachten, dass auch Tage, ja sogar Wochen nach einem Flug noch Lungenembolien auftreten und auch tödlich enden können. Beispielsweise ergab eine Studie von 61 akuten Todesfällen während Langstreckenflügen in 11 Fällen (18 %) eine Lungenembolie als Ursache. Eine Vorbeugung erscheint daher besonders dringlich: – möglichst häufige Körper- und Beinbewegungen durchführen, kurzes Herumgehen während des Fluges, – einengende Innensitze möglichst meiden, – kein Alkoholkonsum, Rauchen schon vor dem Flug einstellen, – regelmäßiges Trinken von etwa 200 ml/Stunde, bereits vor dem Flug schon ausreichende Trinkmenge, – keine Beruhigungs- oder Schlafmittel einnehmen, – keine einschnürende Kleidung, – Personen mit mittlerem Risiko zusätzlich Kompressionsstrümpfe benutzen, bei hohem Risiko subcutane Heparin-Spritze, beispielsweise Clexane 40 (R) (Enoxaparin) 2 Stunden vor der Reise und mindestens einen Tag danach. Glücklicherweise haben die meisten Beinvenenthrombosen keine Embolie zur Folge. Das Gerinnsel, dass die Vene verstopfte, konnte sich also nicht lösen und weggeschwemmt werden. Im Laufe der Zeit kommt es meist zu einer mehr oder weniger vollständigen Auflösung der Thrombose („Rekanalisation“). In der Regel zeigt sich innerhalb eines 132
Diabetes mellitus Typ II | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
Jahres nach einer Thrombose durch Ausbildung eines Umgehungskreislaufs eine spontane Besserung der stauungsbedingten Beschwerden. Wie oben in Abschnitt „Krampfadern“ beschrieben, wirkt sich auch hier ein Geh- bzw. Lauftraining förderlich auf den venösen Blutfluss und damit auch vorbeugend auf eine erneute Thrombose aus. Nur sehr selten reichen die Rekanalisation und der Umgehungskreislauf nicht aus, um das beim Laufen vermehrt in die Beinmuskulatur gepumpte arterielle Blut wieder über die Venen zurück zum Herzen zu führen. In diesen äußerst seltenen Fällen schwellen die Unterschenkel schmerzhaft beim Laufen an. Hat der maximale Wadenumfang nach einer solchen Laufbelastung 1 bis 1,5 cm zugenommen, besteht ohne Gegensteuerung die Gefahr im Laufe der Jahre ein Unterschenkelgeschwür zu entwickeln. In diesen seltenen Ausnahmefällen ist Schwimmen die ideale Sportart, gefolgt von dosiertem Gehen. Auch sind Kompressionsstrümpfe zu tragen, nicht beim Schwimmen.
4.5 Diabetes mellitus Typ II („Alterszucker“) 4.5.1 Einleitung Man unterscheidet zwischen dem Typ I- und dem Typ II-Diabetes. Beim Typ I-Diabetiker fehlt die Blutzucker senkende Insulinsekretion aus den Langerhans’schen Zellen der Bauchspeicheldrüse vollständig oder fast vollständig im Gegensatz zum Typ II-Diabetes, wo oft ein erhöhter Insulinspiegel bei Insulinresistenz eventuell im Rahmen eines Metabolischen Syndroms vorliegen kann, siehe Kapitel 4.1.3. Der Typ I-Diabetiker ist demnach immer insulinpflichtig, nicht jedoch der Typ II-Diabetiker. Hier soll nur über den Typ II-Diabetes gesprochen werden, auch Altersdiabetes genannt, da er sehr häufig im Alter vorkommt. Über Sport bei Typ I-Diabetes siehe ausführliche Darstellung in [185]. Mittlerweile konnte in mehreren prospektiven in Untersuchungen ein verringertes Diabetesrisiko (Typ II) durch regelmäßiges körperliches Training nachgewiesen werden. Wie nicht anders zu er1 warten spielt die Höhe Training mit Schweißausbruch des Kalorienverbrauchs 0,9 <1/Wo. durch Muskelarbeit eine 0,8 entscheidende Rolle. So 1x/Wo. 0,7 konnten Manson und 0,6 2-4x/Wo Mitarbeiter [229] in ei0,5 5x o.mehr ner prospektiven Studie 0,4 an 21271 gesunden 0,3 Ärzten im Alter zwi21271 gesunde Ärzte, Alter 40 bis 84 Jahre, Beobachtungszeitraum 5 Jahre, schen 40 und 84 Jahren 0,2 in dieser Zeit 285 neue Diabetesfälle. über einen Zeitraum von 0,1 5 Jahren eine Verminde0 rung des DiabetesvorDiabetesrisiko kommens abhängig von Abb. 4.11 Abhängigkeit des Vorkommens eines Diabetes mellitus Typ II der Trainingshäufigkeit („Alterszucker“) von der körperlichen Aktivität mit Schweißausbruch feststellen und unab- entsprechend einer Dosis-Wirkungs-Beziehung. hängig vom Alter oder (Nach Ergebnissen von Manson JE et al: JAMA 1992, 268: 63–67) 133
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Diabetes mellitus Typ II
Gewicht (Body-Mass-Index). Setzt man das Risiko einer Diabeteserkrankung der inaktiven Ärzte auf 1, dann fiel bereits bei einmaliger sportlicher Aktivität pro Woche das Risiko auf 0,77, bei 2- bis 4maligem Sporttreiben auf 0,62 und bei fünf oder mehr Trainingseinheiten pro Woche sogar auf 0,58 als Dosis-Wirkungs-Beziehung, siehe Abb. 4.11. Auch Helmrich und Mitarbeiter [130] fanden eine umgekehrte Beziehung zwischen Diabetesrisiko und körperlicher Aktivität. Pro 500 kcal Energieverbrauch in der Woche nahmen die alterskorrigierte Diabeteshäufigkeit um durchschnittlich 6 % ab, auch wenn Adipositas, Bluthochdruck und Diabetes in der Familienvorgeschichte berücksichtigt wurden. Gerade diese Hochrisikopersonen hatten den größten Nutzen durch ein körperliches Training. 5990 ehemalige Studenten, die 1928 bis 1947 an der Universität von Pennsylvania eingeschrieben waren, beantworteten in dieser Untersuchung 1962 und 1976 einen Fragebogen zum Ausmaß ihrer körperlichen Aktivität. Bei den besonders aktiven (mindestens 2000 kcal/Woche durch Muskelarbeit verbraucht, siehe Kap.3.4), war das Diabetesrisiko um 41 % niedriger als bei den wenig oder gar nicht aktiven (unter 500 kcal/Woche) Hochrisikomännern mit Bluthochdruck, Übergewicht, und Diabetesvorkommen in der Familie. Dabei veranschlagten die Autoren für 500 kcal in der Woche bei 75 kg Körpergewicht beispielsweise 5 Meilen (etwa 8 km) Laufen oder 10 Meilen Radfahren. 4.5.2 Muskelstoffwechsel Zum besseren Verständnis sollen die physiologischen Stoffwechselvorgänge bei Muskelarbeit kurz zusammengefasst werden. Unter Ruhebedingungen deckt der Muskel seinen Energiebedarf durch freie Fettsäuren [5, 340]. Nach Belastungsbeginn steigen die Hormone Glukagon, Adrenalin, Wachstumshormon (STH) und Kortisol an, die als Gegenspieler zum Insulin Traubenzucker aus den Glykogenspeichern im Muskel und in der Leber freisetzen [98]. Gleichzeitig wird die Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse gehemmt. Mit zunehmender Belastungsdauer fällt der Insulinspiegel im Blut weiter ab. Es werden nun auch aus den Fettspeichern vermehrt freie Fettsäuren zur Energiegewinnung herangezogen, wobei jedoch der Traubenzucker (Glukose) weiterhin ein wichtiger Energieträger für die arbeitende Muskulatur bleibt [5, 203]. Für eine länger dauernde Muskelarbeit, wie sie beim Langstreckenlaufen, Bergwandern usw. gefordert wird, ist die Neubildung von Traubenzucker (Glukoneogenese) in der Leber äußerst wichtig. Diese wird gefördert durch die Verringerung der Insulinfreisetzung aus der Bauchspeicheldrüse mit Beginn der Muskelarbeit (Insulin hemmt die Glukoneogenese in der Leber). Die belastungsbedingt angestiegenen „Stresshormone“ Adrenalin und Noradrenalin, das Wachstumshormon usw. fördern gleichzeitig den Fettabbau (Lipolyse). Die dadurch vermehrt anfallenden freien Fettsäuren tragen den größten Anteil der Energiegewinnung bei anhaltender Muskelarbeit bei. Nach längeren intensiven Laufbelastungen sind die Glykogendepots in der Muskulatur und in der Leber weitgehend aufgebraucht, je nach Trainingszustand etwa nach 60 Minuten, bei sehr gut Trainierten nach etwa 90 Minuten. Bei langsamerer Geschwindigkeit und ständiger Zufuhr von Kohlenhydraten, die während andauernder Belastung (lange Bergwanderungen, Marathon usw.) zu empfehlen sind, kann man einen frühzeitigen Leistungseinbruch vermeiden. 134
Diabetes mellitus Typ II | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
Nach einer anhaltenden muskulären Anstrengung, z. B. Dauerlauf, lange Wanderung, Radtouren, Skilanglauf usw., werden vorrangig die Glykogenreserven (Kohlenhydrate) in der Muskulatur und in der Leber wieder aufgefüllt bis hin zur „Superkompensation“ als Trainingseffekt, also mehr Glykogen als vor der Belastung gespeichert war. In dieser Regenerationsphase steigt nun der Insulinspiegel im Blut wieder an, gleichzeitig fallen die Insulingegenspieler (Antagonisten) Adrenalin, Glukagon, STH und Kortisol ab. Vor allem das Muskelgewebe reagiert nun auch empfindlicher auf Insulin [281]. Dieses verbesserte Ansprechen auf Insulin entwickelt sich im Laufe einer Langzeitbelastung und ist in der Endphase der Ausdauerbelastung voll wirksam [237]. Schnell resorbierbare Kohlenhydrate, beispielsweise in Form von Malzbier, Säften, Cola usw. sind nach einer Dauerbelastung wie beispielsweise nach einem Marathonlauf günstig. Während beim Abbau von Glykogen durch Muskelarbeit Kalium freigesetzt wird, zusätzlich beim Laufen durch „Zertreten“ von roten Blutkörperchen [185], wird nun beim Wiederauffüllen der Glykogenspeicher Kalium benötigt, also wieder eingebaut. Demnach steigt der Kaliumspiegel im Blut in der Belastungsphase an und fällt danach in der Regeneration deutlich ab, wenn nicht kaliumreiche Kost (Gemüse, Obst etc.) und Getränke (Frucht- und Gemüsesäfte, Elektrolytgetränke) zu sich genommen werden. 4.5.3 Optimale Therapie: schweißtreibende ausdauernde Muskelarbeit Mit einem Typ II-Diabetes ist besonders beim Vorliegen einer Fettsucht [357] und bei einer familiären Veranlagung [18, 21, 22] zu rechnen. So sind etwa 80 % aller Patienten mit Typ II- Diabetes übergewichtig [249]. Ein vermindertes Ansprechen des Gewebes auf Insulin (Insulinresistenz) und eine beeinträchtigte Insulinausschüttung [64] verbunden mit einem erhöhten Risiko für eine Koronare Herzkrankheit (siehe Kapitel 4.2), eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (Durchblutungsstörungen an den Beinen), ein Nierenversagen und Netzhautveränderungen bis hin zur Blindheit sind charakteristisch für einen Diabetes mellitus Typ II. Wenn man berücksichtigt, dass mit den häufig vorliegenden höheren Insulinspiegeln bei Insulinresistenz auch die Koronare Herzkrankheit zunimmt [161, 240], dann ist auch verständlich, dass bei Diagnosestellung eines Diabetes Typ II bereits in ca. 30 % eine Koronare Herzkrankheit vorliegt [334]. Ebenso besteht ein Zusammenhang zum Bluthochdruck [18, 72], siehe auch Kapitel 4.1.3 „Metabolisches Syndrom“. Bereits aus den oben im Kapitel 4.3.2. geschilderten hormonellen Reaktionen bei Muskelarbeit ist ein erfolgreicher an der Wurzel des lebensgefährlichen Übels angreifender Therapieansatz zu erkennen. Folgende Beobachtungen sprechen für ein ausgiebiges Ausdauertraining zur Behandlung des Diabetes mellitusTyp II: 1. Trainingsbedingte Gewichtsabnahme (Kapitel 1.3.6a), siehe Abb. 4.8 und Muskelaufbau mit Abnahme des intramuskulären Fettes [25], Abnahme des Fettgewebes im Bauch [242]. Selbst bei konstant gebliebenem Körpergewicht Rückbildung des muskulären und viszeralen Fettes mit nachfolgender verbesserter Insulinsensitivität durch Training! 2. Langstreckenläufer und körperlich trainierte Männer im mittleren Alter haben niedrigere Plasmainsulinspiegel als gesunde untrainierte [217]. 135
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Diabetes mellitus Typ II
3. Die Insulinempfindlichkeit ist bei gut Trainierten besser [176, 177, 179, 186, 220, 313], siehe Abb. 4.13. So lagen die Insulinkonzentrationen im Blut sowohl unter Nüchternbedingungen als auch nach Zuckergabe bei körperlich Inaktiven höher als bei körperlich Aktiven [220], möglicherweise als Folge einer Zunahme der Insulinrezeptoren unter körperlichem Training [268]. Die Glukosetoleranz verbessert sich trainingsbedingt bei gleichzeitiger Gewichtsabnahme [278]. Als Folge einer verbesserten Isulinempfindlichkeit ist die Verstoffwechselung von Traubenzucker bei trainierten Menschen erhöht [44, 176, 284]. 4. Je höher die körperliche Aktivität, desto weniger häufig tritt ein Diabetes Typ II auf [96, 130, 229], siehe Abb. 4.11. 5. Bei Bewegungsmangel verschlechtert sich der Zuckerstoffwechsel wie schon Blotner 1945 feststellte [34] und später wiederholt bestätigt wurde [z. B. 219]. Offensichtlich können bereits kurze Trainingseinheiten bei Typ II-Diabetikern die Blutglukose durch Verstärkung der Insulinwirkung senken [67, 68]. Ein längeres Training verbessert die Glukosetoleranz [280]. Es scheint so zu sein, dass die verbesserte Insulinwirkung gemessen am Glukosetoleranztest (Blutzuckerbestimmungen nach dem Trinken von 100 g Zuckerlösung), bereits wenige Tage nach dem Training wieder verloren geht [44, 128, 203]. So konnte die Gruppe um Holloszy [146] nach 12 Monaten eines intensiven Trainings bei einer kleinen Gruppe mit leichtem Typ II-Diabetes eine Normalisierung der Glukosetoleranz feststellen. Doch fand dieselbe Arbeitsgruppe in einer späteren Untersuchung [283] schon nach einer Woche täglichem Training eine hochsignifikante Verbesserung der Glukosetoleranzkurve, so dass die Autoren meinen, dass die günstigen Auswirkungen auf den Zuckerstoffwechsel nach dem 12monatigen Training nicht Folge einer Langzeitwirkung von anhaltender Muskelaktivität ist, sondern in erster Linie Folge der letzten Trainingseinheit. Das Training in dieser einen Woche setzte sich zusammen aus einmal eine Stunde Walking mit 60 % der maximalen Herzfrequenz, an den übrigen Tagen jeweils im Labor 30 Minuten Laufbandbelastung, nach 10 Minuten Ruhe 20 bis 30 Minuten Fahrradergometerbelastung mit 68 % der individuellen maximalen Sauerstoffaufnahme. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bei der letzten Untersuchung mit der einwöchigen Trainingsphase das Gewicht in dieser Zeit konstant blieb. Bei übergewichtigen Typ II-Diabetikern ist natürlich mit zunehmender Trainingsdauer im Vergleich zur kurzen eine höhere Gewichtsabnahme und dadurch auch eine Verbesserung der Insulinresistenz zu erwarten, siehe auch Kapitel 1.3.6a. Die Abb. 4.12 zeigt beispielhaft die Gewichtskurve einer mäßig adipösen Patientin mit bereits pathologischem Glukosetoleranztest bei familiärer Veranlagung (Eltern beide „Alterszucker“, Vater Bluthochdruck). Nach rigoroser Aufklärung stellte sie ihre Kost radikal um (keine Süßigkeiten mehr, Fett soweit möglich gemieden, viel pflanzliche Kost, mehr Fisch), kam vereinbarungsgemäß wöchentlich zum Wiegen in die Praxis und hielt sich an der sportlichen Abmachung: Täglich 1 Stunde Walking, wenn diese Stunde aus irgend einem Grund ausfallen musste, dann war das Walking an einem anderen Tag nachzuholen, also dann 2 Stunden. Das Ziel war, mindestens 30 km in der Woche zu Fuß zurückzulegen, was etwa einem Kalorienverbrauch von 2000 kcal entspricht (um 1 kg Fettgewebe abzubauen sind 7000 kcal durch Muskelarbeit 136
Diabetes mellitus Typ II | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
nötig), siehe auch Kapitel 3.4. Da die Patientin mit 76 zunehmendem Trainings74 zustand, Wohlgefühl und 72 Gewichtsabnahme mehr 70 Spaß an der Bewegung 68 hatte, legte sie immer 66 mehr Laufphasen ein, so 64 dass sich auch die Strecke 62 und damit der Kalorien60 verbrauch in der Trainings58 stunde verlängerte. Hinzu 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 kam ein Urlaub im HochWochen gebirge mit vielen langen Abb. 4.12 Körpergewichtskurve einer adipösen sehr motivierten Frau Bergwanderungen, so dass bei täglich mindestens 1 Stunde Walking/Laufen und Kostumstellung sich die Patientin so fit (weniger Fett, keine Süßigkeiten). Der anfänglich pathologische Glukosetoleranztest zeigte nach 12 Wochen Training und Gewichtsfühlte, dass sie nach 5 Moabnahme einen normalen Blutzuckerkurvenverlauf. Nach 20 Wochen naten Training an einem hat die Patientin bei jetzt 65 kg Körpergewicht (163 cm Größe) ihren Halb-Marathonlauf erfolgersten Halb-Marathonlauf absolviert! reich teilnahm. Diabetiker, die bereits Blutzucker senkende Medikamente einnehmen, müssen die Dosis bei Aufnahme eines Ausdauertrainings mit Gewichtsabnahme zur Vermeidung einer Unterzuckerung, siehe unten, anpassen, bei stundenlanger Wanderung zum Beispiel im Gebirge an diesem Tag sogar die Zuckermedikation aussetzen. In der Praxis erlebt man immer wieder motivierbare Typ II-Diabetiker, die sich von sportlich aktiven Ärzten, Angehörigen oder Freunden zu einem Ausdauertraining „anstecken“ lassen, das am Anfang bei ÜbergeGlukose wicht und schlechtem Trainingszustand praktisch nie Spaß macht. Diese „bittere Pille“ muss jedoch geschluckt werden im Sinne einer „schonungslosen Therapie“ [1], um schließlich doch zu erkennen, dass es sich um eine „wohltuende Strapaze“ handelt, objektivierbar am Körpergewicht, der körperlichen Leistungs- Abb. 4.13 Blutzuckerabfall durch Insulininjektion (0,1 E/kg iv) vor und nach 6monatigem Training von 14 jugendlichen Leichtathleten. Das fähigkeit, der Stressto- trainingsbedingt verstärkte Ansprechen auf Insulin zeigt sich an den zu leranz und den Labor- den Zeitpunkten 15 und 30 Minuten signifikant niedrigeren werten. Manch ein Typ Glukosewerten (nach Kleinmann [179]). Kg
78
Mu s k e l a r b e i t : 7 0 0 0 k c a l f ü r d e n Ab b a u v o n 1 k g Fe t t g e w e b e n ö t i g
137
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Diabetes mellitus Typ II
II-Diabetiker entwickelt sich geradezu zu einem „ParadePatienten“. Hans Lauber, zum Beispiel schildert seine „Leidensgeschichte“ in seinem Buch „Fit wie ein Diabetiker“ (Kirchheim Verlag Mainz, 2002) und erhielt den Medienpreis der Deutschen Diabetesstiftung. Er beschreibt, wie er seinen Typ II-Diabetes durch Marathontraining „bezwungen“ hat und dadurch Abb. 4.14 Teilweise werden bei großen Stadtmarathonläufen keine Medikamente und kein von Seiten der IDAA (International Diabetic Athletes Association) auf der Strecke Blutzuckerbestimmungen angeboten Insulin mehr braucht. – Im Übriwie hier in Berlin. Rechts auf dem Bürgersteig ein Tisch mit gen gibt es eine internationale Labormaterial. An einem Mast von weitem schon erkennbar Vereinigung diabetischer Sportdas Schild „Diabetes“. ler, die IDAA (International Diabetic Athletes Association), die bei manchen großen Stadtmarathonläufen wie in New York oder Berlin, siehe Abb. 4.14, auf der Marathonstrecke die Möglichkeit der Blutzuckerbestimmung bietet. Ein schweißtreibendes Training lohnt sich immer. So hatten nach einer Studie von Wei und Mitarbeitern [348] inaktive Typ II-Diabetiker ein um rund 70 % höheres Sterblichkeitsrisiko als die trainierten. Gregg und Mitarbeiter [113] errechneten, dass von 61 Diabetikern, die zu einem Walking von mindestens 2 Stunden pro Woche überzeugt werden können, jährlich ein Todesfall weniger auftritt. Die niedrigste Sterblichkeitsrate fanden die Autoren bei einem Walking von 3 bis 4 Stunden und mehr pro Woche. Aber nicht nur die Trainingsdauer spielt eine bedeutende Rolle, sondern auch die Intensität (Geschwindigkeit). Unabhängig von den wöchentlichen Walkingstunden traten umso weniger Herz-Kreislauferkrankungen und Todesfälle auf, je höher die Walkinggeschwindigkeit war [324]. Ein niedriger Fitnessgrad des Diabetikers ist sowohl bei Normalgewicht als auch bei Adipositas mit einem erhöhten Risiko für einen Herzkreislauf-Tod verbunden [52]. 4.5.4 Unterzuckerung (Hypoglykämie) Bei jeder Muskelarbeit müssen 2 Aufgaben erfüllt werden: Die Sauerstoff- und Traubenzuckerversorgung des Gehirns sind aufrecht zu erhalten und die der Muskulatur gleichzeitig drastisch zu steigern. Selbst wenn durch eine intakte Herz-Kreislauf- und Lungenfunktion die Sauerstoffzufuhr und die nötige Muskeldurchblutung gesichert sein sollten, so sind nicht nur bei Diabetikern, sondern auch bei Gesunden nach lang dauernden muskulären Anstrengungen bei unzureichender Kohlenhydratzufuhr Unterzuckerungen zu beobachten [87, 122]. Unterzuckerungszustände sind als solche oft kaum zu erkennen. Wesensveränderungen, wie beispielsweise Aggressivität oder andere relativ banale Auffälligkeiten wie z. B. Müdigkeit, können auf eine Hypoglykämie hinweisen. Wer denkt schon daran, dass Frieren (Unterkühlung) ein frühzeitiges, manchmal auch einziges Zeichen beim 138
Atemwegserkrankungen | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
überschießenden Absinken des Tabelle 4.4 Symptome der Unterzuckerung (Hypoglykämie) Blutzuckers sein kann? Eine durch ● Frieren; feuchte, blasse Haut Unterzuckerung abgefallene Körpertemperatur wird nach Trauben● Heißhunger; Schweißausbrüche zuckerinjektion mit Normalisierung ● Mattigkeit; „weiche Knie“ des Blutzuckerspiegels wieder bis ● Verhaltensveränderung, z. B. aggressiv, zur Norm ansteigen [122]. Bekannter und sicherlich auch unruhig, Angst, unbegründetes Weinen am häufigsten sind Heißhunger oder Lachen und Schweißausbrüche während ● Schwierigkeiten beim Sprechen, Zittern, der Phase einer Unterzuckerung. ungeschickte Bewegungen Schwerere Hypoglykämien mit ● Herzklopfen, Schwindelgefühl, Kopf- und zerebralen Krampfanfällen führen Bauchschmerzen, Schlaflosigkeit gelegentlich zu Fehldiagnosen wie ● Epilepsie. Wegen der Wichtigkeit Verwirrtheit, Bewusstseinstrübung bis in der Praxis sind die Symptome hin zu Krampfanfällen und schließlich einer Unterzuckerung in Tabelle 4.4 Bewusstlosigkeit dargestellt, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. So gehört der Traubenzucker immer zur Sportausrüstung des Diabetikers und muss bei den ersten Zeichen einer Hypoglykämie eingenommen werden.
4.6 Atemwegserkrankungen „Von einer rückfälligen Bronchitis, die mich Jahrzehnte beeinträchtigte, bin ich völlig befreit, seit ich mit etwa 65 Jahren den täglich frühmorgentlichen Dauerlauf begann – über fast einen Kilometer, vom ersten Schritt an in die Ausatmung (den Mund stets geschlossen) vertieft, danach (quasi reflektorisch und nur ein Drittel so lang) ebenso tief einatmend. Solche Mitaktivierung (zum Tiefausatmen) von Bauchdecken, Beckenboden, Zwerchfell trainiert die vom naturwidrigen Büro- und Studienhocken erschlafften Bauchdecken, vermeidet jede Atemnot, sogar Überhitzungsschwitzen und auch Überlastung von Herz und Kreislauf.“ So begann vor vielen Jahren eine Leserzuschrift eines Arztkollegen (Privatdozent für Innere Medizin) im Deutschen Ärzteblatt. Sie zeigt uns, mit welch geringem Zeitaufwand ohne Kosten, allerdings täglich durchgeführt, eine Besserung und Stabilisierung des Befindens selbst im Alter zu erzielen ist. Es ist bekannt, dass körperliche Inaktivität das Immunsystem schwächt. Andererseits zeigt die Praxis unterstützt durch Ergebnisse randomisierter Studien, dass bei fast täglichem leichten Training signifikant weniger häufig Atemwegsinfektionen zu verzeichnen sind. Dagegen scheinen ein anhaltend hartes Training oder lang dauernde erschöpfende Wettkämpfe, z. B. Marathon, vorübergehend infektanfälliger zu machen, also das Immunsystem zu schwächen. Man spricht auch von einem „Open Window“ (offenes Fenster) mit Veränderungen im Immunsystem (Literatur in [185]). Vor allem innerhalb der ersten bis zweiten Woche nach einer erschöpfenden Ausdauerbelastung scheinen vermehrt akute Atemwegsinfektionen vorzukommen. 139
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Atemwegserkrankungen
Nach einer Anstrengung sollte man daher vor allem bei kühler Witterung nicht verschwitzt herumstehen, sondern sich möglichst schnell trockene Kleidung anziehen, wenn möglich zuvor warm duschen. Im Herbst und Winter haben sich neben einer vitaminreichen Kost zusätzliche Vitamin C-Einnahmen vorbeugend bewährt. Eine Grippeschutzimpfung sollte gerade im Alter eine Selbstverständlichkeit sein, empfehlenswert auch eine Impfung gegen Pneumokokken-Lungenentzündung. Bronchialasthma Bei anfallsweise auftretender Verengung bzw. Verlegung der Atemwege auf dem Boden eines überempfindlichen („hyperreagiblen“) Bronchialsystems verbunden mit akuter Luftnot spricht man von einem Bronchialasthma. Ursächlich liegt meist eine Allergie, z. B. gegen Gräserpollen, Katzenhaare usw., oder eine Atemwegsinfektion vor. Von einem Anstrengungsasthma spricht man, wenn etwa 3 bis 8 Minuten nach einer erheblichen körperlichen Belastung eine vorübergehende Einengung der Bronchien mit Luftnot auftritt. Dabei ist meist ein pfeifendes Atemgeräusch wahrzunehmen. Auslöser von Asthmaanfällen sind neben der Einatmung von Allergenen, wie zum Beispiel Pollen, oft eine Anstrengung in kalter und trockener Luft. Sie führt bei Überempfindlichkeit zur Verkrampfung der Bronchialmuskulatur, während dieselbe Belastung bei auf Körperwärme erhöhter Lufttemperatur und bei höherer Luftfeuchtigkeit nur zu geringer oder überhaupt zu keiner asthmatischen Reaktion führt. Es besteht eine quantitative Beziehung zwischen dem totalen Wärmeverlust über die Luftwege und der darauf folgenden Engstellung der Bronchien. Nicht die körperliche Aktivität an sich ist maßgebend, sondern die bei der Arbeit zunehmende Atmung und die damit vor allem bei kalter und trockener Luft verbundene Abkühlung der Atemwege. Die eingeatmete Luft muss auf Körpertemperatur gebracht und mit Wasserdampf gesättigt werden. Wenn die Luft stark erwärmt werden muss, kühlt sich zunächst der obere Atemtrakt ab, dann auch der untere mit den kleinen Bronchien. Daher wirkt sich im Winter eine reine Mundatmung negativ aus, da die Vorwärmung über die Nase mit Aufnahme von Wasserdampf wegfällt und die Bronchien bis hin zu den kleinsten Verästelungen (Bronchiolen) noch mehr abkühlen und Wasser verlieren. Schadstoffüberlastete Luft ist so weit wie möglich zu meiden. In Anbetracht der Ozonwarnungen im Sommer ist es doch erstaunlich, dass es Asthmatikern im Hochgebirge, z. B. in Davos/Schweiz, mit den wesentlich höheren Ozonwerten als in einer Großstadt im Tal auch unter Belastung recht gut geht. Offensichtlich sind die hochsommerlichen Temperaturen im Tal mehr als Ozon dafür verantwortlich, dass sich viele Leute bei einer solchen Wetterlage nicht fit fühlen. In der reinen, bei intensiver Sonneneinstrahlung allerdings ozonangereicherten Hochgebirgsluft ist es im Sommer angenehm kühler! Man könnte nun meinen, wenn Anstrengungen einen Asthmaanfall auslösen können, dass diese von Asthmatikern zu meiden sind. Doch ist keinesfalls körperliche Schonung angebracht. Eine solche hätte negative gesundheitliche Auswirkungen auch hinsichtlich der Lebenserwartung, siehe Kapitel 1.3.6 und 1.4. Es gibt heutzutage sehr effektive und nebenwirkungsarme Arzneien zur Inhalation, so dass selbst Olympiasieger, beispielsweise Jan Ullrich im Radsport oder Cathy Freeman über 400 m, unter den 140
Atemwegserkrankungen | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
Asthmatikern zu finden sind. Bei einem leichten Asthma reicht die Inhalation eines schnell wirksamen Sympathikomimetikums wie beispielsweise Salbutamol 10 Minuten vor Belastungsbeginn aus, um einen Anfall von Atemnot zu verhindern. Sympathikomimetika wirken der Verkrampfung der Bronchialmuskulatur entgegen, erweitern das Lumen der Bronchien. Bei einem chronischen Asthma führte nicht nur eine Verkrampfung der Bronchialwandmuskulatur zur Lumeneinengung und damit Luftnot, sondern zusätzlich eine durch chronische Entzündung verdickte Schleimhaut, die obendrein noch zähflüssigen Schleim produziert, siehe Abb 4.15. Hier muss täglich ein entzündungshemmendes und damit Schleimhaut abschwellendes Kortisonpräparat inhaliert werden, am besten in Kombination mit einem entkrampfenden Sympathikomimetikum. Trainingsmethodisch hat sich gezeigt, dass ein Aufwärmen vor allem in Intervallform das Risiko eines Asthmaanfalls mindert, z. B. 8 schnellere Läufe von 30 sek. Dauer mit dazwischen liegenden Gehphasen bis zur Beruhigung der Atmung. Dadurch entwickelt sich häufig eine so genannte „Refraktärperiode“ für die nächsten 2 Stunden. In dieser Phase reagieren die Bronchien weniger empfindlich auf asthmogene Reize.
Glatte Bronchialmuskulatur
Normale Bronchusweite
Schleimhaut
Lumeneinengung Verkrampfte Bronchialmuskulatur
Schleimhautschwellung
Schleimabsonderung Abb. 4.15 Schematischer Querschnitt durch einen normal weiten Bronchus (oben), durch einen eingeengten aufgrund einer verkrampften Muskulatur in der Bronchialwand (links) und zusätzliche Einengung des Lumens durch entzündliche Schleimhautschwellung und zähem Schleim (rechts), ein Befund, wie er bei chronischem unbehandeltem Asthma üblich ist.
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Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Atemwegserkrankungen
Um Haltungsschäden vorzubeugen, die aus chronischem Asthma resultieren können, sind sportliche Übungen, die den Oberkörper einbeziehen, zu empfehlen. Bei chronischem Asthma und allgemein bei Lungenemphysem (Lungenüberblähung) sind Brustkorb mit Rippen und Wirbelsäule versteift, die Atemmuskulatur verkrampft und die Bauchdecke erschlafft. Dadurch wird wiederum die Atmung erschwert, die Atemnot nimmt zu, so dass wegen Überlastung der normalen Atemmuskulatur zusätzlich „Hilfsmuskeln“ eingesetzt werden, vor allem die Hals- und Nackenmuskeln. Diese Muskeln ziehen den Brustkorb hoch und auseinander. Er wird also nach oben erweitert anstatt durch die normale Zwerchfellbewegung nach unten. Dieser fehlerhaften Einatmung über die Hilfsmuskeln folgt zwangsläufig eine fehlerhafte Ausatmung durch Senken des hochgezogenen Brustkorbs. Asthmatischen Anfälle, die man nicht nur beim eigentlichen Bronchialasthma, sondern auch bei einer (chronischen) Bronchitis und bei Lungenüberblähung (Emphysem) finden kann, werden durch Verengung der Bronchien ausgelöst, wenn gleichzeitig die Atemmuskulatur nicht mehr in der Lage ist, den nun erhöhten Luftwiderstand in den Bronchien zu überwinden. Einer solchen Überforderung der Atemmuskulatur kann man durch eine gute Atemtechnik, durch Stärkung der bei der Atmung beteiligten Muskulatur und Training des dazugehörenden Bewegungsapparates begegnen. Man muss wissen, dass die Atmung ein durch zahlreiche Reflexmechanismen variabel gesteuerter Bewegungsvorgang ist. Dieser Bewegungsvorgang wird stark vom muskulären und knöchernen Bewegungsapparat beeinflusst. So treten z. B. Störungen der Atmung bei einer Wirbelsäulenverbiegung, bei entzündlichen Veränderungen an Gelenken im Bereich des Brustkorbes usw. auf. Umgekehrt beeinflusst auch die Atmung selbst den Bewegungsapparat. So bewirkt eine Überblähung der Lunge mit erhöhtem Spannungszustand des Lungengewebes nicht nur muskuläre Verspannungen, sondern auch Fehlhaltungen und andere krankhafte Veränderungen an allen bei der Atmung beteiligten Abschnitten des Bewegungsapparates. Es ist daher leicht einzusehen, dass diese physikalisch bedingte Funktionsstörungen nicht allein durch eine medikamentöse Behandlung reguliert werden können, sondern durch eine gezielte physikalische Therapie, vor allem durch Atemgymnastik, siehe Abb. 4.16, evtl. unterstützt durch Massage.
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Atemwegserkrankungen | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
Abb. 4.16 Auswahl von atemgymnastischen Übungen (Aus Kleinmann, D.: Sport als Medizin für jedermann. Hippokrates-Verlag, Stuttgart 1985)
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Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Arthrose
Bei der chronischen Bronchitis, dem Lungenemphysem und chronischem Asthma ist die die Ausgangsstellung der Atembewegung zur Einatmungsseite hin verschoben. Dadurch sind die bei der Einatmung beteiligten Muskeln ständig angespannt und das Lungengewebe überdehnt. Eine der wichtigsten atemtherapeutischen Maßnahmen ist also, für eine ausreichende Entspannung der Lungen in der Ausatmung zu sorgen, das heißt, möglichst tief „auszuhauchen“ und so wenig wie nötig einzuatmen, die Lungen also möglichst „leer“ zu halten. Dabei ist die Magengrube eingesunken und der untere Brustkorb schmal. Die Einatmung sollte immer spürbar durch die Nase erfolgen, die Ausatmung langsam und mehr hauchend aus dem halb geöffneten Mund.
4.7 Arthrose („Gelenkverschleiß“) 4.7.1 Wie hoch ist die Gelenkbelastung beim Laufen? Es wird berichtet, dass bei jedem Schritt auf Sprung- und Hüftgelenk die zweifachen und auf das Kniegelenk sogar die 6fachen Kräfte im Vergleich zum Gehen einwirken [4, 12, 13]. Bei Patienten mit künstlichem Gelenk (Endoprothesenträgern) fanden Hodge und Mitarbeiter [139], dass die Krafteinwirkung auf den Gelenkersatz beim Joggen 1,5mal höher war als beim Gehen. Dagegen lagen die Werte für das Aufstehen von einem Stuhl sogar 3x höher! Kritisch ist anzumerken, dass die Gelenkbelastung neben den orthopädischen Gegebenheiten in erster Linie von der Laufgeschwindigkeit, dem Laufstil, dem Gewicht und vom Trainingszustand der Laufmuskulatur abhängig ist. So wird man feststellen können, dass beim Vorliegen von orthopädischen Problemen wie der Arthrose, der Läufer als Anpassungsreaktion sich einen „Schongang“ zulegt, wobei die Füße nur wenige Zentimeter vom Boden abgehoben werden und somit der Aufprall, d. h. die Gelenkbelastung, deutlich abgemildert wird. Die weit verbreitete Vorstellungen über eine Gelenkbelastung von einem vielfachen des Körpergewichtes beim Aufprall von Schritt zu Schritt sind in der Regel an gelenkgesunden Versuchspersonen jüngeren Alters erhoben worden und nicht zutreffend für geübte Altersläufer mit guten Laufschuhen und angepasstem, d.h. kaum vom Boden abhebenden langsamen (!) Laufschritten. Nach dem physikalischen Gesetz
E = ½m x v² ist die Geschwindigkeit (v), die im Quadrat eingeht, die entscheidende Größe für den Aufprall (E), weniger das Gewicht (m) = Masse. Man darf also keinesfalls, wie meist geschehen, die an jungen Versuchspersonen bei hohem Lauftempo erhobenen Ergebnisse hinsichtlich Gelenkbelastung auf langsam laufende ältere Arthrosepatienten ohne Berücksichtigung der Geschwindigkeit, des Laufstils, des Gewichts, orthopädischer Fehlstellungen und Deformationen usw. übertragen! Die Gelenkbelastung hängt immer von individuellen Begebenheiten ab und lässt sich daher nicht verallgemeinern. Die Art und die Intensität der Bewegung sowie das Körpergewicht spielen hinsichtlich der Belastung des Bewegungsapparates die wichtigste Rolle. Sie sind durch den 144
Arthrose | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
Sportler selbst beeinflussbar. So unterscheidet sich die Belastung der unteren Extremität (Gelenke, Sehnen, Muskeln ,Bänder ) beim Bergab-, Bergauflaufen oder Laufen in der Ebene bzw. Wandern erheblich. Das Körpergewicht, evtl. vorliegende Fußdeformitäten bzw. Fehlstellungen der Beine, die Schuh- und die Bodenbeschaffenheit zu Überlastungsschäden beitragen. Die Beinmuskulatur ermüdet schneller bei Fehlstellungen, z.B. O-Beinen. Subotnik [321] fand, dass beim Lauf der Fersen-Boden-Kontakt in idealerweise zu einer Aktivierung aller Beinmuskeln führt, während beim Gehen vorwiegend nur die Wadenmuskulatur beansprucht wird. So scheint es bei Läufern mit weniger idealen Beinverhältnissen möglich zu sein, die relative Zahl der motorischen MuskelNerv-Einheiten zu verringern (Ökonomisierung der Muskelarbeit), wenn die Fußanatomie therapeutisch verbessert wird. Dies kann neben orthopädischen Einlagen durch Konditionstraining, Fußgymnastik, Barfußlaufen usw. erreicht werden, was zu einer Verbesserung der Laufleistung führt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Gehen und Laufen liegt darin, dass beim Gehen immer ein Bein auf dem Boden steht, während beim Laufen phasenweise beide Beine „schweben“, siehe Abb. 4.17, somit die Wucht beim Wiederaufkommen größer ist. Doch ist das Muskel-Nervensystem darauf vorbereitet. Zum Schutz von Knorpelstrukturen scheint die neuromuskuläre Funktion besonders wichtig zu sein. So beobachteten Jones und Watt [159], dass ein unerwarteter, d. h. unvorbereiteter Fall aus Höhen von nur 2,5 cm als subjektiv wesentlich unangenehmer empfunden wurde als bei einem Fall aus Höhen bis zu 20 cm. Hier blieb genügend Zeit, um die Gelenke reflektorisch richtig zu stellen und die entsprechenden Muskeln zur Energieabsorption (Dämpfung) einzusetzen, wozu bei Fallhöhen unter 2,5 cm die Zeit zu gering bemessen ist. Der Fersenauftritt ist nur sanft, wenn vorher die Fußheber angespannt, d. h. die Ferse gesenkt, der Vorfuß angehoben wird. In ermüdetem Zustand oder bei schlecht trainierten übergewichtigen Menschen ist häufig ein Aufstampfen mit der Gesamtfußsohle zu beobachten, was oft zu Gelenkproblemen führt. Üben und ggf. Gewichts- Abb. 4.17 Schnelles Bergablaufen auf unebenen Naturwegen abnahme sind dann angezeigt erfordert erhebliche koordinative Fähigkeiten und vor allem und nicht Laufverbot. Bei Leis- exzentrische (bremsende) Kraft, da die Geschwindigkeit (v) in tungssportlern kann man vor der Formel für die Aufprallenergie (E) im Quadrat eingeht. Der Vorfuß wird, wie hier bei einem geübten AK (Altersklasse) allem auf kürzeren Strecken den 60-Läufer (!) zu sehen, bereits in der Flugphase nach unten „Ballenlauf“ im Unterschied zum gesenkt, um die Aufprallwucht muskulär mit dem Mittelfuß geschilderten „Fersenlauf“ fin- abzufedern.
E = ½m x v²
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Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Arthrose
den. Hier erfolgt die Auftrittdämpfung mit dem Mittelfuß („Ballen“), Kraft raubend und Achillessehnen belastend, aber schnell, siehe Kapitel 3.2.2. Das Zusammenspiel, die Synchronisation der einzelnen Muskelgruppen über das Nervensystem zur Verminderung der Gelenkbelastung beim Laufen ist störanfällig durch Abnahme der Muskelkraft (Trainingsmangel), altersabhängige Abnahme der motorischen Einheiten [47], Verminderung der schnell zuckenden Muskelfasern [187], Abnahme der Reflexgeschwindigkeit [290] im Alter. Eine weitere Störung der Muskelaktionen ist durch Abnahme der Leitungsgeschwindigkeit über die Muskelmembran infolge Laktatanhäufung zu registrieren [336]. 4.7.2 Macht Laufen Arthrose? Nicht nur unter Laien sondern selbst teilweise von Ärzten werden häufig erhebliche Bedenken hinsichtlich vorzeitiger Verschleißerscheinungen (Arthrosen) im Bereich der Gewicht tragenden Gelenke durch langjähriges regelmäßiges Langstreckenlaufen geäußert. Prinzipiell ist das Laufen ein physiologischer Bewegungsablauf. Man fragt sich daher, wofür die Gelenke überhaupt vorhanden sind, wenn nicht zu ihrem Gebrauch in einer physiologischen Richtung, die ja beim Laufen gegeben ist. So konnte beispielsweise Eichner [78] im internationalen Schrifttum keinen sicheren Hinweis dafür finden, dass Laufen die Entstehung einer Arthrose fördert. Vielmehr scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein, da das Muskel-/Skelettsystem bei Läufern in funktioneller Hinsicht langsamer altert. Konradsen und Mitarbeiter [189] untersuchten 30 Langstreckenläufer, die in den frühen 50er Jahren im damaligen Alter zwischen 20 und 30 Jahren an Laufwettbewerben teilgenommen haben und verglichen sie mit 27 Nichtläufern, die hinsichtlich Alter, Gewicht und Beruf vergleichbar waren. 3 der Läufer waren zwischenzeitlich nicht mehr aktiv. Einer hatte den Laufsport aufgegeben, nachdem in den späten 70er Jahren Arthrosen sowohl der unteren als auch der oberen Extremitäten sich entwickelten. Die übrigen Sportler waren zum Zeitpunkt der Untersuchung noch aktiv, legten seit fast 40 Jahren ein wöchentliches Laufpensum von 20 bis 40 km zurück. Die Auswertung hinsichtlich der Gelenkbeweglichkeit, vorhandener Gelenkbeschwerden mit Röntgenuntersuchungen (degenerative Veränderungen, Knorpeldicke), ergaben keine signifikanten Unterschiede zwischen Läufern und Nichtläufern. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass selbst jahrzehntelang durchgeführte Langstreckenläufe nicht zu einer vorzeitigen Arthrose in den Gelenken der unteren Extremitäten führen. Panush und Mitarbeiter [266] verglichen 17 männliche Läufer (73 % Marathonläufer) mit 18 Nichtläufern. Die Läufer hatten ein Durchschnittsalter von 56 Jahren und waren 73 kg schwer bei einer Durchschnittsgröße von 180 cm. Die Nichtläufer waren durchschnittlich 60 Jahre alt und wogen 78 kg bei 178 cm Größe. Die Läufer legten durchschnittlich 44,8 km wöchentlich über 12 Jahre hinweg zurück. Im Vergleich zur Kontrollgruppe fand sich bei den Läufern kein Unterschied hinsichtlich subjektiven Beschwerden wie Schmerzen und Schwellungen an den Gelenken sowie röntgenologisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen . Lane und Mitarbeiter [202] verglichen 489 ältere Langläufer mit 365 Kontrollpersonen. Dabei zeigte sich, dass die Läufer signifikant weniger körperlich behindert und 146
Arthrose | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
auch signifikant körperlich leistungsfähiger waren. Sie nahmen seltener ärztliche Hilfe in Anspruch, hatten ein niedrigeres Körpergewicht und eine geringere altersbegleitende Abnahme von Knochensubstanz, siehe auch Kapitel 1.3.4. Darga und Mitarbeiter [62] untersuchten 1269 laufende Ärzte, Mitglieder der American Medical Joggers Association, verglichen sie mit 683 nicht laufenden Ärzten. 80 % der laufenden Ärzte waren Marathonläufer. In den vorangehenden 2 Jahren hatten 60 % der Läufer 20 bis 45 Meilen pro Woche zurückgelegt. 12 % der laufenden Ärzte hatten eine Arthrose gegenüber 17 % der nicht laufenden Kontrollen. Dieser Unterschied war statistisch nicht signifikant, wenn das Alter und der Body-Mass-Index berücksichtigt wurden. Von den Läufern rauchten 1,5 %, bei den Nichtläufern 13,4 %. Die laufenden Ärzte hatten ein Durchschnittsgewicht von 72,9kg, die Kontrollgruppe 78 kg, das Cholesterin lag bei den Läufern in 49 % unter 200 mg%, bei den Nichtläufern waren es 33 %. Der Blutdruck lag bei den laufenden Ärzten niedriger. 2 % hatten ein Karzinom gegenüber 4 % der Kontrollgruppe. Im Gegensatz zu dem physiologischen Bewegungsablauf beim Laufen scheinen ausgeprägte unphysiologische Belastungen allerdings zu einer Arthroseentwicklung beizutragen [41]. So sind beispielsweise extrem tiefe Kniebeugen oder Drehbewegungen im Kniegelenk (Scharniergelenk), die beispielsweise im Tennis- oder Fußballspiel vorkommen, abzuraten. Höhere Trainingsintensitäten, wie sie im Hochleistungssport üblich sind, führen wohl zu größeren Verbesserungen der Fitness, scheinen jedoch auch das Risiko von Verletzungen zu erhöhen. Daneben kann die Mitarbeit (Compliance) bzw. die Motivation unter einem harten Training gerade bei Älteren leiden [80]. 4.7.3 Arthrosehäufigkeit nach früherem Hochleistungssport Bei häufigen Verletzungen scheinen allerdings ehemalige Athleten im Alter mehr degenerative Veränderungen („Verschleißerscheinungen“) im Bereich der Gelenke und Wirbelsäule zu haben als die Durchschnittsbevölkerung. Jedoch können die Sportler diese Verschleißerscheinungen durch ihre gute Muskelfunktion bei weiterhin hoher körperlicher Aktivität offensichtlich kompensieren [196]. Marti und Mitarbeiter [232] konnten bei früheren Schweizer Hochleistungssportlern dieses günstige Ergebnis nicht bestätigen. Sie verglichen ehemalige Langstreckenläufer mit Bobfahrern und untrainierten Personen. Dabei hatten die Läufer signifikant mehr Zeichen einer röntgenologisch darstellbaren Hüftgelenkveränderung als die beiden anderen Gruppen. Als von einander unabhängige Risikofaktoren für eine Hüftgelenkarthrose erwiesen sich das Lebensalter, eine hohe durchschnittliche Laufleistung (im Mittel 97 km pro Woche) und ein hohes Lauftempo. Allerdings fielen 3 Läufer mit der höchsten „Lebenslaufleistung“ (im Mittel 133500 km) mit nur geringfügigen degenerativen Veränderungen im Röntgenbild auf, so dass Langstreckenlaufen im Hochleistungsbereich nicht generell, wenn überhaupt mit einer signifikanten Hüftgelenkarthrose im Alter verbunden ist. Wahrscheinlich spielen auch andere, in den Studien nicht berücksichtigte Faktoren eine Rolle wie Fehlstellungen der Beine, alte, meist nicht erinnerliche Verletzungen usw.. Kujala und Mitarbeiter [195] untersuchten 2402 finnische Hochleistungssportler, die an Olympischen Spielen , Welt- bzw. Europameisterschaften oder Länderkämpfen teil147
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Arthrose
genommen haben und verglichen diese Hochleistungssportler im Verlauf von 21 Jahren 2 Kontrollen mit 1712 Männern, die im Alter Läufer von 20 Jahren während des 1,5 Fußballer Militärdienstes als vollkommen Kraftsportler gesund beurteilt worden waren. 1 In dem Beobachtungszeitraum waren die Elite-Ausdauersportler 0,5 (Langläufer, Skilangläufer) im 2402 finnische Hochleistungssportler (Olympia-,WM-, EM-Teilnehmer), Beobachtungszeitraum 21 Jahre Vergleich zu den Kontrollen mit einem 1,73fachen Arthroserisiko 0 Arthroserisiko (Hüfte, Knie, Sprunggelenk), Sportler mit hoher Abb. 4.18 Arthroserisiko bei Elite-Hochleistungssportlern je nach Sportart höher als bei den Kontrollen, die keinen HochKrafteinwirkung (Fußball, leistungssport betrieben. Allerdings waren die betroffenen Basketball, Eishockey, LeichathLäufer schon 71 Jahre alt, als sie wegen Arthrose stationär letik) mit einem 1,90fachen und behandelt werden mussten. Bei den Kontrollpersonen und den Kraftsportler (Boxen, GewichtKraftsportlern war dies schon im Durchschnittsalter von 62 der Fall (nach Ergebnissen von Kujala UM et al: Br Med J 1994, heben, Wurfsportarten, Ringen) 308: 231–234). mit einem 2,17fachen Arthroserisiko belastet, siehe Abb. 4.18. Wurde jedoch das Alter bei der ersten stationären Behandlung betrachtet, so waren Kraftathleten etwa gleich alt wie die Kontrollpersonen (62 Jahre). Die Ausdauersportler mussten allerdings erst im Alter von 71 Jahren wegen Arthrose stationär behandelt werden. 2,5
4.7.4 Laufen und Walking (Wandern) trotz Arthrose Entgegen landläufiger Meinung scheinen Walking und Laufen allein eine bereits vorhandene Arthrose nicht zu verschlimmern. Kovar und Mitarbeiter [190] unterteilten 120 Patienten mit Kniegelenksarthrose in eine Versuchs- und Kontrollgruppe. Die erstgenannte führte ein 8wöchiges überwachtes Gehtraining mit intensiver Patientenerziehung durch. Bei der trainierenden Gruppe vergrößerten sich Beweglichkeit und die Schmerzen signifikant gegenüber der Kontrollgruppe, bei der sogar eine Verschlechterung des Zustandes eintrat. Der Medikamentenverbrauch in der trainierenden Gruppe war geringer als der in der Kontrollgruppe. Das Gehtraining (jeweils bis zu 30 Minuten) wurde 3 x pro Woche unter Anleitung eines Physiotherapeuten durchgeführt und durch gymnastische Übungen ergänzt. Dabei nahm die maximale Gehstrecke, die die Patienten innerhalb von 6 Minuten bewältigen konnten, von anfänglich 381 m im Durchschnitt um 70 m (18,4 %) zu. In der Kontrollgruppe nahm nach 8 Wochen die durchschnittliche maximale Gehstrecke von 356 um 17 m ab. Ettinger und Mitarbeiter [84] verteilten 365 über 60 Jahre alte Patienten mit gesicherter Arthrose auf 3 Gruppen. Die erste Gruppe unterzog sich einem 18monatigen Gehtraining, die 2. Gruppe führte ein Programm mit Muskel stärkenden Übungen durch, während die 3. Gruppe lediglich Gesundheitsunterricht unter Betonung der 148
Arthrose | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
Probleme des Bewegungsapparates erhielt. In der Gruppe 1 waren nach dem Training die körperlichen Beschwerden im allgemeinen um 10 %, die Kniebeschwerden um 12 % geringer als in der Kontrollgruppe (Gruppe 3). In der Gruppe 2 lagen die Prozentsätze jeweils bei 8. Definierte Belastungen wie Gehen, Treppensteigen, Gewichtheben, ins Auto ein- und aussteigen, bereiteten bei den übenden Gruppen weniger Probleme, obwohl der röntgenologische Kniebefund sich nicht von der Kontrollgruppe unterschied. Bei stark arthrotischen Hüftgelenken wurde durch Bewegung sogar wieder eine Zunahme der Gelenkspaltenweite als Hinweis für eine rückläufige Arthrose beobachtet. Auch Lane und Mitarbeiter [201] fanden röntgenologisch bei Langläufern einen verbreiterten Gelenkspalt, also genügend Gelenkknorpel. Lane und Mitarbeiter [201] hatten in ihrer Studie bei 41 Langläufern im Alter zwischen 50 und 72 Jahren mit 66,4 kg ein niedrigeres Durchschnittsgewicht festgestellt als in der alters- und geschlechtsgleichen Kontrollgruppe mit einem Durchschnittsgewicht von 72,7 kg. Dies erscheint um so mehr von Bedeutung zu sein, da Übergewicht ein Arthroserisikofaktor darstellt [21, 70]. Beachtenswert ist, dass eine Herabsetzung des Body-Mass-Index um 2 (entspricht etwa 5 kg) das Kniegelenkarthroserisiko um 50 % verringerte! [89]. In der Studie von Lane [201] waren die sportlichen Senioren 4 mal länger aktiv (286 bzw. 71 Minuten pro Woche), hatten größere Strecken zurückgelegt (12547 bzw. 1263 Meilen) und hatten eine am ersten Lendenwirbelkörper gemessene um 40 % höhere Knochendichte als die Kontrollgruppe. Röntgenologisch fanden sich bei den Langläufern keinesfalls häufiger Arthrosezeichen, im Gegenteil, die Gelenkzwischenräume waren weniger eingeengt. Es ist daher auch nicht überraschend, dass sich in den meisten Studien kein erhöhtes Arthroserisiko für Langstreckenläufer fand, zumindest wenn man ein wöchentliches Laufpensum von 20 bis 65 km zugrunde legt, wie es dem heutigen Freizeitsportler entspricht [188]. Zweifellos sind Gelenke zum Bewegen da, so dass physiologische Belastungen wie das Laufen und Walking ein normal gebautes, nicht vorgeschädigtes Gelenk kaum gefährden dürfte [43, 78, 265]. Erst durch Bewegung mit Be- und Entlastung wird der Gelenkknorpel optimal mit Nährstoffen versorgt [276], während eine Ruhigstellung des Gelenkes über längere Zeit zu Veränderungen führt, die einem arthrotischen Prozeß ähneln, z. B. Verkleinerung des Gelenkspaltes [33]. Bewegung und Belastung sind für das Gelenk unverzichtbar. Auch das Knorpelgewebe passt sich Belastungen an. So sind bei trainierten Marathonläufern Knie- und Hüftgelenke offensichtlich gut an die Belastung angepasst. Hohmann und Mitarbeiter [141] konnten jedenfalls keine Reaktionen der Knie- und Hüftgelenke 24 bis 48 Stunden nach einem Marathonlauf im Vergleich zu 48 Stunden davor mittels Kernspinuntersuchung (MagnetresonanzTomographie, MRT) feststellen. Die Autoren vermuten, dass die Läufer auch durch ihren Laufstil die rund 2800 Tonnen Belastung beim Marathon ausgleichen können. Die 8 getesteten Marathonläufer legten in den letzten 5 Jahren jährlich durchschnittlich 5000 km zurück. Wenn also bei einem Läufer eine Arthrose festgestellt wird, so bedeutet dies nicht, dass Langstreckenlaufen mit dem physiologischen Ablauf dafür verantwortlich ist. Vielmehr muss in erster Linie an einen Vorschaden durch Verletzungen schon im Kindesund Jugendalter gedacht werden, wie sie beim Spielen mit Stürzen durchaus gängig 149
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Arthrose
sind. Solche oft kleinen Verletzungen (Mikrotraumata) machen sich dann erst im Laufe des späteren Lebens bemerkbar, oder vielleicht gerade dann, wenn man „gesundheitsbewußt“ ein Langlauftraining intensiviert hat. Cooper und Coggan [58] stellten fest, dass vor allem eine früher erlittene Verletzung des Kniegelenkes besonders häufig zu einer Kniearthrose führt. An weiteren Risikofaktoren wurden Veranlagung, Gewicht, weibliches Geschlecht und das Alter angegeben. Der gesamte Bewegungsapparat mit Muskeln, Sehnen, Bändern, Knochen und Knorpel ist hinsichtlich Belastbarkeit abhängig von den auf ihn wirkenden Reizen. Er ist somit anpassungsfähig. Die Schrumpfung der Muskulatur durch Ruhigstellung im Gips (Inaktivitätsatrophie) ist ebenso allgemein bekannt wie die Knochenentkalkung (Inaktivitätsosteoporose) bei fehlender Belastung. Das Gleiche gilt für Bandstrukturen und Knorpel. Durch regelmäßige Beanspruchung gewinnen diese Strukturen an Festigkeit [4, 48]. Wechselnde Bodenbeschaffenheit mit Unebenheiten, Glätte usw. schulen auch die Gleichgewichtsreflexe beim Laufen und erfordern Konzentration, um Stürze mit mehr oder weniger ausgeprägten Verletzungen zu vermeiden. 4.7.5 Verletzungsrisiken Hootman und Mitarbeiter [148] stellten bei 4034 Männern und 967 Frauen, die zunächst auf dem Laufband getestet wurden, ein höheres Verletzungsrisiko mit zunehmender Belastungsdauer im Training und steigender kardiorespiratorischer Fitness fest. Eine hohe Herzkreislauf-Fitness sprach dafür, dass auch mit hoher Intensität (Tempo) trainiert wurde. Für die meisten Erwachsenen sei daher Walking mit einem geringeren Verletzungsrisiko verbunden als Laufen, Abb. 4.13. Doch sind die Läufer eindeutig „fitter“, wie wir in Zehntausenden von Belastungstests auf dem Fahrradergometer und Laufband feststellen konnten. Hinsichtlich Fitnessgrad und Lebenserwartung siehe Abb. 1.19. Kerner und Mitarbeiter [171] fanden bis zu den ersten 25 bis 30 Meilen Laufumfang eine Zunahme der Verletzungen, die dann bei höherem Laufumfang wieder abnahmen. So seien Läufer, die mehr als 30 Meilen pro Woche zurücklegen besser trainiert, würden ernsthafter und regelmäßiger laufen und hätten einen besseren Laufstil. Auch Mc Quade [224] fand keine „Dosis-Wirkungsbezie- Abb. 4.19 Laufen oder Wandern? Nicht nur eine Frage der hung“ zwischen Laufstrecke und Belastbarkeit der Gelenke, sondern auch eine Frage des Herzkreislauf- und Trainingszustandes, der zur Verfügung Verletzungsgrad. Der größte stehenden Zeit sowie des Trainingszieles, des angestrebten Anteil der Verletzungen (31 %) Fitnessgrades. Ein hoher Fitnessgrad ist mit einer höheren von den 155 ereignete sich in Lebenserwartung verbunden, siehe auch Abb. 1.13 150
Arthrose | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
der Gruppe, die 16-32 km/Woche zurücklegten. Bei größeren Distanzen nahm die Verletzungsrate wieder ab. Auffallend in dieser Untersuchung war, dass das Verletzungsrisiko durch Stretching halbiert wurde, wobei das Stretching nach dem Lauf als der beste Zeitpunkt angesehen wurde, siehe auch Kapitel „Muskelbeschwerden“. Man sieht, für jede Meinung ist eine Studie zu finden. Man kommt also nicht umhin den eigenen Menschenverstand walten zu lassen, um die Argumente anzunehmen, die in physikalischer und physiologischer Hinsicht verständlich sind und den eigenen Erfahrungen entsprechen. – In Tabelle 4.5 und 4.6 sind das Vorgehen bei eventuellen Verletzungen in Form von Überlastungsschäden und häufige Trainingsfehler aufgelistet. Tabelle 4.5 Vorgehen bei Überlastungsschäden (aus [185]) ●
Verminderung des Laufpensums, alternativ Aquajogging, Radfahren u.a.
●
Gezielte gymnastische Übungen, auch koordinative (Wackelbrett, Trampolin)
●
Geeignete Laufschuhversorgung, ggf. Sportschuheinlagen
●
Evtl. Wechsel des Trainingsgeländes (Bodenbeschaffenheit, Bergan- und weniger Bergabläufe, flache Strecke).
●
Physikalische Therapie (Eis-, Wärme-, Elektrotherapie usw.), evtl. Querfriktionen
●
Entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikamente
●
Stütz-(Tape-)Verbände, Salbenverbände
●
Ggf. Operation
4.7.6 Training nach operativem Gelenkersatz (Endoprothese) Wie bereits die zitierten Untersuchungen und andere zeigen, ist bei einem dosierten Trainingsprogramm für Arthrosepatienten mehr Nutzen als Schaden zu erwarten. Selbst wenn einmal ein Reizzustand im arthrotischen Gelenk infolge Überlastung sich einstellen sollte, so ist dies im wahrsten Sinne des Wortes kein „Beinbruch“. Solche Zustände lassen sich in der Regel durch physikalische Maßnahmen, in erster Linie Eisbehandlung und entzündungshemmende Medikation beheben. Häufig ist jedoch im Laufe der Jahre ein Gelenkersatz (Endoprothese) notwendig. Hier wird man unter den Ärzten unterschiedliche Meinungen über die Sportfähigkeit mit Endoprothese finden. So wurden von Jerosch und Mitarbeiter [156] 510 Rehabilitationseinrichtungen in Deutschland über die Nachbehandlungskonzepte und Empfehlungen zur Sportfähigkeit von Patienten mit Totalendoprothesen (TEP) des Hüft- und Kniegelenkes befragt. Danach wurden Mannschaftssportarten wie Fußball oder Volleyball oder auch das alpine Skifahren als relativ ungeeignet für TEP-Patienten eingestuft, andere Sportarten wie Laufen , Rudern, Bergwandern und Tennis wurden „bedingt“ empfohlen, Schwimmen, Gymnastik und Wandern als relativ „geeignet“. Als Kontraindikation der sportlichen Belastungen wurden in über 80 % Instabilität und Infektionen im Bereich der Prothese angesehen. Insgesamt gesehen sollte die körperliche und sportliche Belastung des Patienten individuell so dosiert werden, dass gelenkstabilisierende Bewegungsreize ebenso wie die 151
Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking | Arthrose Tabelle 4.6 Ursachen von Überlastungsschäden (aus [185]) ●
Keine Ausgleichsgymnastik, z. B. einer Achillodynie vorbeugendes Dehnen der Wade.
●
Ungenügendes dynamisches Krafttraining der Beinmuskulatur vor allem bei geringem Trainingsumfang.
●
Keine Koordinationsschulung, z. B. Übungen auf dem Trampolin, Wackelbrett usw.
●
Einseitiges umfangreiches intensives Lauftraining ohne Abwechslung z. B. durch Radfahren, Aqua-Jogging usw.
●
Einseitigkeit des Lauftrainings selbst ohne Tempovariationen.
●
Keine Änderung der Bodenbeschaffenheit (Tartanbahn, Asphalt, Naturböden).
●
Kein Barfußlaufen auf Rasen oder Sand.
●
Plötzliche zu schnelle Tempo- und Umfangsteigerung, auch nach längeren Laufpausen.
●
Einmaliges zu hartes Training bzw. zu harter Wettkampf ohne entsprechende Vorbereitung.
●
Ständig zu hohe Laufgeschwindigkeit.
●
Ungewohntes Training wie lange Bergan- bzw. Bergabläufe.
●
Ungenügende Regenerationsphasen.
Herz-Kreislauf-und Stoffwechselreize gesetzt werden, ohne dass schädigende Überlastungen auftreten. Widhalm und Mitarbeiter [350] fanden in einer retrospektiven Studie, dass die Lockerungsrate einer Hüftendoprothese bei Sportlern lediglich 18 % betrug, bei Nichtsportlern 57 %. Die Autoren konnten dabei keinerlei schädigende Auswirkung einer bestimmten Sportdisziplin auf die Haltbarkeit von Hüftendoprothesen feststellen. Es wurden nur positive Auswirkungen durch den Sport hinsichtlich der Dauerhaftigkeit und Prothesenverankerungen registriert, was mit einer Verbesserung des knöchernen Prothesenlagers durch eine physiologische Anregung zur Knochenneubildung erklärt wurde. Die Autoren haben daher ihre Patienten ermutigt, auch nach künstlichem Gelenkersatz ihre gewohnte Sportart weiter auszuüben. Die bisher unsportlichen TEPPatienten wurden zu mehr Bewegung geraten, sofern dabei die Schmerzgrenze nicht deutlich überschritten wird. Auch bei anderen Untersuchungen schnitten die Sportler nach Endoprothesenoperationen besser ab. So mussten in der Studie von Dubs und Mitarbeiter [75] bei den Sporttreibenden (Schwimmen, Radfahren) lediglich 1,6% erneut operiert werden, bei Nichtsportlern 14,6 %. Bei von Strempel und Mitarbeitern [320] lag die Lockerungsrate der Endoprothese bei Sportlern 4,9 %, bei Nichtsportlern 9,8 % (durchschnittlicher Nachuntersuchungszeitpunkt 5 Jahre und 11 Monate). Darüber hinaus hatten 24,1 % 152
Arthrose | Stress, chronische Erkrankungen und Laufen/Walking
der sportlichen Gruppe keinerlei Schmerzen, während es bei den inaktiven Patienten nur 17,5% waren. Unbestritten ist, dass Bewegungsmangel die Knochenentkalkung (Osteoporose) fördert und wie die Untersuchungen zeigen, auch das Lockerungsrisiko erhöht. Übergewicht und Herz-Kreislaufprobleme können hinzukommen. Sollte man jedoch als Seniorensportler bzw. –sportlerin irgendwann, und das möglichst erst in sehr hohem Greisenalter, orthopädischerseits nicht mehr in der Lage sein, längere Strecken zu wandern, geschweige denn zu laufen, so hat man dennoch eine gute Beziehung zu den Sportkameraden und kann sie als Zuschauer bei entsprechenden Veranstaltungen anfeuern, an der Strecke stehend, aus dem Zug oder gar Hubschrauber (Abb. 4.20 ) und sich mit den Aktiven vorher und nachher unterhalten, so dass Einsamkeitsgefühle im Alter erst gar nicht aufkommen. Wenn es körperlich nicht mehr geht, so bleibt man doch interessiert und geistig fit.
Abb. 4.20 Welche Erinnerungen hat ein Alterssportler, der nur als Zuschauer im Zug die Strecke abfahren kann, die er früher selbst gelaufen ist (hier Swiss Alpine Marathon Davos)? Welche Gedanken hat der Läufer beim Überqueren des berühmten Viadukts von Wiesen in Augenhöhe mit einem über der Schlucht schwebenden Hubschraubers, angefeuert von Fahrgästen eines soeben vorbeifahrenden Zuges, vom Abgrund nur durch dünne Bretter getrennt? Manche bekommen beim Blick nach unten über das Geländer Schwindelgefühl, teilweise unheimliche Angst, andere genießen diesen grandiosen Blick…
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Stichwortverzeichnis ACE 110 ACE-Hemmer 119 ADH 130 Adipositas 12 Adrenalin 20, 93, 102, 115, 122, 134 Adrenalinausschüttung 107 aerob 7, 11, 17, 20, 31, 57 Alkohol 74, 101, 104 Alterszucker 133 Alterungsprozess 4, 103, 125 Amenorrhoe 8 anabol 66, 81 anaerob 11, 17, 20, 31, 35, 52, 55, 57, 60, 64 Angina pectoris 36–37, 61, 117 Angst 103 Anstrengungsasthma 140 Antioxidantien 103–104 Antirheumatika 74 Aortenklappeninsuffizienz 106 Apolipoprotein 18 Arbeitshyperthermie 70 Arterienverkalkung 18, 22, 108 Arterienwand 19 Arthrose 143 Ärztliche Untersuchung 35 Asthma 141 AT1-Blocker 110, 119 Atemgymnastik 142 Atemmuskulatur 142 Atemnot 55, 57, 141 Atemwegserkrankungen 139 Atherosklerose 18, 24, 32 ATP 7, 57, 95 Aufprallenergie 8 AVDO2 118 AVK 124 Ballenlauf 45 Ballonerweiterung 121 Barfußläufe 63 Belastungsintensität 57 Beratung 39 Bergwanderung 70 Betablocker 54, 109–110, 119 Beweglichkeit 59 Bewegungsmangel 4, 9, 12, 112 Blutdruck 27, 29, 36 Blutdruckabfall 74 Blutdruckamplitude 106
Blutdruckverhalten 21, 38 Blutdruckwerte 115 Bluthochdruck 11, 22–23, 26, 31, 103, 105, 112 Blutkörperchen – rote 77 Blutplättchen 22–23 Body-Mass-Index (BMI) 14 Brechreiz 35 Bronchialasthma 140 Bronchitis 139 Brustkrebs 21 Bypass 112 Bypassoperation 121 Chemiefaser 43 Cholesterin 18, 23, 29 Cholesterinabnahme 109 Cholesterinerhöhung 18, 23 Chylomikronen 18–20 Cicero 1 CK 79 Coopertest 48 C-reaktiv 25 Dämpfung 144 Dehnungsübungen 83 Dehydration 70 Depression 2, 113 Diabetes 22, 30, 105, 111 Diabetes mellitus 11, 26, 133 Diastole 105, 115 Diuretika 119 Doppelprodukt 122 Durchblutung 7, 40, 53, 87, 116, 119 Durchblutungsstörungen 30, 38, 55, 112, 118, 124 Durchhaltevermögen 67 Durstgefühl 70 Dysfunktion – endothelial 21, 23, 123 – erektil 25 Dysstress 102 Echokardiographie 38 Economy-class-syndrome 129 Einwärtsknicken 46 Eisenverlust 100 Eismassagen 79, 89 Eiweiß 11, 82, 96, 101
169
Stichwortverzeichnis
Eiweißabbau 7 Elektrolytgetränke 98 Elektrolytverluste 98 Embolie 129 – paradoxe 131 Endoprothese 150 Endothel 22–23, 112, 125 Endotheldysfunktion 119 Endothelfunktion 23, 107 Energie 7, 12 Energiegewinnung 95–96 Energiequelle 20 Energieverbrauch 45 Entzündungsreaktion 79, 88, 103, 119 Enzyme 7, 11, 81, 126 EPO 77 Erbanlage 27 Erbmasse 27 Ergometrie 35 Erholung 80–81 Erholungsmassage 86 Erholungsphase 66 Erkältung 50 Erkältungskrankheiten 100 Ermüdung 82–83 Ermüdungsbruch 8 Ernährung 90–91, 100 Erythropoietin 77 Eustress 102 Fahrtspiel 63 Fasertypen 11, 80 Fersenlauf 45 Fett 7, 10, 12 Fettabbau 20, 110 Fettanteil 12 Fettgewebe 18 Fettsäuren 20 Fettstoffwechselstörung 112 Fettsucht 12 Fettverbrennung 17, 95 Fettverbrennungspuls 56 fit 49, 114 Fitness 28, 32, 50, 112, 117, 120, 146, 149 Fitnessgrad 70, 105, 114, 118, 124, 138 Fließeigenschaften 126 frieren 138 Gefäßenge 103 Gefäßwand 22 Gefäßwandveränderung 21 Gehirn 68
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Gelenkersatz 143 Gelenkverschleiß 143 Gerinnsel 22 Gesamt-Cholesterin 26 Geschwindigkeit 59, 62 Gewichtsabnahme 109 Gewichtskontrolle 91 Gleichgewicht 67, 76 Gleichgewichtszustand 66 Glukagon 93, 134 Glukoneogenese 82, 95–96, 134 Glukose 91, 134 Glukosetoleranz 136 Glykogen 7, 57, 82, 91, 100 Glykogenreserven 66, 81, 99, 135 Glykogenspeicher 101, 134 Glykolyse 110 Grippeschutzimpfung 140 Grundumsatz 17 Gymnastik 78, 84 Halsschlagader 22, 112 Hämokonzentration 71 Hämolyse 99, 126 Harnstoffanstieg 82, 101 HDL 18, 21 HDL-Anstieg 21 HDL-Cholesterin 18, 20, 26, 109, 110 Herzinfarkt 20–21, 24, 27, 36, 103, 112, 117, 122 Herzkreislauferkrankung 16 Herzkreislauf-Risikofaktoren 105 Herzkreislaufsystem 4 Herzmuskelentzündung 68 Herzmuskelschwäche 119 Herzrhythmusstörungen 38 Herztod 124 – plötzlicher 39, 61, 64 High-impact-Sportarten 45 Hirndurchblutung 2, 112 Hitzebedingungen 70 Hitzeschäden 41 Höhenanpassung 74 Höhenkrankheit 75 Homöostase 67 Hügelläufe 63 Hyperhydration 72 Hyperhydrierung 100 Hyperinsulinämie 93, 108 Hypertonie 105 Hypoglykämie 93, 138 Hyponatriämie 71, 99–100, 119
Stichwortverzeichnis
Immunabwehr 100 Immunsystem 139 Inaktivitätsatrophie 149 Infektanfälligkeit 42 Insulin 1, 93, 108, 134, 135 Insulinempfindlichkeit 136 Insulinresistenz 108, 135 Intensität 50, 59, 66, 68 Intervalltraining 63 Intima 19, 22 Intima-Media-Dicke 22 Ischämie – stumme 117 Jet-lag-Phänomen 129 Kalium 99, 101, 135 Kaliummangel 88 Kalorienverbrauch 17 Kälteschäden 41 Kältezittern 70 Kaltstart 72 Kaltwasseranwendungen 73, 79, 89 Kalzium 7–8 Kalziumbedarf 99 Kammerflimmern 36 Karotis-Doppler 22 katabol 66, 82, 97 Katecholamin 20, 102 Kleidung 41 Knochendichte 8–9, 45 Knochenentkalkung 7, 149 Kochsalz 99–100 Kochsalzverlust 108 Kohlenhydrate 7, 10, 82, 91, 135 Kohlenhydratzufuhr 101 Kohlenmonoxid 122 Kollapszustände 116 Kollateralgefäße 121, 126 Koronararterienweite 24 Koronare Herzkrankheit 16, 23, 27, 29, 31, 105, 112 Körperfett 10 Körpergewicht 99 Körpergröße 86 Körpertemperatur 70 Kortisol 102, 134 Kraft 10, 11 Krafteinsatz 53 Krafttraining 37, 79, 114 Kraftverlust 79 Krampfadern 127
Krebs 16, 24, 31–32, 105 Kurzzeit-Übertraining 66 Laktat 7, 11, 78 Laktatspiegel 35, 63 Laktatstufentest 56, 60 Laktatverhalten 68 Laktazidose 57 Langlebigkeit 27 Langsprint – anaerob 67 Langzeit-Übertraining 66 Laufgeschwindigkeit 93, 95, 143 Laufstil 44–45 Lauftempo 17, 146 Laufumfang 21 LDL 18 LDL-Cholesterin 18, 20, 26 Lebenserwartung 16, 30, 45, 105 Lebensstil 113, 121 Lebensverlängerung 30 Leistungsbereitschaft – mentale 67 Leistungsverlust 81 Lipolyse 110 Luftnot 61, 140 Lungenembolie 130 Lungenemphysem 142 Lungenfunktion 5 Lungenüberblähung 142 Magnesium 99 Mangelernährung 91 Marathon 33, 65, 68, 70, 79, 82, 95 Marathonlauf 39, 148 Massagen 78, 83, 87 Media 22 Medikamenteneinfluss 110 Menopause 99 Menstruation 8 Menstruationsstörungen 9 Mineralhaushalt 98 Mineralien 82, 98 Mitochondrien 7, 10–12, 80 Motivation 68 Muskelenzyme 81 Muskelfasern 7, 10–12, 83–84 Muskelkater 78, 82, 95, 101 Muskelkrämpfe 99 Muskelmasse 10, 53 Muskelpumpe 127 Muskelschaden 79
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Stichwortverzeichnis
Muskelschädigung 85 Muskelschmerzen 79 Muskelstoffwechsel 57, 134 Muskelzittern 84 Muskulatur 9 Myoglobingehalt 10 Nahrungsergänzungsmittel 101 Nahrungsmittelunverträglichkeiten 100 Natriumverlust 70 Nebenwirkungen 39 Nervensystem – vegetativ 102–103 Nervosität 103 Neutralfett 18, 20, 26 Nikotin 104 NO 22, 107, 125 NO-Bildung 112 Noradrenalin 93, 102, 115, 122 Noradrenalinausschüttung 107 NO-Synthase – endothelial 112 Nudelparty 100 Null-Phänomen 106 Orthostasereaktion 128 Osteoporose 7, 21, 99 Osteoporosevorbeugung 84 Östrogen 21, 99 Ozon 104, 140 Parasympathikus 102 periodisieren 63 Periodisierung 66 Plaques 22, 117, 122 Potenzstörungen 25 PTCA 112, 121 Puls 103 Pulsfrequenzmessung 52 Pulsmessgeräte 61 Pulsmessung 61 Pulsneurotiker 53 Radfahren 53, 55 Radikale – freie 97, 103 Rauchen 26, 29, 112, 122 Refraktärperiode 141 Regeneration 68, 73, 78, 82, 86, 89, 101, 135 Regenerationsphase 97 Regenerationszeit 101 Reisethrombose 132
172
Risiken 124 Risikofaktoren 26 Sauerstoffaufnahme 23 – maximal 6, 31, 60, 116 Sauerstoffdifferenz – arteriovenös 118 Sauerstoffmangel 76 –77 Sauerstoffradikale 23, 103, 119 Sauna 87 Schaufensterkrankheit 125 Schlaganfall 20–21, 24, 131 Schlaganfallrisiko 111 Schneeschippen 116 Schnelligkeit 10 Schuhe 40 Schweiß 70, 87, 98 Schwelle – aerob/anaerob 57 schwimmen 54 Schwindelgefühl 4 schwitzen 70, 87 Sonnenbrand 74 Sonnenstich 74 Spannung 83 Spurenelemente 82, 100 Stammfettsucht 12 steady-state 57 Stent 112 Stentversorgung 121 Sterberisiko 27 Sterblichkeit 32 Sterblichkeitsrisiko 17 ST-Fasern 10 Stickstoffmonoxid 22 Stoffwechsel 7 – anaerob 7 Stöcke 44 Stressempfindlichkeit 103 Stressfraktur 8 Stresshormone 20, 93, 108, 115 Stress 102 – oxidativ 23, 102–103, 119 Stresstoleranz 102, 114 Stretching 83, 150 Superkompensation 66, 81–82, 95, 100, 135 Sympathikusaktivität 102, 107 Syndrom – metabolisch 11, 105, 108 Synkopen 116 Systole 105, 115
Stichwortverzeichnis
Tempo 50, 60, 66, 68, 80 Tempoläufe 58, 63 Thrombose 129 Thrombus 22 Tonus 83 Totalendoprothese 150 Training 40, 49 Trainingspuls 117 Trainingspulsfrequenz 56 Trainingssteuerung 51 Trainingszustand 20 Traubenzucker 7, 91, 134 Triglyzeride 18, 20, 26 trinken 71 Trinkmenge 100, 119
Vagusnerv 102 Varizen 127 Venenleiden 127 Verletzungshäufigkeit 85 Verletzungsrisiken 149 Verschleißerscheinungen 146 Verstimmungen – depressiv 103 Vitamine 82, 97 Vitamin C 100 Vitamin D 8, 99 VLDL 18 VLDL-Cholesterin 19–20 Vorkühlung 72 Vorstartreaktion 106
Überkompensation 82 Überlastung 79 Überlastungs-Zeichen 52 Überpronation 46 Übersäuerung 7, 52, 57, 60, 64 Übertraining 65 Überwässerung 71 Überziehen 66 Umfangsteigerung 66 Umgehungskreislauf 121 unfit 49 Ungleichgewicht 66, 77 Unterhautfettgewebe 14 Unterkühlung 43, 138 Unterzuckerung 93, 110, 137, 138 UV-Einstrahlung 104
Wachstumshormon 134 Walkinggeschwindigkeit 138 Walk-Test 47 Walk-through-Phänomen 116 Warmmachen 72 Warm-up-Phänomen 115 Wasserdefizit 70 Wasserhaushalt 98 Wettkampfambitionen 62 Zigarettenrauchen 27 Zink 100 Zuckerkrankheit 23, 112
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